Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz: Wege zur Vergrößerung der Haftungsmasse abhängiger Konzernunternehmen im Konkurs und Verfahrensfragen. Eine rechtsvergleichende Analyse 9783161603198

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Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz: Wege zur Vergrößerung der Haftungsmasse abhängiger Konzernunternehmen im Konkurs und Verfahrensfragen. Eine rechtsvergleichende Analyse
 9783161603198

Table of contents :
Titel
Vorwort
Gliederung
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
§ 1 Einleitung, Problemstellung und Vorgehensweise
I. Ausgangspunkt
II. Problemstellung
III. Rechtsvergleichende Vorgehensweise
IV. Verfahrensrechtliche Aspekte des Sachproblems
V. Beschränkung der Untersuchung auf ein „Grundmodell“
VI. Praxisbezug
VII. Wechsel von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung
VIII. Ausblick
§ 2 Insolvenzrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens
A. Insolvenzanfechtung im Konzern
I. Einleitung
II. Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen
1. Rechtshandlung
2. Gläubigerbenachteiligung
3. Kausalität
III. Anfechtung gegen Insider
1. Einleitung
2. Adressatenkreis
a) Grundsatz
b) „Nahe“ Angehörige
3. Konzernunternehmen als Insider
a) Das Insiderverhältnis von dem herrschenden zum abhängigen Unternehmen
b) Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen untereinander als Problem der Wissenszurechnung im Konzern
c) Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen untereinander als Problem der Zurechnung des unternehmerischen Einflusses der Konzernmutter
d) Zusammenfassung
4. Anfechtung gegen Insider nach der InsO
a) Änderungen im Vergleich zur KO
b) Überblick über die Insiderregelung des § 138 II InsO
c) Konzernunternehmen als Insider nach der InsO
d) Fazit
5. Banken
a) Banken als Insider nach der KO
b) Banken als Insider nach der InsO
6. Zusammenfassung
IV. Absichtsanfechtung
1. Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO
2. Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 133 I InsO
V. Anfechtung unentgeltlicher Verfügung
1. Ausgangslage
2. § 32 KO
a) Grundlage der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen
b) Unentgeltlichkeit auch bei synallagmatischen Verträgen?
c) Die Idee eines Nutzenkonzepts
d) Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit
e) Mittelbare Zuwendungen
f) Sicherheitenbestellung als unentgeltliche Verfügung
g) Gebrauchsüberlassung als unentgeltliche Verfügung
3. Der zeitliche Rahmen der Anfechtung nach § 32 KO
a) Die Ein-Jahres-Frist
b) Die „Ehegattenfrist“ auch im Konzern?
4. § 134 InsO (unentgeltliche Leistung)
5. Zusammenfassung
VI. Die Bedeutung der besonderen Konkursanfechtung im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
1. Vorüberlegung
2. Bargeschäftsanfechtung (Verschleuderungsanfechtung) (§ 30 Nr. 1, 1. Alt. KO)
a) Vermutung der Bösgläubigkeit beim Mutterunternehmen
b) Vermutung der Bösgläubigkeit bei Schwesterunternehmen
c) Zusammenfassung
3. § 132 InsO
a) Änderungen nach Inkrafttreten der InsO
b) Vermutung der Bösgläubigkeit
4. Anfechtung bei kongruenter Deckung
a) § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO
b) § 130 InsO
c) Zusammenfassung
5. Anfechtung bei inkongruenter Deckung
a) § 30 Nr. 2 KO
b) § 131 InsO
6. Spezielle Anfechtungsrechte
7. Das Verhältnis der besonderen Konkursanfechtungstatbestände zu den anderen Anfechtungsmöglichkeiten
VII. Rechtsfolgen der Anfechtung
1. Grundsatz in der KO
2. Situation im Konkurs des Anfechtungsgegners
a) Erhält der Konkursverwalter ein Aussonderungsrecht oder gelangt in die Konkursmasse nur eine Konkursforderung?
b) Entscheidung aus der Perspektive des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmens
c) Die Lage nach Inkrafttreten der InsO
3. Schicksal der Gegenleistung
4. Änderungen in der InsO
VIII. Fazit der Bedeutung der Anfechtungsrechte im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
B. Rangrückstellung
I. Die Subordinierung konzerninterner Konkursforderungen
1. Einleitende Überlegungen
2. Der Ansatz aus dem US-amerikanischen Recht
3. Subordinierung konzerninterner Forderungen nach deutschem Recht
a) Grundüberlegung
b) § 32a GmbHG als Rangrückstellung?
c) Zur Subordinierung konzerninterner Forderungen
d) Anmeldung einer Forderung eines Konzernunternehmens gegen einen aus demselben Konzern stammenden Gemeinschuldner als mißbräuchliche Rechtsausübung
II. Zusammenfassung
§ 3 Die Haftung des herrschenden Unternehmens im Konzern für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens gegenüber dessen Geschäftspartnern
I. Aufklärungspflichten eines abhängigen Unternehmens in einem Konzern gegenüber konzernexternen Akteuren
1. Vorüberlegung
2. Information als Grundlage der Risikovorsorge
a) Grundsatz
b) Umfang der Aufklärung eines abhängigen Konzernunternehmens gegenüber einem externen Dritten
c) Ergebnis
II. Haftung des herrschenden Konzernunternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens
1. Ausgangspunkt: Haftung aus c.i.c
a) Voraussetzungen
b) Rechtsfolgen
2. Anspruch gegen die Konzernmutter
a) Haftung für Dritte
b) Eigenhaftung Dritter
c) Eigenes wirtschaftliches Interesse
d) Vertrauensstellung
3. Haftung der Konzernmutter als Dritte für einen „Vierten“
a) Haftung eines Dritten für den „Vierten“
b) Die Situation im Konzern
4. Haftung der Konzernmutter für Schäden aufgrund von Aufklärungspflichtverletzungen der Tochter
a) Haftung aus § 831 BGB
b) Haftung aus § 823 I BGB
c) Haftung aus § 278 BGB oder aus § 31 BGB
d) Exkurs: Haftung des herrschenden Unternehmens für unerlaubte Handlungen des abhängigen Unternehmens aus § 823 I BGB
e) Ergebnis
III. Zusammenfassung und Auswirkung der Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens auf die Konkursmasse
1. Zusammenfassung
2. Auswirkung auf die Konkursmasse
§ 4 Gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens
I. Teil: Die Verletzung der Verantwortung für die Kapitalisierung des abhängigen Unternehmens
A. Haftung wegen Unterkapitalisierung des abhängigen Konzernunternehmens
I. Die Ausgestaltung der Anspruchsgrundlage
1. Durchgriffshaftung als Zugriffsinstrument des Konkursverwalters auf das Vermögen der Konzernmutter
2. Unterkapitalisierung
II. Ergebnis
B. Eigenkapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen (§ 32a GmbHG)
I. Einleitung
II. Adressaten des § 32a GmbHG
1. Allgemeines
2. Erweiterung des Adressatenkreises von § 32a GmbHG
a) Die sogenannten Strohmann-Fälle
b) „Echte Gleichstellung“ – Einbeziehung von Schwesterunternehmen in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG
3. Zusammenfassung
III. Darlehensgleiche Leistungen
1. Einführung
2. Darlehen
3. Nutzungs- und Gebrauchsüberlassung
4. Stundung und Stehenlassen
a) Stundung
b) Schlichtes Nichtgeltendmachen (Stehenlassen)
c) „Stehengelassene“ Gebrauchsüberlassung als eigenkapitalersetzendes Darlehen
d) Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung
5. Zusammenfassung
IV. Rechtsfolgen
1. Darlehen
2. Derivate und akzessorische Nebenleistungen
a) Zinsen und Nebenleistungen
b) Sicherheiten (von Dritten und von der Gesellschaft)
c) Aufrechnung
3. Rechtsfolgen hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung
a) Rechtsfolgen hinsichtlich des überlassenen Gegenstandes
b) Rechtsfolgen der Überlassung selbst
c) Entgelt für die fortwährende Überlassung
4. Probleme der „Verwertungskonzeption“
a) Risiko der Nichtverwertung bzw. Nichtverwertbarkeit
b) Verlängerung des Konkursverfahrens
5. Zusammenfassung
V. Die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG im Bereich des Eigenkapitalersatzes
VI. Änderungen der Rechtslage nach Inkrafttreten der InsO
VII. Anwendbarkeit der Regeln über die eigenkapitalersetzenden Darlehen auf eine konzernabhängige AG
1. Anwendbarkeit der Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen auf eine AG
2. Rechtsfolgen
VIII. Konkursrechtlicher Umgehungsschutz der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen
1. Die Bedeutung des § 32b GmbHG im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
a) § 32b GmbHG als anfechtungsrechtlicher Umgehungsschutz zu § 32a GmbHG
b) Anfechtungsfrist
c) Zusammenfassung
2. § 32a KO/§ 135 InsO (Sicherung des Rückzahlungsanspruches nach § 32a GmbHG)
IX. Zusammenfassung
C. Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
I. Einleitung
II. Die Einbeziehung der Konzernmutter in den Adressatenkreis des § 64 GmbHG
1. Die Haftung der Konzernmutter als Teilnehmer
a) § 830 II BGB
b) Teilnahme an fahrlässiger Haupttat?
c) Ergebnis
2. Erweiterung der Teilnehmerhaftung
a) Problemstellung
b) Lösungsansätze
c) Ergebnis
3. Die Haftung der Konzernmutter als Täter
a) Der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer
b) Die dogmatische Rechtfertigung der Figur des faktischen Geschäftsführers
c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Figur des faktischen Geschäftsführers
d) Vorüberlegungen zu einer Konzeption der Figur des faktischen Geschäftsführers
e) Die Figur des faktischen Geschäftsführers vor dem Hintergrund des Verhältnisses vom Gesellschafter zum Geschäftsführer
f) Die Figur des faktischen Geschäftsführers als ein Problem der Rechtsfolgenzuordnung im Rahmen der Normanwendungslehre
g) Die Anwendung der Regeln über den faktischen Geschäftsführer auf Dritte, die keine Gesellschafter sind
h) Beurteilungszeitpunkt für die Voraussetzungen der Rechtsfolgenzurechnung
i) Zusammenfassung
III. Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Haftungsmassenvergrößerung im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern
1. Einleitung und Schutzzweck der Vorschrift
2. Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 64 I GmbHG
a) Altgläubiger
b) Neugläubiger
c) Kritik an der Besserstellung der Neugläubiger
d) Zusammenfassung
3. Geltendmachung des Anspruches der Neugläubiger aus §§ 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG
a) Eigenständige Geltendmachung durch den Gläubiger
b) Aktivlegitimation des Konkursverwalters
c) Zusammenfassung
4. Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 64 II GmbHG
a) Anforderungen
b) Die Konkurrenz des Anspruchs aus § 64 II GmbHG mit den Anfechtungsregeln der Konkursordnung bzw. der Insolvenzordnung
c) Kritik an der Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters
d) Ergebnis und weiterführende Überlegungen
IV. Anwendung der Konkursverschleppungsregeln auf eine abhängige AG – § 92 II und III AktG
V. Ergebnis
II. Teil: Gesellschaftsrechtliche Erstattungs- und Schadensersatzansprüche des abhängigen Konzernunternehmens
A. Stammkapitalverletzende Auszahlungen (§§ 30, 31 GmbHG)
I. Einleitung
1. §§ 30, 31 GmbHG als gesellschaftsrechtlicher Grundtatbestand zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs einer GmbH
2. Die Anwendung der §§ 30 und 31 GmbHG im Konzern
II. Die konzernspezifische Bedeutung der Haftung für stammkapitalverletzende Auszahlungen im Konkurs einer abhängigen GmbH
1. Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG
a) Begriff
b) Adressat der Auszahlung nach § 30 GmbHG
c) Ergebnis
2. Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG
a) Vorüberlegung zur Einbeziehung von Zahlungen an Dritte in den Anwendungsbereich des § 31 GmbHG
b) Unmittelbare Leistung an einen Dritten
c) Naher Angehöriger
d) Erstattungsschuldner bei der Abtretung
e) Zusammenfassung
III. Umfang des Erstattungsanspruchs
1. Grundsatz
2. Verpflichtung zur Rückgabe in Natur
a) Prinzipiell Wertersatz
b) Ausnahmen
3. Ergebnis und weiterführende Überlegungen
a) Zusammenfassung
b) Ausgleich des Fehlbetrages vor Geltendmachung des Anspruches
c) Guter Glaube des Auszahlungsempfängers
d) Solidarhaftung
B. Kredit aus dem Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter – die analoge Anwendung des § 43a GmbHG?
I. Die analoge Anwendung des § 43a GmbHG aufkonzerninterne Darlehen
1. Einleitung und Problemstellung
2. Analogie des § 43a GmbHG?
II. Ergebnis
C. Verdeckte Zuwendungen im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
I. Einleitung
II. Nutzbarmachung der Erstattungspflicht von verdeckten Zuwendungen zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
1. Grundlage für die Erstattung von verdeckten Zuwendungen
a) Vorüberlegung: Zulässigkeit von verdeckten Vermögenszuwendungen im GmbH-Recht
b) Kondiktion als Anspruchsgrundlage für die Erstattung verdeckter Zuwendungen
c) § 31 GmbHG analog
d) Ergebnis
2. Einmann-GmbH
a) Besonderheit
b) Erweiterung des Selbstkontrahierungsverbotes auf allgemeine konzerninterne Transaktionen
3. Dritter
a) Grundsatz: Die Einbeziehung Dritter als Umgehungsschutz
b) Ausnahmen
4. Rechtsfolgen
III. Zusammenfassung
D. Einstandspflicht des Mutterunternehmens eines AG-Konzerns im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften
I. Haftung wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsregeln
1. Bedeutung
2. Grundsatz des Verbots der Vermögensrückgewähr und verdeckte Zuwendungen
3. Rechtsfolgen
II. Ergebnis
E. Haftung der Konzernmutter im Konkurs eines Tochterunternehmens nach den Regeln der Geschäftsführerhaftung
I. Einleitung
II. Die Haftung der Konzernmutter im Rahmen der GmbH-Geschäftsführerhaftung (§ 43 II GmbHG)
1. Die Haftung der Konzernmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers des abhängigen Konzernunternehmens
a) Die Bedeutung der Weisung der Mutter für ihre Einstandspflicht als Anstifter
b) Rechtswidrige Weisung
c) Treuepflichtverletzung
d) Anfechtbare Weisungen
e) Haftung des Mutterunternehmens, welches kein Gesellschafter des Tochterunternehmens ist
f) Zusammenfassung
2. Die Haftung der Konzernmutter als Täter im Grundsatz
a) Geschäftsführerhaftung als Ausfluß eines Anstellungsvertrages?
b) Strohmann
c) Die Konzernmutter als faktischer Geschäftsführer
d) Ergebnis
3. Schuldhafte Pflichtverletzung als Haftungsvoraussetzung für die Konzernmutter
a) Verletzung der Geschäftsführerpflichten
b) Verschuldensmaßstab
c) Prozessualer Ansatz
d) Zusammenfassung
4. Umfang des Schadensersatzes
5. Zusammenfassung
6. Insbesondere die Haftung wegen Vermögensvermischung
a) Einleitung
b) Haftungsgrundlage
c) Individualanspruch
d) Situation bei der abhängigen AG
III. Die Haftung der Konzernmutter im Rahmen der AG-Geschäftsleiterhaftung
1. Einleitung
2. Die Haftung der Konzernmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzungdes Vorstandes des abhängigen Konzernunternehmens
a) Haftungsvoraussetzungen des § 117 I AktG
b) Haftung für die Umgehung, insbesondere der Vorteilsbegriff des § 117 III AktG im Konzern
c) Beweislast und Vermutung
d) Die Ausnahmen der Haftung der Konzernmutter in § 117 VII AktG
e) Hinweise zur Relativierung der Bedeutung des § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Treuepflicht im deutschen Aktienrecht
f) Zusammenfassung
3. Die Haftung der Konzernmutter als Täter
4. Ergebnis
§ 5 Die Relevanz des Konzernhaftungsrechts für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens
I. Einleitung und Problemstellung
1. Grundlegung für die nachfolgenden Erwägungen hinsichtlich der Relevanz eines spezifischen Konzernhaftungsrechts im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens
a) Ausgangslage
b) Gründe für eine Fortsetzung der Diskussion über den erreichten Stand des deutschen Konzernhaftungsrechts hinaus
2. Vorgehensweise
II. Der faktische GmbH-Konzern
1. Die Haftung der Konzernmutter in einer mehrgliedrigen GmbH
a) Die Treuepflicht als Grundgedanke der Haftung
b) Treuepflicht als eigene Anspruchsgrundlage für Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH im faktischen Konzern?
c) Inhalt der Treuepflicht
d) „Eigenhändiger“ Eingriff des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens
e) Zusammenfassung
2. Gläubigerschutz ohne Konflikt zwischen der Mehrheit und der Minderheit
3. Zusammenfassung
III. Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern
1. Einleitung
2. Die Unmöglichkeit der Isolierung schädigender Eingriffe des herrschenden Konzernunternehmens in die Geschäftsführung als konstituierendes Unterscheidungsmerkmal des qualifizierten faktischen Konzerns
3. Konzerngefahr
a) Inhalt der Konzerngefahr
b) Die fehlende konzernrechtliche Spezifität der Konzerngefahr
c) Das Motiv für den Eingriff des herrschenden Unternehmens als wahrer Grund für eine spezifische Konzerngefahr?
d) Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der mit der Macht des herrschenden Gesellschafters in einer GmbH einhergehenden Gefahren als wahrer Grund für eine spezifische Konzerngefahr?
e) Zusammenfassung
4. Schädigung des Eigeninteresses der abhängigen GmbH im Konzern
a) Die Bedeutung des Eigeninteresses einer abhängigen GmbH
b) Beeinträchtigung des Eigeninteresses
c) Prozessuale Überlegungen zum Kriterium der Beeinträchtigung der Eigeninteressen
d) Zur Übereinstimmung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft mit dem Interesse des herrschenden Unternehmens, wenn dieses herrschender Gesellschafter der abhängigen GmbH ist
e) Zusammenfassung
5. Die fehlende Individualisierung der schädigenden Eingriffe als eigentliches Problem des Zivilprozeßrechts
6. Ergebnis
IV. GmbH-Vertragskonzern
1. Einleitung
2. Voraussetzung für die Bejahung eines konzernspezifischen Haftungsansatzes beim GmbH-Vertragskonzern
a) Grundüberlegung
b) Wirkung des Unternehmensvertrages
c) Abweichungen beim Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages
3. Zusammenfassung
V. Der AG-Konzern
1. Einleitung
2. Qualifizierter faktischer AG-Konzern
3. Faktischer AG-Konzern
a) Verdrängung der konzernspezifischen Haftung nach §§ 311, 317 AktG durch die Anwendung des § 117 AktG
b) Teleologische Reduktion des § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Anerkennung von Treuepflichten zwischen den Aktionären
c) Diskrepanzen der Regelungsinhalte von §§ 311, 317 AktG und § 117 AktG in teleologisch reduzierter Form
d) Ergebnis und Ausblick
4. Der Vertragskonzern
a) §§ 302, 303 AktG als gesetzlich vorgesehene, konzernspezifische Regelung zur Einstandspflicht des herrschenden Konzernunternehmens
b) Anzeichen dafür, daß die Regelung des § 302 AktG nicht konzernspezifisch konzipiert ist
c) Ergebnis und weiterführender Gedanke
VI. Zusammenfassung und Zwischenergebnis für die Untersuchung
§ 6 Verfahrensfragen: Die Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren von Unternehmen desselben Konzerns (als konkursverfahrensrechtliches Spiegelbild der wirtschaftlichen Realität)
I. Einleitung
II. Die Zusammenfassung von Verfahren als abstraktes Regelungsproblem
1. Vorüberlegungen
2. Gründe für eine Zusammenfassung von Konkursverfahren auf gerichtlicher Ebene
a) Vorteile einer Verfahrenszusammenfassung
b) Nachteile der Zusammenfassung
c) Ergebnis
3. Zusammenfassung von Verfahren/Verwaltungen auf der Ebene der Konkursverwalter
a) Vorteile der Zusammenfassung
b) Nachteile der Zusammenfassung
c) Das Zusammenspiel von Gericht und Verwalter
d) Zusammenfassung
4. Ergebnis
5. Modelle einer möglichen Zusammenfassung von Verfahren
a) Überblick
b) Einheitskonkursverfahren für den ganzen Konzern (Modell 1)
c) Zusammenfassung durch Zusammenlegung von Massen insolventer Konzernunternehmen (Modell 2)
d) Ergebnis und weiterführende Überlegung
6. Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung einer Zuständigkeitsbündelung (Modell 3)
a) Ebene der Konkursrichter
b) Ebene der Konkursverwalter
7. Zusammenfassung
III. Die Zusammenfassung von Verfahren als konkretes Regelungsproblem
1. Konkursgerichte
a) § 71 KO
b) § 71 II KO analog
c) Die Verbindung von Verfahren: § 147 ZPO
d) Allgemeiner Rechtsgedanke aus § 147 ZPO
e) Abgabe
f) Zusammenfassung auf informelle Art und Weise
g) Zwischenergebnis
2. Der Konkursverwalter
a) § 78 KO
b) § 79 KO
c) Bestellung eines Verwalters für mehrere Verfahren auf Initiative der Gläubiger?
d) Zusammenfassung auf informeller Basis
e) Ergebnis
3. Zusammenfassung
IV. Änderungen nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung
1. Ebene des Insolvenzrichters
2. Ebene der Insolvenzverwalter
3. Ergebnis
V. Ergebnis und Ausblick de lege ferenda
§ 7 Vergleichung mit dem Ansatz des französischen Rechts zur Haftungsmassenvergrößerung eines bankrotten abhängigen Unternehmens durch Rückgriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Unternehmensverbundes
A. Die Möglichkeiten der Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens in einer Unternehmensgruppe durch den Zugriff auf das Mutterunternehmen nach französischem Recht
I. Einleitung
II. Die Bedeutung von Konzernen in rechtlicher Hinsicht für die Vergrößerung von Haftungsmassen in Frankreich
1. Der französische Ansatz zur rechtlichen Behandlung von „groupes de sociétés“
a) Grundlage
b) Regelungen im französischen Gesetz über Handelsgesellschaften; insbesondere der Begriff der contrôle
c) Sonstige gruppenbezogene Regelungen im französischen Recht
d) Tendenzen im Wirtschaftsstrafrecht
2. Unité d’entreprise und andere „konzernspezifische“ Haftungsgrundlagen
a) Unité d’entreprise
b) Société créée de fait
c) Garantiehaftung der Muttergesellschaft
d) Ergebnis
3. Zusammenfassende Betrachtung zum französischen „Konzernrecht“
III. Insolvenzrechtliche Anfechtungsregeln
1. Insideranfechtung
2. Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen
a) Gesetzliche Grundlagen
b) Die Unentgeltlichkeit der Leistung
3. Action paulienne
4. Geltendmachung und Rechtsfolgen der Anfechtung
5. Rangrückstellungen
6. Zusammenfassung
IV. Die action en comblement de passif
1. Einleitung
2. Normadressaten des Art. 180 L 85
a) Der ordnungsgemäß bestellte Geschäftsleiter (dirigeant de droit)
b) Der dirigeant de fait (das faktische Leitungsorgan)
c) Juristische Person des öffentlichen Rechts als dirigeant de fait
d) Zusammenfassende Betrachtung
3. Haftungsauslösende Tatbestände
a) Pflichtverletzung
b) Rechtfertigung der Pflichtverletzung durch ein „Konzerninteresse“
c) Der Schaden und Kausalität
4. Rechtsfolgen der action en comblement de passif
a) Allgemeines
b) Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsleiters nach Art. 181 L 85
5. Ergebnis und Praxis
V. Die Erstreckung des Insolvenzverfahrens auf die Geschäftsleiter (extension du redressement judiciaire)
1. Einleitung
2. Voraussetzungen
a) Die Fälle des Art. 182 Nr. 1–7 L 85
b) Ergebnis und Bedeutung in der Praxis
3. Die Insolvenzächtung
VI. Weitere Grundlagen für eine Einstandspflicht der Mutter im Konkurs der Tochter
1. Société fictive
a) Grundlage
b) Die Fiktiviät einer Gesellschaft
c) Illegalität des Geschäftszwecks
d) Zusammenfassung
2. Vermögensvermischung (confusion de patrimoine)
a) Voraussetzungen
b) Rechtsfolge
3. Haftung wegen Verstoßes gegen die Regeln der Gesellschaftsfinanzierung
4. Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Organpflicht bzw. abus de droit de majorité
5. Haftung wegen unerlaubter Handlung (Art. 1382 CC)
VII. Konkurrenzen
VIII. Zusammenfassung für das französische Recht
B. Rechtsvergleichung
I. Einleitung und Vorgehensweise
II. Vergleichung des „konzernrechtlichen Ansatzes“
III. Vergleichung der übrigen Komponenten der beiden Regelungsmodelle
1. Vergleichung der Anfechtungsregeln
2. Vergleichung der weiterer Komponenten
a) Die wesentlichen Nachteile des französischen Modells
b) Vorgehensweise im weiteren
c) Vergleichung des Regelungsrahmens, in denen die jeweiligen Modelle verankert sind
d) Die Vergleichung der Modelle an sich
3. Ergebnis
§ 8 Zusammenfassung in 20 Hauptthesen
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht

65 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Klaus J. Hopt und Hein Kötz

ARTIBUS

Ulrich Ehricke

Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz Wege zur Vergrößerung der Haftungsmasse abhängiger Konzernunternehmen im Konkurs und Verfahrensfragen Eine rechtsvergleichende Analyse

Mohr Siebeck

Ulrich Ehricke: Geboren 1964; 1985-90 Studium der Rechts-, Geschichts- und Politikwissen­ schaft in Hannover, Genf und London; 1990 LL.M.; 1991-93 wiss. Mitarbeiter am Max­ Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg; 1993 Pro­ motion; 1993-98 wiss. Assistent an der Humboldt-Universität zu Berlin; 1997 Habilitation; 1998 Lehrstuhlvertreter an den Universitäten München und Köln.

Die Deutsche Bibliothek - C/P-Einheitsaufnahme Ehricke, Ulrich:

Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz : Wege zur Vergrößerung der Haftungsmasse abhängiger Konzernunternehmen im Konkurs und Verfahrensfragen ; eine rechtsvergleichende Analyse./ Ulrich Ehricke - Tübingen : Mohr Siebeck, 1998 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrech ; Bd. 65) ISBN 3-16-147018- 4 / eISBN 978-3-16-160319-8 unveränderte eBook-Ausgabe 2022

© 1998 J. C . B . Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro­ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde gedruckt von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständigem Werk­ druckpapier der Papierfabrik Niefern und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübin­ gen gebunden.

ISSN 0720-1141

Vorwort Wird über ein abhängiges Konzernunternehmen das Konkurs- bzw. Insolvenz­ verfahren eröffnet, so ist es für dessen Gläubiger von Interesse, eine möglichst hohe Quote zu erhalten. Die Höhe der Quote hängt vom Umfang der an sie zur Verteilung gelangenden Haftungsmasse des Schuldners ab. Es ist dabei die zentrale Aufgabe des Konkurs- bzw. Insolvenzverwalters, diese Haftungsmasse möglichst umfangreich aufzufüllen. Gegenstand dieser Untersuchung ist die Frage, ob dem Verwalter möglicherweise insoweit ein Bündel spezieller Ansprüche zur Verfü­ gung steht, die aus der besonderen Situation bzw. Stellung des Schuldners als abhängiges und vormals der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens unter­ worfenen Konzernunternehmens resultieren, und aufgrund derer er einen Zugriff auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens oder gegebenenfalls auf das eines Schwesterunternehmens hat. Die aktuelle Diskussion beantwortet diese Frage Weitenteils mit dem Hinweis auf das Konzemhaftungsrecht. Hier wird indes die These vertreten, daß mit der Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens die Frage eines (besonderen) Schutzes der Gläubiger eines abhängigen Konzemunter­ nehmens aus dem Blickwinkel des Konzern(recht)s gelöst und in die allgemeine Perspektive des Konkurs- bzw. Insolvenzrechts gestellt wird. Das hat allerdings zur Folge, daß sich die Bedeutung des Konzemhaftungsrechts stark relativiert. Denn dort, wo es sein Hauptanwendungsgebiet haben soll, erlangt es dann nur noch als eine unter mehreren Möglichkeiten zur Vergrößerung der Haftungsmasse des Schuldners Bedeutung, und zwar möglicherweise auch nur subsidiär, nämlich insoweit als nicht bereits andere Regelungen die Sachverhalte erfassen können, auf welche das Konzemhaftungsrecht Anwendung finden soll. Das aufgeworfene Sachproblem wird vergleichend mit dem französischen Recht untersucht. Dieses bietet sich besonders an, weil es kein Konzemrecht kennt und in bezug auf Kon­ zerne den typischen Fall eines Haftungsrechts darstellt, welches an der Insolvenz des jeweiligen Unternehmens und nicht an seiner strukturellen Verknüpfung mit anderen Unternehmen ansetzt. Diese Studie erschöpft sich indes nicht in der Erörterung materiell-rechtlicher Fragestellungen, sondern schlägt den Bogen auch zu einigen verfahrensrechtlichen Problemen, die im Zusammenhang mit dem Konkurs abhängiger Unternehmen in einem Konzern auftreten. Die Untersuchung ist zwar im zeitlichen Anwendungsbereich der Konkurs­ ordnung entstanden, dennoch werden die jeweiligen Aspekte auch aus der Per­ spektive der Neuregelungen der Insolvenzordnung betrachtet. Literatur und Recht­ sprechung konnten, zumindest in den Fußnoten, bis zum Frühjahr 1998 Berück­ sichtigung finden.

Die Humboldt-Universität zu Berlin hat die vorliegende Arbeit im Winter­ semester 1997/1998 als Habilitationsschrift angenommen. Sie ist entstanden während meiner Tätigkeit am Max-Planck-Institut für internationales und ausländi­ sches Privatrecht in Hamburg und meiner Assistentenzeit am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Thema hat mir Herr Prof. Dr. Dr. h.c. EmstJoachim Mestmäcker vorgeschlagen. Dafür und für die ständige Unterstützung danke ich ihm sehr. Dank gebührt aber auch vielen anderen, denn die Arbeit hätte nicht gelingen können, ohne die anregenden Gespräche, die hilfreichen Ratschläge und die zahlreichen Ermunterungen. Auch wenn ich leider nicht alle erwähnen kann, ist das Vorwort guter Tradition nach der Ort, diesen Dank zumindest einigen - stellvertretend für alle - auszusprechen. Ich möchte mich an dieser Stelle deshalb bedanken bei Frau Prof. Dr. Christine Windbichler, bei Herm Prof. Dr. Axel Flessner, bei Herm Prof. Dr. Peter Hommelhoff, bei Herm Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Immenga und bei Herm Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, sowie bei den Direk­ toren des Max-Planck-Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe der Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht. Besonderen Dank schulde ich zudem Herm Prof. Dr. Karsten Schmidt und Herm Prof. Dr. Christoph Paulus für die zahlreichen, anre­ genden Diskussionen und die stets gewährte Hilfe und Unterstützung. Herr Paulus war zudem Zweitgutachter dieser Arbeit. Für die zügige Erstellung des Gutachtens sei ihm an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt. Dank gebührt ferner den Mitarbeitern des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht der Humboldt-Universität zu Berlin, besonders Frau Karin Weber, für die einzigartige, freundschaftliche Atmo­ sphäre und dafür, daß sie die Lasten meiner Arbeit stets mit mir geteilt haben. Ebenfalls zu danken habe ich den Mitarbeitern am Max-Planck-Institut für auslän­ disches und internationales Privatrecht in Hamburg für ihre Hilfe. Hervorheben möchte ich dabei Pauline Strubenhoff und Ingeborg Stahl. Sie haben mit unend­ licher Geduld die Mühe auf sich genommen, aus meinem Manuskript eine druck­ fähige Vorlage herzustellen. Der abschließende und größte Dank gilt Herm Prof. Dr. Dr. Dres. h.c. mult. Klaus J. Hopt und Herm Prof. Dr. Dr. Christian Kirchner. Beide haben mich auf dem Weg meiner Arbeit intensiv begleitet und mich durch ihre beeindruckende Persönlichkeit in meiner Arbeit geprägt. Sie haben mir alle erdenkliche Unterstüt­ zung zuteil werden lassen und mich immer wieder ermuntert, die Beantwortung meiner Fragestellung voranzutreiben und dort, wo es nötig ist, in neuen Bahnen zu denken. Herm Kirchner möchte darüber hinaus danken für die Freiheit, die ich während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl hatte, für seine stets offene Tür, für seinen Einsatz und für das hervorragende persönliche Verhältnis, das die Arbeit mit ihm immer ein wirkliches Vergnügen sein läßt.

Berlin, im Sommer 1998

Ulrich Ehricke

Gliederung Inhaltsverzeichnis...................................................................................................... XV Abkürzungsverzeichnis........................................................................................ XXXI

§ 1

Einleitung, Problemstellung und Vorgehensweise............................................. 1

§2

Insolvenzrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens............. 15

A.

Insolvenzanfechtung im Konzern.......................................................................15 L

Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen.................................... 18

III.

Anfechtung gegen Insider...............................................................19

IV.

Absichtsanfechtung.........................................................................45

V.

Anfechtung unentgeltlicher Verfügung........................................ 46

VI. VII. VIII. B.

Die Bedeutung der besonderen KonkursanfechtungimKonkurs eines abhängigen Konzernunternehmens................................................65 Rechtsfolgen der Anfechtung....................................................... 78

Fazit der Bedeutung der Anfechtungsrechte im Konkurseines abhängigen Konzernunternehmens......................................................... 86

Rangrückstellung................................................................................................. 89 L

II.

§3

Einleitung................................................................................................... 15

II.

Die Subordinierung konzerninterner Konkursforderungen....................89

Zusammenfassung........................................................................ 100

Die Haftung des herrschenden Unternehmens im Konzern für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzern­ unternehmens gegenüber dessen Geschäftspartnern.......................... 101 I.

Aufklärungspflichten eines abhängigen Unternehmens in einem Konzern gegenüber konzernexternen Akteuren........................ 101

II.

Haftung des herrschenden Konzernunternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens........................................................................... 112

Zusanunenfassung und Auswirkung der Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens auf die Konkursmasse................................................................. 139

III.

§4

Gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungs­ masse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens.........143 I.

A.

B.

Haftung wegen Unterkapitalisierung des abhängigen Konzernunternehmens........................................................................... 145 I.

Die Ausgestaltung der Anspruchsgrundlage.............................. 145

II.

Ergebnis....................................................................................... 150

Eigenkapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen (§ 32a GmbHG)...................................................................................... 151 I.

Einleitung...................................................................................... 151

II.

Adressaten des § 32a GmbHG.....................................................154

III.

Darlehensgleiche Leistungen....................................................... 167

IV.

Rechtsfolgen................................................................................. 180

V.

VI.

Die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG im Bereich des Eigenkapitalersatzes............................................................................... 194

Änderungen der Rechtslage nach Inkrafttreten der InsO.......... 195

VII.

Anwendbarkeit der Regeln über die eigenkapitalersetzenden Darlehen auf eine konzemabhängige AG.............................................196

VIII.

Konkursrechtlicher Umgehungsschutz der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen........................................................... 204

IX.

C.

Teil: Die Verletzung der Verantwortung für die Kapitalisierung des abhängigen Unternehmens

Zusammenfassung...................................................................... 210

Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Vergrößerung der Haftungs­ masse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens............ 211 I.

Einleitung...................................................................................... 211

II.

Die Einbeziehung der Konzemmutter in den Adressatenkreis des §64 GmbHG......................................................................... 214

III.

Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Haftungsmassenver­ größerung im Konkurs einer abhängigen GmbHim Konzern...252

IV.

Anwendung der Konkursverschleppungsregeln auf eine abhängige AG - § 92II und III AktG.................................................. 273

V.

A.

B.

C.

D.

E.

Ergebnis.................................................................................................. 275 II. Teil: Gesellschaftsrechtliche Erstattungs- und Schadensersatz­ ansprüche des abhängigen Konzernunternehmens

Stammkapitalverletzende Auszahlungen (§§ 30, 31 GmbHG).................... 278 I.

Einleitung................................................................................................278

II.

Die konzemspezifische Bedeutung der Haftung für stammkapital­ verletzende Auszahlungen im Konkurs einer abhängigen GmbH.... 282

III.

Umfang des Erstattungsanspruchs........................................................ 293

Kredit aus dem Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter die analoge Anwendung des § 43a GmbHG?....................................... 300 I.

Die analoge Anwendung des § 43a GmbHG aufkonzerninterne Darlehen....................................................................................... 300

II.

Ergebnis................................................................................................. 303

Verdeckte Zuwendungen im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens........................................................................... 304 I.

Einleitung................................................................................................ 304

II.

Nutzbarmachung der Erstattungspflicht von verdeckten Zuwendungen zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens..............................306

III.

Zusammenfassung................................................................................. 319

Einstandspflicht des Mutterunternehmens eines AG-Konzems im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften .....................................320 I.

Haftung wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsregeln.......... 320

II.

Ergebnis..................................................................................................324

Haftung der Konzemmutter im Konkurs eines Tochterunternehmens nach den Regeln der Geschäftsführerhaftung.......................................325 I.

§5

Einleitung...................................................................................... 325

II.

Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der GmbHGeschäftsführerhaftung (§ 43 II GmbHG)................................326

III.

Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der AGGeschäftsleiterhaftung ................................................................ 366

Die Relevanz des Konzernhaftungsrechts für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens..................................................................................... 383

§6

II.

Der faktische GmbH-Konzern.................................................... 392

III.

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern.................................. 404

IV.

GmbH-Vertragskonzem.............................................................. 430

V.

Der AG-Konzem.......................................................................... 435

VI.

Zusammenfassung und Zwischenergebnis für die Untersuchung...... 451

Verfahrensfragen: Die Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren von Unternehmen desselben Konzerns (als konkursverfahrens­ rechtliches Spiegelbild der wirtschaftlichen Realität)......................... 457 I.

§7

Einleitung..................................................................................... 457

II.

Die Zusammenfassung von Verfahren als abstraktes Regelungsproblem............................................................... 461

III.

Die Zusammenfassung von Verfahren als konkretes Regelungsproblem................................................................................. 477

IV.

Änderungen nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung............. 496

V.

Ergebnis und Ausblick de lege ferenda..................................... 497

Vergleichung mit dem Ansatz des französischen Rechts zur Haftungs­ massenvergrößerung eines bankrotten abhängigen Unternehmens durch Rückgriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Unternehmensverbundes.....................................................................................501

A.

Die Möglichkeiten der Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens in einer Unternehmensgruppe durch den Zugriff auf das Mutterunternehmen nach französischem Recht............................................ 501 I.

II. III.

IV.

Einleitung......................................................................................501

Die Bedeutung von Konzernen in rechtlicher Hinsicht für die Vergrößerung von Haftungsmassen inFrankreich..................... 503

Insolvenzrechtliche Anfechtungsregeln..................................... 518

Die action en comblement de passif.......................................... 528

V.

Die Erstreckung des Insolvenzverfahrens auf die Geschäftsleiter (extension du redressement judiciaire)...................................... 555

VI.

Weitere Grundlagen für eine Einstandspflicht der Mutter im Konkurs der Tochter.............................................................. 566

VII.

Konkurrenzen............................................................................. 578

Gliederung

B.

Rechtsvergleichung.......................................................................................... 583

I.

Einleitung und Vorgehensweise.................................................. 583

II.

Vergleichung des „konzernrechtlichenAnsatzes“...................... 583

III.

§8

XIII

Vergleichung der übrigen Komponenten der beiden Regelungsmodelle......................................................................585

Zusammenfassung in 20 Hauptthesen............................................................ 599

Literaturverzeichnis.................................................................................................. 613

Sachregister................................................................................................................ 651

Inhaltsverzeichnis Gliederung....................................................................................................................IX Abkürzungsverzeichnis............................................................................................ XXXI

§1

Einleitung, Problemstellung und Vorgehensweise....................................... 1 I.

Ausgangspunkt................................................................................. 1

II.

Problemstellung............................................................................... 4

III.

Rechtsvergleichende V orgehensweise........................................... 7

IV.

Verfahrensrechtliche Aspekte des Sachproblems......................... 9

V.

Beschränkung der Untersuchung auf ein „Grundmodell“.......... 10

VI.

Praxisbezug.....................................................................................12

VII.

Wechsel von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung......... 12

VIII.

Ausblick......................................................................................... 13

§2

Insolvenzrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens........................................................................... 15

A.

Insolvenzanfechtung im Konzern..................................................................... 15

I.

Einleitung........................................................................................ 15

II.

Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen.................................. 18

1. 2. 3.

Rechtshandlung............................................................ 18 Gläubigerbenachteiligung............................................ 18 Kausalität....................................................................... 19

Anfechtung gegen Insider............................................................. 19

III.

Einleitung..................................................................... 19 Adressatenkreis........................................................... 21 a) Grundsatz................................................................................... 21 b) „Nahe“ Angehörige.................................................................. 22 3. Konzernunternehmen als Insider................................. 23

1. 2.

a)

b)

c)

d) 4. a) b) c) d)

5. a) b)

6.

Absichtsanfechtung........................................................................ 45

IV.

Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO......... 45 Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 133 I InsO............ 45

1. 2.

V.

Anfechtung unentgeltlicher Verfügung......................................... 46

1. 2. a) b) c) d) e) f) g) 3. a) b)

4. 5. VI.

Das Insiderverhältnis von dem herrschenden zum abhängigen Unternehmen.................................................. 23 Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen unterein­ ander als Problem der Wissenszurechnung im Konzern.24 Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen untereinander als Problem der Zurechnung des unternehmerischen Einflusses der Konzemmutter........... 33 Zusammenfassung..................................................................... 38 Anfechtung gegen Insider nach der InsO.................... 38 Änderungen im Vergleich zur KO............................................ 38 Überblick über die Insiderregelung des § 138II InsO.............. 39 Konzernunternehmen als Insider nachder InsO....................... 39 Fazit............................................................................................ 41 Banken.......................................................................... 41 Banken als Insider nach der KO.............................................. 41 Banken als Insider nach der InsO........................................... 43 Zusammenfassung. 43

Ausgangslage................................................................ 46 §32 KO.......................................................................... 48 Grundlage der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen.......... 48 Unentgeltlichkeit auch bei synallagmatischen Verträgen?.... 49 Die Idee eines Nutzenkonzepts................................................. 50 Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit............... 51 Mittelbare Zuwendungen...........................................................56 Sicherheitenbestellung als unentgeltliche Verfügung.............57 Gebrauchsüberlassung als unentgeltliche Verfügung............. 59 Der zeitliche Rahmen der Anfechtungnach § 32 KO..60 Die Ein-Jahres-Frist................................................................... 60 Die „Ehegattenfrist“ auch im Konzern?.................................. 62 § 134 InsO (unentgeltliche Leistung)........................... 62 Zusammenfassung......................................................... 64

Die Bedeutung der besonderen Konkursanfechtung im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens............................................... 65 V ..................................................................................... 65 Bargeschäftsanfechtung (Verschleuderungsanfechtung) (§ 30 Nr. 1,1. Alt. KO)............................................................. 66 a) Vermutung der Bösgläubigkeit beimMutterunternehmen......67 b) Vermutung der Bösgläubigkeit bei Schwesterunternehmen... 68 c) Zusammenfassung......................................................................69 3. §132 InsO..................................................................... 69 a) Änderungen nach Inkrafttreten der InsO................................. 69

1. 2.

Vermutung der Bösgläubigkeit................................................. 70 Anfechtung bei kongruenter Deckung............... ........71 a) §30 Nr. 1,2. Alt. KO................................................................ 71 b) §130 InsO.................................................................................. 72 c) Zusammenfassung...................................................................... 72 5. Anfechtung bei inkongruenterDeckung...................... 73 a) §30Nr.2KO.............................................................................73 b) §131 InsO.................................................................................. 76 6. Spezielle Anfechtungsrechte............................................................ 77 7. Das Verhältnis der besonderen Konkursanfechtungstatbestände zu den anderen Anfechtungsmöglichkeiten............................. 77 b)

4.

Rechtsfolgen der Anfechtung....................................................... 78

VII.

Grundsatz in der KO.................................................. 79 Situation im Konkurs des Anfechtungsgegners........ 81 a) Erhält der Konkursverwalter ein Aussonderungsrecht oder gelangt in die Konkursmasse nur eine Konkursforderung?.... 81 b) Entscheidung aus der Perspektive des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmens.................................... 82 c) Die Lage nach Inkrafttreten der InsO.......................................84 3. Schicksal der Gegenleistung........................................ 84 4. Änderungen in der InsO............................................... 86

1. 2.

VIII. B.

Fazit der Bedeutung der Anfechtungsrechte im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens............................................... 86

Rangrückstellung.................................................................................................. 89

I.

Die Subordinierung konzerninterner Konkursforderungen.................. 89

1. 2. 3.

II. §3

Einleitende Überlegungen........................................... 89 Der Ansatz aus dem US-amerikanischen Recht........ 89 Subordinierung konzerninterner Forderungen nach deutschem Recht............................................................................... 91 a) Grundüberlegung....................................................................... 91 b) § 32a GmbHG als Rangrückstellung?...................................... 92 c) Zur Subordinierung konzerninterner Forderungen..................94 d) Anmeldung einer Forderung eines Konzernunternehmens gegen einen aus demselben Konzern stammenden Gemein­ schuldner als mißbräuchliche Rechtsausübung................ 96

Zusammenfassung..................................................................................100

Die Haftung des herrschenden Unternehmens im Konzern für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzern­ unternehmens gegenüber dessen Geschäftspartnern........................... 101 I.

Aufklärungspflichten eines abhängigen Unternehmens in einem Konzern gegenüber konzernexternen Akteuren........................ 101

1. 2.

II.

Vorüberlegung................................................ 101 Information als Grundlage derRisikovorsorge......... 103 a) Grundsatz.................................................................................. 103 b) Umfang der Aufklärung eines abhängigen Konzemunter­ nehmens gegenüber einemexternenDritten...................... 107 c) Ergebnis.................................................................................... 111

Haftung des herrschenden Konzernunternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens.......................................................................... 112

Ausgangspunkt: Haftung aus c.i.c............................ 112 a) Voraussetzungen...................................................................... 112 b) Rechtsfolgen............................................................................ 114 2. Anspruch gegen die Konzemmutter......................... 115 a) Haftung für Dritte.................................................................... 116 b) Eigenhaftung Dritter................................................................ 117 c) Eigenes wirtschaftliches Interesse.......................................... 120 d) Vertrauensstellung................................................................... 124 3. Haftung der Konzemmutter als Dritte für einen „Vierten“......... 126 a) Haftung eines Dritten für den „Vierten“................................126 b) Die Situation im Konzern....................................................... 128 4. Haftung der Konzemmutter für Schäden aufgrund von Aufklärungspflichtverletzungen der Tochter........................ 129 a) Haftung aus § 831 BGB........................................................... 130 b) Haftung aus § 823 I BGB....................................................... 131 c) Haftung aus § 278 BGB oder aus § 31 BGB...........................133 d) Exkurs: Haftung des herrschenden Unternehmens für unerlaubte Handlungen des abhängigen Unternehmens aus § 823 1 BGB.......................................................................133 e) Ergebnis.................................................................................... 139 1.

III.

Zusammenfassung und Auswirkung der Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzernunternehmens auf die Konkursmasse.................................................................. 139 1. 2.

§4

Zusammenfassung...................................................... 139 Auswirkung auf die Konkursmasse........................... 140

Gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens........................................................................ 143 I. Teil: Die Verletzung der Verantwortung für die Kapitalisierung des abhängigen Unternehmens Haftung wegen Unterkapitalisierung des abhängigen Konzernunternehmens.................................................

I.

Die Ausgestaltung der Anspruchsgrundlage............................... 145

Durchgriffshaftung als Zugriffsinstrument des Konkurs­ verwalters auf das Vermögen der Konzemmutter.................. 145 2. Unterkapitalisierung.................................................... 148

1.

Ergebnis......................................................................................... 150

II.

B.

Eigenkapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen (§ 32a GmbHG)...................................................................................... 151 I.

Einleitung....................................................................................... 151

II.

Adressaten des § 32a GmbHG.................................................... 154

Allgemeines................................................................ 154 Erweiterung des Adressatenkreises von § 32a GmbHG.............. 158 a) Die sogenannten Strohmann-Fälle......................................... 159 b) „Echte Gleichstellung“ - Einbeziehung von Schwesterunternehmen in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG................................. 160 3. Zusammenfassung....................................................... 167

1. 2.

Darlehensgleiche Leistungen....................................................... 167

III.

Einführung................................................................... 167 Darlehen....................................................................... 169 Nutzungs- und Gebrauchsüberlassung...................... 170 Stundung und Stehenlassen........................................ 173

1. 2. 3. 4. a)

Stundung........................................................................................ 173

b) c)

Schlichtes Nichtgeltendmachen (Stehenlassen).................... 174 „Stehengelassene“ Gebrauchsüberlassung als eigenkapitalersetzendes Darlehen..................................... 177 Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung....... 178 Zusammenfassung....................................................... 179

d)

5.

Rechtsfolgen..................................................................................180

IV.

1. 2. a) b) c)

3. a) b) c) 4.

a) b)

5.

Darlehen.......................................................................180 Derivate und akzessorische Nebenleistungen........... 182 Zinsen und Nebenleistungen....................................................182 Sicherheiten (von Dritten und von der Gesellschaft)........... 183 Aufrechnung............................................................................. 184 Rechtsfolgen hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung.185 Rechtsfolgen hinsichtlich des überlassenen Gegenstandes ..185 Rechtsfolgen der Überlassung selbst...................................... 188 Entgelt für die fortwährende Überlassung..............................190 Probleme der „Verwertungskonzeption“.................. 190 Risiko der Nichtverwertung bzw. Nichtverwertbarkeit....... 191 Verlängerung des Konkursverfahrens....................................193 Zusammenfassung........................................................193

V.

Die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG im Bereich des Eigenkapitalersatzes..................................................................... 194

Änderungen der Rechtslage nach Inkrafttreten der InsO.......... 195

VI.

VII.

Anwendbarkeit der Regeln über die eigenkapitalersetzenden Darlehen auf eine konzemabhängige AG...................................196 Anwendbarkeit der Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen auf eine AG............................................................... 196 2. Rechtsfolgen................................................................ 200

1.

VIII.

Konkursrechtlicher Umgehungsschutz der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen................................................ 204 1.

Die Bedeutung des § 32b GmbHG im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens........................................ 204 a) § 32b GmbHG als anfechtungsrechtlicher Umgehungsschutz zu §32a GmbHG...................................... 204 b)

Anfechtungsfrist................................................................................... 207

c) Zusammenfassung................................................................... 207 2. § 32a KO/§ 135 InsO (Sicherung des Rückzahlungs­ anspruches nach § 32a GmbHG)............................................ 208 IX. C.

Zusammenfassung........................................................................ 210

Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Vergrößerung der Haftungsmässe im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens...................... 211 I.

Einleitung............................................................................................... 211

II.

Die Einbeziehung der Konzemmutter in den Adressatenkreis des §64 GmbHG......................................................................... 214 1. Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer......................... 214 a) § 830II BGB.................................................................... 214 b) Teilnahme an fahrlässiger Haupttat?.............................. 216 c) Ergebnis............................................................................. 220 2. Erweiterung der Teilnehmerhaftung.................................. 220 a) Problemstellung....................................................................... 220 b) Lösungsansätze........................................................................ 222 c) Ergebnis................................................................................... 229 3. Die Haftung der Konzemmutter als Täter.......................... 229 a) Der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer............. 230 b) Die dogmatische Rechtfertigung der Figur des faktischen Geschäftsführers............................................ 231 c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Figur des faktischen Geschäftsführers............................................ 234 d) Vorüberlegungen zu einer Konzeption der Figur des faktischen Geschäftsführers............................................ 237

Die Figur des faktischen Geschäftsführers vor dem Hintergrund des Verhältnisses vom Gesellschafter zum Geschäftsführer......................................................... 238 f) Die Figur des faktischen Geschäftsführers als ein Problem der Rechtsfolgenzuordnung im Rahmen der Nonnanwendungslehre............................................... 241 g) Die Anwendung der Regeln über den faktischen Geschäftsführer auf Dritte, die keine Gesellschafter sind ....245 h) Beurteilungszeitpunkt für die Voraussetzungen der Rechtsfolgenzurechnung.................................................. 248 i) Zusammenfassung.................................................................. 251

e)

III.

Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Haftungsmassenver­ größerung im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern. 252 1. 2. a) b) c) d)

3.

§§ a) b) c) 4.

a) b) c) d) IV.

Einleitung und Schutzzweck der Vorschrift................. 252 Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 641 GmbHG.............254 Altgläubiger............................................................................. 254 Neugläubiger............................................................................ 255 Kritik an der Besserstellung der Neugläubiger...................... 256 Zusammenfassung................................................................... 259 Geltendmachung des Anspruches der Neugläubiger aus 823 II BGB in Verbindung mit § 641 GmbHG...................... 260 Eigenständige Geltendmachung durch den Gläubiger.......... 260 Aktivlegitimation des Konkursverwalters............................. 261 Zusammenfassung................................................................... 264 Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 64II GmbHG............265 Anforderungen......................................................................... 265 Die Konkurrenz des Anspruchs aus § 64II GmbHG mit den Anfechtungsregeln der Konkursordnung bzw. der Insolvenzordnung...................................................... 266 Kritik an der Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters....... 269 Ergebnis und weiterführende Überlegungen......................... 271

Anwendung der Konkursverschleppungsregeln auf eine abhängige AG - § 92II und III AktG......................................... 273

V.

Ergebnis............................................................................................ 275

II. Teil: Gesellschaftsrechtliche Erstattungs- und Schadensersatz­ ansprüche des abhängigen Konzernunternehmens A.

Stammkapitalverletzende Auszahlungen (§§ 30, 31 GmbHG).................... 278

I.

Einleitung.......................................................................................... 278

§§ 30, 31 GmbHG als gesellschaftsrechtlicher Grundtatbestand zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs einer GmbH...................................... 278 2. Die Anwendung der §§ 30 und 31 GmbHG im Konzern............. 279 1.

II.

Die konzemspezifische Bedeutung der Haftung für stammkapital­ verletzende Auszahlungen im Konkurs einer abhängigen GmbH..... 282

Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG.................. 282 a) Begriff....................................................................................... 282 b) Adressat der Auszahlung nach § 30GmbHG......................... 284 c) Ergebnis.................................................................................... 286 2. Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG.................. 286 a) Vorüberlegung zur Einbeziehung von Zahlungen an Dritte in den Anwendungsbereich des §31 GmbHG...................... 286 b) Unmittelbare Leistung an einen Dritten................................287 c) Naher Angehöriger.................................................................. 290 d) Erstattungsschuldner bei der Abtretung................................. 291 e) Zusammenfassung...................................................................292 1.

III.

Umfang des Erstattungsanspruchs........................................................ 293 1. 2. a) b) 3.

a) b) c) d)

B.

Kredit aus dem Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter die analoge Anwendung des § 43a GmbHG?...................................... 300

I.

Die analoge Anwendung des § 43 a GmbHG aufkonzerninterne Darlehen........................................................................................ 300 1. 2.

II.

C.

Grundsatz.................................................................... 293 Verpflichtung zur Rückgabe in Natur....................... 293 Prinzipiell Wertersatz..............................................................293 Ausnahmen.............................................................................. 295 Ergebnis und weiterführende Überlegungen............ 296 Zusammenfassung................................................................... 296 Ausgleich des Fehlbetrages vor Geltendmachung des Anspruches...............................................................................297 Guter Glaube des Auszahlungsempfängers........................... 298 Solidarhaftung......................................................................... 298

Einleitung und Problemstellung............. ...................................... 300 Analogie des § 43a GmbHG?........... ......................... 301 Ergebnis......................................................................................... 303

Verdeckte Zuwendungen im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens...........................................................................304

Einleitung.......................................................................................304

I. II.

Nutzbarmachung der Erstattungspflicht von verdeckten Zuwendungen zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens................... 306

1.

Grundlage für die Erstattung von verdeckten Zuwendungen..... 306 a) Vorüberlegung: Zulässigkeit von verdeckten Vermögenszuwendungen im GmbH-Recht........................... 306

Kondiktion als Anspruchsgrundlage für die Erstattung verdeckter Zuwendungen......................................................... 309 c) § 31 GmbHG analog................................................................ 311 d) Ergebnis....................................................................................313 2. Einmann-GmbH............................................................................. 313 a) Besonderheit............................................................................313 b) Erweiterung des Selbstkontrahierungsverbotes auf allgemeine konzerninterne Transaktionen.......................315 3. Dritter............................................................................................... 316 a) Grundsatz: Die Einbeziehung Dritter als Umgehungsschutz..............................................................316 b) Ausnahmen............................................................................... 318 4. Rechtsfolgen.................................................................................... 319 b)

III.

D.

Zusammenfassung........................................................................ 319

Einstandspflicht des Mutterunternehmens eines AG-Konzems im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften .................................... 320

I.

Haftung wegen Verstoßesgegen die Kapitalerhaltungsregeln...320

Bedeutung.................................................................... 320 Grundsatz des Verbots der Vermögensrückgewähr und verdeckte Zuwendungen.......................................................... 322 3. Rechtsfolgen.................................................................322

1. 2.

II. E.

Ergebnis......................................................................................... 324

Haftung der Konzemmutter im Konkurs eines Tochterunternehmens nach den Regeln der Geschäftsführerhaftung....................................... 325 Einleitung....................................................................................... 325

I. II.

Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der GmbHGeschäftsführerhaftung (§ 43 II GmbHG)................................ 326 1.

Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers des abhängigen Konzernunternehmens............................................................ 326 a) Die Bedeutung der Weisung der Mutter für ihre Einstandspflicht als Anstifter.................................................. 327 b) Rechtswidrige Weisung.......................................................... 329 c) Treuepflichtverletzung............................................................ 333 d) Anfechtbare Weisungen.......................................................... 335 e) Haftung des Mutterunternehmens, welches kein Gesellschafter des Tochterunternehmens ist............ 335 f) Zusammenfassung................................ 336 2. Die Haftung der Konzemmutter als Täter im Grundsatz............ 336 a) Geschäftsführerhaftung als Ausfluß eines Anstellungsvertrages?............................................................. 336 b) Strohmann.................................................................... ........... 338

c) Die Konzemmutter als faktischer Geschäftsführer...............339 d) Ergebnis.................................................................................... 343 Schuldhafte Pflichtverletzung als Haftungsvoraussetzung für die Konzemmutter.................................................................... 343 a) Verletzung der Geschäftsführerpflichten............................... 343 b) Verschuldensmaßstab............................................................. 346 c) Prozessualer Ansatz................................................................. 352 d) Zusammenfassung.................................................................. 358 4. Umfang des Schadensersatzes........................................................ 359 5. Zusammenfassung............................................................................................ 360 6. Insbesondere die Haftung wegen Vermögensvermischung........ 361 a) Einleitung................................................................................. 361 b) Haftungsgrundlage................................................................... 362

III.

c)

Individualanspruch..................................................................................364

d)

Situation bei der abhängigen AG............................................ 366

Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der AGGeschäftsleiterhaftung................................................................366 1. 2.

Einleitung.................................................................... 366 Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzungdes Vorstandes des abhängigen Konzernunternehmens......................................................................... 368

a) Haftungsvoraussetzungen des § 1171 AktG......................... 368 b) Haftung für die Umgehung, insbesondere der Vorteils­ begriff des § 117III AktG im Konzern..................................369 c) Beweislast und Vermutung.................................................... 372 d) Die Ausnahmen der Haftung der Konzemmutter in § 117 VII AktG................................................................... 373 e) Hinweise zur Relativierung der Bedeutung des § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Treuepflicht im deutschen Aktienrecht..................................376 f) Zusammenfassung................................................................... 378 3. Die Haftung der Konzemmutter als Täter................. 378 4. Ergebnis........................................................................ 381

§5

Die Relevanz des Konzernhaftungsrechts für dieVergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens....................................................................... 383 Einleitung und Problemstellung.................................................... 383

I.

1.

Grundlegung für die nachfolgenden Erwägungen hinsichtlich der Relevanz eines spezifischen Konzemhaftungsrechts im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens...............383 a) Ausgangslage.......................................................................... 383 b) Gründe für eine Fortsetzung der Diskussion über den erreichten Stand des deutschen Konzemhaftungsrechts hinaus................................................ 386

2.

II.

Vorgehensweise...........................................................................391

Der faktische GmbH-Konzern.............................................................. 392 Die Haftung der Konzemmutter in einer mehrgliedrigen GmbH.....................................................................392 a) Die Treuepflicht als Grundgedankeder Haftung.................... 392 b) Treuepflicht als eigene Anspruchsgrundlage für Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH im faktischen Konzern?.................... 394 c) Inhalt der Treuepflicht.............................................................396 d) „Eigenhändiger“ Eingriff des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens..... 400 e) Zusammenfassung................................................................... 400 2. Gläubigerschutz ohne Konflikt zwischen der Mehrheit und der Minderheit................................................................... 401 3. Zusammenfassung........................................................... 403

1.

Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern.....................................404

III. 1.

Einleitung.................................................................................. 404

Die Unmöglichkeit der Isolierung schädigender Eingriffe des herrschenden Konzernunternehmens in die Geschäftsführung als konstituierendes Unterscheidungsmerkmal des qualifizierten faktischen Konzerns......................................... 404 3. Konzemgefahr..................................................................408 a) Inhalt der Konzemgefahr......................................................... 408 b) Die fehlende konzemrechtliche Spezifität der Konzemgefahr................................................................... 411 c) Das Motiv für den Eingriff des herrschenden Unternehmens als wahrer Grund für eine spezifische Konzemgefahr?.....................................................415 d) Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der mit der Macht des herrschenden Gesellschafters in einer GmbH einhergehenden Gefahren als wahrer Grund für eine spezifische Konzemgefahr?..................................... 416 e) Zusammenfassung................................................................... 417 4. Schädigung des Eigeninteresses der abhängigen GmbH im Konzern............................................................................... 417 a) Die Bedeutung des Eigeninteresses einer abhängigen GmbH.......................................................... 417 b) Beeinträchtigung des Eigeninteresses.................................... 420 c) Prozessuale Überlegungen zum Kriterium der Beeinträchtigung der Eigeninteressen.................................... 421 d) Zur Übereinstimmung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft mit dem Interesse des herrschenden Unternehmens, wenn dieses herrschender Gesellschafter der abhängigen GmbH ist...............................423 e) Zusammenfassung................................................................... 424 5. Die fehlende Individualisierung der schädigenden Eingriffe als eigentliches Problem des Zivilprozeßrechts.................... 425

2.

Ergebnis........................................................................ 429

6.

GmbH-Vertragskonzern........................................................................ 430

IV.

Einleitung.................................................................... 430 Voraussetzung für die Bejahung eines konzemspezifischen Haftungsansatzes beim GmbH-Vertragskonzem......................... 430 a) Grundüberlegung..................................................................... 430 b) Wirkung des Unternehmensvertrages.................................... 432 c) Abweichungen beim Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages........................................... 434 3. Zusammenfassung....................................................... 435

1. 2.

Der AG-Konzem........................................................................... 435

V.

1. 2. 3. a) b) c) d)

4. a)

b) c) VI.

§6

Einleitung.................................................................... 435 Qualifizierter faktischer AG-Konzem........................436 Faktischer AG-Konzem............................................. 437 Verdrängung der konzemspezifischen Haftung nach §§311, 317 AktG durch die Anwendung des § 117 AktG................................................................. 437 Teleologische Reduktion des § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Anerkennung von Treuepflichten zwischen den Aktionären.................................................. 439 Diskrepanzen der Regelungsinhalte von §§311, 317 AktG und § 117 AktG in teleologisch reduzierter Form............................................................... 443 Ergebnis und Ausblick............................................................ 444 Der Vertragskonzem................................................... 445 §§ 302, 303 AktG als gesetzlich vorgesehene, konzem­ spezifische Regelung zur Einstandspflicht des herrschenden Konzernunternehmens...................................... 445 Anzeichen dafür, daß die Regelung des § 302 AktG nicht konzemspezifisch konzipiert ist.............................447 Ergebnis und weiterführender Gedanke................................ 450

Zusammenfassung und Zwischenergebnis für die Untersuchung......451

Verfahrensfragen: Die Zusammenfassung mehrerer Konkurs­ verfahren von Unternehmen desselben Konzerns (als konkursver­ fahrensrechtliches Spiegelbild der wirtschaftlichen Realität)..... 457

Einleitung.......................................................................................457

I.

II.

Die Zusammenfassung von Verfahren als abstraktes Regelungsproblem..................................................... 461 1.

2.

V orüberlegungen................................................................ 461

Gründe für eine Zusammenfassung von Konkursverfahren auf gerichtlicher Ebene.................................................................. 461

a) Vorteile einer Verfahrenszusammenfassung......................... 461 b) Nachteile der Zusammenfassung............................................463 c) Ergebnis.................................................................................... 464 ZusammenfassungvonVerfahren/V erwaltungen

3.

4. 5.

6.

7.

III.

auf der Ebene der Konkursverwalter............................................. 465 a) Vorteile der Zusammenfassung.............................................. 465 b) Nachteile der Zusammenfassung............................................465 c) Das Zusammenspiel von Gerichtund Verwalter....................466 d) Zusammenfassung................................................................... 468 Ergebnis............................................................................468 Modelle einer möglichen Zusammenfassung von Verfahren...... 469 a) Überblick................................................................................. 469 b) Einheitskonkursverfahren für den ganzen Konzern (Modell 1).......................................................................... 470 c) Zusammenfassung durch Zusammenlegung von Massen insolventer Konzernunternehmen (Modell 2)................. 471 d) Ergebnis und weiterführende Überlegung............................. 473 Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung einer Zuständigkeitsbündelung (Modell 3)............................................ 474 a) Ebene der Konkursrichter........................................................474 b) Ebene der Konkursverwalter.................................................. 476 Zusammenfassung............................................................ 476

Die Zusammenfassung von Verfahren als konkretes Regelungsproblem......................................................................

1. a) b) c) d) e) f) g)

2. a) b) c) d) e) 3.

Konkursgerichte............................................................. 477 §71 KO.................................................................................... 477 § 71II KO analog.................................................................... 481 Die Verbindung von Verfahren: § 147 ZPO.......................... 482 Allgemeiner Rechtsgedanke aus § 147 ZPO......................... 483 Abgabe...................................................................................... 483 Zusammenfassung auf informelle Art und Weise................ 485 Zwischenergebnis.................................................................... 486 Der Konkursverwalter.................................................... 487 §78 KO.................................................................................... 487 §79 KO.................................................................................... 489 Bestellung eines Verwalters für mehrere Verfahren auf Initiative der Gläubiger?.......................................................... 491 Zusammenfassung auf informeller Basis............................... 493 Ergebnis.................................................................................... 494 Zusammenfassung.......................................................... 494

Änderungen nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung................. 496

IV.

1. 2. 3.

V.

477

Ebene des Insolvenzrichters..........................................496 Ebene der Insolvenzverwalter....................................... 496 Ergebnis.......................................................................... 497 Ergebnis und Ausblick de lege ferenda......................................... 497

§7

Vergleichung mit dem Ansatz des französischen Rechts zur Haftungsmassenvergrößerung eines bankrotten abhängigen Unternehmens durch Rückgriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Unternehmensverbundes........................ 501

A.

Die Möglichkeiten der Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens in einer Unternehmensgruppe durch den Zugriff auf das Mutterunternehmen nach französischem Recht............................................ 501

I.

II.

Einleitung....................................................................................... 501 Die Bedeutung von Konzernen in rechtlicher Hinsicht für die Vergrößerung von Haftungsmassen in Frankreich....................503 Der französische Ansatz zur rechtlichen Behandlung von „groupes de ............... ....................................................... 503 a) Grundlage................................................................................. 503 b) Regelungen im französischen Gesetz über Handelsgesell­ schaften; insbesondereder Begriff der contröle..................... 506 c) Sonstige gruppenbezogene Regelungen im französischen Recht................................................................. 510 d) Tendenzen im Wirtschaftsstrafrecht...................................... 512 2. Unite d’entreprise und andere „konzemspezifische“ Haftungsgrundlagen.................................................................514 a) Unite d’entreprise..................................................................... 514 b) Socit cre de fait................................................................. 515 c) Garantiehaftung der Muttergesellschaft................................. 516 d) Ergebnis....................................................................................516 3. Zusammenfassende Betrachtung zum französischen „Konzemrecht“....................................................................... 517

1.

III.

Insolvenzrechtliche Anfechtungsregeln................................. 518 Insideranfechtung....................................................... 518 Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen................ 520 a) Gesetzliche Grundlagen........................................................... 520 b) Die Unentgeltlichkeit der Leistung........................................ 521 3. Action ......................................................................... 524 4. Geltendmachung und Rechtsfolgen der Anfechtung.525

1. 2.

5.

Rangrückstellungen............................................................ 526

6.

Zusammenfassung...................................................... 528

Die action en comblement de passif........................................ 528

IV.

1. 2.

Einleitung....................................................................528 Normadressaten des Art. 180 L 85............................531 a) Der ordnungsgemäß bestellte Geschäftsleiter (dirigeant de droit)................................................................... 532 b) Der dirigeant de fait (das faktische Leitungsorgan)............. 535

c)

d) 3. a) b)

c) 4. a) b)

5.

V.

Juristische Person des öffentlichen Rechts als dirigeant de fait.............................................................541 Zusammenfassende Betrachtung............................................ 542 Haftungsauslösende Tatbestände............................... 543 Pflichtverletzung...................................................................... 544 Rechtfertigung der Pflichtverletzung durch ein „Konzeminteresse“................................................................. 548 Der Schaden und Kausalität.................................................... 550 Rechtsfolgen der action en comblement de passif....551 Allgemeines.............................................................................. 551 Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrensüber das Vermögen des Geschäftsleiters nach Art. 181 L 85...............553 Ergebnis und Praxis.................................................... 553

Die Erstreckung des Insolvenzverfahrens auf die Geschäftsleiter (extension du redressement judiciaire)...................................... 555

1. 2.

Einleitung..................................................................... 555 Voraussetzungen.......................................................... 557 a) Die Fälle des Art. 182 Nr. 1-7 L 85........................................ 557 b) Ergebnis und Bedeutung in der Praxis................................... 562 3. Die Insolvenzächtung................................................. 563

VI.

Weitere Grundlagen für eine Einstandspflicht der Mutter im Konkurs der Tochter............................................................. 566 1.

2.

3. 4.

5.

B.

Socit fictive............................................................... 566 a) Grundlage................................................................................. 566 b) Die Fiktiviät einer Gesellschaft.............................................. 568 c) Illegalität des Geschäftszwecks.............................................. 570 d) Zusammenfassung................................................................... 571 Vermögensvermischung (confusion de .....................571 a) V ................................................................................................ 571 b) Rechtsfolge...............................................................................573 Haftung wegen Verstoßes gegen die Regeln der Gesellschaftsfinanzierung....................................................... 574 Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Organpflicht bzw. abus de droit de majorite................................................ 575 Haftung wegen unerlaubter Handlung (Art. 1382 CC).577

VII.

Konkurrenzen............................................................................... 578

VIII.

Zusammenfassung für das französische Recht........................ 580

RechtsVergleichung.......................................................................................... 583 I.

Einleitung und Vorgehensweise...............................................583

II.

Vergleichung des „konzemrechtlichen Ansatzes“................. 583

III.

Vergleichung der übrigen Komponenten der beiden Regelungsmodelle........................................................... 585 Vergleichung der Anfechtungsregeln....................... 586 Vergleichung der weiterer Komponenten................ 587 a) Die wesentlichen Nachteile des französischen Modells...... 587 b) Vorgehensweise im weiteren.................................................. 590 c) Vergleichung des Regelungsrahmens, in denen die jeweiligen Modelle verankertsind.............................. 590 d) Die Vergleichung der Modelle an sich................................... 595 3. Ergebnis...................................................................... 596

1. 2.

§8

Zusammenfassung in 20 Hauptthesen........................................................ 599

Literaturverzeichnis.................................................................................................. 613 Sachregister................................................................................................................ 651

Abkürzungsverzeichnis Für die deutschsprachigen Abkürzungen wird zudem verwiesen auf das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, von Hildebert Kirchner, 4. Aufl., Berlin 1993. Außerdem enthält das Verzeichnis die im Text verwendeten französischsprachigen Abkürzungen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Abkürzungsweise in Frankreich uneinheitlich ist und sich für denselben Begriff mehrere verschiedene Abkürzungen finden. In der vorliegenden Arbeit wurde die jeweils übliche Abkür­ zung verwendet. Zu anderen Abkürzungsweisen vergleiche das Abkürzungsverzeichnis zur franzö­ sischen Rechts- und Verwaltungssprache von Georg Leistner, 2. Aufl., München 1975. a. A. a.E. abl. Abs. AcP AG AGBG AktG al Alt AltKom AnfG Anh. Anm. App. Art. arg. AT BAG Banque BayObLG BB Begr. Betr. BFH BFuP BGB BGH BGHZ BGHSt BRDA BSG BT-Drs. Bull. civ. Bull. Joly Bull. rap.

anderer Ansicht am Ende ablehnend Absatz Archiv für die civilistische Praxis Aktiengesellschaft; Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Aktiengesetz

alina Alternative Alternativ-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Appendice Artikel argumentum Allgemeiner Teil Bundesarbeitsgericht Revue Banque Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Begründung Der Betrieb Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Sammlung der Urteile des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Sammlung der Urteile des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Bulletin Rapide Dalloz Bundessozialgericht Drucksache des Deutschen Bundestages Bulletin des arrets de la Cour de cassation, Chambres civiles Bulletin mensuel d’informations juridiques et fiscales des socits Bulletin rapide

BVerfG BVerfGE C.G.I. c.i.c. CA Cass. Cass. Ass. pln. Cass. ch. mixte Cass. civ. Cass. com.

Cass. soc. CC Ch. CI civ. ch. ehr. chron. Com.L.J. D. D. A. D. C. D. H. DB db. dens. ders. dies. Diss. DJT DNotZ doc. doctr. DS DStR DZWiR EGBGB d. CI. d.E ed. G ed gen. EGInsO Encycl. EU EURL EuZW

Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes Code Gnral des Impöts culpa in contrahendo (Urteil der) Cour d'appel (Urteil der) Cour de cassation (Urteil der) Cour de cassation, Assemblee plönidre (Urteil der) Cour de cassation, chambre mixte (Urteil der) Cour de cassation, Chambre civile (Urteil der) Cour de cassation, Chambre commerciale et financire (seit 1967) bzw. Chambre civile, section commerciale et financire (1947­ 1967) (Urteil der) Cour de cassation, Chambre sociale (seit 1938) Code civil Chambre commerce et industrie (Ausgabe des JCP) civil(e) chambre, oder auch chapitre chronique chronique Commercial Law Journal Dalloz = Revue Dalloz-Sirey Dalloz, Recueil analytique de jurisprudence et de lgislation, Paris 1941­ 1944 Dalloz, Recueil critique de jurisprudence et de lgislation, Paris 1941­ 1944 Dalloz, Recueil hebdomadaire de jurisprudence, Paris 1924-1940 Der Betrieb dbat, dbats denselben derselbe dieselbe Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift documents doctrine Recueils Dalloz et Sirey de doctrine, de jurisprudence et de legislation, Paris 1955-1956 und seit 1965 Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Edition Commerce et Industrie Edition Entreprises Edition Generale Edition Gnrale Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Encyclopädie Europäische Union Entreprise unipersonnelle ä responsabilitö limite Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWiR f. Fase, ff. FG Fn. frz. Lit. FS G Gaz. Pal. GesO GesR GKG GmbH GmbHG GmbHR GP h.M. HGB Hs. Hrsg, hrsg. ICLQ InsO Inf. rap. Ins.Hdb Int. IPR IPrax IR J. JBL JC1 civ. JC1 com. JC1 int. JC1 proc. JC1 soc. JCP JCP, d. CI

JCP, d. E

JCP, d. G JITE JO

JP JR jur. Jur. Pers.

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende fascicule fortfolgende Festgabe Fußnote französische Literatur Festschrift Gesetz Gazette du Palais Gesamtvollstreckungsordnung Gesellschaftrecht Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH*Rundschau Gazette du Palais herrschende Meinung Handelsgesetzbuch Halbsatz Herausgeber herausgegeben International Comperative Law Quarterly Insolvenzordnung Informations rapides (Teil des Recueil Dalloz) Insolvenz-Handbuch International Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Informations rapides Journal, oder auch Jurisprudence (österr.) Juristen Blätter Juris-Classeur Civil Juris-Classeur Commercial Juris-Classeur de droit international Juris-Classeur de proeödure civile Juris-Classeur des Socits Juris-Classeur Priodique - La Semaine Juridique - Edition gnrale Juris-Classeur Priodique - La Semaine Juridique - Edition commerce et industrie Juris-Classeur Periodique - La Semaine Juridique - Edition entreprise (seit 1984) Juris-Classeur Periochique - La Semaine Juridique - Edition gnrale Journal of Institutional and Theoretical Economics Journal officiel de la Röpublique Franaise: Lois et Dcrets, Arrts, Circulaires, Avis, Communications, Informations et Annonces (frz. Gesetzblatt) Jurisprudence Juristische Rundschau jurisprudence Juristische Person

XXXIV jurisp.

Jus JuZi JZ Kap. KG KK KO KonzemR KTS KuT KWG L Lamy Soc. LM m.w.N. MDR MüKo BGB MüKo ZPO n. F. NJW NJW-RR No. NStZ obl. ÖBA OGH OLG Pan. Pet. Aff. Prot. pW R RabelsZ Rec. Rec. Dalloz

Rec. Sirey Ref. Entw. Reg. Begr. RegE Reg. Entw. Rp. com. Rp. Deff. Rp. int. Rep. proc. Rp. Soc. Dalloz Rev. Rev. fr. compte Rev. jur. com

A bkürzungsverzeichnis

jurisprudence Juristische Schulung Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler Juristenzeitung Kapitel Kammergericht (Berlin), Kommanditgesellschaft Kölner Kommentar Konkursordnung Konzemrecht Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Konkurs und Treuhand Gesetz über das Kreditwesen Loi Lamy, socits commerciales? Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report, Zivilrecht

numro Neue Zeitschrift für Strafrecht Obligation Österreichisches Bank Archiv Oberster Gerichtshof (Österreich) Oberlandesgericht Panorama Les Petites Affiches Protokolle positive Vertragsverletzung Recueil Rabels Zeitschrift Recueil Dallez, Recueil de doctrine, de jurisprudence et de lgislation. hebdomadaire Sirey, Recueil gnral des lois et arrets en matire civile, criminelle, administrative et de droit public, Paris 1861 bis 1964 Referentenentwurf Regierungsbegründung Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf einer Insolvenzordnung Regierungsentwurf Repertoire Dalloz de droit commercial et des socites Repertoire du notariat Defrenois Repertoire Dalloz de droit international Repertoire Dalloz de procedure civile Repertoire Societes Dalloz Revue Revue franaise de comptabilite Revue de jurisprudence commerciale

Rev. jurisp. com. Rev. proc. coli. Rev. Soc. Rev. soc. Rev. trim. dr. civ. Rev. trim. dr. com. RGZ RIW Rn. Rpfleger Rspr. Rz. S. SA SARL Schlußanh. SchuldR sec. Soc. com. som. Sp. t. T. C. T. G. I. T. I. Tab. Trib. civ. Trib. Com. U.Chi.L.Rev. VersR VglO Vorb. WBL WiB wistra WM Wpg. WuB ZBB ZfB ZfG ZGR ZHR ZIK ZIP ZPO ZSR ZvglRwiss ZZP

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I. Ausgangspunkt Können die Forderungen von Gläubigem eines abhängigen Konzernunternehmens von diesem nicht oder nicht vollständig befriedigt werden, wird erwogen, ob sie, soweit diese sich nicht selbst hinsichtlich dieses Risikos abgesichert haben, mögli­ cherweise dadurch vor dem vollständigen oder teilweisen Ausfall ihrer Forderun­ gen bewahrt werden können, daß sie auf die Vermögensmassen anderer Unterneh­ men desselben Konzerns, vor allem auf das des herrschenden Konzernunterneh­ mens, Zugriff nehmen können. Legitimiert wird dies herkömmlicherweise mit den Besonderheiten, die aus der Einbindung des betreffenden Schuldners als abhängi­ ges Unternehmen in einen Konzern resultieren. Dem liegt, vereinfacht gesagt, folgende Überlegung zugrunde: Durch die Einbindung eines Unternehmens als abhängiges Unternehmen in einen Konzern kann das herrschende Unternehmen aufgrund der Leitungsmacht in die Geschäftsführung des betreffenden abhängigen Unternehmens eingreifen. Bei diesen Eingriffen reicht die Skala der Intensität von einfachen Einflüssen auf die Unternehmensführung bis hin zu einschneidenden strukturellen oder strategischen Maßnahmen. Verbunden mit der Ausübung von Leitungsmacht ist häufig auch die Veranlassung von Vermögenstransfers innerhalb des Konzerns, welche zur Folge haben, daß Vermögensgegenstände von dem abhängigen Unternehmen zugunsten der Konzemmutter oder eines anderen Kon­ zernunternehmens verschoben werden. Dieser Einfluß der Mutter auf das Tochter­ unternehmen, insbesondere der Abzug von Vermögenswerten, kann sich auf den Umfang des Haftungsfonds der Tochter auswirken. Von einer etwaigen Schmäle­ rung ihres für die Haftung zur Verfügung stehenden Vermögens sind deren Gläu­ biger betroffen, so daß in dem Moment, wo der Schuldner seine Gläubiger nicht mehr oder nicht mehr vollständig befriedigen kann, ein Ausgleich geboten scheint. Die Frage, auf welcher Grundlage ein solcher Anspruch der Gläubiger bestehen könnte, ist früher häufig mit dem Hinweis auf die Figur der „Durchgriffshaftung" beantwortet worden1. Mittlerweile geht die überwiegende Ansicht in der deutschen Literatur und Rechtsprechung aber davon aus, daß derartige Ansprüche auf dem Modell eines spezifischen, Besonderheiten des Konzerns berücksichtigenden Konzernhaftungsrechts basieren. Wenngleich in diesem Ausgangspunkt weit­ gehende Übereinstimmung herrscht, so sind nahezu alle Details der möglichen konzemrechtlichen Haftungsansprüche heftig umstritten. Kaum irgendwo ist dies klarer und auf einem höheren Niveau zum Ausdruck gekommen als in der 1 Siehe allgemein dazu Drax, Durchgriffs- und Konzemhaftung - ein Vergleich, 1991

Diskussion der Abteilung Wirtschaftsrecht auf dem 59. Deutschen Juristentag in Hannover2. Die mit der Anerkennung eines konzemrechtlichen Haftungsanspruchs der Gläubiger des abhängigen Konzernunternehmens einhergehenden Fragen sind bereits Gegenstand einer kaum noch übersehbaren Anzahl von Monographien und Aufsätzen. Kem dieser Arbeit soll es daher nicht sein, die bereits geführte Diskussion zu repetieren und um eine zusätzliche Stellungnahme zu erweitern. Vielmehr soll der Gedanke einer konzemspezifischen Einstandspflicht des herr­ schenden Unternehmens oder anderer Unternehmen des Konzerns gegenüber den Gläubigem eines abhängigen Konzernunternehmens Ausgangspunkt sein für die Untersuchung einer mit der Konzemhaftungsproblematik zwar eng verbundenen, aber bislang erstaunlicherweise kaum beachteten3 und noch nicht systematisch behandelten Fragestellung: Betrachtet man nämlich die Diskussion um die ver­ schiedenen konzemspezifischen Anspruchsgrundlagen näher, so fällt auf, daß bei allem Bemühen um die Präzisierung der dogmatischen und tatbestandlichen Grundlagen dieser Ansprüche ein entscheidender Umstand in den Hintergrund gedrängt worden ist. Dabei handelt es sich um den Zeitpunkt, in welchem die jeweiligen konzemspezifischen Anspruchsgrundlagen Bedeutung erlangen sollen. Anknüpfungspunkt für konzemhaftungsrechtliche Ansprüche ist grundsätzlich die dauernde Unfähigkeit des abhängigen Unternehmens, die den Gläubigem geschul­ dete Leistung zu erbringen, also die Insolvenz des abhängigen Unternehmens. Rückt man indes diesen Aspekt in den Vordergrund, geht man damit also gleich­ sam von einer eher praxisbezogenen Perspektive an die Fragestellung des Schutzes der Gläubiger in der Insolvenz eines abhängigen Konzernunternehmens heran, so ergeben sich ganz neue Perspektiven. Ausgangspunkt dieser Arbeit soll daher die Situation sein, in der ein abhängiges Unternehmen insolvent wird. Ganz allgemein betrachtet, muß man feststellen, daß häufig die Finanzlage insolventer Unternehmen so schlecht ist, daß von vornherein entweder gar kein Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren eröffnet werden kann oder daß ein bereits eröffnetes Verfahren wieder eingestellt werden muß. Interes­ santerweise ist in der Praxis allerdings dort, wo nur ein einzelnes abhängiges Konzernunternehmen4 insolvent wird, eine gegenläufige Tendenz festzustellen. Es zeigt sich vielmehr, daß aufgrund der Einbindung in den Konzern regelmäßig hinreichend Masse zur Verfügung steht, ein Verfahren zu eröffnen und durch­ zuführen. Im folgenden kann daher von der Annahme ausgegangen werden, daß die Eröffnung eines Verfahrens als typische Folge der Insolvenz eines abhängigen 2 Siehe DJT 1992, R 57 ff. 3 Vgl. nun aber etwa C. Paulus, ZIP 1996, 2141; Dellinger, ZIK 1996, 149 ff. Siehe auch allge­ meiner Häsemeyer, 728 ff. 4 Anders sieht die Lage aus, wenn das Mutterunternehmen oder eine beträchtliche Anzahl Tochterunternehmen zugleich in Konkurs fallen, siehe die Hinweise auf die Praxis bei C. Paulus, ZIP 1996,2141; B. Kübler, ZGR 1984, 561 ff., Hommelhoff, DJT G 20 ff.; Krieger, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, IV (Aktiengesellschaf),§ 69, Rn. 27.

Konzernunternehmens eintritt. Zwar ist als eine davon abweichende Folge der Insolvenz einer Konzemtochter auch denkbar, daß ein Sanierungsverfahren zur Reorganisation des Unternehmens eingeleitet werden könnte. Dies ist dem deutschen Recht bislang aber nur im (engen) Rahmen des Vergleichs bzw. des Zwangsvergleichs bekannt; de lege ferenda werden mit Inkrafttreten der Insolvenz­ ordnung diese beiden in der Praxis kaum erfolgreichen Instrumente zwar durch ein anderes Sanierungsinstrument abgelöst (vgl. §§217 ff. InsO). Allerdings bleibt auch dann abzuwarten, ob nicht möglicherweise entgegen der zum Teil optimi­ stischen Einschätzung der Leistungsfähigkeit eines solchen „gläubigergesteuerten Sanierungsinstruments“, doch die Mehrzahl der auf Insolvenzplänen beruhenden Sanierungsvorhaben letztlich scheitern5. Die Rückbesinnung auf die Insolvenz des Tochterunternehmens als dem entscheidenden Zeitpunkt, in welchem die Frage nach konzemrechtlichen Haf­ tungsansprüchen gegen die Konzemmutter normalerweise relevant wird, und damit einhergehend die Vergegenwärtigung, daß die Insolvenz die Einleitung eines Ver­ fahrens nach sich zieht, ist deshalb von erheblicher Bedeutung für den vom Kon­ zemhaftungsrecht betonten Gläubigerschutz, weil mit der Eröffnung des Konkurs­ bzw. Insolvenzverfahrens ein Paradigmawechsel eintritt. Es geht dann nicht mehr um den individuellen, sondern um den kollektiven Gläubigerschutz. Das bedeutet, daß sich der im Rahmen der Diskussion um den mit Hilfe eines Konzem­ haftungsrechts zu gewährleistenden Schutz der Gläubiger abhängiger Konzern­ unternehmen vor dem Ausfall ihrer Forderungen aus der Perspektive der Insolvenz des abhängigen Unternehmens im Ergebnis als ein Problem der (Vergrößerung der) Haftungsmasse des insolventen abhängigen Unternehmens darstellen läßt. Allgemeiner ausgedrückt läßt sich also sagen, daß mit der Eröffnung des Konkurs­ verfahrens die Frage eines (besonderen) Schutzes der Gläubiger eines abhängigen Konzernunternehmens aus dem Blickwinkel des Konzem(recht)s gelöst und in die (allgemeine) Perspektive des Konkursrechts gestellt wird.

5 Vgl. zu den (positiven) Aspekten eines Sanierungsverfahrens aus rechtsvergleichender Sicht Flessner, 206 ff., insbes. mit Blick auf den Konzern, 285 ff.; Mertens, ZGR 1984, 549; Maus, in: Ins.Hdb § 5, Rn. 1 ff.; abwägend mit Hinweisen auf neue Modelle der Unternehmensreorganisation in den USA Eidenmüller, 146 ff. und 152 ff. (dort insbes. 156 ff. zum gesetzlichen Reorgani­ sationsverfahren nach dem zukünftigen deutschen Recht); eher kritisch Stümer, in: Insolvenz im Umbruch, 46 f.; Jauernig, 369. Vgl. schließlich auch Drukarczyk, in: Planwirtschaft am Ende, 109 ff. Das französische Recht kennt bereits ein dem Liquidationsverfahren vorgeschaltetes Sanie­ rungsverfahren. Dort hat es sich bewahrheitet, daß in vielen Fällen die Rettungsbemühungen vergebens waren und die Liquidation, oftmals unter einer noch ungünstigeren Vermögenssitution als vorher, stattfinden muß, vgl. ausführlich Zierau, Die Stellung der Gläubiger im französischen Sanierungsverfahren im Hinblick auf die Entwicklung des deutschen Insolvenzrechts (1991); Reinhard, 48 ff.

II. Problemstellung Damit gewinnt die für die nachfolgenden Ausführungen interessierende Pro­ blemstellung Konturen. Den Angelpunkt der hier vorzunehmenden Untersu­ chungen bezüglich des Schutzes der Gläubiger eines abhängigen Konzemunter­ nehmens bildet die Frage nach der Vergrößerung der Konkursmasse. Das Konkursrecht sieht darin die zentrale Aufgabe des Konkursverwalters, die er unter Aufsicht des Konkursgerichts (§ 83 KO) und unter partieller Mitwirkung der Gläubigerversammlung und des Gläubigerausschusses zu versehen hat; daran wird sich auch nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung nichts Grundsätzliches ändern. Der Verwalter hat dabei - kurz gefaßt - die Aufgaben, die bei dem Gemein­ schuldner vorgefundene „Istmasse“ durch Aussonderung nicht vom Beschlag betroffener Rechte und durch die Durchsetzung davon betroffener Rechte gegen­ über Dritten möglichst umfangreich aufzufüllen6. Die Konkursmasse, die im Rahmen der gesetzlichen Haftungsordnung an die Gläubiger zur Verteilung bestimmt ist, bildet insoweit die sogenannte „Haftungsmasse“. Aus Sicht der Gläubiger ist das ausschlaggebende Kriterium allerdings nicht in erster Linie die Vergrößerung der Haftungsmasse, sondern die Erhöhung ihrer individuellen Quote. Im Vorfeld der Durchsetzung der vom Beschlag betroffenen Rechte hat der Verwalter alle Ansprüche festzustellen und wahrzunehmen, die auf Auffüllung der Masse gerichtet sind67. Ob sich diese Ansprüche dann auch tatsächlich realisieren lassen und damit zur realen Vergrößerung der Quote beitragen können, ist eine rechtstatsächliche Frage, die im hiesigen Zusammenhang keine Rolle spielt; es soll nur darauf ankommen herauszufinden, welche Ansprüche überhaupt gestellt werden können. Im Rahmen seiner Bemühungen zur Vergrößerung der Haftungsmässe stehen dem betreffenden Verwalter im einzelnen eine große Palette unterschiedlichster Ansprüche zur Verfügung. Diese sind einzelfallabhängig, so daß keine zuverlässige Aussage darüber getroffen werden kann, welche Ansprüche ein Verwalter zur Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens insgesamt gelten machen kann. Handelt es sich bei dem Gemeinschuldner jedoch nicht um ein selbständiges Unternehmen, sondern um ein abhängiges Konzernunternehmen, stellt sich die Frage, ob dem Verwalter möglicherweise ein Bündel spezieller Ansprüche zur Verfügung steht, die aus der besonderen Situation bzw. Stellung des Schuldners als abhängiges und vormals der Leistungsmacht des herrschenden Unternehmens unterworfenen Konzernunternehmens resultieren, und aufgrund derer er einen Zugriff auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens hat. Um dies zu ermitteln, sind die herkömmlichen Instrumente jeweils einer eingehenden Analyse aus der speziellen Perspektive des Konzerns zu unterziehen, um festzustellen, ob mit ihrer Hilfe dem Verwalter Instrumente an die Hand gegeben werden können. 6 Statt aller Häsemeyer, 165 ff. 7 K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, 78.

Damit ist aber nur ein, wenngleich auch das wesentliche Instrument genannt, um zu einer Vergrößerung der Haftungsmasse und damit zu einer Erhöhung der Quote für die einzelnen Massegläubiger zu kommen. Auch wenn sich die Ver­ größerung der Haftungsmasse formal nur aus der Realisierung möglichst vieler vom Beschlag betroffener Rechte ergibt, so kann für bestimmte Gläubigergruppen vom Ergebnis her gleichwohl eine Vergrößerung ihrer Quote auch auf anderem Wege erreicht werden. Für sie erhöht sich ihr Anteil an der Verteilungsmasse nämlich auch dann, wenn andere Massegläubiger vor der Verteilung als Gläubiger bestimmter Ansprüche ausscheiden oder wenn bestimmte Massegläubiger im Zeitpunkt der Verteilung im Hinblick auf spezielle Ansprüche ihnen nachgeordnet (subordiniert) werden. Insofern erscheint es durchaus berechtigt zu sein, wenn­ gleich rechtlich auch nicht ganz präzise, hinsichtlich bestimmter Gläubiger auch dann von einer „Vergrößerung der Haftungsmasse" - und damit gleichzeitig auch von einer Vergrößerung des sie betreffenden Schutzes - zu sprechen, wenn es um das Ausscheiden oder um die Rangrückordnung anderer Gläubiger geht. Im Gegensatz zu der Vergrößerung der Haftungsmasse durch Ansprüche soll im folgenden insoweit allgemein von „anderen Möglichkeiten“ zur Vergrößerung der Haftungsmasse die Rede sein. Vor diesem Hintergrund schält sich das der folgenden Untersuchung zugrunde liegende Sachproblem heraus. Es soll herausgearbeitet werden, welche speziellen Ansprüche oder sonstige Möglichkeiten im Konkurs eines abhängigen Konzern­ unternehmens gegen das herrschende oder ein anderes Unternehmen desselben Konzerns im Hinblick auf die besondere Stellung des Gemeinschuldners als abhängiges und vormals der Leitungsmacht der Konzemmutter unterworfenes Unternehmen bestehen, mit denen die Haftungsmasse bzw. die Quote der Gläubiger möglichst umfangreich vergrößert werden kann, damit so ein effektiver Schutz der Gläubiger dieses Unternehmens gewährleistet werden kann. Daraus ergibt sich, daß es sich bei den hier interessierenden Ansprüchen und Möglichkeiten, die Haftungsmasse zu vergrößern, nur um solche handelt, die im weiteren Sinne in den Bereich der Binnenbeziehung des abhängigen Unternehmens zu dem herrschenden Unternehmen des Konzerns fallen bzw. eine rechtliche Reaktion auf bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen des herrschenden Unternehmens im Rahmen der Ausübung seiner Leitungsmacht gegenüber dem nunmehr bankrotten abhängigen Unternehmen zum Ausdruck bringen. Eine Zusammenstellung solcher Ansprüche und Möglichkeiten liegt bislang nicht vor. Versucht man deshalb, die in Betracht kommenden, rechtlich vorgesehenen Regelungen zusammenzutragen und sie systematisch in eine Ordnung zu bringen, so könnten vier Gruppen gebildet werden. Diese decken dabei jeweils unter­ schiedliche Bereiche der Einflußnahme des herrschenden Unternehmens auf das abhängige Unternehmen ab, wobei es freilich in Grenzgebieten zu Überlappungen kommen kann. In der ersten Gruppe geht es um das Spektrum der insolvenz­ rechtlichen Anfechtungsregeln. Angesprochen ist damit, daß das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Leitungsmacht konzerninterne Transaktionen zu

Lasten des abhängigen Unternehmens veranlassen kann, die anderen Unternehmen im Konzern zugute kommen und sich im Konkurs dann als Schädigung der Gläubiger herausstellen. In der zweiten Gruppe geht es um Möglichkeiten, die Quote zu vergrößern, welche sich aus der Einflußnahme des Mutterunternehmens auf ihre Tochter im Zeitpunkt vorvertraglicher Beziehungen zu jetzigen Gläubigem ergeben. Die dritte Gruppe umfaßt den Bereich derjenigen Ansprüche und Möglichkeiten zur Verbesserung der Quote, die aus dem Regelungsvorrat des Gesellschaftsrechts, ggf. in Verbindung mit bürgerlich-rechtlichen Regelungen, nutzbar gemacht werden können, um auf die Auswirkungen der Ausübung der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens auf das abhängige Unternehmen zu reagieren. Die vierte und vom Anwendungsbereich her allgemeinste Gruppe umfaßt schließlich die Möglichkeit, mittels konzemrechtlicher Ansprüche die Ausübung der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens haftungsrechtlich zu erfassen. Ansatzpunkt der diesbezüglichen Untersuchungen wird stets der Zugriff auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens sein. Da dieses aber aufgrund seiner Leitungsmacht im Konzern auch andere Konzernunternehmen für seine eigenen Zwecke mittelbar oder unmittelbar instrumentalisieren kann, sind entsprechende Ansprüche bzw. andere Möglichkeiten zur Vergrößerung der Quote für die Gläubiger ggf. auch hinsichtlich anderer Unternehmen desselben Konzerns zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund läßt sich damit nun auch die Grundthese formulieren: Im Konkurs eines abhängigen Unternehmens kann die Position der Gläubiger dieses Unternehmens von einem Modell sachgerecht erfaßt werden, welches darauf basiert, daß mit der Kombination von bürgerlich-rechtlichen, gesellschaftsrecht­ lichen, insolvenzrechtlichen und von konzemrechtlichen Regelungen direkt oder indirekt auf die Vermögensmasse anderer Unternehmen desselben Konzerns zurückgegriffen wird, um damit zur Vergrößerung der Haftungsmasse beizutragen. Dies hätte allerdings zur Folge, daß sich die Bedeutung des Konzemhaftungsrechts stark relativiert. Denn dort, wo das Konzemhaftungsrecht sein Hauptanwen­ dungsgebiet haben soll, erlangt es dann grundsätzlich nur noch als eine unter mehreren Möglichkeiten zur Vergrößerung der Haftungsmasse des Gemein­ schuldners Bedeutung, und zwar möglicherweise auch nur subsidiär, nämlich insoweit als nicht bereits die anderen Regelungen den betreffenden Sachverhalt erfassen können8.

8 BGHZ 122, 123 - Leitsatz a). Siehe hier bereits Zeidler, GmbHR 1997, 881 f., dazu, daß der BGH im Gefolge des TBB-Urteils regelmäßig Klagen den Oberlandesgerichten zurückverwies mit der Aufforderung zu überprüfen, ob die geltendgemachten Nachteile nicht auf anderem Wege als über konzemhaftungsrechtliche Ansprüche auszugleichen sind.

III. Rechtsvergleichende Vorgehensweise Das hier aufgeworfene Sachproblem wird rechtsvergleichend untersucht. Das Referenzsystem ist das französische Recht. Dieses ist für eine Vergleichung im Hinblick auf die hier angesprochenen Probleme deshalb besonders geeignet, weil dort ein dem äußeren Anschein nach ähnlicher Weg gegangen wird, wie er hier entworfen werden soll. Zwar kennen auch andere Rechtsordnungen, wie die USamerikanische oder die englische, ein am Insolvenzrecht anknüpfendes „Konzernhaftungsrecht“9, doch wird hier ganz bewußt das französische Recht zum Vergleich herangezogen, weil in der rechtsvergleichenden Literatur gelegentlich der Eindruck entsteht, als stelle gerade das französische Recht in bezug auf Konzerne den typischen Fall eines Haftungsrechts dar, das an der Insolvenz des jeweiligen Unternehmens und nicht an seiner strukturellen Verknüpfung mit anderen Unternehmen ansetzt10. Deshalb könnte es als bedenkenswerte Alternative für das deutsche Recht in Betracht kommen, wenn man sich den deutschen, vom Konzern ausgehenden Haftungsansatz wegdächte. Trifft es zu, daß im franzö­ sischen Recht ein Modell verwirklicht ist, das bereits Antworten auf das hier in Frage stehende Sachproblem bereithält, kann die eigene Lösung folglich nur dann sinnvoll entwickelt werden, wenn parallel gefragt wird, wie die gleichen Sachprobleme im französischen Recht gelöst werden. Andernfalls würde man den Vorwurf riskieren, es werde für das deutsche Recht ein neues Modell entwickelt, das sich in Konkurrenz zu einem bislang vertretenen Ansatz stellt, ohne mit einem Blick auf ein schon existierendes, offenkundig ganz ähnliches Modell überprüft zu haben, ob sich hinsichtlich dieses Modells in dem anderen Recht möglicherweise bereits bestimmte Defizite gezeigt haben, die - wenn man sie auf den deutschen Ansatz übertrüge - dazu führten, daß der neue Ansatz aufgrund eben dieser Defizite im Gegensatz zum konzemrechtlichen Ansatz nur eine inferiore Lösung darstellte11. Es ist daher nicht nur aufschlußreich, sondern zur Absicherung des hier zu entwickelnden Ansatzes notwendig zu klären, ob die vermutete Kongruenz in den Rechtsinstituten nur oberflächlich besteht oder ob sich die erreichte Lösung vor dem Hintergrund des französischen Rechts als zwingend herausstellt. Dabei wird zu fragen sein, ob und gegebenenfalls inwieweit ein rechtsver­ gleichender Zugriff auf das französische Recht, wie oft als selbstverständlich vorausgesetzt12, überhaupt möglich ist. Methodisch ist dabei auf die funktionale 9 Für das US-amerikanische Recht vgl. Scheel, 47 ff.; für das englische Recht, Wolf, 85 ff. 10 Vgl. etwa Wiedemann, 549 ff. (siehe aber auch 571); Balz, ZIP 1983, 1172 f. 11 Vgl. aus methodischer Sicht Buxbaum, RabelsZ 60 (1996), der insoweit allgemein von der „Koordinierungsaufgabe“ der Rechtsvergleichung spricht (211 f.), zu den dabei entstehenden instrumenteilen Fragen 215 ff. 12 Vgl. etwa die spärlichen Ausführungen zu der Vergleichbarkeit des rechtlichen Regelungs­ rahmens bei Falcke, 229 ff Terboven, 110; Wolf, 163 ff; dagegen siehe aber auch v. Campe, 5 ff. dazu und speziell zu der Notwendigkeit, sich zunächst Klarheit über die Vergleichbarkeit der Regelungsrahmen zu verschaffen, in denen sich die dann im einzelnen zu vergleichenden Regeln bewegen Ehricke ZZP 111 (1998), 104 f.; siehe auch Druey, DJT 1992, H 31 ff.

Rechtsvergleichung zurückzugreifen, da hier die Vergleichung eines Sachproblems in Frage steht und insoweit eine reine Institutionenvergleichung zu kurz greift13. Voraussetzung für eine funktionale Rechtsvergleichung ist dabei aber nicht nur die von der Systematik des jeweiligen Rechts losgelöste Betrachtung, wie bestimmte Institute Sachfragen lösen. Vielmehr muß bei einer Vergleichung des Sach­ problems mitberücksichtigt werden, ob auch der Rahmen, in dem sich die Rege­ lungen befinden, vergleichbar ist. An dieses Erfordernis sind indes keine zu strengen Maßstäbe anzulegen, da ansonsten eine rechtsvergleichende Analyse von Problemen schlechterdings nicht mehr möglich wäre. Notwendig ist jedoch zumindest eine Vergleichbarkeit in den Grundstrukturen beider Systeme hinsicht­ lich der in Frage stehenden Regelungen14. Die rechtsvergleichende Untersuchung geht methodisch von dem Sachproblem aus, wie dieses in Deutschland rechtlich ausgestaltet ist. Dabei kann eine solche Vergleichung vom Aufbau her unterschiedlich dargestellt werden. Denkbar wäre beispielsweise eine verzahnte Darstellung, in der nach jedem Abschnitt des deutschen Rechts die Entsprechung des französischen Rechts angeschlossen würde. Vorteil dessen wäre, daß die Entsprechungen des französischen Rege­ lungsmodells in einem engen Zusammenhang zu dem deutschen Modell deutlich würden. Eine solche Vorgehensweise hätte aber den entscheidenden Nachteil, daß die einzelnen Modelle in ihrem inneren Zusammenhang und Aufbau zerrissen würden. Das wäre aber gerade im Hinblick darauf, daß es die vorrangige Aufgabe dieser Arbeit sein soll, einen neuen Ansatz für den Schutz von Gläubigem abhängiger Konzernunternehmen im deutschen Recht herauszuarbeiten, unvor­ teilhaft. Sinnvoller erscheint es daher, sich zunächst nur dem deutschen Modell zuzuwenden und im Anschluß daran das französische Recht in entsprechendem Aufbau darzustellen. Dabei ist es aber wegen des notwendigen „Abgleichs“ des deutschen Modells mit den in Frankreich bestehenden Regelungen erforderlich, daß die im deutschen Recht erzielten Ergebnisse zunächst „offen“ als vorläufige Zwischenergebnisse verstanden werden. Eine endgültige Aussage über das für das deutsche Recht entwickelte Modell läßt sich dann erst im Rahmen der Verglei­ chung feststellen. Wenngleich die Ausführungen zum französischen Recht das jeder rechts­ vergleichenden Arbeit immanente Ziel vor Augen haben, in kompakter Weise einen Überblick über die Regelungsmaterie in deutscher Sprache zu geben, müssen sie sich doch auf die zur Vergleichung notwendige Beschreibung der Grund

13 Siehe Immenga, in: FS Fischer, 298 f. Zu den Schwierigkeiten bei einer „Konzemrechts­ vergleichung“ siehe Immenga, in: FS Fischer, 297; Druey, DJT 1992, H 35 ff. 14 Instruktiv Dehousse, American Journal of Comparative Law 42 (1994), 765 ff.; vgl. dazu allgemein Zweigert/Kötz, 31 ff., insbes. 43 ff.

Strukturen beschränken; eine umfassende Darstellung des Stoffes ist daher nicht beabsichtigt.

IV. Verfahrensrechtliche Aspekte des Sachproblems Mit der bloßen Überprüfung, welche materiell-rechtlichen Ansprüche sich für die Vergrößerung der Masse eines insolventen abhängigen Unternehmens aus seinem besonderen Verhältnis zum herrschenden Unternehmen des Konzerns ergeben, ist zwar ein ganz wesentlicher Bereich der Vergrößerung der Haftungsmasse und damit des Gläubigerschutzes angesprochen. Die Praxis lehrt jedoch, daß die opti­ male Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmens, wie häufig übersehen wird, nicht nur eine Frage materiell-rechtlicher Anspruchs­ grundlagen ist, um auf andere Vermögensmassen zugreifen zu können, sondern sie setzt zudem eine bestmögliche Verwaltung der Masse voraus. Damit wird die entscheidende verfahrensrechtliche Verbindung zwischen der Insolvenz eines abhängigen Konzernunternehmens und dem Gläubigerschutz durch eine möglichst umfangreiche Vergrößerung der Haftungsmasse angesprochen. Der tragende Pfei­ ler der Verwaltung ist, allgemein ausgedrückt, die Information des Verwalters über die wirtschaftlichen und strukturellen Daten bzw. Interna des Gemeinschuldners. Je exakter der Konkursverwalter die einzelnen Gegebenheiten beim Gemein­ schuldner kennt, desto größer sind seine Möglichkeiten, das ihm vorgegebene rechtliche Instrumentarium zur Vergrößerung der Haftungsmasse auch effektiv auszuschöpfen. Das gleiche gilt in abgeschwächter Form auch für den Konkurs­ richter. In der Praxis stellt sich die umfassende Kenntnis aller relevanten Umstände aber aus verschiedenen Gründen häufig als besonders schwierig dar. Nicht selten wird daher die Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen Unternehmens weniger als ein spezifisch rechtliches sondern als ein tatsächliches Problem empfunden. Das gilt insbesondere, wo der Gemeinschuldner als abhän­ giges Unternehmen in einen Konzern eingebunden ist. Dort ergeben sich mannigfaltige zusätzliche Schwierigkeiten, etwa aufgrund der besonderen internen Struktur des Gemeinschuldners oder wegen der mangelnden Kooperations­ bereitschaft der anderen Unternehmen des Konzerns. Daher könnte es sich für den Schutz der Gläubiger eines abhängigen Konzernunternehmens durch die Vergrö­ ßerung der Haftungsmasse als vorteilhaft herausstellen, wenn die Verwaltung in die Hände einer Person (Verwalter oder/und Konkursrichter) gelegt werden könnte, die bereits Kenntnisse hinsichtlich der erforderlichen Interna, insbesondere über den Konzern und seine Strukturen besitzt. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß es rechtlich überhaupt möglich ist, bei der Insolvenz eines abhängigen Unternehmens das Verfahren in die Hand einer Person zu legen, die bereits mit der Abwicklung eines oder mehrerer Verfahren von Unternehmen desselben Konzerns befaßt ist oder war. Damit ist ein Bereich angesprochen, der erst in neuester Zeit (wieder) als wichtiges rechtliches Problem der Bündelung von Verfahren mehrerer in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns in einer Hand diskutiert

wird15, um so mit Blick auf alle beteiligten Akteure eine bestmögliche Verwaltung und Liquidation zu erzielen. Im Anschluß an den materiell-rechtlichen Teil zum deutschen Recht ist daher ergänzend auch auf diesen verfahrensrechtlichen Aspekt einzugehen. Dabei wird zunächst überprüft werden müssen, ob die unterstellten Vorteile einer Bündelung von mehreren Verfahren sich in einer Gesamtschau aller Vor- und Nachteile tatsächlich bewahrheiten. Abhängig von diesem Ergebnis wird dann gegebenenfalls zu fragen sein, ob das deutsche Recht de lege lata Instrumente bereit hält oder de lege ferenda Instrumente bereit halten sollte, die im Hinblick auf die Bündelung mehrerer Verfahren - sei es in der Hand eines Richters oder eines Verwalters - nutzbar gemacht werden könnten. Bezüglich dieser Verfahrensfragen wird auf eine mit dem französischen Recht vergleichende Untersuchung mit Ausnahme einiger Hinweise verzichtet, weil es im französischen Recht eine vergleichbare Fragestellung nicht gibt16.

V.

Beschränkung der Untersuchung auf ein „Grundmodell“

Die soeben skizzierten Probleme können wegen ihres Umfanges freilich nur hinsichtlich eines „Grundmodells“ diskutiert werden. Dieses „Grundmodell“ soll die typische Situation in der Praxis widerspiegeln und dort Vereinfachungen vornehmen, wo sie im Hinblick auf das hier gewählte Thema vertretbar sind. Gleichzeitig soll es aber erlauben, mit den notwendigen Modifizierungen die hier zu entwickelnde Lösung auch auf „Spezialfalle“ zu übertragen. Der Untersuchungsgegenstand ist daher notwendigerweise Beschränkungen unterworfen. Diese beziehen sich zu allererst darauf, daß lediglich die Form des Konzerns als typisches Beispiel eines verbundenen Unternehmens ins Auge gefaßt wird. Da aber bereits der Konzern in einer Vielzahl von Facetten auftritt, sind auch hier Vereinfachungen nötig: Das „Grundmodell“ wird deshalb beschränkt auf die am häufigsten im Wirtschaftsverkehr vorkommenden „Konzemtypen“, nämlich die Vertragskonzerne und die faktischen Konzerne, deren abhängige Unternehmen entweder in der Form einer GmbH oder einer AG organisiert sind. Ausgespart bleiben also beispielsweise Eingliederungen (§ 322 AktG) oder Personengesell­ schaftskonzerne. Da der GmbH-Konzern mit Abstand den häufigsten Konzemtyp in Deutschland darstellt, werden in den folgenden Untersuchungen die einzelnen Fragestellungen regelmäßig am Beispiel dieses Konzemtyps angeknüpft. Im Anschluß daran wird jeweils auf etwaige Besonderheiten bei AG-Konzemen 15 Siehe nun Hohloch; früher ist dies Thema durchaus auch angesprochen worden, doch wurde es angesichts der Rechtslage in Deutschland nicht weiter vertieft; anders hingegen Mertens, ZGR 1984, 554 ff. 16 Die häufiger angeführten Verfahrenszusammenlegungen im Rahmen des französischen Insolvenzrechts haben mit der für das deutsche Recht aufgeworfenen Fragestellung nichts zu tun; sie sind vielmehr im Zusammenhang mit Rechtsfolgen bestimmter materiell-rechtlicher Ersatz­ normen zu sehen. In diesem Zusammenhang werden sie auch im Teil der Darstellung des franzö­ sischen Rechts behandelt.

eingegangen. Des weiteren hat das hier gewählte „Grundmodell“ den eingliedrigen Konzern vor Augen, in dem es nur ein herrschendes Unternehmen und mehrere Tochterunternehmen gibt; mehrgliedrige (abgestufte) Konzerne werden deshalb nur am Rande mit in die Erwägungen einbezogen, wenn und soweit sie für das „Grundmodell“ von Bedeutung sind. Mit einigen der im Laufe der Untersuchung anzusprechenden Aspekte sind auch steuerrechtliche Fragestellungen verbunden. Da diese für den hier interessierenden Untersuchungsgegenstand aber allenfalls eine mittelbare Bedeutung haben, wird auf eine Auseinandersetzung mit ihnen verzichtet. Die Beziehungen des herrschenden Unternehmens zu den Töchtern im Konzern können unterschiedlich ausgestaltet sein. In der Praxis werden sie meist durch Gesellschaftsanteile vermittelt. Daher wird im hier untersuchten „Grundmodell“ davon ausgegangen, daß das herrschende Unternehmen Anteilseigner an der abhängigen Gesellschaft ist, und zwar regelmäßig entweder der einzige Gesell­ schafter, oder der direkte Mehrheitsgesellschafter (d.h. das herrschende Unter­ nehmen hält unmittelbar die Mehrheit der Anteile) oder der indirekte Mehrheits­ gesellschafter (d.h. das herrschende Unternehmen hält zwar Anteile an der Gesellschaft, aber nicht die Mehrheit dieser Anteile, erreicht aber faktische die Position einer Anteilsmehrheit, dadurch daß andere Gesellschafter an der abhängigen Gesellschaft ihrerseits von ihm abhängig sind). Ferner bezieht sich das „Grundmodell“ nur darauf, daß die beteiligten Unternehmen inländische Unter­ nehmen bzw. Personen sind17. Außerdem bleiben die Besonderheiten unberück­ sichtigt, die sich daraus ergeben, daß es sich bei den Konzernunternehmen um mitbestimmte Unternehmen handelt. Im Rahmen der folgenden Untersuchungen wird das Verhalten des herr­ schenden Unternehmens gegenüber seinem abhängigen Unternehmen im Mittel­ punkt stehen. Es ist dabei selbstverständlich, daß das herrschende Unternehmen in der Regel nicht selbst handeln kann. Ausnahmen sind nur dort möglich, wo es sich bei ihm um keine juristische Person handelt. Soweit aber, wie im Normalfall, das herrschende Unternehmen eine juristische Person ist, bedarf es notwendigerweise seiner Organe zum Handeln. Dennoch soll der Einfachheit und der Klarheit halber immer von dem herrschenden Unternehmen als dem Handelnden gesprochen werden. Soweit es dann um ein bestimmtes, zu einem Schadensersatz oder zu einer Einstandspflicht führendem Verhalten geht, soll im folgenden stets unterstellt werden, daß dies dem herrschenden Unternehmen als eigenes zugerechnet werden kann (§ 31 BGB analog18). Nicht problematisiert zu werden braucht deshalb die persönliche Verantwortlichkeit der Organe des herrschenden Unternehmens. Abweichungen davon kommen nur dort in Betracht, wo für die Untersuchung 17 Zu den grenzüberschreitenden Konzernen siehe ausführlich Hofstetter, Sachgerechte Haftungsregeln für Multinationale Konzerne, 1995; Zimmer, 357 ff. 18 Siehe ausführlich Kleindiek, Deliktshaftung, 238 ff.; ferner vgl. MüKo BGB(-Reuter), § 31, Rn. 2 ff., 7. m.w.N.; Baums, in: FS Lukes, 636; Medicus, in: ZGR 1998, 570 ff.; Flume, Jur. Person, 381 ff.

personelle Verflechtungen zwischen den Organen des Mutter- und des Tochter­ unternehmens erheblich werden. Ebenso wird angenommen, daß die Maßnahmen des herrschenden Unternehmens in Bezug auf das abhängige Unternehmen zu keinen Problemen auf der Ebene des herrschenden Unternehmens selbst fuhren, etwa indem dort bestimmte Minderheitsrechte nicht beachtet werden.

VI. Praxisbezug Eine Arbeit über die Vergrößerung der Haftungsmasse in Konkurs gefallener abhängiger Konzernunternehmen bedarf des ständigen Rückbezugs auf die Praxis. Eingehende Arbeiten über die damit zusammenhängenden Fragen sind rar; in der Regel kann nur auf Berichte von Konkurspraktikern, die sich besonders mit Konzernen beschäftigt haben, zurückgegriffen werden. Häufig wird man zu den hier zu erörternden Fragestellungen aber dennoch in der Literatur nicht fündig, weil es sich gleichsam um Jaw in practice^ handelt, das meist nicht oder nicht unmittelbar literarisch dokumentiert wird. Als empirische Grundlage der Arbeit dienen daher eine Vielzahl intensiver Gespräche mit Praktikern19. Die Ergebnisse dieser Gespräche finden sich in dieser Untersuchung, wie bereits in der Einleitung deutlich geworden ist, nur mit dem Hinweis auf die Konkurspraxis wieder, ohne daß sie wissenschaftlich eindeutig dokumentierbar wären. Der hier vorgelegten Arbeit liegt aber keine rechtstatsächliche Forschung zugrunde, die dem Anspruch einer repräsentativen Erhebung gerecht würde; dennoch hat sich bei den Kontakten zu Konkurspraktikern herausgestellt, daß es sich bei den der Arbeit zugrunde­ gelegten Erfahrungen um aussagekräftige Tendenzen der Praxis handelt.

VII. Wechsel von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung Diese Arbeit ist im zeitlichen Anwendungsbereich der Konkursordnung angefertigt worden. Vor dem Hintergrund, daß am 1.1.1999 die Insolvenzordnung in Kraft tritt, sind die neuen Regelungen jedoch vollständig eingearbeitet und das dazu bereits erschienene Schrifttum weitgehend berücksichtigt worden. Vom Aufbau her ist diese parallele Darstellung so gelöst, daß sich die jeweiligen Ausführungen zunächst stets auf die Rechtslage nach der Konkursordnung beziehen und dann im Anschluß auf etwaige Abweichungen in der Insolvenzordnung eingegangen wird. Die wesentlichen, strukturellen Neuheiten der Insolvenzordnung kommen hinsicht­ 19 Dazu gehören Konkursrichter vom AG Hannover, vom AG Dessau, vom AG Köln und vom IX. Senat des BGH; Anwälte, die sich auf das Konkursrecht spezialisiert haben, aus Hannover, Bonn, Frankfurt/M. und Lyon, Konkursverwalter aus Berlin, Köln, München und Frankfurt/M., sowie Unternehmensjuristen der Commerzbank in Frankfurt/M. und Hamburg und des Daimler Benz Konzerns, Stuttgart, denen an dieser Stelle für ihre bereitwillige Kooperation herzlich gedankt wird.

lieh des hier bearbeiteten Untersuchungsgegenstands ohnehin allenfalls am Rande zur Anwendung. Der Wechsel von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung bringt für diese Arbeit damit im wesentlichen allenfalls terminologische Schwie­ rigkeiten mit sich, weil feststehende Begrifflichkeiten in der Konkursordnung in der Insolvenzordnung geändert worden sind. Da die sprachlichen Abweichungen für die im Rahmen dieser Arbeit interessierenden Fragestellungen keine inhaltlichen Unterschiede mit sich bringen, soll prinzipiell so verfahren werden, daß bei den allgemeinen Ausführungen nach wie vor grundsätzlich von „Kon­ kurs“, „Konkursverfahren“, „Konkursverwalter“, etc. gesprochen wird um zu verdeutlichen, daß nur das Liquidationsverfahren betrachtet wird. Ferner wird bei den speziellen Ausführungen zur Konkursordnung bzw. zur Insolvenzordnung die jeweils dort gebrauchte Terminologie verwendet. VIII. Ausblick Im folgenden wird nun auf der Basis des eben dargelegten Entwurfes die Unter­ suchung der einzelnen Fragestellungen vorgenommen. Dabei wird angestrebt, daß die einzelnen Untersuchungsabschnitte in sich abgeschlossen sind. Der rote Faden, der sie verbinden soll, ist das oben formulierte Sachproblem mit der daraus entwickelten Grundthese. Ziel dieser Arbeit ist es zu überprüfen, ob und wenn ja, welche Instrumente des Bürgerlichen Rechts, des Gesellschaftsrechts und des Insolvenzrechts nutzbar gemacht werden können, um im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens rechtlich darauf reagieren zu können, daß der Gemeinschuldner als ein abhängiges Unternehmen in einen Konzern eingebunden ist und zu seinen „Lebzeiten“ unter der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens im Konzern gestanden hat. Die erzielten Ergebnisse mögen dann dazu beitragen, das rechtliche Instrumentarium zu präzisieren, mit dem der Konkursverwalter versuchen kann, die Haftungsmasse des Gemeinschuldners möglichst umfangreich zu vergrößern. Vor dem Hinter­ grund der Erkenntnis des BGH in seinem TBB-Urteil, daß die konzemrechtlichen Haftungsregeln nur insoweit eingreifen, wie nicht bereits derselbe Sachverhalt von anderen Regelungen erfaßt werden könne20, lassen die Resultate der Arbeit dann auch Rückschlüsse auf die derzeitige Diskussion um das Konzemhaftungsrecht zu.

20 BGHZ 122, 123 - Leitsatz a); vgl. K. Schmidt, ZIP 1993, 553: keine spezifische Konzemhaftung, wenn die allgemeinen Haftungstatbestände ausreichen, um die Probleme sogar in der Unternehmensverbindung in den Griff zu bekommen.“; ähnlich Drygala, GmbHR 1993, 320 (Subsidiarität des spezifischen Konzemhaftungsrechts); Kropff, AG 1993, 489. Siehe dazu im weiteren u.a. Hommelhoff, ZGR 1994,407 ff.; Goette, DStR 1993, 570 f.; Weigl, 114 ff.

§ 2 Insolvenzrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens A. Insolvenzanfechtung im Konzern

I. Einleitung Zentrales Instrument des Konkursrechts zur Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen Unternehmens sind die in der KO bzw. in der InsO geregelten Anfechtungsrechte. Mit ihnen wird nach h.M. ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch erhoben1, der dazu dient, Rechtshandlungen rückgängig zu machen, die vor Konkurseröffnung vorgenommen und daher prinzipiell wirksam sind, dabei aber den Massebestand verringern und dadurch die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen2. Bezogen auf den speziellen Fall des Konkurses eines abhängigen Konzern­ unternehmens steht damit ein Mittel zur Verfügung, mit Hilfe dessen der Konkurs­ verwalter die Haftungsmasse des Gemeinschuldners vergrößern kann, soweit Vermögensverschiebungen zwischen Konzemeinheiten, die innerhalb eines be­ stimmten Zeitraumes stattgefunden haben oder die an bestimmte Modalitäten gebunden waren, anfechtbar und damit rückführbar sind. Dabei geht es nicht nur um Vermögensverschiebungen auf der „genealogischen Linie“3, also von der Ge­ meinschuldnerin zum Mutterunternehmen, sondern (gerade) auch um den Vermö­ gensfluß von der Gemeinschuldnerin zugunsten der Konzemschwester. Allgemein formuliert ist mithin das Potential der vom Konkursrecht zur Verfügung gestellten Anfechtungsregeln mit besonderem Blick auf die Einbettung des Gemeinschuld­ ners in einen Konzern daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie dazu beitragen können, daß der Konkursverwalter die Haftungsmasse des Gemeinschuldners mög­ lichst effektiv vergrößern kann. Wenngleich mittlerweile das Interesse an dieser Fragestellung zu erwachen beginnt4, liegen bislang keine umfassenderen Arbeiten vor, die sich auf einer all­ 1 BGHZ 72, 39, 41; BGHZ 101, 286, 288; BGHZ 128, 184, 194; Jauernig, 221 f.; Baur/Stürner, Rn. 18.18; Häsemeyer, 420 f.; vgl. aber auch dens., KTS 1982, 537 f. und C. Paulus, AcP 155 (1956), 319 ff. zur Gegenansicht; ausführlich zu den verschiedenen Auffassungen Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 2 ff. und 20 ff. 2 Statt aller Jauernig, 221. 3 So pointiert C. Paulus, ZIP 1996,2146. 4 Siehe neuestens C. Paulus, ZIP 1996,2141; Dellinger, ZIK 1996,149 ff.

gemeineren Basis mit den Möglichkeiten und Besonderheiten der Anfechtung konzerninterner Rechtshandlungen beschäftigen5. Dabei ist die erhebliche Rele­ vanz der Anfechtungsrechte im Konzern offensichtlich. Sie erschließt sich sofort, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es gerade ein herausragendes Charakteristi­ kum von Konzernen ist, daß viele Geschäfte der einzelnen Konzernunternehmen konzernintern von statten gehen und sie damit grundsätzlich nicht den Bedingun­ gen des (externen) Marktes unterliegen. Das fuhrt dazu, daß im Wege der konzemintemen Geschäfte häufig Vermögensverschiebungen erfolgen, die sich zuun­ gunsten der betreffenden Tochtergesellschaft auswirken und sich im Konkurs als eine Verringerung der Haftungsmasse darstellen. Hier können nun breitflächig die konkursrechtlichen Anfechtungsvorschriften eingreifen, weil zentraler Anknüp­ fungspunkt des Anfechtungsrechts der Begriff der „Rechtshandlung“ ist6. Auf­ grund der Weite des Verständnisses dieses Tatbestandsmerkmals sind nahezu alle Transaktionen innerhalb eines Konzerns derartige „Rechtshandlungen“ und unter­ liegen damit der Anfechtbarkeit7. Damit können etwa so typische konzerninterne Geschäfte von den Anfechtungsregeln erfaßt werden, wie Lieferungen von Waren eines Konzernunternehmens an ein anderes zu sogenannten „Konzemverrech­ nungspreisen", die Vereinbarungen zur Erbringung von Leistungen (weit) unter Marktpreis, die unentgeltliche Vornahme von Dienstleistungen oder die unentgelt­ liche Überlassung von Produktionsmitteln, der Verzicht auf lukrative Geschäfte eines Konzernunternehmens zugunsten eines anderen oder die Vermittlung von know-how oder Forschungsergebnissen8. Allgemein ausgedrückt können mit den Anfechtungsmöglichkeiten diejenigen Vermögensverschiebungen innerhalb eines Unternehmensverbundes angefochten und günstigenfalls rückgängig gemacht werden, die in einer bestimmten Zeit vor Eröffnung des Konkurs- bzw. des Insol­ venzverfahrens vorgenommen wurden (§§ 29, 36 KO; 129 InsO). Als problema­ tisch stellt sich in der Praxis allerdings immer wieder heraus, daß die Anfech­ tungsbestimmungen wegen ihrer subjektiven Voraussetzungen hinsichtlich des Anfechtungsgegners oft nur schwer zu verwirklichen sind. Im nachfolgenden Abschnitt soll daher untersucht werden, ob sich hinsichtlich des Instrumentariums, das dem Verwalter mit den Anfechtungsrechten an die Hand gegeben ist, aufgrund spezieller Gegebenheiten im Konzern, insbesondere der Abhängigkeit der Tochter­ unternehmen von einem Mutterunternehmen, konzemspezifische Besonderheiten ergeben, die die Anfechtungsmöglichkeiten in Bezug auf konzerninterne Transak­ tionen von der allgemeinen Anwendung der Anfechtungsrechte unterscheiden. 5 Vgl. Scheel, Konzeminsolvenzrecht; Tschemig, Haftungsrechtliche Probleme der Konzem­ insolvenz. Beide Disserationen nehmen zwar den Konkurs eines Konzernunternehmens als Ausgangspunkt, sprechen aber allenfalls nur am Rande die konkursrechtlichen Anfechtungsrechte an; anders dagegen Killinger, der allerdings nur einen, wenn auch bedeutenden, Teilaspekt aus insolvenzrechtlicher Sicht behandelt, und nur en passant die Bedeutung für den Konzern abhandelt. 6 Dazu sofort unten unter 2. 7 Ganz deutlich C. Paulus, ZIP 1996, 2146. 8 Zu den Beispielen C. Paulus, ZIP 1996,2146.

Damit hätte man dann ein effektives Mittel, die Massearmut zu verringern und damit die Befriedigung der durch den Konkurs enttäuschten Gläubiger des abhän­ gigen Unternehmens zu maximieren9. Da jede einzelne Anfechtungsmöglichkeit grundsätzlich einen anderen Aspekt von Vermögensverschiebungen innerhalb des Konzerns betreffen kann, werden die jeweiligen Anfechtungstatbestände entsprechend einzeln behandelt. Die Untersu­ chung hat drei Schwerpunkte, die sich aus der jeweiligen Relevanz für konzem­ interne Transaktionen ergeben, nämlich die Insideranfechtung, die Anfechtung unentgeltlicher Verfügung („Schenkungsanfechtung“) und die sogenannten „be­ sonderen“ Konkursanfechtungstatbestände. Das Augenmerk liegt dabei im wesent­ lichen auf den aus dem Konzemverhältnis resultierenden Besonderheiten und Abweichungen vom „Normalfall". Gleichsam vor die Klammer gezogen wird der Vollständigkeit halber allerdings zunächst eine knappe Skizze der beiden wichtig­ sten allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen, die im Falle einer jeden Anfech­ tung vorliegen müssen, damit der Konkursverwalter überhaupt zum Erfolg kommen kann: die Rechtshandlung und die Gläubigerbenachteiligung. An diesen beiden Voraussetzungen scheitern Anfechtungen in der Praxis freilich nur in selte­ nen Ausnahmefallen, weil sie im Laufe der Entwicklung immer weiter gefaßt worden sind10, um die Anfechtungstatbestände möglichst effektiv gegen die Massenarmut der Gemeinschuldner einsetzen zu können11. Wenn man den Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens aus der Perspektive der konzernexternen Gläubiger betrachtet, dann ist die Vergrößerung der Haftungsmasse mittels der Konkursanfechtungsvorschriften zwar die mit Abstand wichtigste aber nicht die einzig vorstellbare konkursrechtliche Methode zur Vergrößerung der Befriedigungschancen der konzernexternen Gläubiger. Dies kann, wie in der Einleitung bereits dargelegt, nämlich - mittelbar - auch dadurch erreicht werden, daß die Zahl der Gläubiger, die aus der Verteilungsmasse befrie­ digt werden müssen, verringert wird oder aber bestimmte Gläubigergruppen in ihrem Rang der Befriedigung zugunsten anderer Gläubiger umgeordnet werden. Im Anschluß an die Analyse der Konkursanfechtungsregeln soll deshalb untersucht werden, ob und ggf. in welchem Umfang und mit welcher Begründung bestimmte Konkursforderungen, insbesondere die Forderungen anderer Konzemteileinheiten, im Rang zurückgestuft oder gar überhaupt nicht an der Verteilung der Masse teil­ nehmen dürfen.

9 Vgl. den Hinweis von Uhlenbruck, KTS 1986,420, daß viele Konkursverwalter die sich aus dem Zusammenspiel von konkursrechtlichem Anfechtungsrecht und Konzernen ergebenden Haftungsansprüche noch nicht erkannt haben; vgl. auch K. Schmidt, JZ 1985, 307; C. Paulus, ZIP 1996,2146. 10 Siehe C. Paulus, ZIP 1996,2146 mit Beispielen. 11 Vgl. allgemein dazu Häsemeyer, 425 ff.

II. Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen 1. Rechtshandlung Nach § 29 KO/§ 129 I InsO richten sich Anfechtungen gegen Rechtshandlungen, genauer: gegen die Wirkungen der Rechtshandlungen12. Der Begriff der Rechts­ handlung ist in der KO als auch in der InsO gleichermaßen weit auszulegen13. Rechtshandlung ist dennoch jedes vorkonkursliche Handeln, das eine rechtliche Wirkung auslöst. Hierzu gehören Verfügungen, Willenserklärungen und rechts­ geschäftsähnliche Handlungen14. Wann eine solche Rechtshandlung als vorge­ nommen gilt, wird in der KO im Gegensatz zur InsO nicht geregelt. Die in der Literatur und Rechtsprechung zur Bestimmung dieses Zeitpunktes vorgenommene Definition15 ist nunmehr in § 140 InsO gesetzlich verankert worden. Danach gilt eine Rechtshandlung erst mit Eintritt ihrer Wirkung (Ausnahme nach § 140 III InsO: bedingte oder befristete Rechtsgeschäfte, bei denen der Eintritt der Bedin­ gung oder Befristung außer Betracht bleibt) und bei eintragungspflichtigen Rechts­ handlungen mit Einreichen des Eintragungsantrages als vorgenommen. Handelt es sich um nach Verfahrenseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen, so bedarf es nur noch in den Ausnahmefallen, die in §§42 KO, 147 InsO geregelt sind, einer Anfechtung. In den anderen Fällen sind bereits von Gesetzes wegen unwirksam (§§ 7,15 KO; 81, 91 InsO).

2. Gläubigerbenachteiligung Die Rechtshandlung muß eine objektive Gläubigerbenachteiligung in ihrer Ge­ samtheit zur Folge haben, damit der Konkursverwalter sie anfechten kann (vgl. § 129 I InsO16). Gemeint ist damit, daß sich die Befriedigungsmöglichkeiten aus der Masse ohne das anfechtbare Verhalten günstiger gestaltet hätten, die Befriedi­ gung der Gläubigergesamtheit also vereitelt, erschwert oder verkürzt worden ist17. Die anfechtbare Handlung muß demnach die Masse verringert und damit die Haf­ tungssubstanz vermindert haben. Maßgeblich bei dieser Bewertung ist stets eine wirtschaftliche Betrachtungsweise18. Um die Masse durch eine möglichst weitgrei­ 12 Jauernig, 225; Braun/Uhlenbruck, 356 f.; Henckel, in: Kölner Schrift, 661 f. 13 Für die KO siehe Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 8 ff.; Kuhn/Uhlenbruck, § 29, Rn. 6 ff.; Häsemeyer, 1. Aufl., 460 ff. fiir die InsO vgl. statt aller Bork, Rn. 206; Häsemeyer, 431 ff.; Holzer, WiB 1997, 733. 14 BGH WM 1975, 1182, 1184. 15 Siehe BGH NJW 1995, 1671; BGH NJW 1996, 463 und aus der Literatur statt aller Jauernig, 225; Häsemeyer, 187 f. und 431 ff. 16 Dazu vgl. statt vieler Holzer, WiB 1997,733 f. 17 BGHZ 124, 76, 78 f.; Huber, in: InsHdb, § 48, Rn. 29; Braun/Uhlenbruck, 357; Jauernig, 339. 18 BGHZ 86, 349, 355; Jauernig, 226; Baur/Stürner, Rn. 18.18.

fende Anfechtungsmöglichkeit vergößem zu können, wird nicht nur die unmittel­ bare Gläubigerbenachteiligung erfaßt, sondern, um Umgehungsmöglichkeiten aus­ zuschließen, auch die mittelbare Gläubigerbenachteiligung19. In die Gruppe der unmittelbaren Benachteiligung fallen Handlungen, in denen der Schuldner keine oder nur eine unzureichende Gegenleistung erhalten hat, oder solche, wo er für eine unentgeltlich zu erbringende Leistung eine Gegenleistung versprochen oder gewährt hat20. Soweit das Gesetz nichts anderes sagt, reicht auch jeder Nachteil für die Gläubiger aus, der erst nach Abschluß der Rechtshandlung durch das Hinzu­ treten weiterer Umstände entsteht. Das kann der Fall sein, wenn sich die Wertrela­ tion zwischen Leistung und Gegenleistung mittlerweile zu Lasten der Masse verändert hat21. 3. Kausalität

Sowohl nach dem Anfechtungsrecht der KO als auch der InsO muß zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Verkürzung des Gläubigerzugriffs ein kausaler Zusammenhang bestehen. Das wird dann angenommen, wenn die Gesamtheit der Gläubiger ohne das vorgenommene Tim oder Unterlassen eine günstigere Befriedigungsmöglichkeit gehabt hätten22. Bei der unmittelbaren Benachteiligung ergibt sich dies bereits aus dem Inhalt des Rechtsgeschäft, während es bei einer mittelbaren Benachteiligung genügt, daß zu der Handlung adäquat kausal Umstände hinzutreten, die schließlich der Benachteiligung erge­ ben23.

III. Anfechtung gegen Insider 1. Einleitung Einen breiten Wirkungsgrad würde eine Anfechtungsmöglichkeit des Konkurs­ verwalters erreichen, wenn bestimmte konzerninterne Transaktionen möglicher­ weise schon aus dem Grund (erleichtert) angefochten werden könnten, weil sie gerade zwischen zwei Unternehmen desselben Konzerns stattgefunden haben. Diese Möglichkeit wird unter dem Stichwort der Anfechtung gegen Insider erör­

19 20 21 22 23 734.

Ausführlich Häsemeyer, 425 ff. Vgl. BGH NJW 1995, 1093 f. BGHZ 124, 76, 79. Siehe etwa BGH WM 1979, 776,778; BGH ZIP 1989, 785,786; Braun/Uhlenbruck, 357. BGH ZIP 1986, 787, 788; BGH ZIP 1980, 346, 347; zur InsO vgl. etwa Holzer, WiB 1997,

tert24. Der Diskussion, ob allein der Umstand, daß Transaktionen, die der jetzige Gemeinschuldner innerhalb einer bestimmten Frist vor Verfahrenseröffnung mit einem mit ihm verbundenen Unternehmen vorgenommen hat, möglicherweise für eine Anfechtung des Konkursverwalters ausreichen soll, liegt folgende Ausgangs­ überlegung zugrunde: Insolvenzen entwickeln sich in der Regel langsam und sind häufig durch bestimmte Signale, wie etwa der Zahlungsstockung25, erkennbar oder zumindest zu erahnen. Dies hängt jedoch von Informationen ab, und die dazu not­ wendigen Informationen sind nicht allen Gläubigem zur gleichen Zeit und in glei­ chem Maße zugänglich. Die möglichst frühzeitige Erkennbarkeit der Signale ist jedoch Voraussetzung für bestimmte Sicherungsvorkehrungen, die ein Gläubiger zum Schutz seiner Forderung ergreifen kann. Einige Personen oder Personengrup­ pen haben aus verschiedenen Gründen einen Informationsvorsprung hinsichtlich der konkursrelevanten Informationen, insbesondere der wirtschaftlichen Verhält­ nisse des Unternehmens. Damit ist es ihnen zum Teil besser möglich, einen bevor­ stehenden Zusammenbruch zu prognostizieren, nämlich schon zu einem Zeitpunkt, bevor durch die Zahlungseinstellung oder einen Konkursantrag der Zusammen­ bruch für alle sichtbar wird26, so daß sie in der Wahrung ihrer Vermögensposition den anderen Gläubigem überlegen sind. Zur Kennzeichnung dieser Gruppe ist aus dem Börsenrecht der Begriff des Insiders27 entlehnt worden. Im geltenden Recht gibt es keine Norm, welche Anfechtung von Insiderge­ schäften regelt. Allerdings findet sich der Gedanke, daß eine Erleichterung der Anfechtung dann möglich sein muß, wenn bestimmte Personen in einem Nähever­ hältnis zueinander stehen in § 31 Nr. 2 KO. Dort werden insoweit die Ehegatten und nahe Angehörige als „Insider“ angesehen und hinsichtlich der entgeltlichen Verträge mit ihnen die Konkursanfechtung dadurch erleichtert, daß das Vorliegen der - im einzelnen schwer nachzuweisenden - subjektiven Tatbestandsmerkmale der Anfechtungstatbestände28 für bestimmte Fälle vermutet wird. So wird ange­

24 Siehe die Monographie zu diesem Thema von Killinger und Biehl; ferner: Uhlenbruck, GmbHR 1986, 109; Lutter, in: FS Werner, 484; Ehricke, KTS 1996, 209; Häsemeyer, 435 f.; vgl. auch 1. Bericht der Insolvenzkommission, Leitsatz 5.2.6. zum Reg.Entw. §§ 153-155. 25 Daß die Zahlungsstockung im Sinne von „vorübergehendem Geldmangel“ nicht gleich­ bedeutend mit der Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund ist, sondern nur ein Vorbote einer möglicherweise demnächst eintretenden Zahlungsunfähigkeit ist, versteht sich von selbst; vgl. BGHZ 118, 171, 174; BGH NJW 1995, 1670. Darüber hinaus vgl. dazu ausführlich M. Kühn, 116 ff.; Maus, in: InsHdb, § 2, Rn. 17 ff; App, JurBüro 1996, 177. 26 Siehe Killinger, 22; Uhlenbruck, Gläubigerberatung in der Insolvenz, 47 ff. 27 Zum Insiderbegriff im Börsenrecht siehe Schwark, Einl., Rn. 36 f. 28 Dieses Problem ist bekanntermaßen einer der Gründe, warum viele Konkursanfechtungen im Ergebnis erfolglos bleiben oder wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussichten gar nicht erst in Gang gebracht werden; vgl. etwa die Erwägungen in: Erster Bericht der Kommission für Insol­ venzrecht, 399 ff; Hanisch, ZZP 90 (1979), 1 (21 ff); Hax/Marschdorf, BFuP 1983, 112 ff; K. Schmidt, Betriebswirtschaft!. Blätter 1984, 23 ff; ders., ZGR 1986, 204 f.; Henckel, ZZP 97 (1984), 375 ff; in einem weiteren Zusammenhang vgl. kritisch Uhlenbruck, NJW 1975, 897 ff, insbes. 901; Kilger, KTS 1975, 189 ff

nommen, daß der Gemeinschuldner jedenfalls dann mit einer Benachteiligungsab­ sicht gehandelt habe, wenn er innerhalb des letzten Jahres vor Verfahrenseröffnung mit dem Ehegatten bzw. den nahen Angehörigen unmittelbar benachteiligende Verträge abgeschlossen hat. Zudem wird die Kenntnis des Ehegatten bzw. der nahen Angehörigen von der Benachteiligungsabsicht vermutet29. Damit kommt zum Ausdruck, daß Ehegatten und nahe Angehörige von Gesetzes wegen „sus­ pekt“ sind30. Wegen ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verbundenheit wird vermutet, daß sie eher bereit seien als andere, mit dem späteren Gemeinschuldner Verträge zum Schaden seiner Gläubiger abzuschließen31. § 31 Nr. 2 KO enthält nach nunmehr wohl einhelliger Auffassung32 allerdings keinen selbständigen Anfechtungstatbestand, sondern regelt nur die Umkehr der Beweislast für Verträge mit den Insidern, die nach § 31 Nr. 1 KO anfechtbar sind33. Diese Erleichterung der Anfechtung könnte auch für konzerninterne, entgeltliche Verträge nutzbar gemacht werden, wenn und soweit das Konzernunternehmen, welches Empfänger der Leistung der späteren Gemeinschuldnerin gewesen ist, im Verhältnis zu jener ebenso als Insider qualifiziert werden könnte, wie es für die Ehegatten und nahe Angehörigen von Gemeinschuldnem, die natürliche Personen sind, nach § 31 Nr. 2 KO vorgesehen ist.

2. Adressatenkreis

a) Grundsatz In der Praxis hat es sich als unzureichend herausgestellt, nur die ausdrücklich von § 31 Nr. 2 KO erfaßten natürlichen Personen in den Blick zu nehmen. Juristische Personen haben zwar keine Verwandte, Verschwägerte oder Ehegatten, doch beste­ hen dort die gleichen Gefahrenlagen im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern und deren Angehörigen34 wie bei natürlichen Personen. Auch dort gibt es Nähe­ beziehungen zu dem späteren Gemeinschuldner, die in ihrer Intensität familiären Beziehungen natürlicher Personen in nichts nachstehen und vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen durchaus viel enger sein können als jene. Ebenso gibt es im Verhältnis zu einer GmbH auch Personen oder Personengruppen, die gestei­ gerte Informationsmöglichkeiten über die Intema der Gesellschaft haben. Daher 29 Vgl. statt aller Kuhn/Uhlenbruck, §31, Rn. 16; Jaeger(-Henckel), §31, Rn. 18 ff.; Kilger/K. Schmidt, § 31, Anm. 5; Baur/Stürner, Rn. 19.15. 30 Gerhardt/Kreft, 103. 31 BGH NJW 1966,760. 32 Einzig Kilger, § 31, Anm. 1 hatte eine andere Auffassung, die jetzt wohl aufgegeben worden ist: siehe Kilger/K. Schmidt, § 31, Anm. 9. 33 Kuhn/Uhlenbruck, §31, Rn. 16; Jaeger(-Henckel), §31, Rn. 24; Häsemeyer, l.Aufl., 490 f.; 462 f. 34 Siehe u.a. Kilger/K. Schmidt, §31, Anm. 13; Jaeger(-Henckel), §31, Rn. 35; Gerhardt/ Kreft, 104.

wären Gesellschafter und ihre Angehörigen gegenüber Verwandten, Verschwä­ gerten und Ehegatten von natürlichen Personen hinsichtlich der erleichterten Anfechtung im Konkurs bevorzugt, wenn sie ihnen nicht grundsätzlich gleichge­ stellt würden. Das wiederum wäre eine Privilegierung von juristischen Personen, die rechtspolitisch problematisch ist35 und wohl kaum gerechtfertigt werden könnte. Daher haben Rechtsprechung und Lehre im Rahmen des § 31 Nr. 2 KO die Grundsätze, die für natürliche Personen gelten, zunächst auf die Einmann-GmbH36 und dann auf die Mehrpersonengesellschaft übertragen37. Bei der Übertragung des Status eines nahen Angehörigen auf die Gesellschafter einer GmbH oder einer AG ergibt sich jedoch das Problem, daß es zu weit fuhren würde, jeden Anteilseigner oder einen seiner nahen Angehörigen als einen Ange­ hörigen der Gesellschaft zu bezeichnen38. Das hätte nämlich zur Folge, daß die Erleichterung der Anfechtung gegen Insider wegen der Gefahr von Vermögensver­ Schiebungen zu Lasten der Gläubiger in Wirklichkeit in eine Erleichterung der Anfechtung aller entgeltlichen Verträge der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern münden würde und auch diejenigen Gesellschafter beträfe, die im wesentlichen einflußlos sind.

b) „ Nahe " Angehörige Für die Frage, wo die Grenze gezogen werden kann, ist es bedeutsam, daß unter § 31 Nr. 2 KO nicht etwa jeder Verwandte fallt, sondern nur nahe Verwandte. Eine derartige Qualifikation personeller Verbundenheit, wie sie bei natürlichen Perso­ nen ihren Ausdruck findet, läßt sich aber nur mittelbar auf juristische Personen übertragen. „Nähe“ ist dort lediglich insoweit festzumachen als es sich um ein Merkmal handelt, das bestimmte Gesellschafter im Vergleich zu den anderen heraushebt. Neben der Möglichkeit, bestimmte Informationen zu erhalten, wird die „Nähe“ zusätzlich dadurch geschaffen, daß die Gesellschafter aufgrund ihres Anteilsbesitzes im weitesten Sinne Einflußmöglichkeiten auf die Belange des Unternehmens haben. Diese Kombination aus einem Informationsvorsprung auf­ grund der besonderen Verbindung zum Unternehmen und der Möglichkeit, auf 35 Vgl. Jaeger(-Henckel), §31, Rn. 35; Risse, KTS 1983, 73 ff.; Hess/Kropshofer, §31, Rn. 26; Rausch, 231 f.; Häsemeyer, 462 f. 36 Siehe KG KuT 1931, 158; vgl dazu auch Lent, KTS 1958, 132; zur Entwicklung der Recht­ sprechung vgl. den kursorischen Überblick bei Hess/Kropshofer, §31, Rn. 26. 37 Siehe BGHZ 58, 20, 23 ff.; BGHZ 96, 352, 357; BGH ZIP 1990, 459. Der BGH stützt seine Überlegungen dabei insoweit fälschlicherweise im wesentlichen auf § 108 II VglO (siehe Jaeger (-Henckel), § 31, Rn. 35; Ehricke, KTS 1996, 214. Vgl. ferner OLG Nürnberg, KTS 1960, 40; LG Frankfurt/M, ZIP 1994, 1794, 1796 LG Aachen, ZIP 1995, 1837; vgl. aus der älteren Literatur schon Scholz, GmbHR 1934, 851 ff.; Kalter, KTS 1955, 60; siehe zudem Jaeger(-Henckel), § 31, Rn. 35; Kilger/K. Schmidt, §31, Anm. 9; Kuhn/Uhlenbruck, §31, Rn. 24 f.; Hess/Kropshofer, §31, Rn. 26. 38 Bedenken auch bei Gerhardt/Kreft, 106; Huber, in: InsHdb., § 50, Rn. 16, der aber im Ergebnis meint, es sollte diese Frage im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

dessen Belange Einfluß zu nehmen, soll hier als „qualifizierter Informationsvor­ sprung“ bezeichnet werden. Der „qualifizierte Informationsvorsprung“ setzt voraus, daß der betreffende Gesellschafter einen Informationsvorsprung gegenüber den anderen Gesellschaftern hat, mit dem er in der Lage ist, unternehmerischen Einfluß zu erlangen, der über das hinausgeht, was jedem Gesellschafter zusteht. In der AG ist dies der Fall, wenn ein Aktionär mehr als 25% der Aktien hat (vgl. §179 II AktG), während bei der GmbH diese Grenze bei mindestens 10% der Anteile liegt (vgl. §§ 53 II und 50 GmbHG)39. In Konzernen sind also diejenigen Konzernunternehmen „nahe Angehörige“ des Gemeinschuldners, die einen sol­ chen Anteilsbesitz an der bankrotten Gesellschaft inne haben. Daraus folgt unmit­ telbar, daß nicht nur die Konzemmutter, sondern eventuell auch Konzern­ Schwestern den erleichterten Anfechtungsmöglichkeiten der Insideranfechtung unterliegen können und damit die Tür für einen horizontalen Ausgleich in Kon­ zernen geöffnet ist40.

3. Konzernunternehmen als Insider

Zu den Personen, die als Insider zu qualifizieren sind, obwohl sie keinen Anteil von mehr als einem Viertel zu haben brauchen und sogar nicht einmal notwendi­ gerweise Gesellschafter der Gemeinschuldnerin sein müssen, zählen die Unter­ nehmen eines Konzerns, in welchem über das Vermögen eines Konzemteils das Konkursverfahren eröffnet worden ist41.

a) Das Insiderverhältnis von dem herrschenden zum abhängigen Unternehmen Völlig unproblematisch stellt sich die Situation bei dem Verhältnis der Mutter­ gesellschaft zu einer in Konkurs gefallenen Tochtergesellschaft dar; sie ist gleich­ sam das Leitbild des Insiders. Kraft ihres Beherrschungsverhältnisses hat sie näm­ lich, ggf. auch ohne Anteilsbesitz, einen relevanten Informationsvorsprung, da sie - bildlich gesprochen - Herrin aller wesentlichen Informationen ist. Zudem ist die Beziehung zwischen dem abhängigen und dem herrschenden Unternehmen auf­ grund ihrer gesellschaftlichen Verbundenheit ganz besonders dazu geeignet, Vermögensmassen des abhängigen Unternehmens vor der Konkurseröffnung zu verschieben, ohne daß sie demjenigen Vermögensbereich „verloren“ gehen, dem das abhängige Unternehmen vormals schon angehörte. In diesem Zusammenhang

39 Eingehend Ehricke, KTS 1996, 216 f. m.w.N. 40 Siehe C. Paulus, der dies mit Recht als einen wesentlichen Vorteil der Anfechtungsregeln zum herkömmlichen Konzemhaftungsrecht bezeichnet, ZIP 1996,2141. 41 Speziell zur Insideranfechtung im Konzern siehe Killinger, 172 ff.; Lutter, in: FS Werner, 484 ff.; Uhlenbruck, GmbHR 1987, 41 f.; vgl. auch die Einbeziehung von Konzernunternehmen in den Insiderbegriff im US-amerikanischen Recht: In sect. 101 (25) Bancruptcy Code (1983) heißt es: „ ‘insider" includes (...) afßliate, or insider ofan affiliate as ifsuch affiliate werde the debtor.^

ist darauf hingewiesen worden, daß dem herrschenden Unternehmen sogar grund­ sätzlich unterstellt werden könne, ein Interesse daran zu haben, ein von ihr abhän­ giges Unternehmen auszuschlachten, bevor es den Gläubigem überlassen wird. Durch die Herrschaftsmacht könne das herrschende Unternehmen das abhängige Unternehmen jedenfalls dazu zwingen, seinem diesbezüglichen Willen zu entspre­ chen42. Insoweit kennt das herrschende Unternehmen notwendigerweise die Benachteiligungsabsicht der Leistung durch die spätere Gemeinschuldnerin an sich, weil die betreffende Rechtshandlung gerade auf seine eigene Initiative zurückgegangen ist. Das gleiche gilt aufgrund der durch die Stellung des herr­ schenden Unternehmens vermittelten Einflüsse auf die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens auch hinsichtlich der Kenntnis des materiellen Kon­ kursgrundes43. b) Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen untereinander als Problem der Wissenszurechnung im Konzern

aa) Sehr viel schwieriger zu beurteilen ist jedoch die Frage, ob die Schwester­ unternehmen allein wegen ihrer Zugehörigkeit zum Konzern, also auch ohne oder nur mit geringem Anteil44, als Insider zu betrachten sind. Voraussetzung dafür wäre, daß sie im Verhältnis zu den betreffenden Tochterunternehmen einen „quali­ fizierten Informationsvorsprung“ haben. Hinsichtlich des Insiderwissens liegt es zunächst durchaus nahe anzunehmen, daß alle Unternehmen innerhalb eines Konzerns hinsichtlich der jeweils anderen Unternehmen einen Informationsvorsprung haben, der daraus resultiert, daß sie alle miteinander durch die Herrschaft des Mutterunternehmens verbunden sind und damit einer einheitlichen Willensbildung und Willensdurchsetzung durch das herr­ schende Unternehmen unterworfen sind. Das könnte es rechtfertigen, Schwester­ unternehmen als Insider zu bezeichnen und ihnen damit untereinander die jeweili­ gen Absichten, die Kenntnis vom materiellen Konkursgrund oder über den Eintritt der Krise zuzurechnen45. Allerdings ist es, insbesondere im Hinblick auf weitver­ zweigte und/oder locker strukturierte Konzerne nicht möglich, im Verhältnis zweier abhängiger Schwestern ohne weiteres zu unterstellen, daß ein Unternehmen besondere Informationsmöglichkeiten über die wirtschaftlichen oder sogar über die strukturellen Intema des anderen besitzt46. Eine Insiderstellung eines Tochterunter­ nehmens im Hinblick auf ein Schwesterunternehmen ließe sich deshalb nur dann 42 So Killinger, 173; vgl. auch Kuhn/Uhlenbruck, § 31, Rn. 25. 43 Killinger, 173; Ehricke, KTS 1996, 219; ähnlich auch Lutter, in: FS Werner, 486. 44 Als ein geringer Anteil soll hier angesehen werden weniger als 10%, wenn die Gemein­ schuldnerin eine GmbH ist [vgl. dazu auch die Novellierung des § 32a III GmbHG: dazu unten § 4, I. Teil, B. II 1], bzw. 25% oder weniger, wenn die Gemeinschuldnerin eine AG ist; vgl. auch Rausch, 279 ff. 45 So Killinger, 174. 46 Siehe Begründung zu § 154 I Nr. 3 ElnsO, abgedruckt in Uhlenbruck, 486.

begründen, wenn man den einzelnen abhängigen Unternehmen in einem Konzern jeweils das Insiderwissen der gemeinsamen Muttergesellschaft zurechnen könnte. Die Frage des Insiderwissens von Schwesterunternehmen stellt sich damit als ein Anwendungsfall der Wissenszurechnung im Konzern dar. bb) Damit ist ein grundlegendes Problem angesprochen, dessen Lösung nicht nur für diesen Zusammenhang wichtig ist, sondern allgemein für die Einstands­ pflichten von Konzernunternehmen im Konkurs eines abhängigen Unternehmens desselben Konzerns von ganz entscheidender Bedeutung ist. Allgemein formuliert geht es um die Frage, ob sich ein Unternehmen in einem Konzern die Kenntnis der anderen Schwesterunternehmen über rechtserhebliche Umstände als eigene zurech­ nen lassen muß. In der Praxis ist es bei eng verwobenen Konzernen nicht selten der Fall, daß die einzelnen Unternehmen - oft über Personalunion in den Organen gegenseitig positive Kenntnis über deren jeweilige Intema haben; je lockerer aber der Konzern gestaltet ist, desto weniger kann man allerdings davon ausgehen, daß die Schwestern untereinander mehr Kenntnisse über sich haben als andere Akteure auf dem Markt auch. Das gilt besonders in den Fällen von Mischkonzemen, wo einzelne Tochterunternehmen in ganz unterschiedlichen Marktsegmenten tätig sind. Eine Behauptung dergestalt, daß bestimmtes Wissen einer Tochtergesell­ schaft in einem Konzern ihren Schwestern nahezu automatisch bekannt ist, läßt sich daher nicht aufstellen. Allerdings könnte man annehmen, daß aufgrund der Abhängigkeit aller Schwestern von derselben Muttergesellschaft bestimmtes Wissen einer Tochter den anderen zwar nicht unmittelbar bekannt ist, wohl aber „über das Dreieck“, also über die positive Kenntnis der Muttergesellschaft, zugerechnet werden kann. Die Hypothese lautet: Ein Konzernunternehmen mag zwar nur allein aufgrund der Zugehörigkeit zum selben Unternehmensverbund nicht notwendigerweise Kenntnisse über (rechtserhebliche) Umstände haben, die ihre Schwesterunternehmen betreffen, es muß sich aber das Wissen des (gemein­ samen) Mutterunternehmens über die betreffenden Umstände als eigene zurechnen lassen. Mit dieser Hypothese ist ein Teilausschnitt aus dem Gesamtkomplex der Wissenszurechnung angesprochen, bei dem es im wesentlichen darum geht, wann einem Rechtssubjekt die Kenntnis rechtserheblicher Umstände zugerechnet werden kann. Die Rechtsprechung und Literatur haben sich dieses Themas bislang meist nur bezüglich der juristischen Person angenommen47; Wissenszurechnung im 47 Siehe aus der neueren Literatur etwa W. Schultz, NJW 1996, 1392; Scheuch, GmbHR 1996, 828; Medicus, Beilage zu VersR 1994, 1; Taupitz, Beilage zu VersR 1994, 16; Grunewald, FS Beusch, 301; Waltermann, AcP 192 (1992), 181; K. Schmidt, GesR, 292 ff.; ders., Beilage zu VersR 1993, 4; Bohrer, DNot 1991, 124; M. Schultz, NJW 1990, 477; Wiedemann, Unter­ nehmensgruppe, 23 ff.; Tintelnot, JZ 1989, 799 ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 127 ff.; Westerhoff, Organ und (gesetzlicher) Vertreter, 60 ff.; Baumann, ZGR 1973,284; G. Paulus, in: FS Michaelis, 215 ff.; Richardi, AcP 169 (1969), 385; vgl. in weinem weiteren Zusammenahng auch Bork, ZGR 1994, 237 ff., insbes. 255 f. Aus der Rechtsprechung vgl. BGH WM 1959, 81, 84; BGHZ 20, 149, 153; BGHZ 41, 282, 287; BGH NJW 1984, 1953; BGH BB 1989, 1641; BGH

Konzern ist dagegen nur vereinzelt vertieft erörtert worden48. Möglicherweise könnte sie aber nach denselben Prinzipien erfolgen wie bei der juristischen Person. Als Basis, von der man bei der Wissenszurechnung bei juristischen Personen trotz aller Streitigkeiten im Detail49 - als gesicherte Erkenntnisse ausgehen kann, darf gelten, daß der juristischen Person die Kenntnis aller Organe und (verfas­ sungsmäßig berufenen) Vertreter zuzurechnen ist50. Dabei ist es gleichgültig, ob die Kenntnisse von einem Organmitglied während oder außerhalb seiner Tätigkeit für die juristische Person erworben wurden51, ob das Vertretungsorgan Einzelver­ tretungsmacht oder nur Gesamtvertretungsmacht hat. Auch das Wissen von Perso­ nen, die keine Organe oder Vertreter der juristischen Personen (mehr) sind, kann unter Umständen einer juristischen Person als eigenes Wissen zugerechnet werden52. Damit kommt man zu der Gleichung, daß die Addition der Kenntnisse der Organe und Vertreter der juristischen Person gleich dem Wissen der juristi­ schen Person ist53. Allerdings wird hiermit nur die vertikale Wissenszurechnung abgedeckt. Sehr viel problematischer und für den hier interessierenden Zusam­ menhang wichtiger ist, ob diese Gleichung auch in ihrer Umkehrung gilt, also ob die bei der juristischen Person thesaurierten Kenntnisse über rechtserhebliche Um­ stände auch gleichzeitig den Organen und Vertretern als ihr eigenes Wissen zuzu­ rechnen ist. Anders gewendet: Darf sich ein Organ oder ein Vertreter einer juristi­ schen Person darauf berufen, er habe über einen bestimmten rechtserheblichen Umstand keine Kenntnis gehabt, der ihn beispielsweise hätte bösgläubig werden lassen, obwohl ein anderes Organ oder ein anderer Vertreter der juristischen Person gerade hinsichtlich dieses Umstandes Kenntnis hatte. Insoweit geht es also um die horizontale Wissenszurechmmg54. Dem BGH lag diese Konstellation beispiels­ weise in dem berühmten Sparkassen-Fall55 und im Knieoperations-Fall56 zur Ent­ NJW 1985, 2583; BGHZ 109, 327, 331 f.; BGH NJW 1992, 1099, 1100; BGH NJW 1992, 899, 900; BGHZ 117, 104, 107 ff.; BGH NJW 1993, 2807; BGH ZIP 1995, 1082; BGH ZIP 1996, 500. 48 Siehe Drexl, ZHR 161 (1997), 491 ff.; Bork, ZGR 1994, 255 f.; Ansätze finden sich u.a. bei Rehbinder, 467; Windbichler, 154 f.; vgl. aber in einem weiteren Zusammenhang dazu auch Wiedemann, Unternehmensgruppe, 23 ff. und BGHZ 131, 30 (mit Anm. von Taupitz, JZ 1996, 731) zur Wissenszurechnung in arbeitsteiligen Organisationen. 49 Vgl. den Überlick bei Westerhoff, 61 ff. und bei Waltermann, AcP 192 (1992), 181 ff. 50 K. Schmidt, GesR, 293 f.; Grunewald, FS Beusch, 302 ff.; MüKo BGB(-Schramm), § 166, Rn. 20 ff.; vgl. aber Tintelnot, JZ 1989, 800. 51 Siehe Taupitz, Beilage zu VersR 1994, 24 f. 52 Siehe Grunewald, FS Beusch, 313; M. Schultz, NJW 1990, 477 ff; Waltermann, AcP 192 (1992), 194 ff.; Medicus, Beilage zu VersR 1992, 11 ff.; Taupitz, Beilage zu VersR 1994, 25 f.; K. Schmidt, GesR, 293; MüKo BGB(-Schramm), § 166, Rn. 21a; anders wohl Schilken, Wissens­ zurechnung, 138 f. Vgl. aus der Rechtsprechung BGHZ 109, 327, 331 - dazu Flume, JZ 1990, 550; vgl. auch dens., Jur.Pers., § 11IV 2; BGH NJW 1992, 899, 900; BGH NJW 1992, 1099, 1100. 53 BGH WM 1959, 81, 84; Westerhoff, 65; Schilken, Wissenszurechnung, 127; K. Schmidt, GesR, 293; Scheuch, GmbHR 1996, 830 f. 54 Andeutungsweise finden sich Hinweise bei Tintelnot, JZ 1989, 800. 55 BGHZ 109, 327.

Scheidung vor. Während es im zweiten Fall um die Zurechnung des Wissens ver­ schiedener, konzemverbundener Versicherungsunternehmen ging, spielte im zweiten Fall die Frage eine Rolle, ob sich eine Filiale einer Sparkasse das Wissen einer anderen Filiale über den Konkurs eines gemeinsamen Kündens als eigenes Wissen zurechnen lassen mußte. Die Parallelität der hier aufgeworfenen Frage­ stellung der Kenntniszurechnung der Töchter in einem Konzern ist bis hin zu den terminologischen Übereinstimmungen (Filiale der Bank und Tochter des Kon­ zerns) von frappierender Ähnlichkeit. Unter Beifall in der Literatur56 57 hat der BGH im Sparkassen-Fall die Zurechnung des Wissens unter den Filialen bejaht58. Dies basierte im wesentlichen auf der Überlegung, daß ein Informationsaustausch in den Filialen einer Bank naheliege und der Rechtsverkehr daher davon ausgehen könne, daß die Kenntnis der einen Sparkassenfiliale auch in den Wissensbereich der ande­ ren gedrungen sei. Diese Feststellung des BGH basiert weitgehend auf dem sog. Gleichstellungsargument59: Danach ist das Vorbild für die Wissenszurechung einer juristischen Person das Bild einer natürlichen Person60. Da die juristische Person im Gegensatz dazu als eine fiktive Gestalt kein eigenes Wissen haben kann, muß als Wissen der juristischen Person all das gelten, was die Menschen, die für dieses fiktive Gebilde in Erscheinung treten, also gleichsam ihr Wissen geprägt haben bzw. prägen, an Kenntnissen haben. Entscheidend ist, daß es keine Rolle spielen kann, wie stark die Arbeitsteilung in einer juristischen Person aufgespaltet ist und wie diversifiziert deshalb das Wissen ist61, denn Wissensträger ist die juristische Person als Gesamtheit, unabhängig davon, wieviele Wissensmittler die Basis für das Wissen der juristischen Person gelegt haben. Wer es im rechtlichen Verkehr mit einer juristischen Person zu tun hat, soll nicht schlechter stehen, als hätte er es mit einer natürlichen Person zu tun. Der größere Umfang der Aufgaben, den eine juristische Person möglicherweise hat und der eine interne Teilung des Wissens auf mehrere Personen erfordert, darf deshalb nicht zum Nachteil des Kontrahenten ausschlagen. D. h. die Risiken der Wissensaufteilung muß derjenige tragen, der sie veranlaßt hat und (theoretisch) durch eine Organisation62 beherrschen kann63.

56 BGHZ 123, 224. 57 Siehe etwa Medicus, Beilage zu VersR 1994, 11 f.; MüKo BGB(-Schramm), § 166, Rn. 21a; Grunewald, FS Beusch, 317; Scheuch, GmbHR 1996, 829; K. Schmidt, GesR, 295 f. 58 BGHZ 109,327,331 f. 59 Zum Gleichstellungsargument siehe Medicus, Beilage zu VersR 1994, 15; Canaris, Bank­ vertragsrecht (3. Auf!., 1988), Rn. 800 f.; Flume, JZ 1990, 550; Baumann, ZGR 1973, 184 ff ; Drexl, ZHR 161 (1997), 505 f.; es wird zu Recht als moderne und leistungsfähigere Gegenthese zur Organtheorie verstanden, zur Organtheorie siehe jedoch Richardi, AcP 169 (1969), 388; KK (-Mertens), § 76, Rn. 12. 60 Medicus, Beilage zu VersR 1994, 15 f. 61 Waltermann, AcP 192 (1992), 209; M. Schultz, NJW 1990, 480; MüKo BGB(-Schramm); § 166, Rn. 21a. 62 Zur Bedeutung der Organisation bei der Wissenszurechnung siehe ausführlich Taupitz, Beilage zu VersR 1994, 26 ff.; siehe auch Scheuch, GmbHR 1996, 831 f.

