Das Buch Nahum: Eine Redaktionskritische Untersuchung [Reprint 2019 ed.] 311004028X, 9783110040289

In der Reihe Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (BZAW) erscheinen Arbeiten zu sämtlichen Ge

181 105 14MB

German Pages 174 [172] Year 1973

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Das Buch Nahum: Eine Redaktionskritische Untersuchung [Reprint 2019 ed.]
 311004028X, 9783110040289

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen
Einleitung
1. Hauptprobleme des Nahumbuches
2. Der Theophaniehymnus 1 2a.3b-6
3. 1 9-10
4. 1 11 — 2 2
5. Der Schlachtgesang
6. Die Ringkomposition 212—3 6
7. Die Spottqina 3 7ff.
8. Zur Interpretation des Schlachtgesanges
9. Zur Interpretation des Theophaniehymnus
10.—13. Zur Gesamtinterpretation
11. Der eschatologische Gerichtszyklus 212—36
12. Zur Gesamtkomposition
13. Das Liturgieproblem
14. Ergebnis
Literaturverzeichnis

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Hermann Schulz Das Buch Nahum

Hermann Schulz

Das Buch Nahum Eine redaktionskritische Untersuchung

w G_ DE

Walter de Gruyter • Berlin • New York 1973

Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Georg Fohrer 129

© ISBN 3 11 004028 X Library of Congress Catalog Card Number: 72—76052 1973 by Walter de Gruyter & Co., vormals G.J. Göschen'sclie Verlagshandlung—J.Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J.Trübner — Veit & Comp., Berlin 30 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Ubersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1969/70 von der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg als Habilitationsschrift angenommen. Mein besonderer Dank für stete Förderung gilt Herrn Professor Dr. Otto Kaiser. Für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft danke ich Herrn Professor D. Dr. Georg Fohrer DD DD, für die Drucklegung dem Verlag Walter de Gruyter & Co. Entscheidendes habe ich der Anteilnahme meiner Frau zu danken. Marburg, August 1971

Hermann Schulz

Inhalt Vorwort

V

Abkürzungen

vni

Einleitung

1

1. Hauptprobleme des Nahumbuches

6

2. Der Theophaniehymnus 1 2a. 3b-6

9

3. I9-10

12

4. I n — 2 2 4.0 Die Strophe 111. u 2 2 innerhalb von 111—2 2

16 15

4 . 1 1 12acc. b. 13 2 l

4.2 Zur Komposition von 111—2 l 4.3 Zur Verzahnung der in 1 li—2 2 enthaltenen Worte 4.4 1 1 2

17

...

18 18 20

5. Der Schlachtgesang

22

5.00 2 s 5.01 Zu 2 4fr

22 23

5.1 Der Schlachtgesang — Rekonstruktion 5.2—5.4 Zur Rekonstruktion

24 26

6. Die Ringkomposition 2 12—3 6 6.0 2 1 1 6.1 2i2-i4 6.2 3 4-6 6.3 3 7 6.4 Zur Kontextbeziehung von 2 12-14 und 3 4-6 6.5 Zum Einbau von 3 1-3 6.6—6.7 Die Rahmenkomposition 2 12—3 6

34 36 36

7. Die Spottqina 3 7ff 7.0 Aufbau 7.1 Das Problem literarischer Vorlagen 7.2 — 7.3 Datierungsprobleme 7.4 Zur prophetischen Struktur

41 41 43 44 50

7.41—7.42 Parallelen 7.43 Die Niniveqina als eschatologische Prophetie

31 31

31 32 33

54 56

Inhalt

VII

8. Zur Interpretation des Schlachtgesangs 8.0 Formprobleme 8.1 Zu Strophe II

60 60 61

8.21 Zu Strophe I 8.22—8.23 Zur mythologischen Struktur des Schlachtgesangs 8.24—8.25 Die Eschatologie des Schlachtgesangs

62 63 68

9. Zur Interpretation des Theophaniehymnus 9.0—9.1 Der eschatologische Charakter des Hymnus

73 73

9.20—9.25 Probleme der Theophanieschilderung 9.30—9.33 Die hymnische Struktur der Theophanie

76 87

10. —13. Zur Gesamtinterpretation 91 10.0—10.1 Übersicht über den Aufbau des Nahumbuches . . 91 10.20 Die Rahmung 12 b. 3 a. 7 f 10.21 l « f

93 93

10.3 1 i l - 2 l

94

10.40 10.41 10.42 10.43

96 97 97 99

12—211 211 2 3-11 im Rahmen von 111—2 11 Zur eschatologischen Struktur der Komposition 1 2—2 11 . . .

.

11. Der eschatologische Gerichtszyklus 2 12—3 6

100

12. Zur Gesamtkomposition 12.0 Die Kompositionselemente des Buches 12.1 Zum sachlichen Zusammenhang der Zusätze 12.2-12.3 Die Verfasserfrage

102 102 103 104

13. Das Liturgieproblem

111

13.00 Der traditionelle Forschungsansatz

111

13.1 — 13.2 Modifizierte Voraussetzungen

112

13.30—13.37 Redaktionelle Analogien

117

13.4 — 13.5 Vergleich mit der Kultlyrik 13.40—13.41 Problemstellung 13.42—13.43 Strophische Ringkompositionen im Psalter 13.44—13.5 Vergleich mit Klageliedern d. V. und Zionsliedern

123 . . . .

123 126 128

14. Ergebnis 14.0 Das Verhältnis des Buches zum Tempelkult 14.1—14.4 Zu J. Jeremias, Kultprophetie, l l f f 14.5 Methodologisches

133 133 135 153

Literaturverzeichnis

156

Abkürzungen nach RGG VI3, 1962, XX—XXXI Sonstige: AJTh ANQ ASTI ATh Baumgartner, KBLS BiLe BL ComViat ConcTheolMonthl DissAbstr EphCarm FS GK IDB Interpr KS LSS OTMSt OuTWSA RUO SchThU SciencesEccl Sém VTS

The American Journal of Theology Andover Newton Quarterly Annual of the Swedish Theological Institute in Jerusalem Arbeiten zur Theologie Hebräisches u. Aram. Lexikon zum Alten Testament v. L. Köhler und W. Baumgartner, 3. Aufl. neu bearb. v. W. Baumgartner, Lieferung I, Leiden 1967 Bibel und Leben Bauer, H., Leander, P., Historische Grammatik der Hebräischen Sprache des Alten Testaments I, Halle 1922 = Hildesheim 1965 Communio Viatorum Concordia Theological Monthly Dissertation Abstracts Ephemerides Carmeliticae Festschrift Gesenius, W., Hebräische Grammatik. Völlig umgearb. von E. Kautzsch, 28. Aufl., Leipzig 1909 The Interpreters Dictionary of the Bible, New York 1962 Interpretation Kleine Schriften Leipziger semitische Studien The Old Testament and Modern Study, ed. by H. H. Rowley, Oxford 1951 Die Ou-Testamentiese Werkgemeenskap in Suid-Afrika Revue de l'Université d'Ottawa Schweizer Theologische Umschau Sciences Ecclésiastiques Sémitica. Cahiers publ. par l'Inst. d'Etudes Sémitiques de l'Université de Paris Supplements to Vêtus Testamentum

Einleitung Die prophetische Literatur des Alten Testaments ist noch kaum mit redaktionskritischen Methoden untersucht worden. Kompositionsprobleme prophetischer Bücher werden zwar in der kritischen Forschung diskutiert 1 ; aber von methodisch fundierter redaktionskritischer Arbeit darf man dabei noch nicht sprechen. Das hat mehrere Gründe. 1. Zielsetzung und Horizont auch der Erforschung spezieller Probleme der Prophetie werden durch das eine Forschungsepoche prägende Grundverständnis von Prophetie entscheidend beeinflußt. Konzentriert sich das Interesse auf die ihr Volk durch religiös-politische Predigt mahnende, warnende, bedrohende Prophetengestalt oder auf die Traditionsbestimmtheit ihrer Botschaft, dann tritt das redaktionsgeschichtliche Interesse an den für die Komposition der Prophetenbücher bestimmenden institutionellen Gegebenheiten in den Hintergrund. Das Kompositionsproblem erscheint als eine Teilaufgabe, die bei der Rekonstruktion der prophetischen Verkündigung oder der Wirksamkeit des Propheten gelöst werden muß. Man unterschätzt dabei leicht das Ausmaß der Eingriffe jener Institutionen in die Überlieferung, deren Lebensinteresse in der alttestamentlichen Prophetie zum Ausdruck kommt. 2. Nicht nur die am Leitbild der prophetischen Persönlichkeit orientierte Prophetenforschung, sondern auch die vorwiegend traditionsgeschichtlich orientierte ist in eine Krise geraten. Auch die letztere bleibt einer Konzeption religiös-politisch wirksamer, prophetischer Individualitäten verpflichtet, derzufolge die Prophetenbücher in erster Linie zu Primärquellen für eine Rekonstruktion des Auftretens und der Verkündigung einzelner Propheten werden. Diese Bücher sind jedoch zuallererst »Predigten« der nachexilischen Gemeinde. Sie geben 1

Neben den entsprechenden Abschnitten in den Einleitungen, Theologien und Kommentaren bieten folgende Arbeiten einen Einstieg: Eaton, VT 9, 138ff. ; Eißfeldt, ThLZ 73, 529ff. = KS 3, 55ff.; Eiliger, FS Rost 59ff.; Fohrer, ThR N F 19, 282ff.; N F 20, 199ff.; ALUOS 3, 3ff. = Studien 113ff.; Frey, WuD 5, 9ff.; Good, SEÂ 31, 21ff.; Hertzberg, BZAW 66, HOff.; Kessler, J N E S 27, 81 ff.; Liebreich, J Q R 46, 259ff.; 47, 114ff.; Mowinckel, Jeremia; ZAW 49, 87ff. 242ff. ; AcOr(L) 11, 267ff.; Prophecy and Tradition; Muilenburg, J B L 88, Iff.; Plöger, Theokratie, v. a. 134ff. ; Rietzschel, Urrolle; Schedl, BiLitg 38, 107 ff.; W . H . S c h m i d t , ZAW 77, 168ff.; Stein, JBL 88, 45ff.; Torrey, JBL 57, 109ff.; Willis, VT 18, 529ff.; ZAW 81, 191 ff., 353ff. Schulz, Nahum

l

2

Einleitung

— redaktionskritisch untersucht — zunächst über das religiöse und gesellschaftlich-politische Selbstverständnis dieser Gemeinde auf der Basis bestimmter Institutionen Aufschluß. Wird die literarische Letztgestalt der Prophetenbücher nicht zuvor redaktionskritisch untersucht, sind traditionsgeschichtliche Forschungen ohne Grundlage2. 3. Die bisherigen Ansätze zu redaktionsgeschichtlicher Forschung bleiben auch deshalb unzureichend, weil sie sich zumeist auf die Untersuchung einzelner Spruchkomplexe oder redaktioneller (Groß-) Einheiten beschränken und das redaktionskritische Problem nicht im Gesamtrahmen des betreffenden Prophetenbuches institutionsgeschichtlich fassen. Im Rahmen der vorliegenden Prophetenbücher sind Verfasserprobleme grundsätzlich Probleme der nachexilischen Institutionen. Für die prophetische Literatur spielt die nachexilische Gemeinde dieselbe Rolle wie die Urgemeinde für die neutestamentlichen Schriften. Alttestamentliche Prophetie — ein vorwiegend eschatologisches Phänomen — gehört zu den zentralsten Lebensäußerungen der nachexilischen Gemeinde, zu den wichtigsten Zeugnissen der Konflikte dieser überaus vielschichtigen Größe3. 4. In hohem Maße hemmend wirkte sodann die theologische Abwertung nachexilischer geistiger Strömungen4. Als Prophetie im eigentlichen und für die Interpretation prophetischer Texte konstitutiven Sinn galten die den vorexilischen Propheten zugeschriebenen Worte. Da sich die Forschung überwiegend auf diese konzentrierte, konnte die grundlegende Einsicht nicht zur Auswirkung kommen, daß die alttestamentliche Prophetie Ausdruck gottesdienstlicher Auseinandersetzung mit den Problemen der nachexilischen Zeit ist. Aus vorexilischer Zeit ist nur wenig Prophetisches — und dies durchweg in Überarbeitungen — überliefert. Eine umfassendere Begründung dieses redaktionskritischen Ansatzes ist im folgenden nicht intendiert; sie müßte auf breiterer Basis erfolgen. Dem gegenwärtigen Stand der Prophetenforschung ist es angemessen, methodologische Neuorientierungen zunächst in eng begrenztem Rahmen vorzunehmen. Auf diese Weise läßt sich der Ansatz am besten kritisch überprüfen. Auf einige Hauptaspekte redaktionskritischer Arbeit am Korpus propheticum soll im Anschluß an die Textinterpretation eingegangen werden (s. ad 14.5), da die Methodologie die Textanalyse zur Voraus2

3

4

S. ad 9.25 und 14.1—14.4. Der augenblickliche Stand der Prophetenforschung ist in den aus gutem Grund knapp gehaltenen Abschnitten über die einzelnen Propheten in der Einleitung Kaisers (§ 22, 169ff. ; vgl. 163ff. 225ff.) gekennzeichnet. Dieser v. a. von der skandinavischen Forschung vertretene Ansatz ist in der deutschen wissenschaftlichen Diskussion über Gebühr vernachlässigt worden. Vgl. Fohrer, Studien, 57 f.