Daher muß sich jede für die juristische Person handelnde Person die rechtlichen Kenntnisse der juristischen Person, also der anderen Wissensträger, zurechnen lassen. Andernfalls käme man zu dem unbilligen Ergebnis, daß diejenigen juristi­ schen Personen privilegiert würden, die ihr Wissen besonders breitgefächert auf­ spalten. Es ist vielmehr das Betriebs- und Organisationsrisiko63 64 einer juristischen Person, ob und wie sie die Weiterleitung von rechtserheblichen Kenntnissen an die einzelnen „Teile“ der juristischen Person tatsächlich gewährleistet65. Gleichwohl bildet dabei nicht etwa die zum Teil vertretene Organtheorie66 die Grundlage der Wissensvertretung, sondern der Verkehrsschutzgedanke67. Fraglich ist, ob trotz der großen Übereinstimmung der Sachverhalte die Sparkassen-Entscheidung und die damit zusammenhängende Begründung der horizontalen Wissenszurechnung auf das Zurechnungsproblem im Konzern übertragen werden darf. Bedenken bestehen besonders deshalb, weil es sich bei den Sparkassenfilialen und Teile eines rechtli­ chen Gesamtgebildes mit einer organisch-einheitlichen Struktur, nämlich einer juristischen Person, gehandelt hat, während ein Konzern eine solche gerade nicht ist. Insoweit könnten möglicherweise die Erkenntnisse der Knieoperations-Ent­ scheidung weiterhelfen.

cc) Eine Übertragung der für die Wissenszurechnung bei juristischen Personen herausgearbeiteten Grundsätze auf den Konzern wäre aber dann möglich, wenn es sich bei diesen in Wirklichkeit nicht um Ergebnisse handelt, die spezifisch nur auf die juristische Person zutreffen, sondern wenn es dabei lediglich um die spezielle Ausprägung eines allgemeinen Prinzips geht, das auch auf den Konzern Anwen­ dung finden kann68. Der Gedanke, daß es sich bei der Wissenszurechnung bei der juristischen Person bloß um einen Anwendungsfall eines allgemeinen Prinzips handeln könnte, wird gestützt von dem Umstand, daß die gleichen Grundsätze der Wissenszurech­ nung auch bei einer Gesamthand Anwendung finden. Obwohl es sich bei der Gesamthand gerade nicht um ein so organisch-einheitliches Gebilde handelt, wie es die juristische Person darstellt, sondern man eher von einer „verbandsrecht-

63 Taupitz, Beilage zu VersR 1994, 51 (Schlußwort); Medicus, Beilage zu VersR 1994, 11 f.; Grunewald, FS Beusch, 301 ff.; Bohrer, DNotZ 1991, 124, 129; Drexl, ZHR 161 (1997), 504 f.; vgl. auch Waltermann, AcP 192 (1992), 181,225 64 Siehe Waltermann, NJW 1993, 893 f.; Taupitz, Beilage zu VersR 1994,26 ff. 65 Vgl. MüKo BGB(-Schramm), § 166, Rn. 21a. Tintelnot, JZ 1989, 80 will diese Frage dahin­ gehend lösen, daß er den Teilen der juristischen Person nur im Rahmen des § 166 II BGB das Wissen anderer zurechnen will; der für den Rechtsverkehr nur wenig durchschaubaren Organi­ sation der juristischen Person will er allenfalls mit einer Beweislastumkehr Rechnung tragen. 66 Siehe etwa Baumann, ZGR 1973,287 ff.; Scheuch, GmbHR 1996, 832 f. 67 BGHZ 131, 30; Drexl, ZHR 161 (1997), 503; vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 106, 800 a. 68 Vgl. aber den Ansatz der Wissenszurechnung im Konzern bei Drexl, ZHR 161 (1997), 507 ff.

liehen Wirkungseinheit“ sprechen kann69, ist dort aber ebenfalls anerkannt, daß das Wissen der Mitglieder und Vertreter das Wissen der Gesamthand konstituiert, so daß reziprok das Wissen der Gesamthand über einen Umstand dem einzelnen Mit­ glied der Gesamthand als eigene Kenntnis zugerechnet werden kann70. Die Begründung erfolgt bei der Gesamthand mit dem entsprechenden Argument wie bei der Wissenszurechnung bei der juristischen Person: es darf nicht das Risiko des Rechtsverkehrs sein, wie diversifiziert das Wissen der Gesamthand ist. Das Risiko muß bei demjenigen verbleiben, der durch seine Organisationsgewalt es in der Hand hält, daß jeder Wissensträger der Gesamthand auch die Kenntnisse der ande­ ren Wissensträger hat. dd) Sucht man nach der „inneren Gemeinsamkeit“, aufgrund welcher in beiden soeben beschriebenen Gebilden das Wissen eines Teils den anderen Teilen als eigenes zugerechnet werden kann, und die den Blick auf ein dahinter stehendes allgemeines Prinzip offenlegt, so stellt man zunächst fest, daß es sich in beiden Fällen um komplexe Organisationen71 handelt, die man auch als „Systeme“ bezeichnen kann72. Auf die organisatorische Ausgestaltung eines solchen Systems kommt es dabei offenbar nicht an: „organisch-einheitlich“ bei der juristischen Person dagegen „organisch-heterogen“ bei der Gesamthand73. Gleichzeitig geht es um die Frage der Beherrschbarkeit der Organisationsbereiche und damit der Infor­ mationsweiterleitung und der Informationsabfrage74. Das Wissen dieser Systeme, das sich aus dem Wissen der Systemteile ergibt, kann man „Systemwissen“ nennen. Nach der hier in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung befür­ worteten Gleichstellungsthese muß sich das System sein Wissen als eines zurech­ nen lassen, unabhängig davon, wie das System als solches und die Wissensauftei­ lung innerhalb des Systems insbesondere organisiert ist. Da die Verteilung des Systemwissens an die Systemteile systemimmanent abläuft, ist es für die Akteure des Rechtsverkehrs, die keine Teile des Systems sind, nicht möglich zu überprüfen, ob ein bestimmter Teil des Systems Kenntnisse über einen speziellen Umstand hat, 69 Staub(-Ulmer), §105, Rn. 41; zu den Theorien um die Gesamhand im einzelnen K. Schmidt, GesR, 203 ff.; vgl. auch Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316; Blomeyer, JR 1971, 397 70 Grunewald, FS Beusch, 303; K. Schmidt, GesR, 293. Speziell zu der Frage der Wissens­ zurechnung bei der GmbH&Co KG siehe BGH ZIP 1995, 500, 502 (kritisch dazu M. Wolf, LM § 166 BGB, Nr. 34); Scheuch, GmbHR 1996, 830; vgl. auch BGH WM 1959, 81, 84. 71 So die Bezeichnung von Grunewald, in: FS Beusch, 301. 72 Diese Bezeichnung geht zurück auf Weyers in seinem Diskussionsbeitrag auf dem „Karls­ ruher Forum 1994“, Beilage zu VersR 1994, 43. Vgl. aus ökonomischer Sicht dazu hier und im folgenden M. Krebs, Organisation von Wissen in Unternehmungen und Netzwerken, Wiesbaden 1998. 73 Zu den Unterschieden von juristischer Person und Gesamthand siehe ausführlich Flume, Personengesellschaft, § 7; K. Schmidt, GesR, 213 ff. 74 Zur Beherrschbarkeit der Information in arbeitsteiligen Systemen vgl. auch Drexl, ZHR 161 (1997), 511 ff.; zu der Differenzierung nach Informationsweiterleitungs- und Informationsabfrage­ Pflicht siehe BGHZ 131, 30, 37 und Taupitz, JZ 1996,736.

über den ein anderes Teil desselben Systems bekanntermaßen Kenntnis hat. Die Verteilung des Systemwissens ist für Außenstehende deshalb intransparent. Als Reaktion auf die Intransparenz des Informationsflusses innerhalb eines solchen Systems ist eine Wissenszurechnung an Teile des Systems insoweit - um mit den Worten des BGH zu sprechen - nicht mehr mit begrifflich-logischer Stringenz, sondern nur mit einer wertenden Beurteilung zu lösen75. Diese wertende Beurtei­ lung läuft in einer Fiktion der Kenntnis über bestimmte, rechtlich relevante Umstände im Rahmen der Wissenszurechnung zusammen, die darauf beruht, daß alle Teile des Systems allein schon aufgrund der „Zugehörigkeit" zum selben System diese Kenntnis haben müssen76. Das allgemeine Prinzip, auf dem die Wissenszurechnung bei juristischen Personen und bei der Gesamthand beruht, läßt sich also wie folgt formulieren: Dort wo innerhalb von Systemen, also insbeson­ dere etwa bei juristischen Personen, Unternehmen oder Unternehmensgruppen, für den Rechtsverkehr die Informationsorganisation bzw. der Informationsfluß in dem betreffenden System intransparent ist, wird als Reaktion darauf die Fiktion aufge­ stellt, daß jedes Teil des Systems Kenntnis über einen bestimmten Umstand hat, solange es sich bei diesem um Systemwissen handelt. ee) Auch bei Konzernen handelt es sich um ein System im obigen Sinne, in dem alle Teile des Systems zum Systemwissen beitragen, ohne daß für den Rechtsverkehr der Informationsfluß zwischen den Systemteilen und die Informa­ tionsorganisation transparent wäre77. Die Intransparenz hätte dann auch hier die Folge, daß die Kenntnis, die dem System von einem Teil erbracht wird, den ande­ ren als eigenes Wissen zugerechnet werden kann. Die Besonderheit bei der Organisationsform des Konzerns liegt jedoch darin, daß es sich nicht um ein „einzelliges“ System handelt, sondern ein „mehrzelliges“ System darstellt, das eine hierarchische Ordnung hat. Das hat zur Folge, daß die Kenntnis der einzelnen Teile des Systems nicht nach der Gleichung „das Wissen der Teile ist das Wissen des Ganzen“ unmittelbar die Kenntnis des ganzen Systems prägt und damit im ganzen System für jedes Teil prinzipiell „verfügbar“ ist. Für das Systemwissen innerhalb eines Konzerns ist vielmehr symptomatisch, daß das Wissen der Teile gleichsam in der Schaltstelle des Systems, nämlich bei dem Mutterunternehmen, gebündelt wird. Aufgrund der aus dem Abhängigkeits- bzw. Beherrschungsverhältnis zu den Töchtern erwachsenden Machtposition des Mutterunternehmens kann es das Systemwissen nach Belieben an die untergeord­

75 BGHZ 109, 327, 331; Schilken, Wissenzurechnung, 139 ff, insbes. 141 ff.; im Ergebnis auch Westerhoff, 79 f. (Zusammenfassung). 76 Vgl. Medicus, Beilage VersR 1994, 15. Siehe auch Scheuch, GmbHR 1996, 833, die dies offensichtlich zumindest für den Bereich annimmt, in welchem vertragliche und deliktische Orga­ nisationspflichten dem Außenstehenden gegenüber bestehen, deren Verletzung geeignet ist, Schadensersatzansprüche zu begründen. 77 Im Ergebnis ebenso Drexl, ZHR 161 (1997), 507 ff.

neten Teile des Systems weitergeben, oder dies unterlassen78. Ob und wenn ja in welchem Maße sie dies macht, ist außerhalb des Systems nicht erkennbar. Wer­ tungsmäßig entspricht die Situation des Rechtsverkehrs hier deshalb grundsätzlich der, die bei den anderen angesprochenen Fällen vorliegt. Denn es geht auch hier, ebenfalls nur um die Frage der Organisation des Wissensflusses in einem System. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Wenn die Konzemmutter über einen Um­ stand Kenntnis hat, der ihr durch das Abhängigkeitsverhältnis einer Tochter zur Kenntnis gekommen ist, beispielsweise die Konkursreife dieser Tochtergesell­ schaft, so ist es für Außenstehende nicht erkennbar, ob die Mutter aufgrund ihrer Position zu einem anderen Unternehmen des Konzerns dieses Wissen weitergege­ ben hat oder nicht. Aufgrund dieser fehlenden Transparenz, muß deshalb auch hier dem betreffenden abhängigen Unternehmen das Systemwissen zugerechnet wer­ den, weil nicht erkennbar ist, ob die Muttergesellschaft die ihr zur Verfügung stehenden Informationen innerhalb des Systems weitergegeben hat oder nicht. Das Risiko, daß einem Systemteil positives Wissen zugerechnet wird, das es in Wirk­ lichkeit nicht hatte, wohl aber Systemwissen war, muß wegen der Beherrschbarkeit des Informationsflusses bei demjenigen bleiben, der die Organisationsgewalt über das Systemwissen hat. Es ist indessen vorgeschlagen worden, die Wissenszurech­ nung im Konzern dort zu begrenzen, wo die Arbeitsteilung im Konzern ende und die bloße kapitalistische Beteiligung beginne79. Versteht man die Wissenszurech­ nung im Konzern, wie hier, als Ausdruck der Beherrschbarkeit von Informations­ flüssen innerhalb eines Systems und wegen der Intransparenz der Informations­ weiterleitung und Informationsabfrage innerhalb des Konzerns zudem als Ausprä­ gung des Verkehrsschutzes80, so kommt eine Begrenzung der Wissenszurechnung im vorgeschlagenen Sinne nicht in Betracht. Unabhängig davon, kann ein derarti­ ger Begrenzungsversuch auch schon deshalb nicht überzeugen, weil der Punkt, ab welchem die Einflußnahme auf das abhängige Unternehmen den Bereich der kapi­ talistischen Beteiligung verläßt und jenen der Arbeitsteilung erreicht, nicht zu bezeichnen ist81.

ff) Als Ergebnis läßt sich mithin feststellen: Weil die Wissensteilung und der Informationsfluß innerhalb von Systemen für den übrigen Rechtsverkehr intranspa­ rent ist, wird darauf reagiert mit einer Fiktion der Zurechnung von Wissen, die ein 78 Ähnlich, aber im einzelnen differenzierend, Drexl, ZHR 161 (1997), 514 ff. 79 Drexl, ZHR 161 (1997), 515. 80 Dazu a. an dieser Stelle nochmals Bohrer, DNotZ 1989, 129; BGHZ 131, 30, 37; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 106 und 800 a. 81 Das wird freilich auch von Drexl, ZHR 161 (1997), 515 eingeräumt, der dieses Problem dann mit Abwägungen im Einzelfall lösen möchte. Diese Idee vermag aber im Ergebnis ebenfalls nicht zu überzeugen, weil damit die Fälle nicht gelöst werden können, in denen das herrschende Unternehmen das abhängige Unternehmen zeitweilig in seine Arbeitsteilung einbezieht und zeit­ weilig an jenem nur ein rein „kapitalistisches" Interesse hat. Zudem ist zu beachten, daß auch schon der Begriff der „kapitalistischen“ Interessen außerordentlich unscharf ist und zu Abgren­ zungsproblemen führen kann.

bestimmter Teil des Systems hat, als eigene Kenntnis eines anderen Teils dessel­ ben Systems. Dies ist Ausdruck einer Risikoverteilung nach den allgemeinen Regeln: derjenige, der das Risiko der Verteilung von Systemwissen an die Systemteile beherrscht, muß es auch tragen. Daraus folgt für die hier gestellte Ausgangsfrage, daß einem Tochterunternehmen eines Konzerns das Wissen über rechtserhebliche Umstände eines anderen Schwesterunternehmens als eigenes zugerechnet werden kann, wenn das Mutterunternehmen darüber positive Kenntnis hatte, es also zu einem „Systemwissen“ geworden ist. Führt man sich allerdings die Konsequenzen dieses Ergebnisses für einen Konzern vor Augen, so entstehen Bedenken82. Es ist nämlich fraglich, ob es beispielsweise sinnvoll ist, einem Konzernunternehmen die positive Kenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigem nach § 852 I BGB zuzurechnen, wenn ein anderes Unternehmen desselben Konzerns, zu dem das erste Unternehmen möglicherweise in keinem engeren Verhältnis steht, eventuell sogar nur zufällig weiß. Ähnliches gilt etwa auch für die Fälle der §§ 179, 460, 463, S. 2, 819 I, 892 I 1, 932, 990 BGB oder hinsichtlich des fehlenden guten Glaubens nach § 15 HGB. Würde man jedem Konzemteil das positive Wissen jeden anderen Konzemteils als eigene Kenntnis zurechnen, so wäre zu befürchten, daß das unternehmerische Handeln der einzelnen Konzemteile eingeschränkt würde. Es bestünde dann nämlich stets die Gefahr, daß sich ein Konzernunternehmen einen rechtlich erheblichen Umstand zurechnen lassen muß, von dem es nichts gewußt hat und sich deshalb darauf auch nicht einstellen konnte. Dies würde eine ständige Rechtsunsicherheit in seine Geschäfte bringen. Folge wäre, daß Konzerne automatisch straff und zentral orga­ nisiert werden würden, damit der Datenfluß an alle weitgehend gewährleistet werden könnten. Das widerliefe allerdings den Vorteilen, die gerade dezentrale Konzerne im Hinblick auf ihre Synergieeffekte bzw. ihre Effizienz für die Wirt­ schaft entwickeln imstande sind, und wäre deshalb unerwünscht. Wollte man nun jedoch aufgrund dieser Erwägungen das oben dargestellte Prinzip wieder aushe­ beln, so würde man nicht nur denjenigen die Beweislast für die Kenntnis von rechtserheblichen Umständen auferlegen, die diesen Beweis praktisch nie führen können, weil die Weitergabe von Kenntnissen innerhalb eines Konzerns als Inter­ num für sie nicht nachweisbar ist. Sondern es bestünde die Gefahr, daß man Konzernen die Möglichkeit zu weitgehenden Mißbräuchen eröffnete. Die Lösung dieses Konfliktes liegt in der Ausgestaltung der Fiktion der Wissenszurechnung83. Nach dem oben entwickelten Prinzip ist sie prozessual als unwiderlegliche Vermutung konzipiert. Hinsichtlich von Konzernen könnte man diese Fiktion deshalb als widerlegliche Vermutung gestalten. Das hieße, grundsätzlich besteht die Vermutung, daß ein Tochterunternehmen Kenntnis über einen Umstand hat, wenn die Konzemmutter positive Kenntnis über diesen Umstand hat; doch kann 82 Siehe Drexl, ZHR 161 (1997), 514 ff. 83 Anders Drexl, der aufgrund seiner Konzeption im wesentlichen auf die Konzernierungs­ form, die Beherrschung (im Gegensatz zur Beherrschbarkeit) und die Gesellschaftsform abstellt: ZHR 161 (1997), 512 ff, 514 ff, 516 f.

die betreffende abhängige Gesellschaft den Nachweis fuhren, daß sie tatsächlich keine positive Kenntnis hinsichtlich des betreffenden Umstandes hatte84. Gerecht­ fertigt werden kann diese Ausnahme von der Regel damit, daß es sich bei einem Konzern um ein System handelt, deren Besonderheit es gerade ist, daß das Systemwissen definitionsgemäß nur in einem bestimmten Teil des Systems gesammelt wird und wegen der herausgehobenen Stellung dieses Teils von diesem auch nach Gutdünken an die anderen Teile verteilt werden kann. Das bedeutet, daß ein Teil dieses Systems theoretisch niemals Systemwissen erhalten könnte und die Vermutung damit niemals richtig wäre; da gerade eine solche Konstellation der grundsätzlichen Konzeption einer Vermutung widerspräche, welche implizit vor­ aussetzt, daß ein bestimmter Fall in einer gewissen Häufigkeit vorkommt, ist eine Lockerung gerechtfertigt. Für die Konzemmutter hingegen bleibt es bei der unwi­ derleglichen Vermutung der Kenntnis des Systemwissens, weil sie das Sammel­ becken aller Informationen ist.

gg) Dem folgend müssen sich im hiesigen Zusammenhang die Schwestergesell­ schaften in einem Konzern widerleglich die Kenntnisse des Mutterunternehmens über die Intema der nunmehr in Konkurs gefallenen Untergesellschaft als eigenes Wissen zurechnen lassen. Das bedeutet: Nur dann, wenn eine Schwestergesell­ schaft des in Konkurs gefallenen Tochterunternehmens nachweisen kann, daß sie tatsächlich keinen Informationsvorsprung hinsichtlich dessen Intema hatte, kommt ihre Stellung als Insider nicht in Betracht. Andernfalls kann der Konkursverwalter auch die mit dieser Schwester geschlossenen entgeltlichen Verträge der Gemein­ schuldnerin erleichtert anfechten, wenn die zweite Voraussetzung bei der betref­ fenden Schwestergesellschaft vorliegt, nämlich das das Näheverhältnis ersetzende Merkmal der unternehmerischen Einflußmöglichkeit. In den Fällen, wo eine Schwestergesellschaft keinen oder nur einen geringen Gesellschaftsanteil an der nunmehr insolventen Tochtergesellschaft hat, kommt nur eine faktische Einflußmöglichkeit in Betracht. Liegt diese vor, so hat die betref­ fende Schwestergesellschaft einen „qualifizierten Informationsvorsprung“, so ist sie ein Insider. Das bedeutet, daß entgeltliche Verträge, die der Gemeinschuldner mit ihr geschlossen hat, nach § 31 Nr. 2 analog KO vom Konkursverwalter erleichtert angefochten werden können. c) Das Insiderverhältnis von Schwesterunternehmen untereinander als Problem der Zurechnung des unternehmerischen Einflusses der Konzernmutter Besteht eine derartige faktische Einflußmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft hingegen nicht, so bliebe für die Qualifikation der Schwester 84 Das kann etwa dadurch geschehen, daß das Schwesterunternehmen zeigt, daß bezüglich des betreffenden Umstandes keinerlei Kommunikation zwischen ihr und der Muttergesellschaft oder anderen Wissensträgem stattgefunden hat. Insbesondere darf keine Doppelmandatschaft mit der Konzemmutter bestanden haben.

als Insider nur die Möglichkeit, ihr neben dem Wissen der Mutter auch deren unternehmerischen Einfluß auf die betreffende, nunmehr insolvente Tochter zuzu­ rechnen. Diese Zurechnung ist jedoch nicht mit den Regeln der Wissenszurech­ nung im Konzern zu begründen, weil es hier nicht um Kenntnisse geht sondern um tatsächlichen Einfluß. Gleichwohl ist eine Fiktion, die dem Schwesterunternehmen den Einfluß der Mutter auf die Tochter zurechnet in dem speziellen Fall des Konzerns zu befürworten. Das Bedürfnis für eine solche Zurechnung und gleich­ zeitig deren Rechtfertigung ergibt sich aus der Vorstellung, den regelmäßig undurchsichtigen Vermögensverschiebungen zwischen Insidern im allgemeinen und in Konzeminnenverhältnissen im besonderen mit ihren potentiellen Gefahren für die Gläubiger, durch einen möglichst effektiven Gläubigerschutz ein „Gegen­ gewicht“ entgegenstellen zu können85. Dies kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn das Leerläufen der Insideranfechtung in Konzernen verhindert und den damit eng verbundenen Mißbrauchsmöglichkeiten von vornherein ein Riegel vorgescho­ ben wird. Daß dazu auch die Einbeziehung der entgeltlichen Rechtsgeschäfte der nunmehr insolventen Tochter mit ihren Schwestergesellschaften gehören muß, liegt in der besonderen Machtkonstellation in Konzernen begründet. Es ergibt sich unmittelbar aus der folgenden Überlegung: Da das herrschende Unternehmen auf­ grund seiner Machtposition Einfluß auf die Geschäftsführung eines jeden seiner Tochterunternehmen nehmen kann, hat es prinzipiell zwei Möglichkeiten, von einem bestimmten Tochterunternehmen eine Leistung zu erhalten. Es kann mit der betreffenden Tochterunternehmen selbst in Kontakt treten. Schließt das herr­ schende Unternehmen in dem Zusammenhang einen entgeltlichen Vertrag, kann die Haftungsordnung des Insolvenzrechts darauf reagieren, indem sie dem Konkursverwalter erlaubt, den Vertrag im Rahmen der Insideranfechtung anzu­ fechten. Das herrschende Unternehmen kann aber auch mittels seines Einflusses dafür sorgen, daß der entgeltliche Vertrag von der betreffenden Tochterunter­ nehmen mit einem seiner Schwesterunternehmen geschlossen wird, auf welche das herrschende Unternehmen dann später insoweit Zugriff nimmt, als daß er die Leistung direkt oder indirekt von dieser erhält. In diesem Fall würde die Anfecht­ barkeit durch die Einschaltung eines Strohmanns bei gleichem Ergebnis für die Konzemmutter umgangen werden können. Soweit das herrschende Unternehmen das Schwesterunternehmen nur als Strohmann benutzt, um mit der betreffenden Tochtergesellschaft einen entgeltlichen Vertrag abzuschließen, bleibt das Schwe­ sterunternehmen freilich ganz außer Betracht, und es kommt nur auf die Insider­ stellung des Hintermannes, also des Mutterunternehmens an86. Interessant sind aber die Fälle, wo das Schwesterunternehmen gerade kein Strohmann ist. Dann kommt es für die Anfechtung darauf an, ob es Insider ist oder nicht. Da aber die 85 Zu den allgemeinen Rechtfertigungen für die besonders weitgehenden Anfechtungserleich­ terungen bei der Insideranfechtung siehe Killinger, 24 ff.; instruktiv sind die dort dargestellten Fälle zur Illustration der Ineffizienz des herkömmlichen Verständnisses des Anfechtungsrechts. 86 Vgl. Jaeger(-Henckel), § 31, Rn. 35; Hess/Kropshofer, § 31, Rn. 26 , darüber hinaus BGH ZIP 1980, 346, 347 (zum AnfG); siehe auch BGH ZIP 1995, 297.

Schwester, von Ausnahmefällen einmal abgesehen, normalerweise keine Einfluß­ möglichkeit auf die Tochtergesellschaft hat, und ihr daher die Insiderstellung fehlt, kommt eine Insideranfechtung nach § 31 Nr. 2 analog KO hier gerade nicht in Betracht, obwohl das Geschäft im Ergebnis ein Insidergeschäft war. Die Möglichkeiten der Konzemmutter, Transaktionen auch „über das Dreieck“ abzuwickeln und so die auf bilaterale Verhältnisse ausgelegten Anfechtungsregeln (mißbräuchlich und zum Schaden der Gläubiger) leerlaufen zu lassen, können vereitelt werden, wenn man auch die Schwestergesellschaften als Insider ansieht. Zwar besteht gegenüber der Schwestergesellschaft die allgemeine Anfechtung, doch würde man andernfalls dem herrschenden Unternehmen einen leicht gang­ baren Weg offenlassen, bei Anzeichen einer Krise die Vermögenswerte der späte­ ren Gemeinschuldnerin in sein „Lager“ zu transferieren, ohne daß diese durch eine erleichterte Konkursanfechtung durch den Verwalter wieder in die Masse zurück­ geführt werden könnte. Jedenfalls besteht diese Gefahr soweit man die Vermö­ genstransfers der späteren Gemeinschuldnerin nicht als verdeckte Zuwendung qualifizieren kann87. Diesem Ergebnis könnte man nun vorhalten, es beruhe im wesentlichen scheinbar auf einer eher rechtspolitischen Entscheidung. Betrachtet man aber die vorgestellte Argumentation näher, so ist zu erkennen, daß die Zurechnung der Einflußmöglichkeiten der Mutter auf die Schwesterunternehmen einen wesentlichen rechtlich-dogmatischen Kem hat; es geht nämlich um die Sicherung der Funktionsfähigkeit der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln für den speziellen Fall der entgeltlichen Verträge zwischen nahen Angehörigen und damit verbunden um die ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens88. Unabhängig davon könnte man der gesamten Auffassung allerdings entgegen­ halten, sie dehne den durch die Anfechtungsvorschriften grundsätzlich gewährten Gläubigerschutz zu sehr auf Kosten der Privatautonomie89 aus. Richtig ist, daß die Anfechtung einen Eingriff in die Privatautonomie der beiden Parteien, deren Rechtsgeschäft im Konkurs der einen Partei vom Konkursverwalter angefochten wird, und eine Einschränkung der Rechtssicherheit darstellt. Allgemein anerkannt ist auch, daß diese negativen Implikationen ihrerseits gerechtfertigt sind durch die Ziele des Konkursverfahrens90. Diese können nämlich nur dann verwirklicht werden, wenn das Schuldnervermögen gesammelt, gesichert und im Rahmen der 87 Vgl. dazu unten § 4. II. Teil C. 88 Vgl.dazu allgemein Huber, in: InsHdb. § 48, Rn. 3 f.; Häsemeyer, 33 ff. 89 Vgl. zur Bedeutung der Privatautonomie im Verhältnis zur Anfechtung wiederholt und besonders deutlich C. Paulus, ZIP 1985, 1458 f.; ders. in: RWS-Forum 9, 218 f. und vgl. dens. ZIP 1996, 2142 f.; Häsemeyer, 446; einen tendenziell ganz ähnlicher Hinweis findet sich noch bei Jaeger(-Lent), § 30, Anm. 19; Lent meinte, daß dann, wenn man die Kenntnis des Schuldners bei einem Dritten genügen lassen würde, würden die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen unter­ laufen, und damit käme dasjenige Begriffsmerkmal des gesetzlichen Tatbestandes, in dem die besondere Konkursanfechtung beruhe [nämlich als „Ausgleich für die Einschränkung der Privat­ autonomie“, Anm. des Autors}, tatsächlich zum Wegfall; dagegen aber die beachtlichen Argumente von Tintelnot, JZ 1989, 801. 90 Vgl. ausführlich Häsemeyer, 20 ff.; Jauernig, 172 ff.

gesetzlichen Haftungsordnung verteilt wird91. Ein Konkursverfahren würde von vornherein ad absurdum geführt werden, wenn nur die Masse, die sich zum Zeit­ punkt der Eröffnung des Verfahrens tatsächlich bei dem Gemeinschuldner befin­ det, zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung stünde. Daher ist es notwendig, die Haftungsordnung mit dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung auch in das Vor­ feld zu verlegen, um sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen mit denen die spätere Masse verkürzt werden, rückgängig machen zu können. Anfechtung dient daher der Sicherung des Schuldnervermögens durch die „Wie­ derherstellung der Haftungsrealisierungsmöglichkeiten“92 und der Verwirklichung der gesetzlichen Haftungsanordnung unter den Konkursgläubigem93. Das dürfte auch im Grundsatz unbestritten sein. Damit werden gleichzeitig grundlegende und damit besonders hochgestellte allgemeine Belange des Rechtsverkehrs ange­ sprochen, hinter denen das individuelle Interesse der beiden Vertragsparteien an der Wahrung ihrer privatautonom ausgehandelten Verträge zurücktreten muß94. Der Umfang, in welchem die Privatautonomie durch die Anfechtung eingeschränkt werden darf, ergibt sich jeweils aus den Umständen, die erfüllt sein müssen, bis das übergeordnete Interesse des Gläubigerschutzes verwirklicht worden ist. Es liegt im Interesse des Wirtschaftsverkehrs, daß im Konkurs eines Unterneh­ mens die ausstehenden Forderungen der Gläubiger soweit als möglich beglichen werden95, und aus diesem Grunde jegliches „Aussaugen“ des Konzemunter­ nehmens im Vorfeld des Konkurses soweit wie möglich rückgängig gemacht werden muß. Das ist aber nur möglich, wenn die erleichterten Anfechtungsmög­ lichkeiten für einen Schutz der Gläubiger auch möglichst weitgreifend und effektiv eingesetzt werden96. Daher muß bis zu der Marke, an der der Gläubigerschutz tat­ sächlich verwirklicht wird, die Privatautonomie eingeschränkt werden können. In jedem Fall wird die Privatautonomie bei der konkursrechtlichen Haftungsordnung insoweit berücksichtigt und geschützt als nicht etwa alle Rechtshandlungen anfechtbar sind, sondern nur diejenigen, welche im Hinblick auf die Haftungs­ ordnung im Konkurs als sachlich ungerechtfertigt angesehen werden97. Unter 91 Siehe Häsemeyer, 16 f. 92 Gerhardt, ZIP 1984, 399. 93 Statt aller Häsemeyer, 413; Jauernig, 221; Baur/Stürner, Rn. 18. 2 f.; siehe auch Huber, InsHdb § 89,. Rn. 1 ff., insbes. Rn. 3 94 Zu den Schranken der Privatautonomie in zweiseitigen Rechtsgeschäften siehe Medicus, BGB AT, Rn. 472 ff; Flume, ATII, 7 ff; vgl. nun auch Zöllner, AcP 1996, 15 ff. und 25 ff. 95 Zu den ökonomischen Implikationen der Absicherung gegen das Ausfallrisiko im Konkurs siehe Rausch, 21 ff; allg. dazu Hax, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 21 ff; Hax/Marschdorff, BFuP 1983, 112 ff; allgemeiner Drukarczyk, 67 ff. 96 Vgl. Häsemeyer, 16 f., 33 f. und 414 f.; Jauernig, 221 f.; BGH NJW 1995, 1094. 97 Weitergehend wird zum Teil versucht, die Eingriffe in die Privatautonomie auch mit einem Unwerturteil an die jeweilige Rechtshandlung zu begründen. Dieses geht davon aus, daß Rechts­ handlungen vor Verfahrenseröffnung grundsätzlich Bestand haben und nur ausnahmsweise, nämlich im Falle der Unredlichkeit anfechtbar sind (vgl. Gerhardt, in: FS KO, 130 f.); macht man jedoch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ernst, so muß das Regel-Ausnahme-Verhältnis genau

Berücksichtigung dieser Aspekte ist es mithin gerechtfertigt, den Schwesterunter­ nehmen eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens nicht nur das Insiderwissen, sondern auch die Einflußmöglichkeit der Mutter als eigene zuzurechnen98, so daß der Konkursverwalter im Konkurs einer abhängigen Gesell­ schaft im Konzern auch entgeltliche Verträge mit den Schwestergesellschaften erleichtert anfechten kann. Damit eröffnet sich für den Konkursverwalter eine konzemspezifische Möglichkeit, die Haftungsmasse des Gemeinschuldners erheb­ lich zu vergrößern. Dieser Ansicht steht auch nicht das Urteil des BGH vom 17.9.197599 entgegen. Hinsichtlich des Verhältnisses zweier Gesellschafter untereinander, die natürliche Personen waren, hat der BGH dort gemeint, es könne dort das Bestehen besonderer Informationsmöglichkeiten nicht unterstellt werden, so daß auch kein verwandt­ schaftliches Näheverhältnis angenommen werden dürfe100. Übertragen auf einen Konzern scheint daher die Folgerung nahezuliegen, daß zwischen Schwestern untereinander, die jeweils anteilsmäßig an dem insolventen Konzernunternehmen beteiligt sind, kein zur erleichternden Anfechtung berechtigendes Näheverhältnis besteht. Soweit aber dieses Urteil als Beleg dafür herangezogen wird, daß zwischen Schwestern im Konzern keine im Vergleich zu Externen besonderen Informationsmöglichkeiten bestehen, würde indes übersehen werden, daß der BGH in dem bezeichneten Urteil eine ganz wichtige Einschränkung gemacht hat. Seine Aussage bezieht sich nämlich ausdrücklich nicht auf den Fall, wo zwischen den Gesellschaftern ein besonders nahes Verwandtschaftsverhältnis besteht101. Da in einem Konzern die von dem herrschenden Unternehmen abhängigen Tochter­ gesellschaften gerade diesem „nahen verwandtschaftliche Verhältnis“ entsprechen, ist die vom BGH gemachte Ausnahme auch im Verhältnis der Tochtergesellschaf­ ten untereinander anwendbar. Konsequent weiter gedacht, muß das sogar für dieje­ nigen Schwestergesellschaften gelten, die nicht gleichzeitig Gesellschafter des insolventen Konzernunternehmens sind, weil sich die verwandtschaftliche Nähe­ beziehung zu jedem anderen Konzernunternehmen durch die Abhängigkeit bzw. Beherrschung durch die Muttergesellschaft definiert und nicht durch einen - wie immer gearteten - Anteilsbesitz.

umgekehrt lauten: Die Anfechtbarkeit der Rechtshandlungen ist wegen des objektiven Grundsatzes par conditio creditorum die Regel, die Unanfechtbarkeit wegen Verkehrs- oder Vertrauensschutz­ gedanken die Ausnahmen; überzeugend Canaris, in: FS KO, 77 f.; v. Campe, 12 ff. 98 Aus strafrechtlicher Sicht kommt Rutsch, 137 ff. hinsichtlich der Handlungszurechnung im Konzern zum gleichen Ergebnis. 99 BGH NJW 1975,2193. 100 BGH NJW 1975,2193. 101 BGH NJW 1975, 2193, 2194.

d) Zusammenfassung Für den Konkursverwalter besteht nach alledem die Möglichkeit, konzerninterne entgeltliche Verträge des Gemeinschuldners, die im letzten Jahr vor Eröffnung des Konkursverfahrens geschlossen wurden, und die zu einer Benachteiligung der (externen) Gläubiger geführt haben, mit Hilfe einer analogen Anwendung des § 31 Nr. 2 KO als Insidergeschäft erleichtert nach § 31 Nr. 1 KO anzufechten.

4. Anfechtung gegen Insider nach der InsO a) Änderungen im Vergleich zur KO Die Insideranfechtung wird nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung in § 133 II InsO geregelt sein. Die Tatbestandsmerkmale entsprechen zum Teil der darge­ stellten Auslegung des § 31 Nr. 2 KO, wobei § 133 II InsO ein eigenständiger Anfechtungstatbestand sein wird. Eine wesentliche Verschärfung liegt freilich darin, daß ein vom Gemeinschuldner mit einer nahestehenden Person geschlosse­ ner Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden, vom Insolvenzverwalter angefochten werden kann, wenn der Vertragsschluß nicht länger als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist102. Wie im Regelungsgefüge der KO werden durch diese Vorschrift die Anfechtungsregeln bei unentgeltlichen Verträgen ergänzt. Wie der Aufbau des § 133 II Sätze 1 und 2 InsO im Vergleich zum § 133 I InsO zeigt, wird sowohl der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch die Kenntnis des Gegners vom Zeitpunkt des Vertragsschlus­ ses vermutet, wenn es sich um die Anfechtung eines entgeltlichen Vertrages mit einer nahestehenden Person handelt103. Damit soll die Gefahr betrügerischer Rück­ datierungen vermindert werden104. Das bedeutet, daß im Streitfall der Insolvenz­ verwalter nur zeigen muß, daß der Gemeinschuldner mit einer nahestehenden Person oder einem Dritten, mit dem die unmittelbare Zuwendung an die naheste­ hende Person umgangen werden soll105, einen die anderen Gläubiger unmittelbar benachteiligenden Vertrag geschlossen hat. Gelingt ihm dies, so muß der Anfech­ tungsgegner entweder beweisen, daß der Schuldner ohne Benachteiligungsvorsatz handelte oder daß er tatsächlich diesen Vorsatz nicht kannte. Im Konzern kommt diesem Gegenbeweis allerdings keine Bedeutung zu, weil sowohl die Konzem­ mutter als - nach den Regeln der Wissenszurechmmg - auch regelmäßig die Schwestergesellschaften die inneren Beweggründe des Vertrages der Gemein­ schuldnerin mit ihnen kannten.

102 103 104 105

Siehe Schmidt-Räntsch, § 133, Rn. 4.; Häsemeyer, 435. Bork, Rn. 216. Reg.Begr. zu § 138 Reg.Entw. InsO, BT-Drs. 12/7302, 173 zu Nr. 86 (Zu § 148 II). Siehe BGH NJW 1995, 1093.

b) Überblick über die Insiderregelung des § 138II InsO Im Gegensatz zur alten Regelung wird in der Insolvenzordnung nunmehr geregelt, wer als nahestehende Person einer Gesellschaft zu betrachten ist. Dabei geht die Insolvenzordnung im wesentlichen nicht über den Kreis hinaus, der bereits früher durch Literatur und Rechtsprechung in Analogie zu § 31 Nr. 2 KO als naher Angehöriger verstanden wurde. § 138 II InsO bezieht sich explizit auf die naheste­ henden Personen (u.a.) einer juristischen Person. Als solche gelten die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners, sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuld­ ners beteiligt sind (Nr. 1) oder eine Person oder eine Gesellschaft, die aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeiten haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhält­ nisse zu unterrichten (Nr. 2). In § 138 II Nr. 3 InsO werden schließlich auch noch diejenigen Personen als nahestehende Personen von juristischen Personen bezeich­ net, die wiederum mit den in Nr. 1 und Nr. 2 Genannten in einer persönlichen Verbindung stehen („Strohmänner“), soweit diese zuletzt Genannten nicht kraft Gesetz in Angelegenheiten des Schuldners zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

c) Konzernunternehmen als Insider nach der InsO

Unternehmen aus ein und demselben Unternehmensverbund stehen damit im Verhältnis nahestehender Personen zueinander. Entweder ergibt sich dies aus der Beteiligung von mehr als 25% an einem anderen Unternehmen desselben Konzerns (§ 138 II Nr. 1 InsO) oder aus dem „Auffangtatbestand“ des § 138 II Nr. 2 InsO. Letzterer erfaßt damit diejenigen Konzernunternehmen, die an einem anderen zwar nicht mit mehr als einem Viertel am Kapital beteiligt sind, dennoch aber Einfluß­ möglichkeiten haben, die dem entsprechen106. Schwesterunternehmen, die keine Anteile an einem anderen abhängigen Unternehmen desselben Konzerns haben, können gleichwohl noch eine nahestehende Person im Sinne von § 138 InsO sein, wenn die Muttergesellschaft, die nahestehende Person des betreffenden abhängigen Unternehmens ist, mit ihr gleichfalls in einer Verbindung steht, die die Kriterien des § 138 II Nr. 1 und Nr. 2 InsO erfüllen (§ 138 II Nr. 3 i.V.m. § 138 II Nm. 1 und 2 InsO) Der BGH hat es in einem neueren Urteil nunmehr allerdings abgelehnt, § 138 II Nr. 2 InsO als einen Auffangtatbestand zu betrachten107. Der BGH schließt mit diesem Urteil also grundsätzlich aus, daß § 138 II Nr. 2 InsO diejenigen Gesell­ schafter erfaßt, die weder Geschäftsführer sind, noch 25% oder weniger der Anteile halten, gleichwohl aber einen Informationsvorsprung und Einfluß auf die Gesell­ schaft haben, der dem der Gruppe der in § 138 II Nr. 1 InsO genannten Insider 106 Ehricke, KTS 1996, 224. 107 Ausführlich dazu Ehricke, KTS 1996, 224; Eckhardt, LM GesO Nr. 12/13/14 (Heft 4/96), Bl. 757; Henckel, EWiR 1995, 781; Holzer, WiB 1997, 732 f.

gleichsteht. Nach dieser Lesart stellt § 138 II Nr. 2 InsO hinsichtlich der „ver­ gleichbaren gesellschaftsrechtlichen Verbindung“ keine Generalklausel dar, sondern der BGH versteht diese Regelung im wesentlichen als Grundlage, Insider im Sinne der Nr. 1 in Unternehmensverbindungen zu erfassen108. Etwas anderes soll nur dort gelten, wo zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Anfechtungs­ gegner ein Dienstvertrag bestanden hat109. Wertet man § 138 II Nr. 2 InsO aber nicht als Auffangtatbestand im obigen Sinne, so läßt man die durch die Vermutungstatbestände in Bezug auf nahe Ange­ hörige gewonnenen Erleichterungen bei den einzelnen insolvenzrechtlichen Anfechtungsarten weitgehend leerlaufen. Besonders deutlich wird dies z.B. in den Fällen, wo der Gemeinschuldner eine GmbH ist. Hier kommt es bezüglich des qualifizierten Informationsvorsprungs nämlich sogar zu einem Wertungswider­ spruch des § 138 II InsO zum Gesellschaftsrecht. So wären alle entgeltlichen Verträge mit Gesellschaftern einer GmbH, die mindestens 10% aber höchstens 25% der Anteile haben - vorausgesetzt, dieser Gesellschafter ist kein Geschäfts­ führer oder sonst irgendwie dienstvertraglich mit dem Unternehmen verbunden nicht erleichtert anfechtbar, weil jene nicht nach § 138 II Nr. 1 InsO als Insider gelten. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht in Einklang zu bringen mit der Regelung des § 50 GmbHG, wonach Gesellschaftern einer GmbH bereits mit 10% ein quali­ fizierter Informationsvorsprung möglich ist. Denn sie haben dann - neben der jedem Gesellschafter nach § 51a GmbHG offenstehenden Informationsmöglichkeit - zusätzlich die Möglichkeit, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen. Knüpft man für das Merkmal der nahestehenden Person einer juristi­ schen Person an den qualifizierten Informationsvorsprung an, so darf man daher konsequenterweise die für die AG stimmige 25% - Grenze nicht ohne weiteres auf die GmbH übertragen, denn dort sind wegen der strukturellen Unterschiede die Einflußmöglichkeiten der einzelnen Gesellschafter bereits bei einem wesentlich geringeren Anteil möglich. Aus diesem Grunde hatte auch die Insolvenzrechts­ kommission die 25%-Grenze ausdrücklich nur für die AG vorgesehen110. Eine weitere Umgehungsmöglichkeiten ergibt sich, wenn man sich vergegen­ wärtigt, daß in den Gesellschaftsverträgen ohne Probleme eine geringere Sperr­ minorität als die gesetzlich vorgesehenen oder sonstige Sonderrechte für bestimmte Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen vereinbart werden können (§§ 179, 23 AktG; §§ 53, 3 GmbHG). Wegen der starren 25%-Grenze würden die betroffenen Gesellschafter ebenfalls nicht als Insider nach § 138 II Nr. 1 InsO gelten, obwohl sich in ihrer Person gerade die Voraussetzungen vereinigen, die nach dem Willen des Gesetzes die Qualifizierungskriterien für eine nahestehende Person sein 108 So auch Eckardt, LM GesO Nr. 12/13/14 (Heft 4/96), Bl. 757 (757 rück); vgl. auch Häsemeyer, 436. 109 BGH ZIP 1996, 85. 110 Erster Bericht der Insolvenzrechtskommission, Leitsatz 5.2.6. (414 f.); vgl. auch die knappen Hinweise bei Ulmer, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 133, Ziff. 3. 11.; Gerhardt, EWiR 1986, 178.

sollen111. Schließlich fiele bei einer Auslegung des § 138 II Nr. 2 InsO „im Lichte“ des § 138 II Nr. 1 InsO nahezu der gesamte Bereich aus dem Insiderbegriff, wo eine Person oder eine Gesellschaft einen qualifizierten Informationsvorsprung erlangt hat, obwohl sie überhaupt keine Anteile an der Gesellschaft besitzt (soge­ nannter faktische Insider).

d) Fazit Vor dem Hintergrund der Umgehungsmöglichkeiten der Insideranfechtung, die sich ergäben, wenn man neben der starren Regelung des § 138 II Nr. 1 InsO die Vorschrift des § 138 II Nr. 2 InsO nicht als Auffangnorm für diejenigen Fälle auslegen würde, welche nicht mehr unter Nr. 1 subsumiert werden können aber faktisch die gleiche Wirkung haben, ist ein flexibles Kriterium in § 138 II Nr. 2 InsO erforderlich und sinnvoll: Diejenige Person, die - aufgrund welcher Umstände auch immer - die Möglichkeit hat, einen Informationsvorsprung zu erlangen, wegen dessen sie in der Lage ist, unternehmerisch gestaltend tätig zu werden, muß auch als naher Angehöriger erfaßt werden112. Ansonsten sind Miß­ brauchsmöglichkeiten und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit praktisch vorprogrammiert. Die hier verfochtene Auffassung führt dann zu dem aus der Perspektive des Gläubigerschutzes positiven Resultat, daß der Insolvenzverwalter die Möglichkeit hat, alle entgeltlichen Verträge, die innerhalb der letzten zwei Jahre vor Antrag in einem Konzern mit dem nunmehr insolventen Konzemteil abgeschlossen wurden und die die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, mittels der Anfechtung nach § 133 II in Verbindung mit § 138 II InsO in die Haftungsmasse zurückzufiihren113. Eingeschlossen sind dabei auch die Verträge mit Dritten, mit denen die unmittelbare Zuwendung an die nahestehende Person umgangen werden soll. 5. Banken

a) Banken als Insider nach der KO Einen besonderen Stellenwert in der Insiderproblematik nehmen die Banken ein114. Sie besitzen in aller Regel besondere Einblickmöglichkeiten in die geschäftlichen und in die strukturellen Interna der nachmaligen Gemeinschuldnerin und des 111 Siehe weiter Ehricke, KTS 1996, 225. 112 Siehe auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 10, Rn. 63: „Entscheidend ist der wirtschaftliche Zusammenhang; Umgehungstatbestände sollen ausgeschlossen werden.“; vgl. auch Holzer, WiB 1997,732. 113 Zu der für die Anfechtung in Konzernen ebenfalls sehr bedeutsamen Anfechtungserleich­ terung in § 133 I InsO, siehe sofort unten IV. 2. 114 Siehe etwa Batereau, WM 1992, 1517; Canaris, Rn. 124 ff.; 136 ff; vgl. auch Obermüller, in: InsHdb, § 89, Rn. 2 ff.

Konzerns als ganzem. Diese ergeben sich unter anderem aus den Prüfungs­ anordnungen vor Kreditvergabe (vgl. § 19 KWG115), aus der Möglichkeit, den Zahlungsverkehr insgesamt zu beobachten, und den Auskunftsersuchen Dritter. Verbunden damit sind meist eine besondere Erfahrung und know-how im Erkennen von Krisensituationen. Darüberhinaus ist ein Schuldner, wie der Fall BuM/West LB116 gezeigt hat, immer besonders geneigt, in der Krise durch (Teil-) Rückzahlungen die Gläubigerbank anderen Gläubigem vorzuziehen, um sich für weiteres Entgegenkommen Wohlwollen zu sichern. Anerkannt ist heute grundsätz­ lich, daß sich eine Bank nicht ohne weiteres einfach auf das Argument zurückzie­ hen darf, sie sei in einem auf Privatautonomie und freien Wettbewerb angelegten Wirtschaftssystem nicht gehalten, Drittinteressen bei ihrer Kreditentscheidung zu berücksichtigen, sondern allein ihrem Erfolg verpflichtet117. Daraus könnte der Schluß gezogen werden, daß eine Bank als nahestehende Person des Gemein­ schuldners dem Anwendungsbereich des § 31 Nr. 2 KO unterfiele118. Richtig ist sicherlich, daß Banken gegenüber der Gemeinschuldnerin ein genauso enges Näheverhältnis mit entsprechender Einflußmöglichkeit haben wie etwa ein Gesellschafter mit mehr als 25% der Anteile, so daß die Einordnung der Bank als nahestehende Person und damit zusammenhängend eine erleichterte Anfechtung von entgeltlichen Verträgen nach § 31 Nr. 2 analog KO/§ 133 II in Verbindung mit § 138 II Nr. 2 InsO möglich erscheint. Im Ergebnis wird man allerdings kaum umhin können, den Banken hinsichtlich der erleichterten Anfech­ tung ein Bankenprivileg einzuräumen. Aus der besonderen Stellung von Banken als wichtigstem (und institutioneilen) Kreditgeber im Wirtschaftsverkehr ist aus wirtschaftspolitischen Gründen eine Sonderstellung der Banken hinsichtlich der Anfechtung von Verträgen mit nahestehenden Personen zu bejahen. Sähen sich die Banken nämlich der Gefahr ausgesetzt, daß die Rückzahlungen des Darlehens später von einem Konkursverwalter angefochten werden könnten, würden Banken nicht nur nicht mehr bereit sein, Gesellschaften in Schwierigkeiten neue Finanz­ mittel zur Verfügung zu stellen, um etwa notwendige Umstrukturierungen etc. durchzufuhren, sondern Banken würden in ihrer gesamten Kreditvergabepolitik zurückhaltender sein. Das hätte z.B. die Folge, daß notwendiges Startkapital für Unternehmen oder Kapital für risikoreiche, aber innovative Geschäfte nur noch schwer aufzubringen wäre. Das würde wiederum zu ganz erheblichen Nachteilen für die Gesamtwirtschaft führen, die größer wären als die Nachteile, die zu befürchten sind, wenn man die Banken nicht in die Insideranfechtung einbezieht.

115 Zu diesem Aspekt eingehend Zapf, 313 ff. 116 BGHZ90, 381. 117 Batereau, WM 1992, 1519 ff. mit weiteren Nachweisen. 118 So etwa Kruppa, 53 ff : wegen der besonderen Einsichtsmöglichkeiten grundsätzlich anwendbar, aber wegen fehlender Abgrenzungsmöglichkeit und der schwierigen Begründung einer Analogie wegen § 31 Nr. 1 KO, der eine Regelungslücke nicht erkennen lasse, lehnt er eine Anwendung des § 31 Nr. 2 KO im Ergebnis ab.

Dieses Argument ist auch gegen Bestrebungen vorzubringen, die versuchen, eine verschärfte anfechtungsrechtliche Sanktion gegen Kreditinstitute über eine analoge Anwendung des § 237 HGB zu begründen119. Unabhängig davon spricht gegen einen solchen Versuch ohnehin, daß § 237 HGB hier gar nicht analogiefähig ist. Denn die Vorschrift kann nicht aus ihrem gesellschaftsrechtlichen Bezug zur stillen Gesellschaft herausgelöst werden120. b) Banken als Insider nach der InsO

Die Exemption der Banken von der Insideranfechtung wird nunmehr auch durch die Insolvenzordnung gestützt. Nach § 138 II Nr. 2 InsO sind diejenigen keine nahestehenden Personen von juristischen Personen, die zwar aufgrund ihrer Bezie­ hungen zum Schuldner Kenntnisse über Interna erlangen können, gleichwohl aber entweder selbständig tätig sind und nur über einen Dienstvertrag mit Geschäfts­ besorgungscharakter mit dem Schuldner verbunden sind (z.B. Anwälte oder Wirt­ schaftsprüfer) oder in anderen geschäftlichen Beziehungen zu ihm stehen, wie bei­ spielsweise die Banken121. 6. Zusammenfassung

Entgeltliche Verträge zwischen den in Konkurs gefallenen abhängigen Konzern­ unternehmen und anderen Unternehmen desselben Unternehmensverbundes können vom Konkursverwalter erleichtert angefochten werden, wenn es sich um entgeltliche Verträge handelt, die im letzten bzw. in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung geschlossen wurden und zu einer Benachteiligung der Gläubiger geführt haben. Voraussetzung ist allerdings, daß die entgeltlichen Verträge der betreffenden Untergesellschaft mit einem „nahen Angehörigen“ geschlossen wurden. Das ist der Fall, wenn der Vertragspartner ein Gesellschafter ist, der einen „qualifizierten Informationsvorsprung“ hat. Zu solchen gehören die Muttergesellschaft und auch die anderen Schwestergesellschaften. Letztere fallen, wenn sie nicht ohnehin Gesellschafterin mit einem bestimmten Anteilsbesitz (mehr als 25% der Anteile bei einer AG; mindestens 10% bei einer GmbH) oder mit einer eigenen faktischen Einflußmöglichkeit sind, unter die Insiderregelung, weil sie sich wegen der Verbundenheit mit der Muttergesellschaft deren Insiderstellung als eigene zurechnen lassen müssen. Während es sich derzeit insoweit um ungeschrie­ benes, aus § 31 Nr. 2 KO abgeleitetes Recht handelt, das bezüglich der Anfechtung 119 K. Schmidt, ZHR 140 (1976), 490; ders., ZGR 1986, 179.; ders., Gesellschaftsrecht, § 18 II 3.

120 Scholz(-Winter) 6. Aufl., §§ 32a/b, Rn. 18; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 267; siehe auch Kohlhosser, WM 1985, 932. 121 Vgl. den Diskussionsentwurf, S. B 133 und R. Schmidt-Räntsch, § 138, Rn. 6; Henckel, in: Kölner Schrift, Rn. 60.

von Insidern angewendet wird, haben die entsprechenden Regelungen in der neuen InsO eine positiv-rechtliche Ausgestaltung gefunden (§§ 133 II, 138 II InsO). Das gilt auch trotz der neueren Rechtsprechung des BGH zur Insideranfechtung; dieser ist nicht zu folgen, weil sie dem Sinn und Zweck der Insideranfechtung zuwider­ läuft. Damit kann der Konkursverwalter im Konkurs einer Untergesellschaft also eine ganze Bandbreite an konzerninternen Geschäften, nämlich all diejenigen ent­ geltlichen Verträge, die in den letzten beiden Jahren vor Eröffnung des Verfahrens innerhalb des Konzerns geschlossen worden sind, erleichtert anfechten. Für den Sonderfall der Banken ist bei der Insideranfechtung zu differenzieren. Soweit eine Bank gleichzeitig auch Gesellschafter an der jetzigen Gemeinschuld­ nerin oder sogar deren Konzemmutter ist, muß sie sich behandeln lassen wie die anderen Gesellschafter auch, d.h. auch ihre entgeltlichen Verträge mit der betref­ fenden Untergesellschaft können als Insidergeschäft angefochten werden. Etwas anderes gilt aber für konzernexterne Banken. Zwar sind sie aufgrund ihrer Position dem abhängigen Unternehmen gegenüber auch als Insider zu betrachten, doch würde die Berührung der Kredite durch die Insiderhaftung gesamtwirtschaftlich gesehen derart negative Konsequenzen nach sich ziehen, daß es insgesamt günsti­ ger ist, die konzernexternen Banken von der Insideranfechtung auszunehmen. Das ergibt sich nunmehr auch aus § 138 II Nr. 2 InsO. Das hier erzielte Ergebnis hat zum einen zur Folge, daß dem Konkursverwalter aufgrund des Umstandes, daß regelmäßig ein nicht unerheblicher Teil der wirt­ schaftlichen Aktivitäten eines abhängigen Unternehmens in einem Konzern mit den anderen Konzernunternehmen abläuft, eine weitgehende Möglichkeit eröffnet wird, Geschäfte der Gemeinschuldnerin erleichtert anzufechten. Durch die Erleichterungen bei der Anfechtung kann davon ausgegangen werden, daß die Rückführung der im Rahmen des Vertrages erbrachten Leistungen grundsätzlich gelingt, so daß damit die Haftungsmasse wirksam vergrößert werden kann122. Gleichzeitig setzt eine verhältnismäßig weitgehende Insideranfechtung auch ein Signal an die Konzemmutter. Sie muß in einer aktuellen oder sich andeutenden Krise des betreffenden Unternehmens Vorsicht walten lassen, da sie dann damit rechnen muß, daß der Konkurs möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft eintreten könnte und nicht nur ihre entgeltlichen Verträge, sondern auch die der anderen Konzernunternehmen ggf. einer vereinfachten Konkursanfechtung unter­ liegen, so daß sie womöglich die ihr gegenüber erbrachte Leistung rückabwickeln muß und im Gegenzug vielleicht nur eine Quote bekommt. So kann diese verhält­ nismäßig einschneidende Konkursfolge ein Anreiz für die Konzemmutter sein, dafür Sorge zu tragen, daß eine Krise abgewendet wird bzw. gar nicht erst entsteht. Das läge wiederum im allgemeinen Interesse der Wirtschaft, weil damit ein erfolg­ versprechender Ansatz gefunden wäre, wie die Anzahl der Insolvenzen von abhän­ gigen Konzernunternehmen verringert werden könnte.

122 Die anderen Voraussetzungen der Anfechtungen sind in der Praxis kein größeres Problem; siehe oben in diesem Abschnitt A. II.

IV. Absichtsanfechtung 1. Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO

Die Absichtsanfechtung nach § 31 KO ist speziell für konzerninterne Geschäfte nur wegen der Beweislastumkehr in Nr. 2 interessant. Die Fälle, die von Nr. 2 nicht erfaßt werden, also alle Rechtshandlungen, die keine entgeltlichen Verträge der Gemeinschuldnerin mit einem anderen Konzernunternehmen darstellen, sind nach § 31 Nr. 1 KO unter den gleichen (relativ schweren) Bedingungen anfechtbar wie in den Fällen des Konkurses unabhängiger Gesellschaften auch. Insbesondere erweist sich der vom Konkursverwalter zu erbringende Nachweis der Kenntnis der Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners beim anderen Teil als nicht leicht überwindbares Hindernis, weil ein bloßes Kennenmüssen nicht genügt123. Im Hin­ blick auf die Anfechtungsmöglichkeiten des § 31 Nr. 1 KO ergeben sich mithin keine konzemspezifischen Besonderheiten. 2. Die Regelung der Absichtsanfechtung nach § 133 I InsO

Zwar übernimmt der neue § 133 I InsO weitgehend die materiellen Vorausset­ zungen des § 31 I KO. Doch kommt der Anfechtung von Rechtshandlungen wegen vorsätzlicher Benachteiligung nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung für Konzerne besondere Bedeutung zu, weil § 133 I 2 InsO eine Erleichterung der schwierigen Beweisführung für den Insolvenzverwalter enthält und damit die praktische Durchsetzbarkeit dieser Anfechtungsmöglichkeit wesentlich verbessert: Absatz 1 überläßt es zwar immer noch dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, daß die Untergesellschaft als Gemeinschuldnerin einen Benachteiligungsvorsatz hatte, doch wird die zudem erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Benachteiligungsvorsatz dann vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin drohte (vgl. § 18 II InsO) und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte, also deren Befriedigung beeinträchtigen wird. Gelingt dem Insolvenzverwalter der Beweis der diese Vermutung rechtferti­ genden Tatsachen, dann hat der Anfechtungsgegener, um diese Vermutung zu widerlegen, den Beweis des Gegenteils zu führen124. Bezogen auf die Situation im Konzern ist dabei wiederum bedeutsam, daß das abhängige bzw. das beherrschte Unternehmen unter der wirtschaftlichen Leitung der Konzemmutter steht. Die dadurch entstehende Beziehung zwischen Mutterund Tochterunternehmen schließt es unter normalen Bedingungen125 - wie gezeigt 123 Einzelheiten bei Kuhn/Uhlenbruck, § 31, Rn. 14 ff. 124 Reg.Begr. zu § 148 Reg.Entw. InsO, BT-Drs. 12/2443, 160 (Zu § 148); Holzer, WiB 1997, 734 f. Skeptisch zur Bedeutung dieser Vermutung allerdings Jauernig, § 81 II 1 und Häsemeyer, 461. 125 Ausnahmen sind nur im Hinblick auf die fraudulösen Fälle denkbar, wo das Tochterunter­ nehmen versucht, dem Mutterunternehmen gegenüber die tatsächliche schlechte Lage - und damit

aus, daß die Muttergesellschaft keine Kenntnis darüber erlangt, daß bei der von ihr abhängigen oder sogar beherrschten Tochter die Zahlungsunfähigkeit droht und daß durch Geschäfte, die diese trotzdem noch mit ihr abschließt, die Befriedigung der anderen Gläubiger beeinträchtigt wird. Dem folgend können dann, wenn die Konzemmutter der Anfechtungsgegner nach § 133 I InsO ist, die Voraussetzungen für die Bejahung des Vermutungstatbestandes des § 133 I 2 InsO als gegeben angenommen werden. Wenn dem Mutterunternehmen die Kenntnis des Benachtei­ ligungsvorsatzes der Tochtergesellschaft unterstellt werden kann, dann wird in Anwendung der oben entwickelten Regeln zur Wissenszurechnung im Konzern hinsichtlich der Schwestergesellschaft widerleglich vermutet, sie habe (ebenfalls) Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht gehabt126. Aus Sicht des Schutzes der Gläubiger des abhängigen Konzernunternehmens spricht für die Einbeziehung der Schwesterunternehmen in die widerlegliche Vermutung des § 133 I 2 InsO zudem auch das systematische Argument, daß damit im Geltungsbereich der InsO ein ein­ heitliches funktional zusammenhängendes System der Insideranfechtung ent­ wickelt werden kann, welches dann nicht nur Insidergeschäfte erfaßt, die sich als entgeltliche Verträge darstellen lassen, sondern über die Vermutungsregel des § 133 I 2 InsO grundsätzlich auch die anderen konzerninternen Rechtshandlungen.

V. Anfechtung unentgeltlicher Verfügung 1. Ausgangslage Im konzemfreien Verhältnis entsteht zwischen den Akteuren auf dem Markt grund­ sätzlich ein Vertrag zu Marktbedingungen (Vertrag at arms length). Das gilt auch dann, wenn einer der Vertragspartner ein Konzernunternehmen ist. In einem solchen Vertrag ist idealtypisch das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenlei­ stung ausgewogen, also so gestaltet, wie es unter Dritten oder mit einem Dritten unter vergleichbaren Umständen ebenfalls vereinbart worden wäre. Der Vertrag unter Marktbedingungen läßt sich - verkürzt gesagt - als Kompromiß der unter­ schiedlichen wirtschaftlichen Interessen zweier grundsätzlich gleichberechtigter Parteien verstehen, der das Ergebnis eines Suchprozesses auf einem Markt mit unterschiedlichen Wettbewerbern ist127. Dieses Modell ist zwar in der Wirklichkeit aufgrund sogenannter „Ungleichgewichtslagen“ einigen Modifizierungen unter­ worfen, es kann jedoch grundsätzliche Richtigkeit für sich in Anspruch nehmen128. eventuell auch die Zahlungsunfähigkeit - zu verschleiern. Die damit zusammenhängenden Frage berühren die Verpflichtungen der Tochtergesellschaft gegenüber dem Mutterunternehmen im Innenverhältnis und bleiben hier außer Betracht. 126 Siehe oben in diesem Abschnitt III 3 b. 127 Siehe statt aller L. Kaiser, in: FS DJT, I, 101 ff.; darüber hinaus siehe speziell zur Reaktion auf sog. „Ungleichgewichtslagen“: Derleder, in: FS Wassermann, 643 ff. 128 Ausführlich mit vielen Nachweisen etwa Zöllner,AcP 196 (1996), 15 ff.; Westermann, AcP 178 (1978), 150 ff.; Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, 1994.

Für konzerninterne Verträge gilt jedoch grundlegend anderes. Da es sich in einem Konzern um einen Markt handelt, auf dem ein Wettbewerb praktisch nicht vorhan­ den oder nur unter der Aufsicht des herrschenden Unternehmens möglich ist, kommen die Verträge unter anderen Kautelen zustande wie auf einem freien, d.h. wettbewerbsorientierten Markt. Der freie Suchprozeß nach dem für beide Seiten günstigsten Ergebnis kann (und wird in der Regel) bei konzerninternen Verträgen ersetzt werden durch die Vorgaben des herrschenden Unternehmens in einem Konzern, denn beide Parteien unterliegen einer effektiv oder potentiell einheitli­ chen Leitung der Konzemmutter und sind Teil derselben wirtschaftlichen Ein­ heit129. Der Interessenausgleich von divergierenden Interessen, wie er bei Verträ­ gen zu Marktbedingungen vorliegt, fehlt hier in der Regel. At-arms-lengthVerträge werden innerhalb von Konzernen nur geschlossen, wenn dies ausdrück­ lich so gewollt ist130. Statt dessen werden meist „Verträge unter Konzembedingun­ gen“ geschlossen, die sich im Gegensatz zu Verträgen unter Marktbedingungen häufig gerade durch das Fehlen der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenlei­ stung auszeichnen. Es kommt daher nicht selten vor, daß die Untergesellschaften in Konzernen zum Teil Leistungen an das herrschende Unternehmen oder an ein anderes Unternehmen im Konzern erbringen müssen, für die sie keine Gegenlei­ stung erhalten. Noch häufiger kommt es hingegen vor, daß Leistungen der Unter­ gesellschaft an einen anderen Konzemteil, zwar formal nicht ohne Gegenleistung sind, wo sich aber die vereinbarte oder erbrachte Gegenleistung ökonomisch gemessen als (völlig) inäquivalent darstellt. Das kann in bestimmten Fällen sogar soweit gehen, daß die von der Untergesellschaft erbrachte Leistung faktisch so wirkt, als sei sie unentgeltlich erbracht worden. Vor diesem Hintergrund greift im Konkurs das für die Vergrößerung der Haftungsmasse insolventer, abhängiger Konzernunternehmen häufig unterschätzte Instrument der Anfechtung konzern­ interner Transaktionen131, die sich als „unentgeltliche“ Verfügungen qualifizieren lassen, ein. Vor dem aufgezeigten Hintergrund der veränderten Marktbedingungen innerhalb von Konzernen bildet diese Anfechtungsmöglichkeit nicht nur ein Instrument zur Vergrößerung der Haftungsmasse, sondern sie läßt sich gleichzeitig auch beschreiben als ein Mittel zur Kompensation der Außenwirkung bestimmter konzerninterner Verträge auf Dritte, deren Zustandekommen sich nicht nach den allgemeinen Regeln, sondern nur nach den speziellen Gegebenheiten des „diktato­ rischen Marktes“ innerhalb eines Konzerns gerichtet haben. Dieser Kompensa­ tionsgedanke wird sich als wichtig herausstellen bei der Frage, welche konzern­ internen Leistungen überhaupt in den Anwendungsbereich der Anfechtung unent­ geltlicher Verfügungen fallen.

129 Handschin, 116. 130 Lutter, ZGR 1987, 351. 131 Allenfalls ganz am Rande findet man Hinweise, wie z.B. bei Kamlah, 89; nun aber neue­ stens auch C. Paulus, ZIP 1996, 2143 ff.

2. §32 KO

a) Grundlage der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen Die Grundlage für die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen findet sich derzeit in § 32 KO, wo allerdings von „unentgeltlichen Verfügungen“ die Rede ist. Für den Anwendungsradius dieser Vorschrift im Konkurs eines abhängigen Unternehmens im Konzern kommt es entscheidend auf das Verständnis des Begriffs der unent­ geltlichen Verfügung an. Dieses ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 32 KO. Ausgangspunkt dieser Regelung ist die Anfechtbarkeit einer Leistung, wenn ihr dem Inhalt des Rechtsgeschäfts nach keine Gegenleistung gegenübersteht132. Der Grund dafür, diese Art der Zuwendung unter erleichterten Bedingungen anzufech­ ten, liegt in der Vorstellung der geringeren Schutzwürdigkeit unentgeltlichen Erwerbs133. Dahinter steht der Gedanke, daß der Erwerber das Unentgeltliche solange nicht behalten können soll, wie andere Gläubiger, die für die von Gemein­ schuldner empfangene Leistung eine Gegenleistung erbracht haben oder schulden, unbefriedigt bleiben. Umgekehrt ausgedrückt: Ein Schuldner darf nicht aus purer Freigebigkeit unentgeltlich zuwenden können, wenn und solange er seine Gläubi­ ger nicht befriedigen kann134. Der Zweck der Anfechtungsvorschrift liegt folglich im wesentlichen darin, entgeltlich begründete Rechte späterer Konkursgläubiger vor den Folgen unentgeltlicher Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte der spä­ teren Gemeinschuldnerin zu schützen. Um diese Zielvorstellungen mit dem Instrumentarium des § 32 KO auch effektiv umsetzen zu können, muß der Begriff der unentgeltlichen Verfügung weit ausgelegt werden135. Anerkanntermaßen reicht er daher weiter als der Begriff der Schenkung nach § 516 BGB136; die Schenkung ist vielmehr nur ein Unterfall einer unentgeltlichen Verfügung137. In einem Urteil vom 24. Juni 1993 hat der BGH den Begriff der unentgeltlichen Verfügung nun­ mehr wie folgt zusammengefaßt: Eine derartige Leistung liege vor, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne daß der Empfänger eine ausgleichende Gegenleistung an den Verfü­ genden oder mit dessen Einverständnis an einen Dritten erbringe138. Ob eine solche Gegenleistung erbracht worden ist, und ob es tatsächlich an einem Gegenwert 132 OLG Köln, ZIP 1988, 1203; OLG Hamburg, KTS 1987, 727, 730; Baur/Stümer, II, Rn. 19.3; Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 2; Häsemeyer, ZIP 1994,420 f. 133 Siehe Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 1; Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 1; Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 1; Gerhardt/Kreft, 109 f.; Henckel, in: in: FS Nagel, 99; BGHZ 41, 298, 301; BGHZ 58, 240, 243. 134 Siehe BGHZ 21,298, 301; BGHZ 58,240, 243 f. 135 Kilger/K. Schmidt, § 32, Anm. 2. 136 BGHZ 71, 61,63; Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 1; siehe auch die Beispiele für unentgeltliche Verfügungen bei Hess/Kropshofer, § 32, Rn.4 ff. 137 Statt aller Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 11. 138 BGH ZIP 1993, 1170; vgl. auch BGH ZIP 1992, 1089, 1091 f. (dazu die Anmerkung von Marotzke/Assmann, EWiR 1992, 841)

fehlt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem objektiven Sachverhalt139. 140 Nach Ansicht des BGH könne jedenfalls die einseitige^ Vorstellung der Gemein­ schuldnerin über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhän­ gigkeit zu ihrer Zuwendung stehen, deren Entgeltlichkeit nicht begründen141; ebenso läßt die Hoffnung auf eine Gegenleistung ein Geschäft noch nicht entgelt­ lich werden142. Der objektive Sachverhalt bedeutet dabei aber nicht in erster Linie die Frage nach den objektiven Werten von Leistung und Gegenleistung, sondern er wird in der Regel durch die Wertung beider Parteiauffassungen gekennzeichnet143. Die Unentgeltlichkeit ist grundsätzlich also danach zu beurteilen, ob die Beteilig­ ten den Gegenwert der Leistung als Entgelt angesehen haben oder nicht144. Die synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung genügt im allge­ meinen, um die sich gegenseitig versprochenen Leistungen als entgeltlich anzuse­ hen145. D.h. Zuwendungen sind dann nicht als unentgeltlich anzusehen, wenn der Gemeinschuldner hierzu verpflichtet gewesen ist146. b) Unentgeltlichkeit auch bei synallagmatischen Verträgen?

Vor dem allgemeinen Hintergrund der oben skizzierten Möglichkeit, innerhalb von Konzernen abweichend von Marktbedingungen Verträge unter Konzembedin­ gungen abzuschließen, liegt ein Leerläufen der Anfechtungsmöglichkeit nach § 32 KO bei konzerninternen Geschäften auf der Hand. Im Hinblick auf den Regelungs­ zweck der Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen und darauf, daß § 32 KO in Wirklichkeit implizit davon ausgeht, daß Verträge üblicherweise unter Markt­ bedingungen zustande kommen147 und deshalb diejenigen, die dennoch unentgelt­ liche Zuwendungen erlangen, weniger schutzwürdig sind als die anderen, die im Marktprozeß eine Leistung nur deshalb erlangen, weil sie dafür eine ausgehandelte Gegenleistung erbringen müssen148, liegt es nahe, bei konzerninternen Geschäften, auch bestimmte Verfügungen der Anfechtung nach § 32 Nr. 1 KO zu unterwerfen, die die Erfüllung eines synallagmatischen Vertrages darstellen; insoweit kann man 139 Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 2; BGH WM 1956,703; Gerhardt/Kreft, 117. 140 Hervorhebung durch mich. 141 BGH ZIP 1991, 35 (dazu Ackmann EWiR 1991, 75). 142 OLG Celle, NJW 1990,720. 143 BGHZ 113, 98, 101 ff.; Gerhardt, ZIP 1991, 279 ff.; Henckel, ZIP 1990, 139 ff; Häsemeyer, 1. Aufl., 494 f.; ders., 465 f. 144 BGHZ 71, 61, 63; BGH WM 1971, 1435, 1436; vgl. auch Häsemeyer, ZIP 1994, 421 f.; zu der Bedeutung der subjektiven Vorstellungen der Parteien siehe Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 12; Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 2. 145 RGZ 163, 348, 356; BGH WM 1956, 354. 146 Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 2a; BGHZ 71,61,69. 147 Vgl. auch den Hinweis bei Häsemeyer, 466 f. 148 Der hier zugrundeliegende Gedanke ist letztlich kein anderer als der, welcher der Vorstel­ lungen des „bargaining^ und der „consideration^ im Common Law zugrunde liegen; siehe Zweigert/Kötz, 384 ff., insbes. 385.

von „unechten unentgeltlichen Verträgen“ sprechen149. Anerkannt ist bereits, daß dann, wenn der spätere Gemeinschuldner für seine Leistung nur eine Gegenlei­ stung bekommt, die objektiv wertlos ist, keine Gegenleistung des Zuwendungsempfangers vorliegt und die Zuwendung als solche deshalb nach § 32 Nr. 1 KO anfechtbar ist150. Problematisch sind deshalb die Fälle, in denen die Untergesell­ schaft eine Gegenleistung bekommt, die nicht wertlos ist, wobei der (objektive) Wert dieser Gegenleistung zu dem (objektiven) Wert der Zuwendung in krassem Mißverhältnis steht. Die Legitimation dafür, auch hier über die Anfechtung nach § 32 Nr. 1 KO durch die Zuwendung die Haftungsmasse zu vergrößern, ergibt sich aus der einfachen Überlegung, daß ansonsten die Möglichkeit eröffnet würde, § 32 KO weitgehend leerlaufen zu lassen. Es bräuchte nämlich nur an die an sich unent­ geltliche Verfügung des einen Teils eine minimale Gegenleistung des anderen Teils geknüpft werden. Dann wäre der Tatbestand einer unentgeltlichen Verfügung im formalen Sinne gerade nicht erfüllt, ohne daß aber zwischen den Parteien der wahre Charakter der Unentgeltlichkeit der Verfügung entfiele. Derartige Umge­ hungsmöglichkeiten können nur verhindert werden, wenn man eine Unentgeltlich­ keit der Leistung auch dann annimmt, wenn die Gegenleistung im Vergleich zu der ihr gegenüberstehenden Leistung objektiv keinen großen Wert hat und ihr deshalb in Wirklichkeit nur die Aufgabe zukommt, eine Quasi-Entgeltlichkeit vorzuspie­ geln151.

c)

Die Idee eines Nutzenkonzepts

Für die Einbeziehung auch solcher Tatbestände in den Begriff der „Unentgelt­ lichkeit“ könnten Erkenntnisse einer Strömung in der Wirtschaftswissenschaft sprechen, nach denen es ohnehin niemals eine unentgeltliche Leistung geben könne, weil mit jeder Leistung immer auch einen Nutzen für den Leistenden verbunden sei152. Insoweit wird der juristische Begriff der „Entgeltlichkeit“ von dem ökonomischen Terminus „Nutzen“ ersetzt. Nach diesem Nutzenkonzept beinhaltet selbst eine ohne in einem geldwerten Maßstab (finanziell) meßbare Gegenleistung erbrachte Leistung einen Nutzen, ist also nicht unentgeltlich, weil

149 Henckel spricht insoweit von „verschleierter Schenkung“, siehe Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 22, wobei er offensichtlich hauptsächlich die Geschäfte im Auge hat, in denen der vorgespie­ gelte Kauf ohnehin bereits nach § 117 II BGB nichtig ist; vgl. auch Kuhn/Uhlenbruck, §32, Rn. 10. 150 BGH WM 1964, 590. 151 So im Ergebnis auch Häsemeyer, 466 f.; Kamlah, 86 f.; Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 22; vgl. im weiteren Zusammenhang auch Siemon, BB 1991, 81 ff. insbes. 81 und 84; BGHZ 41, 289, 301; BGHZ 57, 123, 127; BGH WM 1971, 1435, 1436; BGH ZIP 1993, 1170, 1173. 152 In der Ökonomie wird dies im wesentlichen unter dem Stichwort der „grants economy“ diskutiert, dessen Hauptvertreter Kenneth Boulding ist, vgl. dazu Boulding, Collected Papers, II, 475 ff.; ders., in: Grants and Exchange, 5 ff.; vgl. zudem auch Pfaff, in: Grants and Exchange, 227 ff.

der Nutzen insoweit subjektiv empfunden wird153. Wesentliche Prämissen dieses Konzepts sind jedoch, daß sowohl irrationales als auch altruistisches Verhalten weitgehend ausgeschlossen werden. Ob dies tatsächlich eine realitätsnahe Prämis­ senbildung ist, mag bezweifelt werden154. Dies kann allerdings letztlich auch dahingestellt bleiben, denn für die Frage des Anwendungsbereichs von § 32 KO würde es - das Nutzenkonzept zugrunde gelegt - darauf ankommen müssen, den Nutzen zu bestimmen, den eine bestimmten Leistung an einen anderen für den Leistungsgeber hat, und diesen Nutzen so zu quantifizieren, daß er in einem Bereich liegt, der von § 32 KO erfaßt würde. Beides dürfte praktisch undurchführ­ bar sein. Die Folge müßte konsequenterweise dann die Streichung des § 32 KO sein. Das widerspräche aber dem mit diesem Anfechtungsinstrument verfolgten Ziel und brächte das ausgefeilte System der einzelnen Anfechtungstatbestände durcheinander. Der ökonomische Begriff des „Nutzens“ ist deshalb allenfalls wichtig für die Erkenntnis, daß man bei dem juristischen Begriff der „Unentgeltlichkeit“ nicht bei dem Wortlaut stehenbleiben darf. Dieser ist vielmehr auslegungsfähig und ausle­ gungsbedürftig. Allerdings führt das „Nutzenkonzept“ im Hinblick auf die Anfechtbarkeit unentgeltlicher Verfügungen bei der Antwort auf die Frage, welche Leistungen als unentgeltlich mittels der insolvenzrechtlichen Vorschriften ange­ fochten werden können, nicht weiter. Der Begriff des „Nutzens“ ist nämlich kein normativer Begriff, der für die Rechtswissenschaft als Tatbestandsmerkmal eine Rolle spielen kann. Denn er ist nicht justiziabel in dem Sinne, daß er mit der rechtswissenschaftlichen Methode bei Wahrung der notwendigen Rechtssicherheit zur Lösung von Fällen herangezogen werden kann. Der juristische Begriff der Unentgeltlichkeit ist damit von dem ökonomischen Begriff des „Nutzens“ zu unterscheiden. Juristisch gesehen ist eine Gegenleistung, an der es für die Unent­ geltlichkeit fehlen muß155, dann meßbar, wenn sie in einem grundsätzlich einklag­ baren Tun oder Unterlassen besteht. Bloße innere Befriedigung für die Hingabe einer Leistung fällt nicht darunter; sie ist beispielsweise nicht rückabwickelbar. Für die Belange des § 32 KO ist also von einem juristischen Begriff der Unentgeltlich­ keit auszugehen156. d) Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit

Dieser juristische Begriff steht aber in einem Spannungsverhältnis. 153 Dazu gehört etwa das Gefühl, bei einer Spende eine gute bzw. sinnvolle Tat getan, oder der Eindruck, den good-will eines anderes Geschäftspartners „erkauft“ zu haben, indem man ihm etwa ohne finanzielle Gegenleistung überläßt, etc. 154 Allgemein zur Kritik an ökonomischen Erwägung in der Jurisprudenz, die an den Prämis­ sen ansetzt, siehe Kirchner, Ökonomische Theorie, 28 ff. 155 Vgl. statt aller Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 2 f.; Kilger/K. Schmidt, § 32, Anm. 2; Jaeger (-Henckel); § 32, Rn. 7; siehe auch BGHZ 113, 393, 396. 156 Vgl. auch C. Paulus, WuB VI B. § 32 Nr. 1 KO, 1.97, 345.

aa) Auf der einen Seite spricht die ganz erhebliche Umgehungsgefahr der Anfechtbarkeit einer unentgeltlichen Verfügung bei einer engen Auslegung für ein weites Verständnis. Auf der anderen Seite ergeben sich wesentliche Bedenken gegen eine weite Interpretation, die auch eine im Verhältnis zur Leistung nur sehr geringfügige Gegenleistung noch als „unentgeltlich" ansehen will. Es muß nämlich berücksichtigt werden, daß auch eine noch so kleine Gegenleistung von den Beteiligten möglicherweise doch als angemessenes Entgelt angesehen werden kann, so daß zumindest ihrer übereinstimmenden Vorstellung nach die Verfügung nicht unentgeltlich sein sollte. Die Bewertung einer Leistung aufgrund einer solchen synallagmatischen Beziehung als unentgeltlich und damit als im Konkurs anfechtbar, stellt damit einen Eingriff in die Privatautonomie der Parteien dar. Sie wirft insbesondere die Frage nach den Grenzen der Gestaltungsfreiheit von Verträgen, insbesondere im Konzern auf157. Wo diese gezogen werden müssen, ist noch nicht endgültig geklärt. Denkbar ist, daß die Gestaltung von Verträgen bei konzerninternen Geschäften erst dort an ihre Schranken stößt, wo dies auch allgemein bei konzernexternen Verträgen der Fall wäre, also insbesondere bei Verstößen gegen §§ 134,138 und 242 BGB. Dagegen ist aber auch vorstellbar, daß der Spielraum für konzerninterne Verträge enger ist und z.B. durch den Gesellschaftszweck der jeweiligen Konzernunternehmen beschränkt wird. Das hätte zur Folge, daß ein Vertrag zwischen der Konzemmutter und der abhängigen Gesellschaft dann gegen die Gestaltungsfreiheit verstößt und damit in der Regel nichtig ist, wenn der Gesellschaftszweck der Untergesellschaft durch den Vertrag mißachtet würde158. Für eine Beschränkung im letzteren Sinne könnte sprechen, daß es sich bei den Vertragsparteien nicht um zwei „freie“, prinzipiell gleichberechtigte und gleich starke Marktteilnehmer handelt, sondern daß das Tochterunternehmen bei Verträgen mit seiner Mutter praktisch keinen eigenen Spielraum hat und deshalb etwa vom Vertragspartner veranlaßt werden kann, für ihn ungünstige Bedingungen zu akzeptieren. Hier würde der schwächere der Ver­ tragspartner dadurch geschützt werden können, daß zumindest der Vertragszweck neben den allgemeinen Grenzen einen weiteren Schutz bildet. Dieser Schutz ist in Wirklichkeit aber nicht viel wert, denn das herrschende Unternehmen kann - jedenfalls wenn es dafür sorgen kann, daß eine entsprechende Mehrheit zustandekommt - den Gesellschaftszweck so ändern, daß die benachteiligenden Geschäfte nicht dagegen verstoßen. Dies kann auch als vorbereitender Akt für die Eingliederung des betreffenden Unternehmens in den Konzern bewirkt worden sein, oder aber die abhängige Gesellschaft ist statutarisch von vornherein „dienend“ ausgerichtet159. Ferner würden durch die Schranke der Gestaltungs­ freiheit bei konzerninternen Verträgen in erster Linie die Minderheitsgesellschafter geschützt. Diese sind jedoch bereits hinreichend durch die Treuepflichten der 157 Zur Frage der Gestaltungsfreiheit von Verträgen im Konzern siehe Handschin, 117 ff. 158 Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf das schweizerische Recht, wo diese Fragen ebenfalls eingehend diskutiert werden. Siehe Handschin, 123. 159 Zu letzterem siehe Beinert, 27 ff.

anderen Gesellschafter, also genauer: der Konzemmutter bei dem Abschluß stark benachteiligender Verträge, und ggf. durch § 181 BGB und die damit für die Gestattung eines Insichgeschäftes notwendige Zustimmung geschützt. Es ist darüber hinaus auch nicht ersichtlich, warum die Untergesellschaft stärker geschützt werden soll als dies der Fall wäre, wenn es sich um einen Vertrag mit einem externen Dritten handeln würde. Andernfalls nähme man den herrschenden Unternehmen in Konzernen eine wichtige Möglichkeit, die Untergesellschaften als dynamisches Instrument im Konzemgeschäft einzusetzen und deshalb ggf. auch (stark) benachteiligende Verträge mit ihr zu schließen. Weiter gedacht, wäre eine solche Einschränkung geeignet, den Konzern als effektive Form der Unter­ nehmung auf dem Markt zu beeinträchtigen. Daraus folgt, daß prinzipiell die allgemeinen Grenzen der Gestaltungsfreiheit von Verträgen im Konzern nicht enger sein dürfen als bei Verträgen zwischen Partnern, die nicht in einer Abhän­ gigkeitsbeziehung wie in einem Konzern stehen. Etwas anderes gilt aber in der Zeit der Krise der Tochtergesellschaft. Diese wird im Konkursverfahren ex post durch die Frist, innerhalb derer Geschäfte angefochten werden können, bestimmt. In dieser Zeit steht jede privatautonome Entscheidung unter dem „Damokles­ schwert“ der späteren Anfechtung, um die Gleichberechtigung der Gläubiger zu wahren160. Damit diese wesentliche Funktion der Anfechtungsregeln bei der Anfechtung nach § 32 Nr. 1 KO im besonderen nicht leerläuft, muß verhindert werden, daß eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung einfach dadurch überwunden wird, daß nur eine „pro-forma-Gegenleistung" gewährt wird. bb) Im Widerstreit zwischen einer Auslegung, die der prinzipiellen Gestal­ tungsfreiheit von Verträgen auch innerhalb des Konzerns Rechnung trägt, und dem Schutz der relativen Effektivität des Anfechtungstatbestandes des § 32 KO ist im Hinblick auf das elementare Interesse des Wirtschaftsverkehrs an der Schaffung eines möglichst großen Haftungsfonds im Konkurs eines Akteurs, um der voll­ kommenen Entwertung der Vermögensposition von dessen Gläubigem zu entgeg­ nen, eine Entscheidung zugunsten letzterem zu treffen. Da sich jedoch eine Ein­ schränkung der Gestaltungsfreiheit bei konzerninternen Rechtsgeschäften nur dann rechtfertigen läßt, wenn die Vereinbarung zwischen den beiden Konzemunter­ nehmen, die eine krasse Unausgewogenheit der Leistungen zum Inhalt hat, zur Umgehung der Unentgeltlichkeit getroffen wurde, läuft die Frage der Reichweite 160 Aus dem Vermögen des späteren Gemeinschuldners sollen nicht noch kurz vor Verfü­ gungsende an bestimmte Personen zu Lasten der anderen Gläubiger sachlich ungerechtfertigte Vermögens Verschiebungen vorgenommen werden und damit die gleichmäßige Befriedigung aller Schulnder verzerrt werden, siehe besonders deutlich Häsemeyer, 36 ff. und ders., KTS 1982, 515 ff., der dabei auch auf die Grenzen einer solchen Konzeption eingeht; vgl. auch Henckel, ZIP 1982, 391. In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die Diskussion um die Frage hingewiesen, ob nicht das Anfechtungsrecht weniger auf formale Grundsätze zurückgreifen sollte als auf wirt­ schaftliche Erwägungen; vgl. dazu Jaeger(-Henckel), §29, Rn. 2; Henckel, ZIP 1982, 391; Marotzke, KTS 1987, 589 ff.; K. Schmidt, JZ 1987, 889; weitere Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, §29, Rn. 1.

des Anfechtungstatbestandes des § 32 KO darauf hinaus zu unterscheiden, ob eine bestimmte Vereinbarung nur den Tatbestand der Unentgeltlichkeit umgehen sollte oder nicht. Das Gericht muß deshalb ggf. ermitteln, ob der Kem bzw. der Haupt­ zweck des Geschäfts in Wirklichkeit die Unentgeltlichkeit war, oder ob die Parteien die geringfügige Gegenleistung tatsächlich als angemessenes Entgelt angesehen haben161. cc) In solchen Fällen müßte nach den allgemeinen Regeln der Konkursverwalter als Kläger behaupten und ggf. beweisen, daß mit dem entsprechenden Vertrag zwischen der nunmehr insolventen Untergesellschaft und dem herrschenden Unternehmen die Unentgeltlichkeit nur umgangen werden sollte. Dies dürfte ihm jedoch in der Regel unmöglich sein, da ihm grundsätzlich keine Informationen über die Motivationslage der Parteien zur Verfügung stehen. Zu denken ist daher an eine Umkehr der Beweislast. Diese kann aber nur dann in Betracht kommen, wenn die Sachlage aus der Perspektive des Richters tatsächlich Anlaß zu der Ver­ mutung gibt, daß hier mit Hilfe der Gegenleistung der Tatbestand der Unentgelt­ lichkeit nur umgangen werden sollte. Von einer solchen Sachlage wird man etwa dann ausgehen können, wenn ein ganz besonders augenfälliges bzw. krasses Miß­ verhältnis von Leistung und Gegenleistung bestanden hat, das nach allgemeiner Lebenserfahrung zwischen vernünftig handelnden Kaufleuten unüblich ist. Im Rahmen einer solchen Beweislastumkehr muß der Anfechtungsgegener dann die Vermutung widerlegen, bei der vereinbarten Gegenleistung handle es sich nur um eine gleichsam symbolische Gegenleistung, um die Unentgeltlichkeit zu umgehen. Dafür hat er diejenigen Gründe darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, die dazu geführt haben, daß der Vertrag - wider der wirtschaftlichen Vernunft - in Art und Inhalt so abgeschlossen wurde, wie er sich darstellt. Freilich wird dann die Ent­ scheidung über die Frage, ob eine Gegenleistung so gering ist, daß das Geschäft als unentgeltlich angesehen werden muß, auf die Frage abgewälzt, wann eine entspre­ chende Vermutung eingreifen kann. Dies wird immer nur im Einzelfall zu ent­ scheiden sein. Daher sind allgemeine Kriterien für die Abgrenzung von unentgelt­ lichen und entgeltlichen Verträgen nicht möglich. Im Hinblick darauf, daß entgeltliche Geschäfte grundsätzlich schon den übrigen Anfechtungsvorschriften unterfallen, sollte die Vermutung aber nur in einem engen Bereich, nämlich nur in den oben beschriebenen Umgehungstatbeständen, ange­ wendet werden, weil ansonsten Überlappungsbereiche entstehen können, die womöglich geeignet sein könnten, die Anfechtungsregeln für entgeltliche Ge­ schäfte zu beeinträchtigen. Das wiederum könnte dazu fuhren, daß die Anfech­ tungsgegner unbillig behandelt würden. Wenn nämlich eine Anfechtung unent­ geltlicher Verträge auch dann möglich sein soll, wenn das Geschäft nur eine sehr geringe Gegenleistung für die Leistung des Gemeinschuldners vorsieht, dann bedarf es seitens des Konkursverwalters neben den allgemeinen Voraussetzung

161 Vgl. BGH WM 1975, 1182, 1184.

nach § 32 KO nur des Nachweises der „Unentgeltlichkeit“. Sieht man dasselbe Rechtsgeschäft dagegen als entgeltlichen Vertrag an, der z.B. nach § 31 Nr. 1 KO angefochten werden soll, so ist der Anfechtungsgegner insoweit grundsätzlich weiter „geschützt“ als der Verwalter auch eine Benachteiligungsabsicht des Ge­ meinschuldners und Kenntnis davon bei dem Gläubiger nachweisen muß. Eine restriktiver Gebrauch der Umgehungsvermutung zur Bejahung der Unentgeltlich­ keit bei der Anfechtung von Leistungen, die auf synallagmatischen Verträgen beruhen, wird zudem auch unterstützt durch den besonderen Sinn und Zweck des § 32 KO. Bei ihm ist nicht allein die im allgemeinen Interesse liegende objektive Verminderung der Masse das ausschlaggebende Kriterium, sondern die konkurs­ spezifische Ausprägung der Schwäche von unentgeltlichem Erwerb. § 32 KO dient also nicht nur dazu, Verbesserungen der Position eines Gläubigers nach Eintritt der Krise auf Kosten anderer Gläubiger rückgängig zu machen162. Daher kann es auch nicht darum gehen, ein Optimum an Tatbeständen unter den Begriff der „Unent­ geltlichkeit“ zu subsumieren, sondern es muß versucht werden, die Umgehungen der Vorschrift möglichst effektiv zu erfassen. dd) Zusammengefaßt betrachtet bietet die Anfechtung unentgeltlicher Verfü­ gungen nach § 32 KO ein wichtiges und weitreichendes Instrument zur Vergröße­ rung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Unternehmens im Konzern. Da dort unentgeltliche Verfügungen der abhängigen Gesellschaften zugunsten der Konzemmutter und/oder der Konzernschwestern des öfteren vorkommen, kann der Konkursverwalter mittels § 32 KO eine Vielzahl konzerninterner Vermögensver­ schiebungen, die üblicherweise einen erheblichen Vermögensabfluß bei der betref­ fenden Gesellschaft zur Folge haben, zugunsten der Masse erleichtert zurückfuh­ ren. Noch effizienter für die Haftungsmassenvergrößerung ist, daß auch die Umge­ hungen der unentgeltlichen Verfügungen nach § 32 KO angefochten werden können. Überall dort, wo Leistung der Tochter und Gegenleistung der Mutter bzw. der Schwester in einem besonders auffallenden Mißverhältnis stehen, besteht die Vermutung, daß es sich um eine bloße Umgehung der Unentgeltlichkeit handelt. Es liegt dann an dem Leistungsempfänger, die Umstände darzutun, aus denen sich ergibt, daß es sich nicht um eine Umgehung der Unentgeltlichkeit handelt. Die Vermutung ist zwar behutsam anzuwenden, allerdings muß auch stets das Bestre­ ben beachtet werden, ein Leerläufen des § 32 KO zu verhindern. Ein solches Ver­ ständnis der Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen wird ergänzt durch das gesellschaftsrechtliche Instrument der Rückgewähr verdeckter Zuwendungen (ver­ deckte Gewinnausschüttung)163.

162 Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 1 und 12; Kilger/K. Schmidt, § 32 KO, Anm. 2; Kuhn/ Uhlenbruck, § 32 KO, Rn. 6; vgl. aber RGZ 10, 86, 87; Kamlah, 87 f. 163 Dazu siehe unten § 4 II. Teil, C.

e)

Mittelbare Zuwendungen

Besondere Bedeutung haben mittelbare unentgeltliche Zuwendungen innerhalb von Konzernen. Hat etwa das später in Konkurs gefallene abhängige Konzern­ unternehmen in der Frist des § 32 KO vor der Konkurseröffnung Bestandteile seines Vermögens mit Hilfe eines Schwesterunternehmens der Muttergesellschaft zugewendet, ohne zu der Muttergesellschaft in unmittelbare Rechtsbeziehung zu treten, so ist der mittelbare Empfänger der anfechtbaren Leistung nach allgemeiner Ansicht zur Rückgewähr verpflichtet164. Dasselbe gilt selbstverständlich auch dann, wenn der mittelbare Empfänger eine Schwestergesellschaft ist und die „Mittelsperson“ das Mutterunternehmen. Schwieriger zu beurteilen ist allerdings die für in Konzernen nicht selten zu findende Konstellation, in der die später in Konkurs gefallene Untergesellschaft ein Grundstück gekauft hat und den Verkäu­ fer anwies, dieses an das Mutterunternehmen aufzulassen, wobei die Konzem­ mutter an die Untergesellschaft keine Gegenleistung erbracht hat165. Formal betrachtet hat die Untergesellschaft an die Muttergesellschaft eine unentgeltliche Leistung erbracht. Sachenrechtlich hat die Konzemmutter dann das Grundstück nicht von der Untergesellschaft, sondern von einem Dritten erworben166. In diesem Fall könnte der Konkursverwalter nur die Zahlung an den Dritten nach § 31 Nr. 1 KO anfechten, denn das betreffende Leistungsverhältnis bestand nur zu diesem. Aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird dieser Fall von der h.M. allerdings so gelöst, daß angenommen wird, die Vermögensverminderung beim Schuldner stehe der Entziehung des Grundstücks gleich. Damit wird der Empfän­ ger des Grundstücks als Ersterwerber auch der Anfechtungsgegner167. Das hat dann zur Folge, daß der Konkursverwalter gegen die Konzemmutter vorgehen kann, und zwar nach § 32 KO, und das Grundstück in die Masse verlangen darf. Gegen eine angeblich unsaubere dogmatische Begründung bei dieser Anfechtung hat sich besonders Hassold gewendet und alternativ eine „Durchgangstheorie“ ent­ wickelt168. Danach habe die Anweisungsleistung die Wirkung einer Zuwendung des Angewiesenen, also hier des Dritten, an den Empfänger, also die Konzem­ mutter, wobei ein Durchgangserwerb der Untergesellschaft stattgefunden haben soll169. Wenngleich der Ansatz sich von der Begründung des Erklärungsversuchs der h.M. wesentlich unterscheidet, stimmt diese Auffassung im Ergebnis mit der h.M. dennoch überein. Die Begründung Hassolds ist jedoch wegen der Unterstel­ lung eines Durchgangserwerbs bei dem Gemeinschuldner dogmatisch noch weit

164 165 166 167 168 169

Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 14; Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 33; BGH WM 1982,43 Beispiel ähnlich bei Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 14. Hassold, 204 f. Siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 14; Hassold, 214 ff. Hassold, 216 ff.; ihm folgend Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 14 Siehe Hassold, 217 f.

zweifelhafter als die der h.M.170, so daß hier im weiteren zu diesem Streit keine Stellung bezogen zu werden braucht. f) Sicherheitenbestellung als unentgeltliche Verfügung

Fällt eine konzemabhängige Gesellschaft in Konkurs, so stellt sich für den Konkursverwalter das Problem, daß im Rahmen konzerninterner Vermögenstrans­ aktionen die spätere Gemeinschuldnerin nachträglich eigene oder fremde Schul­ den, regelmäßig die von der Mutter- oder von einer Schwestergesellschaft, zu sichern hatte und diese Sicherungen weder mittels § 30 Nr. 2 KO bzw. mit § 31 Nr. 1 KO angefochten werden können171 - etwa weil die Sicherung vor der Eröffnung des Verfahrens oder außerhalb der 10-Tages-Frist gewährt wurde, oder weil doch einmal nicht die subjektiven Voraussetzungen nachzuweisen sind172. Fraglich ist daher, inwieweit hier der Konkursverwalter vielleicht mit dem Instrumentarium des § 32 KO noch zum Erfolg kommen kann. Die Antwort hängt davon ab, ob die nachträgliche Sicherheitenbestellung eine unentgeltliche Leistung darstellt173. Allgemein gilt, daß der Umstand, ob eine Sicherung entgeltlich oder unentgeltlich gewährt ist, nicht davon abhängt, welches Äquivalent der Gemeinschuldner für die Sicherung bekommen hat, sondern von den einzelnen Kausalbeziehungen174. Rechtsgrund für die Gewährung der Sicher­ heit ist die Sicherungsabrede oder eine gesetzliche Verpflichtung zur Sicherheits­ leistung175. Fehlt eine solche Verpflichtung des Sicherungsnehmers, muß die Sicherung deshalb noch nicht unentgeltlich gewährt worden sein: Zu den Kausal­ beziehungen gehört neben der Sicherungsabrede selbstverständlich auch das Kre­ 170 Bedenken gegen die h.M. bestehen vor allem darin, eine unentgeltliche mittelbare Leistung der Untergesellschaft an die Konzemmutter zu sehen. Hassold weist zudem auf dogmatische Begründungsschwierigkeiten der h.M. auf der dinglichen Ebene hin, doch schafft er es ebenso wenig wie die h.M., die Probleme im Dreipersonenverhältnis dogmatisch sauber zu lösen (a. A. Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 14 a.E., aber ohne Begründung, warum das so sei). Während die h.M. mit ihrer Lösung im Grunde genommen aber zumindest deren Schwäche eingesteht und die Klippe dadurch zu umschiffen versucht, daß anstatt einer juristischen Lösung eine ökonomische Zweck­ mäßigkeitserwägung angeboten wird, die immerhin die tatsächliche Wahrnehmung der betreffen­ den Gegenbenheiten aus der Perspektive des Wirtschaftsverkehrs auf ihrer Seite hat, arbeitet die Durchgangstheorie mit einer Fiktion, die keinerlei Beziehung mehr zur Wirklichkeit aufweist. Denn nach den sachenrechtlichen Regeln hat die Untergesellschaft in dem hier gewählten Beispiel nicht einmal eine juristische Sekunde lang Eigentum an dem Grundstück gehabt. Dies ist auch nicht im Rahmen eines Durchgangserwerbs geschehen. Aufgrund der Formenstrenge des Sachen­ rechts, kann von den Erfordernissen für die Erlangung von Eigentum an einem Grundstück keine Ausnahme gemacht werden; einer Fiktion eines solchen Umstandes fehlt daher jede Grundlage. 171 Vgl. dazu Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 4; Kamlah, 87 ff.; Gerhardt/Kreft, 117. 172 Die unentgeltliche Gewährung einer Sicherheit kann freilich ein Indiz für die Benachteili­ gungsabsicht sein; Bähr, JR 1972, 469 f. 173 Dazu ausführlich Jaeger(-Henckel), § 32 KO, Rn. 18. 174 Vgl. BGH KTS 1982,410; BGHZ 41,298, 302. 175 Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 4; LG Köln, NJW 1958,1296.

ditgeschäft. Sowohl Sicherungsabrede als auch Kreditgeschäft sind im Rahmen des § 32 KO als ein einheitliches Rechtsgeschäft zu betrachten, selbst wenn die Siche­ rung erst nachträglich erfolgt ist176. Die Unentgeltlichkeit entfallt dann, wenn ein Kausalgeschäft der Gesamtbeziehung entgeltlich ist; das gilt auch für ein abstrakte Anerkenntnis einer Schuld177. Daraus folgt, daß der Konkursverwalter zumindest dann nach § 32 KO eine Sicherheitenbestellung der Tochtergesellschaft anfechten kann, wenn die der Sicherung zugrundeliegende Forderung schon unentgeltlich erlangt worden ist178. Wenn jedoch die zugrundeliegende Forderung entgeltlich war, dann hat die Konzemmutter, wenn sie Sicherungsnehmer ist, bereits eine Leistung in die Masse bewirkt, für die sie auch eine Gegenleistung beanspruchen darf. Die Befriedigung dieses Anspruches wäre dann entgeltlich im Sinne des § 32 KO, weil der Befriedigung als Gegenleistung die Befreiung von den Verbindlich­ keiten gegenüberstünde. Ist aber die Befriedigung eines Anspruchs nicht nach § 32 KO anfechtbar, so kann auch dessen Sicherung nicht gemäß § 32 KO - allenfalls nur nach § 30 Nr. 2 KO mit seinen höheren Anforderungen - angefochten werden, weil die Sicherung gleichsam nur das Minus zur endgültigen Befriedigung des Anspruchs ist179. Etwas anderes muß allerdings dann gelten, wenn die Mutter durch die Bestellung der Sicherheit der Tochter wirtschaftlich gesehen ein über den ursprünglichen Anspruch auf Befriedigung hinausgehendes Recht erhält; typischer Fall dafür ist die Übersicherung. Hier greift nämlich die Vorstellung vom wesens­ gleichen Minus, von der Vorstufe auf dem Weg zur eigentlichen Befriedigung180 gerade nicht181. Das bedeutet, daß im Konzern, dort, wo eine Befriedigung eines Anspruchs durch die Untergesellschaft nicht nach § 32 KO angefochten werden kann, dies auch für die damit verbundene Sicherung des herrschenden Unterneh­ mens nicht möglich ist, es sei denn, jenes habe sich von der Untergesellschaft übersichern lassen und dadurch einen über die Befriedigung hinausgehenden Vermögensvorteil erhalten. Von der Sicherung einer eigenen Schuld ist die Sicherung für eine fremde Schuld zu trennen, wenn also etwa die spätere Gemeinschuldnerin regelmäßig auf Geheiß der Mutter Sicherheit für die Schulden anderer Knzernunternehmen stellen mußte. Im Grundsatz gilt hier gleiches wie bei der nachträglichen Besiche­ rung eigener Schuld. Die Sicherung fremder Schuld ist dann ebenfalls eine unent­ geltliche Verfügung im Sinne von § 32 KO, wenn diese sowohl im Hinblick auf den Sicherungsnehmer als auch auf den Dritten ohne rechtliche Verpflichtung und 176 Siehe statt aller Jaeger(-Henckel), § 32 KO, Rn. 4; anderer Ansicht jedoch LG Köln, NJW 1973, 1296, 1297. 177 Siehe RGZ 62, 38,44 f. 178 Kamlah, 88; Jaeger(-Henckel), § 32 KO, Rn. 4. 179 So überzeugend Kamlah, 88; vgl. auch BGH NJW 1990, 2687, 2688; BGHZ 58, 240, 244 f. 180 So Kamlah, 88. 181 Im Ergebnis gleich LG Köln, NJW 1958, 1296, 1297; Bähr, JR 1972, 469; anders, aber unter Auslassung des Falles der Übersicherung, Kamlah, 88.

ohne Erlangung eines Gegenwertes erfolgt ist182. Das wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Gemeinschuldnerin die Sicherheit aufgrund eines unentgeltli­ chen Vertrages mit dem Sicherungsnehmer, also z.B. dem Schwesterunternehmen, bestellt hat183. Dasselbe gilt auch, wenn von der Untergesellschaft eine Sicherheit aufgrund eines unentgeltlichen Vertrages mit dem Schuldner bereitgestellt worden ist184. Hat die betreffende Untergesellschaft die Sicherheit dagegen aufgrund eines entgeltlichen Vertrages mit dem anderen Konzernunternehmen oder mit dem Sicherungsnehmer bestellt, so kommt eine Anfechtung nach § 32 KO nur in Betracht, wenn die Gegenleistung nach den oben erarbeitenen Kriterien wertlos oder die Leistungen in einem extremen Mißverhältnis zu einander stehen185. g) Gebrauchsüberlassung als unentgeltliche Verfügung Aus der gesamten Bandbreite der Möglichkeiten des Konkursverwalters, unent­ geltliche Verfügungen innerhalb von Konzernen im Konkurs eines Konzemteils anzufechten, ist schließlich noch zu nennen, daß mit Hilfe des § 32 KO auch bestimmte Formen der Gebrauchsüberlassung erleichtert angefochten werden können. Praktischer Anknüpfungspunkt ist der Umstand, daß nicht selten eigen­ ständige Gesellschaften als Tochterunternehmen einem Konzern eingegliedert werden, damit das herrschende Unternehmen das dort konzentrierte know-how oder bestimmte Immaterialgüterrechte für sich bzw. für den Konzern nutzen kann, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Aus Sicht des herrschenden Unternehmens besteht der „Preis“ für die Nutzung gleichsam in der Aufwendung, die nötig war, um das betreffende Unternehmen als abhängige Tochter in den Konzern einzugliedern. Noch wichtiger ist diese Anfechtungsmöglichkeit dort, wo eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung aus einem Unternehmen als rechtlich eigenständiger Betrieb abgespalten worden ist186. Der Konkursverwalter kann die unentgeltliche Übertragung des Besitzes an einer Sache oder an einem Recht (insbesondere Patent- und Urheberrechte und auch know-how) nämlich insoweit anfechten als dieser zum Zweck der Verleihung vorgesehen war187. Entscheidend ist dabei jedoch, daß der Konkursverwalter nicht nur mit dem Ziel anfechten kann, die Sache oder das Recht vorzeitig wieder zurückzugewähren, um es dann für die Masse verwerten zu können. Handelt es sich bei der Gebrauchsüberlassung um eine Sache oder ein Recht, dessen Gebrauch Einnahmen ermöglicht, so kann der Verwalter darüber hinaus sogar verlangen, daß der Wert der dem Gemeinschuldner entgangenen Nutzung ersetzt wird188. Das gilt selbstverständlich auch für die häu­ 182 183 184 185 186 187 188

BGH ZIP 1983, 32; Gerhardt/Kreft, 117; Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 5a. BGH NJW 1983, 1679. Ausführlich dazu Jaeger(-Henckel), § 31, Rn. 18. Siehe oben in diesem Abschnitt unter V 2 d. Siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 32 Rn. 3a. OLG Stuttgart, NJW-RR 1987, 570. Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 28 mit Hinweis auf Jaeger(-Henckel), § 29, Rn. 43

fig anzutreffende unentgeltliche Überlassung von Räumlichkeiten und Fertigungs­ anlagen an andere Konzemteile. Insoweit greifen die Anfechtungsmöglichkeit des § 32 KO mit den Möglichkeiten, die die §§ 32a GmbHG und 32a KO zur Verfü­ gung stellen, ineinander und bilden damit in der Hand des Konkursverwalters ein ganz besonders leistungsfähiges Instrument, die Haftungsmasse der Gemein­ schuldnerin zu vergrößern, weil die unentgeltliche Überlassung von Räumlichkei­ ten, Dienstleistungen, Personal oder Produktionsgeräten einer Tochtergesellschaft zugunsten des Mutterunternehmens bzw. eines Schwesterunternehmens zu den ganz typischen Organisationsmerkmalen in der konzerninternen „Arbeitsteilung“ gehören. 3. Der zeitliche Rahmen der Anfechtung nach § 32 KO

a) Die Ein-Jahres-Frist

Ein Problem des Konkursverwalters in seinem Bemühen um eine möglichst umfangreiche Vergrößerung der Haftungsmasse ist der sehr enge zeitliche Rahmen, in dem Transaktionen von der Anfechtung nach § 32 KO erfaßt werden. Nach § 32 Nr. 1 KO kann eine Anfechtung grundsätzlich nur erfolgen, wenn die Verfügung im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung vorgenommen wurde. Diese gerade bei konzerninternen Geschäften als ganz besonders knapp empfundene Frist189, könnte jedoch in zweifacher Hinsicht erweitert werden: Zum einen sind auch länger zurückliegende Verfügungen nach § 32 Nr. 1 KO anfechtbar, wenn sie in einen Gesamtzusammenhang gehören, dessen letzter Erwerbstatbestand jeden­ falls in die Jahresfrist fällt190. Zum anderen gilt nach § 32 Nr. 2 KO eine gesetzli­ che Zweijahresfrist für die unentgeltlichen Verfügungen des Gemeinschuldners zugunsten seines Ehegatten. Es ist unumstritten, daß die die Unentgeltlichkeit ausmachende Freigebigkeit erst mit dem Abschluß der Zuwendung vorgenommen ist. Maßgebend ist der Zeit­ punkt des Vollzugs der unentgeltlichen Leistung191, also der Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsgegner eine konkursfeste Rechtsstellung erworben hat192. Das bedeu­ tet, daß die unentgeltliche Verfügung im Regelfall sowohl das Grundgeschäft als auch das Erfüllungsgeschäft umfaßt: Versprechen und Vollzug des Versprechens bilden erst zusammen die unentgeltliche Verfügung193. Die Erfüllung eines Versprechens stellt zwar eine Verfügung im Rechtssinne dar. Die Verfügung ist 189 Häsemeyer, 1. Aufl., 497 f.; ders., 468. 190 BGH WM 1988, 798; Johlke, WuB VIB, § 32 Nr. 1 KO; Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 1. 191 BGH ZIP 1988, 585, 586; BGH WM 1988, 307, 308; BGH BB 1956, 445; BGH NJW 1983, 1679; OLG Köln, ZIP 1988, 1203 (dazu Marotzke, EWiR 1988, 911); Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 50; Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 19. 192 Jaeger(-Henckel), §32, Rn. 50; Kilger/K. Schmidt, §32 Anm. 5 mit Verweis auf §31, Anm. 15. 193 BGH WM 1955,407, 411.

jedoch, wenn man sie für sich betrachtet, nicht unentgeltlich. Vielmehr stellt die Befreiung von der durch das Versprechen eingegangenen Verbindlichkeit das Ent­ gelt für diese Verfügung dar. Erst wenn man die Verfügung zusammen mit dem Grundgeschäft als Einheit betrachtet, läßt sich beurteilen, ob sie von einer ausglei­ chenden Zuwendung unabhängig und damit unentgeltlich ist194. Wenn aber Ver­ sprechen und Vollzug des Versprechens zusammen erst die unentgeltliche Zuwen­ dung bilden, dann reicht es auch aus, wenn das letzte Tatbestandsmerkmal des Vollzugs des Versprechens innerhalb der Anfechtungsfrist liegt195. Fallen also bei einer unentgeltlichen Zuwendung der Akt des Versprechens und der der Verfügung zeitlich auseinander, so kommt es nur darauf an, ob der letzte Akt innerhalb der Ein- bzw. Zweijahresfrist gelegen hat196. Das gilt sowohl für einmalige Verfügungen als auch bei Leistungen innerhalb eines (unentgeltlichen) Dauerschuldverhältnisses. Auch bei jenen können die in der Frist vorgenommenen Verfügungen unabhängig davon angefochten werden, wann der betroffene Vertrag zwischen den Konzemgesellschaften geschlossen worden ist. Wichtig ist diese Möglichkeit etwa bei der kostenlosen Überlassung von Räumlichkeiten der späte­ ren Gemeinschuldnerin an die Konzemmutter. Relevant ist das Verständnis von Versprechen und Verfügung als einheitlicher Akt auch dort, wo der Konkursver­ walter diejenigen Transaktionen einer Untergesellschaft anfechten kann, für deren Wirksamkeit es neben einer Einigung noch auf einen Akt der Eintragung an­ kommt. Damit werden hauptsächlich Grundstücksgeschäfte erfaßt. Eine noch weitergehendere „Streckung" der Anfechtungsfristen hat der BGH schließlich zu Recht hinsichtlich der Vormerkung entwickelt197. Die Anfechtung nach § 32 KO soll danach noch möglich sein, wenn früher als ein bzw. zwei Jahre vor der Konkurseröffnung eine Vormerkung zugunsten des Beschenkten eingetra­ gen, die Eigentumsübertragung aber erst innerhalb des von § 32 KO genannten Zeitraumes erfolgt ist198. Mit dieser zeitlichen Streckung der Anfechtungsfrist kann nämlich z.B. verhindert werden, daß die später in Konkurs fallende abhängige Gesellschaft etwa auf Anweisung der Muttergesellschaft, ein Grundstück aus ihrem Eigentum unentgeltlich der Haftung für ihre Verbindlichkeiten entziehen kann, ohne es dabei aber tatsächlich aus ihrem Vermögen auszuscheiden, so daß es den anderen Konzernunternehmen weiterhin zur Nutzung zur Verfügung stehen kann. Zwar spricht auf den ersten Blick gegen diese faktische Erweiterung der Anfechtungsfrist, daß der Vormerkungsberechtigte nach § 878 BGB eine konkurs­ 194 BGH ZIP 1988,586. 195 BGH ZIP 1988, 586; BGH WM 1972, 363, 364; BGH NJW 1979, 102, 103. 196 Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 19; OLG Köln, ZIP 1988, 1203; Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 1. 197 BGH ZIP 1988, 585 (dazu Pape, EWiR 1988, 697); ablehnend OLG Bremen, ZIP 1987, 1067; Gerhardt, ZIP 1988, 749 ff. 198 Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 19 c; Kilger/K. Schmidt, § 32, Anm. 5; Hess/Kropshofer, § 32, Rn. 11; BGH ZIP 1988, 585 (dazu Pape, EWiR 1988, 692). Zur Bedeutung des § 878 BGB in diesem Zusammenhang vgl. ausführlich Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 51;

feste Rechtsposition erhalten hat und nach dem soeben gesagten die Anfechtungs­ frist von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, wenn der Anfechtungsgegener eine konkursfeste Rechtsstellung erhalten hat199. Hinsichtlich des Verhältnisses von Vormerkung und Eigentumsumschreibung ist jedoch eine Ausnahme zu machen. Der Anspruch auf die unentgeltliche Leistung mag zwar durch eine Vormerkung gesichert sein. Er ist aber nach § 63 Nr. 4 KO keine Konkursforderung. Die in den §§17 und 24 KO beantwortete Frage, ob und unter welchen Umständen eine Konkursforderung gegen die Masse durchsetzbar ist, stellt sich für den durch eine Vormerkung gesicherten Anspruch deshalb gar nicht. Da ein im Konkurs nicht anmeldbarer Anspruch unabhängig davon, ob er durch eine Vormerkung gesichert ist oder nicht, gegenüber der Konkursmasse nicht durchsetzbar ist, findet § 24 KO insoweit keine Anwendung, und auf die Konkursfestigkeit der Vormerkung kommt es deshalb nicht an200. b) Die ,, Ehegattenfrist" auch im Konzern?

Die zweite Fristverlängerung, die bei der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gewährt wird, kommt dem Wortlaut der Norm nach nur bei unentgeltlichen Verfügung zugunsten des Ehegatten in Betracht. Entfernt denkbar ist in diesem Zusammenhang, daß für die juristischen Personen in einem Konzern der Begriff des Ehegattens analog angewendet werden könnte, so daß entsprechend der Rege­ lung des § 31 Nr. 2 KO Leistungen einer Untergesellschaft an das herrschende Unternehmen oder eine Schwestergesellschaft eine zweijährige Frist für die Anfechtung hätten. Eine solche Interpretation ist jedoch ausgeschlossen, denn § 32 Nr. 2 KO ist ausdrücklich nur auf die Ehegatten natürlicher Personen und deren vermögensrechtliche Ausprägung in den familienrechtlichen Vorschriften des BGB zugeschnitten. Daher ist kein Raum für eine analoge Anwendung bei juristischen Personen, da es bei ihnen keinen der Ehe vergleichbaren Stand gibt201. Es gibt daher - plakativ ausgedrückt - keinen Ehegatten eines abhängigen Konzemunter­ nehmens; insoweit sind die Bezeichnungen „Mutter“ und „Schwestern“ als „nahe Angehörige“ einer Konzemgesellschaft treffend und abschließend.

4. § 134 InsO (unentgeltliche Leistung) Die Anfechtungsmöglichkeiten wegen einer unentgeltlichen Leistung werden sich zwar ihrem Charakter nach mit Inkrafttreten der InsO nicht ändern, gleichwohl wird es in der dann einschlägigen Vorschrift, dem § 134 InsO, zwei bemerkens­ 199 Siehe Gerhardt, ZIP 1987, 749 ff. 200 Grundlegend Jaeger(-Henckel), § 32, Rn. 51; ebenso Kuhn/Uhlenbruck, § 32, Rn. 19c. 201 Vgl. Heilmann, KTS 1969, 41 f.; Kilger/K. Schmidt, § 32, Anm. 6; vgl. aber den interes­ santen Hinweis bei Häsemeyer, 1. Aufl., 498 mit Verweis auf den Ersten Bericht der Insolvenz­ rechtskommission, Leitsatz 5.4. zum Reg.Entw. § 149; Häsemeyer, 468 f.

werte Änderungen geben202. Zum einen wird die Anfechtungsfrist auf den Zeit­ raum von vier Jahren vor Verfahrenseröffnung verlängert. Man hat mit dieser Verlängerung der Anfechtungsfrist dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Frist von einem bzw. zwei Jahren für die Anfechtung von unentgeltlichen Verfü­ gungen bei weitem zu kurz bemessen ist. Im Zusammenhang damit soll die Effek­ tivität der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen mit dem Inkrafttreten des § 134 InsO zudem dadurch erhöht werden, daß die Beweislast für den Zeitpunkt des Rechtserwerbs umgekehrt wird. Damit soll der verbreiteten Praxis, betrügerische Rückdatierungen vorzunehmen, entgegengewirkt werden203. Zum anderen findet sich in § 134 InsO darüber hinaus eine bedeutsame Ände­ rung in Form einer begrifflichen Klarstellung. In der neuen Vorschrift ist nämlich nicht mehr von „unentgeltlich vorgenommenen Verfügungen", sondern von „unentgeltlichen Leistungen“ die Rede. Der Gebrauch dieses Begriffes soll in Übereinstimmung mit der zu § 32 KO gebildeten Rechtsauffassung besser ver­ deutlichen, daß nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engen materiellen Sinne erfaßt werden sollen204. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es durch die im Vergleich zu § 32 KO offenere Formulierung möglicherweise erlaubt sein wird, auch rein schuldrechtliche Verpflichtungen zu erfassen und anzufechten. Damit könnten die Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters ganz erheblich erweitert werden. Dagegen spricht jedoch der insoweit eindeutige Wille des Gesetzgebers, der - bis auf die genannten Ausnahmen - inhaltlich im wesentlichen die alte Vorschrift des § 32 KO in § 134 InsO aufnehmen wollte205. Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung werden die herrschenden Gesellschaften in Konzernen aufgrund des § 134 InsO also in stärkerem Maße gezwungen sein, das „Aussaugen“ einer Untergesellschaft ohne Gegenleistung zu vermeiden. Diese erweiterte Anfechtungsmöglichkeit wird bei Zugrundelegung der hier vertretenen Auslegung des Begriffes der „Unentgeltlichkeit“ und des Fristbeginns vermutlich dazu führen, daß innerhalb von Konzernen die Praxis, eine Untergesellschaft nur als „billigen“ Lieferanten zu gebrauchen, der nach Erfüllung seiner Zwecke mittels des Konkurses einfach abgestoßen werden kann, weitgehend aufgegeben werden muß. Statt dessen kann erwartet werden, daß auch bei Transaktionen innerhalb von Unternehmensverbunden in stärkerem Maße marktbezogene Komponenten Einzug halten werden.

202 Vgl. dazu Holzer, WiB 1997,735; Bork, Rn. 214. 203 Siehe Begründung zu § 149 EGInsO, BT-Drs. 12/1223, S. 160 f., „zu § 149“; siehe ferner Häsemeyer, 468 f.; allgemein Braun/Uhlenbruck, 360. 204 Siehe Begründung zu § 149 EGInsO, BT-Drs. 12/1223, S. 160 f., „zu § 149“; Häsemeyer, 466 f. 205 Vgl. Begründung zu § 134 (= 149 Reg.Entw. InsO); vgl. auch Bork, Rn. 214; Holzer, WiB 1997, 735; siehe in einem weiteren Zusammenhang Marotzke, ZfG 1989, 138; Henckel, in: Insol­ venz im Umbruch, 239 ff.; Gerhardt, ZIP 1985, 582 ff.

5. Zusammenfassung Hat ein abhängiges Konzernunternehmen im gesetzlich bestimmten Zeitraum vor der Konkurseröffnung bzw. Zahlungseinstellung dem Mutterunternehmen oder einem Schwesterunternehmen des Konzerns unentgeltliche Leistungen erbracht, so kann der Konkursverwalter diese im Konkurs anfechten (§§ 32 KO; 134 InsO). Die insoweit eindeutigen Regelungen zeigen ihr wirkliches Potential für eine Vergrö­ ßerung der Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin bei der Antwort auf die Frage, was dem Begriff der „unentgeltlichen Leistung“ unterfallt. Dazu gehören jeden­ falls bestimmte Formen der mittelbaren, unentgeltlichen Leistungen, der Bestel­ lung von Sicherheiten oder der Gebrauchsüberlassung. Dazu gehören schließlich auch Leistungen, die zwar formal nicht unentgeltlich sind, die aber wie eine unentgeltliche Leistung behandelt werden müssen. Da eine Leistung schon dann formal nicht mehr unentgeltlich erbracht ist, wenn das leistende abhängige Unternehmen dafür eine Gegenleistung erhält oder zumindest einen Anspruch darauf hat, besteht ein erheblicher Freiraum zur Umgehung dieser Anfechtungs­ möglichkeit. Um dieses Leerläufen zu verhindern, muß eine Leistung auch dann als unentgeltlich gelten, wenn dafür eine Gegenleistung erbracht wird, die allerdings (objektiv) wertlos ist. Das gleiche muß auch gelten, wenn die erbrachte oder die zu erbringende Leistung in einem krassen wirtschaftlichen Mißverhältnis steht. Aufgrund der prinzipiellen Gestaltungsfreiheit der Verträge zwischen den Parteien können diese, auch wenn sie Teile desselben Konzerns sind, zwar den jeweiligen Inhalt ihres Rechtsgeschäfts frei bestimmen. Fällt die Untergesellschaft allerdings in Konkurs, so obliegt es in einem Prozeß dem Anfechtungsgegner zu erklären, aus welchen Gründen der Vertrag mit diesem auffälligen Mißverhältnis des Wertes von Leistung und Gegenleistung abgeschlossen worden ist. Gelingt ihm das, so entfallt die Möglichkeit der Anfechtung einer unentgeltlichen Leistung. Diese Beweislast trifft den Anfechtungsgegner auch nur dann, wenn der Richter berechtigten Anlaß zu der Annahme hat, daß der geringe Wert der Gegenleistung nur vereinbart wurde, um die Unentgeltlichkeit zu umgehen. Dies ist in der Regel immer dann der Fall, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichti­ gung der Umstände des Einzelfalls ein Vertrag mit solchen Leistungen, wie kon­ kret festgelegt, als völlig inäquivalent angesehen und daher üblicherweise nicht vereinbar wird206. Die Anfechtungsmöglichkeit des Konkursverwalters im Rahmen von unentgeltlichen Leistungen wird aber nicht nur durch ein weites Verständnis dessen, was als eine solche Leistung zu verstehen ist, sondern auch durch eine gewisse Aufweichung der Frist erweitert, in der die Leistung erbracht sein muß, um angefochten zu werden. Da eine unentgeltliche Leistung eine Einheit aus Grund- und Verfugungsgeschäft bildet, beginnt die Frist erst dann zu laufen, wenn die unentgeltliche Leistung vollzogen ist. Eine noch weitere Ausdehnung der Frist 206 Ein deutliches Beispiel wäre etwa der Fall, wo die Untergesellschaft an das Mutteninter­ nehmen Büroräume, die üblicherweise für 10.000 DM pro Monat vermietet werden könnten, für einen Preis von 500 DM pro Monat überläßt.

ergibt sich bei einer Vormerkung; diese setzt die Frist trotz des § 878 BGB nicht in Gang.

VI. Die Bedeutung der besonderen Konkursanfechtung im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens Es konnte in den vorhergehenden Untersuchungsschritten gezeigt werden, daß mit dem Instrumentarium, das die §§ 31 Nr. 2 und 32 KO bzw. die §§ 133 und 134 InsO dem Konkursverwalter im Konkurs einem abhängigen Konzernunternehmen zur Verfügung stellen, ein Großteil der Bandbreite aller vermögenswertmäßig zu Lasten des abhängigen Unternehmens - und damit im Konkurs zu Lasten der Gläubiger - gehenden konzeminternen Transaktionen erfaßt werden können, soweit sie innerhalb der entsprechenden Anfechtungsfristen liegen. Soweit in Randbereichen allerdings noch bestimmte Formen der Vermögensverschiebungen bei der Gemeinschuldnerin anfechtungsrechtlich unberücksichtigt geblieben sind, werden im nächsten Untersuchungsschritt die sogenannten „besonderen Konkurs­ anfechtungstatbestände“ im einzelnen daraufhin geprüft, ob mit ihnen diese Berei­ che abgedeckt werden können. Dabei handelt es sich um die Anfechtung von Deckungsgeschäften nach § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO (kongruente Deckung) und nach § 30 Nr. 2 KO (inkongruente Deckung) und von Bargeschäften nach § 30 Nr. 1,1. Alt. KO (§§ 130 ff. InsO). Von Interesse ist hier allerdings wiederum nur, inwie­ weit diese Tatbestände innerhalb eines Konzerns eine über die allgemeine Bedeu­ tung hinausreichende, konzemspezifische Relevanz zur Vergrößerung der Haf­ tungsmasse des in Konkurs gefallenen Unternehmens haben. 1. Vorüberlegung

Die Deckungsanfechtung und die Bargeschäftsanfechtung haben bekanntlich allgemein den Zweck zu verhindern, daß sich einzelne Gläubiger mit Offenbar­ werden der Krise eines Unternehmens zum Nachteil der Gläubigergesamtheit noch Vorteile verschaffen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen207. Angesprochen sind im hier untersuchten Zusammenhang damit insbesondere Verhaltensweisen der Konzemmutter, die regelmäßig dann, wenn sie erkennt, daß eine ihrer Tochterunternehmen in Konkurs fallen wird, möglichst viele Vermö­ gensgegenstände vor dem Beschlag für sich sichern will. Das gilt erst recht und besonders in den Fällen, wo eine Untergesellschaft im wesentlichen nur „ausge­ saugt“ werden und dann in Konkurs gehen soll. Die Zielvorstellungen der einzel­ nen Anfechtungsarten sind individuell unterschiedlich. Die Deckungsanfechtung 207 BGHZ 58, 240, 242 ff.; BGHZ 59, 230, 232; BGH ZIP 1993, 1653, 1654; Jaeger (-Henckel), §30, Rn. 1; Hess/Kropshofer, §30, Rn. 1; vgl. auch den neuen § 1 InsO, der die Wesentlichkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den Begriff „gemeinschaftlich“ besonders betont.

betrifft den Verteilungskonflikt der ungesicherten Gläubiger untereinander und soll dafür sorgen, daß gleichbehandlungswidrige Deckungen von Forderungen, die vor dem Konkurs eingegangen wurden, rückgängig gemacht werden können, soweit sie in der Krise erlangt wurden und sich masseverkürzend ausgewirkt haben208. Dabei ist innerhalb der Deckungsanfechtung noch einmal zu differenzieren danach, ob die Muttergesellschaft oder die Schwestern genau das erhalten haben, was sie auch beanspruchen durften (kongruente Deckung), oder ob sie eine Sicherung oder Befriedigung erhalten haben, die sie entweder nicht, nicht in dem Umfang oder in der Art oder nicht zu der Zeit hätten beanspruchen können (inkongruente Deckung). Im ersten Fall ist der jeweilige Gläubiger weitergehend geschützt als im zweiten. Er soll bei der kongruenten Deckung grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, daß er die ihm gewährte Leistung auch behalten darf. Anders derjenige Gläubiger, der etwas erhalten hat, mit dem er nicht rechnen konnte; dieser gilt als weniger schutzwürdig, so daß dort für ihn strengere Anfechtungsregeln eingrei­ fen209. Die Bargeschäftsanfechtung richtet sich im Gegensatz zur Deckungs­ anfechtung im wesentlichen gegen ein Fehlverhalten des Schuldners gegenüber seinen Gläubigem, indem die Fälle erfaßt werden können, in denen nach Beginn der Krise Rechtsgeschäfte geschlossen wurden, die die Konkursgläubiger unmit­ telbar benachteiligen210. Für den Konzern werden diese besonderen Anfechtungs­ rechte insofern relevant als damit die Möglichkeit gegeben ist, die aufgrund der besonderen Nähebeziehung nicht selten vorkommenden Geschäfte zu erfassen, wo auf Geheiß der Konzemmutter die in Konkurs gefallene Tochtergesellschaft noch nach Zahlungseinstellung bzw. nach Stellung des Konkursantrags Handlungen tätigt, mit denen sie Vermögen weggibt, und damit die Mutter selbst oder die anderen Konzernunternehmen begünstigt. Damit könnten die besonderen Anfech­ tungsmöglichkeiten diejenigen Instrumente ergänzen, mit denen unentgeltliche Verfügungen oder Geschäfte mit den anderen Konzemteilen erfaßt werden. Von Bedeutung ist dies dort, wo es um Geschäfte geht, die sich entweder nicht als konzerninterne Vermögensverschiebungen in einer bestimmten Zeit vor Konkurs­ eröffnung kennzeichnen lassen oder denen nicht der „Makel“ der Unentgeltlichkeit oder des Geschäfts mit nahen Angehörigen anhaftet.

2. Bargeschäftsanfechtung (Verschleuderungsanfechtung) (§ 30 Nr. 1, 1. Alt. KO) Die Bargeschäftsanfechtung (Verschleuderungsanfechtung211) betrifft im Konzem­ zusammenhang die Rechtsgeschäfte der Untergesellschaft, die nach Zahlungs­ 208 Siehe Kilger/K. Schmidt, §30, Anm. 1; Häsemeyer, KTS 1982, 507, 514 f. und 526; Drukarczyk, 45 und 226 f.; Kamlah, 33; Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 190. 209 Siehe Henckel, ZIP 1982,396, Baur/Stürner II, Rn. 19.33 f. 210 Vgl. Baur/Stürner II, 266 ff. und sehr ausführlich und mit vielen Beispielen; Jaeger/ Henckel, § 30, Rn. 103 ff. 211 So insbesondere Henckel, ZIP 1992,392 f.; kritisch dazu Häsemeyer, 453 mit Fn. 223.

einstellung oder Konkursantrag geschlossen sind und durch die die (externen) Konkursgläubiger benachteiligt werden, soweit dem anderen Teil des Geschäfts bei Abschluß desselben die Zahlungseinstellung oder der Konkursantrag bekannt war.

a)

Vermutung der Bösgläubigkeit beim Mutterunternehmen

Hinsichtlich der allgemeinen Bedingungen und Voraussetzungen der Anfechtung dieser Transaktionen ergeben sich innerhalb eines Konzerns im wesentlichen keine sich auf die Konzemverbundenheit gründenden Abweichungen; insoweit kann auf die allgemeinen Ausführungen dazu verwiesen werden212. Eine Ausnahme gilt im Konzern indessen bezüglich der Voraussetzung der Bösgläubigkeit des anderen Teils, welche dazu fuhren könnte, daß innerhalb von Konzernen dem Konkurs­ verwalter eine Anfechtung nach § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO leichter gelingen kann als bei unverbundenen Unternehmen. Grundsätzlich muß nach § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO der Konkursverwalter nachwei­ sen, daß der andere Teil des Rechtsgeschäfts Kenntnis von der Zahlungseinstellung oder dem Eröffnungsantrag gehabt hat213. Es wird positive Kenntnis verlangt214. Die Umstände, bei welchen davon ausgegangen werden kann, daß positive Kennt­ nis vorliegt, werden allgemein restriktiv ausgelegt215. Fahrlässige oder grob fahr­ lässige Unkenntnis genügt daher nicht216. Es reicht auch nicht aus, daß der andere Teil mit der Zahlungseinstellung oder dem Konkursantrag des späteren Gemein­ schuldners rechnete und dies bewußt in Kauf nahm217. Ebenso soll es nicht ausrei­ chend sein, daß eine Befürchtung bestand, der spätere Gemeinschuldner sei zur Zeit des Rechtsgeschäfts in Konkurs, oder die Überzeugung, daß eine Zahlungs­ einstellung unmittelbar bevorstehe218. Die entsprechenden Umstände im Einzelfall nachzuweisen, ist für den Konkursverwalter in der Praxis nur in seltenen Fällen möglich, so daß diese Form der Anfechtung weitgehend leerläuft. Bei Geschäften innerhalb eines Konzernunternehmens wird allerdings der problematische Beweis der Bösgläubigkeit des anderen Teils relativiert. Zu denken ist dabei an eine Vermutungsregel, wonach bei Rechtsgeschäften nach § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO davon ausgegangen werden kann, daß der andere (Konzem-)Teil positive Kenntnis über 212 Siehe etwa die Darstellungen bei Kuhn/Uhlenbruck, 30, Rn. 18 ff.; Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 2 ff; Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 103 ff. 213 Siehe Kilger/K. Schmidt, § 30 KO, Anm. 11; Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 31. 214 Siehe BGH KTS 1964, 169: es muß die Zahlungseinstellung selbst erkannt worden sein, die bloße Kenntnis von einem finanziellen Engpaß genügt nicht; vgl. auch AG Wetzlar, WM 1986, 1532. 215 Vgl. etwa Baur/Stürner, Rn. 19.24; Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 50; Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 9; kritisch aber Weber, in: FS KO, 321,348 f. 216 RGZ95, 152 ff. 217 Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 28; Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 50; 218 Siehe RGZ 95, 152, 153; OLG Karlsruhe, WM IV B 1956,1033.

die Zahlungseinstellung bzw. den Konkursantrag hat219. Bislang hat man sich in der Literatur zur Konkursordnung - soweit ersichtlich - mit diesem Gedanken zwar noch nicht auseinandergesetzt; wie die neue Regelung in § 130 III InsO zeigt, liegt er jedoch nicht fern220. Ist die Gemeinschuldnerin ein abhängiges Konzernunternehmen so kann der Muttergesellschaft von vornherein positive Kenntnis über die Zahlungseinstellung bzw. dem Konkurs der Tochter unterstellt werden221. Jede Annahme, ein herr­ schendes Unternehmen könnte möglicherweise nicht bemerkt haben, daß das von ihm abhängige Unternehmen einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt oder seine Zahlungen eingestellt hat, ist vollständig realitätsfem. Das gilt selbst in Fällen, wo die Konzemstrukturen lockerer gestaltet sind. Allein aufgrund der Beherrschung wird das Mutterunternehmen automatisch von der Zahlungsein­ stellung bzw. von der Konkurseröffnung erfahren. Insoweit bräuchte der Konkurs­ verwalter nur den Nachweis zu fuhren, daß das betreffende Geschäft nach Zah­ lungseinstellung bzw. Antragsstellung mit dem abhängigen Unternehmen getätigt wurde.

b)

Vermutung der Bösgläubigkeit bei Schyvesterunternehmen

Problematischer ist vom Ansatz her die Vermutung bei Rechtsgeschäften von Schwestergesellschaften untereinander zu beurteilen. Handelt das Schwesterunter­ nehmen nur als Strohmann der Mutter, so gibt es ebenfalls keine Schwierigkeiten. Denn dann ist die Vermutung der Bösgläubigkeit unwiderleglich, weil es insoweit ohnehin nur auf die positive Kenntnis des Hintermanns ankommt. Da diese bei der Mutter unwiderleglich vermutet werden kann, spielt es keine Rolle, ob die Schwe­ stergesellschaft bösgläubig war oder nicht. Wenn jedoch bei einem Rechtsgeschäft zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und einem Schwesterunternehmen jenes nicht „Strohmann“ der Muttergesellschaft gewesen ist, dann fehlt die unwiderleg­ liche Vermutung der positiven Kenntnis des Hintermanns. Da es sich bei der Bös­ gläubigkeit um einen Teilausschnitt der Wissenszurechnung handelt, finden hier jedoch erneut die oben entwickelten Grundsätze der Wissenszurechnung im Konzern222 Anwendung. Danach ist zunächst die positive Kenntnis des anderen Teils zu unterstellen, soweit der Konkursverwalter nachweisen kann, daß es sich bei dem betreffenden Rechtsgeschäft um ein Geschäft zwischen zwei Schwester­ gesellschaften handelt. Wenn es der Schwestergesellschaft jedoch gelingt, den Nachweis zu fuhren, daß sie im Gegensatz zum Mutterunternehmen keine Kennt­ nis von der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung der betreffenden 219 Allgemein ist in diese Richtung schon vorgedacht worden u. a. von Gerhardt, in: FS KO, 129 ff.; siehe auch Henckel, ZIP 1982,391. 220 Vgl. nun auch C. Paulus, ZIP 1997, 576 im Hinblick auf die Schnittpunkte von Aufrech­ nung und Anfechtung. 221 Siehe oben in diesem Abschnitt III 3a. 222 Siehe oben in diesem Abschnitt III 3b.

Tochter hatte, etwa weil sie das Geschäft aufgrund ihrer eigenständigen Geschäfts­ entscheidung, also ohne direkte oder indirekte Einflußnahme der Konzemmutter, abgeschlossen wurde, dann spricht nichts mehr dagegen, sie zu behandeln wie jeden konzernexternen Gläubiger auch. D.h. der Konkursverwalter braucht nur in dem Fall, in welchem der Schwestergesellschaft dieser Nachweis gelingt, seiner­ seits die positive Kenntnis des Schwesterunternehmens über die Krise des Unter­ nehmens nachweisen, um ein Bargeschäft nach § 30 Nr. 1,1. Alt. KO gegen sie anzufechten. Dies dürfte in der Praxis allerdings wohl nur in Ausnahmefällen not­ wendig sein, so daß meist davon ausgegangen werden dürfte, daß der Konkursver­ walter auch die Bargeschäfte, die ein abhängiges Konzernunternehmen zu den in § 30 Nr. 1 KO genannten Zeitpunkten mit einer Schwester vorgenommen hat, zugunsten der Konkursmasse rückgängig machen kann. c) Zusammenfassung

Das wesentliche Problem der Anfechtung von Bargeschäften nach § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO liegt darin, daß die Kenntnis des Geschäftspartners der Gemeinschuld­ nerin hinsichtlich der Zahlungseinstellung bzw. der Stellung des Konkursantrags nachgewiesen werden muß. Während dies dem Konkursverwalter in den meisten Fällen nicht möglich ist, ergibt sich eine (unwiderlegliche) Vermutung dieser Kenntnis, wenn der Anfechtungsgegener das herrschende Unternehmen ist. Denn aufgrund der engen (wirtschaftlichen) Verbindung, die eine Abhängigkeit mit sich bringt, ist es praktisch ausgeschlossen, daß der Muttergesellschaft die betreffenden Umstände nicht zur (positiven) Kenntnis gelangt sind. Nach dem hier vertretenen Ansatz muß sich auch ein Schwesterunternehmen diese Kenntnis der Mutter zurechnen lassen, so daß auch ihr gegenüber grundsätzlich eine Vermutung der Bösgläubigkeit besteht. 3. § 132 InsO

a) Änderungen nach Inkrafttreten der InsO In der der Anfechtung von Bargeschäften funktional entsprechenden Vorschrift des § 132 InsO wird der Wille des Gesetzgebers deutlich, das Anfechtungsrecht auch im Hinblick auf Bargeschäfte zu verschärfen und effektiver zu gestalten, um die Auszehrung der Haftungsmasse vor Verfahrensbeginn wirksamer zu unterbinden223. Im Gegensatz zur derzeit geltenden Regelung finden sich Erweiterungen auf verschiedenen Gebieten: So werden dadurch, daß es im Unterschied zu § 30 Nr. 1, Fall 1 KO nicht mehr um ein „eingegangenes“, sondern um ein „vorgenom­ menes“ Rechtsgeschäft geht, auch einseitige Rechtsgeschäfte, wie etwa die Kündi­

223 Reg.Entw., S. 82 und 84; vgl. dazu auch Marotzke, ZfG 1989, 140.

gung erfaßt224. Darüber hinaus sollen unmittelbar benachteiligende Rechtshand­ lungen auch dann anfechtbar sein, wenn sie drei Monate vor Antragsstellung erfolgten, der Schuldner dann insolvent war und der andere Teil dies wußte (§ 132 I Nr. 1 InsO). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß sich die herkömmliche Frist von zehn Tagen als völlig unzureichend erwiesen hat, weil sich die Krisensituation, in der sich ein Unternehmen vor der Zahlungseinstellung befindet, regelmäßig schon länger andeutet und in der kurzen Frist die Gefahr liegt, daß zu Lasten außenstehender Gläubiger schon in dieser Zeit Vermögen aus dem Unternehmen abgezogen wird, ohne daß dies mit den herkömmlichen insolvenz­ rechtlichen Anfechtungsmitteln zu erfassen wäre225. Ferner werden nach Absatz 2 einem Rechtsgeschäft diejenigen Rechtshand­ lungen des Schuldners gleichgestellt, durch die der Schuldner ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. Damit sollen insbesondere Unterlassenstatbestände, die nach § 129 II InsO den Rechtshandlungen gleich­ stehen, erfaßt werden, die nach dem bislang geltenden Recht nur unzureichend angefochten werden können226. Das Erfordernis der unmittelbaren Gläubiger­ benachteiligung des § 132 I InsO wird dabei in den Fällen des Absatzes 2 zwar unterstellt, die subjektiven Voraussetzungen, die in Absatz 1 aufgestellt werden, sind aber auch in Absatz 2 erforderlich. Der Grund dafür liegt im Vertrauensschutz des durch die Unterlassung Begünstigten. Dieser muß grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, daß es bei der eingetretenen Rechtsfolge bleibt. Nur wenn er wußte, daß der Schuldner zahlungsunfähig war oder daß ein Eröffnungsantrag gestellt war, kann ihm zugemutet werden, den Vorteil wieder aufzugeben227.

b) Vermutung der Bösgläubigkeit Für die Anfechtung von Rechtshandlungen oder Unterlassungen einer Gemein­ schuldnerin innerhalb eines Konzerns ist der Verweis des § 132 III InsO auf § 130 II und III InsO von grundlegender Bedeutung. Danach hat zwar der Verwalter immer noch die Bösgläubigkeit des Anfechtungsgegners zu beweisen, diese wird jedoch dann vermutet228, wenn es sich um eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO handelt229. Hierin findet sich eine erhebliche Erleichterung für die Anfechtung solcher Geschäfte in Konzernen, denn wie oben ausgeführt, handelt es 224 Siehe Jauernig, 344. 225 Zur Kritik an dem alten § 30 KO siehe Henckel, in: Insolvenz im Umbruch, 239 ff.; ders., ZIP 1982, 393 ff.; Erster Bericht, 399 ff.; Reg.Entw. A 85, B 156 ff. (zu den Vorschlägen des Ref.Entw. (§§ 134 ff.) Gerhardt, ZIP 1985, 586. 226 Siehe Jauernig, 345. 227 Vgl. R. Schmidt-Räntsch, § 132 InsO, Rn. 2; Häsemeyer, 456 ff. 228 Der Beweis des Gegenteils ist durch den Nachweis der Unkenntnis möglich, § 292 ZPO. 229 Bork, Rn. 219 mit 218; Jauernig, 343; vgl. in diesem Zusamenhang auch C. Paulus, ZIP 1997, 576.

sich bei den Unternehmen innerhalb eines Konzerns stets um nahe Angehörige des Gemeinschuldners. In § 132 II in Verbindung mit § 130 II und § 138 InsO wird also das durchgesetzt, was hier bereits de lege lata kraft entsprechender Auslegung des § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO gefordert wird. Die Regelung in der InsO ist sogar inso­ weit schärfer, als keine Möglichkeit für ein Schwesterunternehmen vorgesehen ist zu zeigen, daß es keine positive Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, der Zahlungs­ einstellung oder des Konkursantrages gehabt hat. D.h. die Vermutung der Bös­ gläubigkeit ist sowohl für das Mutter- als auch für das Schwesterunternehmen unwiderleglich. Darüber hinaus findet sich schließlich noch eine weitere Erleichte­ rung der Anfechtung von konzerninternen Bargeschäften in § 132 II in Verbindung mit § 130 II InsO. Als Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungs­ antrages gilt schon die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungs­ unfähigkeit schließen lassen230. Diese Erleichterung tritt im Konzern in ihrer Bedeutung freilich hinter die Vermutung des § 130 III in Verbindung mit § 138 InsO zurück, weil es für den Verwalter immer noch sehr viel einfacher zu zeigen ist, daß der andere Teil des Rechtsgeschäfts eine nahestehende Person war, als daß dieser Umstände gekannt hat, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Insgesamt gesehen wird aber mit den Regelun­ gen der Insolvenzordnung über die Anfechtung von Bargeschäften eine wesent­ liche Erleichterung für den Konkursverwalter in dem Bemühen gewährt, die Haftungsmasse der in Konkurs gefallenen abhängigen Gesellschaft zugunsten der Gläubiger zu vergrößern. 4. Anfechtung bei kongruenter Deckung

a) § 30 Nr. lf 2. Alt. KO Nach § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO spricht man allgemein von einer Anfechtung bei kongruenter Deckung, wenn Rechtshandlungen angefochten werden können, die nach Zahlungseinstellung oder Konkursantrag vorgenommen wurden und dem späteren Konkursgläubiger eine Sicherung und Befriedigung gewährten, die er rechtlich zu erwarten berechtigt war. Voraussetzung ist für diese Anfechtung eben­ falls, daß dem Konkursgläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungseinstellung oder der Konkursantrag bekannt war. Hier gibt es - ebenso wie bei der Bar­ geschäftsanfechtung - konzemspezifische Besonderheiten nur im Bereich der Zurechnung der positiven Kenntnis. Insoweit gilt hier nichts anderes als bei der Anfechtung nach § 30 Nr. 1, 1. Alt. KO231.

230 Vgl. auch § 10 I Nr. 4 GesO, wonach die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröff­ nung der Gesamtvollstreckung den Umständen nach bekannt sein mußte; Huber, in: InsHdb, Nachtrag GesamtvollstreckungsO, D 7, Rn. 13; Smid(-Zeuner), § 10, Rn. 132 ff. 231 Siehe oben in diesem Abschnitt unter VI. 2.

b) §130 InsO In der § 30 Nr.l, 2. Alt. KO entsprechenden Regelung der Insolvenzordnung (§ 130 InsO) finden sich im Vergleich zu der Vorschrift der KO verschiedene Erweiterungen, die für den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren eines abhän­ gigen Konzernunternehmens bedeutsam sein können232. So werden nicht nur die Leistungen nach dem Antrag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfaßt, sondern auch der Zeitraum in den letzten drei Monaten vor diesem Antrag abge­ deckt. Damit wird auch hier dem Umstand Rechnung getragen, daß in Krisenzeiten der spätere Gemeinschuldner häufig noch gerade kurz vor der Zeit der Verfahrens­ eröffnung gleichsam als letzte Aktionen der Schadensbereinigung gegenüber bestimmten Gläubigem - im Konzern auf Druck des herrschenden Unternehmens eher unfreiwillig - erhebliche Transaktionen tätigt, die die Masse schmälern. Dies gilt allerdings, wie insbesondere auch im Konzern, regelmäßig für Leistungen, die erbracht werden, um bestimmten Gläubiger ihre ihnen zustehenden Forderungen zu erfüllen, um damit etwa einen good-will für einen etwaigen Neuanfang zu errei­ chen. Hinzu kommt aber, meist bei kleineren Konzernen, daß bestimmte Leistun­ gen der späteren Gemeinschuldnerin vor dem Antrag erbracht werden, um das wirtschaftliche Klima zwischen dem betreffenden Gläubiger und anderen Kon­ zemteilen, mit denen dieser ebenfalls in wirtschaftlichen Kontakten steht, nicht zu gefährden. Zu denken ist beispielsweise an die Rückzahlung fälliger Kredite der späteren Gemeinschuldnerin an die Hausbank des Konzerns vor Verfahrenser­ öffnung, um dafür zu sorgen, daß die Bank bereit bleibt, für andere Konzemteile weiterhin Kredite zur Verfügung zu stellen. In der Neuregelung der Anfechtung bei kongruenter Deckung wird zudem die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. dem Eröffnungsantrag der Kenntnis der Umstände gleichgestellt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 II InsO). Verbunden damit wird auch hier bei nahestehenden Personen die Vermutung der Kenntnis dieser Umstände (§ 130 III InsO). Es gilt insoweit dasselbe wie im Rahmen des § 132 InsO233, so daß innerhalb eines Konzerns aufgrund der Stellung der einzelnen Beteiligten als nahestehende Personen zueinander alle Leistungen, mit denen den konzerninternen Gläubigem in den letzten drei Monaten vor Verfahrenseröffnung eine Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist, vom Konkursverwalter in die Masse der Gemeinschuldnerin zurückgeführt werden können. c) Zusammenfassung

Während im Geltungsbereich der Konkursordnung Besonderheiten der Anfechtung konzerninterner Geschäfte bei kongruenter Deckung (§30 Nr. 1, 2. Alt. KO) ebenso wie bei der Anfechtung konzerninterner Bargeschäfte nur hinsichtlich der 232 Vgl. Holzer, WiB 1997, 734. 233 Siehe oben in diesem Abschnitt unter VI. 3.

Bösgläubigkeit bestehen, enthält die entsprechende Vorschrift der InsO (§ 130 InsO) in dieser Hinsicht verschiedene Erleichterungen. Wesentlich ist, daß es ausreicht, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnisse über Umstände hat, die auf die Zahlungsunfähigkeit bzw. auf die Stellung eines Konkursantrages schließen lassen; diese Kenntnis wird bei den anderen Unternehmen desselben Konzerns vermutet. 5. Anfechtung bei inkongruenter Deckung

a) §30Nr.2KO Die Unterscheidung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung, hat Auswirkungen auf die Bewertung der Schutzbedürftigkeit der Gläubiger234. Dies wiederum spiegelt sich in der Ausformung der Anfechtungsmöglichkeiten wider. Wenn ein Konzernunternehmen als Gläubiger etwas von einem nunmehr bank­ rotten abhängigen Unternehmen desselben Konzerns erhalten hat, das im Verhält­ nis zu dem, was ihm zu dem Zeitpunkt eigentlich tatsächlich zustand, inkongruent ist235, wird es vom Gesetzgeber als weniger schutzwürdig erachtet. Damit reagiert die Rechtsordnung darauf, daß bei den Fällen der inkongruenten Deckung häufig der starke Anschein des Unredlichen besteht, denn es fehlt nicht selten ein schutzwürdiges Vertrauen des Gläubigers, wie etwa ein vorheriges vertragliches Versprechen, auf das er sich hätte verlassen können236. Die Konkursordnung hat deshalb dem Anfechtungsgegner eine doppelte Beweislast auferlegt. Zum einen muß er darlegen, daß der Gemeinschuldner keine Begünstigungsabsicht hatte237. Zum anderen ist er darlegungspflichtig für den Umstand, daß er von der Zahlungs­ einstellung oder dem Konkursantrag und der Begünstigungsabsicht keine Kenntnis hatte238, wobei daran verhältnismäßig hohe Anforderungen gestellt werden239.

234 Dazu Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 45; Baur/Stürner, Rn. 19.33. 235 Beispiele aus der Rechtsprechung des BGH sind u.a. die Bestellung einer nicht geschul­ deten Grundschuld (BGHZ 33, 389, 392); Zahlung eiens Honorars für eine unentgeltlich zu erbrin­ gende Leistung (BGH NJW 1995, 1093 f.); Leistung an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber (BGHZ 123, 320, 324 f.); Erlangung eines Pfändungspfandrechts durch Einzelvollstreckung (BGH NJW 1995, 1090, 1092). 236 Siehe den Fall bei BGHZ 33, 389, 397; vgl. auch Kamlah, 62. 237 BGHZ 33, 389, 396; Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 59 ff. 238 Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 22; Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 263 ff., zu den weiteren Ausdifferenzierungen der Beweislastverteilung abhängig davon, ob die Rechtshandlung nach Zahlungseinstellung oder nach Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt wurde siehe insbesondere Rn. 264 und darüber hinaus: Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 23); BGH WM 1960, 377, 381; BGHZ 33, 398, 396; BGH WM 1961, 1371. 239 So reicht die bloße Wahrscheinlichkeit, daß der Anfechtungsgegner die maßgebende Kenntnis nicht gehabt hat genauso wenig aus, wie der Beweis, der Schuldner habe sich nicht ernst­ haft um die Beseitigung der Krise mit Erfolg gekümmert (Vgl. BGH WM 1961, 1371; BGH WM 1975, 6, 8; BGH ZIP 1984, 572). Ebenso kann der Umstand, daß Anhaltspunkte für eine Kollusion des Schuldners fehlen, nicht genügen, um die Begünstigungsabsicht zu verneinen (Jaeger

Auch im Fall der Anfechtung bei inkongruenter Deckung ergibt sich wie bei den anderen beiden Formen der konkursspezifischen Anfechtung die konzemerheb­ liche Besonderheit also aus dem Umstand, daß der „innere Tatbestand“ aufgrund der Konzemzugehörigkeit des Anfechtungsgegner einfacher dargelegt werden kann. Dies zeigt sich insbesondere bei bestimmten Konstellationen im Konzern, bei denen eine Erleichterung der Anfechtung bei inkongruenter Deckung hinsicht­ lich des Nachweises der Begünstigungsabsicht240 besteht. Nach der gängigen Begriffsbestimmung wird unter der Begünstigungsabsicht der Wille des Schuld­ ners verstanden, einen einzelnen Gläubiger durch eine ihm gewährte Befriedigung oder Sicherung vor anderen zu bevorzugen241. Bei der Begünstigungsabsicht handelt es sich dabei genau besehen um den subjektiven Aspekt einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme. Diese besteht darin, durch eine Transaktion einen oder mehrere aus einer Gruppe prinzipiell Gleichberechtigter zu begünstigen. Die Absicht drückt ein Motiv der Geschäftsführungsmaßnahme aus. Da § 30 Nr. 2 KO die Kenntnis der Zahlungseinstellung oder des Konkursantrags seitens des anderen Teils sowie die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners und die Kenntnis dieser Absicht seitens des anderen Teils gesetzlich vermutet242, muß bei konzern­ internen inkongruenten Leistungen je nachdem entweder das Mutterunternehmen oder die Schwester das Nichtvorliegen dieser Tatbestandsmerkmale darlegen und ggf. beweisen243. An den Entlastungsbeweis werden zwar allgemein hohe Anforde­ rungen gestellt244, doch fragt sich im Hinblick auf den Konzern, ob nicht in bestimmten Konstellationen der Gegenbeweis von vornherein ganz ausgeschlossen sein kann mit der Folge, daß diese Tatbestandsmerkmale dann unwiderleglich vermutet werden können. Hinsichtlich der Kenntnis der Zahlungseinstellung bzw. der Stellung des Konkursantrages kann hier auf das schon wiederholt Dargelegte verwiesen werden, daß eine unwiderlegliche Vermutung der Kenntnis der Konzemmutter hinsichtlich dieser Umstände besteht. Bezüglich der Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners und der Kenntnis des Konkursgläubigers kann der Gegenbeweis für die Mutter ebenfalls ausge­ schlossen sein. Vor dem Hintergrund, daß nach hier vertretener Ansicht der Mutter die Interna der Tochterunternehmen als bekannt zugerechnet werden, liegt es zunächst nahe, daß eine Konzemmutter positives Wissen hinsichtlich der Benach­

(-Henckel), § 30, Rn. 266; vgl. auch Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 59); vgl. zudem Kilger/ K. Schmidt, § 30, Anm. 23. 240 Vgl. aber Kilger/K. Schmidt, § 30 Anm. 21; Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 61. 241 Siehe BGH WM 59, 470 f.; BGH WM 1959, 891; BGH WM 1961, 1371; Kuhn/ Uhlenbruck, § 30, Rn. 61 differenzierter Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 189 ff. 242 Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 262 ff; Huber, in: InsHdb, § 49, Rn. 45; Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 23; BGH NJW 1977, 1884. 243 BGH NJW 1977, 1884; zum Umfang der Beweislast im einzelnen siehe Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 23; Baur/Stürner, Rn. 19.43. 244 Siehe Jaeger(-Henckel), § 30, Rn. 266; Kuhn/Uhlenbruck, § 30, Rn. 59; BGH KTS 1962, 55.

teiligungsabsicht hat, wenn ihr gegenüber von einem von ihr abhängigen Unter­ nehmen nach Zahlungseinstellung oder Stellung des Konkursantrages noch eine Befriedigung oder Sicherung geleistet wird, auf die sie (noch) keinen Anspruch gehabt hat. Allerdings bezieht sich die Wissenszurechnung grundsätzlich nur auf die Interna der abhängigen Gesellschaft. Innere Beweggründe der Geschäftsfüh­ rung, wie insbesondere eine bestimmte Absicht, fallen grundsätzlich nicht darun­ ter. Ausnahmen gibt es nur dort, wo entweder das Geschäftsführungsorgan oder ein Teil von diesem identisch mit dem Geschäftsführungsorgan der Konzemmutter oder ein Teil von jenem ist oder wo das Mutterunternehmen die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft praktisch selbst übernommen hat, wo also die auch intentionale Seite der Geschäftsführung der Muttergesellschaft transparent ist. Aber selbst wenn diese Ausnahmen eingriffen, könnte höchstens gezeigt werden, daß die Mutterunternehmen stets Kenntnis über eine Benachteiligungsabsicht der Tochter gehabt habe, so daß insoweit ein Gegenbeweis zur Vermutung in § 30 Nr. 2 KO der Mutter von vornherein versagt wäre. Die Kenntniszurechnung hat jedoch keinen Aussagewert darüber, ob der Gemeinschuldner eine Benachteiligungsabsicht hatte oder nicht. Dieser Umstand kann vom Mutterunternehmen als Anfechtungsgegner widerlegt werden. Dabei gibt es allerdings eine - wichtige - Ausnahme: Hatte die Muttergesellschaft näm­ lich die Geschäftsführung der jetzigen Gemeinschuldnerin praktisch selbst über­ nommen, so daß der Gemeinschuldner gleichsam nur noch als ausführender Strohmann tätig wurde245, dann kommt es nur auf die Benachteiligungsabsicht des Hintermannes an. Da dieser identisch ist mit dem beweispflichtigen Anfechtungs­ gegner ist der Gegenbeweis ausgeschlossen, denn es ist kein realistischer Fall denkbar, wo eine Leistung, die nach Zahlungseinstellung bzw. nach Stellung des Konkursantrags als Ausfluß der von der Muttergesellschaft vollständig übernom­ menen Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens an sie selbst geleistet wurde, nicht in der Absicht erbracht worden ist, sich noch schnell vor Beginn eines eventuellen Verfahrens zu Ungunsten der anderen Gläubiger einen Vorteil zu ver­ schaffen. Da das Mutterunternehmen gleichzeitig auch der Empfänger der Leistung ist, hat es auch notwendigerweise immer Kenntnis von der Benachteiligungs­ absicht. Das Problem, das bei diesem Fall der unwiderleglichen Vermutung auf­ tritt, ist zu entscheiden, ab wann das Mutterunternehmen die Geschäftsführung der Untergesellschaft vollständig in seine Hände genommen hat. Das ist allerdings eine Frage, die in noch viel stärkerem Maße bei dem Problem des faktischen Geschäftsführers bzw. bei den konzemhaftungsrechtlichen Fragestellungen rele­ vant wird. In diesen Zusammenhängen wird es daher zweckmäßigerweise auch eingehend problematisiert246. Im Rahmen des § 30 Nr. 2 KO wird also dort, wo die Konzemmutter der Anfechtungsadressat der von der Konzemtochter erbrachten Leistung ist, die

245 BGHZ 33, 389, 395 ff.; siehe ferner Kilger/K. Schmidt, § 30, Anm. 21 246 Zum faktischen Geschäftsführers siehe unten § 4, Teil I, CII.

widerlegliche Vermutung der Kenntnisse hinsichtlich der Zahlungseinstellung bzw. der Stellung des Konkursantrages zu einer unwiderleglichen Vermutung, d.h. bezüglich dieser Umstände ist es der Muttergesellschaft von vornherein versagt, einen Gegenbeweis zu fuhren. Das gilt - allerdings mit Ausnahmen - auch für den Gegenbeweis hinsichtlich ihrer Kenntnis von der Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners. Hinsichtlich der Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners gibt es im Gegensatz dazu nur einen Fall, wo dem Mutterunternehmen der Gegen­ beweis von vornherein verwehrt bleibt, nämlich dann, wenn es selbst die Geschäfte der Untergesellschaft geführt hat. Ist eine Schwestergesellschaft Begünstigte der Leistungen des Gemeinschuld­ ners gewesen, so bleibt ihr die Möglichkeit offen, die in § 30 Nr. 2 KO aufgestell­ ten Vermutungen zu widerlegen. Denn selbst soweit die hier entwickelten Regeln der Zurechnung des Wissens der Muttergesellschaft bei dem Schwesterunter­ nehmen eingriffen, würde nach diesen Regeln ein Nachweis der Nichtkenntnis zugelassen, der sich insoweit mit dem Gegenbeweis in § 30 Nr. 2 KO deckt.

b) §131 InsO Die neue Vorschrift zur Anfechtung bei inkongruenter Deckung (§131 InsO) enthält im Vergleich zu § 30 Nr. 2 KO ebenfalls einige Änderungen247. Zum einen wird der objektive Tatbestand durch die Worte „oder ermöglicht hat“ erweitert. Damit können vor allem Prozeßhandlungen erfaßt werden, die - wie z.B. ein Anerkenntnis - selbst zwar keine Deckung gewähren, jedoch zu einer solchen fuhren können. Zum anderen wird in einem Zeitraum von bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag auf die subjektiven Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners verzichtet. Aus § 1311 Nr. 1 InsO ergibt sich deshalb, daß die innerhalb eines Monats vor dem Eröffnungsantrag gewährten inkongruenten Deckungen des abhängigen Konzemuntemehmens an einen anderen Konzemteil ohne Rücksicht auf subjektive Voraussetzungen und tatsächlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anfechtbar sind; die Kenntnis aller anderen Konzemunter­ nehmen von der Krise des jetzigen Gemeinschuldners und die Krise des abhängi­ gen Unternehmens selbst werden deshalb unwiderleglich vermutet248. Bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen sind, wird auf die objektive Vorausset­ zung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet, dafür aber verlangt, daß die subjektiven Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners vorliegen, daß ihm also die Benachteiligung der anderen Gläubiger (§ 129 I InsO) oder die Umstände im Sinne von Absatz 2, Satz 1 bekannt waren249. Innerhalb von Konzernen greift auch 247 Vgl. dazu Häsemeyer, 437 ff.; Holzer, WiB 1997, 734 f. 248 Reg.Begr. zu § 146 Reg.Entw.InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 158 f. (zu § 146); siehe auch Bork, Rn. 220; siehe aber auch Jauernig, 344; im Hinblick auf das Verhältnis von Aufrechnung und Anfechtung bei einer inkongruenten Deckung siehe grundlegend C. Paulus, ZIP 1997, 577. 249 R. Schmidt-Räntsch, § 131, Rn. 3; vgl. Jauernig, 344.

hier erneut die Vermutung ein, daß im Verhältnis zu dem jetzigen Gemeinschuld­ ner den anderen Unternehmen des Konzerns die Benachteiligung des Insolvenz­ gläubigers durch die inkongruente Deckung im Zeitpunkt der Handlung bekannt gewesen ist. Es ist dann eine Sache der betreffenden Unternehmen des Konzerns, die Vermutung im Einzelfall zu entkräften. 6. Spezielle Anfechtungsrechte

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß es neben den allgemeinen Anfechtungsrechten des Konkursverwalters und den besonderen Konkursanfech­ tungsrechten schließlich auch noch einige spezielle Anfechtungsrechte hinsichtlich von Wechsel- und Scheckzahlungen (§ 34 KO; § 137 InsO) und hinsichtlich der stillen Gesellschafter (§237 HGB; § 136 InsO) gibt. Diese speziellen Anfech­ tungsrechte können zwar auch in der Insolvenz eines Konzemuntemehmens eine Rolle spielen; sie sind aber an dieser Stelle nicht weiter zu erörtern250, weil es im Vergleich zu anderen Gemeinschuldnern keine Besonderheiten gibt, wenn der Gemeinschuldner ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern ist.

7. Das Verhältnis der besonderen Konkursanfechtungstatbestände zu den anderen Anfechtungsmöglichkeiten Der Überblick über die besonderen Konkursanfechtungsmöglichkeiten zeigt, daß es auch hier konzemspezifische Vereinfachungen für den Konkursverwalter gibt. Im wesentlichen sind dies bei der Konzemmutter die Fiktion der positiven Kenntnis der anfechtungsrelevanten Umstände und bei dem Schwesterunter­ nehmen die (widerlegliche) Zurechnung der positiven Kenntnis der Mutter. Die Erleichterungen in der Anfechtbarkeit konzerninterner Transaktionen sind dabei nach den Regelungen der Insolvenzordnung größer als im derzeitigen Recht. Ver­ gleicht man jedoch die Möglichkeiten, die dem Konkursverwalter mit den Instru­ menten der besonderen Konkursanfechtung bei der Anfechtung konzerninterner Geschäfte zur Verfügung stehen mit denen, die ihm die Insideranfechtung oder die Schenkungsanfechtung nach der hier vertretenen Auslegung bieten, so stellen sich letztere im Ergebnis doch als durchaus elastischer und effektiver heraus. Der Grund dafür liegt in den nochmals geringeren Anforderungen, die der Konkurs­ verwalter dort erfüllen muß, um eine Transaktion erfolgreich anfechten zu können. Im Hinblick auf das Interesse der Gläubiger, an einer möglichst umfangreichen Auffüllung der Haftungsmasse, wäre es deshalb günstig, soviel konzerninterne Transaktionen wie möglich mit der Insider- oder Schenkungsanfechtung zu erfas­ sen. War am Anfang dieses Abschnitts von den „Randbereichen“ die Rede, die

250 Dazu vgl. Baumbach/Hopt, § 237, Rn. 1 f.; Jaeger(-Henckel), § 34, Rn. 1 ff; Kuhn/ Uhlenbruck, § 34, Rn. 1 ff

von den Tatbeständen der besonderen Konkursanfechtung abgedeckt werden sollen, so sind nun zum Schluß diese Randbereiche zu definieren. Sie bestimmen sich durch diejenigen konzerninternen Transaktionen, die weder mit der Insidernoch mit der Schenkungsanfechtung erfaßt werden können. Das ist zu ermitteln, indem nach dem Umfang dessen gefragt wird, was mit den einzelnen Instrumenten angefochten werden kann: §§ 30 Nr. 1 Satz 2, 30 Nr. 2 KO sprechen jeweils von „Rechtshandlungen“, die angefochten werden können; in § 30 Nr. 1 Satz 1 KO ist von „Rechtsgeschäften“ und in § 32 KO von „unentgeltlichen Verfügungen“ die Rede. Nach §§31 Nr. 2 KO sind aber nur (entgeltliche) Verträge zwischen Insidern erleichtert anfechtbar. Der Begriff der Rechtshandlung ist weiter als der des Rechtsgeschäfts bzw. des Vertrages und umfaßt letztere251. Das Rechtsgeschäft im Sinne des § 30 Nr. 1 Satz 1 KO und des entgeltlichen Vertrages nach § 31 Nr. 2 KO sind dagegen insoweit deckungsgleich, als es sich um entgeltliche Rechts­ geschäfte handelt. Handelt es sich dagegen um unentgeltliche Rechtsgeschäfte innerhalb eines Konzerns überlagert die Schenkungsanfechtung nach § 32 Nr. 1 KO die Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Satz 1 KO. Entsprechendes gilt im Geltungs­ bereich der Insolvenzordnung, wobei dort allgemein ein breiterer zeitlicher Raum erfaßt wird, in dem konzerninterne Transaktionen angefochten werden können. Daraus folgt, daß die Insideranfechtung in Konzernen bzw. die Schenkungs­ anfechtung die besonderen Konkursanfechtungsmöglichkeiten dort überlagern, wo es sich bei den anzufechtenden Rechtshandlungen um entgeltliche bzw. um unent­ geltliche Verträge handelt. Das bedeutet weiter, daß die „Randbereiche“, die von den Tatbeständen der besonderen Konkursanfechtung bei konzerninternen Rechts­ handlungen noch abgedeckt werden müssen, dort sind, wo sich die anzufechtenden Rechtshandlungen im Konzern nicht als Vertrag einordnen lassen. Da aber die weitaus überwiegende Anzahl konzerninterner Transaktionen unentgeltliche oder entgeltliche Verträge sind, bleiben die Randbereiche mit den etwas weniger großen konzemspezifischen Erleichterungen für die Anfechtung durch den Konkurs­ verwalter, schmal.

VII. Rechtsfolgen der Anfechtung Die Rechtsfolgen der Anfechtung ergeben sich nach derzeitigem Recht aus den §§ 37, 38 und 39 KO und nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung aus §§ 143 und 144. Die Rechtsfolgen werden sich im wesentlichen nicht voneinander unterscheiden252.

251 Einen weiten Überblick gibt Kuhn/Uhlenbruck, § 29, Rn. 6; vgl. ferner aber auch Kilger/ K. Schmidt, § 29, Anm. 8; Jaeger(-Henckel), § 29, Rn. 4; Häsemeyer, 432 f. und BGH WM 1975, 1182,1184. 252 Vgl. Bork, Rn. 223 ff.; Jauernig, 335 f.; Braun/Uhlenbruck, 366 f.; Henckel, in: Kölner Schrift, 676 ff.; Hess/Weiss, Rn. 734 ff.

1. Grundsatz in der KO

Im Grundsatz gilt, daß das zurückzugewähren ist, was durch die anfechtbare Handlung dem Vermögen des Gemeinschuldners entzogen worden ist; der Rück­ gewähranspruch bezieht sich deshalb nicht (nur) auf das, was tatsächlich in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt ist253. Die Konkursmasse muß mithin in die Lage versetzt werden, in der sie sich befinden würde, wenn die anfechtbare Rechtshandlung unterblieben wäre254. Ist etwa durch das abhängige Unternehmen einem anderen Konzernunternehmen ein Grundstück übereignet worden, so ist dieses rückzuübereignen255. In den häufigen Fällen, wo eine Forderung der Unter­ gesellschaft an die Konzemmutter oder an ein Schwesterunternehmen abgetreten worden ist, muß die Forderung zurückübertragen werden256. Die Rückgewähr hat grundsätzlich in natura zu erfolgen, wobei aber Vereinba­ rungen über Wertersatz statt Rückgewähr in natura sinnvoll sein können und erlaubt sind257. Das gilt insbesondere dort, wo etwa die Konzemmutter als Emp­ fängerin des Gegenstandes diesen nach einer Rückgabe in die Masse nicht ohne weiteres wiederbesorgen kann und ihn deshalb nicht hergeben will, weil er an anderer Stelle im Konzern noch benötigt wird. Umgekehrt kann eine Leistung des Wertersatzes den Konkursverwalter davor bewahren, aufgrund widriger Umstände bei einer eigenen Verwertung weniger zu erhalten als der Empfänger als Werter­ satz zu zahlen verpflichtet ist. Ist es der Konzemmutter oder der Schwestergesellschaft jedoch unmöglich, das Erlangte in natura zurückzugewähren, so ist (ebenfalls) der volle Wertersatz zu zahlen. Dabei berechnet sich der Wert, der ersetzt werden muß, nach dem Wert, den der betreffende Gegenstand bei einer Verwertung (unter normalen Bedingun­ gen) durch den Konkursverwalter gehabt hätte258. Maßgebender Zeitpunkt ist grundsätzlich die letzte mündliche Tatsachenverhandlung im Anfechtungspro­ zeß259. Wenn der Gegenstand noch im Vermögen des Anfechtungsgegners vorhan­ den ist, dann hat der Konkursverwalter - ohne Vereinbarung - keine Wahl, ob er Wertersatz oder den Gegenstand in die Masse bekommen möchte260, da der 253 BGH NJW 1970,44,46; BGHZ 71, 61, 63. 254 BGHZ 15,333, 337; Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 1. 255 BGH NJW-RR 1986, 992: ein Grundstück ist an den Gemeinschuldner rückaufzulassen, und er ist im Grundbuch wieder als Eigentümer einzutragen. 256 Siehe Jauernig, 224, BGHZ 106,127,129; anders jedoch Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 41. 257 BGH NJW 1995, 2784; zu den damit verbundenen Gefahren siehe C. Paulus, WuB VI. B, § 55 KO 1.96, 869. 258 BGH NJW 1980, 1580; BGH NJW 1987, 1821; Baur/Stürner II, Rn. 20.8; Kuhn/ Uhlenbruck, § 37, Rn. 3; Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 85; vgl. aber nuanciert Jauernig, 224: den Wert, den er für die Masse haben würde, wäre die anfechtbare Handlung unterblieben. 259 BGHZ 89, 197 f.; Baur/Stürner, Rn. 20.9; vgl. aber für den Fall, daß schon bei Konkurs­ eröffnung nur ein Wertersatzanspruch besteht BGHZ 101, 286, 289 und kritisch zum BGH Gerhardt, ZIP 1987, 1429 ff. 260 Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 85; Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 3; BGH ZIP 1986, 787.

Anfechtungsanspruch kein Alternativanspruch ist261. Zum einen ergibt sich aus dem Wortlaut, daß grundsätzlich eine Naturalerstattung geschuldet wird, und zum anderen wäre es eine unangemessene Benachteiligung, wenn der Anfechtungs­ gegner den betreffenden Gegenstand, möglicherweise unter schlechten Bedingun­ gen, entäußern müßte und gegebenenfalls noch aus seinem Vermögen einen Nach­ schuß leisten, um dem Konkursverwalter dann den Wert auszukehren, den dieser selbst hätte erlangen können. Damit würde von dem Anfechtungsgegener ein wertmäßig höherer Betrag zurückgefordert als er durch die Auskehrung des Gegenstandes erhalten hat. § 37 KO wäre somit letztlich nichts anderes als ein Rückgewähranspruch deliktischer Natur, was er gerade nicht sein soll262. Dessen ungeachtet hat der Anfechtungsgegner allerdings die gezogenen Nutzen auch bei Naturalerstattung zu leisten263. Ebenso hat er Wertminderungen, die den Gegen­ stand nicht betroffen hätten, wenn er beim Gemeinschuldner verblieben wäre, ohne Rücksicht darauf zu ersetzen, ob er sie verschuldet hat oder nicht, und ob er in Bezug auf die Anfechtbarkeit gut- oder bösgläubig war264. Eine Ausnahme macht § 37 II KO für die Gutgläubigkeit des Empfängers einer unentgeltlichen Leistung (§ 143 II InsO)265; diese greift aber unter Konzemgesellschaft, wie oben gezeigt266, gerade nicht ein, so daß sie bei der Anfechtung konzerninterner Transaktionen § 37 II KO keine Rolle spielt. Kennzeichnend für die Anfechtung konzerninterner Geschäfte ist immer das mittelbare Moment der Zuwendung. Kann der Konkursverwalter gegen den Anfechtungsgegner erfolgreich anfechten, so ist bei einer mittelbaren Zuwendung regelmäßig auch der mittelbare Empfänger der zur Rückgewähr Verpflichtete, nicht aber die „Mittelsperson“ selbst267. Das bedeutet, daß wenn die Muttergesell­ schaft der mittelbare Empfänger der Zuwendung ist, während aber an die Tochter­ gesellschaft die Leistung erbracht wurde, dann ist im allgemeinen nur die Mutter zur Rückgewähr in die Masse verpflichtet268. Allerdings kann sich der Anfech­ tungsanspruch in bestimmten Fällen auch gegen die Schwestergesellschaft als Mittelsmann richten. Das kommt in Betracht, wenn nicht nur das herrschende Unternehmen als Hintermann, sondern auch die Schwester als Mittelsmann durch die Leistung der Tochtergesellschaft einen Vorteil erlangt hat. Beide haften dann als Gesamtschuldner.

261 262 263 264 265 266 267 268

So plastisch Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 21a; vgl. auch BGH NJW 1980,44. Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 1b m.w.N. Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 118. Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 5 b; vgl. auch Kilger/K. Schmidt, § 37, Anm. 2 Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 127 ff., Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 34 ff Siehe oben in diesem Abschnitt V. 2. Siehe bereits RGZ 133,291,292. Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 37, Rn. 8a.

2. Situation im Konkurs des Anfechtungsgegners

a) Erhält der Konkursverwalter ein Aussonderungsrecht oder gelangt in die Konkursmasse nur eine Konkursforderung? Ganz erhebliche Probleme entstehen, wenn der Anfechtungsgegner seinerseits in Konkurs fällt. Diese Gefahr ist bei der Anfechtung konzerninterner Geschäfte erfahrungsgemäß größer als bei der Anfechtung von Handlungen eines Konzem­ untemehmens bezüglich externer Akteure oder bei der Anfechtung von Handlun­ gen eines unabhängigen Unternehmens. Denn der Konkurs eines abhängigen Unternehmen hat manchmal - wenn auch oftmals zeitlich ein wenig versetzt - eine Art Dominoeffekt zur Folge, der freilich in der Regel weitaus kleinere Kreise zieht als der Konkurs eines Mutterunternehmens. In dem Fall, wo ein anderes Konzern­ unternehmen, das Anfechtungsgegner ist, ebenfalls in Konkurs fällt, entsteht die Frage, ob der Konkursverwalter den Rückgewähranspruch gegen diesen als normale Konkursforderung geltend machen muß, oder ob er einen Aussonderungs­ anspruch gegen die Masse hat. Diese Frage hängt unmittelbar mit der rechtsdog­ matischen Einordnung der Anfechtung zusammen269. Da die Ausdrucksweise der Konkursordnung zweideutig ist270 (§ 29 KO enthält die Wendung „als den Kon­ kursgläubigem gegenüber unwirksam“), gehen die Auffassungen darüber ausein­ ander. Es geht im Kem um die Frage, wie die in § 37 KO oder in § 143 I InsO geforderte Rückgängigmachung rechtstechnisch zu begründen ist. Von einem Bereicherungsanspruch im Sinne der §§812 ff. BGB unterscheiden sich die Regelungen der §§37 KO, 143 I InsO maßgeblich, so daß der Anfechtungsan­ spruch eindeutig kein Bereicherungsanspruch ist271. Besonders deutlich wird dieses daran, daß der Anspruch aus einer Konkursanfechtung nicht auf das gerichtet ist, worum der Gegner noch bereichert ist, sondern auf das, was aus der Masse wegge­ geben wurde272. In den Sonderfallen der §§ 37 II KO, 143 I 2, II InsO wird nicht etwa auf die bereicherungsrechtlichen Normen insgesamt verwiesen, sondern es wird lediglich die Rückgewährpflicht auf die Bereicherung beschränkt273. Ebenso ist mittlerweile geklärt, daß ein Anfechtungsanspruch keinen deliktischen Charak­ ter hat274, denn die Rechtshandlung, die den Rückgewähranspruch auslöst, ist keine 269 Sehr streitig; instruktive Übersichten über den Streitstand finden sich u.a. bei Baur/Stürner II 226 ff.; Gerhardt, 2 ff.; Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 2 ff., insbes. 14 ff.; Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 2. 270 Vgl. Jauernig, 221. 271 Nahezu einhellige Ansicht, vgl. statt aller Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 4; Jauernig, 223; Häsemeyer, 423 f.; Jaeger(-Henckel),; BGHZ 15, 337; BGHZ 41, 98, 103 f.; vgl. aber auch BGHZ 113,98, 100 f. (dazu Ackmann, EWiR 1991, 75); a.A. Gerhardt, 162 ff.; 267 ff. 272 BGHZ 41, 98, 103 f.; BGHZ 71, 61, 63. 273 Eingehend Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 4. 274 BGH WM 1962, 1316, 1317; BGH KTS 1986, 669; BGH NJW 1990, 991; Jaeger (-Henckel), § 29, Rn. 16; Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 5; Jauernig, 223; vgl. aber die Rechtspre­ chung des RG zu § 31 KO: RGZ 84, 242, 253.

unerlaubte Handlung. Außerdem gehen §§ 37 KO, 143 I InsO auf Rückgewähr und nicht auf Schadenersatz. Die Auseinandersetzungen beziehen sich im wesentlichen darauf, ob sich die Konkursanfechtung in dem Rückgewähranspruch nach §§ 37 KO, 143 I InsO erschöpft und damit rein schuldrechtlicher Natur ist275, oder ob der anfechtbare Rechtserwerb zwar nicht zu einer dinglichen oder schuldrechtlichen, wohl aber zu einer haftungsrechtlichen Unwirksamkeit und damit zum unmittelbaren Haftungs­ zugriff fuhrt, während dabei freilich Sekundäransprüche rein schuldrechtlich zu beurteilen sind276. Als dritte Möglichkeit der dogmatischen Einordnung wird daran gedacht, das Anfechtungsrecht als Gestaltungsrecht zu verstehen mit der Folge, daß die angefochtenen Rechtshandlungen den Konkursgläubigem gegenüber nich­ tig werden, so daß etwa das Eigentum an einer vom Gemeinschuldner veräußerten Sache ohne Übertragung an die Masse zurückfallt277. Zu dieser Kontroverse ist bereits vielfach eingehend Stellung genommen worden; darauf kann hier verwiesen werden278. Im folgenden soll deshalb nur schlaglichtartig das Problem aus der Perspektive des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmen beleuchtet werden.

b) Entscheidung aus der Perspektive des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmens Betont man den Schutz der Gläubiger eines abhängigen Konzemuntemehmens, so liegt es für die möglichst umfangreiche Vergrößerung der Haftungsmasse nahe, daß der Konkursverwalter den Rückgewähranspruch gegen den Anfechtungs­ gegner bei dessen Konkurs nicht nur als Konkursforderung, sondern als Aussonde­ rungsrecht durchsetzen kann. Das gilt vor allem dort, wo ein Großteil der mögli­ chen Anfechtungen Handlungen der Gemeinschuldnerin gegenüber anderen Konzernunternehmen betreffen. Ausschlaggebender Grund dafür wäre das oben 275 So die h.M.: BGHZ 15, 333, 337; BGHZ 22, 128, 134; BGHZ 100, 36, 42 (dazu Henckel, EWiR 1987, 427); BGHZ 106, 127, 129; BGH NJW 1990, 990; Kuhn/Uhlenbruck, § 29, Rn. 1 d; Hess/Kropshofer, §29, Rn. 4; Baur/Stürner, Rn. 18.12; Jauernig, 222; weitere Nachweise bei Huber, InsHdb. § 54. Zur grundlegegenden Kritik siehe G. Paulus, AcP 155 (1956), 279 ff. 276 Grundlegend G. Paulus, AcP 155 (1956), 299 ff; wenn auch im Detail unterschiedlich, ebenso Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 2; K. Schmidt, JZ 1987, 889; ders., JZ 1990, 621; Jaeger (-Henckel), § 29, Rn. 20 ff; Henckel, Jus 1985, 841 f.; Gerhardt, 177 ff; Häsemeyer, 420 ff; Eckardt, 40 ff. 277 Grundlegend v. Hellwig, ZZP 26, 474 ff; diese Auffassung findet heute praktisch keine Befürworter mehr (vgl. auch die beachtliche Kritik bei G. Paulus, AcP 155 (1956), 286 ff). Selbst Marotzke, KTS 1987, 1 ff, insbes. 4 f., 22 ff; und ZfG 1989, 138, 141 ff befürwortet diese Lehre nur unter sehr starken Einschränkungen, so daß er sich im Ergebnis schon wieder der haftungs­ rechtlichen Theorie nähert; vgl. aber auch Drobnig, RabelsZ 44 (1980), 800. 278 Siehe etwa Jauemig, 222 ff; Häsemeyer, 418 ff; Baur/Stürner, 226 ff; Holzer, WiB 1997, 730 f.; Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 2 ff; Kuhn/Uhlenbruck, § 29, Anm. 1c f.; Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 14 ff.

angedeutete empirische Moment der verhältnismäßig großen Gefahr, daß aufgrund der internen Verzahnungen im Konzern nicht nur eine, sondern gleich mehrere Untergesellschaften nacheinander in Konkurs fallen. Es besteht dann nach der schuldrechtlichen Theorie die Gefahr, daß die Gläubiger nicht einmal darauf hoffen können, daß die „Rückabwicklung“ von Transaktionen, die innerhalb des Konzerns in den betreffenden Fristen stattgefunden haben, durch konkursrechtliche Instrumente wirksam erfolgt. Denn in die Masse gelangt dann nicht mehr als eine Konkursforderung gegen die andere Konzemgesellschaft. Das Aussonderungsrecht wäre insofern gleichsam als Kompensation der außenstehenden Gläubiger zu verstehen, daß der Konkursverwalter mit seinen Rückgewähransprüchen aus der Anfechtung gegenüber konzerninternen Anfechtungsgegners häufiger ausfällt. Auch dogmatisch spräche einiges für die Annahme, daß dem Konkursverwalter im Konkurs des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht zusteht: Im Grund­ satz gilt, daß Leistungen, die anfechtbar in fremdes Vermögen gelangt sind, in einer für den Rechtsverkehr erkennbaren, also in einer den allgemeinen Regeln der Vermögenszuordnung entsprechenden Weise, dem Konkursbeschlag zugeführt werden müssen. Das geschieht durch die (Rück-)Übertragung in die Konkurs­ masse279. Weil mit den Rechtshandlungen, die später angefochten werden, der betreffende Gegenstand dem Haftungsvermögen wirksam entzogen werden könne und ihm auch entzogen worden sei, so wird argumentiert, bedürfe es eines beson­ deren Vollstreckungstitels, um die anfechtbar übereigneten Sachen wieder zurück­ zuverlangen. Die allgemeine Vollstreckungsbefugnis in die Masse, die dem Verwalter aufgrund der Verfahrenseröffnung zusteht, reiche dazu nicht280. Daran ist richtig, daß ein anfechtbar veräußerter Gegenstand, um vom Konkursverwalter verwertet werden zu können, rückübereignet werden muß; erst dann wird die Haftungsunterworfenheit des Gegenstandes praktisch verwirklicht281. Es ist aber ein Mißverständnis, wenn man annimmt, daß ein Zugriff des Konkursverwalters auf den Gegenstand nur unter Änderung der dinglichen Rechtspositionen möglich sei. Tatsächlich geht es bei der Anfechtung nicht um die Änderung der rechtlichen Zuordnung des weggegebenen Vermögensgegenstandes, sondern um die Unwirk­ samkeit in Bezug auf die haftungsrechtliche Zuordnung282. Die Rechtsnatur der Gläubigeranfechtung läßt sich nämlich nicht auf das Begriffspaar schuldrechtliche Wirkung/dingliche Wirkung reduzieren283. Es geht letztlich auch um die Interessen der Gläubiger der Gemeinschuldnerin, bestehende Relativität bestimmter privat­ autonomer Verteilungsentscheidungen in der letzten Zeit vor dem Konkursantrag und deren Durchsetzung im Konkursverfahren, welche sich durch die haftungs­ 279 Häsemeyer, 420. 280 Vgl. Jauemig, 222. 281 Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 2a. 282 Grundlgend G. Paulus, AcP 155 (1956), 294 ff. (insbes. 299 ff.) und 319 ff; Häsemeyer, 1. Auf!., 452; ders., 422 f.; Kilger/K. Schmidt, § 29, Anm. 2a; Jaeger(-Henckel), § 37, Rn. 21. 283 So auch Huber in InsHdb., § 54, Rn. 3; Gerhardt, 275 (Der anfechtbare Rechtserwerb eines Dritten sei janusköpfig); Henckel, JuS 1985, 842.

rechtliche Komponente auszeichnet. Die Konkursanfechtung verwirklicht die haftungsrechtliche Zuordnung von Gegenständen, die anfechtbar weggegeben wurden. Soweit Gegenstände in einer Zeit erworben wurden, die vom Gesetz unter das „Damokles-Schwert" der Anfechtbarkeit gestellt ist, ist der Erwerb des Gegen­ standes gleichsam nur „vorläufig“. Bildlich ausgedrückt steht der wirksame Erwerb unter dem „Vorbehalt“ der erst später eintretenden haftungsrechtlichen Unbedenklichkeit. Stellt sich nämlich später im Konkursverfahren heraus, daß der betreffende Gegenstand nicht hätte aus dem Haftungsfonds des Gemeinschuldners entfernt werden dürfen, so wird der „Vorbehalt“ wirksam, mit der Folge, daß die Leistung haftungsrechtlich unwirksam bleibt und daher der Konkursverwalter den Rückfluß dieser Leistung in den Haftungsverbund mittels eines Zugriffs erreichen kann. Diese Entscheidung trifft der Konkursverwalter mit dem Instrument der An­ fechtung. Dem folgend kann der Konkursverwalter die anfechtbar vom anderen Konzemteil erlangten Gegenstände in dessen Konkurs also aussondern und die Haftungsmasse der Gemeinschuldners trotz Konkurses des Anfechtungsgegners entsprechend vergrößern.

c) Die Lage nach Inkrafttreten der InsO

In der Neufassung der Grundregel der Anfechtung der InsO, § 129 I, ist auf den Wortlaut „als den Konkursgläubigem gegenüber unwirksam“ bewußt verzichtet worden284. Obwohl der Gesetzgeber die Bestimmung der Rechtsnatur der Insol­ venzanfechtung mit Ausnahme der dinglichen Theorie wohl offenlassen wollte, dürfte insgesamt aber doch eine gesetzliche Anerkennung der schuldrechtlichen Theorie anzunehmen sein285. Das bedeutet, daß mit Inkrafttreten der InsO jeden­ falls dem Konkursverwalter im Konkurs des Anfechtungsgegners nur ein Anspruch gegen die Konkursmasse zusteht. Im Konkurs eines abhängigen Unternehmens im Konzern kann dies jedoch nicht selten zu einer spürbaren Beeinträchtigung in dem Bemühen fuhren, im Gläubigerinteresse die Haftungsmasse des Gemeinschuldners möglichst effektiv zu vergrößern. 3. Schicksal der Gegenleistung Die Rückgewähr der angefochtenen Leistung darf nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse fuhren. Daher muß die vom Anfechtungsgegner erbrachte Gegenleistung vom Konkursverwalter erstattet werden. Als Gegenleistung ist dabei alles anzusehen, was der Anfechtungsgegner aufgrund des Anfechtungstatbe­ 284 R. Schmidt-Räntsch, § 129, Rn. 3. 285 So auch Baur/Stürner, Rn. 18.56; Jauemig, 227; Holzer, WiB 1997, 730 f.; Bork dagegen scheint der Auffassung zu sein, daß auch im Regelungsbereich des § 143 I 1 InsO die „schuld­ rechtliche Theorie“ mit der „haftungsrechtlichen Theorie“ um bestimmte Aspekte ergänzt bestehen bleiben, Rn. 223 f.; vgl. auch Braun/Uhlenbruck, 366.

Standes hingegeben hat286. Dieser Grundsatz gilt allgemein, also auch für die hier in den Blick genommenen Anfechtungen konzerninterner Leistungen. Das Kon­ zernunternehmen, das Anfechtungsgegner ist, hat wegen des Anspruches auf Gegenleistung einen Masseanspruch (§ 59 I Nr. 4 KO), wenn und soweit die Gegenleistung sich entweder noch unterscheidbar in der Masse befindet oder Anspruch auf Erstattung des Wertes, soweit die Masse um diesen noch bereichert ist287. In der Praxis wird regelmäßig eine Verrechnung vorgenommen, wenn der Rückgewähranspruch auf Wertersatz geht. Der Anfechtungsgegner hat dann nur die Differenz beider Ansprüche zu leisten288. Einer Aufrechnung bedarf es dazu nicht, weil der Konkursverwalter den als Rückgewähr erhaltenen Betrag ohnehin in Höhe des Erstattungsanspruchs wieder zurückgeben müßte289. Außerdem hat der Anfechtungsgegner gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht. Zwar bilden der Anspruch des Konkursverwalters und der Erstattungsanspruch des anderen Teil kein einheitliches Schuldverhältnis, das Zurückbehaltungsrecht rechtfertigt sich jedoch aus dem engen wirtschaftlichen Zusammenhang beider Leistungen290. Nach § 38 S. 2 KO hat der Anfechtungsgegner im Hinblick auf die von ihm erbrachte Gegenleistung, welche sich weder als solche noch ihrem Wert nach in der Masse befindet, also soweit der Betrag der Gegenleistung ungedeckt bleibt, einen Erstattungsanspruch, der jedoch nur als Konkursforderung geltend gemacht werden kann291. Ist lediglich die Erfüllungshandlung der in Konkurs gefallenen Untergesell­ schaft anfechtbar und zurückgewährt, so sieht das Gesetz nicht die im Vollzug des Grundgeschäfts bewirkte Leistung des anderen Teils, sondern die Schuldbefreiung als Gegenleistung der Erfüllungshandlung an und ergänzt in § 39 KO die Regelung des § 38 KO dahin, daß dann die Forderung des Anfechtungsgegners von selbst wieder auflebt292. Sie ist dann im Rahmen des § 39 KO aber nur eine Konkursfor­ derung293. Im Hinblick auf die in Konzernen häufigen mittelbaren Zuwendungen ist bedeutsam, daß auch eine Forderung des Empfängers der anfechtbaren Lei­ stung, also der Muttergesellschaft, gegen die Mittelsperson, die Schwestergesell­ schaft, nach § 39 KO nur dann wieder in Kraft tritt, wenn lediglich die durch die Schwestergesellschaft bewirkte mittelbare Zuwendung des abhängigen Untemeh286 Statt aller Jaeger(-Henckel), § 38, Rn. 1 f; Kuhn/Uhlenbruck, § 38, Rn. 1. 287 Einhellige Meinung gegen die Motive zur KO, Hahn/Mugdan, 149, wo ein Aussonderungs­ anspruch vorgesehen war; vgl. RGZ 13, 5, 7; BGH NJW-RR 1986, 992; Jaeger(-Henckel), § 38, Rn. 6; Kuhn/Uhlenbruck, § 38, Rn. 1; Kilger/K. Schmidt, § 38, Anm. 2; Jauemig, 225. 288 Siehe mit Hinweis auf die Ausnahme: Kuhn/Uhlenbruck, § 38, Rn. 4 289 Kuhn/Uhlenbruck, § 38, Rn. 4; vgl. Jaeger(-Henckel), § 38, Rn. 9 f. 290 BGH NJW-RR 1986, 991; Kuhn/Uhlenbruck, §38, Rn. 3; Kilger/K. Schmidt, §38, Anm. 3. 291 Einhellige Ansicht: statt aller Kilger/K. Schmidt, § 38, Rn. 4); Jaeger(-Henckel), § 38, Rn. 13; Kuhn/Uhlenbruck, § 38, Rn. 5. 292 Ausführlich dazu Kuhn/Uhlenbruck, § 39, Rn. 2; Kilger/K. Schmidt, § 39, Anm. 1; Jaeger (-Henckel), § 39, Rn. 5 ff. 293 Statt aller: Jauemig, 225.

mens - und nicht auch das der Zuwendung zugrundeliegende Verpflichtungs­ geschäft des abhängigen Unternehmens mit der Muttergesellschaft - anfechtbar war294.

4. Änderungen in der InsO Nach Inkrafttreten der InsO ergeben sich aus den §§ 143, 144 InsO keine großen Änderungen, die speziell für konzerninterne Geschäfte interessant sein könnten. Hingewiesen sei dennoch auf die Änderung in § 143 I 2 InsO. Für den Fall, daß eine Rückgewähr in natura nicht möglich ist, hat der Anfechtungsgegner nach der neuen Rechtslage nicht mehr den vollen Wertersatz zu leisten, unabhängig davon, ob er die Unmöglichkeit der Rückgewähr oder die Verschlechterung des anfechtbar erworbenen Gegenstandes zu verschulden hat oder nicht. Durch § 133 I 2 InsO wird für diese Fälle auf das Bereicherungsrecht verwiesen. Aus ihm ergeben sich nunmehr die relevanten Regelungen für die Herausgabe von Nutzungen und den Ersatz von Verwendungen (vgl. §§ 987, 994 S. 2 BGB)295. Damit wird die als unbefriedigend empfundene derzeitige Rechtslage geändert, wonach der Anfechtungsgegner eine schärfere (Zufalls-)Haftung zu tragen hat als bösgläubige Bereicherungsschuldner und unrechtmäßige Besitzer, die gemäß §§819 1, 818 IV, 292 I, 989, 990 BGB lediglich für die schuldhafte Unmöglichkeit der Herausgabe oder Verschlechterung des Gegenstandes haften296.

VIII. Fazit der Bedeutung der Anfechtungsrechte im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens Die Analyse der einzelnen Anfechtungsmöglichkeiten, die die KO bzw. die InsO dem Konkursverwalter zur Verfügung stellt, hat gezeigt, daß Vermögensver­ schiebungen innerhalb eines Konzerns dann effektiv rückgängig gemacht werden können, wenn sie eine Gläubigerbenachteiligung darstellen, also für das in Kon­ kurs gefallene abhängige Konzernunternehmen nachteilig gewesen sind. Es besteht bei fast allen Anfechtungsarten konzemspezifische Besonderheiten in dem Sinn, daß die Anfechtungsmöglichkeiten des Konkursverwalters bei vielen Rechtshand­ lungen zwischen dem Gemeinschuldner und einem anderen Unternehmen aus demselben Konzern vereinfacht werden. Dies geschieht insbesondere durch Fiktio­ nen, etwa hinsichtlich der Kenntnis der Anfechtungsgegner bezüglich bestimmter Umstände, oder durch eine Umkehr der Beweislastumkehr zugunsten des Kon­ kursverwalters. Darüber hinaus konnten im Hinblick auf die Anfechtung konzern­ interner Verträge entscheidende Erweiterungen der Tatbestände der Insider­ anfechtung und der Schenkungsanfechtung begründet werden, aufgrund derer eine 294 Vgl. Kilger/K. Schmidt, § 39, Anm. 1. 295 R. Schmidt-Räntsch, § 143, Rn. 2. 296 Siehe Begründung BT-Drs. 12/2443, S. 167 f. zu § 162.

besonders effektive Vergrößerung der Haftungsmasse des abhängigen Konzem­ untemehmens erwartet werden kann. Da der Großteil der konzerninternen Trans­ aktionen aus Verträgen bestehen, und diese mit Hilfe der Insider- bzw. der Schen­ kungsanfechtung besonders leicht erfolgreich angefochten werden können, treten die Tatbestände der besonderen Konkursanfechtung insgesamt gesehen in ihrer Bedeutung für die Anfechtung konzerninterner Geschäfte hinter diesen beiden Instrumenten zurück. Dieses Ergebnis gilt - mit wenigen Ausnahmen - nicht nur für den Geltungs­ bereich der KO, sondern entsprechend auch nach Inkrafttreten der InsO. Eine Igewichtige Änderung beinhaltet die InsO allerdings hinsichtlich des Zeitraumes, innerhalb welchem die konzerninternen Transaktionen der Anfechtbarkeit ausge­ setzt sind. Dieser ist - zum Teil entschieden - verlängert worden; am deutlichsten zeigt sich dies bei dem Zeitraum, in welchem Rechtshandlungen liegen, die eine inkongruenten Deckung gewähren, und noch nach § 131 InsO angefochten werden können. Die Verlängerung der Fristen wird ebenfalls dazu beitragen, die Masse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzemuntemehmens und damit die Befriedigungsaussichten der Gläubiger vergrößern zu können. Mit der in weiten Bereichen erleichterten Anfechtbarkeit von konzerninternen Rechtshandlungen, wie sie hier vertreten wurde, ist insgesamt zu erwarten, daß ein wichtiger Beitrag geleistet werden kann, der Massearmut von in Konkurs gefalle­ nen abhängigen Unternehmen eines Konzern wirksam entgegenzuwirken. Die enge wirtschaftliche und organisatorische Verzahnung der Unternehmen in einem Konzern, die der wesentliche Grund ist für die konzemspezifischen Beson­ derheiten der Anfechtung, und sich deshalb im Hinblick auf die Gläubiger des betreffenden in Konkurs gefallenen Konzemuntemehmens als Vorteil herausstellt, entpuppt sich möglicherweise für die Gläubiger eines anderen Konzemunter­ nehmens, demgegenüber besonders leicht angefochten werden kann, gleichzeitig als Nachteil: Denn die Auffüllung der Masse des insolventen Unternehmens mittels der Rückführung anfechtbar erlangter Gegenstände und Rechte hat die Schmälerung der potentiellen Masse des anderen Konzemuntemehmens zur Folge, mit der Konsequenz, daß letztlich dem Gläubiger dieser Gesellschaft im Fall deren Konkurses weniger Haftungsmasse zur Verfügung steht. So könnte man Bedenken äußern, ob eine solche besondere „Gläubigerbenachteiligung“ bei anderen Kon­ zernunternehmen aufgrund der erleichterten Möglichkeiten, die Masse des nun­ mehr insolventen Unternehmens zu vergrößern, überhaupt gerechtfertigt sei. Richtig ist sicherlich, daß es etwa für die Gläubiger einer Konzemmutter, die das nunmehr bankrotte Tochterunternehmen zu ihren Gunsten regelrecht „ausgesogen“ hat, nachteilig sein kann, wenn ein Großteil oder sogar alle dieser Vermögens­ verschiebungen durch die Konkursanfechtung erfaßt und zu Ungunsten des Vermögensstandes der Mutter ausgeglichen werden können, doch läßt sich daraus nicht auf eine restriktiverer Handhabung der Anfechtungsregeln schließen. Den Bedenken ist vielmehr mit der Grundregel zu begegnen, daß Gläubiger außerhalb des Konkurses prinzipiell nicht davor geschützt sind, daß ihr Schuldner noch

andere Gläubiger erhält und diese auch vor ihnen befriedigt, gleichgültig auf welchem Grund diese Forderungen beruhen mögen. Insolvenzrechtlich spiegelt sich dies in der Theorie der haftungsrechtlichen Unwirksamkeit wider: das, was haftungsrechtlich einer bestimmten Masse zugeordnet ist, steht nur den Gläubigem dieser Masse zu. Es kommt dabei nicht darauf an, wie sich die Vermögenssituation des anderen Teils dadurch gestaltet297. D.h., daß bei der Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmen nicht darauf geachtet werden kann, welche Folgen die Anfechtung bei anderen Unternehmen desselben Konzerns, die Anfechtungsgegner sind, hat. Dreh- und Angelpunkt des Interesses ist nur, daß die betreffende Haftungsmasse des Gemeinschuldners vergrößert wird. Ferner könnte man gegen das hier entwickelte weite Verständnis der Anfech­ tungsregeln hinsichtlich konzerninterner Handlungen einwenden, daß in Konzer­ nen damit der Spielraum wirtschaftlicher Entscheidungen und Maßnahmen verengt würde. Denn aus Furcht vor der Anfechtbarkeit bestimmter Rechtshandlungen innerhalb eines Konzerns könnten diese entweder von vornherein unterlassen werden, oder es würde jedoch zumindest die Bereitschaft abnehmen, bestimmte, für den Konzern als wirtschaftlicher Einheit sinnvolle und innovative Maßnahmen durchzufuhren, die sich aber möglicherweise für bestimmte Konzernunternehmen als ökonomisch riskante Maßnahmen darstellen würden. Eine Einengung des wirt­ schaftlich möglichen Betätigungsfeldes aufgrund der Gefahr der späteren Anfech­ tung könnte sich insgesamt gesehen auf die Synergieeffekte eines Konzerns aus­ wirken298. Oder überspitzt ausgedrückt: die Attraktivität des Konzerns als schlag­ kräftige Organisation auf dem Markt könnte zurückgehen, wenn im Konkursfalle eines der Konzemteile die konzerninternen Transaktionen besonders einfach zur Disposition stehen. Aber auch dieser Einwand kann nicht überzeugen. Die Anfechtungsregeln haben, wie schon betont, die Funktion, die Haftungsmasse möglichst umfangreich aufzufüllen und damit der Massearmut entgegenzuwirken. Sie haben also den Gläubigerschutz vor Augen. Einer effektiven Umsetzung dieses Ziels kann deshalb nicht mit Argumenten entgegnet werden, die die Anfechtungs­ instrumente (auch) als Steuerungsmittel verstehen, mit der ein erwünschtes oder unerwünschtes unternehmerisches Verhalten hervorgerufen bzw. verhindert werden kann, das sich gleichzeitig dann aber auch als Restriktion hinsichtlich der eigentlichen Funktion der Anfechtungsregeln auswirkt. Zwar mögen die weitrei­ chenden Anfechtungsrechte manchmal tatsächlich durchaus wie Fesseln wirken, sie haben aber gleichzeitig, den nicht unerheblichen Nutzen der Disziplinierung der Geschäftsgebarens eines Konzerns bzw. des herrschenden Unternehmens hinsicht­ lich der konzerninternen Handlungen.

297 Siehe Häsemeyer, 199 f. 298 Dazu vgl. ausführlich u.a. Kreher, 132 ff.; Kallfass, 19 ff.

B. Rangrückstellung I. Die Subordinierung konzemintemer Konkursforderungen 1. Einleitende Überlegungen Für die konzernexternen Gläubiger einer in Konkurs gefallenen abhängigen Gesellschaft wäre es schließlich nicht nur vorteilhaft, wenn konzerninterne Trans­ aktionen weitgehend erleichtert anfechtbar sind, sondern auch, wenn die Konkurs­ forderungen von Konzernunternehmen gegen die Gemeinschuldnerin nicht oder nur nachrangig geltend gemacht werden könnten. Denn eine Rangrückstellung aller Forderungen von anderen Konzernunternehmen, inklusive der Zinsen und Sicherungen, hätte eine spürbare Verbesserung der Konkursmassen-Situation zur Folge. Je nach der wirtschaftlichen Einbindung des betreffenden in Konkurs gefallenen Unternehmens in dem Konzern machen die (gesicherten) Forderungen der übrigen Konzemgesellschaften teilweise einen ganz erheblichen Teil der Passiva aus. Würden diese erst nachrangig befriedigt, so dürfte nicht selten die Masse der Gemeinschuldnerin ausreichen, um die Forderungen der außenstehen­ den Gläubiger weitgehend erfüllen zu können. Aus der Perspektive der externen Gläubiger hätte ein derartiger Rangrücktritt damit eine Wirkung wie eine indirekte Vergrößerung der Haftungsmasse, aufgrund der für sie eine größere Quote erreicht werden könnte. Es stellt sich daher die Frage, ob es neben den allgemeinen rangrechtlichen Regeln der Konkursordnung bzw. der Insolvenzordnung (§§ 60 ff. KO; §§ 39, 209 InsO) noch weitere Möglichkeiten gibt, bestimmte Konkursforderungen anderen gegenüber zu subordinieren, speziell die Konkursforderungen von Konzemein­ heiten gegen die Gemeinschuldnerin erst nach den Konkursforderungen der außen­ stehenden Gläubiger zu befriedigen. 2. Der Ansatz aus dem US-amerikanischen Recht

Vorbild könnte insoweit das US-amerikanische Recht sein. Dieses kennt einige Instrumente, durch die eine Forderung gegen eine in Konkurs gefallene Gesell­ schaft im Rang zurückgestuft werden kann {Subordination)299. 300 Das mit Abstand wichtigste dieser Instrumente ist die auf Richterrecht beruhende „equitable subordination'"3^. Die wesentlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Rangumordnung von Konkursforderungen sind: Der betreffende Konkursgläubiger 299 Vgl. dazu nur Aaron, Bankruptcy Law Fundamentals, § 8.03, S. 8 ff. 300 Vgl. aber sec. 510 (c) Bankruptcy Code: ^otwithstanding subsections (a) and (b) of this section, after notice and a hearing, the court may (1) under principles of equitiy Subordination, subordinate for purposes of distribution all or a part of an allowed claim to all or part of another allowed claim or part of an allowed interest to all or part of another allowed interest; or (2) order that any lien securing such a subordinated claim be transferred to the estäte."

muß sich unbillig (inequitable) verhalten haben. Dieses Verhalten muß die anderen Gläubiger des Gemeinschuldners in ihren berechtigten Positionen verletzt haben, oder aus dieser Handlung muß sich ein ungerechtfertigter Vorteil (unfair advan­ tage) für den betreffenden Konkursgläubiger ergeben. Schließlich darf die Rangrückstellung der betreffenden Forderung nicht gegen die Vorschriften des Insolvenzgesetzes verstoßen301. Die equitable Subordination hat im US-amerikanischen Recht eine große Bedeutung für Unternehmensgruppen erlangt302. Sie wird häufig herangezogen, um bestimmte Fälle von ungerechtfertigter oder willkürlicher Ausübung von „contror^3 zum Nachteil außenstehender Gläubiger zu erfassen. In der US-amerikanischen Rechtsprechung sind mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlichster Fallgruppen gebildet worden, die Formen des inequitable conduct beschreiben304. Darunter finden sich einige Tatbestände, die funktional auch dem deutschen Recht bekannt sind, dort freilich aber mit anderen Rechts­ folgen verknüpft sind. Als Beispiele wären zu nennen die eigenkapitalersetzenden Darlehen oder die Unterkapitalisierung305, aber auch die Eingriffe in die Geschäfts­ führung des Gemeinschuldners306. Rangrücktritte sind aber nach amerikanischem Verständnis auch möglich bei anderem unbilligen Verhalten. Dazu gehören etwa die misrepresentation3^', dem entspricht nach deutschem Rechtsverständnis in etwa die Täuschung anderer Gläubiger durch den Forderungsinhaber, also etwa des beherrschenden Unternehmens. Ferner können dazu zählen die mangelhafte, verschleiernde Buchführung hinsichtlich der Forderung des herrschenden Unter­ nehmens, das unbillige Ausnutzen der überlegenen Verhandlungsposition des herr­ schenden Unternehmens zu Lasten der späteren Gemeinschuldnerin, die fraudulöse Erlangung von Sicherheiten des herrschenden Unternehmens von der späteren Gemeinschuldnerin oder der Entzug von Vermögenswerten durch das herrschende Unternehmen308. Funktional gesehen ist die Subordination also im wesentlichen die Reaktion auf eine mittelbare Schädigung der konzernexternen Gläubiger durch den direkten oder indirekten Abzug von Vermögen der später in Konkurs gefalle­ nen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen. Die Rechtsprechung in den USA verlangt dabei aber stets, daß diese Beeinträchtigung mit einem subjektiven

301 Grundlegend In re Mobile Steel Co, 563 f.2d 692, 699 f. (5th Cir. 1977); vgl. Scheel, 143 ff.; Tschemig, 55 ff. 302 Tschemig, 56 ff.; Scheel, 129 ff. 303 Hinweise zu diesem komplexen Begriff bei Scheel, 149 ff. 304 Zusammenfassend Scheel, 153 ff.; Tschenig, 66 ff. Blumberg, 82; dazu gehören u.a. „alter ,fraud\ „misrepresentatiod", Unterkapitalisierung, unbillige Einflußnahme auf die Ge­ schäftsführung; Ausnutzen einer überlegenen Verhandlungsposition. 305 Vgl. etwa Blumberg, 88; 3 Collier on Bankruptcy, 510 ff. 306 Blumberg, 123 f. 307 Ashe, 72 Com.L.J. 92 ff.; Scheel, 158 f. 308 Ausführlich Scheel, 153 ff. aus der US-amerikanischen Literatur DeNatale/Abram, 40 BusL. 423 (1985); 3 Collier on Bankruptcy, 510 ff.

Element einhergehen muß. Die Handlungen des herrschenden Unternehmens müssen zumindest darauf gerichtet sein, die eigene ökonomische Position auf Kosten der den anderen Gläubigem zur Verfügung stehenden Masse zu verbes­ sern309. Will man diesen Regelungskomplex für das deutsche Recht fruchtbar machen, so müssen die einzelnen Regelungsaspekte jedoch vor dem Hintergrund bewertet werden, daß es im US-amerikanischen Recht sowohl einen anderen Ansatz im Insolvenzrecht gibt als im deutschen Recht310 als auch, wie etwa im französischen Recht, über das Insolvenzrecht Bereiche geregelt werden, die im deutschen Recht mittels bestimmter gesellschafts- oder konzemrechtlicher Instru­ mente zu erfassen gesucht werden311. Aufgrund dieser, hier nur knapp skizzierten wesentlichen Unterschiede der Rahmenbedingungen, in die eine Subordination eingebettet ist, bzw. eingebettet sein würde, ist nach der herkömmlichen rechtsver­ gleichenden Methode312 das Institut der Subordination^ nicht ohne weiteres auf das deutsche Recht zu übertragen313. Gleichwohl ist es sehr gut dazu geeignet, Denkanstöße für Veränderungen im eigenen Recht zu geben. 3.

Subordinierung konzerninterner Forderungen nach deutschem Recht

a) Grundüberlegung Das deutsche Recht kennt bekanntlich für die soeben aufgezählten Fälle ein derartiges Instrument der Subordinierung nicht. Vor dem Hintergrund der oben angesprochenen positiven Effekte für die konzernexternen Gläubiger im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens ist aber zu fragen, ob im deutschen Recht, wenn schon nicht das Instrument der Subordination als solches, dann jedoch in Anlehnung an den Gedanken, der der Subordination im US-amerikanischen Recht zugrunde liegt, eine Rangrückstellung von Forderungen aller anderen Konzern­ unternehmen gegen die in Konkurs gefallene Tochter einführen, welche darauf

309 Vgl. Blumberg, 120; 3 Colliers on Bankruptcy, 510 ff. 310 Zu dem sanierungsrechtlichen Ansatz im US-amerikanische Recht siehe eingehend Flessner, 33 ff. Ferner ist zu bedenken, daß nach deutschem Recht der Konkurs- bzw. Insolvenz­ richter an Recht und Gesetz gebunden ist, während im US-amerikanischen Recht das bankruptcylaw eine Equity-Materie ist, die den Handlungsspielraum für den Richter im Vergleich zum deut­ schen Pendant drastisch vergrößert. 311 Dazu vgl. wenn die knappen Hinweise Scheel, 415 ff. Tschemig, 151 f. 312 In Betracht käme hier insbesondere die funktionale Rechtvergleichung, die aber - um erfolgreich durchgeführt zu werden - an eine wenigstens im wesentlichen vergleichbare Rahmen­ bedingungen des Rechts, aus dem das Institut entstammt, das hinsichtlich seiner Funktion mit einem entsprechenden Institut aus einem anderen Recht verglichen werden soll, erfordert; siehe Einleitung dieser Arbeit (§ 1) und dort die Nachweise. 313 Das wird von Scheel, 415 f. ebenfalls nur angedeutet; vgl. auch Stümer, in: FS Rebmann, 855.

abzielt, Forderungen von anderen Konzernunternehmen gegen den Gemeinschuld­ ner erst nach den Forderungen der externen Gläubiger zu befriedigen314. Dabei wären indes zwei Fälle zu unterscheiden: Zum einen ginge es darum, ob eine Subordinierung der Forderungen schon allein aufgrund des Umstandes möglich ist, daß ein Konzernunternehmen Inhaber einer Forderung gegen die Gemeinschuldnerin ist. Kann dies nicht festgestellt werden, ist zum anderen weiter zu fragen, ob dann zumindest diejenigen konzerninternen Forderungen subordiniert werden können, die mit einem „Makel“ im weitesten Sinne behaftet sind.

b) § 32a GmbHG als Rangrückstellung? Es wird zum Teil behauptet, daß sich ein Ansatz für den Ausschluß bestimmter Forderungen konzerninterner Gläubiger bereits positiv-rechtlich geregelt in § 32a GmbHG finde. Die Vergrößerung der Haftungsmasse des Gemeinschuldners, dadurch, daß die Konkursmasse für den Anspruch auf Rückgewähr des eigen­ kapitalersetzenden Darlehens bzw. der entsprechenden Leistung nicht haftet, sei ein Rangrücktritt bzw. eine Zurücksetzung im Rang315. Dogmatisch gesehen ist dies jedoch unrichtig. Insolvenzrechtlich betrachtet, könnte es sich bei § 32a GmbHG nur dann um einen Rangrücktritt handeln, wenn die Konkursmasse für das eigenkapitalersetzende Darlehen oder die entsprechende Leistung dann haftet, wenn alle Konkursgläubiger des § 61 Nr. 1 bis 6 KO befriedigt sind316. Der Wort­ laut des § 32a GmbHG steht jedoch einer entsprechenden Lesart entgegen, wenn bestimmt wird „kann nicht geltend gemacht werdend Auch der Umstand, daß eine entsprechende Forderung nicht zur Konkurstabelle angenommen werden kann und keine Konkursforderung wird, zeigt, daß es sich nicht um eine Forderung handeln kann, die mit anderen konkurriert und deshalb in einen Rang eingeordnet wird. Zwar mag man dagegen einwenden, daß damit das eigenkapitalersetzende Darlehen faktisch (haftendem) Eigenkapital gleichgestellt würde, womit dem Regelungsinhalt des § 32a GmbHG widersprochen würde, der offensichtlich voraussetze, daß ein eigenkapitalersetzendes Darlehen etwas anderes sei als Eigen­ kapital317. Doch überzeugt dieser Einwand nicht, denn es gibt, trotz des Umstan­ des, daß eigenkapitalersetzende Darlehen in der Regel praktisch Haftkapital sind318, wichtige Unterschiede zum formalen Eigenkapital, die eine Gleichsetzung 314 So offensichtlich Timm, ZIP 1983,237. 315 Siehe etwa Scheel, 409; Hueck, ZGR 1989, 233; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 55; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 254; Brandes, ZGR 1989, 245 und 248; vgl. auch BGHZ 104, 33, 43: „Die auf Darlehensrückgewähr gerichteten Ansprüche der Gesellschafter müssen deshalb hinter die Ansprüche der außenstehenden Gläubiger zurücktreten und dürfen erst nach diesen befriedigt werden.“, woraus zu folgen scheint, daß der Konkursverwalter zumindest nach der Befriedigung aller anderen den Leistungsgeber befriedigen darf.“ 316 Siehe Jaeger(-Henckel), § 32a, Rn. 12. 317 So Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 53. 318 Siehe auch unten § 4, Teil I, B.

beider Finanzierungsinstrumente verbietet. Wesentlich ist, daß der Bestand der Forderung gegen die Gesellschaft als solcher nicht berührt wird, so daß sie etwa bei Drittbesicherung oder nach Ende des Konkurses geltend gemacht werden kann, falls dann noch Vermögen vorhanden ist319. Diese Geltendmachung findet aber außerhalb des Konkursverfahrens, also nicht nach konkursrechtlichen Kriterien statt320. Folglich findet sich in § 32a GmbHG gerade kein Beispiel für einen Rangrücktritt im deutschen Recht. Von der Nichtgeltendmachung einer Forderung nach § 32a GmbHG scharf zu trennen ist der für den Anspruch auf Rückgewähr des Darlehens oder der entspre­ chenden Leistung vereinbarte Rangrücktritt des Mutteruntemehmens321. Die Pro­ blematik liegt darin, daß eine derartige Vereinbarung dazu führen kann, daß dem Konkursverwalter möglicherweise eine Aufgabe übertragen wird, die ihm rechtlich nicht obliegt und die eine formale Verletzung des Konkursverfahrens bedeuten kann, nämlich die Befriedigung der Mutter an letzter Stelle aus der Masse. Werden Rangrücktritte zwischen Konzemgesellschaften vereinbart, die etwa lauten „Solange die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten das Darlehen benötigt, ist eine Kündigung ausgeschlossen.“322 oder „Die Forderung soll hinter denjenigen der Konkursgläubiger zurücktreten.“323, gilt als abgesprochen, daß der Rückgewähranspruch im Verfahren nicht geltend gemacht werden kann, wenn die Masse nicht ausreicht, um alle Konkursgläubiger voll zu befriedigen324. Das ent­ spricht formal der Situation des § 32a GmbHG und der daraus resultierenden verfahrensrechtlichen Folgen. Wenn jedoch nach der Befriedigung der Konkurs­ gläubiger noch weitere Masse vorhanden sein sollte, dann berechtigen diese vereinbarten Rangrücktritte zur Rückforderung. Der Konkursverwalter hätte diese Forderung dann zu prüfen und von der Restmasse zu erfüllen. Damit wäre aber § 32a GmbHG ausgehebelt, denn durch die Klausel des vereinbarten Rangrücktritts wird die Rückgewähr entgegen der Konzeption des § 32a GmbHG in das Verfah­ ren genommen. Ein solches Ergebnis könnte freilich als hinnehmbar erscheinen, denn der Zweck des § 32a GmbHG, nämlich die Befriedigung der Konkursgläu­ biger ohne Schmälerung ihrer Quote wird trotz der Absprache gewährleistet. Gleichwohl kann die Geltung der § 32a GmbHG und § 32a KO nicht durch eine vereinbarte Rangrücktrittsklausel ausgeschlossen werden. In dem formenstrengen Konkursverfahren gibt es keine Möglichkeit, daß der Konkursverwalter eine Handlung vornimmt bzw. eine Verfügung über die Masse trifft, die nicht durch das Verfahren gedeckt ist. Die Verfügungsbefugnis über insoweit fremdes Vermögen 319 Siehe Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 53; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 53; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 65; vgl. auch Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 12. 320 Vgl. dazu Reg. Entw., Begründung, BT-Drs 8/1347, S. 39. 321 Ausführlich dazu Teller, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 2. Aufl., 1995, insbes. 1 ff., 91 ff. und 139 ff. 322 Siehe BGH ZIP 1982, 563. 323 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 85; Teller, 4 ff. 324 Vgl. Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 85.

ist nur gestattet, soweit es das öffentliche Interesse - ausgedrückt durch das Ver­ fahren der KO - deckt. Wenn dieses Verfahren hinsichtlich der eigenkapitalerset­ zenden Darlehen vorsieht, daß diese nicht durch den Konkursverwalter im Verfah­ ren befriedigt werden können, kann dieser öffentlich-rechtliche Auftrag nicht durch eine privatrechtliche Vereinbarung abbedungen werden325, möge sich im Ergebnis auch nichts ändern326. Im Gegensatz zur derzeitigen Bestimmung in § 32a GmbHG wird in § 39 I Nr. 5 InsO geregelt, daß die Forderungen auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters oder gleichgestellte Forderungen an fünfter Rang­ stelle nach den Forderungen der übrigen Insolvenzgläubiger befriedigt werden. Damit handelt es sich um einen ausdrücklich gesetzlich geregelten Fall, der, wie im einzelnen noch gezeigt wird, nicht verallgemeinerbar ist.

c) Zur Subordinierung konzerninterner Forderungen

Die Subordinierung bestimmter Forderungen stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger im Konkurs dar. Von diesem Grundsatz könnte, wenn überhaupt, nur dann abgewichen werden, wenn es dafür eine ganz besonders starkes Bedürfnis gäbe. Ein solches wäre im Hinblick darauf, daß alle Forderungen der anderen Konzemteile gegenüber dem Gemeinschuldner erst dann befriedigt werden dürfen, wenn vorher alle konzernexternen Konkurs­ gläubiger befriedigt worden sind, allenfalls vorstellbar als ein Ausgleich einer Ungleichgewichtslage, die zwischen konzerninternen und konzernexternen Gläu­ bigem besteht. Diese Vorstellung basiert im wesentlichen darauf, daß die Zugehö­ rigkeit eines Gläubigers zum selben Konzern wie der Gemeinschuldner mit einem Informationsvorsprung einhergeht. So könnte davon ausgegangen werden, daß vermittelt durch die Zentralstelle „Mutterunternehmen", Geschäftsinterna oder Zukunftsstrategien bekannt sind, die für die Sicherung von Leistungen relevant sein können, aber nicht nach außen drängen. Bei konzemintemen Geschäften der Geschäftspartner besteht daher die Vermutung, daß die tatsächliche „Güte“ des Schuldners (Solvenz) besser abgeschätzt werden könne, als dies außenstehenden Akteuren möglich sei. Da die auf den jeweiligen Informationen beruhende Prognose über die Qualität des Schuldners in Relation zu dem Versuch steht, die Risiken der Nichterfüllung des angestrebten Vertrages möglichst effektiv abzu­ sichern, hätten die konzernexternen Geschäftspartner der nunmehr in Konkurs gefallenen Gesellschaft aufgrund dieses Informationsungleichgewichts einen erheblichen Nachteil. Dieser könnte im Rahmen des Konkursverfahrens dort ausgeglichen werden, wo es um den „Wettbewerb der Forderungsgeltend­ machung“ mit solchen Gläubigem geht, denen die Interna zugänglich waren. 325 Die Vereinbarung als Rangrücktritt wird insoweit als Indiz für die kapitalersetzende Funktion eines Darlehens betrachtet; siehe v. Gerkan/Hommelhoff, Anm. 1.51; BGH ZIP 1982, 563; dagegen aber Teller, 142 f. 326 Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 13.

Anders gewendet: Gläubiger aus demselben Konzern, die prima facie mehr Informationen über Konzerninterna haben bzw. haben können und dadurch ihre Risiken des Geschäfts besser kalkulieren und absichem konnten als außenstehende Gläubiger, müßten sich nach der Vorstellung einer Subordinierung im Konkurs diesen Informationsvorsprung anrechnen lassen, indem ihre Forderungen, gleich­ gültig ob sie sie vorrangig gesichert haben oder nicht, erst nach denen befriedigt würden, die verglichen mit ihnen ein - unverschuldetes - Informationsdefizit hatten. Eine derartige Legitimation der Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrund­ satzes ist jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht überzeugend. Zwei dieser Gründe seien hier kurz angesprochen: So ist etwa zu bedenken, daß hinsichtlich der Schwesterunternehmen der Informationsvorsprung häufig gar nicht nachweis­ bar vorliegt, sondern nur über eine widerlegliche Vermutung angenommen wird. Es würde deshalb entschieden zu weit fuhren, wenn man die Vermutung eines Informationsvorsprunges als Rechtfertigung für die Durchbrechung eines der wesentlichen Prinzipien des Konkursrechts ausreichen lassen würde. Darüber hinaus wird der Wissensvorsprung bzw. dessen Fiktion bereits an anderer Stelle im Insolvenzrecht, nämlich bei der Erleichterung der Anfechtung, hinreichend gewür­ digt, so daß es insoweit zu einer nicht mehr zu begründenden Sonderbelastung der Konzerne aufgrund desselben Umstandes kommen würde. Es bestehen daneben auch ganz erhebliche wirtschaftliche Einwände gegen eine Subordinierung aller konzemintemen Forderungen. Wollte man nämlich eine Subordinierung aller „Konzemforderungen“ annehmen, müßte damit gerechnet werden, daß Konzern­ unternehmen ihre Forderungen gegen andere Unternehmen desselben Konzerns unmittelbar nach Erwerb an außenstehende Dritte abtreten, um der Gefahr zu entgehen, daß sie im Konkurs des abhängigen Unternehmens wegen der Rückstel­ lung mit ihrer Forderung nahezu automatisch vollständig ausfallen. Damit aber ein Leerläufen der so gedachten Subordinierung von vornherein verhindert werden kann, müßten dann aber konsequenterweise auch diejenigen Forderungen erfaßt werden, die im Konkursverfahren von einem Dritten geltend gemacht werden, jedoch ursprünglich einem anderen Konzernunternehmen zugestanden haben. Dies ist aber aus wirtschaftlichen Überlegungen völlig unmöglich, denn damit ginge ein eklatanter Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Konzernen einher, der zur Folge hätte, daß sowohl die Zirkulationsfähigkeit als auch der Wert von Forderungen, die ein Unternehmen eines Konzerns gegen ein anderes hat, völlig zusammenbrechen würde. Die Auswirkungen für die Konzernunternehmen wären verheerend. So könnten sie etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, Forderungen gegen andere Unternehmen desselben Konzerns nicht mehr zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten im Außenverhältnis benutzen, weil sie im Konkursfall der Untergesellschaft praktisch wertlos sind. Letztlich würde durch eine derartige Benachteiligung von Forderungen gegen andere Konzernunternehmen die Basis für ein konzerninternes Wirtschaften zerstört und damit die Grundlage für die Schaffung von Konzernen zur Disposition gestellt.

Dieser und weiterer Erwägungen bedürfte es freilich von Anfang an nicht, wenn eine Rangrückstellung von Konkursforderungen ohnehin allgemein aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen wäre. §§ 61 KO, 39 InsO beinhalten jeweils eine Durch­ brechung des Prinzips der gleichmäßigen Befriedigung insoweit als dort bestimm­ ten Klassen von Konkursgläubigem für bestimmte Ansprüche eine vorzugsweise Befriedigung in bestimmter Rangordnung zuteil wird. Weil die Bestimmungen über die Konkursvorrechte eine Ausnahme von der Regel des Gleichbehandlungs­ grundsatzes darstellen, sind sie eng auszulegen327. Weil die gesetzliche Rangfolge zwingendes Recht ist, ist es den Gerichten sogar verwehrt, im Wege der Rechts­ fortbildung den Kreis der bevorrechtigten Forderungen auszudehen, bzw. zu Ierweitern, selbst wenn ein soziales Bedürfnis dafür besteht328. Jede Ausweitung dieser Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorhergehenden Rang­ stellen mindere die den nachrangigen, insbesondere den letztrangigen Konkurs­ gläubiger verbleibende Haftungsmasse329. Trotz dieser klaren Position ist zu fragen, ob dies auch für eine Differenzierung nach dem jetzigen Recht in § 61 Nr. 6 KO, also der letzten Gruppe der Konkursgläubiger, gilt, wenn es nicht darum geht eine Gruppe im Rang höher einzustufen, sondern von zwei ohnehin letztran­ gig behandelten Gläubigergruppen eine im Rang nachzuordnen. Da jede Rang­ rückstufung einer Gruppe sich auch als Rangbevorrechtigung einer anderen Gruppe beschreiben läßt, gelten diese strikten Grundsätze auch hier. Eine Rang­ rückstufung konzerninterner Forderungen ist daher nach deutschem Recht nicht möglich. Aus diesem Grund kommt es auch nicht in Frage, die Konkursforderun­ gen zu subordinieren, die Konzernunternehmen als Gegenleistung zur Rückgewäh­ rung nach einer erfolgreichen Anfechtung gemäß § 38 KO erhalten haben. Etwas anderes wird sich nur in dem speziellen Fall der eigenkapitalersetzenden Darlehen bzw. der entsprechenden Leistungen von der Konzemmutter oder einer Schwester­ gesellschaft an das betreffende abhängige Tochterunternehmen nach Inkrafttreten des § 39 I Nr. 5 InsO ergeben. Dies beruht dann aber auf einer ausdrücklichen legislativen Entscheidung, die wiederum als solche wegen ihres Ausnahmecharak­ ters nicht verallgemeinerbar oder analogiefähig ist. d) Anmeldung einer Forderung eines Konzernunternehmens gegen einen aus demselben Konzern stammenden Gemeinschuldner als mißbräuchliche Rechtsausübung

Wenn die Konkursforderungen von Konzernunternehmen gegenüber dem Gemein­ schuldner aus demselben Konzern nicht subordiniert werden können, so mag es vielleicht sein, daß das betreffende Konzernunternehmen unter bestimmten 327 BGHZ 52, 155, 166; BGH WM 1957, 1228; Jaeger(-Weber), §61, Rn. 14; Kilger/ K. Schmidt, § 31, Anm. 2. 328 BVerfGE 65, 182 zum Sozialplan (BAG, NJW 1979, 774); vgl. aber § 17 III 1 c GesO und dazu Smid(-Smid), § 17 GesO, Rn. 47 ff. 329 Kilger/K. Schmidt, § 61, Anm. 3.

Voraussetzungen nach den Grundsätzen der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) gehindert wären, bestimmte Forderungen als Konkursforderungen anzumel­ den. Der durch eine Nichtanmeldung von bestimmten Forderungen eintretende Effekt wäre für die konzernexternen Konkursgläubiger der gleiche wie bei einer Rangrückordnung. Die grundsätzliche Anwendung der Regeln der unzulässigen Rechtsausübung im Bereich des Konkursrechts ist möglich, da es sich bei diesem Prinzip um eines handelt, das in allen Teilbereichen des Recht wirksam ist330. Danach könnte ein Konzernunternehmen sein ihm eigentlich zustehendes Recht, eine Forderung gegen ein Unternehmen aus demselben Konzern beim Konkursgericht anzumelden (§§ 138 f. KO; § 174 InsO) nicht geltend machen dürfen, wenn die Ausübung dieses Rechts mißbräuchlich wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße. Tatbestandlich erlaubt die Lehre von der unzulässigen Rechtsausübung bekanntlich im Grundsatz die Berücksichtigung jeder atypischen Interessenlage, die ein Abweichen in den Rechtsfolgen von dem eigentlich anwendbaren Rechts­ folgen geboten erscheinen läßt. Insbesondere ist die Ausübung eines Rechts unzu­ lässig, wenn das ihm zugrunde liegende Interesse im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht schutzwürdig erscheint oder hinter den Interessen anderer Akteure zurückstehen muß331. Anerkanntermaßen ist das dann der Fall, wenn zwar die betreffende Rechtsausübung als solche nicht rechtsmißbräuchlich ist, sie aber im Zusammenhang mit einem früheren von der Rechtsordnung mißbilligten Verhalten steht. Das kommt immer dann in Betracht, wenn ein mißbilligtes Verhalten die Rechtsstellung erst geschaffen hat, deren Ausnutzung dem Berechtigten im Hin­ blick darauf verwehrt wird332. Daraus folgt unmittelbar, daß diejenigen Forderun­ gen von Konzernunternehmen gegen das abhängige Unternehmen desselben Konzerns, die einen solchen „Makel“ aufweisen, wegen § 242 BGB nicht ange­ meldet werden dürfen. Fraglich ist deshalb, ob in den hier betrachteten Fällen die Forderungen eines Konzernunternehmens, die es im Konkurs eines Unternehmen aus demselben Konzern anmelden will, auf eine Art und Weise erlangt worden sind, die von der Rechtsordnung mißbilligt wird. Überprüft man daraufhin die in dieser Untersuchung angesprochenen Forderun­ gen, die Konzernunternehmen gegen den Gemeinschuldner geltend machen können, so könnte man zunächst annehmen, daß diejenigen Konkursforderungen, die ihnen im Zusammenhang mit § 38 KO zustehen, mit einem „Makel“ behaftet sind. Der Grund dafür wird zum Teil darin gesehen, daß das Verhalten des betref­ fenden Konzernunternehmens, das zu der Forderung geführt hat, nicht völlig „einwandfrei“ war333. So könne denjenigen Konzernunternehmen, gegenüber denen nach § 30 Nr. 2 oder 31 Nr. 1 KO wirksam angefochten wurde, zumindest 330 331 332 333

Vgl. MüKo BGB(-G. Roth), § 242, Rn. 272. Siehe MüKo BGB(-G. Roth), § 242, Rn. 452,467. MüKo BGB(-G. Roth), § 242, Rn. 286. Siehe Gerhardt, in: FS KO, 130 f.; ders., 215 ff.; Jauernig, 225.

vorgeworfen werden, daß sie gewußt hätten, daß mit der entsprechenden Leistung des Gemeinschuldners die anderen Gläubiger geschädigt werden sollten. Wenn sie jedoch dennoch das Geschäft mit dem abhängigen Unternehmen geschlossen haben, dann wäre ihnen ein Verhalten vorzuwerfen, wie es ordentlichen Teilneh­ mern auf dem Markt nicht zukomme. Zwar „büßen“ sie dieses Verhalten mit der Anfechtung der Transaktion; wegen §§ 37, 38 KO werden sie im Ergebnis aber den Gläubigem gleichgestellt, die mit ihren Forderungen ebenfalls ausgefallen sind, sich im Geschäftsverkehr jedoch „ordentlich“ verhalten haben. Eine solche Auffassung ließe sich aber freilich nur dann rechtfertigen, wenn in den Anfech­ tungsregeln tatsächlich eine derartige Mißbilligung zum Ausdruck käme, oder sie sogar einen strafähnlichen Charakter hätten, mit dem der „Unwert“ der betreffen­ den Gläubigerhandlungen pönalisiert werden könnte. Es ist zwar unbestreitbar, daß in den Anfechtungsregeln durchaus einige Ansatzpunkte zu finden sind, die einen solchen „Unwert“ in der anfechtbaren Handlung scheinbar erkennen lassen, insbe­ sondere gilt dies für die Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung. Doch ist es ver­ fehlt, im Rahmen der Konkursanfechtung von einem „moralisierenden“ Verständ­ nis der Anfechtungsregeln auszugehen. Es geht den betreffenden Vorschriften lediglich um die Herstellung der (wahren) Haftungsmasse334. Wenn § 39 KO bestimmt, daß die Forderung des Anfechtungsgegners wieder in Kraft tritt, dann ist damit auch genau das gemeint335, und gerade damit wird gezeigt, daß die Rechts­ ordnung das Verhalten, das dazu fuhrt, daß eine Anfechtung erfolgreich ist, nicht mißbilligen will. Wäre dem nämlich nicht so, so hätte die Rechtsfolge der Rück­ gewähr des aufgrund der angefochtenen Rechtshandlung Erhaltenen anders konzi­ piert werden müssen. Die Geltendmachung (Anmeldung) von Forderungen, die aus dem Rückabwicklungsverhältnis erfolgreich angefochtener Rechtshandlungen entstehen, beruht mithin nicht auf einem von der Rechtsordnung mißbilligten Vor­ verhalten und ist deshalb auch nicht dem Einwand der unzulässigen Rechtsaus­ übung ausgesetzt. Etwas anderes gilt aber dort, wo die Geltendmachung der Forderung eines Konzernunternehmens, die zum Konkurs angemeldet werden soll, mit einem Delikt oder einem Pflichtenverstoß in Zusammenhang steht. Hier gilt der Grund­ satz, daß wer seine Rechtsstellung durch ein solches (unredliches) Verhalten erworben hat, daraus keine Rechte herleiten kann336. Bedeutsam wird dies für die Fälle, in welchen die Konzemmutter gegen das abhängige Unternehmen einen Anspruch aus § 426 I BGB hat, weil beide Gesamtschuldner waren und die Konzemmutter in voller Höhe in Anspruch genommen wurde337. Für die Bemes­ sung des Umfanges des Ausgleichs ist § 254 BGB entsprechend anwendbar338. 334 Siehe nochmals Canaris, in: FS KO, 177 f.; Baur/Stürner, 223 ff.: Häsemeyer, 20 ff, 414 f. 335 Siehe statt aller Kilger/K. Schmidt, § 39, Anm. 2; Jaeger(-Henckel), § 39, Rn. 2. 336 Statt aller MüKo BGB(-G. Roth), § 242, Rn. 288; speziell im Zusammenhang mit der Verletzung von Aufklärungspflichten vgl. OLG Stuttgart, NJW 1982,2608. 337 Siehe z. B. unten § 3 II. 2 und III. 2. 338 BGHZ 12, 213; BGHZ 30,203; BGH NJW 1983,623.

Nach der Abwägung von Verursachungsbeitrag und Verschulden kann auch eine einseitige Belastung eines einzelnen Ersatzpflichtigen erfolgen. Derjenige, der zu der Leistung rechtlich stärker verpflichtet ist, soll in diesem Maße nämlich nicht Rückgriff auf den anderen Gesamtschuldner nehmen können; insoweit ist die Verbindung der Gesamtschuldner untereinander in der Weise, daß die Leistung des einen dem anderen zugute kommen soll, gestört339. Gleichwohl kann das herr­ schende Unternehmen aber noch von Fall zu Fall in gewissem Maße Ausgleich­ ansprüche gegen das abhängige Unternehmen haben, die es als Konkursforderung anmelden könnte. Dies stellt dann einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung dar. Das Verbot einer mißbräuchlichen Rechtsausübung bezieht sich allerdings grund­ sätzlich auf den Fall, wo derjenige, der das rechtlich mißbilligte Verhalten gegen­ über demjenigen verwirklicht hat, gegen den er nunmehr auch ein ihm eigentlich zustehendes Recht geltend machen will. Im Verhältnis von Konzemmutter zur Tochtergesellschaft, in welchem nunmehr das Recht zur Anmeldung der Forderung in Anspruch genommen werden soll, ist dies aber gerade nicht der Fall, so daß der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung hier anscheinend doch nicht greifen kann. Das wäre allerdings eine verkürzte Sichtweise. Tatsächlich muß sich die Konzemmutter diesbezüglich eine unzulässige Rechtsausübung vorhalten lassen, wenn sie einen Ausgleichsanspruch nach § 426 I BGB gegen die Masse geltend machen will. Denn der ursprüngliche Anspruch des Gläubigers der Konzemtochter beruht in solchen Fällen, wie im einzelnen zu zeigen sein wird, sowohl auf einem Fehlverhalten der Tochter als - unter bestimmten Umständen - auch auf einem eigenen Fehlverhalten der Konzemmutter. Zahlt jene nun den geschuldeten Betrag an den betreffenden Gläubiger und will sie sich diesen später aufgrund des Aus­ gleichsanspruches nach § 426 I BGB anteilig von der nunmehr bankrotten Toch­ tergesellschaft ersetzen lassen, indem sie diese Forderung beim Konkursgericht anmeldet, so ist dieses Verhalten aufgrund der objektiven Interessenlage grob unbillig340. Mit der Geltendmachung des anteiligen Ersatzes der von der Konzem­ mutter gezahlten Leistung wird die Einstandspflicht für das der Ersatzpflicht zugrunde liegende Fehlverhalten nämlich im Ergebnis auf die übrigen Konkurs­ gläubiger abgewälzt. Denn jede Zahlung aus der Masse aufgrund dieses Aus­ gleichsanspruches bedeutet ein Verminderung ihrer Quote. D. h. die anderen Konkursgläubiger hätten mittelbar anteilig dafür einzustehen, daß die Konzem­ mutter ein bestimmtes Fehlverhalten begangen hat, für das sie ersatzpflichtig geworden ist. Anders gewendet: Die Geltendmachung der Forderung nach § 426 I BGB würde im Ergebnis nichts anderes bedeuten, als daß die restlichen Gläubiger durch die Minderung ihrer Quote (anteilig) für ein bestimmtes Verhalten einstehen müßten, das ihnen nicht zugerechnet werden kann. Hier kommt im Endeffekt derselbe Rechtsgedanke zum tragen, der auch der Nichtgeltendmachung von 339 Vgl. dazu eingehender Fikentscher, § 62II2 a und § 62 III 1. 340 Vgl. zu den Voraussetzungen für eine mißbräuchliche Rechtsausübung aufgrund einer objektiven Interessenlage MüKo BGB(-G. Roth), §242, Rn. 433 ff; vgl. auch Staudinger (-J. Schmidt), § 242, Rn. 1515.

Forderungen aus § 32 a GmbHG zugrunde liegt. Die Geltendmachung eigenkapitalersetzender Darlehen im Konkurs wäre nämlich ebenfalls nichts anderes als das Abwälzen einer von der Rechtsordnung mißbilligten Handlung des Antragssteller auf die übrigen Konkursgläubiger. Verallgemeinernd läßt sich daraus folgern, daß die Anmeldung einer Forderung durch ein Konzernunternehmen, die gegen einen Gemeinschuldner gerichtet ist, der aus demselben Konzern stammt, dann eine mißbräuchliche Rechtsausübung nach § 242 BGB darstellt, wenn es die Forderung in einem Zusammenhang erlangt hat, der von der Rechtsordnung mißbilligt wird, oder/und wenn die Geltendma­ chung dieses Anspruchs aufgrund einer Interessenabwägung als unbillig im Hin­ blick auf die übrigen Konkursgläubiger erscheint, insbesondere, weil die damit indirekt für ein mißbilligtes Verhalten des betreffenden Konzernunternehmen ein­ stehen müßten. II. Zusammenfassung

Während das Instrument der Subordination im US-amerikanischen Recht eine erhebliche Bedeutung für das Insolvenzverfahren bei einem Konzernunternehmen hat, findet es im deutschen Recht trotz einiger Versuche, eine Subordinierung auch hier einzufuhren, keine Grundlage. Zwar würde durch eine derartige Rangrück­ stellung konzemintemer Forderungen für die konzernexternen Gläubiger eine größere Masse zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen, doch läßt sich eine Subordinierung konzemintemer Konkursforderungen, die allein darauf beruht, daß der betreffende Gläubiger Teil des Konzerns ist, dem auch die Gemeinschuldnerin angehörte, nicht begründen. Neben wirtschaftlichen Erwägun­ gen spricht hauptsächlich dagegen, daß es sich bei einer derartigen Rangrückstel­ lung bestimmter Gläubiger um eine Ausnahme zum Gläubigergleichbehandlungs­ grundsatz im Konkurs handelt, die außer den in § 61 KO geregelten Fällen nicht erlaubt ist. In bestimmten Fällen kann jedoch ein dem Rangrücktritt vergleichbares Ergebnis für die konzernexternen Gläubiger geschaffen werden, wenn es einem Konzernunternehmen versagt ist, seine an sich berechtigte Forderung zum Kon­ kursverfahren anzumelden. Es stellte nämlich eine mißbräuchliche Rechtsaus­ übung dar, wenn ein Konzernunternehmen eine Forderung anmelden will, die es in einem Zusammenhang erlangt hat, der von der Rechtsordnung mißbilligt wird, oder wenn die Geltendmachung dieses Anspruches aufgrund einer Interessenabwä­ gung im Hinblick auf die übrigen Konkursgläubiger unbillig erscheint. Dies ist aber jedenfalls bei Forderungen, die aus dem Rückabwicklungsverhältnis erfolg­ reich angefochtener Rechtshandlungen entstehen, nicht der Fall.

§ 3 Die Haftung des herrschenden Unternehmens im Konzern für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzemuntemehmens gegenüber dessen Geschäftspartnern I. Aufklärungspflichten eines abhängigen Unternehmens in einem Konzern gegenüber konzernexternen Akteuren 1. Vorüberlegung

Wird ein abhängiges Konzernunternehmen insolvent, so realisiert sich für dessen Gläubiger das Risiko der Leistungsunfähigkeit des Geschäftspartners. Seine Forde­ rungen sind dann nur noch insoweit realisierbar, wie sie - im Falle, daß überhaupt ein Verfahren über das Vermögen des Gemeinschuldners eröffnet wird - als gleichberechtigte Konkursforderungen an der Verteilung der Konkursmasse teil­ nehmen dürfen und im Rahmen des Verfahrens auch befriedigt werden. In diesem Zeitpunkt wird es für den einzelnen Gläubiger bedeutsam, ob er seine Forderungen möglicherweise anderweitig realisieren kann. Da im deutschen Recht das Prinzip der Relativität von schuldrechtlichen Beziehungen und der Grundsatz der Haf­ tungssegmentierung im Konzern gilt, erhält der Gläubiger aufgrund des Rechts­ geschäfts mit einem abhängigen Konzernunternehmen auch nur eine Rechtsposi­ tion gegen dieses Unternehmen. Er bekommt also auf der Grundlage dieses Geschäfts weder eine Rechtsposition gegen den gesamten Konzern, noch kann er auf die Haftungsmassen anderer Konzernunternehmen, insbesondere auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens, zugreifen. Der Umstand, daß er mit einem Unternehmen in schuldrechtliche Beziehungen getreten ist, das Teil eines Konzernes ist, berührt den Gläubiger jedoch asymmetrisch. Denn während ihm die Haftungssegmentierung als Ausprägung der „rechtlichen Vielheit“ den Zugriff auf andere Vermögen in demselben Konzern verwehrt, wird er gleichzeitig aber von der „wirtschaftlichen Einheit“ des Konzerns betroffen. Für den Gläubiger mit rechtsgeschäftlich begründeten Forderungen ist es deshalb bedeutsam, ob und wenn ja in welchem Umfang er im Hinblick auf seine Beziehungen zum abhängigen Konzernunternehmen Risikovorsorge betrieben hat. Eine derartige Vorsorge besteht regelmäßig in der Sicherung des Anspruches, damit in dem Fall, in welchem der Vertragspartner nicht oder nicht vollständig zu leisten imstande ist, eine Sekundärbefriedigung möglich ist. Eine derartige Siche­ rung kann der Gläubiger entweder direkt von seinem Schuldner verlangen; dabei wird es sich in aller Regel um dingliche Sicherheiten handeln. Er kann eine Siche­ rung des Anspruchs aber auch von Dritten verlangen. Insoweit geht es um die rechtsgeschäftliche Sicherung des Anspruchs durch ein Versprechen eines Dritten,

ggf. für die Leistung des anderen Teils einzustehen. Letzteres erhält dort, wo der Vertragspartner ein abhängiges Unternehmen ist, eine besondere Bedeutung. Einerseits stellt sich damit ein zweiter Schuldner zur Verfügung, und andererseits kann aufgrund der wirtschaftlichen Verbundenheit nicht selten davon ausgegangen werden, daß dieses oder ein anderes Konzernunternehmen durchaus bereit sein wird zu versprechen, notfalls für die Leistung des abhängigen Unternehmens ein­ zustehen. Zu diesen Formen der Sicherung gehört typischerweise u.a., daß sich das Mutterunternehmen oder eine andere Konzemgesellschaft unmittelbar im gleichen Umfang wie der eigentliche Vertragspartner aus dem gleichen Vertragsverhältnis mitverpflichtet oder daß nachträglich ein Schuldbeitritt erklärt wird. Zu denken ist ferner an einen Garantievertrag, eine Bürgschaft oder an das in der Konzempraxis wichtige Instrument der Patronatserklärung1. Welche Form der Risikovorsorge für den Vertragspartner eines abhängigen Unternehmens die adäquate ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei die Durchsetzbarkeit der angestrebten Risikovorsorge insbesondere von der Verhandlungsmacht der Vertragsparteien bzw. des Sicherungsgebers abhängig ist2. Ob und wenn ja welche Form der Risikoabsicherung gewählt wird, ist auch und wesentlich abhängig von der Einschätzung der mit dem jeweiligen Rechts­ geschäft verbundenen Risiken für den betreffenden Marktteilnehmer. Je nachdem, welche Prognose dieser stellt, wird er entweder von dem in Aussicht genommenen Geschäft ganz Abstand nehmen, es nur im Gegenzug zu einer Absicherung aller oder bestimmter Risiken vornehmen oder sich auf das Geschäft ohne Sicherheiten einlassen. Die Bewertung der Risiken liegt dabei im individuellen Kalkül des ein­ zelnen Akteurs. Die Sicherungsmöglichkeit des Gläubigers ist daher nicht nur eine Frage wirt­ schaftlicher Erwägungen und der Verhandlungsmacht, sondern auch eine Frage der Information. Diese Erkenntnis ist von erheblicher Bedeutung, weil sie den ange­ sprochenen Berührungspunkt zu der „wirtschaftlichen Einheit“ des Konzerns, dem der Schulder angehört, bildet. Denn bezüglich der Information der Gläubiger des einzelnen Konzemuntemehmens ergeben sich besondere Probleme aus einer mög­ lichen Intransparenz im Konzern3. Diese Intransparenz kann sich zum einen auf

1 Vgl. dazu u.a. Rümker, WM 1974, 991 ff.; Lutter, ZGR 1982, 254 ff; Raiser, § 54, Rn. 37; Limmer, DStR 1993, 1750; Medicus, Besonderes Schuldrecht, § 113 VII; U.H. Schneider, ZIP 1989, 619 ff; Schröder, ZGR 1982, 552 ff; OLG Karlsruhe, WM 1992, 2088; BGH DStR 1993, 1750, 1753. Zu dem besonderen Fall einer Liquidationszusage durch den Gesellschafter siehe Wiedemann/Herrmans, ZIP 1994, 997. 2 Vgl. auch Drüke, 57 f. 3 Dazu grundlegend Versteegen, DB 1993, 1229 ff. mit einer Begriffsbestimmung von „Intransparenz“ auf S. 1230. In seiner öfter ebenfalls als Beleg für eine „Intransparenzhaftung“ zitierten Dissertation, Konzemverantwortlichkeit und Haftungsprivilegien, sind zwar in vorbild­ licher Weise die Grundlagen für seine kritische Sichtweise gelegt, auf der die Idee einer Intrans­ parenzhaftung aufbaut; sie selbst ist dort jedoch nicht entwickelt.

die mangelhafte Führung von Büchern und Bilanzen beziehen4. Sie kann zum anderen auch daraus resultieren, daß hinsichtlich besonderer Umstände, die in der Person des in einen Konzern eingebundenen Vertragspartners bestehen, dem außenstehenden Verhandlungspartner keine Transparenz vermittelt wird, indem er nicht hinreichend über bestimmte Umstände aufgeklärt wird. Im Hinblick auf den an dieser Stelle interessierenden Aspekt der Risikovorsorge bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts soll Intransparenz im letzteren Sinne verstanden werden, wobei damit nicht ausgeschlossen werden soll, daß die unsaubere Führung von Büchern und/oder Bilanzen eine wichtige Rolle spielen könnte. Es ist daher zu überlegen, ob dem Gläubiger dann, wenn er durch eine so verstandene Intransparenz geschädigt wird, gegenüber einem anderen als dem Schuldnerunternehmen, insbesondere gegenüber der Konzemmutter Ansprüche erwachsen können. Wäre dies der Fall, so könnte dies auch positive Folgen für die Vergrößerung der Haftungsmasse des bankrotten Unternehmens hinsichtlich der übrigen Gläubiger haben, die keine Schäden aufgrund einer derartigen Intranspa­ renz erlitten haben. Damit ist der Gang der Untersuchung in diesem Abschnitt vorgezeichnet. Zunächst ist zu klären, in welchem Umfang gegenüber Gläubigem eine Aufklä­ rungspflicht besteht und wann diese verletzt ist (wann also eine Situation der Intransparenz eingetreten ist) (I. 2.). Im Anschluß daran stellt sich die Frage, ob und wenn ja unter welchen Umständen das herrschende Konzernunternehmen wegen der Verletzung der Aufklärungspflichten dem Gläubiger der bankrotten abhängigen Gesellschaft gegenüber haften muß (II.), bevor zum Schluß beleuchtet wird, wie sich ein möglicher Anspruch eines betroffenen Gläubigers gegen die Konzemmutter im Hinblick auf die Haftungsmassenvergrößerung auswirkt (III.). 2. Information als Grundlage der Risikovorsorge

a) Grundsatz Wie in der Vorüberlegung angedeutet worden ist, stellen ausreichende Informa­ tionen hinsichtlich der einzelnen, für wichtig erachteten Aspekte eines vorgesehe­ nen Rechtsgeschäfts die Grundlage einer soliden Risikobewertung dieser rechts­ geschäftlichen Beziehungen dar. Es braucht dabei aber nicht etwa eine vollkom­ menen Information angestrebt zu werden, denn die Akteure auf dem Markt werden nicht nur in einem solchen Fall eine Nutzenmaximierung vornehmen. Rationale Entscheidungen werden vielmehr immer durch die jeweils gegebenen Bedingun­ gen determiniert. Das bedeutet, daß die einzelnen Akteure zwar versuchen werden, jeweils die Entscheidungsalternative zu wählen, von der sie sich einen größeren Nutzen versprechen. Sie gehen dabei aber von ihren subjektiven Erwartungen und Einschätzungen aus; da die Gewinnung und Verarbeitung zusätzlicher Informa­ 4 So versteht Versteegen den Begriff der Intransparenz, DB 1993, 1230; siehe auch SchulzeOsterloh, ZIP 1993, 1840 ff. (insbes. 1840 f.).

tionen mit Kosten verbunden sind, sind die Akteure auch bereit, unter Unsicherheit eine Entscheidung zu treffen, und zwar auf der Grundlage ihres jeweiligen Infor­ mationstandes, der individuellen Kostenfunktion bezüglich der Gewinnung und Verarbeitung weiterer Informationen und ihrem gegebenen institutioneilen Um­ feld5. Unabhängig davon, was im einzelnen als ausreichende Information empfun­ den wird, sind an sie jedenfalls zwei Grundbedingungen geknüpft. Zum einen müssen die Informationen dem anderen Vertragspartner überhaupt zur Kenntnis kommen, und zum anderen müssen die Informationen auch korrekt sein, also mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Fehlt es an einem der beiden Elemente, so ent­ steht bei dem Vertragspartner eine FehlVorstellung hinsichtlich der möglicherweise zu bedenkenden und abzusichernden Risiken. Das kann dazu fuhren, daß Verträge abgeschlossen werden, die bei vorhandener korrekter Information nicht oder jeden­ falls nicht so abgeschlossen worden wären. Dabei bewegt sich die Fehlinterpreta­ tion hinsichtlich der für den Abschluß des Rechtsgeschäfts maßgeblichen Um­ stände regelmäßig außerhalb eines durch die Anfechtungsregeln des BGB geschützten Bereichs. Grundsätzlich gilt im Wirtschaftsverkehr der Satz, daß es Sache jeder Partei selbst ist, sich über die allgemeinen Marktverhältnisse und die daraus resultierenden Chancen und Gefahren zu informieren6, denn nur jede Partei kann für sich allein entscheiden, welche Informationen für ihren Entschluß, eine bestimmte (Rechts-)Handlung vorzunehmen oder zu unterlassen, nötig ist und welches Risiko sie bereit ist, dafür einzugehen. Der jeweilige Akteur hat sich zu überlegen, mit welchem Partner er einen Vertrag bei welcher Absicherung seiner eigenen Risiken schließen möchte. Geschützt wird er insoweit lediglich in bestimmten Ausnahmebereichen, wie etwa durch die §§ 119, 123, 134, 138 und 242 BGB. Damit sind die Informationserlangung und die Risikovorsorge prinzi­ piell Sache des jeweiligen Marktteilnehmers. Aus dem Grundsatz der Privatauto­ nomie und der Selbstverantwortlichkeit seines Handelns ist gleichzeitig ableitbar, daß grundsätzlich niemand verpflichtet ist, dem anderen auf Kosten seiner eigenen Position eine bessere Ausgangslage im Hinblick auf das angestrebte Geschäft zu verschaffen7. Die Beschaffung der - subjektiv für notwendig gehaltenen - Informationen kann sich indessen immer dann als problematisch erweisen, wenn diese ganz oder überwiegend in der Sphäre bzw. im Herrschaftsbereich des Vertragspartners liegen. Insoweit hat es jener dann nämlich in der Hand, die entsprechenden Infor­ mationen zu geben oder sie zurückzuhalten, um sich etwa gegenüber dem poten­ tiellen Vertragspartner in eine bessere Position zu bringen. Gleichzeitig wird dem anderen Teil das Risiko aufgebürdet, entscheiden zu müssen, ob die Informationen, die er beschaffen konnte, richtig oder falsch, vollständig oder ergänzungsbedürftig sind. Die Schwierigkeiten, die für eine solide Risikobewertung des vorgesehenen Rechtsgeschäfts vergrößern sich, wenn sich der Vertragsschließende aus struktu­ 5 Kirchner, in: FS Beisse, 269 ff. m.w.N. 6 MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 79. 7 Vgl. dazu etwa Hönn, 134 ff. und 253 ff.; Flume, BGB ATII, 7 ff.

reilen Gründen, die in der Person des Vertragspartners liegen, notwendige Infor­ mationen über jenen nicht oder nur unter derart großen ökonomischen Aufwen­ dungen besorgen kann, daß sie betriebswirtschaftlich unsinnig wären. Derartige Schwierigkeiten ergeben sich häufig im Vorfeld eines Vertragsschlusses mit einem Konzernunternehmen. In diesem Fall kann nämlich der Umstand besondere Bedeutung gewinnen, daß dem Vertragsschließenden möglicherweise maßgebliche Informationen über seinen Vertragspartner deshalb verschlossen bleiben, weil das Informationsobjekt aufgrund seiner besonderen Verbindung zu anderen Unterneh­ men in einem Konzern besonders komplex ist. Zu den bei der Anbahnung jeden Rechtsgeschäfts bestehenden Risiken kommt dann namentlich noch die Ungewiß­ heit hinzu, wie sich die wirtschaftliche oder strukturelle Situation des Vertrags­ partners aufgrund seiner Abhängigkeit bzw. Beherrschung von einem anderen Unternehmen auswirken wird. Möglicherweise bestehende Informationen über die Bonität des konkreten Verhandlungs- bzw. Vertragspartners werden zudem inso­ weit relativiert, als dann zu bedenken ist, daß auch aufgrund der Abhängigkeitsund Beherrschungslagen möglicherweise spezielle Auswirkungen für die (derzei­ tige) gute Vermögensposition bestehen (Stichwort: „Aussaugen der Gesellschaft“). Obendrein steht für den externen Dritten, selbst wenn er von der Kreditwürdigkeit des Konzerns ausgehen kann, noch nicht fest, ob die Konzemgesellschaft, mit der er einen Vertrag schließen will, ebenfalls diese Kreditwürdigkeit genießt. Gleichgültig welche Risikofaktoren bei jedem einzelnen Rechtsgeschäft als wichtig oder weniger bedeutend eingestuft werden, erlangt die Einschätzung der Risiken, die mit dem potentiellen Vertragspartner Zusammenhängen, immer ein besonderes Gewicht. Neben Informationen, die etwa eine Voraussage gestatten, ob der Vertragspartner seine Leistung tatsächlich vertragsgemäß erbringen wird, können auch solche Informationen wichtig sein, aus denen sich personenbezogene Gründe ergeben, möglicherweise trotz ökonomisch positiver Prognosen hinsicht­ lich des Geschäfts, dennoch keinen Vertrag abzuschließen. Ferner mag es auch darauf ankommen zu ermitteln, ob diejenige Person, mit der man ein möglicher­ weise wirtschaftlich eher nachteiliges Geschäft abschließen wird, für spätere Geschäfte noch so wichtig werden kann, daß das nachteilige Geschäft langfristig gesehen doch lohnend ist. In jedem Fall aber wird unbestritten die Frage nach der vermuteten Höhe des Insolvenzrisikos ein ausschlaggebender Parameter für die Frage des Ob und Wie des vorgesehenen Geschäfts sein8. Die Bewertung der in der Person des Vertragspartners liegenden Risiken, insbesondere des Insolvenzrisikos, stellt sich aber regelmäßig als besonders schwierig dar, weil die im Einzelfall aus der Perspektive des jeweiligen Informationsnachfragers relevanten Informationen 8 Dagegen spricht nicht, daß durchaus Fälle denkbar sind, wo dem Vertragspartner das betref­ fende Geschäft aus bestimmten Gründen so wichtig ist, daß er es auch bei einem erkannten hohen Ausfallrisiko des Partners abschließt. Ein Beispiel dafür mag der Vertragsschluß mit einem Konzernunternehmen sein, bei dem das Insolvenzrisiko ganz besonders hoch ist, weil sich der andere Teil damit gleichsam wie mit einer „Eintrittskarte“ weitere, profitablere Geschäfte mit anderen Unternehmen desselben Konzerns verspricht.

über die Vertragsgegenseite häufig nicht oder nur schwer zugänglich sind und sich auch nicht etwa durch einen Marktvergleich abschätzen oder pauschalisieren lassen, wie dies z.B. bei der Kalkulation eines Preises oder der Prognose einer Wertentwicklung möglich ist. Die Folge ist, daß die Informationsbeschaffung daher regelmäßig nur unvollkommen gelingen kann9 und dies zu einer unsicheren Bewertung der Risiken hinsichtlich der Person des Vertragspartners fuhrt. Eine solche Situation ist wirtschaftlich jedoch nur bedingt tragbar. Wenn nämlich die Geschäfte wegen fehlender oder unvollständiger Informationen stets unter großer Unsicherheit geschlossen werden müssen, hat dies eine starke Erhöhung der Kosten für den Abschluß von Rechtsgeschäften zur Folge, weil damit die durch das Informationsdefizit entstehenden Risiken und Rechtsunsicherheiten aufzufangen versucht werden. Dies kann letztlich zu einer gesamtwirtschaftlich gesehen uner­ wünschten, erheblichen Erhöhung der Transaktionskosten beim Vertragsschluß fuhren. Um diesen negativen Effekten nach Möglichkeit vorzubeugen, wird in dem Moment, wo zwei oder mehr Akteure in Vertragsverhandlungen eintreten und damit für sie die Beschaffung und Bewertung von Informationen bedeutsam werden, die Informationsbeschaffung erleichtert. Denn im Stadium vorvertrag­ licher Kontaktaufnahme, oder wenn die Parteien schon konkrete Vertragsverhand­ lungen aufgenommen haben, entsteht allgemeiner Auffassung nach bereits ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen, das gleichsam die Vorstufe des durch den Vertrag vermittelten Vertrauensverhältnisses darstellt. Dieses vorvertragliche Ver­ trauensverhältnis bildet nach verbreiteter - aber nicht unbestrittener10 - Ansicht die Grundlage der Verpflichtung beider Partner zur gegenseitigen Rücksichtnahme, Fürsorge und Loyalität11. Sie stellt damit anders betrachtet einen Beitrag der Akteure für den gegenseitigen Schutz ihrer jeweiligen Vermögenspositionen dar. Eine der aus diesem Vertrauensverhältnis abgeleiteten Pflichten ist die zur unauf­ geforderten Informationserteilung über bestimmte Umstände12. Diese Aufklä­ rungspflicht wird allgemein dahingehend verstanden, daß bei Verhandlungen über den Abschluß eines Vertrages jede Seite verpflichtet ist, den anderen Teil über Umstände hinsichtlich des angestrebten Geschäfts aufzuklären, die für dessen Ent­ scheidung Teils erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können13. 9 Wie soeben (2. a) ausgeführt, muß allerdings keine vollständige Information angestrebt werden; eine gewisse Unsicherheit ist immer gegeben und von den Parteien - aus Kostengründen auch stets akzeptiert, vgl. nochmals Kirchner, in: FS Beisse, 269 f.; darüber hinaus auch dens., Ökonomische Theorie des Rechts, 10 ff. 10 Siehe etwa Schmitz, 105 ff 11 Siehe grundlegend Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), 505 ff. (507); K. Schmidt, ZIP 1988, 1502 m.w.N.; Gottwald, JuS 1982, 877 ff.; Larenz/Canaris, § 9 I; Larenz, in: FS Ballerstedt, 398 f.; BGHZ 6, 330, 333; BGHZ 66, 51, 54. 12 Steininger, 45 ff. 13 BGH BB 1978, 1385; BGH WM 1978, 1038, 1041; BGH WM 1978, 723 f.; BGHZ 60, 221, 224; BGH NJW 1974, 849, 851; BGH BB 1991, 933, 934; BGH NJW-RR 1989, 21 Breidenbach, 52 ff; Staudinger(-Löwisch), vor §275, Rn. 61; MüKo BGB(-Emmerich), vor §275, Rn. 79; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 34.

Bei der Aufklärungspflicht handelt es sich damit um eine Maßnahme zur Schaf­ fung größerer Transparenz zwischen den Verhandlungspartnern, mit Hilfe derer Rechtssicherheit geschaffen und eine Senkung von Transaktionskosten erreicht werden kann. Denn wäre im Idealfall tatsächlich vollständige Transparenz gege­ ben, so bedürfte es - wirtschaftlich vernünftiges Verhalten vorausgesetzt - keiner besonderen Absicherung von Rechtsgeschäften, weil die Vertragspartner sicher einschätzen könnten, ob ihr jeweiliges Gegenüber die vereinbarte Leistung auch wie versprochen erbringen können wird. Sicherungen sind deshalb nichts anderes als das Korrelat für fehlende Transparenz hinsichtlich der für den Vertragsschluß notwendigen Informationen, so daß erwartet werden kann, daß in dem Maße, in welchem die Transparenz größer wird, die Kosten für die Sicherung und damit für den Abschluß des Rechtsgeschäfts insgesamt zurückgehen. b) Umfang der Aufklärung eines abhängigen Konzernunternehmens gegenüber einem externen Dritten

Es entzieht sich jedoch einer Generalisierung, über welche Umstände die Parteien sich gegenseitig - unabhängig von der in Kauf zu nehmenden Unsicherheit, daß nicht alle Informationen bekannt sein werden - (notwendigerweise) aufzuklären haben. Dieses kann daher nur einzelfallbezogen entschieden werden14. Im Hinblick auf die Aufklärungspflichten von abhängigen Konzernunternehmen gegenüber außenstehenden Verhandlungspartnern stellt sich dennoch ganz allgemein die Frage, ob und wenn ja in welchem Maße möglicherweise im Verhältnis zum übli­ chen Wirtschaftsverkehr besondere Aufklärungspflichten hinsichtlich der Person des Vertragspartners bestehen. Solche könnten im wesentlichen darauf beruhen, daß in einem abhängigen Konzernunternehmen die Möglichkeit besteht, daß die Geschäftsführer möglicherweise nur als „Marionetten“ des herrschenden Unter­ nehmens handeln oder daß das Gesellschaftsvermögen direkt oder indirekt dem Zugriff oder der Disposition eines anderen Unternehmens desselben Verbundes offensteht. Plakativ ausgedrückt könnte durch die Intransparenz verschleiert werden, daß es der Verhandlungspartner eines abhängigen Konzemuntemehmens in Wirklichkeit eben nicht mit einem Partner zu tun hat, sondern auch noch mit einem weiteren, der jedoch weder direkt in Erscheinung tritt, noch selbst Vertrags­ partner wird. Aus diesen Umständen könnten sich für den Verhandlungspartner eines abhängigen Konzemuntemehmens zusätzliche Unsicherheiten hinsichtlich der Prognostizierbarkeit des Verhaltens seines eigentlichen Vertragspartners erge­ ben15. Diese Gefahren sind genau betrachtet allerdings keine besonderen „Konzem­ gefahren“. In Wirklichkeit handelt es sich dabei vielmehr (nur) um das typische 14 Siehe z. B. BGH BB 1991, 933, 934; BGH NJW-RR 1989, 211; MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 80; Breidenbach, 61 ff.; vgl. auch Haas, 78 ff; Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 153 ff. mit Fn. 2-5. 15 Vgl. u.a. Drüke, 57 ff.

Risiko der zukünftigen Änderung von Geschäftsführung und wirtschaftlicher Lage eines Unternehmens. Auch in einem nicht verbundenen Unternehmen besteht nämlich die Gefahr, daß aufgrund bestimmter Veränderungen (z.B. Änderung der Wirtschaftslage; Änderung der Geschäftsführung oder Änderung der Gesellschaf­ terstruktur) die bei Ausgangslage des Vertragsschlusses antizipieren Vorausset­ zungen bzw. Bedingungen nicht eintreten und deshalb etwa möglicherweise andere Interessen die Geschäftsführung beeinflussen, als dies noch bei Vertragsschluß der Fall war16. Daraus folgt, daß allein aus dem Grund, daß ein Vertragspartner ein konzemabhängiges Unternehmen ist, keine spezifischen Aufklärungspflichten be­ stehen17. Damit kann es hier nur darum gehen zu ermitteln, wie die allgemeine Pflicht zur Aufklärung über bestimmte Umstände in Bezug auf einen Verhandlungspartner konkretisiert werden kann, der ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern ist. Die Aufklärungspflichten eines abhängigen Konzemuntemehmens gegenüber seinen außenstehenden Verhandlungspartnern ergeben sich grundsätzlich ebenfalls nur aus den jeweiligen individuellen Umständen und sind deshalb ex ante nicht im einzelnen, sondern allenfalls nur pauschal im Rahmen einer Gruppenbildung bestimmbar18. Ein Teilausschnitt aller Aufklärungspflichten stellt dabei die Pflicht zur Aufklärung über die in der jeweiligen Person des Vertragspartners liegenden Besonderheiten dar19. Eine solche liegt bei einem abhängigen Konzemunter­ nehmen in dem Umstand der strukturellen Verankerung dieses Unternehmens in einem Konzern. Welche Informationen diesbezüglich dem Vertragspartner not­ wendigerweise gegeben werden müssen, läßt sich ermitteln anhand der Frage, welche Informationen für den Geschäftspartner des abhängigen Unternehmens unbedingt erforderlich sind, damit er in die Lage versetzt wird, auf den Umstand der strukturellen Besonderheit seines Gegenübers reagieren zu können. Da die hervorstechende Besonderheit für den Außenstehenden gerade in der Einbindung des Unternehmens in einen Konzern liegt, ergeben sich auch hieraus die entschei­ denden Anhaltspunkte für den Inhalt der notwendigen Aufklärungspflicht des abhängigen Unternehmens. Die relevante Information für den Außenstehenden ist daher die Kenntnis über die sogenannte „Konzemlage“. Der Begriff der „Konzem­ lage“ beschreibt dabei die strukturelle Situation des betreffenden Unternehmens, die auf ein Schlagwort verkürzt die „wirtschaftliche Einheit“ mit anderen Unter­ 16 Siehe Altmeppen, NJW 1994, 1914; Versteegen, DB 1993, 1226 f.; darüber hinaus vgl. auch Gäbelein, AG 1990, 186 ff.; ders, GmbHR 1988, 384 ff.; Lehmann, FS Beusch, 481 ff.; Heinsius, AG 1986, 102 ff. 17 Auf die Frage einer spezifischen Konzemgefahr wird auch im Zusammenhang mit der Konzemhaftung im qualifzierten faktischen GmbH-Konzern ausführlich einzugehen sein, siehe unten § 5 III. 2. 18 Siehe beispielsweise den Vorschlag einer Gruppenbildung bei Schmitz, 88 ff. Vgl. im weite­ ren die zu Recht kritische Auseinandersetzung Lutters mit einer Form der Haftung aus Konzem­ vertrauen, in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 229 ff., 241 f. (Ergebnis). 19 Einzelfälle bei MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 89 ff.; vgl. auch Gottwald, JuS 1982, 877 ff., insbes. 880 f.

nehmen in einem Verbund darstellt. Dazu gehört als wichtigster Aspekt der Umstand, daß der Vertragspartner ein abhängiges Unternehmen ist. Ergänzt wird dies durch die zusätzliche Information, wer das Mutterunternehmen ist und wie die Abhängigkeit bzw. die Beherrschung vermittelt ist. Die Mitteilung dieser drei Merkmale ist notwendig aber auch hinreichend, um den Vertragspartner der Unter­ gesellschaft gegenüber zu alertieren, daß sein Geschäft möglicherweise mit beson­ deren, in der Person seines Vertragspartners liegenden Risiken behaftet ist, so daß die notwendige Aufklärung des abhängigen Unternehmens auch nicht darüber hinaus gehen muß. Unberührt von diesen Überlegungen bleibt selbstverständlich jede Aufklärungspflicht bestehen, die die Parteien aufgrund anderer Besonderhei­ ten in der Person des Vertragspartners trifft. Eine besondere Bedeutung erlangt insoweit die Information über die finanziellen Verhältnisse. Immer wieder findet man die Forderung, daß das abhängige Unternehmen seinen Verhandlungspartner über die finanzielle Lage des Unternehmens aufklären, also von sich aus ungefragt informieren muß. Eine solche Verpflichtung wird vor allem im Zusammenhang mit der Unterkapitalisierung20 und dort diskutiert, wo es sich bei der Konzem­ tochter um eine konkursreife GmbH handelt21. Es wird darauf hingewiesen, daß eine zuverlässige Risikoabschätzung des jeweiligen Gegenübers einer betriebswirt­ schaftlichen Analyse bedürfe, die hohe Kosten erfordere, welche zum Teil außer Verhältnis zu dem angestrebten Volumen des Geschäfts stünden, so daß dann eine „Korrektur der Privatautonomie“ im Sinne einer Veränderung der Risikoverteilung eingreifen müsse22. Noch weitergehend wird sogar vertreten, daß einer Gesell­ schaft immer dann eine Aufklärungspflicht obliegt, wenn sie „offensichtlich kreditunwürdig“ ist23. Eine solche Verpflichtung geht aber zu weit. Grundsätzlich gilt nämlich, wie in anderen Fällen auch, daß die Konzemtochter nicht verpflichtet ist, von sich aus über ihre finanzielle Situation aufzuklären24. Einige Mißverständ­ nisse im Hinblick auf eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der finanziellen Lage lassen sich freilich dadurch erklären, daß nicht immer genau zwischen der Aufklärungs- und der Auskunftspflicht differenziert wird25. Wenn dem Verhandlungs­ partner an Informationen über die Finanzsituation gelegen ist, und er sich diese nicht anderweitig besorgen kann oder will, muß er seinerseits die Initiative ergrei­ 20 Siehe etwa Drüke, 54 ff.; Canaris, in. FS Giger, 119 ff. 21 Siehe BGHZ 87, 27, 33; K. Schmidt, GesR, 1085 ff.; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 55 ff.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 33 f.; MüKo BGB(-G.H. Roth), § 242, Rn. 225; Ulmer, GmbHR 1984,264; Haas, 78. 22 Vgl. Drüke, 57. 23 Weitbrecht, 100 ff. 24 So nun auch BGHZ 126, 181, 189; siehe aber vorher bereits BGHZ 87, 24, 34; OLG Karlsruhe, BB 1988, 1413; OLG Düsseldorf, GmbHR 1981, 194. 25 Zu Auskunftspflichten siehe eingehend MüKo BGB(-Keller), §260, Rn. 10 ff.; Schmitz, 100 ff.; zur Unterscheidung von Aufklärungs- und Auskunftspflichten vgl. auch Stapelfeld, 74 ff. und 77; ferner: Steininger, 45 f.; BGH NJW 1962, 1196 ff. (zur fehlerhaften Auskunft, die dazu geführt hat, daß der Verhandlungspartner den betreffenden fiir ihn nachteiligen Vertrag abge­ schlossen hatte).

fen und sich diesbezüglich bei der Gesellschaft erkundigen26. In diesem Rahmen kann etwa auch Einblick in die Bücher oder Bilanzen genommen werden. Insoweit ist aber die Pflicht des abhängigen Konzemuntemehmens zur richtigen Auskunf angesprochen27. Ob das Informationsgefälle zwischen den Verhandlungspartnern dann tatsächlich ausgeglichen wird, ist eine Frage der realen Machtverteilung. Ist der Vertragspartner des abhängigen Konzemuntemehmens in den Verhandlungen nicht mächtig genug, alle ihn interessierenden Daten zu erfragen, muß er sich das Risiko, bestimmte Informationen nicht bekommen zu haben, zurechnen lassen, wenn er dennoch den Vertrag schließt28. Eine Parallele zum Schutz des Verbrau­ chers durch das AGBG, wie Drüke sie ziehen will, ist nicht überzeugend. Die Ver­ schiebung der Risiken hinsichtlich des Vertragsschlusses, die zum Schutz des Ver­ brauchers, aber dafür auf Kosten der Privatautonomie geschieht, ist nur gerechtfer­ tigt, weil sie auf einer ausdrücklichen rechtspolitischen Entscheidung beruht, die sich in einer gesetzlichen Anordnung niedergeschlagen hat. Beides fehlt hinsicht­ lich der Information über die finanzielle Situation von Unternehmen, insbesondere von Konzernunternehmen, so daß eine Heranziehung der Überlegungen, wie sie beim Verbraucherschütz eine Rolle spielen, ausscheidet. Im Gegenteil: das Fehlen einer gesetzlichen Entscheidung legt vielmehr die Vermutung nahe, daß es hin­ sichtlich der finanziellen Situation bei den allgemeinen Regeln der Risikovertei­ lung bleiben soll. Ein Basisschutz wird dabei durch das Verbot mißbräuchlichen Verhaltens29 gewährleistet. Einer besonderen Aufklärung bedarf es selbst bei Kon­ kursreife des Unternehmens nicht, denn der Schutz des Vertragspartners vor dem Ausfall der Gesellschaft im Fall der Insolvenz wird mittels des Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens nach §§ 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG gewährleistet30. Das mit der Einbeziehung der Information über die finan­ zielle Situation in die Aufklärungspflicht des abhängigen Unternehmens verfolgte Ziel zu vermeiden, daß Akteure auf dem Markt mit anderen Marktteilnehmern Rechtsgeschäfte eingehen, obwohl jene kaum noch lebensfähig sind und das Insol­

26 Vgl. Brandner, in: FS Werner, 58. Siehe auch Haas, 79 f. 27 Eine Verletzung dieser Pflicht führt dann ebenfalls zu einer Haftung aus c.i.c. - siehe Canaris, in: FS Giger, 117 f.; ders., in: 2. FS Larenz, 93 ff.; Soergel(-Wiedemann), vor §275, Rn. 198; BGH NJW 1977, 1915 m.w.N. Zu weiteren Folgen siehe MüKo BGB(-Keller), §260, Rn. 43. 28 Vgl. Drüke, 57 f. 29 MüKo BGB(-G.H. Roth), § 242, Rn. 255 ff. und 280 ff. 30 Siehe BGHZ 126, 181, 189; früher wurde der Ansatz einer c.i.c.-Haftung auch bei der Konkursantragspflichtverletzung vertreten, insbesondere von K. Schmidt, GesR, 2. Aufl., 905 ff. (siehe nun aber K. Schmidt, GesR, 1088). Vgl. Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 55 ff., der an seiner Lehre auch nach der neuen Rechtsprechung prinzipiell festhalten will. Siehe ferner Canaris, JZ 1993, 649; Medicus, GmbHR 1993, 533; G. Müller, ZIP 1993, 1531 ff. Vgl. zum ganzen ausführ­ lich die Ausführungen zur Verletzung der Pflichten bei Konkursreife einer Konzemgesellschaft, unten unter § 4.1. Teil C.

venzrisiko bei ihnen sehr hoch ist, muß und kann auf andere Weise erreicht werden31. Der hier vertretene Vorschlag hinsichtlich der notwendigen Aufklärung über die „Konzemlage“ könnte aber möglicherweise dem Einwand ausgesetzt sein, daß dem außenstehenden Vertragspartner damit immer noch nicht ausreichend Informatio­ nen erteilt werden, um seine Risiken, die durch die Konzernierung seines Ver­ tragspartners entstehen können, ernsthaft abschätzen zu können. So mag es für den späteren Vertragspartner des abhängigen Unternehmens z.B. auch wichtig sein zu wissen, welche übrigen rechtlichen oder tatsächlichen Verflechtungen es in dem IVerbund gibt, in welchem sein zukünftiger Geschäftspartner eingebunden ist. Ferner könnten beispielsweise auch Informationen relevant sein, die eine Aussage darüber treffen, wie stark das herrschende Unternehmen bislang in die Belange der abhängigen Gesellschaft eingegriffen hat und welchen Einfluß sie auf die Ge­ schäftsführung genommen hat und weiterhin noch nimmt. Schließlich könnte man sogar fordern, daß der Außenstehende über alle wesentlichen internen Strukturver­ bindungen und Daten des Konzerns aufzuklären ist. Derartig weitgehende Anfor­ derungen an die Aufklärungspflichten sind jedoch nicht vereinbar mit einer Risikoverteilung zwischen den Parteien, die auf die Interessen beider Seiten Rück­ sicht nimmt. Denn die Pflicht, den anderen Teil über sämtliche Umstände aufzu­ klären, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, darf nicht soweit gefaßt werden, daß eine Partei praktisch verpflichtet würde, der anderen Partei nahezu das gesamte Vertragsrisiko abzunehmen32. Gleichzeitig muß auch verhindert werden, daß Betriebsgeheimnisse oder andere Interna potentieller Konkurrenten im Wege der Aufklärungspflichten weitgehend schutzlos ausgeliefert sind. Im Zweifelsfall sollte das Interesse des Unternehmens im Konzern an seinen Interna Vorrang haben, so daß es ausreichend ist, wenn mit den notwendigerweise zu gebenden Informationen der Geschäftspartner des abhängigen Unternehmens in die Lage versetzt wird, sich im weiteren selbst zu schützen. Die (pauschale) Kenntnis der Konzemlage in dem oben beschriebenen Umfange reicht dafür aus, denn von der Kenntnis dieses Umstandes aus ist die andere Partei gewarnt und kann Maßnahmen ergreifen, um weitere Informationen zu erlangen oder um Vorsorge hinsichtlich bestimmter vermeintlicher oder tat­ sächlicher Risiken zu treffen. c)

Ergebnis

Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, daß ein abhängiges Konzern­ unternehmen seinem Vertragspartner gegenüber verpflichtet ist, neben den sich 31 Dazu ausführlich unten § 4 I. Teil CI. 32 Emmerich, Leistungsstörungen, §5 II 1; MüKo BGB(-Emmerich), vor §275, Rn. 79; Erman(-Battes), § 276, Rn. 123. Siehe auch hier Lutters Auseinandersetzung mit der dem hier diskutierten Gedankengang verwandten Haftung aus Konzemvertrauen, in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 233 ff.

individuell als erforderlich herausstellenden Umständen, ihn in jedem Fall von sich aus über den Umstand, daß er innerhalb eines Unternehmensverbundes ein abhän­ giges bzw. beherrschtes Unternehmen ist, aufzuklären. Des weiteren sind auch die Identität der herrschenden Gesellschaft und die Form der Abhängigkeit zu offenba­ ren. Meint der außenstehende Verhandlungspartner darüber hinaus noch weitere Informationen zu benötigen, so steht es ihm frei, diese von seinem Vertragspartner zu erfragen. Insoweit geht es aber nicht um eine (konzemspezifische) Aufklä­ rungspflicht, sondern um die allgemeine Frage einer Auskunftspflicht der Parteien. Insoweit gelten hier bezüglich abhängiger Konzernunternehmen die allgemeinen Regeln für die Erteilung falscher oder unvollständiger Auskünfte. Konzemtypische Besonderheiten gibt es dabei nicht33, so daß hier im weiteren nicht zur Frage der Auskunftspflicht des abhängigen Konzemuntemehmens Stellung genommen zu werden braucht.

II. Haftung des herrschenden Konzemuntemehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzemuntemehmens 1. Ausgangspunkt: Haftung aus c.i.c.

a) Voraussetzungen Die gegenseitige Unterstützung der Vertragsparteien bei der Informationsbe­ Schaffung - sei es durch die Aufklärungspflicht oder die Pflicht zur Erteilung einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Auskunf - ist bewehrt durch einen Scha­ densersatzanspruch. Grundlage des Schadensersatzanspruchs ist das Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Denkbar wäre von der Idee her zwar auch ein Schutz durch die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts nach §§ 142 I, 119 II BGB. Bei näherer Betrachtung ist diese Vorstellung aber wegen der dafür notwendigen erheblichen Ausdehnung des § 119 II BGB nicht haltbar. Der Erklärende irrt sich nämlich nicht in dem, was er sagt, sondern er irrt sich nur über die Vollständigkeit bzw. Richtigkeit der seiner Entschließung zugrunde liegenden Informationen. Dieser Irrtum ist aber unerheblich34. Ein Anspruch aus c.i.c. wegen Verletzung der Aufklärungspflicht steht dem Gläubiger der nunmehr insolventen Tochtergesellschaft jedoch nur zu, wenn er hinsichtlich der Umstände, die ihm gegenüber nicht aufgeklärt wurden, auch schutzwürdig gewesen ist. Das ist dann der Fall, wenn er diejenigen Informationen, hinsichtlich derer dem anderen Teil eine Aufklärungspflicht obliegt, nicht bereits auf anderem Wege erlangt hat oder hätte erlangen können. Dabei ist ihm billiger­ weise nur ein angemessener Aufwand zur Informationserlangung zuzumuten. Angemessen ist er dann, wenn die Kosten der Informationserlangung nicht in 33 Siehe BGH NJW 1979, 1983 und eingehender Schmitz, 100 ff. 34 Siehe MüKo BGB (-Kramer), § 119, Rn. 104 zum Verhältnis von Irrtum und Informations­ risiko.

einem disproportionalen Verhältnis zum Wert der Information für das betreffende Geschäft stehen35. Nach dem soeben erwähnten Prinzip, daß jeder in eigener Verantwortung seinen Vertragspartner aussucht und mit ihm Rechtsgeschäfte schließt und deshalb auch die Verpflichtung hat, sich selbst über alle anderen für ihn wesentlichen Merkmale zu informieren, bemißt sich die Schutzwürdigkeit des außenstehenden Vertragspartners folglich nach der Möglichkeit, unter Umständen selbst an die Informationen über die Konzemlage zu gelangen. Die Entscheidung, welche Information sich der Gläubiger des abhängigen Unternehmens vor Ver­ tragsschluß hätte selbst besorgen können, ist abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls und damit nicht pauschal von vornherein festzulegen. Dasselbe gilt für den insoweit notwendigen Aufwand, der als angemessen gelten kann, sich die Informationen eigenständig zu besorgen. Einen gewissen Anhaltspunkt kann jedoch die Regel geben, daß der Aufwand, der von einer Vertragspartei zur Erlan­ gung der ihr wichtigen Informationen verlangt werden kann, proportional mit der individuellen Bedeutung bzw. mit dem Wert des Geschäfts zunimmt. Es lassen sich freilich einige Indizien aufstellen, bei deren Vorliegen jedenfalls davon auszu­ gehen ist, daß der Gläubiger sich die fraglichen Informationen selbst hätte besor­ gen können. Dazu gehört etwa der Umstand, daß sich die entsprechenden Informa­ tionen aus dem Handelsregister ergeben, oder auch die Möglichkeit, aus allgemein zugänglichen Quellen36 bzw. über eine Informationsdienstleistung der Bank (Kre­ ditwürdigkeitsprüfung), etc. die entsprechenden Informationen zu erlangen. Da es prinzipiell die Aufgabe der Vertragsparteien ist, sich selbst alle notwendigen Informationen zu besorgen, obliegt es auch dem Gläubiger, im Streitfall darzu­ legen und ggf. zu beweisen, daß es ihm nicht oder nur mit unangemessen hohem Aufwand möglich war, die Informationen über die Konzemlage, hinsichtlich derer das abhängigen Unternehmen eine Aufklärungspflicht getroffen hätte, zu erhalten. Damit werden die Informationsrisiken also wie folgt verteilt: Der Gläubiger des abhängigen Unternehmens muß zunächst selbst die ihm im Hinblick auf das betref­ fende Geschäft zumutbaren Anstrengungen unternehmen, alle für ihn notwendigen Informationen zu erlangen; erst wenn ihm dies nicht gelingt, weil die betreffenden Informationen nicht oder nur mit einem unangemessenen Aufwand zu erlangen wären, schlägt das Pendel um zu einer Aufklärungspflicht der anderen Seite.

35 So braucht einem Vertragspartner beispielsweise nicht zugemutet zu werden, bei einem Geschäft mit einem kleinen Volumen einen erheblichen Aufwand zu betreiben, um eine Informa­ tion zu erlangen. Gleichzeitig bedeutet die „Angemessenheit“ des Aufwandes für die Information­ serlangung aber auch, daß es ein Geschäft, daß zwar kein großes Volumen hat, welches aber für den betreffenden Vertragspartner einen erheblichen subjektiven Wert hat, rechtfertigt, daß er sich besonders um die notwendigen Informationen bemühen muß. 36 Zu denken ist etwa an Informationen aus Nachschlagewerken, wie etwa der von der Commerzbank herausgegebene Band „Wer gehört zu wem?“; im Ergebnis ebenso LG Stuttgart, GmbHR 1951, 187; Rowedder(-Rowedder), § 13, Rn. 26.

b)

Rechtsfolgen

Die Rechtsfolgen des Anspruches aus c.i.c. ergeben sich aus den §§ 249 ff. BGB. Grundsätzlich kann der Geschädigte nach § 249 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils während der Vertragsverhandlungen gestanden hätte37. Regelmäßig geht der Schadensersatz damit auf das negative Interesse. Allerdings muß der Umfang des zu ersetzenden Schadens stets vom Schutzzweck der verletzten Pflicht umfaßt werden38. Deshalb ist bei der Verletzung von Aufklärungspflichten zu prüfen, ob diese sich nur auf einen Nebenaspekt oder auf einen zentralen Punkt des Vertrags bezogen haben39. Soweit die Konzemlage des Geschäftspartner betroffen ist, gibt es keinerlei Schwierigkeiten. Die Aufklärungspflicht betrifft insoweit die Person des Vertrags­ partners und damit eine essentiale. Besonderheiten ergeben sich jedoch bezüglich des Umfangs des geschuldeten Ersatzes bei Verletzung von Aufklärungspflichten. Der Gläubiger soll so gestellt werden, wie er stünde, wenn ihm gegenüber (kor­ rekt) aufgeklärt worden wäre. Für die Höhe des Schadens ist der Geschädigte beweispflichtig. Der Nachweis des Gläubigers, wie sich die Lage bei ordnungs­ gemäßer Aufklärung dargestellt hätte, also wie er sich selbst verhalten hätte, und ob der andere Teil einem ggf. geforderten anderen Vertrag tatsächlich zugestimmt hätte, oder ob die Konzemmutter bzw. ein anderes Konzernunternehmen tatsäch­ lich bereit gewesen wäre, für den abgeschlossenen Vertrag Sicherheiten zu bestel­ len, ist jedoch ex post praktisch nicht zu fuhren40. Damit liefe der Anspruch in vielen Fällen wegen Beweisnot leer. Einer Lösung dieses Problems kann man sich allerdings nähern, indem man eine Parallele zieht zu dem von der Ausgangslage her ähnlichen Fall, wo ein Geschäftspartner mit einem Unternehmen ein Rechtsge­ schäft abschließt, ohne daß er Kenntnis über die Konkursreife des Geschäftspart­ ners im Sinne der §§ 63, 64 GmbHG gehabt hätte. Dort wird bekanntlich unter­ stellt, daß der Geschäftspartner des betreffenden Unternehmens bei Kenntnis der finanziellen Situation den Vertrag nicht oder allenfalls gegen eine Sicherung abge­ schlossen hätte, die ihm im Fall des Ausfalls den Betrag eingebracht hätte, den er sonst aus dem Rechtsgeschäft bekommen hätte41. Genauso erlaubt die Praxis auch im Fall der Verletzung von Aufklärungspflichten eine Vermutung der Kausalität zwischen dem Verstoß gegen die Aufklärungspflichten und dem Vertragsabschluß, ggf. unter Bewilligung einer (größeren) Sicherheit42. Prozessual stellt sich dies als eine Beweislastumkehr dar, denn es ist demnach Sache des Aufklärungspflichtigen 37 Allg. Meinung, vgl. statt aller Staudinger(-Löwisch), vor §275, Rn. 94; MüKo BGB (-Emmerich), vor § 275, Rn. 194; Palandt(-Heinrichs), § 276, Rn. 99; BGH NJW 1981, 1673. 38 Siehe BGHZ 116,209,212; BGH WM 1992, 1355, 1357. 39 MüKo BGB(-Emmerich), vor §275, Rn. 202; BGHZ 116, 209, 213 f.; BGH WM 1992, 1335,1337. 40 Siehe BGH NJW 1965, 812 mit Anmerkung von Marschall von Bieberstein, NJW 1965, 1004; BGH NJW 1988, 2234. 41 Vgl. BGHZ 126, 181,189; Lutter, DB 1994, 135; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 16. 42 Vgl. BGHZ 111,75,81 f.; BGHZ 99, 101, 108.

nachzuweisen, daß der andere Teil ausnahmsweise auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Vertrag so abgeschlossen hätte, wie er ihn abgeschlossen hat, mit der Folge, daß er durch die unterbliebene Aufklärung in Wirklichkeit gar nicht geschädigt ist43. Dem Geschädigten wird darüber hinaus von der Rechtsprechung zusätzlich ein Wahlrecht zwischen Vertragsanpassung und Vertragsaufhebung zugebilligt44. Doch spielt dies in dem hier ausschließlich interessierenden Fall der Insolvenz des Aufklärungspflichtigen praktische keine Rolle. Der Gläubiger wird nämlich immer das negative Interesse geltend machen und argumentieren, daß er ohne das schuldhafte Verhalten des anderen Teils einen weiteren Vertrag (genauer: einen Sicherungsvertrag) abgeschlossen hätte. Denn das negative Interesse umfaßt auch den entgangenen „Gewinn“, also die ansonsten erlangte Sicherheitsleistung45.

2. Anspruch gegen die Konzemmutter

Der Anspruch aus c.i.c. wegen Verletzung der Aufklärungspflicht steht dem Gläubiger des abhängigen Konzernunternehmens gegen seinen Vertragspartner zu46. Im Fall des Konkurses des abhängigen Unternehmens kann er diesen An­ spruch aber nur als normaler Konkursgläubiger geltend machen. Da der Schadens­ ersatz aus c.i.c. grundsätzlich nicht größer ist als das, was der Gläubiger auch aus seiner rechtsgeschäftlichen Beziehung fordern könnte47, wäre ein (zusätzlicher) 43 Siehe MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 202; ständige Rechtsprechung: BGH WM 1990, 1301, 1303. 44 BGHZ 69, 53, 56; BGH NJW-RR 1989, 307; BGHZ 114, 87, 94; NJW-RR 1994, 77; Palandt(-Heinrichs), § 276, Rn. 102. 45 Vgl. BGH NJW 1988, 2236; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 VI. 46 Zwar herrscht in der Dogmatik Streit, ob auch dann noch ein Anspruch aus c.i.c. gegeben ist, wenn ein Vertrag zustandekommt und der Anspruch wegen der Schutzpflichtverletzung nach Vertragsabschluß geltend gemacht wird, oder ob der Anspruch in diesem Fall auf pW gestützt werden müsse (Siehe Canaris, JZ 1965, 475; Palandt(-Heinrichs), § 276, Rn. 106; Staudinger (-Löwisch), vor § 275, Rn. 22; Larenz/Canaris, § 9 II; Medicus, JuS 1986, 668 ff.; offengelassen in BGHZ 66, 81, 86 f.), doch fuhrt die Auseinandersetzung hier zu keinem anderen materiell-recht­ lichen Ergebnis: In beiden Fällen ist die Folge eine Schadensersatzpflicht. Unterschiede gäbe es allenfalls in wenigen Ausnahmefällen hinsichtlich des Beginns der Verjährung. Diese Auseinander­ setzung braucht deshalb nicht Gegenstand der Erörterung an dieser Stelle zu sein. Es sei vielleicht nur der kurze Hinweis gegeben, daß es für c.i.c. als die korrekte Anspruchsgrundlage spricht, daß das zum Schadensersatz führende Verhalten vor Vertragsschluß lag, und es nicht darauf ankommen kann, ob der Anspruch dann vor oder nach Vertragsschluß geltend gemacht wird, sondern nur darauf, wann die Schutzpflichtverletzung stattgefunden hat. Das bedeutet also im Hinblick auf die oben entwickelte spezielle Aufklärungspflicht des abhängigen Konzernunternehmens, daß es sich wegen Verletzung einer ihm obliegenden vorvertraglichen Sorgfaltspflicht aus c.i.c. schadens­ ersatzpflichtig machen kann, wenn es seinen Geschäftspartner nicht über die Konzemlage aufge­ klärt hat. Nach den allgemeinen Regeln indiziert eine solche Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht sogleich auch ein schuldhaftes Verhalten (statt aller Palandt(-Heinrichs), § 276, Rn. 70). 47 Eine Ausnahme könnte allenfalls der Fall der Übersicherung darstellen.

Anspruch gegen das abhängige Unternehmen aus c.i.c. für ihn damit letztlich ohne Bedeutung. Das heißt jedoch nicht, daß die Verletzung der Aufklärungspflicht durch das abhängige Unternehmen für den Gläubiger praktisch irrelevant wäre. Da der Schadensersatzpflichtige einem Unternehmensverbund angehört, liegt der Gedanke nahe, daß der Gläubiger im Zusammenhang mit der Aufklärungs­ pflichtverletzung des abhängigen Unternehmens möglicherweise auch gegen die Konzemmutter einen Anspruch aus c.i.c. haben könnte48. Ein solcher Anspruch könnte zum einen deshalb bestehen, weil ihr die den Anspruch aus c.i.c. begrün­ dende Sorgfaltspflichtverletzung zuzurechnen ist oder weil sich der Anspruch aus c.i.c. gegen das Tochterunternehmen auf sie „erstreckt“. Ein Anspruch gegen die Mutter- bzw. Schwestergesellschaft könnte sich schließlich aber auch deshalb ergeben, weil ihr in Verbindung mit dem Fehlverhalten der Tochtergesellschaft ein eigenes Fehlverhalten (Sorgfaltspflichtverletzung) gegenüber dem Gläubiger vorzuwerfen ist. Bei allen Fällen handelt es sich jedoch nicht um die Frage einer „Durchgriffshaftung“, sondern es geht um selbständige Verpflichtungsgründe des herrschenden Unternehmens gegenüber bestimmten Gläubigem der insolventen Untergesellschaft49.

a) Haftung für Dritte Die typische Situation der Haftung für Dritte ist die Haftung des Geschäftsherm für das Verschulden seiner Vertreter oder Verhandlungsgehilfen nach § 278 BGB50. Es ist einhellige Ansicht, daß § 278 BGB im Bereich der c.i.c. anwendbar ist und sich dort auf den gesamten Pflichtenkreis des Geschäftsherm bezieht. Verletzt also der Vertreter oder Verhandlungsgehilfe beispielsweise eine Aufklä­ rungspflicht, die dem Geschäftsherm oblegen hätte, so hat der Geschäftsherr dafür einzustehen51. Der Kreis der Personen, für die der Geschäftsherr nach § 278 BGB im Rahmen der c.i.c. einstehen muß, entspricht im wesentlichen dem Kreis, der von § 123 II BGB erfaßt wird, also alle Personen, deren Erklärungen und Wissen ihm nach Treu und Glauben zugerechnet werden können und deren er sich bei der Vertragsanbahnung bedient52. Eine mögliche Zurechnung der Aufklärungspflicht­ verletzung durch das nunmehr insolvente abhängige Unternehmen gegenüber der

48 Betrachtet werden soll nicht der Anspruch gegen ein Schwesterunternehmen, weil dies inhaltlich nicht anders zu behandeln wäre, in der Praxis aber nicht oft vorkommen dürfte. Ausnah­ men sind insoweit nur die unten in diesem Abschnitt behandelten Strohmann-Fälle. 49 So ganz deutlich Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 14 und 9. 50 BGH NJW 1991, 2557; MüKo BGB(-Emmerich), vor §275, Rn. 170; Soergel (-Wiedemann), vor § 275, Rn. 178 f.; BGH NJW 1990,229. 51 BGHZ 79, 281, 287; BGH NJW 1990, 1661; vgl. mit weiteren Hinweisen MüKo BGB (-Hanau), § 278, Rn. 6 und MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 170. 52 MüKo BGB(-Emmerich) vor § 275, Rn. 170; BGH NJW 1990, 1661; BGH WM 1986, 1032 (1034); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 504; BGH NJW 1990, 1662; Vgl. auch Soergel (-Wiedemann), vor § 275, Rn. 178 f.

Muttergesellschaft nach § 278 BGB scheidet hier allerdings von vornherein aus. Denn Voraussetzung für die Haftung der Muttergesellschaft nach c.i.c. in Verbin­ dung mit § 278 BGB wäre nämlich, daß sie Geschäftsherr war. Mithin müßte der Vertrag des Gläubigers mit ihr und nicht mit dem nunmehr insolventen Unterneh­ men geschlossen worden sein. Eine Fiktion, daß der Vertrag, den der Gläubiger mit der insolventen Tochter geschlossen hat, allein aufgrund der Abhängigkeits- oder Beherrschungslage in Wirklichkeit mit Wirkung für die Muttergesellschaft geschlossen wurde, ist schlechthin nicht begründbar. Auch im denkbar engsten Konzern ist es gerade nicht so, daß jedes Geschäft der Tochtergesellschaft in Wirklichkeit in Vertretung für die Muttergesellschaft abgeschlossen wird. Selbst wenn es aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise manchmal den Anschein haben könnte, daß dem so wäre, so handelt es sich bei der Beherrschung bzw. bei der Abhängigkeit innerhalb eines Konzernunternehmens jedoch nicht um eine Frage von Vertretungsverhältnissen; die Geschäfte werden nicht für die Mutter­ gesellschaft abgeschlossen. Die Besonderheit im Konzern liegt vielmehr darin, daß die Geschäfte, die abgeschlossen werden, nicht im eigenen Interesse des Vertrags­ partners - soweit ein solches überhaupt definiert werden kann - liegen können, sondern in dem desjenigen, der gerade rechtsgeschäftlich nicht involviert ist. Schließlich stellt ein Vertrag, wonach das Mutterunternehmen der Vertragspartner wäre, obwohl er mit einer Untergesellschaft geschlossen wurde, im Hinblick auf die hier interessierende Fallgestaltung ein Paradoxon dar, denn tatsächlich würde sich dabei schon das hier behandelte Ausgangsproblem gar nicht stellen. Denn in dem Fall könnte der Gläubiger automatisch schon aufgrund des Vertrages auf die Mutter zurückgreifen, und auf die Insolvenz der Untergesellschaft sowie auf einen möglichen Anspruch des Gläubigers aus c.i.c. käme es gar nicht an.

b) Eigenhaftung Dritter Ganz anders liegt der Fall, der unter dem Stichwort Eigenhaftung Dritter diskutiert wird53. Hier ist das insolvente Unternehmen Geschäftsherr gewesen, und es ist zu untersuchen, ob den Dritten, also die Mutter, eine Haftung aus c.i.c. trifft, obwohl sie nicht Partei des Vertrages geworden ist. Dahinter steht letztlich die Vorstellung, daß ausnahmsweise nicht an die formelle Rolle des Vertragspartners angeknüpft werden zu braucht, wenn ein anderer in Wirklichkeit Träger des Rechtsgeschäfts

53 Aus der fast nicht mehr überschaubaren Literatur sollen hier hervorgehoben werden: Grote, Die Eigenhaftung Dritter als Anwendungsfall der c.i.c., 1984; Steininger, 87 ff.; Nölle, 71 ff.; Haas, 74 ff.; Köndgen, 403 ff.; Schmitz, 61 ff.; Medicus, in: FS Steindorff, 735 ff.; Brandner, in: FS Wemer, 53; Canaris, in: FS Giger, 91; ders., in: 2. FS Larenz, 84 ff.; ders., JZ 1993, 650; Emmerich, Leistungsstörungen, 67 ff.; Ebenroth/Käutter, BB 1990, 569; G.Müller, ZIP 1993, 1533 f.; Westermann/Mutter, DZWiR1995, 186 ff.; vgl. auch die Untersuchung von Wiegand, 204 ff., die die Berechtigung der Dritthaftung besonders aus methodischer Sicht analysiert. Die Diskussion ist mit weiteren Nachweisen dargestellt bei Müko BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 172 ff.; Soergel(-Wiedemann), vor § 274, Rn. 218 ff.

ist und damit die Verhandlungspolitik bestimmt54. In diesen Fällen geht es um eine Spaltung der Person des Vertragsschließenden von der des Geschäftsherren. Wer die Macht hat, die Verhandlungen zu diktieren, zumindest aber maßgeblich zu bestimmen, und das Abschlußergebnis vorzugeben imstande ist, muß sich als (faktischer) Geschäftsherr behandeln lassen55. Bei dieser Haftung des faktischen Geschäftsherm sind wiederum zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen geht es um eine Haftung aus „Verhandlungsführung". Das meint, daß die Muttergesellschaft direkt an den Vertragsverhandlungen zwischen den späteren Vertragsparteien beteiligt war. Zum anderen ist zu fragen, ob auch eine Haftung der Mutter­ gesellschaft „ohne Verhandlungsführung" in Betracht kommt.

aa) Nach allgemeiner Ansicht trifft die Haftung aus c.i.c. im Grundsatz allein die Partner des angebahnten Vertrages; Vertreter und Verhandlungshilfen können wegen ihrer Sorgfaltspflichtverstöße in der Regel nur aus Delikt (§ 826 BGB, § 823 II BGB in Verbindung mit § 263 StGB) haftbar gemacht werden56. Seit einem Urteil des Reichsgerichts vom 1. März 192857 sind im Hinblick auf diesen Grundsatz jedoch Ausnahmen entwickelt worden. Danach können Dritte unter bestimmten Umständen auch neben dem Geschäftsherrn im Rahmen einer Eigen­ haftung aus c.i.c. haftbar gemacht werden, wenn sie der Vorwurf eines eigenen Sorgfaltspflichtverstoßes trifft. Die Eigenhaftung soll demnach dann möglich sein, wenn der Verhandlungspartner gerade ihnen, insbesondere wegen ihrer Sachkunde oder Vertrauenswürdigkeit, ein besonderes Vertrauen entgegenbringt oder wenn der Dritte an dem Abschluß des Vertrages ein besonderes, eigenes, unmittelbares, wirtschaftliches Interesse hat, so daß er wie ein procuratur in rem suam tätig wird58. Sind diese Voraussetzungen der Haftung Dritter erfüllt, so tritt die Haftung des Dritten prinzipiell neben die des Vertretenen59. Dem Gläubiger haften beide dann als Gesamtschuldner. Eine Eigenhaftung Dritter aus c.i.c. stellt damit einen der besonderen Fälle dar, wo dem Gläubiger neben seinem Vertragspartner auch noch ein weiterer Schuldner zur Auswahl gestellt wird. Im Konzern heißt das, daß der Gläubiger eines insolventen abhängigen Unternehmens dann auf die Mutter­ gesellschaft zurückgreifen kann, wenn diese bei den VertragsVerhandlungen 54 Vgl. §§ 54 S. 2 BGB, 179 BGB, 41 I AktG, 11 II GmbHG. 55 Soergel(-Wiedemann), vor § 275 BGB, Rn. 226. 56 Siehe BGHZ 88, 67, 69; BGH WM 1984, 127, BGH NJW-RR 1991, 1241. 57 RGZ 120, 249, 253; siehe auch RGZ 132, 76, 80. 58 BGHZ 56, 81, 87; BGHZ 70, 337, 342 f.; BGHZ 74, 103, 108 ff.; BGHZ 79, 281, 283 f.; BGHZ 80, 80, 82; BGHZ ZIP 1986, 562, 563; grundlegend Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), 519 und 524; vgl. ferner Soergel(-Wiedemann), vor §§ 275, Rn. 220; MüKo BGB-(Emmerich), vor §275, Rn. 175.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §64, Rn. 32; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 70; Steininger, 87 ff; Wiegand, 233 ff; Medicus, in: FS Steindorff, 734 ff. 59 Soergel(-Wiedemann), vor § 275 Rn. 235 f.; Soergel(-Leptin), § 164, Rn. 5.; MüKo BGB (-Emmerich), vor §275 BGB, Rn. 176 einschränkend Schmitz, 82 f., 141 f., 161 ff, der nach Schutz- und Aufklärungspflichten differenziert und z.T. eine subsidiäre Haftung wie ein Bürge bewirken.

zwischen dem Geschäftsherm und seinem Geschäftspartner in irgendeiner Weise im Pflichtenkreis des Geschäftsherm tätig geworden ist60 61 und dabei dem Ge­ schäftspartner gegenüber eine Pflicht, insbesondere die Aufklärungspflicht, verletzt hat. Im Pflichtenkreis des Geschäftsherm kann das herrschende Unternehmen, vertreten durch das Geschäftsführungsorgan, in Form der Vertretung oder als sogenannter Sachwalter aufgetreten sein. Im Gegensatz zum Vertreter ist ein Dritter dann Sachwalter, wenn er selbst sich bei den Vertragsverhandlungen eher im Hintergrund gehalten hat und nur mittelbar oder gelegentlich auf die Verhand­ lungen eingewirkt hat. In der Regel wird er wegen bestimmter Umstände - meist spezieller Sachkunde - vom Geschäftsherm in die Verhandlungen einbezogen und baut dadurch eine Vertrauensposition gegenüber dem anderen Vertragspartner auf51.

bb) Es ist von E. Rehbinder in seiner Arbeit zum Konzemaußenrecht bereits gezeigt worden, daß das Mutterunternehmen sich zumindest soweit aus c.i.c schadensersatzpflichtig machen kann, wie es als Bevollmächtige der Untergesell­ schaft handelt und dabei dem Verhandlungspartner über bestimmte Umstände die Untergesellschaft betreffend nicht oder nicht vollständig aufklärt62. Dabei setzt er jedoch voraus, daß dem Gegenüber bekannt ist, daß sein Vertragspartner ein abhängiges Konzernunternehmen ist. Die von ihm betrachteten Fälle betreffen damit gerade nicht den Bereich der Verletzung der Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Konzemlage, um die es hier gehen soll. Zwar mag man zu bedenken geben, daß in den Fällen, in denen das herrschende Unternehmen als Vertreter des abhän­ gigen Unternehmens die Verhandlungen fuhrt, dem außenstehenden Verhand­ lungspartner die Konzemlage bereits deshalb bekannt sein wird, weil dieser über die Person des Vertreters und seine Beziehung zum Geschäftsherm Kenntnis erlangt hat (vgl. § 167 I BGB). Doch notwendig ist dies nicht. Es sind im Gegen­ teil Situationen gut vorstellbar, wo der andere Vertragspartner zwar über ein Vertretungsverhältnis im Sinne der §§164 ff. BGB informiert ist, gleichwohl ihm aber die Konzemmutter als Vertreter nicht offenbart, daß sie im Verhältnis zum Geschäftsherm das herrschende Unternehmen ist. Ein anderer Fall wäre der, wo das abhängige Unternehmen zu den Vertragsverhandlungen einen Vertreter des herrschenden Unternehmens in der Funktion des Sachwalters hinzuzieht, ohne daß der Außenstehende von der Beziehung des späteren Vertragspartners zu dem Sachwalter erfährt. Neben diesen Fallkonstellationen, in denen eine Eigenhaftung des Mutterunternehmens in Betracht kommen kann, ist auch die von der Recht­ sprechung und Literatur vorgenommene Übertragung der Eigenhaftung Dritter auf 60 Staudinger-Löwisch, vor §§ 275, Rn. 88. 61 Vgl. MüKo BGB(-Emmerich), vor §275, Rn. 185 ff.; Soergel(-Wiedemann), vor §275, Rn. 228; Staudinger(-Löwisch), vor § 275, Rn. 89; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 70; K. Schmidt, ZIP 1988, 1503; der BGH hat einmal ein Konzernunternehmen, das für ein anderes Konzemunter­ nehmen einen Vertrag durchführte als Sachwalter angesehen, BGH NJW-RR 1987,335. 62 Rehbinder, 336 ff.

bestimmte gesellschaftsrechtliche Fälle bedeutsam63. Das betrifft insbesondere diejenigen Sachverhalte, in denen der Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der einen maßgeblichen Anteil an der GmbH hat, für die GmbH mit einem Geschäftspartner in Verhandlungen getreten ist und dabei eine Sorgfaltspflicht­ verletzung begangen hat. In diesen Fällen soll auch er - neben der GmbH, mit der der Vertrag zustande gekommen ist - dem Geschäftspartner aus c.i.c. haften64 65 (sog. „Zurechnungsdurchgriff"). Übertragen auf die Konzempraxis folgt daraus, daß auch in der Konstellation, wo der Außenstehende mit dem Geschäftsführungsorgan des abhängigen Unternehmens die VertragsVerhandlungen geführt hat, und das betreffende Geschäftsführungsorgan personenidentisch mit einem Vertreter des herrschenden Unternehmens ist, ein Anwendungsfall der Dritthaftung aus c.i.c. vorliegen kann; ganz typisch ist in diesem Zusammenhang der Fall des „EinmannGmbH-Konzerns". Wenngleich die Dritthaftung des Geschäftsführers bislang im wesentlichen für die GmbH problematisiert worden ist, so versteht es sich von selbst, daß aufgrund der vergleichbaren Ausgangslage das vorstehend Geschilderte gleichermaßen für eine abhängige Aktiengesellschaft zutrifft, in der der Vorstand maßgeblich mit Vertretern des herrschenden Unternehmens besetzt ist66. Übertragen auf den hier interessierenden Bereich bedeutet das, daß auch dort eine Dritthaftung des herr­ schenden Unternehmens aus c.i.c. geprüft werden kann, wo das abhängige Unter­ nehmen eine AG ist.

c) Eigenes wirtschaftliches Interesse Allein die Stellung der Muttergesellschaft als Dritte in den jeweils unterschied­ lichen Konstellationen vermag auch in einem Konzern nicht ohne weiteres die Dritthaftung zu begründen. Als zusätzliches Haftungserfordernis wird für die selb­ ständige Haftung aus c.i.c bei einem verhandelnden Vertreter entweder eine beson­ dere Vertrauensstellung [unten d)] oder der Umstand vorausgesetzt, daß die Vertreterstellung lediglich formal ist, der Vertreter also selbst Partei im wirtschaft­ lichen Sinne ist oder zumindest wesentlich am Geschäft interessiert ist. Ein Grund für eine eigene Haftung des Dritten aus c.i.c. könnte mithin darin liegen, daß er an dem angebahnten Geschäft ein (starkes) eigenes wirtschaftliches Interesse hat67. Unabhängig davon, ob ein Mutterunternehmen betrachtet wird, das 63 BGHZ 56, 81, 87; BGHZ 79, 281, 283 f.; Scholz(-K Schmidt), §64, Rn. 55 ff.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 32; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 29 f.; vgl. auch Ebenroth/Kräutter, BB 1990, 570; Medicus, in: FS Steindorff, 734 ff. 64 So etwa BGHZ 14, 313, 317 ff.; BGHZ 56, 81, 84; BGH NJW 1989,293. 65 Vgl. K. Schmidt, Beilage zu VersR 1993, 12. 66 Vgl. dazu allgemein Eschenbruch, Rn. 3031 ff. m.w.N; Raiser, § 53, Rn. 10; siehe darüber hinaus auch Streyl, 24 ff., 169 ff.; ferner Decher, 64 ff. 67 BGHZ 14, 313, 318; BGHZ 56, 81, 84; BGHZ 79, 281, 285 f.; BGH NJW 1986, 587; BGH NJW-RR 1992, 605; MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 178 ff.; Staudinger(-Löwisch), vor

als „selbständiger“ Vertreter die Verhandlungen fuhrt, oder ob der Fall in den Blick genommen wird, wo ein Vertreter dieses Unternehmens gleichzeitig der Geschäftsführer der Untergesellschaft ist, besteht hier das entscheidende Problem, das haftungskonstituierende „wirtschaftliche Eigeninteresse“ zu bestimmen. Erfor­ derlich ist zunächst jedenfalls eine besondere Nähe des Dritten zum Vertrags­ gegenstand68. Ist er etwa ein Gesellschaftergeschäftsführer einer abhängigen GmbH mit einem maßgeblichen Anteil, so liegt diese Nähe schon nahezu „defini­ tionsgemäß“69 vor, denn zweifellos haben Gesellschafter, die an einer Gesellschaft nicht nur in einem völlig vernachlässigbaren Umfange beteiligt sind - und wahr­ scheinlich selbst die70 -, regelmäßig ein eigenes starkes Interesse an einem Ver­ tragsschluß und dessen erfolgreicher Abwicklung. Eine besondere Nähe des Dritten zum Vertragsgegenstand könnte man auch dort annehmen, wo das Geschäft des abhängigen Unternehmens im „Konzeminteresse“ getätigt worden ist. Da sich das „Konzeminteresse“ regelmäßig mit dem „Eigeninteresse“ des herrschenden Unternehmens deckt71, liegt folglich „automatisch“ auch ein Interesse der Mutter an dem Geschäft der Tochter vor. Eine solche Auffassung würde jedoch dazu fuhren, daß mit Hilfe der Formel des „starken Eigeninteresses“ der Kreis der selbs­ thaftenden Vertreter so weit gezogen werden könnte, daß in bestimmten Fällen die in § 13 II GmbHG gesetzlich angeordnete Haftungsbeschränkung der Gesell­ schafter vollständig aufgeweicht würde72. Zwischenzeitlich hat die Rechtsprechung das Merkmal des wirtschaftlichen Eigeninteresses insoweit konkretisiert, als den Dritten nur dann eine Eigenhaftung aus c.i.c. treffen soll, wenn er zum einen die Verhandlungen selbst geführt hat oder jedenfalls nach Treu und Glauben oder qua legem sich das Verhalten einer weiteren Person zurechnen lassen muß73. Zum anderen kommt die Eigenhaftung des Dritten dann nicht in Betracht, wenn bei ihm

§§ 275 ff., Rn. 90; Palandt(-Heinrichs), § 276, Rn. 94; Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn.; Canaris, in: FS Giger, 113; ders., JZ 1993, 650; Westermann/Mutter, DZWiR 1995, 187 f.; dagegen aber z.B. Medicus, in: FS Steindorff, 727 ff.; ders., GmbHR 1993, 533, 535 f.; Hachenburg (-Ulmer), § 64, Rn. 72; Grunewald, ZGR 1986, 586 ff.; Nölle, 72; wohl auch Haas, 75; Uhlenbruck, ZIP 1996, 1643. 68 Rehbinder, 338. 69 So MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 179. 70 Grunewald, ZGR 1986, 586. 71 Eine eingehende Begründung wird im Rahmen der Ausführungen zum Konzemrecht gege­ ben, weil diese Frage in dem Zusammenhang am häufigsten diskutiert wird, siehe unten § 5 III. 3. 72 Siehe Canaris, FS Giger, 114 f.; Ebenroth/Käuttner, BB 1990, 569; G. Müller, ZIP 1993, 1533; Rehbinder, in: FS Fischer, 598 f.; Medicus, in: FS Steindorff, 725, 727 und 734 ff.; Nirk, in: FS Stimpel, 443, 450 ff.; Roth, GmbHR 1985, 137; Soergel(-Wiedemann), vor §275, Rn. 227; Ballerstedt, AcP 150 (1950/51), 524; Schanze, Einmann-Gesellschaft, 108; Grunewald, ZGR 1986, 585 ff.; siehe auch Ulmer, NJW 1983, 1577, 1579; Wiedemann, NJW 1984, 2286; ferner OLG Hamburg, ZIP 1985, 352. 73 Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219; OLG Zweibrücken, WM 1992, 1604, 1607; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 1991, 747; damit scheidet der Fall aus, daß über die genannten Ausnahmen hinweg der Dritte dann haften muß, wenn er „Vierte“ für sich handeln läßt.

nur ein „mittelbares" wirtschaftliches Interesse vorliegt74. Das Haftungserfordernis für eine Erstreckung der c.i.c.-Haftung ist dann dahingehend gefaßt worden, daß der Dritte als „eigentlicher wirtschaftlicher Interessenträger“ anzusehen ist75. Aber auch mit diesem Kriterium ist nichts anderes gemacht worden, als einen unscharfen Begriff durch einen anderen unscharfen Begriff zu ersetzen, so daß aufgrund dieser Rechtsprechung unklar blieb, was genau ein „starkes Eigen­ interesse“ ausmachen soll76. Der BGH hat zwar des öfteren betont, daß der Dritte dem Verhandlungsgegenstand derart nahestehen müsse, daß er wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache verhandele77, doch läßt dies immer noch so viel Spielraum, daß eine für die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit notwendige deutliche Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals praktisch nicht möglich ist. Vor dem Hintergrund dieser unpräzisen Vorgaben und den damit gleichzeitig aber verknüpften weitreichenden Haftungsfolgen, ist den Stimmen in der Literatur beizutreten, die sich dafür aussprechen, von dem zusätzlichen Erfordernis für eine Erstreckung der Haftung aus c.i.c. Abstand zu nehmen und von einer Eigenhaftung des Dritten aus c.i.c. wegen starken wirtschaftlichen Eigeninteresses überhaupt abzusehen78. Das dürfte indessen aus zwei Gründen nicht schwer fallen. Zum einen hat der BGH seine Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Eigeninteresse mittler­ weile soweit zurückgenommen79, daß die Haftung des Dritten aus c.i.c. wegen erheblichen wirtschaftlichen Eigeninteresses praktisch bedeutungslos geworden ist80. Zum anderen ist diese Form der Eigenhaftung in den meisten Fällen für Sachverhalte entschieden worden, bei denen die Frage im Vordergrund stand, ob die drohende Illiquidität dem Vertragspartner hätte verschwiegen werden dürfen81, es also letztlich um einen Fall der Haftung wegen Konkursverschleppung ging. Bedeutsam war dies deshalb, weil aufgrund einer Haftung aus c.i.c. das negative Interesse und nicht nur, wie nach der damaligen Rechtsprechung zu § 64 I GmbHG in Verbindung mit § 823 II BGB, der Quotenschaden zu ersetzen war82. Mit der Änderung der Rechtsprechung zum Quotenschaden83 ist dieses (Haupt-)Bedürfnis 74 BGH ZIP 1983, 428, 430; BGH ZIP 1983, 1061, 1063; BGH NJW-RR 1992, 605; BGH NJW 1990, 389, 390. 75 BGH NJW-RR 1992, 605; vgl. vorher schon BGH NJW 1986, 586 ff. und BGH GmbHR 1988,258 ff. 76 Zur Ambivalenz der Rechtsprechung in dieser Hinsicht siehe Grunewald, ZGR 1986, 582 ff. mit vielen Beispielen. 77 BGHZ 56, 81, 84; BGHZ 79,281,286; BGH WM 1964,916, 918. 78 Siehe Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 58; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 33; Roth, 2. Aufl., § 64, Anm. 4.2. 79 BGH ZIP 1993, 763 ff., BGH ZIP 1994, 1103, 1104 f. 80 So im Ergebnis auch Nölle, 72. 81 Grunewald, ZGR 1986, 588 f.; Brandner, in: FS Wemer, 58; Ulmer, NJW 1983, 1578. 82 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 38 ff.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 34; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 48 f., 69. 83 BGHZ 126, 181; vgl. darüber hinaus auch BGH NJW 1995, 398, 399; BGH ZIP 1995, 124, 125.

der Eigenhaftung aus c.i.c. wegen starken wirtschaftlichen Interesses fortgefallen und damit letztlich die Rechtfertigung dafür selbst auch. Es sei zudem darauf hingewiesen, daß sich ein wirtschaftliches Eigeninteresse schlechterdings kaum mit der Haftung aus c.i.c. als Haftung aus einer Vertrauens­ beziehung in Einklang bringen läßt, es sei denn, man versteht im Anschluß an E. Rehbinder das Kriterium des „Eigeninteresses“ als Risikoverteilung auf objektiver Grundlage für die Gefahren aus dem Verhandlungskontakt, der das Vertrauens­ prinzip nur als abstrakte Rechtfertigung diene84. Der Grund für die Zurechnung der Haftung auf den Vertreter liegt in solchen Fällen daher nicht in der Inanspruch­ nahme persönlicher Seriosität, sondern darin, daß demjenigen, der mit dem Einwirken auf den Vertragsschluß, dem nominellen Vertragsinteresse vergleichbar, seinen eigenen wirtschaftliche Nutzen verfolgt, es nach Treu und Glauben verwehrt sein soll, sich auf seine Unzuständigkeit zu berufen, wenn er bei der Verhandlungsführung einen für den anderen Teil schädlichen Fehler begangen, namentlich bestimmte Informationen zu geben unterlassen hat85. Aber selbst wenn man am Kriterium des wirtschaftlichen Eigeninteresses fest­ halten will, so stößt man in den hier behandelten konkreten Fällen auf erhebliche Schwierigkeiten: Ist in Konzernen das herrschende Unternehmen Dritter, so mag ein besonderes wirtschaftliches „Eigeninteresse“ des herrschenden Unternehmens nicht selten sein. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß die Verhandlungsführung für das abhängige Unternehmen durch das herrschende Unternehmen die Durch­ setzung der Eigeninteressen des herrschenden Unternehmens verfolgt. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Konzemmutter etwa auch deshalb persönlich verhan­ deln kann, um - auch im Interesse der Untergesellschaft - die „Konzemrezipro­ zität“ auszunutzen86. Abzustellen ist daher in jedem Fall auf die Nähe des herr­ schenden Unternehmens zum konkreten Verhandlungsgegenstand. Dabei wird stets zu prüfen sein, ob das Interesse des Mutterunternehmens für sich oder für den Konzern an dem Geschäft so stark ist, als sei es in Wirklichkeit ihr eigenes Geschäft, so daß sie zwar formell als Vertreter, in Wirklichkeit aber in eigener Machtvollkommenheit handelte. Praktisch dürfte dieser Nachweis jedoch äußerst schwer zu führen sein. Allein aus der Abhängigkeit bzw. Beherrschung der Unter­ gesellschaft kann aber nicht gefolgert werden, daß bei jedem Geschäft ein besonde­ res Eigeninteresse des herrschenden Unternehmens vorliegt87, so daß kein Raum

84 Rehbinder, 337. 85 Brandner, in: FS Wemer, 61; zur Entwicklung dieser Auffassung Soergel(-Wiedemann), vor § 275 Rn. 221 ff. 86 Rehbinder, 338. 87 In diese Richtung geht allerdings ein Teil der älteren Literatur, die auf reine Machtgesichts­ punkte abstellt und c.i.c. Eigenhaftung schon dann bejahen will, wenn das herrschende Unter­ nehmen (filr die Untergesellschaft) eigenverantwortlich auftritt; Kronstein, 77 ff.; Tobler, 47 ff.; zudem allgemein die Rechtsprechungsanalyse von Grunewald, ZGR 1986, 583 ff. zu der Frage, inwieweit allein eine bestimmte maßgebliche Beteiligung an einer Gesellschaft ausreicht, um ein Eigeninteresse zu begründen.

für Beweiserleichterungen gegeben ist88. Daraus folgt, daß der Geschäftspartner des nunmehr insolventen abhängigen Unternehmens nur dann gegen das herr­ schende Unternehmen einen Anspruch aus c.i.c geltend machen kann, wenn jenes als Dritter in den Vertragsverhandlungen zwischen der Untergesellschaft und ihm aufgetreten ist und er zeigen kann, daß der Gegenstand des Geschäfts des insol­ venten Unternehmens vornehmlich im Interesse der Konzemmutter lag.

d) Vertrauensstellung Im Gegensatz zum wirtschaftlichen Eigeninteresse ist der zweite Grund für eine Eigenhaftung des Dritten nahezu unbestritten. Im Grundsatz gilt, daß die Haftung aus Vertragsverhandlungen auch gegenüber dem in die Verhandlungen einge­ schalteten Dritten eingreift, wenn er im vorvertraglichen Rahmen für seine Person besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat89. Dies läßt sich einfach damit erklären, daß derjenige, der durch die Inanspruchnahme des Vertrauens bei Ver­ tragsverhandlungen eine zusätzliche Seriositätsgewähr bietet, gegenüber dem ande­ ren Teil persönlich für Schäden aus von ihm enttäuschten Vertrauen einstehen muß90. Das bedeutet, daß das herrschende Unternehmen bei Verletzung der Auf­ klärungspflicht dann aus c.i.c haften muß, ohne selbst Vertragspartei geworden zu sein, wenn es in den Verhandlungen gegenüber dem Geschäftspartner über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus eine persönliche Gewähr für den Erfolg des Vertrages übernommen hat, beispielsweise wenn es erklärt, es „verbürge“ sich für die Seriosität des Geschäfts91. Problematischer ist jedoch, ob das herrschende Unternehmen auch dann aus dem Vertrauenstatbestand eine Eigenhaftung aus c.i.c. treffen kann, wenn es nicht kraft eigenen Tuns eine Vertrauensbeziehung geschaffen hat, sondern es eine Garantenstellung trifft92. Voraussetzung dafür wäre selbstverständlich, daß eine solche Garantenstellung gegenüber den Außenstehenden überhaupt besteht. Begründet werden könnte sie zum einen durch Vertrag, etwa im Rahmen einer 88 In Betracht kämen hier allenfalls eine Tatsachenvermutung (dazu allgemein Baumgärtl, Rn. 352 ff.; Prütting, 58) oder - mit einiger Phantasie - ein Anscheinsbeweis, vgl. zu den Voraus­ setzungen und Wirkungen statt aller MüKo ZPO(-Prütting), § 286, Rn. 47 ff.; Baumgärtl, Rn. 227 ff. inbes. Rn. 244 ff. (dort zum Unterschied zwischen Anscheinsbeweis und Beweislast­ umkehr, welche in dieser Konstellation wohl nicht anwendbar ist. Dazu wiederum vgl. im weiteren Rahmen Prütting, 181 ff. und 213 ff.; MüKo ZPO(-Prütting), § 286, Rn. 88, 103, 116.). 89 BGHZ 56, 81, 87; BGHZ 63, 382, 384; BGH NJW 1987, 2512; Ballerstedt, AcP 150 (1950/1951), 519 und 524; Steininger, 87 ff.; Stapelfeld, 84 ff.; Nölle, 73 f.; Haas, 75 f.; Medicus, in: FS Steindorff, 734 ff.; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 70; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 29 f.; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 224. Vgl. auch G. Müller, ZIP 1993, 1534; Canaris, JZ 1993, 650; Flume, ZIP 1994, 338 f.; Westermann/Mutter, DZWiR 1995, 186 f. 90 BGHZ 88, 67, 69; BGH NJW-RR 1991, 1242; OLG Celle, NJW-RR 1994, 615; Palandt (-Heinrichs), § 276, Rn. 96; Brandner, in: FS Wemer, 61. 91 So in OLG Hamm WM 1993,241. 92 Vgl. dazu allgemein Bohrer, 267 ff. („Dispositionsgaranten“).

Patronatserklärung. Insoweit ginge es bei der Haftung der Konzemmutter aber lediglich darum, die Willenserklärungen des Vertrages auszulegen um zu ermitteln, ob das konkrete Verhalten der Konzemmutter die für sie vorgesehenen Vertrags­ pflichten auslöst. Die Einstandspflicht würde in diesen Fällen dann aber nicht mehr auf einer Eigenhaftung im Rahmen der c.i.c. beruhen, sondern auf einer eigenstän­ digen Haftung aus Vertrag. Im außervertraglichen Bereich wird zum anderen eine derartige Garantenstel­ lung mit einer Verhaltenspflicht kraft „inneren Beherrschungsverhältnisses“ be­ gründet93. Das herrschende Unternehmen sei Herr der Lage und habe Einblick in die Verhältnisse der Untergesellschaft, so daß es als Vertreter Außenstehenden gegenüber eine besondere Obhutspflicht treffe94. Der individuelle Bezug dieser abstrakten Garantenstellung des herrschenden Unternehmens hinsichtlich der Vertragspartner der von ihr vertretenen abhängigen Gesellschaft wird des weiteren aus folgender Überlegung abgeleitet: Wenn es eine Pflicht des abhängigen Unter­ nehmens sei, außenstehende Verhandlungspartner über eine bestehende Konzem­ lage aufzuklären, dann müsse diese Pflicht erst recht denjenigen treffen, der zwar formal als Vertreter dieser Gesellschaft auftritt, dabei aber in Wirklichkeit kein instruierter und an eine feste Marschroute gebundener Verhandlungsführer ist, sondern tatsächlich souveräner Herr der Verhandlungen, der über die Konzemlage Kenntnis habe95. Eine derartige Begründung einer Garantenstellung des herrschenden Unterneh­ mens ist jedoch aus verschiedenen Gründen abzulehnen. Generell ist zu bemerken, daß die Eigenhaftung Dritter als Ausnahmefall konzipiert worden ist und deshalb auch als ein solcher behandelt werden muß, denn immerhin wird mit der Eigen­ haftung Dritter der ansonsten im deutschen Recht streng durchgehaltene Grundsatz der Relativität von Schuldverhältnissen durchbrochen. Bejaht man eine Eigenhaf­ tung aus c.i.c. bloß mit Hinweis, das der Dritte an den Vertragsverhandlungen teil­ genommen habe und ihn eine Garantenpflicht aus „innerem Beherrschungsver­ hältnis“ treffe, so würde der Ausnahmecharakter der Einbeziehung Dritter in den Haftungsbereich von c.i.c. völlig aufgelöst. In Konzernen läge diese Garanten­ pflicht nämlich definitionsgemäß vor, so daß bei jeder Einmischung des herr­ schenden Unternehmens in die Vertragsverhandlungen im Ernstfall die Haftung drohte. Zudem paßt die Vorstellung einer Garantenpflicht als qualifizierendes Haftungskriterium nicht zu der Konzeption der Eigenhaftung aus c.i.c. als solcher. Diese erhält ihre Legitimation nämlich durch eine objektiv nachprüfbare, existie­ rende Vertrauensinanspruchnahme durch den Verhandlungspartner. Gerade dieses Kriterium wird aber ausgeblendet, wenn man eine Garantenstellung genügen läßt. Schließlich ist eine solche Auffassung, zumindest immer dann, wenn das herr­ schende Unternehmen Gesellschafter der betreffenden Untergesellschaft ist, leicht

93 Vgl. etwa Kronstein, 72 ff.; Tobler, 51 f.; Hamburger, 22. 94 Siehe Rehbinder, 338. 95 So Rehbinder, 339; vgl. zudem Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), 521

dem Einwand ausgesetzt, es verletze das System der Haftungssegmentierung im Konzern. Eine hinreichende Rechtfertigung dafür ist jedoch nicht ersichtlich96. Eine zusätzlicher Grund für die Einbeziehung Dritter in den Bereich der Eigen­ haftung aus c.i.c. auf der Basis einer Garantenstellung des herrschenden Unter­ nehmens als Vertreter eines Tochterunternehmens hinsichtlich der Aufklärungs­ pflicht über die Konzemlage gegenüber dem außenstehenden Vertragspartner kann folglich nicht begründet werden. Es bleibt dabei, daß eine Einbeziehung des herr­ schenden Unternehmens in die Haftung des abhängigen Unternehmens aus c.i.c. nur dann möglich ist, wenn es als Dritter an den Vertragsverhandlungen teilge­ nommen hat und dabei eine besondere Vertrauensposition gegenüber dem externen Verhandlungspartner aufgebaut hat.

3. Haftung der Konzemmutter als Dritte für einen „Vierten“

In vielen Fällen greift die Konzemmutter allerdings nicht aktiv in die Verhand­ lungen zwischen der Untergesellschaft und dem Außenstehenden ein, oder es besteht zwischen dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft und der herr­ schenden Gesellschaft keine Personenidentität. Das gros machen in der Praxis vielmehr die Fälle aus, wo der Außenstehende mit dem Geschäftsführungsorgan der abhängigen Gesellschaft selbst die Verhandlungen fuhrt, dieses jedoch an die Weisungen des herrschenden Unternehmens gebunden ist. Ob auch in diesem Fall das Mutterunternehmen in die Haftung aus c.i.c. einbezogen werden kann, ist in der Literatur und Rechtsprechung bislang kaum erörtert worden97.

a) Haftung eines Dritten für den „ Vierten "

Ausgangspunkt für einen Lösungsvorschlag ist die grundsätzliche Überlegung, daß eine Dritthaftung nur dann in Betracht kommt, wenn der Dritte dem Verhand­ lungspartner gegenüber auch in Erscheinung getreten ist. Mit anderen Worten, daß eine Haftung des Dritten grundsätzlich dann ausscheiden muß, wenn er wiederum einen „Vierten“ für sich handeln läßt, es sei denn, dieser Vierte ist ein Vertreter, dessen Handlungen sich der Dritte nach § 278 BGB zurechnen lassen muß98. Typi­ sche Beispiele sind die oben erörterten Fälle, wo sich eine Konzemmutter in die Vertragsverhandlungen der Untergesellschaft mit einem Dritten einmischt. Die Haftung des Dritten für den „Vierten“ soll nach einer Auffassung in der Literatur aber auch dann nicht ausscheiden, wenn sich der Dritte das Verhalten des 96 Im Ergebnis ebenso Drüke, 55 ff., der dies allerdings allgemein im Rahmen der Haftung für die Unterkapitalisierung einer abhängigen Gesellschaft einordnet. 97 Im Ansatz aber Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219; Canaris, in: FS Giger, 101 ff ; siehe auch den Hinweis bei MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 182. 98 OLG Hamm NJW-RR 1991, 747; OLG Stuttgart, GmbHR 1990, 397; OLG Zweibrücken, WM 1992, 1604, 1607.