3

Einleitung

setzung hat. Methodologische Absicht bedarf zu ihrer Verwirklichung exegetischer Konkretion. Vielleicht kann die Textinterpretation veranschaulichen, wie sehr die Prophetenforschung auf methodologische Neuorientierung angewiesen ist. Die herkömmlichen Grundsätze redaktionsgeschichtlicher Prophetenforschung bedürfen einer Überprüfung. Im Begriff Redaktionsgeschichte liegt ein diachroner Aspekt. Die Methode zielt auf die Rekonstruktion der Entstehungsprozesse der Prophetenbücher ab und geht gewöhnlich von einer Analyse der Schichtung (Einheitlichkeit) des Textes aus. Das führt oft zu vorschnellen Rückschlüssen von der »Uneinheitlichkeit« des Textes auf (diachrone) Entstehungsprozesse (vgl. ad 14.1—4). Eine längere literarische Entstehungsgeschichte des Textes läßt sich jedoch nicht ohne weiteres aus der Disparatheit seiner einzelnen Elemente ableiten. Um eine Abfolge verschiedener Redaktionsstadien ermitteln zu können, muß man zunächst den Kontext auf synchroner Ebene so genau wie möglich analysieren und Kriterien entwickeln, die einen Übergang auf die Ebene der Diachronie gestatten. Auf jeden Fall ist eine strenge Scheidung zwischen den beiden analytischen Ebenen eine für die Redaktionskritik unabdingliche Voraussetzung. Dieser Grundsatz mag zwar so alt wie die redaktionsgeschichtliche Forschung sein; er wird jedoch kaum streng eingehalten. Das ist u. a. auf die impliziten literatursoziologischen Prämissen zurückzuführen 5 . Ohne fundierte Kriterien kann man das vorliegende Literaturprodukt (Prophetenbuch) nicht auf vorliterarische, soziologische Entstehungsursachen (z. B. mündliche Tradition) zurückführen. Die Diskussion zum Problem der mündlichen und schriftlichen Tradition der Prophetenbücher ist in ihren kanongeschichtlichen Konsequenzen für die Redaktionskritik keinesfalls schon so weit fruchtbar gemacht worden, daß die Kriterienfrage als wenigstens im Ansatz gelöst gelten könnte. Die das Feld beherrschenden Prophetentheorien machen es nach wie vor unmöglich, bei der Redaktionskritik methodisch von der literarischen Letztgestalt der Prophetenbücher und ihren institutionellen Implikationen auszugehen. Eine Differenzierung zwischen den die verschiedenen Schichten eines Prophetenbuches mitbedingenden institutionellen (soziologischen) Gegebenheiten mag als selbstverständlich erscheinen. Dennoch ist das Problem noch nicht gelöst, auf welcher Basis und nach welchen Kriterien diese einander zugeordnet werden können. Daß das einzelne Prophetenbuch die Basis der Redaktionskritik abgeben müsse, kann keinesfalls als selbstverständlich unterstellt 6

Vgl. Conzelmann, SchwThUmsch 29, 55; Schütz, Formgeschichte, 199; Schmidt, Apokalyptik, 197; Buss, Hosea, 1; Wolff, Joel (1963), 9f.; H.-P. Müller, Ursprünge, 9f. 1*

4

Einleitung

werden. Erst die Redaktionskritik am Korpus propheticum im ganzen wird die entscheidenden redaktionskritischen Maßstäbe entwickeln und die institutionssoziologisch konstitutiven kanongeschichtlichen Voraussetzungen aufdecken können, die das Basisproblem lösbar machen. Um dieses methodologische Problem aus der Textinterpretation heraus angemessen zu stellen, soll die folgende Redaktionsanalyse das Korpus Nah 1—3 als nur vorläufige Basis zugrundelegen. Das Problem spitzt sich im Dodekapropheton in besonderer Weise zu, läßt sich hier aber auch am besten veranschaulichen. Die einzelnen Bücher sind in Form und Inhalt nach dogmatischen Maßstäben konzipiert, welche die jüdische Gemeinde des zweiten Tempels zur Voraussetzung haben und eine Prophetentheorie »kanonisch« machen wollen, die die Forschung noch heute relativ unkritisch übernimmt und historisiert. Wenn im folgenden der Begriff »redaktionsgeschichtlich« gebraucht wird, so liegt der Ton nicht auf dem diachronen Aspekt. »Redaktionsgeschichtlich« und »redaktionskritisch« sind hier gleichbedeutend. Das gilt analog auch für den Begriff »institutionsgeschichtlich«. Sog. traditions- und überlieferungsgeschichtliche Fragestellungen bleiben unberücksichtigt. Allein die strenge Beschränkung auf nur eine analytische Ebene gestattet es, im Rahmen der die Prophetenforschung kennzeichnenden Methodenvielfalt das redaktionskritische Methodenproblem angemessen zu stellen. Die Analyse beschränkt sich auf die synchrone Ebene und geht von dem literaturwissenschaftlich gesicherten Prinzip aus, daß vor institutionsgeschichtlichen Rückschlüssen zunächst alle literarischen Erklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen. Institutionsgeschichtlich zu interpretieren ist sodann die vorliegende literarische Gestaltung als ganze. Von hier aus kann man zu einer auch literatursoziologisch fundierteren Schichtentheorie gelangen — eine Aufgabe, die im folgenden noch nicht in Angriff genommen werden soll. Der eingegrenzten methodologischen Zielsetzung käme eine Behandlung ausgewählter Randprobleme nicht zustatten. Daher müssen die für die synchrone Kontextanalyse unspezifischen Entstehungsbedingungen der endabgeleiteten Einheiten außer Betracht bleiben. Die folgende Redaktionsanalyse des Nahumbuches 6 kann nur ein sehr bescheidener Versuch sein, eine redaktionskritisch orientierte Prophetenforschung sowie eine speziellere Methodendiskussion vorzubereiten. Unzureichend sind v. a. die instutionsgeschichtlichen Ergebnisse. Das Hegt an der schmalen Textbasis und an den zahlreichen Unsicherheitsfaktoren, mit denen ein Vorstoß in das Gebiet nachexilischer Institutionen belastet ist. Die Vorläufigkeit 6

Sie ist der von O. Kaiser begründeten Arbeitsgemeinschaft verpflichtet.

Einleitung

5

der Ergebnisse und Folgerungen muß nachdrücklich unterstrichen werden. Die Redaktionsanalyse geht das Nahumbuch dreifach durch. Nach einer knappen Übersicht über die Einleitungsprobleme werden Abgrenzung und Aufbau der Einheiten untersucht. Dieser erste Durchgang erweitert sich zu einer Interpretation der abgeleiteten Elemente der Komposition und geht sodann zur Erörterung der Probleme der Gesamtredaktion über. Eine genaue Gliederung und Bezifferung der Abschnitte empfiehlt sich um verschiedener Querverweise willen, die sich nicht umgehen lassen, da dieselben Einheiten mehrfach unter je spezifischen Gesichtspunkten zur Sprache kommen müssen.

1. Hauptprobleme des Nahumbuches 1.0 Daß die Interpretation des Nahumbuches durch Redaktionsanalysen wesentlich gefördert zu werden verspricht, zeigt schon ein Blick auf den Hymnus im ersten Kapitel, der die Forschung seit der Entdeckung des Akrostichons 1 besonders beschäftigt hat. Sowohl die Stellung der das Büchlein einleitenden Prädikationen als auch ihre Abgrenzung und Herkunft können Aufschluß über die drei Kapitel als einer abgerundeten und in sich geschlossenen Prophetenschrift geben2. Es wird heute nicht bezweifelt, daß es einen Propheten Nahum gab und daß das Buch Niederschlag seiner Verkündigung ist. An der bemerkenswerten Tatsache, daß die gesamte Verkündigung dieses Propheten um das eine Ereignis, den Fall Ninives, kreist, hat man Anstoß genommen und das Fehlen jeder Auseinandersetzung mit der Verschuldung des eigenen Volkes für erklärungsbedürftig gehalten 3 . Bedeutet die Zerstörung der den Imperialismus einer Fremdmacht unmittelbar darstellenden Stadt Heil und Hoffnung für Israel, dann muß der seine Verkündigung auf dieses Ereignis konzentrierende Prophet Heilsprophet und sein Wort durch die in der prophetischen Literatur bezeugte Kontroverse zwischen Heils- und Unheilsprophetie, wahrer und falscher Prophetie geprägt sein4. Bei aller Betonung der dichterischen Kraft Nahums sah man in ihm doch die problematische Gestalt eines Heilspropheten, dessen Gedanken weniger religiös als vielmehr politisch-national gefärbt seien6. Geht 1

2

3

4 6

Neben den Einleitungen und Kommentaren vgl. Bickell, ZDMG 34 (1880), 557ff.; Sitzungsber. d. Ak. d. Wiss. Wien, phil.-hist. Kl. Bd. 131, V, 1894, l f f . ; Gunkel, ZAW 13 (1893), 223ff.; ders., Schöpfung, 102f.; Wellhausen, Propheten, 158ff.; Arnold, ZAW 21 (1901), 225ff.; Happel, Nahum, 39ff.; Haupt, ZDMG 61 (1907), 278ff.; ders., JBL 26 (1907), 8ff.; Duhm, Anmerkungen, 62ff.; G. Richter, Erläuterungen, 120ff.; Humbert, ZAW 44 (1926), 266ff.; Staerk, ZAW 51 (1933), 8f.; Birkeland, Traditionswesen, 78f.; Haldar, Studies, 11 ff. 89ff. 99ff.; Mihelic, Interpr. 2 (1948), 199f.; Lindblom, Prophecy, 253; Jörg Jeremias, Theophanie, 31 ff.; de Vries, VT 16 (1966), 476ff. Kleinert, ThStKr 83 (1910), 502, läßt den Propheten selbst eine »geschlossene schriftstellerische Komposition« hervorbringen. G. A. Smith (1898) 90f.; J. M. P. Smith (1911 [1948]) 280f.; Marti (1904) 305; Nowack (1922) 243; SelUn (1922) 306; (1930) 354. 357ff.; Horst (1964) 155; Hölscher, Geschichte, 111; Eißfeldt, Einleitung, 561; Balaban, ComViat 5 (1962), 236f.; Kaiser, Einleitung, 180. Näheres s. ad 14.1—4. So die meisten Kommentare und Einleitungen. Vgl. zuletzt Elliger (1963) 22. Von »Heilsprophetie eigener Art« spricht Horst (1964) 155. Beide Momente, die religiösen und politischen, betonen Balaban, ComViat 5