„Vierten“ nach Treu und Glauben zurechnen lassen muß". Die Einstandspflicht des Dritten für „Vierte“ wird insoweit ebenfalls nach Vertrauensaspekten und wirt­ schaftlichen Eigeninteressen differenziert99 100. Dieser Ansicht ist grundsätzlich zuzustimmen. Dafür sprechen im wesentlichen zwei Argumente: Zunächst ergäbe sich eine Lücke in der Verantwortung, wenn der Dritte zwar für seine Vertreter qua legem einstehen müßte, nicht aber für andere Personen, mittels derer er ebenfalls seine Interessen durchzusetzen versucht, die also bildlich gesprochen seine „Strohleute“ bzw. sein „Sprachrohr“ sind. Dann hätte der Dritte es nämlich in der Hand, sich der Eigenhaftung aus c.i.c. einfach dadurch zu entziehen, daß er einen „Vierten“ für sich handeln läßt, der aber eben nicht eigene Interessen vertritt, sondern die des Dritten. Hier bietet die von Canaris vorgeschlagene Übertragung der Kategorien von Täterschaft und Teilnahme in den Bereich der Haftung aus c.i.c.101 eine gute Argumentationsstütze: „Täter“ wäre insoweit der Dritte, weil in Wirklichkeit nur in seiner Person die „Tat“ - nämlich die Kriterien der Eigenhaf­ tung Dritter - ausmachenden Umstände verwirklicht werden. Darüber hinaus läßt sich die Haftung des Dritten für eine „Vierten“ auch vom Schutzzweck der Eigen­ haftung Dritter aus c.i.c. begründen. Der Schutzzweck ist nicht etwa identisch mit den oben bereits angesprochenen Gründen für die Eigenhaftung Dritter. Während die Gründe die sachliche Rechtfertigung für die Tatbestandsmerkmale beinhalten, stellt der Schutzzweck genereller auf die Notwendigkeit des Instruments für den durch die Vertragsverhandlungen Geschädigten ab. Schutzzweck der Eigenhaftung Dritter ist zum einen der Schutz des Vertrauens des Vertragspartners und damit seiner bis dahin investierten Vermögenspositionen. Es geht neben dem Vertrauens­ schutzargument aber auch um den Schutz des Verhandlungspartners davor, daß er bei Einschaltung eines Dritten nicht immer genau erkennen kann, mit wem er wirklich verhandelt, d.h., daß er nicht erkennen kann, wer die Vertragsverhandlun­ gen tatsächlich beherrscht bzw. wer der eigentlich Interessierte an dem Vertrags­ schluß auf der anderen Seite ist. Weil die fehlende Erkennbarkeit einen Risiko­ faktor für den Vertragsschluß darstellt, soll der Betreffende durch die Erweiterung des Adressatenkreises seines Schadensersatzanspruchs insoweit geschützt werden, als er nicht das Risiko tragen muß, daß er bei der Verletzung von ihm gegenüber obliegenden Pflichten deshalb keinen Anspruch mehr hat, weil der Schadens­ ersatzanspruch nur zwischen den späteren Vertragsparteien zustande kommt und der Schädiger ein Dritter war. Der Schutzzweck erfaßt also gerade die Situation, in der die Interessenlage auf der Seite der anderen Vertragspartei intransparent ist. Deshalb besteht der Schutzzweck der Dritthaftung grundsätzlich auch unabhängig davon, ob der Dritte, der sich an den Vertragsverhandlungen beteiligt hat, selbst Interessen an dem Vertrag hat oder ob es nur ein „Vierter“ ist, der als Strohmann für den eigentlichen Dritten dessen Interessen vertritt. In beiden Fällen ist die Ver­ letzung des Schutzzweckes demjenigen zuzurechnen, der seine Interessen in dem 99 Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219. 100 Siehe Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219. 101 Canaris, in: FS Giger, 101 ff.; zur Kritik: Soergel(-Wiedemann), vor § 275 , Rn. 219.

Vertrag (mit-)verwirklichen will, so daß auch nur diesen die Schadensersatzpflicht treffen kann.

b) Die Situation im Konzern Übertragen auf den als Ausgangspunkt genommenen Konzemsachverhalt wären die abhängige Gesellschaft und der Außenstehende die Vertragsparteien, der weisungsabhängige Geschäftsführer, der die Verhandlungen geführt hat, der „Vierte“ und das weisungsbefugte herrschende Unternehmen der Dritte. Durch die Weisungsgebundenheit des Angewiesenen muß sich der Anweisende dessen Ver­ halten nach Treu und Glauben zurechnen lassen. Also: klärt der von der Mutter weisungsabhängige und angewiesene Geschäftsführers einer GmbH seinen Geschäftspartner nicht über die Konzemlage auf, so hat jener neben dem Anspruch aus c.i.c. gegen die abhängige Gesellschaft auch einen Anspruch gegen denjenigen, der den Geschäftsführer angewiesen hat. Der augenscheinliche „Dritte“, nämlich der Geschäftsführer, scheidet als Haftungsadressat aus, weil er hier ja in Wirklich­ keit nur das „Sprachrohr“ bzw. der Strohmann des herrschenden Unternehmens war102. Die Zurechnung des Verhaltens des „Vierten“ kann allerdings nur soweit gehen, wie dieses Verhalten, bzw. die Erklärungen tatsächlich beherrscht, bzw. gesteuert wurden; ansonsten läge nicht der „Strohmanneffekt“ vor, der die Einbe­ ziehung eines „Vierten“ überhaupt rechtfertigen würde. Das bedeutet, daß der Dritte, also das herrschende Unternehmen, hier nur dann aus c.i.c. haften muß, wenn es den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens angewiesen hat, den Geschäftspartner nicht über die Konzemlage aufzuklären. Gleiches gilt selbstver­ ständlich auch in dem Fall, wo das herrschende Unternehmen einen Geschäftsfüh­ rer des abhängigen Unternehmens, der nicht Gesellschafter ist, anweist, den Geschäftspartner nicht aufzuklären, denn die qualifizierenden Merkmale des Dritten finden sich beim herrschenden Unternehmen; nur die Einschaltung in die Vertragsverhandlungen wird über den Geschäftsführer bewerkstelligt. Für diese Eigenhaftung des Dritten für den „Vierten“ spricht auf den ersten Blick die Überzeugungskraft der argumentativen Stringenz und die Sinnfälligkeit des Ergebnisses. Dennoch ist Skepsis anzumelden. Zum einen ist die von Wiedemann geäußerte Vorstellung abzulehnen, bei Sachwaltern handele es sich tatsächlich um „Vierte“ im Hinblick auf die Vertrauensposition, die der außen­ stehende Vertragspartner ihnen entgegenbringt103. Kennzeichnend für den „Vierten“ ist die Strohmannstellung; eine solche haben Sachwalter aber gerade nicht inne. Ihnen selbst und nicht einem hinter ihnen Stehenden wird - auch wenn sie sich üblicherweise im Hintergrund der Vertragsverhandlungen halten - das Vertrauen aufgrund ihrer Sachkunde etc. entgegengebracht. Zudem dürfen bei der „Haftung für Vierte“ nicht die erheblichen Probleme übersehen werden, die mit dieser besonderen Form der Eigenhaftung Dritter einhergehen. Die Schwierigkei­ 102 Siehe Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219. 103 Soergel(-Wiedemann), vor § 275, Rn. 219.

ten liegen letztlich auch hier wieder im tatsächlichen, d.h. im prozessualen Bereich. In dem Fall, wo man diese spezielle Form der Dritthaftung bejaht, sind ggf. zwei Tatsachen zu beweisen. Zum einen muß bewiesen werden, daß die unterlassene Aufklärung auf die Weisung des herrschenden Unternehmens hin geschehen ist. Da es sich hinsichtlich einer solchen Weisung um ein Internum des Konzem­ verhältnisses handelt, dürfte dies für einen Außenstehenden praktisch nie beweis­ bar sein. Hier könnte deshalb nach der Regel der Beweisnähe davon ausgegangen werden, daß die Beweislast zuungunsten der Seite umgekehrt wird, die die Herr­ schaft über die Informationen hat. Das bedeutet, daß die widerlegliche Vermutung aufgestellt werden müßte, daß bei Unterlassen der Aufklärung über die Konzem­ lage durch den weisungsabhängigen Handlungsbevollmächtigten des abhängigen Unternehmens zu unterstellen ist, daß dies auf Weisung des herrschenden Unter­ nehmens geschehen ist. Zum anderen kommt auch die Eigenhaftung des Dritten für den „Vierten“ auch nicht um das Problem herum, daß der in der Praxis nur schwer zu führende Beweis zu erbringen wäre, daß das herrschende Unternehmen ein besonderes wirtschaft­ liches Eigeninteresse an dem betreffenden Geschäft gehabt habe. Vom praktischen Gesichtspunkt vermag die Haftung des Dritten für einen vorgeschalteten „Vierten“ daher insgesamt also weniger zu überzeugen, als vom rechtlichen Standpunkt bzw. unter Berücksichtigung der Interessen der Gläubiger.

4. Haftung der Konzemmutter für Schäden aufgrund von Aufklärungspflichtverletzungen der Tochter

Abschließend soll noch auf den Fall eingegangen werden, in welchem das herr­ schende Unternehmen weder direkt an den Verhandlungen teilgenommen hat, noch den verhandelnden Vertreter des abhängigen Unternehmens beeinflußt hat. Unter diesen Umständen könnte der Gläubiger der nunmehr insolventen Tochtergesell­ schaft möglicherweise einen Ersatzanspruch seines Schadens, den er wegen Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Tochtergesellschaft erlitten hat, gegen das Mutterunternehmen haben, wenn diesem mit der Pflichtverletzung der Tochtergesellschaft ein eigenes Fehlverhalten bzw. eine eigene Sorgfaltspflicht­ verletzung vorgeworfen werden kann, welche zum Schadensersatz verpflichtet. Es geht dabei also um den besonderen Fall, daß die Verwirklichung einer fremden Pflichtverletzung eine eigene Pflichtverletzung begründet. Es stellt sich daher konkret die Frage, ob das herrschende Unternehmen eine Pflicht (gegenüber dem allgemeinen Geschäftsverkehr) hat, dafür zu sorgen, daß das abhängige Unterneh­ men bei jedem Geschäft mit einem Außenstehenden auf die Konzemlage hinweist, mit der Folge, daß die unterlassene Aufklärung seitens der Tochter eine Haftung der Mutter für die dadurch entstandenen Schäden auslöst104. 104 Vgl. dazu allgemein Deutsch, Rn. 540; siehe auch Krebs/Dylla-Krebs, DB 1990, 1272 ff.; aus dem Blickwinkel des § 823 I BGB speziell Haas, 223 ff.

a) Haftung aus § 831 BGB Als Haftungsgrundlage des Mutterunternehmens könnte zunächst die Verrich­ tungsgehilfenhaftung nach § 831 BGB in Betracht kommen105. Haftungsgrund des § 831 BGB sind die Folgen der typischen Gefahren, die ent­ stehen, wenn jemand eine Arbeitsteilung nicht ordnungsgemäß betreibt, indem er die Hilfspersonen etwa nicht sorgfältig genug auswählt, anleitet oder beaufsichtigt. Das Konzept des § 831 BGB beruht daher auf Haftung für (vermutetes) Geschäfts­ herrenverschulden (individualistisches Haftungskonzept) und nicht auf der Zuord­ nung der Wagnisse, die mit der Arbeitsteilung verbunden sein mögen. § 831 BGB oblegt den Geschäftsherren das (schuldhafte) Einstehenmüssen für das durch die Arbeitsteilung geschaffene Betriebsrisiko, insbesondere die Risiken, die mit der Organisation der Arbeitsteilung einhergehen. Damit haftet der Geschäftsherr nicht für die unerlaubte Handlung der Hilfsperson, sondern nur für die Verletzung einer normierten eigenen Verkehrspflicht106. Für die Haftung nach § 831 BGB ist es nicht notwendig, daß durch die aufgrund der Verletzung der Auswahl-, Anleitungs­ oder Überwachungspflicht ermöglichte Gehilfenhandlung in absolut geschützte Rechtsgüter eingegriffen wird; eine Vermögensschädigung reicht aus107. Die Anwendung des § 831 BGB in den hier betrachteten AG- bzw. GmbH-Konzernen scheitert aber bereits daran, daß dort der Verrichtungsgehilfe eine juristische Person wäre, die selbst keine Verrichtung erfüllen kann. Von der Konzeption her stellt §831 BGB bei der Person des Verrichtungsgehilfen auf eine natürliche Person ab, obwohl der Wortlaut der Norm insoweit neutral ist („Wer einen anderen ...“). Deutlich wird dies, wenn man sich die Entstehungsgeschichte der Vorschrift vor Augen hält108; diese Vorstellung spiegelt sich mittelbar auch darin wider, daß der Geschäftsherr seinen Gehilfen soll aus^ählen können109. Zwar ist der juristi­ schen Person das Handeln des Geschäftsführungsorgans nach § 31 BGB analog 105 In weiterem Zusammenhang dazu siehe K. Schmidt, Beilage zu VersR 1993, 5 ff. und 11 f.; Haas, 216 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung, 286 ff.; Altmeppen, ZIP 1995, 881 ff.; vgl. auch Gross, ZGR 1998, 563. 106 Siehe dazu ausführlich Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), §831, Rn. 5; MuKo BGB (-Stein), § 831, Rn. 1.; ferner vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II 2, § 79 III 1 a; E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502 ff.; Jakobs, VersR 1969, 1061 ff. 107 Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 2; Larenz/Canaris, SchuldR II 2, § 79 III 1c; Canaris, in: 2. FS Larenz, 82. 108 Die Entstehungsgeschichte des § 831 BGB zeigt, daß von § 831 nur natürliche Personen erfaßt werden sollten. Gedacht war insbesondere an die Fälle, wo ein Handwerker einen Gehilfen beschäftigt, um seine Aufgaben zu erledigen. Von der Konzeption her ist § 831 im Zusammenhang mit § 832 konzipiert worden; vgl. dazu ausführlich Jakobs/Schubert, 932 ff. In den Motiven finden sich auch Wurzeln des § 831 BGB, die auf die Haftung für hinabfallende Gegenstände aus Häusern zurückzuführen sind, Mugdan, 449 ff. (Motive) und 1122 f. (Protokoll). 109 Sehr deutlich weist K. Schmidt, Beilage VersR 1993, 6, daraufhin, daß es bei § 831 BGB um die Koppelung des personalen Unrechts des deliktischen Gehilfen und dem organisatorischen Unrecht des Unternehmensträgers geht. Vgl. dazu auch Altmeppen, ZIP 1995, 881 f. und 889; Frank, BB 1975, 588 f.

zuzurechnen, und im Verhältnis der juristischen Person zu seinen Organen liegt kein Verhältnis wie zwischen einem Geschäftsherren und einem Verrichtungs­ gehilfen vor110. 111 Es kann jedoch im Zuge der Einschaltung einer juristischen Person als Verrichtungsgehilfen, die ihrerseits das Tun von Verrichtungsgehilfen zurech­ nen lassen muß, zu dem Phänomen des sog. „Zwischengehilfen"111 und in diesem Zusammenhang zu einer von § 831 BGB insoweit nicht gedeckten Potenzierung der Geschäftsherreneigenschaft kommen (§ 831II BGB als arg. e contrario)112.

b) Haftung aus § 8231 BGB Wenngleich sedes materiae für die Organisationspflichten in einem arbeitsteiligem System §831 BGB ist, ist im Rahmen der Haftung für Verkehrspflichtver­ letzungen nach § 823 I BGB eine Haftung für betriebliches Organisationsverschul­ den entwickelt worden113. Grundlage der damit postulierten Verantwortlichkeit ist demnach das allgemeine Gebot zur Steuerung von Gefahren: Wer eine Gefahren­ quelle beherrscht, muß das ihm Zumutbare tun, um die Weiterentwicklung der Gefahr zu einem Verletzungserfolg zu vermeiden114. Die zunächst für natürliche Personen begründete deliktische Einstandspflicht für derartige Verkehrspflicht­ verletzungen wird im Anschluß an das Baustoff-Urteil des BGH115 umfassend im Zusammenhang der Problematik von Deliktshaftung und juristischer Person diskutiert116. Eine unmittelbare Übertragung dieser Diskussion auf die hier interes­ sierende Fragestellung kommt jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei einem Konzern gerade nicht um eine juristische Person handelt. Fraglich ist allerdings, ob die dort gewonnenen Erkenntnisse nicht möglicher­ weise übertragen werden können auf den allgemeinen Fall der Verletzung von Verkehrspflichten in arbeitsteiligen Organisationen117. Ansatzpunkt wäre insoweit der Umstand, daß in arbeitsteilig strukturierten Organisationen Gefahren für Rechte und Rechtsgüter Dritter gerade durch das Zusammenwirken vieler entste­ hen und daher gesteuert werden müssen. Demjenigen, der seine Tätigkeit arbeits­ 110 Vgl. Altmeppen, ZIP 1995, 888 f.; siehe zudem auch BGH BauR 1991, 377 und Krebs/ Dylla-Krebs, DB 1990, 1271 f. 111 Dazu MüKo BGB(-Stein), § 831, Rn. 41 ff. 112 Siehe MüKo BGB(-Stein), § 831, Rn. 41 ff.; Mertens/Stein § 43, Rn. 19. 113 Siehe etwa Haas, 211 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung, 292 ff.; Schmidt-Salzer, Rn. 4.180 ff; Brüggemeier, AcP 191 (1991), 65 ff; Grunewald, ZHR 157 (1993), 453; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 230; vgl. ferner Larenz/Canaris, SchuldR II 2, 422 f.; Nölle, 94 ff.; Landwehr, AcP 164 (1964), 491 ff. und 509; Hassold, JuS 1982, 586; Keßler, GmbHR 1994,436. 114 Siehe hier statt aller Larenz/Canaris, SchuldR II 2, 401 ff., insbes. 408; Medicus, ZGR 1998, 572.; Haas, 215 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung, 292 ff. und 314 ff., jeweils mit Nachweisen über Literatur und Rechtsprechung. 115 BGHZ 109,297. 116 Vgl. dazu besonders Kleindiek, Deliktshaftung, insbes. 117 ff.; Haas, 204 ff; Medicus, ZGR 1998, 570 ff; ders., in: FS W. Lorenz, 155 ff., insbes. 166 ff.; Gross, ZGR 1998, 564 ff. 117 Dazu ausführlich jetzt Kleindiek, Deliktshaftung, 284 ff.

teilig organisiert hat, müßte dann die Pflicht gegenüber dem (Wirtschafts-)Verkehr obliegen sicherzustellen, daß diejenigen, derer er sich bedient, die eigentlich ihm obliegenden Pflichten ebenso erfüllen, wie er es selbst tun müßte. Die eigenen Verhaltenspflichten zur Gefahrensteuerung werden bei der Arbeitsteilung ersetzt durch ein Bündel von Pflichten zur Auswahl, Anleitung und Überwachung des anderen (Lehre vom Organisationsverschulden)118. In einem Konzern hätte das herrschende Unternehmen somit möglicherweise die Verkehrspflicht, den gesam­ ten Betrieb so zu organisieren, daß die mit der betriebenen Tätigkeit verbundenen Pflichten aller Art und damit auch die Dritten gegenüber bestehenden Sorgfaltsund Gefahrabwendungspflichten erfüllt werden. Demnach würde unter Zugrunde­ legung des Ansatzes einer Organisationsverschuldenshaftung dann, wenn eine Tochtergesellschaft in einem Konzern eine ihr obliegende (Verkehrs-)Pflicht verletzt bzw. eine unerlaubte Handlung begeht, grundsätzlich auch eine Verletzung der Pflichten des Mutterunternehmens vorliegen, die gegen jenes einen Schadens­ ersatzanspruch aus § 823 I BGB begründet. Damit wäre die Haftung für ein Orga­ nisationsverschulden als eine Ausprägung des allgemeinen Prinzips zu verstehen, daß aufgrund einer allgemeinen Verkehrspflicht unerlaubte Handlungen einer Person dem Grundsatz nach einem dieser „Übergeordneten“119 zugerechnet werden können, wenn jener nicht dafür sorgt, daß die betreffende Person keine unerlaubte Handlung begeht. Konzeptionell stellt die Haftung für Verkehrspflichtverletzung in arbeitsteiligen Organisationen daher nichts anderes dar als eine Anwendung des auch § 831 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedankens unter förmlicher Ausspa­ rung der Exkulpation120. An dieser Stelle setzt unter anderem die Kritik an der Verlagerung der Haftungsgrundlage desjenigen ein, der bei der Organisation des von ihm zu betreuenden Verkehrsbereichs die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat und dadurch Gefahren für den Verkehr nicht vermieden hat, so daß diese sich in einem Schaden realisieren konnten121. Auf Einzelheiten braucht an dieser Stelle freilich nicht eingegangen zu werden, denn soweit es um einen bloßen Vermögens­ schaden geht, den ein Gläubiger eines abhängigen Konzernunternehmen durch dessen unterlassene Aufklärung erlitten hat, greift § 823 I BGB gerade nicht ein, da er allenfalls eine Kompensation der Verletzung absoluter Rechtsgüter im Rahmen der Haftung für ein Organisationsverschulden erfaßt122.

118 Von den betrieblichen Organisationspflichten, um die es hier gehen soll, werden die körperschaftlichen Organisationspflichten getrennt; siehe dazu im einzelnen Landwehr, AcP 164 (1964), 482 ff, insbes. 486 und 498; v. Bar, 255 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung, 284 ff.; Staudinger (-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 42; Hassold, JuS 1982, 583 ff. 119 So der Ausdruck von Deutsch, Rn. 540. 120 Vgl. v. Bar, 34 ff.; Brüggemeier, Rn. 70; Canaris, JZ 1968, 497 f; ders., in: 2. FS Larenz, 82; Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 11 und 19; differenzierend Kleindiek, Delikts­ haftung, 304 ff. - vgl. aber 285. 121 Vgl. die überzeugende Kritik von Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 11 und 19. 122 Larenz/Canaris, SchuldR II2, § 79 II 1 c.

c) Haftung aus §278 BGB oder aus §31 BGB Sucht man nach weiteren Möglichkeiten, eine Haftung für das Handeln anderer zu begründen, so fallt der Blick auf die §§278 BGB bzw. 31 BGB. Beide Vor­ schriften werden herangezogen, um die vermeintlichen Nachteile des § 831 BGB „sozusagen scheibchenweise auszuschalten“ 123. Auch wenn die in Verbindung mit § 278 BGB begründete Vertragshaftung im hier interessierenden Bereich insoweit günstig erscheint, als damit auch Vermögensschäden ersetzt verlangt werden können und der Erfüllungsgehilfe auch ein selbständiges Unternehmen sein kann123 124, so ist eine vertragliche Haftung in Verbindung mit § 278 BGB als mögli­ che Haftungsgrundlage des herrschenden Unternehmens im Konzern für Schäden, die aufgrund einer Pflichtverletzung des abhängigen Unternehmens eingetreten sind, wie bereits oben dargelegt wurde125, unanwendbar. Ebenso muß eine Organ­ haftung bzw. eine Verletzung der körperschaftlichen Organisationspflicht des herr­ schenden Unternehmens nach §31 BGB126 hier ausscheiden. Denn auch unter Zugrundelegung des weitesten Verständnisses des § 31 BGB127 läßt sich die Tätig­ keit eines abhängigen Unternehmens (als juristische Person) im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen schlechterdings nicht als Übernahme einer Tätigkeit eines Organs oder eines Repräsentanten für die juristische Person verstehen128.

d) Exkurs: Haftung des herrschenden Unternehmens für unerlaubte Handlungen des abhängigen Unternehmens aus § 823 I BGB Wenngleich das herrschende Unternehmen aus § 823 I BGB (Organisationsver­ schulden) nicht für Handlungen des abhängigen Unternehmens haften muß, die bei Dritten nur zu Vermögensschäden fuhren, so könnte es doch von Interesse sein zu klären, ob denn möglicherweise aufgrund eines Organisationsverschuldens eine Haftung für Schäden aufgrund von Eingriffen des abhängigen Unternehmens in absolute Rechte Dritter in Frage kommt. 123 Kupisch, JuS 1984, 256. Kritisch dazu u.a. Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), §831, Rn. 37, 42 ff. 124 Vgl. BGH VersR 1965, 240, 241. 125 Siehe oben II 2 a. 126 Zur Frage der Auslegung oder Analogie des § 31 BGB siehe eingehend Kleindiek, Delikts­ haftung, 347 f. 127 Dazu vgl. die Übersicht bei Kleindiek, 238 ff. und 331 ff. ferner siehe Staudinger (-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 42. 128 Vgl. BGHZ 49, 19, 21: „Verfassungsmäßig berufene Vertreter im Sinne des §31 BGB sind nicht nur Personen, deren Tätigkeit in der Satzung der juristischen Person vorgesehen ist; auch brauchen sie nicht mit rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht ausgestattet zu sein. Es braucht sich auch nicht um einen Aufgabenbereich innerhalb der geschäftsführenden Venvaltungstätigkeit der juristischen Person handeln. Vielmehr genügt es, daß dem Vertreter durch die allgemeine Betriebs­ regelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, daß er also die juristische Person aufdiese Weise repräsentiert."

Voraussetzungen für die Anwendung der auf § 823 I BGB beruhenden Organi­ sationsverschuldenshaftung auf ein herrschendes Unternehmen in einem Konzern sind zunächst, daß man einerseits einen Konzern als eine arbeitsteilige Organisa­ tion auffaßt, und andererseits, daß die Bildung eines Konzerns eine erhöhte Gefah­ renquelle (für den Wirtschaftsverkehr) schafft. Beides ist zweifelhaft. So ist es beispielsweise bereits nicht leicht zu begründen, daß Konzerne als eine arbeitsteilige Unternehmung anzusehen sind, in dem das herrschende Unternehmen der Geschäftsherr und das abhängige Unternehmen der Verrichtungsgehilfe ist. Zu einer Verrichtung ist bekanntlich bestellt, wem von einem anderen, von dessen Weisungen er mehr oder weniger abhängig ist, eine Tätigkeit übertragen worden ist129. Für das Weisungsrecht soll es ausreichend sein, daß der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelns jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen könne130, wobei die Tätigkeit rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein kann. Anders formuliert: Die Begründung der Geschäftsherrenposition verlangt, daß der Bestellte vom Geschäftsherren abhängig ist131. Dabei ist es wegen des allgemeineren Ansatzes der Haftung für Verkehrspflichtverletzungen nach § 823 I BGB wohl auch nicht von vornherein ausgeschlossen, eine juristische Person als diejenige zu betrachten, hinsichtlich derer insoweit Verkehrssicherungs­ pflichten bestehen könnten. Es gilt zwar die Regel, daß selbständige Unternehmer, Handwerker oder Gewerbetreibende keine Verrichtungsgehilfen sind132, doch kann je nach Umständen auch ein Selbständiger bzw. ein selbständiges Unternehmen derart in einen Organisationsbereich eingebunden sein, daß er als Verrichtungs­ gehilfe erscheint133. Subsumiert man vor dem Hintergrund dieser möglichen Aus­ nahme das Verhältnis der Konzemmutter zum abhängigen Konzernunternehmen unter diese Tatbestandsmerkmale, so stellt man erstaunliche Übereinstimmungen fest: Auch das Tochterunternehmen steht in einer Abhängigkeit zur Konzem­ mutter, und auch die Konzemmutter kann das Handeln des abhängigen Konzern­ unternehmens grundsätzlich jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen. Schließlich kann nach außen das Auftreten des abhängigen Unternehmens ebenfalls wie das eines Verrichtungsgehilfen des Mutterunter­ nehmens erscheinen. Parallelen könnten möglicherweise zu dem Verhältnis des Bauunternehmers zum Subunternehmer gezogen werden134. Unabhängig davon, ob man bereit ist, das Verständnis von Geschäftsherr und Verrichtungsgehilfe im 129 BGH WM 1989, 2047; Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 56. 130 Allgemeine Meinung, siehe etwa BGHZ 14, 163, 177; BGHZ 45, 311, 313; BGH WM 1989, 1047 („gewisse Abhängigkeit“); Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 59; Soergel (-Zeuner), § 831, Rn. 15. 131 BGHZ 45, 311, 313; Palandt(-Thomas), § 831, Rn. 6. 132 BGHZ 80, 1, 3; BGH VersR 1953, 358. 133 Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), §831, Rn. 61; BGH NJW 1956, 1715, 1715 f.; BGH NJW 1980, 941. 134 Vgl. u.a. BGH VersR 1974, 243; BGH NJW 1994, 2756; OLG Düsseldorf, VersR 1979, 674.

Rahmen der Haftung für Organisationspflichtverletzungen nach § 823 I BGB tatsächlich so weit wie angedeutet zu fassen, ist insbesondere fraglich, ob der übliche Betrieb eines abhängigen Unternehmens eine übertragene Tätigkeit vom herrschenden Unternehmen darstellt. Hinter dem Begriff der Arbeitsteilung steht bekanntlich die Grundvorstellung, daß der Geschäftsherr, anstatt eine Tätigkeit allein auszuüben, diese Ausübung auf mehrere dezentralisiert. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Tätigkeit einfach oder komplex ist; es geht darum, daß mehrere „Untergeordnete“ an der Schaffung eines Ganzen für den „Übergeordneten“ mitwirken. Wenn man nicht als ein „Ganzes“ den Konzemgewinn oder die Prosperität des herrschenden Unternehmens versteht, so paßt die Vorstellung der Delegierung geschäftlicher Verrichtung auf abhängige Konzernunternehmen regelmäßig nicht. Selbst wenn man eine Verrichtung schon dann annimmt, wenn das abhängige Unternehmen weisungsgebunden eine Tätig­ keit vom Mutterunternehmen übertragen bekommen hat, wobei die Tätigkeit dabei nicht einmal für die Mutter ausgeführt werden muß135 und der Bestellte in gewis­ sem, mehr oder weniger großem Umfang bei seiner Tätigkeit selbständig handelt136, wirtschaftet das abhängige Unternehmen eines Konzerns grundsätzlich für sich und verrichtet nicht Geschäfte des herrschenden Unternehmens. Daß ein herrschendes Unternehmen in die Geschäfte des abhängigen Unternehmens eingreift, jedenfalls soweit es sich um eine abhängige GmbH handelt137, und diese möglicherweise an seinen Vorstellungen ausrichtet, ändert nichts an dem prinzi­ piellen Charakter der Tätigkeit des abhängigen Unternehmens als Verrichtung eigener Geschäfte138. Die Möglichkeit des herrschenden Unternehmens in die Geschäfte des abhängigen Unternehmens einzugreifen und Vorgaben für die Tätigkeit zu machen, verändert normalerweise nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Verrichtung eigener Geschäfte durch das abhängige Unternehmen. Es mag indes in besonders gelagert Ausnahmefällen gleichwohl nicht ausgeschlossen sein, daß Konzerne doch wie arbeitsteilige Systeme im Sinne von Geschäftsherr und Verrichtungsgehilfe organisiert sind. Denkbar ist dies insbesondere bei Betriebsaufspaltungen oder solchen Konzernen mit Tochterunternehmen, die von vornherein ausschließlich eine rein „dienende“ Funktion haben (satzungsmäßig abhängig gegründete GmbH139). Insoweit ist festzustellen, daß die Entscheidung

135 Staudinger(-Schäfer), 12. Aufl., § 831, Rn. 76; BGHZ 80, 1, 3. 136 BGH NJW 1956, 1715. 137 Für Aktiengesellschaften gilt dies wegen § 76 I AktG nur eingeschränkt; möglich ist die Beschränkung oder die Bestimmung der Modalitäten der Geschäftstätigkeiten allerdings auch in der AG, nämlich dann, wenn der Vorstand maßgeblich oder vollständig mit Mitgliedern besetzt ist, die von der herrschenden Gesellschaft stammen. 138 Eine ähnliche Argumentation findet sich auch in der Entscheidung des BGH NJW 1994, 2756, in der das Gericht feststellte, daß ein Subuntemehmer, der vom Bauunternehmer zur Durch­ führung der ihm vom Bauherrn übertragenen Arbeiten eingeschaltet wird, im allgemeinen kein Verrichtungsgehilfe des Bauunternehmers ist. 139 Dazu siehe ausführlich Beinert.

über eine etwaige Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 823 I BGB wegen Organisationsverschulden jedenfalls hinsichtlich des Umstandes, daß es sich um eine arbeitsteilige Organisation im Sinne der Haftungsvoraussetzungen handelt, stets nur einzelfallbezogen und nicht schon aufgrund des Umstandes, daß ein Konzern vorliegt, möglich ist. Auch das Verständnis des Konzerns als eine erhöhte Gefahr für den Verkehr ist äußerst problematisch140, denn eine deliktische Einstandspflicht gegenüber jeder­ mann folgt nicht schon daraus, daß jemand die wirtschaftlichen Vorteile der Arbeitsteilung für sich nutzt141. Erst wenn jemand die Arbeitsteilung nicht ordnungsgemäß betreibt, wird ein erhöhter Gefahrenbereich geschaffen, für deren typischen Folgen eingestanden werden muß142. Zwar könnte man diese Gefahr möglicherweise darin sehen, daß das herrschende Unternehmen zur Durchsetzung seiner Interessen bzw. von Konzeminteressen143 die abhängigen Unternehmen im Wirtschaftsverkehr mittels der Möglichkeiten, die deren Abhängigkeit von ihr eröffnen, instrumentalisiert. Die außenstehenden Akteure auf dem Markt wären damit der Unsicherheit ausgesetzt, nicht zu wissen, ob sie es mit einem selbständi­ gen oder mit einem im Konzern abhängigen Geschäftspartner zu tun haben. Jedoch bezieht sich diese Gefahr allenfalls auf mögliche Vermögensschäden der Akteure auf dem Markt, denn die Gefahr einer etwaigen Intransparenz realisiert sich typi­ scherweise im späteren Ausfall von Forderungen, nicht aber in der Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter. Stellt man diese Bedenken an einer möglichen Einstandspflicht des herrschen­ den Unternehmens aus Organisationsverschulden im Konzern einmal zurück, so kommt ein Haftung aus § 823 I BGB aus einem anderen Gesichtspunkt her end­ gültig nicht in Betracht. Unabhängig von Unsicherheiten im Detail der Ausgestaltung derartiger Organi­ sationspflichten144 bestehen auch grundsätzliche Bedenken an der Anwendung von Organisationspflichten in einem Konzern. Ganz regelmäßig läßt sich nämlich die Schädigung eines Dritten durch eine arbeitsteilig organisierte Unternehmung durch eine entsprechend vorsichtige, aber meist auch aufwendige Organisation verhin­ dern. Das gilt vor allem, wenn man hierüber ex post urteilt. Rückschauend hat eben sogar das zunächst kaum erwartbare eine gewissen Wahrscheinlichkeit für sich, weil es ja gerade eingetreten ist. Wenn man aus der derart wahrscheinlichen Gefahr

140 Offensichtlich wird dies jedenfalls von denen bejaht, die im Rahmen der Überlegungen zu einem Konzemhaftungsanspruch im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern von dem Konzept einer Zustandshaftung ausgehen, siehe dazu ausführlich unten § 5 III. 141 Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 5; Jakobs, VersR 1969, 1064. 142 Siehe Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 5; E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502. 143 Zu dieser Unterscheidung wird in § 5 III. 2 dieser Arbeit im Rahmen der Auseinander­ setzung mit der Bedeutung des Konzemrechts eingehend Stellung genommen. 144 Zum Inhalt derartiger Pflichten siehe u.a. Kleindiek, Deliktshaftung, 296 ff.; Adams/ Johannsen, BB 1996, 1017 ff.; Dreher, ZGR 1992, 33; Lutter, ZHR 157 (1993), 470 f.; Haas, 215 f., v. Bar, in: FS Kitagawa, 279 ff.; vgl. ferner auch Altmeppen, ZIP 1995, 881 ff.

des Schadenseintritts eine Garantenstellung wegen Ingerenz und daraus eine nach außen wirkende Organisationspflicht herleitet, wird man nahezu immer zu einer Ersatzpflicht wegen Verletzung von Verkehrspflichten kommen145. Dies würde gleichsam zu einer Garantiehaftung des Verkehrssicherungspflichtigen für Verlet­ zungen durch einzelne Teile der Unternehmung fuhren, die im Ergebnis eine beträchtlichen Lähmung des Wirtschaftsverkehrs bewirken kann146. Bezogen auf einen Konzern ist darüber hinaus noch ein weiterer Aspekt zu bedenken. Bejaht man eine Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens wegen Verletzung von Organisationspflichten aus § 823 I BGB, so fuhrt dies zwangsläufig dazu, daß die Konzerne zentralistisch strukturiert würden bzw. werden müßten, damit seitens des herrschenden Unternehmens den aufgestellten Verkehrspflichten überhaupt nachgekommen werden kann. Das wäre jedoch weder ordnungspolitisch noch ökonomisch wünschenswert, weil damit die positiven Effekte für die Gesamtwirt­ schaft, die von dem gesteigerten Maß an Flexibilität dezentraler Konzerne ausge­ hen, entscheidend vermindert würden147. Will man dem herrschenden Unternehmen in einem Konzern aber gleichwohl aus Ingerenzgesichtspunkten148 als Verkehrspflichtträger auferlegen, durch eine entsprechende Organisation außenstehende Dritte vor den aus dem Konzern resul­ tierenden Gefahren zu schützen, so bedarf es mithin eines Weges, der neben diesen Schutzerwägungen gleichzeitig auch die ökonomischen Folgen einer solchen Haftung für die Bildung von Konzernen berücksichtigt. Die Schaffung von Verkehrspflichten in arbeitsteiligen Organisationen gegenüber dem Wirtschafts­ verkehr darf nämlich nicht dazu führen, daß arbeitsteiliges Wirtschaften auf dem Markt unattraktiv wird, weil die Verkehrspflichtträger mit einer tendenziell ufer­ losen Haftung zu rechnen hätten. Diesen Interessengegensatz wird man nur dadurch lösen können, daß man auch im Rahmen einer etwaigen Haftung des herr­ schenden Unternehmens für Verkehrspflichtverletzungen nach § 823 I BGB Beschränkungen der Haftung des Verkehrspflichtigen zuläßt. Dies basiert auf dem Gedanken, daß es in einer auf Effizienz ausgerichteten Wirtschaft erforderlich ist, daß sich jeder Akteur arbeitsteilig organisieren kann. Um dieses Erfordernis nicht von vornherein leerlaufen zu lassen, muß gleichzeitig gewährleistet sein, daß derjenige, der zur Bewältigung seiner Aufgaben andere in seinem Tätigkeitskreis einbezieht, sich dann von einer Haftung freimachen kann, wenn es ihm gelingt zu zeigen, daß die betreffenden Personen gut ausgewählt, hinreichend qualifiziert und angemessen kontrolliert sind. Liegen diese Merkmale vor, so muß dann letztlich unterstellt und als genügend angesehen werden, daß der „Übergeordnete“ alles ihm zumutbare getan hat, um im Hinblick auf Dritte die Gefahr durch eine Pflichtver­

145 So Medicus, ZGR 1998, 585. 146 Medicus, ZGR 1998, 585; vgl. auch Lutter, GmbHR 1997, 335. 147 Vgl. dazu besonders Kirchner, ZGR 1985, 214 ff. und 224 ff.; ders. Jahrbuch für neue Politische Ökonomie 1984,224 ff. und 234 ff. 148 Vgl. zu den Ingerenzerwägungen Dreher, ZGR 1992,41 f.

letzung des „Untergeordneten“ so weit als möglich zu minimieren149. In einem Konzern könnte das herrschende Unternehmen, um seine Verkehrspflicht zu erfül­ len, den abhängigen Unternehmen etwa allgemeine Anweisungen („Instruktio­ nen“150) erteilen. Welche Form derartige Instruktionen haben müßten, wäre dabei letztlich nicht entscheidend; es käme nur darauf an, daß das herrschende Unter­ nehmen dem abhängigen Unternehmen deutlich macht, welche Sorgfaltspflichten es seinerseits zu beachten hat. Da Instruktionen des Mutterunternehmens aber nicht immer ohne Reibungsverluste gegenüber den Tochterunternehmen durchgesetzt werden können, bedarf es deshalb zusätzlich wiederum noch eines Systems (Orga­ nisation der Unternehmung)151, die die Befolgung der Instruktionen auf der Ebene der abhängigen Gesellschaften gewährleistet (Überwachimgspflicht152). Spielt man nun aber daraufhin die Möglichkeiten durch, wie eine solche Exkulpationsmög­ lichkeit konkret aussehen könnte, so ergibt sich keine Variante, bei der die Kon­ trolle, die durch das Mutterunternehmen vorgenommen werden muß, um sich später exkulpieren zu können, so ausgestaltet werden kann, daß sie auch mit einem dezentral organisierten Konzern vereinbar ist. Die Einhaltung der Verkehrspflicht durch den Nachweis einer Organisation der Unternehmung, die es gewährleistet, daß Instruktionen der Mutter von den Töchtern befolgt wird, ist aus sich heraus geradezu notwendigerweise mit einer zentralisierten Struktur des Konzern verbun­ den. Es stellt sich also heraus, daß dann, wenn man für ein herrschendes Unterneh­ men in einem Konzern eine Verkehrspflicht hinsichtlich der Organisation des Konzerns als arbeitsteiliger Unternehmung begründen will, aufgrund derer durch das abhängige Unternehmen geschädigte Dritte einen Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB gegen das herrschende Konzernunternehmen haben, eine unauflös­ bare Dilemmasituation entsteht: Entweder man bejaht eine derartige Verkehrs­ pflicht des herrschenden Unternehmens ohne Beschränkung. Dann macht dies die Bildung von Konzernen unattraktiv, weil dem herrschenden Unternehmen ständig die Haftung aufgrund der Verletzung von Verkehrspflichten droht153, bzw. es fuhrt zwangsläufig zu einer straffen zentralistischen Ordnung des Konzerns, weil die Mutter jeden Schritt der Tochter beaufsichtigen müßte, um möglichst sicher verhindern zu können, daß das abhängige Unternehmen eine Pflichtverletzung begeht. Oder man läßt auch im Rahmen des § 823 I BGB ein Haftungsbeschrän­ kung zu. Dann kommt man jedoch zu ganz ähnlichen Folgen, denn für eine der­ artige Exkulpation des herrschenden Unternehmens ist es gerade ebenfalls notwen­ dig, daß eine Organisation errichtet wird, die gewährleistet, daß etwaige Instruk­

149 MüKo BGB(-Stein), § 831, Rn. 1. 150 Siehe MüKo BGB(-Stein), § 831, Rn. 21; Kleindiek, Deliktshaftung, 296 f.; BGH NJW 1998,48 f.; BGH VersR 1971, 741; BGH NJW 1965, 815. 151 BGH VersR 1962,1013,1014; BGH VersR 1964,297; A. Reuter, DB 1993, 1605 ff. 152 Siehe ausführlich Kleindiek, Deliktshaftung, 297 ff. 153 Vgl. Medicus, ZGR 1998, 585; Lutter, GmbHR 1997, 335.

tionen des Mutterunternehmens auch tatsächlich befolgt werden. Dies ist aber praktisch nur in zentralistisch organisierten Konzernen möglich. Will man also nicht Gefahr laufen, daß die Attraktivität, Konzerne zu bilden aufgrund einer kaum noch abzuschätzenden und beherrschbaren Haftung des herr­ schenden Unternehmens sinkt, so ist jedenfalls schon aufgrund der hier angedeu­ teten Erwägungen zu den ökonomischen Folgen eine allgemeine Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens wegen der Haftung für Organisationspflichtver­ letzung aus § 823 I BGB abzulehnen. e) Ergebnis

Verletzt ein abhängiges Konzernunternehmen eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht oder ist ihm eine unerlaubte Handlung zuzurechnen, so kann der geschädigte Dritte seinen Schaden nicht von dem herrschenden Unternehmen nach den Regeln der § 831 BGB oder § 823 I BGB ersetzt verlangen. § 831 BGB ist im Verhältnis einer Konzemmutter zu ihrer abhängigen GmbH oder AG nicht anwendbar, weil der Konzeption des § 831 BGB nach der Gehilfe eine natürliche Person sein muß. Eine durch § 823 I BGB bewehrte Verkehrspflicht, aufgrund derer das Mutterunter­ nehmen verpflichtet wäre, alle organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um den Rechtsverkehr vor den Gefahren zu schützen, die sich aus der unternehmerischen Tätigkeit des Konzerns als arbeitsteiliges System ergeben, ist nicht überzeugend. Auf reine Vermögensschäden ist diese Anspruchsgrundlage nicht anwendbar, und als Grundlage für den Ersatz von Schäden aufgrund von Eingriffen des abhängigen Unternehmens in absolut geschützte Rechtsgüter kommt sie unter andrem deshalb nicht Betracht, weil sie zu einer Zentralisierung von Konzernen bzw. zu einer stark abnehmenden Attraktivität der Bildung von Konzernen fuhren würde. Die daraus resultierenden negativen Folgen für die Wirtschaft wären weitreichend und schwerwiegend154. Auch § 31 BGB oder ein vertragliche Haftung in Verbindung mit § 278 BGB bilden keine Grundlage für die Haftung des herrschenden Unter­ nehmens für Schäden, die Dritte durch ein pflichtwidriges Verhalten des abhän­ gigen Unternehmens erlitten haben.

III. Zusammenfassung und Auswirkung der Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens für die Verletzung von Aufklärungspflichten des abhängigen Konzemuntemehmens auf die Konkursmasse 1. Zusammenfassung Es ist eine Sorgfaltspflicht des abhängigen Konzemuntemehmens, seinen außenstehenden Verhandlungspartner darüber aufzuklären, also ohne vorheriges Fragen von sich aus darzutun, daß es ein abhängiges bzw. beherrschtes Untemeh154 Dazu siehe Medicus, ZGR 1998, 585,

men ist, wer das Mutterunternehmen ist und wie seine Abhängigkeit bzw. die Beherrschung vermittelt ist, damit der andere Teil die Möglichkeit hat, sich gegen die aus seiner Sicht aus der Konzernierung möglicherweise ergebenden erhöhten Risiken abzusichern. Keine Aufklärungspflicht besteht hinsichtlich der finanziellen Situation; insoweit ist der Verhandlungspartner des abhängigen Unternehmens darauf angewiesen, von seinem zukünftigen Vertragspartner auf seine eigene Initiative hin selbst Auskünfte einzuholen. Klärt das abhängige Unternehmen nicht auf, so macht es sich aus c.i.c. schadensersatzpflichtig, soweit sich der andere Teil nicht unter angemessenem Aufwand die Informationen über die Konzemlage selbst hätte verschaffen können. Dieser Anspruch kann auf das herrschende Unternehmen als „Dritter“ im Sinne der Eigenhaftung aus c.i.c. erstreckt werden. Voraussetzung dafür ist, daß sich die Mutter in die Verhandlungen zwischen der abhängigen Gesellschaft und dem anderen Teil als Vertreter oder Sachwalter eingeschaltet hat und sich dadurch eine besondere Vertrauensposition zu dem anderen Teil aufge­ baut hat. Der Anspruch des Gläubigers gegen das herrschende Unternehmen geht auf das negative Interesse. Keine Eigenhaftung der Mutter aus c.i.c. ist dort zu befürworten, wo sie als „Dritter“ der an dem Vertragsschluß eigentlich wirtschaft­ lich interessierte Teil war. Das gleiche gilt auch dann, wenn das herrschende Unternehmen nicht in den Verhandlungen auftritt aber den Verhandlungsführer der abhängigen Gesellschaft als „Vierten“ instrumentalisiert hat und ihn als Stroh­ mann für sich selbst auftreten läßt. Andere Grundlagen, auf der das Mutterunter­ nehmen für Schäden haften müßte, die dem außenstehenden Unternehmen aufgrund der unterbliebenen Aufklärung des abhängigen Unternehmens entstanden sind, kommen nicht in Betracht. Das gilt insbesondere für eine Haftung wegen Verletzung einer etwaigen Aufsichtspflicht der Konzemmutter. 2. Auswirkung auf die Konkursmasse

Da die Pflichtverletzung individuell gegenüber dem betreffenden Schuldner ein­ getreten ist, handelt es sich um einen Einzelgläubigerschaden, für dessen Geltend­ machung im Rahmen des Konkursverfahrens der Konkursverwalter keine Aktiv­ legitimation besitzt. D.h. der betroffene Gläubiger kann seinen Schaden eigen­ ständig gegen das Mutterunternehmen geltend machen. Fraglich ist dabei, in welcher Höhe dies geschehen darf. Für die übrigen Konkursgläubiger vorteilhaft wäre es, wenn der betreffende Gläubiger seinen Anspruch sofort mit Stellung des Konkurs- bzw. Insolvenzantrages gegen die Konzemmutter geltend machen könnte. Dann bräuchte dieser Gläubiger mit seiner originären Forderung gegen den Gemeinschuldner nicht mehr an der Verteilung der Masse teilzunehmen. Die Masse würde insoweit um diesen betreffenden Gläubiger entlastet, womit die Quote für die übrigen Gläubiger vergrößert würde. Vom Resultat her hätte die Konzemmutter damit die Konkursmasse indirekt um die Differenz zwischen der eigentlichen Forderung und der Quote, die der betreffende Gläubiger erhalten hätte, vergrößert. Gegen die Möglichkeit des Gläubigers, sofort den Anspruch

gegen das herrschende Unternehmen durchzusetzen, könnte jedoch sprechen, daß bei Stellung des Konkursantrags zwar eindeutig ist, daß er mit seiner Forderung gegenüber seinem Schuldner ausfallen wird. Jedoch ist dann noch nicht klar, in welcher Höhe dies der Fall sein wird. Der Schaden, den der Gläubiger erleidet, und welchen er von der Mutter verlangen kann, ließe sich möglicherweise erst bezif­ fern, wenn er seine Quote kennt, die er aus der Konkursmasse erhält. Demnach könnte der betreffende Gläubiger seinen Anspruch erst dann geltend machen, wenn das Verfahren so fortgeschritten ist, daß die Quote feststeht. Das würde dazu fuhren, daß er also als Konkursgläubiger an der Verteilung der Konkursmasse teil­ nimmt. Das negative Interesse, das er von der Konzemmutter ersetzt verlangen kann, stellt dann die Differenz seiner Quote zu der ursprünglichen Forderung gegen das abhängige Konzernunternehmen dar. Es fragt sich jedoch, ob dieses Ergebnis tatsächlich überzeugend ist155. Zieht man zunächst Billigkeitserwägungen heran, scheint es mit Hinblick auf die Länge, die ein Konkursverfahren zum Teil haben kann, bis endgültig die Quoten für die Konkursgläubiger feststehen und die Masse an die Gläubiger verteilt wird, überzogen zu sein, den betreffenden Gläubi­ ger so lange auf die Durchsetzung seiner Forderungen warten zu lassen. Zudem vergrößert sich mit einer langen Wartezeit bis zum Ende des Verfahrens das Risiko immer mehr, daß die ersatzpflichtige Mutter möglicherweise indessen selbst zahlungsunfähig sein wird oder gar, wenn es sich um bedeutende Beträge handelt, dafür sorgt, daß sie am Ende zahlungsunfähig ist, um ihrer Verpflichtung nicht mehr nachkommen zu müssen. Es wäre unbillig, dem Gläubiger dieses Risiko aufzubürden. Zwar mag man versuchen, dieses Dilemma mit einer Schätzung der Quote durch den Richter nach § 287 ZPO oder mittels einer Anwendung von § 255 BGB156 zu lösen, doch kommt es in Wirklichkeit auf diesen Fragenbereich hier gar nicht an. Entscheidend ist nämlich, daß es sich hinsichtlich der Verpflichtung auf Zahlung des Schadensersatzes aus c.i.c. um eine gesamtschuldnerische Haftung der Mutter und der betreffenden Tochter handelt. Das hat zur Folge, daß der betref­ fende Gläubiger das volle negative Interesse (also ohne Anrechnung der Quote) sofort nach Ausfall des ursprünglichen Gläubigers von der Mutter verlangen kann. Wie oben gezeigt157, ist zwar der eigentliche Schuldner des Anspruchs aus c.i.c. derjenige, der die Pflichtverletzung begangen hat, also das Tochterunternehmen. Ausnahmsweise wird dem Gläubiger aber noch ein zweiter Schuldner zur Verfü­ gung gestellt. Dieser haftet nicht nur subsidiär, weil er etwa nur bei Ausfall des Primärschuldners einspringen muß - mit der Folge, daß dann die Quote angerech­ net werden müßte -, sondern er muß neben dem eigentlichen Geschäftsherren einstehen, weil in seinem Verhalten ebenfalls ein eigenständiger Vorwurf enthalten

155 Vgl. zur ähnlichen Fragestellung im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Schadens der Neugläubiger nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG Altmeppen, ZIP 1997, 1181 f. 156 Vgl. Altmeppen, ZIP 1997, 1181; Haas, 105; Meyke, ZIP 1998, 1179. 157 Siehe oben in diesem Abschnitt unter II. 1.

ist, der zum Schadensersatz verpflichtet158. Da der Gläubiger nach § 421 S. 1 BGB nach seinem Belieben die zu fordern berechtigte Leistung von einem der Schuldner ganz oder von allen Schuldnern anteilig verlangen kann, wird er stets von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Ersatz des gesamten Schadens von der liqui­ den Mutter zu verlangen. Die in Konkurs gefallene Tochter wird insoweit von ihrer Schuld frei, d.h. der Gläubiger darf dann nicht mehr als Konkursgläubiger am Verteilungsverfahren teilnehmen. Allerdings könnte die Muttergesellschaft ihren Anspruch aus § 426 I BGB gegen die Tochter als Konkursforderung geltend machen. Nach den oben angestellten Erwägungen wäre ein solches Vorgehen jedoch rechtsmißbräuchlich159 und scheidet daher aus. Das hat für die (übrigen) Gläubiger des nunmehr insolventen abhängigen Konzernunternehmens zur Folge, daß die Konkursmasse aus ihrem Blickwinkel letztlich „vergrößert“ würde, sie also eine höhere Quote zu erwarten haben.

158 Das wird in den einschlägigen Urteilen oft vorausgesetzt, und daher nicht selbständig problematisiert; vgl. aber die Hinweise bei Soergel(-Wiedemann), vor, § 275, Rn. 219 („Es wird grundsätzlich vorausgesetzt, daß der in Anspruch genommene Dritte selbst Verhaltenspflichten verletzt hat.“) und bei MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275 BGB, Rn. 172, der aber verkürzt ohne weitere Begründung annimmt, bei der Eigenhaftung Dritter handele es sich um eine Haftung des Dritten „anstatt oder neben dem Geschäftsherm aus c.i.c.“ 159 Siehe oben § 2 B. 3. d.

§ 4 Gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens

I. Teil: Die Verletzung der Verantwortung für die Kapitalisierung des abhängigen Unternehmens Ein Zugriff des Konkursverwalters auf das Vermögen des herrschenden Unter­ nehmens bzw. anderer abhängiger Unternehmen im Konkurs eines abhängigen Unternehmens desselben Konzerns könnte sich aus Einstandspflichten wegen der Verletzung bestimmter Verpflichtungen hinsichtlich der Kapitalisierung des nun­ mehr bankrotten abhängigen Unternehmens ergeben. Der damit angesprochene Problembereich einer „ordnungsgemäßen“ Kapitalisierung einer (Kapital-)Gesellschäft einschließlich der Frage, wie weit die Gesellschafter und/oder die Organe der Gesellschaft eine bestimmte Verantwortung hinsichtlich der Kapitalisierung ihrer Gesellschaft trifft, deren Verletzung im Konkurs der betreffenden Gesell­ schaft zu Einstandspflichten fuhren kann, ist jedoch außerordentlich komplex und in vielen Belangen bei weitem noch nicht geklärt1. Ein einheitlicher Ansatz oder sanktionsfähige Rechtsgrundsätze für eine ordnungsgemäße Finanzierung einer Gesellschaft (mit Eigenkapital) sind noch bislang nicht entwickelt worden. Mit K. Schmidt läßt sich zumindest allgemein feststellen, daß es, wenngleich noch keine generalisierungsfähigen Normativbestimmungen über die Kapitalausstattung von Unternehmen vorhanden sind, doch bestimmte Finanzierungsregeln gibt, die im Einzelfall Beachtung finden müssen und deren Nichtbeachtung die Organe der Gesellschaft und/oder die Gesellschafter schadensersatzpflichtig machen können. So wenig wie die Geschäftsführungsorgane und die Gesellschafter zum Erfolg ver­ pflichtet werden können, und so wenig ihnen die Liquidation einer erfolglosen Gesellschaft verboten werden kann, so wenig darf ihnen auch gestattet sein, eine unzureichend gerüstete Gesellschaft den Fährnissen der Tätigkeit auf dem Markt auszusetzen2. Dieser Befund wird häufig interpretiert als Verpflichtung der Gesell­ schafter, das Unternehmen mit ausreichend Eigenkapital zu versorgen3. 1 Vgl. K. Schmidt, GesR, 522 ff.; Wiedemann, GesR I, 565; Ulmer, in: FS Duden, 667. 2 So ausdrücklich K. Schmidt, GesR, 524; vgl. speziell für den Konzern U.H. Schneider, ZGR 1984, 509 ff. (insbes. 518 ff.) und Rümker, ZGR 1988,494 ff. 3 Vgl. etwa Wiedemann, GesR, I, 565 f.; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 35 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 12; Unternehmensrechtskommission, Rn. 176; Erman, KTS 1959, 129 ff.; dagegen aber BGH 90, 381, 388 f.; Flume, Jur. Person, 79 ff.; Vonnemann, 167 ff; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 5, Rn. 6. Skeptisch K. Schmidt, GesR, 524; Weitbrecht, 66 m.w.N.

Die Pflichten in Bezug auf die Kapitalisierung der Gesellschaft entstehen dieser Auffassung zufolge bei der Gründung. Zu diesem Zeitpunkt müsse dafür gesorgt werden, daß keine „Skelett-Gesellschaft“ auf den Markt komme. Die Gesellschaf­ ter träfe demnach eine Verpflichtung, über die „Seriösitätsschwelle für kapital­ gesellschaftliche Rechtsformen“ des Mindestgarantiekapitals4 hinaus die Gesell­ schaft ordnungsgemäß mit Eigenkapital auszustatten5. Im weiteren „Leben“ der Gesellschaft sei dann konsequenterweise weiterhin dafür zu sorgen, daß die Gesellschaft angemessen kapitalisiert sei6. 7Eine Verletzung dieser Pflicht führe zu einer sogenannten „Durchgriffshaftung"7. Neben dieser Verpflichtung zur hinreichenden Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital (sofort unter A.) finden sich noch zwei andere Regelungen, die im weiteren Sinne mit der Kapitalisierung der Gesellschaft zu tun haben und die dem Konkursverwalter unter bestimmten Bedingungen den Zugriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Konzerns erlauben. Dabei handelt es sich zum einen um die in den Vorschriften über eigenkapitalersetzende Darlehen verankerte Vorstellung, daß ein Gesellschafter, der seiner in eine Krise geratene Gesellschaft zu einem Zeitpunkt Finanzmittel zuführen will, in dem solche für sie auf dem freien Kapitalmarkt prinzipiell nicht mehr zu erlangen sind, vorzugsweise Eigen­ kapital zu geben hat. Kommt er dem nicht nach und gibt der Gesellschaft statt dessen ein Darlehen, dann „haftet“ dieses im Konkurs der Gesellschaft, so daß der Konkursverwalter auf dieses Fremdvermögen wie auf gesellschaftseigenes zurück­ greifen kann (B.). Zum anderen besteht eine Verpflichtung hinsichtlich der Kapitalisierung der Gesellschaft in einem negativen Merkmal: Ist die Finanzlage der Gesellschaft so schlecht, daß sie zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, ist sie also in das Stadium der Konkursreife gelangt, so muß sie nach Ablauf einer bestimmten Frist vom Markt genommen werden. Geschieht dies nicht, so entsteht eine Schadens­ ersatzpflicht, die dem Konkursverwalter zur Vergrößerung der Masse zustehen könnte (C.)8. Diese drei Einzelbereiche hinsichtlich der Kapitalisierung einer abhängigen Gesellschaft im Konkurs werden im folgenden nacheinander daraufhin überprüft, ob und wenn ja inwieweit das herrschende Unternehmen oder ein anderes abhängi­ 4 Siehe Ballerstedt, ZHR 135 (1971), 384 ff.; K. Schmidt, GesR, 522. 5 Vgl. Wiedemann, 569; Erlinghagen, GmbHR 1962, 175, Arbeitskreis GmbH-Reform, 16 f.; dagegen aber Benne, 64 ff; Kübler, 337 f.; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 133 f.; vgl. allgemein dazu Roth, ZGR 1993, 170 ff. 6 In diesem Sinne auch: Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 60; Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 61; dies., § 13, Rn. 9; Rümker, ZGR 1988, 503; Hübner, JZ 1978, 704; BSGE 56, 76, 84; anders: Scheel, 388 f. Vgl. auch BGH GmbHR 1961, 161, 162. 7 Aus der nicht mehr zu übersehenden Literatur zur Durchgriffshaftung vgl. nur die Monogra­ phien von Weitbrecht, Harrer, Benne, Vonnemann und Drax; ferner die Kommentierungen in Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30 und Hachenburg(-Mertens), Anh. § 13, jeweils m.w.N., siehe ferner auch Nirk, in: FS Stimpel, 453 ff, Wiedemann, GesR 1,224 ff. 8 Siehe ausführlich Reiner in: FS Boujong, 415 ff.; vgl. auch Kübler, 333.

ges Konzernunternehmen hinsichtlich der jeweiligen Aspekte eine Einstandspflicht trifft, und in welchem Umfang der Konkursverwalter im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens bei einer Pflichtverletzung ggf. Ansprüche zugunsten der Masse geltend machen kann, um so die Haftungsmasse zu vergrößern. Ausgangs­ punkt für die Überlegungen soll, wie in der Einleitung dargelegt9, 10 der Fall sein, daß das abhängige Unternehmen eine GmbH ist; auf die Situation bei einer abhängigen AG wird dann, soweit erforderlich verwiesen.

A. Haftung wegen Unterkapitalisierung des abhängigen Konzemuntemehmens I. Die Ausgestaltung der Anspruchsgrundlage 1. Durchgriffshaftung als Zugriffsinstrument des Konkursverwalters auf das Vermögen der Konzemmutter

Fallen die Gläubiger einer Kapitalgesellschaft ohne persönlich haftenden Gesell­ schafter mit ihren Forderungen aus, weil ihr Schuldner in Konkurs gefallen ist, so haben sie nach verbreiteter Ansicht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit mittels der sogenannten „Durchgriffshaftung“ auf die Gesellschafter ihre Forderungen doch noch (voll) zu realisieren. Mit der Durchgriffshaftung wird systematisch allgemein ein Unterfall des allgemeinen Phänomens der Durchbre­ chung des Trennungsprinzips bei juristischen Personen als dem grundlegenden Ordnungsgedanken der personalistischen und vermögensrechtlichen Verschieden­ heit und Selbständigkeit der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern („Durchgriff6 10) bezeichnet11. Davon zu trennen ist das große Feld des sogenann­ ten „Zurechnungsdurchgriffs". Unter dieser Überschrift wird im wesentlichen darüber diskutiert, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Eigenschaften, Kenntnisse oder Verhaltensweisen des Gesellschafters seiner Gesellschaft zuge­ rechnet werden können oder umgekehrt12. Bei der Durchgriffshaftung geht es indes um die Frage, ob dann, wenn bestimmte „Durchgriffslagen" vorliegen, neben dem Vermögen der Gesellschaft den Gesellschaftsgläubigem auch das Privatvermögen

9 Siehe oben § 1 Nr. 5. 10 Im einzelnen dazu K. Schmidt, GesR, 226 ff.; MüKo BGB(-Reuter), vor §21, Rn. 20 ff.; vgl. dazu ferner Wiedemann, GesR I, 198 f.; ders., WM 1975, Beilage 4, 17 f. und Bork, ZGR 1994,240 f. 11 Siehe etwa KK(-Kraft), § 1, Rn. 38; Kübler, 316; Wiedemann, Unternehmensgruppe 21 f.; Coing, NJW 1977,1793 ff.; vgl. auch K. Schmidt, GesR, 211. 12 Priester, DNotZ 1993, Sonderheft, 126 f.; M. Geißler, GmbHR 1993, 73 f.; Scholz (-Emmerich), § 13, Rn. 69 ff; Hachenburg(-Mertens), Anh. § 13, Rn. 54 ff; K. Schmidt, GesR, 226 f. und 233 ff.; Raiser, § 29, Rn. 5 ff.

aller oder auch nur bestimmter Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft13 haften soll. Es geht also um die Erschließung neuer Haftungsmassen für die Gläu­ biger. Die „Durchgriffshaftung“ wird dabei für eine unverbundene Gesellschaft ebenso angenommen wie für eine verbundene Gesellschaft und für eine Aktien­ gesellschaft genauso wie für eine GmbH. Wegen der besonderen Struktur einer Aktiengesellschaft im Hinblick auf die strengeren Kapitalaufbringungs- und Kapi­ talerhaltungsvorschriften ist die „Durchgriffshaftung“ dort jedoch kaum praxis­ relevant; sie kann deshalb vernachlässigt werden14. Für die Beantwortung der Frage, inwieweit die „Durchgriffshaftung“ eine Rolle bei der Haftung eines Mutterunternehmens in der Insolvenz der Untergesellschaft spielen kann, ist es bedeutsam, daß es sich bei der „Durchgriffshaftung“ keineswegs um ein irgendwie gefestigtes Rechtsinstitut handelt. Vielmehr ist sie seit ihrer „Entdeckung“ in der wissenschaftlichen Diskussion in Deutschland, trotz zahlreicher Versuche, dogma­ tische Konzeptionen herauszuarbeiten und auf dieser Grundlage fest umrissene Tatbestände zu entwickeln15, sowohl hinsichtlich der Begründung als auch in der Ausgestaltung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und der Rechtsfolgen heftig umstritten16. Im Bereich der Konzerne besteht zudem die deutliche Tendenz, die „Durchgriffshaftung“ durch eine „Konzemhaftung“ zu ersetzen17. Die Unsicher­ heiten, die mit dem Instrument des Haftungsdruchgriffs einhergehen, spiegeln sich in der Praxis unter anderem in der auffälligen Scheu der Gerichte wider, die „Durchgriffshaftung“ wirklich zur Anwendung zu bringen18. In den einschlägigen 13 Zur Frage, welche Gesellschafter von einer etwaigen Durchgriffshaftung betroffen sind vgl. u.a. Stimpel, in: FS Goerdeler, 612; Hachenburg(-Ulmer), Anh. §30, Rn. 60; Immenga, 411; GroßKomm(Brändel), §1, Rn. 102; vgl. zudem Roth/Altmeppen(-Altmeppen), §13, Rn. 20; differenzierend Hachenburg(-Mertens), Anh. § 13, Rn. 15 und 17; aufgrund einer anderen Grund­ konzeption (Differenzhaftung) anders: Winkler, BB 1969, 1207. 14 Vgl. dazu GroßKomm(-Brändel), § 1, Rn. 92 ff; Hüffer, § 1, Rn. 15 ff; KK(-Kraft), § 1, Rn. 38 ff. 15 Vgl. die für das deutsche Recht grundlegenden Arbeiten von Serick, Rechtsform und Reali­ tätjuristischer Personen; Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), 522 und Drobnig, Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften, 1959; siehe auch Schanze, Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung als Konzeptualisierungsproblme gesellschaftsrechtlicher Zurechnung, 1975; zur Fortentwicklung der Diskussion vgl. Kübler, GesR, § 23; K. Schmidt, GesR, 224 ff; Raiser, § 29; Wiedemann, GesR I, 217 ff; MüKo BGB(-Reuter), vor § 21, Rn. 22 ff; Rehbinder, in: FS Fischer, 579 ff. 16 Die Literatur dazu ist praktisch nicht mehr überschaubar; siehe statt aller die Zusammenfas­ sungen bei Scholz(-Emmerich); § 13, Rn. 75 ff; Hachenburg(-Mertens), Anh. § 13, Rn. 28 ff; K. Schmidt, GesR, 228 ff; Wiedemann, GesR I, 224 ff; Drax, 72 ff; Harrer, 121 ff. 17 Aus der Rechtsprechung: BGHZ 68, 312, 319 ff; BGH WM 1980, 955, 956; BGH BB 1981, 750, 751; besonders ausdrücklich: BGHZ 95, 330,332 ff. Aus der Literatur vgl. u.a. Drüke, 153 ff; Teubner, in: FS Steindorff, 261 ff; K. Schmidt, BB 1985, 2074 ff; ders., ZIP 1994, 837 ff. Blaurock, in: FS Stimpel, 553; Wüst, JZ 1995, 996; Bork, ZGR 1994, 256 ff; Priester, DNotZ 1993, Sonderheft, 127; Wiedemann, WM 1975, Beilage 4; M. Geißler, GmbHR 1993, 71 ff. Siehe auch S. Koch, 99 ff. und Willburger, 22 ff. 18 Nachweise aus der Rechtsprechung bei Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn, 43 ff. siehe aber auch in frühen Reichsgerichtsentscheidungen finden sich solche Anklänge: Den Einwand

Urteilen sind die Richter regelmäßig jeweils nicht über obiter dicta zur „Durch­ griffshaftung“ hinausgekommen19. Dabei wurde im Hinblick auf die „Durchgriffs­ haftung“ stets betont, daß nicht leichtfertig über die juristische Person hinweg­ gegangen werden dürfe, auch wenn dies prinzipiell möglich und erforderlich sein könne, wenn die Wirklichkeit des Lebens und die Macht der Tatsachen ein solches Hinweggehen über die Selbständigkeitdes Rechtsträgers gebieten20. Diese Erfor­ derlichkeit hat die Rechtsprechung jedoch in kaum einem Fall tatsächlich bejaht; die bekannteste Ausnahme, der „Siedler-Fall“, betrifft nur einen Sonderfall und ist daher nicht zu verallgemeinern21. Bei allen Streitigkeiten im Detail ist jedenfalls anerkannt, daß die „Durchgriffshaftung“ wegen der Durchbrechung des Tren­ nungsprinzips stets subsidiär ist. Auf sie als Grundlage für den Zugriff auf die getrennten Rechtspersönlichkeiten sperrten sich die Richter, wo „die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen dem Richter gebieten, die juristische Konstruktion hintanzusetzen“, RGZ 129, 50; vgl. auch RGZ 99, 232; RGZ 103, 64; RGZ 146, 385; RGZ 156, 277. Zwar scheint der BGH im Hinblick auf die Haftung im „qualifizierten faktischem GmbH-Konzern" nunmehr durchaus gewillt zu sein, eine offenere Haltung gegenüber dem Instru­ ment einer „Durchgriffshaftung“ anzunehmen, doch ist insoweit Vorsicht bei der Annahme eines Richtungswechsels geboten, als eine solche Annahme häufig auf einer dem Instrument der „Durch­ griffshaftung“ sehr geneigten Interpretation dieser Rechtsprechung durch die Literatur besteht. 19 BGHZ 20, 4, 11 f.; BGHZ 22, 226, 230; BGHZ 25, 115, 117; BGHZ 26, 31, 37; BGHZ 31, 258, 271; BGHZ 54, 222, 224; BGHZ 65, 246, 251f.; BGH DB 1988, 283; BGH NJW-RR 1997, 94. 20 Siehe BGHZ 20, 4, 11; BGHZ 26, 31, 37; BGHZ 54, 222, 224; BGHZ 61, 380, 383; BGHZ 65, 246, 251 f.; BGHZ 68, 312, 314 ff.; BGHZ 78, 318, 333; BGHZ 102, 95, 101 ff.; BGHZ 125, 366, 367 f.; BGH NJW 1974, 1371; BGH BB 1975, 487; BGH DB 1988, 283; BSG, NJW-RR 1995, 730; BSG, NJW-RR 1997, 94. 21 BGHZ 54, 222, 224 f. Diese Entscheidung betraf die Verurteilung von Mitgliedern eines von Anfang an vermögenslosen eingetragenen Siedlervereins zur Zahlung von Pachtzinsen, die der Verein dem Verpächter im Interesse der Siedler schuldete. Vgl. auch BGH NJW 1994, 446, der vereinzelt als Anwendung der „Durchgriffshaftung“ durch den BGH angesehen wird (Raiser, ZGR 1995, 162; dagegen aber zu Recht Boujong, in: FS Odersky, 745 f. (einschließlich Fn. 40). Eine Ausnahme im Hinblick auf die Zurückhaltung der Gerichte, den Haftungsdurchgriff zu bejahen, bildet insoweit die berühmte Entscheidung des Bundessozialgerichtes in BGSE 56, 76. Dort entschied das Gericht, hinsichtlich einer mangelnde Kapitalausstattung einer Gesellschaft, daß eine solche jedenfalls dann zum Haftungsdurchgriff führe, wenn kumulativ noch andere Faktoren vorhanden seien: ^Ob die demnach vom LSG zu Recht als mangelhaft angenommene, im entschei­ denden Zeitraum praktisch fehlende Kapitalausstattung der Komplentär-GmbH und der GmbH & Co KG allein ausreicht, den Haftungsdurchgriff gegen den Kläger als Folge einer konkreten und objektiven Unterkapitalisierung zu begründen, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Der festge­ stellte Sachverhalt enthält jedenfalls eine Reihe weiterer Umstände, die zusammen mit der fest­ stehenden Unterkapitalisierung der Gesellschaften den Mißbrauchstatbestand erfüllend (BSGE 56, 76, 84) - dagegen überzeugend Kahler, GmbHR 1985, 296; vgl. ferner das Urteil des OLG Hamburg, BB 1973, 1231; zur Anwendung des Gedankens der Durchgriffshaftung bei den Unter­ gerichten siehe auch Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 48. Zur Auffassung des BAG zur Durchgriffshaftung vgl. u.a. BAG NJW 1991, 2923, 2926; BAG, NJW 1998, 261; BAG, NJW 1998, 260; des BVerfG: BVerfGE 13, 331, 340 f. und 351. Siehe zudem auch EuGHE 1972, 619, 665.

Konzemmutter ist also erst dann zurückzukommen, wenn sich andere Instrumente als untauglich erweisen sollten, die Position der Gläubiger zu schützen.

2. Unterkapitalisierung Im Hinblick auf die hier interessierenden Pflichten hinsichtlich der Kapitalisierung einer Gesellschaft käme allenfalls eine „Durchgriffshaftung“ wegen Unter­ kapitalisierung in Betracht22. Danach könnte der Konkursverwalter auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens oder auf das der anderen Konzern­ unternehmen durchgreifen, soweit sie Gesellschafter der Tochter sind, und die ihnen obliegende Verpflichtung, die Gesellschaft hinreichend mit Kapital auszu­ statten, verletzt haben. Der Vorstellung einer derartigen Haftung des herrschenden Unternehmens bzw. anderer Unternehmen des Konzerns als Gesellschafter des nunmehr insolventen abhängigen Konzernunternehmens kann jedoch nicht gefolgt werden, so daß es hier von vom herein auch keiner Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Positionen zur „Durchgriffshaftung“ bedarf. Das Gesetz verlangt als Voraussetzung für die Gründung der GmbH nämlich nicht mehr als die Auf­ bringung des Mindestkapitals (§ 5 GmbHG). Damit verbunden hat es die Kapital­ erhaltungsregeln und zur Gläubigersicherung noch die Gleichstellung von kapitalersetzenden Darlehen mit dem Eigenkapital vorgesehen. Weitere Vorschriften über die Kapitalisierung der GmbH kennt das Gesetz nicht. Es fehlt darüber hinaus auch jeglicher Hinweis auf eine Lücke im GmbH-Gesetz, die durch eine Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung und einem auf materieller Unterkapitalisierung basierenden Haftungstatbestand gefüllt werden müßte23. Dagegen wird zwar von einer nicht unerheblichen Anzahl von Stimmen in der Literatur argumentiert, es bestünde für die Gesellschafter eine gesetzlich zwar nicht geregelte, sich aber aus allgemeinen Zweckmäßigkeitserwägungen ergebende „Finanzierungsverantworttmg“24 bzw. einer „Finanzierungsfolgeverantwortung“25,

22 Zur „Durchgriffshaftung“ wegen Vermögensvermischung vgl. u.a. Drüke, 73 ff. K. Schmidt, BB 1985,2075; Rehbinder, 151; Nirk, in: FS Stimpel, 449; Wüst, JZ 1995, 990 ff ; Boujong, in: FS Odersky, 742 ff; Drax, 80; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 15 f. Zur Durchgriffshaftung wegen „Sphärenvermischung“ siehe Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 16; Wiedemann, GesR I, 224, Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 15. Zur „Durchgriffshaftung“ wegen Institutsmißbrauchs siehe etwa Nirk, FS Stimpel, 454 f.; Lutter, ZGR 1982, 252; Stimpel, FS Goerdeler, 610 ff.; Rehbinder, 112 ff; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 17. 23 Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 133; Vonnemann, 167 ff.; ders., GmbHR 1992, 78; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 58; insgesamt ablehnend auch Wilhelm, 308 und 325 ff. und Flume, Jur. Person, 79 ff. 24 Vgl. etwa dafür: Wiedemann, GesR I, 226, 565 ff. (insbes. 570 ff); Erlinghagen, in: FS Kaufmann, 143 ff; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 12 f.; Wüst, JZ 1995, 991 f.; Boujong, in: FS Odersky, 745 ff, Raiser, ZGR 1995, 162 ff, insbes. 165 ff; allgemeiner zur „Finanzierungsver­ antwortung“: Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 4 f.; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 8; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 3; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 3. Siehe ferner

die Gesellschaft hinreichend zu kapitalisieren25 26. Eine derartige „Finanzierungsver­ antwortung“ könnte allerdings nur dann die Grundlage für eine Einstandspflicht sein, wenn es eine Pflicht der Gesellschafter gäbe, die Gesellschaft mit einem „angemessenen“ Eigenkapital auszustatten, welches in einer „vernünftigen“ Rela­ tion zu dem Geschäftsumfang und den damit entstehenden Risiken steht27. Da eine solche Pflicht nirgends positiv-rechtlich niedergelegt ist, und auch der Gesetzgeber ausdrücklich darauf verzichtet hat, einen Haftungstatbestand der Unterkapitalisie­ rung aufzunehmen28, gibt es von vornherein keinen Raum, eine derartige Ver­ pflichtung zu entwickeln29. Zudem ist die Annahme einer Pflicht zur „angemesse­ nen“ Kapitalausstattung nur schwer mit den §§ 5 I, 32a und 32b GmbHG zu ver­ einbaren30; auch ein Vergleich mit den §§ 10 KWG, 2 KAGG, 5 IV, 8, 15, 53 c 1 und 115 VAG zeigt, daß offensichtlich keine allgemeine Pflicht der Gesellschafter besteht, die Gesellschaft angemessen zu kapitalisieren, denn in den genannten Spezialgesetzen wird für die dort aufgeführten Unternehmen, hinsichtlich derer ein besonderer Vertrauensschutz der Öffentlichkeit besteht, die Bereitstellung eines angemessenen Haftkapitals vorgeschrieben, das sich an bestimmten Werten orien­ tiert. Gegen eine derartige Verpflichtung ist ferner einzuwenden, daß sie die Privatautonomie der Gesellschafter beschneidet, weil diese - abgesehen von den formalen Gründungsvoraussetzungen - dann nicht mehr eigenständig entscheiden könnten, in welcher Form und in welchem Umfang sie die Gesellschaft mit Eigen­ kapital ausstatten wollen31. Der wesentliche Grund, die Verpflichtung von Gesellschaftern, ihre Gesell­ schaft angemessen mit Eigenkapital auszustatten, abzulehnen ist indessen der Umstand, daß zu Beginn der Geschäftstätigkeit normalerweise noch offen ist, welches Eigenkapital tatsächlich für die Geschäfte in Zukunft erforderlich ist. Denn die Bedingungen für den Finanzbedarf eines Unternehmens sind von derart Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 10; G. Winter, 85, 99 und 107; Reinhardt, in: FS Lehmann II, 589 ff. 25 Siehe u.a. Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32a, Rn. 9; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 32a; BGHZ 105, 168, 175 f.; BGH NJW 1996, 3203. 26 Vereinzelt wird insoweit auch von einer „Ingerenz" gesprochen: Kiethe/Groeschke, BB 1997, 1957 ff, bes. 1958: Die Verpflichtung des Gesellschafters, insbesondere des herrschenden Unternehmens im Konzern solle sich ergeben aus einer vorangegangenen qualifizierten Nachteils­ zufügung durch eine unzulässige Risikoverlagerung seitens des Gesellschafters bzw. des herr­ schenden Unternehmens, da die unzureichende Ausstattung der Untergesellschaft mit finanziellen Mitteln die Überlebensfähigkeit der (beherrschten) Gesellschaft insgesamt beseitigt habe. Ähnlich auch OLG Dresden, GmbHR 1997,215 ff; dazu Wilken, WiB 1997,455 ff. 27 Vgl. auch Adams, Eigentum, 78 ff; Fabritius, 198 ff. 28 Siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 3; Vonnemann, 46 ff; Weitbrecht, 77 ff, jeweils mit weiteren Nachweisen. 29 Vonnemann, GmbHR 1992, 78; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 133; vgl. auch Hachenburg (-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 10; Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 58. 30 So auch Emmerich, in: Hommelhoff/Doralt, 84. 31 Vgl. den knappen Hinweis bei Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 10.

vielen - innerbetrieblichen wie marktbedingten - Faktoren abhängig, daß sich schlechterdings nicht durch (wirtschaftswissenschaftliche) Methoden mit rechtlich gebotener Sicherheit ex ante bestimmen läßt, wann eine Gesellschaft hinreichend kapitalisiert ist32. Daran ändern auch die Versuche nichts, gleichsam mit einer „Sicherheitsmarge“ die Unsicherheiten in der Bestimmung der „Unterkapitalisie­ rung“ auszuschalten, etwa indem nur eine „qualifizierte Unterkapitalisierung“ mit Haftungsfolgen verknüpft wird33. Letztlich wird damit nämlich keine Präzisierung gewonnen, sondern das ohnehin bestehende Problem um ein weiteres ergänzt, indem entschieden werden muß, wann eine „qualifizierte“ Unterkapitalisierung vorliegt. Genau betrachtet entpuppt sich das Problem der Unterkapitalisierung in Wirklichkeit ohnehin als eine Frage, die entweder in den Bereich des § 32a GmbHG fallt, wenn sich herausstellt, daß die Gesellschaft Kapital benötigt, aber auf dem Kapitalmarkt keines mehr bekommt34, oder aber die von § 64 GmbHG erfaßt wird, wenn die Vermögenssituation sich so entwickelt hat, daß die Gesell­ schaft konkursreif ist. Die krassen Ausnahmefalle, die gern als Beleg für eine Pflicht zur hinreichenden Qualifizierung genannt werden, wie z.B. die Gründung einer Fluggesellschaft als GmbH mit einem Eigenkapital, welches gerade dem Mindeststammkapital entspricht35, sind ohnedies regelmäßig mit dem Instrument des § 826 BGB in der we iten Auslegung, wie sie vom BGH in den „Unterkapita­ lisierungsfällen“ vertreten wird, zu erfassen36.

II. Ergebnis

Eine Pflichtverletzung hinsichtlich der Kapitalisierung der GmbH, die darauf beruht, daß die Gesellschaft nicht hinreichend mit Eigenkapital ausgestattet ist, läßt 32 Kamprad, GmbHR 1969, 170; Wüst, JZ 1985, 818; Vonnemann, GmbHR 1992, 79; ders., 134 ff; D. Schneider, Betr. 1986, 2293 ff; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 287; Begr. zum RegE 1971/73, BT-Drs. 7/253, HO; Arbeitskreis GmbH-Reform, 13 ff., 21 ff.; Hachenburg (-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 6 f.; K. Schmidt, JZ 1985, 305; ders., JZ 1984, 777; Raiser, ZGR 1995, 165 ff; Vonnemann, GmbHR 1992, 79 ff.; Boujong, GmbHR 1992, 208; ders., in: FS Odersky, 746; in Einzelheiten abweichend: Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 62. Anders aber etwa Wüst, JZ 1995, 991 f. 33 Zustimmung hat insoweit der Versuch Ulmers erhalten, die Unterkapitalisierung anhand mehrerer Komponenten zu bestimmen, siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 14 ff., 50; siehe dazu Raiser, ZGR 1995,165. 34 Dieser Gesichtspunkt ist interessanterweise auch einer der Aspekte, die Ulmer im Rahmen seiner Bestimmung der Unterkapitalisierung heranziehen will, siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. §30, Rn. 15. 35 BGHZ 31, 258. 36 BGHZ 68, 312, 315; BGH WM 1979, 230; vgl. zustimmend zur Tendenz des BGH die subjektiven Elemente des § 826 BGB nicht wirklich ernst zu nehmen (etwa Rückschluß von der Gefährlichkeit einer Handlung auf den bedingten Vorsatz, BGH WM 1979,230) Boujong, GmbHR 1992, 209; Weitbrecht, 86. Ausführlich zur Behandlung der Unterkapitalisierungsfragen in der Rechtsprechung Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 30, Rn. 43 ff.; Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 85.

sich nicht begründen. Demgemäß steht dem Konkursverwalter weder eine „Durch­ griffshaftung“ noch eine andere Form der Einstandspflicht wegen Unterkapitalisie­ rung zur Verfügung, um auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens oder das anderer Unternehmen in einem Konzern bei Konkurs einer abhängigen Konzemgesellschaft zurückgreifen zu können.

B. Eigenkapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen (§ 32a GmbHG) I. Einleitung Das zweite Instrument, das im Hinblick auf eine Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens für die Kapitalisierung der abhängigen Gesellschaft eine Rolle spielen kann, findet sich in den Vorschriften über eigenkapitalersetzende Regelungen. Zentralnorm ist dabei § 32a GmbHG, die von den Vorschriften der §§ 32b GmbHG und § 32a KO37 flankiert werden. Obgleich die Regelungen in ihrer Funktion auf dasselbe Ziel ausgerichtet sind, haben sie jedoch jeweils unter­ schiedliche Regelungsinhalte und werden daher nicht gemeinsam behandelt, sondern in ihrem jeweiligen Regelungskontext. D.h. § 32b GmbHG als Vorschrift, die im wesentlichen einen Schutz vor Umgehungen des § 32a II und III GmbHG gewährleisten soll, wird im Anschluß an § 32a GmbHG auf seine Eignung als Grundlage für den Zugriff des Konkursverwalters auf weitere Vermögen beleuch­ tet, während § 32a KO im Zusammenhang mit den konkursrechtlichen Anfech­ tungsregeln untersucht wird. § 32a GmbHG stellt die positiv-rechtliche Regelung der Vorstellung dar, daß ein Gesellschafter dann, wenn er sich in einer Krisensituation entscheidet, der Gesellschaft Kapital zuzuführen, weil auf dem Markt unter normalen Marktbedin­ gungen keine neuen Finanzmittel zu erhalten sind, Eigenkapital zuführen sollte38. Tut er dies nicht, sondern gibt statt dessen nur ein Darlehen, so soll dies für ihn im Konkurs der Gesellschaft Folgen haben. Diese Folgen wirken sich - jedenfalls im Anwendungsbereich der KO39 - für den Gesellschafter praktisch so aus, als „hafte“ er in Höhe des Darlehens. Kem dieser Regelung ist also die Verwehrung der Rückleitung eines Darlehens oder einer Rechtshandlung, die einem Darlehen wirt­ schaftlich entspricht, das bzw. die ein Gesellschafter oder ein „Dritter“ der Gesell37 Hinzuweisen ist auch auf § 3b AnfG, der aber hier außen vor gelassen werden kann, weil er unter den für die Untersuchung hier vorausgesetzten Prämissen nicht eingreift; vgl. ausführlich zu dieser Norm die Kommentierung bei Kilger/Huber, § 3b.

38 Wann genau dieser Zeitpunkt vorliegen soll, kann im einzelnen schwierig zu beurteilen sein, doch stellt dieser Umstand kein speziell für den Konzern zu lösendes Problem dar, deshalb kann an dieser Stelle auf die allgemeine Diskussion verwiesen werden, siehe Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 21 m.w.N. 39 Zu den Änderungen nach Inkrafttreten der InsO siehe oben § 2 B. I. 1. b.

schäft in einem Zeitpunkt gewährt hat, in welchem ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten, indem die betreffende Forderung im Konkurs der Gesellschaft nicht geltend gemacht werden kann (§ 32a I und III GmbHG). Ergänzt wird diese Bestimmung dadurch, daß ein Dritter, der der Gesellschaft innerhalb dieser bestimmten Zeit ein von einem Gesellschafter besi­ chertes oder verbürgtes Darlehen gegeben hat, im Konkurs seine Forderung inso­ weit nicht geltend machen darf, wie er von dem Gesellschafter Befriedigung erlan­ gen kann (§ 32a II GmbHG). Im Konkursverfahren bedeutet das, daß durch den Ausschluß der Geltend­ machung von Forderungen der Gesellschafter bzw. der Dritten auf Rückleistung des hingegebenen Darlehens oder der entsprechenden Leistung, diese den übrigen Gläubigem des Gemeinschuldners wie Eigenkapital haftet und damit im Konkurs die Haftungsmasse der insolventen Gesellschaft vergrößert. Insoweit wird bildhaft von einer „Umqualifizierung“ gesprochen. Dieser Begriff ist inhaltlich äußerst problematisch, weil noch nicht geklärt ist, welches der eigentliche Grund für eine derartige Umqualifizierung ist40. Gleichwohl soll im folgenden der Klarheit im Ausdruck Willen an diesem Begriff festgehalten werden. Vor diesem Hintergrund kommt der Vorschrift des § 32a GmbHG im Konzern eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Die Reichweite dieser Vorschrift ergibt sich in ihrer ganzen Ausprägung erst vor dem Hintergrund folgender Über­ legungen. Gerät ein abhängiges Konzernunternehmen in die Krise, besteht für das Mutterunternehmen entweder die Möglichkeit, das betreffende Unternehmen für „verloren“ zu erklären und innerhalb des Konzerns durch den Konkurs des betref­ fenden Unternehmens gleichsam eine Art Schadensbegrenzung vorzunehmen, damit sich - nach Lutter - aus dem „Stubenbrand“ kein „Hausbrand“ entwickelt. Oder es kann versuchen, die Tochtergesellschaft durch Kapitalzufuhr aus der Krise zu befreien. Dies kann entweder dadurch geschehen, daß ihr das Mutterunter­ nehmens als Gesellschafter oder andere Gesellschafter Eigenkapital zuführen oder dadurch, daß diese bzw. ein Dritter ihr ein Darlehen oder eine andere Leistung gewähren. Der Vorteil der Hingabe eines Darlehens oder einer entsprechenden Leistung liegt darin, daß das Kapital für das Mutterunternehmen bzw. die anderen Gesellschafter noch disponibel bleibt und für sie selbst damit kein „verlorenes“ Kapital ist, und es damit einem gedachten „Konzemkapitalstock“ nicht endgültig als liquides Mittel entzogen wird. Die Sanierung von Tochterunternehmen durch die Hingabe von Fremdkapital statt Eigenkapitals ist für die Konzemmutter in der Regel die kostengünstigere Alternative. Zudem kann das finanzielle Risiko der Sanierung im Rahmen gehalten werden, wenn bei Scheitern der Sanierung das hingegebene Kapital wieder zurückgeführt werden könnte. Gleichzeitig erwachsen den außenstehenden Gläubigem durch die kapitalersetzenden Darlehen und den diesen gleichstehenden Leistungen Gefahren. Diese beruhen im wesentlichen darauf, daß im Geschäftsverkehr der Eindruck erweckt wird, als sei die betreffende

40 Zur Kritik siehe u.a. Koppensteiner, WB1. 1996,489 ff.; Grunewald, GmbHR 1997,7 ff.

Untergesellschaft angemessen mit Kapital ausgestattet. Die durch das Darlehen begründete Solvenz bildet einen Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Leistungsund Lebensfähigkeit dieser Gesellschaft41. Dabei kann aber verschleiert werden, daß die Finanzschwierigkeiten der Gesellschaft so weit gediehen sind, daß sie auf dem Markt grundsätzlich keine oder nur zu wesentlich erschwerten Konditionen Kredite bekommen können. Für die Gläubiger stellt sich diese Situation nicht selten als eine Abwälzung des Finanzierungsrisikos der Gesellschaft auf sie oder sogar als Ausdruck der Spekulation der Gesellschafter auf ihrem Rücken42 dar. Darüber hinaus verkörpern auch aus der allgemeinen Perspektive des Marktes eigenkapitalersetzende Darlehen erhebliche Gefahren: Geht man nämlich davon aus, daß der Markt gewisse „Selbstreinigungskräfte“ freisetzen kann, um „Leichen“ aus dem Geschäftsverkehr zu eliminieren und damit das Risiko für andere Teilnehmer am Geschäftsverkehr, mit einer „Skelett-Gesellschaft“ Ge­ schäfte zu machen, zu verringern43, so können eigenkapitalersetzende Darlehen durchaus als Verzögerung dieses Selbstreinigungsprozesses des Marktes verstan­ den werden. Insoweit ist zu recht pointiert von einer künstlichen Verlängerung des Todeskampfes der Gesellschaft zu Lasten der außenstehenden Gläubiger gespro­ chen worden44. Dies wiederum fuhrt aber zu einer Erhöhung der Unsicherheit im Wirtschaftsverkehr und damit zu einem Ansteigen der Kosten, die die Akteure jeweils für Informationen und Sicherung aufwenden müssen. Diese abstrakte Gefahren der Hingabe von Darlehen oder entsprechenden Leistungen durch die Konzemmutter, anderen Gesellschaftern oder Dritten wird zu einer konkreten Gefahr, wenn die Untergesellschaft in die Krise gerät und das herr­ schende Unternehmen oder eine Schwestergesellschaft ihre Darlehen dann abzie­ hen wollen, indem sie diese als Konkursforderung anmelden. Ließe man die Gesellschafter oder die Dritten mit ihren Forderungen im gleichen Rang wie außenstehende Kreditgeber an der Verteilung der Konkursmasse teilnehmen, so würde die Konkursquote zu Lasten der konzernexternen Gläubiger geschmälert45. Damit würde nicht nur ein Teil der unternehmerischen Risiken auf die außenste­ henden Gläubiger abgewälzt werden können46, sondern genauer betrachtet, haben die Gesellschafter die Möglichkeit das im Verhältnis zum Kreditrisiko höhere Eigenkapitalrisiko zu verschieben, dabei aber gleichzeitig mit ihrem Gesellschafts­ anteil die ungeschmälerte Chance unternehmerischen Erfolgs zu behalten47. Allgemeiner Grundgedanke des Gläubigerschutzes in der Insolvenz einer GmbH 41 BGHZ 75, 334, 338; Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 31, 18. 42 So ausdrücklich Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 3; vgl. auch Röhricht, 318; Henze, 179 f. 43 So Wüst, 15; Boujong, GmbHR 1992, 209; der Sache nach auch BGHZ 109, 55, 57 und BGHZ 126, 181, 194 ff. 44 Boujong, GmbHR 1992,209; eher kritisch Hüffer, ZHR 153 (1989), 335. 45 BGHZ 109, 55, 57. 46 Vgl. BGH WM 1972, 74, 75; BGHZ 90, 381, 388; Lutter, ZIP 1989, 477, 478; Boujong, GmbhR 1992,209; Kamprad, 5; Hommelhoff, ZGR 1988,489. 47 Vgl. Immenga, ZIP 1983, 1407; Vonnemann, 59.

durch § 32a GmbHG ist also, durch die Gleichstellung von Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen zu verhindern, daß ein Gesellschafter, der die notleidende Gesellschaft nicht durch die sonst gebotene Zuführung fehlenden Eigenkapitals, sondern durch Darlehen in der Krise am Leben zu halten sucht, das damit verbun­ dene Finanzierungsrisiko auf außenstehende Gläubiger abwälzen kann. Aus § 32a GmbHG ergeben sich damit die Mindestanforderungen für den Fall, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft aus ihrer Krise helfen wollen. Es geht konkret darum, daß die Konzemmutter bzw. die anderen Gesellschafter im Konzern der in Schwierigkeiten geratenen Tochter zwar durchaus Kapital in Form von Darlehen oder entsprechenden Leistungen Zufuhren können und diese je nach Abrede auch wieder abgezogen werden dürfen, so daß diese dem betroffenen Unternehmen deshalb nicht wie eigenes Kapital zur Verfügung steht. Doch treffen sie die Folgen der Hingabe anderer Leistungen als der Zurverfügungstellung von Eigenkapital im Konkurs der Gesellschaft. Dann sollen sie die Folgen dessen tragen, daß sie eine Finanzierungsform gewählt haben, die die potentiellen, ihnen als Gesellschafter aufgebürdeten Risiken mit dem Betrieb der Gesellschaft auf die konzernexternen Gläubiger verschoben hat. In welchem Umfang die Masse auf diesem Weg (indirekt) vergrößert wird, wird der Kem der folgenden Untersuchung sein. Zweckmäßigerweise sind dabei zwei Ebenen zu unterscheiden. Zunächst ist zu fragen, wer in einem Konzern als Adres­ sat des § 32a GmbHG erfaßt wird. In einem zweiten Schritt ist dann zu unter­ suchen, in welchem Umfang Vermögen dieser Adressaten in der Konkursmasse des abhängigen Unternehmens bleibt. II. Adressaten des § 32a GmbHG

1. Allgemeines Adressaten des § 32a I GmbHG sind die Gesellschafter der GmbH. In einem GmbH-Konzern sind dies regelmäßig das herrschende Unternehmen und mögli­ cherweise auch noch Schwesterunternehmen der nunmehr insolventen GmbH. Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich lediglich die Voraussetzung, daß der Dar­ lehensgeber einen Geschäftsanteil innehat. Wie hoch dieser Anteil sein muß, ist umstritten. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß ein Darlehen selbst dann eigenkapitalersetzend sei, wenn der Gesellschafter mit seinem Geschäftsanteil nur Anlageinteressen, nicht aber unternehmerische Eigeninteressen verfolge48. Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des § 32a GmbHG wird dagegen aber gemeint, diese Vorschrift sei ein Ausgleichsinstrument für eine Finanzierungsent­ scheidung der Gesellschafter einer GmbH, die von dem als „richtig“ fingierten 48 Rowedder(-Rowedder), § 32a, Rn. 13; Hess/Kropshofer, § 32a KO, Rn. 47; v. Gerkan, GmbHR 1986, 221; Ulmer, ZIP 1984, 1164 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 17; Scholz (-Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 30; Fleck, in: FS Werner, 120 ff.

Verhalten eines „ordentlichen Kaufmanns“ abweiche. Für die Entscheidung, der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren, statt Eigenkapital nachzuschießen, könnten aber nur diejenigen Gesellschafter zur Verantwortung gezogen werden, die ein gewisses Mitspracherecht für die Kapitalisierung bzw. allgemeiner für die Ge­ schäftsführung oder Unternehmenspolitik hätten49. Andersherum gewendet fehle es an einer durch die Beteiligung vermittelten Unternehmerstellung im Sinne der Verantwortlichkeit für finanzpolitische „Rettungsmaßnahmen“ für die GmbH, wenn dem Gesellschafter wegen seines geringen Anteils kein Einfluß auf die Unternehmenspolitik der Gesellschaft möglich sei50. Der entscheidende Aspekt für die Beantwortung der Frage, wie hoch der Anteil der Gesellschafter für eine Anwendung des § 32a I GmbHG auf sie sein müsse, ergäbe sich also aus dem Ein­ fluß auf die Unternehmenspolitik und damit letztlich auch auf die Kapitalisierung der Gesellschaft, die dem betreffenden Gesellschafter zusteht. Die Grenze, ab welcher ein Gesellschafter dieser Einfluß nicht mehr zusteht, könne gezogen werden bei einem Anteil am Stammkapital, der unter 10% liege. Denn ab einem Geschäftsanteil von 10% des Stammkapitals kann ein Minderheitsgesellschafter aufgrund der ihm zustehenden Informationsrechte nach § 51a GmbHG und der ihm zustehenden Minderheitsrechte gemäß § 50 GmbHG - jedenfalls theoretisch - auf die Geschäftsführung der GmbH Einfluß nehmen51. 52 Aufgrund dieser Erwägung hat die Bundesregierung im sogenannten Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz vorge­ sehen, daß § 32a III GmbHG um folgenden Satz 2 erweitert wird: ,J)ie Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten nicht für den nichtgeschäftsfuhrenden Gesell­ schafter, der mit zehn vom Hundert oder weniger am Stammkapital beteiligt ist." 52. Damit sollen die sogenannten „Zwerganteile“ aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herausgenommen werden. Als Begründung wird das Bedürfnis nach Klarstellung und Deregulierungsbedarf, sowie das Streben nach größerer Rechts­ sicherheit genannt53. Dem Bundesrat ist diese Ausnahmeschwelle noch nicht weit genug gegangen. Er vertrat die Ansicht, sie müsse auf einen Anteil von 25% hoch­ gesetzt werden54. Aufgrund dieses Streites ist die Einführung einer Zwerganteils­ klausel im Rahmen des § 32a GmbHG bislang unterblieben55. Die Diskussion um die Herausnahme nichtunternehmerischer Kleinbeteiligungen ist freilich äußerst kontrovers. Sie reicht von Zustimmung bis hin zu fundamentaler Kritik an den

49 Vgl. BGHZ 90, 381, 389 f. 50 Umstritten, zum Streitstand vgl. Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 17 ff.; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 30; Lutter/Hommelhoff, §§§ 32a/b, Rn. 55 ff. 51 Vgl. Immenga, ZIP 1983, 1409 ff.; Hommelhoff, Zur Haftung bei unternehmerischer Betei­ ligung an Kapitalgesellschaften, 35 f.; Kreis, 92 ff.; Obermüller, 367 f. 52 BT-Drs. 13/7141. 53 BT-Drs. 13/7141, 11 - speziell zu diesen Motiven siehe kritisch Goette, ZHR 162 (1998), 227 ff. 54 Vgl. BT-Drs. 13/7141 mit der amtlichen Begründung, der Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung. 55 Vgl. Seibert, GmbHR 1998, 309 ff.

gesamten Eigenkapitalersatzregeln56. Die Kritik an der geplanten Regelung bzw. an der bereits de lege lata angenommenen Ausnahme der Zwerganteile ist berech­ tigt. Hält man sich das Beispiel der Beteiligungen an einer abhängigen GmbH in einem Konzern vor Augen, so wird unmittelbar deutlich, daß eine starre Grenze, ab welcher ein nichtunternehmerischer Gesellschafter nicht in den Anwendungs­ bereich des § 32a GmbHG fällt, zu nicht tragbaren Ergebnissen fuhrt. Würden nämlich die Fälle, in denen ein Gesellschafter - etwa das Mutterunternehmen zwar keine 10% der Anteile besitzt, dennoch (faktisch) auf die Geschäftspolitik Einfluß nehmen bzw. diese bestimmen kann, von § 32a GmbHG nicht erfaßt werden, entstünde eine gefährliche Lücke im Schutz der Gläubiger vor den Gefah­ ren eigenkapitalersetzender Darlehen57. Zudem geht die Zufügung eines § 32a III 2 GmbHG an dem eigentlichen gesetzgeberischen Ziel vorbei. Es ist nämlich bereits jetzt schon vorhersehbar, daß die Neuregelung zu Umgehungen einladen und die Rechtsprechung Rückausnahmen von der Ausnahme entwickeln muß, die zu einer weiteren Verkomplizierung der Materie fuhren wird58. Schließlich setzt die geplante Regelung auch inhaltlich falsch an. Was mit ihr wirklich gewollt wird, ist nämlich nicht in erster Linie die Herausnahme nichtunternehmerischer Kleinbetei­ ligungen59, sondern die Schaffung eines Anreizes für Kreditgeber, einer GmbH in der Krise Mittel zu bewilligen, ohne dabei Gefahr zu laufen, daß die mit der Stel­ lung als Kreditgeber möglicherweise einhergehende Kleinbeteiligung an der GmbH dazu fuhrt, daß der gewährte Kredit in der Insolvenz nicht mehr oder nur an letztem Rang geltend gemacht werden kann. Damit geht es letztlich um ein Sanie­ rungsprivileg. Ein solches über die Herausnahme der Zwerganteile aus dem Anwendungsbereich des § 32a GmbHG durchsetzen zu wollen, ist der falsche Weg. Denn damit wird die Voraussetzung geschaffen, weit mehr Löcher in die Haftungsmasse einer insolventen GmbH zu reißen, als im Vorfeld Kreditgeber zu animieren, Geld in die GmbH zu investieren60. Damit ist zugleich eine zweite Einschränkung angesprochen, die hinsichtlich des Adressatenkreises des § 32a GmbHG erwogen wird, nämlich für solche

56 Positiv zu den Änderungen haben sich etwa geäußert Claussen, GmbHR 1996, 321 f., und wohl auch Hirte, RWS-Forum 10, 145; v. Gerkan, GmbHR 1997, 678 ff.; kritisch dazu Altmeppen, ZIP 1996, 1455; K. Schmidt, ZIP 1996, 1586 ff.; Karollus, ZIP 1996, 1893, der einen Altemativvorschlag unterbreitet; ders., ÖBA 1997, 108 ff.; Pape/Voigt, DB 1996, 2113; Pentz, BB 1997, 1265; Goette, ZHR 162 (1998), 226 ff.; Habersack, ZHR 162 (1998), 208 ff. Für eine Abschaffung bzw. ein grundlegendes Überdenken der Eigenkapitalersatzregeln etwa Grunewald, GmbHR 1997,7; Koppensteiner, WB1. 1997,489 ff. 57 So auch die Befürchtungen der Gegner der Novellierung des § 32a GmbHG; siehe etwa K. Schmidt, ZIP 1996, 1588; Altmeppen, ZIP 1996, 1455; Karollus, ZIP 1996, 1893 f.; ders., ÖBA 1997, 109 f. und 111 f.; Goette, ZHR 162 (1998), 227 f. 58 Habersack, ZHR 162 (1998), 240; ähnlich auch Goette, ZHR 162 (1998), 228; v. Gerkan, GmbHR 1997, 679 ff.; Pape/Voigt, DB 1996,2115 f.; K. Schmidt, ZIP 1996, 1588 f. 59 Zur Problematik der sog. „Witwen und Erbtanten“ siehe Goette, ZHR 162 (1998), 227 f. 60 Im Ergebnis ebenso Habersack, ZHR 162 (1998), 210.

Gesellschafter, die institutioneile Kreditgeber sind61. Ein sogenanntes „Banken­ privileg“ ist jedoch, jedenfalls soweit es sich um den Anwendungsbreich des § 32a I GmbHG handelt, abzulehnen. Der Hauptgrund dafür liegt darin, daß eine Tren­ nung der Rolle als Hausbank von der des Gesellschafters praktisch nicht möglich ist, so daß insoweit erhebliche Spielräume für einen Mißbrauch eröffnet würden62. Das Argument, daß durch die Anwendung des § 32a I GmbHG auf die Bankdar­ lehen möglicherweise die Bereitschaft der Banken beeinträchtigt würden, sich an der Sanierung in die Krise geratener Gesellschaften zu beteiligen, ist zwar nicht von der Hand zu weisen, doch spielt dieses Argument weniger an dieser Stelle eine Rolle als bei der Frage, ob Banken als Dritte im Sinne des § 32a III GmbHG anzu­ sehen sind. Soweit sich die Banken darauf einlassen, eine Gesellschafterposition einzunehmen, müssen sie sich behandeln lassen wie jeder andere Gesellschafter auch63; wollen sie dies nicht, so müssen sie in der Position des externen Kredit­ gebers bleiben. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Bank nur eine Zahlstellenfunktion für einen dritten Kreditgeber hat64. Einen anderen Weg möchte freilich der Gesetzgeber einschlagen. In dem am 5.3.1998 vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)65 ist ein Sanierungsprivileg vorgesehen, welches als Satz 3 des § 32a III GmbHG Geltung erlangen soll. Es lautet: .yErwirbt ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise, führt dies für seine bestehenden und neugewährten Kredite nicht zur Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz^. Diese Bestimmung will den Anteils­ erwerb in der Krise einer GmbH erleichtern. Sie hat denjenigen Darlehensgeber im Blick, dessen Kredite erst durch einen solchen Erwerb in die Gefahr der späteren Nichtgeltendmachung geraten. Es geht damit um Kreditgeber, die bisher nicht an der Gesellschaft beteiligt waren. Engagiert sich ein solcher Kreditgeber nun als Gesellschafter, so soll er nicht dadurch „bestraft“ werden, daß seine stehengelas­ senen Kredite eigenkapitalersetzend werden. Es handelt sich demnach um eine bestandschützende Norm66. Gegen das Gesetz hat der Bundesrat indes Bedenken angemeldet, so daß abzuwarten bleibt, welchen Weg der Gesetzgeber schlußend­ lich einschlagen wird. 61 Anders jedoch Claussen, ZHR 147 (1983), 219; ders., GmbHR 1996, 316 ff.; Menzel, AG 1982, 203; Rümker, ZIP 1982, 1392 f.; Uhlenbruck, GmbHR 1982, 150; Gersch/Herget/ Marsch/Stützle, Rn. 250. 62 Zutreffend Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 39. 63 So auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 18; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 39; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 34; Fleck, in: FS Werner, 125; Ullrich, GmbHR 1983, 143. Zur Rolle der Banken in Konzemuntemehmen insbesondere im Hinblick auf „konzemeigene“ Haus­ banken siehe instruktiv Kirchner, Japanische Unternehmensgruppen (keiretsu) im deutschen Konzemrecht, insbes. III. f. 64 Weitgehend einhellige Meinung, siehe statt aller, Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 39; v. Gerkan/Hommelhoff, 79 f., 85 ff; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 18. 65 BT-Drs. 13/10038. 66 Seibert, GmbHR 1998, 310.

Nicht von den etwaigen Änderungen durch das KonTraG erfaßt67 und ebenfalls keine Sonderbehandlung im Rahmen des § 32a GmbHG können Sanierungskredite der (bisherigen) Gesellschafter erfahren68. Zum einen wird es kaum möglich sein, ein Darlehen, das ein Unternehmen in der Krise erhält, von einem Sanierungsdar­ lehen zu unterscheiden. Aber selbst, wenn man dies theoretisch könnte, handelt es sich bei dieser Form des Darlehens letztlich um nichts anderes als um eine Dar­ lehenshingabe, die auf besondere Motive und Zielsetzungen des Gesellschafters gestützt wird, die als „innere Tatsachen“ dem Beweis nicht zugänglich sind. Mit der Herausnahme von Sanierungsdarlehen aus dem Anwendungsbereich des § 32a GmbHG wäre deshalb die Basis für ein weitgehendes Leerläufen der Regeln über den Kapitalersatz geschaffen; im Zweifel würde jeder Gesellschafter dann immer behaupten, sein Kredit sei in der Absicht gegeben worden, seine gestrauchelte Gesellschaft zu sanieren. Mit Hilfe des § 32a I GmbHG werden also alle Darlehen oder vergleichbare Leistungen von den Gesellschaftern in einem Konzern erfaßt. In GmbH-Konzernen ist dies in aller Regel das herrschende Unternehmen; es können aber auch Schwesterunternehmen des Gemeinschuldners mit Anteilsbesitz und externe Gesellschafter erfaßt werden. 2. Erweiterung des Adressatenkreises von § 32a GmbHG

Die erhebliche Bedeutung des § 32a GmbHG im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens besteht nun darin, daß § 32a GmbHG mittels Absatz 3 die Rechtsfolgen von der formalen Gesellschafterstellung löst und den Adressatenkreis erweitert auf diejenigen andere Konzemuntemehmen und Außenstehende, die als „Dritte“ qualifiziert werden können69. Es können damit in bestimmtem Rahmen auch konzerninterne wirtschaftliche Leistungen erfaßt werden, die von Konzem­ untemehmen ohne Gesellschaftsanteile oder nur mit Zwerganteilen an der Gemein­ schuldners an jene geleistet wurden. Das ist insoweit im wesentlichen unstreitig70, zumal sich eine solche Auffassung auch auf die Entstehungsgeschichte des § 32a III GmbHG stützen kann. Der Regierungsentwurf zur GmbH-Noveile bestimmte noch in § 32a V 5 RegEntw 1977 ausdrücklich, daß Forderungen, Sicherungen 67 Seibert, GmbHR 1998, 310; etwas anderes wird nur dann gelten, wenn die 10%-Klausel des vorgesehenen § 32a III 2 GmbHG Wirklichkeit wird. Dann wäre nämlich ein Gesellschafter, der einen Anteil von unter 10% hat und der Gesellschaft in der Krise einen Kredit gibt und zudem seinen Anteil auf über 10% aufstockt, von dem neuen § 32a III3 GmbHG erfaßt. 68 Siehe dazu Vollmer/Maurer, DB 1993, 2315; Kruppa, 90 f.; dezidiert anderer Auffassung Kallmeyer, GmbHR 1998, 307 f. 69 Vgl. dazu Karollus, in: FS Claussen, 204 ff.; Noack, GmbHR 1996, 153 ff. 70 Vgl. statt aller Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 121; Scholz(-K. Schmidt), § 32a/b, Rn. 120; Deutler, GmbHR 1980, 149; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 24; BGHZ 105, 168, 176 f.; BGH NJW 1992, 1167, 1168; vgl. auch Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 76; dagegen aber Geßler, BB 1980, 1391; Roth, 2. Aufl., § 32a, Anm. 5.5. (nur Beweiserleichterung).

oder Bürgschaften eines mit einem Gesellschafter oder mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmens sowie eines Dritten, der für Rechnung des Gesell­ schafters oder eines mit ihm oder der Gesellschaft verbundenen Unternehmens handelt, den eigenen Forderungen, Sicherungen oder Bürgschaften gleichgestellt werden sollen. Diese spezielle Regelung ist dann statt in einer Einzelregelung modifiziert in der endgültigen Form des § 32a GmbHG in dessen Generalklausel des Absatzes 3 aufgegangen71. Die Einzelheiten bezüglich der Bestimmung des Dritten sind jedoch vielfach umstritten72. Eine weitere Verkomplizierung tritt zusätzlich dadurch ein, daß Absatz 3 eine Gleichstellung Dritter nur soweit erlaubt als die Leistung des Dritten wie die eines Gesellschafters anzusehen ist. Damit werden in Wirklichkeit zwei Fälle angespro­ chen. Zum einen geht es um die sogenannten Strohmann-Fälle und zum anderen um die „echte“ Gleichstellung. a) Die sogenannten Strohmann-Fälle Verhältnismäßig unproblematisch sind all die Fälle, in denen die Mittel des herrschenden Unternehmens über ein anderes Tochterunternehmen des Konzerns an das abhängige Konzemuntemehmen kommen, also wo statt des Gesellschafters ein Dritter als mittelbarer Stellvertreter der Gesellschaft in der Krise ein Darlehen mit Mitteln oder für Rechnung des Gesellschafters gewährt oder eine andere von § 32a III GmbHG erfaßte Rechtshandlung vornimmt. Hier handelt die Schwester nur als Strohmann, so daß nach allgemeiner Meinung ein solcher Dritter wie ein Gesellschafter behandelt werden kann, daß also im Konkurs diese Leistungen (zu Lasten des Mutterunternehmens) nicht geltend gemacht werden können73. Gleiches gilt auch dort, wo die Mutter der Schwester zuvor die Mittel schenkungsweise eingeräumt und dies mit der Maßgabe verknüpft hat, diese Mittel sodann der Tochter als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Dabei muß jedenfalls bei der Schenkung zwischen der Mutter und der Schwester zumindest konkludent auch die Abrede getroffen worden sein, daß im Fall des Rückflusses des Kapitals aus der Gesellschaft im Konkursfall, die ehemals geschenkten Mittel wieder an den Schenkenden zurückfließen. Ansonsten wäre kein Umgehungstatbestand gegeben.

71 Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 121; Rowedder(-Rowedder), § 32a/b, Rn. 17 Kamprad, 43, Kühbacher, 88 f.; K. Schmidt, ZIP 1981, 694. 72 Vgl. ausführlich Kühbacher, 88 f.; v.Gerkan/Hommelhoff, 122 ff.; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 24; Rowedder(-Rowedder), § 32a, Rn. 17; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 120 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 24. 73 BGHZ 81, 311, 315 f.; BGH GmbHR 1984, 18 f.; BGH GmbHR 1986, 113, 114; OLG Celle, ZIP 1985, 100; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 26; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 61; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 119; Rowedder(-Rowedder), §§ 32a^, Rn. 24; v. Gerkan, GmbHR 1986, 223; K. Schmidt, ZIP 1981, 694; Kamprad, 45; Gersch/Herget/Marsch/ Stützle, Rn. 277; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32a, Rn. 58.

Die Einbeziehung dieser „Strohmann-Fälle“ liegt folgende, darüber hinaus sinn­ gemäß auch für die Bestimmung anderer, Dritter" wichtige Überlegung zugrunde: Der § 32a GmbHG dient dazu, eine Ausnutzung der Doppelstellung, die ein darlehnsgewährender Gesellschafter inne hat, zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger zu verhindern. Diese Gefahr ist aber nicht nur bei einem eigenen Handeln des Gesellschafters, sondern (besonders) auch bei der Zwischenschaltung eines Stroh­ manns gegeben74. Insbesondere ändert sich durch den „dazwischen geschobenen“ Strohmann auch nichts an dem wirtschaftlich ja gerade riskanten (und daher von den Rechtsfolgen der §§ 32a und 32b GmbHG zu erfassen gesuchten) Weiter­ arbeiten der Gesellschaft in der Krise mit einer besonders „labilen“ Kapitalaus­ stattung. Denn der Strohmann übernimmt kein eigenes Risiko, er handelt vielmehr weisungsgebunden auf Kosten des Gesellschafters mit dessen Mitteln, unabhängig davon, ob er sie nun selbst zur Verfügung gestellt hat oder ob er die aufgewendeten Mittel verabredungsgemäß dem Dritten nachher erstattet. Entscheidend ist nur, daß es sich direkt oder indirekt um das Kapital des Gesellschafters handelt. Es wird also lediglich eine andere Person zum Vertragspartner der GmbH, der Vorgang der Kapitalausstattung mithin nur juristisch anders ausgestaltet. Der Gesellschafter steht aber als Geldgeber mit eigenem Interesse an der Erhaltung der GmbH hinter der Mittelzuführung, so daß eine funktionale Abweichung gegenüber einer eigenen Mittelzuführung durch ihn selbst nicht vorliegt75. Auf den hier interessierenden Fall eines in Konkurs gefallenen, abhängigen Konzemuntemehmens bezogen bedeutet dies also, daß alle Leistungen von § 32a III GmbHG tatbestandsmäßig erfaßt werden, die von dem herrschenden Unternehmen als Gesellschafter des Gemeinschuldners an ein weiteres Konzemuntemehmen gegeben wurden76, damit jenes diese an ihn weitergeben werde. Damit können mittels § 32a III GmbHG insbesondere eine Reihe von cash-flow-Mechanismen innerhalb von Konzem­ strukturen erfaßt werden und zur anderweitigen Verwertung in der Masse bleiben, die ansonsten im Konkurs der Empfängerin möglicherweise in dem undurchsich­ tigen System der „allgemeinen Konzemfinanzen“ versiegen würden.

b) „ Echte Gleichstellung^ - Einbeziehung von Schwesterunternehmen in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG aa) Wesentlich komplizierter liegt der sehr umstrittene, aber in der Konzempraxis wichtige Fall, wo die Mutter als Gesellschafter ihrer Tochter weder in eigener Person noch durch einen Strohmann (ihr) Kapital zugeführt hat, sondern dies von anderen mit deren eigenen Mitteln getan wurde, deren Handlung sich die Mutter

74 Siehe Noack, GmbHR 1996, 155, der von Zahlungsmittler spricht; vgl. dazu auch Karollus, in: FS Claussen, 205. 75 So ausdrücklich Bäcker, 171. 76 Dabei ist es sogar irrelevant, ob dieses Unternehmen selbst wieder Gesellschafter des Gemeinschuldners ist oder nicht.

aber als eigene zurechnen lassen muß77. Im Regelfall weist dann das herrschende Unternehmen eine Tochtergesellschaft, die kein Gesellschafter der betreffenden anderen abhängigen Gesellschaft ist78, an, ein Darlehen an jene zu gewähren und verrechnet dieses Darlehen später mit anderen Forderungen der Tochtergesellschaft an sie. Konkret geht es also darum, ob auch die Leistung eines Tochterunter­ nehmens an seine Schwester - der späteren Gemeinschuldnerin - aus eigenen Mitteln von § 32a III GmbHG als eigenkapitalersetzendes Darlehen oder eine dem wirtschaftlich entsprechende Leistung erfaßt werden kann, wenn deren gemein­ same Mutter Gesellschafter des späteren Gemeinschuldners ist. Zugespitzt läßt sich fragen, ob vielleicht sogar alle Leistungen von anderen Konzemuntemehmen in der Krise einer abhängigen GmbH im Konzern als eigenkapitalersetzendes Dar­ lehen oder als gleichwertige Leistung qualifiziert werden können, wenn nur eines der anderen Konzemuntemehmen Gesellschafter bei der betreffenden GmbH ist. Damit könnte es gelingen, Gläubiger des Gemeinschuldners, die aus demselben Konzern stammen, weitgehend von der Verteilung der Masse fernzuhalten und damit die Quote für die konzernexternen Gläubiger erheblich zu vergrößern. In der Literatur und Rechtsprechung ist im Hinblick auf die ursprüngliche Fassung des § 32a V RegEntw 197779 die weitgehende Einbeziehung von mit der Gesellschaft oder einem Gesellschafter verbundenen Unternehmen als Dritter aner­ kannt80. Grund dessen waren folgende Überlegungen: Wenn es allein nur den Gesellschaftern verwehrt wäre, die Rückgewähr eines kapitalersetzenden Dar­ lehens oder einer gleichgestellten Rechtshandlung im Konkurs der GmbH geltend zu machen, würden mannigfaltige Umgehungsmöglichkeiten hinsichtlich der Regeln über die Behandlung der eigenkapitalersetzenden Darlehen eröffnet. Mit der Einbeziehung „Dritter“ sollen deshalb auch die Fälle erfaßt werden können, in denen das Darlehen oder die entsprechende Leistung zwar nicht rechtlich, wohl aber wirtschaftlich vom Gesellschafter stammt; insbesondere die Fälle, in denen ein Dritter der GmbH als mittelbarer Stellvertreter für den Gesellschafter ein eigenkapitalersetzendes Darlehen mit Mitteln oder für Rechnung des Gesell­ schafters gewährt. Denn es ist für den Interessenkonflikt, den § 32a GmbHG zu lösen versucht, gleichgültig, ob das Kapital, das als Eigenkapital seitens des Gesellschafters hätte beigebracht werden müssen, als eigenkapitalersetzendes Darlehen oder als entsprechendes commodum vom Gesellschafter gegeben wurde, oder ob zwar formal außenstehende Dritte dieses Kapital aufbrachten, es aber in einer Art und Weise dem Gesellschafter zuzurechnen ist, daß es so angesehen werden kann, als stamme es aus seinem Vermögen und sei in Wirklichkeit sein 77 Siehe Noack, GmbHR 1996, 154 ff. 78 Zur horizontalen Finanzierung durch eine nicht beteiligte Schwestergesellschaft siehe Noack, GmbHR 1996, 156 ff.; Priester, ZBB 1989, 36 und siehe auch BGH ZIP 1992,242, 244. 79 BT-Drs. 8/1347, S. 10. 80 BGHZ 81, 311, 315; BGHZ 105, 168, 176 f.; BGH NJW 1992, 1167, 1168; BGHZ 121,31, 35; BGHZ 127, 1, 5; Hachenburg(-Uhner), §§ 32a/b, Rn. 121; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 24; v. Gerkan/Hommelhoff, 122 ff.; Kühbacher, 88 f.; Kamprad, 43.

kapitalersetzendes Darlehen bzw. eine entsprechende Leistung. Durch die im Konzern aufgrund der Beherrschungslagen ansonsten bestehenden Möglichkeiten der Gewährung eigenkapitalersetzender Darlehen unter Umgehung der Rechts­ folgen des § 32a GmbHG ergibt sich unmittelbar die prinzipielle Rechtfertigung für die Einbeziehung von Gesellschaften in den Adressatenkreis, die mit einem Gesellschafter des nunmehr insolventen Unternehmens oder mit diesem Unter­ nehmen selbst verbundenen sind, ohne aber (genügend) Anteile an ihm zu besit­ zen81. bb) Problematisch ist indes die für eine mögliche Gleichbehandlung von anderen Unternehmen aus dem Verbund, die keine Gesellschafter des Gemeinschuldners sind, mit der Konzemmutter relevante Frage, wie eng der Verbund der Unter­ nehmen sein muß, damit die Rechtsfolgen des § 32a GmbHG auch diese Schwestergesellschaften treffen können82. Grundsätzlich anerkannt ist, daß der Umstand, daß zwischen krediterlangender Gesellschaft und drittem Kreditgeber eine wirtschaftliche Einheit besteht, die Gleichstellung mit dem Gesellschafter der GmbH erfordert. Dies soll bei den in § 18 AktG genannten Konzernen, sowie bei einem sogenannten „qualifizierten faktischen Konzern“ der Fall sein. Dabei ist es im Ergebnis freilich irrelevant, ob man zu diesem Ergebnis kommt, indem man diese Umstände materiell-rechtlich qualifiziert83 oder prozeßrechtlich sieht, näm­ lich unter Annahme einer unwiderleglichen Vermutung für die wirtschaftliche Einheit annimmt84; zu kurz greift jedenfalls eine einfache Beweiserleichterung und Ablehnung einer Zurechnung im Sinne von § 32a III GmbHG85, weil damit die Umgehungsmöglichkeiten des § 32a I GmbHG in komplexen Konzemstrukturen nicht hinreichend gewürdigt werden. Eindeutig ist auch, daß bei einer Betriebsauf­ spaltung zwischen den einzelnen Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit besteht, die es rechtfertigt, Darlehen einer nunmehr selbständigen Besitzgesellschaft an eine andere der Darlehenshingabe durch einen Gesellschafter gleichzustellen86. Probleme ergeben sich aber in dem Fall von bloßen Abhängigkeitsverhältnissen, in

81 Siehe nur Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 24; Rowedder(-Rowedder), Rn. 25; Scholz(-K. Schmidt), § 32a, Rn. 95; Hachenburg(-Ulmer); BGHZ 81, 311, 315; BGH NJW 1987, 1081. 82 Dazu Karollus, in: FS Claussen, 205 ff.; Noack, GmbHR 1996, 156 ff. 83 So die h.M; vgl. nur Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 120; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 24; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 121. 84 So Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 64. 85 Roth, 2. Aufl., § 32a, Anm. 5.5. vgl. auch Geßler, BB 1980,1391. 86 BGHZ 121, 31, 35; BGHZ 127, 1, 9; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 120; Baumbach/ Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 331 f.; Drygala, 41 und vgl. auch 75 ff.; vgl. dazu im weiteren Hueck, ZGR 1989, 216 ff.; sehr kritisch zu dieser gesamten Tendenz, Knobbe-Keuk, DStR 1992, 824 f.; Kallmeyer, GmbHR 1998, 308.

denen möglicherweise nicht einmal eine Beherrschungslage vorliegt87. Da sich der Anwendungsbereich des § 32a III GmbHG auf Dritte bezieht, deren Darlehens­ gewährung wirtschaftlich der eines Gesellschafters entspricht, kann die Mittelzu­ fuhr von Konzemuntemehmen, die selbst keine Gesellschaftsbeteiligung am Dar­ lehensnehmer haben, erfaßt werden, soweit der Darlehensgeber mit einer Gesell­ schaft konzerniert ist, die ihrerseits am Darlehensnehmer in einem Maße beteiligt ist, das ihr unternehmerischen Einfluß sichert. Mit dem Dritten muß also jedenfalls ein Unternehmensverbund nach §§15 ff. AktG bestehen88, wobei ein bloßes Mehrheits- oder Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Gesellschaftern der nun­ mehr insolventen Tochtergesellschaft und dem Dritten genügt89. Dieser Auffas­ sung könnte allerdings der Vorwurf gemacht werden, daß damit die rechtliche Selbständigkeit zu wenig beachtet würde. Einer Gleichstellung der Schwester­ unternehmen mit Dritten stünde entgegen, daß auf diese Weise der Verbund mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen mit je eigenen Interessen undiffe­ renziert und daher letztlich systemwidrig als Einheitsunternehmen behandelt würde90. Statt dessen wird eine widerlegliche Vermutung zugunsten einer Gleich­ stellung vorgeschlagen. Sofern nicht ein Vertragskonzem oder ein Fall der qualifi­ zierten Abhängigkeit vorliege, könne sich deshalb der Kreditgeber, wenn er mit der Gesellschaft oder mit einem Gesellschafter im Sinne der §§15 AktG verbunden sei, von der Zurechnungsvermutung entlasten91. Eine solche Vermutungsregel verdient indes keine Zustimmung. Es spricht das praktische Argument dagegen, daß es außerordentlich schwierig ist, sich überhaupt vorzustellen, wie eine solche Entlastung realistisch aussehen sollte und ob sie praktisch ggf. überhaupt durch­ führbar wäre. Außerdem muß es für die Qualifizierung einer Schwestergesellschaft als Dritte allein ausreichen, daß sie von der gemeinsamen Muttergesellschaft als Instrument benutzt werden kann. Denn bei Unternehmensverbunden nach §§ 15 ff. AktG gibt es typischerweise Einflußmöglichkeiten der unmittelbar an der Gesell­ schaft beteiligten Unternehmen, die es rechtfertigen, die Verantwortung für die 87 OLG München, GmbHR 1992, 664; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 63; siehe auch Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 277; Rowedder(-Rowedder), § 32a; Rn. 17; Lutter, ZIP 1989, 480. 88 Siehe ausführlich Bäcker, 179 ff. (insbes. 179 f., 185 f; 188 ff.und 192); vgl. zudem K. Schmidt, ZIP 1981, 694; Hommelhoff, WM 1984, 1117; Kamprad, GmbHR 1984, 341; Timm/Geuting, ZIP 1992, 527; Rowedder(-Rowedder), § 32a Rn. 15; Waechter, 118 ff.; Gersch/ Herget/Marsch/Stützle, Rn. 277; aus der Rechtsprechung: BGHZ 81, 311, 316; BGHZ 105, 168, 176 f.: „Nach § 32a Abs. 3 GmbHG gelten die Vorschriften über den Kapitalersatz sinngemäß für Rechtshandlungen, die der Darlehensgewährung nach Abs. 1 und 2 der genannten Bestimmung wirtschaftlich entsprechen. Das trifft auf Rechtshandlungen Dritter zu, die mit dem Gesellschafter eine wirtschaftliche Einheit bilden, wie es bei Unternehmen der Fall sein kann, die im Sinne der §§ 15 ff. AktG mit einem Gesellschafter oder der Gesellschaft verbunden sind.“ 89 Siehe etwa OLG München, GmbHR 1992, 664; BGH ZIP 1990, 1469; BGH ZIP 1990, 1595; BGH GmbHR 1991,155; vgl. auch Henze, 167 und 211. 90 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 63; Hommelhoff, WM 1984, 1108 ff. 91 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 63.

Unternehmensfinanzierung auch ihnen aufzuerlegen92. In der Praxis beruht die Gleichstellung je nach Art der Konzerne und des als Darlehensgeber auftretenden Unternehmens entweder darauf, daß das verbundene Unternehmen (die abhängige Gesellschaft) als Darlehensgeber im Interessenbereich des GmbH-Gesellschafters wie ein mittelbarer Stellvertreter tätig wird, oder daß es - als gegenüber dem GmbH-Gesellschafter herrschenden Unternehmen - mit der Darlehensgewährung an die GmbH eigene, dem Mitgliedschaftsinteresse vergleichbare Interessen verfolgt93. In Wirklichkeit sind deshalb auch die Schwesterunternehmen in einem Konzern bei der Darlehenshingabe an eine andere Untergesellschaft in einer Posi­ tion, die vergleichbar ist mit einem Strohmann, allerdings mit der Einschränkung, daß die Kapitalflüsse innerhalb des Konzerns von der Konzemmutter zu den einzelnen Unternehmen komplizierter und verdeckter sein können. Daraus folgt, daß Unternehmen, die entweder mit dem Gemeinschuldner verbunden sind, ohne Anteile zu haben, die über Zwerganteile hinausreichen, oder mit einem Gesell­ schafter des Gemeinschuldners verbunden sind, als Dritte im Sinne des § 32a III GmbHG qualifiziert werden können, so daß deren Leistungen an den Gemein­ schuldner während der Krise als eigenkapitalersetzendes Darlehen oder eine diesem gleichstehende Leistung qualifiziert werden können und im Konkurs prak­ tisch als Haftkapital zur Verfügung steht. Wird das Darlehen einer Schwester­ gesellschaft als eigenkapitalersetzend qualifiziert, so kann es bei der Anwendung des § 32a GmbHG allerdings zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Gläubi­ ger dieser Schwestergesellschaft kommen, weil die Darlehensforderung im Kon­ kurs nicht geltend gemacht wird und deshalb aus dem Vermögen der Schwester eliminiert wird, ohne daß sie selbst von der unzureichenden Kapitalausstattung des Darlehensnehmers profitiert hätte94. Dieser Einwand kann aber zu keinem anderen Ergebnis fuhren, weil die Gläubiger der Schwestergesellschaft nicht davor geschützt sind, daß ihnen Vermögen ihrer Schuldnerin aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht mehr zur Verfügung steht. cc) Ein Sonderproblem, das die Frage des Anwendungsradius des § 32a III GmbHG bei Unternehmensverbindungen betrifft, ergibt sich in einem gedachten GmbH-Vertragskonzem. Grundsätzlich findet § 32a III GmbHG auch hier Anwen­ dung, denn nach der eben vertretenen Ansicht müssen in einer zu einer wirtschaft­ lichen Einheit verbundenen Unternehmung prinzipiell konzerninterne Darlehen wechselseitig zugerechnet werden95. Eine wichtige, aber strikt davon zu trennende Frage entsteht, wenn man davon ausgeht, daß im GmbH-Vertragskonzermn die

92 93 94 95

Vgl. BGH GmbHR 1991, 155; Timm/Geuting, ZIP 1992, 528. Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 121; vgl. auch Bentler, 96 ff. Scheel, 406. Vgl. auch U.H. Schneider, ZGR 1984, 530 f.

§§ 302, 303 AktG analog Anwendung finden96, so daß wegen der damit nach überwiegender Ansicht einhergehenden gesetzlichen Verpflichtung des herrschen­ den Unternehmens in einem Vertragskonzem zum Verlustausgleich die auf dieser Verpflichtung beruhende Zuführung von Mitteln seitens der Mutter einen eigenkapitalersetzenden Charakter haben kann97. Überzeugend hat Hommelhoff darge­ legt, daß in dem Zweck der Vorschriften des Eigenkapitalschutzes nach §§ 32a und b GmbHG und einer unterstellten analogen Anwendung der §§ 302 ff. AktG bei GmbH-Vertragskonzemen keine erheblichen Unterschiede bestehen98. In beiden Fällen handelt es sich um Instrumente, die den Haftungsfonds des abhängigen Unternehmen vergrößern sollen, wenngleich dies möglicherweise in unterschied­ lichem Umfang geschieht - §§ 302, 303 AktG würden nur das nominelle Stamm­ kapital schützen; Ansprüche aus § 32a GmbHG können noch darüber hinaus gehen. Der hypothetisch übereinstimmende Zweck der beiden Instrumente sagt allerdings noch nichts darüber aus, ob die Ausgleichsleistungen nach § 302 AktG analog ebenfalls wie kapitalersetzende Darlehen zu bewerten sind und damit möglicherweise in Konkurrenz zu den § 32a GmbHG stehen, so daß die Vor­ schriften über eigenkapitalersetzende Darlehen in einem GmbH-Vertragskonzem keine Anwendung fanden99. Das ist, selbst wenn man unterstellt, §§ 302, 303 AktG griffen im GmbH-Vertragskonzem analog ein, gerade nicht der Fall, denn die Ausgleichszahlungen sind von vornherein nicht als Darlehen oder gleichgestellte Leistungen zu qualifizieren, weil der Wille des Leistenden im ersten Fall nie darauf gerichtete ist, das Gegebene - wie für ein Darlehen oder die entsprechende Leistung typisch - wieder zurückverlangen zu können. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Verlustausgleichspflicht möglicherweise als eigenkapitalersetzendes Darlehen qualifiziert werden kann, nicht. Denn § 32a GmbHG will, daß Zahlun­ gen, die rechtlich eigentlich zurückverlangt werden können, dennoch beim Vermö­ gen der GmbH verbleiben. Ausgleichszahlungen nach § 302 AktG analog würden dagegen ohnehin immer beim Vermögen der GmbH verbleiben. Schließlich nähme man mit der Verneinung der Anwendung der § 32a GmbHG in einem Vertrags­ konzem den Raum, überhaupt Darlehen des herrschenden Unternehmens an die Untergesellschaft zu erfassen, die unabhängig von einer Ausgleichspflicht zum Jahresende gewährt werden. Solche Darlehen mögen zwar eher die Ausnahme sein, doch sind sie praktisch durchaus denkbar. Es wäre bei der gedachten analogen Anwendung der §§ 302 und 303 AktG förmelnd und umständlich, ein von der Konzemmutter in der Krise anstatt Eigenkapital gegebenes Darlehen oder eine 96 Siehe statt aller Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 208; Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 311, 324, jeweils m.w.N.; eigengehend und kritisch wird dieses Problem im Zusammenhang mit den konzemrechtlichen Ansprüchen behandelt, siehe unten § 5 IV. 97 Grundlegend Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110 ff; Emmerich, in: Hommelhoff/Doralt, 88 ff. 98 Hommelhoff, WM 1984, 1105, 1110 ff. 99 So Emmerich, in: Hommelhof/Doralt, 90; im Ergebnis auch Hommelhoff, WM 1984, 1110 ff.

entsprechende Leistung im Konkurs der abhängigen Gesellschaft zurückzuerstat­ ten, weil § 32a GmbHG nicht eingriffe, um der Muttergesellschaft sodann eine Sicherheitsleistung (oder sogar eine Zahlungverpflichtung an die Gläubiger) nach § 303 AktG analog aufzuerlegen, die dann die soeben zurückerstattete Leistung mit umfaßt. Für die Anwendung des § 32a GmbHG in einem Vertragskonzem spricht auch der Umstand, daß eine Gesellschaft vor dem Verlustausgleich am Ende des Geschäftsjahres illiquide werden kann; die Nichtanwendung des § 32a GmbHG im Vertragskonzem würde daher eine Verkürzung des Gläubigerschutzes zur Folge haben100. Zudem bedürften die Gläubiger des Schutzes durch § 32a GmbHG neben § 302 AktG analog schließlich auch schon deshalb, weil der Verlustausgleich gegenüber der Muttergesellschaft infolge der Insolvenz der Mutter versagen könnte101. Aus alledem folgt also, daß in einem GmbH-Vertragskonzem auch wenn man der Auffassung folgt, es griffen insoweit die §§ 302, 303 AktG analog ein, hinsichtlich der Anwendung des § 32a GmbHG keine weiteren Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Fällen entstehen. dd) Das im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung von Banken bereits angedeutete Problem der Bankdarlehen gerät an dieser Stelle bei der Überlegung, ob Banken möglicherweise Dritte im Sinne des § 32a III GmbHG sein können, erneut ins Blickfeld. Soweit eine Bank ein Unternehmen innerhalb eines Unter­ nehmensverbunds ist und an ein Schwesterunternehmen, an dem sie keine Beteili­ gung hat, ein Darlehen gibt, gelten die soeben entwickelten Regeln. Schwieriger ist jedoch die Situation bei einer verbundexternen Bank, die möglicherweise sogar die Hausbank aller Unternehmen in dem Unternehmensverbund ist. In vielen Fällen dürfte eine faktische Abhängigkeit von dieser Bank nicht zu leugnen sein. Den­ noch sind die Banken hier grundsätzlich nicht als „Dritte“ einzuordnen. Das hat allerdings im wesentlichen keine juristischen Gründe, sondern rein pragmatische Ursachen. Würde nämlich in dem Fall, wo eine Bank kein Gesellschafter ist, ein „Bankenprivileg“ nicht eingreifen, wäre kaum eine Bank mehr bereit sein, einem Unternehmen Kapital zu geben, um sich aus einer ökonomisch prekären Lage zu befreien, weil sie befurchten müßte, daß sie dieses Kapital im Konkurs der Gesell­ schaft praktisch nicht wieder zurückerhalten würde. Oder sie müßte das Kapital im Gegenzug zu weitgreifenden Sicherheiten gewähren, die von vielen Unternehmen aber regelmäßig nicht mehr beschafft werden können oder sie in ihrem Wirtschaf­ ten lähmen. Das ist zwar das Risiko eines jeden Kreditgebers, doch besteht die Besonderheit bei Banken darin, daß es sich bei ihnen um institutioneile Kredit­ geber handelt. Die Folge einer allgemeinen Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe wäre dann, daß eine Vielzahl von Unternehmen schon bei kleineren Krisen zugrunde gehen müßten, weil sie auf dem freien Kapitalmarkt keine

100 OLG Hamburg, DB 1987, 1778, 1780; Rümker, ZGR 1988, 500; Oetker, KTS 1991, 537. 101 Ketzer, 101 f.; Scheel, 411.

Kapitalgeber mehr finden würden102. Der Umstand, daß mit dem „Bankenprivileg“ - jedenfalls - ein Stück weit eine Umgehungsmöglichkeit der Verantwortlichkeit aus § 32a GmbHG eröffnet wird, ist in der Struktur des Kapitalmarktes verankert. Extremfälle wird man allerdings über den „Strohmann-Gesichtspunkt“ lösen können. 3. Zusammenfassung

Der Anwendungsbereich des § 32a GmbHG umfaßt nach Absatz 1 Konzern­ unternehmen, die Gesellschafter an der betreffenden Gesellschaft sind. Eine Herausnahme der sogenannten „Zwerganteile", also ein Anteilsbesitz von weniger als 10%, aus dem Anwendungsbereich des § 32a GmbHG überzeugt nicht. Der Adressatenkreis wird in Absatz 3 der Vorschrift auf bestimmte Dritte erweitert, die entweder keine Gesellschafter sind, oder zwar Anteile an der Gesellschaft haben, aber nicht unter die Regelung des Absatzes 1 fallen. Andere Konzernunternehmen können damit auch Adressaten des § 32a GmbHG sein, wenn sie entweder als Strohmann für das herrschende Unternehmen als Gesellschafter oder für einen anderen Gesellschafter eingesetzt wurden. Zudem sind sie Dritter allein durch die Zugehörigkeit zum Konzern, denn die Nähebeziehung und die Einflußmöglichkeit der Muttergesellschaft auf die Schwestergesellschaft sind so groß, daß praktisch nicht mehr unterschieden werden kann, ob die Schwester das Darlehen bzw. die entsprechende Leistung aus eigenem Antrieb an die nunmehr in Konkurs gefallene Tochter gegeben hat, oder ob die Mutter dieses Transaktion angezettelt hat, um auf diesem Weg, ohne einen Strohmann einsetzen zu müssen, indirekt die Regelungen über eigenkapitalersetzende Leistungen umgehen wollte. Das gilt sowohl in fakti­ schen Konzernen als auch in Vertragskonzemen. Auch Banken oder andere insti­ tutioneile Kreditgeber, die Gesellschafter an der betreffenden Gesellschaft sind, und ihr Kredite gegeben haben, fallen in den Anwendungsbereich des § 32a I GmbHG. Etwas anderes mag in Zukunft aufgrund der geplanten Änderungen durch das KonTraG gelten. Ein „Bankenprivileg“ kann nur dann eingreifen, wenn Banken etc. als „Dritte“ qualifiziert werden würden.

III. Darlehensgleiche Leistungen 1. Einführung

§ 32a GmbHG kommt für die Vergrößerung des Haftungsfonds einer in Konkurs gefallenen abhängigen GmbH nicht nur wegen der Vergrößerung des Adres­ satenkreises eine besondere Bedeutung zu, sondern auch deshalb, weil neben den 102 Diese Konsequenzen sind auch das entscheidende Argument gegen Kruppa, 90 f., der die von Nichtgesellschaftern gegebenen Sanierungskredite in § 32a GmbHG einbeziehen will; ablehend auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 18.

eigenkapitalersetzenden Darlehen des herrschenden Unternehmens bzw. der übri­ gen Konzernunternehmen als Dritte auch andere Rechtshandlungen, die einer solchen Darlehensgabe wirtschaftlich entsprechen, erfaßt werden (§ 32a III GmbHG). Das den Gläubigem des Gemeinschuldners zur Verfügung stehende Haftkapital kann also auch dadurch vergrößert werden, daß all diejenigen Formen der (konzerninternen) Kapitalisierung in der Masse verbleiben, die faktisch bzw. ökonomisch wie ein eigenkapitalersetzendes Darlehen wirken, ohne tatsächlich ein solches im Sinne des § 32a I GmbHG zu sein. Die darlehensgleichen Formen der Fremdkapitalzuführung in Konzernen lassen sich generalisieren: Neben der Hingabe von Darlehen ist die verbreitetste Form die Überlassung von Anlagegegenständen. Dazu gehören insbesondere die Überlas­ sung von Grundstücken und Produktionsgegenständen zum Gebrauch durch die einzelnen Konzernunternehmen. In der Praxis stößt man häufig auf den Fall, daß bestimmte, meist sehr teuere Gegenstände (Großgeräte) von der herrschenden Gesellschaft angeschafft werden und je nach Bedarf der jeweiligen Tochtergesell­ schaft überlassen werden103. Sehr oft ist die Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung in einem Unternehmensverbund mit einer Betriebsaufspaltung verbunden. Typi­ scherweise überläßt eine von der Muttergesellschaft abhängige Betriebsgesell­ schaft Güter des Anlagevermögens den anderen Untergesellschaften. Damit wird bezweckt, eine möglichst effiziente Ausnutzung von bestimmten Gegenständen zu erreichen. Gleichzeitig soll diese Form der zur Verfügungstellung von Produk­ tionsmitteln dafür sorgen, daß die betreffenden Gesellschaften zwar die Güter für ihren Bedarf nutzen können, daß sie gleichzeitig aber nicht als Haftungsvermögen der betreffenden Gesellschaft dienen, sondern in der Krise eines Vermögens den anderen Konzemteilen weiter zur Verfügung stehen, gleichsam also im „Konzem­ vermögen“ verbleiben können104. Zur Gebrauchsüberlassung von Gegenständen gehört auch die Gebrauchsüberlassung von know-how. Hier handelt es sich zwar nicht um einen Produktionsgegenstand, wohl aber um ein Objekt, das dem Gebrauch durch andere überlassen werden kann und das einlagefähig im Sinne von § 5 GmbHG ist. Dagegen können jedoch wegen mangelndner Sacheinlagefähigkeit Dienstleistungen des Gesellschafters, Geschäftsführung, EDV-Leistungen, For­ schung etc. von vornherein nicht eigenkapitalersetzend sein105; sie bleiben bei den folgenden Betrachtungen unberücksichtigt. In welchem Umfang diese Formen der Vermögenszuführung durch darlehens­ entsprechende Leitungen nach Absatz 3 doch wie Eigenkapital qualifiziert werden können, um den Gläubigem als haftendes Kapital zur Verfügung zu stehen, hängt entscheidend davon ab, wie weit diese Vorschrift ausgelegt werden kann. Es besteht grundsätzlich Übereinstimmung, daß die Erstreckung der Umqualifizierung 103 Siehe den Fall der dem Lagergrundstücksfall III zugrunde lag: BGHZ 127, 1. 104 Im einzelnen vgl. Drygala, 14 ff., Fabritius, 22 ff. (insbes. 23); Holzwarth, 15 ff.; Ziegler, 107 f. 105 Ausführlich Priester, DB 1993, 1173; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn, 128; Baumbach/ Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 33; vgl. auch Hommelhoff/Kleindiek, in: FS GmbHG, 433 ff.

von Fremd- in Eigenkapital sowohl bei Darlehen als auch bei der Gebrauchsüber­ lassung in eine doppelte Richtung geht: Zum einen wird die Hingabe von Darlehen und den entsprechenden Leistungen in der Zeit der Krise erfaßt; zum anderen findet § 32a III GmbHG auch dort Anwendung, wo diese Leistungen von einem Konzernunternehmen an den Gemeinschuldner geleistet wurden, bevor die Krise begann und dann nicht rechtzeitig vor der Krise auch wieder abgezogen wurden. 2. Darlehen Der gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Fall, wo Fremdkapital im Konkurs der Untergesellschaft zu „Eigenkapital“ wird, ist das Darlehen. Darunter ist sowohl die Überlassung von Geld als auch von vertretbaren Sachen zu verstehen mit der Verpflichtung, Sachen gleicher Art und Güte zurückzuerstatten. § 32a I GmbHG erfaßt damit den Tatbestand des § 607 I BGB, aber auch das sogenannte Vereinba­ rungsdarlehen nach § 607 II BGB. Dabei ist es unerheblich, ob das Darlehen verzinslich oder unverzinslich ist106. Es ist auch unerheblich, welchen Zweck und welche Dauer das Darlehen haben soll. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift: § 32a I GmbHG macht eindeutig klar, daß von dem bezeichneten Zeitpunkt an bei jeder Leistung die Gefahr eröffnet wird, daß es im Konkurs nicht geltend gemacht werden kann. Dieser Aspekt ist auch der entscheidende Gesichts­ punkt gegen die Tendenzen, von § 32a GmbHG diejenigen Kredite auszuklam­ mem, die nur zur kurzfristigen Überbrückung vorübergehenden Finanzbedarfs an die Gesellschaft gegeben werden107. Außerdem spricht gegen die Ausnahme solcher Überbrückungskredite, daß sie nur sehr schwer abzugrenzen wären von Krediten, die statt Eigenkapital gegeben werden108. Will man die Überbrückungs­ kredite aus dem Anwendungsbereich herausnehmen, weil man aus wirtschaftspoli­ tischer Sicht befurchtet, daß ansonsten Gesellschaften schon bei kleineren Finan­ zengpässen in Konkurs gehen können, da Finanzgeber wegen der Folgen des § 32a I GmbHG davor abschrecken könnten, Überbrückungskredite zu geben, so muß ein anderer Weg beschritten werden109. Eindeutig ist jedoch, daß konkursabwendende Leistungen von der Konzemmutter als Gesellschafter oder einem anderen Unter­ nehmen desselben Konzerns als Dritten immer eigenkapitalersetzend sind110.

106 Siehe statt aller Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 27; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 29. 107 Vgl. BGH DB 1990, 320; OLG Düsseldorf DB 1994, 371 f.; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 32 ff.; wohl auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 29; anders BGHZ 75, 334, 337; BGHZ 90, 381, 394; BGH NJW 1995, 457, 458; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 39; Roth, 2. Aufl., § 32a, Anm. 2.3; ders./Altmeppen(-Altmeppen), § 32a, Rn. 15 und 27 f. 108 So zu Recht Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 29. 109 Vgl. Rümker, in: FS Stimpel, 695; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 39; abwägend Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 34 ff. 110 BGH DB 1990,320.

3. Nutzungs- und Gebrauchsüberlassung Dem Darlehen grundsätzlich gleichgestellt sind nach § 32a III GmbHG die Nutzungs- oder Gebrauchsüberlassung111. Damit können die oben bereits erwähn­ ten Überlassungen von Anlagegegenstände, insbesondere Grundstücke, Ferti­ gungsanlagen, Fahrzeuge oder Gerätschaften, die nicht selten die einzigen Objekte von Wert bei dem Gemeinschuldner sind112, welche ein Unternehmen des Konzerns einem anderen überläßt, erfaßt werden. Problematisch ist die Gebrauchs­ überlassung hauptsächlich im Hinblick auf die Gesellschaftsgläubiger, weil die betreffende Gesellschaft als Leistungsempfänger dadurch der Notwendigkeit enthoben wird, die für ihren Geschäftsbetrieb benötigten Anlagegüter zu finanzie­ ren. Sie kann daher mit einem geringen Eigenkapital auskommen, und die Gesell­ schafter erreichen eine weitgehende und auch im Vergleich zur Zufuhr von Dar­ lehensvaluta eigenständige Beschränkung ihres unternehmerischen Risikos, da sie das Betriebsvermögen im Konkurs aussondem können. Zudem fuhrt die Nutzungsüberlassung - anders als bei einem Darlehen - nicht zu einem Passiv­ posten in der Bilanz. Die überlassenen Gegenstände, die der Gesellschaft nicht gehören, sind ihrem Zugriff nicht ausgesetzt113. Eine mögliche Gleichstellung der Gebrauchsüberlassung mit einem Darlehen ist allerdings nicht unumstritten114. Das Problem hat zwei Wurzeln. Bei einer Gebrauchsüberlassung geht es nämlich nicht nur um eine mit der Gebrauchsüberlassung lediglich einhergehende eigenkapital­ ersetzende Kreditfinanzierung, sondern die Gebrauchsüberlassung selbst wird als die eigenkapitalersetzende Finanzierungsleistung angesehen115. Wenn dem aber so ist, dann erwächst daraus ein potentieller Konflikt, der in den unterschiedlichen rechtlichen Strukturen beider Vorgänge wurzelt. Darüber hinaus könnte diese Gleichstellung problematisch sein, weil die Möglichkeit der Konzemmutter oder eines anderen Konzernunternehmens erheblich eingeschränkt wird, dem abhängi­ gen Konzernunternehmen als ein außenstehender Vertragspartner gegenüberzu­ treten und mit ihm Geschäfte unter Marktbedingungen (!) zu tätigen. Dieser Konflikt läßt sich auflösen, wenn man dessen wirtschaftliche Grundpro­ blematik in den Blick nimmt. Die Vorschrift des § 32a GmbH geht grundsätzlich davon aus, daß der Gesellschaft in irgendeiner Form Liquidität zugeführt oder es ihr belassen wird, damit sie die nötigen (finanziellen) Ressourcen hat, weiter zu wirtschaften. Deutlich wird diese Grundidee schon in der Formulierung des Geset­ zes ,flat der Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten.. Non 111 Anders jedoch Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 113; K. Schmidt, ZIP 1990, 69 ff. 112 Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 105. 113 v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.2. 114 Zur Kritik siehe eingehend Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 107 ff; K. Schmidt, GesR, 1149 ff; ders. ZIP 1993, 161; vgl. auch Kallmeyer, GmbHR 1994, 290; Rowedder(-Rowedder), §§ 32a/b, Rn. 28 115 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. HO.

den Finanzierungsgeschäften mit Sachwerten unterscheidet sich die Überlassung von sonstigen, nicht in Geld bestehenden Gegenständen an die GmbH zu Zwecken des Gebrauchs oder der Nutzung dadurch, daß der Gesellschafter der GmbH in erster Linie nicht Liquidität zuführt oder beläßt, sondern daß er ihr die von ihr benötigten Sachwerte als solche zur Verfügung stellt, ohne ihr das Eigentum zu übertragen. Das geschieht regelmäßig in Form von Miet- oder Pachtverträgen anstelle der GmbH-rechtlich zulässigen Einbringung obligatorischer Nutzungs­ rechte an dem Gegenstand als Sacheinlage116. Darüber hinaus spricht im wesentli­ chen noch das Umgehungsargument für die Einbindung der Gebrauchsüberlassung in das Sonderrecht für eigenkapitalersetzende Darlehen. Denn § 32a GmbHG ließe sich einfach umgehen, wenn nicht den Darlehen auch die Gebrauchsüberlassung von Produktionsfaktoren gleichgestellt würden. Versteht man § 32a GmbHG als Teil der Verantwortung des Gesellschafters hinsichtlich der Finanzlage der Gesell­ schaft, dann kann diese Verantwortung durch die nicht-marktkonforme Überlas­ sung dafür benötigter Anlagegüter ebenso verletzt werden, wie durch entspre­ chende Barkredite zu deren Beschaffung117. Eine solche Auffassung kann sich nunmehr auch auf die Rechtsprechung des BGH berufen. In einigen Urteilen hat der BGH in neuerer Zeit zu diesem Problem richtungsweisend Stellung genommen und über die Frage entschieden, ob mit den Normen zur einlagengleichen Behandlung von kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen im Recht der GmbH tatsächlich auch die Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung durch die Gesellschaft erfaßt werden können118. Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 16.10.1989 kann die Gebrauchsüberlassung unter bestimmten Umstän­ den der Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens gleichstehen119. Die dort entwickelten Tatbestandsvoraussetzungen stellen zunächst im wesentlichen darauf ab, daß ein Gesellschafter der Gesellschaft einen Gegenstand zur Nutzung überläßt, wobei es nicht darauf ankommen soll, ob dies auf vertraglicher, ding­ licher oder rein tatsächlicher Basis geschieht120. Da aber nicht jede Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft schlechthin eine Ersatzfunktion hat, sondern der Gesellschafter der Gesellschaft generell auch als ein außenstehender Vertrags­ partner gegenübertreten kann, bedarf es noch eines zusätzlichen Kriteriums, um eine Leistung des Gesellschafters als außenstehender Dritter von einer Ersatzlei­

116 Zu dem Streit darüber, ob dies als Einlagen geleistet werden kann, siehe z.B. Baumbach/ Hueck(-Hueck), § 5, Rn. 25; Hachenburg(-Ulmer), § 5, Rn. 40; Roth/Altmeppen(-Roth), § 5, Rn. 36; ablehnend mit eingehender Begründung Fabritius, 161 ff.; ebenso Knobbe-Keuk, ZGR 1980,214. 117 So Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 32a. 118 BGHZ 109, 55 (Lagergrundstück I); BGHZ 121, 31 ff. (Lagergrundstück II); BGHZ 127, 1 (Lagergrundstück III); BGHZ 127, 17 (Lagergrundstück IV). 119 BGHZ 109, 55, 60; dagegen ausführlich K. Schmidt, ZIP 1990, 69; vgl. auch die Entgeg­ nung zu K. Schmidt in BGHZ 121, 31, 34 f. und bei Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 114. 120 Anderer Ansicht u.a. Eberoth/Wilken, BB 1993, 309; Kallmeyer, GmbHR 1994, 292, die allein auf die Nutzungsrechte abstellen.

stung unterscheiden zu können. Nach der Rechtsprechung des BGH soll dieses Kriterium die Konkursreife des Unternehmens sein121. Entgegen einiger Kritik in der Literatur122 überzeugt ein solches Kriterium. Ganz entscheidend ist nämlich, daß die Gefahren für die Gläubiger erst in der Krise der Gesellschaft entstehen, wenn sich die Gefahren verwirklichen, die darin liegen, daß nicht mehr immer deutlich wird, was zum haftenden Kapital der Gesellschaft gehört und was nicht mehr. Die Krise der Gesellschaft ist gekennzeichnet durch die Konkursreife, die sich durch Überschuldung oder Illiquidität ausdrückt, so daß es schlüssig ist, auch an diesen Zeitpunkt anzuknüpfen. Der Konkursreife wird von der Rechtsprechung alternativ eine Situation der Gesellschaft gleichgestellt, die durch zwei kumulativ vorliegende Merkmale gekennzeichnet wird: Zum einen muß die Gesellschaft außerstande sein, sich den für den Kauf des überlassenen Gegenstandes erforderlichen Kredit auf dem Kapi­ talmarkt zu besorgen (sog. spezielle Kreditunwürdigkeit)123. Zum anderen dürfte kein außenstehender Dritter an der Stelle des Gesellschafters bereit gewesen sein, der Gesellschaft den Gegenstand zum Gebrauch zu überlassen (sog. Überlassungs­ unwürdigkeit)124. Hinsichtlich der Überlassungsunwürdigkeit wird in Rechtspre­ chung und Literatur weiter differenziert125: Handelt es sich um Standardwirt­ schaftsgüter, wie z.B. unbebaute Grundstücke oder Kraftfahrzeuge, so kann die Gesellschaft selbst dann nicht überlassungswürdig sein, wenn ihre Gesamtliqui­ dität angespannt ist, oder sie sogar illiquide ist126. Nach dem Urteil des BGH vom 14.12.1992 (Lagergrundstück II) gilt aber anderes bei Anlagegütern, die auf die individuelle Besonderheit der Gesellschaft zugeschnitten sind und sich anderweitig nicht oder nur nach kostspieligen Veränderungen nutzen lassen127, oder gar bei einer gesamten Betriebseinrichtung. Überlassungswürdigkeit liegt in diesen Fällen nur dann vor, wenn ein außenstehender Dritter sicher sein könnte, nicht nur das Überlassungsentgelt zu erhalten, sondern auch die Veränderungskosten128. Fehlt eines der beiden Merkmale, so kann man nach den vom BGH gesetzten Maßstäben

121 BGHZ 109, 55, 62; BGH GmbHR 1993, 503, 504. 122 So etwa Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 35 ff.; Vonnemann, DB 1990, 262. 123 BGHZ 109, 55, 62 f.; kritisch dazu Büscher/Klusmann, ZIP 1991, 13; in der Tendenz auch K. Schmidt, ZIP 1993, 166 f. 124 BGHZ 121,31,38. 125 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 116; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 108 ff.; Ziegler, 62 ff; Fabritius, 105 ff. (vgl. aber auch 55 ff); Sundermeier/A. Wilhelm, DStR 1997, 1456 f.; kritisch jedoch Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 115; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 33b ff 126 OLG Karlsruhe ZIP 1994, 1183, 1184. 127 BGHZ 121, 31, 38 f. 128 BGHZ 121, 31, 39, 41; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.8.; siehe aber Henze, 205: Investi­ tionskosten und angemessener Gewinn

nicht von einer Konkursreife der Gesellschaft ausgehen und daher die Gebrauchs­ überlassung nicht als eigenkapitalersetzend qualifizieren129. Bezieht man diesen Test auf einen Konzern, dann ist der entscheidende Punkt für die Umqualifizierung von einem herkömmlichen zu einem von § 32a III GmbHG erfaßten Geschäft dann erreicht, wenn die betreffende Untergesellschaft konzernextern weder hinreichend Geldmittel als Kredit oder die Überlassung des erwünschten Gegenstandes bekommen würde. In einem Konzern ist freilich problematisch, ob nicht ein abhängiges Konzernunternehmen aufgrund der Konzemabhängigkeit länger kredit- oder überlassungswürdig ist. Diese Frage ist im Einzelfall allerdings nur zu beantworten, wenn man sich als Vergleichsmaßstab die betreffende Gesellschaft als unabhängig denkt. Da dieser Vergleich jedoch nicht möglich ist130, muß diese Situation ggf. als struktureller Unterschied zwischen einer verbundenen und einer unverbundenen GmbH hingenommen wer­ den. Eine Benachteiligung der Gläubiger entsteht dadurch nicht, denn solange ein Unternehmen auf dem Markt noch kreditwürdig ist, stellt sich die Frage nach dem Gläubigerschutz ohnehin in einer anderen Relation.

4. Stundung und Stehenlassen a) Stundung Haben das herrschende Unternehmen oder ein Dritter der Untergesellschaft vor dem Zeitpunkt, ab dem ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zuge­ fugt hätten, ein Darlehen gegeben und es dann nach Beginn der Krise bei dem Gemeinschuldner belassen, so wird dieses Kapital im Konkurs ebenfalls wie Eigenkapital behandelt. Ein sogenanntes Stehenlassen von Forderungen kann auf einem Rechtsgeschäft beruhen; der wichtigste Fall ist dabei etwa, daß das herr­ schende Unternehmen und die Untergesellschaft verabreden, daß das vormals gegebene Darlehen nunmehr gestundet wird131. Für die Stundung ist die Gleichset­ zung mit einem Darlehen nach § 32a III GmbHG allgemein anerkannt132. Aus welchem Rechtsgrund die Forderung entstanden ist, kann für die Einbeziehung in Abs. III nicht relevant sein; es kommt vielmehr die Forderung aus jedem Ver­ kehrsgeschäft in Betracht. Andernfalls liefe ein wesentlicher Aspekt des Umge­

129 Siehe BGHZ 121, 31, 41; vgl. auch die Anmerkung in EWiR 1993, 155 (Fleck) und v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.10; K. Schmidt, ZIP 1993, 166 f. 130 Eine eingehende Begründung wird unten beim Konzemproblem entwickelt, siehe unten § 5 III 3. 131 Andere Fälle des rechtsgeschäftlichen Stehenlassens sind etwa die Prolongation (vgl. Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 28; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 34; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, 45 OLG Hamburg, DB 1986, 1328) und die Rücknahme einer Kündigung eines Darlehensvertrages (BGHZ 81,311,317). 132 Siehe statt aller Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 96; BGHZ 76, 329; BGHZ 81, 253. 263.

hungsverbotes leer und würde die Wirkung und Schlagkraft des § 32a GmbHG stark beeinträchtigen. Die vereinzelt vertretene Gegenansicht, es käme nur auf Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis an133, steht nicht in Übereinstim­ mung mit dem Sinn und Zweck der Norm des § 32a III GmbHG, der als eine Umgehungsverbotsnorm im Hinblick auf den oben angeführten Gläubigerschutz, alle Äquivalente bzw. Ersatzformen zu einer Darlehensgewährung erfassen will. Aus diesem Grund steht der Stundung einer Forderung des herrschenden Unter­ nehmens gegenüber dem Gemeinschuldner auch gleich, wenn das herrschende Unternehmen eine gestundete Forderung eines Dritten, etwa eines anderen Konzernunternehmens, erwirbt134. Gleichzubehandeln wie eine gestundete Forde­ rung ist im übrigen ein pactum de non petendo135. b) Schlichtes Nichtgeltendmachen (Stehenlassen)

aa) Neben der Stundung von Darlehen finden sich in der Praxis häufig Fälle, in denen die Konzemmutter eine Forderung, die sie gegen die Untergesellschaft hat, in der Krise dieser Gesellschaft einfach nicht geltend macht, ohne daß es dafür eine rechtsgeschäftliche Einigung gäbe. Dieses schlichte Nichtgeltendmachen einer Forderung fuhrt vom Ergebnis her zu einer Kapitalzufuhr wie durch die Gewäh­ rung eines Darlehens136. Es macht nämlich keinen Unterschied, ob die Mutter der Untergesellschaft eine Summe (als Darlehen) hingibt oder zur Entlastung der Untergesellschaft auf die Geltendmachung und Betreibung einer Forderung verzichtet137. Das Stehenlassen ist gleichsam eine Stundung ohne Vereinbarung. Aber gerade dieses Fehlen einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung macht die Gleichsetzung der stehengelassenen Forderung mit einem Darlehen oder einer Stundung so problematisch. Gegen eine Einbeziehung der stehengelassenen Kapitalzufuhr in den Anwendungsbereich des Absatz 3 spricht die Überlegung, daß § 32a III GmbHG solche Rechtshandlungen gleichstellen will, die rechts­ geschäftlichen Vereinbarungen zwischen dem Gesellschafter und der GmbH entsprechen138. Ein schlichtes Untätigbleiben erfüllt diese Bedingung aber gerade nicht. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, daß die Einbeziehung der bloßen

133 Ullrich, GmbHR 1983, 145. 134 Überwiegende Ansicht, vgl. nur Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 95; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 104; differenzierter v. Gerkan/Hommelhoff, 127 f. 135 Siehe zu den in der vorigen Fußnote Zitierten ferner Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 49; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 35. 136 Ehricke, WiB 1995, 890; zur neueren Entwicklung Boujong, WiB 1997, 293; allgemein dazu Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 37; Lutter/Hommelhoff, Rn. 43 ff. m.w.N. 137 Vgl. dazu u.a. OLG Celle, GmbHR 1977, 222, 223; OLG Düsseldorf, WM 1988, 1266; BGHZ 127, 336, 340 ff. 138 Vgl. Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 30 und 89 ff. insbes. 92; Ulmer, ZIP 1984, 1171; K. Schmidt. GesR, 1153; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 44 ff.; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 45; Fleck, Kapitalaufbringung, 110 ff.; siehe auch OLG Hamburg, ZIP 1984, 584, 586.