1. Hauptprobleme des Nahumbuches

7

man von der vorliegenden Gestalt des Buches als eines wenn auch kleinen, so doch geschlossenen prophetischen Korpus aus, so liegt dieses Urteil nahe. Eine Redaktionsanalyse darf aber das Bild eines durch bestimmte Verkündigungsinhalte und -formen vorgezeichneten (Heils-)propheten der Untersuchung nicht zugrunde legen. Ist bei dem geringen Bestand der Nahum zugeschriebenen Überlieferung eine mit letzter Sicherheit zu fällende Entscheidung der Verfasserfrage ohnehin in Frage gestellt, so wird darüber hinaus das Urteil über die die Komposition gestaltenden Intentionen und deren literaturgeschichtliche Interpretation durch gelegentliche Unordnung des Textes erschwert. Man hielt jedoch — ähnlich wie bei Habakuk — die Art der Wortverknüpfungen nicht für willkürlich. Die umstrittene Hypothese, das Buch sei als Ganzes bzw. in einigen Partien eine prophetische Liturgie oder nach liturgischen Gesichtspunkten konstruiert 6 , enthält zugleich redaktionelle Gesichtspunkte. Ließe sie sich halten, wäre ein Ansatzpunkt gewonnen, auch die Redaktion auf ihren Sitz im Leben hin zu befragen. Die Lösung auch des Liturgieproblems bleibt jedenfalls auf Redaktionsuntersuchungen angewiesen. 1.1 Überblickt man die Literatur zum Nahumbuch, so fällt zunächst die Selbstverständlichkeit auf, mit der man es für den Niederschlag mündlicher Verkündigung hält 7 . Die Kriterien, mit deren Hilfe der vorliegende literarische Komplex auf vorliterarische Entstehungsursachen zurückgeführt werden kann, werden explizit nicht erörtert. Birkeland bringt zum Ausdruck, was in die Darstellungen der prophetischen Verkündigung Nahums als leitender Gesichtspunkt eingegangen ist: »Ganz sicher bilden c. 1—2 einen vorliterarischen großen Komplex . . . Einen neuen Komplex haben wir dann in c. 3 . . ,«8. Das Urteil über den Nahumpsalm ist zwar, wie gleich zu zeigen, differenzierter. Aber Kap. 2 und 3 gelten in ihrer Grundstruktur als Ausdruck mündlicher Verkündigung 9 . Hervorgehoben (1962), 234ff.; Fohrer, Einleitung, 495f. Vor vorschneller Abwertung der Heilsprophetie warnen Sellin (1930) 358f.; Mihelic, Interpr 2 (1948), 199ff.; Kaiser, Einleitung, 180. 6 7

8 9

S. ad 13. Diese implizite Voraussetzung wird besonders deutlich z. B. bei G. A. Smith (1898) 91. 103; J. M. P. Smith (1911) 273f. 280; Marti (1904) 306; in den Arbeiten von Humbert, vgl. bes. AfO 5 (1928), 16ff.; ZAW 44 (1926), 274ff„ R H P R 12 (1932), 4. 6. 8. 11 ff.; Sellin (1930) 3 5 5 1 ; ders. (1922) 304ff.; Elliger (1963) 2. 5 . 1 2 . 15f. 17; Horst (1964) 153ff. 160ff.; Fohrer, Einleitung, 494ff.; Mihelic, Interpr 2, 199ff.; Balaban, ComViat 5 (1962), 234 ff. Traditionswesen 80. Daran ändert auch die oft nachdrücklich unterstrichene Gegenüberstellung von Prophet und Dichter nichts, vgl. Pfeiffer, Introduction, 595: ». . . Nahum was not a prophet . . . He was a poet«; Haupt, JBL 26 (1907), 1 (s. Anm. 285); Eerdmans,

8

1. Hauptprobleme des Nahumbuches

werden der echt visionäre Charakter von 2 2. 4ff. 3iff. 10 bzw. der visionäre, prophetische Stil 11 , die hohe Aktualität der Worte und die Lebendigkeit der Darstellung12, die ungewöhnliche poetische Kraft der Bilder sowie der das ganze Buch beherrschende poetische Geist13. In gewisser Hinsicht erscheint die Poesie Nahums als im Alten Testament sonst unübertroffen14. Charakteristisch auch in methodischer Hinsicht ist immer noch der Kommentar von J . M. P. Smith (1911)15. Smith konstatiert zwar, daß das Buch nur geringe Information über Persönlichkeit und Situation Nahums enthält 16 , beschreibt den Propheten aber gleichwohl detailliert als enthusiastischen, optimistischen Patrioten, den das geschichtliche Schicksal seines Volkes lange in der Seele quälte. »He is a fair representative of the state of mind of the average man of his times . . ,«17. Die Beurteilung der Person der Propheten bleibt in den neuesten Darstellungen nicht wesentlich zurückhaltender. Für die redaktionsgeschichtliche Frage spielt dieses Prophetenbild eine wichtige Rolle, da es Gesichtspunkte für die Sammlung und Zusammenstellung der einzelnen Sprüche vorgeben kann18. So ist etwa die Vermutung, daß Nahum selbst den Hymnus der Sammlung voranstellte19, der angedeuteten Grundkonzeption des Verhältnisses von prophetischer Verkündigung und deren literarischer Fixierung verpflichtet. Religion, 180: »His word is no prophecy in the proper sense of the word. It is a song of joy on the fall of Ninive . . .«; vgl. Anm. 13. 10 11

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13

14 15 16

17 18 19

Horst (1964) 153. Horst (1964) 162; Elliger (1963) 5. 12; Humbert, R H P R 12, 10f.; AfO 5, lGff. 19; Sellin (1930) 355. Durchgehend in den Aufsätzen Humberts (ZAW 44, 278ff.; AfO 5, 16f. 18f.; R H P R 12, 6. 8ff. u. ö.); vgl. Elliger (1963) 17ff.; Horst (1964) 161f. Vgl. auch G. A. Smith (1898) 88; J . M. P. Smith (1911) 273f.; Marti (1904) 306; Sellin (1930) 359; Elliger (1963) 12. 15f. 17. J . M. P. Smith (1911) 273. ICC 23, 3rd impr. 1948. 279. 280. Vgl. Fohrer, Einleitung, 494f. Von dieser Problemstellung geht Arnold, ZAW 21 (1901), 237, aus, implizit auch Horst, wenn er zur Vorsicht vor Aberkennung der Echtheit mahnt (1964, 158). S. v. a. Fohrer, Einleitung, 494.

2. Der Theophaniehymnus 1 2a.3b-6 Der Einführungshymnus ist sachlich und formal eigenständig. Seine Funktion kann erst im Zusammenhang der Gesamtkonzeption des Buches ermittelt werden (s. ad 9 und 10). Schwierigkeiten bereiten die Fragen der Abgrenzung, Ursprünglichkeit und Herkunft des Akrostichons. Kern des Hymnus sind die Verse 3b-520, da sie thematisch geschlossen sind; es geht allein um die Begleiterscheinungen des Jahweauftritts. Erst im letzten Hemistichos (5bß) erweitert sich der Blickpunkt auf die Menschenwelt. 3 b verlangt ein einleitendes Glied, das gewiß in 2a zu suchen ist. Als Weiterführung des in 2a angegebenen Themas, Jahwes Eifer, Rache und Zorn, schließt sich v. 6 gut an den Komplex 3b-5 an, zumal 6bß das Grundthema wieder aufnimmt. Die Verse 2 a. 3 b - 6 2 1 bilden ein thematisch abgerundetes, nach dem Kompositionsschema ABA (2a/3b-5/6) aufgebautes Gedicht: Das Grundthema, der Naturaufruhr beim Auftritt Jahwes, wird gerahmt durch Zornesprädikationen. 1 2 b. 3 a und 7f. führen neue, dem Gedicht fremde Elemente ein, die die göttliche Rache als gegen die Feinde gerichtet erläutern und die den Getreuen geltende Langmut Jahwes als Kontrast dem Zorn gegenüberstellen. 2b. 3a sind seit langem als Zusatz erkannt, da sie auch die alphabetische Ordnung stören22. Die über v. 6 hinausreichende akrostichische Anordnung der Verse hat jedoch die Zusammengehörigkeit von 2b. 3a und 7f. verdeckt. Als zwei je zweigliedrige Rahmenstücke umlagern 2b. 3a. 7f. das Gedicht 2a. 3b-e, wobei die Rahmung 2 b. 3a/7f. — in sicherlich intendierter Entsprechung zu 2a/6 — am Schluß des Gedichtes das Anfangsthema (Rache an den Feinden, Langmut und Güte für die Getreuen) wiederholt. Ebenfalls nicht zufällig ist die Inversion der beiden Anfangs- und 20

21

22

Zu mEO v l s. B L 382; GK § 69u. Zur Änderung von W ö H besteht keine textkritische Veranlassung. Die L X X - L e s a r t Tä 6pr| (5 aa) ist stilistisch bedingt. Mit der Mehrzahl der Ausleger ist in 5 b wohl N^Fll zu lesen. Richtig grenzt Jeremias ab (Theophanie 5. 31 f.)- Horst bezeichnet 3b-5 als eigene Strophe (1964, 157), Eiliger 3b-6 als ersten Abschnitt des Hymnus (4f.). Die Abgrenzung des Hymnus wurde zumeist von der jeweiligen Rekonstruktion des Akrostichons abhängig gemacht. Gunkel, ZAW 13, 226; Wellhausen, Propheten, 159; Happel, Nahum, 47; J . M. P. Smith (1911) 288f.; Nowack (1922) 245; Elliger (1963) 6. Marti stellt 2b. 3aa hinter 9aot und hält 3aa für eine Glosse zu 2a (1904, 309ff.). Nach Duhm (Anmerkungen, 62f.) stand v. 2 ursprünglich in v. 9. Sellin (1930, 361) setzt 2b hinter 9a und hält 3aa mit Marti für eine mildernde Glosse zu 2 a.

10

2. Der Theophaniehymnus 1 2 a. 3b-6

Schlußglieder (2b. 3a: Rache/Langmut; 7.8: Güte/Vernichtung)23. 2b. 3a wurden 2a nachgestellt, weil sich der Stichos 2a besser als Einführung eignete und am Anfang erhalten bleiben sollte. Bezeichnet man die Elemente des ursprünglichen Gedichtes 2 a. 3b-6 mit Großbuchstaben, die Rahmung 2b. 3a/7. 8 mit kleinen, dann lautet das Kompositionsschema von v. 2-8: AacBAca 23 ". Im Sinne der Erweiterung 2 b. 3 a. 7f. kann man diesen Aufbau auf das Grundmuster acABAca zurückführen, wenn man die Rahmenelemente ac (v. 2 b. 3 a) vorwegnimmt und damit ihre noch erhaltene Voranstellung unterstreicht. Daß hinter v. 824 ein Einschnitt zu machen ist 25 , zeigt der Neueinsatz mit einleitender Frage (9aa) und die Wiederaufnahme des Themas sowie der Leitworte (ms ,71*73) von 7aß. 8 in v. 926. Im vorliegenden Zusammenhang erscheint v. 9 als eine das Rachethema variierende Überleitung. Schwierigkeiten bereitet die bislang häufig zum Ausgangspunkt literarkritischer Untersuchungen gemachte alphabetische Anordnung der Verse27, die in 2 b. 3 a von demselben Verfasser unterbrochen worden sein müßte, der in 7f. das Akrostichon vervollständigt hat. Den Hymnus 2 a. 3b-6 könnte man trotz 4 b. 6 a als alphabetisch ansprechen und als thematisch zwar geschlossen, aber nicht unbedingt vollständig bezeichnen. Nach akrostichischem Leitprinzip ließen sich natürlich weitere Theophanieelemente anreihen. V. 7 bricht abrupt eine Kette beeindruckender Schilderungen ab. Aber der Hymnus ist nicht als Fragment zu erweisen, wie eine Inhaltsanalyse zeigt. Es handelt sich nicht um eine beliebig zu erweiternde Aufzählung (derjenigen Phänomene, die Jahwes Walten in der Natur erkennen lassen), sondern um eine universal ausgeweitete Darstellung der Welterschütterungen bei einer Jahwetheophanie28. Vom Sturm, Meeraustrocknen und Beben der Berge steigert sich der Auftritt Jahwes bis zur Welterschütterung Damit ist die chiastische Struktur der Stichen 2a. 4b. 6a (saß (TDj?2]b) zu vergleichen. 2 3 a 2a = A ; 2 b = a ; 3 a = c ; 3b-5 = B ; 6 = A ; 7 = c ; 8 = a. 2 4 L. c. L X X Vöpa (Vöpa), vgl. Buhl, ZAW 5 (1885), 181. 2 5 Vgl. die Abgrenzung bei Humbert, ZAW 44, 266 ff. Der Haupteinschnitt wird zumeist nach v. 10 gemacht: Bickell, ZDMG 34, 5 5 9 f . ; Happel, Nahum, 42ff.; Marti (1904) 308ff.; Staerk, Texte, 1 7 ; J . M. P. Smith (1911) 287ff.; Nowack (1922) 244ff.; Horst (1964) 157. Bis v. 9 führen Sellin (1930, 360ff.) und Elliger (1963, 3ff.) den Hymnus fort. 23

26

Die zahlreichen Textkorrekturen entbehren der Grundlage, vgl. Wellhausen, Propheten, 1 5 9 f . ; Duhm, Anmerkungen, 6 3 ; Haldar, Studies, 28ff.; de Vries, V T 16, 480; Elliger (1963) 4ff.

27

S. Anm. 1. Zur Definition Jeremias' (Erscheinungen Jahwes, die an den Begleitumständen seines Kommens erkennbar sind, Theophanie 1) s. ad 9 . 2 0 — 9 . 2 5 ; Anm. 241).

28

2. Der Theophaniehymnus 1 2 a. 3b-6

11

und Felsenzertrümmerung. Nachdem die Welt mitsamt ihren Bewohnern einbezogen und die Feststellung getroffen ist, daß niemand vor Jahwes Zorn bestehen kann, kommt die Theophanie zu einem im Feuer- und Felsenbild kulminierenden Abschluß. Ergänzungsbedürftig ist 2a. 3b-6 nicht. Dann aber fragt sich, ob die an zwei Stellen unterbrochene alphabetische Reihenfolge ursprünglich intendiert worden ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Theophaniehymnus ursprünglich kein bis zum Buchstaben het konzipiertes Akrostichon 29 . Erst im Zusammenhang mit der Erweiterung 2b. 3a. 7f. dürfte ein — nicht konsequenter — Versuch alphabetischer Anordnung gemacht worden sein, soweit man sich auf die in B H K 3 vorgeschlagene Anordnung der Stichen v. 7 und 8 berufen kann 30 . Eine Umstellung von 2b. 3a um des Akrostichons willen ist jedenfalls verfehlt 31 . Redaktionskritisch wäre aus dem nachträglichen Versuch, eine alphabetische Reihenfolge herzustellen, eine bestimmte Systematisierungstendenz abzuleiten, deren Relevanz für das Nahumbuch aber erst durch einen Vergleich mit den übrigen Einheiten und deren Verknüpfungen erhoben werden kann. Das im Hinblick auf das Akrostichon inkonsequente Verfahren des Verfassers von 2 b. 3a. 7f. erklärt sich hinreichend aus dem planvollen Aufbau des Theophaniehymnus nach dem Schema acABAca (s. ad 12.0). 29

30 31

Arnold erklärt die Unstimmigkeiten in der alphabetischen Reihenfolge daraus, daß der Redaktor den Hymnus aus dem Gedächtnis eingeführt habe (ZAW 21, 238. 256ff. 261 ff.). Einen solchen Redaktor gab es jedoch nicht (s. ad 12. und 13). Vgl. de Vries, VT 16, 477. S. Anm. 22.

3. 1 9-10 Wesentliche Varianten hat die Überlieferung dieses offenbar in Unordnung geratenen Textes nicht erhalten 32 . Da man sich auf die akrostichische Anordnung nicht berufen kann, bleiben als Kriterien für die Erhebung eines möglicherweise zugrunde liegenden Prophetenwortes 33 im wesentlichen nur die Art der Verknüpfung mit dem Vorausgehenden sowie die thematische Geschlossenheit der Worte übrig. Zu überzeugenden Lösungen haben die zahlreichen Rekonstruktionsversuche bisher nicht geführt 34 . Trotzdem kann man in Zu v. 9 s. Anm. 26. Die LXX-Varianten zu v. 10 versuchen, M einen Sinn abzugewinnen (vgl. Arnold, ZAW 21, 238f.; Nowack [1922] 247; Haldar, Studies, 32). Ablehnung von Textkorrekturen impliziert nicht den Verzicht auf Rekonstruktionsversuche, die Sache der Interpretation sind und hypothetisch bleiben. 33 Mit dieser Möglichkeit ist zunächst zu rechnen. 34 Bickell, Sitzungsber., 7. 9: l 1 ?»'' t W E?p>3 p l trXï30 t r 3 3 0 D1TD »Dornengestrüpp ist saftstrotzend; doch bald wird es wie dürres Stroh welken.« Gunkel (ZAW 13, 234f. 240): W I*?»' DTI103 D,TO »Wie ausgerissene Dornen wird man sie abmähen; wie dürres Stroh sollen sie verwelken« (241). Arnold (ZAW 21, 240): En1 E?pD D"W3D p l Q-OSO »thickets ever so drenched, they are consumed like dry stubble«. Marti (1904) 312: 57X3 ®pO V?DX 0*73 DTTIOS D v V0 »Abgeschnittene Dornen sind sie alle, Verzehrt wie Stroh vom Feuer.« J. M. P. Smith (1911) 294f. 301f. (vgl. Graham, AJSL 44, 1927/28, 43ff.): DTIDD D^TO D^KDSI »Thorns cut down and dried out — they will be devoured like dry stubble«. Haupt, JBL 26 (1907), 53. 9: PpD n » « 1 - 0 D'KUO DT'O ÜX3 »Soaked though they be as dross-pots, like stubble the fire shall consume them!«, bzw. ZDMG 61. 278. 285: »Wenn sie auch so voll wie ein Weinkrug, sie brennen im Feuer wie Stroh!« Happel (Nahum 47f. 57ff.): "[3D "O 127pD W3'1 PlXbn (9aa+) »denn verzehrt werden sie wie ein Gestrüppe (9 a) . . . sie verdorren ganz gleich einer Stoppel«. Duhm, Anmerkungen, 63 f. 65: 0*030 D,*1,D t W E>pD 11357 1Î3J p i D m p l iV »Verflochtene Dornen nur für ihn; so viel sie sind, so sind sie abgeschoren«. (i2aßy) 157 ' S von loaa wird vor saß gestellt. Der Rest des Verses 10 leitet 110 (z. T.). n . 14 ein und lautet: xV» a-wa"? 1 3 0 in »ha Dickicht voller Löwen . . . «. Humbert, ZAW 44, 269ff.: B^aOl B^VO 1X""0 tPK3 ffpD IVOS »Semblable à des épines, à des ronces, Semblable à la paille, l'ennemi est consumé«. Sellin (1930, 365f.): n , N , 3 1 ? lXVö BOSO B^TO "157 17! » S 3 tPpD V?DX »Weh über die Stadt der verflochtenen Dornen, die voll sind von Löwen, verzehrt werden sie wie Stoppeln durch Feuer . . .« (vgl. Eiliger [1963] 11). G. Richter, Erläuterungen, 124: l 1 ?»'' VT ®pD iVdN-' » S 3 OTHOD B ^ O »Wie ausgerissene Dornen werden sie von Feuer verzehrt, wie trockene Halme abgemäht werden«. Haldar, Studies, 31ff. 80f.: VtDX B^tlDO BXB031 B"030 fl'TO'lS? "O xV» t W fpD »For into the very meshes are they interwoven, and as they consume a consuming, they are eaten as chaff wholly dry«. Horst (1964, 156): D'TDD 11573

32

3. 1 9-10

13

diesem Fall auch dann nicht gänzlich auf solche verzichten, wenn das Zustandekommen der Textverwirrung bzw. -Verstümmelung nicht mehr sicher zu erhellen ist. Wie die Untersuchung von 1 2-8 zeigte, hat v. 9 durch die Aufnahme zweier Leitworte sowie des Hauptthemas von v. 8 eine durch die einführende Frage 9aa noch verstärkte Überleitungsfunktion. Der begründend angeschlossene v. 10 will die Art der Feindvernichtung möglichst drastisch veranschaulichen. Ohne daß die Feinde in 9a und 10 genannt werden, ist dem Leser dem Zusammenhang nach (2 b. s) die Beziehung klar. Trotzdem erweitert 9 aß unter Fortführung des Flutbildes 8aoc die Feindvernichtung aus bestimmten Gründen zur Totalvernichtung, kalä 9 aß steht beziehungslos, weil die Einschränkung der Vernichtung auf die Feinde aufgehoben werden soll. Im Hintergrund wirkt offenbar eine bestimmte Einschränkungen ausschließende Gerichtsvorstellung mit (s. ad 9). Auch v. 10 muß von dieser Vorstellung geprägt sein, obschon die dem Gericht Unterworfenen auch mit den zuvor erwähnten Feinden in Verbindung zu bringen sind. Wirken in v. 10 also Feind- und Vernichtungsvorstellung sowie ein bereits erweiterter Gerichtshorizont zusammen, dann sind die Grenzen möglicher Wiederherstellungsversuche des Textes abgesteckt. V. 10 ist durch v. 9 an die Erweiterung des Theophaniehymnus (v. 7f.) angeschlossen und will das in schwemmender Flut (8 aa) über die Feinde, ja absolut ergehende Vernichtungsgericht Jahwes im Bilde (durch Feuer) verzehrt werdender Dornengestrüppe und Stoppeln ausmalen. Mag von Feuer und Gericht ausdrücklich nicht die Rede sein, den Bildern (v. ioaa. bß) und der Sache nach handelt es sich um ein Feuergericht, das in der Gerichtsflut (v. 8aoc) sein Korrelat besitzt. Am konsequentesten wäre die konkrete Ausmalung des Gerichts in v. 10 dann, wenn dem Bild des brennenden Dornengestrüpps eine auf die (Gerichts-)flut verweisende Verbildlichung (in lOaß) zur Seite stünde. Die der Totalvernichtung anheimfallenden Widersacher vergehen, wie verflochtenes Dornengestrüpp verbrennt, wie Betrunkene, die ihrem Rauschtrank gleichen, fortgeschwemmt werden: ISöffJ O-wat) DN303 iVDN D'DaO D^TOD35. Diese Rekonstruktion führt j edoch zu einem allzu harten antithetischen Parallelismus und verlangt neben dem Zusatz IBöüJ die Streichung von iobß36. Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit bietet die Annahme, ioaß sei aus einer ursprünglichen Dittographie entstanden und enthalte Reminiszenzen an prophetische Worte gegen Säufer. Da man aber eine ältere prophetische Q * 0 3 0 »Sie brennen wie verflochtene Dornen, sie werden verzehrt wie trockene Spreu«. 35

Wie verflochtene Dornen werden sie verzehrt, wie ihr Bier werden die Bezechten 3 6 Sowie des HS?. weggeschwemmt.

14

3. 1 9-10

Anklage gegen bezechte Zecher hinter v. io wohl nicht vermuten darf 37 , müssen die beiden Hemistichen in v. io a und b zu suchen sein : D1TO~"757 "O VrV&N »:r ©pr> labwri D'OSO38. Der folgerichtige Gedankengang dieses synthetischen Parallelismus 39 schwächt jedoch den durch die Leitworte Flut und Vernichtung angedeuteten Skopos ab, zu dem v. io hinführen will — wie das wohl nicht zu ändernde V?DX nahelegt. Die Mehrzahl der Ausleger ist darin einig, daß ursprünglich von einer Feuervernichtung die Rede war. Es bleiben somit zwei Möglichkeiten, je nachdem ob ioaß als Dittographie gestrichen wird oder nicht: a) w n » a crnao nr-roD40 b) iVdX a w a o CTK3ÒD1 B-Ò3D B^TOS nSJ3 4 1 Der Streichung von ioaß entspricht in b) die Streichung von üpD BD\ Sachlich kommen beide Lesarten überein — die Gerichtsvorstellung bleibt dieselbe — und auch am Zusammenhang mit den vorangehenden Versen ändert sich nichts. Wahrscheinlich ist a) zu bevorzugen; aber eine sichere Entscheidung läßt sich nicht treffen. Im redaktionellen Zusammenhang erhalten die Rekonstruktionsversuche insofern Bedeutung, als sie bestimmte Tendenzen sichtbar machen können, die der Bearbeitung zugrunde liegen. In Nah 1 9f. beherrscht die aus v. 8 bzw. einer bestimmten Interpretation des Theophaniehymnus gewonnene Gerichtsvorstellung Gedankengang und Formulierung maßgeblich. Untergeordnete Bedeutung hat dagegen der die Wortwahl von v. io möglicherweise mitbestimmende Einfluß des dem Kapitel künstlich aufgeprägten akrostichischen Prinzips. Bei einer Klärung des Verhältnisses von 2b. 3a. 7f. zu 9f. wird auf die in den Interpretationsmöglichkeiten von v. io liegenden redaktionsgeschichtlichen Probleme zurückzukommen sein (s. v. a. ad 12.2) 42 . 37

38 39

40

41 42

Sie müßte gelautet haben:

D ^ I S D B ^ O Ò m m I S T IS/DP

CTS-DÒ DIODS HPK iVan ffa"1 ©pD IVokii a^aan ¡TTOD

Vgl. J e s I 2 2 511.22 22 13 (Hos 418) Joel l 5 4 3 Am 2 8 4 l 6 e M i 2 u Hab 215 J e s 28 7 24 9 5612 J e r 5 1 7 . Die Thematik zieht sich durch die prophetische Verkündigung von den Anfängen bis in die Spätzeit. i V a x und k V ö hätten noch je zwei Radikale der konjizierten Verben bewahrt. Denn zum Dornengestrüpp werden sie geschleudert, wie dürre Stoppeln schwinden 1 , sie dahin. Die Variante "iWöK »a ©p3 "iVDK D'ODO B TDD verlangt nur die Streichung von v. 10 aß sowie des TS? 10 aa und kann sich auf eine einzige, geringfügige Konjektur beschränken. Bzw. die in Anm. 39 angeführte Variante. Bei chiastischer Wortstellung (vgl. Anm. 23): i V a « w ffpa B'oao an^OD ns?a ,ns?a wäre aus HS? -O entstanden. Sie brennen wie verflochtene Dornen, wie bezechte Zecher werden sie verzehrt. Die hier diskutierten Rekonstruktionsmöglichkeiten dienen nicht der Herstellung eines ursprünglicheren Textes. Sie sind redaktionskritisch notwendige Deutungshilfen. Rekonstruiert wird nicht der Text, sondern der Gedankengang.