Nichtgeltendmachung fälliger Forderungen oder der Nichtkündigung eines Dar­ lehens in die nach Absatz 3 relevanten Rechtshandlungen zu einer uferlosen Aus­ weitung der Regeln der Gesellschafterdarlehen führten. Es herrscht daher Streit hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einbeziehung des Stehenlassens. Zwar wird zum Teil behauptet, dieser Streit sei praktisch bedeutungslos, weil im Ergeb­ nis in den allermeisten Fällen Übereinstimmung herrsche139. Dem kann allerdings im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung in prozessualer Hinsicht nicht zuge­ stimmt werden, denn die Frage der Voraussetzungen hat eine wesentliche Bedeu­ tung für die Substantiierungspflicht der Parteien und für den Tatrichter140. Deshalb wird von einigen Stimmen die Gleichsetzung eines schlichten Stehenlassens mit einer Darlehensgewährung nur dann für gerechtfertigt gehalten, wenn die Belas­ sung der Mittel auf eine Finanzierungsabrede zwischen Gesellschafter bzw. Drittem und der Gesellschaft beruht. An diese Abreden werden freilich nur sehr geringe Anforderungen gestellt. So muß sie beispielsweise keine rechtsgeschäft­ liche Qualität aufweisen, kann konkludent geschehen oder durch äußere Umstände (z.B. längeres Stehenlassen) indiziert sein141. Dieser Ansicht ist allerdings ent­ gegenzuhalten, daß es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied gibt zwischen der Darlehensgewährung und dem Stehenlassen von Forderungen. Außerdem gebietet der Wille des Gesetzgebers, mit Absatz 3 ein effektives Umgehungsverbot zu Absatz 1 zu schaffen, den Anwendungsbereich des § 32a III GmbHG in dem Rahmen, den der Wortlaut zuläßt, weit zu verstehen. Das bedeutet allerdings noch nicht, daß es allein auf einen objektiven Tatbestand ankommt, daß der zur Rück­ zahlung fällige (oder durch eine mögliche Kündigung fällig stellbare) Kredit bei der Gesellschaft bleibt und fortan tatsächlich fehlendes Eigenkapital ersetzt142. Es ist zwar richtig, daß es für eine möglichst umfassende Anwendbarkeit der Regeln des § 32a GmbHG nachteilig ist, wenn eine Vereinbarung (und sei sie noch so locker geschlossen) vorausgesetzt wäre, um eine Umqualifizierung zu bejahen. Abzustellen ist nämlich darauf, daß bei einem Stehenlassen der Eindruck entsteht, daß der Gesellschafter nunmehr sein vorher darlehensweise gegebenes Kapital verwenden möchte, um seiner Finanzierungsverantwortung gegenüber der Gesell­ schaft in der Krise nachzukommen. An diesem durch Unterlassen verursachten Rechtsschein muß er sich festhalten lassen. Allerdings gilt das nur, soweit der Gesellschafter auch wußte oder hätte wissen müssen, daß er eigentlich reagieren mußte, um hinsichtlich des Schicksals seines Darlehens keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen. Eine „Einstandspflicht“ wegen Unterlassen kann es nicht 139 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 44; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 4.34; v. Gerkan, GmbHR 1990, 387; siehe auch dens., GmbHR 1996,400 ff. 140 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 44; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 4.34; v. Gerkan, GmbHR 1990, 387; Ehricke, WiB 1995, 890. 141 Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 30 ff, 87 ff; Ulmer, ZIP 1984, 1171; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 46; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a; Rn. 37 ff. 142 OLG Hamburg ZIP 1984, 584, 586; Wiedemann, ZIP 1986, 1297; v.Gerkan, GmbHR 1986, 221; ders., GmbHR 1996,401 f.

geben, wenn der Unterlassende gar nicht wußte oder nicht wissen konnte, daß er eigentlich hätte handeln müssen. Daher kommt es für die Kapitalisierung der Gesellschaft zwar nicht auf einen Konsens an, doch die Zurechnung des Stehenlas­ sens beim Gesellschafter setzt subjektiv voraus, daß dieser die zur Umqualifizie­ rung führenden Krisenlage kannte oder kennen mußte und hiernach eine Entschei­ dung über die Belassung der Kredite treffen konnte143. Auch der BGH hat jüngst nun entschieden, daß eine Umqualifizierung in Eigenkapitalersatz nur unter der Voraussetzung bewirkt werden könne, daß der Gesellschafter in der Lage gewesen sein müsse, die eingetretene Krise der GmbH und ihren Kapitalbedarf zu erken­ nen144. Vorher hatte er stets pragmatisch entschieden, daß jedenfalls bei einer Erkennbarkeit der Krisenlage für den Gesellschafter eine Umqualifizierung eintrete. Auf eine - wie auch immer geartete - Vereinbarung des Gesellschafters hat er soweit ersichtlich dagegen nirgendwo Bezug genommen145. Wendet man diese Kriterien des BGH auf Konzemsachverhalte an, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Mutter als Gesellschafter in jedem Fall erkennen muß, daß das von ihr abhängige Unternehmen in eine Situation geraten ist, die zu einer Umquali­ fizierung der Leistungen an diese führt. Insoweit ist sogar eine unwiderlegliche Vermutung dieser Kenntnis im Verhältnis der Mutter- zu ihrem Tochterunter­ nehmen in einem Konzern zu befürworten146.

bb) Weitaus schwieriger stellt sich die Situation hinsichtlich der Schwester­ unternehmen dar, wenn diese als „Dritte“ qualifiziert werden können. Zwar konnte soeben festgestellt werden, daß die jeweiligen Schwesterunternehmen im Konzern wirtschaftlich betrachtet der Konzemmutter so nahe stehen, daß sie allein deshalb als „Dritte“ qualifiziert werden können. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß sie (automatisch) auch rechtlich relevante Kenntnisse über die betroffene, nunmehr insolvente Tochtergesellschaft haben. Das gilt im besonderen Maße dort, wo die 143 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 45 ff.; Lutter, DB 1980, 1321; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 140 f. 144 BGH NJW 1995,326. 145 Vgl. nur BGHZ 75,334,337 f.; BGHZ 81,365,367; BGHZ 105,168,186; BGHZ 109,55,60. 146 Vgl. dazu Lutter, ZGR 1977, 212; Sonnenschein, ZGR 1981, 450 f. und Schilling, ZHR 140 (1976), 534 (allerdings alle im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Konzem­ mitbestimmung); dagegen Hommelhoff, Konzemleitungspflicht, 214 ff. Vgl. dazu allgemeiner Bork, ZGR 1994, 253 und 255 f., der einer These der „originären Leitungsmacht des Konzemvor­ standes“ generell entgegentritt und von einer Wissenszurechnung anscheinend nur im Anwen­ dungsbereich der §§ 164 ff. BGB ausgeht. Letzteres betrifft allerdings nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtbereich der Wissenszurechnung. Insoweit scheint Bork im Ergebnis für den hier inter­ essierenden Fall der „Wissenszurechnung“ eine über seinen Ansatz hinausgehende Zurechung nicht ganz auszuschließen (vgl. 256 mit Hinweis auf Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 197 f. und 200); zu der umgekehrten und hier als eigentlich kritisch betrachteten Zurechnung von Wissen des herr­ schenden Unternehmens an eine Tochter geht Bork allerdings nur am Rande mittelbar ein („Viel­ mehr kommt eine analoge Anwendung des § 166 I BGB primär nur dann in Betracht, wenn eine Konzemgesellschaft ein anderes Konzemuntemehmen (oder deren Organe oder sonstige Mitarbei­ ter) konkret eingeschaltet hat.“, 256).

Schwestern keine Anteile oder nicht einmal einen Zwerganteil an der bankrotten Tochter haben. Aber auch in anderen Fällen ist denkbar, daß die Schwesterunter­ nehmen untereinander nur sehr locker verbunden sind, so daß nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß sie im Vergleich zu außenstehenden Akteu­ ren (besondere) Kenntnisse über die betreffende Tochtergesellschaft haben. Nach der oben begründeten Auffassung müssen sich die Schwestergesellschaften jedoch das Wissen der Konzemmutter (widerleglich) zurechnen lassen147. Dem folgend ist im hiesigen Zusammenhang den Schwestergesellschaften grundsätzlich positive Kenntnis hinsichtlich der Krise bzw. des Kapitalbedarfs der Tochtergesellschaft zu unterstellen. Damit können auch stehengelassene Darlehen von einem Schwester­ unternehmen nach § 32a GmbHG im Konkurs nicht geltend gemacht werden. c) „ Stehengelassene " Gebrauchsüberlassung als eigenkapitalersetzendes Darlehen

Wenn man bereit ist, die stehengelassene Forderung als eigenkapitalersetzende Leistung anzusehen, ist es ein konsequenter Schritt, auch eine „stehengelassene“ Nutzungsüberlassung einem eigenkapitalersetzenden Darlehen gleichzustellen. Damit wird die letzte Umgehungsmöglichkeit der Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital verschlossen und so ein umfassendes und dynamisches System geschaffen, die Gläubiger davor zu schützen, daß die Gesellschaft mit Kapital arbeitet, das nach außen zwar den Anschein hat, ihr Eigenkapital zu sein, in Wirk­ lichkeit aber im Konkursfall nicht als Haftkapital zur Verfügung steht. Besonders wichtig ist dieser Schritt auch und gerade im Hinblick auf die Bedeutung, die stehengelassene Nutzungsüberlassungen in der Praxis eines Konzerns zukommt: In den allermeisten Fällen, in denen Produktionsmittel von dem Mutterunternehmen an die Untergesellschaft - direkt oder indirekt über eine Schwestergesellschaft bzw. einen anderen Dritten - überlassen werden, geschieht dies außerhalb einer Krise, typischerweise zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Sobald dann aber eine Krise eintritt, werden diese Produktionsmittel normaler­ weise nicht entzogen, weil damit der Zusammenbruch des Unternehmens sofort einher ginge. Vielmehr bleiben diese bei der Untergesellschaft in der Hoffnung, daß jene die Krise bald überstanden hat. Hieran zeigt sich, daß die Einbeziehung dieser Form des Stehenlassens in ganz besonders starker Form die Eliminierung von „kranken“ Unternehmen aus dem Markt bewirken kann. In dem Urteil „Lager­ grundstück III“ vom 11.6.1994 hatte der BGH zum ersten Mal zu beurteilen, ob auch eine „stehengelassene“ Gebrauchsüberlassung dem eigenkapitalersetzendes Darlehen gleichgesezt werden kann148. Dabei dehnte er die Voraussetzungen, die er bei den „stehengelassenen“ eigenkapitalersetzenden Darlehen entwickelt hatte, auch auf die „stehengelassene“ Gebrauchsüberlassung aus. Danach gilt, daß etwa 147 Siehe oben § 2 III3 b. 148 BGHZ 127, 1.; aufgenommen dann in BGHZ 127, 17.

die Nicht-Beendigung eines Pachtverhältnisses über einen Gegenstand in dem Fall wie ein eigenkapitalersetzendes Darlehen anzusehen ist, wo der Gesellschafter den Kriseneintritt kennt oder hätte erkennen können und den Gegenstand trotzdem der Gesellschaft beläßt, obwohl er rechtlich in der Lage ist, ihn zurückzufordern149. Daraus folgt: Nur wenn das überlassende Konzemuntemehmen bei Eintritt der Krise das Nutzungsverhältnis wirksam gekündigt hat, bzw. den Nutzungsgegen­ stand wirksam herausverlangt hat, kann die Gebrauchsüberlassung nicht mehr in einen Eigenkapital-Ersatz umqualifiziert werden149 150; in allen anderen Fälle stehen den konzernexternen Gläubigem im Konkurs der Untergesellschaft die Gebrauchs­ überlassung wie Haftkapital zur Verfügung.

d) Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung In enger Verwandtschaft zu den Fällen des Stehenlassens in der Krise befindet sich eine zunehmend an Bedeutung gewinnende Fallgruppe des Eigenkapitalersatzes, nämlich der sogenannte Finanzplankredit151. Wenngleich Einzelheiten noch umstritten sind152, sollen vor Eintritt der Krise gewährte Kredite auch ohne Rangrücktrittsvereinbarung als Eigenkapitalersatz qualifiziert werden können, wenn die Finanzplanung der GmbH auf einer Kombination von Eigen- und Fremd­ finanzierung durch die Gesellschafter beruht153. Der Grund dürfte im wesentlichen darin liegen, daß Finanzierungsleistungen, die von vornherein auf eine Krisen­ finanzierung angelegt sind154, oder als notwendiges Risikokapital vorgesehen waren, im Ergebnis sich nicht von solchen Leistungen der Gesellschafter unter­ scheiden, die vor der Krise der GmbH gewährt wurden und nach deren Eintritt nicht wieder abgezogen wurde. Nicht ganz zu Unrecht wird von Altmeppen daher darauf hingewiesen, daß die Umqualifizierung von Finanzplankrediten die Reak­ tion auf eine falsche Etikettierung von Einlageverpflichtungen des Gesellschafters als Darlehen ist155. Mit dieser Erweiterung wird die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter erheblich eingeengt, und den Belangen eines weitfassenden Gläubi­ gerschutzes nachgeordnet. Gleichwohl erscheint sie notwendig, um etwaige 149 BGHZ 127, 1, 5 ff.; vgl. auch BGHZ 109, 55, 60; zum Erfordernis der Kenntnis siehe BGH NJW 1995, 326; des weiteren siehe auch BGH WiB 1995, 250 m. Anm. von Jasper; zu alledem vgl. den Überblick bei BaumbachZHueck(-Hueck), § 32a, Rn. 37 m.w.N . 150 OLG Karlsruhe ZIP 1994, 1183. 151 Vgl. dazu u.a. Hommelhoff/Kleindiek, in: FS 100 Jahre GmbHG, 438 ff; Wiedemann, in: FS Beusch, 893; K. Schmidt, GesR, 1154 f.; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 38; Hachenburg (-Ulmer), §§ 32 a/b, Rn. 61; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32 a, Rn. 28; Habersack, ZHR 161 (1997), 457 ff; BGHZ 104, 33; BGHZ 119,201,211 f.; BGH WM 1997, 576. 152 Siehe dazu eingehend Habersack, ZHR 161 (1997), 460 ff. 153 K. Schmidt, GesR, 1154. 154 Vgl. BGHZ 104, 33, 38; BGH ZIP 1992, 616, 617 f.; siehe auch Habersack, ZHR 161 (1997), 465 f., der freilich Finanzplankredite und „von vornherein auf Krisenfinanzierung ange­ legte Finanzierungsleistungen“ unterscheiden will. 155 Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32 a, Rn. 28.

Schlupflöcher zur Umgehung des § 32a GmbHG zu schließen156. Praktisch bedeut­ sam wird dieser Fall nämlich etwa dort, wo ein Gesellschafter die Voraussetzung des Stehenlassens seines Kredits leugnet oder wenn über andere Voraussetzungen des eigenkapitalersetzenden Darlehens Streit besteht. Dann besteht zumindest die Möglichkeit, den betreffenden Kredit als einen Finanzplankredit zu qualifizieren und so ein Leerläufen der Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen zu verhin­ dern. Problematisch ist freilich, unter welchen Voraussetzungen ein Kredit als ein eigenkapitalersetzender Finanzplankredit angesehen werden kann157. Da es auch hier darauf ankommt, wie sich ein „ordentlicher Kaufmann“ insoweit verhalten hätte, liegt es jedenfalls dann nahe, einen Kredit im Rahmen eines Finanzierungs­ plans als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren, wenn der Kredit langfristig unkündbar ist, oder wenn er an die Mitgliedschaft gebunden ist, oder wenn eine extrem niedrige oder gewinnabhängige Verzinsung des langfristigen Gesellschaf­ terkredits bei hoher Fremdkapitalquote der Gesellschaft vereinbart wurden158. Da der gleiche Finanzierungserfolg, der mit einem Kredit des Gesellschafters erzielt werden kann, auch mit einer Nutzungsüberlassung erreicht werden kann, ist der Ansatz der Finanzplankredite konsequenterweise mittlerweile auch auf die Finanzplannutzungsüberlassung übertragen worden159. 5. Zusammenfassung

Die Haftungsmasse einer in Konkurs gefallenen konzemabhängigen GmbH kann durch die Nichtgeltendmachung bestimmter konzerninterner Forderungen ver­ größert werden. Nicht gefordert werden können dabei nicht nur Darlehen oder bestimmte Leistungen, die in der Krise der Gesellschaft gewährt wurden, sondern auch Darlehen oder Produktionsgüter, deren Rückzahlung bzw. Rückgabe gestun­ det wurden. Erheblich ist zudem, daß auch sogenannte „stehengelassene“ Darlehen oder Gebrauchsüberlassungen im Konkurs nicht geltend gemacht werden dürfen. Zu diesen gehören alle Leistungen, die zu dem Zeitpunkt, wo eigentlich eine Rück­ forderung hätte erfolgen müssen, nicht geltend gemacht worden sind. Das gilt sowohl für die „stehengelassenen“ Darlehen der Muttergesellschaft als grundsätz­ lich auch für die von Schwestergesellschaften. Schließlich dürfen auch solche Darlehen und Nutzungsüberlassungen im Konkurs nicht geltend gemacht werden, die als Finanzplankredite bzw. Finanzplannutzungsüberlassung qualifiziert werden können. 156 So im Ergebnis auch Hommelhoff/Kleindiek, in: FS 100 Jahre GmbHG, 438 ff. 157 Einzelheiten bei Habersack, ZHR 161 (1997), 477 ff. 158 K. Schmidt, GesR 1154 f.; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32 a, Rn. 28; BGHZ 104, 33, 39 ff. 159 OLG Karlsruhe, ZIP 1996, 918. Der BGH scheint diese Auffassung zu teilen, denn er nahm die Revision gegen die Entscheidung des OLG Karlsruhe nicht an, BGH ZIP 1997, 1292; vgl. auch Drygala, GmbHR 1996, 481. Kritisch Wilhelm, KapitalgesR, Rn. 400 ff.; Altmeppen, ZIP 1996, 909.

IV. Rechtsfolgen Allein die Feststellung, wessen Darlehen und entsprechende Leistung in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG fallen, sagt noch nicht vollständig etwas darüber aus, wie weit im Konkursfall die Haftungsmasse des abhängigen Unter­ nehmens tatsächlich vergrößert werden kann. Daher ist es noch notwendig, auf die insoweit ausschlaggebende Frage nach den einzelnen Rechtsfolgen einzugehen. 1. Darlehen Die Rechtsfolgen der Umqualifizierung eines in der Krisenzeit gegebenen oder stehengelassenen Darlehens bestehen dem Wortlaut der Norm folgend zunächst ganz einfach darin, daß die Geltendmachung des Darlehens im Konkursverfahren ausgeschlossen ist (§ 32a I 1 GmbHG)160 und daß die eventuell bereits erfolgte Rückgewähr dieser Leistungen vom Konkursverwalter nach § 32a KO angefochten werden kann161. D.h. wenn das Darlehen eines Konzernunternehmens an den Gemeinschuldner noch nicht zurückgewährt worden ist, kann der Leistende nach bislang geltendem Recht seine Forderung aus dem Darlehensvertrag (§ 607 BGB) im Konkurs nicht geltend machen (§ 32a I 1 GmbHG); ist der Darlehensvertrag nichtig, so gilt § 32a I GmbHG auch für den Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB162. Diese eindeutige Rechtsfolge und der Sinn und Zweck der Kapitalersatz­ regeln, den Gesellschafter an seiner Finanzierungsentscheidung zugunsten der Gläubiger festzuhalten, verbietet es, die Insolvenzanfechtung als Korrektiv zu den Folgen des Eigenkapitalersatzes heranzuziehen163. Auf die Einzelheiten braucht hier indes nicht eingegangen zu werden, weil die Parallelität von Anfechtung und Eigenkapitalersatzregeln allenfalls nur dann in Betracht kommt, wenn der gesamte Konzern oder jedenfalls die Konzemmutter und ein an ihr beteiligte Tochterunter­ nehmen in Konkurs gefallen sind164. Dieser Fall wird im Rahmen dieser Arbeit hingegen nicht betrachtet. § 32a GmbHG schließt die Haftung der Masse für das gesamte Darlehen aus165. Das ergibt sich sowohl unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift als auch aus dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Norm. Dagegen wird zwar hervorge­ hoben, daß soweit ein eindeutig abgrenzbarer Teilbetrag des Darlehens oder der 160 Zu den Fragen einer etwaigen Ausgleichspflicht der Gesellschafter untereinander bezüglich des Betrages der Forderung, die aufgrund § 32a GmbHG nicht mehr geltend gemacht werden kann, vgl. Bange, DB 1997, 1755 ff.; Entsthaler, DB 1991, 1761 ff.; Picot, BB 1991, 1360 ff.; SchmidtWendt/Ziche, BB 1991,2235 ff. 161 Zu letzterem Aspekt siehe unten § 4 I. Teil B VIII.2. 162 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 53; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 67. 163 So Dellinger, ZIK 1996, 149 ff., vornehmlich zwar für das österreichische Recht, allerdings im Ergebnis so auch bezogen auf das deutsche Recht. 164 Vgl. auch Dellinger, ZIK 1996, 150 f. 165 Statt aller vgl. Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 14.

entsprechenden Leistung nachweisbar auch von einem verantwortungsbewußten Dritten zu marktüblichen Bedingungen zu erhalten gewesen wäre, die Haftung der Masse für diesen Teilbetrag zu bejahen sein müsse166. Die Beschränkung der Folgen des § 32a GmbHG auf nur einen Teilbetrag des Gesellschafterdarlehens oder der entsprechenden Leistung ist jedoch abzulehnen. Dagegen sprechen näm­ lich zum einen schon rein praktische Argumente. Die Abgrenzung zwischen einem kapitalersetzenden Betrag und einem, zu dem ein Dritter der Gesellschaft zu marktüblichen Bedingungen noch Kredit gewährleistet hätte, ist praktisch nur äußerst schwer durchführbar, wenn die Gesellschaft erst in Konkurs gefallen ist167. Zudem läßt sich gegen diese Auffassung auch einwenden, daß eine Aufspaltung eines einheitlichen, in einem Betrag gewährten Darlehens in einen kapitalersetzen­ den und einen als Konkursforderung anmeldbaren Betrag ebenfalls nicht mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift als weitfassendem Gläubigerschutzinstrument vereinbar ist168. Im Zusammenhang mit dieser Rechtslage im Geltungsbereich der KO herrscht indessen Unsicherheit darüber, ob die Gesellschafterdarlehen dem Eigenkapital deshalb gleich stehen, weil sie im Konkurs und im Vergleich nicht als Forderung geltend gemacht werden können169. Praktisch ist diese Frage allerdings eher von nachrangigem Interesse. Relevant könnte diese Frage nämlich allenfalls in dem Fall werden, wo etwa die Konzemmutter als Darlehensgeber Sicherheiten verwer­ ten will, die ein Dritter für die Rückzahlung des Darlehens gestellt hat170. In den anderen Fällen wird im Innenverhältnis der Gesellschaft der Rückzahlungs­ anspruch ohnehin weiter als Forderung behandelt. Denn die Regeln über die kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen bezwecken den Gläubigerschutz; Dritte oder die anderen Gesellschafter werden von dem Schutzbereich dieser Norm gerade nicht erfaßt. Daraus folgt, daß der Darlehensgeber den Rückgewähr­ anspruch geltend machen kann, wenn nach Befriedigung der außenstehenden Gläubiger noch Gesellschaftsvermögen zu verteilen sein sollte171. Jedenfalls 166 Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 142 f.; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 249; Roth, 2. Aufl., § 32a, Anm. 2.3 (vgl. aber nunmehr differenzierter Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32a, Rn. 15 f.); Baumbach/Hueck(-Hueck), 15. Aufl. § 32a, Rn. 48 (aufgegeben in der 16. Aufl.: Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 48); Priester, in: FS Döllerer, 491; abw. Immenga, ZIP 1983, 1411: § 32a GmbHG bezieht sich auf Darlehen nur bis zur Höhe, in der sie das nominelle Stammkapital oder eine über dessen Verlust hinausgehende Überschuldung abdecken. Vgl. auch BGH ZIP 1987, 1113, 1114: Ein Erstattungsanspruch besteht bis das Stammkapital wieder herge­ stellt ist. BGHZ 81, 252, 259: Erstattungsnaspruch in Höhe der ungedeckten Verbindlichkeiten. 167 Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 14. 168 Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 51; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 49; Lutter/ Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 68; nun auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 48. 169 Siehe Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rb, 53; vgl. auch Rowedder(-Rowedder), §§ 32a/b, Rn. 50; Kamprad, 32. 170 Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 253; Obermüller, 377. 171 Waechter, 41 f.; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 253; anderer Ansicht: Hommelhoff, ZGR 1988,483.

verliert diese Kontroverse mit Inkrafttreten der InsO ihre Grundlage, da aus der Formulierung des § 391 Nr. 5 InsO ausdrücklich hervorgeht, daß es sich bei eigen­ kapitalersetzenden Darlehen und entsprechenden Leistungen um Forderungen auf Rückgewähr handelt. 2. Derivate und akzessorische Nebenleistungen Die Gewährleistung eines weitfassenden Gläubigerschutzes durch § 32a GmbHG ist auch ausschlaggebend dafür, daß im Konkurs der Untergesellschaft grundsätz­ lich nicht nur die eigentliche Leistung der Mutter oder anderer Konzemeinheiten, sondern auch Derivate (Sicherheitsleistungen; Aufrechnung) und akzessorisch mit der Hauptleistung verbundene Leistungen nicht aus der Konkursmasse befriedigt werden dürfen. Andernfalls würde der durch § 32a GmbHG den außenstehenden Gläubigem und dem Wirtschaftsverkehr gewährleistete Schutz verkürzt, wenn im Konkurs die Leistenden zwar nicht ihre eigentliche Leistung zurückfordern könnten, wohl aber Derivate, die summenmäßig möglicherweise dieser Leistung entsprechen, oder zumindest Leistungsderivate, die auch die Masse schmälern würden. Zudem kommt der Erstreckung der Rechtsfolgen des § 32a GmbHG auch eine präventive Wirkung zu, mit der den Gesellschaftern der Untergesellschaft, insbesondere der Mutter, ihre Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Gesell­ schaftsfinanzierung172 vor Augen gehalten werden. a) Zinsen und Nebenleistungen

Da Zinsen akzessorisch mit der Hauptforderung Zusammenhängen, müssen diese im Konkurs der Untergesellschaft entsprechend der Hauptforderung behandelt werden. Das bedeutet, daß die Masse grundsätzlich nicht für rückständige Darlehensleistungen haften muß173. Problematisch ist dies allerdings in den Fällen, wo das Nebeneinander von § 32a GmbHG und der Fortgeltung der §§30, 31 GmbHG in diesem Bereich (sog. „Rechtsprechungsregeln“) zu beachten ist. Soweit das kapitalersetzende Darlehen nur als Eigenkapital gebunden ist, sollen dann auch die Zinsen nur insoweit nicht von der Masse geltend gemacht werden können als die Auszahlung die Stammkapitalziffer berühren würde174. Im Anwendungsbereich des § 32a GmbHG bedarf es dieser Beschränkung nicht; 172 Das ist nicht etwa nun doch im Sinne einer Verpflichtung zur hinreichenden Kapitalaus­ stattung gemeint, sondern entspricht dem allgemeineren Verständnis, welches auch das Gesetz an die Verpflichtung der Gesellschafter hinsichtlich ihrer Gesellschaft stellt, siehe dazu nochmals § 4, I. Teil am Anfang. 173 Siehe nur Jaeger(-Henckel), § 32a KO; Rn. 7; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 55; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 70 a.E. und 80; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 69; vgl. aber auch M. Geißler, GmbHR 1994, 153; Priester, DB 1991, 1922. 174 Siehe BGHZ 67, 171, 179 f.; BGHZ 75, 334, 339; BGH ZIP 1989, 1542; vgl. auch BFH GmbHR 1992, 384 und dazu Wassermeyer, ZGR 1992, 639.

relevant wird dies aber hauptsächlich für den Fall, daß kein Konkurs eröffnet wird oder in der Zeit vor einem Verfahren175. Werden Zinsen von der Gesellschaft an den Gesellschafter oder den Dritten zurückgezahlt, so ist dies binnen Jahresfrist nach § 32a KO anfechtbar; wird diese Frist versäumt, so kann nach den „Rechtsprechungsregeln“ allerdings nur die Rückzahlung der Zinsen zur Masse verlangt werden, die benötigt werden, um die Stammkapitalhöhe wieder zu erreichen. Das gleiche gilt entsprechend für andere mit dem eigenkapitalersetzenden Darlehen zusammenhängende Nebenforde­ rungen176.

b) Sicherheiten (von Dritten und von der Gesellschaft) Akzessorische Sicherheiten, die die Untergesellschaft der Konzemmutter oder anderen Schwestergesellschaften bestellt hat, können im Konkurs der Untergesell­ schaft ebenfalls nicht geltend gemacht werden. Das ergibt sich bereits aus der Abhängigkeit der Sicherheit von der Geltendmachung der Forderung177. Es folgt aber zudem wiederum aus dem umfassenden Schutz, den § 32a GmbHG verwirkli­ chen soll. Denn Sinn und Zweck der Nichtgeltendmachung eines eigenkapital­ ersetzenden Darlehens gegenüber der Masse würde ins Leere gehen, wenn im Gegenzug die Masse um die bestellte Sicherheit vermindert werden könnte. Gleiches gilt auch für ein gesetzliches Pfandrecht; auch für dieses muß die Masse nicht haften178. Problematischer ist allerdings die Verwertung von nicht-akzessorischen Sicher­ heiten der Gesellschaft durch den Gesellschafter oder den Dritten, wie etwa eine von der Untergesellschaft zugunsten des herrschenden Unternehmens gewährte Sicherungsübereignung oder eine Sicherungszession. Hier entsteht der Konflikt, daß diese Sicherheiten wegen der fehlenden Akzessorietät nicht von § 32a I 1 GmbHG erfaßt werden, gleichwohl aber durch eine mögliche Verwertung der Schutzzweck des § 32a GmbH unterlaufen werden könnten. Im Hinblick darauf, daß wegen der hohen Bedeutung der Vorschrift für den Gläubigerschutz verhindert werden muß, daß eine Schutzlücke entsteht, muß dem Konkursverwalter die Möglichkeit offenstehen, auch die Verwertung der nicht akzessorischen Sicher­ heiten verhindern zu können179. Er kann bei Leistung im Konkurs aufgrund der Sicherung nach § 32a KO anfechten. Da es aber sinnvoll ist, daß der Konkursver­ walter nicht erst ein Mittel an die Hand bekommt, wenn die Masse einmal dezi­ miert ist und damit möglicherweise das Insolvenzrisiko des anderen Teils über­ 175 Siehe Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 7. 176 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 81; Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 7. 177 BGHZ 81,252,262; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 71; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 77; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 56; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 59. 178 BGH ZIP 1989, 1542 mit der Anmerkung von Fabritius, EWiR 1990, 371. 179 Zum Teil anderer Ansicht nur die ältere Literatur, vgl. etwa Baumbach/Hueck(-Hueck), 14. Aufl., § 32a, Rn. 66 ; Scholz(-Winter), 6. Aufl., §§ 32a/b, Rn. 107,119.

nehmen muß, ist es erforderlich, daß der Konkursverwalter bereits vor Zahlung auf die Sicherheit dagegen vorgehen kann. Allgemein wird ihm deshalb eine Einrede zugestanden180. Man könnte zunächst daran denken, daß der Konkursverwalter Einreden aufgrund der Sicherungsabrede oder aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung geltend machen kann181. Damit würden aber Mängel der Abrede oder der Gegeneinwand des § 818 III BGB zu Lasten der Masse gehen. Aus diesem Grund ist eine Anwendung des § 41 II KO in Verbindung mit § 32a KO nahelie­ gender. Damit kann der Konkursverwalter dann einredeweise geltend machen, die entsprechende Verwertung der Sicherheit aufgrund der §§ 32a KO, 41 II KO anzu­ fechten und insoweit die Leistung bereits im vorhinein verweigern182. Kein Konflikt mit dem Sinn und Zweck des § 32a GmbHG ergibt sich und damit nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm fallt hingegen, wenn die Mutter sich aus Sicherheiten befriedigen will, die ein anderer als die betreffende Untergesellschaft, wie z.B. eine Schwestergesellschaft, eingeräumt hat. Denn unstreitig begründet § 32a I 1 GmbHG keine Einrede eines Dritten, der eine Sicherheit bestellt hat, etwa eines Bürgen oder eines Eigentümers, der sein Grund­ stück belastet hat. Das gilt auch für die von Mitgesellschaftern gestellten Sicher­ heiten, die nicht § 32a II GmbHG unterfallen183. Dagegen könnten die etwa nach § 774 oder nach § 1143 BGB auf den Sicherungsgeber übergegangene Forderun­ gen ebenfalls nicht gegen die Masse geltend gemacht werden, denn diesen Forde­ rungen hängt auch bei dem Sicherungsgeber der „Makel des Eigenkapitals“ des Gemeinschuldners an184. c)

Aufrechnung

Schließlich wird von den Rechtsfolgen des § 32a GmbHG auch die in Konzernen übliche Praxis der Aufrechnung des Rückzahlungsanspruches des von dem herrschenden Unternehmens hingegebenen Darlehens mit Forderungen der Unter­ gesellschaft gegen die Konzemmutter erfaßt, mit der Folge, daß nach der Eröff­ nung des Konkursverfahrens eine Aufrechnung ausgeschlossen ist185. Der Regie­

180 Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 59; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 77; Mincke, ZGR 1987, 539; K. Schmidt, ZIP 1981, 695. 181 Siehe etwa Hachenburg(-Uhner), §§ 32a/b, Rn. 71; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 56, 65; Baur/Stürner, Rn. 34.47; Kuhn/Uhlenbruck, § 53 Rn. 14 c; Beinert/Hennerkes/Binz, GmbHR 1981, 12; Mincke, ZGR 1987, 539 f.; K. Schmidt, ZIP 1981, 695; a. A. offensichtlich Rowedder (-Rowedder), § 32a,, Rn. 44, der nur § 32a S. 1 KO anwenden will. 182 So auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 59; wohl auch Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 77; Beinert/Hennerkes/Binz, GmbHR 1981, 12. 183 Siehe statt aller Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 77 a.E. 184 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 57; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 58; Jaeger (-Henckel), § 32a KO, Rn. 11; siehe auch Beinert/Hennerke/Binz, GmbHR 1981, 82. 185 Siehe Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 76; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 56; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn.; Scholz/K. Schmidt, §§ 32a/b, Rn.; Jaeger(-Henckel), § 32a

rungsentwurf von 1977 zur Novelle des GmbHG sah in § 32a I 3 noch ausdrück­ lich ein Aufrechnungsverbot vor. Dieses ist - wohl aus einem Redaktionsver­ sehen186 - nicht mit in die endgültige Fassung des § 32a GmbHG aufgenommen worden. Damit ergibt sich ein Aufrechnungsverbot mit unanmeldbaren Forderun­ gen zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. auch § 53 KO/§ 94 InsO), doch läßt es sich aus einer teleologischen Auslegung des § 32a GmbHG ableiten. Würde man nämlich eine Aufrechnung zulassen, so käme man zu einem Ergebnis, das der Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Darlehens oder einer entspre­ chenden Leistung gleichkäme. Damit liefe § 32a I 1 GmbHG in einer wichtigen Fallgruppe leer. Dieser Auffassung steht auch nicht der entgegenstehende Wille Ides Gesetzgebers gegenüber, der sich in der Nichtaufnahme des § 32a I 3 GmbHG des Entwurfes manifestiert. Würde man nämlich aus der Streichung dieser Vor­ schrift auf Anregung des Rechtsausschusses des Bundestages folgern, daß eine Aufrechnung zugelassen werden sollte, müßte man dem Gesetzgeber damit unter­ stellen, er habe absichtlich oder jedenfalls unter ausdrücklicher Billigung eine in der Struktur der Norm angelegte Aushöhlung des Schutzes durch § 32a GmbHG gewollt. Dafür gibt es weder in der Entstehungsgeschichte der Norm noch auf­ grund anderer Hinweise Anhaltspunkte187. 3. Rechtsfolgen hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung

Fällt eine in der Krisenzeit von der Konzemmutter oder einem anderen Konzemteil der Gemeinschuldnem gewährte oder stehengelassene Gebrauchsüberlassung in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG, so sind hinsichtlich der Rechtsfolgen zwei Aspekte zu unterscheiden: Zum einen geht es um die Rechtsfolgen hinsicht­ lich des überlassenen Gegenstandes als solchem, und zum anderen muß gefragt werden, welche Rechtsfolgen sich aus der Nutzungsüberlassung des Gegenstandes ergeben188. a) Rechtsfolgen hinsichtlich des überlassenen Gegenstandes Für die Konkursgläubiger wäre es am günstigsten, wenn im Falle des Konkurses der Untergesellschaft der Anspruch der Mutter oder des Dritten auf Aussonderung des überlassenen Gegenstandes nach § 43 KO/§ 47 InsO versagt und dem Konkursverwalter bezüglich dieses Gegenstandes ein Verwertungsrecht einge­ räumt werden könnte. In der Tat wird eine solche Auffassung auch vertreten. Zur Begründung wird angeführt, daß die unterschiedliche dingliche Zuordnung des KO, Rn. 9; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 12; Rowedder(-Rowedder), §§ 32a/b, Rn. 43; Kamprad, 36. 186 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 55; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 76. 187 Siehe Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 9; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 55. 188 Ehricke, WiB 1995, 892; Boujong, WiB 1997,296 f.

darlehensweise hingegebenen Geldes und der fiir den Betrieb des Gesellschafts­ Unternehmens zur Verfügung stehenden Miet- und Pachtgegenstände lediglich auf der Eigenheit des Geldes und seiner Nutzungsmöglichkeiten beruhe und daher fiir die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln nicht entscheidend sein könne. Infol­ gedessen habe der Gesellschafter das betroffene Wirtschaftsgut auch dinglich in die Konkursmasse zu überfuhren, jedenfalls aber dessen Verwertung fiir die Konkursmasse durch Veräußerung zu dulden189. Anderer Ansicht nach soll zwar die dingliche Zuordnung des Gegenstandes belassen werden, doch sei die Substanz der genutzten Sache insoweit einzubeziehen, daß der Gesellschaft ein Wertersatz­ anspruch in Höhe des Substanzwertes zugesprochen und dem Gesellschafter das Recht zuerkannt wird, sich durch die Preisgabe der Sache an die Gesellschaft von dieser Wertersatzpflicht zu befreien190. Die beiden Bestrebungen sind jedoch abzulehnen, weil sie aus verfassungs­ rechtlicher Sicht wegen Art. 14 GG höchst bedenklich sind191. 192 Zudem wird von den Vertretern dieser Ansicht § 32a GmbHG als Grundlage für eine Zufügung von Kapital angesehen. Damit wollen sie die an sich berechtigte Vorstellung verwirk­ lichen, möglichst wirkungsvoll vermeiden zu wollen, daß der Gesellschafter das Risiko der Entscheidung der Fortführung der aus eigener Kraft nicht mehr lebens­ fähigen Gesellschaft auf die Gläubiger abwälzt. § 32a GmbHG setzt jedoch gerade entgegengesetzt an: Die Vorschrift enthält nur ein Abzugsverbot und kein ZufuhrungsgebotX92. § 32a GmbHG verlangt für die Dauer der Krise der Gesellschaft, daß keine der ihr tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel abgezogen werden; die Gesellschafter sind nicht aus § 32a GmbHG verpflichtet, ihr neues Kapital beizubringen. Beinhalten die Eigenkapitalersatzregeln also nicht die Rechtsfolgen einer unterlassenen^ sondern die „Umqualifizierung“ einer tatsächlich durchge­ führten (zusätzlichen) Finanzierung der Gesellschaft, so kann der Umqualifizie­ rung auch nur das unterliegen, was der Gesellschaft tatsächlich zu ihrem haftenden Eigenkapital zugeführt wurde. Was die Gesellschaft von ihren Gesellschaftern nicht erhalten hat, steht dagegen von vornherein außerhalb einer möglichen Bindung durch die Eigenkapitalersatzregeln. Andernfalls würde dies die Gesell­ schafter dann - über ihre tatsächlich erbrachten Leistungen hinaus (nämlich der Nutzungsmöglichkeit) - entgegen der Vorschrift des § 53 III GmbHG zu einem wirtschaftlichen Nachschuß zwingen193. Genau hieran läßt sich der wesentliche

189 Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 52; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 142; Wiedemann, ZIP 1986, 1300; Ebenroth/Wilken, BB 1993, 309; Wellkamp, DB 1993, 1761; Keßler, GmbHR 1993, 545 f.; Drygala, 67 ff.; ders., BB 1992, 81; Real, GmbHR 1994, 780. 190 Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 121; v. Gerkan, GmbHR 1986, 233; Bäcker, ZIP 1989, 681; ders., 204 ff., insbes. 207 ff. 191 So auch Boujong, WiB 1997, 296. 192 Priester, in: Priester/Timm, 18; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 16; ferner K. Schmidt, ZIP 1979, 545; Ehricke, WiB 1995, 892. 193 BGHZ 127, 17, 24 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 33h; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 119.

Unterschied zwischen einem Gesellschafterdarlehen und der Überlassung von Gegenständen festmachen. Während die Mittel aus einem Darlehen ungeachtet des Rückzahlungsanspruches des Darlehensgebers als Eigentum ein Teil des Vermö­ gens des Darlehensempfänger werden und damit im Konkurs in die Haftungsmasse eingehen, verhält es sich bei der Überlassung von Gegenständen anders, weil dort die sachenrechtlichen Verhältnisse andere sind. Sehr deutlich und überzeugend bringt dies der BGH in seinem Lagergrundstücksurteil III zum Ausdruck: „ (...) Anders verhält es sich bei der miet- oder pachtweisen Überlassung von Gegen­ ständen. Bei der Gebrauchsüberlassung hat der Gesellschafter der Gesellschaft weder das Eigentum noch das Recht zu dessen Erwerb oder Verwertung im Krisenfalle übertragen. Das Eigentum an dem zur Miete oder zur Pacht überlasse­ nen Gegenständen oder der in ihm verkörperte Substanzwert haben damit vor Eintritt der Krise zu keinem Zeitpunkt als Bestandteil der allgemeinen Haftungs­ masse der Gesellschaft als Befriedigungsobjekt für deren Gläubiger zur Verfügung gestanden. Auch im Konkurs der Gesellschaft wäre dies nicht der Fall. Eine Bindung des Eigentums nach Eigenkapitalersatzregeln liefe mithin anders als beim Darlehen nicht auf ein Abzugsverbot hinaus, sondern auf den Zwang, der in die Krise geratenen Gesellschaft einen zusätzlichen Vermögenswert zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung zur Verfügung zu stellen, den der Gesellschafter ihr bisher aufgrund der von ihm getroffenen Finanzierungsentscheidung gerade nicht zuge­ führt hatte. Für eine solche Rechtsfolge bietet das geltende Recht keine ausrei­ chende Grundlage. Gegenstand der Zuführung ist bei der Gebrauchsüberlassung allein das Recht, die vermietete oder verpachtete Sache im Rahmen der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu nutzen. Dementsprechend kann auch nur dieses Nutzungsrecht Gegenstand der Gleichstellung mit haftendem Eigenkapital mit der Folge sein, daß es nach Eintritt der Gesellschaftskrise der Umqualifizierung unterliegt und so zu behandeln ist, als hätte es der Gesellschafter der Gesellschaft zulässigerweise in Form einer Sacheinlage als haftendes Eigenkapital zur Verfü­ gung gestellt.^94. Mit dieser Begründung kann zugleich auch der zum Teil vertretenen Ansicht eine Absage erteilt werden, die die Zuordnung des dinglichen Rechts hinsichtlich des überlassenen Gegenstandes mit dem Hinweis auf eine „Finanzierungsfolge­ Verantwortung“ zu rechtfertigen sucht194 195. In der Konsequenz würde dies die Gesellschafter nämlich ungerechtfertigterweise auch über ihre tatsächlich erbrach­

194 BGHZ 127, 17, 24 f.; vgl. auch in weiten Teilen wortwörtlich übereinstimmend BGHZ 127, 1,8 f.; vgl. dazu auch Real, GmbHR 1994, 780; K. Schmidt, ZIP 1993, 168.; siehe ferner auch Brandes, ZGR 1989, 244, 246; ders., in: Priester/Timm, 43, 47; Priester, in: Priester/Timm, 1,18; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 113; Hueck, ZGR 1989, 236 ff.; Büscher/Klusmann, ZIP 1991, 15. 195 Wiedemann, ZIP 1986, 1300 und offensichtlich sympathisierend v.Gerkan, ZHR 158 (1994), 671 f.

ten Leistungen hinaus (nämlich der Nutzungsmöglichkeit) entgegen der Vorschrift des § 53 III GmbHG zu einem wirtschaftlichen Nachschuß zwingen196.

b) Rechtsfolgen der Überlassung selbst Ist es nicht möglich, den zur Nutzung überlassenen Gegenstand als solchen in die Haftungsmasse einzubeziehen, wächst die Bedeutung der Rechtsfolgen der Über­ lassung selbst. Weitgehend unproblematisch ist das Schicksal des Entgeltes, das die Unter­ gesellschaft der Konzemmutter oder einem anderen Unternehmen aus dem Konzern für die Gebrauchsüberlassung zu zahlen hat oder bereits beglichen hat. Entsprechend § 30 GmbHG kann das Mutterunternehmen kein Entgelt verlangen, wenn diese Zahlung das Stammkapital antasten oder eine Überschuldung vergrö­ ßern würde197. Dennoch bereits gezahltes Nutzungsentgelt muß analog §31 I GmbHG in die Masse zurück erstattet werden198. Analog zu § 32a I GmbHG ent­ fällt auch der Anspruch auf Nutzungsentgelt oberhalb der Stammkapital-Ziffer, und in diesem Bereich können vom Konkursverwalter die innerhalb des letzten Jahres vor Konkurseröffnung geleisteten Zahlungen nach § 32a KO angefochten werden und sind nach § 37 KO zurückzugewähren199. In den Haftungsverband der Gesellschaft fällt zudem auch das Nutzungsrecht, das die Mutter ihrer Tochtergesellschaft eingeräumt hat, bzw. die bloße Nutzungsmöglichkeit. Der Konkursverwalter ist im Konkurs dann befugt, dieses durch die Nutzung (insbesondere bei zeitweiliger Fortführung des Betriebes), durch Überlassung an Dritte zur Ausübung oder durch Weiterübertragung zu verwerten200. In diesem Zusammenhang ist darauf hingewiesen worden, daß keine Verwertung des Nutzungsgegenstandes stattfinden könne, wenn der Konkurs­ verwalter den Betrieb der Gesellschaft einstelle201. Denn wenn das fortwährende Nutzungsrecht gerade aus dem Grunde in die Konkursmasse falle, damit durch die Nutzung Positiva erwirtschaftet werden können, die die Masse erhöhen, entfiele dieser wesentliche Zweck, weil ohne Betrieb kein Wertzuwachs für die Masse erwirtschaftet werden könne. Das gelte jedenfalls für Betriebsgrundstücke202. 196 Wie hier: BGHZ 127, 17, 24 f.; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.16; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 119. 197 BGHZ 109,55,66. 198 OLG Hamm, GmbHR 1992, 754, 756; vgl. auch Real, GmbHR 1994, 779 f.; Goette, DStR 1994, 1661. 199 OLG Hamm, GmbHR 1992, 754, 756; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 118; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8. 14; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 117; Ulmer, in: FS Kellermann, 502. 200 BGHZ 127, 1, 12 f.; vgl. auch OLG Hamm, GmbHR 1992, 754, 755; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 113; Ulmer, in: FS Kellermann, 498 f.; Brandes, ZGR 1989,248 f. 201 Kallmeyer, GmbHR 1994,292. 202 Kallmeyer, GmbHR 1994,292.

Dieser Einwand kann die hier vertretene Lösung allerdings nicht entkräften, denn dem Konkursverwalter werden mit der Überlassung der Nutzung verschiedene Möglichkeiten an die Hand gegeben, durch entsprechende Handhabung (also z.B. durch eine Betriebsfortführung) die Masse der GmbH zu vergrößern. Letztlich bleibt es ihm aber im einzelnen allein überlassen, wie er den Nutzungsgegenstand tatsächlich verwerten will. Das heißt, es ist Sache des Konkursverwalters und mit § 82 KO/§ 60 InsO bewehrt, beispielsweise Betriebsgrundstücke zu verwerten, ohne dabei den Betrieb aufrecht zu erhalten. Entscheidend ist nur, daß er mit der Verwertung die Masse möglichst umfangreich vergrößern kann. Sehr eng mit dieser Befugnis des Konkursverwalters hängt das Problem der Dauer der zwangsweisen Überlassung des Gegenstandes zusammen. Nimmt man wiederum das Beispiel von sehr kostspieligen Maschinen, die die Konzemmutter angeschafft hat, um sie je nach Bedarf ihren einzelnen Tochterunternehmen für ihre Geschäfte zu überlassen, so kann allein die „Bindung“ dieses Gegenstandes in der Masse des Gemeinschuldners und die Dauer dieses Zustandes erhebliche Einbußen für die herrschende Gesellschaft bzw. die anderen Konzemeinheiten bedeuten. Für die Bestimmung der Dauer der Zwangsüberlassung sind prinzipiell ver­ schiedene Möglichkeiten denkbar. So könnte man auf die vertragliche Vereinba­ rung abstellen und prüfen, welche Bestimmungen die Mutter und ihre Tochter konkret über die Nutzung abgeschlossen haben203. Andererseits wäre denkbar, daß der Gesellschafter völlig unabhängig von seiner Vereinbarung den Gegenstand der Gesellschaft grundsätzlich so lange zwangsweise überlassen muß, bis im Konkurs die außenstehenden Gläubiger befriedigt sind204. Schließlich kommt auch ein flexibles System in Betracht, das zwar die Vereinbarung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft als Ausgangspunkt nimmt, diesen aber gleichsam an einem objektivierten Maßstab mißt205. Ein solcher ergäbe sich beispielsweise daraus, daß gefragt wird, ob ein gleicher Vertrag, so wie er abgeschlossen wurde, auch mit einem außenstehenden Dritten zustande gekommen wäre. Des weiteren könnte ausschlaggebend sein, auf welcher Mindestlaufzeit des Überlassungsvertrages der Überlasser hätte bestehen müssen, um seine Investitionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinns durch ein ebenfalls angemessenes Überlassungsentgelt zu decken. Gleichzeitig wäre einzubeziehen, auf welche Vertragsdauer und Kündi­ gungsfristen sich die betreffende Gesellschaft vernünftigerweise hätte einlassen müssen206. Die Vorzüge dieser vermittelnden Lösung gegenüber den beiden ande­ ren Auffassungen liegen eindeutig auf der Hand. Eine Lösung, die die Überlassung bis zur Befriedigung aller Gläubiger vertritt, überzeugt nicht, weil sie faktisch doch 203 So insbesondere: Priester in: Priester/Timm, 20 f.; Ulmer, in: FS Kellermann, 499 f.; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 117; K. Schmidt, ZHR 154 (1990), 250; ders., ZIP 1993, 169. 204 Z.B. Brandes, ZGR 1989,248. 205 Siehe BGHZ 109, 55, 63 f.; BGHZ 121, 31, 38 ff. 206 BGH ZIP 1994, 1265; vgl. auch BGHZ 109, 55,63 f.; BGHZ 121, 31, 38 ff.; Ulmer, in: FS Kellermann, 501; Priester, in: Priester/Timm, 21; K. Schmidt, ZIP 1993, 169.

einer von § 32a GmbHG nicht gedeckten „Enteignung“ des Überlassenden gleich­ kommt. Das Abstellen auf den tatsächlich geschlossenen Vertrag greift dort zu kurz, wo dieser etwa aufgrund der Abhängigkeit des Überlassungsempfängers von dem Überlassenden besondere vertragliche Bedingungen enthält, die entweder ganz besonders kurze Laufzeiten mit dauernder vom herrschenden Unternehmen zu bestimmender Verlängerung oder außergewöhnlich kurze Kündigungsfristen oder gar (etwa aus steuerlichen Gründen) Bedingungen, die nicht ernstgemeint sind (§118 BGB)207, vorschreiben, und so eine Verwertung durch den Konkursver­ walter praktisch leerlaufen lassen. Stellt man jedoch auf einen „verobjektivierten" Vertrag ab, so hat man eine flexible Regelung, die einen interessengerechten Kom­ promiß zwischen den Interessen des Gesellschafter und denen der Masse bzw. der Gläubiger des Gemeinschuldners bildet. Die Frage der Dauer der Nutzungsüber­ lassung wird mit diesem Ansatz allerdings auf die Beantwortung der Frage ver­ schoben, welche Vereinbarungen der „objektive“ Gesellschafter mit der „objek­ tiven“ Gesellschaft über Geltungsdauer und Kündigungsfristen bzw. -möglichkei­ ten getroffen hätte. Damit wird letztlich wiederum auf das das GmbH-Recht durchwirkende Treu- und Glaubens-Prinzips abgehoben. So wird man regelmäßig wohl davon ausgehen können, daß auf jeden Fall solche Vereinbarungen über das Ende der Gebrauchsüberlassung unwirksam sind, die bei objektiver Betrachtung eindeutig allein oder zumindest vorrangig den Zweck (gehabt) haben, die Gesell­ schaftsgläubiger zu benachteiligen, wie z.B. das Recht, das die Gesellschaft dem Gesellschafter eingeräumt hat, im Falle des Gesellschaftskonkurses außerordent­ lich zu kündigen208.

c) Entgelt für die fortwährende Überlassung Für die fortwährende Überlassung im Rahmen der Verwertungsbefugnis kann der Gesellschafter konsequenterweise kein Entgelt aus der Masse verlangen, und sein Herausgabeanspruch ist analog der §§ 30, 32a GmbH ausgeschlossen209. Sollte der Gesellschafter den Nutzungsgegenstand trotz der Verstrickung abgezogen haben, so kann der Konkursverwalter diese Dezimierung der Masse rückgängig machen und ihn entsprechend § 31 I GmbHG innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 V GmbHG zurückverlangen. 4. Probleme der „Verwertungskonzeption“

Wenngleich die hier vertretene „Verwertungskonzeption“ des überlassenen Gegen­ standes durch den Konkursverwalter als der überzeugendste gangbare Weg er­ 207 v. Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.16. 208 Ulmer, in: FS Kellermann, 501; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.25; BGH ZIP 1994, 1261, 1265. 209 So v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.20.

scheint, die Ziele des § 32a GmbHG mit den eigentumsrechtlichen Problemen an den betreffenden Gegenständen in Einklang zu bringen, so gibt es bei dieser Lösung in Einzelfällen dennoch auch einige nicht unerhebliche Schwierigkeiten. a) Risiko der Nichtverwertung bzw. Nichtverwertbarkeit So mag sich beispielsweise die Nutzungsmöglichkeit des Gegenstandes aus praktischen Gründen - etwa weil der Konkursverwalter den Betrieb des abhängi­ gen Unternehmens nicht weiterfuhren kann oder will und die überlassenen Gegen­ stände weder zusammen mit dem Betrieb noch einzeln vermietbar oder verpachtbar sind - nicht verwerten lassen. Denkt man den Ansatz der hier favorisierten Ver­ wertungskonzeption weiter, so verbleibt das Risiko der Nichtverwertung bzw. Nichtverwertbarkeit dann nicht bei den Gesellschaftern, sondern letztlich bei den Gläubigem, da das Mutterunternehmen als Gesellschafter keine „Ersatzhaftung“ für eine fehlende Verwertbarkeit des Gutes treffen kann, die in die Masse fließen könnte. Denn der Gesellschafter „haftet“ nach § 32a GmbHG und die diese Norm ergänzenden Vorschriften nur dadurch, daß er das commodum für das eigenkapitalersetzende Darlehen nicht herausverlangen kann. Eine weitere Einstandspflicht ergibt sich aus dieser Vorschrift, gerade nicht. Eine solche Risikoverteilung ist allerdings nicht unbillig210. Denn, daß das zur Überlassung gegebene Gut im Konkursfall den Gläubigem letztlich nichts nützt, liegt nicht in der Einflußsphäre des herrschenden Unternehmens als Überlasser; dessen Intention war es, der abhängigen Gesellschaft in der Krise in einer bestimmten Art und Weise Kapital zuzufuhren. Das Gesellschaftsvermögen des Gemeinschuldners ist in den Fällen der Nutzungsüberlassung nur um die Nutzungsmöglichkeiten an dem Gegenstand vergrößert worden. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift greift, wie bereits betont, § 32a GmbHG als Gläubigerschutznorm dann nicht aus der Perspektive der Aufbesserung der Kapitallage der Gesellschaft im Konkurs durch erneute Zahlun­ gen ein. Sondern sie erlangt Bedeutung aus der Perspektive des „verbotenen Abzu­ ges“, unabhängig davon, welche Verwertbarkeit das Kapital hat, das früher anstatt des Nachschusses geleistet wurde. Darüber hinaus ist die zum Teil geäußerte Befürchtung nicht ganz von der Hand zu weisen, daß in einigen Fällen, in denen sich für den Konkursverwalter keine Möglichkeit zu einer sinnvollen Wahrnehmung oder Verwendung des Nutzungs­ rechts ergibt oder in denen die konkreten Verwertungsmöglichkeiten nur eine unvollkommene Ausschöpfung des eigentlich im Nutzungsrecht verkörperten Wertes erwarten lassen, das aus § 32a III GmbHG abgeleitete Verwertungsgebot des Konkursverwalters mangels einer generellen Möglichkeit, Wertersatz verlan­ gen zu können, zum Nachteil der Masse leerläuft211. Dennoch vermag auch diese Gefahr nicht zu einem anderem rechtlichen Ergebnis zu führen. Hier handelt es 210 Ehricke, WiB 1995, 894. 211 So insbesondere v.Gerkan, ZHR 118 (1994) 673 f.

sich nämlich in Wirklichkeit um ein der Regelung des § 32a III GmbHG in Verbindung mit § 32a I GmbHG immanentes Problem212. Weder aus verfassungs­ rechtlicher Sicht noch im Hinblick auf die Formenstrenge des Sachenrechts, insbe­ sondere des Überganges von Eigentum, darf der verpachtende oder vermietende Gesellschafter im Konkurs der Gesellschaft „enteignet“ werden, d.h. die dingliche Zuordnung des Eigentums läßt sich im Konkurs nicht ändern - auch nicht im Wege einer Generalanalogie zu den Vorschriften der §§ 886, 1169, 1254 BGB213. Es besteht auch nicht etwa eine Möglichkeit, aus §§30, 31 oder 32a GmbHG abzuleiten, daß der Gesellschafter, der ein Nutzungsrecht, aber keine Geldeinlage zur Verfügung gestellt hat, zu einer anderen Leistung verpflichtet werden kann als der tatsächlich erbrachten. Vielmehr hält § 32a GmbHG den Gesellschafter bzw. den Dritten nur an dem bereits erbrachten Finanzierungsopfer fest und verlangt ihm keine weiteren Leistungen ab214. Das ergibt sich zum einen mittelbar aus dem Wortlaut der Kapitalerhaltungsvorschriften , wo nur von der Verringerung eines bestimmten Kapitalstocks durch Abzug von Kapital die Rede ist. Zum anderen folgt es unmittelbar aus dem Verständnis des § 32a III GmbHG, der als Gleich­ stellungsnorm einer bestimmten Leistung und nicht etwa von einem unbestimmten oder nur zum Teil bestimmten Leistungsbündel, das alternativ im Konkurs einge­ setzt werden könnte mit einem eigenkapitalersetzenden Darlehen fungiert215. Liegt der Sachverhalt jedoch andersherum, was in der Praxis von verbundenen Unternehmen typischerweise der Fall ist, wie etwa bei dem hier herangezogenen Beispiel, wenn bestimmte Gegenstände anderswo im Unternehmensverbund benö­ tigt werden und die „Auslösung“ dieser Gegenstände aus der Masse wirtschaftli­ cher sein kann als deren Neuanschaffung, so ergibt sich ein anderes Bild. Will etwa die Konzemmutter von sich aus gegen Ersatz des Restnutzwertes an den Konkurs­ verwalter den Nutzungsgegenstand herausverlangen, so steht dem nichts entge­ gen216. Es kann dabei nicht einmal darauf ankommen, ob dies im Einvernehmen mit dem Konkursverwalter geschieht oder nicht217, denn den Konkursverwalter darf es nur interessieren, daß er in die Masse dasjenige Vermögen einbringt, daß aus der Nutzung des Gegenstandes zu erwirtschaften ist; er hat jedoch keinen Ein­ fluß darauf, ob er diese Nutzungsentgelte selbst erwirtschaftet, oder ob es ihm als eine Art „Freikaufen“ vom Gesellschafter zugeführt wird. Letztlich handelt es sich bei dieser Frage aber nur um ein originäres Problem der Bewertung, in welcher Höhe Nutzungen überhaupt bzw. noch zu erzielen sein werden und der Masse zufließen.

212 213 214 215 216 217

Vgl. BGHZ 127, 1, 14; BGHZ 127, 17, 30 f. So zumindest hinsichtlich von beweglichen Sachen Drygala, 70 ff. Siehe BGH ZIP 1994, 1261, 1266; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 117; Drygala, 73 Im Ergebnis ebenso Ulmer, in: FS Kellermann, 498 ff. Siehe statt aller Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 121 m.w.N. So aber Altmeppen, NJW 1994,2354.

b) Verlängerung des Konkursverfahrens Bei der „Verwertungskonzeption“ besteht zugestandenermaßen auch die Gefahr, daß es zu einer Verlängerung des Konkursverfahrens kommen kann218. Im Hin­ blick auf diese konzeptionellen Probleme ist deshalb in der Literatur vorgeschlagen worden, dem Konkursverwalter gegen den überlassenden Gesellschafter, also hier der Konzemmutter oder einer Schwester, einen Anspruch auf Entgelt des Restnut­ zungswertes in bar Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Nutzungsgegenstandes zu gewähren219. Zur Begründung wird zum Teil darauf hingewiesen, daß nach § 32b GmbHG der Gesellschafter, der der Gesellschaft nicht selbst ein Darlehen gewährt, sondern für einen Fremdkredit - in einer Krisensituation - eine Sicherheit bestellt oder aufrechterhellten hat, Rückzahlungen der Gesellschaft erstatten müsse, die die Gesellschaft im letzten Jahr vor Konkurseröffnung an den Dritten geleistet hat. Die die analoge Anwendung dieser Vorschrift rechtfertigende Ähnlichkeit soll dem­ nach darin bestehen, daß der Gesellschafter in beiden Fällen der Gesellschaft eine Hilfe gewährt, die als solche deren Vermögen nicht vermehrt; belaste er z.B. zugunsten der kreditgebenden Bank sein Privatgrundstück, so erhalte die Gesell­ schaft weder das Eigentum noch ein dingliches Recht an dem Grundstück. Trotz­ dem müsse er in dem in § 32b GmbHG geregelten Fall der Gesellschaft Geldmittel in Höhe des außenstehenden Kreditgeber zurückgezahlten Betrages zur Verfügung stellen220. Der BGH hat diesen Vorschlag im Ergebnis mit der Begründung abge­ lehnt, daß eine solche Analogie letztlich deshalb nicht überzeugen könne, weil im Fall der Besicherung eines Fremdkredits - anders als bei der Nutzungsüberlassung - der Gesellschaft sehr wohl eigene Geldmittel zugeführt würden, die ihre dem Gläubigerzugriff unterliegende Haftungsmasse vergrößern. Ob der Gesellschafter diese Mittel dadurch besorgt, daß er selbst - unter Einsatz einer persönlichen oder dinglichen Sicherheit - ein Darlehen aufnimmt und das Geld sodann an die Gesell­ schaft weiterleitet, oder ob er unter Einsatz seines Privatvermögens als Belei­ hungsgrundlage dafür sorgt, daß die Gesellschaft die Geldmittel als eigenen Kredit erhält, macht wirtschaftlich keinen Unterschied aus. Ein solcher besteht dagegen im Verhältnis zur Nutzungsüberlassung, denn durch sie wird das haftende Vermö­ gen der Gesellschaft nicht in Form der Nutzungsgegenstände selbst vermehrt221.

5. Zusammenfassung

Im Konkurs einer konzemabhängigen GmbH können die übrigen Konzern­ unternehmen die von ihnen hingegebenen Darlehen nebst Zinsen und akzessori­ schen Nebenforderungen nicht geltend machen. Das gleiche gilt für Sicherheiten, die der jetzige Gemeinschuldner vormals dem herrschenden Unternehmen oder den 218 219 220 221

So auch BGH ZIP 1994,1265; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 8.21. v. Gerkan, GmbHR 1986,223; Fabritius, 177 ff.; Bäcker, 209 ff.; Drygala, BB 1992, 81. Vgl. Fabritius, 177; Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 121. BGH ZIP 1994, 1264; kritisch auch Wiedemann, ZIP 1986, 1300.

Schwesterunternehmen bestellt hatte. Ebenfalls verwehrt ist den übrigen Konzern­ unternehmen die Verwertung von nicht akzessorischen Sicherheiten, die von dem jetzigen Gemeinschuldner bestellt worden sind, weil ansonsten der Schutzzweck des § 32a GmbHG unterlaufen werden könnte. Der Konkursverwalter kann deshalb aufgrund der §§ 32a, 41 II KO die entsprechende Verwertung der Sicherheiten anfechten und insoweit die Leistung im vorhinein verweigern. Soweit die Mutter­ oder eine Schwestergesellschaft des Gemeinschuldners einen Gegenstand zur Nutzung überlassen hat, geht dieser Gegenstand als solcher im Konkurs nicht in die Masse ein. In den Haftungsverband fällt jedoch die Nutzungsbefugnis dieses Gegenstandes. Der Konkursverwalter kann den Gegenstand zu Gunsten der Masse verwerten, und zwar so lange, wie das überlassende Unternehmen den Gegenstand hätte belassen müssen, um seine Investitionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinns durch ein ebenfalls angemessenes Überlassungsgeld bei vernünftigen Vertragskonditionen zu decken. Das jeweils überlassende Konzernunternehmen kann den überlassenen Gegenstand jedoch gegen Zahlung dessen in die Masse, was die Verwertung des Gegenstandes dem Konkursverwalter mindestens einge­ bracht hätte, auslösen.

V. Die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG im Bereich des Eigenkapitalersatzes Das eigenkapitalersetzende Darlehen oder die entsprechende Leistung, das bzw. die eine Konzemmutter oder ein Dritter der Untergesellschaft gewährt oder stehen­ gelassen hat, unterliegt nicht nur dem § 32a GmbHG, sondern darüber hinaus auch der Kapitalbindung nach §§ 30 f. GmbHG222. Diese doppelte Anknüpfung ergibt sich daraus, daß vor Einführung des § 32a GmbHG die Rechtsprechung Regeln entwickelt hat, nach denen eigenkapitalersetzende Darlehen jedenfalls soweit erfaßt werden konnten, wie ihre Rückzahlung die Stammkapitalziffer berührten223. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1988 stellte der BGH fest, daß diese Rechtsprechungsregeln auch nach der Einführung der GmbHG-Novelle 1980 weiter Geltung beanspruchen können. Sie sind deshalb neben § 32a GmbHG oder kumulativ zu dieser Vorschrift anwendbar224. Dieses verhältnismäßig komplizierte Nebeneinander stellt sich im Konkurs des abhängigen Konzernunternehmens freilich weniger schwierig dar: Soweit die Rückführung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens oder einer entsprechenden 222 Ausführlich Berg, 23 ff. und 47 ff; vgl. ferner auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 72 ff; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 76 ff. Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 158 ff; Raiser, § 30, Rn. 30 ff; Hommelhoff, ZGR 1988, 480 ff; Hommelhoff/Kleindiek, in: FS GmbHG, 429 ff 223 Vgl. grundlegend BGHZ 31, 258, 268 ff; darüber hinaus BGHZ 76, 326, 329 ff; BGHZ 81, 365, 366 f.; BGHZ 90, 370, 376; BGHZ 107, 7, 12 ff. 224 BGHZ 90, 370, 378 f.; dazu Wank, ZGR 1988, 378 f.; Hommelhoff, ZGR 1988, 485 f.; Seidl, ZGR 1988,412; vgl. aber Berg 191 (Zusammenfassung).

Leistung gegen das Ausschüttungsverbot des § 30 GmbHG verstoßen hat, kann vom Empfänger nach § 31 GmbHG Rückzahlung bis zur Höhe der Stammkapital­ Ziffer verlangt werden. Wird über das Vermögen des abhängigen Unternehmens als Leistungsempfänger das Konkursverfahren eröffnet, so sind das herrschende Unternehmen oder die Schwestern in der Höhe des gesamten Betrages des eigen­ kapitalersetzenden Darlehens oder der gleichstehenden Leistung daran gehindert, diese Leistung im Konkursverfahren geltend zu machen. Für den Fall, daß bei Konkurseröffnung die Leistung ganz oder teilweise bereits zurückgewährt worden ist, kann der Konkursverwalter nach § 32a KO diese Rückgewähr anfechten; sie ist dann in die Masse zurückzugewähren (§ 37 KO). Relevant werden die alten richterrechtlichen Regelungen jedoch dann, wenn die Vollziehung der Rückzah­ lung der Leistung an den Leistungsgeber länger als ein Jahr vor Eröffnung des Konkursverfahrens zurück liegt. Die Anfechtungsmöglichkeit des § 32a KO greift dann nicht mehr (§ 32a II KO). Wohl aber kann der Konkursverwalter (§ 6 KO) nach den Rechtsprechungsregeln gemäß §§30 I und 31 I GmbHG analog die zurückgewährte Leistung in die Masse verlangen, soweit sie zur Deckung des Stammkapitals benötigt wird225. Dieser Anspruch verjährt gemäß § 31 V GmbHG erst nach fünf Jahren.

VI. Änderungen der Rechtslage nach Inkrafttreten der InsO Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung ergeben sich hinsichtlich der Gel­ tendmachung von Forderungen im Konkurs einer Untergesellschaft einige Ände­ rungen. § 39 I Nr. 5 InsO schreibt vor, daß die Forderungen auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens bzw. auf die entsprechende Leistung zu befriedigen ist, wenn alle in der Rangfolge vorrangig Genannten befriedigt worden sind. Daraus folgt unmittelbar, daß es sich bei dieser Forderung der Mutter oder anderer Konzemeinheiten als Gesellschafter oder als Dritte um eine Konkursforderung handelt, die zur Konkurstabelle angemeldet werden kann. Damit muß der Insol­ venzverwalter die möglicherweise nach der Befriedigung der übrigen Konkurs­ gläubiger verbleibende Masse - ggf. quotenmäßig - auf die Mutter bzw. die Schwestern als Leistungsgeber verteilen. Die Probleme, die im derzeitigen Recht damit bestehen, daß es sich bei dem Rückgewähranspruch wegen § 32a GmbHG nicht um eine Konkursforderung handelt, entfallen nach dem neuen Recht. So kann der Leistungsgeber nicht nur seinen Anspruch als Konkursforderung anmelden; er kann daher auch die Zinsen dafür verlangen. Ferner kann er auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen (§ 13 I InsO) und in der Gläubigerversammlung mitwirken (§ 74 I InsO).

225 Siehe anschaulich Lutter/Hommelhoff, §§§ 32a/b, Rn. 7 ff; darüberhinaus Baumbach/ Hueck(-Hueck), §§ 32a, Rn. 72 ff.; Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 14 f.; v. Gerkan, GmbHR 1990, 385; vgl. auch Timm, JuS 1991, 654; kritisch Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 6.

Nichts ändern wird sich durch diese neue Charakterisierung der eigenkapital­ ersetzenden Darlehen bzw. der entsprechenden Leistungen im Konkurs der Leistungsempfängerin jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht. Es handelt sich insolvenzverfahrensrechtlich betrachtet bei § 32a GmbHG dann jedoch tatsächlich um eine echte Subordinierung der Forderung im Sinne einer Änderung des Ranges226.

VII. Anwendbarkeit der Regeln über die eigenkapitalersetzenden Darlehen auf eine konzemabhängige AG 1. Anwendbarkeit der Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen auf eine AG

Im Gegensatz zu der Situation, wo das abhängige Konzernunternehmen eine GmbH ist, stellt sich die Situation für den Konkursverwalter hinsichtlich der Verwertung von Eigenkapitalersatz als Haftkapital im Konkurs des betreffenden Unternehmens als schwierig dar, wenn dieses eine AG ist. Denn das Instrument der eigenkapitalersetzenden Aktionärsdarlehen ist nicht geregelt und in Einzelheiten deshalb umstritten227. Aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber die Vorschriften über kapitalersetzende Darlehen auf die Rechtsform der GmbH und der handelsrechtlichen Personen­ gesellschaften ohne voll haftende natürliche Personen beschränkt hat, könnte der Schluß gezogen werden, daß er die Anwendung entsprechender Grundsätze auf Aktionärsdarlehen (im Wege der Rechtsfortbildung) ausschließen wollte228. Dage­ gen spricht allerdings, daß der Gesetzgeber sich in der GmbH-Noveile naturgemäß nur mit den Materien beschäftigen mußte, die mit der GmbH in Verbindung standen. Mit der Frage, wie es sich mit solchen Darlehen in einer AG verhält, hat er sich deshalb weder positiv noch negativ befaßt229. Eine analoge Anwendung der Vorschriften über die eigenkapitalersetzenden Darlehen bei der AG ist daher methodisch nicht ausgeschlossen, wenngleich eigenkapitalersetzende Darlehen hinsichtlich einer abhängigen AG im Konzern weit weniger Bedeutung haben als bei einer GmbH. Durch die verhältnismäßig leichte Verschiebbarkeit bzw. Veränderbarkeit der Geschäftsanteile an der AG kann es zusätzlich Schwierigkeiten

226 Zu dem Bereich der Rangrückstellung als Mittel, die Haftungsmasse für konzemexteme Gläubiger zu vergrößern, siehe oben § 2 B. 227 Siehe dazu ausführlich Ketzer, Eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen (1989); Farrenkopf, „Kapitalersetzende“ Gesellschafterdarlehen bei der Aktiengesellschaft, Diss. Frankfurt/M. (1984); A. Müller, Regeln für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei der GmbH und ihre Übertragbarkeit auf die AG (1987). 228 Vgl. Claussen, ZHR 147 (1983), 201 f.; OLG Düsseldorf, ZIP 1983, 786, 788. 229 BGHZ 90, 381, 384; Lutter/Hommelhoff/Timm, BB 1980, 737, 741; K. Schmidt, ZHR 1983, 165, 172; Immenga, ZIP 1983,1405 ff.; Rümker, in: FS Stimpel, 674.

machen, die Darlehenshingabe einem Anteilseigner zuzuordnen, der Einfluß auf die Geschäftsführung ausübt. Die analoge Anwendung der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen bei der GmbH auf die AG könnte sich darüber hinaus auch deshalb noch als problematisch erweisen, weil die Kapitalerhaltungsvorschriften bei der GmbH und bei der AG erhebliche Unterschiede aufweisen. So sind etwa die §§ 57 und 58 AktG in wesentlichen Bereichen strenger als die entsprechenden Vorschriften im GmbHG. Während in der GmbH lediglich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht ausgeschüttet werden darf, bindet der § 57 AktG das gesamte Gesellschaftsvermögen der AG mit Ausnahme des ordnungsmäßig festge­ stellten Bilanzgewinns (§ 58 V AktG). Zum gesicherten Vermögen der AG gehört nach § 150 AktG auch die in der GmbH nicht vorgeschriebene230 gesetzliche Rücklage231. Daraus folgt, daß es in der AG potentiell ein geringeres Bedürfnis für eine zwangsweise Umwidmung von Fremdkapital in Eigenkapital gibt232. Zudem unterscheiden sich die Stellung von GmbH-Gesellschaftern und eines Aktionärs hinsichtlich der Einwirkungsmöglichkeiten auf die Kapitalstruktur der Gesellschaft in wichtigen Punkten. So haben bekanntlich die GmbH-Gesellschafter etwa sehr viel weitreichendere Einwirkungsmöglichkeiten in die Geschäftspolitik und in die Geschäftsführung der Gesellschaft als dies Aktionäre haben. Ferner sind GmbHGesellschafter verhältnismäßig einfacher an Kapitalerhöhungsmaßnahmen zu beteiligen als die Gesellschafter in einer AG. Und schließlich könnte für die not­ wendig unterschiedliche Behandlung von eigenkapitalersetzenden Darlehen in AG und GmbH sprechen, daß in einer AG die Publizitätspflichten stärker ausgestaltet sind als in der GmbH233. Diese Argumente führten in der Literatur vereinzelt zu der These, daß eine entsprechende Anwendung der Regeln über kapitalersetzende Darlehen aus dem GmbHG im Bereich des AktG nicht möglich sei, weil der Gläu­ bigerschutz bei der AG durch einen institutioneilen Schutz gewährleistet werde234. Eine solche Sichtweise übersieht jedoch, daß die Funktionen der Kapitalerhal­ tungsvorschriften und der Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen rechts­ formübergreifend sind. Es handelt sich vielmehr um ein Problem, das überall dort auftritt, wo eine Grenzziehung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital notwendig ist. In beiden Fällen geht es in Wirklichkeit um die haftungsrechtliche Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital235, mit welcher letztlich gewährleistet werden soll, daß ein Unternehmen nicht nur als rechtlich-formale Hülle auf dem Markt 230 BGHZ 90, 381, 386. 231 Eschenbruch, Rn. 3375; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 3; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 5 f. 232 Siehe Junker, ZHR 156 (1992), 401. 233 Vgl. etwa Claussen, ZHR 147 (1983), 201. 234 Vgl. Rümker, ZIP 1982, 1385, 1395 (dieser Autor hat mittlerweile seine Ansicht allerdings aufgegeben: Rümker, in: FS Stimpel, 673, 677f.); Claussen, ZHR 147 (1983), 201; darüber hinaus siehe auch Menzel, AG 1982,197,205; Obermüller, ZIP 1982, 915,920. 235 Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 8 b.

agiert und damit eine potentielle Gefahr für die anderen Akteure darstellt. Die Kapitalerhaltungsvorschriften setzen an dem Punkt an, wo gewährleistet werden soll, daß die Gesellschaft über einen ausreichend großen Haftungsfonds verfugt, und die Vorschriften über die eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen sollen verhindern, daß der Haftungsfonds dadurch verringert wird, daß die Gesell­ schaft nur „schlechte“ Ressourcen, nämlich im Krisenfall für die Gläubiger nicht realisierbare, hat236. Auch die an sich strengeren Kapitalerhaltungsvorschriften der AG können es nicht verhindern, daß gebundenes Kapital verbraucht wird und damit der Kapitalbedarf der AG steigt, der dann durch nachgeschossenes Eigen­ kapital gedeckt werden muß237. Vor diesem Hintergrund ist vom BGH 1984 in seinem Beton- und Monierbau-Urteil im Grundsatz geklärt worden, daß die für die GmbH entwickelten Grundsätze über die kapitalersetzenden Darlehen unter Berücksichtigung der besonderen (Kapital-)Situation in der AG entsprechend auch auf die AG anzuwenden sind238. Mit den „entwickelten Grundsätzen^ sind aller­ dings nur die oben bereits erwähnten Rechtsprechungsgrundsätze zur Einbindung eigenkapitalersetzender Darlehen in die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG gemeint. Offen geblieben ist insoweit, ob neben diesen Grundsätzen auch die Vorschriften der §§ 32a, 32b GmbHG und § 32 KO analog auf AG ange­ wendet werden können. Dies ist unter Zugrundelegung der folgenden Überlegungen zu bejahen: Da nach der hier vertretenen Ansicht der wesentliche Aspekt der Inanspruchnahme der Gesellschafter wegen Hingabe eigenkapitalersetzender Darlehen die Einflußnahme auf die Geschäftsführung des Unternehmens ist, ergibt sich die wesentliche Grenze der Übertragbarkeit der GmbH-Regeln auf die AG daraus, daß in einer AG die Möglichkeiten eines Gesellschafters, die Unternehmenspolitik zu beeinflussen, geringer sind als bei der GmbH. Daher ist auch die Verantwortung hinsichtlich der Kapitalisierung in einer AG wesentlich strenger zu beurteilen als in der GmbH. So bilden die Informationsrechte des Anteilseigners eine Untergrenze für die Ein­ flußmöglichkeit, denn wenn ein Anteilseigner sich noch nicht einmal eingehend über die Lage der Gesellschaft informieren kann, sind seine Möglichkeiten, Ein­ fluß in die Geschäftspolitik des Unternehmens zu nehmen praktisch nicht vorhan­ den. Während dem GmbH-Gesellschafter insoweit etwa die Befugnisse nach §§ 50 und 51a GmbHG zur Verfügung stehen, hat der typische Aktionär keinerlei ver­ gleichbare Informationsrechte, die über die jedem Aktionär zustehenden Rechte

236 Siehe K. Schmidt, GesR, 531 f.; Junker, ZHR 156 (1992), 399; KK(-Lutter), § 57, Rn. 87. 237 Vgl. BGHZ 90, 381, 387; Junker, ZHR 156 (1992), 401; Immenga, ZIP 1983, 1409; im Ergebnis gleich Heilmann, KTS 1983, 514 f. 238 Siehe grundlegend BGHZ 90, 381, 384 = JZ 1984, 1034 mit Anm. von Schwark (1036 ff.); vorher bereits zustimmend u.a. Rehbinder, in: FS Fischer, 579, 585; Erlinghagen, GmbHR 1962, 174; Lutter/Hommelhofff/Timm, BB 1980, 737, 738 und 741 f.; Heilmann, KTS 1983, 514 f.; Immenga, GmbHR 1983, 1405 ff.; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 171 ff.; ders., AG 1984, 12 ff.; ablehend insbesondere H.P. Westermann, ZIP 1983, 1983, 1282 ff.; Menzel, AG 1982, 205 f.; Obermüller, ZIP 1982, 920 f.

hinausgehen; seine Möglichkeiten sind beschränkt auf die Befugnisse in der Hauptversammlung. Eine Beeinflussung des Geschäftspolitik ist in einer AG jedoch nicht etwa unmöglich. Abhängig von der Anteilsgröße ist sie nach dem Beton- und Monierbau-Urteil des BGH grundsätzlich dann gegeben, wenn ein Aktionär mehr als 25% der stimmberechtigten Aktien hält oder eine Anzahl von Aktien hält, die der - in der Satzung festgelegten - Sperrminorität entspricht239. Bei diesem Anteil wird vermutet240, daß eine Darlehenshingabe eine unternehme­ rische Entscheidung des Anteilseigners ist, so daß ihn insoweit auch die Finanzie­ rungsverantwortung trifft. Bei einem solchen Anteil kann diese Vermutung jedoch nicht widerleglich sein. Denn wer mehr als ein Viertel des Grundkapitals in seinem Händen hält, beteiligt sich - unabhängig von seinem Willen - unternehmerisch an der AG, denn er trägt bereits deshalb Mitverantwortung, weil ohne seine Zustim­ mung die wichtigen Unternehmensentscheidungen nicht getroffen werden können241. Daraus folgt für den hier betrachteten Fall einer konzemabhängigen AG, daß jedenfalls diejenigen Darlehen bzw. ihnen gleichgestellte Leistungen im Konkursfall nicht als Konkursforderungen betrachtet werden können, die von denjenigen Gesellschaftern gegeben wurden, die einen Einfluß auf die Geschäfts­ führung ausüben können. Dies sind zwar in der Regel Aktionäre, die die entspre­ chenden Stammanteile von 25% haben; dabei kann es sich jedoch nicht um ein starre Regel handeln. Andernfalls wäre die Umgehungsgefahr zu groß. Es bestehen nämlich auch bei der AG andere Möglichkeiten für das herrschende Unternehmen als Aktionär, auf die Unternehmenspolitik des abhängigen Unternehmens Einfluß zu nehmen. Hervorzuheben sind dabei faktisch begründete Einflußmöglichkeiten, Konsortialführerschaften, wie z.B. die in Konzernen nicht unübliche koordinierte Vergabe von Krediten durch mehrere gering beteiligte Aktionäre242, Sonderrechte nach § 26 AktG, Mehrstimmrechte, Aufsichtsratsmandate oder statutarische Entsendungsrechte243. Ansatzpunkt muß daher ein flexibles Kriterium für die Bestimmung der unternehmerischen Mitverantwortung sein: Demjenigen Anteils­ 239 BGHZ 90, 381, 389 f ; Junker, ZHR (156) 1992, 404; Rümker, in: FS Stimpel, 677; A. Müller, 154 f. 240 Die offensichtlich h.M. will die Vermutung bei einer 25%en Beteilung widerleglich ausge­ stalten. Wenn sonstige Umstände gegen eine unternehmerische Beteiligung des betreffenden Aktionärs sprechen, dann soll in der Darlehenshingabe keine unternehmerische Entscheidung liegen. So etwa KK(-Lutter), § 57, 93; Hommelhoff, Haftung bei unternehmerischer Beteiligung, 34; Bork, ZIP 1990, 1039; Junker, ZHR 156 (1992), 398; vgl. aber auch OLG Düsseldorf, WM 1991, 1119, 1120. 241 So auch Rümker, in: FS Stimpel, 677; Ketzer, 77 f.; Kreis, 109. 242 Siehe K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 185; Ketzer, 76. 243 Hommelhoff, Haftung bei unternehmerischer Beteiligung, 35; Hess/Kropshofer, § 32a KO, Rn. 49 und 51; anders jedoch Immenga, ZIP 1983, 1410; vgl. auch Junker, ZHR 156 (1992), 403; A. Müller, 157 f.; Ketzer, 80 ff; v.Gerkan/Hommelhoff, Anm. 2.40. Und siehe auch Farrenkopf, 97 f., der auch das Darlehen eines Kleinaktionärs einer Publikumsgesellschaft als eigenkapitalersetzend qualifizieren möchte. Diese Ansicht übersieht - wie oben bereits dargelegt - die Korrela­ tion von Einfluß und Verantwortung.

eigner, der - aufgrund welcher Umstände auch immer - die Möglichkeit hat, unternehmerisch gestaltend zu wirken, obliegt als Ausfluß dieser Gestaltungsmög­ lichkeiten eine Verantwortung hinsichtlich der Kapitalisierung der AG, an die er sich bei der Hingabe eines Darlehens an sie binden lassen muß. Die parallele Geltung der GmbH-Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen bei einer AG hat zur Folge, daß nicht nur bei konzemintemen Transfers in faktischen AG-Konzemen die Muttergesellschaft bzw. die Schwestergesellschaften ihre entsprechenden Forderungen im Konkurs geltend machen können; ebenso kommen hier die oben entwickelten Überlegungen hinsichtlich des GmbH-Vertragskonzems zum Tragen. Das bedeutet, daß auch bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages zwischen der abhängigen AG mit dem Mutterunternehmen die Regeln über kapitalersetzende Darlehen eingreifen, denn der § 32a GmbHG verliert auch in seiner analogen Anwendung bei einer AG nicht seine Bedeutung neben der Verlustausgleichs­ pflicht der §§ 302 und 303 AktG. 2. Rechtsfolgen

Wenngleich die analoge Anwendung des § 32a GmbHG in einem AG-Konzem zu bejahen ist, bleibt noch zu klären, in welchem Umfang Darlehen oder entspre­ chende Leistungen bei Aktiengesellschaften im Konkurs von der Mutter oder ggf. von anderen Konzernunternehmen nicht mehr zurückverlangt werden können. Wendet man nur die von der Rechtsprechung zu den §§30, 31 GmbHG ent­ wickelten Grundsätze auf die Aktiengesellschaften an, so werden lediglich die Darlehen bzw. Darlehensteile oder die entsprechenden Leistungen244 erfaßt, die der Abdeckung des satzungsmäßigen Grundkapitals dienen und/oder darüber hinaus noch den gesetzlich vorgeschriebenen Reservefonds (§§ 150 I, II AktG, 272 II Nr. 1-3 HGB) ersetzen245. Die Rückführung eines Aktionärsdarlehens, das eigenkapitalersetzend gebunden ist, an den Aktionär löst die Rechtsfolgen der §§57, 62 AktG aus246 und bietet so die Möglichkeit, das aus der Masse der AG wegge­ gebene Kapital wiederzuerlangen. Eine analoge Anwendung der §§ 32a GmbHG und 32a KO würde auch über diese Grenze hinweg Leistungen erfassen247. So ist etwa denkbar, daß zurück­ gezahlte kapitalersetzende Aktionärsdarlehen auch über den Betrag des Grund­ kapitals hinaus entsprechend § 62 I AktG einem Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft unterliegen, wenn sie insoweit den gesetzlich vorgeschriebenen Reservefonds als zusätzliches, nicht ausschüttungsfähiges Gesellschaftervermögen 244 Dazu in Bezug auf die AG siehe näher Ketzer, 115 ff. 245 Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 83; Ketzer, 175 ff; Farrenkopf, 81 ff; Hommelhoff, WM 1984,1118; Schwark, JZ 1984,1036 f.; A. Müller, 159 f. 246 Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 8 b. 247 Im Ergebnis ebenso H.P. Westermann, ZIP 1982,387.

dienen248. Ob dies möglich ist, wird allerdings bestritten249. Kernfrage ist dabei, ob die Einbeziehung des aus der gesetzlichen Rücklage und den Kapitalrücklagen im Sinne des § 272 II Nr. 1-3 HGB bestehenden Reservefonds in die aktienrechtliche Vermögensbindung gläubigerschützende Funktion haben, oder ob sie gerade ande­ ren Zwecken dienen sollen250. Zu denken ist in diesem Zusammenhang besonders daran, daß die Einbeziehung der in § 272 II Nr. 1-3 HGB genannten Tatbestände einen Anlegerschutz bewirken sollen, indem eine unverfälschte Gewinndarstellung erzwungen wird251. Durch die Einbeziehung der Leistungen der Aktionäre soll verhindert werden, daß diese Beträge in die Gewinn- und Verlustrechnung einge­ hen und später als Gewinn der Gesellschaft ausgewiesen werden. Ansonsten könnten potentielle Aktienkäufer durch eine Ausweisung von Scheingewinnen, die etwa aus dem Agio stammen, über die tatsächliche Ertragskraft der Gesellschaft getäuscht werden252. Soweit also die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvor­ schriften und die durch sie gewährleistete Vermögensbindung nicht dem Gläubi­ gerschutz, sondern dem Schutz potentieller Kapitalanleger dienen, vermögen sie eine Bindung kapitalersetzender Aktionärsdarlehen zugunsten der Gesellschafts­ gläubiger nicht zu begründen253. Unabhängig davon aber, ob nicht möglicherweise ein zusätzlicher Zweck des aktienrechtlichen Reservefonds auch darin besteht, einen zusätzlichen „Sicherungsring“ um das Grundkapital aufzubauen, daß in Gestalt der gesetzlichen Rücklage jährlich ein Teil des Jahresüberschusses von einer Gewinnverteilung ausgenommen wird, um so die finanzielle Solidität der Gesellschaft zugunsten ihrer Gläubiger zu stärken254, ergibt sich die Bindung der kapitalersetzenden Darlehen von Aktionären, insoweit sie über die Abdeckung des satzungsgemäßen Grundkapitals hinaus fehlendes Eigenkapital ersetzen, wie bei der GmbH, letztlich auch aus der Verantwortung der Aktionäre hinsichtlich der Kapitalisierung des Unternehmens. Auch in einer AG dürfen die Gesellschafter in der Krise nicht ihr Risiko dadurch auf die Gläubiger abwälzen, indem sie der Gesellschaft statt des benötigten Eigenkapitals Darlehen oder entsprechende Leistungen zuführen, das später nicht als haftende Masse zur Verfügung steht. Allein der Umstand, daß es in einer AG weitaus mehr Gesellschafter geben kann als in einer GmbH ändert daran nichts, denn diese Verantwortung trifft nicht etwa jeden, noch so kleinen Aktionär, sondern grundsätzlich nur diejenigen, die über­ haupt Einfluß auf die Geschäftsführung haben. Eine Ausnahme könnte sich

248 Siehe Schwark, JZ 1984, 1036 f.; Hommelhoff, WM 1984, 1118; KK(-Lutter), §57, Rn. 94. 249 Ausführlich Ketzer, 177 ff. 250 Vgl. Immenga, ZIP 1983, 1411. 251 Vgl. Fabritius, ZHR 147 (1983), 630; Wilhelm, in: FS Flume, 353 ff. 252 Ketzer, 178; Fabritius, ZHR 147 (1983), 630; Wilhelm, in: FS Flume, 353 ff. 253 So Ketzer, 179 im Anschluß an Immenga, ZIP 1983, 1411; Claussen, AG 1985, 178. 254 Siehe Wiedemann, GesR I, 631; Fabritius, ZHR 147 (1983), 631; Wilhelm, in: FS Flume, 357; wenig überzeugend hingegen Ketzer, 180 f.

möglicherweise in den Fällen des § 92 I AktG ergeben255, wobei es in diesen Fällen allerdings praktisch ausgeschlossen sein dürfte, daß der Gesellschaft nicht Eigenkapital, sondern nur Darlehen nachgeschossen werden (vgl. §§182 ff. AktG). Eine derartige Verantwortung wird in der AG jedoch zum Teil nur soweit befürwortet, wie das satzungsmäßige Grundkapital betroffen ist256; ein darüber hinausgehende Verpflichtung dehne den Schutz des Geschäftsverkehrs zu weit aus, weil dessen Vertrauen nur bezüglich des Grundkapitals geschützt werde. Daher sei davon auszugehen, daß die Aktionäre ihrer Verantwortung dann Genüge tun, wenn sie ihrer Gesellschaft die kapitalersetzenden Darlehen bis zur Auffüllung des satzungsgemäßen Grundkapitals belassen. Das ergäbe sich letztlich auch aus § 92 I AktG. Mit dieser Auffassung wird indes verkannt, daß die Verantwortung für die Kapitalisierung der maßgeblichen Gesellschafter verschiedene Facetten hat. Sie stellt, wie oben bereits ausgeführt wurde257, nicht etwa auf eine Finanzierungsver­ antwortung im Sinne einer hinreichenden Kapitalausstattung ab. Die Verantwor­ tung der Aktionäre mit dem entsprechenden Einfluß umfaßt vielmehr die Frage, wie sich ein ordentlicher Gesellschafter verhalten muß, wenn seine Gesellschaft in die Krise gerät. Dann hat er Eigenkapital zuzuführen. Tut er dies nicht, sondern gibt der Gesellschaft Darlehen, dann muß er für den dadurch im Geschäftsverkehr entstehenden Vertrauenstatbestand im Konkursfall einstehen, indem er seine Forderungen aus diesem Darlehen nicht geltend machen kann. Es wird deshalb mit der Kritik an einer entsprechenden Geltung des § 32a GmbHG über die Grund­ kapitalziffer hinaus verkannt, daß es sich bei der Frage der eigenkapitalersetzenden Darlehen auch hinsichtlich der AG nicht um eine - wie auch immer geartete Nachschußpflicht handelt, sondern es darum geht, daß nicht Fremdkapital gegeben wird, wo Eigenkapital notwendig wäre. Der dadurch ausgelöste Konflikt, daß die Gesellschaft auf dem Markt solider aussieht als sie tatsächlich ist, und damit ein Gefahr für die Gläubiger darstellt, ist nämlich unabhängig von der Gesellschafts­ form des Akteurs auf dem Markt258. Richtig ist zwar, daß erst bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapi­ tals die Verpflichtung besteht, die Aktionäre durch eine Einberufung der Hauptver­ sammlung über die finanzielle Notlage der Gesellschaft zu informieren und die Aktionäre in ihrer Stellung als die für eine ordnungsgemäße Kapitalisierung der Gesellschaft verantwortlichen Träger des Unternehmens erst dann zu einer Reak­ tion auf die Krise aufgerufen sind (§ 92 I AktG)259, doch sagt dies nichts darüber aus, ob ein Darlehen oder eine entsprechende Leistung, die ein Aktionär unabhän­ gig von dieser Hauptversammlung der Gesellschaft anstatt Eigenkapitalersatz 255 Fraglich ist aber, ob dies nur eine Informationspflicht ist oder ob sich mit der Mitteilung an die Aktionäre auch für sie Handlungspflichten ergeben. 256 Ketzer, 184 f. 257 Siehe oben § 4 I. Teil. . 258 So auch Hommelhoff, WM 1984, 1118; im Ergebnis wohl so auch H. P. Westermann, ZIP 1982,387. 259 So ausdrücklich Ketzer, 184 f.

gegeben hat, nicht gebunden ist. § 92 I AktG enthält eine Informationspflicht, er bestimmt aber nicht etwa den Zeitpunkt „in welchem ein ordentlicher Gesell­ schafter der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätte“260. Ferner sind aus § 92 I AktG keine abschließenden Finanzierungspflichten der Gesellschafter einer AG zu ersehen. Eine Verantwortung für eine Kapitalisierung der AG im hier verstandenen Sinne ergibt sich dagegen, zumindest mittelbar, aus § 92 II AktG, der parallel zur Vorschrift des § 64 I GmbHG verdeutlicht, daß eine konkursreife AG vom Markt genommen werden muß, um die anderen Teilnehmer im Geschäftsverkehr nicht über Gebühr zu gefährden. Wenn die Gesellschaft zwar in der Krise ist, aber noch nicht das Stadium der Konkursreife erreicht hat, muß ihr Kapital zugeführt werden. Ist dies kein Eigenkapital, so ergeben sich bei der AG dieselben Erwägungen wie bei der GmbH, denn es geht insoweit um einen Vertrauenstatbestand, der im Geschäftsverkehr erzeugt wird. Dieser ist jedoch bei der GmbH und bei der AG gleichermaßen gegeben. Es bedürfte also eines Differenzierungskriteriums, auf­ grund dessen das Vertrauen des Geschäftsverkehrs in die Bonität einer GmbH, die auf dem Markt agiert, weitergehend geschützt werden soll als das Vertrauen gegenüber einer AG. Ein solches könnte allenfalls darin liegen, daß das Grund­ kapital einer AG höher ist als das Stammkapital einer GmbH. Diese Entscheidung des Gesetzgebers spiegelt die Vorstellung wieder, daß eine AG üblicherweise ein viel größeres Geschäftsvolumen hat und daher von Anfang an mit mehr Kapital ausgestattet sein muß. Damit ist aber wiederum nur der Bereich der „angemesse­ nen“ Kapitalausstattung angesprochen und nicht die tatsächlich entscheidende Frage, inwieweit ein von den Gesellschaftern geschaffenes Vertrauen auf dem Markt bei der AG eher enttäuscht werden darf als bei einer GmbH. Jeder Versuch ein Differenzierungskriterium in der unterschiedlichen Struktur zu finden, muß deshalb fehlschlagen, weil es sich bei der „Verantwortlichkeit“ der Gesellschafter für die Hingabe von Fremd- statt von Eigenkapital nicht um ein in der Struktur der Gesellschaft begründetes Tun handelt, sondern um einen von einer scheinbaren Kapitalisierung der Gesellschaft ausgehenden Vertrauenstatbestand, der davon unabhängig ist, auf wieviel Stamm- oder Grundvermögen der Geschäftsverkehr im übrigen vertrauen darf. Daraus folgt, daß auch bei einer AG die eigenkapitalersetzenden Darlehen in der gesamten Höhe im Konkurs wie Eigenkapital haften.

260 Das übersieht Ketzer, 184 f., darüber hinaus vermengt er die Vorstellung von einer Nach­ schußpflicht, die bei der AG nicht besteht, mit dem Abzugsverbot.

VIII. Konkursrechtlicher Umgehungsschutz der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen 1. Die Bedeutung des § 32b GmbHG im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens

a) § 32b GmbHG als anfechtungsrechtlicher Umgehungsschutz zu § 32a GmbHG In Ergänzung zu § 32a II und III GmbHG steht dem Konkursverwalter im Konkurs eines abhängigen Unternehmens mit § 32b GmbHG eine Möglichkeit zur Ver­ fügung, die Haftungsmasse auch dadurch zu vergrößern, daß er auf den Betrag Zugriff nimmt, in Höhe dessen ein Gesellschafter (die Mutter oder eine Schwester) bzw. ein ihm gleichgestellter Dritter261 von einer von ihm bestellten Sicherheit oder Bürgschaft frei wird, die er zur Sicherung von Darlehen oder darlehens­ ähnlichen Rechtshandlungen eines Dritten, der nicht in den Adressatenkreis des § 32a III GmbHG fallt (der also im hier untersuchten Bereich ein Konzernexterner sein muß) an die Gesellschaft gegeben hat, weil die Gesellschaft diese Leistung im letzten Jahr vor Konkurseröffnung zurückgezahlt hat262. Die Vorschrift ist eine insolvenzrechtliche Anfechtxmgsvorschrift263, die als Umgehungsschutz des § 32a GmbHG fungiert. Die Muttergesellschaft in einem Konzern soll dem § 32a GmbHG nicht dadurch ausweichen können, daß sie, statt selbst ein Darlehen zu geben, ein Drittdarlehen, etwa einer Bank, besichert. Deshalb stellt eine Befreiung der Mutter von der von ihr gegebenen Sicherheit für einen Kredit der Untergesell­ schaft, der im letzten Jahr vor Konkurseröffnung an den Kreditgeber zurückgezahlt worden ist, eine vom Konkursverwalter anfechtbare Rechtshandlung dar264. Unter „Rückzahlung“ ist dabei nicht nur die Hingabe dessen, was als Kredit von der Untergesellschaft erlangt worden ist, an den Kreditgeber zu verstehen, sondern der Begriff umfaßt jede wirtschaftlich zu Lasten der Gesellschaft gehende Befriedi­ gung des Kreditgebers265. Der Konkursverwalter kann daher zugunsten der Masse des Gemeinschuldners jede Realsicherheit oder Personalsicherheit anfechten, aus der dem Kreditgeber ein unmittelbares Recht erwachsen wäre, das die Konzem­ mutter als Gesellschafter oder eine Schwestergesellschaft als dem Gesellschafter gleichgestellter Dritter gewährt hat. Die Höhe des vom Konkursverwalter zu verlangenden Erstattungsanspruchs umfaßt den zurückgezahlten Betrag (Kapital einschließlich Zinsen und Kosten), wobei dieser nach § 32b S. 2 GmbHG auf die Höhe der von ihr gegebenen Sicher­ 261 Z. B. ein Schwesterunternehmen ohne Beteiligung. 262 Siehe Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 88; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 150, Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 149; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32b, Rn. 1 ff. 263 Einhellige Meinung: siehe statt aller Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 89; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 149; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 24. 264 Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 7a. 265 Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 152; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 27.

heit begrenzt ist266. 267 Das heißt, bei Personalsicherheiten, wie etwa einer Bürgschaft des Mutterunternehmens oder einer Schuldmitübernahme, ergibt sich die Höchst­ grenze aus dem Nennbetrag; bei Realsicherheiten aus dem tatsächlichen Wert im Zeitpunkt der Rückzahlung267. Hat die Muttergesellschaft oder eine Schwester­ gesellschaft ein Darlehen des jetzigen Gemeinschuldners mit einer Realsicherheit abgesichert, dann besteht nach § 32b S. 3 GmbHG für sie die Möglichkeit, die Erstattungspflicht durch eine Ersetzungsbefugnis abzuwenden. Danach können die freigewordenen Sicherungsgegenstände dem Konkursverwalter soweit zur Befrie­ digung der Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, wie die Gegenstände für die Darlehensschuld hafteten268. Ob die betreffenden Erstattungsschulder so verfahren, liegt in ihrem eigenen Ermessen. Der insoweit eindeutige Wortlaut des § 32b S. 3 GmbHG269 erlaubt es jedenfalls dem Konkursverwalter nicht, im Verfahren für die Gesellschaft auf die Überlassung der freigewordenen Sicherheit gegenüber dem Gesellschafter oder den Dritten zu bestehen270. Ein Problem ergibt sich jedoch dann, wenn ein konzernexternes Darlehen von der abhängigen Gesellschaft und von einem anderen Konzernunternehmen doppelt gesichert worden ist und der Kreditgeber primär auf die von der Gesellschaft gege­ bene Sicherheit zurückgreift271. Hier stellt sich die Frage, ob ein Anspruch auf Verwertung der Gesellschaftersicherheit für die Masse besteht272. Der BGH hat dazu entschieden, daß § 32a II GmbHG den dritten Kreditgeber nicht hindere, primär auf die durch die Gesellschaft gestellte Sicherheit zuzugrei­ fen. Werde der Gläubiger dann aus dieser Sicherheit befriedigt, so greife zwar § 32b GmbHG ein, aber daraus soll noch nicht folgen, daß die Masse im Konkurs auf das, was sich der Gesellschafter an Sicherheit „erspart“ hat, soll zugreifen können273. Dieser Ansicht ist zu folgen, denn im Außenverhältnis stellt das Dar­ lehen eines Dritten, der nicht in den Anwendungsbereich des § 32a III GmbHG fallt, gerade kein eigenkapitalersetzendes Darlehen dar, so daß die vom Gesell­ schafter gleichzeitig bestellte Sicherheit bei Befriedigung des Drittgläubigers frei

266 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32^, Rn. 154 ff.; Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 7 c; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 154. 267 Statt aller Kilger/K. Schmidt, § 32a, Anm. 7 c. 268 Zutreffend Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 156. 269 Zu weit geraten ist der Wortlaut des § 32b S. 3 GmbHG jedoch insoweit, als nicht ganz deutlich wird, daß der Sicherungsgegenstand nur in Höhe der Darlehensschuld, nicht aber darüber hinaus für die Masse verwertet werden kann, vgl. Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 7 c. 270 BGH NJW 1986, 429; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32b, Rn. 5; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 154. 271 So der Fall bei BGH NJW 1985, 858; siehe ferner BGH NJW 1986, 429; BGH GmbHR 1992, 166; vgl. auch Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 91; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 143 ff. 272 Ablehnend BGH NJW 1986,429; dagegen aber Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 147. 273 BGH NJW 1986,429.

wird274. Die Gegenansicht, die hier § 32a II GmbHG analog anwenden will275, kann sich zwar darauf berufen, daß mit der vorrangigen Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit dem Schutzzweck der Norm entsprochen wird, der die Primärhaftung der kapitalersetzenden Gesellschaftersicherheit sicherstellen und das Gesellschaftsvermögen auch gegen Zugriffe des Dritten absichem will276. Doch kann ihre Auffassung aus methodischen Gründen keinen Erfolg haben. Denn § 32a II GmbHG ist nicht zu Lasten des Drittgläubigers analogiefähig, weil die Rechte Dritter nicht ohne eindeutige gesetzgeberische Entscheidung beschnitten werden dürfen. Eine solche eindeutige gesetzgeberische Entscheidung liegt aber nur hin­ sichtlich des schuldrechtlichen Anspruchs vor, so daß eine Analogie des § 32a II GmbHG in Bezug auf den Dritten nicht begründet werden kann277. Der materiell-rechtliche Rückforderungsanspruch des dritten Kreditgebers bleibt nur im Außenverhältnis unberührt; im Innenverhältnis muß sich jedoch der Schutzzweck der Norm durchsetzen, indem dafür gesorgt wird, daß das Kapital und die Liquidität der Gesellschaft geschont bleiben. Dies ist möglich durch einen Erstattungsanspruch der Untergesellschaft gegen die Mutter- oder eine Schwester­ gesellschaft, die von ihrer Sicherheit frei geworden ist278. Ob dieser Anspruch auf eine Analogie des § 32b GmbHG279 oder auf eine Pflicht aus dem gesellschafts­ rechtlichen Innenverhältnis280 gestützt wird, ist im Ergebnis gleichgültig. Die Legitimation des Freistellungsanspruches beruht in jedem Fall auf der eigenkapi­ talersetzenden Funktion der Sicherheit. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß durch die Inanspruchnahme der Sicherung durch den Darlehensgeber der Anspruch gegen die Gesellschaft auf den Gesellschafter übergegangen ist281. Im hier betrachteten Konkursfall der abhängigen Konzemgesellschaft kann die Konzem­ mutter den auf sie übergegangenen Anspruch allerdings nicht geltend machen, denn dieser beruht auf der kapitalersetzenden Sicherheit und unterliegt damit den Rechtsfolgen des § 32a GmbHG282.

274 So auch Lutter/Hommelhoff, §§ 32a/b, Rn. 99; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 32a, Rn. 55; Rowedder(-Rowedder), §§ 32a/b, Rn. 40; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 70; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 143 f.; BGH NJW 1985, 858; BGH ZIP 1992, 108. 275 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 144; K. Schmidt, ZIP 1981, 694; Monßen, DB 1981, 1604 f. 276 Ausführlich Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 144. 277 Überzeugend BGH GmbHR 1992, 166; vgl. auch BGH NJW 1985, 858; vgl. auch LG Ulm, ZIP 1983, 1441; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 17. 278 BGH NJW 1985, 858; BGH NJW 1986, 429, 430; BGH NJW 1992, 1166; Scholz (-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 145; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 70. 279 So etwa Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 70. 280 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 147. 281 Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 148. 282 Vgl.Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Rn. 269; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 71; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 164; Geßler, ZIP 1981, 230.

b)

Anfechtungsfrist

Die Besonderheit des § 32b GmbHG als eine Regelung, die innerhalb des GmbHG eine Konkursanfechtung beinhaltet283, ergibt sich bei der Frist innerhalb derer der Erstattungsanspruch vom Konkursverwalter geltend gemacht werden muß. Diese beträgt nach h.M. wegen der systematischen Zugehörigkeit des § 32b GmbHG zu den Konkursanfechtungsregeln analog § 41 KO nur ein Jahr284. In der Praxis hat sich diese Frist jedoch als zu kurz herausgestellt285. Eine Lösung ergibt sich durch die Anwendung des § 31 V GmbHG, der erst in fünf Jahren verjährt, und dessen Anwendbarkeit nicht durch den neuen § 32b GmbHG ausgeschlossen wird286. Soweit die Muttergesellschaft oder ein Schwesterunternehmen durch Befriedigung des konzernexternen Kreditgebers zu Lasten des für die Erhaltung des Stamm­ kapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögens befreit worden ist, besteht gegen diese ein Anspruch auf entsprechende Zahlung in das Gesellschaftsvermögen287. § 31 GmbHG ist dabei aber in seiner Gesamtheit anwendbar. Das bedeutet etwa, daß der Konkursverwalter auch die Möglichkeit hat, in dem Fall, wo etwa eine Schwestergesellschaft, die als Gesellschafter der mittlerweile insolventen Tochter­ gesellschaft die Sicherheit (unter Umständen sogar auf Anweisung der Mutter) gegeben hat, selbst nicht mehr leistungsfähig ist, wegen § 31 III GmbHG auf die anderen Mitgesellschafter, insbesondere auf das herrschende Unternehmen zurück­ zugreifen288.

c)

Zusammenfassung

Mit § 32b GmbHG steht dem Konkursverwalter im Konkurs eines abhängigen Unternehmens im Konzern ein Instrument zur Verfügung, um die Masse in Höhe des Betrages aufzufüllen, den die Konzemmutter oder ein Schwesterunternehmen als Gesellschafter bzw. ein dem Gesellschafter entsprechender Dritter in Form einer Sicherheit für ein vom jetzigen Gemeinschuldner aufgenommenes Darlehen gestellt hatte. Damit soll verhindert werden, daß eine Besicherung eines Fremddarlehens im Konkurs keine Folge hat, obwohl es wirtschaftlich der Hingabe eines eigenen, eigenkapitalersetzenden Darlehens gleichsteht. Allerdings ist die Anfechtungsfrist auf ein Jahr beschränkt; weitergehende Möglichkeiten bestehen 283 Zuzustimmen ist K. Schmidt, daß § 32b GmbHG sinnvollerweise dem § 32a KO hätte zugeordnet werden müssen; Kilger/K. Schmidt, § 32a KO, Anm. 7a. 284 BGHZ 123, 289, 291 ff.; BGH GmbHR 1994, 50; Hachenburg(-Ulmer), §§ 32a/b, Rn. 153; Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 90; K. Schmidt, DB 1993, 1505; Staubach, DWiR 1993, 434 ff.; anderer Ansicht: OLG München, ZIP 1993, 504. 285 Siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 28. 286 BGH NJW 1988, 824, 825; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 153; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 28; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32b, Rn. 3. 287 Kilger/K. Schmidt, § 32a, Anm. 7 e. 288 Siehe dazu K. Schmidt, DB 1992, 1917 ff; Wissmann, EWiR 1992, 787 zur Höhe der Verantwortlichkeit der Mitgesellschafter.

nur im Rahmen des § 31 GmbHG, der neben § 32b GmbHG anwendbar ist. Die Konzemmutter kann bei einer Realsicherheit von einer Erstattungsbefugnis Gebrauch machen und sie braucht auch nicht in die Masse zu leisten, wenn die Untergesellschaft ebenfalls eine Sicherheit bestellt und der Darlehensgeber sich daraus befriedigt hat.

2. § 32a KO/§ 135 InsO (Sicherung des Rückzahlungsanspruches nach § 32a GmbHG)

§ 32a KO/§ 135 InsO stellen zusätzliche Instrumente dar, mit denen die Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen des GmbHG insolvenzrechtlich flankiert werden und die bei dem Bemühen des Konkursverwalters zur Vergrößerung der Haftungsmasse der in Konkurs gefallenen abhängigen Gesellschaft eine Rolle spielen. Während der § 32a GmbHG Regelungen darüber trifft, was mit den eigen­ kapitalersetzenden Darlehen bzw. den entsprechenden Leistungen im Konkurs der Gesellschaft geschieht, versucht § 32a KO ein Unterlaufen der GmbH-rechtlichen Vorschriften zu verhindern, indem bestimmte Leistungen des abhängigen Kon­ zernunternehmens „auf" das kapitalersetzende Darlehen innerhalb einer be­ stimmten Zeit vor der Stellung des Konkursantrags für anfechtbar erklärt wer­ den289. Im einzelnen betrifft § 32a KO den Fall, daß dem Gläubiger einer von § 32a I oder III GmbHG erfaßten Forderung, also hier der Mutter- oder einer Schwestergesellschaft, im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung oder danach (§41 I KO) von dem Gemeinschuldner eine Befriedigung gewährt worden ist290 (Satz 2). Der Konkursanfechtung unterliegen nach § 32a S. 1 KO zudem auch diejenigen Rechtshandlungen der abhängigen Gesellschaft, die der Mutter oder einer Schwe­ ster, welche ein eigenkapitalersetzendes Darlehen oder eine entsprechende Leistung gegeben haben, eine Sicherung in bezug auf die Rückgewähr dieser betreffenden Leistung darstellen. Entsprechend des Normzwecks des § 32a GmbHG ist der Begriff der Rechtshandlung grundsätzlich weit auszulegen. Es genügt für die Anfechtbarkeit jedes vermögenswirksame Handeln oder Unterlassen des abhängigen Unternehmens, das zu einer Gläubigerbenachteiligung führt291. Anfechtungsgegner ist grundsätzlich der Empfänger der anfechtbaren Leistung bzw. der Sicherung292. Bislang ist - soweit ersichtlich - die Frage noch nicht geklärt, wem gegenüber der Konkursverwalter anfechten muß, wenn der Empfän­ ger der anfechtbaren Leistung und derjenige, der das eigenkapitalersetzende Dar­ lehen gewährt hat, nicht personenidentisch sind. In einem Konzern findet sich eine 289 Ausführlich dazu Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 84. 290 Kuhn/Uhlenbruck, § 32a, KO, Rn. 19. 291 BGH WM 1975, 1182, 1184; BGHZ 105, 168, 187; Jaeger(-Henckel), § 32a KO, Rn. 84; Scholz(-K. Schmidt), §§ 32a/b, Rn. 69; Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 18. 292 Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 23.

solche Konstellation typischerweise dann, wenn eine Schwestergesellschaft ein eigenkapitalersetzendes Darlehen an den jetzigen Gemeinschuldner gegeben hat, eine Sicherheit für die Rückgewähr aber zugunsten der Muttergesellschaft gestellt wurde. Eine befriedigende Lösung ergibt sich, wenn man hier die schon bei § 32a GmbHG entwickelten Regeln293 entsprechend anwendet, womit nicht zuletzt auch die enge Verknüpfung der beiden Vorschriften betont würde: Da § 32a KO das Leerläufen des § 32a GmbHG verhindern will, ist es für die Anfechtbarkeit einer bestimmten Leistung in bezug auf das eigenkapitalersetzende Darlehen nötig, daß derjenige, der das eigenkapitalersetzende Darlehen gegeben hat, auch Nutznießer der Leistung oder Sicherung des jetzigen Gemeinschuldners ist. Daraus folgt, daß bei einer Spaltung von Darlehensgeber und Empfänger der anfechtbaren Leistung Anfechtungsgegner nicht mehr derjenige ist, der die Leistung empfangen hat, sondern der Darlehensgeber, wenn und soweit er von der Leistung an den Dritten einen Nutzen erhalten hat. Das bedeutet, daß eine Leistung oder eine Sicherung an einen anderen als denjenigen, der das eigenkapitalersetzende Darlehen gegeben hat, nach § 32a KO gegenüber dem Darlehensgeber anfechtbar ist, wenn der Darlehensgeber mit dem Leistungsempfänger entweder eine entsprechende Ver­ einbarung getroffen hat, oder wenn dadurch eine Verbindlichkeit des Dar­ lehensgebers erfüllt wird oder wenn der Gemeinschuldner das Darlehen von vorn­ herein mit der Maßgabe bekommen hat, dieses nicht an den Darlehensgeber, sondern an den betreffenden Dritten zurückzuzahlen294. Zu diesen Vereinbarungen gehört innerhalb von Konzernen nicht selten, daß die Rückzahlung des eigen­ kapitalersetzenden Darlehens an eine Tochter im Rahmen des konzerninternen cash-mangements automatisch an das Mutterunternehmen oder an eine Vermö­ gensverwaltungsgesellschaft innerhalb des Konzerns fließen soll, so daß eine Sicherheit, die dann an diese Gesellschaften gerichtet ist, ebenfalls der Darlehens­ geberin zugute kommt und damit anfechtbar ist. Entsprechendes gilt in Konzernen freilich dann auch im umgekehrten Fall, wenn die Muttergesellschaft der Tochter ein eigenkapitalersetzendes Darlehen gewährt hat und die Sicherung oder die Leistung dieser Tochter an eine Schwestergesellschaft gerichtet ist295. Nach Inkrafttreten der InsO ändert sich nur insoweit etwas als in der dem § 32a KO entsprechenden Vorschrift, § 135 InsO, nicht mehr ausdrücklich auf den § 32a GmbHG abgestellt wird und damit neben der GmbH auch sowohl die Fälle der OHG und KG (§§ 129a und 172a HGB) als auch die der eigenkapitalersetzenden Darlehen in Aktiengesellschaften erfaßt werden können296. Bei der Anfechtung von Sicherungen wird zudem eine Zehn-Jahres-Frist eingreifen, während bei der Befriedigungshandlung nach § 135 Nr. 2 InsO weiterhin eine einjährige Frist ab Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen bleibt.

293 294 295 296

Siehe oben § 41. Teil B. Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 32a KO, Rn. 23 Vgl. u.a. Jula/Breitbarth, AG 1997, 265 f. BT-Drs. 12/2443, S. 161, „zu § 150“.

IX.

Zusammenfassung

Die Regeln über die kapitalersetzenden Darlehen bzw. die entsprechenden Leistungen sind im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens, unabhängig davon ob es sich um eine GmbH oder um eine AG handelt, zur Vergrößerung der Haftungsmasse von ganz entscheidender Bedeutung. Praktisch wird bewirkt, daß bestimmtes Vermögen der Gesellschaft, das an und für sich Fremdkapital ist, in „Eigenkapital“ der Gesellschaft und damit im Konkurs zu Haftkapital des Gemein­ schuldners umgewandelt wird. Aus der Perspektive der Kapitalisierung von Unter­ nehmen stellt sich dies als die Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens dar. Gemes­ sen wird der Gesellschafter nämlich an der berechtigten Erwartung des Geschäfts­ verkehrs, daß er seine Gesellschaft in Finanzierungsangelegenheiten so fuhrt, wie dies von einem ordentlichen Kaufmann erwartet werden würde. Für den Konzern erhalten diese Regeln vor allem aus zwei Gründen eine ganz besondere Bedeutung. Zum einen werden nicht nur die Darlehen der Mutter an die Tochter zu Haftkapital umgewandelt, sondern auch Leistungen, die einem Darlehen entsprechen. Das bedeutet, daß auch die in Konzernen praktisch besonders relevante Nutzungsüber­ lassung von Produktionsmitteln die Vergrößerung der Konkursmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens nutzbar gemacht werden können. Dasselbe gilt für diejenigen Darlehen bzw. Leistungen, die zwar vor dem entscheidenden Zeitpunkt des § 32a GmbHG geleistet wurden, aber trotz (rechtli­ cher) Möglichkeit nicht auch vor diesem Zeitpunkt wieder abgezogen, mithin stehengelassen worden sind. Damit kann der Konkursverwalter grundsätzlich praktisch auf den gesamten Vermögensbestand zurückgreifen, der bei der abhängi­ gen Gesellschaft in Form von Darlehen der Mutter oder in Form von Produktions­ mitteln, die von der Konzemmutter zur Nutzung überlassen worden sind, zum Zeitpunkt des Konkurses vorhanden ist297. Dabei wird allerdings das Eigentum an den Gegenständen nicht berührt. Außerdem sind die Eigenkapitalersatzregeln im Konzern von herausragender Bedeutung weil sich der Adressatenkreis der Vorschrift nicht nur auf die Gesell­ schafter, insbesondere also auf die Mutter, bezieht, sondern auch auf Dritte, die keine Gesellschafter sind, also die Schwesterunternehmen der bankrotten Tochter­ gesellschaft. Das ist entweder dann der Fall, wenn sie als Strohmann für die Mutter oder wenn sie eigenständig gehandelt hat. Letzteres ergibt sich daraus, daß durch die Abhängigkeit von der gemeinsamen Mutter die Einflußmöglichkeit der Muttergesellschaft auf die Tochter so groß ist, daß eine Leistung der Schwester-

297 Fundamentale Bedeutung hat dieser weitgehende Zugriff bei Konzernen, die aufgrund einer Betriebsaufspaltung entstehen (siehe etwa K. Schmidt, GesR, 328 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 32a, Rn. 33 1; ausführlich dazu Drygala, Der Gläubigerschutz bei der klassischen Betriebsauf­ spaltung; Priester/Timm (Hrsg.), Abschied von der Betriebsaufspaltung (1990); Holzwarth, Konzemrechtlicher Gläubigerschutz bei der klassischen Betriebsaufspaltung). Vgl. dazu u.a. Hueck, ZGR 1989, 216 ff.; Brandes, ZGR 1989, 244 ff.; Drygala, 3 ff., 37 ff.; kritisch KnobbeKeuk, DStR 1992, 824 f.; die Diskussion zusammenfassend v. Gerkan, ZGR 1997,173 ff.

§ 4 Gesellschaftliche Instrumente: Verantwortungfür die Finanzierung

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gesellschaf an die betreffende Gesellschaft so behandelt werden muß, als habe die Muttergesellschaft die Leistung erbracht. Paradebeispiel ist auch hier wieder die Betriebsaufspaltung, wenn nämlich das Mutterunternehmen die Besitz-Tochter­ gesellschaft anweist, Produktionsmittel der Betriebs-Tochtergesellschaft, an der sie keine Anteile hat, zu überlassen. Die Instrumente, die § 32a GmbHG dem Konkursverwalter an die Hand gibt, werden durch andere Vorschriften ergänzt. So kann der Konkursverwalter auch indirekte Leistungen, die sich als ein eigenkapitalersetzendes Darlehen verstehen lassen, für die Masse nutzbar machen. In Ergänzung zu § 32a II und III GmbHG steht ihm im Konkurs eines abhängigen Unternehmens mit § 32b GmbHG nämlich eine Möglichkeit zur Verfügung, auf denjenigen Betrag Zugriff zu nehmen, in Höhe dessen das Mutter- oder ein Schwesterunternehmen von einer ihr bestellten Sicherheit oder Bürgschaft frei geworden ist, die sie zur Sicherung von Darlehen oder darlehensähnlichen Rechtshandlungen eines Dritten, der nicht Adressat des § 32a III GmbHG ist, an die nunmehr bankrotte Tochter gegeben hatte, weil die betreffende Tochter diese Leistung im letzten Jahr vor Konkurseröffnung zurück­ gezahlt hat. Darüber hinaus werden die Regelungen hinsichtlich der eigenkapital­ ersetzenden Darlehen auch dadurch flankiert, daß der Konkursverwalter nach §§ 32a KO/135 InsO Zahlungen anfechten kann, die die nunmehr in Konkurs gefallenen Gesellschaft an die Mutter oder eine Schwester „auf4 das eigenkapital­ ersetzende Darlehen bzw. der entsprechende Leistung erbracht hat. Schließlich kommt im Konzern subsidiär auch eine „Umwandlung44 von Eigenkapital der Mutter in Haftkapital der bankrotten Tochter nach den sogenannten Rechtspre­ chungsregeln analog zu §§ 30, 31 GmbHG in Betracht, wenn die Vollziehung der Rückzahlung der Leistung an den Leistungsgeber nach § 32a KO verjährt ist. Alles in allem betrachtet, zeigt sich damit, daß die Regelungen über eigen­ kapitalersetzende Darlehen und entsprechende Leistungen als - bislang oft unter­ schätzte - Grundpfeiler des Schutzes von Gläubigem abhängiger Konzemunter­ nehmen dienen können. Denn mit Hilfe dieser Ansprüche kann der Konkurs­ verwalter ein außerordentlich großes Potential an konzerninternen Transaktionen zur Vergrößerung der Haftungsmasse der bankrotten Konzemtochter nutzbar machen.

C. Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens

I. Einleitung Erreicht ein abhängiges Unternehmen im Konzern das Stadium der Konkurs­ reife298, so ist es aus dem Geschäftsverkehr zu ziehen, um die anderen Akteure auf 298 Vgl. zu Einzelheiten bei der Bestimmung der Konkursreife eines Unternehmens hinsicht­ lich der Zahlungsunfähigkeit: Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63, Rn. 2; Hachenburg

dem Markt vor dem Risiko zu schützen, mit bankrotten Unternehmen Geschäfte einzugehen. Dieser Zeitpunkt ist entweder erreicht, wenn die Gesellschaft aus Mangel an Zahlungsmitteln voraussichtlich dauernd nicht in der Lage ist, ihre fälligen, sofort zu erfüllenden Geldverbindlichkeiten zu begleichen (ZahlungsUnfähigkeit)299. Von Konkursreife wird auch dann gesprochen, wenn das betref­ fende Unternehmen überschuldet ist. Der Überschuldungstatbestand ist Gegen­ stand weitreichender Auseinandersetzungen, auf die hier nur verwiesen werden kann, denn für die Frage der Vergrößerung der Haftungsmasse eines insolventen abhängigen Konzemuntemehmens kommt ihr keine im Vergleich zu selbständigen Gesellschaften mbH besondere Bedeutung zu300. Die Pflicht der Antragsstellung obliegt dem Geschäftsführer301. Sie ist in § 64 GmbHG in zwei Richtungen konkretisiert, die exakt von einander getrennt werden müssen, gleichzeitig aber auch untereinander Verbindungen aufweisen302. Nach § 64 I GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, (unverzüglich, d.h. spätestens drei Wochen nach Konkursreife) das Konkurs- oder Vergleichsverfahren zu bean­ tragen. § 64 II GmbHG beinhaltet die Pflicht, das Vermögen der GmbH in der Zeit nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§ 63 GmbHG) und dem Verlust der Verfügungsbefugnis nach § 6 KO bzw. der Überwindung der Krise nicht zu schmälern. § 64 GmbHG steht seinerseits in einem engen Zusam­ menhang mit § 63 GmbHG und den dort geregelten Konkursgründen und stellt im Hinblick darauf eine spezielle Ausprägung der Pflichten eines Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) dar. Verletzt der Geschäftsführer seine Pflicht, so hat der Konkurs­ verwalter die Möglichkeit, Ansprüche wegen eines Pflichtverstoßes bei der Einleitung des Konkursverfahrens geltend zu machen und in die Haftungsmasse zu überfuhren. Eine spezielle Bedeutung des § 64 GmbHG für das Konkursverfahren über das Vermögen einer abhängigen, konzernierten GmbH ist sofort augenfällig. Sie ergibt sich auch hier durch die Erweiterung des Adressatenkreises der Norm. Hält man sich nämlich vor Augen, daß der Geschäftsführer einer abhängigen GmbH häufig gar nicht selbst die Geschäftsentscheidungen trifft, sondern nur Weisungen303 der (-Ulmer), § 63, Rn. 15; zu dem Problem der Überschuldung Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63, Rn. 7 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 63, Rn. 4 ff.; Hachenburg(-Ulmer), § 63, Rn. 23 ff.; sehr ausführlich Vonnemann, Die Feststellung der Überschuldung, 1989. 299 Statt aller Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63, Rn. 3; Hachenburg(-Ulmer), § 63, Rn. 15; Lutter/Hommelhoff, § 63, Rn. 2, jeweils m.w.N. 300 Ausführlich Vonnemann, Die Feststellung der Überschuldung. Jeweils m.w.N. Lutter/Hommelhoff, § 63, Rn. 4 ff.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63, Rn. 7 ff.; Scholz (-K. Schmidt), § 63, Rn. 10. 301 Siehe oben in der Einleitung zu § 4 I. Teil. 302 Vgl. Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 1. 303 Der Begriff der Weisung wird hier und im weiteren nicht nur im engen Wortsinn verstan­ den, sondern als Vorgabe, die Vorstellungen an den Geschäftsführer in einer Form, sei es mittelbar oder unmittelbar, weiterzugeben, die dazu führt, daß das vom Weisungsgeber Gewollte auch tat­ sächlich durchgeführt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form diese Weisung an

Gesellschaft umsetzt, dann liegt der Gedanke durchaus nahe, die Pflichten des Geschäftsführers auch auf diejenigen zu erweitern, die die Geschäfte der Gesell­ schaft wie ein Geschäftsführer tatsächlich geführt haben304. Denn wer das Unter­ nehmen führt, obwohl es einen ordentlich bestellten Geschäftsführer hat, und des­ halb nach außen und nach innen Kompetenzen wie ein Geschäftsführer wahr­ nimmt, trägt auch dessen „Verkehrspflichten“305 und könnte daher ebenfalls dem Anwendungsbereich des § 64 GmbHG unterworfen werden. Damit ist die Figur des sogenannten „faktischen Geschäftsführers“ angesprochen. Diese ist deshalb von besonders großem Interesse im Konzern306, weil dann, wenn ein abhängiges Unternehmen in einem Unternehmensverbund eine GmbH ist, diese naturgemäß einem ganzen Bündel von Weisungen der Mutter ausgesetzt ist, mit denen jene ihre unternehmerischen Vorstellungen in der betreffenden Untergesellschaft durchset­ zen will. Je nach Art, Umfang und Häufigkeit der Weisungen der Konzemmutter kommt es dazu, daß der ordnungsgemäße Geschäftsführer der betreffenden abhän­ gigen GmbH tatsächlich gar nicht, nur zu einem kleineren oder jedenfalls nicht in vollem Umfang die Geschicke der Gesellschaft führen kann, sondern allenfalls noch ausführendes Organ, „Mittler“ von Weisungen bzw. Vorgaben des herr­ schenden Unternehmens ist. In einem solchen Fall der faktischen „Entmachtung“ des Geschäftsführers kann eine vorwerfbare Verletzung seiner Geschäftsführer­ pflichten dort nicht angenommen werden, wo er in Wirklichkeit nur pro forma gehandelt hat. Hierin wird sofort eine Parallele zu der oben angedeuteten Situation deutlich, in der die Untergesellschaft nicht mehr tatsächlicher Geschäftsherr bei Vertragsverhandlungen war, sondern nur noch formeller Vertragspartner geworden ist, weil das Mutterunternehmen die Verhandlungsführung und das Ergebnis bestimmt hat307. Ebenso wie dort unter Umständen das Mutterunternehmen als Dritter in die Haftung aus c.i.c. einbezogen werden kann, könnte hier daran gedacht werden, die herrschende Gesellschaft in die Verantwortung aus § 64 GmbHG einzubeziehen. Das ist möglich, als Teilnehmer an der Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Untergesellschaft oder als Täter, wenn das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren ist. Gelänge es, das herrschende Unternehmen in einem Konzern entweder als Anstifter bzw. Helfer oder als Täter bei der Verletzung des § 64 GmbHG zu quali­ fizieren, dann stünde dem Konkursverwalter im Konkursverfahren über das Ver­

den Weisungsempfänger gerichtet ist. Dazu gehören u.a. auch „Ratschläge“, die der Geschäfts­ führer von sich aus erfüllt. 304 Siehe OLG Düsseldorf, GmbHR 1994, 317, 318; BGHSt 31, 118, 121 f.; OLG Düsseldorf, GmbHR 93, 159; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 26; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 7; Baumbach/ Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 11 f.; vgl. auch Gübel, 79 ff. 305 So Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 7. 306 Siehe U.H. Schneider, BB 1981, 255; G. Roth, ZGR 1989, 421; Lutter/Hommelhoff § 64, Rn. 24; vgl. auch Grunewald, ZGR 1986, 594 307 Siehe oben § II 2.

mögen der betreffenden Untergesellschaft die Möglichkeit offen, die Haftungs­ masse durch Schadensersatzzahlungen der Mutter nicht unerheblich zu vergrößern. Die Antwort auf die Frage, inwieweit der Konkursverwalter im Verfahren auf das herrschende Unternehmen aufgrund etwaiger Pflichtverstöße im Rahmen des § 64 GmbHG zurückgreifen kann, wird im folgenden Abschnitt in zwei Schritten entwickelt. Zunächst ist zu untersuchen, ob und wenn ja unter welchen Umständen es überhaupt möglich ist, das Mutterunternehmen anstatt oder neben dem Geschäftsführer der Untergesellschaft in Anspruch zu nehmen. Im zweiten Schritt ist anschließend zu prüfen, in welchem Umfang der Konkursverwalter ggf. die Masse konkret vergrößern kann.

II. Die Einbeziehung der Konzemmutter in den Adressatenkreis des § 64 GmbHG Die Einbeziehung des Mutterunternehmens in den Adressatenkreis des § 64 GmbHG ist zunächst möglich, soweit die Muttergesellschaft als Teilnehmer an der Handlung des Geschäftsführers der Untergesellschaft in Form der Anstiftung oder Beihilfe Verantwortung für das entsprechende Tun oder Unterlassen tragen muß. 1. Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer

a) §830II BGB Will man das Mutterunternehmen in die Haftung des Geschäftsführers der Untergesellschaft für sein pflichtwidriges Verhalten einbeziehen, dann kann die Inanspruchnahme des herrschenden Unternehmens darauf beruhen, daß es dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft Weisungen erteilt hat, die dieser in Ausführung seines Amtes mittels bestimmter Maßnahmen selbst umgesetzt hat und deren Ausführung bzw. Umsetzung zu einem Verstoß gegen dessen Geschäfts­ führerpflichten aus § 64 I GmbHG führt308. Die Einflußnahme des herrschenden Unternehmens als Weisungsgeber stellt sich dann also als ein deliktisches Handeln dar, das auf verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt werden könnte. In Be­ tracht kommt - zumindest theoretisch - ein Anspruch aus § 826 BGB, wenn die Weisung der Konzemmutter eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gewesen ist. Praktisch greift diese Anspruchsgrundlage wegen des sehr schwierigen Nach­ weises der subjektiven Voraussetzungen aber nur in außergewöhnlich gelagerten Sonderfallen ein309. Wenn die Konzemmutter mit einer Weisung verhindert, daß der ordnungs­ gemäß bestellte Geschäftsführer den fälligen Konkursantrag stellt, dann kann eine 308 Zur Abgrenzung von sog. „Strohmann-Fällen“ siehe Stein, 154. 309 Vgl. BGHZ 31, 258, 278 f. = LM Nr. 4 zu § 2 GmbHG mit Anm. Fischer; BGH WM 1973, 1354, 1355; BGH NJW 1979,2104, 2195; vgl. auch Grunewald, ZGR 1986, 597 ff.

Inanspruchnahme des Mutterunternehmens als deliktischer Teilnehmer an einer unerlaubten Handlung des Geschäftsführers der Untergesellschaft eine erfolgver­ sprechende Erwägung sein. Nach § 830 II BGB besteht die Möglichkeit, daß das herrschende Unternehmen als Anstifter oder als Gehilfe mit dem ordnungsge­ mäßen Geschäftsführer der GmbH haften muß310. In einem solchen Falle hat der Konkursverwalter nach §§ 840 I, 421 ff. BGB ein Wahlrecht hinsichtlich des Haftungsschuldners und kann so sich den wirtschaftlich Potenteren zu Schadens­ ersatzleistungen in die Masse heranziehen; das wird im Regelfall die Konzem­ mutter sein, weil beim Geschäftsführer der Tochtergesellschaft im Zweifel keine ausreichend große Haftungsmasse vorhanden sein dürfte. Die Anstifterhaftung des § 830 II BGB setzt voraus, daß das Geschäftsfüh­ rungsorgan der abhängigen Gesellschaft eine unerlaubte Handlung begangen hat. Als teilnahmefähige unerlaubte Handlung kommt die Schädigung von Gläubigem durch die Verletzung der Konkursantragspflicht nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG in Betracht311, so daß eine Haftung der Konzemmutter als Anstifter nach § 830 II BGB eingreifen kann, wenn sie auf den Geschäftführer der abhängigen GmbH Einfluß nimmt, den an sich fälligen Konkursantrag nicht zu stellen und der Geschäftsführer dies auch nicht tut. In der Praxis ist eine Teilneh­ merhaftung nach § 830 II BGB indes meist deshalb uninteressant, weil die h.M. verlangt, daß der Teilnehmer Kenntnis von der Haupttat haben muß312. Im Zusammenhang mit § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG müßte der Anstifter also von der Verletzung der Konkursantragspflicht durch den Geschäfts­ führer als Haupttäter wissen. In der Praxis wird sich der Teilnehmer jedoch regel­ mäßig darauf berufen, er selbst sei nicht verpflichtet gewesen, sich über die Vermögensposition der GmbH zu informieren, geschweige denn habe er sie positiv gewußt313. Im hier interessierenden Fall des Konzerns kann dagegen von der posi­ tiven Kenntnis des Anstifters - des herrschenden Konzernunternehmens - ausge­ gangen werden, denn aufgrund des Verhältnisses vom herrschenden zum abhän­ gigen Unternehmen, insbesondere der Wissenszurechnung, kann immer davon ausgegangen werden, daß es positive Kenntnis über die wirtschaftliche Situation im abhängigen Unternehmen hat. Handelt es sich bei der Einflußnahme des herr­ schenden Unternehmens auf den Geschäftsführers des abhängigen Unternehmens um eine Weisung, so entlastet diese, soweit sie rechtmäßig war, den Geschäfts­ führer zwar hinsichtlich der Rechtswidrigkeit seiner Pflichtverletzung314, doch sind 310 BGHZ 75, 96, 107; BGH NJW 1979, 1829; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 75; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 29; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 45; Konow, GmbHR 1975, 106. 311 Zum Inhalt und zur Ausgestaltung dieses Anspruches siehe sogleich unter C III. 312 Vgl. BGH VersR 1967, 471, 473; BGH NJW 1979, 1829; BGH ZIP 1995, 124, 126 MüKo BGB(-Stein), § 830, Rn. 14; Soergel(-Zeuner), § 830, Rn. 8; Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 830, Rn. 30; anders: Karollus, ZIP 1995,273. 313 Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 64, Rn. 33. 314 Siehe Höhn, 3 ff.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 22 und Baumbach/Hueck (-Zöllner), § 37, Rn. 10 ff.; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 95.

im Hinblick auf die Konkursantragspflicht nach § 64 I GmbHG die Weisungen der Gesellschafter, selbst wenn sie auf einem einstimmigen Beschluß beruhen, unbe­ achtlich315. Deshalb liegt bei jedem Verstoß des Geschäftsführers gegen § 64 I GmbHG eine tatbestandliche, rechtswidrige unerlaubte Handlung vor, wenn Gläu­ biger durch diese Pflichtverletzung einen Schaden erlitten haben. Hat der Ge­ schäftsführer auch vorsätzlich gehandelt, so kann der Konkursverwalter im Verfah­ ren anstatt gegen den Geschäftsführer der abhängigen GmbH auch gegen die Konzemmutter vorgehen. b) Teilnahme an fahrlässiger Haupttat?

Auch wenn aufgrund der durch das Abhängigkeitsverhältnis bedingten Kom­ munikation zwischen der Konzemmutter und dem Geschäftsführer der Unter­ gesellschaft der Geschäftsführer nur selten weniger Kenntnis über die Lage seines Unternehmens haben wird als die Konzemmutter, so daß der Geschäftsführer einer Untergesellschaft im Konzern nicht so häufig ohne Vorsatz den Konkursantrag nicht rechtzeitig stellt316, sind Ausnahmen vom Vorsatzerfordernis des Haupttäters in der Praxis relativ häufig. Dort, wo der Geschäftsführer der Untergesellschaft in der Ausführung seiner Weisung nur fahrlässig eine unerlaubte Handlung begeht, liegen dann auch die eigentlich problematischen Fälle der Anstifterhaftung. Im Anschluß an die Auffassung, daß die zivilrechtliche Haftung der Mittäter durch das Strafrecht vorgeprägt ist317, wird gefordert, daß eine Teilnehmerhaftung nur bei vorsätzlicher Haupttat möglich ist318, so daß das herrschende Unternehmen dann nicht zur Haftung herangezogen werden kann, wenn der Geschäftsführer der Untergesellschaft nur fahrlässig gehandelt hat. Dagegen bejaht eine vermehrt geäußerte Meinung die Haftung nach § 830 II BGB auch bei einer fahrlässigen Haupttat319. Zur Begründung wird im wesentlichen darauf hingewiesen, daß das

315 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 4; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 32; Höhn, 9. 316 Die h.M. läßt für § 64 I und II GmbHG als Verschuldensmaßstab generell auch Fahrlässig­ keit ausreichen: BGHZ 75, 96, 111; BGHZ 126, 181, 199; Lutter/Hommelhoff, §64, Rn. 17; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 30; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 52; siehe auch Ulmer, KTS 1981, 483. Strenger hingegen Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), §64, Rn. 27, SchulzeOsterloh, AG 1984, 143 ff. 317 Siehe BGHZ 70, 277, 285; BGHZ 89, 383, 389; Esser/Weyers, SchuldR II, § 69 I a; Erman(-Schiemann), § 830, Rn. 3; Palandt(-Thomas), § 830, Rn. 4; Staudinger(-Schäfer), 12. Aufl., § 830, Rn. 10. 318 So etwa Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 75; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), §64, Rn. 36; MüKo BGB(-Stein), § 830, Rn. 14; Benicke, Jura 1996, 127; siehe auch BGHZ 63, 124, 126; BGHZ 75, 96, 107. 319 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 45; K. Schmidt, JZ 1978, 666; ders., ZIP 1980, 329; Stein, 156 f.; Karollus, ZIP 1995, 273; B. Kübler, ZGR 1995, 503; Reiner, in: FS Boujong, 450 f; vgl. auch bereits Hefermehl, in: Freundesgabe Hengeler, 94; Konow, GmbHR 1975, 106 f.; Kühn, 97 ff.

aus dem Strafrecht stammende Erfordernis der vorsätzlichen Haupttat im Zivilrecht nicht überzeugen könne320. Dieser Streit könnte zumindest in der Konzempraxis dahinstehen, wenn sich herausstellen würde, daß aufgrund der Besonderheiten im Konzern, insbesondere wegen des (Abhängigkeits-) Verhältnisses zwischen der Konzemmutter und der Untergesellschaft, die Teilnahme an einer fahrlässigen Haupttat keine besondere Rolle spielt. Relevant könnte die Auseinandersetzung nämlich nur dort werden, wo der ordnungsgemäß bestellte Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens sich hinsichtlich der Konkursreife des Unternehmens, insbesondere der Überschuldung, fahrlässig in Unkenntnis befunden hat321, während diese jedoch von der herrschen­ den Gesellschaft erkannt wurde, und von ihr dennoch Weisungen erteilt worden sind, die zu einem Verstoß gegen § 641 GmbHG führten. Wenn der Geschäftsführer der Untergesellschaft gleichzeitig ein Mitglied des Geschäftsleitungsorgans oder ein Gesellschafter der Mutter ist, scheidet eine Unkenntnis dieses Geschäftsführers von vornherein aus. In den anderen Fällen wird es, zumal wenn das Stadium der Konkursreife nahe ist, aller Erfahrung nach regelmäßig zu einer Kommunikation zwischen Konzemmutter und dem Geschäfts­ führer der Untergesellschaft kommen, die zu einer Kenntnis des Geschäftsführers über alle wesentlichen Umstände und damit auch zum Vorsatz beim Unterlassen der Stellung des Konkursantrags führt. Meinen jedoch sowohl das Mutterunter­ nehmen als auch der Geschäftsführer der Untergesellschaft in fahrlässiger Unkenntnis etwa, die Konkursreife des Unternehmens läge noch nicht vor, dann greifen §§ 830 II, 840 I BGB, § 823 II BGB i.V.m. § 64 I GmbHG nicht ein, weil zumindest Vorsatz des Teilnehmers für ein Haftung gegeben sein muß322. Gleichwohl sind aber besonders im Hinblick auf die Überschuldung einer Gesellschaft Fälle denkbar, wo der Geschäftsführer der Untergesellschaft tatsäch­ lich doch keinen Vorsatz hinsichtlich seiner Pflichtverletzung hat, während die Konzemmutter aufgrund eines Informationsvorsprungs, den sie aus bestimmten Gründen nicht an die Untergesellschaft weitergibt, den entsprechenden Umstand der Konkursreife kennt und trotz dieser Kenntnis, dem Geschäftsführer der Unter­ gesellschaft Weisungen erteilt, deren Befolgung eine Pflichtverletzung nach § 64 GmbHG zur Folge hat. Solche Konstellationen sind etwa dort denkbar, wo die Buchhaltung und/oder das cash-management konzemzentral geführt werden323. Es wird deshalb auch in Konzernen die Antwort auf die Frage bedeutsam, inwieweit das strafrechtliche Verständnis von Täterschaft und Teilnahme auch im Zivilrecht

320 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 45; Karollus, ZIP 1995, 273. 321 Siehe BGHZ 75, 96, 100; BGH St 15, 306, 310; bei diesen Fällen handelte es sich stets um die fahrlässige Unkenntnis der Überschuldung von unverbundenen Unternehmen. 322 Einhelllige Ansicht; vgl. statt aller BGHZ 75, 96, 107; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 75; Scholz (-K. Schmidt), § 64, Rn. 45; Reiner, in: FS Boujong, 451. Anders Karollus, ZIP 1995, 273, der auch Fahrlässigkeit beim Teilnehmer ausreichen lassen will. 323 Siehe etwa Schön, ZHR 159 (1995), 369.

Anwendung finden soll, oder ob davon Abweichungen vorgenommen werden dürfen. An der These, daß es auch im Bereich zivilrechtlicher Haftung keine Teilnahme an einer fahrlässigen Haupttat gibt, sind Zweifel angebracht. Der Grund dafür sind die unterschiedlichen Zielrichtungen der Anwendungsbereiche, in denen die Tat­ bestandsmerkmale im Strafrecht und im Zivilrecht herangezogen werden. Das Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat bei der Teilnahme im Strafrecht ist aus dem Bestreben heraus erforderlich, daß es insoweit um die Strafbarkeit für ein bestimmtes Tun geht, für das im Allgemeininteresse das Bedürfnis nach einer Sanktion besteht. Dagegen kommt es im Zivilrecht, insbesondere in § 830 BGB, nur auf eine Kompensation an, die darauf gerichtet ist, individuelle Interessen auszugleichen. Allgemeiner formuliert: Zivilrechtliche Verkehrsschutzerwägungen oder Billigkeitserwägungen zielen auf einen wirtschaftlichen Ausgleich für erlit­ tene Schäden unter Privaten ab, während es im Strafrecht um die Unrechtssanktion im Verhältnis Staat - Privater geht, für das ganz andere Prämissen gelten. So spie­ len im Strafrecht die Kategorien des strafwürdigen Unrechts und der Schuld als Voraussetzung für ein „verdientes“ Übel eine entscheidende Rolle, die das Zivil­ recht in dieser Form nicht kennt, und in der eine öffentliche Mißbilligung eines von der Allgemeinheit nicht mehr tolerierbaren Tuns oder Unterlassens zum Aus­ druck kommt324. Dieses „verdiente Übel“ darf wegen der grundgesetzlich garan­ tierten allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) nur unter engen Bedingungen eingeschränkt werden. Wenngleich der Strafgrund für die Teilnahme im Strafrecht in weiten Bereichen umstritten ist325, ist den dazu vertretenen Meinungen mehr oder weniger gemein, daß die Begründung der Strafbarkeit einer Teilnehmertat darin liegt, daß der Teilnehmer, ohne selbst tatbestandsmäßig zu handeln, das tatbestandlich geschützte Rechtsgut durch die Mitwirkung an der täterschaftlichen Handlung eines anderen angreift326. Das Unrecht des Teilnehmers besteht also darin, daß er an der Normverletzung des Täters mitwirkt, womit die Teilnehmertat nach dem Grund und Maß von dem Unrecht der Haupttat abhängig sein soll327. Die Bindung der Strafbarkeit der Teilnahmehandlung an die Voraussetzungen einer vorsätzlichen und schuldhaften Haupttat ist also in der rechtstaatlichen Konturie­ rung der Teilnahmehandlung begründet. Da jedes beliebige, für den Erfolg kausale Verhalten eine Teilnahme sein kann, verhindert die Bindung an die Tatbestands­ handlung, daß die Strafbarkeit mit Hilfe eines vom Tatbestand abgelösten Teil­ nahmebegriffes ausgedehnt wird328. Einer entsprechenden Erwägung bedarf es im Zivilrecht nicht, weil die Dimension, in der das Verhältnis von Teilnehmer und Täter betrachtet wird, enger ist. Es geht im Zivilrecht allein um einen Interessen­ 324 Vgl. Jescheck/Weigend, 50 f. 325 Zum Streitstand Leipziger Kommentar zum StGB(-Roxin), vor § 26, Rn. 1 ff. 326 Leipziger Kommentar zum StGB(-Roxin), vor § 26, Rn. 1 327 Jescheck/Weigend, § 6412. 328 Leipziger Kommentar zum StGB(-Roxin), vor § 26, Rn. 5; im Ergebnis ähnlich auch die dort angeführten, in ihrer Begründung abweichenden Ansichten.

ausgleich zwischen Privaten, der genau genommen wertneutral ist, und nicht um eine Strafe, die ein Unwerturteil voraussetzen würde; die notwendigerweise mit einem Unwerturteil verbundenen weitreichenden Folgen gibt es im Zivilrecht deshalb nicht329. Darüber hinaus ist auf den qualitativen Unterschied des Zivil­ rechts zum Strafrecht hingewiesen worden, daß die Sanktion bzw. die Einstands­ pflicht im Zivilrecht nur dem Grunde nach eine Schuldhaftung sei, ihr Umfang bestimme sich vielmehr auch nach dem Schutzbereich und der Adäquanz330. Daraus folgt unmittelbar, daß die starren Kategorien des Strafrechts, die dort wegen der strengen strafrechtlichen Prinzipien ihre Berechtigung haben, nicht immer kongruent auf ein System anzuwenden sind, das hinsichtlich der Haftungs­ voraussetzungen flexibler ist. Besonders deutlich zeigt sich dies etwa in der Tendenz des Zivilrechts, im Rahmen von Verkehrspflichten immer weitergehend auf objektivierte Verschuldensbegriffe abzustellen331. Vor diesem Hintergrund kann die Teilnahmelehre aus dem Strafrecht nicht einschränkungslos in das Zivil­ recht übernommen werden332. Ansonsten würde es zu unbilligen Lücken in der zivilrechtlichen Verantwortungskette kommen. Zum Teil wird die Frage der Über­ nahme des strafrechtlichen Konzepts in das Zivilrecht deshalb danach differenziert, ob es sich bei der Haupttat um ein Eingriffsdelikt handelt333, oder um eine Ver­ kehrspflicht- oder Schutzgesetzverletzung im Sinne des § 823 II BGB334. Bei letzterem soll jedenfalls nicht vorsätzliches Täterhandeln ausreichen335. Da es sich bei der Verletzung der Konkursantragspflicht um eine Verletzung eines Schutz­

329 Besonders instruktiv ist das von Jescheck/Weigend angeführte Beispiel: Die bloße Nicht­ erfüllung eines Vertrages bleibt selbst dann straflos, wenn der Vertragspartner dadurch einen Millionenschaden erleidet, während der kleinste Betrug zur Strafbarkeit führt; 51. Der Grund dafür ist gerade das Unwerturteil, das sich an das Betrugsverhalten anknüpft. 330 Deutsch, Rn. 498. 331 Ausführlich v. Bar, 102 ff. 332 So ausdrücklich MüKo BGB(-Stein), § 830, Rn. 15. 333 Zur Unterscheidung von unmittelbaren Eingriffsdelikten und Verkehrspflichtdelikten siehe MüKo BGB(-Mertens), § 823, 4 ff.; 13 ff.; vgl. zu den Wurzeln der Verkehrspflichtverletzung im Strafrecht, v. Bar 11 ff. Zu der Abgrenzung siehe allgemein auch Deutsch, Rn. 94 ff., insbes. 108 ff. 334 Einhellige Meinung vgl. statt aller Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 1; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 47 ff.; Stein, 161 f.; Konow, GmbHR 1975, 106; K. Schmidt, JZ 1978, 666; ders., ZIP 1980, 329; Weckerle, 76 f. Einige Problem bereitet insoweit das Herstatt­ Urteil des BGH (BGHZ 75,96, 107), aus dem Ulmer zu Unrecht ableitet, daß dort die Lehre bestä­ tigt werde, nach der eine Teilnahme nur zu einer vorsätzlichen Haupttat geleistet werden kann (Ulmer, KTS 1981, 489, Fn. 75). Der BGH hat jedoch lediglich entschieden, daß die Teilnehmer­ haftung vorsätzliche Unterstützung des zum Handeln Verpflichteten voraussetze. Im Hinblick auf den Täter wird nur pflichtwidriges Unterlassen verlangt. Das Urteil ist insoweit ohne Aussage zum hier interessierenden Aspekt. K. Schmidt allerdings versteht die entsprechende Passage in dem Urteil dahingehend, daß der BGH fahrlässiges Täterhandeln für die Teilnahmehaftung ausreichen läßt. 335 Eingehende Begründung bei Kühn, 99 ff.; 109 ff.; Fraenkel, 268 ff., 279 ff.

gesetzes handelt, bei der ein objektivierter Verschuldensmaßstab eingreift336, reicht nach dieser Meinung Fahrlässigkeit des Geschäftsführers aus, wenn der „Hinter­ mann“ ihn vorsätzlich zu dem Unterlassen angestiftet oder geholfen hat337. Inso­ weit stimmt diese Auffassung mit dem Ergebnis, das nach der hier vertretenen Ansicht erreicht wird, überein. Wegen des soeben herausgearbeiteten Ergebnisses, daß im Bereich des § 830 II BGB aufgrund der wesensmäßigen Unterschiede in der Frage der Sanktionen für Teilnehmerhandlungen im Straf- und im Zivilrecht für eine Haftung des Teilnehmers auch ein fahrlässiges Verhalten des Täters ausreicht, kann die Haftung für eine Teilnahme an einer fahrlässigen Haupttat aber nicht nur auf Verkehrs- und Schutzgesetzverletzungen beschränkt sein, sondern sie gilt allgemein für alle unerlaubten Handlungen des Täters. Damit können also Weisungen der Konzemmutter, die zu unerlaubten Handlungen der Geschäfts­ führer der Untergesellschaft führen, über die deliktische Anstifterhaftung des § 830 II BGB erfaßt werden.

c) Ergebnis Verletzt ein Geschäftsführer einer im Konzern abhängigen GmbH seine Pflicht aus § 64 GmbHG und kommt es dadurch zu einer Schädigung der Gläubiger, so kann im Konkurs der betreffenden Gesellschaft der Konkursverwalter neben deren Geschäftsführer auch das herrschende Unternehmen nach §§ 823 II BGB i.V. 64 I GmbHG, 830 II, 840 I, 421 ff. BGB in Anspruch nehmen, wenn die Pflichtverlet­ zung die Folge ihrer Einflußnahmen, insbesondere ihrer Weisungen gewesen ist. Das gilt auch dann, wenn die Haupttat des Geschäftsführers ohne Vorsatz geschah. Haben allerdings sowohl die Konzemmutter als auch der Geschäftsführer keinen Vorsatz, etwa weil sich beide hinsichtlich der Überschuldung der Untergesellschaft irrten, kommt keine Teilnehmerhaftung der Konzemmutter in Betracht. Erteilt der Gesellschafter hingegen nichtige Weisungen, so greifen insoweit die allgemeinen Regeln ein. 2. Erweiterung der Teilnehmerhaftung a) Problemstellung

Eine andere Frage ist es, ob der Konkursverwalter nach den Anstifterregelungen auch dann auf die Mutter zurückgreifen kann, wenn sie den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens veranlaßt hat, gegen § 64 II GmbHG verstoßende Zah-

336 Deutsch, Rn. 63, vgl. aber auch BGH 116, 104, 115: „Die Vermutung des Verschuldens bei Verletzung des Schutzgesetzes gilt nur, wenn das Schutzgesetz das geforderte Verhalten bereits so konkret umschreibt, daß mit der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Schluß auf einen s ubjektiven Schuldvorwurf naheliegt.“ 337 Im Ergebnis ebenso z.B. Stein, 162.

lungen vorzunehmen338. In diesem Fall hätte der Konkursverwalter zwar einen Anspruch gegen den Geschäftsführer der abhängigen GmbH, doch könnte es von Interesse sein, die entsprechende Zahlung auch vom herrschenden Unternehmen zu verlangen, etwa dann, wenn der Geschäftsführer nicht (ausreichend) leistungsfähig ist. Zudem erschiene es unbillig, wenn das herrschende Unternehmen zwar zu der betreffenden Handlung anstiften könnte, gleichwohl aber hinsichtlich der Verant­ wortung für den entstandenen Schaden als der „eigentlich Verantwortliche“ privi­ legiert würde. Von der Sachverhaltskonstellation her käme hier durchaus ein Rückgriff auf §§ 830 II, 840, 421 ff. BGB in Betracht. Probleme ergeben sich jedoch daraus, daß § 830 II BGB seinem Wortlaut nach nur auf unerlaubte Hand­ lungen anzuwenden ist, also auf Verletzungen der allgemeinen, zwischen allen Personen bestehenden Rechtsbeziehungen, die jeder beachten muß339. Da § 64 II GmbHG eine Konkretisierung der Pflichten eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 I GmbHG) für den Geschäftsführer vornimmt (Organpflicht) und damit einen Ausschnitt aus dem Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft dar­ stellt, ist eine nach dieser Vorschrift verbotene Auszahlung demnach auf den ersten Blick keine unerlaubte Handlung in diesem Sinne. Das hat zur Folge, daß ein herr­ schendes Unternehmen im Konzern nicht als Anstifter haften muß, wenn es den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens angewiesen hat, die entsprechende Zahlung vorzunehmen und es dadurch bei der Gesellschaft zu einem Schaden (Verringerung der Haftungsmasse der Gesellschaft) kommt. Ein ähnliches Ergeb­ nis ergibt sich auch in dem Fall, wo der Geschäftsführer der abhängigen GmbH durch das herrschende Unternehmen zu einer Handlung bestimmt worden ist, die zu einer Haftung nach § 43 II GmbHG führt. Denn hier scheint der Bestimmende ebenfalls nicht als Anstifter haften zu müssen, wenn die Befolgung der Bestim­ mung zu einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers und zu einem Schaden bei der Gesellschaft geführt hat. Ferner könnte das herrschende Unternehmen auch dort vor einer Haftung als Anstifter nach § 830 II BGB sicher sein, wo es den Geschäftsführer der Tochtergesellschaft dazu bestimmt hat, die Bücher nicht ordnungsgemäß zu führen, weshalb es in der Folge zu einem Schaden gekommen ist. Der Bezug von § 830 II BGB auf eine unerlaubte Handlung hat also zur Folge, daß dort, wo das herrschende Unternehmen den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens zu einer Handlung bestimmt, die eine Pflichtverletzung darstellt und zu einem Schaden führt, eine Haftungslücke besteht, soweit das herrschende Unternehmen nicht als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden kann340. Diese Lücke erlaubt es, allgemein formuliert, daß die Schadensverteilung zwischen kollektiven Schadensträgem einseitig verlagert wird, und daß damit der Bestim­ mende die negativen Effekte seines Tuns auf andere abwälzen kann. Er kann näm338 Das wird ohne nähere Diskussion vorausgesetzt von Uhlenbruck, DStR 1991, 353; K. Schmidt, ZIP 1988, 1502; zu Einzelheiten des § 64 II GmbHG siehe sofort unten III. 4. 339 Vgl. statt aller Palandt(-Thomas), Einf. vor § 823, Rn. 1. 340 Zu Einzelheiten des faktischen Geschäftsführers siehe sofort unten II.2.

lieh typischerweise ein Abhängigkeitsverhältnis dazu nutzen, jemanden zu einem Tun zu veranlassen, welches für ihn positive Effekte mit sich bringt, gleichzeitig aber die damit einhergehenden Risiken der Verantwortung für den Erfolg (negative Effekte) ganz auf den Angestifteten abwälzen. Diese Externalisierung der negati­ ven Effekte hat ökonomisch nachteilige Folgen. Denn die Steuerungsfunktion, die mit der Verantwortlichkeit für einen bestimmten Erfolg einhergeht, wird für den Bestimmenden, welcher nicht auch für seinen Beitrag an einem Schaden einstehen muß, außer Kraft gesetzt. Dies bildet einen Anreiz zu opportunistischem Verhalten. Diese Verantwortungsasymmetrie muß ausgeglichen werden, weil der Gesell­ schafter einer GmbH ansonsten die Möglichkeit hat, außerhalb seiner Disposi­ tionsbefugnis die Geschäfte der Gesellschaft durch die Veranlassung bestimmter Handlungen durch den Geschäftsführer zu beeinflussen341, ohne daß dies mit einer eigenen Verantwortlichkeit gekoppelt wäre. Wie dies rechtlich gesehen soll, ist bislang aber kaum erörtert worden342. Vor diesem Hintergrund soll im folgenden Untersuchungsabschnitt deshalb allgemein hinterfragt werden, ob eine Anstifterhaftung möglicherweise doch auch dann begründet werden kann, wenn ein Schaden aufgrund einer Organpflichtver­ letzung entstanden ist, zu der der Täter von einem anderen bestimmt worden ist. In der GmbH und in der AG ist das Bestimmen des Geschäftsleitungsorgans durch die Gesellschafter eng mit den speziellen Fragen der Weisungsbefugnis der Gesell­ schafter und der etwaigen Weisungsgebundenheit der Geschäftsleiter verbunden. Da es aber zunächst nur um die Frage der Begründbarkeit einer Haftung für einen Schaden wegen Anstiftung zur Verletzung einer Organpflicht im allgemeinen geht, braucht darauf an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden343. b) Lösungsansätze

aa) Für die Teilnehmerhaftung an einem Organpflichtverstoß ist es erforderlich, daß er deliktischen Charakter hat. Vorgeschlagen wurde insoweit, in den Organ­ pflichten grundsätzlich Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB zugunsten der Gesellschaft zu sehen344. Allerdings bestehen gegen diesen Ansatz ganz erhebliche Bedenken, weil die Schutzgesetzeigenschaft von Organpflichten - jedenfalls nach herkömmlichem Verständnis von Schutzgesetzen - generell nicht begründet 341 Zur Situation bei der AG siehe unten IV. 342 Siehe aber Stein, 156 ff. Man wird im weiteren Rahmen wohl auch die Auffassung von Mertens als Lösungsansatz dieses Problems verstehen dürfen, wonach die rechtswidrige Schädi­ gung des Gesellschaftsvermögens durch Gesellschafter oder Geschäftsführer vielfach als delikti­ scher Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Gesellschafters nach § 823 I BGB zu verstehen ist: Mertens, AcP 178 (1978), 243 und 250 ff.; ders., in: FS Fischer, 468 ff.; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 105 ff. 343 Dazu ausführlich unten im Zusammenhang mit § 43 II GmbHG, § 4, II. Teil, E. II. 1. Für die AG siehe § 4, II. Teil, E. III. 344 So Stein, 157 ff.

werden kann. Ein Schutzgesetz wird als Norm definiert, die nach Zweck und Inhalt wenigstens auch auf den Schutz von Individualinteressen vor einer näher be­ stimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet ist, wobei es nicht genügt, daß der Individualschutz durch Befolgungen der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muß vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen345. Die Schutzgesetzeigenschaft von Organpflichten ist differenziert zu betrachten nach solchen gegenüber Gläubigem, einzelnen Gesellschaftern und Aktionären und solchen gegenüber der Gesellschaft. Als Schutzgesetze zugunsten der Gläubiger sind nur wenige Organpflichten anerkannt. Wichtigste Fälle sind § 64 I GmbHG346 und § 92 II AktG347. Mit Ausnahme des § 92 I AktG348 sind keine Organpflichten als Schutzgesetze zugunsten der Gesellschaft anerkannt349. Die hier besonders interessierenden Organpflichten der §§ 64 II GmbHG und 92 III AktG und der § 43 I GmbHG und 93 I AktG werden allgemein zu Recht nicht als Schutzgesetz qualifiziert. Soweit das Zahlungsverbot nach dem Zeitpunkt für die Konkursantragsstellung betroffen ist, liegt der Schutzzweck der Norm in der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens für die Haftungsmasse im Konkurs und damit (mittelbar) im Schutz der Gläubiger. Damit sind weder die Gesellschafter noch die Gesellschaft individuell von dem Schutzzweck dieser Norm betroffen. Das gleiche gilt auch für die Gläubiger, denn die Norm schützt die Gläubiger nicht individuell - wie etwa in § 64 I GmbHG bzw. § 92 II AktG - sondern in ihrer Allgemeinheit als Konkursgläubiger. Auch die in § 43 I GmbHG und § 93 I AktG normierten Organpflichten stellen keine Schutzgesetze dar350. Zwar könnte man insoweit annehmen, daß diese Vorschriften zumindest auch dem Schutz der Gesellschaft dienen351, doch bezieht sich der Schutzzweck der jeweiligen Norm allgemein auf die Prävention und ggf. den Ausgleich etwaiger Schäden. Letzteres könnte man vordergründig möglicherweise als Schutz des Gesellschaftskapitals verstehen, im Kem geht es dabei jedoch um die Wiederherstellung des Wertes der 345 Siehe MüKo BGB(-Mertens), § 823, Rn. 162; BGHZ 122, 1, 9; BGHZ 100, 13, 14 f.; BGHZ 46, 17,23; vgl. zudem auch Canaris, in: 2. FS Larenz, 27 ff. 346 Vgl. u.a. Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 28; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 44; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 24; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 64, Rn. 13; BGHZ 126, 181, 190; BGHZ 100, 19,21. 347 Siehe Hüffer, § 92, Rn. 16; KK(-Mertens), § 92, Rn. 52; Geßler/Hefermehl, § 92, Rn. 24. 348 Siehe Hüffer, § 92, Rn. 15 m.w.N.; zum Streit, ob § 92 I AktG auch Schutzgesetz im Hinblick auf die Aktionäre ist, siehe Geßler/Hefermehl, § 92, Rn. 11; GroßKomm(-MeyerLandrut), § 92, Rn. 3 und Hüffer, § 92, Rn. 15, der die Schutzgesetzeigenschaft zu Recht mit dem Hinweis ablehnt, daß die Norm die Information und Handlungsfähigkeit der Hauptversammlung herstellen will, aber keinen Individualschutz der Aktionäre vorsehe. 349 Anders Geßler/Hefermehl, § 93, Rn. 90 für § 93 (Norm bezwecke allein den Schutz der Gesellschaft) und Stein, 157 ff. 350 Für §43 GmbHG: Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 25; Hachenburg(-Mertens), §43, Rn. 104; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 211 und 218; anders aber Sonnenschein, 219 ff. Für § 93 AktG: KK(-Mertens), § 93, Rn. 85; Geßler/Hefermehl, § 93, Rn. 90. 351 Siehe Stein, 157.