4.

4.0

ln—22

Die Strophe 1 n . 14 2 2 innerhalb von 111—2 2

Der Komplex I n —2 2 enthält im vorliegenden Zusammenhang sechs verschiedene Worte, von denen 1 i2aoc. b 4 3 . 1 3 2 i einerseits, I n . 14 22 andererseits sachlich aufeinander bezogen sind. In den erstgenannten Versen ist Juda, in den letzteren wohl eine Stadt angeredet. 1 i2acc. b. 13 2 i kreisen um die Befreiung Judas und bieten einen geschlossenen Zusammenhang:,»So spricht Jahwe: gedemütigt habe ich dich, will dich nicht weiter demütigen. Jetzt zerbreche ich sein Joch, das dich bedrückt44, und zerreiße deine Fesseln. Sieh, auf den Bergen läuft der Siegesbote, der Heil verkündet. Feire, Juda, deine Feste, erfülle deine Gelübde. Denn belijjä'äl wird dich nicht mehr durchstreifen, er ist vollständig vernichtet45.« Diese durch v. i2aßy und 14 unterbrochene Ankündigung einer befreienden Botschaft leitete die Darstellung der für Juda günstigen Ereignisse ein46. Die restlichen, hier eingeschobenen Verse verlieren ihre Zusammenhanglosigkeit, wenn man sie als einen Teil der Einleitung des größeren Stadtorakels erkennt, die auseinandergerissen wurde, um sowohl den Hauptteil des Nahumbuches als auch die Schilderung des definitiven Untergangs der Stadt einzuführen (32ff.)47. 3i und 32 ff. folgen so hart aufeinander, daß man den Zusammenhang nicht für ursprünglich halten kann und den eigentlichen Ort der Überschrift 3 1 woanders suchen muß. Wahrscheinlich stand 3 1 einmal vor I n . 14 2 248. Die Einleitung des Stadtorakels (31 111.14 43 44 45

Vorerst wird von v. 12 nur in B e t r a c h t gezogen: I I S "]J5?N SV i n » n W 1DN HD. = y1?»». Das waw in ^212571 (i2ba) ist zum Voraufgehenden zu ziehen, s. ad 4.4. Zur L X X Variante von 12b s. Haldar, Studies, 35f. Zu belijjä'äl

s. Maag, T h Z 21, 2 8 7 f f . ;

Thomas, F S Casey, 11 ff. 46

E r s t a m E n d e des Wortes findet die Frage, wer der Angeredete sei und wer unter das J o c h gezwungen habe, ihre Antwort (2 1; s. ad 4.1).

47

S. ad 7. und 10. Auch das Judawort hat Einleitungsfunktion, vgl. D u h m zu 112, Anmerkungen 6 4 ; s. ad 4.3.

48

Duhm sucht die in 1 loff. vermißte Anrede an Assur a m Schluß von v. 10 (s. Anm. 34). Sellin, dem Elliger (1963, 11 ff.) folgt, rekonstruiert in v. 10 das erste W e h e über Ninive, die Löwenhöhle (1930, 366, s. Anm. 34). 2 I2f. greife auf diesen Anfang zurück. Mit Textumstellungen rechnet Sellin nicht. Horst bemerkt, daß v. 11 eine wohl mit hoj beginnende Eingangszeile fehle (1964, 159).

16

4. l n — 2 2

2 2) lautete: »Weh, Blutstadt, eingefleischte49 Lügnerin, angefüllt mit Raub und eingesessener50 Beute! Von dir ging aus, der Unheil wider Jahwe sann, der Frevelplaner50a. Befehl gab Jahwe wider dich: Die Träger deines Namens werden künftig nicht mehr Wurzel fassen51. Aus deinem Gotteshaus rotte ich Schnitzbild und Gußbild aus. Ich bereite dein Grab, denn du bedeutest nichts52. Der Zerstreuer63 zieht über dich dahin. Bewach die Stadt, späh nach dem Weg, gürte die Lenden, nimm alle Kraft zusammen . . .«. Mit dieser Umstellung gewinnt man einen ursprünglicheren Zusammenhang, von dem aus sich das Zustandekommen der vorliegenden Textfassung aufhellen läßt. Dem jo'es belijjaäl (1 n) steht im mepis (2 2) eine Kontrastparallele gegenüber, gegen den Unheil planenden Widersacher Jahwes wird eine ebenso gefährliche Gegenmacht entboten. Die Verzahnung mit dem Judawort nimmt dieser Kontrastierung insofern ihre Schärfe, als 21 den Untergang des belijjaäl nach v. 14 noch ein zweites Mal präliminarisch ankündigt. Freilich meinte der Verfasser, durch die Einfügung des Heilswortes die Gegenüberstellung noch eindrücklicher gestalten zu können. Der Zusammenhang 3 1 111.14 2 2 ist auf die Konfrontation der beiden Mächte und die Vernichtung des Unheilplaners in einer furchtbaren Schlacht (2 4ff.) angelegt. In dieser Konfrontation liegt die innere Logik des Abschnitts 3 1 111. 14 2 2, der zur näheren Ausführung des sich anbahnenden Vernichtungswerkes drängt. Mit 2 2 muß die Schilderung der Zerstörungsvorgänge einsetzen, deren Unaufhaltsamkeit die Aufforderung zur ohnehin vergeblichen Gegenwehr noch unterstreicht. 3 1 111.14 2 2 muß eine im Befehlswort Jahwes (114) ihr Schwergewicht besitzende, eine längere Dichtung einleitende Strophe sein, die den durch Jahwe gewirkten Sieg über den jo'es bHijjaäl ankündigt. Da der Ausgangsort des Unheilplaners die Blutstadt ist, muß es sich um eine den Untergang einer Stadt, möglicherweise Ninives, darstellende Dichtung handeln. 49

=

50

=

60a 61

hVD. tzrzr Hb».

Zur Übersetzung vgl. Maag, ThZ 21 (196B), 287 ff. Angeredet ist der jo'es belijja'äl. ••piatf i s n p ) .

Textkorrekturen erübrigen sich (Horst [1938], 1 5 8 :

62 IpypR. ist aber zu erwägen, vgl. K B L s. v . ; Sellin (1930) 3 6 4 ; Humbert, Z A W 44, 2 7 2 ; Horst (1938) 158.

Haldars Verweise auf ugar. ql und arab. qll sowie die

Übersetzung »since thou hast fallen« (Studies 37 f. 81) sind hier abwegig. 53

Die Mehrzahl der Ausleger liest T ? ? , aus inhaltlichen Gründen. Der vorliegende T e x t rekurriert jedoch auf eine implizite Zusammengehörigkeit von Schlacht und Zerstreuung. Talionsrechtlich trifft den Feind, was er Israel angetan hatte. braucht nicht nachträgliche Korrektur zu sein.

4.1 1 1 2

aar.

b. 1 3 2

17

1

V. 14 bereitet einige Schwierigkeiten. Die Wendung *p3j? CTtPK folgt so unvermittelt auf die Kultbildausrottung, daß man geneigt sein könnte, einen Textausfall anzunehmen84. Angesichts des hypothetischen Charakters jeder nachträglichen Auffüllung vermuteter Lücken empfiehlt es sich aber, den Text zu belassen. In 1 n — 2 2 ist also ein selbständiges Heilswort für Juda (1 i2aa.b. 13 2 l) mit dem ersten Teil einer größeren, auf den Kampf zweier Mächte und den Untergang einer Stadt abzielenden Dichtung (3 l 1 Ii. 14 2 2 . . .) verzahnt, deren Fortsetzung noch zu untersuchen ist (s. ad 5)65. 4.1

1 12 aa. b. 13 2 1

Das Juda-Heilswort 1 i2aa. b. 13 2 l kündigt die Befreiung vom jo'es bHijjä'äl an (113 2 l). Im Zusammenhang mit der Vernichtung der fremdkultisch-politischen Existenz des Widersachers eröffnet sich für Juda die Möglichkeit kultischer Erneuerung. Zur Hervorhebung dieser Korrespondenz von Untergang des Fremdkults und eigener kultischer Erneuerung wurde 2 l an 114 angefügt. Wie die Konfrontation des Kultproblems 114/2 l mit den in 1 n und 111/12 erkennbaren Frontstellungen in Verbindung steht und näher zu interpretieren ist, wird die Untersuchung der Gesamtredaktion darzustellen suchen (s. v. a. ad 10.3). Im Kontext des Heilswortes bleibt anfangs noch offen, wer das Joch auferlegte, da sich v. 13 nicht von Anfang an auf v. 11 bezogen haben kann. V. 11 steht zwischen v. 10 und i2ff. isoliert und verdankt seinen Ort einer bewußten Textgestaltung, die in offenbar vorgegebene Zusammenhänge (112 aa. b. 13 2 1 einerseits und 3 i 111.14 2 2ff[.] andererseits) eingriff, um nach bestimmten Gesichtspunkten neue Einheiten zu formen. War 112 aa. b. 13 21 54

Nach dem dritten Stichos vor D1BN. Gunkel hält den ganzen Vers für entstellt (ZAW 13, 236) und TVlVp O " ] 1 3 p für ein Bruchstück des postulierten p-Verses (236f.). Duhms Textkorrektur (Anmerkungen 64f.) beruht auf der Annahme, daß auch in 110—2 3 »alles wie Kraut und Rüben durcheinander liegt« (62). Hält man die Ordnung des Verses für gestört, müßte man folgende Umstellung ins Auge fassen:

*p3j? D-ffN -pnVx xvaa niVp -d m s « mom "70s

55

Happel faßt 9act. lobß*. 12aß. b*. 1 3 * zur dritten, 14*. 2 1* zur vierten Strophe seines alphabetischen Urgedichtes zusammen (Nahum 38ff.). Der vorgeschlagenen Abgrenzung kommt Marti am nächsten, der 112f. 2 1. 3 als »sekundäres Element« herausnimmt, »das sich als Fremdkörper in die ersten Teile des Orakels gegen Ninive eingeschoben hat« (1904, 314); vgl. J . M. P. Smith (1911) 302ff.; Duhm, Anmerkungen, 64f. S c h u l 2 , Nahum

2

18

4. l n — 2 2

einmal ein selbständiges Wort, wie der Zusammenhang vermuten läßt, dann muß die erst am Schluß der Einheit sich lösende Spannung (2 l), die die fehlende Bezeichnung des Angeredeten in v. 13 bewirkt, beabsichtigt gewesen sein56. Einer vorausgehenden Erwähnung des ins Joch spannenden Unterdrückers bedurfte es nicht. V. 13 widerspricht in seiner vorliegenden Fassung der zu vermutenden Eigenständigkeit des Judawortes nicht, das mit der Botenformel traditionell eingeleitet ist und in 2 l seinen Abschluß findet. 2 3 kann wegen des wiederholten ki und der thematischen Unabhängigkeit von 1 i2f. 2 l mit dem Judawort nicht unmittelbar verbunden werden. Der Vers findet im Zusammenhang der Gesamtredaktion des Buches seine Erklärung. 4.2

Zur Komposition von 1 n —2 l

Erkennt man in I n —2 2 zwei selbständige Worte, so erübrigt sich damit nicht die Untersuchung der vorliegenden Komposition, deren innere Struktur minutiöse Planung zeigt57. I n — 2 i soll nunmehr einen geschlossenen Komplex bilden. Aus der Beziehungslosigkeit des Verses 1 n im Kontext ist zu schließen, daß er programmatisch vorweggenommen wurde, um das Folgende einzuleiten. Da er selbst nach vorne anlehnungsbedürftig ist, muß es gewichtige sachliche Gründe geben, die ihn gleichwohl als Überschrift tauglich erscheinen ließen (s. ad 10.3). Der Schluß des Judawortes 2 l schließt jetzt auch die Komposition I n — 2 i , die also durch das belijjaälThema gerahmt wird. Da Rahmung als redaktionelles Prinzip in Kap. 1 bereits nachzuweisen war und nicht nur im Detail, sondern auch in der Gesamtkomposition des Nahumbuches noch mehrfach begegnet, wird man nicht fehlgehen, wenn man I n — 2 i als durch bewußt gestaltende Eingriffe zustande gekommen erklärt. In dieser bewußten Gestaltung liegt ein weiteres Argument für die Eigenständigkeit des Heilswortes 112 ac. b. 13 2 1 und der ersten Strophe der Blutstadt-Dichtung. Um einen Gedanken als Hauptthema herauszustellen, wurden vorliegende Zusammenhänge mißachtet. 4.3

Zur Verzahnung der in 111 —2 2 enthaltenen Worte

Die Gründe für die Ineinanderschachtelung von 1 i2aor. b. 13 2 1 und 3 i I n . 14 2 2 lassen sich schon jetzt in Ansätzen erkennen. 56

57

Auch Marti hält die intendierte Beziehung von v. 13 zu v. 11 für nachträglich hergestellt (1904, 314f.). Vgl. Horst (1964) 159f., s. ad 4.3; 10.3.

4.3 Zur Verzahnung der in 111—2 2 enthaltenen Worte

19

V. Ii wurde eben wegen des problematischen jo'es bHijjä'äl vorangestellt, einer Größe, auf die nicht nur 2 ib, sondern auch 113 und 14 anspielen. Die vorliegende Komposition will die Befreiung Judas und die Vernichtung des Widersachers Jahwes als einen einzigen Akt darstellen. Nicht zufällig folgt dabei zweimal das Schema Unheil/ Heil aufeinander (a) ln/i2f.; b) li4/2i) 5 8 . Horst hält diese Zuordnung mit Recht für redaktionell59. Es kommt jedoch auf die Art und Intention dieser redaktionellen Arbeit an. Um die Vernichtung des jo'es bHijjaäl und die Heilsverheißung für Juda/Israel als unmittelbar verbundenes Geschehen aufzuweisen, bedient sich die Redaktion des Schemas actio — reactio. Die elementaren Vorgänge Herausforderung und Entgegnung, Provokation und Revokation entsprechen hier der theologischen Konzeption des Verhältnisses von Untergang der (fremden) Stadt und Befreiung Israels. So unvermittelt wie die Gegenüberstellung dieser Gegenpole erscheint im folgenden auch die Aufreihung der Vernichtungsbilder: 3 2f. läßt die gleiche thetisch-antithetische Grundstruktur erkennen: Kaum leuchten Schwertflamme und Speerblitz auf, gleitet der Blick schon auf Leichenberge (3 3). Dieses Strukturschema ist nicht aus mündlicher Verkündigung erwachsen, sondern stellt ein literarisches Phänomen dar. Die Verarbeitung zweier Einheiten zu einem strukturierten, gerahmten Abschnitt läßt sich nur literarisch erklären. I n — 2 i ist weder als Ganzheit noch in den Einzelelementen mit den klassischen prophetischen Wortformen auf eine Ebene zu stellen. Auf einen mißglückten Versuch, das Akrostichon fortzuführen, kann man sich nicht berufen, da dieser inkonsequent geblieben ist und ein Zusammentreffen der erwähnten thetisch-antithetischen Struktur mit akrostichischem Prinzip ganz unwahrscheinlich wäre. Eindeutig für literarische Entstehung spricht jedenfalls die Tatsache, daß in mündlicher Verkündigung ein so rascher Subjektwechsel und Wechsel der Beziehungen die Einheit unverständlich machen würde. In ihr wird literarisch gedacht und argumentiert. Zu demselben Ergebnis führen auch von den oben vorgelegten abweichende literarische Analysen. So könnte man davon ausgehen, daß das Judawort 1 i2acc. b. 13 2 i eine ursprüngliche Einheit darstellt, die Verse 111.14 2 2 dagegen unter dem Gesichtspunkt des Leitwortes jo'es bHijjaäl sowie der pointierten Vorausnahme des Gerichtsergebnisses eingefügt worden seien. Auch dieser Kompositionsprozeß könnte nicht auf mündliche Tradition zurückgeführt werden, da sich weder die Zerstückelung des Judawortes noch die Einschaltung der angegebenen Verse aus mündlichem Überlieferungs58 59

Bezieht man 2 3 ein, handelt es sich um eine dreimalige Folge (Horst 1964, 159). 159. 2«

20

4. 111—2 2

geschehen ergeben haben kann. Die Alternativstruktur der Anordnung ist in dieser Form kein Prinzip mündlicher Verkündigung (s. ad 10.3). 4.4

1 12

In v. 12 kann man den Versuch beobachten, das einleitende Judawort sowohl mit dem Theophaniehymnus als auch mit den folgenden Worten redaktionell zu verklammern. Der Einschub i2aßy lautete wohl: r n y ] Hi p l D'3! D?S3 bvh: (So spricht Jahwe), der über viele Wasser gebietet, so daß sie schwinden und dahingehn 60 . Es handelt sich um eine v. 4 variierende Prädikation, die den hymnischen Stil über v. 6ff. hinaus fortführen will61. V. 12 bot sich v. a. deshalb an, weil er an einer redaktionellen Nahtstelle 62 das Heilswort 112 aa. b. 13 2 1 einleitete und nach der Botenformel eine hymnische Prädikation leicht einzufügen war. Sachlich greift er das Motiv der Austrocknung von Meer und Strömen auf. So offensichtlich wie die Beziehung zum Hymnus ist auch die Verklammerung mit dem nachfolgenden Text. Die vorliegende Fassung besagt: Mögen sie so komplett (D*1»1?®) und zahlreich sein wie sie wollen, sie vergehen doch und gehn dahin. Gemeint sind die mit den Feinden identifizierten Bewohner Ninives. Für den Bearbeiter der ursprünglicheren Fassung (s. o.) lag eine Verbindung von i 2 a ß y mit dem eigentlichen Thema des Nahumbuches und damit zugleich einer Rahmenschicht des Hymnus näher als die hymnische Version. Von dieser doppelten Kontextbeziehung des Einschubs 12 a her wird die Redaktion des ersten Kapitels durchsichtiger. Es waren zwei 60 JJ131 Q i a a b ü ö wird durch die L X X gestützt. Zu 1W vgl. Marti (1904) 314; Horst (1964) 158. Marti liest 113571 Itt " a n W TO1?!? (ebd.), vgl. J. M. P. Smith (1911) 307; Duhm, Anmerkungen, 64: "|ri]S tT D 1 ? ® DK »wenn die Zeit deiner Bedrückung vollendet ist«. G. Richter, Erläuterungen, 125: Vwa n n s 1 1 3 » IHM | m tr3"l D'ÖS. Sellin (1930) 362ff.: 113S71 W p l ffOT D'D CT1?®». Happel, Nahum, 34ff.: 113S1 IT« p l CT tTD V»SX. Gaster, J B L 63 (1944), 51: T n s n 1T1 p l D ^ l »What so great waters gushed . . .« C M nach arab. Ulla und JVVlVtf Baba Qamma 61—61a). Horst (1964) 158: D , Ö V f f ö n n a s n TO p l n ^ T . Kutsch, Demut, 34, möchte n ^ t p - Q K als Schwurform deuten und das ausgefallene Personalpronomen (DH DK) nachtragen. 12 aß = »Und so viele sie sind, so sind sie geschoren« (35). Das beziehe sich auf die Assyrer. 61 62

Die Beziehung auch zu 8aa ist offenkundig, vgl. Hab 3 8ff. Zur Kontextbeziehung von v. 11 s. ad 4.1—4.3 und 10.3. Haupt stellt I i i . 14 2 2 nach 3 7 und schließt 1 1 2 2 1 . 3 an die umgestellten Verse I i i . 14 2 2 an, ZDMG 61, 279f. In J B L 26 (1907), 10, folgen auf 3 7 die Verse I i i . 14 2 1. Nach Duhm leitet v. 12 (z. T., + 13 und 14 2 1. 3 je z. T.) das Buch Nahums ein (Anmerkungen 64).

4.4 1 12

21

Hände am Werk, von denen die eine den Hymnus, die andere das Feindproblem der Rahmung und des folgenden Kapitels im Auge hatte. Entscheidend ist die Frage, ob es sich lediglich um eine Glosse handelt, die etwa bei v. 4a oder 8b am Rande gestanden haben könnte, oder um einen Bearbeitungszusatz, der mit der Komposition des Buches in nähere Verbindung gebracht werden muß. Aller Wahrscheinlichkeit nach trifft für die wiederhergestellte Fassung erster Hand das letztere zu. Durch den Zusatz wollte der auch für die Ausgestaltung des Theophaniehymnus verantwortliche Verfasser (s. v. a. ad 10.20—10.21) das Heilswort mit dem hymnischen Introitus verknüpfen. Natürlich läßt sich assoziative Einfügung der Phrase durch Spätere nicht mit Sicherheit ausschließen. Aber der in 1 n —2 l ebenso wie in 12-10 zu beobachtenden Arbeitsweise entspricht die Einschaltung einer geläufigen Wendung als Aufweis sachlicher Beziehungen durchaus. Nachträgliche Änderung ist erst die vorliegende Fassung. Nur diese darf als Glossierung bezeichnet werden, nicht die ihr zugrunde liegende.

5. Der Schlachtgesang 5.00

23

2 4ff. läßt offen, welche Parteien gegeneinander kämpfen. Darin liegt eine Analogie zu 1 uff., wo Ninive nicht und Juda erst am Schluß des Wortes (2 l) genannt ist. Es wird sich zeigen, daß diese schwebende Beziehung nicht auf nachträgliche Einfügung des erweiterten Theophaniehymnus zurückgeht, der die Überschrift 11 von 1 uff. 2 2ff.trennt, sondern tiefere Gründe hat. Der Vers 2 363 nimmt gleichermaßen auf das Judawort 112 aa. b. 13 2 1 wie auf die nachfolgenden Verse 2 4ff.bezug, indem er die Thematik des ersteren variierend fortführt (3 a) und das folgende Geschehen (2 4ff.) durch die Einführung der Vernichtergestalten (Dypa) vorbereitet (3b)64. Offenbar soll ein antithetisches Entsprechungsverhältnis zwischen den D'ppa (3 b) und den 2 4 (und 2 6, s.u.) genannten, personifizierten Zerstörungsinstrumenten ( o n a s . V T r ^ N , 0 , 1 V T K ) angedeutet werden: Wie Jakob-Israel durch Verwüster verwüstet wurde, wird auch die erst 2 9 namentlich genannte Ursache der Verwüstung durch kriegerische Gegenmächte vernichtet. Wie noch zu zeigen, stehen die mächtigen Krieger (2 4. e) in Diensten des y'S» (2 2)65, der dem b l i j j a ä l konfrontierten Gegenmacht. Damit wird deutlich, daß 2 3 das Judawort mit der Schlachtszene 2 4ff. verknüpfen will. Die Methode dieser Verknüpfung ist einfach: Der erste Stichos schließt an das Vorausgehende, der zweite an das Folgende an. Aufgrund dieser redaktionellen Funktion kann man mit Sicherheit eine ursprüngliche Zugehörigkeit des Verses zum Judawort ausschließen. Zwischen 2 2 und 2 4ff.wurde v. 3 einmal um der Fortführung der ab 111 ff. zu beobachtenden thetisch-antithetischen Struktur willen eine

83

64

65

Die cj. ]D1 (3aaß), vgl. Gunkel, ZAW 13, 239f.; Marti (1904) 315; Haupt, ZDMG 61, 280. 288 (nur in 3aß); J . M. P. Smith (1911) 309; Duhm, Anmerkungen, 64; Nowack (1922) 248f.; Sellin (1930) 364 (nur in 3aß); Elliger (1963) 9f. ist durch O m M T begründet, aber textkritisch nicht haltbar. Gewöhnlich wird v. 3 mit 2 l (und damit jeweils der Einheit, der man 2 1 zuweist) verbunden, vgl. Wellhausen, Propheten, 160; Marti (1904) 314f.; J . M. P. Smith (1911) 302ff.; Duhm, Anmerkungen, 64; Nowack (1922) 247ff.; Sellin (1930) 362ff. Horst bezeichnet 2 1 . 3 als prophetisches Eigenwort (1964, 159), Elliger schiebt v. 3 zwischen 2 Ina und ß ein und sieht in 2 l. 3 ein Gedicht mit zwei aus je 3 Zeilen bestehenden Strophen (1963, 9f.). Vgl. Marti (1904) 316; Nowack (1922) 249; Sellin (1930) 367. S. ad 5.3.