Gesellschaft und damit um die Wahrung der Vermögensposition der Gesellschafter an ihrer Gesellschaft. Dies ist aber gerade kein Schutz einzelner durch den Norm­ verstoß Betroffener. bb) Lassen sich die Organpflichten damit also grundsätzlich nicht als Schutz­ gesetze im Sinne des § 823 II BGB qualifizieren, bedarf es zur Begründung einer deliktischen Teilnehmerhaftung an einer Organpflichtverletzung eines anderen Ansatzes. Vergegenwärtigt man sich, daß die Anstiftung zu einer Organpflichtverletzung der Grundkonstellation nach gerade dem entspricht, was von § 830 II BGB erfaßt wird (Bestimmender, Ausführender, Verletzung und Schaden), könnte ein solcher Ansatz entwickelt werden, indem man an der Vorschrift des § 830 BGB selbst ansetzt. Von Interesse ist dabei der den Anwendungskreis der Vorschrift begren­ zende Begriff der „unerlaubten Handlung“ des § 830 I BGB, auf den Absatz II Bezug nimmt. Es wäre zu fragen, ob dieser nach dem Sinn und Zweck der Rege­ lung nicht doch so verstanden werden kann, daß darunter auch diejenigen Fälle subsumiert werden können, in denen der festgestellte Schaden durch eine Verlet­ zung von Pflichten der Geschäftsleitungsorgane entstanden ist. Der Sinn und Zweck des § 831 BGB wird gemeinhin im wesentlichen so verstanden, daß dort, wo mehrere Personen an der Herbeiführung eines Schadens aufgrund einer unerlaubten Handlung beteiligt gewesen sind, dem Geschädigten aus seiner Beweisnot bezüglich des Verursachungsbeitrages der einzelnen Perso­ nen geholfen werden soll352. Damit ist der Sinn und Zweck der Norm indes noch nicht erschöpft. Vielmehr setzt diese Vorschrift zudem die grundlegende Vorstel­ lung um, daß bei der Beteiligung mehrerer an einer schadensstiftenden Handlung jeder einzelne Tatbeteiligte Verantwortung trägt und deshalb haftungsrechtlich erfaßt werden muß353. Sie stellt damit diejenige Vorschrift dar, die die strafrecht­ liche Verantwortlichkeit für eine Beteiligung an einer Tat zivilrechtlich fort­ schreibt. Eine derartige Tat wird dadurch präzisiert, daß es sich bei ihr um eine unerlaubte Handlung handeln muß. Will man die Anstiftung zu einer Organ­ pflichtverletzung haftungsrechtlich erfassen, müssen die betreffenden Organ­ pflichten mithin als solche qualifiziert werden können. Dazu ist genauer zu klären, was unter dem Begriff der unerlaubten Handlungen zu verstehen ist. Grundlage der Vorstellung von einer unerlaubten Handlung ist das Prinzip, daß jedermann die Rechtssphäre anderer zu achten und sich jeden widerrechtlichen Eingriffes in dieselbe zu enthalten habe. Derjenige, der diese Verpflichtung schuldhaft verletzt, müsse den dadurch entstehenden Schaden ersetzen354. Die Widerrechtlichkeit des Eingriffes beruht dabei nicht darauf, daß bei einem anderen 352 Siehe statt aller MüKo BGB(-Stein), § 830, Rn. 1 f.; Staudinger(-Belling/Eberl-Borges), § 831, Rn. 4 f. und 7. 353 Vgl. ausführlich Kreutziger, 138 ff., zu den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers: 15 ff. 354 v. Kübel, 48 ff; Mugdan, 738; vgl. auch Stoll, AcP 176 (1976), 161.

ein Schaden verursacht wurde, sondern darauf, daß die Grenzen, die der Hand­ lungsfreiheit durch die Güterzuordnung gezogen sind, überschritten werden355. In Abkehr zum römischen Recht sollte dieser Grundsatz auf einer einheitlichen, allgemeinen Grundlage geregelt werden. Als Anknüpfungspunkt hat man dafür den Begriff der unerlaubten Handlung gewählt356. 357 Das Verständnis der unerlaubten Handlung als widerrechtlichen Übergriff in eine fremde Rechtssphäre eröffnet einen sehr breiten Anwendungsbereich. In der Tat ist dieser Begriff zunächst auch sehr weit verstanden worden. In den Vorlagen der Redaktoren für die erste Kom­ mission zur Ausarbeitung des Entwurfes eines BGB hieß es diesbezüglich in §181: „Wer von seinem Rechte, innerhalb der Grenzen desselben, Gebrauch macht, hat den daraus für einen anderen entspringenden Schaden nicht zu vertre­ ten. und in § 182 I: „Wer die in § 181 bezeichnete Pflicht aus Absicht oder Fahrlässigkeit verletzt, haftet für den dadurch einem anderen an dessen Person oder Vermögen verursachten Schaden, ohne Unterschied, ob die widerrechtliche Handlung den Schaden unmittelbar bewirkt hat, oder ob sie nur Ursache gewesen ist, daß ein Dritter oder ein Zufall den Schaden bewirkt hat^351. Unter Bezug­ nahme auf das preußische Allgemeine Landrecht wurde der Begriff der unerlaub­ ten Handlung in dem Entwurf zum BGB dann jedoch enger gefaßt und insoweit präzisiert, daß dann keine unerlaubte Handlung vorliege, wenn ein Eingriff in bloß obligatorische Verhältnisse und Rechtsbeziehungen vorgenommen werde. Wider­ rechtlich sei zwar auch eine Verletzung des Rechts aus einem Schuldverhältnis. Aber wie aus einem solchen nur ein Recht gegen den Schuldner entstehe, so könne auch nur der Schuldner einer Verletzung dieses Rechts sich schuldig machen. Damit sei jede widerrechtliche Handlung, die nicht auf Rechtsgeschäft beruhe, eine unerlaubte Handlung im Sinne der Schadensersatzpflicht358. Auf der Grundlage dieser Konzeption läßt sich die Grenze relativ eindeutig beschreiben, ab welcher eine Anstiftung zu einer Handlung schadensersatzrechtlich nicht mehr relevant ist. Das ist immer dann der Fall, wenn die rechtsverletzende Handlung nur die Verlet­ zung von zwischen bestimmten Personen bestehenden Rechtsbeziehungen aus Vertrag oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnissen betrifft. Ein Dritter kann deshalb, wenn in die obligatorischen Rechte eines anderen schädigend eingriffen wird, jenem nur dann zum Schadensersatz verpflichtet werden, wenn sich seine Handlung aus einem anderen Grund als wegen der Schädigung des obligatorischen Rechts als widerrechtlich herausstellt359. 355 MüKo BGB(-Mertens), vor §§ 823-853, Rn. 4. 356 Mugdan, 724 f.; vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte auch Deutsch, Rn. 55 ff. 357 v. Kübel, Anh. 38 f. 358 Mugdan, 727 und 725. Ganz ähnlich legt übrigens auch der EuGH den Begriff der uner­ laubten Handlung aus, der im Zusammenhang mit Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ eine wichtige Rolle spielt; vgl. EuGHE 1988, 5565 (Kalfelis). Siehe in diesem Zusammenhang (zu § 32 ZPO) auch BGH NJW 1974,411. 359 Ein typischer Fall ist insoweit die berühmte Anstiftung zum Vertragsbruch. Hier liegt das haftungsbegründende Tun des Dritten nämlich gerade nicht in der Anstiftung eines anderen,

cc) Für die hier interessierende Frage, ob eine Verletzung der Pflichten der Geschäftsleitungsorgane eine unerlaubte Handlung ist, kommt es also darauf an zu klären, ob die Organpflichten lediglich das obligatorische Verhältnis des Ge­ schäftsleitungsorgans zur Gesellschaft betreffen. Das obligatorische Verhältnis wird begründet durch den Anstellungsvertrag zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft. Davon streng zu unterscheiden ist der körperschaftliche Rechtsakt der Bestellung zum Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG) bzw. zum Vorstand (§ 84 AktG)360. Fraglich ist nun, ob die Organpflichten aus der Organstellung und damit aus Gesetz oder aus dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers bzw. des Vorstandsmitglieds erwachsen, ob Organpflichtverletzungen also Gesetzesverstöße oder Vertragswidrigkeiten sind361. Diese Frage wird kontrovers beantwortet362. Zum Teil wird davon ausgegangen, daß die Pflicht zur sorgfältigen Geschäfts­ leitung ausdrücklich in dem vertraglichen Versprechen begründet sei. In den gesetzlichen Normen wird dann ein zwingender Sorgfaltsmaßstab gesehen. Die Haftung träte zwar kraft Gesetzes ein, allerdings nur im Hinblick darauf, daß das Vorstandsmitglied bzw. der Geschäftsführer sich vertraglich, sei es durch Zustim­ mung zur Bestellung zum Geschäftsleiter, durch Vereinbarung im Gesellschafts­ vertrag oder durch Unterzeichnung eines Anstellungsvertrages, zur ordnungsge­ mäßen Geschäftsbesorgung verpflichtet habe und dieser Verpflichtung aber nicht nachgekommen sei363. 364 Dem entspricht die Vorstellung, daß die gesetzlichen Regelungen der Organpflichten als Spezialregelungen die Pflichten, die aus dem Anstellungsvertrag resultieren, in sich aufnehme364, denn damit wird implizit davon ausgegangen, daß zumindest auch durch den Anstellungsvertrag Organ­ pflichten begründet werden können365. Die entgegengesetzte Auffassung geht davon aus, daß die Pflichten sich nur aus der Position der Geschäftsleitung als Organ ergäben366. Vermittelnd wird schließlich vertreten, daß die sich die Organ­ pflichten sowohl aus Gesetz als auch aus Vertrag ergäben, so daß sich beide An­ spruchsgrundlagen ergänzen und insoweit eine Anspruchskonkurrenz bestünde367. Ausgangspunkt für die Lösung dieses Streits ist die allgemein anerkannte Tren­ nung zwischen korporationsrechtlicher und schuldvertraglicher Ebene in der sondern in der vorsätzlichen Vereitelung fremder Rechte zum Schaden des Berechtigten und zum eigenen Vorteil des Dritten. Eingehend MüKo BGB(-Mertens), § 826, Rn. 124 ff. 360 Vgl. nur K. Schmidt, GesR, 422 f.; Baums, 33 ff. 361 Mestmäcker, 211. 362 Für die AG siehe etwa Baumbach/Hueck, § 93 Rn. 5; Geßler/Hefermehl, § 93, Rn. 8; für die GmbH: Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 10; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1c; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 208; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 3 und Rowedder (-Koppensteiner), § 43, Rn. 3. 363 Siehe vor allem Baums, 211 ff; siehe aber auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1 c. 364 BGH ZIP 1989, 1392 f.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1 c.; Reich, DB 1967, 1663. 365 Ähnlich auch Baums, 212 f.; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 3. 366 Siehe etwa Mestmäcker, 212; Hüffer, § 93, Rn. 11; Sonnenberger, GmbHR 1973, 26 f. 367 Scholz(-U.H. Schneider), §43, Rn. 13; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 1 c; K. Schmidt, GesR, 1078.

GmbH bzw. in der AG. Daraus folgt, daß die Organpflichten auch dann bestehen, wenn der zugrundeliegende Anstellungsvertrag fehlerhaft ist, oder ein solcher nicht besteht oder der Vertragspartner des Anstellungsvertrages ein Dritter ist368. Dasselbe gilt dort, wo die Bestellung unwirksam ist, oder die Annahme der Bestellung fehlerhaft ist oder fehlt. Auch hier unterliegt derjenige, der als Organ fungiert, den Organpflichten (Figur des faktischen Geschäftsführers). Entscheidend ist in allen Fällen die Ausübung der gesetzlichen Funktion, denn erst damit werden bestimmte Pflichten begründet369. Nähme man in diesen Fällen eine vertragliche Grundlage an, so käme man entweder zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß in diesen Fällen für das Geschäftsleitungsorgan gar keine Organpflichten bestünden, oder die gesetzlich angeordneten Organpflichten müßten so verstanden werden, daß sie durch die jeweilige vertragliche Vereinbarung verdrängt würden und bei deren Fehlen (subsidiär) eingriffen370. Das widerspräche aber dem Charakter der gesetz­ lichen Vorschriften über die Organpflichten als zwingendes Recht371. Es ist zudem auch überhaupt nicht einsehbar, warum die Organpflichten aus einem Anstellungs­ vertrag erwachsen sollten, wenn sie ohnehin nur solche Personen treffen können, die Organe der Gesellschaften sind, und diesen bereits mit dieser Stellung per Gesetz die entsprechenden Pflichten erwachsen. Da - soweit ersichtlich - bislang nicht behauptet wurde, daß die vertraglich vereinbarten Pflichten auch dann zu Organpflichten werden, wenn der Pflichtenträger nicht die Position eines Organs einnimmt (z.B. bei einem Generalbevollmächtigten), ist eine obligatorische Verwurzelung der Pflichten im Anstellungsvertrag oder in der Zustimmung zur Bestimmung schlicht überflüssig. Oftmals mag der Grund für die Annahme, die Organpflichten ergäben sich aus dem obligatorischen Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft, auf einem Mißverständnis beruht, welches dadurch hervorgerufen wird, daß nicht ausreichend zwischen dem Aspekt der Begründung der Organpflichten und dem der Ausgestaltung dieser Pflichten diffe­ renziert wird. Organpflichten werden durch Gesetz statuiert. Soweit dies aber nicht dem Sinn und Zweck dieser Pflichten widerspricht, können sie vertraglich ausge­ staltet bzw. modifiziert und ergänzt werden372. Das ändert jedoch nichts an den Pflichten als solchen und auch nicht an der Grundlage der Haftung für eine Verlet­ zung dieser Pflichten. Die vertraglichen Absprachen dienen allenfalls dazu, Krite­ rien für die Konkretisierung von Bewertungsspielräumen zu bieten, die manche gesetzliche Regelungen über die Organpflichten erlauben. Ferner vermag die Auffassung, die die Organpflichten vertraglich begründet sehen will, auch nicht zu erklären, warum die Verjährung der entsprechenden Pflichtverletzung der regelmäßigen Verjährung von 30 Jahren unterliegen soll, 368 Zu letzterem ausführlich Fleck, ZHR 149 (1985), 387 ff. 369 Siehe bereits Mestmäcker, 212. 370 So ausdrücklich Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1 c. 371 Zum Streit um die Möglichkeit der Relativierung der Haftungsregelung des § 43 GmbHG durch den Anstellungsvertrag siehe statt aller Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 2 m.w.N. 372 Vgl. etwa Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 13 und 262.

während im Gesetz für die entsprechende Pflichtverletzung kürze Fristen vorgese­ hen sind (vgl. etwa § 43 IV GmbHG). Sie umschifft dieses Problem, indem sie mit einer gekünstelt wirkenden Konstruktion die gesetzlich vorgesehene, kürzere Verjährungsfrist auch auf die Verletzung vertraglich vereinbarter Organpflichten ausdehnt373. Schließlich ist auch darauf hingewiesen worden, daß die Annahme, die Organpflichten und damit auch die Haftung für die Verletzung beruhten auf Vertrag, nicht mit § 276 BGB vereinbar sei374. Aus alledem folgt, daß Organ­ pflichten nicht erst durch eine Willenserklärung des Geschäftsleiters ausgelöst wird, sondern unabhängig von vertraglichen Beziehungen schon mit der Über­ nahme des Amtes als solchem begründet werden und damit gesetzlichen Ursprungs sind. Die Pflichten der Geschäftsleitungsorgane sind demnach als gesetzliche Pflichten und nicht lediglich als vertragliche Pflichten zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer zu verstehen. Wenngleich sie grundsätzlich zwar keine Schutzgesetzeigenschaft haben, so entfalten sie doch Schutzwirkungen, die über das schuldrechtliche Verhältnis von Schädiger (also Organ) und Geschädigtem (Gesellschaft) hinausgehen: Bezüglich der Buchführungs-, Bilanzierungs- und Anmeldepflicht, sowie der Regeln über die Konkursverschleppung läßt sich von öffentlich-rechtlichen Pflichten sprechen375, deren Schutzwirkung auf den allge­ meinen Verkehr gerichtet ist. Das Verbot der Auszahlung nach Konkursreife schützt nicht die Gesellschaft, sondern den Haftungsfonds der Gesellschaft und damit die Gläubiger. Die allgemeine Organpflicht nach § 43 I GmbHG bzw. nach § 93 II AktG entfaltet Schutzwirkung nicht gegenüber der Gesellschaft (als Ver­ tragspartner), sondern gegenüber den Gesellschaftern unter dem Aspekt, daß dem Geschäftsführer die treuhänderische Verwaltung fremden Vermögens anvertraut worden ist. Damit können die hier angesprochenen Organpflichten abstrakt als speziell geregelte Verkehrspflichten des Geschäftsleitungsorgans verstanden wer­ den376. Die Verletzung einer dieser Organpflichten kann nach der oben dargelegten Konzeption folglich als unerlaubte Handlung angesehen werden377, an der eine Teilnahme gemäß § 830 BGB zu einer Schadensersatzpflicht des Teilnehmers führt. Für den hier speziell interessierenden Zusammenhang der Bestimmung des geschäftsführers des abhängigen Unternehmens durch das herrschende Konzern­ unternehmen zu einer Zahlung nach Konkursreife, die gegen § 64 II GmbHG verstößt, folgt daraus also, daß das herrschende Unternehmen als Anstifter gern.

373 Zur Kritik daran siehe speziell K. Schmidt, GesR, 1078. 374 Mestmäcker, 212; vgl. auch Begr. zum Entwurf des GmbHG, in: Protokolle über die Verhandlungen des Bundesrats 1891, 78. 375 Siehe Baums, 44. 376 Vgl. in diesem Zusammenhang Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 78, der bei der Haftung wegen Konkursverschleppung von der Verletzung von „Verkehrspflichten“ spricht; ähnlich auch Karollus, ZIP 1995,273. 377 Anders, allerdings ohne Begründung K. Schmidt, GesR, 1078.

§§ 830 II, 840 I, 421 ff. BGB für die Rückzahlung des Betrages in Anspruch genommen werden kann. c) Ergebnis

Organpflichten der Geschäftsleitungsorgane erwachsen aus der Übernahme der Position als betreffendes Organ und sind damit gesetzlich und keine vertraglich begründete Pflichten. Diese Pflichten entfalten Schutzwirkungen und können in einigen Fällen als spezielle Verkehrspflichten des Geschäftsleitungsorgans ver­ standen werden. Eine Verletzung dieser Pflichten stellt deshalb eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 830 I BGB dar, so daß ein Teilnehmer für einen Schaden aufgrund der Verletzung einer solchen Organpflicht haften muß. Daher kann der Konkursverwalter von einem herrschenden Unternehmen gemäß §§ 64 II GmbHG, 830 II, 840 I, 421 ff. BGB Zahlung in die Masse verlangen, wenn es den Ge­ schäftsführer der abhängigen GmbH dazu bestimmt hat, nach Konkursreife Zahlungen vorzunehmen, die gegen § 64II GmbHG verstoßen. 3. Die Haftung der Konzemmutter als Täter

Bei der Einbeziehung der Konzemmutter als Täter in den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG geht es um die Frage, ob und wenn ja, unter welchen Vorausset­ zungen das herrschende Unternehmen verpflichtet sein kann, möglicherweise auch von sich aus selbst einen Konkursantrag zu stellen bzw. es zu unterlassen, Zahlun­ gen aus dem Vermögen der konkursreifen Untergesellschaft zu leisten. Da als Täter in § 64 GmbHG nur der Geschäftsführer der betreffenden GmbH vorgesehen ist, verschiebt sich die Frage der Verantwortlichkeit der Konzemmutter dahin, ob und ggf. wann sie als sogenannter „faktischer Geschäftsführer“ qualifiziert werden kann. Unter „faktischen Geschäftsführern“ werden diejenigen Personen verstan­ den, die als oder wie ein ordentlich bestellter Geschäftsführer handeln ohne tat­ sächlich ein solcher zu sein378. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Personen, die als ordentliche Geschäftsführer vorgesehen waren, deren Bestellungsakt jedoch fehlerhaft bzw. unwirksam war, und denjenigen Personen, die sich als oder wie ein Geschäftsführer gerieren, ohne tatsächlich für diesen Posten vorgesehen gewesen zu sein. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem faktischen Geschäftsführer um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt379. Damit kann auch ein

378 BGH St 31, 118, 121 f.; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 11; Baumbach/Hueck(-SchulzeOsterloh), § 64, Rn. 6. 379 Wie oben in der Einleitung schon dargelegt, wird dort, wo eine juristische Person (das herr­ schende Unternehmen) gehandelt hat, davon ausgegangen, daß ihr das Verhalten der für sie handelnden natürlichen Person zugerechnet werden kann, § 1 Nr. 5.

herrschendes Unternehmen im Konzern prinzipiell als faktischer Geschäftsführer einer Untergesellschaft im Konzern in Betracht kommen380. Der Aspekt des faktischen Geschäftsführers geht in seiner Bedeutung indes weit über den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG hinaus und kommt auch dort zum Tragen, wo die Verantwortlichkeit eines Haftungsadressaten deshalb fraglich wird, weil sich eine andere Person mittelbar oder unmittelbar an seine Stelle gesetzt hat, ohne dazu formell bestimmt zu sein, und eine Handlung veranlaßt hat, für die sich ein ordentlich bestellter Geschäftsführer verantworten muß. a) Der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer I

Als faktischer Geschäftsführer wird zunächst und unabhängig vom Vorliegen einer Unternehmensverbundstruktur derjenige Geschäftsführer verstanden, der fehler­ haft, nicht wirksam oder gar nicht bestellt ist, gleichsam also nur in die Stelle des Geschäftsführers mit Billigung der Gesellschafter „einspringt“381. Um der begriff­ lichen Klarheit Willen soll hier im weiteren jedoch in diesem Zusammenhang nicht von einem faktischen Geschäftsführer, sondern von einem fehlerhaft bestellten Geschäftsführer gesprochen werden382. Dieser Fall ist im wesentlichen nicht problematisch: Ein Geschäftsführer, der als solcher von den Gesellschaftern vorgesehen worden ist, und mit dem - jeden­ falls inzident stets vorausgesetzten - Vertrauen der Gesellschafter ausgestattet ist, die Geschicke der Gesellschaft zu leiten und dies auch tatsächlich tut, ohne aber formell korrekt sein Amt inne zu haben, unterscheidet sich in seiner Position als derjenige, dem die Aufgabe zukommt, für das Wohl und Wehe der Gesellschaft zu sorgen und ggf. deshalb den Konkursantrag zu stellen, nicht von einem ordentlich bestellten Geschäftsführer383. Ihm obliegen dieselben Verkehrspflichten gegenüber dem Rechtsverkehr, so daß er bei Verletzung dieser Pflicht ebenso zur Verantwor­ tung gezogen werden muß, als sei er ordentlich bestellt gewesen384. Denn allein das Versäumnis der ordentlichen Bestellung kann sich später nicht so auswirken, daß der Geschäftsführer sich aus seiner Verantwortung für den Fehler des verspä­ teten Konkursantrages stehlen kann. Darüber hinaus ist es auch aus Sicht des Geschäftsverkehrs unerheblich, ob der Geschäftsführer ordentlich oder fehlerhaft bestellt war; er vertraut schlicht darauf, daß dafür gesorgt wird, daß die Gesell­ schaft bei Konkursreife aus dem Wirtschaftsverkehr gezogen wird, um die negati­ ven Implikationen zu vermeiden, die ein Verbleiben für die anderen Marktteilneh­ mer hätte. Der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer erlangt bei den hier ausschließ­ 380 So auch G. Roth, ZGR 1989,430 ff.; siehe Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 26. 381 Siehe Stein, ZHR 148 (1984), 221 f.; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 7; G. Roth, ZGR 1989, 423 f.; Weimar, GmbHR 1997, 474 f.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 11. 382 So auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. la. 383 Siehe etwa G. Roth, ZGR 1989,423. 384 K. Schmidt, in: FS Rebmann, 433 ff.

lieh betrachteten Konzernen nur in den Fällen eine Bedeutung, als eine Person oder ein Mitglied aus einem Organ des Mutterunternehmens fehlerhaft zum Geschäfts­ führer der abhängigen GmbH bestellt wurde. Insoweit kann das Mutterunterneh­ men - über § 31 BGB analog - dann also wie ein ordentlich bestellter Geschäfts­ führer behandelt werden. b) Die dogmatische Rechtfertigung der Figur des faktischen Geschäftsführers

Ob darüber hinaus eine herrschende Gesellschaft im Konzern als faktischer Geschäftsführer ihrer Untergesellschaft zu behandeln ist, so daß die Haftung nach § 64 GmbHG auf sie erstreckt werden kann, ist aus dogmatischen Gründen umstritten. Bedenken ergeben in zweierlei Hinsicht: Zunächst ist die Adressatenerweiterung problematisch, weil sich der in § 64 GmbHG angesprochene Personenkreis in der Strafbarkeitsvorschrift des § 84 I Nr. 2 GmbHG wiederfindet385. Dem Wortlaut der letzteren Vorschrift nach ist der Geschäftsführer, der es entgegen § 64 I GmbHG unterläßt, bei Zahlungsunfähig­ keit oder Überschuldung die Eröffnung des Konkursverfahrens bzw. des gericht­ lichen Vergleichsverfahrens zu beantragen, strafbar. Probleme werden im wesent­ lichen darin gesehen, daß die Einbeziehung des faktischen Geschäftsführers eine unzulässige Erweiterung des Täterkreises darstelle, die verfassungsmäßig wegen des Verstoßes gegen das Analogieverbot in Art. 103 II GG problematisch bzw. nicht mehr gedeckt sei386. Damit wird in Wirklichkeit das Problem der Abgrenzung von verbotener Analogie und erlaubter und notwendiger Auslegung des Gesetzes angesprochen387. Während die Gesetzesauslegung - grob gesprochen - nur den Gedanken des Gesetzes gegenüber dem zu engen Ausdruck verdeutlicht, stellt die Analogie eine Fortbildung des Rechts in die vom Gesetz eingeschlagene Richtung dar388. Betrachtet man den Sinn und Zweck der Strafbarkeitsnorm des § 84 GmbHG bzw. des § 64 GmbHG, so ist eindeutig, daß nicht nur gemeint sein kann, denjenigen, der als Geschäftsführer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann, mit einer bestimmten (strafbewehrten) Pflicht zu belegen, sondern wegen der hervorgehobenen Stellung der Konkursantragspflicht als (Vermögens-)Schutz der Gläubiger ist auch intendiert, Umgehungen dieser Pflicht zu erfassen. Dieser Zweck wird durch eine Auslegung des Begriffs des „Geschäftsführers“ gewährlei­ stet389. In diesem Zusammenhang hat der BGH dem Vorwurf einer verbotenen Analogie entgegnet, daß der Normadressat nicht allein der förmlich zum Ge­ 385 Siehe ausführlich dazu Gübel, 47 ff.; vgl. ferner Scholz(-Tiedemann), § 84, Rn. 31 ff.; Schäfer, GmbHR 1993, 722 f. 386 Scholz(-Tiedemann) § 84, Rn. 27 ff.; Kaligin, BB 83, 790; die Diskussion ausführlich darstellend: Gübel, 88 ff. 387 Sehr deutlich K. Schmidt, in: FS Rebmann, 438 ff.; im Anschluß daran auch Schäfer, GmbHR 1993, 723 388 Vgl. Bydlinski, 472 ff., insbes. 475 ff.; Canaris, 24 f. 389 Vgl. schon RG St 71, 112, 113.

schäftsführer Bestellte sei, sondern auch derjenige, der die Geschäftsführung tatsächlich übernommen habe. Eine andere Auffassung würde den Schutz der Allgemeinheit vor unredlicher Handhabung der Geschäftsführung einer Gesell­ schaft mit beschränkter Haftung unterlaufen390. Soweit ferner der Erweiterung des Adressatenkreises entgegengehalten wird, daß der Begriff des faktischen Geschäftsführers wegen seiner mangelnden Kontu­ ren nicht klar zu denjenigen anderen Personen abgegrenzt werden könne, die eben­ falls in der Lage seien, Organfunktionen auszuüben, aber keinen vom Gesetzgeber strafbewehrten Pflichten unterlägen391, wird das verfassungsrechtliche Bestimmt­ heitsgebot zu restriktiv verstanden. Es meint nämlich nicht etwa, sämtliche Straf­ tatbestände ausschließlich mit rein deskriptiven, exakt faßbaren Tatbestandsmerk­ malen zu umschreiben. Vielmehr ist, so wird vom BVerfG betont, ein gewisses Maß an Elastizität von Begriffen erforderlich, um flexibel auf Veränderungen, die sich in einer bestimmten Bandbreite vollziehen, reagieren zu können und um zu gewährleisten, daß nicht Vorschriften von vornherein weitgehend der Gefahr ausgesetzt sind leerzulaufen392. Da sich der Begriff des faktischen Geschäftsführers in der Praxis an dem Begriff des tatsächlichen Geschäftsführers orientiert, bietet er letztlich hinreichend genaue Merkmale, wie ein faktischer Geschäftsführer zu bestimmen ist, die auch im vorhinein erkennbar sind393, so daß er als hinreichend bestimmt anzusehen ist. Unabhängig von diesen Argumenten dürfte auch bereits zweifelhaft sein, ob die strafrechtlichen Bedenken für die zivilrechtliche Behandlung überhaupt beachtlich sind394, denn die Einbeziehung des faktischen Geschäftsführers in die zivilrecht­ liche Verantwortung für eine Verschleppung des Konkursantrages betrifft von vornherein einen anderen Bereich als die Frage der strafrechtlichen Erfassung solchen Tuns, weil beide Formen der Verantwortlichkeit auf verschiedenen, von einander streng zu trennenden Ebenen liegen. Soweit also im Strafrecht die Beden­ ken der Erweiterung des Täterkreises im Hinblick auf das Analogieverbot entgegen der hier vertretenen Ansicht möglicherweise doch durchschlagen, muß dies wegen der Trennung von Strafrecht und Zivilrecht noch lange keine Auswirkung auf letzteres haben, da dort die Voraussetzungen für die Haftung zwar häufig mit denen im Strafrecht übereinstimmen, aber dies nicht notwendigerweise tun müssen; eine Einheit der Rechtsordnung auf diesem Gebiet muß deshalb nicht hergestellt werden395. Denn die oben bereits herangezogene Argumentation findet auch hier Anwendung: Zivilrechtliche Verkehrsschutzerwägungen oder Billig­ 390 BGH St 31, 118, 122. 391 Kaligin, BB 1983, 790; Scholz(-Tiedemann), § 84, Rn. 32; vgl. auch Stein, ZHR 148 (1984), 230 ff. 392 BVerfGE 4, 352, 358; BVerfGE 28, 175, 183. 393 Vgl. Gübel, 93 f. 394 So auch Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6; vgl. auch den Hinweis bei Schäfer, GmbHR 1993, 723. 395 Siehe K. Schmidt, in: FS Rebmann, 433 f. und 436.

keitserwägungen betreffen gerade einen wirtschaftlichen Ausgleich für erlittene Schäden unter Privaten ab. Im Strafrecht zielt die Regelung auf einen ganz anderen Bereich ab. Dort geht es um die Unrechtssanktion im Verhältnis Staat - Privater, und dafür gelten andere Prämissen und Maßstäbe. Daraus folgt, daß das rechts­ politisch möglicherweise unbefriedigende Ergebnis einer engen Auslegung des § 84 GmbHG noch lange nicht die enge Auslegung des § 64 GmbHG impliziert396. Bedenken an der Einbeziehung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer in den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG könnten sich schließlich ergeben, wenn man auf die rechtliche Möglichkeit abstellt, den Konkursantrag zu stellen. Dem Wortlaut des § 63 GmbHG nach haben (nur) wirk­ sam bestellte Geschäftsführer das Recht zur Konkursantragsstellung397. Daraus folgt im Umkehrschluß, daß faktische Geschäftsführer dieses Recht nicht haben398. Wenn aber ein faktischer Geschäftsführer gar keinen Konkursantrag stellen darf, so kann er an anderer Stelle schwerlich dazu verpflichtet werden399, 400 oder um mit den Worten des Reichsgerichts zu sprechen: ,JDer Gesetzgeber hat bewußt ausschließ­ lich dem Geschäftsführer die Pflicht auferlegt, den Konkurs anzumelden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die der § 64 GmbHG hierfür aufstellt. (...) Keines­ falls hat ein Antragssteller, mag er auch eine Stellung in der Gesellschaft einneh­ men, wie hier der Angeklagte K [das war die Stellung, die heute allgemein als faktischer Geschäftsführer angesehen würde], eine solche Rechtspflicht zum Einschreiten. Das ergibt sich schon daraus, daß ihm dazu keine rechtlichen Möglichkeiten zu Gebote stehen^m. Begründen könnte man diese Auffassung mit der Verweisung des § 63 II GmbHG auf § 208 I KO/§ 15 1 InsO. Danach sind die Regeln für den Konkurs einer AG sinngemäß auch auf die GmbH anzuwenden. Da im Konkurs einer AG neben den Gläubigem ausdrücklich auch (nur) die Mitglie­ der des Vorstandes antragsbefugt sind, könnten entsprechendes auch für den GmbH-Konkurs gelten, mit der Folge, daß auch nur das formelle Geschäftslei­ tungsorgan den Antrag stellen darf401. So eingängig dieser Gedankengang auf den ersten Blick auch erscheinen mag, er kann bei genauerer Betrachtung doch nicht überzeugen. Dagegen spricht, daß es für die Belangung eines faktischen Geschäfts­ führers wegen der Pflichtverletzungen nach § 64 GmbHG gar nicht darauf ankommt, ob dieser auch antragsbefugt ist. Das wäre nur dann der Fall, wenn das

396 Im Ergebnis ebenso z.B. Schäfer, GmbHR 1993, 723. 397 Siehe Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 10; Stein, ZHR 148 (1984), 230. 398 So ausdrücklich Hachenburg(-Ulmer) § 64, Rn. 13: „Eine Antragspflicht sonstiger Perso­ nen, die weder zu Geschäftsführer (Liquidatoren) bestellt noch faktisch als solche tätig sind, ist ebenso zu verneinen, wie das entsprechende Antragsrecht“, siehe auch Hachenburg(-Ulmer), § 63, 53 f.; Ziemons, 71 ff. 399 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 7. 400 RGSt72, 187, 192. 401 Vgl. Rowedder(-Rowedder), § 63, Rn. 17 f.; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 63, Rn. 22 f.; siehe aber Lutter/Hommelhoff, § 63, Rn. 10; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63, Rn. 23; Hachenburg(-Ulmer), § 63, Rn. 53.

in § 64 GmbHG vorwerfbare Verhalten im Versäumen der Antragsstellung läge. Das ist aber gerade nicht der Fall. Vorwerfbar ist die Weiterführung des Unter­ nehmens trotz Konkursreife. Dieses ist unbestrittenermaßen auch einem faktischen Geschäftsführer möglich. Die Stellung des Konkurs- oder Vergleichsantrages ist gleichsam nur das „äußere Zeichen“, daß die Führung des Unternehmens zugun­ sten des Konkurs- oder Vergleichsverwalters aufgegeben wird402. Diese Auffas­ sung ergibt sich aus dem oben dargelegten Sinn und Zweck des § 64 GmbHG, daß der Rechtsverkehr durch die Fortführung einer konkursreifen GmbH oder durch eine Schmälerung der Haftungsmasse nicht gefährdet wird. Da die Fortführung aber tatsächlich nur gestoppt werden kann, wenn die Befugnis zur Führung der Geschäfte verloren geht, bedarf es als Anknüpfungspunkt des formalen Aktes der Stellung des Konkurs- oder Vergleichsantrages. Dieser kann, muß freilich aber nicht notwendigerweise von dem faktischen Geschäftsführer in personam erfüllt werden; insoweit mag der Betreffende dann den tatsächlich zur Antragstellung Befugten anhalten, dies zu tun403. Unabhängig von dieser Überlegung würde mit einem Verständnis des § 63 GmbHG, das den faktischen Geschäftsführer die Antragsbefugnis abspricht, ein unbefriedigendes Ergebnis erzielt404. Es ist nämlich nicht plausibel, einer Person, die nicht der formell korrekt bestellte Geschäftsführer ist, zwar die Möglichkeit zu gewähren, die Geschäfte einer GmbH zu führen als sei sie der tatsächliche Geschäftsführer, ihr dann aber die Möglichkeit aufzutun, sich im Krisenfall aus der Verantwortung desjenigen stehlen zu können, der „den Karren in den Dreck gefahren“ hat. Das würde zu dem untragbaren Ergebnis führen, daß andere für ein Verhalten desjenigen einzustehen hätten, der tatsächlich die Geschäfte geführt hat405. Aus alledem folgt mithin, daß es an dem Umstand, daß eine herrschende Gesellschaft in einem Konzern überhaupt als faktischer Geschäftsführer im Zusammenhang mit § 64 GmbHG qualifiziert werden kann, keine Zweifel gibt.

c) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Figur des faktischen Geschäftsführers

Wenn also das Mutterunternehmen eines Konzerns grundsätzlich als faktischer Geschäftsführer in Frage kommt, ist im folgenden die Frage zu beantworten, unter welchen Umständen es tatsächlich auch wie ein faktischer Geschäftsführer behan­ delt werden darf. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen, die diese Fragestellung aufwirft, wird sie äußerst kontrovers diskutiert. Versucht man, die dazu vertretenen Auffas­ sungen zusammenzufassen, so ergibt sich ein kaleidoskopartiges Bild. Überein­ 402 Siehe K. Schmidt, ZIP 1980, 328 ff ; K. Schmidt, JZ 1978,661 ff 403 Insoweit auch Stein, ZHR 148 (1984), 230 f. 404 Siehe auch G. Roth, ZGR 1989,423. 405 Siehe Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 63 Rn. 24; Hachenburg(-Ulmer), § 63, Rn. 53; Kilger/K. Schmidt, § 213 KO, Anm. 3 c; BGH WM 1988, 757; Uhlenbruck/K. Schmidt, 370.

Stimmung herrscht insoweit, daß nur derjenige faktischer Geschäftsführer sein kann, der die Möglichkeit hat, eine Tätigkeit auszuüben, die üblicherweise die des ordentlich bestellten Geschäftsführers gewesen wäre und die die Gesellschaft tatsächlich berührt. Daraus folgt, daß das Handeln des Betreffenden der Gesell­ schaft irgendwie zurechenbar sein muß, also im weitesten Sinne auf sie beziehbar ist. Zurechenbarkeit des Handelns bedeutet dabei aber nicht, daß die Gesellschaft notwendigerweise zumindest Kenntnis von der jeweiligen Tätigkeit der Person haben muß406; vorstellbar ist gerade auch ein Handeln „im Namen der Gesell­ schaft“ über die Gesellschaft hinweg. Die Zurechenbarkeit des Handelns zur Gesellschaft muß folglich nur eine objektive sein und braucht nicht durch ein zusätzliches subjektives Element gestützt zu werden407. Daraus folgt ferner, daß ein Einverständnis der Gesellschafter mit der faktischen Geschäftsführung keine Voraussetzung für die Qualifizierung eines Dritten als faktischer Geschäftsführer ist408. Der Streit beginnt allerdings dort, wo es um die Kriterien geht, nach welchen die Zurechnung der Handlung erfolgt und welche Anforderungen an das tatsäch­ liche Tätigwerden für die Gesellschaft zu stellen sind. Während vor allem die Rechtsprechung dazu tendiert, auf das äußere Auftreten als Geschäftsführer abzu­ stellen409, finden sich in der Literatur Stellungnahmen, die bereits jede bestim­ mende Einflußnahme auf die Geschäftsführung als faktisches Geschäftsführer­ handeln qualifizieren wollen410. Allerdings besteht in der Literatur keine Einigkeit darüber, welches Ausmaß die Einwirkung auf die Geschäftsleitung annehmen muß, um eine Bindung Dritter an die Pflichten des Geschäftsführers zu erreichen. Die Bandbreite reicht von der Erforderlichkeit einer dauerhaften bestimmenden Ein­ flußnahme auf die Geschäftsführung411 bis hin zu der Auffassung, daß ein Mehr­ heitsgesellschafter oder das herrschende Konzernunternehmen auch schon bei einzelnen Weisungen an die Geschäftsleitung als faktisches Organ verantwortlich sein können412. Auch innerhalb der Auffassung der Rechtsprechung gibt es Unsi­ cherheiten, die zum Teil darauf beruhen, daß die Urteile auf der einen Seite aus der strafrechtlichen Perspektive413 und auf der anderen Seite aus der Sicht des Zivil­

406 Anders Stein, 33. 407 Vgl. aber BGHZ 47, 341, 343; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 15. 408 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 12; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6. 409 BGHSt 31, 118, 121 f.; BGH NJW 1974, 57; BGH MDR 1980, 453. 410 Scholz(-U.H. Schneider); § 43, Rn. 15; K. Schmidt, JZ 1978, 666; vgl. auch BGHZ 75, 96, 106 f. 411 Scholz(-U.H. Schneider), §43, Rn. 15; U.H. Schneider, BB 1981, 257; Wiedemann, JZ 1976, 393; K. Schmidt, JZ 1978, 666; Weimar, GmbHR 1997, 475; vgl. auch Immenga, ZGR 1978,276. 412 Vgl. Schilling, in: FS Hefermehl, 385 f.; Rehbinder, ZGR 1977,640 f. 413 Z.B. BGHSt 3, 32, 37; BGHSt 6 314, 315; BGHSt 21, 101, 104 f.; BGHSt 31, 118, 121 f.; BGH wistra 1987, 216; zur Entwicklung siehe Fuhrmann, in: FS Tröndle, 140 ff.; K. Schmidt, in: FS Rebmann, 423 ff.

rechts die Verantwortlichkeit des faktischen Geschäftsführers beleuchten414. So ist immer noch nicht ganz geklärt, ob der faktische Geschäftsführer die Organstellung in vollem Umfange einnehmen muß, also die gesamten Geschäftsführungsauf­ gaben wie ein ordnungsgemäß bestelltes Organmitglied wahrnimmt, oder ob auch die Übernahme einzelner Geschäftsführungsaufgaben zur Begründung der Stellung eines faktischen Geschäftsführer genügt415. Der Grund für die Schwierigkeiten, in die man mit der Figur des faktischen Geschäftsführers gerät, wurzeln in zwei Bereichen. Der eine ist durch eine Dilem­ masituation gekennzeichnet: Einerseits kann die Einbeziehung eines faktischen Geschäftsführers in die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers grundsätzlich nur dann Bedeutung erlangen, wenn in seiner Person die erforderlichen Tatbe­ standsmerkmale der Pflichtverletzung verwirklicht sind. Das ist aber regelmäßig nur dann der Fall, wenn der faktische Geschäftsführer den oder die ordentlichen Geschäftsführer effektiv und vollständig verdrängt416. Andererseits kann es unter dem pragmatischen Gesichtspunkt optimaler Realisierung von Ansprüchen im Konkurs jedoch von großem Interesse sein, einen weiteren Schuldner neben dem ordentlich bestellten Geschäftsführer hinzuzugewinnen417. Das wiederum kann aber nur erreicht werden, wenn der faktische Geschäftsführer den ordentlichen Geschäftsführer nicht vollständig zu verdrängen braucht, sondern bereits eine Übernahme der Geschäftsführungsfunktion in „maßgeblichem Umfang“418 aus­ reicht. Der andere Bereich, aus dem ganz erhebliche praktische Schwierigkeiten erwachsen, knüpft daran an und umfaßt die mit den Voraussetzungen der fakti­ schen Geschäftsführung einhergehenden Beweisfragen. Die Qualität und der Umfang des Mutterunternehmens auf die Geschäftsführung der abhängigen Gesell­ schaft ist bis auf glücklich liegende Ausnahmefälle praktisch nur außerordentlich schwer dem Beweis zugänglich; dabei ist es sogar unerheblich, ob man auf Art und Umfang der Einflußnahme oder auf die vollständige oder teilweise Verdrängung des ordentlichen Geschäftsführers abstellt. Denn es fehlen schlicht praktikable Kriterien, mit denen mit der notwendigen Rechtsklarheit bzw. Rechtssicherheit festgestellt werden könnte, wann eine „Verdrängung" oder eine „Übernahme in maßgeblichem Umfang“ vorliegt.

414 Siehe etwa BGHZ 75, 96, 106; BGHZ 104,44,46. 415 Vgl. Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 13; G. Roth, ZGR 1989, 426 f.; Roth, 2. Aufl., §64, Anm. 4.1; siehe auch ders./Altmeppen (-Altmeppen), § 64, Rn. 32. 416 So auch Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6; Meyer-Landrut, § 64, Rn. 5; siehe aber auch K. Schmidt, ZIP 1980, 329. 417 G. Roth, ZGR 1989,424 f. 418 BGHZ 104,44,46.

d) Vorüberlegungen zu einer Konzeption der Figur des faktischen Geschäftsführers Einem Ausgleich des angesprochenen Dilemmas und damit einer Antwort auf die Frage, unter welchen Umständen eine Person als faktischer Geschäftsführer in den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG fällt, kann man sich nähern, wenn man von einem Ansatz ausgeht, der speziell das Verhältnis von Geschäftsführer zu demjenigen beleuchtet, der ihn in seiner Funktion verdrängt419. Dazu muß man sich vergegenwärtigen, daß es bezüglich einer GmbH, unabhängig davon, ob sie in einem Konzern eingebunden ist oder nicht, bei der Frage nach einem faktischen Geschäftsführer in Wirklichkeit um einen grundlegenden Konflikt geht. Es stoßen dabei nämlich die prinzipielle Weisungsfreiheit des Gesellschafters gegenüber dem Geschäftsführer seiner Gesellschaft auf die Einbeziehung des Gesellschafters als Geschäftsführer in die Geschäftsführerpflichten, wenn er praktisch anstelle des ordnungsgemäßen Geschäftsführers die Geschicke der Gesellschaft lenkt. Das Gesetz faßt primär die Verantwortung des Handelnden ins Auge und orientiert sich an der Organfunktion. Das ist solange richtig, wie es um den ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer geht; soweit aber die Ausdehnung der Haftung diskutiert wird, liegt es jedoch nahe, sich weniger an der Organ- als an der Herrschaftsfunk­ tion zu orientieren420. Daraus folgt unmittelbar, daß für die Bestimmung des fakti­ schen Geschäftsführers eine bislang häufig unterlassene Differenzierung vorge­ nommen werden muß. Viele Schwierigkeiten und Mißverständnisse in der bisheri­ gen Diskussion rühren daher, daß nicht danach getrennt wurde, ob hinsichtlich seiner Stellung als faktischer Geschäftsführer ein Gesellschafter oder ein anderer Außenstehender betrachtet wird. Es ist jedoch ein erheblicher Unterschied in der Beantwortung der Frage, ob eine Person als faktischer Geschäftsführer in Betracht kommt, wenn jemand in die Geschäftsführung einer GmbH eingreift, dem es aufgrund seiner Position gesetzlich prinzipiell gestattet ist, dies zu tun (der sogenannte „unternehmerische“ Gesellschafter), oder ob es sich um eine Person handelt, die mittels ihrer sonstigen Machtposition in die Geschäftsführung einer GmbH eingreifen kann. In der Praxis der GmbH-Konzerne ist der mit Abstand häufigste Fall derjenige, wo das Mutterunternehmen der herrschende Gesellschafter der abhängigen GmbH ist. Bei der Überprüfung, wann die Mutter die Stellung eines faktischen Geschäfts­ führers einnimmt, ist der soeben vorgeschlagenen Differenzierung folgend deshalb sinnvollerweise mit dieser Konstellation zu beginnen. Anschließend kann dann darauf eingegangen werden, wie die Lage zu beurteilen ist, wenn das Mutterunter­ nehmen ihren Einfluß in der Untergesellschaft nicht als Gesellschafter sondern auf andere Art und Weise durchsetzt.

419 Ähnlich Stein, ZHR 148 (1984), 233 420 G. Roth, ZGR 1989,432 f.

e) Die Figur des faktischen Geschäftsführers vor dem Hintergrund des Verhältnisses vom Gesellschafter zum Geschäftsführer

Als Ausgangspunkt für eine Lösung, wann das Mutterunternehmen in einem GmbH-Konzern, das Gesellschafter einer abhängigen GmbH ist, faktischer Ge­ schäftsführer dieser GmbH sein kann, bietet es sich nach dieser Vorüberlegung zunächst an, sich die Stellung des Geschäftsführers in einer GmbH und dessen Verhältnis zu den Gesellschaftern zu betrachten. Eckpfeiler dieses Verhältnisses sind, daß auf der einen Seite der Geschäftsführer die laufenden Tätigkeiten, also das „tägliche Geschäft“ der Gesellschaft, zu bestimmen hat421 und er so der „Steuermann“ der Gesellschaft ist422, während die Gesellschafter dagegen im wesentlichen nur die Unternehmenspolitik fixieren423. Ausnahmen sind die in § 46 GmbHG aufgezählten Fälle, die zwar auch zur Geschäftstätigkeit zählen, für die aber die Gesellschafter allein zuständig sind. Auf der anderen Seite können Gesell­ schafter bekanntlich jederzeit Weisungen an die Geschäftsführer erteilen424 und durch Vorgaben die Aktivitäten der Gesellschaft steuern oder begrenzen425. Dabei läßt es die Rechtsordnung bis zur Grenze zwingender rechtlicher Hindernisse sogar zu, daß dem Geschäftsführer solche Weisungen erteilt werden, die für die Gesell­ schaft offensichtlich wirtschaftlich nachteilig sind426. Es ist prinzipiell also von einem körperschaftlichen Trennungsprinzip auszugehen, das eine Aufgabenvertei­ lung zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer beinhaltet. Die Grenzen sind dabei aber fließend und können von den Gesellschaftern stets insoweit durchbro­ chen werden, als sie mittels Weisungen dafür sorgen können, daß ihre Vorstellun­ gen, was mit der Gesellschaft geschehen soll, auch tatsächlich durchgesetzt werden. Dabei sind nur wenige gesetzlich beschriebene Freiräume des Geschäfts­ führers unantastbar. Dazu gehören insbesondere die Pflichten aus § 41 GmbHG, § 64 GmbHG und das Verbot des Geschäftsführers, Zahlungen nach § 30 GmbHG zu leisten427. Weitere Hindernisse für die Freiheit der Gesellschafter, mit ihrer Gesellschaft zu verfahren, wie es ihrem Willen entspricht, ergeben sich ferner aus spezifisch gesellschaftsrechtlichen Anforderungen, wie etwa aus entgegenstehen­

421 Im einzelnen herrscht Streit; vgl. ausführlich dazu Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 37, Rn. 6 ff.; Scholz(-U.H. Schneider), § 37, Rn. 11. 422 Siehe Karollus, ÖBA 1990, 350. 423 Siehe Wiedemann, GesR I, 336; Scholz(-U.H. Schneider), § 37, Rn. 5 ff. (insbes. 11); BGH GmbHR 1991, 197; OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476, 1479; skeptisch Baumbach/Hueck (-Zöllner), § 37, Rn. 6g; Hachenburg(-Mertens), § 37, Rn. 5 424 Siehe statt aller Raiser, §32, Rn. 2; Konzen, NJW 1989, 2977; BGHZ 31, 258, 278; Rowedder(-Koppensteiner), § 37, Rn. 6 und 10 ff. 425 Hommelhoff, ZGR 1978, 121. 426 Siehe beispielsweise OLG Frankfurt/Main, DB 1997, 922. 427 Siehe Höhn, 7 ff.; Baumbach/Hueck (-Zöllner), § 37, Rn. 8; Scholz(-U.H. Schneider), § 37, Rn. 50 ff.

den Vorgaben der Satzung und aus der Treuepflicht428. Schließlich werden Grenzen auch durch die Anforderungen der allgemeinen Gesetze gezogen und damit - vermittelt über § 138 BGB - auch die in den guten Sitten repräsentierten Verhaltensmaßstäbe, die jeden Teilnehmer am Rechts- und Geschäftsverkehr, also auch eine GmbH, binden429, in die Bewertung einbezogen. Die Determinierung der Führung der Geschäfte durch die Gesellschafter stellt formal gesehen einen Eingriff in die Geschäftsführung des Unternehmens dar; die Gesellschafter treten damit - zumindest indirekt - in die Geschäftsführung ein. Sie sind nach dem GmbHG dazu zwar prinzipiell befugt430. Es fragt sich jedoch, ob es unabhängig von den eben erwähnten „qualitativen“ Grenzen auch eine „quantita­ tive“ Grenze gibt, ab wann die Gesellschafter sich nicht mehr auf die prinzipielle Trennung von Geschäftsführung und Gesellschafterbefugnisse berufen dürfen. Die Antwort läßt sich aus dem gesetzlich geregelten Verhältnis von Gesellschaftern zu den Geschäftsführern ableiten. Betrachtet man die vom Gesetz vorgesehene Pflichtenstellung und Verantwortlichkeit der Geschäftsführer, so dürfen die Weisungen der Gesellschafter weder durch die abstrakte Kompetenzbeschränkung mittels der Satzung noch durch die konkrete Weisung dahin gehen, die Geschäfts­ führer zu einem reinen Exekutivorgan der Gesellschafter zu machen431. Zwar ist es richtig, daß der Geschäftsführer grundsätzlich ausführendes Instrument des Gesell­ schafterwillens ist, und es ist auch zutreffend, daß das Gesetz mit Ausnahme der angegebenen Schranken keine ausdrückliche Grenze zieht, bis wohin die Dichte der Weisungen der Gesellschafter gehen dürfen432, doch ergibt sich eine solche Grenze aus dem Sinn und Zweck des Verhältnisses von Gesellschaftern und Geschäftsführern. Könnten die Gesellschafter nämlich tatsächlich durch ein dichtes Band an Weisungen die Geschäfte der Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer praktisch selbst führen, so würde dies dazu führen, daß ihr Handeln, das, wie schon erwähnt, auch offensichtlich wirtschaftlich nachteilige Weisungen umfassen kann, nicht nur durch ihr Haftungsprivileg nach § 13 II GmbHG, sondern auch durch das körperschaftliche Trennungsprivileg umfassend gedeckt wären433. Es kann aber nicht angehen, daß die Gesellschafter durch ihre Weisungen in Wirklichkeit die (laufende) Geschäftsführung vollständig übernehmen und sich gleichzeitig hinter 428 Vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476, 1478; OLG Frankfurt/Main, DB 1997, 922; Konzen, NJW 1989, 2981. 429 OLG Frankfurt/Main, DB 1997, 922; vgl. auch BGH NJW 1960, 289. 430 Baumbach/Hueck(-Zöllner), §37, Rn. 6g; Lutter/Hommelhoff, §37, Rn. 17 ff., Hachenburg(-Mertens), § 37, Rn. 7 ff.; Scholz(-K. Schmidt), § 37, Rn. 36 ff.; Raiser, § 32, Rn. 2 und allgemein Höhn, 41 ff. 431 Lutter/Hommelhoff, §37, Rn. 18; Hommelhoff, ZGR 1978, 129; Baumbach/Hueck (-Zöllner), § 37, Rn. 9 und 11; ganz deutlich jetzt auch BGH NJW 1997, 66, 67: eine extreme Ausübung des Weisungsrechts durch einen Gesellschafter kann im Einzelfall als eine versteckte Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen gesehen werden. 432 Vgl. dazu Hachenburg(-Mertens), § 37, Rn. 8 f.; Konzen, NJW 1989, 2979; Scholz (-U.H. Schneider), § 37, Rn. 38. 433 So Karollus, ÖBA 1990, 350; G. Roth, ZGR 1989,428 f.

dem körperschaftlichen Trennungsprinzip verschanzen, um den Verpflichtungen und Folgen, die das Gesetz an die Geschäftsführung geknüpft hat, zu entgehen und gleichsam den Geschäftsführer als „Sündenbock“ vorzuschicken. Ferner gefährdet die in Einzelanweisungen versteckte Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis eine ordnungsgemäße Unternehmensführung durch die Geschäftsführer und die verantwortliche Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichtaufgaben434. Gegen eine unbe­ schränkte Weisungsbefugnis der Gesellschafter spricht auch der Umstand, daß dann die Möglichkeit, Gesellschafter-Geschäftsführer zu werden praktisch über­ flüssig wäre. Denn warum sollte sich ein Gesellschafter auf die Risiken einlassen, die mit der Geschäftsführung einhergehen, wenn er dasselbe auch durch bloße Weisungen an den ordentlich bestellten Geschäftsführer erreichen könnte435? Anders ausgedrückt: Wer als Gesellschafter die Geschäftsführung grundlegend bzw. umfassend steuern will, muß Gesellschafter-Geschäftsführer werden und sich damit den Pflichten und Haftungsrisiken aussetzen, die an das Tätigwerden eines Geschäftsführers geknüpft sind. Tut er dies nicht und steuert trotzdem die Gesell­ schaft, so als sei er selbst Geschäftsführer, kann er sich später nicht darauf berufen dürfen, „nur“ Gesellschafter zu sein. Schließlich ist auch zu Recht darauf hinge­ wiesen, daß durch die Möglichkeit einer umfassenden Weisung durch die Gesell­ schafter bestimmte Mehrheitsgesellschafter, die für eine Verlagerung der Ge­ schäftsführungsbefugnis die qualifizierte Mehrheit verfehlt haben, dasselbe Ergeb­ nis durch eine Vielzahl von Einzelanweisungen erreichen und damit die Mehrheitserfordemisse unterlaufen können436. Daraus folgt, daß der Umfang des Weisungsrechts der Gesellschafter an den Geschäftsführer zwar sehr weit gehen kann aber nicht grenzenlos ist. Aus dem Verhältnis vom Gesellschafter zum Geschäftsführer ergibt sich, daß die Gesellschafter weitgehend Einfluß auf die Geschäftsführung nehmen können, ohne daß sie sogleich als faktischer Geschäfts­ führer betrachtet werden müßten. Dort allerdings, wo der Geschäftsführer nur noch als eine bloße Marionette fungiert und ihm die Gesellschafter das Tagesgeschäft gleichsam nur diktieren, können sich die betreffenden Gesellschafter nicht mehr auf die Trennung von Gesellschafterstellung und Geschäftsführung berufen. Dann sind sie praktisch an die Stelle des Geschäftsführers getreten, ohne daß aber die rechtlichen Sanktionsmechanismen für eine fehlerhafte Geschäftsführung auch sie betreffen würden. Daher müssen sie in diesen speziellen Fällen ebenfalls wie Geschäftsführer behandelt werden. Damit ergibt sich, daß die Beurteilung eines Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer ihre Wurzeln in dem Kompetenz­ konflikt zwischen dem ordentlich bestellten Geschäftsführer und dieser Person hat, so daß die Haftbarmachung dieses Dritten als faktischer Geschäftsführer letztlich als Folge einer Kompetenzverletzung aufzufassen ist.

434 Lutter/Hommelhoff, § 37, Rn. 18; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 37, Rn. 11. 435 Der finanzielle Aspekt (Einsparung eines Geschäftsführergehaltes) ist hier irrelevant, weil sich die Gesellschafter-Geschäftsführer in der Regel selbst ein Gehalt geben. 436 Lutter/Hommelhoff, § 37, Rn. 18.

f)

Die Figur des faktischen Geschäftsführers als ein Problem der Rechtsfolgen­ zuordnung im Rahmen der Normanwendungslehre

aa) Sehr problematisch ist allerdings festzustellen, wann eine Verletzung der Kompetenz des Geschäftsführers vorliegt, wann also genau das Stadium erreicht sein soll, wo die Gesellschafter nicht nur weitgehend Einfluß nehmen, sondern um im Bild zu bleiben - das Ruder der Geschäftsführung ganz in ihre Hand genommen haben. Praktisch wird dieser Zustand dadurch gekennzeichnet, daß den Geschäftsführern dann kein Entscheidungsspielraum für Geschäftsführungsmaß­ nahmen mit nicht bloß untergeordneter Bedeutung bleibt, oder wie es der BGH jüngst ausgedrückt hat, wenn der Geschäftsführer von den Gesellschaftern in allen wesentlichen Firmenangelegeheiten und teilweise bis ins kleinste Detail angewie­ sen wird437. Zusätzlich problematisch wird es, wenn man die zeitliche Komponente hinzuzieht. Denn es dürfte einen Unterschied machen, ob der betreffende Gesell­ schafter nur verhältnismäßig kurzzeitig die Geschäftsführung an sich genommen hat, oder ob er dies über einen längeren Zeitraum hinweg gemacht hat.

bb) Möglicherweise besteht aber in einem Konzern die Besonderheit, daß diese sehr schwierigen Probleme dahinstehen oder jedenfalls vereinfacht gelöst werden können, wenn aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der Tochter- vom Mutter­ unternehmen in dieser Beziehung Pauschalisierungen, insbesondere (unwiderleg­ liche) Vermutungen oder prima facie - Erwägungen, eingreifen würden. Dies liefe im wesentlichen auf die Frage hinaus, ob ein herrschendes Unternehmen als Gesellschafter in einem - wie immer auch im einzelnen qualifizierten - GmbHKonzern per se schon wie ein faktischer Geschäftsführer anzusehen ist. Die Antwort darauf ist jedoch noch ungeklärt438. Genau genommen geht es bei dieser Frage allerdings gar nicht in erster Linie darum, ob derjenige Gesellschafter, der gleichzeitig herrschendes Unternehmen ist, in die Haftung einbezogen wird oder nicht, sondern es geht um die grundlegendere Fragestellung, ob die Gesellschafter, welche Alleingesellschafter oder herrschende Gesellschafter in einem Konzern sind und deshalb den Geschäftsführer der abhängigen GmbH umfassende Weisun­ gen erteilen können, allein aufgrund dieses Könnens schon als faktische Geschäfts­ führer anzusehen und deshalb der Haftung zu unterwerfen seien. Betrachtet man daraufhin die Vorstellung des GmbH-Gesetzes hinsichtlich der für die Gesell­ schafter eröffneten Einflußmöglichkeiten, besonders § 37 I GmbHG, so zeigt sich schnell, daß es für das Verhältnis von herrschendem Unternehmen und der abhän­ gigen GmbH keinerlei Besonderheiten, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Weite der Eingriffsmöglichkeiten geben kann. Denn es wird immer auf das ein­ 437 BGH NJW 1997,66,67. 438 Siehe dazu G. Roth, ZGR 1989, 431; Ulmer, K Schmidt und Schulze-Osterloh (Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 13, Fn. 19; Scholz(-K. Schmidt), §64, Rn. 9; Baumbach/Hueck (-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 6) scheinen sie nicht in den Adressatenkreis der Haftenden nach § 64 GmbHG einbeziehen zu wollen, offensichtlich bejahend dagegen Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 26; Karollus, EWiR 1993, 1222.

fache, allgemeine Verhältnis des Gesellschafters zu seiner GmbH abgestellt; Hin­ weise darauf, daß hier auch andere Aspekte eine Rolle spielen, die etwa in dem Umstand begründet sein könnten, daß die betreffende GmbH ein abhängiges Konzernunternehmen ist, sind nicht ersichtlich. Ebenso reicht das reine Können noch nicht aus, den Aktionsradius des Geschäftsführers tatsächlich zu beschneiden. Die Grenzen werden erst dann abgesteckt, wenn der Gesellschafter von seinen Möglichkeiten real Gebrauch macht. Deshalb kann die bloße Möglichkeit der Muttergesellschaft zur faktischen Übernahme der Geschäftsführung in einem Konzern ebenso wenig automatisch zur Bejahung der faktischen Geschäftsführung führen, wie im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und einer unverbundenen GmbH. Allein aus der Stellung eines Gesellschafters als herrschendes Unter­ nehmen im Konzern kann daher die Position des faktischen Geschäftsführers nicht gefolgert werden439. Daraus folgt, daß für das spezielle Verhältnis von Gesell­ schaftern und Geschäftsführer einer abhängigen GmbH in einem Konzern keine Erleichterungen im Vergleich zu unabhängigen Gesellschaften mbH hinsichtlich der Frage gibt, wann die Gesellschafter den Rahmen der ihnen gestatteten Ein­ flußmöglichkeiten verlassen und das Ruder der Geschäftsführung selbst in die Hand nehmen. Aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten der Gesellschafter, die Führung der täglichen Unternehmensgeschäfte praktisch an sich zu reißen, entzieht sich die Beurteilung, wann diese tatsächlich die Grenze überschritten haben und damit zum faktischen Geschäftsführer werden, der Generalisierung. Betrachtet man die Versuche der Rechtsprechung, den entscheidenden Punkt zu konkretisieren, so findet man Formulierungen wie: die betreffende Person muß Geschäftsführerfunk­ tionen in „maßgeblichem Umfang“440 übernommen haben, der Geschäftsführung des nicht ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführers muß ein „Übergewicht“441 oder eine „überragende Stellung" zukommen442. Diese Formulierungen sind auf­ grund ihrer Konturlosigkeit indes wenig hilfreich. Auch der Versuch einer Verobjetivierung der Merkmale, wie er nun vom BayObLG vorgenommen worden ist, schlägt im Ergebnis fehl, weil trotz der klaren Kriterien nicht gesagt werden kann, welches qualitative Maß der Eingriffe in die „Kernbereiche der Geschäftsführung“ schon ausreichend ist, um die betreffende Person als faktischen Geschäftsführer zu bezeichnen. Das BayObLG ist davon ausgegangen, daß die Stellung des faktischen Geschäftsführers dann überragend sei, wenn von den acht klassischen Merkmalen im Kembereich der Geschäftsführung (Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Einstellung von Mitarbeitern, Gestaltung der Ge­ schäftsbeziehungen zu Vertragspartnern, Verhandlungen mit Kreditgebern, Gehalt­ shöhe, Entscheidungen in Steuerangelegenheiten, Steuerung der Buchhaltung)

439 440 441 442

Vgl. U.H. Schneider, BB 1981, 255; Rowedder(-Rowedder), § 64, Rn. 9. BGH NJW 1988, 1789, 1790. BGH Strafverteidiger 1984,461 f. BGH St 31, 118, 120; BayObLG DB 1997, 922, 923; vgl. auch Dierlamm, NStZ 1996, 157.

mindestens sechs erfüllt seien443. Unabhängig davon, ob man die einzelnen aufge­ zählten Bereiche überhaupt rechnerisch gegeneinander aufwiegen kann, wie es das Gericht offensichtlich voraussetzt, fragt sich bei diesem Kriterium, ob für die Annahme, eine Person sei faktischer Geschäftsführer mit überragender Stellung, diese Aufgaben jedenfalls über eine längere Zeit oder für immer von der betreffenden Person übernommen worden sein müssen, oder ob auch (bloß) eine zeitweilige wesentliche Bestimmung dieser Gebiete durch die betreffende Person schon ausreichend sein kann. Aufgrund dieser Unsicherheiten ist es, mit Ausnahme der eindeutigen „Marionettenfälle“444, in Wirklichkeit gar nicht möglich ex ante, die Konturen des „faktischen Geschäftsführer“ aus allgemeinen Wertungen zu gewinnen, die den Haftungsgrund im Verhalten oder in der Stellung des Dritten, losgelöst vom Bezug zum Geschäftsführerhandeln, sucht und damit Kriterien fest­ zulegen, unter welchen Umständen eine Person ein faktischer Geschäftsführer ist445. Der „faktische Geschäftsführer“ kann daher nicht als eigenständiges Rechts­ institut betrachtet werden. Dafür fehlt die notwendige Rechtssicherheit, die es erlauben würde, im vorhinein anhand klarer Kriterien erkennbar zu machen, wann eine Person tatsächlich als faktischer Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen werden könnte446. Es kann daher für die Beurteilung nur auf den jeweiligen Einzelfall ankommen, in dem sich der Richter im konkreten Fall aus allen verfüg­ baren Umständen ein individuelles Bild des konkreten Verhältnisses vom Ge­ schäftsführer zu den Gesellschaftern bilden muß. Das bedeutet aber nicht etwa, daß die Figur des faktischen Geschäftsführers letztlich nicht mehr als das Resultat eines akademischen Glasperlenspiels darstellt. Vielmehr ist die Figur des faktischen Geschäftsführers im Sinne der Norman^endungslehre zu verstehen. Für jeden Anwendungsfall kann einem solchen Ver­ ständnis nach unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfolgenzurechnung geprüft werden, inwieweit eine Ausdehnung des Normadressatenkreises über den formell korrekt bestellten Geschäftsführer hinaus interessengerecht erscheint447. Dabei geht es allerdings weniger darum, nur festzustellen, ob in der Ausübung der Aufgaben eines Geschäftsführers ein bewußter Mißbrauch der von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsinstitute liegt448. Vielmehr ist zu fragen, ob nach der in der gerade betroffenen Norm innewohnenden rechtlichen Wertung die dort zum

443 BayObLG DB 1997, 922, 923. 444 Etwa dann, wenn der herrschende Gesellschafter in einem sog. Einmann-Konzem als Geschäftsführer der abhängigen GmbH seine in kaufmännischen Angelegenheiten völlig unkun­ dige Ehefrau einsetzt und ihr die Maßnahmen der Geschäftsführung stets vorgibt. 445 Siehe Stein, ZHR 148 (1984), 233. 446 Scholz(-U.H. Schneider), § 6, Rn. 47; Stein, ZHR 148 (1984), 208, 222; G. Roth, ZGR 1989, 432. 447 Siehe Stein, ZHR 148 (1984), 231 ff.; Cadus, 70 und 145 f.; siehe auch K. Schmidt, in: FS Rebmann, 429 ff; ders., GesR, 425 f.; G. Roth, ZGR 1989, 432; Weimar, GmbHR 1997, 476 f.; Scholz(-U.H. Schneider), § 6, Rn. 47. 448 Cadus, 98 ff.

Ausdruck kommende Funktion von einem anderen als dem ordentlich bestellten Geschäftsführer wie von einem Geschäftsführer wahrgenommen wird. Anders ausgedrückt: Es geht um die Zurechnung der Geschäftsführerverantwortung gegenüber einem Dritten, dessen Handeln dazu geführt hat, daß den Geschäftspart­ nern und den Gläubigem der betreffenden Gesellschaft einerseits der Primärschutz aufgrund einer gesetzmäßigen Pflichterfüllung und andererseits der Sekundär­ schutz hinsichtlich eines Zugriffs auf den Geschäftsführer entzogen wird, so daß es zu einer Verantwortungslücke kommt, die geschlossen werden muß449. Mit dem Verständnis des faktischen Geschäftsführers als einem Problem der Normanwen­ dungslehre kann erreicht werden, daß diese Figur von der tatbestandlichen Ebene auf die methodische Ebene verlagert wird. Von dieser ist dann der Umstand zu bewerten, daß es Personen gibt, die zwar keine ordentlich bestellten Geschäftsfüh­ rer sind, sich aber Handlungsbefugnisse eines solchen Geschäftsführers anmaßen und deshalb auch als Adressaten unter die Normen subsumiert werden müssen, welche den Geschäftsführern bestimmte Pflichten oder Sanktionen für Verstöße auferlegen. Ausschlaggebend für eine derartigen Ansatz ist der Gesichtspunkt, daß die fehlende Haftungsandrohung Einwirkungen Dritter ansonsten für sie praktisch risikolos machen würde und die Risiken des Handelns auf andere, in der Regel auf Gläubiger abgewälzt werden. Stein hat in diesem Zusammenhang für die Konkurs­ antragsdelikte überzeugend dargelegt, daß der aus dem Gesichtspunkt des Gläubi­ gerschutzes entscheidende Vorwurf an den Dritten nicht sei, daß er durch die eigene Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben das Gläubigervermögen gefährde, sondern daß er die Pflichterfüllung durch die ordentlich bestellten Geschäftsführer verhindere und so dem Gebot des § 64 I GmbHG seine Wirksam­ keit nähme450. Tatsächlich besteht die Gefahr aller Gläubiger darin, daß sie von vornherein auf die gegenüber der Schadensverhütung durch rechtzeitige Konkurs­ antragsstellung minderwertige, weil für die Schadenskompensation meist unzurei­ chende Geschäftsführerhaftung verwiesen werden451. Dieses kann durch die Einbe­ ziehung des Dritten als faktischen Geschäftsführers kompensiert werden. Auf der generellen Ebene gilt damit, daß eine Person dann als ein faktischer Geschäftsführer behandelt werden muß, wenn im Sinne der Normanwendungslehre 449 So ausdrücklich Stein, 185; dies., ZHR 148 (1984), 230 ff.; Stein kommt jedoch aufgrund dieser Überlegungen interessanterweise zu einem anderen Ergebnis als dem hier vertretenen. Sie lehnt die faktische Betrachtungsweise mit Ausnahme des Falles einer unwirksamen Bestellung des Geschäftsführers ab und favorisiert statt dessen eine weite Auslegung des § 64 GmbHG im Hinblick auf den Adressatenkreis. Aus dem Sinn und Zweck des § 64 GmbHG leitet sie ab, daß auch ein Dritter wie ein Geschäftsführer verantwortlich gemacht werden könne, wenn er das Geschäftsführungsorgan als Verantwortungsträger verdränge. Mit diesem Befund beschreibt Stein in Wirklichkeit aber nichts anderes als exakt diejenige Grundlage, die auch für die faktische Betrachtungsweise ausschlaggebend ist. Sie umschreibt damit im Ergebnis die Handlung einer Person, die sich faktisch wie ein Geschäftsführer geriert, mit dem Begriff „Verdrängen“ (siehe auch Gübel, 97). 450 Stein, ZHR 148 (1984), 233. 451 Grundlegend Stein, ZHR 148 (1984), 233; weiter ausführend dies., 154 ff., 173 ff.

nach der der betreffenden Norm innewohnenden rechtlichen Wertung die fragliche Person Funktionen wahrgenommen hat, die (nur) einem wahren Geschäftsführer zustehen, so daß sie im Rahmen der Rechtsfolgenzurechnung auch die Folgen dieser Funktionsanmaßung tragen muß. Die Figur des faktischen Geschäftsführers ist folglich ein grundsätzlich auf den Einzelfall abgestimmtes Konzept der Zurech­ nung bestimmter Rechtsfolgen. Im Rahmen dieser Erwägungen können dann auch, unter Berücksichtigung des individuellen Umstände, Vorgaben berücksichtigt werden, wie sie etwa das BayObLG gemacht hat. Wesentlich einfacher zu beurteilen ist der weitere Fall, wo der Gesellschafter in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH eingreift, ohne daß er sich dazu des Instruments der Weisung bedient, also etwa in der Art, daß er selbst anstelle des Geschäftsführers Sanierungsverhandlungen für die GmbH führt oder Vereinbarun­ gen mit Kreditgebern bzw. mit Gläubigem trifft452. Dann verläßt er seine Position des Gesellschafters und begibt sich auf das Niveau des Geschäftsführers, ohne daß dieser freilich seine Vertretungsmacht nach außen verlöre (§ 37 II GmbHG). Da der betreffende Gesellschafter seinen von § 371 GmbHG gedeckten Einfluß in dem oben abgesteckten Rahmen nur durch Weisungen, Hinweise etc. geltend machen kann, verläßt er dort den geschützten Bereich des § 37 I GmbHG, wo er selbst „eigenhändig“ Geschäftsführungstätigkeiten ausführt. Er muß sich dann als fakti­ scher Geschäftsführer behandeln lassen, denn er hätte die Möglichkeit gehabt, dieselbe Handlung, die er nunmehr anstelle des Geschäftsführers getätigt hat, auch mit Hilfe der Weisung zu bewirken. Wählt er also den „direkten“ Weg, nimmt er also aktiv und unmittelbar an der Geschäftsführung teil, so kann er sich später nicht darauf berufen, er sei als Gesellschafter befugt, in die Geschäftsführung der Gesellschaft einzugreifen und deshalb nicht wie ein Geschäftsführer zu behandeln. Ihm kann dann stets entgegengehalten werden, daß er auch den dafür vorgesehe­ nen, mittelbaren Weg der Einflußnahme durch eine Weisung hätte nehmen können. Da er aber nicht die Instrumente des Gesellschafters in Anspruch genommen habe, könne das Privileg des Trennungsprinzip für ihn nicht mehr eingreifen. Daraus folgt, daß die Konzemmutter jedenfalls immer dann als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist, wenn sie eine Tätigkeit des Geschäftsführers selbst ausgeführt hat, obwohl ihr auch der Weg offengestanden hätte, eine entsprechende Weisung zu erteilen.

g) Die Anwendung der Regeln über den faktischen Geschäftsführer auf Dritte, die keine Gesellschafter sind

Bislang ist nur der Fall betrachtet worden, in dem es um die Stellung eines Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer ging. Angesprochen werden muß deshalb noch die Alternative, in der es um einen Dritten geht, der keine Gesell­

452 Vgl. die Aufzählung der Tätigkeiten des faktischen Geschäftsführers in dem Fall von BGH NJW 1997, 66, 67 f.

Schafterstellung inne hat. Im Konzern werden damit die Fälle angesprochen, wo das herrschende Unternehmen seinen Einfluß durch andere als Gesellschaftsanteile an der betreffenden GmbH geltend macht. Typischer Fall ist etwa das Verhältnis von einer Muttergesellschaft zu einer Enkel-GmbH, an der sie nicht direkt beteiligt ist, wo sie aber über den Einfluß auf die Tochtergesellschaft sicher sein kann, daß ihre Vorstellungen in der Enkel-Gesellschaft durchgesetzt werden453. Zentraler Gedanke ist auch hier die Haftbarmachung einer Person, die als oder wie ein Geschäftsführer agiert, ohne daß durch eine Haftungsandrohung eine gesteigerte Risikobereitschaft in der Führung der Geschäfte und damit bei der Schaffung von Gefahren für den Wirtschaftsverkehr herabgesetzt werden könnte454. Zur Begründung dient erneut die Überlegung, daß dort, wo eine aktive Teilnahme an der Geschäftsführung vorliegt, sei es durch eigenes Handeln oder sei es durch Ausübung von Druck auf den Geschäftsführer, derjenige, der sich an der Geschäftsführung beteiligt hat, später nicht darauf berufen können darf, er sei wegen des Fehlens eines formellen Bestellungsaktes kein Geschäftsführer. Inso­ weit geht es letztlich um die Anwendung des Grundsatzes des venire contra factum proprium im Bereich der Haftung für Geschäftsführungsmaßnahmen. Relevant für die Beurteilung, ob sich die betreffende Person als Geschäftsführer behandeln lassen muß, ist das Innenverhältnis, mithin die Frage, ob sie Funktionen bzw. Aufgaben übernommen hat, die nur dem ordentlich bestellten Geschäftsführer zustehen. Denn für die Feststellung, ob jemand wie ein Geschäftsführer gehandelt hat, kann es - jedenfalls im Hinblick auf § 64 GmbHG - nicht ausschließlich darauf ankommen, ob der Rechtsverkehr den Eindruck hat, daß derjenige, der Geschäftsführungsaufgaben durchführt, auch tatsächlich der Geschäftsführer ist. Das wäre nur dann entscheidungsrelevant, wenn damit ein Vertrauenstatbestand im Rechtsverkehr geschaffen würde; bei § 64 I GmbHG kommt es jedoch nicht auf ein Vertrauen des Verkehrs im Hinblick auf die Person des Geschäftsführers als solchem an, sondern die Vorschrift schützt das Vertrauen, daß eine am Geschäfts­ leben teilnehmende GmbH nicht konkursreif ist. Indessen kann der Eindruck, den eine Person auf den Geschäftsverkehr gemacht hat, (erhebliche) Indizwirkung im Hinblick auf die Bestimmung der Einflußnahme auf die Geschäftsführung im Innenverhältnis haben. Die Besonderheit besteht in dem Fall, wo der Dritte kein Gesellschafter ist, darin, daß es im Innenverhältnis keinen Kompetenzkonflikt zwischen dem Dritten und dem Geschäftsführer gibt. Denn dem Dritten, der kein Gesellschafter ist, steht es von vornherein nicht zu, in die Geschäftsführung einzugreifen455. Wenn man wie hier die Rechtsfolgenzurechnung als den Ausgleichsmechanismus für einen Kompetenzkonflikt zwischen dem Geschäftsführer und einem Dritten versteht, hat dies zur Folge, daß die Rechtsfolgenanwendung der in Frage stehenden Normen 453 Siehe zu diesem Fall Rehbinder, ZGR 1977,640 f.; U.H. Schneider, DB 1981,255. 454 Vgl. bereits BGH WM 1973, 1354; Stein ZHR 148 (1984), 233 f. 455 Vgl. Scholz(-U.H. Schneider), § 37, Rn. 33 ff; Ulmer, in: FS Werner, 911; vgl. aber auch Hachenburg(-Mertens), § 37, Rn. 20; Rowedder(-Koppensteiner), § 37, Rn. 20.

bei diesen Dritten auf viel geringerem Niveau stattfinden könnte als bei Dritten, die Gesellschafter sind. Allein aus der Verletzung der Kompetenz des ordentlichen Geschäftsführers könnte sich deshalb schon die Stellung des betreffenden Dritten als faktischer Geschäftsführer ergeben. Konsequent wäre es aus dieser Perspektive anzunehmen, daß bereits jeder Eingriff in die Geschäftsführung als Qualifika­ tionsmerkmal für einen faktischen Geschäftsführer ausreicht. Allerdings griffe ein solches Ergebnis zu kurz. Denn es wäre nicht interessengerecht, ohne Differenzie­ rung jede Maßgabe eines Dritten, der nicht Gesellschafter ist, an die Geschäftsfüh­ rung als hinreichendes Qualifikationsmerkmal für die Stellung als faktischer Geschäftsführer zu betrachten. Ansonsten liefe beispielsweise jeder Kreditgeber Gefahr, im Konkurs als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommen zu werden, wenn er an seinen Kredit bestimmte Bedingungen hinsichtlich der Geschäftsführung des Unternehmens stellt; das wäre ein gesamtwirtschaftlich betrachtet unerwünschtes Ergebnis. Um den Kreis derjenigen also nicht zu über­ dehnen, hinsichtlich derer unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfolgenzurechnung geprüft werden kann, ob sie als faktischer Geschäftsführer in Betracht kommen, sind an den jeweiligen Dritten daher schon im Vorfeld bestimmte Anforderungen zu stellen. Vor dem Hintergrund, daß von einem faktischen Geschäftsführer nur dann gesprochen werden kann, wenn er in der Lage ist, sich als oder wie ein ordentlich bestellter Geschäftsführer zu verhalten, wird man zur Eingrenzung zwei Aspekte grundsätzlich heranziehen können: Es muß zum einen, gleichsam als „formale“ Voraussetzung, gegeben sein, daß der Dritte überhaupt eine Stellung in dem Wirtschaftsbetrieb der Gesellschaft im weitesten Sinne inne hat, also in deren „Lager“ steht, so daß er überhaupt in der Lage ist, wie ein Geschäftsführer handeln zu können. Zum anderen ist als „materielles“ Element erforderlich, daß dem Drit­ ten ein nicht unmaßgeblicher Einfluß auf die Geschäftsführung des Gemeinschuld­ ners - zumindest in bestimmten Teilbereichen der Geschäftsführung - möglich ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Dritten bestimmte Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Gesellschaft obliegen. Dazu gehören beispielsweise die Pflicht zur Überwachung des ordentlichen Geschäftsführers, ein gefahrbegründendes Vorverhalten (Ingerenz) oder eine Garantenstellung im Sinne einer „freiwilligen Pflichtenübernahme"456. Erfüllt ein Dritter diese Kriterien, so ist dann in einem zweiten Schritt nach den oben aufgestellten Maßstäben individuell für jeden Anwendungsfall unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfolgenzurechnung zu prüfen, ob der betreffende Dritte als faktischer Geschäftsführer in Betracht kommt. Damit stellt sich die Qualifikation eines Dritten, der nicht Gesellschafter ist, als eine Kombination von Wertungstatbeständen und einer Rechtsfolgenzurechnung im Sinne der Normanwendungslehre dar. In einem Konzern bereitet eine derartige wertungstatbeständliche „Vorqualifi­ kation“ der Muttergesellschaft als Dritte, die im Rahmen der Normanwendungs­ lehre hinsichtlich ihrer Stellung als faktischer Geschäftsführer überprüft werden

456 Vgl. allgemein zu alledem Karollus, ÖBA 1990, 352 ff.

soll, keine Probleme. Aufgrund der Abhängigkeit der betreffenden Untergesell­ schaft ist sowohl das Näheverhältnis als auch die Möglichkeit stets gegeben, in die Geschäftsführung mehr als nur unmaßgeblich einzugreifen. Für die Fälle, in denen die Konzemmutter ihren Einfluß auf die GmbH anders als durch Anteilsbesitz erlangt, sind deshalb im Ergebnis dieselben Erwägungen hinsichtlich ihrer Stellung als faktischer Geschäftsführer der abhängigen GmbH anzustellen wie für diejeni­ gen Mutterunternehmen, die gleichzeitig auch Gesellschafter der betreffenden Untergesellschaft sind.

h) Beurteilungszeitpunkt für die Voraussetzungen der Rechtsfolgenzurechnung Unabhängig davon, ob es sich bei der Person, die sich möglicherweise wie ein faktischer Geschäftsführer behandeln lassen muß, um einen Gesellschafter oder einen Dritten, der kein Gesellschafter ist, handelt, kommt es allerdings nicht nur darauf an, ob man die Rechtsfolgen einer bestimmten Norm dem herrschenden Unternehmen zuordnen kann, im Zusammenhang damit ist auch relevant, welchem Zeitpunkt bzw. welche Zeitspanne man ins Auge faßt, um die oben so genannte „Funktionsanmaßung“ zu beurteilen. Die Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben werden sofort offenbar, wenn man sich die unterschiedlichen Möglichkeiten vor Augen hält: So mag ein herrschendes Unternehmen das ganze „Leben“ der Unter­ gesellschaft lang deren Geschäftsführung praktisch übernommen haben. Anderer­ seits sind auch viele Fälle denkbar, wo die Mutter nur ab und zu „das Ruder voll­ ständig in die Hand genommen“ hat und sich dann auch wieder aus den Angele­ genheiten der Tochtergesellschaft völlig herausgehalten hat. Soweit man an dieser Stelle nur § 64 GmbHG betrachtet, ist diese Entscheidung einfacher zu treffen als hinsichtlich anderer Vorschriften, denn die Pflichtverletzungen des Geschäftsfüh­ rers sind dort schon im Gesetz an einen bestimmten Zeitpunkt angeknüpft, nämlich an die Konkursreife des Unternehmens. Insoweit läßt sich auch die Parallele für den faktischen Geschäftsführer ziehen. Das herrschende Unternehmen wäre dem­ nach als faktischer Geschäftsführer nur dann Täter nach § 64 GmbHG, wenn sie zum Zeitpunkt der Konkursreife nach dem oben entwickelten Ansatz als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden könnte. In der Praxis müßte der Richter dann lediglich überprüfen, ob zumindest zum Zeitpunkt der Konkursreife die Mutter derart in die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft eingegriffen hat, daß sie im Rahmen der Normanwendungslehre so behandelt werden muß, als sei sie die Geschäftsführerin, die die Folge der Pflichtverletzung zu tragen hat. Grundsätzlich irrelevant ist somit, wie sich das herrschende Unternehmen vor Eintritt der Konkursreife gegenüber der Geschäftsführung der Untergesellschaft verhalten hat. Daraus folgt, daß ein Mutterunternehmen auch dann als faktischer Geschäftsführer betrachtet werden kann, wenn sie während der ganzen „Lebenszeit“ der Unter­ gesellschaft niemals in weiterem Umfang in die Geschäftsführung der Untergesell­ schaft eingegriffen hat, als ihr rechtlich erlaubt war, in der Krise dann aber - möglicherweise nur in dem Bemühen, das Unternehmen zu retten - die

Geschäftsführung vollständig an sich gerissen hat. Das bedeutet aber auch, daß ein Mutterunternehmen, die die gesamte Zeit anstelle des tatsächlichen Geschäfts­ führer das Ruder der Geschäftsführung in der Hand hatte, dann aber kurz vor dem Zusammenbruch, praktisch nach dem der „Karren in den Dreck“ gefahren worden ist, die Geschäftsführung wieder dem ordentlich bestellten Geschäftsführer über­ läßt, nicht im Rahmen des § 64 GmbHG als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden kann. Ein solches Resultat wirkt zunächst unbillig, denn damit schiene der Mutter die Möglichkeit eröffnet zu werden, wie ein Geschäftsführer zu handeln, ohne es zu sein, und dann nicht die Konsequenzen dieses - im einzelnen für die Gesellschaft und die Gläubiger möglicherweise nachteiligen - Handelns tragen zu müssen. Doch ist zu beachten, daß § 64 GmbHG nicht das Verhalten bis zur Konkursreife bewertet. Diese Vorschrift beinhaltet für den Geschäftsführer nur Regeln ab dem Zeitpunkt, in dem der Konkursantrag hätte gestellt werden müssen; daher kommt es für die Geschäftsführereigenschaft grundsätzlich auch nur auf diesen Zeitraum an. Hat das Mutterunternehmen zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) die „Finger im Spiel“, so kann sie auch nicht als faktischer Geschäftsführer im Hinblick auf § 64 GmbHG qualifiziert werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könnte es aber insoweit geben als die Grundsätze über die Haftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers457 den zeitli­ chen Rahmen der Verantwortung des Geschäftsführers ausdehnen würden. Grund­ sätzlich gilt nach allgemeiner Ansicht, daß der vor der Konkursreife ausgeschie­ dene Geschäftsführer grundsätzlich von seinen Pflichten und der Haftung nach § 64 GmbHG entbunden ist458, weil die Niederlegung des Amtes in der Regel auch die Organpflicht entfallen läßt459. Entscheidend dafür, ob ein ausgeschiedener Geschäftsführer nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG fallt, ist, wann exakt der Zeitraum „vor“ der Konkursreife einsetzt. Es kommt dabei darauf an, ob die Frist für die Konkursantragsstellung sofort nach Eintritt des - objektiven - Zeitpunktes des Vorliegens der Merkmale der Konkursreife zu laufen beginnt, oder ob möglicherweise noch ein zusätzliches subjektives Kriterium hinzukommen muß. Das würde bedeuten, daß dem herrschenden Unternehmen kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn es vor seiner Amtsniederlegung ohne Verschulden den Konkursantrag deshalb nicht gestellt hat, weil es von der objektiv vorliegenden

457 Dazu allgemein siehe Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 7; Scholz (-K. Schmidt), § 64, Rn. 6; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 9; Fleck, GmbHR 1974, 229; Münch, DStR 1993, 919 f. 458 Eine Ausnahme soll es allerdings unter Umständen insoweit geben als eine Amtsnieder­ legung rechtsmißbräuchlich ist (Amtsniederlegung „zur Unzeit“), vgl. OLG Hamm, WM 1988, 1192, 1194; BayObLG München, GmbHR 1992, 671, 672; OLG München, DStR 1993, 916, 919 f.; skeptisch Scholz(-K. Schmidt), §64, Rn. 23; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §38, Rn. 38 c. Der BGH hat diese Frage in seinem Urteil BGHZ 121,257, 262 offengelassen. Die Relevanz dieser Fragestellung ist jedoch dann verhältnismäßig gering, wenn man den Zeitraum vor § 64 GmbHG haftungsmäßig hinsichtlich der Pflichten durch § 43 GmbHG abgedeckt sieht. 459 BGHZ 78, 82, 93; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 23.

Konkursreife der Gesellschaft keine Kenntnis hatte460. Diese Frage hat für den Fall der Zahlungsunfähigkeit indes nur akademischen Charakter, denn es sind praktisch keine Fälle denkbar, in denen die Zahlungsunfähigkeit dem herrschenden Unter­ nehmen verborgen bleiben461. Anders liegt die Sache bei der Überschuldung. Der Überschuldungstatbestand scheint zu implizieren, daß das herrschende Unterneh­ men als Geschäftsführer ein gewisses Ermessen hat und ausüben kann, um die Gesellschaft vor dem nahenden Aus zu retten. D. h. der Geschäftsführer könnte damit auch einen Spielraum in der Erkennbarkeit der Überschuldung haben, mit der Folge, daß später zutage tretenden Fakten462 nicht notwendigerweise dem Wissen des Geschäftsführers in der betreffenden Zeit zugerechnet werden dürfen. Eine solche Ansicht bietet den Vorteil, daß der Geschäftsführung viel größerer Spielraum für Rettungsversuche zugunsten der Gesellschaft bleibt. Entscheidender Nachteil ist hingegen, die Gefahr, daß es durch einen späten Fristbeginn zu einem stärkeren Abschmelzen der potentiellen Konkursmasse kommen kann463. Zudem wird die Festlegung des Zeitpunktes der Konkursreife unsicher, weil sie an die positive Kenntnis des Geschäftsführers geknüpft ist und diese als subjektives Element nur schwer nachweisbar ist. Damit würden letztlich erheblich Freiräume für Manipulationen geöffnet, die zu Lasten der Gläubiger gingen. Die Frage nach der Bestimmung des Fristbeginns umreißt exakt den Konflikt zwischen den Interessen des Rechtsverkehrs, die Gefahr, die von überschuldeten Gesellschaften ausgeht, durch die Herausnahme dieser Unternehmen aus dem Markt zu bannen, und dem Interesse, die in erhebliche Schwierigkeiten geratenen Gesellschaften mbH wieder zu sanieren. Im Hinblick darauf, daß ein ganz erheb­ licher Teil der Sanierungsbemühungen letztlich doch ohne Erfolg bleiben, ist dem Interesse an einer Eliminierung von überschuldeten Gesellschaften mbH der Vorzug zu geben. Die Schäden für den Wirtschaftsverkehr sind mutmaßlich wesentlich größer durch das Verbleiben von überschuldeten Gesellschaften mbH auf dem Markt, als durch das Hinausnehmen von Gesellschaften mbH, die mögli­ cherweise doch noch mit Erfolg hätten saniert werden können464. Daher sprechen die besseren Gründe für das Abstellen auf den objektiven Zeitpunkt der Konkurs­ reife. Gestützt wird dies schließlich auch durch die Nähe zum Gesetzestext, der an keiner Stelle Raum für ein zusätzliches subjektives Merkmal gibt465. Es überzeugt

460 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 9; das Kriterium der Frist ergibt sich aus dem Umstand, daß es sich bei der Drei-Wochen-Frist des § 64 GmbHG um eine Höchstfrist handelt; vgl. dazu Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 10; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 4; Hachenburg (-Ulmer), § 64, Rn. 23 und 26 f.; siehe auch BGHZ 75, 96, 108. 461 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 9; Schulze-Osterloh, AG 1984, 143; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 3. 462 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 18. 463 Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 3. 464 Nach Inkrafttreten der InsO dürfte sich dieser Konflikt entschärfen, weil dem Insolvenzver­ fahren noch ein Sanierungsverfahren vorgeschaltet ist; vgl. zudem K. Schmidt, GesR, 333. 465 Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 3.

auch nicht der Hinweis, daß der Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt habe, daß allein einfache „Zahlen" den Geschäftsführer davon abbringen, einen möglicher­ weise doch noch erfolgversprechenden Sanierungsversuch zu beginnen466, denn es gehört zu den ureigensten Pflichten eines gewissenhaften Geschäftsführers, daß er weiß, ob seine Gesellschaft nun überschuldet467 ist oder nicht468. Daran muß er festgehalten werden. Das bedeutet, daß ein Geschäftsführer sein Amt mit einer haftungsbefreienden Wirkung nur vor dem Zeitpunkt niederlegen kann, wo objektiv die Zahlungsun­ fähigkeit bzw. die Überschuldung der Gesellschaft eingetreten ist; auf subjektive Elemente kommt es nicht an. Für den faktischen Geschäftsführer gilt damit der gleiche Rahmen: Solange das herrsche Unternehmen die Steuerung der Geschäfte der Gesellschaft vor Eintritt der Konkursreife der Gesellschaft aufgegeben hat, kommt eine Einbeziehung dieses Dritten in den Anwendungsbereich des § 64 GmbHG nicht in Betracht. Eine „Haftungslücke“ hinsichtlich des Mutterunter­ nehmens, die möglicherweise die Geschäfte der Untergesellschaft nachteilhaf geführt hat, entsteht gleichwohl nicht, weil der gesamte Zeitraum vor Eintritt der Konkursreife von der Pflicht aus § 43 GmbHG abgedeckt wird469. i)

Zusammenfassung

Ist die Konzemmutter Gesellschafter der Tochtergesellschaft in einem GmbHKonzern, so sind ihre Eingriffe in die Geschäftsführung der abhängige GmbH prinzipiell gestattet mit der Folge, daß sie dann auch nicht als faktischer Geschäfts­ führer der GmbH anzusehen ist und sie deshalb auch nicht die Verpflichtungen des § 64 GmbHG als Täter treffen. Die Grenze wird allerdings dort überschritten, wo der tatsächliche Geschäftsführer aufgrund der Dichte der Weisungen der Konzem­ mutter nicht mehr als nur eine bloße Marionette darstellt. Ist dies der Fall, muß sich die Mutter als faktischer Geschäftsführer behandeln lassen470, so daß sie auch direkt die Pflicht trifft, für die Konkursanmeldung nach § 64 GmbHG Sorge zu tragen. Ob das der Fall ist, also wann das herrschende Unternehmen in einem GmbH-Konzern als faktischer Geschäftsführer betrachtet werden kann, ist eine Frage der Rechtsfolgenzurechnung und nur einzelfallbezogen zu entscheiden. Dabei haben der Sinn und Zweck der betreffenden Norm, das Verhältnis vom Gesellschafter zum Geschäftsführer, sowie die Dauer der Eingriffe der Gesell­ schafter in die Geschäftsführung eine Rolle zu spielen. Ist die Mutter kein Gesell­ 466 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 25. 467 Zu den Problemen der Feststellung der Überschuldung siehe K. Schmidt, Wege zum Insol­ venzrecht, 47 ff.; ders., GesR, 332 f.; Drukarczyk/Schüler, in: Kölner Schrift, 76 ff. 468 So ganz zu Recht Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 3. 469 Zur Bedeutung der Haftung des Mutterunternehmens nach § 43 GmbHG siehe ausführlich unten II. Teil EII.; siehe aber hier bereits Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 18 f. 470 Vgl. aber Hachenburg(-Mertens), § 37, Rn. 8 f.; Scholz(-U.H. Schneider), § 37, Rn. 38; Konzen, NJW 1989, 2979; Höhn, 5.

schafter der Untergesellschaft, sondern vermittelt sich der Einfluß auf andere Art und Weise, gilt vom Grundsatz her das gleiche. Allerdings muß im Rahmen der Normanwendungsabwägung insbesondere geprüft werden, ob die Konzemmutter überhaupt im „Lager“ der betreffenden GmbH stand. Das wird auf Grund der Abhängigkeitslage der Untergesellschaft vom herrschenden Unternehmen gerade definitionsgemäß anzunehmen sein. Hinsichtlich des Einflusses auf die Geschäfts­ führung ist zu beachten, daß das Mutterunternehmen ohne Gesellschafterstellung grundsätzlich keine Berechtigung hat, praktisch das „Steuer“ der Geschäftsführung zu übernehmen. Für den Zeitpunkt der Beurteilung, ob das herrschende Unter­ nehmen als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden kann, ist es relevant, daß es auf den objektiven Zeitpunkt der Konkursreife ankommt, um die Zurechnung der Folgen des § 64 GmbHG auf die Mutter vornehmen zu können. Speziell im Hinblick auf § 64 GmbHG ist jedoch zu beachten, daß viele Fälle, in denen das Mutterunternehmen in die Haftung einbezogen werden kann, bereits mit dem Instrument der Anstifterhaftung nach dem hier entwickelten Verständnis erfaßt werden können. Aus der Perspektive eines möglichst umfangreichen Schutzes der Gläubiger vor verspäteter Konkursantragsstellung bzw. vor der Weggabe von Vermögen nach Konkursreife sollten beide Möglichkeiten, das herr­ schende Unternehmen in Haftung zu nehmen, parallel zueinander angewendet werden.

III. Die Bedeutung des § 64 GmbHG für die Haftungsmassenvergrößerung im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern Nachdem nunmehr die spezielle Bedeutung des § 64 GmbHG im Konzern herausgearbeitet worden ist, soll im zweiten Schritt nun die Möglichkeiten unter­ sucht werden, die § 64 GmbHG im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern dem Konkursverwalter bieten, die Haftungsmasse des Gemeinschuldners zugun­ sten ihrer Gläubiger zu vergrößern. 1. Einleitung und Schutzzweck der Vorschrift Der Umfang, in welchem das Mutterunternehmen allein oder gemeinsam mit dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zur Zahlung verpflichtet ist, also die Frage, welcher Schaden zu ersetzen ist, hängt davon ab, wie der Schutzzweck des § 64 GmbHG interpretiert wird. Der Bereich, der von dieser Norm geschützt werden soll, wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß § 64 GmbHG mit seinen beiden Absätzen den Ausschnitt der Kapitalausstattungsregeln betreffend einer GmbH betrifft. § 64 I und II GmbHG gehören damit zu den Vorschriften, deren Aufgabe es ist, im Hinblick auf den Schutz von Gläubigerinteressen die Vermögensausstattung der

Gesellschaft zu regeln471. Diese Schutzrichtung des § 64 GmbHG ist aber nicht nur eindimensional, sondern in einer zweifachen Weise ausgestaltet. Der Gläubiger­ schutz betrifft nämlich sowohl den individuellen Gläubiger als auch die Gläubiger in ihrer Gesamtheit. Die Gläubiger in ihrer Allgemeinheit, also der Geschäftsverkehr472, sollen davor geschützt werden, daß die GmbH als ihr Vertragspartner im Ernstfall eine zu geringe Haftungsmasse hat, oder daß ihre noch vorhandene Haftungsmasse verkleinert wird. Der § 64 GmbHG dient insoweit zum einen dem generellen Gläubigerschutz durch Sicherung der Haftungsmasse473. Zum anderen sollen die Gläubiger als einzelne im vorhinein schon davor bewahrt werden, daß sie mit einer nicht oder kaum noch lebensfähigen Gesellschaft kontrahieren und sich damit für sie individuell das allgemeine Risiko der Insolvenz des Geschäftspartners beson­ ders erhöht. Das basiert auf der Vorstellung, daß in dem Fall, wo der Konkursan­ trag rechtzeitig gestellt worden wäre, das betreffende Rechtsgeschäft gar nicht erst abgeschlossen und daher auch nicht der Schaden verursacht worden wäre, der dem Gläubiger tatsächlich entstanden ist, dadurch daß er sich im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit des Vertragspartner auf das Geschäft eingelassen hat und - regelmäßig - schon seine Leistung erbracht hat. § 64 I GmbHG macht in Verbin­ dung mit § 63 GmbHG also deutlich, wann ein Unternehmen wegen der mangeln­ den Kapitalausstattung vom Markt zu nehmen ist. Diese Vorschrift kann damit in einem breiteren Gesamtzusammenhang gestellt werden. Sie ist als ein Teil eines Gesamtkonzeptes zu verstehen, das nach hier vertretener Ansicht neben den Vorschriften über die Konkursantragspflicht auch die Regeln über die stammkapitalersetzenden Darlehen umfaßt474. Der BGH hat sich dieser Richtungsent­ scheidung mit Urteil vom 6. Juni 1994 jetzt insoweit angeschlossen475, daß der Normzweck der Konkursantragspflicht des § 64 I GmbHG (auch) darin bestehe, konkursreife Gesellschaften mbH vom Geschäftsverkehr femzuhalten476. Dieser breitere Zusammenhang des Gläubigerschutzes bei den Pflichten der Geschäftsfüh­ rung in der Krise einer GmbH wird bei der Frage Beachtung finden müssen, inwieweit § 64 GmbHG im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern nutzbar zu machen ist. 471 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 2, Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 1; siehe nunmehr auch ausführlich Reiner, in: FS Boujong, 440 ff. und 443 ff. 472 Siehe zu dem Aspekt des konkreten Schutzes der Teilnehmer am Rechtsverkehr durch § 64 GmbHG Karollus, ÖBA 1995, 11; Lutter, DB 1994, 135. 473 Einhellige Ansicht, siehe statt aller Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 1; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 2; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 1. 474 Dafür, daß § 32a GmbHG und § 64 I GmbHG einen starken konzeptionellen Zusammen­ hang haben jetzt auch Reiner, in: FS Boujong, 416 ff. 475 BGHZ 126, 181. 476 BGHZ 126, 181, 194; die Reaktionen auf dieses Urteil waren vielzählig und kontrovers; vgl. die Nachweise bei Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 26; Dellinger, WB1. 1996, 173 ff., insbesondere 180 ff. Die Beziehung zum Konzem(haftungs)recht zieht sehr deutlich Hirte, 6 f.

2.

Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 64 I GmbHG

Ist es verabsäumt worden, rechtzeitig Konkurs anzumelden, so können die Gläubiger des betreffenden Konzernunternehmens Schadensersatz geltend machen. § 64 I GmbHG ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB, und zwar zugunsten aller Gläubiger mit Ausnahme der Gesellschafter und der Gesellschaft477, gleich­ gültig, ob es sich um die Forderungen handelt, die schon vor Konkursreife entstan­ den sind (sog. „Altgläubiger“), oder um solche, die erst nach der Konkursreife entstanden sind (sog. „Neugläubiger“)478.

a) Altgläubiger Da die Altgläubiger noch nicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von dem Risiko, mit einer konkursreifen GmbH Geschäfte zu machen, betroffen waren und ihre Forderung schon vor der Konkursreife begründet worden sind, können sie auch nur geschützt werden, soweit sich die Quote infolge des Umstandes ver­ schlechtert, daß der Konkurs erst verspätet angemeldet worden ist. Schaden dieser Gläubiger ist daher die Differenz zwischen der Quote, die sie tatsächlich bekom­ men, und der Quote, die sie bekommen hätten, wenn der Konkurs ohne schuldhafte Verschleppung eröffnet worden wäre479. Das ist der sogenannte „Quotenschaden“. Der Quotenschaden ist zwar an sich ein Individualanspruch jedes „Altgläubigers“, doch ist es seit langem anerkannt, daß ihr jeweiliger Schaden als Schaden der Gesamtgläubigerschaft entsprechend § 93 V AktG, und wie in § 130a III HGB ausdrücklich geregelt480, im Konkurs vom Konkursverwalter für die Masse geltend gemacht wird481 (vgl. § 92 InsO482). Es handelt sich dabei also um eine Liquidation im Drittinteresse483. D.h. der Konkursverwalter kann je nachdem von der Konzemmutter, vom Geschäftsführer des jetzigen Gemeinschuldners oder von beiden gemeinschaftlich denjenigen Betrag in die Masse verlangen, um den sich die Quote aus der Masse infolge der Verschleppung für die Gläubiger verringert

477 K. Schmidt, JZ 1978, 664; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 13; Roth, 2. Aufl., § 64, Anm. 3.1.; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 2. 478 BGHZ 29, 100, 102; BGHZ 75, 96, 106; BGHZ 100, 19, 23 ff.; BGHZ 128, 181, 190; BGH NJW 1995, 398, 399; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 13; Baumbach/Hueck(-SchulzeOsterloh), § 64, Rn. 24; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 47; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 37; vgl. aber auch Fleck, GmbHR 1974,234 f. 479 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 33; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 14; Hachenburg(-Uhner), § 64, Rn. 53; Altmeppen, ZIP 1997, 1177 f.; siehe auch BGHZ 100, 19, 23. 480 Baumbach/Hopt, § 130a, Rn. 11. 481 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 56; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 21; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 32; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 28; Altmeppen, ZIP 1997,1181. 482 Vgl. hierzu K. Schmidt, ZGR 1996, 209 ff. und 213 f. speziell zu der Bedeutung für die heutige Praxis. 483 Siehe Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 32; K. Schmidt, JZ 1978, 661 ff.

hat. Der Quotenschaden ist dabei zum Teil nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu berechnen484. Er kann deshalb ggf. nach § 287 ZPO geschätzt werden485. b) Neugläubiger

Auch die Neugläubiger sind von der Verringerung der Quote betroffen und haben daher einen Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens. Sie werden jedoch noch über den Schaden einer Quotenminderung hinaus geschützt. Das erschließt sich aus der oben dargelegten Erkenntnis, daß sich der Sinn und Zweck des § 64 I GmbHG sich nicht nur in der Sicherung des Haftungsfonds der Gesellschaft erschöpft, sondern auch den Markt vor konkursreifen Gesellschaften mbH schützen will. Dieser erweiterte Schutzzweck entfaltet seine Wirkung naturgemäß aber erst gegenüber den Gläubigem, die nach Konkursreife mit der Gesellschaft kontrahiert haben. Vor der Konkursreife besteht für die Akteure, die mit der betreffenden Gesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten, nur das „allgemeine Risiko“, daß ihr Geschäftspartner insolvent werden könnte. Nach Konkursreife besteht die besondere Situation, daß sich gerade dieses „allgemeine Risiko“ bereits verwirk­ licht hat, ohne daß dies für den Wirtschaftsverkehr offenbar geworden ist. Diejeni­ gen Gläubiger, die glauben durften, daß es sich bei ihrem Schuldner um jemanden handelt, hinsichtlich welchem nur das „allgemeine Risiko“ besteht, werden dann in ihrem Vertrauen enttäuscht, es im Geschäftsverkehr nicht mit konkursreifen Gesellschaften mbh zu tim zu haben. Ihnen gegenüber müssen diejenigen, die für die Konkursverschleppung verantwortlich sind und damit das erhöhte Risiko geschaffen haben, dieses enttäuschte Vertrauen kompensieren. Der Ersatz des ent­ täuschten Vertrauens bedeutet, daß der Gläubiger so gestellt werden muß, als habe er den Umstand der Konkursreife des Gegenübers gekannt und deshalb nicht den Vertrag geschlossen. Dem liegt die Annahme zugrunde, daß kein wirtschaftlich rational handelnder Akteur auf dem Markt unter normalen Bedingungen ein Vertrag mit einem konkursreifen Unternehmen geschlossen hätte, so daß davon ausgegangen werden muß, daß auch der konkret betroffene Gläubiger das betref­ fende Rechtsgeschäft nicht abgeschlossen hätte. Die Höhe des Schadensersatzes für die „Neugläubiger“ umfaßt also über den Quotenschaden hinaus auch das

484 Zu den erheblichen Schwierigkeiten in der Berechung des Quotenschadens siehe BGH ZIP 1997, 1542 (dazu die Anmerkungen von C. Paulus, EWiR § 64 GmbHG 3/97; Schulze-Osterloh, WuB II C. § 64 GmbHG 2.97); Dauner-Lieb, ZGR 1998, 617 ff ; vgl. auch die kritischen Hinweise bei K. Schmidt, JZ 1978, 665; G. Müller, GmbHR 1994, 212: Juristische Spielerei“; Schanze AG 1993, 380: „ebenso ästhetisch anziehend wie praktisch undurchführbar“. 485 Vgl. OLG Stuttgart, ZIP 1989, 386 - dazu Reimer, EWiR 1989, 593; OLG Hamburg, ZIP 1989, 249 - dazu Joost, EWiR 1989, 275; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 53; Rowedder (-Rowedder), § 64, Rn. 24; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 31 und 36.

negative Interesse486, wobei sich der Gläubiger die von ihm im Konkurs der GmbH tatsächlich erlangte Quote anrechnen lassen muß487. c) Kritik an der Besserstellung der Neugläubiger

Die differenzierte Behandlung von Alt- und Neugläubigem aufgrund der Verbrei­ terung des Schutzzwecks des § 64 I GmbHG ist auf erhebliche Kritik gestoßen488. Sie knüpft im Kem an die Erweiterung des Schutzbereiches des § 64 I GmbHG an489. Der allgemeine Schutzzweck der gesetzlichen Konkursantragspflicht sei vom Gesetzgeber in schadensersatzrechtlicher Hinsicht zunächst nur mit der Sanktion verbunden gewesen, daß die Geschäftsführer nach § 64 II GmbHG verpflichtet seien, „Zahlungen“ der Gesellschaft zu ersetzen, die sie nach Eintritt der Konkurs­ reife unter Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet haben. Ein weitergehender Schutz der Gläubiger als die „Auffüllung der Masse“ sei nicht gewollt gewesen. Insbesondere ergebe sich weder aus dem Gesetzestext noch aus dessen Entstehungsgeschichte, daß der Gesetzgeber mit § 64 I GmbHG über das Ziel hinaus, das zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderliche Gesellschaftsvermögen zu erhalten, und den allen Gesellschaftsgläubigem gleichmäßig entstandene Masseverkürzungs­ schaden zu ersetzen, die Gläubiger auch davor habe bewahren wollen, einer über­ schuldeten Gesellschaft Kredit zu geben oder überhaupt mit ihr in Geschäfts­ beziehungen zu treten490. Bei näherer Betrachtung vermögen die geäußerten Bedenken jedoch nicht zu einem anderen als dem hier befürworteten Ergebnis zu fuhren. Der Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift kann sich nur auf beschränkte Informationen aus den Materialien stützen. Die wenigen Hinweise scheinen allerdings in der Tat eher dafür zu sprechen, daß der Schutzzweck der Konkursantragspflicht über § 64 II GmbHG verwirklicht werden sollte. Denn sowohl die Forderung des Deutschen Handelstages sicherzustellen, daß derjenige, der verspätet den Konkurs anmeldet, mit seinem gesamten Vermögen in die Haftung für die Gesellschaftsschulden eintrete, bzw. daß er den Gesellschaftsgläu­ 486 Ebenso Wiedemann, EWiR 1993, 584; Wilhelm, ZIP 1993,1833; Bork, ZGR 1995, 512 ff.; Flume, ZIP 1994, 339 ff.; Goette, DStR 1994,1052 f.; Karollus, ZIP 1995, 269 f.; Kübler, ZGR 1995, 494; Lutter, DB 1994, 129, 135; Stapelfeld, 166 ff.; früher schon Lambsdorff/Gilles, NJW 1966, 1551; Gilles/Baumgart, JuS 1974, 227 f. 487 Dellinger, WB1. 1993,207 ff. 488 Siehe u.a. Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 40; Canaris, JZ 1993, 650 ff.; G. Müller, GmbHR 1994, 208 ff.; Schüppen, DB 1994, 200 ff.; Ulmer, ZIP 1993, 771 f.; Bauder, BB 1993,2472 ff. 489 So etwa auch die Kritik von Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 26: Die Wertung spezieller Anspruchsnormen wie etwa § 823 II BGB in Verbindung mit § 263 oder § 265 oder § 265 b StGB würden durch die neue Rechtsprechung sinnwidrig eingeebnet; vgl. ferner Canaris, JZ 1993, 650 ff. 490 G. Müller, GmbHR 1994,209; Canaris, JZ 1993,650.

bigem persönlich für jeden einzelnen Ausfall der Forderungen hafte, als auch der in etwa gleichlautende von der preußischen Handelskammer gemachte Vor­ schlag491, wurden vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Die Aussagekraft dieses Arguments ist jedoch nur schwach, weil zum Zeitpunkt der gesellschaftsrecht­ lichen Diskussion über die Konkursantragspflicht und dem Inkrafttreten des GmbHG das BGB mit seinem § 823 II noch gar nicht existierte492. Damit kann gerade nicht ohne weiteres festgestellt werden, welche Schadensersatzansprüche sich aus der Bestimmung für die durch die verspätete Konkursantragsstellung geschädigten Gläubiger ergeben soll. Sicher ist nur, daß sich allein aus dem GmbHG keine weitergehende Ansprüche als der Quotenschaden ergeben sollten; mit der Existenz des § 823 II BGB ist eine Erweiterung dieser Ansprüche jedoch ermöglicht worden. Eine intensivere Auseinandersetzung mit den Überlegungen zum Willen des historischen Gesetzgebers bedarf es an dieser Stelle aber nicht, denn in jedem Fall ist die Erweiterung des Schutzbereiches des § 64 I GmbHG aufgrund der negativen Erfahrungen mit dem überkommenen Verständnis der Vor­ schrift gerechtfertigt. Sie entspricht einem wesentlichen Bedürfnis des Geschäfts­ verkehrs. Denn die Praxis hat gezeigt, daß dem allgemeinen Normzweck des § 64 GmbHG nicht hinreichend Rechnung getragen wird, wenn man sich lediglich am Status quo des Vermögens der Gesellschaft und damit am Modell des § 64 II GmbHG orientiert493. Um ein funktionsfähiges und effektives Instrument des Gläubigerschutzes zu sein, muß die Konkursantragspflicht durch Schadensersatz­ ansprüche wirksam sanktioniert werden können, so daß auch tatsächlich ein wirk­ samer Schutz entstehen kann. In Wirklichkeit hat die Begrenzung des Schadens­ ersatzanspruches auf den Quotenschaden aber die Konkursantragspflicht als Haftungsnorm weitgehend außer Wirkung gesetzt. Ohne diese „Kurskorrektur“ wäre die Haftung wegen Konkursverschleppung praktisch leergelaufen und hätte damit eine offene Flanke in das Gesamtkonzept der („hinreichenden“) Gesell­ schaftsfinanzierung gerissen. Unterstrichen wird dies insbesondere dadurch, daß bislang - soweit ersichtlich - noch kein Prozeß bekannt geworden ist, in dem von vornherein ein auf den Ersatz des Quotenschadens begrenzter Anspruch ernstlich verfolgt worden wäre494. Soweit man allerdings auf den Vertrauensschaden als Sanktion für eine Nichtbeachtung des § 64 I GmbHG abstellt, besteht die berech­ tigte Erwartung, daß eine effektivere Haftung und eine größere präventive Wirkung erzielt werden kann und damit die kostenträchtige Gefahr für den Wirt­ schaftsverkehr durch die Aktivitäten konkursreifer Gesellschaften mbH verringert wird.

491 Vgl. Amtliche Ausgabe des Entwurfes eines Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung nebst Begründungen und Anlage, Berlin 1891, 136 f.; siehe auch Brodmann, § 64, Rn. 4; vgl. ferner Flume, ZIP 1994, 339; BGHZ 126, 181, 195. 492 Siehe Wilhelm, ZIP 1993,1835; Medicus, WuB IIC, § 64 GmbHG 1.94. 493 Vgl. BGHZ 126,181,197 f. 494 Bauder, BB 1993,2473; Mertens, in: FS Lange, 577.

Unabhängig von diesem Gesichtspunkt ist in der Praxis wegen des mit großen Unsicherheiten verbundenen Auftretens konkursreifer Gesellschaften mbh auf dem Markt ein erhebliches Bedürfnis nach einem individuellen Schutz der durch die Konkursverschleppung geschädigten Gläubiger anzuerkennen. Dieser Schutz korrespondiert mit der Frage, wer das Risiko dafür tragen muß, unwissentlich mit konkursreifen Gesellschaften Geschäfte zu machen. Dieser Schutz ist im Gesetz nur über § 64 I GmbHG zu bewerkstelligen, da nach Absatz 2 die Neugläubiger lediglich insoweit zu den in den Schutz einbezogenen „Gläubigem“ gehören, als sie sich der GmbH gegenüber schon vertraglich gebunden haben495; denn nur in dieser Eigenschaft haben sie ein Anrecht auf Befriedigung aus dem als Konkurs­ masse zu erhaltenen Gesellschaftsvermögen. Aus dem Grundsatz, daß jeder Marktteilnehmer die übrigen vor denjenigen Risiken schützen muß, die aus seinem Umkreis entstehen bzw. entstehen können496, folgt aber unmittelbar, daß eine konkursreife Gesellschaft vertreten durch den Geschäftsführer prinzipiell das Risiko tragen muß, welches entsteht, wenn mit ihr Geschäfte geschlossen werden, obwohl sie am Wirtschaftsleben eigentlich nicht mehr teilnehmen durfte. Unter­ bleibt diese Elimination, so muß sich das in der Risikoverteilung zuungunsten desjenigen auswirken, der das bestehende Risiko nicht entfernt hat, dies aber hätte tun können und müssen. Es geht hier haftungsrechtlich ausgedrückt also um einen Verstoß gegen eine dem Geschäftsführer obliegende Verkehrspflicht. Tragen aber diejenigen, die mit der betreffenden Gesellschaft nach Konkursreife noch Verträge schließen, das Risiko des Ausfalls ihrer Forderungen nicht, so muß ein Ausgleich dafür geschaffen werden, wenn sich das spezielle Risiko doch bei ihnen verwirk­ licht. Dies geschieht dadurch, daß das Vertrauen in den Vertragsschluß mit einer GmbH, die jedenfalls schon gar kein Marktteilnehmer hätte sein dürfen, geschützt bleibt. In dieser Überlegung ist auch bereits das Argument angedeutet, welches gegen konkursrechtliche Bedenken hinsichtlich der differenzierten Behandlung von Altund Neugläubigem vorgebracht werden kann. Diese beziehen sich darauf, daß durch die unterschiedliche Behandlung der Alt- und Neugläubiger der Grundsatz der Gleichbehandlung im Konkurs verletzt würde497. Tatsächlich wird der Gleich­ behandlungsgrundsatz im Konkurs durch die Gewährung unterschiedlicher Schadensersatzansprüche für Alt- und Neugläubiger aber nicht verletzt, weil den Alt- und Neugläubigem auch auf jeweils unterschiedliche Art ein Schaden entstan­ den ist498. Etwas anderes ergäbe sich nur dann, wenn die Neu- und die Altgläubiger untereinander jeweils unterschiedlich behandelt würden: Entscheidend ist dabei der nach § 64 I GmbHG maßgebliche Zeitpunkt; ist dieser überschritten, so liegt ein 495 Ulmer, ZIP 1993,771. 496 Grundlegend und ausführlich v. Bar, 181 ff.; siehe auch Deutsch, Rn. 106 und Larenz/ Canaris, SchR II 2, § 76 I: Verkehrspflichten (genauer: „allgemeine Sorgfaltspflichten“) sind die Konkretisierung des allgemeinen Gebots „neminem laedereu. 497 Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 16; K. Schmidt, NJW 1993,2934. 498 Überzeugend insoweit Bork, ZGR 1995, 517. Vgl. auch Wilhelm, ZIP 1993, 1834.

Konkursdelikt vor, aufgrund dessen der Geschädigte dem ihm schuldhaft und rechtswidrig zugefugten Schaden ersetzt erhält, wohingegen eine Entwertung der zu diesem Zeitpunkt bereits entstandenen Forderung, soweit ein Anspruch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage beruht, in den Risikobereich der davon betrof­ fenen Gläubiger fällt und nur durch den Ersatz des Quotenschadens kompensiert wird. Soweit ferner vorgetragen wird, man habe mit der neuen Rechtsprechung des BGH zum Quotenschaden die Konkursantragspflicht zu einer „institutionali­ sierten“ Aufklärungspflicht umfunktioniert und damit die Grenze zur Haftung aus c.i.c. verwischt499, wird dabei übersehen, daß die Haftung nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG gerade auf der Nichtentfernung der GmbH aus dem Rechtsverkehr beruht. Mit der Aufklärungspflicht hat dies so wenig zu tun wie sonst die Nichtbeseitigung von Gefahrenquellen im Rahmen der Verkehrs­ sicherungspflicht500. Schließlich könnte man auch argumentieren, daß bei der Anwendung des § 64 I GmbHG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB die für eine solches Gesetz notwendige Individualisierbarkeit des Betroffenen fehle, weil die geschützte Gruppe gerade der gesamte Wirtschaftsverkehr, damit also die Allgemeinheit wäre. Einem solchen Argument kann jedoch entgegnet werden, daß aus dem gesamten Geschäftsverkehrs die Gruppe der Adressaten des weitergehenden Schadensersatz­ anspruchs tatsächlich aber doch ganz exakt beschrieben werden können. Es sind nämlich diejenigen, die aufgrund des Umstandes, daß sie nach Konkursreife mit dem jetzigen Gemeinschuldner kontrahiert haben, einen Schaden erlitten haben. Die mit der Kritik angesprochene Schwierigkeit liegt in Wirklichkeit nicht in der für § 823 II BGB nötigen Abgrenzbarkeit der Gruppe der Neugläubiger von dem allgemeinen Geschäftsverkehr, sondern in der genauen Bestimmung, ab welchem Zeitpunkt die Konkursreife des Unternehmens vorlag, und damit letztlich in einem konzeptionellen Aspekt der Bestimmung.

d) Zusammenfassung Insgesamt gesehen sind die gegen den Ersatz des Vertrauensschadens hervor­ gebrachten Argumente geprägt von einer zu sehr am Vermögen der konkursreifen Gesellschaft orientierten Sichtweise, der es jedoch nicht gelingt, die volkswirt­ schaftlich sinnvolle Risikoverteilung in dieser Fallkonstellation hinreichend zu beachten. Im Ergebnis stellt die Gegenauffassung damit sogar eine Privilegierung des Geschäftsführers für etwas dar, das ihm gerade in ganz besonderer Weise vorwerfbar ist, nämlich ein zusätzliches Risiko für den Markt zu schaffen, ohne für

499 K. Schmidt, ZIP 1988, 1503; ders., GesR, 1088; Scholz(-K. Schmidt), §64, Rn. 31 und 55 ff.; dagegen aber zu Recht Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 16 siehe auch G. Müller, GmbHR 1996, 397; vgl. im weiteren auch Medicus, in: FS Lange, 592 ff. 500 So zutreffend Karollus, ÖBA 1995,11.

die damit entstehenden Kosten, nämlich das damit enttäuschte Vertrauen der übri­ gen Akteure, einstehen zu müssen. Bedenkt man, daß in der Praxis die verspätete Anmeldung zum Konkurs ein relativ häufig vorkommender Fall ist und macht man sich klar, daß gerade im Konzern, § 64 GmbHG eine wirksame Waffe dagegen sein kann, die konkursreifen abhängigen Unternehmen noch so lange „laufen“ zu lassen, bis auch das letzte Vermögen aus ihr zu Gunsten der Konzemmutter abgezogen worden ist, dann ist ein Verständnis des § 64 I GmbHG abzulehnen, welches das der Vorschrift inne­ wohnende Schutzpotential zugunsten der anderen Teilnehmer am Wirtschafts­ verkehr nicht nutzbar macht. Vor diesem Hintergrund fuhrt eine Abwägung der einzelnen Argumente schlußendlich zu dem Ergebnis, daß diejenigen Gläubiger, die nach der Konkursreife der abhängigen GmbH mit dieser noch Geschäfte einge­ gangen sind, im Konkurs vom Geschäftsführer oder/und von dem herrschenden Unternehmen nicht nur den Quotenschaden verlangen können, sondern darüber hinaus auch ihren Vertrauensschaden.

3. Geltendmachung des Anspruches der Neugläubiger aus §§ 823 II BGB in Verbindung mit § 641 GmbHG

a) Eigenständige Geltendmachung durch den Gläubiger

Mit der neuen und nach hiesiger Ansicht zu befürwortenden Rechtsprechung wird zwar die „Waffe“ des § 64 I GmbHG geschärft, doch es stellt sich im hier interessierenden Zusammenhang das Problem, ob der Anspruch der Neugläubiger über den Quotenschaden hinaus überhaupt vom Konkursverwalter geltend gemacht werden kann. Es handelt sich insoweit um einen individuellen Anspruch eines jeden Neugläubigers, der von diesen eigenständig geltend gemacht werden kann. Da der Konkursverwalter nicht befugt ist, Ansprüche zu verfolgen, die nur einzel­ nen Konkursgläubigem entstanden sind501, ergibt sich das Problem, daß der Konkursverwalter insoweit gar keinen „Innenhaftungsanspruch“ gegen die Konzemmutter geltend machen darf502 und deshalb dieser Anspruch gegen die Mutter als Außenhaftungsanspruch die Haftungsmasse des Gemeinschuldners höchstens indirekt vergrößern könnte, indem einige Gläubiger möglicherweise mit ihren Forderungen nicht mehr an der Verteilung der Masse teilnehmen würde und sich so für die anderen Gläubiger die Quote vergrößert. Im Rahmen des Konkurs­ verfahrens kommt es insoweit also zu einer (bedauerlichen503) Spaltung der

501 Ulmer, KTS 1981,489; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 21; BGH ZIP 1984, 882. 502 Siehe BGH GmbHR 1998, 594 ff 503 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 40.

Geltendmachung der Ansprüche aus § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG504.

b) Aktivlegitimation des Konkursverwalters Zum Teil wird im Gegensatz dazu mittlerweile allerdings die Ansicht vertreten, die Neugläubiger seien zur Geltendmachung ihres negativen Interesses gar nicht oder zumindest während des Konkursverfahrens nicht aktiv legitimiert505, so daß der Konkursverwalter diese Ansprüche doch geltend machen kann und zur Haftungs­ masse einziehen könnte. Soweit den Neugläubigem generell - also auch über das Konkursverfahren hinaus - die Aktivlegitimation zur Geltendmachung des Schadens abgesprochen wird, wird dabei von der Prämisse ausgegangen, daß die Abwicklung des Schadensersatzes ohnehin nicht über § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG vorgenommen werden dürfe, sondern über den insoweit vorrangigeren § 64 II GmbHG. Da diese Bestimmung aber gerade keine Haftung gegenüber den außenstehenden Gläubigem, sondern eine Innenhaftung vorsieht, müsse die Anwendung des § 64 II GmbHG dazu fuhren, daß den Neugläubigem keine eigenen Ersatzansprüche gegen den Geschäftsführer zustehen. Im Konkursver­ fahren müsse daher der Konkursverwalter für die Gesellschaft einen Anspruch gegen den Geschäftsführer geltend machen, der auf die Befreiung der Gesellschaft bzw. der Konkursmasse von dem Anspruch des Neugläubigers gerichtet sei. Eine solche Auffassung fuhrt jedoch dazu, daß die Neugläubiger im Ergebnis nicht nur ihren Vertrauensschaden ersetzt bekommen, sondern sogar das Erfüllungsinteresse506. Dogmatisch wird dies im wesentlichen damit begründet, daß eine GmbH, wenn sie konkursreif, insbesondere überschuldet sei, ihren Haftungsfonds einge­ büßt habe und damit die Voraussetzung der Beschränkung der Haftung der Gesell­ schafter auf das Gesellschaftsvermögen entfallen sei507. Außerdem müsse das Tatbestandsmerkmal „Zahlungen“ im § 64II GmbHG wie immer im GmbHG auch die Begründungen von Verbindlichkeiten umfassen und demzufolge die Ersatz­ pflicht nach dieser Vorschrift so verstanden werden, daß die Verantwortlichen der Gesellschaft diejenigen Verbindlichkeiten abnehmen müssen, die sie ungeachtet der Erkennbarkeit der Konkursreife der Gesellschaft noch eingegangen seien508.

504 Zur Frage des Zeitpunktes der Geltendmachung des Individualanspruchs vgl. Altmeppen, ZIP 1997, 1181 f.; zu zivilprozessualen Aspekten der Haftung wegen Konkursverschleppung siehe Meyke, ZIP 1998, 1179 ff. 505 So Wilhelm, ZIP 1993, 1833, 1835 ff.; ders., EWiR 1994, 791 f.; vgl. auch Wellkamp, DB 1994, 873; Altmeppen, DB 1994, 1912, 1917, Fn.47 (siehe aber jetzt dens., ZIP 1997, 1181 f.); Uhlenbruck, ZIP 1994,1153 ff.; vgl. auch G. Müller, GmbHR 1996, 397 ff.; Hirte, 6. 506 Siehe Wellkamp, DB 1994, 873; Wilhelm, ZIP 1993, 1837. 507 Roth, GmbHR 1985, 139 ff. 508 Wilhelm, ZIP 1993, 1837; ders., EWIR 1994, 791.

Einer solchen Auffassung kann allerdings aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden509. Unter ihnen ist das entscheidende Argument, daß im Hinblick auf die Interessen es schlicht nicht begründbar ist, warum die Neugläubiger das gesamte Erfüllungsinteresse ersetzt bekommen sollen: Wer ohne Sicherung mit einer konkursreifen GmbH ein Geschäft eingeht, hat gegen die GmbH primär einen Anspruch auf Erfüllung, der sich im Konkurs auf die Quote reduziert. Da das Betreiben der konkursreifen GmbH im Wirtschaftsverkehr eine Verkehrspflicht des Geschäftsführers verletzt und damit das Vertrauen des Gläubigers geschädigt wird, es im Geschäftsverkehr nicht mit konkursreifen Gesellschaften mbh zu tun haben zu müssen, kann der Neugläubiger zudem auch den Ersatz dieses Vertrauens­ schadens gegen denjenigen verlangen, der die Verkehrspflicht verletzt hat. Ein weitergehender Schaden ist dem Gläubiger aber gerade nicht entstanden und nach dem allgemeinen Grundsatz des Schadensrechts, daß niemand an seinem Schaden verdienen dürfe, daher auch nicht zu ersetzen510. Anderer Auffassung nach, kann die Aktivlegitimation des Konkursverwalters für die über den Quotenschaden hinausgehenden Schäden der Neugläubiger mit der Verhinderung eines „Windhundeffekts“ bei der Geltendmachung des Anspruchs bei dem Geschäftsführer begründet werden511. In dem Fall, wo das Vermögen des Ersatzpflichtigen nicht ausreichend ist, komme es bei einem ungehinderteren Zugriff einzelner Gläubiger auf dieses Vermögen dazu, daß Vorteile für ihn entstehen können, die möglicherweise zu Lasten der anderen Gläubiger gehen512. Die einheitliche Ausübung aller Ansprüche durch den Konkursverwalter verhin­ dere dagegen einen Wettlauf der einzelnen Neugläubiger untereinander sowie einen Wettlauf der Neugläubiger mit dem Konkursverwalter selbst513. Aber auch diese Argumentation hält einer näheren Betrachtung nicht stand. Bei genauerem Hinsehen stellt sich nämlich heraus, daß das Problem des Windhundeffekts hier tatsächlich gar nicht entsteht. Zwar kann der Neugläubiger unabhängig von dem Verfahren seinen Anspruch gegen den Geschäftsführer geltend machen. Da er sich dabei aber die Quote anrechnen lassen muß, die er aus der Masse bekommen würde, kann es gerade nicht zu dem befürchteten Wettlauf kommen. Die Quote ergibt sich nämlich erst dann, wenn der Konkursverwalter die Haftungsmasse zusammengetragen hat und berechnen kann, inwieweit die nunmehr erzielte Quote von der sonst zu erreichenden Quote abweicht. Der Neugläubiger muß also immer bis zum Ende des Verfahrens abwarten, wenn er seinen Anspruch geltend machen

509 Vgl. die eingehende Kritik bei Karollus, in: FS Steffen, 216 ff. Siehe auch BGH GmbHR 1998, 594, 594 f. 510 Vgl. Flume, ZIP 1994, 341, Fn. 43: Ersatz des Vertrauensinteresses sei ein „wunderliches Ergebnis“; Karollus, in: FS Steffen, 216 f. 511 Uhlenbruck, ZIP 1994,1155; Karollus, in: FS Steffen, 221. 512 Uhlenbruck, ZIP 1994,1155. 513 Vgl. Karollus, in: FS Steffen, 221.

will, weil sich dann erst sein Schaden konkretisiert514 und er diesen Anspruch ggf. auch dann erst prozessual durchsetzen kann (vgl. § 253 I Nr. 2 ZPO)515. Auch die von Uhlenbruck angeführte „allgemeine“ Tendenz, Schadensersatz­ ansprüche der Gläubiger im Konkurs der Gesellschaft als Gesamtschaden allein vom Konkursverwalter geltend zu machen516, überzeugt nicht. Die als Beispiel aufgeführten §§ 95 V 4 AktG517,130a HGB und § 64 II GmbHG betreffen nämlich allesamt Schäden, die der Gesellschaft von vornherein zustehen und können daher nicht als Beleg dafür herangezogen werden, daß der Konkursverwalter Individual­ ansprüche der Gläubiger für sie geltend machen kann. Die Vorschriften der § 171 II HGB und § 309 IV 5 AktG können ebenfalls nicht als Stütze für die Geltend­ machung der Individualschäden der Gläubiger durch den Konkursverwalter dienen, denn sie treffen nur Regelungen für die Fälle, wo der Konkursverwalter die Gläubiger im Hinblick auf einen Gesamtschaden vertritt. Wichtig ist schließlich noch der Hinweis auf § 92 InsO, wonach Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaft­ lich durch eine Verminderung der zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben, während der Dauer des Verfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können518. Hintergrund dieser Regelung über den Gesamtschaden ist die Vorstel­ lung, daß für den Fall, daß die Insolvenzmasse durch eine Handlung verkürzt worden ist, die nach den Bestimmungen des Haftungsrechts Schadensersatz­ ansprüche des Insolvenzgläubigers begründen, diese Ansprüche in die Insolvenz­ masse gehören, und der Schädiger deshalb Schadenersatz in die Masse zu leisten hat. Auf diese Weise soll verhindert werden, daß sich einzelne Gläubiger durch gesonderten Zugriff Vorteile verschaffen und dadurch den Grundsatz der gleich­ mäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger verletzen519. Ist allerdings durch eine Pflichtwidrigkeit nur ein einzelner Insolvenzgläubiger betroffen und damit ein Individualschaden entstanden, so kann der davon Betroffene auch im Geltungs­ bereich des § 92 InsO seinen Ersatzanspruch unbeeinflußt vom Insolvenzverfahren selbst geltend machen520. Der Umstand, daß in der Regierungsbegründung zu § 103 des Entwurfes zur InsO (dem jetzigen § 92 InsO) auch der Schaden aus 514 Vgl. Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 33. 515 Anders, jedoch ohne Begründung Uhlenbruck, ZIP 1996, 1641, 1644: „Es wird wohl zuläs­ sig sein, die aus dem Geschäft mit der insolventen Gesellschaft resultierende Forderung wie eine Ausfallforderung in voller Höhe zur Konkurstabelle anzumelden und im Verteilungsverfahren die Höhe der Befriedigung aus der persönlichen Haftung des Geschäftsführers entsprechend § 153 KO nachzuweisen.“ 516 Uhlenbruck, ZIP 1993,1155. 517 Dazu siehe eingehend Karollus, in: FS Steffen, 223, Fn. 40 mit Hinweis auf Hüffer, § 93, Rn. 31 f. 518 Ausführlich dazu nun K. Schmidt, ZGR 1996,211 ff. 519 Siehe Begründungstext zu § 103 des Reg.-Entw., BT- Drucks. 12/2443, 139; K. Schmidt, ZGR 1996,211 f. 520 Schmidt-Räntsch, § 92, Rn. 2.

Verletzung der Konkursantragspflicht als ein Beispiel eines Gesamtschadens im Anwendungsbereich von § 92 InsO genannt wird, ist mittlerweile bedeutungslos, denn die Begründung beruhte noch auf der Vorstellung, es werde durch § 823 II in Verbindung mit § 64 I GmbHG nur der Quotenschaden ersetzt, wie der Hinweis in der Begründung auf „BGH, WPM 1986, 237, 238“ eindeutig belegt521. Aus § 92 InsO läßt sich mithin ebenfalls keine Aktivlegitmation des Konkursverwalters zur Geltendmachung des negativen Interesses der Neugläubiger ableiten, das über den Quotenschaden hinausgeht522. Die Aktivlegitimation des Konkursverwalters für den Schaden der Neugläu­ biger, der über den Quotenschaden hinausgeht, ist demfolgend also nicht begründ­ bar. Mit Urteil vom 7.11.1994 hat der BGH sich im Ergebnis der hier vertretenen Ansicht angeschlossen und betont, daß der Schaden im Gesellschaftskonkurs durch den Neugläubiger unmittelbar selbst geltend gemacht werden kann523. c) Zusammenfassung Der Konkursverwalter (bzw. der Insolvenzverwalter) eines abhängigen Konzern­ unternehmens kann gegen die Muttergesellschaft, wenn sie nach den oben herausgearbeiteten Kriterien Täter oder Teilnehmer an der Konkursverschleppung ist, nur den Quotenschaden geltend machen, so daß die Haftungsmasse auch nur insoweit vergrößert werden kann. Den darüber hinausgehenden Schadensersatz in Höhe des negativen Interesses der Neugläubiger können jene unabhängig vom Konkurs- (bzw. Insolvenz-)Verfahrens geltend machen; er vergrößert die Haf­ tungsmasse der in Konkurs gefallenen abhängigen GmbH im Konzern nicht direkt. Auch eine indirekte „Vergrößerung“ im Sinne einer Verbesserung der Quote der übrigen Gläubiger gibt es hier nicht. Das herrschende Unternehmen hat den Neugläubigem direkt nur hinsichtlich ihres negativen Interesses vermindert um den Quotenschaden zu haften, so daß sie hinsichtlich des Quotenschadens - gemeinsam mit den Altgläubigem - Konkursgläubiger bleiben. Das gilt auch unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sie ihren Schaden bei dem herrschenden Unter­ nehmen geltend machen könnten.

521 Siehe Reg.-Entw., BT-Drs 12/2243,139. 522 Im Ergebnis ebenso Karollus, in: FS Steffen, 223; ders., ZIP 1995, 271; Eyber, NJW 1994, 1624; Lutter/Hommelhoff, §64, Rn. 21; Scholz(-K. Schmidt), §64, Rn. 32; K. Schmidt, ZGR 1996, 213; Grunewald, GmbHR 1994, 666; Bork, ZGR 1995, 526; anders erneut, aber ohne Berücksichtigung der hier angesprochenen anderen Voraussetzungen, von denen die Entwurfs­ begründung noch ausgegangen ist, Uhlenbruck, ZIP 1996,1644 (vorher ders., ZIP 1994,1155). 523 BGH ZIP 1995, 211, 212 f.; vgl. diesbezüglich auch Bork, ZGR 1995, 523 f.; Lutter, DB 1994, 135; Pape, WPrax 1995, 171; Uhlenbruck, ZIP 1996, 1644; B. Kübler, ZGR 1995,494.

4.

Vergrößerung der Haftungsmasse durch § 64II GmbHG

a) Anforderungen Nach § 64 II GmbHG darf der Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Konkursreife keine Zahlungen mehr leisten, die zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Verhaltens eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Das herrschende Unternehmen kann insoweit wiederum als Anstifter oder als Täter in die Haftung einbezogen werden. Auch im Rahmen des § 64 II GmbHG bewirkt eine (einstimmige) Weisung des herrschenden Unternehmens an den Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens keine Rechtfertigung seines Handelns (§ 64 II 3 in Verbindung mit § 43 III GmbHG), so daß ein Teilnahme an einer rechtswidrigen Haupttat für das herrschende Unternehmen möglich ist (§ 830II BGB). Kann das herrschende Unternehmen nach den oben erarbeiteten Kriterien als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden und hat er im Rahmen dessen nach Konkursreife noch Zahlungen aus dem Vermögen der abhängigen Gesellschaft geleistet, so muß es diese in die Masse erstatten524. In den Anwendungsbereich des § 64 II GmbHG fallen nicht nur das Verbot bestimmter Zahlungen, sondern auch die Eingehung neuer Verbindlichkeiten. Ferner sind „Zahlungen“ alle Minderun­ gen des Gesellschaftsvermögens durch sonstige Leistungen oder Nichtgeltend­ machung von bestehenden Forderungen gleichzustellen525. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, wie oben betont, die Gläubigergesamtheit vor der Schmälerung der Konkursmasse zu schützen, die nach Konkursreife erfolgen526. Der Sache nach stellt sich § 64 II GmbHG also ebenfalls eine Haftung gegenüber der Gläubiger­ gesamtheit dar527, so daß der Schaden der Gläubiger durch Zahlung in die Masse auszugleichen ist und der Anspruch vom Verwalter einheitlich geltend gemacht werden kann528. Insoweit handelt es sich hier wie auch bei Quotenschaden um eine Schadensliquidation im Drittinteresse529. Der Anspruch aus § 64 II GmbHG setzt Verschulden des Geschäftsführers voraus530; nach verbreiteter Ansicht reicht dafür Fahrlässigkeit aus531. Die Gegen­

524 Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 8; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 22. 525 Siehe Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 40; Rowedder(-Rowedder), § 64, Rn. 16; Lutter/ Hommelhoff, § 64, Rn. 7 f.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 14; Scholz (-K. Schmidt), § 64, Rn. 24; nur beschränkend auf Geldzahlungen: Fleck, GmbHR 1974, 230; Meyer-Landrut, § 64, Rn. 12. 526 BGH NJW 1974, 224, 230; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 10; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 37. 527 So ausdrücklich Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 7 unter Berufung auf BGH NJW 1974, 1089. 528 Siehe Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. D vor § 207, Rn. 14 c. 529 Vgl. K. Schmidt, JZ 1978, 662; Medicus, GmbHR 1993, 538; Baumbach/Hueck(-SchulzeOsterloh), § 64, Rn. 13; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 7; BGH NJW 1974 1088, 1089 spricht von „Ersatzanspruch eigener Art“; vgl. auch Windel, KTS 1991,495. 530 Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 36; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 30.

ansicht verlangt jedoch positive Kenntnis der Konkursreife531 532. Denn § 64 II GmbHG sei die Sanktion zu § 64 I GmbHG und bilde einen Ausschnitt aus der durch § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG generell geregelten Haftung für Schutzgesetzverletzungen. Da im Hinblick auf § 823 II BGB anerkannt sei, daß die Verschuldensmerkmale nicht weiterreichend sein können als die des Schutz­ gesetzes, müsse gelten, daß soweit § 64 I GmbHG den Lauf der Antragsfrist von positiver Kenntnis abhängig mache, auch der Anspruch des § 64 II GmbHG dieselbe positive Kenntnis erfordere533. Dem ist indes nicht zuzustimmen, weil die insolvenzrechtlichen Organpflichten und ihre Sanktionen gerade auf einer Selbst­ prüfungspflicht der Unternehmensleitung beruhen; diesbezüglich kommt es nur auf die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes an und nicht auf positive Kennt­ nis534. Zudem ist der Schluß von dem Verhältnis der Verschuldensmerkmale zwischen § 823 II BGB und dem Schutzgesetz nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen § 64 I und § 64 II GmbHG übertragbar. Denn es handelt sich bei § 64 II GmbHG zwar um eine Sanktionsvorschrift, doch ist sie keine Scha­ densersatzregel oder gleichsam eine Art Schutzgesetz im Verhältnis zu § 64 I GmbHG. Ob ein ordentlicher Geschäftsmann die Zahlung ebenso geleistet hätte wie der (faktische) Geschäftsführer ist im Zweifel entsprechend der Rechtsidee der §§ 93 II 2 AktG vom (faktischen) Geschäftsführer zu beweisen535. Aufgrund der gläubigerschützenden Bedeutung des § 64 II GmbHG ist dieser Exkulpationsgrund nur sehr zurückhaltend zu bejahen536. b) Die Konkurrenz des Anspruchs aus § 64II GmbHG mit den Anfechtungsregeln der Konkursordnung bzw. der Insolvenzordnung

Der Konkursverwalter kann nach § 64 II GmbHG für die Haftungsmasse den Ersatz des gezahlten Betrages verlangen, der gemindert wird um die in die Masse geflossene und dort wertmäßig erhalten gebliebene Gegenleistung und um den Betrag, den der durch die Zahlung begünstigte Gläubiger als Konkursquote erhal­ ten hätte537. 531 Statt aller Lutter/Hommelhoff, §64, Rn. 10; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 41; Scholz (-K. Schmidt), § 64, Rn. 30; BGHZ 75, 97, 111; BGHZ 126, 181, 199; OLG Düsseldorf, ZIP 1992, 767, 770; OLG Hamburg, ZIP 1995, 913 f.; Rowedder(-Rowedder), § 64, Rn. 18: Skeptisch aller­ dings Liebs, in: FS Rittner, 373. 532 Schulze-Osterloh, AG 1984, 143 ff.; Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 18. 533 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 18. 534 So überzeugend Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 30. 535 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 42. 536 Vgl. Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 9; Rowedder(-Rowedder), § 64, Rn. 9; siehe auch Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 27. Ausführlicher zu den Beweisfragen hinsichtlich des Verhaltens eines ordentlichen Geschäftsmanns siehe unten II. Teil E. II. 3 c. 537 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), §64, Rn. 18; Hachenburg(-Ulmer), §64, Rn. 43; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 10; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 35; Fleck, GmbHR 1974, 231; OLG Hamm, GmbHR 1993, 584, 585; vgl. bereits OLG Hamburg MDR 1959, 311.

Betrachtet man nur den Erfolg dieses Anspruches für die Masse, so ist auffällig, daß ein nahezu deckungsgleiches Ergebnis wie mit dem Erstattungsanspruch nach § 64 II GmbHG - je nach Umständen - grundsätzlich auch mit Hilfe der Anfech­ tungsregeln der KO bzw. der InsO erreicht werden kann, mittels derer bestimmte Leistungen, die kurz vor Konkurseröffnung vorgenommen wurden, angefochten werden können. Soweit eine vom Geschäftsführer nach Eintritt der Konkursreife geleistete Zahlung durch Anfechtung wieder in die Masse geführt werden kann, stellt sich deshalb die Frage des Verhältnisses von Anfechtung und Haftung wegen Masseschmälerung. Aufgrund des Umstandes, daß erst dann tatsächlich eine Verminderung der Masse des Gemeinschuldners vorliegt, die der Geschäftsführer als Schaden aus­ gleichen muß, wenn die herausgegebene Zahlung wirklich uneinbringlich ist, liegt die Auffassung nahe, daß dann, wenn die vom Geschäftsführer geleisteten Zahlun­ gen ein Anfechtungsrecht nach §§ 29 ff. KO/§§129ff. InsO begründen, der Verwalter zunächst versuchen muß, im Wege der Anfechtung, den gezahlten Betrag vom Gläubiger zurückzuerlangen538. Solange diese Möglichkeit nicht erfolglos geblieben ist, könnte der Geschäftsführer deshalb ein Leistungsverweige­ rungsrecht in Anspruch nehmen539. Dem steht nunmehr ein Urteil des BGH vom 18.12.1995 entgegen, mit dem er sich einer bereits von einigen Stimmen in der Literatur vertretenen Ansicht540 angeschlossen hat. Danach braucht der Konkurs­ verwalter nicht mehr nach dem Grundsatz caveat magister bonorum vorgehen541, indem er erst erfolgsversprechende Anfechtungsklagen durchfuhren muß, bevor er sich gegen den Geschäftsführer der GmbH wenden kann, sondern er kann sich sogleich an den Geschäftsführer halten. Der BGH entschied - allerdings ausdrück­ lich nur für den speziellen Fall des Ablaufs der Anfechtungsfrist nach § 41 I KO -, daß der Konkursverwalter ein Wahlrecht habe, selbst entscheiden zu können, welchen Weg er beschreiten wolle, um die entsprechende Zahlung wieder in die Masse zu holen542. Damit wird in besonderem Maße dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Subsidiarität der Haftung nach § 64 II GmbHG zu Lasten der Konkursgläubiger gehen könnte. Das widerspräche aber gerade dem Anliegen sowohl der Anfechtungsregeln als auch des § 64 II GmbHG. Mit dieser Norm, so begründete der BGH seinen Schritt, habe der Gesetzgeber ein zusätzliches Mittel zur rationellen Wiederauffüllung der der Masse vorher entzogenen Vermögens­

538 OLG Hamm, GmbHR 1993, 584, 585; Lutter/Hommelhoff, §64, Rn. 11; Baumbach/ Hueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 19; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 43; Rowedder (-Rowedder), § 64, Rn. 23; Fleck, GmbHR 1974, 231. 539 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 35. 540 Windel, KTS 1991, 509 f.; Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 41. 541 BGH ZIP 1996, 420; dazu siehe sehr ausführlich C. Paulus, in: RWS-Forum 9, 211; Schulze-Osterloh, EWiR 1996, 459; Uhlenbruck, WiB 1996, 466; G. Müller, ZIP 1996, 1153; Maser/Sommer, BB 1996, 66; Marsch-Bamer/Diekmann, in: Münchener Handbuch des Gesell­ schaftsrechts, Band 3, § 46, Rn. 54. 542 BGH WiB 1996, 383 f.

werte zur Verfügung gestellt; dieses müsse zu Gunsten der Gläubiger auch konse­ quent ausgeschöpft werden. Dem Konkursverwalter obliege eine Pflicht, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu vergrößern, nicht aber den Geschäfts­ führer einer GmbH vor der Inanspruchnahme durch § 64 II GmbHG zu schüt­ zen543. Im Gegenteil widerspräche es dem gesetzgeberischen Anliegen, den der Masse eingeräumten Vorteil nicht ihren Gläubigem, sondern statt dessen einen ihrer weiteren Schuldner, nämlich dem ihr nach § 64 II GmbHG haftenden Geschäftsführer zugute kommen zu lassen544. Da Anfechtung und Haftung aus § 64 II GmbHG dem gleichen Zweck folgten, eine vor Konkurseröffnung einge­ tretene Schmälerung der Konkursmasse zugunsten der Gläubiger auszugleichen, sei es dem Konkursverwalter gestattet, Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Dabei habe er sich von dem Aspekt der bestmöglichen Wahrung der Gläubiger­ interessen leiten zu lassen545. Dieses Urteil bestimmt den Charakter des § 64 II GmbHG in konkursrechtlicher Hinsicht. Dabei hat der BGH sich zu Recht gegen ein Verständnis des § 64 II GmbHG als Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer546 entschieden, wonach ein zu liquidierender Schaden der Gesellschaft erst dann vorliege, wenn erfolgreiche Rückgewähransprüche gegen den Empfänger der pflichtwidrig bewirkten Zahlung noch geltend gemacht werden können. § 64 II GmbHG ist vielmehr ein Gestaltungsmittel des Konkursverwalters547, mit dem es ihm möglich ist, der Massearmut entgegenzuwirken. Dafür spricht zum einen, daß es für eine Subsidiarität der Einstandspflicht aus § 64 II GmbHG, die aus einem Verständnis als Schadensersatznorm folgen würde, keine gesetzgeberischen Hinweise gibt. Als einzige Möglichkeit des Geschäftsführers der Haftung zu entkommen, ist vorgese­ hen, daß er sich darauf berufen kann, daß auch ein ordentlicher Geschäftsführer so gehandelt hätte, wie er gehandelt hat. Zum anderen würde die Subsidiarität des § 64 II GmbHG seine Funktion als sanktionsartige Ergänzung zu § 64 I GmbHG beeinträchtigen, wenn sich der Geschäftsführer im Konkursverfahren auf eine „Vorausklage der Anfechtung“548 berufen könnte. Bedenkt man ferner, daß § 64 II GmbHG ein probates Mittel ist, um die Haftungsmasse aufzufüllen549, während der Erfolg im Wege der Anfechtung weitaus geringer sein kann, weil die Anfech­ tungsprozesse wegen des Nachweises subjektiver Kriterien oft nicht besonders aussichtsreich sind, wäre es rechtspolitisch verfehlt, ein Instrument nicht zu nutzen,

543 BGH WiB 1996, 383 f. 544 BGH WiB 1996, 384. 545 BGH WiB 1996, 383 f. 546 Vgl. Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 35; Lutter/Hommelhoff, § 64, Rn. 7. 547 In der Literatur wird häufiger von einem „Anspruch eigener Art“ gesprochen: BGH NJW 1974, 1089; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 37; BaumbachZHueck(-Schulze-Osterloh), § 64, Rn. 13. 548 So Pape, WiB 1996, 384. 549 Pape, WiB 1996, 385.

daß dem Interesse der Gläubiger dient und damit letztlich eine Entscheidung zu Lasten der Masse zu treffen550. Das gilt auch im Hinblick auf die neue InsO, wo zwar die Anfechtungsmöglich­ keiten noch erleichtert werden, dennoch aber in ihrem Erfolg unsicherer sein dürften als die Möglichkeit, nach § 64 II GmbHG vorzugehen. Gleichwohl ist es nicht unwichtig, die Anfechtungsregeln und das Instrument des § 64 II GmbH gemeinsam im Blick zu haben, denn die Anfechtungsregeln werden dort wieder bedeutsam, wo der Geschäftsführer nicht leistungsfähig ist, weil dann die Leistung vom Empfänger zurückverlangt werden kann. Die neue Rechtsprechung des BGH fuhrt also praktisch dazu, daß es für die Rückzahlung des nach Konkursreife des Unternehmens ausgezahlten Betrages zwei Schuldner geben kann. Allerdings spielt diese Möglichkeit in einem Konzern nach der hier vertretenen Ansicht eine weni­ ger große Rolle, weil sich der Konkursverwalter in der Regel ohnehin entweder nach §§ 830II, 840 I BGB denjenigen zur Leistung auswählen kann, der leistungs­ fähiger ist, oder von vornherein auf das (liquide) Mutterunternehmen zurückgreifen kann. c) Kritik an der Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters

Trotz dieser positiven Aspekte wird an der Entscheidung Kritik geübt, dem Konkursverwalter die Wahl zu lassen, ob er zunächst die Anfechtung betreiben will oder besser sofort gegen den Geschäftsführer nach § 64 II GmbHG vorgeht551. Im wesentlichen werden drei Bedenken geäußert. Zum einen wird in Erwägung gezogen, ob nicht § 41 KO analog auch auf § 64 II GmbHG Anwendung finden sollte, so daß die Geltendmachung dieses Anspru­ ches auch nach einem Jahr verjährt ist552. Daß dies zunächst einmal § 64 II 3 GmbHG mit seiner Verweisung auf § 43 IV GmbHG und der darin festgeschriebe­ nen fünfjährigen Verjährungsfrist widerspricht, wird nicht verkannt553. Jedoch wird insoweit eine teleologische Reduktion vorgeschlagen, die sich an die Anwendung des § 41 KO auf die §§ 32a und 32b GmbHG anlehnen will554. Unabhängig davon, ob eine solche teleologische Reduktion hier überzeugen kann - Zweifel ergeben sich insbesondere deshalb, weil es aus der Perspektive der Vergrößerung der Haftungsmasse wenig Sinn macht, eine, wenn auch möglicherweise nur subsidiär bestehende, Möglichkeit der Vergrößerung der Haftungsmasse in ihrer Wirkung entgegen der ausdrücklichen Bestimmung im Gesetz dadurch zu beschneiden, daß man die Frist drastisch verkürzt, in welcher das Instrument anwendbar ist - läßt sich aus einer gedachten Verkürzung der Frist bei § 64 II GmbHG weder ein 550 Scholz(-K. Schmidt), § 64, Rn. 35. 551 Insbesondere C. Paulus, in: RWS-Forum, 217 ff.; kritisch auch G. Müller, ZIP 1996, 1156 552 C. Paulus, in: RWS-Forum 9,221 f. 553 C. Paulus, in: RWS-Forum 9,221. 554 Vgl. dazu BGH ZIP 1993, 1614 - dazu C. Paulus, EWiR 1993, 1217; BGH ZIP 1994, 31 dazu C. Paulus, EWiR 1994, 805.

Argument für noch gegen die subsidiäre Geltendmachung dieses Anspruches ableiten. Denn selbst wenn § 41 KO analog auf § 64 II GmbHG anwendbar wäre, sagt dies noch nichts darüber aus, daß bzw. ob die Anfechtungsregeln vorrangig anzuwenden sind; eine Aussage ist dann lediglich insoweit getroffen, als auch der Anspruch nach § 64 II GmbHG nach einem Jahr verjährt. Was allerdings in diesem einen Jahr vom Konkursverwalter gemacht werden darf, folgt daraus nicht. Zum anderen wird befürwortet, daß zumindest dann, wenn Klagen gegen den Anfechtungsgegner „eindeutig erfolgsversprechend“ seien, der Konkursverwalter eine ihm obliegende Schadensminderungspflicht verletzen würde, wenn er die Anfechtungsklage nicht erhoben habe555. Über den Grundsatz des „dolo petit, qui petit, quod statim redditurus esC ergäbe sich daraus im Ergebnis ein Leistungs­ verweigerungsrecht des Geschäftsführers, das mit der Verfristung der Anfech­ tungsmöglichkeit zu einer endgültigen Verweigerungsmöglichkeit führe556. Die Insolvenzanfechtung kann nicht dem Zweck dienen, schädigende Handlungen eines GmbH-Geschäftsführers rückgängig zu machen. Vielmehr soll sie helfen, die Haftungsverwirklichung der Gläubiger voranzutreiben, auf die die Konkursgläubi­ ger, nicht aber der pflichtwidrig handelnde Geschäftsführer einen Anspruch hat557. Es ist ferner auch bedenkenswert, ob es sich bei einem unterlassenen Bemühen des Konkursverwalters, die pflichtwidrig weggegebenen Zahlung durch Anfechtung wieder in die Masse zu holen, wirklich um einen Verstoß gegen eine Schadens­ minderungspflicht handelt558. Man könnte zwar argumentieren, daß es für den Geschäftsführer eine Minderung seiner Ersatzpflicht bedeutet, wenn der Konkurs­ verwalter einen Anfechtungsprozeß in Gang bringt, den er selbst nicht anstrengen kann, und in dem möglicherweise entschieden würde, daß der Anfechtungsgegner die betreffende Zahlung zurückzuerstatten habe. Doch kann es vor Gericht ebenso gut zu dem entgegengesetzten Urteil kommen, was dann die Zahlungslast des Geschäftsführers noch vergrößern würde. Die entscheidende Frage lautet dann, wie abgeschätzt werden kann, ob die Klage gegen den Anfechtungsgegner „eindeutig erfolgversprechend“ ist. Das dürfte nur in Ausnahmefallen möglich sein. Und auch dann fragt sich, ob einer solchen Schadensminderungspflicht gegenüber dem Geschäftsführer nicht die Pflicht des Konkursverwalters aus §§82 KO/60 InsO entgegensteht, die Haftungsmasse so effektiv wie möglich, d.h. auf dem schnell­ sten und günstigsten Wege, zu vergrößern. Schließlich wird gegen das hier verfochtene Ergebnis noch vorgebracht, daß es sich bei den potentiellen, vom Konkursverwalter aber gerade nicht in Anspruch genommenen Anfechtungsgegner notwendigerweise um Neugläubiger im Sinne des § 64 I GmbHG handele. Diesen Neugläubigem sei nach der neuen Rechtspre­ chung das negative Interesse zu ersetzen. Wenn aber die fragliche Rechtshand­ 555 C. Paulus, in: RWS-Forum 9,222 f. 556 C. Paulus, in: RWS-Forum 9,223. 557 Pape, EWiR 1996, 384 f. 558 Diese Idee scheint neben C. Paulus, in: RWS-Forum 9, 223, auch G. Müller vor Augen geschwebt zu haben, siehe ZIP 1996, 1165.

lungen nicht angefochten werden, verbleibe den Neugläubigem das, was sie erworben haben, einschließlich des gläubigerschädigenden Gewinns. Das sei aber gerade das Erfüllungsinteresse559. Es ist indes schon fraglich, ob hier die Anspruchsberechtigten aus § 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG und die Anfechtungsgegner, die den Zahlungsempfängern nach § 64 II GmbHG entsprechen, wirklich identisch sind, wie es als Grundlage für diese Folgerungen der Fall sein müßte. Im ersten Fall geht es darum, daß das in Konkurs gefallene Unternehmen Schuldnerin gegenüber dem Neugläubiger ist, der eine Leistung von ihr noch nicht erhalten hat. § 64 I GmbHG bestimmt für diesen Fall, daß derjenige, der es zu „verantworten“ hat, daß die GmbH, obwohl sie konkursreif ist, am Geschäftsverkehr teilgenommen hat, den Gläubigem als Kompensation ihres Ausfalls das negative Interesse schuldet. In § 64 II GmbHG ist hingegen ein ganz anderer Fall geregelt, nämlich die Verringerung des Vermögens des Gemein­ schuldners. Das mag beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Geschäftsführer der konkursreifen GmbH noch mit einem anderen Teil ein für die Gesellschaft nachteiliges Geschäft getätigt hat und die Leistung seitens der Gesellschaft schon bewirkt hat. In diesem Fall hat der „Neugläubiger“ also bereits eine Leistung erhalten und ist mit dieser daher gerade nicht ausgefallen, so daß es sich hierbei gar nicht um einen Anwendungsfall des § 64 I GmbHG in Verbindung mit § 823 II BGB handeln kann. Es dürfte entgegen der als Kritik zum BGH aufgestellten These, in Wirklichkeit keinen Fall geben, wo dem Neugläubiger durch Erfüllung in Verbindung mit der unterlassenen Anfechtung ein positives Interesse zugestanden wird. Denn derjenige Gläubiger, demgegenüber erfüllt worden ist - selbst wenn dies nach Eintritt der Konkursreife geschehen ist -, wird niemals ein Anspruchs­ inhaber nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 641 GmbHG. d) Ergebnis und weiterführende Überlegungen

Insgesamt gesehen ist eine Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters zwischen Konkursanfechtung und Geltendmachung des Anspruchs aus § 64 II GmbHG zu befürworten. Zu den oben bereits angeführten Gründen können noch zwei hinzuge­ fügt werden. Der eine stammt von Chr. Paulus und markiert den zentralen Punkt für die neue, vom BGH eingeschlagene Richtung: Die Wahlmöglichkeit ist durch das Gebot der Wahrung der Privatautonomie gerechtfertigt. Sofern die in Frage stehenden Rechtshandlungen keine weiteren allgemeinen Unwirksams- oder Rück­ forderungstatbestände erfüllen, sind sie anfechtbar allein deswegen, weil der Schuldner in Vermögensverfall geraten ist. Ohne diesen Vorfall sind bzw. wären sie vollwirksame Erscheinungsformen privatautonomen Handelns. Angesichts des überragenden Wertes dieses Prinzips entspricht es der Verhältnismäßigkeit, einen derart gravierenden Eingriff in den Rechtsverkehr daher nur wirklich dann vorzu-

559 C. Paulus, in: RWS-Forum 9, 223 f.

nehmen, wenn anderweitig nichts mehr zu realisieren ist560. Der andere Grund, der für die parallele Geltung von Anfechtungsregeln und § 64 II GmbHG spricht, ist, daß damit der noch ausstehende Teil des Bogens gespannt werden kann, mit dem die Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer bei der Leitung der GmbH umrissen und sanktioniert werden. Das neue Urteil setzt damit die Rechtsprechung zur Pflicht aller Gesellschafter fort, die Insolvenztragungspflicht zu beachten561. Der Ge­ schäftsführer muß nunmehr noch stärker als bisher seiner Pflicht nachkommen, die Solvenz zu beobachten562. 563 Damit wird gleichzeitig mittelbar ein nicht zu unter­ schätzender Beitrag geleistet, die Gefahr zu verringern, daß reine „Gerippe-Gesell­ schaften mbH“ auf dem Markt agieren bzw. daß im Konkurs die ohnehin geringe IVermögensdecke des Gemeinschuldners zu Lasten der Gläubiger nochmals ver­ kleinert wird. Vor diesem Hintergrund ist ferner die Möglichkeit zu bejahen, daß der Konkursverwalter diese Wahlmöglichkeit hat, auch ohne daß bereits die Frist des § 41 KO abgelaufen ist. Es sollten keine Zweifel bestehen, daß der BGH seine Rechtsprechung über den nun entschiedenen auch für den allgemeinen Fall auszu­ dehnen bereit sein wird. Zwar könnte man argumentieren, daß das Urteil nicht verallgemeinert werden dürfe, weil es nur auf den speziellen Fall der Verfristung gerichtet sei, doch sprechen die oben genannten Erwägungen für eine Verallge­ meinerung dieses Urteils; es wäre nämlich nicht ersichtlich, warum die Heranzie­ hung des § 64 II GmbHG nur dann möglich sein soll, wenn die Anfechtungsfrist verstrichen ist, aber noch nicht zu dem Zeitpunkt, in dem der Konkursverwalter noch die Gelegenheit zur Anfechtung hätte. Das öffnet in der Praxis sonst die Gefahr, daß das Konkursverfahren entsprechend verlängert würde, damit die Verfristung eintritt, so daß der Konkursverwalter den leichteren Weg des § 64 II GmbHG gehen kann. Auch der BGH scheint sich in seinem Urteil eine „Hintertür“ offenhalten zu wollen. Er führte nämlich aus: Entscheidet er [der Konkurs­ verwalter] sich dabei gegen die Konkursanfechtung, indem er die dafür gesetzlich vorgesehen Frist ungenutzt verstreichen läßt, so verletzt er damit allenfalls die Befriedigungsaussichten der Gläubigergemeinschaft (...)."563. Die Formulierung Entscheidet er" macht deutlich, daß es sich um ein voluntatives Element des Konkursverwalters handelt. Der Umstand, daß die Anfechtung nicht gewählt wurde, braucht daher nicht darauf zu beruhen, daß die Anfechtungsfrist mögli­ cherweise aus Versehen verstrichen ist, sondern der Konkursverwalter hat auch darüber hinaus die Möglichkeit, sich zu entscheiden, die Konkursanfechtung nicht als Instrument zur Vergrößerung der Haftungsmasse zu wählen und der Verfolgung des Anspruchs aus § 64II GmbHG den Vorzug zu geben. Angewendet auf den Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern ergibt sich, daß in dem praktisch nicht seltenen Fall, daß die Zahlung nach Konkursreife von 560 561 562 563

So C. Paulus, in: RWS-Forum 9,224 f. Siehe BGH NJW 1994, 2149. Pape, EWiR 1996, 384 f. BGH WiB 1996, 383.

einer abhängigen GmbH im Konzern auf Weisung der Konzemmutter an sie selbst gegangen ist, die Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters - unabhängig von den allgemeinen Vorzügen hinsichtlich der Frist und den Voraussetzungen - keine große Bedeutung hat, soweit es darum geht, dem Konkursverwalter zwei „Schuld­ ner“ zur Auswahl zu stellen. Denn in beiden Fällen wäre Rückerstattungsschuldner die Muttergesellschaft - entweder als Teilnehmer an der Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Untergesellschaft nach §§ 830 II, 840 I BGB oder als Anfechtungsgegner. Entsprechendes gilt auch dann, wenn die Zahlung zwar an ein Schwesterunternehmen im Konzern gegangen ist, dieses Unternehmen aber inso­ weit nur Strohmann für die Muttergesellschaft war. Relevant wird das Verhältnis der Konkursanfechtung zu der Haftung aus § 64 GmbHG im hier behandelten Bereich deshalb besonders dann, wenn der jetzige Gemeinschuldner auf Weisung der Muttergesellschaft noch nach Konkursreife eine Zahlung zugunsten einer Schwestergesellschaft geleistet hat. Hier kann der Konkursverwalter nach pflicht­ gemäßem Ermessen wählen, ob er gegen die Muttergesellschaft als Anstifter oder gegen die Schwestergesellschaft als Empfänger vorgehen will. IV. Anwendung der Konkursverschleppungsregeln auf eine abhängige AG - § 92 II und III AktG

Ebenso wie im Konkurs einer abhängigen GmbH im Konzern kann der Konkursverwalter auch im Konkursverfahren über das Vermögen einer abhängigen AG in einem Konzern die Konkursverschleppungsregeln zugunsten der Vergröße­ rung der Haftungsmasse des Gemeinschuldners nutzbar machen. Die Regelungen des § 64 GmbHG finden ihre Parallelen für die AG in § 92 II und III AktG. Die Pflichten, die einem Geschäftsführer einer GmbH obliegen, treffen in der AG den Vorstand. Da die AG-Konzerne zahlenmäßig weit geringer vorkommen als die GmbH-Konzerne ist die Frage, ob das Mutterunternehmen eines AG-Konzems faktischer Geschäftsführer der abhängigen AG sein kann, sehr viel weniger praxis­ relevant. Dem entspricht auch ein geringes Interesse der Literatur an dieser Frage­ stellung564. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Verletzung der Konkursantragspflicht (§ 92 II AktG) bzw. des Zahlungsverbots (§ 92 III AktG) entsprechen weitgehend denen der § 64 I und II GmbHG; insoweit kann darauf verwiesen werden565. Hinsichtlich der Möglichkeit, Außenstehende als faktische Geschäftsführer zu qualifizieren, gibt es allerdings einen wesentlichen Unterschied zum GmbH-Recht. Während die Gesellschafter einer GmbH weitgehend in die Geschäftsführung der

564 Siehe KK(-Mertens), § 92, Rn. 48 f.; K. Schmidt, ZIP 1980, 328; vgl. auch GroßKomm (-Meyer-Landrut), § 92, Anm. 8. 565 Siehe oben C. I.; vgl. zudem aus der Literatur: KK(-Mertens), § 92, Rn. 32 ff.; Hüffer, § 92, Rn. 7 ff.; Baumbach/Hueck, § 92, Rn. 6 ff; Godin/Wilhelmi, § 92, Anm. 7 ff; GroßKomm (-Meyer-Landrut), § 92, Anm. 6; Geßler/Hefermehl(-Hefermehl), § 92, Rn. 12 ff.

Gesellschaft eingreifen dürfen, ist der Vorstand einer AG vor solchen Eingriffen geschützt. Nach § 76 I AktG leitet der Vorstand die Geschäfte eigenständig; das wird durch die Regelung des § 119 II AktG unterstrichen. Eine indirekte Kontrolle der Geschäfte findet nur über die Entlastung in der Hauptversammlung statt566. Der in der GmbH bestehende Konflikt zwischen Eingriffsbefugnis der Gesellschafter und Trennung der Geschäftsführung von der Gesellschafterstellung, ist bei der AG daher eindeutig gelöst: wer in die Geschäftsführung einer AG eingreift, verstößt grundsätzlich gegen die Kompetenzen der Leitung in der AG. Vor diesem Hinter­ grund ist die Frage der Verantwortlichkeit der Konzemmutter in einem AGKonzem als faktischer Geschäftsleiter leichter zu beantworten. Auch hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Täterschaft und der Teil­ nahme an der Pflichtverletzung des Vorstandes der abhängigen AG. Die Haftung des Mutterunternehmens als Teilnehmer folgt dabei prinzipiell denselben Regeln wie im GmbH-Konzern, denn die Frage der Anstiftung oder Beihilfe der Mutter bei der verspäteten Stellung des Konkursantrags bzw. bei der Zahlung nach Konkursreife des Leitungsorgans der Untergesellschaft ist unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft567. Im Konkurs einer abhängigen AG kann der Konkursverwalter allerdings nicht aufgrund §§ 823 II BGB, 92 II AktG bzw. § 92 III AktG in Verbindung mit §§ 830 II, 840 I, 412 ff. BGB auf das Vermögen der Mutter zugreifen. Vorrangig anzuwenden ist § 117 AktG (in Verbindung mit §§92 II bzw. III AktG), der im wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen führt wie die Anwendung des § 830 II BGB. Etwas anderes ergibt sich scheinbar nur aus § 117 VII AktG, wenn sich die Weisung auf die Ausübung der Stimmacht in der Haupt­ versammlung beziehen kann. Vorbehaltlich einer ausführlicheren Auseinanderset­ zung mit dieser Vorschrift568, soll hier der Hinweis reichen, daß in § 117 VII AktG nur die zulässige Ausübung der Stimmacht gemeint sein kann569, so daß ein herr­ schendes Unternehmen nicht im Wege des Hauptversammlungsbeschlusses ein Verschleppung des Konkursantrages oder die Zahlung von Vermögen nach Konkursreife anweisen darf. Ansonsten könnte dies etwa zur Folge haben, daß ein Mehrheitsaktionär durch die Ausübung der Stimmacht den Vorstand zu einem Verhalten bringt, das für diesen nach § 401 AktG strafbewehrt ist. Geht es um die Täterschaft der Mutter hinsichtlich der Konkursverschleppungs­ delikte, so ist im einzelnen wiederum zu fragen, ob im Sinne der Normanwen­ dungslehre die Konzemmutter eine faktische Vorstandsstellung bei der abhängigen AG einnimmt, indem sie eine Rolle spielt, wie sie nur einem tatsächlichen Vorstand zustünde570. Unter Anwendung der oben herausgearbeiteten Kriterien ist dort, wo die Mutter direkt oder indirekt die Geschäftsleitung der abhängigen AG beeinflußt, zu prüfen, ob damit die Wertungsgrundlagen der in Frage stehenden 566 567 568 569 570

Vgl. dazu etwa Barner, 106 ff.; allgemein zu diesem Komplex, Raiser, § 16, Rn. 4 f. Vgl. KK(-Mertens), § 92, Rn. 49; K. Schmidt, ZIP 1980,329; Stein, ZHR 148 (1984), 226. Siehe unten II. Teil E. III2. Vgl. Begr.RegE bei Kropff, 163 f. KK(-Mertens), § 92, Rn. 48.