5. Der Schlachtgesang

23

geschoben, zum anderen aber auch wegen der wiederum antithetischen Beziehung der verschiedenen Vernichtungsgestalten (3 b. 4 a) zueinander. Für die Komposition des Verses symptomatisch ist das doppelte ki, ein — in diesem Falle — redaktionelles Merkmal. Die redaktionelle Funktion des Verses ist mit den aufgewiesenen Beziehungen noch nicht vollständig erschlossen. Man muß größere Kompositionen ins Auge fassen, um die Beziehungen zu 2 n und damit zur Gesamtredaktion erheben zu können (s. ad 10.40ff.). Erst die Untersuchung der Gesamtredaktion vermag zwingend darzutun, daß 2 3 keine bloße Glosse darstellt. Einige Argumente lassen sich jedoch schon hier anführen. Als Fortführung der thetisch-antithetischen Struktur von 1 uff. ist 23 unlöslich mit dem Kontext verwachsen. Glossierungen sind gewöhnlich nicht so eng in die innere Struktur des Textes einbezogen oder auf ähnlich weiträumige Beziehungen angelegt. 2 3 enthält sodann mehr als nur lockere Stichwortoder Gedankenverknüpfungen. Der Vers ist auch sachlich der inneren Konzeption von 1 n — 2 4fE. verpflichtet. Er enthält Ansätze zu argumentierender Gedankenführung, indem er das Leitwort Juda (2 i) in den Bezeichnungen Jakob/Israel weiterbildet, die in der Kontrastform von 1 li ff. und in der Rahmung des Judawortes (112 b 2 ib) beschriebene Geschickwende zusammenfassend in 3 a als solche bezeichnet und die folgende Schlacht schließlich talionsrechtlich (— wie wir verwüstet wurden, werdet auch ihr verwüstet —) zu begründen sucht. In 2 3 konvergieren zahlreiche Form- und Gedankenlinien, die nur von einem für umfassendere Komposition verantwortlichenen Schriftsteller auf diese Weise und an dieser Stelle gebündelt worden sein konnten66. 5.01

Zu 2 4ff.

Wie die Untersuchung der Verschachtelung zweier Einheiten in I n —2 2 (s. ad 4.) ergab, verlangt der Abschnitt 3 i 111.14 2 2 eine Fortsetzung. Sie ist in 2 4ff. zu suchen, einem redaktionsgeschichtlich recht problematischen Stück. Einer Erklärung bedarf zunächst die offenkundig enge Verwandtschaft von 2 4f. und 3 2f. 3 2f. beschreibt ebenso anschaulich und eindringlich wie 2 4f. eine Schlachtszene mit Reitern und Wagenkämpfern. Handelt es sich um eine Parallele zu 2 4ff. ? Dagegen spricht die von 2 4f. formal wie terminologisch deutlich unterschiedene Dar66

Mit Jakob-Israel ist nicht nur das Nordreich gemeint (Horst [1964] 160), sondern beide Teile der alten Doppelmonarchie, vgl. Elliger (1963) 10; Sellin (1930) 365; Nowack (1922) 249; Marti (1904) 315.

24

5. Der Schlachtgesang

Stellung. Trotzdem scheint hier wie dort dieselbe Szenerie vorausgesetzt zu sein. Es liegt deshalb nahe, in 3 2f. ein aus bestimmten Gründen umgestelltes Stück des ursprünglich längeren Schlachtliedes (2 4ff.) zu vermuten. Der in 2 4ff.vorliegende Text ist offensichtlich — mit veranlaßt wahrscheinlich durch die Abtrennung der ursprünglich zu 2 4 ff. gehörenden Strophe 3 2f. (s.u.) — in Unordnung geraten 67 : Parallelismen werden auseinandergerissen (5aaß. 5baß), Zusammenhänge unterbrochen (4 a und 5 b), einzelne Elemente stehen beziehungslos (ll'Dfl DV3 4aß; r - n t f "DP 6aa) im Kontext. Deshalb muß der Versuch gemacht werden, die gestörte Ordnung wieder herzustellen. Dabei darf eine etwa aus deduktiven Denkschritten erwachsende Logik der Bild- und Gedankenfolge nicht zum Kriterium der Neuordnung des Textes erhoben werden. Zu achten bleibt vielmehr auf eine Struktur antithetischer Oppositionen, wie sie in 1 uff. zu beobachten war und in 3 3 deutlich hervortritt, sowie auf eine im überraschenden Aspektwechsel sich unerwartet erschließende Ereignisabfolge. Die Bilder scheinen einander wechselseitig durch die Art und Weise ihrer Konfrontation zu erhellen. Der Text ist folgendermaßen zu ordnen:

5.1

Der Schlachtgesang — Rekonstruktion

j

67

®na n*?D trän T S 'in B-IÜ BW NV nxVa ¡no nsn mir- 1 ?» aam ^aa VyVa psr n v r -pVs m s t® s-ir-xV naoai "?od ivnax T n 1 ? « ivaa nVrj? -o -pap m x a 11X3 «»"ina-Vs » f e a n^s Tita na f a x t n n a pm i " n - n s s

31 In i u

22

Marti konstatiert, daß alles Weitere in der Strophe 2 4.5 nach ^ n - W N

(v. 4 a)

unsicher sei (1904, 316). J . M. P. Smith rechnet in 4ay mit Glossierung (1911, 314), Duhm ordnet 4 a mit Hilfe von Konjizierung und Streichungen neu

(Anmerkungen

65f.). 88

S. Anm. 53.

68

Angeredet ist wieder Ninive. Zum Ineinander der beiden Größen j'o'es bHijjä'äl und Ninive s. ad 8. und 10.3.

5.1 Der Schlachtgesang — Rekonstruktion

i s x t trpi33 o's'rria ^ n - w x

iV»m "D'irnn II

rvnma iiptrpw

25

V T 1 8 13V 2 6aa d t q ^ s ' » a r r i n n 2 5b a i 8 a m n a ï fia 2 4

33in niiVs-twa

3 3 i n i ^ i n n - ' n i x i n s 2 sa

« p i s ® » i Vipi d w "71p 3 2. 3 n"?»a « a n a i i m 7 1 010 n-'jn p i s i 3 i n " a n V

III

I I S 1 3 3 1 W n 311 'STIiV jlXp |1K1 3 3ba n n a w iina" 1 n r v o V m i V s o 1 2 6aß.ba njDD f 8i n a » n a » 2 9bß i r s n o r a - p o n p m 7 i 3 x n 2 saa 1 . ebß. m y ' « n u r u o n T i a s i nVsnn nn"?j 7 5 (nn»i) 2 ga^.b« 1 maj Vs-Tim innaa n i m m n s ® 2 ? D,D3 " Î P M D'a-XIDISS m j ' j l 2 9aba niisn 1 ? n x p p s i 3nt it3 »103 it3 210 m a n ""Vs V s a 1 3 3

Seit Wellhausen pflegt man das Suffix zu ändern, vgl. ad 5.2. Ich streiche das waw. 72 Die Abweichungen in 4QpNah von Nah 3 weisen auf keinen besseren Text, vgl. Allegro, JSS 7 (1962), 304ff.; Dupont-Sommer, Sém 13 (1963), 55ff.; Weiss, RQ 4 (1963), 433 ff. Die Streichung von 2bß ist um der sonst strengen Form der Strophe 3 2f. und der Parallelität mit 2 5a willen zu erwägen. Die Wendung dürfte erst nach der Herauslösung aus dem Kontext 2 4ff. hier eingedrungen sein. 2bß ( H 3 3 i a i m p i » ) müßte sonst hinter 2a stehen. 73 Ein waw ist hinzuzufügen. 74 3bß nimmt, im ursprünglichen Kontext, die Leitworte ¡VU von 3 bot, von 6 aß auf und erweist sich damit als Nachtrag (s. ad 5.2). 76 Einfügungen zur Verdeutlichung der Zeitrelation einst — jetzt. 76 Zu den Konjekturen n V » n n und rrn»K s. ad 5.3, zur Lesung flllïllô vgl. Nowack (1922) 251; Sellin (1930) 369; Eiliger (1963) 11; Horst (1964) 160. i n j in übertragener Bedeutung nur Koh 2 3 ; ein dem hier vermuteten analoger Gebrauch ist nicht belegt. Zu h n a g in der Bedeutung Kanal s. Baumgartner, KBL3, s. v. Der 2. Stichos des Verses ist Bearbeitungszusatz, s. ad 6.4. G. R. Driver hat richtig gesehen, daß in 3 S n nicht der Name einer Königin stecken kann, wie man häufig annahm (JThSt 15, 1964, 296ff.). Seine Vermutung, es habe ein dem arab. subbun entsprechendes hebr. * 3 S gegeben und die Lesung 3SH »the (captive) train« (297 f.) bleiben jedoch ebenfalls unbefriedigend. Bisherige Verbesserungsvorschläge sind: Happel (Nahum 80. 82f.): »Und das Fundament (n3Xa) wird bloßgelegt und herausgeworfen und ihre Mägde werden fortgeschleppt . . .«. Marti (1904, 317f.): »Und die Königin (^J®?)) wird entblößt und weggeführt und ihre Mägde schluchzen . . .«. Haupt, ZDMG 61, 282. 295: »herausgeholt, weg- und fortgeführt wird des Königs Gemahl . . .« (1*78/1 bW nnVyn nil 1 ?«! HSHI). Duhm (Anmerkungen 66): »Hinausgeführt wird, ins Exil wandert die Herrin . . .« (nîJXri). Nowack (1922, 251) : » . . . und herausgeführt werden ihre Besitzerinnen, wandern in die Verbannung . . .« (nnV»3 n s s n ) . Humbert (AfO 5, 15f.): »La reine est emmenée captive, Elle et ses suivantes . . .« (H'nnasi 8 ' n nVïn 3 s n ) . seiiin 70

71

26

5. Der Schlachtgesang

Ubersetzung: 3l 111 114

22

2 6 aa 2 5b 24 2 5a 3 2f.

3 3 ba 2 6 aß. ba 2 9bß 2 Saa 1 . 6bß. 4aß2 2 8act2. ba 1 27 2 9 a. ba 2 10

Weh Blutstadt, eingefleischte Lügnerin, angefüllt mit Raub und eingesessner Beute! Von dir ging aus, der Unheil wider Jahwe sann, der Frevelplaner. Befehl gab Jahwe wider dich: Die Träger deines Namens werden künftig nicht mehr Wurzel fassen. Aus deinem Gotteshaus rotte ich Schnitzbild und Gußbild aus. Ich bereite dein Grab, denn du bedeutest nichts. Der Zerstreuer zieht über dich dahin. Bewach die Stadt, späh nach dem Weg, gürte die Lenden, nimm alle Kraft zusammen! E r ernennt seine Mächtigen, deren Aussehen fackelgleich, die wie Blitze zucken. Rot ist der Schild seiner Helden, rot gekleidet sind seine Krieger. I m Stahlfeuer der Gespanne werden die Speere 78 geschwungen; auf den Straßen rasen die Wagen, rattern auf den Plätzen. Peitschenknall und Räderrasseln, stiebende Rosse und bäumende Reiter, Schwertflamme und Speerblitz, Erschlagne die Menge und Leichenmassen und unabsehbar die Leiber. Sie überstürzen sich auf ihren Bahnen, stürmen zur Mauer. Halt! Bleibt stehn! Doch niemand wendet sich. Befestigt war die Sperre aufgebaut am Gründungstag; jetzt ist die Wasserleitung bloßgelegt, jetzt sind die Stadtkanäle abgeleitet. Die Stromtore öffnen sich und der Tempel wankt. Ninive gleicht einem See, dessen Wasser überborden. Raubt Silber! Raubt Gold! Die Vorräte sind unerschöpflich, sind allerschönste Kostbarkeiten.

5.2—5.4

Zur Rekonstruktion

5.2 Die hier vorgelegte Rekonstruktion ergibt sich aus der Redaktionsanalyse des Nahumbuches als Ganzem und ist keine isolierbare Umgruppierung des Textes nur eines seiner Teile. Eine redak(1930, 365. 368f.): »Und hinausgeführt wird seine Besitzerin, zieht in die Verbannung« (. . . nn 1 ?} n x s m ) , ähnlich Elliger (1963, I I ) und Horst (1964, 160). G. R . Driver ( J T h S t 15, 298): »The (captive) train goes into exile, they and their slave-girls are carried away.« " S. B H K = Marti (1904, 318). 7 8 Vgl. Gaster, J B L 63 (1944), 52 (nach akk. purussu): versieht die Bedeutung Speerschaft mit Fragezeichen.

Baumgartner, K B L 3 , s . v . ,

5.2—5.4 Zur Rekonstruktion

27

tionelle Arbeit dieser Art ist nicht einmalig im Alten Testament, sondern hat im Dodekapropheton ihre Parallelen79. Tiefere Eingriffe in den Text sind nicht erforderlich (zu 2 8 a. ba s. ad 5.3). An einer Stelle ist die Eintragung einesflXiSJlzu erwägen (2 8aa2). Für die Änderung des Suffixes in ]n,Nia (2 5ba) gibt es zureichende Gründe (s. u.). Im übrigen sind nur in der jetzt aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissenen Strophe 3 2f. zwei kleinere Einfügungen zu erkennen (3 2bß. 3bß), die sich jedoch leicht erklären lassen: 3 2bß trägt ein Bild aus der vorangehenden, nunmehr abgetrennten Strophe (2 5a) nach; 3 3bß wiederholt den vorausgehenden Hemistichos und knüpft dabei an das ursprünglich folgende Stichwort (VüD 2 6aß) an. V. 8 wurde erst nach dem redaktionellen Umbau des ganzen Ninivegesanges geändert und erweitert80. 5.3 Näherer Begründung bedürfen die Verknüpfungen von 3 i I n . 14 2 2 mit 2 4ff., von 2 4f. mit 3 2f. sowie die Neuordnung von 2 4 - 6 a a und 2 6 a ß - 9 . Daß 2 2 eine Fortführung verlangt, ist augenfällig (s. o. ad 4). Die angeredete (Stadt) soll sich auf einen Angriff vorbereiten, der unmittelbar bevorsteht. Wenn 2 4ff. Bilder und Szenen eines im Stadtinnern blutig abrollenden Schlachtgetümmels aneinanderreiht, auf das 2 2 offenbar hinauswill, so darf man darin sicherlich den Anschluß an 2 2 suchen. Das Suffix in "imai (2 4) bezieht sich auf eine Gestalt, die vorher schon genannt worden sein muß und nirgends anders als in dem y a a von 2 2 zu finden ist 81 . Da v. 4 die gewaltigen Krieger offenbar als bekannt bzw. bereits eingeführt voraussetzt und ein Subjekt von "DP 2 6aa im vorliegenden Kontext nicht zu ermitteln ist, dürfte die vorgeschlagene Umstellung die wahrscheinlichste und zwangloseste Lösung der Schwierigkeit sein. Die verschiedenen Ausdrücke für die Vernichtungsgestalten sind stilistisches Mittel und korrespondieren der in der Schlachtszenerie angewandten Darstellungstechnik. Nicht zufällig folgen im überlieferten Text 2 5b und 6aa unmittelbar aufeinander: Ein formales Indiz, das die sachliche Beziehung der Verse 6aa. 5 b. 4 äußerlich unterstützt. Man braucht lediglich das Schlußstück des Abschnitts 2 4-6 aa, nämlich 5b-6acc, an den Anfang zu stellen, um die richtige Reihenfolge zu 79

In die ersten beiden Kapitel des Joelbuches sind ein Dürregedicht und ein Heuschreckengedicht eingearbeitet. Das Dürregedicht umfaßt: 1 5. 11.10b. 12. 17.18. 20; zum Heuschreckengedicht gehören: I : 2 2ay.ba. 3; I I : 2 4f.; I I I : 27ba. Saß. 8aa. 7bß; IV: l e b . 7; V: 2 9act. 8b*. 9aß. 9b. Mit Ausnahme von Strophe I I I bestehen die Strophen aus drei Stichen. Daß das 1. Kap. des Hab-Buches ein Klagelied enthält, (1 2-4. I2ff.), ist seit langem bekannt. Wolff vermutet, die Doxologien des Amosbuches hätten einmal einen dreistrophigen Hymnus gebildet (413 5 8f. 9 5f.) (1967/ 69, 254ff.).

80

S. ad 6.4 und 12.1 und Anm. 76. S. Anm. 65.

81

28

5. Der Schlachtgesang

erhalten. V. 4 erläutert durch die rote Kleidung das fackelgleiche Aussehen und blitzartige Hin-und-her-Schnellen der Wagenkämpfer. Der Abschnitt 2 6aoc. 5 b . 4 (ohne van 0V3). 5 a bildet zwar eine relativ geschlossene Strophe, nicht aber ein vollständiges, bis zum Endpunkt durchgeführtes Schlachtgemälde. Das Bild geht von der Darstellung der Krieger, ihrer Schilde, Kleidung und ihres Speerschwingens zur Beschreibung der Kriegswagen im Einsatz über; der Wechsel des Blickpunktes wird sorgfältig vorbereitet durch die Wendung »im Stahlfeuer der Wagen« ( 4 a ß ) . Man erwartet nunmehr einen Hinweis auf die Folgen des Kampfes, der sich nicht nur in 2 7ff., sondern auch in 3 3 findet. Bei einem Vergleich von 3 2 f. mit 2 4 f. kann man von den vorliegenden Kontexten nicht absehen. 3 2 f. und 2 4 - 6 a a stehen in Spannung zu den umliegenden Worten. Das zeigt sich zunächst an der Voranstellung der hier nicht ursprünglichen Überschrift 3 l (s. ad 4.0) sowie des Einschubs 2 3. Redaktionell gesehen handelt es sich beidemale um eine Nahtstelle. Ebenso unvermittelt wie der Peitschenknall auf das Wehe 3 l f. folgt die Menge der Buhlerei (3 4) auf die Menge der Leichen (Stichwort). Greift das Wehewort 3 i die räuberische Habgier der Stadt an, so 3 4 Hurerei und Zauberei, ohne daß eine innere Beziehung der beiden Worte zueinander erkennbar wäre (s. aber ad 6). Das Schlachtlied vermag eine Verbindung nicht herzustellen, sondern trennt 3 1 und 4 noch weiter voneinander. Eine wie immer mit unseren Vorstellungen von Verknüpfungslogik zu vereinbarende Beziehungsmöglichkeit sucht man vergeblich. Natürlich bleibt dieses Argument von begrenztem Wert, solange nicht einleuchtendere Zusammenhänge aufgewiesen sind, was in diesem Falle jedoch möglich ist. Nicht anders verhält es sich mit dem Anschluß von 2 6aa — bzw. der rekonstruierten Strophe 2 ö a a . 5b. 4. 5 a — nach unten. Aus dem gegenwärtigen Zusammenhang des Verses 6 ist nicht zu erkennen, wessen Gewaltige (D,T,nN) ins Straucheln geraten. Erst aus dem Gesamtzusammenhang und der vorgeschlagenen Umstellung ergibt sich die ursprüngliche Beziehung auf den ^Sö 82 . Konjekturen sind weit willkürlicher als begründbare Textumstellungen und hier nicht ratsam83. Auch die in richtige Reihenfolge gebrachte Strophe 82

Marti hält 6 a (mit Ausnahme von W I N ) für einen Einschub und erkennt, daß 6aa eigentlich auf den f B Ö (cj.) bezogen werden müßte (1904, 3 1 7 ; vgl. Sellin [1930] 368). Daß zwischen v. 5 und 7 vom Angriff, nicht von Verteidigung die Rede sein müsse, hatte schon Wellhausen hervorgehoben (Propheten 161, vgl. auch J . M. P. Smith [1911] 316ff.). Duhm konjiziert: D n i D ^ H a m X " 1 V T I X p i l T »seine, des Meders, Edlen jagen geradeaus auf ihren Märschen« (Anmerkungen 66) ; Humbert (AfO 5, 1 4 . 1 6 ) : . . . iVWI Waiir 1003m D i T T T K TDr »Au signal, l'élite rejoint ses étendards, ils s'élancent et chargent . . . «.

83

Vgl. Anm. 82 und die Kommentare.

5.2—5.4 Zur Rekonstruktion

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2 4 - 6 a a schließt an 2 6aßff. nicht bruchlos an; 5 a und 6 a ß . b haben verschiedene Subjekte. 6aß. ba meint die den gewaltigen Kämpfern unterliegenden, in Panik geratenen Stadtbewohner, die vergeblich an die Mauer hasten. Vorausgegangen sein muß ein Bild oder eine Szene, die die panische Reaktion hervorrief. Sie ist in 3 2f. erhalten, einer die Bilder von 2 4f. aufnehmenden und zur Peripetie führenden Strophe. Nachdem die Krieger und ihre Wagen im Kampf vorgeführt sind (2 4f. 6a), wendet sich der Gesang der Geräuschkulisse, den Pferden, Reitern und blitzenden Klingen zu, um sogleich auf die Berge stummer Leichen zu deuten (3 2f.). Damit hat die Mannschaft des f S S den Sieg errungen. Vergeblich, den (zur Mauer) Fliehenden Einhalt zu gebieten (2 9 b ß ) . Will man 2 9 b ß mit 9 a b a verbinden, ist man zu problematischen Konstruktionen gezwungen84. Für die richtige Anordnung von 2 e b ß - 9 gibt es zwei Fixpunkte: v. i und 9 a . b a * . Ninive wird überschwemmt und gleicht schließlich einem Wasserteich. V. 8 a. ba1 gehört noch zu der Beschreibung der zur Überschwemmung führenden Vorgänge. Die zur Herstellung eines schlüssigeren Textes notwendigen Eingriffe in den überlieferten Konsonantenbestand sind gering; man braucht nur ein taw umzustellen und ein he zu streichen. Der Wassereinbruch wird um so eindrücklicher, wenn zugleich auf die bekannten Flußschleusen und Dämme Ninives verwiesen wird85. Mit der Aufforderung zur Plünderung greift der Gesang zuletzt wieder auf das einleitende Wehewort zurück: Die räuberische Stadt wird am Ende selbst ausgeraubt. Über Aufbau und Geschlossenheit des Schlachtgesanges sowie die Interpretationsprobleme ist noch zu handeln (s. ad 8). 5.4 Gegen den Rekonstruktionsversuch kann man nicht einwenden, die bislang vorgenommenen Wiederherstellungsversuche 84

Nowack meint, die Bewohner von Ninive könnten vielleicht mit den Wassern verglichen sein (19-22, 251). Humbert liest (v. 9b): 1105? H D S ¡USB f W D'OJ HÖH n r o n V n x p p « (Afo 5 , 1 7 f . ) .

85

Spätere Legendenbildung, zu der auch Nah 2 8t. zählt, bringt die Eroberung Ninives mit einer Überschwemmung in Verbindung (Xenophon, Anab. III, 4, 7ff.; Diodorus Siculus II, 2 7 , 1 T Ü TpiTco S ' E T E I CTUV6)(Ö3S öußpcov HEyotAcov KcrrappayivTcov auveßri TÖV Eü