Vorschrift in dem Sinne außer Kraft setzt, daß sich die Konzemmutter Befugnisse anmaßt, die ihr nicht zustehen, ohne dabei den Rechtsfolgen der betreffenden Norm unterworfen zu sein. Die „wertungstatbeständliche" Vorqualifikation des Mutterunternehmens in einem AG-Konzem als Dritter, der überhaupt als faktischer Geschäftsführer in Frage kommen kann, ist in einem AG-Konzem zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft wegen des Abhängigkeits- oder Beherrschungs­ verhältnisses stets gegeben. Mithin kann nach den individuellen Gegebenheiten geprüft werden, ob das herrschende Unternehmens in einem AG-Konzem qua Rechtsfolgenzurechnung als faktischer Geschäftsleiter haftungsrechtlich zur Ver­ antwortung gezogen werden kann, so daß dem Konkursverwalter im Konkurs der abhängigen AG die Möglichkeit eröffnet wird, einen Schadensersatzanspruch aus § 92 II AktG in Verbindung mit § 823 II BGB oder nach § 92 III AktG gegen die Konzemmutter geltend zu machen571. . Bejaht man die Möglichkeit des Konkursverwalters, in einem AG-Konzem auf die Konzemmutter als faktischen Geschäftsleiter der abhängigen AG zurückzugrei­ fen und damit von ihr den Quotenschaden oder die Rückerstattung der nach Konkursreife erbrachten Zahlungen in die Masse zurückzuverlangen, so ergibt sich allerdings noch eine weitere Schwierigkeit. Es stellt sich dann nämlich die Frage nach dem Verhältnis der Ersatzpflicht aus § 92 II oder III AktG zu den konzem­ rechtlichen Haftungsregeln in den §§ 302 ff. bzw. 311 ff. AktG. Die Beziehung dieser beiden Regelungskomplexe zueinander läßt sich jedoch erst dann vollstän­ dig klären, wenn man sich eingehend mit den Konzernhaftungsregeln im AGKonzem, insbesondere deren Sinn und Zweck auseinandergesetzt hat und das Verhältnis zu den allgemeinen Regeln des AktG geklärt ist. Daher kann diese Diskussion erst im Zusammenhang mit der Bedeutung der §§ 302 ff., 311 ff. AktG im Konkurs einer abhängigen AG geführt werden572.

V. Ergebnis Die Rechtsordnung sieht vor, daß eine Kapitalgesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist dann vom Markt genommen werden muß, wenn sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist (§ 64 GmbHG für die GmbH und § 92 II und III AktG für die AG). Damit soll die Gefahr für die anderen Akteure auf dem Markt vermindert werden, mit einer Gesellschaft Geschäfte zu machen, die praktisch nur noch eine leere, vermögenslose Hülle darstellt. Das gilt unabhängig davon, ob die betreffende Gesellschaft in einem Konzern integriert ist oder nicht. Daher kommt auch diesen

571 Anderer Ansicht KK(-Mertens), § 92, Rn. 48, der seine Ansicht aber im wesentlichen darauf stützt, daß nur der Vorstand zur Stellung des Konkursantrags befugt sei, so daß eine Haftung der faktischen Geschäftsleitung nach § 92 II oder III GmbHG nicht in Betracht komme. Dagegen ist aber auf die oben bereits angeführte Argumentation zu verweisen, die auch hier eingreift; siehe oben in diesem Abschnitt CII. 2. Vgl. aber dagegen BGHZ 75,96,106. 572 Siehe unten § 5 V. 4.

sogenannten Konkursverschleppungsregeln im Konkurs eines abhängigen Kon­ zernunternehmens eine wesentliche Bedeutung für die Vergrößerung der Haf­ tungsmasse zu. Der Konkursverwalter kann nämlich für die bankrotte Gesellschaft nach § 64 II GmbHG bzw. § 92 III AktG einen Anspruch auf Rückgewähr aller der Zahlungen in die Konkursmasse geltend machen, die nach Konkursreife aus dem Vermögen der Gesellschaft erbracht wurden. Unter Zahlungen sind dabei auch die Eingehung neuer Verbindlichkeiten und jede andere Verminderung des Gesell­ schaftsvermögens durch sonstige Leistungen oder Nichtgeltendmachung von Forderungen zu verstehen. Dabei braucht der Konkursverwalter nicht zunächst versuchen, gegen den Leistungsempfänger mit Hilfe der konkursrechtlichen Anfechtungsregeln vorzugehen, sondern er kann, soweit dies dem pflichtgemäßen Ermessen entspricht, sofort nach §§ 64 II GmbHG, 92 III AktG vorgehen. § 64 I GmbHG und § 92 II AktG, jeweils in Verbindung mit § 823 II BGB bieten dem Konkursverwalter darüber hinaus die Möglichkeit, im Rahmen einer Liquidation im Drittinteresse namens des Gemeinschuldners für die Gläubiger des Gemein­ schuldners denjenigen Betrag in die Masse zu verlangen, der sich aus der Differenz zwischen der tatsächlich für die Konkursgläubiger entstehenden Quote und derjenigen Quote ergibt, die die Konkursgläubiger erhalten hätten, wenn recht­ zeitig der Konkurs angemeldet worden wäre (sog. Quotenschaden). Dieser Schaden kann im Zweifel nach § 287 ZPO geschätzt werden. Die Haftungsmasse wird hingegen nicht um den Betrag vergrößert, den die sogenannten „Neugläu­ biger“ über den Quotenschaden hinaus verlangen können. Das ist kein Gesamt­ gläubigerschaden, sondern ein Individualgläubigerschaden, für dessen Geltend­ machung der Konkursverwalter nicht aktivlegitimiert ist. Die grundlegende Bedeutung dieser Ansprüche im Konzern für die Vergröße­ rung der Haftungsmasse entsteht aber erst dadurch, daß sie auch gegen das Mutter­ unternehmen geltend gemacht werden können, auch wenn dieses kein formell ordentlich bestelltes Geschäftsführungsorgan ist. Zum einen kann das herrschende Unternehmen als Teilnehmer an der Tat des ordentlichen Geschäftsführers bzw. des Vorstandes gemeinsam mit diesem als Gesamtschuldner haften (§§ 830 II, 840 I, 421 ff. BGB). Das ist deshalb möglich, weil Organpflichten von Geschäfts­ leitungsorganen als unerlaubte Handlung qualifiziert werden können. Der Kon­ kursverwalter kann dann auswählen, wen er zur Haftung heranziehen will. Dies gilt sowohl für den Fall, daß das Geschäftsleitungsorgan der abhängigen Gesellschaft die Konkursantragspflicht bzw. das Auszahlungsverbot vorsätzlich verletzt hat als auch dann, wenn dies nur fahrlässig geschehen ist. Denn im Gegensatz zum Strafrecht bedarf es bei der Teilnahme im Zivilrecht keiner vorsätzlichen Haupttat. Das herrschende Unternehmen kann jedoch auch als Täter in Anspruch genommen werden. Das ist immer dann der Fall, wenn es im Rahmen einer Rechts­ folgenzurechnung (Normanwendungslehre) als faktischer Geschäftsführer quali­ fiziert werden kann. Die Möglichkeit, das herrschende Unternehmen im Rahmen der Rechtsfolgen­ zurechnung als faktischen Geschäftsführer zu qualifizieren, öffnet dem Konkurs­

verwaltet über den Bereich der §§64 GmbHG bzw. 92 II und III AktG hinaus noch weitreichende Möglichkeiten, die Muttergesellschaft zugunsten der Vergrößerung der Haftungsmasse in Anspruch zu nehmen. Bedeutsam wird dies vor allen Dingen bei Ansprüchen, die die Gesellschaft gegen die Geschäftsführungsorgane aufgrund allgemeinen Fehlverhaltens haben (§43 II GmbHG; §§93 II, 117 AktG)573. Es kann sich dabei im Einzelfall als schwierig herausstellen, welchen Zeitraum bzw. welchen Zeitpunkt man betrachten muß, um entscheiden zu können, ob das betref­ fende herrschende Unternehmen sich so verhalten hat, daß ihr die Folgen für ein entsprechendes Verhalten eines ordentlich bestellten Geschäftsführers als fakti­ schen Geschäftsführer zugeordnet werden können. Im Rahmen von §§64 GmbHG und 92 II und III AktG ist der Zeitpunkt allerdings einfach zu bestimmen. Es geht in diesen Vorschriften nur um den Vorwurf einer Pflichtverletzung zur Zeit, in der objektiv die Konkursreife des Unternehmens eingetreten ist, d.h. es kommt bei der Zurechnung der Rechtsfolgen auch nur auf diesem Zeitpunkt (und die Zeit danach) an.

573 Siehe dazu ausführlich unten § 4, II. Teil E.

II. Teil: Gesellschaftsrechtliche Erstattungs- und Schadensersatz­ ansprüche des abhängigen Konzernunternehmens

A. Stammkapitalverletzende Auszahlungen (§§ 30, 31 GmbHG) I. Einleitung 1. §§ 30, 31 GmbHG als gesellschaftsrechtlicher Grundtatbestand zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs einer GmbH

Eine zentrale Rolle bei der Rückabwicklung von konzerninternen Vermögens­ transaktionen im Konkurs eines abhängigen Unternehmens kann die Erstattung von verbotenen Auszahlungen nach § 31 in Verbindung mit § 30 GmbHG spielen. Nach § 30 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Untergesellschaft nicht an das Mutterunternehmen oder an andere Gesellschafter ausgezahlt werden. Geschieht dies dennoch, entsteht ein Rück­ gewähranspruch der Gesellschaft gegen den Empfänger der Leistung nach § 31 GmbHG, den der Konkursverwalter im Konkurs des betreffenden Unternehmens nutzen kann, um zur Vergrößerung der Haftungsmasse des bankrotten Konzern­ unternehmens auf das Vermögen der Konzemmutter zuzugreifen. Dieser Erstat­ tungsanspruch für stammkapitalverletzende Auszahlungen ist damit gleichsam das klassische Instrument, die Haftungsmasse des Gemeinschuldners zu vergrößern, weil so derjenige Haftungsstock des Unternehmens wieder hergestellt wird, auf den die Gläubiger hinsichtlich der Vermögenssituation der GmbH überhaupt vertrauen durften. Da der Zweck der kapitalschützenden Vorschriften des GmbHG aber auch nur den Schutz des Stammkapitals vor dem Zugriff der Gesellschafter vor Augen hat, erfaßt die Verbotsnorm des § 30 GmbHG in Verbindung mit § 31 GmbHG prinzipiell lediglich Auszahlungen an Gesellschafter, soweit es dadurch zu einer Abschmelzung des zur Erhaltung des erforderlichen Vermögens kommt574. Das Stammkapital ist immer dann berührt, wenn eine Unterbilanz vorliegt. Eine Unterbilanz ist zu ermitteln durch einen aus dem Jahresabschluß abgeleiteten Vergleich zwischen dem Nettovermögen der Gesellschaft und ihrem Stammkapital, wie es im Handelsregister publiziert ist (§31 Nr. 3 GmbHG), wobei die (stillen) Rücklagen und das Nachschußkapital nicht miteinbezogen werden. Das Nettovermögen stellt sich als die Summe aller in einer Bilanz nach §§42 GmbHG, 246 ff. und 266 ff. HGB angesetzten und bewerteten Aktiva abzüglich sämtlicher echten Passiva dar575. Das mit der Ersatzpflicht bewehrte Verbot, eine Unterbilanz herbeizufuhren, umfaßt konsequenterweise allerdings auch das Verbot, 574 BGH ZIP 1990, 453. 575 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 10; BaumbachZHueck(-Hueck), § 30, Rn. 7; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), § 30, Rn.; Eschenbruch, Rn. 3381 f.; BGHZ 31, 276 ff.; BGH GmbHR 1989, 154; BGH WM 1987, 1040.

eine bestehende Unterbilanz noch zu vertiefen bzw. trotz der Überschuldung der Gesellschaft Leistungen an Gesellschafter bzw. entsprechende Dritte zu erbrin­ gen576, so daß der Konkursverwalter auch insoweit Ersatz in die Masse verlangen kann. Dieser Schutz des „Garantievermögens“ der GmbH erfaßt jedoch grundsätz­ lich nicht das Vermögen in seiner gegenständlichen Zusammensetzung, sondern nur seinem rechnerischen Wert nach577. Im Konkurs der abhängigen GmbH stehen dem Verwalter zur Rückgängig­ machung stammkapitalverletzender Vermögenstransfers häufig neben dem Rück­ gewähranspruch aus §31 GmbHG auch die insolvenzrechtlichen Anfechtungs­ vorschriften zur Verfügung. Letztere sind jedoch soweit subsidiär als die in die Masse zurückzuführenden Vermögenspositionen von §§30, 31 GmbHG erfaßt werden können. Denn die §§30, 31 GmbHG knüpfen die Rückerstattung der stammkapitalverkürzenden Transfers in die Masse an wesentlich geringere Voraus­ setzungen als die insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände, so daß mit ihnen die Wiederherstellung des Grundhaftungsstocks der betreffenden GmbH effektiver gewährleistet werden kann. So fallen insbesondere die subjektiven Aspekte der Anfechtungsvorschriften weg, und es fehlen Fristen, innerhalb derer die Vermö­ gensverschiebungen stattgefunden haben müssen, um zurückverlangt werden zu können.

2. Die Anwendung der §§ 30 und 31 GmbHG im Konzern

Die soeben angesprochene Möglichkeit des Konkursverwalters, im Rahmen der Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzern­ unternehmens auf die Konzemmutter zurückzugreifen, wird jedoch von denjenigen fundamental in Frage gestellt, die die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG in einem GmbH-Konzern in Zweifel ziehen578. Eine solche Auffassung ist indes verwunder­ lich, wenn man sich vor Augen hält, daß die §§ 30 f. GmbHG unbezweifelt als die zentralen Vorschriften der Kapitalerhaltung im GmbH-Recht gelten und die einzige Sicherheit für die Gläubiger darstellen, auf einen bestimmten Haftungs­ fonds zurückgreifen zu können579. Aus diesen Gründen wird ganz allgemein von Rechtsprechung und Literatur versucht, jede Aufweichung oder jede Umgehungs­ möglichkeit dieser Vorschriften bereits im Keim zu ersticken580. Der Gesetzgeber 576 BGHZ 76, 335; Joost, GmbHR 1983,287; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 9. 577 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 2; Joost, ZHR 1984,27,43. 578 So etwa Eschenbruch, Rn., 3377 f. und 3193; Wilken, 49; Hommelhoff, WM 1984, 1112 f.; Fleck, ZGR 1990, 47; ders., in: FS 100 Jahre GmbHG 395 f. vgl. auch in diesem Sinne Lutter, ZGR 1986, 192,200; Meister, WM 1980,399 f.; Sonnenhol/Stüzle, DB 1979,927. 579 Statt aller vgl. Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 20; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 1 f.; Wiedemann, GesR I, § 10 IV 1; siehe auch RGZ 168,292,297 f.; BGHZ 28, 77,78. 580 Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 30, Rn.2; Rowedder(-Rowedder), § 30, Rn. 1; Baumbach/Hueck(-Hueck); vgl. ferner Hager, ZGR 1989, 102 f. Aus der Rechtsprechung: BGHZ 31,258, 266; BGHz51, 157, 162.

gibt zudem an keiner Stelle, weder im GmbH-Gesetz noch in anderen Kodifika­ tionen, einen Hinweis darauf, daß hinsichtlich der Kapitalerhaltungsvorschriften etwas anderes gelten können soll, wenn die betreffende GmbH als abhängiges Unternehmen in einen Konzern eingegliedert worden ist. §§30, 31 GmbHG sind vielmehr in jeder GmbH unabdingbar und verlieren erst ihre Wirkung mit dem „Tod“ der Gesellschaft. Es spielen insbesondere all die Merkmale keine Rolle, die üblicherweise herangezogen werden, um eine abhängige GmbH in einem Konzern von einer unabhängigen GmbH zu unterscheiden. Im einzelnen wird bei der Diskussion um die Frage der Anwendung des § 30 GmbHG in Konzernen danach differenziert, ob es sich um einen faktischen GmbHKonzern oder um einen GmbH-Vertragskonzem handelt. Soweit es sich um einen faktischen GmbH-Konzern handelt, hat sich trotz einiger Bemühungen, den Anwendungsbereich der §§30, 31 GmbHG bei fakti­ schen Konzemverbindungen einzuschränken581, als nahezu einhellige Auffassung durchgesetzt, daß die Stammkapitalsicherungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG vom herrschenden Gesellschafter zu beachten sind. Auch die Rechtsprechung des BGH ist insoweit eindeutig: Für die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG komme es weder auf eine irgendwie geartete qualifizierte Beteiligung noch auf ein bestimm­ tes unternehmerisches Eigeninteresse an582. Anders sieht es bei Vertragskonzemen aus. Dort spricht sich eine beachtliche Anzahl von Stimmen dafür aus, daß wie bei einer abhängigen AG mittels einer analogen Anwendung des §291 III AktG auch bei einer GmbH die §§30, 31 GmbHG verdrängt werden können. Mit Hinblick auf die Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG analog wird argumentiert, daß das dann vom Wegfall der §§30, 31 GmbHG betroffene Stammkapital der GmbH aufgrund der scharfen Haftungs­ verfassung der Erhalt des zur Deckung des Stammkapitals nötigen Vermögens gewährleistet werden könne583. Dieser Sichtweise liegt die Vorstellung zugrunde, daß dann, wenn man bereit ist anzuerkennen, daß mit einer GmbH ein Beherrschungs- und/oder ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen werden kann584, der herrschende Gesellschafter mit diesem abhängigen Unternehmen auch ebenso frei, also z.B. unter Mißachtung der Kapitalsicherungsvorschriften, verfahren können soll, wie dies bei dem gesetzlich geregelten Parallelfall des AG-Vertragskonzem 581 Siehe etwa Hommelhoff, WM 1984, 1110; dagegen zu Recht Eschenbruch, Rn. 3378 und tendenziell wohl auch Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 34; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 30, Rn. 72; Sonnenschein, 345. 582 BGH ZIP 1990, 153, 154; BGH NJW 1991, 1057, 1059 f. 583 Vgl. Eschenbruch, Rn. 3193, 3377; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 9 und 35; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, 395 f.; Hommelhoff, BB 1984, 1110. 584 So die einhellige Ansicht, vgl. nur Emmerich/Sonnenschein, 407 ff; Baumbach/Hueck (-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 36; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 190 ff; Raiser, § 54, Rn. 8; Stimpel, in: Ulmer, 18 ff; siehe auch den grundlegenden „Supermarkt“-Entscheid des BGH, BGHZ 105, 324; vgl. ferner BGH NJW 1992, 1452. Eine gesetzliche Teilregelung des GmbHVertragkonzerns findet sich in § 17 KStG, der aber nach einhelliger Ansicht nur steuerrechtliche und keine gesellschaftsrechtliche Bedeutung hat, BGHZ 105, 324,339.

erlaubt ist. Einer solchen Vorstellung muß aber entschieden entgegengetreten werden. Allein die Anerkennung eines GmbH-Vertragskonzems läßt noch nicht per se die Folgerung zu, daß das Mutterunternehmen analog dieselben Befugnisse und Pflichten treffen wie AG-Vertragskonzemen. Die Strukturmerkmale zwischen der AG und der GmbH sind vielmehr so verschieden, daß sich Regelungen, die auf erstere abgestimmt sind, nicht „ohne Gewaltsamkeiten"585 in das GmbH-Recht übertragen lassen585 586. Besonders deutlich wird dies, wenn man sich die unter­ schiedlichen Verfassungen der Gesellschaftsformen, die hier in Frage stehenden Vermögensverbindung oder die Stellung der Gesellschafter vor Augen hält587. Darüber hinaus zeigt eine Folgenanalyse, daß eine analoge Anwendung der Vor­ schriften des AktG auf den GmbH-Vertragskonzem tatsächlich grundsätzlich keine weiteren Verfügungsrechte hinsichtlich ihrer Gesellschaft einräumen, als auch ohne Vertrag bestünden; daher bedarf es keiner Anwendung von Kompensations­ regeln, die genau das voraussetzen. Die eingehende Begründung dieser These ist eine Frage, die im wesentlichen im Bereich des Konzernhaftungsrechts diskutiert wird. Darauf muß an dieser Stelle verwiesen werden588. Es soll hier vorerst der Hinweis genügen, daß der Abschluß eines Beherrschungs- und/oder eines Gewinnabfuhrungsvertrages nur in dem gesetzlich gezogenen Rahmen, also insbesondere unter Beachtung der §§ 30, 31 GmbHG möglich ist589. Daher kann die Anerken­ nung eines GmbH-Vertragskonzems auch nur soweit gehen, wie der vorgegebene Rahmen des GmbH-Rechts dies mit seinen Vorschriften zuläßt. Das bedeutet, daß es zwar grundsätzlich möglich sein mag, eine Verlustausgleichspflicht in einem GmbH-Vertragskonzem anzunehmen590, doch berechtigt diese Verlustaus­ gleichspflicht nicht zu einem Verstoß gegen §§30, 31 GmbHG591 oder gegen andere zwingende Vorschriften. Soweit die Position der Minderheit durch den Vertrag tangiert wird, bedarf es ebenfalls keines „Schutzes“ durch die analoge

585 So jedenfalls für einen Teil der aktienrechtlichen Regeln Baumbach/Hueck(-Zöllner), Schlußanh. I, Rn. 77. 586 So im Ergebnis auch Verhoeven, 137; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 5 f.; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), § 30, Rn. 12 ff.; siehe aber auch Wilhelm, in: FS Flume II, 345 ff; Thiebert, 205 ff. 587 Vgl. Schilling, ZHR 140 (1976), 534 f.; Ehlke, DB 1986, 525; zusammenfassend S. Koch, 25 f. 588 Siehe unten § 5 IV. 589 So ganz eindeutig Sonnenschein, 345; im Ergebnis ebenso Emmerich/Sonnenschein, 424; Emmerich, ZGR 1986, 80; Brandes, in: FS Kellermann, 33 f.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), Schluß­ anh. I, Rn. 77. 590 Siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 208; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 33; Baumbach/Hueck(-Zöllner), Schlußanh. I, Rn. 77; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 67; Kort, 146 ff; K. Schmidt, ZGR 1983, 513 ff; zu der Position dieser Arbeit siehe unten § 5 IV. 2. 591 Vgl. Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 30, Rn. 73.

Anwendung der AktG-Regelungen, denn die Minderheit hatte es vor Wirksam­ werden des Vertrages selbst in der Hand, sich zu schützen592. Unabhängig davon ist eine These, die lautet „§§ 302 ff. AktG analog machen die §§ 30, 31 ff. GmbHG überflüssig“593, auch methodisch schon unhaltbar. Es ist aus Sicht der Methodenlehre nämlich nicht erklärbar, wie es angehen soll, daß eine analoge Anwendung von Normen diejenigen gesetzlich vorgesehen Vorschriften, die bereits denselben Lebenssachverhalt regeln, verdrängen können sollen594. Zusammenfassend läßt sich daher feststellen: Da sich §§ 30, 31 GmbHG von ihrer Konzeption her in jedem Fall nur an eine einzelne GmbH richten, kann es für ihre Anwendung keine Bedeutung haben, ob diese GmbH in einen Unternehmensverbünd integriert ist oder nicht; sie sind daher immer anwendbar, wenn es um Zahlungen an Gesellschafter geht, die das Stammkapital der Gesellschaft verletzen.

II. Die konzemspezifische Bedeutung der Haftung für stammkapital­ verletzende Auszahlungen im Konkurs einer abhängigen GmbH Der Umfang dessen, was der Konkursverwalter also konkret zugunsten der Gläu­ biger mittels der §§ 31, 30 GmbHG in die Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin zurückfuhren kann, hängt zum einen von der Weite des Verständnisses der „Aus­ zahlung“ im Sinne des § 30 GmbHG (1) und von dem Umfang des Adressaten­ kreises des Rückzahlungsanspruchs (2) ab.

1. Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG a) Begriff

Die Weite des Tatbestandsmerkmals der Auszahlung ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm. Die von § 30 GmbHG geregelte Kapitalbindung durch ein am Stammkapital orientiertes Auszahlungsverbot dient der Erhaltung von Gesell­ schaftsvermögen in der satzungsmäßig bestimmten Mindesthöhe dadurch, daß die Verringerung durch eine Leistung an den Gesellschafter verboten wird595. § 30 GmbHG schützt also das Interesse der Gesellschaft und der Gesellschafter an einem Mindestbetriebsvermögen, welches dem entsprechen soll, was die Gesell­

592 Auch diese Argumentation wird im Zusammenhang mit dem konzemrechtlichen Haftungs­ ansprüchen präzisiert. 593 Eschenbruch, Rn. 3377. 594 Allgemeiner zu den methodologischen Problemen bei der Übertragung der aktienrecht­ lichen Vorschriften in das GmbH-Recht siehe v. Becker, insbes. S. 87 ff.; vgl. am Rande auch Tiebert, 7 ff. 595 Siehe Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, 391; Wiedemann, GesR I, § 10, IV 1; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 2; Scholz(-Westermann), § 30, Rn.l.

schafter bei Gründung der GmbH eingebracht haben596. Es ergänzt insoweit die Regelung des § 19 GmbHG und schützt sie vor einer Aushöhlung. §§30, 31 GmbHG sind allerdings nicht nur auf den Schutz der Vermögensposition der jeweiligen Gesellschafter gerichtet597. Sie findet ihre wesentliche Bedeutung im Schutz, genauer im Vertrauensschutz der Gläubiger einer GmbH598, denn durch diese Vorschriften soll der Erhalt der Haftungsmasse für die Gläubiger gewährlei­ stet werden, mit der sie nach dem im Handelsregister publizierten Stammkapital rechnen dürfen. § 30 GmbHG stellt damit nach allgemeiner Auffassung die wich­ tigste Grundlage des für das ganze GmbH-Recht grundlegenden Prinzips der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals dar599. Entsprechend dieser Bedeutung der §§ 30, 31 GmbHG ist der Begriff der „Auszahlung" weit zu verste­ hen600. Er umfaßt daher nicht nur Geldleistungen, sondern jede Leistung, die wirt­ schaftlich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsver­ mögen verringert601. In der Konzempraxis können vom Konkursverwalter im Konkurs einer abhängigen GmbH dementsprechend unter anderem unentgeltliche Sachübereignungen von der Untergesellschaft an das Mutteruntemehmen602, die Abtretung einer Forderung der beherrschten Gesellschaft an das herrschende Unternehmen603, (ungesicherte) Kredite der Untergesellschaft an die Konzem­ mutter oder für sie an andere Konzernunternehmen, die tatsächliche oder verspro­ chene Sicherheitenbestellung für das herrschende Unternehmen604, die Einbezie­ hung des zur Erhaltung des Stammkapitals notwendigen Vermögens in ein zentra­ les cash-management oder in Konzemumlagen605 erfaßt werden, sobald und soweit sie zu einer Unterbilanz führen oder diese weiter vertiefen606. Des weiteren fallen

596 Mit dem Verbot, Gesellschaftsvermögen auszuzahlen, das an die Substanz der Gesellschaft geht, und die Gefahr beinhaltet, daß der Zusammenbruch der Gesellschaft mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit eintreten kann, vgl. Fleck, ZGR 1990, 36 ff.; ders., in: FS 100 Jahre GmbHG, 398 f.; Ulmer, in: FS Pfeiffer, 868 f.; Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 352 f. 597 Vgl. Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, 363; Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 349; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 1. 598 Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 1. 599 Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 1 mit Nachweisen. 600 Siehe u.a. Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 8; BGHZ 31, 258, 276; BGH NJW 1987, 1194. 601 BGHZ 31, 258, 276; nicht berührt werden deshalb Austauschverträge, bei denen die Gesellschaft einen gleichwertigen Anspruch oder Vermögensgegenstand erhält; siehe Lutter/ Hommelhoff, § 30, Rn. 23; Eschenbruch, Rn. 3379. 602 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 8. 603 BGH WM 1984, 137. 604 Vgl. bereits RGZ 168, 292, 297; BGH WM 1982, 1402; ausführlich m.w.N. Abramenko, GmbHR 1997, 875 ff.; vgl. an dieser Stelle auch zum sogenannten Buyout: Kerber, WM 1989, 475 ff.; Lutter/Wahlers, AG 1989, 13 ff. 605 Weitere Einzelheiten bei Kühbacher, 58 und 91; Jula/Breitenbarth, AG 1997,262 f. 606 Zur Berechnung der Unterbilanz siehe ausführlich Lutter/Hommelhoff, §30, Rn. 10 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 7 ff.

in den Anwendungsbereich der §§31, 30 GmbHG auch all diejenigen Geschäfte der Untergesellschaft mit der Konzemmutter, bei denen diese eine Leistung erhal­ ten hat, ohne daß eine äquivalente Gegenleistung an die Gesellschaft fließt, soweit der dadurch bedingte Verlust an Nettovermögen zu einer Unterbilanz oder gar zu einer Überschuldung fuhrt oder diese vertieft607. Hierbei handelt es sich um eine Form der verdeckten Gewinnausschüttung; auf die verdeckte Gewinnausschüttung, die nicht Stammkapitalverletzend ist, wird unten im Verlauf dieses Abschnitts noch zurückzukommen sein. Die verdeckte Gewinnausschüttung stellt aller Erfahrung nach eine sehr häufig geübte Praxis in Konzernen dar, typischerweise indem die Untergesellschaft dem herrschenden Unternehmen bestimmte Waren oder Dienst­ leistungen zu „Konzempreisen“, also erheblich unter dem Marktpreis, verkaufen oder erheblich über Marktpreis abnehmen muß. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich bei dem Geschäft um eine Form der verdeckten Gewinnausschüttung und deshalb der Erstattungspflicht unterliegt oder um eine Form eines markt­ üblichen Austauschgeschäftes handelt, ist nach einhelliger Ansicht die Hypothese, ob das betreffende Geschäft nach allgemein kaufmännischen Grundsätzen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen worden wäre608. Weist die Gesellschaft bereits eine Unterbilanz auf, sind alle Bestandteile des Aktivvermögens in ihren wirklichen Werten gebunden. D.h. sie sind unab­ hängig von ihren handelsbilanziellen Werten einzustufen609, so daß es nach § 30 GmbHG bereits sogar verboten ist, wenn eine Untergesellschaft an die Obergesell­ schaft Gegenstände unter ihrem Verkehrswert abgibt, so z.B. zum Selbstkosten­ preis610.

b) Adressat der Auszahlung nach §30 GmbHG Dem Wortlaut des § 30 GmbHG nach liegt eine „Auszahlung“ allerdings nur dann vor, wenn deren Adressat ein Gesellschajier der betreffenden GmbH ist. Der im Hinblick auf die Bedeutung des § 30 GmbHG weit zu verstehende Schutzbereich des § 30 GmbHG liefe in der Praxis deshalb häufig leer, wenn der Begriff der Auszahlung nicht auch im Hinblick auf den Empfängerkreis verbreitert werden könnte, so daß auch dann eine „Auszahlung“ im Sinne des § 30 GmbHG vorliegt, wenn sie an bestimmte andere Personen als an den Gesellschafter erfolgt ist611. Wegen des Wortlautes der Norm ist es aber gar nicht selbstverständlich, daß auch 607 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 24. 608 OLG Celle, NJW 1993, 739; BGH NJW 1987, 1194; Baumbach/Hueck(-Hueck), §29, Rn. 70; vgl. auch Eschenbruch, Rn. 3380; zu der Rechtfertigung, diesen Maßstab an bereits geschlossene Verträge anzuhalten und sie mittels der Rechtsfolge des § 31 GmbHG dann ggf. zu korrigieren, siehe sofort unten unter 2. 609 Siehe Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 340 f.; Kleffner, 53 ff.; enger z.B. Lutter/ Hommelhoff, § 30, Rn. 2. 610 Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 344 f. 611 Vgl. den (knappen) Überblick bei Berg, 150 ff.

Auszahlungen an Dritte erfaßt werden. Daß eine solche Möglichkeit aber bestehen muß, ergibt sich aus teleologischen Überlegungen zu den Kapitalerhaltungs­ vorschriften. Es muß nämlich durch die Einbeziehung der Dritten verhindert werden können, daß es möglich ist, § 30 GmbHG dadurch zu umgehen, daß die Gesellschafter andere Personen benutzen, um sich den Zahlungsvorteil indirekt zukommen zu lassen und so nicht hinnehmbare Schutzlücken entstehen zu lassen. Diese Gefahr besteht aufgrund der Abhängigkeitsverhältnisse in einem Konzern naturgemäß besonders stark. Dort wird ein solcher „Dritter“ typischerweise ein mit dem Gesellschafter (Konzemmutter) verbundenes Unternehmen sein612. Durch die Erweiterung des Adressatenkreises, an den eine von § 30 GmbHG erfaßte „Auszahlung“ fließen kann, würde es ermöglicht, die Auszahlungen einer abhängi­ gen Konzemgesellschaft an eine andere Gesellschaft, die mit ihr verbunden ist, aber keine Gesellschafterstellung innehat, in den Regelungsbereich des § 30 GmbHG einzubeziehen, wenn die Auszahlungsempfängerin mit der Konzem­ mutter verbunden ist613. Folglich erhielte diese Vorschrift eine erhebliche, interes­ santerweise in Literatur und Rechtsprechung zum Teil aber noch gar nicht voll­ ständig wahrgenommene Bedeutung für die Rückführung von Vermögenstransfers innerhalb von Konzernen, die auch im Konzern eines abhängigen Konzemunter­ nehmens eine wichtige Rolle spielt. Es wird damit nämlich eine weitere Möglich­ keit geschaffen, Zahlungen der Untergesellschaft an eine Schwestergesellschaft, die nicht gleichzeitig Gesellschafter bei dem nunmehr insolventen Unternehmen ist, als Auszahlung an den Gesellschafter zu qualifizieren. Eine Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG ist daher mit einem weiten Leistungsbegriff zu kombinieren und auch dann anzunehmen, wenn Empfänger der Leistung zwar ein Dritter ist, die Auszahlung aber nur als Umgehung einer direkten Auszahlung an den Gesellschafter zu verstehen ist. Damit können vom Konkurs­ verwalter also leicht solche Vermögenstransfers erfaßt werden, wo die Untergesell­ schaft an einen Dritten, insbesondere an ein Schwesterunternehmen, leistet und diese Leistung dabei dem herrschenden Unternehmen selbst einen Vermögens­ werten Vorteil bringt. Ein typisches Beispiel dafür ist etwa, wenn die abhängige GmbH durch eine Zuwendung an einen Dritten der Mutter eine Leistung erbringt614, z.B. die Begleichung einer Schuld der Mutter durch die Untergesell­ schaft bei einem Dritten615, oder die Bestellung einer Sicherheit für das herr­ schende Unternehmen. Zieht man auch hier sinngemäß die Überlegungen heran, die zur Involvierung Dritter in den Anwendungsbereich des § 32a GmbHG eine Rolle gespielt haben616, dann liegt allgemein gesprochen immer dann (noch) eine 612 BGHZ 81, 311,315 f.; vgl. auch BGHZ 89, 165; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, 415 ff.; Berg, 152 f.; enger hingegen Hommelhoff, WM 1984, 1118. 613 Vgl. Kühbacher, 88; BGH NJW 1991, 1057, 1059. Allgemein dazu jetzt Cahn, 16 ff. und 31 ff. 614 Geßler, in: FS Fischer, 145. 615 Siehe etwa den Fall bei BGH LM 3 zu § 30 GmbHG. 616 Siehe oben § 4 I. Teil, B. II2.

Auszahlung im Sinne des § 30 GmbHG vor, wenn die Untergesellschaft an einen Dritten leistet, der mit dem herrschenden Unternehmen in einem solchen engen Näheverhältnis steht, daß die Leistung so angesehen werden kann, als hätte die Gesellschaft in Wirklichkeit doch direkt an den Gesellschafter geleistet617. c) Ergebnis Die „Auszahlung“ im Sinne des § 30 GmbHG erfaßt also jede direkte oder indi­ rekte Vermögensverschiebung von der Untergesellschaft zugunsten des herrschen­ den Unternehmens, die das Stammkapital verletzt oder eine Unterbilanz weiter vertieft. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Transaktion direkt der Mutter zufließt oder indirekt, weil die Auszahlung für Rechnung des herrschenden Unternehmens oder zur Erfüllung einer ihr obliegenden Pflicht an einen Dritten geleistet worden ist618. 2. Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG

Vor diesem Hintergrund des § 30 GmbHG kann der Konkursverwalter nach § 31 GmbHG vom Gesellschafter, im hier betrachteten Fall also vom herrschenden Unternehmen, Erstattung der Auszahlung in die Masse verlangen, wenn einer der eben aufgezählten Fälle vorliegt.

a) Vorüberlegung zur Einbeziehung von Zahlungen an Dritte in den Anwendungsbereich des § 31 GmbHG Für die Vergrößerung der Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin wäre es indes von Bedeutung, wenn möglicherweise auch von anderen als dem betreffenden Gesellschafter eine Erstattung verlangt werden könnte. Denn damit könnten dann auch horizontale Vermögensverschiebungen, die das Stammkapital der Gesell­ schaft verletzt haben, rückgängig gemacht werden619, selbst wenn das Vermögen der Muttergesellschaft möglicherweise nicht ausreichend ist oder eine zu große Belastung ihres Vermögens sie, andere Unternehmen des Konzerns oder gar den ganzen Konzern in Schwierigkeiten brächte. Dem Wortlaut des § 31 I GmbHG nach ist wegen der Verweisung auf § 30 GmbHG immer nur der Gesellschafter Schuldner des Erstattimgsanspruchs620. Von dritten Zuwendungsempfängern, die keine Gesellschaftersind, kann deshalb grund­

617 618 619 620

Siehe speziell zu §§ 30, 31: Brandes, Beilage zu WM 1988,2, 8. Allgemein dazu nochmals Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 47 ff. Vgl. dazu jetzt auch Altmeppen, in: FS Kropff, 651 ff. Siehe nur Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5; Eschenbruch, Rn. 3384.

sätzlich keine Erstattung verlangt werden621. Ausnahmen der haftungsmäßigen Zurechnung gelten nach derselben Differenzierung wie bei den Regeln, wann eine Zuwendung an einen Dritten noch als Auszahlung an den Gesellschafter bewertet werden kann. Demnach gilt der Grundsatz, daß dort, wo die Untergesellschaft zwar an einen Dritten, z.B. an eine Schwester, geleistet hat, diese Leistung aber für den Gesellschafter erbracht wurde, auch nur der Gesellschafter der Schuldner des Erstattungsanspruches nach § 31 GmbHG ist622. Es kommt also darauf an, ob eine Leistung der Untergesellschaft an einen Dritten als mittelbare Leistung dem herr­ schenden Unternehmen als eigene zugerechnet werden kann. So könnten Dritte, etwa Schwesterunternehmen in einem Konzern, die nur als Vertreter oder in sonstiger Weise für den Gesellschafter (herrschendes Unternehmen) eine Auszah­ lung in Empfang genommen haben, nicht aufgrund von § 31 GmbHG in Anspruch genommen werden623. Dasselbe gilt auch dann, wenn das herrschende Unter­ nehmen der wirkliche Empfänger der Leistung ist, auch wenn diese ein Dritter erhalten hat, also wenn beispielsweise die Untergesellschaft eine das herrschende Unternehmen treffende Verbindlichkeit bei einem Dritten erfüllt hat624. Etwas anders gilt für den Dritten allerdings in dem Fall, wenn er mit dem Gesellschafter bewußt zum Schaden der Gesellschaft oder der Gläubiger zusammengewirkt hat. In diesem Fall können beide nebeneinander nach § 31 GmbHG erstattungspflichtig sein625, so daß der Konkursverwalter nach pflichtgemäßem Ermessen auswählen kann, welchen Betrag er von wem in die Masse erstatten läßt. Hier besteht also eine Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Dritten und dem Gesellschafter (§§ 421 ff. BGB). b)

Unmittelbare Leistung an einen Dritten

Ist eine Auszahlung an einen Dritten nicht in diesem Sinne für das herrschende Unternehmen erbracht worden, sondern war der Anspruch von Anfang an von der Untergesellschaft für einen Dritten begründet worden, so haftet dieser Dritte nur dann, wenn die Leistung an ihn auf besonderer enger persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Verbindung zu einem Gesellschafter (dem herrschenden Unter­ nehmen) beruht626. 621 BGH WM 1982, 1402; Sonnenhol/Stützle, WM 83, 4; Rowedder(-Rowedder), § 31, Rn. 5; Lutter/Hommellhoff, § 31, Rn, 5; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 10 ff.; für weitergehende Haftung z.B. Meister, WM 80, 395; generell ablehnend Canaris, in: FS Fischer, 54 ff. 622 BGHZ 60, 324, 330; Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 11; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5; Meyer-Landrut, § 31, Rn. 4. 623 Scholz(-Westermann), § 31, 11; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 11. 624 Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 11; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 31, Rn. 3; Fleck, 34; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 22; vgl. auch BGHZ 81, 365, 368. 625 Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 22; Sonnenhol/Stützle, WM 1983, 5; Baumbach/ Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn.; BGH WM 1982, 1402. 626 Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 12; Fleck, Kapitalaufbringung, 34; Altmeppen, in: FS Kropff, 648 ff.; Berg, 150 mit Fn. 557; Cahn, 31 ff.

Da eine Untergesellschaft in einem Konzern den anderen Konzemgesellschaften prinzipiell auch wie konzernexterne Geschäftspartner entgegentreten dürfen, muß hier - genau wie bei dem parallelen Problem bei der Insideranfechtung627 - eine Balance gefunden werden in dem Konflikt zwischen einem effektiven Stamm­ kapitalschutz und der Gewährleistung eines freien Wirtschaftens der Untergesell­ schaft mit außenstehenden Akteuren. Denn eine weite Ausdehnung des Stamm­ kapitalschutzes durch die Einbeziehung möglichst vieler „Dritter“ hätte zur Folge, daß die betreffende Untergesellschaft in ihrer wirtschaftlichen Aktivität so erheb­ lich beschränkt werden könnte, daß dies ökonomisch ungünstige Auswirkungen für sie mit sich brächte. Besonders problematisch sind in der Praxis dabei die Fälle, in Idenen eine konzernierte GmbH von vornherein dafür vorgesehen ist, hauptsächlich Geschäfte mit anderen Konzernunternehmen zu tätigen, wie etwa eine Service­ Gesellschaft, die aus einer Betriebsaufspaltung hervorgegangen ist. Ist der Gesellschafter nur ein Treuhänder oder ein Strohmann des Dritten, so liegt es nahe, wenn die Leistung direkt an den Dritten geleistet wird, diesen wie einen Gesellschafter zu behandeln, weil es sich insoweit um eine ganz typische enge Verbindung von Gesellschafter und Dritten handelt627 628. In diesem Fall kann der Konkursverwalter den Dritten deshalb aus § 31 GmbHG in Anspruch nehmen. Ganz erhebliche Probleme wirft aber die umgekehrte Konstellation auf, wenn es darum geht, ob bei der Auszahlung an einen Gesellschafter, der lediglich als Treu­ händer eines Dritten fungiert, z.B. das Mutteruntemehmen, neben dem Gesell­ schafter, der selbstverständlich immer nach §§30, 31 GmbHG einstehen muß, auch der Dritte, also hier die Mutter, Haftungsadressat des § 31 GmbHG sein kann. Eine solche Konstellation hat in einem Konzern deshalb eine wichtige Bedeutung, weil damit diejenigen Fälle erfaßt werden können, in denen das herrschende Unternehmen seinen Einfluß nicht durch einen direkten Anteilsbesitz an der betref­ fenden Untergesellschaft ausübt, sondern über den Einfluß auf die Gesellschafter der betreffenden Untergesellschaft629. In diesem Fall hätte der Konkursverwalter noch eine zusätzliche Möglichkeit, auf einen unter Umständen wirtschaftlich potenten Dritten zurückzugreifen, wenn sich der Gesellschafter, an den die Aus­ zahlung geflossen ist, als nicht hinreichend leistungsfähig herausstellt. Die Schwie­ rigkeit dieser Konstellation liegt aber darin, daß auf der einen Seite durchaus ein praktisches Bedürfnis besteht, stammkapitalverkürzende Auszahlungen umfassend und wirksam zu erfassen. Das gilt besonders auch dann, wenn zwar der Adressat der Zahlung ein Gesellschafter war, dieser aber praktisch nur die Funktion einer Schaltstelle hatte, so daß die Zahlungen der Gesellschaft dann gar nicht den Gesell­ schafter erreichen, sondern einen dahinter stehenden Dritten. Damit ist nämlich in Wirklichkeit nicht im Hinblick auf den Gesellschafter die vorwerfbare und zur 627 Siehe oben § 2 A. II. 628 BGHZ 31, 258, 266 f; Meyer-Landrut, §31, Rn. 4; Canaris, in: FS Fischer, 44; Ulmer, ZHR 156 (1992), 385; Altmeppen, in: FS Kropff, 643 ff; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 12. 629 Vgl. zu den sogenannten doppelstöckigen Beteiligungen Scholz(-Westermann), §31, Rn. 13; Sonnenhol/Stützle, WM 1983, 4; BGH NJW 1991, 357.

Erstattung verpflichtende Lage entstanden; wohl ist sie aber im Verhältnis zum Dritten verwirklicht, der wiederum aber nicht von § 30 GmbHG erfaßt werden soll. Auf der anderen Seite wäre eine solche, aus der Sicht der Vergrößerung der Haftungsmasse einer insolventen Gesellschaft wünschenswerte Adressatenerwei­ terung hinsichtlich des Erstattungsanspruchs nicht mehr ohne weiteres mit den §§31, 30 GmbHG zu vereinbaren. Voraussetzung für den Rückzahlungsanspruch ist nämlich nur, daß eine Auszahlung an einen Gesellschafter erfolgt ist, der diese dann erstatten muß. Eine Erweiterung findet zwar insoweit statt, daß auch ein Dritter Erstattungsschuldner sein kann, wenn statt an einen Gesellschafter an diesen die Leistung geflossen ist und er aber wie ein Gesellschafter zu qualifizieren ist; ökonomische Zielsetzung dessen ist aber mittelbare Leistungen an die Gesell­ schafter dem Haftungsregime des § 31 GmbHG zu unterwerfen. Im Fall des Stroh­ mannes eines Nicht-Gesellschafters, der selbst ein Gesellschafter ist, geht es aber um eine von dieser von § 31 GmbHG erfaßten Erweiterung strikt zu trennende Konstellation: Die Leistung ist dort (bereits) an einen Gesellschafter geflossen und nicht etwa (erst) an einen Dritten (der quasi stellvertretend für den Gesellschafter dessen Leistung empfangen hat), und es stellt sich die Frage, ob neben oder statt des Gesellschafters doch der Dritte Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG sein kann. §§ 30, 31 GmbHG sind Normen, die das Stammkapital vor Abschmelzungen zugunsten der Gesellschafter schützen, weil ansonsten die Legitimation des Haf­ tungsausschlusses der Gesellschafter verloren ginge (§13 II GmbHG); ob die Gesellschafter die wahren Leistungsempfänger sind bzw. was die Gesellschafter mit der jeweiligen Leistung machen, interessiert nicht für die Anwendung des § 31 GmbHG; entscheidend ist nur, daß an einen Gesellschafter eine stammkapitalver­ letzende Leistung geflossen ist. Ebenso ändert die Gefahr nichts, daß der Gesell­ schafter, der nur eine „Marionette" eines Dritten ist, deshalb möglicherweise nicht leistungsfähig genug ist, die Auszahlung zurückzuerstatten, weil er sie sofort an den Dritten weitergegeben hat. Das Risiko, daß der Anspruch aus § 31 GmbHG ins Leere läuft, besteht nämlich in jedem Fall, ohne daß dies eine Rechtfertigung dafür darstellen würde, auf wiederum andere zurückzugreifen. Um es noch einmal zu betonen: §§30, 31 GmbHG sprechen ausdrücklich nur Gesellschafter an und gestatten im Rahmen einer weiten Auslegung, um Umgehungen zu vermeiden, darüber hinaus lediglich den Zugriff auf Dritte, wenn die Auszahlung an sie wie eine Auszahlung an den Gesellschafter zu bewerten ist. Ein solcher Umgehungsfall liegt aber gerade nicht vor, wenn ein Gesellschafter als Strohmann für einen Dritten eine Leistung von der Gesellschaft erhält, denn es bekommt derjenige die Leistung, der sie nach § 30 GmbHG nicht bekommen darf und daher gemäß § 31 GmbHG zurückzuerstatten hat. Daher können mit §§31, 30 GmbHG die stamm­ kapitalverletzenden Zahlungen, die über einen Gesellschafter, der nur Strohmann ist, an die Muttergesellschaft gegangen sind, von jener nicht ersetzt verlangt werden. Hier müssen ggf. die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingreifen630.

630 Siehe oben allgemein § 2 A. III. und V.

c)

Naher Angehöriger

Im Zusammenhang mit der Einbeziehung Dritter als Erstattungsschuldner spielt neben den Zahlungen der Untergesellschaft an einen Dritten, die der Obergesell­ schaft gleichsam als eigene zuzurechnen sind, die Frage nach einer Erstattungs­ pflicht des Dritten eine besonders wichtige Rolle, wenn dieser ein „naher Angehö­ riger“ eines Gesellschafters, also des herrschenden Unternehmens ist. Grundsätz­ lich gilt, daß Erstattungsschuldner nur ein Gesellschafter sein kann, weil nur er auch Empfänger der Zahlung sein könne. Soweit über die Erstattungspflicht von Nicht-Gesellschaftern diskutiert wird, gibt es verschiedene Ansichten631. Aller­ dings sind sich die Auffassungen dort einig, wo es darum geht, daß den Gesell­ schaftern zumindest diejenigen gleichgestellt sein müssen, die mit ihnen in einer (qualifizierten) Nähe zum Gesellschafter stehen632, um eine erhebliche Lücke im Schutz des Stammkapitals zu vermeiden. Eine solche Nähebeziehung liegt vor bei einem „nahen Angehörigen“. Hinsichtlich der Frage, wer als ein „naher Angehöri­ ger“ des herrschenden Unternehmens zu gelten hat, kann hier auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden633. Dem folgend sind die abhängigen Unternehmen in einem Konzern stets als „nahe Angehörige“ des herrschenden Unternehmens anzusehen, so daß stammkapitalverletzende Auszahlungen an Schwesterunternehmen nach §31 GmbHG auch von diesen zurückgefordert werden können634. Soweit ein „naher Angehöriger“ des Gesellschafters (der Konzemmutter), also im hier interessierenden Fall insbesondere eine Schwestergesellschaft der nunmehr bankrotten GmbH, als erstattungsverpflichteter Dritter angesehen wird, besteht allerdings ein Streit darüber, ob dieser möglicherweise eine Auszahlung nur dann zurückzahlen muß, wenn er den Verstoß gegen § 30 GmbHG kannte oder hätte kennen müssen635. Bei der Auszahlung der betreffenden abhängigen GmbH an eine Schwestergesellschaft kommt es wegen der speziellen Konzem-Konstellation auf diese Auseinandersetzung jedoch nicht an. Nach hier vertretener Ansicht muß sich nämlich eine Schwestergesellschaft im Konzern die Kenntnis der Muttergesell-

631 Siehe etwa Rowedder(-Rowedder), § 31, Rn. 5; J. Hager, ZGR 1989, 102 f.; Tries, 84 f.; Canaris, in: FS Fischer, 55; K. Schmidt, GesR, 1140; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5 mit Verweis auf § 29, Rn. 55. 632 Statt aller Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5; Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 12; Altmeppen, in: FS Kropff, 647 f.; vgl. auch BGHZ 81, 365, 368 f. 633 Siehe oben § 2 A. III. 2 b. 634 BGH ZIP 1986, 456,458; BGH NJW 1991, 357, 358; BGH ZIP 1991, 366; BGH BB 1996, 128; Schmidsberger, 191 f.; Sonnenhol/Stützle, WM 1983, 4; Oetker, KTS 1991, 525; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 21; vgl. Cahn, 39 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 12. 635 BGHZ 81, 365, 368; BGH WM 1986,237,239; Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 12; Fleck, Kapitalaufbringung, 34; Sonnenhol/Stüzle, WM 1983, 4; Meyer-Landrut, §31, Rn. 4; Lutter, in: FS Stiefel, 532; Hommelhoff, WM 1984, 1116 f.; Canaris, in: FS Fischer, 43; vgl. aber kritisch zur Rechtsprechung Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 5; Abramenko, GmbHR 1997, 876 ff.; siehe den Überblick über weitere Literatur bei J. Hager, ZGR 1989, 98 f. (Fn. 121).

schäft stets zurechnen lassen636, so daß bei jeder Zahlung an eine Schwester die Fiktion der Kenntnis des Verstoßes der Zahlung gegen § 30 GmbHG besteht. Aus alledem folgt deshalb, daß stammkapitalverletzende Zahlungen einer Untergesell­ schaft an eine Schwestergesellschaft, die nicht gleichzeitig auch Gesellschafter der betreffenden GmbH ist, nach §§ 30, 31 GmbHG von dieser erstattet werden muß. Damit findet sich hier eine weitere Möglichkeit des Konkursverwalters, mittels des Zugriffs auf das Vermögen einer Schwestergesellschaft eine horizontale „Haf­ tungsfondserweiterung “ zu erreichen. Gleichzeitig darf man auch nicht aus dem Auge verlieren, daß in den Fällen, wo die betreffenden Zahlungen an einen „nahen Angehörigen“ des herrschenden Unternehmens als Gesellschafter der abhängigen GmbH geleistet hat, die Mutter immerhin auch mittelbar begünstigt ist, denn auf­ grund der Beherrschung der Schwestergesellschaft besteht für sie die Möglichkeit, von dort das Kapital abzuziehen. Damit ist sie neben der Schwestergesellschaft ebenfalls Erstattungsschuldner637. Das gleiche gilt erst recht dann, wenn - wie regelmäßig der Fall sein dürfte - das herrschende Unternehmen die Transaktion von der einen an die andere Untergesellschaft veranlaßt hat638. Der Dritte und der Gesellschafter haften insofern stets als Gesamtschuldner639. , Eine derartige „horizontale Haftungsfondsvergrößerung“ wird in diesem Zusammenhang insbesondere dann bedeutsam, wenn die Struktur des Konzerns so gestaltet ist, daß im wesentlichen das gesamte Vermögen aller Konzemgesell­ schaften in einer Tochtergesellschaft gebündelt wird, wie es für eine Betriebsauf­ spaltung typisch ist. Wenn dann eine Untergesellschaft in Konkurs fallt, wären nach §§31, 30 GmbHG sowohl der Gesellschafter, also das herrschende Unter­ nehmen, als auch die „reiche“ Schwestergesellschaft als Gesamtschuldner erstat­ tungspflichtig. Das hätte für den Konkursverwalter den Vorteil, daß er den zahlungskräftigeren der Gesamtschuldner aussuchen kann, und so möglicherweise das Risiko verringert, daß er mit dem Anspruch auf Erstattung der Auszahlung im Konzern letztlich ausfallen könnte.

d)

Erstattungsschuldner bei der Abtretung

Ein Spezialfall im Zusammenhang mit der Haftung Dritter nach §§ 31, 30 GmbHG ist schließlich auch das umstrittene Problem, wer in den Fällen Erstat­ tungsschuldner ist, wo sich eine Schwestergesellschaft in einem Konzern einen entgegen § 30 GmbHG begründeten (und damit gehemmten640) Anspruch der 636 Siehe oben § 2 A. III. 3. b. 637 Ebenso Scholz(- Westermann), §31, Rn. 13; Hachenburg(Goerdeler/Müller), §31, Rn. 21; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 12. 638 Siehe Baumbach/Hueck(-Hueck), §31, Rn. 13; Scholz(-Westermann), §31, Rn. 13 f.; Meister, WM 1980, 399; vgl. dagegen etwa Canaris, in: FS Fischer, 54. 639 Vgl. Scholz(-Westermann), §31, Rn. 11 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), §31, Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5; Eschenbruch, Rn. 3384; BGHZ 31, 258,266. 640 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 33; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 30, Rn. 21.

Obergesellschaft hat abtreten und dann später auszahlen lassen641. In Fällen, wo diese Handlungen nicht innerhalb eines Konzerns stattgefunden haben, kommt es auf die Frage an, ob der Ausschluß eines gutgläubig einredefreien Forderungs­ erwerbs nach § 404 BGB in diesem Fall einen Erwerberschutz ausschließt, mit der Folge, daß der Dritte dann zum Erstattungsschuldner wird642. Laufen derartige Handlungen konzernintern ab, kommt es indes nicht auf die Beantwortung dieser Frage an. Denn hier kommt wieder die Fiktion zum Tragen, daß eine Tochter­ gesellschaft, selbst in einem lockeren Konzern, hinsichtlich der Geschäfte zwischen der Konzemmutter und anderen Untergesellschaften bösgläubig ist643. Im Fall der Auszahlung der abgetretenen Forderung wird daher der Dritte, im Konzern also regelmäßig die Schwestergesellschaft, Erstattungsadressat. Daneben schuldet allerdings auch das herrschende Unternehmen Erstattung nach §§31, 30 GmbHG644, denn durch die Abtretung des Anspruchs auf stammkapitalverletzende Auszahlung erhält es zwar nicht diese Auszahlung als solche, d.h. ihm gegenüber wird dieser Tatbestand des § 30 GmbHG nicht unmittelbar verwirklicht. Es erhält aber eine Gegenleistung, die ihm als mittelbare Begünstigung zugerechnet werden muß645. Dieser Fall liegt insoweit parallel zu einer Leistung der Untergesellschaft an eine Schwestergesellschaft, wo die konkrete stammkapitalberührende Auszah­ lung zwar nicht an die Gesellschaft geht, sondern an einen Dritten, das herrschende Unternehmen aber dadurch mittelbar begünstigt wird.

e)

Zusammenfassung

Erstattungsschuldner im Sinne des § 31 I GmbHG sind in erster Linie diejenigen Konzernunternehmen, die Gesellschafter an der Gemeinschuldnerin sind. Das gilt für die Fälle, in denen eine Leistung an sie selbst erbracht worden ist, als auch in denen, wo eine Leistung an einen Nicht-Gesellschafter, z.B. eine Schwester­ gesellschaft, für den Gesellschafter geflossen ist. Andersherum wird aber nicht der Dritte, der einen Gesellschafter „vorgeschaltet“ hat - also etwa das Mutterunter­ nehmen im Verhältnis zu einer Enkel-GmbH, an der sie nicht selbst beteiligt ist 641 Zu diesem Problem siehe Altmeppen, in: FS Kropff, 650 ff.; Canaris, in: FS Fischer, 55; Sonnehol/Stüzle, WM 1983, 4; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), §31, Rn. 20; Baumbach/Hueck (-Hueck), § 31, Rn. 11; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5. 642 Bejahend etwa Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 11; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), §31, Rn. 3; ablehnend Scholz(-Westermann), §31, Rn. 12; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 20; Canaris, in: FS Fischer, 55. 643 Vgl. nochmals oben § 2 A. III. 3 b. 644 Vgl. etwa BGH ZIP 1986, 456, 458; BGH NJW 1996, 589; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), §31, Rn. 20; Canaris, in: FS Fischer, 42 f.; Scholz(-Westermann), §30, Rn. 35; Altmeppen, in: FS Kropff, 651 f.; differenzierter dagegen Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5 a.E. 645 So auch Hachenburg(-Goerdeler/Müller), §31, Rn. 20; das gilt auch dann, wenn die Abtretung wegen einer Pfändung des Auszahlungsanspruches beim Gesellschafter geschieht; anders Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 5.

von § 31 GmbHG erfaßt, wenn die Zahlung an den Gesellschafter geflossen ist, in Wirklichkeit aber ihm zugute kommt. Wenn eine stammkapitalverletzende Auszahlung der abhängigen GmbH an eine Schwestergesellschaft, die nicht auch Gesellschafter ist, gegangen ist, dann wird sie deshalb erstattungspflichtig, weil sie in einer engen wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehung zur Muttergesellschaft als Gesellschafter dem jetzigen Gemeinschuldner steht und deshalb ein „naher Angehöriger“ des Mutterunternehmens ist. Das Mutterunternehmen als Gesell­ schafter kann schließlich neben der Schwestergesellschaft auch dann haften müssen, wenn es mittelbar durch diese Zahlung begünstigt worden ist.

III. Umfang des Erstattungsanspruchs 1. Grundsatz Der Konkursverwalter kann nach § 31 GmbHG verlangen, daß das Reinvermögen im Wert vor der verbotswidrigen Auszahlung nach § 30 GmbHG wieder herzustellen ist bis dieses dem Stammkapital entspricht646. Damit ist entweder in Höhe des Betrages zu leisten, der das für das Stammkapital erforderliche Vermö­ gen verringert hat647, oder ggf. dann, wenn die Auszahlung zu einer Überschuldung führte, der volle Wertausgleich zu schaffen. Der Umfang der Erstattung ist damit nicht notwendigerweise auf den Umfang des Stammkapitals begrenzt648. In der Regel kann der Konkursverwalter die Rückzahlung von Barauszahlungen, die Rückübertragung von Gegenständen nach einer Sachauskehrung, die Aufhebung einer unter Verstoß gegen § 30 GmbHG begründeten Gesellschaftsverbindlichkeit, die Freigabe einer Sicherheitsleistung oder die Wiederbegründung eines Rechts verlangen, soweit dies zu einem Verstoß gegen § 30 GmbHG führte649.

2. Verpflichtung zur Rückgabe in Natur a) Prinzipiell Wertersatz Da es sich bei dem Ersatzanspruch aus § 31 GmbHG nicht um einen Kondik­ tionsanspruch handelt650, ist auch nicht wie bei § 812 BGB das Erlangte herauszu­ 646 Einhellige Ansicht, vgl. statt aller Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 8; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 23 ff. 647 Siehe etwa Raiser, § 37, Rn. 11 ff.; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 23; Scholz (-Westermann), § 31, Rn. 2 f. 648 BGHZ 60, 324, 331; Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 8; Hachenburg(-Goerdeler/ Müller), §31, Rn. 23. 649 BGHZ 95, 188, 193; Hachenburg(-Goedeler/Müller), §31, Rn. 25; Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 7. 650 Siehe Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 1; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 3.; BGHZ 31,258,265.

geben651, vielmehr ist grundsätzlich nur eine wertmäßige Auffüllung geschuldet. Das ergibt sich unmittelbar daraus, daß § 30 GmbHG nicht bestimmte Gegen­ stände des Gesellschaftsvermögens, sondern nur das bilanzielle Vermögen schützt, so daß deshalb aufgrund des § 31 I GmbHG eine Verpflichtung zu einer Rückgabe der Sache in Natur ausscheidet652. Aus der Perspektive einer möglichst umfang­ reichen Auffüllung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen Konzemunter­ nehmens kann es aber dennoch sehr vorteilhaft sein, wenn der Anspruch aus § 31 GmbHG nicht nur auf den wertmäßigen Ersatz hinausliefe, sondern der Konkurs­ verwalter den tatsächlich herausgegebenen Gegenstand zurückerhalten könnte. Besondere Bedeutung hat dies z.B. dann, wenn der Konkursverwalter sich ent­ scheidet, den Betrieb des insolventen Unternehmens fortzuführen und dazu bestimmte Produktionsmittel braucht, die vorher an die Obergesellschaft oder eine andere Tochtergesellschaft ausgekehrt wurden, und wenn etwa diese Maschinen bzw. ein gleichwertiges Ersatzstück nicht oder nicht mit angemessenen Aufwand beschaffbar sind. Außerdem ist die Rückgabe von Gegenständen dort wichtig, wo in der Masse noch Gegenstände verblieben sind, die nur in Verbindung mit dem ausgekehrten Gegenstand eine erhebliche Wertsteigerung erfahren653. Im Anschluß an Strafurteile zu § 266 StGB654 wird deshalb zunehmend diskutiert, ob es über eine wertbezogene Kapitalerstattung hinaus möglicherweise auch gegenstands­ bezogenen Vermögensschutz geben sollte655. So wird beispielsweise vertreten, daß es verboten sein müsse, Gesellschaftsvermögen, wie etwa Maschinen, Patente und Forderungen an den Gesellschafter wegzugeben, wenn dadurch der wirtschaftliche Zusammenbruch in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit heraufbeschwo­ ren werde. Analog zu § 31 GmbHG solle die Gesellschaft dann einen Anspruch auf Rückgewährung des Auszahlungsgegenstandes haben. Dem Gesellschafter würde damit gleichzeitig die Möglichkeit genommen, bloßen Wertersatz zu stellen656. 657 Während ein Teil der Literatur dieses Verbot unter dem Stichwort des „Existenz­ schutzes“ sogar unabhängig von einer Verletzung des Stammkapitals durchsetzen will 657, nehmen andere Stimmen dieses Verbot nur unter den Umständen an, daß 651 Ebenso Hachenburg(-Goederler/Müller), § 31, Rn. 25. 652 Ganz deutlich Joost, ZHR 148 (1984), 54; K. Schmidt, GesR, 1136; vgl. auch Tries, 43 und 231; für reine Wertausgleich bei verdeckter Gewinnausschüttung Wilhelm, in: FS Flume II, 387; Flume Jur. Pers. § 8 IV 2 c. 653 Insoweit könnte man an ein Lehrbuchbeispiel denken, daß einem Gesellschafter ein bestimmtes Teil eines Gesamtobjektes ausgekehrt worden ist, das an sich einen nicht unerheblichen Wert hat, aber gemeinsam mit den übrigen dazugehörigen Teilen einen höheren Verkehrswert haben als einzeln in der Addition. 654 BGHSt 34, 379, 386 ff. (insbes. 388 ff); BGHSt 35, 335, 338; dazu Gribbohn, ZGR 1990, 36 ff; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 8; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 5. 655 Fleck, ZGR 1990, 36; ders., in: FS 100 Jahre GmbHG 398 f.; Ulmer, in: FS Pfeiffer, 868 f.; Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 5; Kleffner, 95 ff.; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 16; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 30, Rn. 4 und 24 ff. 656 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 5 f. 657 Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 5; Fleck, ZGR 1990,42.

dadurch eine Verletzung des § 30 GmbHG stattfindet658. Die Legitimationsgrund­ lage für einen Existenzschutz unabhängig von der Berührung des Stammkapitals basiert auf dem Gedanken, daß nach §§ 65 ff. GmbHG eine Liquidation der Gesellschaft nur offen durchgeführt werden dürfe; da eine Aufgabe bestimmter gegenständlicher Vermögenspositionen in vielen Fällen aber einer schleichenden bzw. verdeckten Liquidation entspricht, sollen diese Transaktionen mit Hilfe des §31 GmbHG rückgängig gemacht werden können659. Dieser Grundgedanke ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen. Dennoch besteht gegen diese Erweite­ rung des Anwendungsbereiches der §§31, 30 GmbHG der Einwand, daß der Existenzschutz vom Gesetz gerade durch die Erhaltung des Stammkapitals für ausreichend erachtet worden ist. Für einen noch weiteren, über das Stammkapital hinausgehenden Schutz ist deshalb kein Platz mehr. Eine „schleichende Liquida­ tion“ muß deshalb bis zur Grenze des Stammkapitalschutzes hingenommen werden; andernfalls führte dies zu einer gefährlichen Aufweichung der §§30, 31 GmbHG, weil der Schutz über das Stammkapital hinaus auch das „existenznot­ wendige“ Kapital erfassen würde, wobei weder geklärt ist, wie dieses berechnet werden sollte, noch was denn eigentlich die Existenzgrundlage des betreffenden Unternehmens ausmacht660. b) Ausnahmen

Eine andere Frage ist es aber, ob nicht möglicherweise auch unabhängig von einer Legitimation durch die befürchtete „schleichende Liquidation“ ausnahmsweise aus anderem Grund bestimmte Gegenstände vom Konkursverwalter nach § 31 GmbHG zurückverlangt werden können. Vor dem Hintergrund, daß einige Gegenstände neben ihrem bilanziell meßbaren Verkehrswert auch noch einen ihnen inne­ wohnenden „Produktionswert“ haben, so kann es im Hinblick auf die Vergröße­ rung der Haftungsmasse einer Gesellschaft nämlich durchaus effektiver sein, nicht nur den Verkehrswert - in Höhe des angetasteten Stammkapitals - in die Masse zurückzufuhren, sondern auch den in einem Gegenstand liegenden „Produktions­ wert“ nutzen zu können, wenn dieser höher ist als der „Produktionswert“ des Geldes. Insoweit wäre eine vorsichtige Durchbrechung der Verpflichtung des Aus­ gleichs des rein bilanziellen Vermögens zu bejahen, wenn es aus Sicht des Kon­ kursverwalters für eine effektive Verwaltung insgesamt erfolgsversprechender ist, den benötigten Produktionsgegenstand zur Verfügung zu bekommen als den Ersatz des Geldes. Insofern kommen hier die gleichen Erwägungen zum Tragen wie oben bereits bei der entsprechenden Frage der Rückgewähr von Leistungen bzw. Gegen­ ständen im Rahmen des § 32a GmbHG661. 658 Ulmer, in: FS Pfeiffer, 868 f.; Scholz(- Westermann), §30, Rn. 16; Kleffner, 95 ff.; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 25. 659 So Lutter/Hommelhoff, § 30, Rn. 7; Fleck, ZGR 1990, 37. 660 Siehe bereits oben § 41. Teil A. 661 Siehe oben § 4 I. Teil B. IV.

Da es sich aber stets nur um eine Ausnahme handelt, kann der Konkursver­ walter deshalb nicht verlangen, daß der Gesellschafter den betreffenden Gegen­ stand wiederbeschaffen muß, wenn er ihn zwischenzeitlich veräußert hat, oder wenn er mit oder ohne Verschulden des betreffenden Gesellschafters bei ihm untergegangen ist662. In diesen Fällen schuldet der betreffende Gesellschafter weiterhin nur den Wertausgleich in Geld663. Befindet sich aber der fragliche Gegenstand noch beim Gesellschafter, dann hat der Konkursverwalter ein Wahl­ recht, ob er diesen oder den Wertersatz in Geld erstatten muß, denn es ist der Konkursverwalter, der beurteilen (und verantworten - § 82 KO/§ 60 InsO) muß, welche Erstattungsform für die Vergrößerung der Masse am geeignetsten ist. Ein zum Teil in der Literatur vorgeschlagenes Wahlrecht des Gesellschafters664 ist dagegen abzulehnen, weil dieses im Ergebnis, die Freiheit des Konkursverwalters, die Form der Erstattung nach Effizienzkriterien auszuwählen, leerlaufen ließe. Dieser Aspekt stellt aber gerade die Legitimation für die Ausnahme vom Grund­ satz der Wiederherstellung des bilanziellen Vermögens dar. Auch der Einwand, ein Gesellschafter, der einen Gegenstand ausgekehrt erhalten hat, müsse in dem Fall, wo er diesen Gegenstand in Natur zurückzugeben hat, damit rechnen, daß er mehr als nur das Stammkapital wieder herzustellen habe665, überzeugt bei genauer Betrachtung nicht. Richtig ist zwar, daß eine solche Situation immer dann eintritt, wenn mit dem Abgang des Gegenstandes nur zum Teil das Stammkapital ange­ tastet worden ist und zum Teil damit Rücklagen abgeschmolzen wurden, und daß eine derartig weite Erstattungspflicht tatsächlich nicht mit § 31 GmbHG zu verein­ baren ist. Doch führt dies noch nicht dazu, die Rückgabe eines Gegenstandes allgemein als nicht zulässig zu erachten. Die Lösung besteht einfach darin, daß der „Überschuß“ dem Gesellschafter seitens der Gesellschaft, im Konkurs also durch den Konkursverwalter aus der Masse, Zug um Zug gegen die Rückgabe des Gegenstandes gezahlt wird.

3. Ergebnis und weiterführende Überlegungen

a) Zusammenfassung Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Verbot der stammkapitalmindernden Auszahlungen sind wegen des Versuches, das Stammkapital möglichst effektiv zu schützen, vielfältig. § 31 GmbHG zielt hauptsächlich darauf ab, den durch die Auszahlung geminderten Haftungsfonds der Gesellschaft in seinem Wert dadurch auf den im Handelsregister bezifferten Stand zu bringen, daß das, was die Auszahlung ausgemacht hat, wieder in das Gesellschaftsvermögen rückgeführt

662 663 664 665

Zu letzterem vgl. Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG 381; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 13 Joost, ZHR 148 (1984), 53 f. Z.B. Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, 376 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 13. Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 25.

wird666. Gläubiger des Erstattungsanspruchs ist die (abhängige) Gesellschaft, die die Auszahlung vorgenommen hat, bzw. im Konkurs die Masse667. D.h. der Konkursverwalter einer Untergesellschaft kann in einem Konzern also all diejeni­ gen Leistungen, die zu einer bilanziellen Verletzung des Stammkapitals geführt haben, zurückverlangen. Dabei gilt der Grundsatz, daß der Erstattungsschuldner die Leistungen nur in Geld zu begleichen braucht. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn der Konkursverwalter einen Gegenstand, der unter Verletzung des Stamm­ kapitals ausgekehrt worden ist, für die effektive Vergrößerung der Haftungsmasse für notwendiger hält als die entsprechende Geldzahlung. In diesem Fall kann der Konkursverwalter aus §§31, 30 GmbHG diesen Gegenstand herausverlangen, wenn er noch bei dem Auszahlungsempfänger greifbar ist. Unter bestimmten Umständen ist der Ersatzanspruch gegen das Mutterunter­ nehmen oder gegen eine Schwestergesellschaft, wenn diese als Dritter qualifiziert werden kann, nicht nur auf die Stammkapitalsumme beschränkt. Das ist dann der Fall, wenn die Auszahlung nicht bloß das Stammkapital aufzehrte, sondern noch weitergehend zu einer Überschuldung führte. Hier ist dann der volle Wertverlust auszugleichen; der Auszahlungsempfänger kann seine Schuld also nicht auf die Stammkapitalsumme begrenzen668.

b) Ausgleich des Fehlbetrages vor Geltendmachung des Anspruches

Der Konkursverwalter kann gegen den Auszahlungsempfänger allerdings dann nicht mehr aus §§31, 30 GmbHG vorgehen, wenn eine Unterbilanz der Unter­ gesellschaft zunächst durch Auszahlung etwa an die Konzemmutter oder eine Schwestergesellschaft entstanden oder vertieft worden ist, dann aber vor der Geltendmachung des Anspruches aus § 31 GmbHG wieder ausgeglichen wurde. Da der Empfänger grundsätzlich nicht das Erlangte wieder herauszugeben hat, sondern nur verpflichtet ist, die durch die verbotene Zuwendung herbeigeführte oder verschlechterte Unterbilanz wieder auszugleichen, gibt es keinen Grund mehr für eine Leistung, wenn in der Zeit nach der Entnahme die Unterbilanz oder Über­ schuldung durch Gewinne, Auflösung von Rückstellungen etc. nicht nur für den Augenblick, sondern nachhaltig beseitigt ist und damit der im Interesse der Gläubiger mit der Erstattung verfolgte Zweck anderweitig erreicht worden ist669. Zwar eröffnet man dem betreffenden herrschenden Unternehmen damit ein Stück 666 Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 1; Scholz(-Westermann), §31, Rn. 2; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), §31, Rn. 1; Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG 378; Hommelhoff, in: FS Kellermann, 168. 667 Vgl. nur Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 8. 668 So Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 8; K. Schmidt, GesR, 1133 f. BGHZ 60, 324, 331; vgl. auch BGH NJW 1990, 1730, 1732. 669 BGH ZIP 1987, 1113 mit Anm. Westermann; zustimmend K. Schmidt, GesR, 1136 f.; Scholz(-Westermann), § 30, Rn. 25. Dagegen etwa Berg, 98 ff.; Stimpel, in: FS 100 Jahre KO, 353; Flume, ZHR 144 (1980), 23.

weit die Möglichkeit, die Bilanzpolitik mit dem Ziel zu gestalten, den Erstattungs­ anspruch entfallen zu lassen oder sich von dem Stammkapital der Untergesell­ schaft zu bedienen und dabei schlicht auf die guten Geschäfte in der Zukunft zu spekulieren670. Doch können diese möglichen nachteiligen Effekte letztlich nicht dazu fuhren, den Ersatzanspruch auch bei einem Ausgleich weiter bestehen zu lassen. In den Grenzen der gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften steht es den Gesellschaftern nämlich frei, die Bilanzierungspolitik auszuüben und entsprechend auf den Geschäftsführer einzuwirken (vgl. § 41 GmbHG), ggf. auch so, daß eine Unterbilanz beseitigt wird671. Es ist einem herrschenden Unternehmen im Konzern darüber hinaus auch nicht verboten, unter Beachtung der Vorschriften des Bilanzund Konkursrechts die Gesellschaft für die Zukunf zu belasten672.

c)

Guter Glaube des Auszahlungsempfängers

Eine weitere Befreiung der Leistungspflicht des Auszahlungsempfängers sieht §31 II GmbHG auch dann vor, wenn jener in gutem Glauben bezüglich der Unver­ sehrtheit des Stammkapitals war673. Diese Anspruchsreduktion spielt als Einwen­ dung gegen eine Leistungsverpflichtung im Konkurs einer Untergesellschaft im Konzern allerdings keine Rolle. Zum einen ist der gute Glaube des Zahlungsemp­ fängers dann nicht weiter relevant, wenn die Auszahlung zur Gläubigerbefriedi­ gung benötigt wird. Das ist in Insolvenzsituationen des Konzernunternehmens praktisch immer der Fall674. Zum anderen wird bei der herrschenden Gesellschaft in einem Konzern nie ein guter Glauben hinsichtlich der Unversehrtheit des Stammkapitals675 der von ihr abhängigen Gesellschaft anzunehmen sein. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand ihrer Leistungsmacht. Auch bei den Schwestergesellschaften scheidet ein guter Glaube von Anfang an aus, da ihnen die Bösgläubigkeit der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann676.

d) Solidarhaftung Für die möglichst umfassende Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens spielt hingegen die Solidarhaftung nach §31 III GmbHG eine nicht zu unterschätzende Rolle. Diese Form der 670 So besonders deutlich Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 11; Brandner, in: FS Fleck, 23; Hommelhoff, in: FS Kellermann, 165. 671 Vgl. Hachenburg(-Goerdeler/Müller), §31, Rn. 24; Scholz(-Westermann), §31, Rn. 6 f.; Joost, ZHR 148 (1984), 54; Tries, 54, 67 m.w.N. Dagegen aber Berg, 98 f. 672 Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 31, Rn. 24. 673 Vgl. Lutter/Hommelhoff, §31, Rn. 15 f.; Hommelhoff, in: FS Kellermann, 167; Peltzer/ Bell, ZIP 1993, 1764; Scholz(-Westermann); § 41, Rn. 19. 674 Siehe K. Schmidt, BB 1984, 1588 ff; ders., GesR, 1136. 675 Vgl. zu dem, was der gute Glauben umfassen muß, Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 19. 676 Siehe oben § 2 A. III. 3 b.

Haftung eröffnet dem Konkursverwalter nämlich die Möglichkeit, den Haftungs­ fonds des Gemeinschuldners auch dann aufzufüllen, wenn der Anspruch gegen den Zahlungsempfänger nicht durchsetzbar ist. Die Mitgesellschafter haften dann pro rata ihrer Geschäftsanteile677, die sich bei Wegfall anderer Gesellschafter zu einer Vollhaftung ausweitet. Das wird in den Fällen relevant, wo die betreffende Tochtergesellschaft eine Auszahlung an ein anderes Schwesterunternehmen gelei­ stet hat, welches Gesellschafter oder „Dritte“ ist, und von dem der Konkursver­ walter wegen Vermögensmangel die Leistung nicht erstattet bekommen kann. Dann können auch die anderen Gesellschafter, ggf. also auch das Mutterunter­ nehmen, vom Konkursverwalter zur Erstattung herangezogen werden, auch wenn sie von der Auszahlung möglicherweise nicht profitiert haben. Entscheidend ist dabei die Frage nach der Höhe der Solidarhaftung. Diese wird jedoch kontrovers beantwortet. Eine starke Ansicht vertritt die Auffassung, daß diese grundsätzlich der Primärschuld entspreche, sie aber in solchen Fällen dahin­ ter Zurückbleiben könne, wo an den Empfänger mehr Aktivvermögen ausgezahlt wurde als der Stammkapitalziffer entspreche. Begründet wird dies mit der Not­ wendigkeit, das Risiko der Mitgesellschafter auf Solidarhaftung von Anfang an in kalkulierbaren Grenzen zu halten. Demnach ist die Solidarhaftung also nur auf die Stammkapitalziffer gerichtet678. Weiter eingeschränkt wird die Solidarhaftung von denjenigen, die eine solidarische Einstandspflicht auf die Stammeinlage des Leistungsempfängers fordern679. Schließlich wird von einigen Stimmen auch eine unbeschränkte Solidarhaftung der Gesellschafter verlangt680. Die beiden Auffassungen, die eine Beschränkung der Solidarhaftung vorsehen, können jedoch - mögen sie aus Sicht der Mitgesellschafter auch wünschenswert sein - nicht überzeugen. Eine Beschränkung eines jeden Gesellschafters bloß auf die Stammeinlage ist nicht mit dem Sinn und Zweck der §§ 30, 31 GmbHG zu vereinbaren, denn sie trägt dem Gläubigerschutz, der zumindest in Höhe der im Handelsregister eingetragenen Stammkapitalziffer gewährleistet werden muß, nicht vollständig Rechnung681. Gegen eine Beschränkung der Solidarhaftung auf die Stammkapitalziffer spricht, daß es keinen triftigen Grund gibt, warum die Erwartung der Gläubiger auf Vergrößerung des Haftungsfonds bei Auszahlung eines Betrages höher als die Stammkapitalziffer an einen Gesellschafter dann geringer sein soll, wenn der betreffende Gesellschafter als Schuldner des Anspruches ausfällt. In jedem Fall hat eine solche Auszahlung zu einer Überschuldung geführt, die im Interesse der Gläubiger aufgefüllt werden muß, und zwar bis zur Grenze der Stammkapitalziffer. Dies entspricht einem Betrag, der höher ist als die Stammkapitalziffer. Die 677 Statt aller Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 21; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 17. 678 BGHZ 60, 324, 331, (offengelassen allerdings von BGH WM 1990, 504); Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, 371; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 21. 679 K. Schmidt, BB 1985, 157; vgl. auch Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 30. 680 Kleffner, 177; Immenga, WuB II C. § 31 GmbHG 1.90, 817. 681 Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, 372; Lutter/Hommelhoff, § 31, Rn. 21.

Ansicht, die eine solidarische Haftung nur bis zur Höhe des Betrages des Stamm­ kapitals zulassen will, kommt aber zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß bei einer Auszahlung, die zu einer Überschuldung fuhrt, noch ein weiter „offener“ Rest bleibt, so daß dies ein Fall wäre, wo den Gläubigem nicht einmal das Stammkapi­ tal als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Gerade um einer solchen Gefahr vorzubeugen, soll jedoch die Solidarhaftung eingreifen682. Es wäre daher weniger sinnvoll, das vom Gesetzgeber als „Notanker“ des Gläubigerschutzes vorgesehene Instrument dadurch abzuschwächen, daß die Solidarhaftung nur auf die Stamm­ kapitalziffer beschränkt wird. Vor dem Hintergrund, daß der Gläubigerschutz bei der GmbH ohnehin nur schwach ausgeprägt ist, sollte er nicht auch noch durch eine Reduktion der Solidarhaftung nach § 31 III GmbHG weiter verkleinert werden. Für die unbeschränkte Solidarhaftung spricht ferner auch, daß sie besser mit dem Erstattungsanspruch aus § 31 I GmbHG korrespondiert, der auch nicht beschränkt ist683. Schließlich läßt sich gegen eine Beschränkung der solidarischen Haftung auch vorbringen, daß die Mitgesellschafter über die ihnen zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG durchaus eine Vorsorge gegen unberechtigte Entnahmen treffen können, während die Gesellschaftsgläubiger diese Möglichkeit in der Regel nicht haben. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht sach­ gerecht, die Mitgesellschafter zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger zu begünstigen. D.h. daß dann, wenn die nunmehr bankrotte GmbH an eine Schwestergesellschaft eine Auszahlung geleistet hat, und diese wegen Vermögensknappheit bei ihr nicht einbringlich ist, der Konkursverwalter in voller Höhe auf die anderen Gesellschaf­ ten, also in der Regel insbesondere auf die Konzemmutter zurückgreifen kann, sofern diese auch Gesellschafter ist, und damit nicht selten gewährleisten, daß er die Haftungsmasse der insolventen abhängigen GmbH auf das Mindesthaftungs­ kapital des Stammkapitals aufstocken kann.

B. Kredit aus dem Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter - die analoge Anwendung des § 43 a GmbHG? I. Die analoge Anwendung des § 43a GmbHG auf konzeminteme Darlehen 1. Einleitung und Problemstellung Eng verbunden mit den §§ 30, 31 GmbHG ist das Verbot des § 43a S. 1 GmbHG, den Geschäftsführern und den anderen in der Vorschrift aufgezählten Personen einen Kredit aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft zu gewähren. Diese Vorschrift zielt, genau wie die beiden 682 Siehe Scholz(-Westermann), § 31, Rn. 24 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 31, Rn. 15, 683 Immenga, WuB IIC. § 31 GmbHG 1.90, 817.

anderen, darauf ab, das Stammkapital in seinem Bestand zu erhalten684. Verboten sind dabei stammkapitalverletzende Kreditvergaben an den Geschäftsführer der GmbH und zwar sowohl an den Fremdgeschäftsführer als auch an einen Gesellschaftergeschäftsführer. Damit ergänzt § 43a GmbHG den Zweck des § 30 GmbHG: Wo letztere Norm das Vermögen der Gesellschaft vor der Auszehrung durch Zahlungen von Vermögen an die Gesellschafter sichert, verbietet § 43a GmbHG einen Tausch der Aktiva, wenn liquide Mittel der Gesellschaft gegen - möglicherweise wertlose - Forderungen gegen die Geschäftsführer hergegeben werden685. Allerdings findet die Ergänzung nach dem Wortlaut der Norm nur in eine Richtung statt: erfaßt werden nämlich nur die in § 43a GmbHG aufgezählten Personen; es fallt dagegen nicht darunter die Kreditgewährung an Gesellschafter, die nicht zu den genannten Vertretern der GmbH gehören686. Mit Blick auf Konzerne, könnte sich der Wortlaut der Vorschrift des § 43a GmbHG deshalb aber als zu eng erweisen, weil dort das Mutterunternehmen als Gesellschafter auf die Verwaltung der Gesellschaft ähnlich einem Geschäftsführer erheblichen Einfluß nehmen kann687. Gleichzeitig besteht im Konkurs eines abhängigen Konzernunter­ nehmens durchaus auch ein Interesse daran, daß der Konkursverwalter auch die Kreditgewährung der betreffenden Gesellschaft an die Gesellschafter, insbesondere an das herrschende Unternehmen, erfaßt, weil sich die Vermögensmittel einer Tochter-GmbH nicht selten als Kredite in der Hand ihrer Mutter oder einer anderen Gesellschaft des Konzerns befinden688 und so ein weiteres nicht unbeachtliches Potential auftut, das zur Vergrößerung der Haftungsmasse genutzt werden könnte689. 2. Analogie des § 43a GmbHG?

Von der überwiegenden Ansicht wird eine analoge Anwendung des § 43a GmbHG auf die Gewährung von Krediten an Gesellschafter im allgemeinen und innerhalb

684 Vgl. dazu Peltzer, in: FS Rowedder, 325; Lutter/Hommelhoff, § 43a, Rn. 1; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43a, Rn. 1; Kühbacher, 45 f.; Sotiropoulos, GmbHR 1996, 655; Uhlenbruck/K. Schmidt, Rn. 69; Cahn, 259 f. 685 K. Schmidt, GesR, 1145; Lutter/Hommelhoff, § 43a, Rn. 1. 686 Ganz ausführlich zu diesem Problem: U.H. Schneider, GmbHR 1982, 200f.; ders., in: FS Döllerer, 547 ff.; Scholz(-U.H. Schneider), § 43a , Rn. 49 ff.; vgl. auch Cahn, 254 ff; Sotiropulos, 57 ff. 687 Scholz(-U.H. Schneider), § 43a, Rn. 62. 688 Vgl. K. Schmidt, GesR, 1146f.; vgl. auch Scholz(-U.H. Schneider), §43a, Rn. 61 f.; Rowedder(-Rowedder), § 30, Rn. 14. 689 In diesem Sinne z.B. Sotiropolous, 75 ff.; ders., GmbHR 1996, 653; U.H. Schneider, GmbHR 1982, 197, 201; ders., ZGR 1984, 527 f.; ders., in: FS Döllerer, 549 f; vgl. auch Emmerich, in: Entwicklungen im GmbH-Konzemrecht, 91; Rowedder(-Rowedder), § 30, Rn. 14; K. Schmidt, GesR, 1147; Uhlenbruck/K. Schmidt, Rn. 73; vgl. auch Schön, ZHR 159 (1995), 372 f.

von Konzernen im besonderen abgelehnt690. Dafür spricht, daß § 43a GmbHG erst mit der Novellierung 1980 in das GmbHG eingefügt worden ist und die Gesell­ schafter absichtlich nicht neben die Geschäftsführer und die anderen Personen in dem Adressatenkreis der Norm aufgenommen wurden691. Eine durch Analogie zu füllende Regelungslücke ist deshalb nicht festzustellen692. Eine analoge Anwen­ dung auf Gesellschafter widerspräche zudem der Systematik der Kapitalerhaltungs­ regeln, da § 43a GmbHG als gegenüber § 30 I GmbHG strengere Vorschrift keinen eigenständigen Anwendungsbereich beließe693. Schaut man indes auf den soeben angedeuteten Zweck des § 43a GmbHG, so könnten sich gleichwohl Bedenken ergeben, eine Analogie abzulehnen. Wenn §43a GmbHG die §§30 und 31 GmbHG unterstützen soll, den Schutz des Stammkapitals zu optimieren, um somit zu verhindern helfen, daß das Stamm­ kapital durch (dubiose) Kreditgaben unbemerkt ausgehöhlt werden kann, dann könnte es bedenklich sein, warum gerade dort eine Schutzlücke gelassen werden soll, wo das Haftkapital mit dem Beitreibungsrisiko der Kreditforderungen von den für die Kapitalerhaltung Verantwortlichen belastet wird694. Methodisch gesehen könnte die Behebung eines derart angenommenen Schutz­ defizits trotz Fehlens einer Regelungslücke im Normengefüge allenfalls nur dann möglich sein, wenn (zumindest) ein großes, unabweisbares Bedürfnis des Rechts­ verkehrs an einer entsprechenden Regelung bestünde695. Aber bereits eine kurso­ rische Betrachtung läßt deutlich werden, daß es sehr zweifelhaft ist, ob es wirklich das soeben postulierte Schutzdefizit gibt. Der Fall, in dem sich der § 43a GmbHG tatsächlich bewähren muß, ist nämlich wiederum der Konkurs des Kreditgebers, also im hiesigen Zusammenhang konkret des abhängigen Konzernunternehmens. Gerade in diesem Fall bietet die analoge Anwendung des § 43a GmbHG aber keinen weitergreifenden Schutz als den, der bereits durch die vertragliche Grund­ lage der Darlehensgewährung gewährleistet wird. In beiden Fällen kann der Konkursverwalter den Kredit vom Kreditnehmer in die Masse zurückverlangen. 690 Siehe etwa Lutter/Hommelhoff, § 43a, Rn. 4; Peltzer, in: FS Rowedder, 337 f.; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 43a, Rn. 5; Rowedder(-Koppensteiner), § 43a, Rn. 3; Baumbach/ Hueck(-Zöllner), Rn. 3; Mertens/Stein, § 43a, Rn. 12; Cahn, 255 f.; Kühbacher, 45 f.; Schön, ZHR 159(1995), 360. 691 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 74; Mertens/Stein, § 43a, Rn. 12; K. Schmidt, GesR, 1146; Rowedder(-Koppensteiner), § 43a, Rn. 3; Peltzer, in: FS Rowedder, 325, 327; Cahn, 255 ff.; nicht überzeugend hingegen Sotiropoulos, 58 ff. 692 Im Ergebnis wie hier auch Kühbacher, 46; Mertens/Stein, § 43a, Rn. 12; Schön, ZHR 159 (1995), 360 mit Fn. 36; Mayer-Vollrath, in: Münchener Handbuch zum Gesellschaftsrecht, III, § 52, Rn. 93. Siehe auch Cahn, 262 ff., der jedoch insoweit nicht eindeutig ist, weil er zwar von einer eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung spricht, gleichwohl aber die Schließung der bestehenden Schutzlücke durch eine sinngemäße Anwendung unter Umgehungsgesichtspunkten diskutiert. Anders: Sotiropoulos, 59 f.; ders., GmbHR 1996,655 f. 693 Mertens/Stein, § 43a, Rn. 12; Cahn, 259 f. 694 So K. Schmidt, GesR, 1147; Scholz(-U.H. Schneider), § 43a, Rn. 15. 695 Larenz, 414 ff.

Selbst wenn man den Zeitfaktor betrachtet, wann der Kredit zur Masse zurück­ zugewähren ist, so ist im Konkurs ebenfalls kein Unterschied gegeben: in beiden Fällen ist der Kredit unverzüglich zurückzuzahlen; nach § 43a S. 2 GmbHG analog ergibt sich das aus dem Wortlaut. Einen Kreditvertrag der abhängigen Tochter mit der Konzemmutter oder einem anderen Gesellschafter kann der Konkursverwalter im Konkursfall aber auch (fristlos) aus wichtigem Grund kündigen und die Rück­ zahlung ebenfalls sofort fällig stellen696. Das angesprochene Beitreibungsrisiko für den Konkursverwalter zu Lasten der Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin wäre die Insolvenz des Gesellschafters, also etwa einer Schwestergesellschaft oder gar der Muttergesellschaft. Im Insolvenzfall des Kreditnehmers wäre jedoch ohnehin weder ein Anspruch aus § 43a GmbHG analog noch einer aus dem (Darlehens-) Vertrag für den Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin anders als mittels einer Quote durchsetzbar. Damit ist das Beitreibungsrisiko des Kredits im Konkurs der kreditgebenden abhängigen Konzemgesellschaft nicht größer, wenn der Konkurs­ verwalter ihn aufgrund der dem Kredit zugrunde liegenden vertraglichen Abma­ chung zurückfordert oder die Rückforderung auf § 43a GmbHG analog stützt. Die Gesellschaft ist vor einer unbemerkten Aushöhlung des Stammkapitals durch einen möglicherweise risikoreichen Aktiventausch also bereits durch die allgemeinen, vertragsrechtlichen Mittel geschützt. Ein weiterer Schutz wird durch eine analoge Anwendung des § 43a GmbHG gerade nicht gewährleistet. Für eine analoge Anwendung des § 43a GmbHG auf die stammkapitalverletzende Kreditgewährung an das herrschende Unternehmen oder an eine andere Tochtergesellschaft aus dem­ selben Konzern ist daher kein Raum.

II. Ergebnis Es besteht damit kein Grund, § 43 a GmbHG analog auch auf die Kreditvergabe eines abhängigen Unternehmens an die Gesellschafter oder an einen diesen nahe­ stehenden Dritten, konkret an die Muttergesellschaft oder an die Schwestergesell­ schaften697, anzuwenden. Im einzigen „kritischen" Fall, fuhrt die analoge Anwen­ dung des § 43a GmbHG zu keinem für die Masse günstigeren Ergebnis als die Geltendmachung der Rückgewähr des Darlehens auf der vertraglichen Basis.

696 Allgemein zur Kündigung eines Darlehens aus wichtigem Grund (§§ 554a, 626 BGB analog) Staudinger(-Hopt/Mülbert), § 609, Rn. 34; MüKo BGB(-Westermann), § 610, Rn. 13; vgl. auch Külbacher, 139 ff. Soweit das Darlehen verzinst war, kann der Konkursverwalter dann die noch zu erwartenden Zinsen nicht mehr verlangen. 697 Siehe hierzu auch Cahn, 264 f.

C. Verdeckte Zuwendungen im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens I. Einleitung Konzeminteme Geschäfte unterscheiden sich häufig von konzernexternen Geschäften dadurch, daß Leistungen zu „Konzempreisen“ erbracht werden. Typi­ scherweise fordern die abhängigen Unternehmen für ihre Leistungen, die sie anderen Akteuren aus dem Konzern erbringen, Preise, die (weit) unter dem liegen, was auf dem Markt dafür gezahlt würde698. Die Leistungen der Obergesellschaft an die von ihr abhängigen Gesellschaften liegen dagegen nicht selten (deutlich) über dem Marktpreisniveau699. Hierin ist ein spezielles Beispiel einer sog. verdeckten Gewinnausschüttung, oder genauer: einer verdeckten Zuwendung700 zugunsten der Obergesellschaft als Gesellschafter der jetzigen Gemeinschuldnerin zu sehen701. Generell liegt nach einhelliger Ansicht eine verdeckte Zuwendung vor, wenn eine Gesellschaft einzelnen oder allen Gesellschaftern außerhalb der förmlichen Gewinnverteilung Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen ohne äquivalente Gegenleistung gewährt702. Dabei ist es unerheblich, ob die „gebende“ Gesellschaft in einem Unternehmensverbund steht, insbesondere in einen Konzern integriert ist, oder nicht703. Eines der größten praktischen Probleme in der rechtlichen Erfassung der Zuwendungen ist, daß ihr tatsächliches Erscheinungsbild außerordentlich vielfältig ist704. Das besonders gilt für Geschäfte, die innerhalb von Konzernen stattfinden, weil es dort durch die unterschiedlichsten Formen von direkter und indirekter Beteiligung an Unternehmen eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, wie das herrschende Unternehmen als Gesellschafter oder als Dritter verdeckte Zuwen-

698 Vgl. Mestmäcker, 226 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 29, Rn. 50; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 68; vgl. allgemeiner Tries 1 ff. und 44 ff. 699 Hierein fällt insbesondere das Problem der Bezüge von Gesellschaftergeschäftsführern, BGHZ 111,224, 227; BGH GmbHR 1987, 345, 347; OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 1458; speziell in Konzernen siehe U.H. Schneider, ZGR 1985, 290 ff.; Scholz(-Emmerich), § 39, Rn. 174. 700 Siehe Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 488; Wiedemann, GesR I, 440 (verdeckte Vermö­ gensverlagerung); Lutter/Hommelhoff, § 29, Rn. 50 ff. (verdeckte Vorteilsgewährung). 701 Zur verdeckten Gewinnausschüttung siehe ausführlich J. Hager, ZGR 1989, 71 ff; Lutter, in: FS Stiefel, 529; Tries, 63 ff.; Fleck, ZHR 156 (1992), 81; Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 342; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 487; Winter, ZHR 148 (1984), 579; Lutter/Hommelhoff, § 29, Rn. 50; Scholz(-Emmerich), § 29, Rn. 270 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 63. 702 Hachenburg(-Goerdeler/Müller), §29, Rn. 129; Scholz(-Emmerich), §29, Rn. 173 ff.; Tries, 5 und 184 ff.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 68. 703 Grundlegend U.H. Schneider, ZGR 1985, 286 ff.; BGHZ 81, 311, 315 f.; vgl. im weiteren Zusammenhang zu der Einbeziehung Dritter auch J. Hager, ZGR 1989, 98 ff.; Tries, 73 ff.; Winter, ZHR 148 (1984), 590. 704 Siehe Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 68; Scholz(-Emmerich), § 29, Rn. 173 f.; Tries, 26, leugnet gar einen einheitlichen Begriff und knüpft im Sinne der Normanwendungslehre an die konkret verletzte Norm an.

düngen eines abhängigen Unternehmen erhalten kann705. Eine vollständige Auf­ zählung aller möglichen Erscheinungsformen der verdeckten Zuwendungen ist wegen ihrer Vielzahl naturgemäß nicht möglich. Besonders häufig kommen im Konzern jedoch neben der bereits genannten Erbringung von Leistungen der Untergesellschaft unter Marktpreis und den Warenlieferungen und Dienstlei­ stungen der Mutter oder von Schwesterunternehmen an die abhängige Gesellschaft über Marktpreis, auch Konzemumlagen ohne hinreichende Gegenleistung vor706. Ferner gehören dazu ebenfalls der Verzicht der Gesellschaft auf einen Anspruch gegen den Gesellschafter707 oder Zahlungen oder sonstige Leistungen an Dritte für die Rechnung oder zum Vorteil des Gesellschafters708. Bereits diese Beispiele machen sehr deutlich, daß hier ein erhebliches Potential für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmens eröffnet werden könnte, wenn dem Konkursverwalter die Möglichkeit an die Hand gegeben würde, der­ artige Transaktionen rückgängig zu machen. Soweit bei dieser Art der Transaktionen das Stammkapital der jetzigen Gemein­ schuldnerin verletzt worden ist, kann der Konkursverwalter einen Rückerstattungs­ anspruch aus §§31, 30 GmbHG gegen den Empfänger, im allgemeinen - wie gesehen709 - gegen das herrschende Unternehmen, geltend machen. In den Fällen, wo zwar nicht das Stammkapital berührt wird, das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung aber so erheblich ist, daß der Verdacht entsteht, es würde mit der Gegenleistung nur die Unentgeltlichkeit der Leistung umgangen werden, greift nach hier vertretener Ansicht die Anfechtungsmöglichkeit des § 32 Nr. 1 KO/§ 134 InsO ein. In vielen Fällen werden durch diese Art der Leistungen aber weder das Stammkapital verletzt, sondern ungebundenes Vermögen der Gesellschaft berührt, noch greifen § 32 Nr. 1 KO bzw. § 134 InsO ein. Es fragt sich deshalb, ob ergän­ zend für diese anderen Fälle auch eine Rückabwicklung zugunsten der Masse durch den Konkursverwalter möglich ist. Dabei stellen sich insbesondere zwei große Probleme, wobei die steuerrecht­ liche Ebene dieses Komplexes gemäß den Zielvorgaben dieser Arbeit ausgeblendet werden kann710: Es muß die Balance gefunden werden zwischen dem Interesse im Konkurs, die „Benachteiligungen“ der Untergesellschaft auszugleichen und damit die Haftungsmasse zu vergrößern, und der grundsätzlichen Unantastbarkeit von Geschäften, die zwischen Konzemgesellschaften geschlossen und abgewickelt

705 U.H. Schneider, ZGR 1985, 293 ff. und besonders 298 ff. (die Haftung des mittelbar betei­ ligten Konzernunternehmens und von Schwestergesellschaften). 706 Der „berühmteste“ dieser Fälle lag der ITT-Entscheidung zugrunde: BGH 65,15. 707 Ausgenommen ist hier der Verzicht hinsichtlich der Stammeinlage und ihr entsprechender Leistungen, § 19 II GmbHG. 708 BGHZ 60, 324, 330 f.; OLG Karlsruhe, WM 1984, 656. 709 Siehe oben in diesem Abschnitt A. II1. 710 Siehe aber hier J. Hager, ZGR 1989, 72 f.; Döllerer, 23 ff. und 125 ff; Tries, 227; SchulzeOsterloh, in: FS Stimpel, 487 f., jeweils m.w.N.

worden sind711. Aus dem Umkehrschluß zu § 30 GmbHG müßte nämlich folgen, daß derart ungleichgewichtige Transaktionen jedenfalls dann unbedenklich und damit im Konkurs unantastbar sind, wenn sie nur das über den Betrag des Stamm­ kapitals hinaus vorhandene Vermögen der Untergesellschaft berühren. Eine den­ noch befürwortete Erstattung der Zuwendungen bedarf in einer Rechtsordnung, die auf Privatautonomie und Vertragsfreiheit aufbaut, der Erklärung. Sie findet sich in dem Umstand, daß die Verträge zwischen dem herrschenden Unternehmen und dem abhängigen Unternehmen Rechtsbeziehungen darstellen, in welchen der Vertrag die ihm sonst in hohem Maße eigene Kraft des Interessenausgleichs, also seine „Richtigkeitsgewähr“, verloren hat. Denn der eine Vertragsteil ist aufgrund seines Einflusses dazu in der Lage, die von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Institute Juristische Person“ und „Vertrag“ ausschließlich in den Dienst seiner eigenen Interessen zu stellen. Daraus entstehen Fehlleitungen, wenn nicht rechtlich korrigierend eingegriffen wird712. Zudem stellt sich wegen der „wirt­ schaftlichen Einheit“ bzw. der einheitlichen Leitung im Konzern dort die Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen sich die Mutter als Gesellschafter Zuwendungen an einen Dritten, insbesondere an eine Schwestergesellschaft der Gemeinschuldnerin, welche an ihr keine Anteil hat, wie eine eigene zurechnen lassen muß713, ob also der Rahmen, in dem der Problemkomplex der verdeckten Zuwendungen bislang immer behandelt worden ist, im Konzern erweitert werden kann.

II. Nutzbarmachung der Erstattungspflicht von verdeckten Zuwendungen zur Vergrößerung der Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens 1. Grundlage für die Erstattung von verdeckten Zuwendungen

a) Vorüberlegung: Zulässigkeit von verdeckten Vermögenszuwendungen im GmbH-Recht Der Konkursverwalter kann das angesprochene Potential im Konkurs der abhän­ gigen Konzemgesellschaft allerdings nur dann ausschöpfen, wenn der Gesellschaft ein Anspruch gegenüber dem Empfänger zustünde, den er im Konkursverfahren zur Masse geltend machen kann. Das Bestehen einer solchen Anspruchsgrundlage ist nicht unproblematisch, denn im Gegensatz zur AG, wo grundsätzlich alle Zuwendungen verboten sind (vgl. §§ 57, 62 AktG), werden sie für die GmbH grundsätzlich als zulässig gewertet, weil sich das strikt gebundene und damit vor 711 Mestmäcker, 229 spricht von „besonderen Umständen“. 712 So überzeugend Mestmäcker, 232; vgl. auch Winter ZHR 148 (1984), 583 ff. 713 Grundlegend U.H. Schneider, ZGR 1985, 285; dort auch Hinweise zu der Behandlung der verdeckten Zuwendungen in mehrgliedrigen Konzernen, die hier nicht in Betracht gezogen werden sollen.

Verbrauch geschützte Vermögen nur auf das Stammkapital bezieht714. Soweit vereinzelt jedoch vertreten wird, die verdeckten Zuwendungen seien durch einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Bindung des Gesellschafts­ vermögens gekennzeichnet715, wird schlicht übersehen, daß sich die Fälle der verdeckten Zuwendung nicht auf Ausschüttungen zu Lasten des Stammkapitals (diese Fälle werden ohnehin schon von §§ 31, 30 GmbHG erfaßt), des Nachschuß­ kapitals, der offenen Rücklagen oder des Gewinns beschränken. Der typische Fall der verdeckten Zuwendung berührt diese Bilanzposition vielmehr gar nicht, sondern es wird bewirkt, daß ein Bilanzgewinn von vornherein nicht entsteht716. Außerdem spricht gegen eine solche Ansicht, daß ein Beschluß der Gesellschafter solche Zuwendungen im nachhinein noch heilen kann. Die Gesellschafter bleiben insoweit „Herren“ des Gesellschaftsvermögens717. Das dürfte aber gerade nicht mehr der Fall sein, wenn es sich um gebundenes Vermögen handelt, wie das Bei­ spiel von stammkapitalverletzenden Zahlungen zeigt; dort hat anerkanntermaßen ein Gesellschafterbeschluß niemals „heilende“ Wirkung. Auch wenn prinzipiell die Zulässigkeit von verdeckten Zuwendungen mit Ausnahme der genannten wenigen Stimmen im Grundsatz allgemein anerkannt ist, werden sie im einzelnen freilich an ganz erhebliche Einschränkungen geknüpft718. Diese gehen mancher Ansicht nach sogar so weit, im Ergebnis die verdeckten Zuwendungen als prinzipiell verboten und nur unter bestimmten Umständen gestattet anzusehen719. Eine solche Ansicht gerät aber in Konflikt mit der ökono­ mischen Notwendigkeit, daß eine Sanktionierung verdeckter Zuwendungen immer von einem erlaubten Umsatzgeschäft der Untergesellschaft mit der Konzemmutter oder einer Schwestergesellschaft abgegrenzt werden muß. Denn nur dann geht es wirklich um verdeckte Zuwendungen, und auch nur dann stellt sich die Frage, aufgrund welcher Vorschriften diese Zuwendungen eventuell vom Konkursver­ walter herausverlangt werden könnten. Das ist dort, wo ein Leistungsaustausch stattfindet, besonders schwierig. Nach allgemeiner und zutreffender Ansicht erfolgt die Abgrenzung danach, ob aus ex ante Sicht ein gewissenhaft nach kaufmänni­ schen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer in sonst gleicher Lage das Geschäft zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte,

714 Boujong, in: Freundesgabe Haas, 33 f.; Fiedler, 32 f.; Immenga, 220 ff. 715 Vor allen Dingen Wilhelm, in: FS Flume II, 337 ff; vorsichtiger Flume ZHR 144 (1980), 18 ff 716 Überzeugend Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 491; K. Schmidt, GesR, 1138; dagegen allerdings Flume, Jur. Person, § 8 IV 2e. 717 Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 491; Wiedemann, GesR I, 441; J. Hager, ZGR 1989, 84 ff. m.w.N. 718 Vgl. die Übersichten über den Meinungsstand bei Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 71; Scholz(-Emmerich), § 29, Rn. 178 ff; J. Hager, ZGR 1989,75 ff; vgl. auch Wilhelm, in: FS Flume II, 368 ff. (insbes. 370 f.), 373 ff. 719 So Lutter/Hommelhoff, § 29, Rn. 50; vgl. auch Wittkowski, GmbHR 1990, 546 f.

ob also die Leistung durch betriebliche Gründe gerechtfertigt erscheint720. Das bedeutet, daß bei konzerninternen Transaktionen ein privatautonomer Entschei­ dungsprozeß nur in einem abgesteckten Rahmen stattfinden kann. Die Gestaltungs­ freiheit von konzerninternen synallagmatischen Verträgen ist durch den Maßstab des Verhaltens eines ordentlichen Kaufmannes bei Geschäften mit konzemexter­ nen Akteuren beschränkt. Gerechtfertigt ist dies dadurch, daß bei den Verträgen von Konzernunternehmen durch das Abhängigkeitsverhältnis eine Ungleich­ gewichtslage bei der Verhandlungsposition der Vertragspartner vorliegt, die dazu fuhrt, daß das Korrektiv des Marktes weitgehend ausgeschaltet ist und als „Korrektiv“ die Fiktion eingreift, daß bestimmte Geschäfte in der betreffenden Form auch von einem ordentlichen Kaufmann - also unter Marktbedingungen abgeschlossen worden wären. Dem Konkursverwalter ist es folglich verwehrt, verdeckte Zuwendungen der jetzigen Gemeinschuldnerin an das herrschende Unternehmen im Konzern rückgängig zu machen, wenn sich herausstellt, daß eine entsprechende Transaktion auch von einem Gesellschafter, der wie ein ordentlicher Kaufmann handelt, unter vergleichbaren Bedingungen mit einem Nichtgesell­ schafter geschlossen worden wäre („marktübliche Transaktionen“). Problematisch ist dann, was unter „marktüblichen Transaktionen“ zu verstehen ist. Damit wird zur entscheidenden Frage, wer die Beweislast für dieses Merkmal trägt. Nach der allgemeinen Regel wäre der Konkursverwalter dafür beweispflichtig, daß die vorgenommene Zuwendung nicht einer solchen Transaktion entsprochen hat, die ein ordentlicher Kaufmann unter denselben Konditionen auch mit einem Nicht­ gesellschafter geschlossen hätte. Denn dies stellt für ihn ein anspruchbegründendes Tatbestandsmerkmal dar. Gründe für eine Beweislastumkehr sind hier nicht ersichtlich, denn es wird ja gerade mit der Möglichkeit des hier diskutierten Nach­ weises von der Regel eine Ausnahme geschaffen. Dem widerspräche es, wenn derjenige, für den die Regel normalerweise spricht, selbst nachweisen müßte, daß für ihn im speziellen Fall die Regel nicht gilt, weil eine Ausnahme eingreift. Mit dieser Beweislastverteilung trägt man im Ergebnis dem Umstand Rechnung, daß die erstattungsrechtliche Erfassung von Zuwendungen sich oft als ein Eingriff in die Privatautonomie der Vertragsparteien darstellt, die nur in Ausnahmensitua­ tionen gestattet sein kann. Erst wenn man gleichsam in der „Vorprüfung“ festgestellt hat, daß es sich bei einer Leistung des nunmehr bankrotten abhängigen Konzemuntemehmens tatsäch­ lich nicht um eine solche „marktübliche“ Transaktion gehandelt hat, ist zu prüfen, ob der Konkursverwalter ex post eingreifen kann. An dieser Stelle wird auch erst die Frage nach der betreffenden Anspruchsgrundlage relevant, aufgrund derer möglicherweise ein Anspruch gegen die Obergesellschaft, gegen andere Gesell­ schafter oder gegen Dritte wegen des Erhaltes verdeckter Zuwendungen geltend

720 Vgl. BGHZ 111, 224, 227 f.; BGH NJW 1987, 1194; OLG Celle, NJW 1993, 739; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 70; Scholz(-Emmerich), § 29, Rn. 130 ff.; Lutter/ Hommelhoff, § 29, Rn. 52; Wiedemann, GesR 1,440.

gemacht werden könnte. Hinsichtlich der sachgerechten Anspruchsgrundlage herrscht jedoch Unklarheit721.

b)

Kondiktion als Anspruchsgrundlage für die Erstattung verdeckter Zuwen­ dungen

Eine Antwort auf die Frage nach der Anspruchsgrundlage für die Erstattung verdeckter Zuwendungen läßt sich entwickeln, wenn man sich auf die Grundlage besinnt, auf der sich die zivilrechtlichen Zweifel an der Zulässigkeit einer verdeckten Zuwendung im GmbH-Recht ergeben. Die Verfügungsgewalt über Gewinne der Gesellschaft ist nämlich mit zwei Prinzipien verknüpft. Gewinne umfassen dabei sowohl den ausgewiesenen Bilanzgewinn im Sinne des § 29 GmbHG und nach allgemeiner Ansicht wegen der Übereinstimmung der Interes­ senlage auch die Fälle, in denen die Gesellschaft Teile ihres Vermögens außerhalb der Gewinnverteilung Gesellschaftern zuwendet, bzw. in denen sie zugunsten von Gesellschaftern auf die Erzielung von Gewinn verzichtet722. Nach § 46 Nr. 1 GmbHG hat die Gesellschafterversammlung die alleinige Kompetenz zur Entschei­ dung über die Gewinnausschüttung und entsprechende Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen an eine, mehrere oder alle Gesellschafter. Dabei gilt bei diesen Zuwendungen von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter der allge­ meine Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach die Gesellschafter, vorbehaltlich der Abweichungen kraft Satzung oder der Zustimmung der Betroffenen, unter gleichen Voraussetzungen gleichmäßig zu behandeln sind723. Die Zulässigkeit einer verdeckten Zuwendung ist demnach Zweifeln ausgesetzt, wenn entweder der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt ist, oder wenn die Zuwendung von jemandem veranlaßt worden ist, der kompetenzwidrig dazu nicht berechtigt war, wobei es unabhängig von diesen beiden Prinzipien auch noch einen weiteren Unterschied macht, ob es sich um eine Zuwendung einer Einmann-GmbH an ihren einzigen Gesellschafter handelt, oder ob Zuwendungen an einen Gesellschafter in einer mehrgliedrigen GmbH betrachtet werden. Die verdeckte Zuwendung der Gesellschaft an einen Gesellschafter läßt sich vor dem Hintergrund des Kompetenzprinzips mithin als Frage der Vertretungsmacht des Geschäftsführers auffassen724. Verdeckte Zuwendungen werden von ihm stets 721 Einen Überblick über die unterschiedlichen Auffassungen gibt Scholz(-Emmerich), § 39, Rn. 184 ff; Boujong, in: Freundesgabe Haas, 34 ff; J. Hager, ZGR 1989, 75 ff; Lutter/ Hommelhoff, § 29, Rn. 54 ff ; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 76; Winter, ZHR 148 (1984), 587 ff 722 Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 491 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 75. 723 Dazu ausführlich Hachenburg(-Raiser), § 14, Rn. 67 ff; Lutter/Hommelhoff, § 14, Rn. 26; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 35. 724 So auch Fiedler, 33 ff; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 492 ff, 505; Scholz(-Emmerich), § 29, Rn. 182, 185; J. Hager, ZGR 1989, 77 ff, 87 ff; kritisch allerdings Boujong, in: Freundes­ gabe Haas, 36.

für die Gesellschaft an den oder die Gesellschafter gewährt, so daß sich im jeweili­ gen Einzelfall die Frage darauf zuspitzt, ob er zu den jeweiligen Geschäften über­ haupt vertretungsbefugt war. Das ist jedenfalls dann grundsätzlich der Fall, wenn die von ihm gegebene Zuwendung von einem vorherigen Gesellschafterbeschluß725 gedeckt ist. Allerdings kommt insoweit der Gleichbehandlungsgrundsatz zum Tragen. Verstößt nämlich ein solcher Beschluß gegen dieses Prinzip, so fragt sich, ob der Geschäftsführer auch dann tatsächlich die Vertretungsbefugnis für ein solches Geschäft hatte. Ein Beschluß, der gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt, ist nicht notwendigerweise nichtig, sondern er ist nach § 243 II AktG analog lediglich anfechtbar726. Das hat zur Folge, daß die Zuwendung durch den Geschäftsführer nicht ohne Rechtsgrund geleistet wurde. Das gilt auch dann, wenn der Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot mit einem Verstoß gegen die Treuepflicht einhergeht, etwa weil die Obergesellschaft als eine von mehreren Gesellschaftern ihren Einfluß zur Durchsetzung verdeckter Zuwendungen im eigenen Interesse benutzt, und den Geschäftsführer mittels einer Weisung zur Hingabe bestimmter Zuwendungen veranlaßt hat727. Unterbleibt eine Anfechtung, so wird damit von den anderen Gesellschaftern konkludent ausgedrückt, daß sie mit der Zuwendung einverstanden sind, so daß dann die aufgrund eines Beschlus­ ses gewährte Zuwendung der Gesellschaft durch den Geschäftsführer an einen Gesellschafter endgültig wirksam ist und deshalb im Konkurs der Gesellschaft vom Konkursverwalter auch nicht mehr zurückgefordert werden kann728. Wird der Beschluß jedoch wirksam angefochten oder basiert das Handeln des Geschäfts­ führers von Anfang auf keinem Beschluß, dann liegt ein Verstoß gegen die inner­ gesellschaftliche Kompetenzverteilung vor, der den betreffenden Vorgang endgül­ tig unzulässig macht und zu dessen Unwirksamkeit fuhrt729. Fehlt es damit (endgültig) an der Vertretungsmacht des Geschäftsführers, so ist die Zuwendung ohne Rechtsgrund gegeben worden. Nach den allgemeinen Regeln kommt als Anspruchsgrundlage in diesem Fall nur eine Rückabwicklung nach Bereicherungs­ recht in Betracht730. Diesen Kondiktionsanspruch kann der Konkursverwalter dann im Konkurs der Gesellschaft gegen den Empfänger der Zuwendung geltend 725 Dem steht gleich, wenn die Gesellschafter die Zuwendung später ausdrücklich oder konkludent genehmigen. 726 Einhellige Meinung: siehe statt aller U.H. Schneider, ZGR 1985, 283; Baumbach/Hueck (-Hueck), § 29, Rn. 73. 727 BGHZ 76, 352, 357, BGHZ 80, 69, 71; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 74; SchulzeOsterloh, in: FS Stimpel, 501. 728 Zu der Frage, ob der Geschäftsführer verpflichtet ist, die Ausführung der Zuwendung so lange auszusetzen bis geklärt ist, ob ein Beschluß angefochten werden kann oder nicht, siehe Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 500. 729 K Schmidt, GesR, 1136; Baumbach/Hueck(-Hueck), §29, Rn. 76; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 490 ff. 730 Grundlegend Immenga, 220 ff.; ferner vgl. Scholz(-Emmerich), §29, Rn. 185; J. Hager, ZGR 1989, 87 ff.; K. Schmidt, GesR, 1136; Wittkowski, GmbHR 1990, 546; Baumbach/Hueck (-Hueck), § 29, Rn. 76

machen. Dabei braucht er in den hier betrachteten Konzemfallen den Einwand des §818 III BGB nicht zu furchten. Entsprechend den Ausführungen zu §31 II GmbHG731 gilt bei den unentgeltlichen Zuwendungen, daß die Muttergesellschaft hinsichtlich einer möglichen Unwirksamkeit der Zuwendung stets bösgläubig ist, so daß bei verdeckten Zuwendungen der Entreicherungseinwand nach §§819 I, 818 IV BGB ausgeschlossen ist. Aufgrund ihres Verhältnisses zu der betreffenden Untergesellschaft ist es nämlich praktisch ausgeschlossen, daß ihr verborgen bleibt, daß die Zuwendung an sie nicht wirksam ist. Wegen der Zurechnung des Wissen der Muttergesellschaft müssen sich auch die Schwestergesellschaften, an die Zuwendungen geflossen sind, selbst wenn sie keine Gesellschafter sind, so behan­ deln lassen, als hätten sie den Mangel des rechtlichen Grundes bei der Zuwendung gekannt. In diesem Zusammenhang können ferner auch Ansprüche gegen die Konzem­ mutter relevant werden, die sich im Zusammenhang mit der Haftung des Ge­ schäftsleitungsorgans der betreffenden GmbH ergeben (§ 43 III 1 in Verbindung mit Abs. II GmbHG). Darauf wird im Gesamtzusammenhang mit der Einbezie­ hung der Konzemmutter in die Haftung nach § 43 II GmbHG einzugehen sein732. Wenn jedoch das zivilrechtlich vorwerfbare Verhalten bei einer verdeckten Zuwendung in der Erbringung der Leistung ohne rechtlichen Grund liegt, dann kann schlechterdings eine Rechtsfolge dessen nicht sein, den übergangenen Gesell­ schaftern einen entsprechenden Vermögensvorteil zu gewähren733. Zum einen kann eine Leistung, die ohne rechtlichen Grund erbracht wurde, nicht dadurch wieder­ erlangt werden, daß die durch die betreffende Leistung Benachteiligten dieselbe Leistung ebenfalls erhalten, und zum anderen wäre die Leistung an die übrigen Gesellschafter in einem solchen Fall auch ohne rechtlichen Grund geleistet, also kondizierbar. Ohne Beschluß bleibt die Zahlung entsprechender Beträge an einen Gesellschafter ebenso unwirksam, wie es die Zahlung entsprechender Beträge an die anderen Gesellschafter ohne Beschluß sind. Sollten die nicht bedachten Gesell­ schafter jedoch beschließen, daß die erbrachte verdeckte Zuwendung nicht zurück­ geleistet zu werden braucht, wenn sie jeweils auch eine entsprechende Zuwendung erhalten, so ist darin - zumindest konkludent - eine Genehmigung der Zuwendung zu sehen, die den Kondiktionsanspruch von Anfang an nicht entstehen läßt. Der Konkursverwalter kann in diesen Fällen dann nicht auf den Zuwendungsempfänger zugreifen.

c)

§ 31 GmbHG analog

Gegen das Konzept der Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht wird zum Teil jedoch eine analoge Anwendung des § 31 GmbHG unter Ausnahme seiner Absätze 731 Siehe oben in diesem Abschnitt, A. III. 732 Siehe unten in diesem Abschnitt E. II. 733 So aber Wiedemann, GesR 1,442; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 29, Rn. 97; vgl. auch BGH WM 1972,931, 933; OLG Karlsruhe, WM 1984,656,661.

2 und 3 für vorzugswürdig erachtet734. Es sei nämlich „systemwidrig“, daß bei der bereicherungsrechtlichen Lösung die Sanktionen für einen Kompetenzverstoß der Geschäftsführer bei verdeckten Zuwendungen schärfer geahndet würden als der Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsregeln. Insbesondere wird darauf hingewiesen, daß es nicht angehen könne, daß die Rückerstattungsanspruch nach § 31 GmbHG in fünf Jahren verjähre, die Rückabwicklung der verdeckten Zuwendung aber erst in 30 Jahren735. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht haltbar, weil er ein bestimmtes „System“ zwischen den Kapitalerhaltungsregeln und den Regeln hinsichtlich der Verwen­ dung von ungebundenem Gesellschaftskapital unterstellt. Ein solches „System“ gibt es aber nicht, denn die Regelungen über die Stammkapitalerhaltung zielen simultan und untrennbar auf den Schutz der Gläubiger und bestimmter Gruppen von Gesellschaftern, während die Regeln über verdeckte Zuwendungen nur das innergesellschaftliche Verhältnis sowohl der Gesellschafter zueinander als auch der Organe zueinander betrifft736. Die Regelungsziele sind also unterschiedlich und lediglich insoweit deckungsgleich, als daß das Objekt der Regelungen jeweils das Gesellschaftsvermögen ist. Aber auch daraus ließe sich kein eigenes „System“ erschließen, weil es beidemal um verschiedene und von einander zu trennende Teile des Gesellschaftsvermögens geht. Läßt sich aber ein systematischer Zusam­ menhang zwischen den Kapitalerhaltungsvorschriften und den Regeln zur verdeckten Zuwendung nicht finden, so ist es auch nicht überzeugend, warum dann §31 GmbHG analog angewendet werden soll737. Daher kann es auch nicht „systemwidrig“ sein, wenn unterschiedliche Verjährungsfristen eingreifen. Dies spiegelt vielmehr die funktionale Unterschiedlichkeit zwischen dem Schutz des Stammkapitals und der Beachtung von innergesellschaftlichen Prinzipien bei der Verwendung von ungebundenem Gesellschaftsvermögen wider738. Unabhängig davon schließt § 31 GmbHG keineswegs weitergehende Ansprüche auf Grund anderer gleichzeitig verwirklichter Tatbestände aus739, so daß die Feststellung, daß die Sanktionen bei einer verdeckten Zuwendung schärfer sein können als bei der Verletzung des Stammkapitals, keinen rechtlich erheblichen Aussagewert hat740.

734 So besonders Lutter/Hommelhoff, § 29, Rn. 54; Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 29, Rn. 134; Winter, ZHR 148 (1984), 589 f.; U.H. Schneider, ZGR 1985, 284 f.; Flume, Jur. Pers. § 8 IV, 2 e. 735 So besonders pointiert Winter, ZHR 148 (1984), 592 ff. 736 Vgl. Immenga, 227. 737 Im Ergebnis auch Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 495 f.; Tries, 70 ff., 221; Fiedler, 31, 36; J. Hager, ZGR 1989,77; Boujong, in: Freundesgabe Haas, 35. 738 Vgl. K. Schmidt, GesR, 1136 f.; siehe auch Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 495. 739 Siehe Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 75; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 496. 740 So im Ergebnis auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 29, Rn. 76; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, 496 f.; Immenga, 225 ff.; Meyer-Landrut, § 29, Rn. 18.

d) Ergebnis

Im Konkurs eines abhängigen Konzemuntemehmens besteht also für den Konkursverwalter die Möglichkeit, mittels eines Kondiktionsanspruchs gegen den Empfänger der Zuwendung vorzugehen und damit die Haftungsmasse der Gemein­ schuldnerin um die verdeckte Zuwendung bzw. den entsprechenden Betrag zu vergrößern. Voraussetzung dafür ist, daß die Zahlung ohne Verletzung der Vertre­ tungsmacht an die Mutter ohne Rechtsgrund geleistet wurde. Das ist immer dann der Fall, wenn der Gesellschafterbeschluß, aufgrund dessen der Konzemmutter verdeckte Zuwendungen gemacht wurden, unter Verletzung des Gleichbehand­ lungsgrundsatzes zustande gekommen und wirksam angefochten worden ist. 2. Einmann-GmbH

a) Besonderheit Im Gegensatz zu einer mehrgliedrigen abhängigen GmbH ist bei einer abhängigen Einmann-GmbH eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Leistung verdeckter Zuwendungen ausgeschlossen. Daher kommt in einer Ein­ mann-GmbH eine unzulässige verdeckte Zuwendung nur dann vor, wenn der Geschäftsführer dieser Gesellschaft ohne ausdrücklichen oder konkludenten Beschluß bzw. Weisung dem Gesellschafter Zuwendungen gemacht hat. Solche Fälle sind aber in aller Regel rein theoretischer Natur, weil es in der Praxis nur außergewöhnlich gelagerte Ausnahmefalle sein dürften, wo ein Geschäftsführer dem einzigen Gesellschafter Zuwendungen macht, ohne daß er dazu angewiesen wurde oder jedenfalls die von jenem nicht gewollt sind. Das bedeutet, daß der Konkursverwalter im Konkurs einer abhängigen Einmann-GmbH im Konzern die verdeckten Zuwendungen an die Mutter grundsätzlich nicht zur Vergrößerung der Masse zurückfordern kann. Etwas anders könnte sich aber dort ergeben, wo der einzige Gesellschafter der abhängigen Tochter auch sowohl dessen Geschäftsführer als auch der des Mutter­ unternehmens ist (typisches Beispiel dafür ist der sog. „Einmann-Konzem“). Insoweit ist nämlich daran zu denken, daß die Vorgänge, die zu einer verdeckten Zuwendung geführt haben, möglicherweise gegen § 181 BGB verstoßen könnte741. Bis zur GmbHG-Novelle von 1980 sollte nach der Rechtsprechung der geschäfts­ führende Alleingesellschafter bei Rechtsgeschäften mit sich selbst vom Selbstkontrahieren ausgeschlossen sein, weil es bei Geschäften des einzigen Gesellschafters mit der GmbH zu keinen materiellen Rechtskonflikten käme742. Um den Gläubi­ gerschutz zu verbessern, ist im Rahmen der Novelle von 1980 in § 35 IV GmbHG

741 Vgl. dazu Ekkenga, AG 1985, 42 ff., insbes. 44 f.; U.H. Schneider, BB 1986, 205; Abeltshauser, 336 und 338 f. 742 BGHZ 75, 334, 358; BGHZ 56, 97, 101 ff; BGHZ 59, 236, 240; BGHZ 33, 189, 191; vgl. auch MüKo BGB (-Schramm), § 181, Rn. 5.

geregelt worden, daß § 181 BGB auch auf die Rechtsgeschäfte des alleingeschäfts­ führenden Alleingesellschafters mit der Gesellschaft anzuwenden ist743. Eine Ausnahme vom Verbot des Selbstkontrahierens ist nur durch eine entsprechende Bestimmung in der Satzung möglich. Zwar reicht für die Gestattung des Selbst­ kontrahierens grundsätzlich ein Gesellschafterbeschluß aus744. Da aber ein solcher einfacher Gesellschafterbeschluß bei einer Einmann-GmbH keinen Sinn macht, wenn der einzige Gesellschafter gleichzeitig sich selbst als Geschäftsführer durch Beschluß vom Verbot des Selbstkontrahierens befreien kann, ist das Selbstkontrahieren in einer Einmann-GmbH nur durch die Aufnahme einer solchen Bestim­ mung in der Satzung gestattet, oder die Satzung kann entsprechend geändert werden745. In der Praxis ist bei abhängigen Einmann-Gesellschaften mbH eine statutarische Gestattung des Selbstkontrahierens gang und gäbe. Diese wird als besonders einzutragende Angabe über die Vertretungsbefugnis des Geschäfts­ führers im Handelsregister vermerkt746 und schützt damit hinreichend den Ge­ schäftsverkehr. Liegt eine Befreiung vom § 181 BGB im Verhältnis der Mutter zu ihrer 100%en Tochtergesellschaft nicht vor, wenn bei beiden derselbe Geschäfts­ führer tätig ist, so kommt es aufgrund der besonderen personellen Konstellation nicht zu einer schwebenden Unwirksamkeit der Geschäfte, die die Zuwendung beinhalten, sondern sofort zu einer endgültigen Unwirksamkeit. Der Konkurs­ verwalter kann in diesen Fällen im Konkurs der betroffenen Einmann-GmbH die Geschäfte ohne weiteres nach Bereicherungsrecht rückabwickeln. Im Zusammenhang mit der Bedeutung der §§ 181 BGB und 35 IV GmbHG bei Rückforderungen von verdeckten Zuwendungen einer abhängigen Einmann-GmbH an das herrschende Unternehmen gibt es im Konkurs der betreffenden abhängigen GmbH auch Fälle, wo die umgekehrte Situation interessant wird. Aus der Sicht einer möglichst effizienten Verwaltungstätigkeit des Konkursverwalters wäre es nämlich durchaus nicht unbedeutend, wenn der Konkursverwalter bei Geschäften, die für die Gemeinschuldnerin günstig waren und die möglicherweise mm auf Betreiben der Obergesellschaft rückabgewickelt werden müßten747, doch aus­ nahmsweise die Möglichkeit hätte, das Geschäft bzw. die Geschäfte zu genehmi­ gen. Dafür spricht, daß der Sinn und Zweck des § 35 IV GmbHG auf einen besse­ 743 Siehe U.H. Schneider, BB 1986, 205 mit Hinweis auf den Bericht des Abgeordneten Lambinus, BT-Drs. 8/3908, S. 74; Ekkenga, AG 1985,43 f. 744 Nachweise bei Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 75; enger aber K. Schmidt, GesR, 271; vgl. ferner auch Abeltshauser, 339 f. 745 OLG Hamm, GmbHR 1992, 670; K. Schmidt, GesR, 1248; Lutter/Hommelhoff, § 35, Rn. 22; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 79. 746 Siehe BGHZ 87, 59, 60; BayObLG WM 1987, 982; Rowedder(-Koppensteiner), § 35, Rn. 26; Scholz(-U.H. Schneider), § 35, Rn. 124. 747 Denkbar ist freilich, daß die Geltendmachung der Rückabwicklung durch die Obergesell­ schaft als mißbräuchliche Rechtsausübung angesehen wird. Allerdings sollte man mit diesem Instrument vorsichtig umgehen, und es dürfte in der Praxis schwierig sein nachzuweisen, warum ein Geschäft, das ohne Rechtsgrund abgewickelt worden ist, und das für eine Partei ungünstig ausgefallen ist, nicht auch rückabgewickelt werden darf.

ren Gläubigerschutz gerichtet ist: Bedenkt man, daß sich der Gläubigerschutz normalerweise erst im Konkurs bewährt und praktisch dadurch verwirklicht wird, daß die Haftungsmasse des Gemeinschuldners möglichst umfangreich vergrößert wird, würde § 35 IV GmbHG gleichsam in sein Gegenteil verkehrt werden, wenn der Konkursverwalter nicht die Möglichkeit hätte, durch die Genehmigung eines für die konzemabhängige Einmann-GmbH vorteilhaften Geschäfts den Schutz der Gläubiger dieser Gesellschaft tatsächlich auch durchzusetzen und damit zu verhin­ dern, daß ein für die Gemeinschuldnerin positives Geschäft zu Lasten der Masse rückabgewickelt wird.

b) Erweiterung des Selbstkontrahierungsverbotes auf allgemeine konzerninterne Transaktionen § 181 BGB beschränkt die Vertretungsmacht nicht nur beim Selbstkontrahieren, sondern hindert auch die Mehrfachvertretung748. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Vertreter Organmitglied zweier Gesellschaften ist und er bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts für beide Gesellschaften gehandelt hat749. Damit ist ein ganz typischer Fall in Konzernen beschrieben, wo nämlich, unabhängig davon, ob es sich um eine Einmann-GmbH handelt und § 35 IV GmbHG Anwendung findet, ein Geschäftsführer die Geschäfte mehrerer oder sogar aller Konzemgesellschaften fuhrt und womöglich auch noch alleiniger Gesellschafter des herrschenden und des abhängigen Unternehmens ist750. Schließen deshalb zwei Konzemgesellschaften, die durch denselben Geschäftsführer vertreten sind, ein Rechtsgeschäft ab, so ist dies wegen § 181 BGB schwebend unwirksam. Das gilt freilich nicht nur für Geschäfte, die in den Bereich der verdeckten Zuwendungen fallen, sondern allge­ mein für alle konzerninternen Rechtsgeschäfte751. Die Gesellschafter der jeweili­ gen Vertragspartner haben zwar die Möglichkeit, diesen Vertrag durch Beschluß zu genehmigen. Wirksam wird der Vertrag aber nur, wenn beide Parteien der Mehrfachvertretung ihres Geschäftsführers eingewilligt haben oder diese genehmi­ gen. Wirksam ist der durch die Doppelvertretung geschlossene Vertrag auch dann, wenn in den jeweiligen Satzungen die Mehrfachvertretung durch ein- und densel­ ben Geschäftsführer von vornherein oder nach Änderung gestattet ist752. Liegen die Zustimmung der Gesellschafter, in welcher Form auch immer, jedoch nicht vor, so kann der Konkursverwalter, wenn einer der Vertragspartner der Gemeinschuldner ist, die Zustimmung verweigern mit der Folge, daß soweit auch bei dem anderen Teil die Zustimmung verweigert wird, das Geschäft endgültig unwirksam ist und 748 Siehe etwa Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 78; Rowedder(-Koppensteiner), § 29, Rn. 26; Timm, AcP 193 (1993), 449 ff.; Scholz(-U.H. Schneider), § 35, Rn. 127 ff.; vgl. auch Abeltshauser, 339 f. 749 RGZ 89, 367, 369 ff.; MüKo BGB (-Schramm), § 181, Rn. 14. 750 Ein typischer Fall findet sich im Sachverhalt des Autokran-Urteils, BGHZ 95,330, 330 f. 751 Scholz(-U.H. Schneider), § 35, Rn. 74. 752 Zu den einzelnen Möglichkeiten siehe Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 79.

die erbrachten Leistungen nach Bereicherungsrecht zur Masse zurückgewährt werden müssen. Aber auch wenn das andere Konzernunternehmen die Genehmi­ gung zu der Mehrfachvertretung erteilt, bleibt der Vertrag wegen der verweigerten Genehmigung des Konkursverwalters „ständig“ schwebend unwirksam und ist damit so zu behandeln, als sei er endgültig nicht wirksam. Dies ist die Konsequenz der Besonderheit, daß bei der Mehrfachvertretung durch denselben Vertreter die Zustimmung beider Vertragspartner für die Wirksamkeit des Vertrages notwendig ist. In der Praxis stellt diese Möglichkeit des Konkursverwalters für sein Bemühen, die Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens zu vergrößern, für die - meist ohnehin obskuren Fälle - des „Einmann-Konzems“ und bei den häufigeren Fällen der personellen Verflechtung der Geschäftsleitungs­ organe in einem Konzern ein nicht zu unterschätzendes Instrument dar, mit dem er wesentliche Bereiche verdeckter Zuwendungen erfassen kann. Das gilt auch, wenn in der Regel dort, wo in einem Konzern dieselben Geschäftsführer die Geschäfte unterschiedlicher Konzernunternehmen fuhren, entweder in den jeweiligen Satzun­ gen entsprechende Zustimmungen verankert sind, oder durch den Einfluß des herr­ schenden Unternehmen das Vorgehen der Geschäftsführer durch die Gesellschafter der betroffenen Gesellschaften noch vor Konkurseintritt gestattet worden ist.

3. Dritter

Auch im Hinblick auf die verdeckten Zuwendungen stellt sich schließlich das Problem, ob auch diejenigen Zuwendungen von der Konzemmutter herausverlangt werden können, die nicht direkt von der jetzigen Gemeinschuldnerin an sie als Gesellschafter geflossen sind, sondern an ein anderes Unternehmen des Konzerns, das nicht Gesellschafter ist753. a) Grundsatz: Die Einbeziehung Dritter als Umgehungsschutz

Eine verdeckte Zuwendung kann nur dann nach den hier entwickelten Regeln rückabgewickelt werden, wenn der Empfänger ein Gesellschafter des Leistenden ist, weil regelmäßig auch nur dann ein Fehlen der Vertretungsbefugnis vorliegen kann (vgl. § 37 II GmbHG). Gleichwohl kann aber auch eine Zuwendung an einen „nahen Angehörigen“ der Konzemmutter wie eine direkte Zuwendung an sie selbst zu bewerten sein754, jedenfalls wenn die Zuwendung durch den Gesell-

753 Vgl. BGH GmbHR 1987, 345; BGH WM 1981, 1200, 1201. Dazu Canaris, in: FS Fischer, 54 ff. (insbes.) 55; Fleck, ZHR 156 (1992), 83; Lutter/Hommelhoff, §29, Rn. 52; Hachenburg (-Goerdeler/Müller), § 29, Rn. 131; Tries, 73 ff., 198; U.H. Schneider, ZGR 1985, 299 f.; vgl. auch Döllerer, 33 ff. 754 Vgl. Boujong, in: Freundesgabe Haas, 37 f.; BGH NJW 1996, 589.

schafter, also das herrschende Unternehmen, mittelbar755 oder unmittelbar veranlaßt ist756. Wegen § 37 II GmbHG ist die Verfügung des Geschäftsführers gegenüber der Schwestergesellschaft im Konzern wirksam, die kein Gesellschafter an der betreffenden Untergesellschaft ist. Um aber insbesondere im Konzern ein Leerläufen der Restriktionen von verdeckten Vermögensverlagerungen zu verhin­ dern, muß der Konkursverwalter auch auf die Konzemmutter zurückgreifen können, wenn ein abhängiges Konzernunternehmen einem Schwesterunternehmen, das nicht zu seinen Gesellschaftern gehört, einen Vorteil zuwendet. Dabei geht es letztlich darum zu entscheiden, unter welchen Umständen die Zuwendung an die Schwester letztlich eine Zuwendung an die Mutter darstellt. Besteht zwischen der Schwester und der Mutter ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag, ist dies problemlos zu bejahen. Dasselbe gilt, wenn die Schwester, an die die Zuwendung geflossen ist, eine 100% - Tochter der Mutter ist, denn dann erhöht sich durch die Zuwendung an die Schwester automatisch der Wert des Anteils der Mutter. Aber auch bei den anderen Fällen kann, wirtschaftlich betrachtet, eine verdeckte Zuwendung einer Tochter-GmbH an ihre Schwester durchaus einer direkten Leistung an die Mutter gleichstehen757. Dabei handelt es sich häufig, aber nicht notwendigerweise um Dreiecksgeschäfte zu „Konzem­ preisen“, wo die erlangende Schwester dann das Erlangte zu den entsprechend günstigen Konditionen an die Mutter weitergibt und wo der „Weg über das Dreieck“ gewählt wurde, um rechtliche Hindernisse auf dem „direkten Weg“, die meist steuerrechtlicher Art sind, zu umgehen. Besonders deutlich hat dies die Finanzrechtsprechung mit ihrem besonders ausgeprägten Blick für die im Steuer­ recht bedeutsame „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ herausgearbeitet. So ist etwa in einem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21. Dezember 1972758, wo es die steuerrechtliche Bewertung einer Lieferung an eine Schwestergesellschaft zu einem überhöhten Preis ging, entschieden worden, daß der betreffende Sachverhalt so gesehen werden müsse, daß der überhöhte Preis lediglich im abgekürzten Zahlungsweg an die Schwestergesellschaft entrichtet wurde, wirtschaftlich aber der Muttergesellschaft gezahlt und von dieser in Form einer verdeckten Einlage an die durch Erhöhung ihres Aktivvermögens begünstige Tochtergesellschaft weiter­ geleitet worden sei. Eine solche Betrachtungsweise müsse zu der Annahme führen,

755 Denkbar ist der Fall, daß das herrschende Unternehmen in einem Konzern eine Unter­ gesellschaft, die ebenfalls Gesellschafter an dem Gemeinschuldner ist, anweist, jene anzuweisen an ein weiteres Konzernunternehmen, das kein Gesellschafter ist, eine verdeckte Zuwendung, etwa in Form einer Lieferung von Waren, zu geben (vgl. Hachenburg(-Goerdeler/Müller), § 29, Rn. 131). 756 BGHZ 81, 311, 315; vgl. auch BGHZ 81,365, 367 ff. (insbes. 368). 757 So bereits grundlegend und eingehend Mestmäcker, 227 ff.; vgl. auch Tries 73 f. mit zahl­ reichen Beispielen aus der Rechtsprechung. 758 BFH, BSt.Bl. II 1973,449.

daß der Muttergesellschaft in Form der überhöhten Preise geldwerte Vorteile im steuerrechtlichen Sinne zugeflossen seien759. Der Konkursverwalter kann jedoch im Zweifel freilich nicht immer die Interna der einzelnen konzerninternen Geschäfte aufklären um zu ermitteln, ob die Zuwendung an die Schwester tatsächlich eine Leistung an die Mutter dargestellt hat, die kondizierbar gewesen wäre. Deshalb läßt sich an dieser Stelle, jedenfalls für die Fälle, wo die Zuwendung der Tochter an die Schwester auf direktes oder indirektes Geheiß der Mutter vorgenommen worden ist, eine widerlegliche Vermutung aufstellen760. Da aller praktischen Erfahrung nach das herrschende Unternehmen in einem Konzern ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hat, wenn es eine seiner Tochtergesellschaften aufgibt, eine Transaktion an eine Schwester zu leisten, die als verdeckte Zuwendung qualifiziert werden kann, geht die Vermutung davon aus, daß eine Leistung an ein Schwesterunternehmen, die einer verdeckten Zuwendung entspräche, wenn sie direkt an die Mutter gegangen wäre, demnach als unmittelbare verdeckte Zuwendung an das herrschende Konzernunternehmen anzusehen ist, welches dann den Vorteil an die Schwester­ gesellschaft als „verdeckte Einlage“ weitergegeben hat761. Während dem Konkurs­ verwalter die Beweislast hinsichtlich des „Geheisses“ obliegt, hat die Konzem­ mutter daher im Prozeß darzulegen und ggf. zu beweisen, daß das als verdeckte Zuwendung qualifizierte Geschäft keine mittelbare Leistung an sie selbst gewesen ist. Das ist auch im Hinblick auf die Beweissituation nicht etwa unbillig, denn nach dem Grundsatz der Beweisnähe kann demjenigen, aus dessen Sphäre die beweis­ relevanten Informationen stammen, die Darlegungs- und Beweislast auferlegt werden.

b) Ausnahmen Dort, wo die nunmehr bankrotte Tochter aber (offensichtlich) eigenständig eine entsprechende Leistung an das Schwesterunternehmen erbracht hat, ist es im Konkursverfahren folglich am Konkursverwalter zu zeigen, daß wirklicher Nutz­ nießer der Zuwendung die Mutter war. Eine Vermutung kann hier nicht eingreifen, weil man ansonsten ohne gewichtigen Anlaß in die Geschäfte der Unternehmen eingreifen und privatautonom zustandegekommene Vereinbarungen korrigieren würde. Als „Notanker“ stehen insoweit die Möglichkeiten zur Verfügung, die die

759 Siehe bereits RFH, RStBl. 1933, 120 (Nr. 982); RFH, RStBl. 1939, 948 (Nr. 947); BFH, BStBl II, 1973, 449, 450; zu der Rechtsprechung der Finanzgerichte zu verdeckten Vermögens­ verlagerungen in Konzern siehe Mestmäcker, 230 f.; ferner vgl. im einzelnen mit dem sich an diese Frage anschließenden Streit U.H. Schneider, ZGR 1985,299 f. 760 Vgl. die instruktiven allgemeinen Überlegungen zu diesen Aspekten bei Tries, 79 f., 84 f. 761 So ausdrücklich U.H. Schneider, ZGR 1985,299, der dies allerdings nicht als widerlegliche Vermutung formuliert, sondern es allem Anschein nach als Fiktion verstanden haben will.

Anfechtungsregeln, insbesondere die Insideranfechtung und die Anfechtung unent­ geltlicher Verträge, zur Verfügung stellen762.

4. Rechtsfolgen Rechtsfolge des Anspruches, den der Konkursverwalter für die Untergesellschaft gegen das im Konzern begünstigte Unternehmen geltend machen kann, ist die Rückabwicklung der Zuwendung (§818 1 BGB). Wenn ein als verdeckte Zuwen­ dung ausgekehrter Gegenstand nicht mehr zurückgeleistet werden kann, ist nach § 818 II BGB Wertersatz zu leisten. Regelmäßig wird der Rückgewähranspruch allerdings durch eine Zahlung des die versteckte Zuwendung ausmachenden Spitzenbetrages abgelöst763. Praktisch geschieht dies durch eine Aufrechnung der Rückgewähransprüche (§§ 387 ff. BGB), die der Konkursverwalter nach § 388 BGB erklären kann. Die §§ 53 ff. KO/§§ 94 ff.InsO gelten für den Konkursver­ walter nicht764. Ebenso greift hier § 392 BGB nicht ein, weil diese Vorschrift im Konkursverfahren wegen des Vorranges der §§ 53 ff. KO/94 ff. InsO keine An­ wendung findet765.

III. Zusammenfassung Im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens kann der Konkursverwalter auf der Grundlage des Bereicherungsrechts verdeckte Zuwendungen, die von der jetzigen Gemeinschuldnerin an das herrschende Unternehmen, an andere Gesell­ schafter oder an Schwesterunternehmen des Konzerns, die kein Gesellschafter an dem Gemeinschuldner sind, rückabwickeln. Voraussetzung ist dabei, daß der Geschäftsführer der Untergesellschaft aufgrund eines wegen Mißachtung des Gleichbehandlungsgebots hinsichtlich der Gesellschafter bei der Verwendung von Gewinnen oder entsprechender Leistungen angefochtenen Beschlusses oder ohne irgendeinen Gesellschafterbeschluß dem Mutterunternehmen eine Zuwendung hat zukommen lassen, wenn sich nicht die Möglichkeit einer solchen Zuwendung aus der Satzung der Untergesellschaft ergibt. In einer abhängigen Einmann-GmbH ist die Voraussetzung für einen Anspruch, daß der Geschäftsführer ohne Beschluß eine Zuwendung an den einzigen Gesellschafter, nämlich die Obergesellschaft, gemacht hat. Dieser Fall ist jedoch weitgehend theoretischer Natur. Bei Personen­ identität von einzigem Gesellschafter, Geschäftsführer des abhängigen Unter­ nehmens und Geschäftsführer des Mutterunternehmens kommt ein Verstoß gegen das Verbot der Selbstkontrahierung in Betracht. Dieses gilt allerdings dann nicht, 762 Siehe oben § 2, A. III. und V. 763 So auch Lutter/Hommelhoff, §29, Rn. 53; Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, 342 f.; J. Hager, ZGR 1989, 93 f. 764 Siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 53, Rn. 3; Kilger/K. Schmidt, § 53, Anm. 10. 765 Staudinger(-Kaduk), § 392, Rn. 35; MüKo BGB(-v. Feldmann), § 392, Rn. 1.

wenn ein solches Verbot in der Satzung der abhängigen Einmann-GmbH von vorn­ herein ausgeschlossen ist. Rechtsfolge ist die Rückabwicklung der die verdeckte Zuwendung ausmachenden Leistungen, die dann die Haftungsmasse des abhän­ gigen Unternehmens vergrößern.

D. Einstandspflicht des Mutterunternehmens eines AG-Konzems im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften

I. Haftung wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsregeln 1. Bedeutung

Der Konkursverwalter kann auch im Konkurs einer abhängigen AG im Konzern die Haftungsmasse der Gemeinschuldnerin dadurch zu vergrößern suchen, indem er auf die Konzemmutter wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvor­ schriften zurückgreift. Wie schon erwähnt, sind die Kapitalerhaltungsregeln bei der AG sehr viel strenger ausgestaltet als bei der GmbH. Das einzige Vermögen, das an die Gesellschafter ausgeschüttet werden darf, ist der Bilanzgewinn (vgl. §§58 IV, 59, 60 und 174 AktG); jede andere Ausschüttung ist verboten, insbesondere darf nach § 57 I 1 AktG den Aktionären nicht die Einlage zurückgezahlt werden. Dennoch kommen etwaige Ansprüche, die der Konkursverwalter diesbezüglich gegen die Konzemmutter in einem AG-Konzem richten könnte, viel seltener vor als in einem GmbH-Konzern. Das liegt nicht nur an der geringeren Verbreitung von Konzernen mit abhängigen Aktiengesellschaften, sondern vor allem daran, daß in einem AG-Vertragskonzem das Verbot der Vermögensrückgewähr nach § 291 III AktG aufgehoben ist und die Muttergesellschaft deshalb ggf. anderweitig für den Kapitalerhalt der Tochter-AG einstehen muß766. Es bleibt daher als Anwen­ dungsgebiet für die Haftung der Konzemmutter wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften nur der Fall, wo die Tochter-AG von ihr faktisch beherrscht wird; denn im faktischen AG-Konzem finden die allgemeinen Kapital­ erhaltungsvorschriften des AktG weiterhin Anwendung767. Das ergibt sich eindeu­ tig daraus, daß § 291 III AktG die Geltung der §§ 57, 58 und 60 AktG nur für Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge ausschließt. Gleichwohl wird von einer verbreiteten Auffassung davon ausgegangen, daß verdeckte Vermögensver­ lagerungen im faktischen AG-Konzem von den §§311, 317 AktG erfaßt werden, die die §§ 57, 58 und 62 AktG verdrängen768. Einer solche Auffassung ist jedoch 766 Einzelheiten bei Bommert, 148 ff. 767 Eingehend Bommert, 159 ff. m.w.N.; Cahn, 64 ff. 768 Siehe etwa KK(-Lutter), § 57, Rn. 35, 80; Rehbinder, 120; GroßKomm(-Barz), § 57, Anm. 7; Hüffer, § 311, Rn. 49; Kropff, BB 1967, 2152 f.; Peltzer, GmbHR 1995, 16; Henze, BB 1996, 499; Koppensteiner, in: Probleme des Konzemrechts, 94 f.; differenzierend Strohn, 24 ff., 179 ff.

nicht zu folgen. Sie setzt sich in Widerspruch zu der gesetzlichen Systematik, die eine Verdrängung der Kapitalschutzvorschriften in der AG ausdrücklich gerade nur für den Vertragskonzem normiert hat. Hinsichtlich der erheblichen Bedeutung der Kapitalschutzvorschriften läßt sich daraus, daß entsprechende Vorschriften für den faktischen AG-Konzem nicht vorgesehen sind, folgern, daß diese dort weiterhin Geltung haben sollen. Andernfalls müßte man davon ausgehen, daß der Zweck der §§311, 317 AktG zumindest auch die Ermöglichung bzw. Erleichterung der Bildung faktischer AG-Konzerne umfassen soll. Das ist jedoch nicht der Fall; diese Vorschriften sind im wesentlichen als Schutzvorschriften konzipiert und wollen eine Umgehung der Regeln über den Vertragskonzem vermeiden769. Zudem verwickelt sich eine Auffassung, die §§311 ff. eine Verdrängungswirkung zu §§ 57, 58, 62 AktG zuschreibt, in einem Wertungswiderspruch für den speziellen Fall, daß die Vermögensverlagerung zu Lasten der abhängigen AG nicht vom (direkt) herrschenden Unternehmen veranlaßt wurde. Sie gelangt hier zu dem Ergebnis, daß das herrschende Unternehmen für eine veranlaßte Einlagenrück­ gewähr nur bis zum Geschäftsjahresende einen Ausgleich leisten müßte, während es diese bei fehlender Veranlassung unverzüglich nach § 62 AktG zurückzuge­ währen hätte770. Eine solche Lösung ist unstimmig771. Schließlich spricht gegen eine Verdrängung auch die Feststellung, daß §311,317 AktG sich in der Praxis als weitgehend dysfunktional erwiesen hat772. Es wäre daher nicht einzusehen, daß die wichtigen Vorschriften zum Kapitalschutz in einer AG dem Schutz nur wenig funktionablen Regelungen unterstellt werden soll, wo das Gesetz an anderer Stelle in der Praxis bewährte Schutzvorschrift vorrätig hält. Daher ist davon auszugehen, daß die Kapitalbindungsvorschriften uneingeschränkt neben den §§311 ff. AktG anzuwenden sind773. Daher wird im folgenden auf die Haftung des herrschenden Unternehmens nach den allgemeinen Vorschriften eingegangen. Auf die Regeln der §3 311 und 317 ff. wird im Rahmen des Konzemhaftungsrechts zurückzu­ kommen sein.

769 Vgl. etwa Mestmäcker, in: Festgabe für Kronstein, 139 ff.; Bälz, in: FS Raiser, 310 ff.; KK(-Koppensteiner), vor §311, Rn. 5 ff.; Sonnenschein 170 ff.; anderer Auffassung hingegen Rehbinder, 235 ff.; Möhring, in: FS Schilling, 260 ff.;Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 311, Rn. 8 ff.; Mielert, 53 ff. 770 So in der Tat Geßler/Hefermehl(-Hefermehl/Bungeroth), § 57, Rn. 65. 771 So die überzeugende Argumentation bei Bommert, 182 f.; siehe auch Röhrkasten, 98; Cahn, 66. 772 Dazu siehe ausführlich unten § 5 V. 3. 773 Wie hier auch LG Dortmund, EWiR 1994, 1049 (Dirk Wirrkowski); Schön, ZHR 159 (1995), 372; Canaris, in: FS Fischer, 42, Flume, Jur. Pers. § 4 IV; Bommert, 183; Kübler, § 30 II 6a; Bälz, AG 1992, 291 f. und 298; Altmeppen, ZIP 1996, 697; Kahlert, 246 ff.; Cahn, 66; Lutter, in: FS Stiefel, 531; Geßler/Hefermehl(-Geßler), §292, Rn. 33; GroßKomm(-Würdinger), §311, Anm. 5; unklar KK(-Koppensteiner), § 311, Rn. 107 und 317, Rn. 40.

2. Grundsatz des Verbots der Vermögensrückgewähr und verdeckte Zuwendungen Die AG-rechtlichen Vorschriften zur Vermögensrückgewähr sind trotz mißver­ ständlichem Gesetzestext774 einfach und eindeutig. Sie verbieten jede offene Vermögenszuwendung an die Aktionäre, die außerhalb der Gewinnverteilung liegen775. Dieses Ausschüttungsverbot wirkt total. Es ist daher nicht nur auf Leistungen an die Aktionäre, im faktischen AG-Konzem also etwa an das herr­ schende Unternehmen, begrenzt, sondern unter das Verbot fallen auch Zuwendun­ gen an Dritte. Hier greifen im Detail dieselben Differenzierungen ein wie bei der Zurechnung von Leistungen an Dritte hinsichtlich der Einstandspflicht der Konzemmutter im GmbH-Recht. Das bedeutet also, daß sich die Mutter immer dann behandeln lassen muß als sei die Zuwendung an sie selbst gegangen, wenn die abhängige AG in einem faktischen Konzern die Leistung an einen Strohmann der Mutter, der auf deren Rechnung handelt776, erbracht hat oder, wenn die Leistung an eine Schwester geflossen ist, mit der das herrschende Unternehmen einen Gewinnabführungs- und/oder Beherrschungsvertrag hat oder wenn die Schwester eine ist, an der die Mutter zu 100% die Anteile hält. In dem Fall, wo von der abhängigen AG eine Vermögenszuwendung an eine Schwester geflossen ist, die nicht in die vorgenannten Kategorien fallt, besteht nach dem oben ent­ wickelten Muster777 eine widerlegliche Vermutung dafür, daß diese Zahlung in Wirklichkeit zugunsten der Mutter geleistet wurde, wenn die Konzemmutter die betreffende AG zu der Leistung an die Schwester direkt oder indirekt veranlaßt hat. Auch verdeckte Vermögensverlagerungen fallen unter das Verbot der Vermö­ gensrückgewähr778. Hier gelten ebenfalls die entsprechenden Regeln wie im GmbH-Konzern. Darauf kann hier verwiesen werden779. 3. Rechtsfolgen

Auch die Rechtsfolgen, die das herrschende Unternehmen als Aktionär der nunmehr bankrotten abhängigen AG treffen, sind ebenfalls einfach. Sie ergeben sich prinzipiell aus § 62 AktG. Die Mutter hat die Leistung, die sie entgegen den 774 So KK(-Lutter), § 57, Rn. 5. 775 Ausführlich Bommert, 53 ff.; Raiser, §19, Rn. 3; K. Schmidt, GesR, 896 ff. und KK (-Lutter), § 57, Rn. 2 und 5 ff. 776 Siehe Bommert, 106 ff. (insbes. 108 f.); Raiser, § 19, Rn. 5 vgl. auch BGH DB 1980, 222; vgl. an dieser Stelle auch Mestmäcker, 240, der in der verdeckten Gewinnausschüttung an „nahe­ stehende Personen“ einen typischen Interessenkonflikt zwischen der Verwaltung und der Aktienge­ sellschaft sieht, der im Zusammenhang zu der Haftung der Verwaltung im Konzern stehe. 777 Siehe oben in diesem Abschnitt C. III 1. 778 Raiser, § 19, Rn. 3; K. Schmidt, GesR, 896. 779 Siehe oben in diesem Abschnitt C II.; vgl. zudem Wiedemann, GesR I, § 8 III; KK(-Lutter), § 57, Rn. 15 ff; siehe auch K. Schmidt, BB 1984,1588 ff; Raiser, § 19, Rn. 3; Bommert, 15 ff.

Vorschriften des AktG von der Gesellschaft erhalten hat, zurückzugewähren (§ 62 I 1 AktG). Dieser Anspruch steht grundsätzlich der Gesellschaft zu und ist deshalb vom Vorstand geltend zu machen. Die daran anknüpfenden Bedenken hinsichtlich der Effektivität des Sanktionssystems der §§ 57 ff. AktG, der es daran mangelt, daß der Vorstand regelmäßig an den unzulässigen Leistungen beteiligt ist und daher schon unter Druck des § 93 III AktG kaum dazu bereit sein wird, die Rück­ forderungsansprüche zu erheben, und eine actio pro societas wegen Verletzung des § 57 AktG noch nicht allgemein anerkannt ist780, interessieren an dieser Stelle weiter nicht. Im hier betrachteten Fall des Konkurses der betreffenden AG kann nämlich nach § 62 II 2 AktG stets der Konkursverwalter die Rechte der Gläubiger in Anspruch nehmen kann. Problematischer ist jedoch das Verhältnis der Haftungsvorschrift des § 62 AktG zum Bereicherungsrecht und der damit verbundenen Frage, ob § 57 AktG ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB ist781. Konzentriert man sich jedoch nur auf die hier interessierende Frage, aufgrund welcher Vorschriften der Konkursverwalter im Konkurs der abhängigen AG im Konzern offene oder verdeckte Auszahlungen an Aktionäre, also insbesondere an die Mutter zurück­ verlangen kann, verliert diese Auseinandersetzung etwas an Bedeutung. Denn hinsichtlich der Frage, was zurückgeleistet werden kann, kommen beide Auffas­ sungen in fast allen Konstellationen zum gleichen Ergebnis: Ist eine offene oder verdeckte Zuwendung direkt von der abhängigen Tochter-AG an die Mutter als Aktionär geflossen, so besteht eine, jeweils auf dasselbe gerichtete Rückerstat­ tungspflicht sowohl nach § 62 I AktG als auch nach §§ 812 BGB, 57 I AktG, 134 BGB782. Ist die Zuwendung der abhängigen AG an eine Schwestergesellschaft („nahestehender Angehöriger“) geflossen, so ist sie nach den soeben genannten Regeln zurückführbar, wenn die Schwester ebenfalls ein Aktionär der Tochter-AG ist, oder sie ist der Mutter als Leistung an sie selbst anzusehen, unabhängig davon, ob die Schwester selbst Aktionär ist oder nicht. Dann wiederum ist die Mutter erstattungspflichtig, und der Konkursverwalter kann die Leistungen wiederum auf beiden Wegen gleichermaßen in die Masse zurückverlangen783. Probleme könnten sich deshalb nur in den in der Konzempraxis aber eher sehr seltenen Fällen erge­ ben, wo eine Konzemmutter selbst kein Aktionär der von ihr beherrschten TochterAG ist und die Zahlungen der betreffenden AG an einen Aktionär fließen, der nur als Strohmann für die Mutter handelt, und über welchen ihr dann die Leistung zukommt. Hier besteht selbstverständlich formal ein Rückzahlungsanspruch gegen den Aktionär nach beiden Varianten, denn allein erheblich ist, daß der Strohmann 780 Raiser, § 19, Rn. 8; Mestmäcker, 236 ff. 781 Siehe zu den unterschiedlichen Ansichten etwa K. Schmidt, GesR, 898 f.; Wilhelm, in FS Flume II, 384 ff; Flume, ZHR 144 (1980), 421 ff; Joost, ZHR 149 (1985), 421 ff; KK(-Lutter), § 57, Rn. 62; Bommert, 83 ff, 111 ff. 782 Bei der Kondiktion ist der Einwand der Entreicherung nach § 818 III AktG auch hier nach §§ 819, 818 IV BGB wegen Bösgläubigkeit der Konzemmutter ausgeschlossen. 783 Siehe auch Raiser, § 19, Rn. 10; Bommert, 113 ff; vgl. auch KK(-Lutter), § 57, Rn. 46.

die Stellung eines Aktionärs inne hat. Da aber die Leistung in Wirklichkeit nie dem Strohmann, sondern der Mutter zugekommen ist, kann sie als der wahre Leistungs­ empfänger betrachtet werden784. Da die Mutter jedoch kein Aktionär ist, wäre sie vor dem Zugriff durch § 62 AktG geschützt. Damit würde unter Anwendung des § 62 AktG hier dasselbe Ergebnis wie im vergleichbaren Fall im GmbH-Recht erreicht werden, d.h. die Leistung kann deshalb nicht von der Mutter verlangt werden, weil sie weder Aktionär ist, an den die Leistung geflossen ist, noch an sie als Dritte unter Umgehung des gesetzlich vorgesehenen Leistungsempfängers die Leistung geflossen ist. Zu demselben Ergebnis kommt man auch, wenn man mit der h.M. davon ausgeht, daß jede Auszahlung entgegen § 57 I AktG nach § 134 BGB nichtig ist und sich daher ein Kondiktionsanspruch ergibt, welcher aber im Regelfall von dem spezifisch gesellschaftsrechtlichen Anspruch des § 62 I AktG überlagert ist785. Denn die Nichtigkeit der Zahlung bezieht sich ausschließlich auf die Leistung an den Aktionär bzw. an den Dritten, der ihm gleichgestellt ist, eben gerade nicht aber auf jede Zahlung786. Damit ist eine Leistung einer abhängigen AG in einem Konzern an das herrschende Unternehmen, die kein Aktionär ist, sondern einen Aktionär als Strohmann vorgeschaltet hat, nur mittels des weiten Verständnisses der Insolvenzanfechtungsregeln zu erfassen.

II. Ergebnis Im Konkurs einer abhängigen AG im faktischen Konzern kann der Konkurs­ verwalter nach § 62 II 2 AktG, wie im Parallelfall bei der abhängigen GmbH, von der Konzemmutter offene oder verdeckte Zuwendungen in die Masse zurückver­ langen und damit die Haftungsmasse ggf. erheblich vergrößern. Die Regelungen der §§311 ff. AktG verdrängen die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vermögensrückgewähr nach § 57 I AktG oder die verdeckten Zuwendungen der Mutter als Aktionär direkt zugeflossen sind oder ihr deshalb als eigene zugerechnet werden können, weil sie an ein Schwesterunter­ nehmen geflossen sind. Rückerstattungspflichtig wird die Mutter auch dann, wenn sie selbst kein Aktionär der betreffenden abhängigen AG ist und sich die Leistun­ gen über einen Aktionär als Strohmann hat zukommen lassen.

784 Siehe Bommert, 115. 785 Siehe KK(-Lutter), § 62, Rn. 4; GroßKomm(-Barz), § 57, Rn. 11; Geßler/Hefermehl (-Hefermehl/Bungeroth), § 62, Rn. 26; Raiser, § 19, Rn. 9. 786 Vgl. schon Mestmäcker, 234.

E. Haftung der Konzemmutter im Konkurs eines Tochterunternehmens nach den Regeln der Geschäftsführerhaftung

I. Einleitung Fällt ein abhängiges Konzernunternehmen in Konkurs, so liegt dies oft daran, daß in der Geschäftsführung gravierende Fehler vorgekommen sind. Es zeigt sich in der Praxis immer wieder, daß bestimmte Fehlentscheidungen mitunter existenz­ bedrohende Folgen haben können. Das gilt insbesondere dann, wenn aufgrund falscher Prognosen oder unrichtiger Einschätzung der derzeitigen Lage, Maßnah­ men ergriffen wurden, die nicht schnell genug umkehrbar sind, um auf geänderte Rahmenbedingungen im Marktgeschehen reagieren zu können. Dazu gehören in allererster Linie Strukturveränderungen in der Gesellschaft. Das Unternehmens­ risiko tragen dabei grundsätzlich die Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft. Der Geschäftsführer dagegen ist Fremdverwalter bzw. Treuhänder fremden Vermögens und kein Unternehmer, so daß er regelmäßig weder Dritten gegenüber für die Verluste der Gesellschaft aufzukommen hat, noch muß er der Gesellschaft die Verluste, die während der Zeit, in der er die Organstellung inne hatte, oder die durch Maßnahmen im Rahmen seiner Geschäftsführung entstanden sind, erset­ zen787. Gleichwohl kann ein Geschäftsleiter ausnahmsweise auch im Außenver­ hältnis oder im Verhältnis zu der Gesellschaft haften. Im Hinblick auf die Frage­ stellung, welche Ansprüche der Konkursverwalter im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens für die Masse geltend machen kann, ist letzterer Aspekt von besonderem Interesse, weil er zum Ersatz von Schädigungen führen kann, die mit den in den vorigen Abschnitten behandelten Instrumenten oft nicht hinreichend erfaßt werden können, sei es etwa, weil es sich um Vermögensverschiebungen handelt, die schon zu lange zurückliegen, um noch anfechtbar zu sein, oder weil es sich um strukturverändernde Maßnahmen handelt, die ohnehin nicht von den auf reine Vermögensverschiebungen ausgehenden Vorschriften erfaßt werden. Im Rahmen der Geschäftsleiterhaftung hat der Konkursverwalter im Falle des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmens daher zuerst stets zu prüfen, ob er Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsleiter der nunmehr bankrotten Gesellschaft geltend machen kann788. Sowohl im GmbH-Recht als auch im AktG finden sich von ihrer Struktur her nahezu identische Regelungen, die Schadens­ ersatzbestimmungen für Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter vorsehen. Sowohl nach dem insoweit einschlägigen § 93 AktG als auch nach § 43 GmbHG hat der jeweilige Geschäftsleiter789 ggf. mit seinem Privatvermögen zu haften790. Jedoch

787 Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 6. 788 Dazu Uhlenbruck, WiB 1996, 410 ff.; Maser/Sommer, BB 1996, 65; Reese, DStR 1995, 532 ff. 789 Wenn mehrere Geschäftsleiter betroffen sind, ergibt sich eine gesamtschuldnerische Haftung; ansonsten gilt das Ressortprinzip - dazu Krieger, RWS-Forum 8, 154 ff.; Hachenburg

wird bei ihm in der Regel nicht ausreichend Vermögen vorhanden sein, um die bei der Gesellschaft eingetretenen Schäden vollständig zu kompensieren. Daher bietet es sich im Konzern besonders an zu fragen, inwieweit nicht möglicherweise das herrschende Unternehmen in den Haftungsadressatenkreis der Regelungen der Geschäftsleiterhaftung einbezogen werden kann. Durch die Abhängigkeit der Tochter vom Mutterunternehmen bestehen, wie im Laufe dieser Untersuchung schon häufig deutlich geworden ist, nämlich vielfältige Möglichkeiten der Einfluß­ nahme auf die Geschäftsleitung der Tochter. Derartige Möglichkeiten reichen von der Erteilung begrenzter Weisungen in Einzelfragen der Geschäftsführung bis hin zu einer umfassenden (faktischen) Bindung der Geschäftsleitung in sämtlichen Geschäftsführungsangelegenheiten (weitgehend eigenhändige Führung der Ge­ schäfte der Gesellschaft durch den herrschenden Gesellschafter). Deshalb liegt es nahe zu untersuchen, ob und wenn ja inwieweit aus diesen verschiedenen Mög­ lichkeiten zur Einflußnahme etwaige Pflichtverletzungen des herrschenden Unter­ nehmens resultieren, die zu Schadensersatz fuhren, welcher dann der Masse der bankrotten Tochter zugute kommen könnte. Die Frage der Einbeziehung des Mutterunternehmens in die Geschäftsleiterhaftung stellt die Parallele dar zu der Auseinandersetzung mit der Haftung der Konzemmutter im Rahmen der § 64 GmbHG bzw. § 92 II und III AktG im Konkurs ihrer Tochtergesellschaft. Dort hat sich herausgestellt, daß die Mutter in zweifacher Weise als Haftungsadressat in Betracht kommen kann. Entsprechend wird auch in dem hier angesprochenen Bereich zu prüfen sein, ob dem Konkursverwalter ein Haftungszugriff zugunsten der Vergrößerung der Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Kon­ zernunternehmens auf die Mutter entweder als Teilnehmer an der Pflichtverletzung des Geschäftsführers der abhängigen GmbH oder als Täter möglich ist. Im folgenden wird dabei wieder nach GmbH und AG differenziert. Da es sich bei der Mehrzahl der Konzerne um GmbH-Konzerne handelt, beginnt die Untersuchung mit diesem Bereich, dem sich dann die entsprechenden Überlegungen für die AG anschließen.

II. Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der GmbHGeschäftsführerhaftung (§ 43 II GmbHG) 1. Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzung des Geschäftsführers des abhängigen Konzernunternehmens

Eine Beteiligung des Mutterunternehmens an einer Pflichtverletzung des Ge­ schäftsführers der Tochter kommt typischerweise in Form der Anstiftung in

(-Mertens), § 43, Rn. 62 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 6; speziell zum Ressortprinzip vgl. Raiser, § 32, Rn. 60. 790 Zur Frage der Haftungsbeschränkung eines Geschäftsführers siehe allgemein Heisse, Die Beschränkung der Geschäftsführerhaftung gegenüber der GmbH (1988).

Betracht, die wiederum in der Regel auf einer Weisung191 des Mutterunternehmens an die Tochter beruht, eine bestimmte Geschäftsführungshandlung vorzunehmen. Rechtliche Grundlage der Haftung des Mutterunternehmens wären dann § 43 II GmbHG, §§ 830 II BGB, 840 I, 421 ff. BGB, wonach es gesamtschuldnerisch mit dem Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens zu haften hätte791 792. Voraussetzung für eine Anstifterhaftung der Mutter ist jedenfalls eine rechts­ widrige, zumindest fahrlässige Haupttat793; diese besteht im Rahmen des § 43 II GmbHG in der Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft.

a) Die Bedeutung der Weisung der Mutter für ihre Einstandspflicht als Anstifter Im Rahmen der Anstiftung des Geschäftsführers zu einer pflichtwidrigen Geschäftsführungshandlung ergibt sich die Schwierigkeit, daß die Geschäftsführer einer GmbH (nur) Treuhänder der Vermögenswerte der Gesellschafter sind und die Geschäfte in Umsetzung und Wahrung deren (Vermögens-)Interessen führen. Deshalb können die Gesellschafter dem Geschäftsführer prinzipiell vorschreiben, wie diese mit ihren Vermögenswerten umzugehen haben (§ 37 GmbHG). Konse­ quenz dieser Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer ist die grundsätzliche Verpflichtung, die Weisungen auszuführen, die ihm die Gesellschafter erteilen794. Wenn sich aber der Geschäftsführer entsprechend den Weisungen von Gesell­ schaftsorganen verhält, kann von vornherein ein Verstoß gegen die gegenüber den Gesellschaftern obliegenden Pflichten nicht vorliegen, so daß deshalb in dem Fall der Haftungstatbestand im Sinne des § 43 II GmbHG nicht erfüllt ist. Denn die Geschäftsführer der Gesellschaft können nicht für ein Verhalten verantwortlich gemacht werden, zu dem sie durch ein vorgesetztes Organ selbst bewogen worden sind795. Das ergibt sich unabhängig von dieser allgemeinen Erwägung auch aus

791 Auch hier soll, wie bereits oben, unter Weisung die breitgefächterten Möglichkeiten verstanden werden, mit denen das herrschende Unternehmen seinen Willen in der Geschäftsfüh­ rung des abhängigen Unternehmens zur Duchsetzung verhelfen kann; vgl. oben § 4, I. Teil, C. I und zudem nochmals Eisenhardt, in: FS Pfeiffer, 839 ff.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 22; Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 72 f.; Konzen, NJW 1989, 2977; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 67; Immenga, 278 ff. 792 Siehe oben § 4,1. Teil, C.II.2. 793 Siehe oben §4,1. Teil, C.II.lb. 794 BGHZ 31, 258, 278; OLG Frankfurt/Main, DB 1997, 922; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 95; Eisenhardt, in: FS Pfeiffer, 839 ff. und 848 ff.; ausführlich zu Weisungen Ziemons, 7 ff. und zur Folgepflicht: 25 ff. Speziell zu Interessenkonflikten der GmbH-Geschäftsführer bei Pflichtenkollisionen siehe Gieseke, GmbHR 1996,486 ff. 795 BGH DB 1960, 27; Hachenburg(-Ulmer), § 43, Rn. 67; Immenga, GmbHR 1973, 7 f. Vgl. auch Abeltshauser, 267, der jedoch im Ergebnis die Frage, ob das herrschende Unternehmen als Beteiligter oder Täter handelt, nicht hinreichend unterscheidet und deshalb im Ergebnis pauschal eine Organverantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens ablehnt, es sei denn, es herrsche eine Personalunion zwischen den Geschäftsleitern von Mutter- und Tochterunternehmen; vgl. auch Baums, 283 f.

dem Umkehrschluß der Sonderregelung in § 43 III 3 GmbHG und aus der Rege­ lung des § 74 IV des Regierungsentwurfes zur GmbHG-Novelle 1971. In dieser Vorschrift sollte ausdrücklich der Rechtszustand de lege lata kodifiziert werden, wonach die Ersatzpflicht des Geschäftsführers nicht eintritt, wenn die Handlung in Übereinstimmung mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag, auf einem Beschluß der Gesellschafter oder einer für die Geschäftsführung verbindlichen Weisung be­ ruht796. Liegt aber aufgrund der Weisung der Gesellschafter kein Pflichtenverstoß vor, so kann der Anweisende auch nicht aufgrund der Weisung wegen einer Teilnahme an dieser Pflichtverletzung haftbar gemacht werden, weil sonst die prinzipiell unbeschränkte Herrschaft der Gesellschafter über die Gesellschaft der durch seine treuhänderische Bindung stark eingeschränkten Stellung des Ge­ schäftsführungsorgans in sittenwidriger Weise angeglichen und damit ein wesent­ liches Strukturmerkmal der Kapitalgesellschaft durchbrochen würde797. Daraus folgt unmittelbar, daß im Hinblick auf das Verhältnis von Konzemmutter und Konzemtochter die Haftung ersterer für Weisungen an den Geschäftsführer der Tochter, auf denen der zu einem Schaden führenden Geschäftsführerpflichtverstoß beruht, nicht zu einer Anstifterhaftung der Mutter führen kann, soweit die Pflicht­ verletzung des ordnungsgemäßen Geschäftsführers wegen der „Entlastung“ durch die Weisung nicht rechtswidrig ist. Es gibt dabei jedoch eine entscheidende Einschränkung. Eine „Haftungsent­ lastung“ des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft aufgrund seiner Folgepflicht und den damit einhergehenden Folgen für eine Anstifterhaftung nach § 830 II BGB ergibt sich nur bei formell und materiell rechtmäßigen Weisungen798. Liegt eine solche vor, dann ist sie für die Mutter haftungsrechtlich grundsätzlich irrelevant, selbst wenn die Ausführung der Weisung durch den Geschäftsführer dazu führt, daß das Gesellschaftsvermögen geschädigt wird. Denn die Gesellschafter einer GmbH können, gleichgültig ob die betreffende GmbH in einen Konzern integriert ist oder nicht, im Rahmen ihres von der Rechtsordnung gestatteten Gestaltungs­ raum mit ihrer Gesellschaft verfahren, wie sie es für richtig halten. So gibt es beispielsweise auch keinen Satz, der den Gesellschaftern auferlegt, Gewinn zu erzielen oder mittelfristig den Unternehmenswert steigern zu müssen; theoretisch können sie auch Weisungen erteilen, die dazu führen, daß die Gesellschaft „ausge­ saugt“ wird. Das bedeutet z.B., daß eine Haftung des Geschäftsführers der Tochter auch dann ausscheidet und damit auch eine gemeinschaftliche Haftung des Mutter­ unternehmens im Rahmen der Teilnehmerhaftung nicht in Frage kommt, wenn die Mutter als herrschender Gesellschafter in formell und materiell nicht zu beanstan­ dender Art und Weise dem Geschäftsführer der Tochter die Weisung gibt, sich aus einem bestimmten Marktsegment zurückzuziehen, auch wenn die Tätigkeit der Tochter auf diesem Gebiet bislang gewinnbringend war und auch für die Zukunft 796 797 798 Rn. 22

Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 67; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 95. Stein, 154. Vgl. Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 97 ff.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, ff.; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 25 ff.

diese Prognose gestellt werden kann. Das gilt selbst in dem Fall, in welchem der Geschäftsführer, hätte er allein zu entscheiden gehabt, diese Entscheidung niemals getroffen hätte, und wenn die betreffende Maßnahme nicht dem entsprochen hat, was ein ordentlicher Geschäftsführer an seiner Stelle getan hätte. Fällt die Tochter hernach in Konkurs, kann der Konkursverweilter den aus dieser Weisung entstan­ denen Schaden weder gegen den Geschäftsführung noch gegen die anweisende Mutter geltend machen. Allerdings ist der Gestaltungsfreiraum der Gesellschafter nicht völlig unbe­ grenzt. Die wichtigsten Grenzen sind vielmehr die Kapitalerhaltungsregeln und die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung des Konkurses. Zudem ergibt sich eine weitere Grenze aus der zwischen den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten. Allerdings ist eine derartige Grenze dort problematisch, wo das herrschende Unternehmen der einzige Gesellschafter der abhängigen GmbH ist, oder das herr­ schende Unternehmen und die anderen Gesellschafter übereinstimmend handeln. Während die gegenseitige Rücksichtnahme der Gesellschafter untereinander gleichzeitig zumindest einen mittelbaren Schutz von Gläubigerinteressen verwirk­ lichen, entsteht im anderen Fall die Gefahr, daß die Gläubiger schutzlos sind. Inso­ fern wird diskutiert, ob eine weitere Grenze der Eingriffe der Gesellschafter in die Geschäftsführung der Gesellschaft mittels Weisungen dort liegt, wo es sich um die betreffende Gesellschaft in ihrer Existenz bedrohende Weisungen handelt799. Da es sich bei diesem Problembereich aber um einen Teil des Treuepflichtenkomplexes zwischen dem herrschenden Konzernunternehmen und den anderen Gesellschaf­ tern an einer abhängigen GmbH handelt, der allgemein im Zusammenhang mit der Haftung in einem faktischen GmbH-Konzern diskutiert wird, soll er unten im allgemeinen Zusammenhang des Konzemhaftungsrechts behandelt werden800. b) Rechtswidrige Weisung

Eine Anstifterhaftung kommt allerdings bei rechtswidrigen Weisungen in Betracht. Im Fall, daß ein Schaden aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers beruht, dem eine rechtswidrige Weisung zugrunde liegt, ist der Haftungstatbestand des Geschäftsführers der Gesellschaft erfüllt, so daß auch eine Teilnehmerhaftung an dieser unerlaubten Handlung möglich ist. Der Konkurs­ verwalter kann im Konkurs dann diesen Anspruch für die Masse gegen den Geschäftsführer oder den Anweisenden geltend machen. Rechtswidrig können Weisungen der Gesellschafter an den Geschäftsführer aus vier Gründen sein: Entweder ist die Weisung an den Geschäftsführer von einer Person erteilt worden, die aufgrund Gesetzes oder der Satzung nicht befugt gewesen ist, die entspre­ chende Weisung zu erteilen. Oder die Erteilung der Weisung hält verfahrensmäßig

799 Vgl. Fleck, ZHR 149 (1985), 395 f.; K. Schmidt, GesR, 1149 ff.; 1209 ff.; 1250 ff.; ders. ZIP 1986, 148; kritischer Rowedder(-Koppensteiner); § 43, Rn. 57 b. 800 Siehe unten § 5 II.

die Anforderungen an organschaftliches Verhalten nicht ein801, oder die Weisung verstößt inhaltlich gegen allgemeine gesetzliche Verbote, oder die Weisung ver­ letzt schließlich besondere Gesellschafterpflichten (Treuepflichten)802. Verstößt das von einem Weisungsberechtigten geforderte oder gebilligte Ver­ halten des Geschäftsführers gegen eine im öffentlichen Interesse oder zum Schutz der Gläubiger erlassene zwingende Gesetzesnorm oder gegen die guten Sitten, so wird der Geschäftsführer grundsätzlich nicht entlastet803, denn eine entsprechende Weisung ist nichtig und darf nicht befolgt werden804. Aufgrund der Abhängigkeit der Tochter von der Konzemmutter bzw. allgemeiner des Geschäftsführers von den Gesellschaftern als den wirklichen Geschäftsherren, zeigt ein Blick in die Praxis, daß eine Weigerung des Geschäftsführers, bestimmte Weisungen auszufuhren, in der überwiegenden Anzahl der Fälle wirklichkeitsfremd ist. Als Ausgleich für die sich daran anschließende Haftungsandrohung kann der Geschäftsführer allerdings unter Umständen den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erheben, wenn er später dann von der Gesellschaft in Anspruch genommen werden sollte, die ihm diese Weisung gegeben hat805. Ein Grund dafür, daß hier die Weisung des Gesellschafters für den Geschäfts­ führer nicht mehr haftungsbefreiend wirken kann, wenn sie ein Verhalten fordert oder toleriert, daß gegen Gesetze oder gute Sitten verstößt, ergibt sich aus der Vorstellung, daß der Geschäftsführer als „handelnde Hand“ der Gesellschafter auch nur dort eingesetzt werden kann, wo Verfügungsfreiräume der Gesellschafter hinsichtlich ihrer Gesellschaft bestehen. Wo hingegen der Handlungsspielraum der Gesellschafter in Bezug auf ihre Gesellschaft begrenzt wird, kann eine Weisung der Gesellschafter die Geschäftsführerhandlung nicht mehr rechtfertigen. Deswe­ gen ist auch eine Ansicht abzulehnen, die eine Ausnahme von der Regel, daß gesetzeswidrige Weisungen nicht rechtfertigend wirken, dort befürworten, wo diese Weisung einstimmig gefaßt worden ist806. 807 Zum einen würde damit dem Alleingesellschafter Tür und Tor geöffnet, mit Weisungen an den Geschäftsführer seiner Gesellschaft gesetzliche Vorgaben zu umgehen. Zum anderen kann nicht begründet werden, warum die Einstimmigkeit des Beschlusses geeignet sein soll, ein Handeln zu rechtfertigen, daß sich im Ergebnis als eine Gläubigerschädigung darstellt 807. Das gilt insbesondere bei den Kapitalerhaltungsregeln, weil dort die

801 Das ist der Fall, wenn eine Ladung an einen Gesellschafter für einen Beschluß nicht ordnungsgemäß ergangen ist etc., vgl. Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 79; Fleck, GmbHR 1974, 227. 802 Dazu siehe Stein, 155; Hachenburg(-Mertens); § 43, Rn. 74 ff.; Krebs, 211 ff. 803 BGH GmbHR 1974, 131, 132; BGHZ 75, 321, 326; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 76; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 30 804 Fleck, GmbHR 1974, 227. 805 Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 77; Fleck, GmbHR 1974, 227; BGH GmbHR 1974 131, 132; Immenga, GmbHR 1973, 7 f.; differenzierend Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 30. 806 Vgl. etwa Fleck, GmbHR 1974,227. 807 So der richtige Einwand von Koppensteiner: Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 30.

wesentlichen gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen zugunsten der Gläubi­ ger eingreifen808. Im Konkurs wird dies besonders deutlich, weil dann nicht mehr die Interessen der Gesellschafter im Vordergrund stehen, sondern es nunmehr um Drittinteressen geht, nämlich die der Gläubiger. Diese müssen zwar während des Lebens der Gesellschaft hinnehmen, daß die Gesellschafter mit ihrer Gesellschaft grundsätzlich nach Belieben verfahren können; dort, wo aber das Gesetz ausdrück­ lich einen Gläubigerschutz vorsieht, dürfen sie darauf vertrauen, daß ihnen zumin­ dest im Konkurs dieser Schutz auch gewährt wird. Da aufgrund der den Gesell­ schafterinteressen durch das Gesetz übergeordneten Gläubigerinteressen die Pflichtverletzung nicht mehr durch den Willen der Gesellschafter gerechtfertigt ist, wird auch eine Anstiftung zu dieser Pflichtverletzung (wieder) sanktionierbar. Besonders hervorgehoben geregelt sind die Folgen der Weisungen, die inhalt­ lich gegen allgemeine gesetzliche Verbote verstoßen, in § 43 III GmbHG. Zum Schutze des Stammkapitals der Gesellschaft sieht diese Vorschrift vor, daß ein Geschäftsführer, der entgegen der Bestimmung des § 30 GmbHG Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft vornimmt, oder den Bestimmungen des § 33 GmbHG zuwider eigene Geschäfts­ anteile der Gesellschaft erwirbt, auch dann nicht von der Haftung freikommt, wenn er sich auf einen entsprechenden (formal ordnungsgemäßen) Beschluß der Gesell­ schafter berufen kann809. Dies gilt jedenfalls soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, was allerdings gerade der Situation im Konkurs entspricht. Das hat zur Folge, daß im Konkurs der Tochter der Konkursverwalter auch die Muttergesellschaft als Beteiligte gesamtschuldnerisch mit dem Geschäfts­ führer nach §§ 43 II GmbHG, §§ 830 II, 840 I, 421 ff. BGB in Haftung nehmen kann, wenn die Geschäftsführerhandlung, die zu einer der in § 43 III genannten Pflichtverletzung geführt hat, auf einer Weisung - gleichgültig in welcher Form der Mutter beruht. In dem speziellen und praktisch wichtigen Fall des Verstoßes gegen § 30 GmbHG mag man freilich mit Recht der Anstifterhaftung der Muttergesellschaft im Hinblick auf die Pflichtverletzung des Geschäftsführers der Tochtergesellschaft entgegenhalten, daß ein solcher Anspruch dem Konkursverwalter nicht viel nützt, da er auf die Mutter, soweit sie Gesellschafter der Tochter ist, ohnehin aufgrund von § 31, 30 GmbHG zurückgreifen kann und deshalb mit der Anstifterhaftung höchstens noch eine zusätzliche, in Anspruchskonkurrenz stehende Möglichkeit geboten bekommt. Ebenso kann der Konkursverwalter auf stammkapitalersetzende Zahlungen der Tochter an eine Schwester, die von der Mutter angewiesen worden sind, neben der Anstifterhaftung auch mittels §§31, 30 GmbHG zugreifen. Eine 808 Die Bedeutung der Kapitalerhaltungsregeln wird unter anderem auch dadurch ganz deutlich, daß es den Geschäftsführern verwehrt ist, der Gesellschaft gegenüber den Einwnd der unzulässigen Rechtsausübung zu erheben, weil den Geschäftsführern in dieser Beziehung durch das GmbHG eine besondere Garantiepflicht auferlegt worden ist, siehe K. Schmidt, ZGR 1978, 427; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 76. 809 Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 89 ff.; Eisenhardt, in: FS Pfeiffer, 844 ff.

nicht zu unterschätzende Bedeutung hat die Möglichkeit, die Konzernmutter mittels einer Anstiftungshaftung in Anspruch zu nehmen, aber namentlich dort, wo die Mutter den Geschäftsführer der Tochter angewiesen hat, aus dem gebundenen Vermögen an die Schwester Auszahlungen zu leisten, die jetzt wegen des Konkur­ ses der Schwester für den Konkursverwalter der Tochter nicht mehr zu realisieren sind. Der Wortlaut des § 43 III GmbHG („insbesondere“) macht deutlich, daß es bei den Folgen der rechtswidrigen Weisungen für Verstöße des Geschäftsführers hin­ sichtlich der in der Norm genannten Fälle nur um besonders hervorgehobene Beispielsfälle handelt, d.h. die soeben im Hinblick auf § 43 III GmbHG gemachten Ausführungen sind verallgemeinerbar: So verweist etwa auch § 64 II 3 GmbHG auf § 43 III 3 und 4 GmbHG. Wie schon angesprochen, kann unter Umständen der von der Gesellschaft in Anspruch genommene Geschäftsführer den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gegenüber der Gesellschaft geltend machen. Dahinter steht der Gedanke, daß die im Endergebnis wirtschaftlich Betroffenen arglistig handeln, wenn sie die Ergeb­ nisse ihres eigenen rechtswidrigen Tuns auf jemanden abwälzen, der sich (notge­ drungen) als Werkzeug hat einsetzen lassen810. Dieser Umstand ist jedoch - wie im Hinblick auf § 30 GmbHG schon angeklungen ist - irrelevant, wenn gesetzlich geschützte Gläubigerinteressen betroffen sind, und er hat auch keine Auswirkun­ gen auf die hier interessierende Frage der Einbeziehung der Mutter in die Haftung für die Geschäftsführungsfehler bei der abhängigen Tochter. Es sind insoweit durchaus Fälle denkbar, in denen der Konkursverwalter im Rahmen der §§ 421 ff. BGB gar keine Wahl zwischen dem Geschäftsführer der Tochter-GmbH und deren Mutterunternehmen hat, weil der Geschäftsführer der Tochter zwar tatbestands­ mäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, ihm aber dennoch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber dem Konkursverwalter zur Verfü­ gung steht. Da sich dieser Einwand nicht auf den Anstifter bezieht, bleibt dann nur der Zugriff auf das Mutterunternehmen als Teilnehmer. Im Zusammenhang mit der Haftung von Gesellschaftern einer GmbH wird zuweilen eingewendet, daß die Gesellschafter nur haften, wenn sie mit den Eingrif­ fen in die Geschäftsführung des Unternehmens ihre mitgliedschaftsrechtlichen Treuepflichten verletzen, sie müßten dagegen grundsätzlich nicht für Mißmanagement haften811. Dieses Argument ist jedoch nur teilweise überzeugend. Zutreffend ist, daß eine Einstandspflicht der Gesellschafter für Mißmanagement in der Gesell­ schaft prinzipiell nicht besteht, solange nur die Weisungen an sich rechtmäßig sind. Anderes gilt aber gerade in dem hier angesprochenen Fall, daß sich das Miß810 Vgl. BGH GmbHR 1974, 131; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 77; Fleck, GmbHR 1974, 227. 811 So ausdrücklich Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 46 (anders aber noch in der 12. Aufl., § 43, Rn. 14); vgl. auch Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 57; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 16; Mertens, in: FS Fischer (1979), 461; U.H. Schneider, BB 1981, 257; Konzen, NJW 1989, 2985; Ulmer, GmbHR 1984,262.

management auf rechtswidrige Weisungen gründet. Es kann nämlich nicht richtig sein, daß ein Geschäftsführer, der an die Weisungen der Gesellschafter gebunden ist812, für die Ausführung einer Weisung haften muß, die nicht dem auf ihn anwendbaren Pflichtenmaßstab genügt, nur weil er bei dieser Handlung der Weisung der Gesellschafter Folge geleistet hat, selbst aber (möglicherweise) niemals eine solche Maßnahme getätigt hätte. Unzweifelhaft muß der Geschäfts­ führer auch in diesen Fällen haftbar sein, weil er das nach außen auftretende Organ der Gesellschaft ist, an dessen Tätigwerden tatbestandsmäßig angeknüpft wird. Doch kann dies nicht bedeuten, daß nicht unter diesen speziellen Umständen zusätzlich auch der Weisungsgeber mit ihm gesamtschuldnerisch haften muß. Das Argument, daß der Gesellschafter kein Verwalter fremden Vermögens sei und auch kein fremdes Vertrauen in Anspruch nähme, wie dies der Geschäftsführer im Verhältnis zu den Gesellschaftern täte813, taugt als Begründung nur dann etwas, wenn der Geschäftsführer unabhängig von Weisungen die Geschäfte der Gesell­ schaft führt. Ansonsten würde dieses Argument nämlich dazu führen, daß der Gedanke des Gläubigerschutzes durch die Pflichtenbindung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft, den § 43 III 3 GmbHG inhaltlich voraussetzt, eine Möglichkeit bietet, die Haftungsbeschränkung in der GmbH zu Lasten der Ge­ schäftsführer aufzuweichen. Es wird vielmehr ganz zu Recht betont, daß die Pflichten des Geschäftsführers nicht überspannt werden dürften, um auf diese Weise dem Geschäftsführer nicht eine Art Garantiehaftung für Mißerfolge in der Unternehmensführung aufzuerlegen814. Das muß erst recht gelten, wenn er eine bestimmte Weisung nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses ausführen muß815. c) Treuepflichtverletzung Der im Konzern wohl wichtigste Fall einer rechtswidrigen Weisung des herr­ schenden Unternehmens an den Geschäftsführer einer Tochter-GmbH ist diejenige, die unter Verletzung der Treuepflicht des herrschenden Unternehmens im Hinblick auf die Minderheitsgesellschafter zustande gekommen ist. Ein Beschluß ist nur dann für einen Geschäftsführer bindend und haftungsfreistellend, wenn auch die Minderheit daran beteiligt gewesen ist. Eine Weisung, die das herrschende Unter­ nehmen dem Geschäftsführer der Tochter gegeben hat, steht daher einem formellen Gesellschafterbeschluß nicht gleich, wenn es noch andere Gesellschafter an der

812 Die Fälle, daß die Weisung nichtig ist, kann hier außer Betracht bleiben; siehe dazu Ziemons, 26 ff. und 35. 813 Siehe Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 16. 814 So Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 10. 815 Im Ergebnis ähnlich Zöllner, 322 ff.; Immenga, GmbHR 1973, 8f.; siehe auch Thöni, GmbHR 1989, 187, der freilich § 708 BGB analog angewendet wissen will [speziell dagegen Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 46].

betreffenden GmbH gibt816. Ist das abhängige Unternehmen allerdings zu 100% in der Hand der Mutter, bedarf es freilich keines förmlichen Entscheides817. Daraus folgt, daß die Haftung des Geschäftsführers der abhängigen GmbH durch Weisun­ gen von der Mutter von vornherein nur dort entfallt, wo sie entweder auf einem förmlichen Gesellschafterbeschluß beruhen oder wo die Weisung von der Mutter als Alleingesellschafter der abhängigen GmbH stammt. In allen übrigen Fällen handelt der Gesellschafter der Tochter tatbestandsmäßig, wenn er eine ihm oblie­ gende Pflicht verletzt, und die Mutter kann als Anstifter haftbar gemacht werden. Allerdings bedarf es an dieser Stelle keiner weiteren Ausführungen. Denn soweit die Weisungen wegen der Mißachtung von Minderheitsrechten nicht formell korrekt zustande gekommen sind, geht es um die Frage der Beachtung der Treue­ pflichten des herrschenden Unternehmens gegenüber den anderen Gesellschaftern der betreffenden Tochtergesellschaft und um die Ansprüche, die aus der Verlet­ zung dieser Treuepflicht resultieren, welche dann der Konkursverwalter eventuell zugunsten der Masse geltend machen kann. Diese Fragen werden besonders im Zusammenhang mit den konzemrechtlichen Erwägungen erheblich und sollen deshalb dort im breiteren Kontext der Haftung im faktischen GmbH-Konzern behandelt werden818. Insoweit entfällt hier auch eine Erörterung, ob möglicher­ weise die Mutter wegen Anstiftung zur Durchführung einer aus diesen Gründen rechtswidrigen Weisung haftbar gemacht werden kann, denn jedenfalls wäre ein solcher Anspruch kongruent mit dem Anspruch wegen der Verletzung der Treue­ pflicht gegenüber den anderen Gesellschaftern derselben GmbH, den der Konkurs­ verwalter in die Masse fordern kann. Unabhängig davon kommt bei den Weisun­ gen der Mutter, denen eine Treuepflichtverletzung ihrerseits zugrunde liegt, nicht selten ohnehin keine Anstifterhaftung nach § 830 II GmbHG in Betracht. Denn den Geschäftsführer der Tochter wird hinsichtlich seiner Pflichtverletzung insoweit nur selten ein Verschulden treffen, weil für ihn oft nicht transparent sein wird, unter welchen Umständen eine ihn treffende Weisung im Kreise der Gesellschafter entstanden ist. Zwar ist immer zu prüfen, ob die fehlende Kenntnis für sich genommen wieder ein Verstoß der Geschäftsführerpflicht darstellt, doch dürfen an die Erheblichkeit keine zu großen Anforderungen gestellt werden, weil dies sonst dazu führen könnte, dem Geschäftsführer eine (weitgehende) Prüfungsverpflich­ tung der ihn erreichenden Weisungen der Gesellschafter aufzuerlegen; das wider­ spräche jedoch der Kompetenzabgrenzung zwischen weisungsbefugten Gesell­ schaftern und weisungsbefolgenden Geschäftsführern.

816 Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 18; Hachenburg(-Mertens), §43, Rn. 69; Rowedder (-Koppensteiner), § 43, Rn. 27. 817 Vgl. BGHZ 119, 257, 261 f.; BGHZ 31, 258, 278; Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 18; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 70. 818 Siehe unten § 5 II.

d) Anfechtbare Weisungen Ebenso verhält es sich schließlich mit der Folgepflicht von angefochtenen oder anfechtbaren Weisungen der Gesellschafter an den Geschäftsführer des Tochter­ unternehmens819. Ist die Anfechtungspflicht des „Weisungsbeschlusses“ nicht abgelaufen, so ist der Beschluß wirksam, darf aber nur dann „haftungsentlastend" befolgt werden, wenn der Geschäftsführer sorgfältig handelnd nicht erkennen konnte, daß damit zu rechnen ist, daß der Beschluß in der Folgezeit angefochten wird. Auch hier darf auf die Erkennbarkeit, daß mit einer baldigen Anfechtbarkeit zu rechnen ist, kein zu enger Maßstab angelegt werden. Wenn ein Geschäftsführer keinen Einblick in die Willensbildung der Gesellschafter hat, dürfte für ihn nur unter sehr engen Voraussetzungen die mögliche Anfechtbarkeit erkennbar sein, etwa wenn er von dem herrschenden Gesellschafter einen entsprechenden Hinweis erhalten hat. Ist der Geschäftsführer der Tochter allerdings ausnahmsweise gleich­ zeitig Gesellschafter, dann kann ihm stets positives Wissen unterstellt werden. Wenn hingegen mit einer Anfechtung des Beschlusses nicht zu rechnen ist, muß der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft die Weisungen ausführen, die ihn dann haftungsrechtlich ggf. entlasten820. Entsprechendes gilt für den Fall, daß die Anfechtungsfrist abgelaufen ist. Dann besteht unzweifelhaft eine Folgepflicht mit der Konsequenz, daß sie die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Geschäftsführers entfallen läßt und eine Teilnahme der Konzemmutter nicht möglich ist. e) Haftung des Mutterunternehmens, 'welches kein Gesellschafter des Tochterunternehmens ist Lenkt man schließlich noch den Blick auf die Konstellation, in der ein Ge­ schäftsführer einer abhängigen GmbH eine Weisung von einem herrschenden Unternehmen erhalten hat, das kein Gesellschafter ist, so ist die rechtliche Behandlung des Falles einfach. Führt die Befolgung dieser Weisung zu einem Schaden, der auf einem Pflichtverstoß des Geschäftsführers beruht, so entfallt die Rechtswidrigkeit des Pflichtverstoßes nicht. Denn der Tatbestand der Geschäfts­ führerhaftung ist nur dann nicht verwirklicht, wenn die Pflichtverletzung aufgrund einer Weisung eines nach Gesetz oder Satzung weisungsberechtigten Organs erfolgt ist821. Immer dann, wenn ein Mutterunternehmen, das ohne Geschäfts­ anteile an der GmbH zu besitzen, herrschenden Einfluß ausübt und dem Geschäfts­ führer eine Weisung erteilt, die zu einem Schaden führt, der auf der Pflichtverlet­ zung des Geschäftsführers beruht, kann der Konkursverwalter im Konkurs der betreffenden GmbH die anweisende Mutter im Rahmen der Teilnehmerhaftung für den Schaden in Anspruch nehmen.

819 Vgl. etwa Eisenhardt, in: FS Pfeiffer, 848 ff. 820 Siehe Ebenroth/Lange, BB 1992, 73. 821 Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 75.

J)

Zusammenfassung

Grundsätzlich kommt eine Einbeziehung der Konzemmutter als Anstifter in die Haftung für Geschäftsführungsfehler des Geschäftsführers der abhängigen Tochter gern. §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB nicht in Betracht, wenn sie Gesellschafter der Tochter ist. Denn durch eine Weisung, die die typische Anstifterhandlung darstellt, entfällt die Rechtswidrigkeit der Handlung des Geschäftsführers, so daß eine Teil­ nahme daran nicht mehr möglich ist. Dieser Grundsatz wird durchbrochen, wenn und soweit es sich um rechtswidrige Weisungen handelt. Derartige Weisungen wirken nämlich nicht „haftungsbefreiend“ für den Geschäftsführer. Der Konkurs­ verwalter kann auf ein Mutterunternehmen auch dann im Rahmen der Verantwort­ lichkeit als Anstifter zurückgreifen, wenn sie ohne Gesellschafter zu sein dem Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens Weisungen gegeben hat, die zu einem auf einer Pflichtverletzung beruhenden Schaden geführt haben.

2. Die Haftung der Konzemmutter als Täter im Grundsatz

Bei der Frage, ob die Konzemmutter im Konkurs der Tochter unter Umständen vom Konkursverwalter auch als Täter nach § 43 II GmbHG in Anspruch genom­ men werden kann, stellt sich hier prinzipiell dieselbe Problematik wie im Zusam­ menhang mit der Haftung der Muttergesellschaft als Täter bei Pflichtverstößen des Geschäftsführers hinsichtlich der Konkursreife des Unternehmens822. Es geht auch hier im wesentlichen darum, wie weit sich die erlaubten Eingriffe der Gesellschaf­ ter in die Geschäftsführung verdichten dürfen, bzw. in welchem Maße der ordent­ liche Geschäftsführer von seiner Position verdrängt werden darf, ohne daß das kompetenzrechtliche Gefüge, in dem sich Gesellschafter und Geschäftsführer befinden, verletzt wird und die zwischen den Akteuren gezogenen Grenzen durch­ brochen werden.

a) Geschäftsführerhaftung als Ausfluß eines Anstellungsvertrages?

Die Frage, ob ein Mutterunternehmen dann, wenn es einen (irgendwie gearteten) Einfluß auf den tatsächlichen Geschäftsführer ausübt823, wie ein Geschäftsführer haften muß, bräuchte allerdings nicht weiter diskutiert zu werden, wenn sich, wie teilweise vertreten wird, die Haftung nach § 43 II GmbHG als ein Anwendungsfall der pW des Anstellungsvertrages darstellt824. Dann käme eine Einbeziehung der Mutter als faktischer Geschäftsführer von vornherein nur in dem speziellen Fall in 822 Siehe oben § 41. Teil C. 1b. 823 Scholz(-U.H. Schneider), §43, Rn. 15; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. la; Rowedder(-Koppensteiner), §43, Rn. 46; Hachenburg(-Mertens), §43, Rn. 17; siehe auch K. Schmidt, GesR, 1078; Reich, DB 1967, 1664 f. 824 Siehe etwa Sudhoff, 239; für die AG: Baumbach/Hueck, § 93 AktG, Rn. 5; Baums, 211 ff.; unklar: BGHZ 41,282,287. Vgl. auch oben § 41. Tiel, CII, 3b.

Betracht, daß der Geschäftsführer der Tochter-GmbH personenidentisch ist mit dem Geschäftsleitungsorgan der Mutter oder jedenfalls ein Teil davon wäre. Voraussetzung und Grundlage für die Haftung gegenüber der Gesellschaft wäre dann allein der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers mit der Gesellschaft. Die Haftung ergäbe sich aus einer Verletzung des schuldrechtlichen Verhältnisses, so daß es sich insoweit bei § 43 II GmbHG um nichts weiter handeln würde als um die gesetzliche Anordnung einer Haftung wegen Verletzung eines vertraglichen Verhältnisses825 zwischen dem Geschäftsführer und seinem Vertragspartner826. Eine solche Lösung ist schon allein deshalb abzulehnen, weil sie völlig unpraktikabel ist. Denn der Schutz der Gesellschaft vor einer fehlerhaften Führung der Geschäfte (und damit vor unberechtigten Eingriffen in ihre Vermögens­ positionen) würde überall dort grundlos verkürzt, wo der Anstellungsvertrag fehlerhaft ist oder etwa ex tune entfällt827. Darüber hinaus greift eine Ableitung der Haftung aus dem Vertrag auch aus allgemeineren Erwägungen zu kurz. Die Pflichten des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft treffen ihn nämlich in der Funktion eines Organs der betreffenden juristischen Person. Allein dadurch, daß er der Gesellschaft, um es bildlich auszudrücken, die Handlungsfähigkeit verschafft, in dem er in eine Organstellung gelangt, obliegen ihm bereits Verpflichtungen gegenüber dem Verband828. Anders ausgedrückt: Der Geschäfts­ führer übt eine gesetzliche Funktion aus. Eine vertragliche Basis bedarf es dafür nicht; es reicht die schlichte Übernahme der Organstellung. Aus diesem Grund ist es nach zutreffender h.M. unerheblich, ob dieser tatsächlich in das Handelsregister eingetragen wurde, ob seine Bestellung möglicherweise nichtig ist, er seine Tätig­ keit für die Gesellschaft aber dennoch aufgenommen hat, oder ob es sich sogar nur um einen „Strohmann-Geschäftsführer“ handelt829. Wesentlich ist allein, daß die betreffende Person die Organstellung inne hat. Das wird im übrigen ganz deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Pflichtenbindung der Geschäftsführer bei der Unternehmensleitung mittelbar auch immer ein Element des Gläubigerschutzes darstellt, denn die Pflichten bestehen zwar zunächst gegenüber der Gesellschaft, sie sind dem Geschäftsführer aber, wie § 43 III 3 GmbHG zeigt, auch zum Schutz der Gläubiger auferlegt830. Dieser Schutzbereich ist jedoch dem vertraglichen Bereich entzogen und kann deshalb nicht (nur) dadurch gewährleistet werden, daß dem 825 So Hachenburg(-Schilling) (6. Aufl.), § 43, Anm. 1 und für die AG: Schlegelberger (-Quassowski) (3. Aufl., 1939), § 84, Anm. 29; RGZ 63, 203,211. 826 Vertragspartner kann sowohl die Gesellschaft sein als auch ein Dritter, siehe dazu K. Schmidt, GesR, 1078. 827 Dazu siehe Baums, 212. 828 Ausführlich K. Schmidt, GesR, 255 ff. 829 Einhellige Meinung siehe statt aller Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 14; Baumbach/ Hueck(-Zöllner), §43, Rn. la; Rowedder(-Koppensteiner), §43, Rn. 46; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 15; speziell zum Strohmann-Geschäftsführer vgl. Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821. 830 Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 8 unter Berufung auf die amtliche Begründung zu § 44 des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung von 1891 (§43, Rn. 8, Fn. 5).

Geschäftsführer die Geschäftsführerhaftung als eine Haftung wegen Verletzung des Vertrages obliegt831. Zudem ist nach der sog. „Trennungstheorie" zwischen der korporationsrechtlichen und der schuldrechtlichen Ebene zu unterscheiden832. Danach ist die Organhaftung als eine gesetzliche Haftung aufzufassen833. Pflich­ tenverletzung des Geschäftsführers sind damit Gesetzesverstöße und keine Ver­ tragswidrigkeiten834. Da es für die Geschäftsführerhaftung also nur auf die Organstellung ankommt, kann folglich grundsätzlich auch das Mutterunternehmen in einem Konzern als Adressat des § 43 II GmbHG in Betracht kommen. b) Strohmann

Bevor auf die Einzelheiten hinsichtlich der Haftung der Konzemmutter als faktischer Geschäftsführer eingegangen wird, soll zunächst eine Abgrenzung zur Haftung der Konzemmutter als Hintermann eines „Strohmann-Geschäftsführers“ erfolgen. Nach überwiegender Ansicht haftet dort, wo der Geschäftsführer nur ein sog. „Strohmann“ ist, der Hintermann (neben dem Strohmann-Geschäftsführer) nach § 43 II GmbHG835. Hintermann eines Strohmanngeschäftsführers ist dabei in der Regel ein Gesellschafter, der nicht selbst Geschäftsführer sein kann (§ 6 II GmbHG) oder sein will und deshalb formell einen anderen in diese Position bringt. Praktisch sieht dies dann so aus, daß der Hintermann zwar vom Amt des Geschäftsführers ausgeschlossen ist, aber tatsächlich wie ein Geschäftsführer dauerhaft die Geschäfte leitet836, also insbesondere die Geschäfte der Gesellschaft erledigt und die Führung der Gesellschaft übernimmt, so daß dem Strohmann-

831 Auf den darüber hinaus gehenden Streit, ob neben der Haftung aus dem organschaftlichen Sonderrechtsverhältnis auch nicht eine besondere Haftung aus den vertraglichen Verhältnissen (Dienstvertrag) besteht (Siehe den Meinungsüberblick bei Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1 c.; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 3; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 3; K. Schmidt, GesR, 1078; vgl. darüber hinaus auch Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 13; Fleck, ZIP 1991, 1270 und BGH ZIP 1989, 1392; BGH WM 1992, 691 (mit Anm. von U.H. Schneider in: WuB II C § 43 GmbHG 1/92), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil nach beiden Auffassung § 43 II GmbHG nicht von dem Vorliegen eines Vertrages mit demjenigen abhängig ist, der die Geschäfte der Gesellschaft fuhrt. Vgl. auch oben § 4 I. Teil, C.II.3b. 832 Nach der „Trennungstheorie“ ist eine Unterscheidung zu treffen zwischen der Bestellung zum Vorstandsmitglied und dem Abschluß eines Anstellungsvertrages; siehe Hüffer, § 84, Rn. 2; KK(-Mertens), § 84, Rn. 2; vgl. auch BGHZ 89, 48, 52; anders (für eine „Einheitstheorie“) Baums, 3 ff. 833 Vgl. Hüffer, § 92, Rn. 11 für die parallele Problematik in der AG. 834 Vgl. Mestmäcker, 211. 835 Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. la; Reich, DB. 1967,1666 f. 836 So Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 15; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1b: „Daß der Hintermann eines wegen § 6 II GmbHG vorgeschobenen Strohmannes haftet, versteht sich von selbst.“.

Geschäftsführer praktisch nur die Aufgabe bleibt, dort tätig zu werden, wo dies aus formalen bzw. gesetzlichen Gründen notwendig ist. D.h. überall dort, wo im Streit­ fall gezeigt werden kann, daß der Geschäftsführer der Tochter nur ein „Strohmann“ der Mutter war und die von ihr erledigte Geschäftsführung nur ggf. formal-recht­ lich „exekutiert“ hat, kann der Konkursverwalter auf sie zurückgreifen. Rechtlich betrachtet, handelt es sich dabei um einen Fall der mittelbaren Stellvertretung, bei dem der „Strohmann“ die Ausübung der auf seinen Namen lautenden Rechte dem Vertretenen überläßt; mittelbar Vertretener ist der Hintermann, der den Vertreter von der Ausübung der auf dessen Namen lautenden Rechte ausschließt837. Vom Hintermann eines Strohmannes unterscheidet sich der faktische Geschäftsführer formal dadurch, daß bei letzterem der eigentliche Geschäftsführer tatsächlich sein Amt ausübt und alle Maßnahmen selbst ausführt, wenn auch inhaltlich (vollstän­ dig) dem Weisungsgeber unterworfen838. Damit ist die haftungsrechtliche Einbe­ ziehung der Mutter als Hintermann theoretisch klar abgesteckt. Praktisch besteht aber ein erheblicher Graubereich bei der Entscheidung, ob das herrschende Unter­ nehmen in einem Konzern ggf. der Hintermann eines „Strohmannes“ oder ein faktischer Geschäftsführer ist, denn die Kriterien, die heranzuziehen sind um zu bestimmen, wann ein Geschäftsführer einer abhängigen GmbH nur „Strohmann“ der Gesellschafter (der Mutter) ist, so daß die Mutter deshalb als Hintermann zur Verantwortung gezogen werden kann, sind sehr häufig die gleichen, die man heranzieht um zu bewerten, ob eine Person wie ein faktischer Geschäftsführer anzusehen ist, und damit entsprechend unscharf. Praktisch wird man daher oft nur erschwert feststellen können, ob ein ordnungsgemäßer Geschäftsführer seine Tätigkeit eigenständig, aber an ein Band von Weisungen der Mutter gebunden, erledigt hat, oder ob die Mutter die aktive Rolle in der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft gespielt und lediglich dort, wo es nötig ist, den Geschäfts­ führer gleichsam nur zur Unterschrift herangezogen hat. c)

Die Konzernmutter als faktischer Geschäftsführer

Der Hinweis auf diesen Graubereich spielt deshalb eine Rolle, weil im Gegensatz zur Strohmann-Konstellation die Einbeziehung des Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer im Rahmen der Haftung aus § 43 II GmbHG umstritten ist839. Der Grund dafür liegt in dem bereits im Zusammenhang mit § 64 GmbHG erörterten Konflikt zwischen der prinzipiellen Befugnis der Gesellschafter einer GmbH, sanktionslos deren Geschicke zu bestimmen und dem Umstand, daß durch die Einwirkung der Gesellschafter ordentliche Geschäftsführer nicht selten praktisch keinen eigenen Entscheidungsspielraum mehr haben und damit das kompe­ tenzrechtliche Gefüge in der Gesellschaft gestört wird. Bei der Frage, ob und wenn 837 So die typische Definition eines Strohmannes, siehe Stein, 152. 838 Vgl. Stein, 154 und 173; vgl. auch Gübel, 113 f. Dierlamm, NStZ 1996, 153 ff. 839 Gegen die Anwendung der Figur des faktischen Geschäftsführers im Anwendungsbereich des § 43 II GmbHG etwa Ziemons, 71 ff.

ja inwieweit andere Personen als der ordentliche Geschäftsführer als (faktischer) Geschäftsführer qualifiziert werden können, handelt es sich nicht etwa um eine konzemtypische Problematik; sie kann vielmehr in jeder GmbH auftreten. Aller­ dings hat sie dort, wo die betreffende GmbH ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern und die Mutter (herrschender) Gesellschafter ist, eine besondere Bedeutung. Denn mit diesem Instrument scheint die Möglichkeit eröffnet zu werden, sämtliche die betreffende GmbH schädigende Eingriffe des herrschenden Unternehmens haftungsrechtlich erfassen zu können. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf den herkömmlichen GmbH-konzemrechtlichen Haftungsansatz. Im folgenden sollen zunächst die Grundlagen für eine eventuelle Einbindung der Konzemmutter in die Geschäftsführerhaftung als Täter gelegt werden. Die grundsätzliche Legitimation, das Mutterunternehmen als faktischen Ge­ schäftsführer zu qualifizieren, ergibt sich daraus, daß die Sanktionsdrohung für sorgfaltswidriges Handeln der Geschäftsführer der Tochter bei weisungsgemäßem Handeln praktisch ins Leere gehen, soweit nur die Weisungen der Mutter recht­ mäßig sind. Insofern können die Geschäftsführer dann auch ohne direkte Eingriffe der Mutter in die Geschäftsführung (also eigenständige Übernahme von Geschäfts­ führungstätigkeiten) aufgrund der faktischen Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens so weitgehend an Weisungen gebunden und dem Willen der Mutter so umfassend unterworfen werden, daß der Tochtergesellschaft damit der Garant für die Führung ihrer Geschäfte mit der individuell erforderlichen Sorgfalt entzo­ gen wird. Der Grund, im Rahmen der Geschäftsführerhaftung, die Verantwortlich­ keit der Geschäftsführung auf die Mutter zu erstrecken, liegt darin, daß durch die (rechtmäßigen) Eingriffe des Mutterunternehmens die Haftung des Geschäftsfüh­ rers des abhängigen Unternehmens ausgeblendet wird und gleichzeitig das herr­ schende Unternehmen aber nicht selbst direkt an den Maßstäben der Organverant­ wortlichkeit gemessen werden kann. Die Gläubiger sind daher vor Eingriffen des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der Tochter nicht hinreichend geschützt, wenn dessen Einwirkung den Gläubigem die Zugriffsmöglichkeit auf den Geschäftsführer entzieht840. Die Gläubiger der abhängigen GmbH müssen daher dann, wenn ihre Interessen tangiert werden, also (erst) im Konkurs der Tochter, davor geschützt werden, daß ihnen durch die Eingriffe des herrschenden Unternehmens ein Verantwortungsträger entzogen wird841. Insofern ist es gerecht­ fertigt, das herrschende Unternehmen, das die Gläubiger im Konkurs durch fakti­ sche Ausschaltung des ihr treuhänderisch verantwortlichen Organs partiell schutz­ los stellt, insoweit selbst für verpflichtet zu halten, die inhaltliche Rechtmäßigkeit schädlicher Weisungen mit der organüblichen Sorgfalt zu prüfen, denn die Aufgabenerfüllung durch ein derartiges „faktisches“ Organ kann keinen geringeren Anforderungen unterliegen, als es dem gesetzlichen Standard für Organmitglieder

840 Stein, 190 und 183. 841 Stein, 190.

selbst entspricht842. Das Interesse, die Person, die das tatsächliche Organ von ihrer Organstellung verdrängt, den Organhaftungsvorschriften zu unterwerfen, ergibt sich also letztlich aus der faktischen Übernahme der Organtätigkeit, mit der sie den Betroffenen den eigentlichen Verantwortungsträger entzieht. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, unter welchen Umständen das Mutter­ unternehmen wie ein faktischer Geschäftsführer behandelt werden kann und so der Haftung nach § 43 II GmbHG als Täter unterworfen wird, nach den im Rahmen der bei der Haftung für die Verletzung der speziellen Geschäftsführerpflicht bei Konkursreife des Unternehmens (§ 64 GmbHG) herausgearbeiteten Vorgaben zu beantworten843. Danach ergibt sich die Qualifizierung der Muttergesellschaft als faktischer Geschäftsführer daraus, ob nach dem in § 43 II GmbHG innewohnenden recht­ lichen Wertungen die dort zum Ausdruck kommende Funktion anstelle von dem ordnungsgemäßen Geschäftsleitungsorgan von ihr wahrgenommen wird. Im Sinne der Normanwendungslehre geht es damit allgemeiner ausgedrückt um die Zurech­ nung der Geschäftsführerverantwortung gegenüber einem Dritten, dessen Handeln dazu geführt hat, daß den Geschäftspartnern und den Gläubigem der betreffenden GmbH einerseits der Primärschutz aufgrund einer gesetzmäßigen Pflichterfüllung und andererseits der Sekundärschutz hinsichtlich eines Zugriffs auf den Geschäfts­ führer entzogen wird, so daß es zu einer Verantwortungslücke kommt, die geschlossen werden muß. Diese Lücke wird dadurch geschlossen, daß diejenigen, die ordentliche Geschäftsführer verdrängt haben, im Rahmen der Rechtsfolgen­ zurechnung die angemaßte Funktion als eigene, mit rechtlichen Sanktionen versehene Position zurechnen lassen müssen. Damit hat eine Konzemmutter im Konkurs der abhängigen GmbH also dann als Täter für die Geschäftsführerpflichtverletzung im Rahmen des § 43 II GmbHG einzustehen, wenn sie im Sinne der Normanwendungslehre nach der in § 43 II GmbHG innewohnenden rechtlichen Wertung Funktionen wahrgenommen hat, die (nur) dem ordnungsgemäßen Geschäftsleitungsorgan zustehen, so daß sie im Rahmen der Rechtsfolgenzurechnung auch die Folgen dieser Funktionsanmaßung tragen muß. Man mag diesem Ansatz allerdings folgende Argumentation entgegenhalten: Wende man die hier vertretene Auffassung auf nichtkonzemverbundene Unter­ nehmen an, so zeige sich besonders deutlich, daß auch dort die Gesellschafter den Geschäftsführer weitgehend ausschalten können, ohne daß sie dann selbst haften müßten. Denn nach dem Konzept der GmbH läge die Geschäftsführungsbefugnis gerade keineswegs allein beim Geschäftsführer; insbesondere habe der Gesetz­ geber keine Haftung für Gesellschafter entwickelt, welche Maßnahmen der Geschäftsführung wahrnehmen. Die Trennlinie für Haftung von Nichthaftung liege . 842 So Stein, 112; sie befindet sich mit ihrer Auffassung daher gar nicht im Gegensatz zur h.M., wie sie selbst annimmt (112), sondern betont nur einen Aspekt, der in dem allgemeinen Hinweis auf die Organstellung als Ausgangspunkt der Haftung (als selbstverständlich) enthalten ist. 843 Siehe oben § 4 I. Teil C. II. 3.

in der Rechtswidrigkeit der Gesellschafterbeschlüsse844. Diese Hinweise vermögen jedoch nicht, das Konzept in Zweifel zu ziehen. Die Haftung des herrschenden Unternehmens - wie die jedes Gesellschafters einer unverbundenen GmbH auch als faktischer Geschäftsführer kommt zum einen ohnehin nur in dem Fall in Frage, in welchem die Grundlage der vom Gesetz vorgesehene Trennung von Gesell­ schaftern auf der einen und Geschäftsführern auf der anderen Seite nicht mehr greift. Zum anderen findet sich die angesprochene Trennlinie der Rechtswidrigkeit des Gesellschafterbeschlusses, die als Haftungsgrund für die Gesellschafter (über § 830 II BGB) akzeptiert wird, exakt im Fall der Haftung als faktischer Geschäfts­ führer wieder. Diese greift doch nur dort ein, wo es gerade keine Weisungen gibt, sondern der Gesellschafter selbst entsprechende Handlungen ausführt, die er anderenfalls angewiesen hätte, und bemißt sich dabei an exakt denselben Maß­ stäben, wie die Rechtswidrigkeit einer Weisung bei Verstoß gegen die Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters gegenüber den Minderheitsgesellschaftern, nämlich an dem Maßstab des § 43 II GmbHG845. Es besteht im Ergebnis mithin kein Wertungswiderspruch zwischen der Vorstellung des GmbHG und der Konzeption der Haftung eines Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer. Der Unterschied ist lediglich gradueller Natur: Das GmbHG geht implizit davon aus, daß Gesellschafter die Geschicke ihrer Gesellschaft mittels des Geschäftsführers beeinflussen wollen. In Wirklichkeit gibt es aber auch die Fälle, wo die Gesell­ schafter an der Geschäftsleitung vorbei die Führung der Geschäfte „eigenhändig“ vornehmen, so daß auch das weite Verständnis des Begriffs der „Weisung“ hier versagt. In solchen Fällen gebärdet sich das Mutterunternehmen nach außen hin wie ein Geschäftsführer und muß sich dann im Ernstfall an diesem Schein festhal­ ten lassen. Es gilt auch hier, wer als Gesellschafter sich Geschäftsführertätigkeiten anmaßt, ohne sich selbst in die Position eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu bringen, muß sich als ein solcher behandeln lassen846. Diese Fälle sind vom GmbHG aber nicht erfaßt und werden deshalb, der Konzeption, die das Gesetz für Haftung der Gesellschafter für Weisungen vorsieht, folgend im Rahmen der Verantwortlichkeit eines Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer gleichsam zu Ende gedacht. Dem Mutterunternehmen können deshalb die Rechtsfolgen pflichtwidrigen Geschäftsführungshandelns zugerechnet werden, wenn der Ge­ schäftsführer des abhängigen Unternehmens personengleich mit ihrem eigenen Geschäftsleitungsorgan bzw. eines Teils dessen ist. Dasselbe gilt, wenn die Mutter selbst am Geschäftsführer der Untergesellschaft vorbei Geschäftsführungsaufgaben

844 In diesem Sinne wohl Ulmer, ZHR 148 (1984), 414 f.; Konzen, NJW 1989,2979; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, § 37, Rn. 18 f. 845 Zur Präszisierung der Treuepflicht siehe unten § 5 Il.l.a., wo das Problem bei der Haftung im faktischen Konzern erneut bedeutsam wird. Zu speziellen Einzelfällen von Sorgfalts- und Loyalitätspflichten, die bei der Konkretisierung der Treuepflicht helfen können siehe Abeltshauser, 161 ff. und 334 ff.; Ziemons, 145 f. 846 Siehe oben § 4,1. Teil, C II 3c.

wahrgenommen hat, insbesondere wenn sie mit Wirkung für das abhängige Unter­ nehmen Geschäfte abschließt847.

d) Ergebnis

Die Konzemmutter kann prinzipiell auch als Täter im Rahmen der Geschäfts­ führerhaftung nach § 43 II GmbHG haften. Das ist zum einen dann möglich, wenn der ordnungsgemäße Geschäftsführer der abhängigen GmbH nur ein „Strohmann“ des herrschenden Unternehmens ist, wenn also in Wirklichkeit die gesamte Unter­ nehmensführung von der Mutter durchgeführt wird und der Geschäftsführer prak­ tisch nur „zum Unterschreiben“ gebraucht wird. Die Mutter kann zum anderen auch schadensersatzpflichtig werden, wenn sie nach Maßgabe der Normanwen­ dungslehre als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden kann und ihr deshalb die Rechtsfolgen der von ihr angemaßten Position als Geschäftsleitungsorgan zugerechnet werden können. 3. Schuldhafte Pflichtverletzung als Haftungsvoraussetzung für die Konzemmutter

Ist geklärt, daß das herrschende Unternehmen in einem Konzern sich unter bestimmten Umständen im Rahmen der Rechtsfolgenzuordnung wie ein Geschäfts­ führer der Tochter behandeln lassen muß, dann trifft es die Haftung aus § 43 II GmbHG nur unter den Bedingungen, unter welchen auch ein ordnungsgemäßer Geschäftsführer der betreffenden GmbH hätte haften müssen. Voraussetzung dafür ist also ein Schaden der Gesellschaft, der auf einer Handlung des Geschäftsführers beruht, die eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellt.

a) Verletzung der Geschäftsführerpflichten

Die Haftung des Mutterunternehmens im Konkurs der Tochter aus § 43 II GmbHG kommt damit nur in Frage, wenn das ihr als faktischer Geschäftsführer zurechen­ bare Verhalten ein Geschäftsführerpflichtverstoß darstellt. Der allgemeine Aus­ gangspunkt für dessen Beurteilung ist die Verpflichtung, bei der Leitung der Geschäfte der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Die Besonderheit dieser Generalklausel liegt darin, daß sie doppelfunktional ist, indem sie sowohl (allgemein) „objektive“ Verhaltens­ pflichten für den Geschäftsführer beinhaltet als auch gleichzeitig den Verschul­

847 So auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 1 b; siehe auch Scholz(-U.H. Schneider), §43, Rn. 15; keine Probleme ergeben sich mit der Vetretungsmacht der für die Tochter direkt handelnden Mutter; im Zweifel kann nämlich eine Duldungsvollmacht angenommen werden.

densmaßstab des Geschäftsführers festlegt848. Die Frage nach den konkreten Pflichten, deren Verletzung der Konzemmutter zugerechnet werden können muß, damit sie die Geschäftsführerhaftung tatsächlich treffen kann, und die Frage, unter welchen Umständen eine solche Verletzung auch schuldhaft ist, oder eventuell doch gerechtfertigt sein könnte, hat unmittelbare praktische Bedeutung für die Möglichkeit des Konkursverwalters, zur Vergrößerung der Haftungsmasse der in Konkurs gefallenen abhängigen GmbH im Rahmen des § 43 II GmbHG auf die Mutter zurückgreifen zu können. Welche objektiven Pflichten einem Geschäftsführer einer GmbH obliegen und damit auch der Konzemmutter als faktischen Geschäftsführer zugerechnet werden können, läßt sich pauschal nicht beantworten849. Generell wird davon ausgegangen, daß die Geschäftsführerpflicht die zur Verfolgung des Geschäftszwecks erforder­ lichen Entscheidungen umfaßt, insbesondere die Bestimmung und Entscheidung über den Einsatz und die Koordinierung von Unternehmensressourcen. Der Geschäftsführer hat dabei die Geschäfte in angemessenen Umfang so zweck­ fordernd wie möglich unter Berücksichtigung des Unternehmensinteresses zu führen850. Die damit allgemein umrissenen Pflichten, die den Geschäftsführer treffen, und deren Verletzung § 43 II GmbHG ahnden will, sind allerdings nahezu unüberschaubar vielfältig. Gleichwohl gibt es einige Handlungen, die problemlos als objektive Pflichtverstöße beurteilt werden können. Dazu gehören im wesent­ lichen Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften (z.B. gegen § 64 GmbHG und § 41 GmbHG, § 43 III GmbHG), Handlungen, die nicht in Übereinstimmung mit der Satzung stehen bzw. die Grenzen verletzen, die durch den Anstellungsvertrag gezogen sind851, oder auch die Nichtbeachtung von Geschäftsordnungen oder Gesellschafterbeschlüssen. Das bedeutet, wenn der Konzemmutter bestimmte Handlungen als faktischem Geschäftsführer zugerechnet werden können, die einen Gesetzesverstoß darstellen852, oder die nicht konform sind mit der Satzung der Gesellschaft etc., liegt zweifellos eine objektive Pflichtverletzung vor. Problema­ tisch sind deshalb in Wirklichkeit nur die Fälle, wo hinsichtlich einer Handlung ein objektiver Pflichtverstoß zu beurteilen ist, der im Rahmen des Ermessens des 848 Siehe Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 11; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 17; Krieger, in: RWS 8, 152; anders nur früher Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 6, der in § 43 I GmbHG nur einen Verschuldensmaßstab gesehen hat; die Unterschiede zwischen einem eingliedrigen und einem zweigliedrigen Verständnis des § 43 I GmbHG sind praktisch jedoch nicht relevant, so auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 11. 849 Beachte nun aber den Versuch Abeltshausers, im Rechtsvergleich mit dem U.S.-amerikanisehen Recht die dort entwickelten Fallgruppen der duty of care oder der duty of loyality auch im deutschen Recht wiederzufinden; so besonders: 49 ff., 268 ff., 271 ff. und 399 ff. Vgl. ebenfalls aus rechtsvergleichender Perspektive dazu Becker, in: FS Döllerer, 17 ff. 850 Statt aller Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 17 f.; Marsch-Bamer/Diekmann, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts III (GmbH), § 46, Rz. 6 ff. 851 Raiser, § 32, Rn. 58 f. 852 Das ganz typische Beispiel sind die Verletzungen des § 64 GmbHG, siehe dazu bereits oben § 4 I. Teil C.

Geschäftsleitungsorgans vorgenommen wurde. Damit geht es letztlich genau genommen um die Frage, welche Maßstäbe herangezogen werden können um zu beurteilen, wann die Ausübung dieses Ermessens in einen objektiven Pflichtver­ stoß umschlägt, wie also das unternehmerische Ermessen kontrolliert werden kann, ohne gleichzeitig die Freiheit in der Geschäftsführung zu stark einzuschränken. Es sind unterdessen mehrere Versuche unternommen worden, die einzelnen Geschäftsführerpflichten systematisch in Gruppen zusammenzufassen. Demnach gehören zu den typischen Pflichten, die ein Geschäftsleitungsorgan im Rahmen seines Ermessens zu beachten hat, etwa die Pflicht zur sorgfältigen Unter­ nehmensleitung, die Treuepflicht des Geschäftsführers853 oder die Verschwiegen­ heitspflicht854. Wenngleich der Katalog der Geschäftsführerpflichten offen ist, läßt sich dennoch feststellen, daß die bedeutendste Pflicht des Geschäftsführers in der Praxis die Pflicht einer fachlich einwandfreien, d.h. gesicherte betriebswirtschaft­ liche Erkenntnisse beachtenden Leitung des Unternehmens ist855. Dieser allge­ meine Schwerpunkt spiegelt sich besonders auch in Konzernen wider. Zwar kann der Konzemmutter als Adressat des § 43 II GmbHG theoretisch jede Pflichtverlet­ zung, die ein ordnungsgemäß bestellter Geschäftsführer begehen kann, ebenfalls zugerechnet werden, doch geht es bei den dem Mutterunternehmen zurechenbaren Verletzungen von Geschäftsführerpflichten immer um die (weitgehende) Einfluß­ nahme auf die Unternehmensleitung der abhängigen GmbH, insbesondere durch die Einflußnahme der Mutter auf die geschäftlichen Tätigkeiten und auf struktu­ relle Entscheidungen der Tochter. Das ergibt sich schon allein daraus, daß dies die typischen Instrumente sind, den Interessen der Konzemspitze in Bezug auf die Konzemglieder zur Durchsetzung zu verhelfen. Trotz aller Vielfalt der Pflichten, die einen Geschäftsführer im konkreten Fall treffen kann, obliegen dem Geschäftsführer einer abhängigen GmbH im Konzern keine konzernspezifischen Pflichten im Sinne von Pflichten, die nur deshalb entstehen, weil es sich bei der betreffenden GmbH gerade um ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern handelt. Denn die Frage nach den objektiven Geschäftsführerpflichten, deren Verletzung für § 43 II GmbHG eine Bedeutung erlangt, beantwortet sich immer nur im Hinblick auf die konkret betroffene GmbH, nicht aber in Bezug auf einen Unternehmensverbund, in dem diese eingebunden sein mag. Die mitunter diskutierte Pflicht einer ordnungsgemäßen Konzem­ leitung856 bezieht sich hingegen nur auf den Geschäftsleiter der Muttergesellschaft. 853 Dieser Bereich spielt bei den Eingriffen des herrschenden Unternehmens in die Geschäfts­ führung des abhängigen Konzernunternehmens eine besonders überragende Rolle. Sie wird bekanntlich als Grundlage des GmbH-Konzernrechts betrachtet und soll deshalb auch in diesem Zusammenhang eingehend erörtert werden; § 5 II1. 854 Siehe etwa Raiser, § 32, Rn. 60: 6 Gruppen; Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 35, Rn. 16 ff.: 5 Gruppen; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 42 ff.: 4 Gruppen. 855 Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 14; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 70 ff. 856 Siehe etwa Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 43 und 65; U.H. Schneider, BB 1981, 249; Hommelhoff, Konzemleitungspflicht, 69 ff., 236 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 37, Rn. 6; aus

Im Zusammenhang mit der Führung der Geschäfte der abhängigen GmbH spielt dieser Aspekt keine Rolle. Aufgrund dieser Vielzahl und der Individualität der in Betracht kommenden objektiven Pflichtverletzungen ist es ex post außerordentlich schwierig zu beurtei­ len, ob ein bestimmtes Tun oder Unterlassen, das im Rahmen des unternehme­ rischen Ermessens des Geschäftsführers erfolgt ist, als Verletzung von Organ­ pflichten zu qualifizieren ist. Nach verbreiteter Ansicht entscheidet sich diese Frage deshalb erst auf der Tatsachenebene im Prozeß im Rahmen der Beweis­ fragen857. b)

Verschuldensmaßstab

Die Haftung aus § 43 II GmbHG ist eine Verschuldenshaftung. Hat man also eine objektive Pflichtverletzung ausmachen können, die der Mutter als faktischem Geschäftsführer zugerechnet werden kann, so tritt die Schadensersatzhaftung der Konzemmutter jedoch nicht ein, wenn das betreffende Verhalten zwar objektiv eine Verletzung der einem Geschäftsführer obliegenden Pflicht darstellt, gleich­ wohl aber der Sorgfalt entsprochen hat, die ein gedachter ordentlicher Ge­ schäftsmann als Geschäftsführer der Gesellschaft hinsichtlich der fraglichen Maßnahme unter denselben Umständen auch ergriffen hätte und dennoch zum Nachteil der Gesellschaft ausschlägt und einen Schaden verursacht858. Der dafür maßgebende Sorgfaltsstandard des ordentlichen Geschäftsführers wird als ein objektiver Mindestmaßstab verstanden, der einer normativen Bewertung bedarf859. Bislang haben es die Rechtsprechung und Lehre allerdings nicht vermocht, der Generalklausel handhabbare Konturen zu geben, die es zum Zwecke der Rechts­ klarheit und Rechtssicherheit im voraus erkennbar machen würden, bei welchem konkreten Verhalten des Geschäftsführers die Rechtsfolge des § 43 II GmbHG eintreten wird. Eindeutig ist allerdings, daß der Maßstab für ein ordentliches Geschäftsführerverhalten sich nicht allein darauf beschränken darf, die Überein­ stimmung eines bestimmten Geschäftsführerhandelns mit dem Handeln eines sorg­ fältigen Geschäftsleiters ex post am wirtschaftlichen Erfolg zu messen860. Denn jede Geschäftsführungsmaßnahme ist prinzipiell eine Ermessensentscheidung, bei der sich das Risiko des Fehlschlages genauso einstellen kann wie der Erfolg. Würde man aus dem Umstand, daß sich nachträglich erweist, eine bestimmte betriebswirtschaftlicher Sicht Theisen, 203 ff. Zu den (vielfältigen) Problemen einer Konzem­ leitungspflicht aus betriebswirtschaftlicher Sicht siehe Scheffler, in: FS Goerdeler, 469 ff; kritisch dagegen etwa Abeltshauser, 44 ff. m.w.N. 857 Dazu unten c); siehe an dieser Stelle Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 66; Lutter/ Hommelhoff, §43, Rn. 21; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 24; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 167 ff ; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 43, Rn. 44 f. 858 vgl. Mestmäcker, 213. 859 Siehe nur Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 165. 860 So ganz deutlich Mestmäcker, 213.

Maßnahme sei für die Gesellschaft nachteilig gewesen, den Rückschluß ziehen, es habe ein Handeln vorgelegen, das in dieser Form von einem ordentlichen Geschäftsführer nicht vorgenommen worden wäre861, bürdete man dem Ge­ schäftsleitungsorgan praktisch eine Erfolgshaftung für die getroffene unterneh­ merische Maßnahme auf. Damit ginge aber einher, die für die Unternehmens­ leitung unerläßliche Entscheidungsfreiheit über Gebühr zu verkürzen, denn dann würde jeder Geschäftsführer ständig unter einem „Rechtfertigungszwang“ ste­ hen862, der von der eigentlichen Aufgabe ablenkt, das Unternehmen verantwor­ tungsbewußt zu leiten863. Dies wiederum würde aber dazu führen, daß - generell betrachtet - eine grundsätzlich auf Innovation hinzielende, und deshalb mit Risiken verbundene Führung von Unternehmen wegen der Haftungsandrohung unattraktiver würde und deshalb zurückginge. Deshalb darf eine bestimmte Maßnahme der Geschäftsführung überhaupt nur dann eine Haftung auslösen, wenn vom Zeitpunkt der Handlung aus gesehen die Handlung so von einem ordentlichen Geschäftsführer nicht durchgeführt worden wäre864. Damit wird ein zweiter Kern­ aspekt des Verschuldensmaßstab deutlich: Als Vergleichsmaßstab für pflichtge­ mäßes Handeln darf nicht ein idealer Geschäftsführer mit ex post-Wissen herange­ zogen werden, sondern der betreffende Geschäftsführer braucht sich nachträglich nur daran messen zu lassen, wie ein gedachter, ordentlicher Geschäftsführer an seiner Stelle zur selben Zeit gehandelt hätte. Persönliche Eigenschaften des Geschäftsführers zählen dabei mit Ausnahme von besonderen individuellen Fähig­ keiten allerdings nicht865. Auch die subjektive Vorstellung des Geschäftsführers zum Zeitpunkt der Handlung, diese werde sich für das Unternehmen günstig auswirken, ist nur dann haftungsausschließend, wenn auch ein ordentlicher Geschäftsführer bei derselben Informationslage, d.h. bei den tatsächlich vorliegen­ den und den erreichbaren Informationen, denselben Eindruck von dem Geschäft gehabt hätte866. Der Verschuldensmaßstab geht damit über die bloße Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes oder die Sorgfalt, die der Geschäftsführer in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 708 BGB)867, hinaus und wird üblicher­ 861 Im Strafrecht wird diese Problematik im Hinblick auf den Untreue-Tatbestand unter dem Stichwort des „erlaubten Risikos“ diskutiert: siehe Hillenkamp, NStZ 1981, 161; Tiedemann, KTS 1984, 547. 862 So KK(-Mertens), § 93, Rn. 103. 863 Goette, ZGR 1995,671. 864 Ähnlich auch Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 81. 865 Also auch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Spezialwissen, siehe Scholz (-U.H. Schneider), §43, Rn. 165; Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 10; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 17; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 56; siehe auch BGH NJW 1983, 1857. 866 Damit liegt hier ein ganz großer Unterschied zur amerikanischen business judgement rule. Dort kommt es bei der subjektiven Seite nur auf die Sichtweise des Geschäftsführers an; kann dieser im Streitfall nachweisen, daß er gutgläubig diese Maßnahme getroffen hat, ist es irrelevant, ob ein gedachter ordentlicher Geschäftsführer eine entsprechende Prognose getroffen hätte. 867 Dazu Thöni, GmbHR 1989, 187, der diesen Maßstab auf die Geschäftsführerhaftung anwenden will; dagegen aber zutreffend: Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 46.

weise umschrieben als der Standard, den eine Person in leitender Stellung des Verwalters eines fremden Vermögens868 oder als eines selbständigen, treuhänderi­ schen Verwalters fremder Vermögensinteressen setzt869. Freilich ist der so gekenn­ zeichnete Sorgfaltspflichtenmaßstab ebenso wenig rechtlich aussagekräftig bzw. vorhersehbar wie die gesetzliche Formulierung. bb) Zum Teil wird daher versucht, die Weite des Verschuldensmaßstabs durch (widerlegliche) Vermutungen einzugrenzen, die dann eingreifen, wenn zumindest besonders auffällige Abweichungen eines präsumtiven Normalverhaltens eintreten. So könnte man beispielsweise annehmen, daß eine schuldhafte Verletzung der Geschäftsführerpflicht jedenfalls dann vorliegt, wenn sich der Geschäftsführer bei einem Geschäft, das ein bestimmtes Volumen übersteigt, oder bei nicht unbedeu­ tenden Umstrukturierungsmaßnahmen nicht zuvor durch (dokumentierbaren) fachmännischen externen Rat, etwa durch Wirtschaftsberater oder Wirtschaftsjuri­ sten, abgesichert hat. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß es zu einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung gehört, Informationen dort zu ergänzen, wo diese bezüglich der angestrebten Maßnahme nicht ausreichend sind870. Aller­ dings dürfte man mit solchen oder mit ähnlichen Vermutungen - wenn überhaupt allenfalls nur Randbereiche abdecken können. Unabhängig davon, daß man mit dem Aufstellen solcher Vermutungen nur schwer zu rechtfertigende Grenzen des unternehmerischen Ermessensspielraumes eines jeden Geschäftsführers zieht, werden die jeweiligen Generalisierungen in den meisten Fällen tatsächlich nicht viel weiterhelfen. Denn auch sie haben letztlich damit zu kämpfen, daß eine Vielzahl von Fällen nur durch eine entsprechende Weite des Tatbestandes erfaßt werden kann, was allerdings dann wiederum zu einer Unschärfe der Kriterien führt. Um bei den obigen Beispielen zu bleiben, dürfte es sich etwa als sehr problematisch herausstellen, welchen Wert man als Grenze annehmen wollte, um die Vermutung eingreifen zu lassen, daß ein Unterlassen des Einholens von Fach­ wissen eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellt. Ebenso schwierig ist es Krite­ rien zu finden, um bei Umstrukturierungsmaßnahmen beurteilen zu können, ab wann externer Rat hätte hinzugezogen werden müssen, so daß im entsprechenden Fall einfach die Vermutung des Verschuldens eingreifen könnte. Und selbst wenn man all diese Bedenken für nicht ausschlaggebend halten sollte, müßte man jeden­ falls die entsprechenden Vermutungen ohnehin widerleglich ausgestalten. Denn das betreffende Organ muß die Möglichkeit haben zu zeigen, daß bei seinem Handeln ausnahmsweise doch die entsprechende Sorgfalt gewahrt worden ist, etwa weil eine bestimmte Maßnahme so schnell getroffen werden mußte, daß externer Rat in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erlangt werden konnte, so daß auch 868 OLG Bremen, GmbHR 1964,9. 869 OLG Koblenz, GmbHR 1991, 417; OLG Düsseldorf, GmbHR 1995, 227; Lutter/ Hommelhoff, § 43, Rn. 17; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 5; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 32; Meyer-Landrut, § 43, Rn. 10. 870 Vgl. KK(-Mertens), § 93, Rn. 29; Bastuck, 69.

ein ordentlicher Geschäftsführer unter den Umständen die Handlung ohne Absi­ cherung durch Fachwissen vorgenommen hätte. Wenn man die Vermutungen aber widerleglich ausgestaltet, dann ist man im Ergebnis wieder bei der allgemeinen Situation, daß der Geschäftsführer die Darlegungs- und Beweislast für das ordnungsgemäße Verhalten trifft, und hat somit kaum etwas gewonnen.

cc) In dem Bemühen, einen Sorgfaltsmaßstab zu gewinnen, der möglichst scharfe Konturen hat, wird der Blick immer häufiger auch auf die sogenannte business judgement rule des US-amerikanischen Rechts gerichtet871. Vereinfacht gesagt, basiert sie darauf, daß die in ihr vorgegebene Prüfung der vom Geschäftsführer beachteten Sorgfalt auf zwei Stufen stattfindet. Auf der ersten Stufe wird geprüft, ob der Geschäftsführer die fragliche unternehmerische Entscheidung in gutem Glauben getroffen hat, daß diese Maßnahme ordentlicher Geschäftsführung entspricht. Liegen zudem bestimmte Bedingungen kumulativ vor, so wird allein deshalb schon unterstellt, der Geschäftsführer habe seiner Sorgfaltspflicht genügt: Das ist dann der Fall, wenn er kein eigenes relevantes Vermögensinteresse an der fraglichen Maßnahme gehabt hat, wenn er sich hinreichend informiert und die Möglichkeiten, die ihm hinsichtlich des verfolgten Zieles an Maßnahmen zur Verfügung stehen, ausreichend geprüft hat, wenn die Maßnahme, die er ergriffen hat, nicht aus einer ex ante Sicht vollständig widersinnig gewesen ist, und wenn er schließlich subjektiv gutgläubig davon ausgegangen war, daß er im besten Unter­ nehmensinteresse handelt872. Liegt aber schon eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so findet die Prüfung auf der zweiten Stufe statt. Die Schadensersatzpflicht tritt für den Geschäftsführer danach jedenfalls dann nicht ein, wenn der Geschäfts­ führer erstens objektiv mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gehandelt hat und zweitens subjektiv in dem besten Glauben war, im Interesse des Unternehmens gehandelt zu haben873. Unabhängig von den bestehenden methodischen Bedenken aus rechtsverglei­ chender Sicht im Hinblick auf die Verwendbarkeit der business judgement rule als Vorbild bzw. Vergleichsmaßstab für das deutsche Gesellschaftsrecht874 läßt bereits 871 Siehe Hopt, in: FS Mestmäcker, 918 ff.; Westermann, Beilage zu VersR 1992 (Karlsruher Forum), 15 und 19 f.; v. Samson-Himmelstjerna, ZVglRWiss 89 (1990), 298 f.; Abeltshauser, 130 ff. 872 Hopt, in: FS Mestmäcker, 920 unter Verweis auf §4.01 (c) American Law Institute: „A director or officer who makes a business judgement in good faith fulfills the duty under this Section if the director or the ofßcer: (1) is not interested in the subject of the business judgement (2) is informed with respect to the subject of the business judgement to the extent the director or ofßcer reasonabley believes to be appropriate under the circumstances; and (3) rationally believes that the business judgement is in the best ofthe Corporation^ 873 Hopt, in: FS Mestmäcker, 920. 874 Insoweit geht es um die jeder rechtsvergleichenden Übernahme eines Instruments vorge­ schaltete Frage nach der Vergleichbarkeit der Rahmenbedingungen; zu Recht weist Hopt deshalb darauf hin, daß schon aus methodischen Gründen die Übernahme der business Judgement rule in

diese knappe Skizze der Kriterien, die die business judgement rule zur Verfügung stellt, um sorgfältiges Geschäftsführerverhalten zu ermitteln, erkennen, daß sie für die hier interessierende Problematik der Übernahme der Geschäftsführung durch das herrschende Konzernunternehmen keine Lösung bietet. Betrachtet man nämlich die Konzemmutter und hält den Maßstab der business judgement rule an ein beliebiges Verhalten, das ihr als Geschäftsführertätigkeit zugerechnet werden kann, so würde das für die Bejahung der ersten Stufe maßgebliche einwandfreie Verhalten stets ausscheiden und der Test auf der zweiten Stufe weitergehen. Denn die Involvierung der Mutter in die Geschäftsführung der Tochter ist geradezu definitionsgemäß immer von einem eigenen relevanten Vermögensinteresse875 getragen. Die Kriterien auf der zweiten Stufe, die dann für die Beurteilung des Verhaltens des (faktischen) Geschäftsführers eingreifen, sind im Ergebnis aber kongruent zu den auch im deutschen Recht herangezogenen Kriterien. Insoweit könnte die business judgement rule zwar möglicherweise dort weiterhelfen, wo es sich um einen ordnungsgemäßen Geschäftsführer einer GmbH handelt, doch in dem hier interessierenden Fall, wo die Geschäftsführungsmaßnahme stets mit einem erheblichen Eigeninteresse des Inhabers der Organstellung verbunden ist, kommt man mit den Kriterien des US-amerikanischen Rechts an dieselben Grenzen, die auch von den Kriterien, die das deutsche Recht zur Verfügung stellt, gezogen werden.

dd) Im Hinblick darauf, daß bislang jeder Versuch gescheitert ist, im vorhinein Kriterien festzulegen, anhand derer ein schuldhafter Sorgfaltspflichtverstoß ange­ nommen werden kann, sollte der Versuch, den Sorgfaltsmaßstab des „ordentlichen Geschäftsmannes“ im Sinne eines im vorhinein bestehenden tatbestandsausfüllen­ den Merkmals zu definieren, aufgegeben werden. Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Fallkonstellationen und Aspekte, die bei der Frage, ob eine bestimmte Handlung im Einzelfall sorgfältig gewesen ist oder nicht, eine Rolle spielen, wie etwa Größe und der Zuschnitt des Unternehmens oder die (besonderen) wirtschaft­ lichen Rahmenbedingungen876, wird es im Ergebnis auch gar nicht gelingen das deutsche Recht nicht ohne weiteres möglich sei. Aufgrund bestimmter Umstände sind die rechtsvergleichenden Grundlagen nämlich nicht gegeben, die eine einfache Übertragung des Rechtsinstituts von einem Rechtssystem in eine anderes rechtfertigt (vgl. auch v. SamsonHimmelstjerna, ZVglRWiss 89 (1990), 303 ff.). Dazu gehört in erster Linie die der business judgement rule zugrunde liegenden, im Vergleich zum deutschen Recht völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts. Um nur ein markantes Beispiel hervorzuheben: Anders als im deutschen Recht wird im Zusammenhang mit der business Judge­ ment rule prima facie davon ausgegangen wird, daß der Geschäftsführer grundsätzlich ordnungs­ gemäß gehandelt hat (Hopt, in: FS Mestmäcker, 920 ; Westermann, Karlsruher Forum (1992), 18 f.). 875 Dieses kann auch durchaus darin bestehen, daß bei dem betreffenden Unternehmen eine vermögensmäßig nachteilige Maßnahme ergriffen wird, um damit Interessen der Mutter in anderen Unternehmen zu fördern; vgl. insoweit KK(-Mertens), § 93, Rn. 103. 876 Raiser, § 32, Rn. 65; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 17.

können, eine begriffliche Näherung an das Merkmal des ordentlichen Geschäfts­ führers zu erreichen, der weniger konturlos ist als die gesetzliche Formulierung. Der Grund dafür liegt darin, daß es sich bei dem Maßstab für Sorgfaltspflichten von der Struktur her notwendigerweise um einen für jeden Einzelfall offenen Tatbestand handeln muß. Ein Blick in die Entstehungsgeschichte und die damit verwobene Diskussion von Geschäftsleiterhaftungsregeln zeigt ganz deutlich die Gefahr eines präziseren Tatbestandes: Es ist immer wieder hervorgehoben worden, daß nur bei der Möglichkeit, im Schadensfälle die Sorgfalt individuell auf den Einzelfall abzustellen, gewährleistet werden kann, daß die Geschäftsleitungsorgane verantwortungsfreudig handeln und ihnen nicht Jeder Mut zur Tat“ genommen wird877. Denn schlimmstenfalls haben sie dann immer noch die Chance, sich mit den besonderen Umständen ihres Einzelfalls entlasten zu können. Besonders klar wird dies im Zusammenhang mit der Haftung beim sog. „Risikogeschäft“878. Da jedes unternehmerische Handeln risikobehaftet ist879 und gerade innovative Geschäfte zwar gesamtwirtschaftlich wünschenswert sind, aber gleichzeitig mit einem potentiell höheren Risiko verbunden sind als andere Geschäfte, ist es wichtig, einen offenen Maßstab zu haben, mit dem jenseits der eindeutig gelager­ ten Einzelfalle880 individuell die Grenze gezogen werden kann zwischen einem „erlaubten“ und einem pflichtwidrigen Risiko881. So kann etwa eine Maßnahme schuldhaft pflichtwidrig sein, wenn der Ertrag der Handlung im Verhältnis des damit eingegangenen Risikos nur gering ist; anders herum könnte ein verhältnis­ mäßig geringes Risiko für einen in Aussicht genommenen sehr günstigen Ertrag der Maßnahme auch dann schuldhaft pflichtwidrig sein, wenn damit z.B. dennoch die Möglichkeit besteht, die Existenz des Unternehmens zu gefährden. Wenn man aber aufgrund der notwendigen Offenheit bereit ist hinzunehmen, daß es keine genau konturierten, für den einzelnen Geschäftsführer im voraus

877 Schubert/Hommelhoff, 432, 492 ff., 507 f.; amtliche Begründung zu § 84 AktG (1937), Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1937, Nr. 28, 4; vgl. auch die bei Schubert, 142 f. dargestellte Diskussion um die Erfolgshaftung. 878 Dazu siehe etwa Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 15; Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 10; Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 80 f.; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 16; MeyerLandrut, § 43, Rn. 13; vgl. auch Ebenroth/Lange, GmbHR 1992,72 879 Vgl. die Betonung dieses Umstandes für die rechtlichen Folgen bei KK(-Mertens), § 93, Rn. 103; v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 52 f. 880 So etwa, wenn das der Mutter als Geschäftsführerhandeln zuzurechnende Verhalten darin bestanden hat, Waren auf Kredit an ein unbekanntes Unternehmen zu verkaufen, ohne vorher dessen Bonität geprüft zu haben und ohne die Gesellschaft hinreichend zu sichern (BGH GmbHR 1986, 303 dazu Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 10), oder wenn an einem anderen Unternehmen eine Beteiligung vorgenommen wird, ohne daß die Finanzierung dieses Unternehmens gesichert ist bzw. noch völlig offen ist (vgl. BGHZ 69,207, 213 ff.). 881 Diese Problematik ist zunächst im Untreue-Strafrecht diskutiert worden; vgl. Hillenkamp, NStZ 1981, 161; Rowedder(-Koppensteiner), §43, Rn. 16; Hachenburg(-Mertens), §43, Rn. 32; Scholz(-U.H. Schneider); § 43, Rn. 78 ff.

erkennbaren Maßstäbe für das Geschäftsführerhandeln gibt882, sondern daß diese im Einzelfall erst ex post konkretisiert werden müssen, bedeutet das praktisch nichts anderes als daß die Frage nach der schuldhaften Pflichtverletzung von der materiell-rechtlichen auf die prozessuale Ebene verlagert wird883.

c) Prozessualer Ansatz

Eine solche Verlagerung auf den Prozeß hat zur Folge, daß genau wie der Umstand, ob eine objektive Pflichtverletzung überhaupt vorliegt884, auch die mate­ riell-rechtliche Frage der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Ge­ schäftsführers schuldhaft pflichtwidrig war, zu einer Frage der Beweislast wird885. aa) Aufgrund der allgemeinen Regeln der Aufteilung der Beweislast nach Gefahrenkreisen und Beweisnähe886 wird im Geschäftsführerhaftungsprozeß der Grundsatz, daß jeder die für ihn günstigen Umstände zu beweisen hat887, zu Lasten des Geschäftsführers durchbrochen. Denn da die Pflichtverletzung aus seiner Sphäre stammt, hat grundsätzlich auch nur er Kenntnis über die für seine Entschei­ dung maßgeblichen Umstände und die damit zusammenhängenden objektiven und subjektiven Aspekte. So kann er regelmäßig darlegen, welche Entscheidung er genau getroffen hat, warum diese jedenfalls aus seiner damaligen Sicht gerechtfer­ tigt gewesen sei oder weswegen sonst sein Verhalten dem gesetzlichen Sorgfalts­ maßstab gerecht geworden sei, sowie ggf., daß der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich anders verhalten hätten888. Aufgrund dieses prinzipiell ausschließ­ lichen Zugriffs auf die relevanten Informationen ist eine Lage gegeben, die der entspricht, die § 93 II 2 AktG regelt. Da im GmbH-Recht eine entsprechende Vor­ schrift fehlt, ist nach allgemeiner Ansicht § 93 II 2 AktG im GmbH-Recht analog anzuwenden889. Dieser Gedanke der Beweisnähe des Organmitglieds gilt dabei nicht nur für den ordnungsgemäßen Geschäftsführer, sondern uneingeschränkt auch für den hier besonders interessierenden Fall der die ordentlichen Organe verdrängenden Perso­ 882 Das wird versucht, durch die Versicherbarkeit der Geschäftsführung zu kompensieren, siehe Krieger, RWS-Forum 8,165 f.; Scholz(-U.H. Schneider); § 43, Rn. 271 f.; vgl. zudem Hucke, DB 1996,2267 ff. 883 Ähnlich Goette, ZGR 1995, 649. Vgl. auch Meyke, ZIP 1998, 1179 ff. 884 Siehe oben a). 885 Dazu vgl. nun auch Fleck, GmbHR 1997, 237 ff. 886 Vgl. BGHZ 8, 239, 241; BGHZ 48, 311, 312; BGH NJW 1987, 1938, 1939; Baumgärtel, Rn. 163, 450-452; Palandt(-Heinrichs), § 282, Rn. 8 f.; vgl. auch MüKo BGB (-Emmerich), vor § 275, Rn. 343 ff. (insbes. 345); v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 41. 887 Siehe MüKo ZPO(-Prütting), § 286, Rn. 105 ff. 888 So, Goette, ZGR 1995, 672. 889 Siehe Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 24; Roth/Altmeppen(-Altmeppen), § 43, Rn. 44; Rowedder(-Koppensteiner), §43, Rn. 33; v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 42; Goette, ZGR 1995,671 ff; Heermann, ZIP 1998, 765.

nen, die als „Insider“ ebenso umfassend informiert sind wie die anderen Organmit­ glieder. Daher kann im Hinblick auf die Beweisnähe des herrschenden Unterneh­ mens, das die Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft zu Exekutivorganen seines Willens bzw. eines „Konzemwillens“ macht und damit den Gesellschaftern die Kontrollfunktion der treuhänderischen Organstellung entzieht, diesem auch die Beweislast für die Einhaltung der Sorgfaltspflicht auferlegt werden und so der Beweisnot, wie sie im Normalfall beim Konkursverwalter im Verhältnis zu den (faktischen) Geschäftsführern besteht, durch eine Beweislastumkehr zu deren Gunsten Rechnung getragen werden890.

bb) Obgleich dem Geschäftsleitungsorgan mehr Informationen über die Um­ stände, die zu seiner Meinungsbildung hinsichtlich der Maßnahme geführt haben, zur Verfügung stehen als dem Kläger, bedeutet die angeordnete Umkehr der Beweislast in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Härte für den Geschäfts­ führer. Daher ist die Reichweite der Beweislastumkehr zu Lasten des Geschäfts­ führers umstritten. Nach herrschender Meinung bezieht sich diese sowohl auf die objektive Pflicht­ verletzung als auch auf die subjektive Verantwortlichkeit891. Das bedeutet, daß der Konkursverwalter im Prozeß gegen das herrschende Unternehmen lediglich darzutun hat, daß der nunmehr in Konkurs gefallenen Gesellschaft ein Schaden entstanden ist und daß für diesen Schaden Handlungen oder Unterlassungen des Geschäftsführers ursächlich waren. In der Praxis ist dies deshalb verhältnismäßig einfach, weil ein in der Gesellschaft entstandener Schaden oft auf ein Handeln im Rahmen der Geschäftsleitung, jedenfalls fast immer auf das Unterlassen einer bestimmten Maßnahme zurückgeführt werden kann, welche, wäre sie erfolgt, den Schaden vereitelt hätte892. Die Konzemmutter als faktischer Geschäftsführer muß dem folgend allein aufgrund des Nachweises, daß der Schaden kausal auf der frag­ lichen Handlung beruht, Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, daß ihr Verhalten keinen objektiven Pflichtverstoß darstellt bzw. falls doch, daß sie sich dabei nicht schuldhaft verhalten hat. Dabei wird jedoch nicht selten unterschätzt, daß für das Geschäftsleitungsorgan das Dilemma besteht, daß es gerade an klaren Maßstäben dafür fehlt, wie dieser Beweis überhaupt zu führen ist. Entweder müßte der Geschäftsführer nämlich in der Lage sein, positiv zeigen zu können, was in dem speziellen Fall ein ordentliches Geschäftsführerver­ halten gewesen wäre und daß er von diesem nicht abgewichen ist. Diese Frage ist aber - von wenigen Ausnahmefallen abgesehen - in der Praxis nicht beantwortbar. Oder aber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs müßte dahingehend konkretisiert werden, ob ein gedachter, gewissenhafter Geschäftsführer mit den vorhandenen Informationen und denen, die zumutbar zu 890 Stein, 187. 891 Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 24; Scholz(-U.H. Schneider),§ 43, Rn. 148; v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 55. 892 Siehe Krieger, RWS-Forum 8,157.

besorgen gewesen wären, unter Abwägung aller dieser Fakten ebenso gehandelt hätte, wie im konkreten Fall gehandelt wurde. Die Beantwortung dieser Frage wäre aber ebenfalls unsicher, weil es auch bei dieser Variante letztlich darauf ankäme zu wissen, wie rechtmäßiges Alternativverhalten aussähe. Im Endeffekt fuhrt diese Form der Beweislastverteilung deshalb zu einer ganz erheblichen Haftungsverschärfung des Geschäftsführers, die praktisch in gefähr­ liche Nähe zu einer „Garantiehaftung“ für unternehmerischen Erfolg geraten könnte. Zum Teil wird zwar darauf hingewiesen, daß eine derartige scharfe Haftung den positiven Effekt haben kann, daß die Geschäftsführer mit besonderer Sorgfalt und mit größerem Engagement ihre treuhänderische Aufgabe der Verwaltung fremden Vermögens wahrnehmen. Doch ist es wahrscheinlich, daß derart erhöhte Haftungsrisiken auch gegenteilige Wirkungen erzielen. Sie beein­ trächtigen das unternehmerische Verhalten der Geschäftsführer, halten eventuell von (risikoreicherem) innovativem Verhalten ab und können schlimmstenfalls dazu führen, daß aufgrund der Furcht vor der Haftung geeignete Personen von der Übernahme von Geschäftsführungsposten absehen. Um diese unerwünschten Ergebnisse abzumildem, wird deshalb von einer Mindermeinung vertreten, daß sich die den Geschäftsführer treffende Beweis­ lastumkehr nur auf die Verschuldensfrage bezieht. Die objektive Pflichtverletzung des Geschäftsführers müsse danach der Konkursverwalter darlegen und bewei­ sen893. Für diese Ansicht streitet neben dem Gedanken, die Geschäftsführer nicht einem zu großen Rechtfertigungszwang auszusetzen, auch ein am Wortlaut in Verbindung mit dem Grundsatz der Beweislastverteilung orientiertes Verständnis des § 93 II 2 AktG. Knüpft man nämlich an die Grundregel der Beweislast an, daß derjenige, der einen auf die Verletzung von vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen gestützten Anspruch geltend macht, auch darlegen muß, welches die schuldhaft verletzte Pflicht ist894, kommt man dann zu einem anderen Ergebnis als die h.M., wenn man den Wortlaut des § 93 II 2 AktG genau betrachtet895. Diese Vorschrift unterscheidet nicht zwischen objektiver Pflichtverletzung und subjekti­ vem Verschulden, sondern trifft eine Beweislastregel allein für die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Daraus läßt sich folgern, daß diese Vorschrift als Ausnahmevorschrift eine Abweichung von den allgemeinen Regeln nur in so engem Rahmen wie möglich anordnet. Damit würde nur eine Umkehr der

893 Besonders Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 21; Meyer-Landrut, § 43, Rn. 15; Fleck, GmbHR 1974, 224; ders., EWiR 1985, 787. Der BGH hat sich auch in diesem Sinne geäußert, vgl. BGH WM 1992, 224; BGH DB 1985, 2291; wie Goette überzeugend gezeigt hat, handelt es sich dabei aber lediglich um obiter dicta, die nur mit Vorsicht als Beleg für eine Auffassung herangezogen werden können, Goette, ZGR 1995, 649 ff.; gegen eine solche Aufteilung der Beweislast auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), §43, Rn. 24; v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 55; Rowedder (-Koppensteiner), § 43, Rn. 33. 894 Goette, ZGR 1995,671 f.; vgl. allgemein Zöller(-Greger), vor § 274, Rn. 17. 895 Freis, AG 1960,296 ff.; Fleck, GmbHR 1974,224; Lutter/Hommelhoff, § 43, Rn. 21.

Beweislast hinsichtlich des Verschuldens, nicht aber in Bezug auf die objektive Pflichtverletzung vorgesehen sein896. Einer derartigen Auslegung ist jedoch nicht zu folgen, weil sie den Sinn und Zweck der Regelung der Beweislastumkehr in § 93 II 2 AktG übersieht. Jene ist nämlich im wesentlichen deshalb geschaffen worden, um der Gesellschaft und ihren Gläubigem aufgrund möglichst weitgehender Beweiserleichterungen über­ haupt eine realistische Möglichkeit der Regreßnahme gegen ein schuldhaft seine Pflichten verletzendes Geschäftsleitungsorgan zu ermöglichen897. Weil aber der Anspruchssteller in der Regel gerade nicht in der Lage ist, die dafür notwendigen Einzelheiten zu ermitteln und darzulegen898, ist dies nur möglich, wenn der IGeschäftsführer für die gesamten Umstände, die aus seiner Sphäre stammen, darle­ gungs- und ggf. beweispflichtig gemacht wird. Es wäre ferner zudem inkonse­ quent, vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle des Versagens der Geschäfts­ leitungsorgane bzw. deren Kontrolle auf der einen Seite zu Recht wieder vermehrt zu fordern, daß das bislang stumpfe Schwert der Schadensersatzpflicht der Ge­ schäftsleitungsorgane geschärft werde899, sich auf der anderen Seite aber einer wichtigen Möglichkeit dazu zu berauben. Stellt man beide Auffassungen zur Beweislast gegenüber, so vermögen sie letztlich beide aufgrund ihrer jeweiligen nachteiligen Wirkungen nicht voll zu überzeugen. Während der Weg einer vollständigen Beweislastumkehr hinsichtlich des Verhaltens und der Pflichtwidrigkeit negative Effekte in Bezug auf die Geschäftsführertätigkeit erwarten läßt, bürdet der andere Weg dem Konkursver­ walter die Beweislast für Tatsachen auf, die ihm wegen Informationsdefizits regel­ mäßig nicht zugänglich sind. Die gesetzliche Beweislastverteilung muß deshalb richtigerweise einerseits dem Interesse der Gesellschaft Rechnung tragen, daß diese bei der Anspruchsverfolgung nicht mit Darlegungspflichten überfordert wird. Es muß aber gleichzeitig dafür gesorgt werden, daß die Geschäftsführer ihren unternehmerischen Aufgaben nachgehen können, ohne jeden Schritt und jede Überlegung dokumentieren zu müssen, weil sie bei jedem unternehmerischen Miß­ erfolg sogleich einer „Quasi-Vermutung“ der Schadensersatzhaftung ausgesetzt und gezwungen sind, sich zu entlasten900. Ansatzpunkt einer Lösung liegt in dem früher vom Reichsgericht herangezoge­ nen und jüngst wieder in das allgemeine Bewußtsein zurückgerufenen Kriterium des „möglicherweise pflichtwidrigen Verhaltens“901. Goette hat in einer Untersu­ 896 So wohl Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 21; Meyer-Landrut, §43, Rn. 15; im Ergebnis ähnlich Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 24. 897 Siehe Goette, ZGR 1995, 672; Krieger, RWS-Forum 8, 158; v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 54 f. 898 Krieger, RWS-Forum 8, 158; Goette, ZGR 1995 668 ff. 899 Lutter, ZHR 159 (1995), 304 ff. 900 Krieger, RWS-Forum 8, 159. 901 Goette, ZGR 1995, 650 ff; Krieger, RWS-Forum 8, 159; Fleck, GmbHR 1997, 239; vgl. dazu auch Heermann, ZIP 1998, 766 f.

chung eindrucksvoll und überzeugend dargestellt, daß sich aus der Entstehungs­ geschichte der Regelung einer Beweislastumkehr bei der Haftung für Geschäfts­ leitungsorganpflichtverletzungen ergibt, daß die reichsgerichtliche Rechtsprechung aufgenommen werden sollte. Gleichzeitig ist die Beweislastumkehr in der Tradi­ tion früherer gesetzlicher Initiativen zu sehen, welche sie nicht allein auf das Verschulden des Geschäftsführungsorgans, sondern auch auf die objektive Pflichtwidrigkeit bezogen haben, sobald derjenige, der den Anspruch geltend macht, dessen Verursachung durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des betreffenden Organs vorgebracht hat902. Dieser Kompromiß ist Resultat einer Abwägung zwischen einer Erfolgshaftung des Geschäftsleitungsorgans zumindest im Fall des Zusammenbruchs der Gesellschaft und dem Versuch, ohne die Geschäftsführer völlig von der Übernahme der Aufgaben zu verschrecken, dennoch eine hinreichende Verschärfung der Haftung zu erreichen903. Er über­ zeugt, weil er sowohl die Nähe des Geschäftsführers an den für den Beweis notwendigen Umständen als auch die Notwendigkeit, die Haftung für den Ge­ schäftsführer nicht zu einer Art Garantiehaftung werden zu lassen, hinreichend berücksichtigt. Das Erfordernis der Darlegung, daß der Schaden auf einem „mögli­ cherweise pflichtwidrigen“ Verhalten beruht, stellt auch kein unbilliges Erfordernis an den Konkursverwalter dar. Denn es dürfte ihm aufgrund seiner Verwaltertätig­ keit bei dem mittlerweile bankrotten Unternehmen keine unverhältnismäßigen Schwierigkeiten machen, an Informationen zu gelangen, die es ihm ermöglichen, jedenfalls festzustellen, daß der Schaden auf einem „möglicherweise pflichtwid­ rigen“ Handeln des Geschäftsführungsorgans beruht hat904.

cc) Die praktische Bedeutung der Obliegenheit des Konkursverwalters darzutun oder zumindest zu behaupten905, daß der Schaden auf einem möglicherweise bestehenden Pflichtverstoß basiert, zeigt sich erst vollständig, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Behauptungs-, Darlegungs- und Beweislast im Prozeß in einem engen Zusammenhang mit den Regeln der Substantiierung des Vortrags stehen906. Danach kann sich die von vornherein bestehende Darlegungslast einer Partei um das Maß erweitern, in welchem sich die andere Partei einläßt. Oder andersherum ausgedrückt gilt; je weniger eine Partei vorbringt, desto geringer sind

902 Goette, ZGR 1995, 658 f. und 668 ff. 903 Vgl. Schubert, 492 ff. 904 Insoweit hat der Konkursverwalter einen nicht ganz unerheblichen Vorteil gegenüber Gläubigem oder der Gesellschaft als solcher, die gegen das Geschäftsleitungsorgan vorgehen wollen. Die notwendigen Informationen können diese dann allerdings im gewissen Umfang auch im Rahmen des § 254 ZPO erhalten. 905 Anders wohl Goette, der in jedem Fall verlangt, daß der Anspruchssteller die Umstände, die eine möglicherweise bestehende Pflichtwidrigkeit belegen, auch darstellt, ZGR 1995, 673 f., vgl. aber auch 674 am Ende vor V. 906 Vgl. dazu BGH NJW 1984,2889; BGHZ 122, 123, 132 f.; vgl. auch Stümer, JZ 1985, 185; Hansen, JuS 1991, 590.

die Anforderungen an die prozessuale Entgegnung. Wenn man diese Idee als Grundlage nimmt für eine Lösung des im Zusammenhang mit der Beweislast des Geschäftsführers bestehenden Dilemmas, nicht genau wissen zu können, was vorgetragen werden muß, um einer Darlegungs- und ggf. einer Beweispflicht in ausreichendem Maße nachzukommen907, hieße das, daß die im GmbH-Recht aus § 93 II 2 AktG abgeleitete Regel über die Darlegungs- und Beweislast sich immer individuell an dem orientieren muß, was die andere Partei vorgebracht hat908. Konkreter bedeutet das, daß der Geschäftsführer nur insoweit darzulegen und ggf. zu beweisen braucht, daß ihn die Pflichtverletzung und die subjektive Verantwort­ lichkeit nicht trifft, wie ihm von der gegnerischen Seite eine Vorgabe gemacht wurde. Damit käme man zu einer abgestuften Darlegungslast, die der BGH mittlerweile offensichtlich auch im Recht des qualifizierten faktischen GmbHKonzerns vertritt909. Der Konkursverwalter kann sich danach darauf beschränken, die anspruchsbegründende Tatsache zu behaupten, ohne sie im einzelnen substan­ tiiert darlegen zu müssen. Für den Geschäftsführer besteht dann hinsichtlich dieser Behauptungen die Darlegungs- und Beweislast. Falls er sich insoweit nur auf ein Bestreiten beschränkt, gilt der Vortrag des Konkursverwalters als zugestanden (§ 138 III ZPO)910. Allerdings kommt auch dem Geschäftsführer die Substantiierungsregel zugute. Kommt der Konkursverwalter seiner Behauptungslast nämlich nur ganz pauschal nach, indem er etwa lediglich schlicht einen Umstand behauptet, der für eine möglicherweise bestehende Pflichtverletzung des Geschäftsführungs­ organs sprechen könnte, so kann der Geschäftsführer dem auch auf einem niedrige­ ren Niveau entgegnen als beispielsweise dann, wenn der Konkursverwalter ihm detailliert eine Pflichtverletzung dargelegt hat. Der Konkursverwalter braucht indes seine Behauptung dann nicht weiter zu substantiieren, wenn bereits die Art des Schadens darauf hinweist, daß dieser seine Wurzeln in einem Handeln oder Unter­ lassen des Geschäftsführers haben muß911. Die typischen Fälle sind insoweit der erhebliche Kassen- oder Warenfehlbestand912. Bei diesem Vorgehen ist es also nicht notwendig, daß der Konkursverwalter dartut und ggf. beweisen muß, daß der Geschäftsführer eine objektive Pflichtver­ letzung oder einen subjektiven Sorgfaltspflichtverstoß begangen hat. Gleichzeitig werden dem Geschäftsführer aber gewissermaßen Kriterien an die Hand gegeben, aufgrund derer er seine Darlegungs- und Beweispflicht konkretisieren kann. Das bedeutet, daß der Geschäftsführer umso exakter darlegen muß, warum sein Handeln keine schuldhafte Pflichtverletzung darstellt, je genauer der Konkursver­ 907 Vgl. die ganz ähnliche Situation im Wettbewerbsrecht: Lutter, JZ 1993, 581. 908 In diesem Sinne nunmehr wohl auch Mertens/Stein, § 43, Rn. 67. 909 Dazu unten § 5 III. 3. c. 910 So fiir die Haftung im qualifizierten faktischen Konzern Weigl, 144 im Anschluß an BGHZ 122, 123, 132 f.; vgl. auch Heermann, ZIP 1998, 767 f. 911 Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 33; Mertens/Stein, § 43, Rn. 67. 912 Dazu v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 46 ff.; siehe auch BGH WM 1985, 1293 f.; BGH WM 1983, 725 f.

walter behauptet, das Handeln stelle ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten dar. Mit dieser prozessualen Lösung würde sich für den Geschäftsführer die Situa­ tion insoweit verbessern, als ihn zwar weiterhin die Beweislast hinsichtlich des gesamten Pflichtverletzungskomplexes trifft, wobei er aber jedenfalls bezüglich dessen, was der Konkursverwalter im Prozeß im Hinblick auf seine mögliche Pflichtverletzung vorträgt, nur noch zu reagieren braucht. Wenngleich dieser Weg immer noch Unwägbarkeiten offen läßt, so stellt er im Ergebnis für die Praxis doch eine Verfeinerung der Methoden dar, die Probleme der Bestimmung der Haftungstatbestandsmerkmale des § 43 II GmbHG zu bewäl­ tigen. Mit ihm ist jedenfalls hinsichtlich der objektiven Pflichtverletzung weit­ gehend verzichtbar, einen von vornherein bestimmten Maßstab zur Verfügung zu haben. Gleichzeitig gereicht dem Beweispflichtigen im Prozeß dies nicht zum Nachteil, weil er sich bei seiner Darlegungs- und Beweislast daran orientieren kann, was ihm von der Gegenseite vorgegeben wird. Der Konkursverwalter kann damit beeinflussen, wie exakt der Geschäftsführer Tatsachen vortragen und ggf. beweisen muß. Die Mühe der Tatbestandskonkretisierung wird hiermit nicht nur einem auferlegt, sondern zwischen den Parteien geteilt. Auf der zivilprozessualen Ebene wird damit aus dem statischen Begriff des Pflichtenverstoßes eines Ge­ schäftsleitungsorgans ein dynamischer Begriff. Hinsichtlich des Verschuldens bleibt es allerdings dabei, daß das Organ der Geschäftsführung alle Umstände für sein Handeln aufdecken muß und das Gericht in freier Beweiswürdigung (§ 276 ZPO) - in der Regel unter Zuhilfenahme eines Gutachters - beurteilen muß, ob der Geschäftsführer im einzelnen schuldhaft gehandelt hat. Gerechtfertigt werden kann diese Härte für das Organ mit dem präventiven Effekt hinsichtlich einer verant­ wortungsvollen Geschäftsleitung und der Verpflichtung des Geschäftsleitungs­ organs, die ihm ex ante als wichtig erscheinenden Aspekte seiner Geschäftsfüh­ rungstätigkeit zu dokumentieren oder ggf. fachlich abzusichern. Exakt dies ist nämlich auch der Maßstab, der erforderlich wäre, um die Risiken der Haftung des Geschäftsführers zu versichern913. Damit wird dem Geschäftsführer im Rahmen der Geschäftsführerhaftung zwar eine erhebliche Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich seines Handelns aufgebürdet, doch kann er dem vorbeugen in dem Maße, indem er dies auch zu tun verpflichtet wäre, um seine Tätigkeit zu versi­ chern.

d) Zusammenfassung

Das Mutterunternehmen kann nur insoweit vom Konkursverwalter für Schäden haftbar gemacht werden, wie auch ein ordnungsgemäßer Geschäftsführer nach § 43 II GmbHG haften müßte. Neuralgischer Punkt ist die Bestimmung, unter welchen Umständen eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt. Eine objektive Pflichtver­ letzung ist aufgrund der Vielfalt und der Individualität der in Betracht kommenden 913 Zur Versicherbarkeit siehe oben Fußnote 309.

Möglichkeiten ex post immer dann praktisch nicht bestimmbar, wenn es sich um ein Tun oder Unterlassen im Rahmen unternehmerischen Ermessens handelt. Insoweit kann sich diese Frage erst auf der (prozessualen) Tatsachenebene entscheiden. Dasselbe muß auch für die Frage gelten, ob die Pflichtwidrigkeit schuldhaft begangen wurde oder ob nicht ein ordentlicher Geschäftsführer an der Stelle des tatsächlich Handelnden genauso gehandelt hätte. Alle Versuche, den konturlosen Verschuldensmaßstab zu schärfen, sind bislang gescheitert und werden notwendigerweise scheitern müssen, weil das Konzept des Verschuldensmaßstabs des § 43 I GmbHG gerade voraussetzt, daß eine individuelle Prüfung stattzufinden hat, die eine Generalisierung des Maßstabs verbietet. Nach § 93 II 2 AktG, der analog angewendet werden darf, trägt der Geschäftsführer, im hier interessierenden Fall also das herrschende Unternehmen, die Beweislast für den schuldhaften Pflichtenverstoß. Das gebietet der Grundsatz der Beweisnähe. Da aber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Pflichten und des Verschuldensmaß­ stabes dahingehend Unsicherheit besteht, was das herrschende Unternehmen über­ haupt vortragen muß, um seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen, besteht die Gefahr, daß die Geschäftsführerhaftung praktisch in eine Erfolgshaftung umschlägt. Um dem entgegenzusteuern ist dem Konkursverwalter aufzugeben, daß er zumindest darlegt, daß die Handlung die dem herrschenden Unternehmen zuge­ rechnet wird, möglicherweise pflichtwidrig war (Behauptungslast). Das herr­ schende Unternehmen braucht dann nur noch entsprechend substantiiert darzule­ gen, daß keine Pflichtwidrigkeit vorliegt.

4. Umfang des Schadensersatzes Der Konkursverwalter kann von der Muttergesellschaft nach § 43 II GmbHG den Schaden in die Masse ersetzt verlangen, der der Gesellschaft aufgrund der Pflichtwidrigkeit des Handelns entstanden ist914. Dazu gehören insbesondere auch entgangene Vorteile, die der Gesellschaft bei pflichtgemäßem Verhalten zugeflos­ sen wären915. Die Beweislast für den Schaden und den Kausalzusammenhang trägt der Konkursverwalter916. Durch die Einbindung der Muttergesellschaft in den Anwendungsbereich des § 43 GmbHG, sei es als Täter oder als Teilnehmer, bedarf es für den nicht selten auftretenden Fall, daß ein Geschäftsführer einer herrschenden GmbH durch sein Handeln die Tochter schädigt, nicht der sehr problematischen Konstruktion, daß der Schadensersatzanspruch der Mutter grundsätzlich durch Restitution oder

914 Scholz(-U.H. Schneider), § 43, Rn. 158 ff.; Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 20; Hachenburg(-Mertens), § 43, Rn. 60. 915 Siehe Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 13a. 916 Einhellige Meinung: BGH WM 1991, 101; BGH GmbHR 1992, 167; BGH GmbHR 1994, 459; Lutter/Hommelhoff, §43, Rn. 21; Roth/Alttneppen(-Alttneppen), §43, Rn. 44 f.; Scholz (-U.H. Schneider), § 43, Rn. 167 ff.

Kompensation zu erfüllen sei917. Für eine solche Verlagerung der Erfüllungspflicht gibt es keine gesetzliche Grundlage, und der Wertungsgesichtspunkt, der hinter diesem Versuch steht, den (mittelbaren) Einfluß auf das abhängige Unternehmen zu erfassen, ist kongruent zu dem, der auch dem hier vertretenen Weg der Einbe­ ziehung des Mutterunternehmens in den Anwendungsbreich des § 43 GmbHG zugrunde liegt. 5. Zusammenfassung Der Konkursverwalter kann die Haftungsmasse einer bankrotten abhängigen GmbH in einem Konzern dadurch vergrößern, daß er auf das herrschende Unter­ nehmen im Rahmen der Haftung für Geschäftsführungsfehler Rückgriff nimmt. Analysiert man die Möglichkeiten, die ihm diesbezüglich zur Verfügung stehen, läßt sich feststellen, daß insoweit ein erhebliches Potential eröffnet werden kann, weil der Einfluß des herrschenden Unternehmens auf das abhängige Unternehmen typischerweise über Eingriffe in die Geschäftsführungsangelegenheiten bzw. über diesbezügliche Vorgaben durchgesetzt wird. Zum einen kann die Mutter gesamt­ schuldnerisch mit dem ordnungsgemäßen Geschäftsführer schadensersatzpflichtig sein, wenn sie ihm direkt oder über den „Umweg“ über ein Schwesterunternehmen eine Weisung erteilt hat, deren Befolgung eine schuldhafte Pflichtverletzung dar­ stellt und der abhängigen GmbH einen Schaden zugefügt hat. Soweit die Mutter ein Gesellschafter der betreffenden anhängigen GmbH ist, gilt dies allerdings nur insoweit, als die Weisung rechtswidrig war oder nicht mehr anfechtbar ist; andern­ falls läßt eine Weisung eines Gesellschafters die Rechtswidrigkeit der Haupttat entfallen, so daß eine Teilnahme daran nicht mehr möglich ist. Das Mutterunter­ nehmen des Konzerns muß aber auch dann Schadensersatz in die Masse zahlen, wenn sie am Maßstab, den die Normanwendungslehre an die Hand gibt, als fakti­ scher Geschäftsführer qualifiziert werden kann. Soweit die Handlungen, die ihr insoweit zugerechnet werden können, auch bei einem ordnungsgemäßen Ge­ schäftsführer einen schuldhaften Pflichtenverstoß darstellen würden, muß sie sich die Rechtsfolgen dieser Handlungen zurechnen lassen. Die Frage, ob im konkreten Fall ein schuldhafter Pflichtenverstoß vorliegt, ist ex post nicht auf abstrakt-recht­ licher Ebene zu klären und muß sich deshalb stets auf prozessualer Ebene mit Hilfe der Beweislastregeln entscheiden. Dabei trägt das herrschende Unternehmen sowohl für die objektive Pflichtverletzung als auch für das Verschulden die Darle­ gungs- und Beweislast. Allerdings relativiert sich diese Situation insoweit als der Konkursverwalter darlegen muß, daß das Verhalten, das der Mutter zugerechnet wird, möglicherweise pflichtwidrig gewesen ist (Darlegungslast). Auf diese „Vorgabe“ braucht das herrschende Unternehmen dann nur noch in dem Rahmen zu reagieren, der ihr durch die Substantiierungsregeln vorgegeben ist.

917 So Baumbach/Hueck(-Zöllner), § 43, Rn. 13a.

6.

Insbesondere die Haftung wegen Vermögensvermischung

a) Einleitung Im Zusammenhang mit der Geschäftsführerhaftung ist auch auf die Haftung der Konzemmutter wegen sogenannter „Vermögensvermischung“ einzugehen. Nach allgemeinem Verständnis liegt eine solche dann vor, wenn Vermögensgegenstände der GmbH mit dem Privatvermögen des oder der Gesellschafter oder mit dem Vermögen einer von dem gleichen Gesellschafter abhängigen Schwestergesell­ schaft918 dergestalt vermischt werden, daß eine zuverlässige Zuordnung der Vermögensgegenstände zu dem einen oder dem anderen Rechtsträger nicht mehr möglich ist919. In diesem Fall soll dann, wenn die abhängige Gesellschaft ihren Gläubiger als Schuldner gegenüber ausfällt, das herrschende Unternehmen eine Einstandspflicht für die betreffenden Forderungen gegenüber der Tochter treffen. Grundlage dessen soll, jedenfalls soweit ein Vermögensentzug im Rahmen der Vermögensvermischung durch die Gesellschafter nicht zu Ansprüchen der Gesell­ schaft aus §§ 30 f. GmbHG führe920, die sogenannte „Durchgriffshaftung“ sein. Denn wo eine Aufhebung der Trennung zwischen Gesellschafter- und Gesell­ schaftsvermögen vorliege, entfalle die Legitimation für die Haftungstrennimg921, so daß sich der Gesellschafter redlicherweise nicht gegenüber Dritten auf diese Vermögenstrennung berufen dürfe922. In einem Konzern würde danach gelten, daß das herrschende Unternehmen als Gesellschafter an der Untergesellschaft dann haften müßte, wenn es die Trennung zwischen den Vermögen der einzelnen juri­ stisch selbständigen Personen (also der jeweiligen Vermögensträger) mißachtet, wenn also die Vermögen des herrschenden Unternehmens und das des abhängigen Unternehmens so vermischt sind, daß aufgrund der Buchhaltung nicht mehr oder 918 Zur sog. „horizontalen VermögensVermischung“ siehe Scheel, 377 f; Drax, 87; Drüke, 78 ff.; Stimpel, in: FS Goerdeler, 607; Rowedder(-Rowedder), § 13, Rn. 23 unter Hinweis auf BGHZ 95, 330, 333. 919 Siehe etwa BSG, GmbHR 1995, 45, 47; BGH ZIP 1985, 31; OLG Nürnberg, WM 1955, 1566; siehe auch K. Schmidt, BB 1985, 157; Drax, 80 und 172; Drüke, 73 ff.; M. Geßler, GmbHR 1993, 74 ff.; Boujong, in: FS Odersky, 742; Raiser, § 29, Rn. 22; Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 77 und 88; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 15 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 15; kritisch

hingegen Wilhelm, 319 f. 920 BGH ZIP 1985, 29, 31; Boujong, in: FS Odersky, 742; Stimpel, in: FS Goerdeler, 609. 921 Boujong, in: FS Odersky, 742. 922 Vgl. BGH DB 1985, 270: ^Von einer ‘Vermögensvermengung’ zwischen Gesellschaften, die trotz gesellschcftsrechtlich einwandfrei begründeter Haftungsbeschränkung unter Umständen zu einer persönlichen Inanspruchnahme der Gesellschafter führen kann, läßt sich nur sprechen, wenn sich nicht ermitteln läßt, welcher Vermögensgegenstand zum Geschäfts- und welcher zum Privatvermögen gehört. Das wird in der Regel nur dann der Fall sein, wenn das Gesellschaftsver­ mögen in den Büchern der Gesellschaft unzureichend ausgewiesen, die Buchführung aus anderen Gründen undurchsichtig oder die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sonst verschleiert worden ist'*; siehe auch BGHZ 95, 330, 333 f.; BGHZ 125, 366, 368; Lutter, ZGR 1982, 251; im Ergebnis ebenso: Rehbinder, 151; Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 88; Kübler, 302 und vgl. bereits Erlinghagen, GmbHR 1962, 172.

nur unter unverhältnismäßig großen Kosten bzw. Aufwand ermittelt werden kann, welcher Gesellschaft bestimmte Vermögensgegenstände gehören.

b) Haftungsgrundlage Es ist jedoch fraglich, ob es hinsichtlich der Haftung fiir die Fallkonstellationen, die unter den Begriff der Vermögensvermischung subsumiert werden, überhaupt des Ansatzes einer „Durchgriffshaftung“ bedarf. Bedenken daran entstehen näm­ lich unmittelbar, wenn man sich vergegenwärtigt, welches die Gefahren sind, die wegen der Vermögensvermischung haftungsrechtlich sanktioniert werden sollen. Man könnte zunächst daran denken, daß die Vermengung des Vermögens der Untergesellschaft mit einem anderen Vermögen, insbesondere des herrschenden Unternehmens oder einer Schwestergesellschaft, deshalb Gefahren in sich birgt, weil dann wirtschaftliches Operationskapital nicht mehr zuzuordnen ist. Wirt­ schaftliches Operationskapital ist aber, wie schon der Ausdruck andeutet, haftungs­ rechtlich prinzipiell irrelevant. Die Vermögensvermischung betrifft vielmehr den Umstand, daß im Ernstfall nicht mehr deutlich wird, wessen Vermögen für die Haftung zur Verfügung steht. Ex ante spiegelt sich dieser Aspekt immer nur in der Frage der Kapitalerhaltungsvorschriften wieder, so daß die tatsächliche Gefahr der Vermögensvermischung darin liegt, daß die Kapitalerhaltungsvorschriften unkon­ trollierbar und damit faktisch nicht mehr anwendbar sind923. Dieser Gefahr beugt das Recht im allgemeinen vor, indem es fordert, daß aus den Büchern jederzeit mit angemessenem Aufwand feststellbar sein muß, ob eine bestimmte Leistung an Gesellschafter gebundenes Kapital angreift. Sie obliegen nach § 238 HGB jedem Kaufmann. Die Zuordnung von Vermögensgegenständen erfolgt durch die ordnungsgemäße Eintragung in die entsprechenden Bücher bzw. Bilanzen der Gesellschaft. Die Pflichten zur Inventarisierung, Buchführung und Bilanzierung des Gesellschaftsvermögens bilden damit das Fundament für die Kapitalerhal­ tung924. Eine Vermischung des Gesellschaftsvermögen mit einem anderen Vermö­ gen liegt somit dann vor, wenn die Buchhaltung und die Bilanzierung so unzurei­ chend ist, daß sich die Transaktionen von Vermögen nach den Buchaufzeichnun­ gen nicht mehr unter angemessenem Aufwand (§ 238 I 2 HGB) - wenn auch erst nachträglich und mit Hilfen von Beweismitteln925 - rekonstruieren lassen926. Plakativ ausgedrückt ist dies auch als „Waschkorblage“ ausgedrückt worden927. Soweit die Buchhaltung und Bilanzierung jedoch gewährleistet ist, scheidet eine

923 BGHZ 95, 330, 334; Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 15; Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 88a; Wiedemann, GesR 1,224 ff; Stimpel, in: FS Goerdeler, 606 f.; Benne, 196 ff. 924 Drax, 91. 925 Boujong, in: FS Odersky, 742; Stimpel, in: FS Goerdeler, 606. 926 Stimpel, in: FS Goerdeler, 615; Drax, 92; K. Schmidt, ZIP 1994, 337. 927 Drygala, GmbHR 1993, 320; Kropff, AG 1993, 493; vgl. auch Hommelhoff, ZGR 1994, 410.

Haftung wegen Vermögensvermischung aus928. Daraus folgt, daß eine solche Haftung nur dann eintritt, wenn eine genaue Zuordnung bestimmter Vermögens­ positionen nach den Büchern und Bilanzen nicht mehr möglich ist929. Mithin kann es auch nicht darum gehen, eine Anspruchsgrundlage für die Haftung wegen Vermögensvermischung zu finden, sondern es ist zu prüfen, auf welcher Grundlage Einstandspflichten für die fehlerhafte Buchführung postuliert werden können. Aus diesem Grund bedarf es in diesem Zusammenhang keiner Auseinandersetzung mit einer wie immer gearteten „Durchgriffshaftung“. Denn selbst wenn man - trotz massiver Bedenken an dieser Rechtsfigur930 - ihre grundsätzliche Anwendbarkeit unterstellte, würde sie wegen der subsidiären Geltung einer „Durchgriffshaftung“ wegen Vermögensvermischung dann nicht eingreifen, wenn dieselben Sachver­ halte, die mit dieser Durchgriffshaftung zu regeln versucht würden, von einer gesetzlich bereits vorgesehenen und damit spezielleren Regelung erfaßt werden. Dasselbe gilt übrigens auch für die vereinzelten Versuche, die Weigerung eines bestimmenden Gesellschafters, wegen des Trennungsprinzips nicht für die Schul­ den der Gesellschaft aufzukommen, obwohl die Vermengung seines Vermögens mit dem der Gesellschaft ex post nicht mehr aufklärbar ist, als einem Anwendungs­ fall des venire contra factum proprium zu sehen931. Eine derartige spezielle Regelung ergibt sich unmittelbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die allgemeine Verpflichtung des § 238 HGB in §§41, 42 GmbHG für die GmbH konkretisiert wird. Danach sind die Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen. Verletzen sie diese Pflicht, so sind sie nach § 43 II GmbHG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig932. Die Haftung für eine „Vermögensvermischung“ ist folglich nichts anders als eine Haftung für nicht ordnungsgemäße Buchführung, die wiederum bereits positiv-rechtlich als eine Binnenhaftung nach § 43 II GmbHG ausgestaltet ist. Für einen eigenständigen Haftungsanspruch aus Vermögensver­ mischung - insbesondere aufgrund einer Durchgriffshaftung - besteht daher kein Bedarf. Dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß die Haftungsmechanismen einer gedachten Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung und einer Geschäfts­ führerhaftung nach §§43 II in Verbindung mit 41 GmbHG wegen unrichtiger Führung der Bücher letztlich doch nicht deckungsgleich seien, weil nicht die

928 BGH WM 1985, 567; OLG Nürnberg, WM 1955, 1566; kritisch dazu Wilhelm, 293 ff. dagegen aber überzeugende Argumente bei MüKo BGB(-Reuter), vor § 21. Rn. 33 ff. 929 Allg. Meinung, Lutter/Hommelhoff, § 13, Rn. 15; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13; Rn. 15 Drax, 92 mit weiteren Nachweisen. 930 Siehe etwa Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 92; vgl. auch Scholz(-Emmerich), § 13, Rn. 88; Stapelfeld, GmbHR 1991, 94. 931 Siehe z.B. Raiser, § 29, Rn. 22; vgl. Wiedemann, GesR I, 224; Canaris, Vertrauenshaftung, 364 ff., insbes. 369 ff. • 932 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), §41, Rn. 3; Scholz(-Crezelius), §41, Rn. 8; BGH AG 1974, 388.

gleichen Adressaten von der Haftung getroffen würden. Denn die Vergrößerung des Haftungsadressatenkreises im Rahmen der Geschäftsleitungshaftung ermög­ licht es unter bestimmten Umständen auch, einen Gesellschafter, speziell die Konzemmutter für fehlerhafte Buchführung in die Verantwortung zu nehmen. Nach der oben getroffenen Differenzierung kann der Konkursverwalter außer auf den Geschäftsführer der abhängigen GmbH einerseits nach §§ 43 II, 41 GmbHG, 830 II, 840 I, 421 ff. BGB auf die Konzemmutter zurückgreifen, wenn sie dem Geschäftsführer der betreffenden Tochter-GmbH die Weisungen gegeben hat, bestimmte Handlungen vorzunehmen, die einer ordnungsgemäßen Buchführung widersprechen. Eine auf einer Weisung des Gesellschafters beruhende Rechtferti­ gung der Verletzung der betreffenden Geschäftsführerpflichten, die insoweit auch auf die Haftung der Mutter zurückfallen würde, als dann keine rechtswidrige Haupttat mehr vorläge, greift in diesem Fall gerade nicht ein. Derartige Weisungen der Mutter würden nämlich dazu führen, daß gegen § 41 GmbHG als eine zwin­ gende, im öffentlichen Interesse erlassene Norm933 verstoßen wird. Eine solcher­ maßen rechtswidrige Weisung wirkt jedoch gerade nicht „haftungsbefreiend“. Die Konzemmutter kann über die Fälle hinaus, in denen sie dem Geschäfts­ führer der Tochter Weisungen erteilt hat, anderseits auch dann vom Konkursver­ walter im Rahmen der Haftung für fehlerhafte Buchführung in Anspruch genom­ men werden, wenn sie den ordentlichen Geschäftsführer in einer Aufgabe ver­ drängt hat, die eigentlich ihm zugewiesen ist und sich deshalb als faktischer Geschäftsführer die Rechtsfolgen ihres Handelns zurechnen lassen muß934. Liegen dann die Voraussetzungen vor, unter denen ein ordentlicher Geschäftsführer hätte haften müssen, kann der Konkursverwalter auf das herrschende Unternehmen zurückgreifen und den Schadensersatz für die Masse geltend machen. c) Individualanspruch

Die Ansprüche gegen das herrschende Konzernunternehmen stehen der abhängigen Gesellschaft zu und werden im Konkurs des betreffenden Unternehmens vom Konkursverwalter zugunsten der Masse geltend gemacht. Die Gläubiger der bankrotten GmbH werden deshalb nur durch die Vergrößerung der Haftungsmasse geschützt. Grundsätzlich besteht deshalb auch kein Individualanspruch eines einzelnen Gläubigers gegen die Konzemmutter. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn zu der Vermögensvermischung seitens der Obergesellschaft als (faktischer) Geschäftsführer subjektive Merkmale hinzu­ kommen, die auf den betreffenden Gläubiger gerichtet sind. Dann nämlich hat sich hinsichtlich eines bestimmten Gläubigers nicht nur der Umstand ausgewirkt, daß eine abhängige GmbH in Konkurs gefallen ist und die Bücher nicht ordentlich geführt waren - wie bei allen anderen Gläubigem auch -, sondern daß individuell 933 Siehe Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 41, Rn. 2; Scholz(-Crezelius), § 41, Rn. 3 934 Siehe oben § 4 II. Teil C. II3.

ihm gegenüber noch zusätzliche Umstände verwirklicht worden sind. Diese werden durch eine besondere Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Gläubiger gekennzeichnet. Damit verläßt die Verantwortung des Gesellschafters den Bereich der generellen Verantwortung hinsichtlich aller Gläubiger. Sie wird zu einer konkreten Verantwortung gegenüber einer bestimmten Person. Wenn diese „Individualisierung“ der Verpflichtung vorliegt, anders ausgedrückt, wenn die mangelhafte Buchführung eine oder mehrere bestimmte Personen gezielt treffen sollte, dann gibt es keine Rechtfertigung mehr dafür, diese so zu behandeln, wie alle anderen Gläubiger, die „allgemein“ Opfer dieses Umstandes geworden sind. Ihnen gegenüber hat sich dann nämlich ein konkretes Risiko verwirklicht im Gegensatz zum generellen Risiko, das für alle Gläubiger im Konkursfall des Schuldners eintritt. Als Anspruchsgrundlagen kommen diesbezüglich deliktische Ansprüche in Betracht, insbesondere könnte bei der mangelhaften Buchführung neben einem Anspruch aus § 826 BGB ein Individualanspruch eines Gläubigers der Tochter­ gesellschaft gegen die Mutter aus § 823 II in Verbindung mit Schutzgesetzen möglich sein. Als ein solches Schutzgesetz wird häufiger § 41 GmbHG in Betracht gezogen. Dessen Schutzgesetzeigenschaft wird jedoch von der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung mit Recht abgelehnt935. Aber selbst wenn nunmehr für spezielle Bereiche möglicherweise in der Tendenz insoweit eine Änderung eintreten könnte936, so scheint es im Ergebnis freilich weiterhin äußerst schwierig zu sein, aus § 41 GmbHG im Einzelfall eine individualschützende Norm abzulei­ ten. Die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften sind nämlich nicht im Hinblick auf den Schutz bestimmter Akteure erlassen worden, sondern im öffent­ lichen Interesse. Eine gläubigerschützende Wirkung ist daher allenfalls ein Reflex der Buchführungsvorschriften937. Deshalb bewirkt § 41 GmbHG nur einen Schutz

935 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), §41, Rn. 3; Lutter/Hommelhoff, §41, Rn. 4; Rowedder(-Wiedmann), § 41, Rn. 4; Hopt, § 238 HGB, Rn. 9; Kort, DB 1990, 923; RGZ 73, 30, 34 f.; BGH BB 1964, 1273 und neuestens BGHZ 125, 366, 377 f. - dazu v. Gerkan, EWiR 1994, 681. 936 In dem Urteil BGHZ 125, 366, 377 ff. ist offengelassen worden, ob hinsichtlich der Schutzgesetzeigenschaft des § 41 GmbHG dann anders zu entscheiden wäre, wenn der Geschäfts­ führer dem Gläubiger einen Jahresabschluß aus konkretem Anlaß ausgehändigt hat und im Ver­ trauen darauf Vermögensdispositionen getroffen hat, die wegen unrichtiger Angaben fehlschlagen; vgl. dazu K. Schmidt, ZIP 1994, 842; Biletzki, ZIP 1997, 11; Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1826. Der angesprochene Fall dürfte einer Lösung über § 823 II in Verbindung mit § 41 GmbHG nicht bedürfen, denn diese Fälle werden im allgemeinen schon durch die Haftung wegen einer Aufklärungs- oder Informationspflichtsverletzung aus c.i.c. oder pW erfaßt. Für eine weitere Anerkennung des §41 GmbHG als Schutzgesetz im Sinne des §823 II BGB insbesondere Stapelfeld, 187 ff.; ders., GmbHR 1991, 95 ff.; Biletzki, ZIP 1997, 10 ff.; tendentiell auch Scholz (-U.H. Schneider), § 43, Rn. 236; Scholz(-Crezelius), § 41, Rn. 8; K. Schmidt, ZIP 1994, 842. 937 Baumbach/Hueck(-Schulze-Osterloh), § 41, Rn. 3.

des gesamten Wirtschaftsverkehrs. Schutzgesetze im Sinne des § 823 II BGB sind dagegen §§ 331 ff. HGB, § 283b StGB938 939 oder 1301 OWiG939. Wenn aber tatsächlich einmal ein solcher Anspruch besteht, dann richtet sich die Höhe dieses Anspruchs, den die individuell betroffenen Gläubiger gegen das herrschende Unternehmen haben, auf die Differenz zwischen der tatsächlichen Quote und einer 100% Quote. Da dieser Anspruch ein Individualanspruch ist, kann er allerdings nicht vom Konkursverwalter für die Masse geltend gemacht werden.

d) Situation bei der abhängigen AG Hinsichtlich einer Haftung wegen Vermögensvermischung gilt hinsichtlich einer abhängigen AG im Konzern prinzipiell das gleiche. Nach § 91 AktG hat der Vorstand dafür Sorge zu tragen, daß die erforderlichen Handelsbücher geführt werden. Die Pflicht zur sorgfältigen Büchführung ergibt sich für eine AG aus §§ 238 I 1 HGB in Verbindung mit §§ 6 I HGB, 3 AktG940. Die Verletzung dieser Geschäftsleitungspflicht macht den Vorstand schadensersatzpflichtig nach § 93 II AktG. Ein Anspruch gegen das herrschende Unternehmen wegen einer nicht korrekten Führung der Bücher („Vermögensvermischung“) kommt daher nach § 117 I AktG in Betracht. Ein Fall, daß das herrschende Unternehmen in der Hauptversammlung einen Beschluß durchsetzt, der den Vorstand zu einer Mani­ pulation der Bücher oder ähnliches verpflichtet, ist wohl unrealistisch. Daher darf davon ausgegangen werden, daß insoweit § 117 VII AktG hier praktisch keine Rolle spielt.

III. Die Haftung der Konzemmutter im Rahmen der AG-Geschäftsleiterhaftung 1. Einleitung Ist das in Konkurs gefallene abhängige Konzernunternehmen eine AG, so ist zu fragen, ob und wenn ja inwieweit die Konzemmutter in die Haftung des AGLeitungsorgans für Pflichtverletzungen nach § 93 II AktG941 einbezogen werden kann, mit der Folge daß der Konkursverwalter für die Masse Schadensersatz­ ansprüche gegen sie geltend machen kann. Vom Grundsatz her gilt diesbezüglich Entsprechendes wie bei der GmbH. Da den Gesellschaftern die Geschäftsleitung entzogen ist, brauchen sie im Konkurs der Gesellschaft grundsätzlich auch nicht für Schäden, die durch Fehler bei der Geschäftsleitung entstanden sind, zu haften. 938 Drax 94 f. 939 K. Schmidt, ZIP 1994, 841 f. 940 Siehe Hübner, 4. 941 Dazu siehe jüngstens etwa BGH ZIP 1997, 883; OLG Düsseldorf, ZIP 1997, 27; Hom, ZIP 1997,1129 ff.

Allerdings kann es genau wie bei der GmbH auch bei der AG dort zu Ausnahmen kommen, wo das Mutterunternehmen sich in die Geschäftsleitungsangelegenheiten des Vorstandes einmischt. Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen der AG und der GmbH besteht die Verantwortlichkeit der Mutter für Eingriffe in die Geschäftsleitung der abhängigen AG aber in weiterem Umfang. Denn während bei der GmbH die Gesellschafter grundsätzlich in die Geschäftsführungsangelegen­ heiten eingreifen dürfen, sind Eingriffe des Mutterunternehmens in die Geschäfts­ führung einer abhängigen AG wegen § 76 I AktG grundsätzlich nicht erlaubt. Damit entfallt bei der AG die sich bei der GmbH als problematisch herausstel­ lende, schwierige Grenzziehung zwischen erlaubter Steuerung der Geschäfte durch die Gesellschafter und (vollständiger) Übernahme des „Ruders“ der Geschäftsfüh­ rung, so daß die Verantwortlichkeit des ordnungsgemäßen Geschäftsleitungsorgans ausgeblendet wird942. In der Praxis bedeutet das, daß in dem Konzern, wo das abhängige Unternehmen eine AG ist, der Zugriff des Konkursverwalters auf das Vermögen der Mutter im Konkurs der Tochter sehr viel unproblematischer ist als bei der GmbH, wenn sie zur Steuerung ihrer Interessen auf die abhängige AG Einfluß genommen hat. Eine weitere Besonderheit ergibt sich bei AG-Konzemen ferner deshalb, weil sich hier die für jede AG gültigen Haftungsnormen mit dem speziell für Konzerne vorgesehenen Regelungswerk gegenüberstehen. Während für den AG-Vertragskonzem die allgemeinen Vorschriften über die Möglichkeiten, in die Geschäftsleitung des abhängigen Unternehmens einzugreifen, von den konzemrechtlichen Vorschriften verdrängt werden, sind hinsichtlich des faktischen Konzerns nach verbreiteter Meinung die allgemeinen Vorschriften aber auch nach der Einführung der Konzemvorschriften bei konzemabhängigen Unternehmen (subsidiär) anwendbar943. Das bedeutet, daß die Spezialnormen des Konzemrechts die Generalnormen des „allgemeinen“ Aktienrechts bei faktischen AG-Konzemen zwar überlagern, nicht aber vollständig ausschalten. Auf die konzemrechtlichen Regelungen wird daher im Zusammenhang mit dem Konzemhaftungsrecht im einzelnen noch zurückzukommen sein944. An dieser Stelle soll nur geprüft werden, welche Möglichkeiten der Konkursverwalter aufgrund der allgemeinen Regelungen des AktG hat, die Konzemmutter für bestimmte Fehler in der Geschäftsleitung der abgängigen AG zur Verantwortung zu ziehen. Gleichzeitig wird damit an dieser Stelle aber schon der Boden bereitet für die im Rahmen des Konzemhaftungsrechts zu führende Diskussion, ob nicht durch das AktG von 1965 Sachverhalte rechtlich zu regeln versucht wurden, die bereits schon aufgrund des alten Rechts hinreichend genau erfaßt werden konnten.

942 Vgl. Abeltshauser, 28 ff. 943 Siehe Huffer, § 93, Rn. 1; Huffer, § 117, Rn. 14; KK(-Koppensteiner), § 317, Rn. 41; KK (-Koppensteiner), §31, Rn. 108; Kropff, DB 1967, 2150 ff; siehe auch Zöllner, in: FS Kropff, 344; für lex specialis der Konzemvorschriften hinsichtlich § 117 AktG: Brüggemeier, AG 1988, 101 f. 944 Siehe unten § 5, V. 3.

Methodisch wird in diesem Abschnitt die im vorigen Abschnitt vorgesehenen Reihenfolge eingehalten. Zunächst wird untersucht, ob die Mutter als Teilnehmer einer Pflichtverletzung in Anspruch genommen werden kann, und im zweiten Schritt stellt sich dann die Frage nach der Haftung der Mutter als Täter. 2. Die Haftung der Konzemmutter als Teilnehmer an einer Pflichtverletzung des Vorstandes des abhängigen Konzernunternehmens

Die AG ist bekanntlich gekennzeichnet durch eine strikte Abgrenzung der Kompetenzen der einzelnen Gesellschaftsorgane945; es herrscht dort bildlich ausge­ drückt eine „Gewaltenteilung". Übt das Mutterunternehmen trotz dieser „Gewal­ tenteilung“ dennoch mittels Weisungen946 Einfluß auf die Geschäftsleitung aus, entspricht der Vorstand der abhängigen AG diesen Weisungen947 und fuhrt die damit in Zusammenhang stehende Handlung zu einem Schaden der Gesellschaft bzw. der Aktionäre, der auf eine Pflichtverletzung des Vorstandes zurückzufuhren ist, so liegt es auf den ersten Blick nahe, die Mutter als Teilnehmer in die Verant­ wortung für diesen Schaden im Rahmen einer Anstifterhaftung einzubeziehen. Anspruchsgrundlage wäre insoweit § 93 II AktG in Verbindung mit §§ 830 II, 840 I, 421 ff. BGB. Diese hier an sich einschlägige Haftungsgrundlage wird im Aktien­ recht jedoch von einer deliktsrechtlichen lex specialis948 verdrängt. Nach § 117 I AktG ist nämlich derjenige zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der auf einer Handlung des Vorstandes beruht, welcher unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft oder auf ein Mitglied des Vorstandes diese Handlung initiiert hat. a) Hafiungsvoraussetzungen des §1171 AktG Die Haftungsvoraussetzungen, die nach § 117 I AktG erfüllt sein müssen, damit das Mutterunternehmen schadensersatzpflichtig wird, sind gering: Zum Schadens­ ersatz verpflichtet ist die Konzemmutter schon dann, wenn sie zu dem Zwecke, für sich gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, vorsätzlich unter Ausnutzung ihres Einflusses auf die Gesellschaft das Geschäftsleitungsorgan bestimmt, zum

945 Seit dem 1.5.1998 ist insoweit das KonTraG zu beachten (BGBl. I 1998, 786 ff.). Die damit einhergehende Einführung des § 91 II AktG hebt die Verpflichtung des Vorstandes hervor, für ein angemessenes Risikomanagement und für eine angemessene interne Revision zu sorgen (Vor­ standscontrolling-System); siehe dazu Hommelhoff/Mattheus, AG 1998,249 ff. 946 Auch hier soll, wie sonst in der Arbeit auch, der Begriff der Weisung weit verstanden werden; vgl. oben § 4,1. Teil, CI. 947 Die Haftung des Vorstandes für die Befolgung der Weisung wird im hiesigen Zusammen­ hang wegen der Themenbegrenzung auf die Haftung der Muttergesellschaft nicht erörtert. 948 Speziell zum deliktsrechtlichen Charakter des § 117 AktG siehe BGH WM 1992, 1812, 1819; Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 3 ff.; Hüffer, § 117, Rn. 2.

Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln949. Dabei ist es irrele­ vant, ob die Mutter ihren Einfluß auf die Untergesellschaft als (Mehrheits-)Aktionär oder auf andere Weise, etwa als Kreditgeber oder als Abnehmer950 vermit­ telt951. Es reicht jedenfalls eine Einflußnahme, die der Art und Intensität nach geeignet ist, Führungspersonen in der abhängigen AG zu einem schädigenden Handeln zu bestimmen952. Die Konzemmutter qualifiziert sich als Täter im Sinne des § 117 I AktG allein durch den Einfluß auf die Untergesellschaft und deren Ausübung. Aus dem deliktsrechtlichen Charakter der Norm folgen als weitere Haftungsvoraussetzungen, daß die schädigende Einflußnahme der Mutter auf die Geschäftsleitung der AG rechtswidrig gewesen sein muß953 und daß hinsichtlich des grundsätzlich schädigenden Charakters der veranlaßten Handlung oder Unter­ lassung bei der Mutter zumindest dolus eventualis vorgelegen haben muß954. Liegen diese Voraussetzungen vor, dann besteht die Verpflichtung der Konzemmutter, unter anderem den Schaden der Gesellschaft zu ersetzen, der ihr aufgrund des Handelns des Vorstandes entstanden ist955. Dieser Ersatzanspruch gegen die Konzemmutter kann von den Gläubigem der Gesellschaft in dem Moment geltend gemacht werden, wo sie von der betreffenden AG keine Befriedi­ gung mehr erhalten. Das ist regelmäßig im Konkurs der AG der Fall. Dann werden die Rechte der Gläubiger durch den Konkursverwalter ausgeübt, so daß nach § 117 V AktG, der Konkursverwalter gegen die Konzemmutter vorgehen kann, um so die Masse des Gemeinschuldners zu vergrößern.

b) Haftungfür die Umgehung, insbesondere der Vorteilsbegriff des §117III AktG im Konzern Ein Haftungsmodell, nach dem bereits die bloße Einflußnahme auf den Vorstand der abhängigen AG ausreicht, um der Haftung ausgesetzt zu sein, könnte allerdings dazu fuhren, daß die Konzemmutter ihre Vorstellungen hinsichtlich der Führung der Geschäfte in der Tochter-AG auf indirektem Wege durchzusetzen versucht. Das wäre etwa möglich, indem sie ein anderes Konzernunternehmen anweist, aufgrund dessen Einflusses auf den Vorstand der betreffenden Tochter-AG die entsprechenden Maßnahmen durchzusetzen. 949 Vgl. Mestmäcker, 269; siehe in diesem Zusammenhang zur berühmten Vorgängernorm des § 101 III AktG 1937 insbesondere Zöllner, ZHR 162 (1998), 240. 950 So z.B. gegenüber der Tochter als Lieferant in just-in-time-Beziehungen. 951 Zu weiteren Fallgruppen siehe KK(-Mertens), § 117, Rn. 12; Brüggemeier, AG 1988, 95. 952 Hüffer, § 117, Rn. 3; Geßler/Hefermehl(-Kropf), § 117, Rn. 13 ff.; KK(-Mertens), § 117, 12. 953 Zu der Frage, wie die Rechtswidrigkeit festzustellen ist , siehe GroßKomm(-MeyerLandrut), § 117, Rn. 6 und KK(-Mertens), § 117, Rn. 22, Brüggemeier, AG 1988, 97; Hüffer, § 117, Rn. 6; Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 23. 954 KK(-Mertens); § 117, Rn. 23; vgl. auch Reg. Begr. bei Kropff, 162. 955 Brüggemeier, AG 1988, 96; Hüffer, § 117, Rn. 5.

aa) Führt das bestimmungsgemäße Verhalten des Vorstandes der abhängigen AG zu einer schuldhaften Pflichtverletzung und entsteht daraus der Gesellschaft ein Schaden, dann haftet nach §117 I AktG die anweisende Schwester. Eine gesamtschuldnerische Mithaftung der Konzemmutter kommt insoweit aufgrund §§ 830II, 8401,421 ff. BGB in Betracht956. bb) Für den Fall, daß die Konzemmutter aufgrund der von ihr initiierten Einflußnahme der Schwester auf den Vorstand der Tochter einen gesellschafts­ fremden Sondervorteil erhält, greift neben der Anstiftungshaftung nach § 830 II BGB auch noch die Haftung der Mutter nach § 117 III AktG ein. Diese Vorschrift will den „Mann hinter dem Täter“957 erfassen und auferlegt demjenigen, der die Beeinflussung des Vorstandes vorsätzlich veranlaßt hat und durch die schädigende Handlung des Vorstandes ein Vorteil erlangt, eine gemeinschuldnerische Haftung. Als Vorteil gilt dabei jede positive Veränderung in der Vermögenssituation des Begünstigten. Es ist allerdings noch ungeklärt, wie weit der Vorteilsbegriff im Konzern zu verstehen ist. Konkret ist fraglich, ob der Vorteil für ein anderes Konzernunternehmen gleichzeitig auch als ein Vorteil für die Konzemmutter gelten kann, so daß es für die Anwendung des § 117 III AktG möglicherweise nur darauf ankäme, daß aufgrund der schädigenden Handlung des Vorstandes der abhängigen AG irgendwo im Konzern ein Vermögensvorteil erwächst. Der Wort­ laut des § 117III AktG verschließt sich diesem Gedanken nicht, denn dort wird nur allgemein von einem Vorteil gesprochen, nicht aber davon, daß dieser Vorteil auch durch die betreffende Handlung des Vorstandes unmittelbar bei dem Begünstigten entstehen muß. Diese Frage ist deshalb von Bedeutung, weil die Haftung nach § 117 III AktG unter - im Verhältnis zur Haftung nach § 830 II BGB - erleichter­ ten Bedingungen stattfindet: Voraussetzung ist nur die vorsätzliche Veranlassung der Schwester durch die Mutter. An die Veranlassung werden indes qualitativ geringere Voraussetzungen geknüpft als an die Anstiftung. Es gilt insofern der Satz, daß Veranlassung weniger als Anstiftung und mehr als Duldung ist958. Insbesondere ist praktisch bedeutsam, daß hinsichtlich der Sorgfaltswidrigkeit und des grundsätzlichen Schädigungscharakters des angestrebten Verhaltens des Vorstandes Fahrlässigkeit des Veranlassenden genügt, wohingegen die Konzem­ mutter bei der Anstiftung nach § 830 II BGB bezüglich der Haupttat - nach über­ wiegender Meinung - Vorsatz treffen muß959.

cc) Eine Antwort auf die Frage, wie weit der Vorteilsbegriff in § 117 III AktG zu verstehen ist, kann man sich nähern, wenn man den Sinn und Zweck des § 117 III 956 Dazu Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 42; KK(-Mertens), § 117, Rn. 28. 957 So KK(-Mertens); § 117, Rn. 27; Hüffer, § 117, Rn. 11. 958 Baumbach/Hueck, § 117, Anm. 15; GroßKomm(-Meyer-Landrut), § 117, Rn. 11; Hüffer, § 117, Rn. 10; KK(-Mertens), § 117, Rn. 28. 959 KK(-Mertens), §117, Rn. 28; Geßler/Hefermehl(-Kropf), §117, Rn. 42; Baumbach/ Hueck, § 117, Rn. 15.

AktG betrachtet. Die Vorschrift des §117 AktG soll einen Schutz vor der Aushöhlung des § 761 AktG bilden. Die Absätze 1, 2 und 3 des § 117 AktG bilden damit ein Gesamtsystem des Schutzes des Geschäftsleitungsorgans vor externen Einflüssen. Sinn und Zweck des § 117 III AktG dabei ist speziell, den allgemeinen Schutz des Vorstandes vor der mittelbaren Beeinflussung von außen zu gewährlei­ sten. Gleichzeitig soll bewirkt werden, daß nicht mächtige Aktionäre oder andere Personen, zu denen die AG in Abhängigkeitsverhältnissen im weitesten Sinne steht, indirekt gesellschaftsfremde Sondervorteile erzielen können, die zu Lasten der Minderheitsaktionäre, welche diesen Einfluß nicht besitzen, oder zum Nachteil der Gesellschaft und - wie Absatz 5 zeigt - auch letztlich zu Lasten der Gläubiger gehen. Diese Schutzfunktion des § 117 III AktG ist weitgreifend zu gewährleisten. Das wird sehr deutlich, wenn man sich vor Augen fuhrt, daß die Vorgängervor­ schrift des § 117 AktG, § 101 AktG (1937), im wesentlichen deshalb eingeführt wurde, weil die Erfahrungen mit weitgehenden Mißbräuchen von Machtpositionen einiger Aktionäre in der Inflationszeit dazu Anlaß gaben, die Geschäftsleitung der AG besser vor solchen Eingriffen zu schützen960. Nimmt man diesen weitgehenden Schutzgedanken ernst, so muß sich dies konsequenterweise auch in der Weite des Vorteilsbegriffs des § 117 III AktG widerspiegeln. Im Hinblick auf Konzembezie­ hungen hat dies auch schon deshalb zu gelten, weil § 117 III AktG dort ansonsten schnell leerliefe. Bereits in den vorigen Abschnitten dieser Arbeit ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß sich eine Konzemmutter nicht nur auf direktem Wege Vorteile verschaffen kann, sondern sie kann diese auch indirekt erlangen, indem sie sie über den „Umweg" einer Tochtergesellschaft erlangt. Denn soweit die Mutter aufgrund ihrer Herrschaft auf die Vermögensvorteile, die bei einer Tochter eingetreten sind, zurückgreifen kann, als seien dies ihre eigenen, ist dieses Ergebnis nicht anders zu bewerten, als hätte sie die Vorteile gleich direkt erhalten. Deshalb ist davon auszugehen, daß ein Vorteil für die Mutter im Sinne des § 117 III AktG auch dann vorliegt, wenn die veranlaßte Handlung zu einer pflichtwidri­ gen, schuldhaften Vorstandshandlung fuhrt, die einer Schwester einen Vermögens­ vorteil bringt, den die Mutter abziehen und verwerten kann als sei er ihr eigener. Damit ist gleichzeitig eine wichtige Differenzierung für die Anwendung des § 117 III AktG getroffen: Ist die veranlaßte Tochter ihrerseits eine AG, so muß der Vor­ teil der schädigenden Vorstandshandlung der Mutter unmittelbar zugute gekom­ men sein, es sei denn es besteht ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag mit dieser Tochter, weil die Mutter ansonsten auf den bei der Schwester-AG eintretenden Vorteil ja gerade auch keinen Zugriff hat. Ist die veranlaßte Tochter­ gesellschaft hingegen eine GmbH, so kann das herrschende Unternehmen unter den allgemeinen Voraussetzungen, insbesondere unter Berücksichtigung der Kapitalerhaltungsvorschriften, den dort eingetretenen Vorteil wie einen bei ihr selbst eingetretenen Vorteil behandeln, so daß ein Vorteil bei dieser Schwester ausreicht, um mittels § 117III AktG auch gegen die Mutter vorgehen zu können. 960 Siehe eingehend Hellmut Gottschalk, Die Lehren aus den Aktienskandalen der Nachkriegs­ zeit (1934).

c) Beweislast und Vermutung

Die Möglichkeit des Konkursverwalters, die Mutter im Rahmen des § 117 I oder III AktG schadensersatzrechtlich in Anspruch zu nehmen, steht und fallt in der Praxis mit der Möglichkeit, vor Gericht die Voraussetzungen des Haftungstat­ bestandes darzulegen und zu beweisen. Besonders problematisch sind auch hier naturgemäß die Merkmale, die aus der Sphäre der Mutter kommen, insbesondere die subjektiven Merkmale. Eine Beweislastumkehr, wie sie in § 93 II 2 AktG vorgesehen ist, gibt es in § 117 AktG nicht. Im Einzelfall werden zwar offenbar durchaus vereinzelt Vermutungen angestellt, daß der Einflußnehmende seinen Einfluß vorsätzlich zum Schaden der Gesellschaft benutzt habe961. Fraglich ist jedoch, ob nicht zumindest im Konzern eine generelle, widerlegliche Vermutung dergestalt aufgestellt werden kann, daß dann, wenn eine nachteilige Einflußnahme des Mutterunternehmens festgestellt ist, auch der Vorsatz der Mutter für die Tatbe­ standsverwirklichung angenommen werden kann. Eine solche Vermutung wird mit der Begründung abgelehnt, man könne auch in Konzemfallen nicht ohne weiteres sagen, daß ein insoweit typischer Geschehensablauf vorliege, der diese Vermutung rechtfertige962. Einer solchen Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Verhältnismäßig unproblematisch ist die Aufstellung einer solchen Vermutung im Zusammenhang mit § 117 III AktG. Denn die soeben gewonnene Erkenntnis, daß die Vorteilserlangung bei einer veranlaßten abhängigen GmbH oder einer abhängigen AG, mit der ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen ist, so anzusehen ist, als sei sie der Konzemmutter direkt zuteil geworden, stützt aufgrund allgemeiner Lebens­ erfahrung die Vermutung, daß der Einflußnehmende seinen Einfluß vorsätzlich zum Schaden der Gesellschaft benutzt hat. Auch Kropff selbst als Verfechter der Gegenansicht scheint immerhin dann doch zu einer Vermutung kommen zu wollen, wenn im Ergebnis der Mutter als „Hintermann“ die Vorteile zugeflossen sind. Dann möge es der Lebenserfahrung entsprechen, daß der Einfluß zur Erzie­ lung derartiger Vorteile genutzt habe963. Man braucht allerdings die Vermutung nicht nur auf den Fall des § 117 III AktG zu beschränken. Sie läßt sich nämlich allgemeiner schon mit § 18 I AktG begründen. Wird nämlich die Leitung der abhängigen Tochtergesellschaft durch das herrschende Unternehmen vermutet, so folgt daraus, daß auch eine Vermutung für die Veranlassung aller Einzelmaßnah­ men besteht, die das abhängige Unternehmen trifft, denn die Einflußnahme auf die Geschäftsleitung im Wege der Leitung schließt die direkte oder indirekte Einwir­ kung auf alle Einzelmaßnahmen der Tochter, auch auf die schädigenden, ein964.

961 Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 26. 962 Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 26; ebenfalls ablehnend, aber ohne Gründe KK (-Mertens), § 117, Rn. 24. 963 Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 26. 964 So überzeugend Kronstein, BB 1967, 640; in Anschluß daran Wälde, DB 1972, 2289, Fn. 9. Vgl. auch Rasch, Aktuelle Problem des Konzemrechts, 23; Mestmäcker, 253.

Diese Vermutung ist jedoch widerleglich auszugestalten, so daß sich die Konzem­ mutter mit den entsprechenden prozessualen Mitteln entlasten kann. Eine solche mittelbare Verschiebung der Beweislast ist auch nicht unbillig, denn nach dem Grundsatz der Beweisnähe kann der faktische Geschäftsführer eher als ein Außen­ stehender diejenigen Umstände darlegen, welche die subjektiven Merkmale betref­ fen. d) Die Ausnahmen der Haftung der Konzernmutter in § 117 VII AktG

Mit dem § 117 AktG hätte man mithin ein effektives Instrument, um direkte oder indirekte Einflußnahmen der Konzemmutter auf abhängige Aktiengesellschaften zu erfassen, die zu einem Nachteil der Untergesellschaft fuhren. Es könnte so ein umfassender Schutz der Aktionäre zu „Lebzeiten“ der AG und ein Schutz der Gläubiger im Konkurs dieser Gesellschaft erreicht werden. Dieses Instrument wird jedoch durch die Regelung des Absatzes 7 weitgehend entwertet, wonach eine Haftung des Mutterunternehmens dann nicht eintritt, wenn sie ihren Einfluß durch die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung wahrgenommen hat. Zwar werden mit § 117 VII AktG nicht diejenigen Mutterunternehmen in einem Konzern erfaßt, die ihren Einfluß aus einer anderen als der Grundlage einer Betei­ ligung ableiten, doch sind dies mit Abstand die Ausnahmefälle. Für die überwie­ gende Mehrheit der Fälle bildet § 117 VII AktG aber eine Basis, die abhängige Gesellschaft zu steuern, ohne daß dies, abgesehen von den Extremfallen des § 826 BGB965, zu einer Haftung der Mutter führte. Vor dem Hintergrund des oben skizzierten Schutzzwecks der Norm ist die Vorschrift des Abs. VII nur schwer verständlich966. Nach den Entwürfen des damaligen Reichsjustizministeriums von 1930 und 1931 sollte keine Begrenzung der Haftung für die Ausübung des Stimmrechts eingreifen. So hieß es dazu etwa in § 86 des Entwurfes von 1931, daß derjenige zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein sollte, der vorsätzlich zwecks Erreichung gesellschaftsfremder Sondervorteile unter Benutzung seines Einflusses als Aktionär ein Mitglied der Verwaltung bestimmt hat, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln. Auch in einem Generalversammlungsbeschluß konnte dabei ein zum Schadens­ ersatz verpflichtendes Bestimmen des Geschäftsleitungsorgans liegen967. Dieser ursprüngliche Gedanke wurde dann vom Gesetzgeber aber mit dem schlichten Hinweis, eine Haftung für Stimmrechtsausübung würde den Grundlagen des deut­ schen Aktienrechts widersprechen, fallengelassen968. 965 Die Haftung des § 826 BGB wird nach allgemeiner Überzeugung nicht durch § 117 VII AktG ausgeschlossen, dessen Ausschluß sich nur auf §117 I AktG bezieht; vgl. nur Baumbach/Hueck, § 117, Rn. 1; Bergmann, ZHR 105, 20; Zöllner, 427 f.; Hüffer, § 117, Rn. 14; Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 44 f. 966 Vgl. etwa auch Zöllner, 428 f. 967 Heymann, in: FS C. Wieland, 228; Mestmäcker, 268 f. 968 Klausing, 87; vgl. auch Sura, 28 f.

Damit stellt § 117 VII AktG den „neuralgischen Punkt“969 der Haftung der Konzemmutter für Eingriffe in die Geschäftsführung der Tochter-AG dar. In den Fällen, wo das herrschende Unternehmen die Mehrheit der Anteile an der abhängi­ gen AG hält, kann es nämlich mit der Geschäftsleitung des abhängigen Unterneh­ mens nach Belieben schalten und walten, soweit es dies nur über den „Umweg“ der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung tut. Zwar besteht damit noch nicht gleich die Situation wie bei einer GmbH, wo die Mutter tagtäglich in die Belange der Geschäftsführung eingreifen kann, weil die Hauptversammlung nicht so kurzfristig zusammentreten kann, wie es die Leitung der Tagesgeschäfte erfor­ dern würde (s. § 123 I AktG und vgl. auch allgemeiner §§ 121 und 122 AktG). Doch kann das herrschende Unternehmen durch einen Beschluß auf die Ge­ schäftsleitung Einfluß nehmen, wo es um die Durchsetzung mittel- und langfristi­ ger Geschäftsleitungsmaßnahmen geht, wie etwa strukturverändernder Maßnah­ men. Ein gewisser Schutz der Minderheitsaktionäre und mittelbar auch der Gläubiger könnte möglicherweise durch eine Haftung des Vorstandes für die Befolgung anfechtbarer Beschlüsse gewährleistet werden. Nach § 119 II AktG kann nämlich die Hauptversammlung über die Frage der Geschäftsleitung nur entscheiden, wenn dies vom Vorstand verlangt wird. Das bedeutet, daß eine haftungsbefreiende Ausübung der Einflußnahme auf den Vorstand durch die Mutter nur möglich wäre, wenn der Vorstand dies selbst vorher verlangt hat (vgl. § 82II AktG). Daraus folgt, daß dann, wenn die Mutter in der Hauptversammlung auch ohne Bitten des Vorstandes einen Beschluß hinsichtlich einer Maßnahme der Geschäftsleitung herbeigeführt hat, dieser Beschluß gegen die gesetzliche Bestimmung des § 119 II AktG verstößt und damit nach § 243 I AktG anfechtbar ist. Als anfechtbarer Beschluß befreit er den Vorstand aber nicht von seiner eigenen Haftung nach § 93 II AktG, die dann entsteht, wenn die Ausführung dieses Beschlusses zu einem auf einer schuldhaften Pflichtverletzung beruhenden Schaden führt. Die Haftungs­ entlastung für den Vorstand tritt jedoch ein, wenn der anfechtbare Beschluß unan­ fechtbar geworden ist. Dann könnte man allenfalls noch an eine Schadensersatz­ pflicht des Vorstandes wegen Unterlassens der Erhebung der Anfechtungsklage nach §§ 93 II in Verbindung mit § 245 Nr. 4 AktG denken. Aber unabhängig davon, ob man den Vorstand des abhängigen Unternehmens tatsächlich wegen eines solchen Unterlassens zur Verantwortung ziehen kann, wird die Schadens­ ersatzpflicht des Vorstandes für die Vergrößerung der Haftungsmasse der in Konkurs gefallenen AG in aller Regel ein Minus zur Einbeziehung der Mutter­ gesellschaft sein, weil beim Vorstand normalerweise nicht ausreichend Vermögen vorhanden sein dürfte, um den durch die Weisung entstandenen Schaden bei der Gesellschaft zu decken970.

969 Mestmäcker, 271. 970 Vgl. auch die Gedanken bei Schilling, in: Freudesgabe für Hengeler, 232 ff.

Der Grund für die Ausnahme der Haftung für Einflußnahmen auf den Vorstand mittels Ausübung der Stimmrechte wird in „elementaren Grundsätzen des Körper­ schaftsrechts“ gesehen971. Welche dies sein sollen, bleibt aber unklar. Sollte damit gemeint gewesen sein, daß man die Aktionäre nicht für die Ausübung eines ihnen im Rahmen ihrer Verbandsmitgliedschaft zustehenden Mitverwaltungsrechts (§ 134 AktG) durch eine Schadensersatzpflicht „bestrafen“ oder zumindest unter Druck setzen will, so geht diese Auffassung von einer mittlerweile überkommenen Sicht der Grenzen der Stimmrechtsausübung aus. Diese werden modernem Verständnis nach durch die Treuepflicht der Aktionäre eingegrenzt und sind inso­ weit ebenfalls mit Schadensersatz bewehrt972. Die Freiheit der Stimmrechtsaus­ übung kann insoweit kein überzeugendes Argument mehr gegen die Verantwor­ tung für die Ausübung von Stimmrechtsmacht sein. Des weiteren werden gegen die Haftungsbewehrung der Stimmachtsausübung Rechtssicherheitserwägungen vorgebracht. Da die Nichteinhaltung von Stimmrechtsschranken nur die Anfecht­ barkeit des betreffenden Beschlusses zur Folge hat, entsteht dadurch Rechtssicher­ heit, daß innerhalb der Anfechtungsfrist der Beschluß nicht angegriffen worden ist. Diese Rechtssicherheit würde, so wird argumentiert, in Frage gestellt werden, wenn die Schadensersatzklage nach § 117 I AktG möglich wäre973. Schließlich ist gegen die Belastung der Stimmrechtsausübung mit der Möglichkeit der Haftung auch eingewandt worden, daß dadurch die Kleinaktionäre von der Beteiligung der Hauptversammlung abgeschreckt werden könnten und daß durch die Haftungs­ möglichkeit eine Disqualifikation der deutschen Aktie im Ausland befürchtet werden müsse974. Eine nähere Beschäftigung mit diesen Argumenten erübrigt sich an dieser Stelle, denn selbst wenn man die geäußerten Bedenken als zutreffend anerkennen wollte, macht eine Güterabwägung doch schnell deutlich, daß die Rechtssicherheitsabwägung und die rechtspolitischen Einwände jedenfalls hinter dem Schutz der Unabhängigkeit des Geschäftsleitungsorgans Zurückbleiben müssen. Die recht starre Struktur der AG mit ihren exakten Abgrenzungen der Zuständigkeit duldet keine Aufweichungen, denn das AG-Recht schützt die inter­ nen und externen Akteure in weitem Maße gerade durch die Starrheit des Systems. Würde dieses aber zugunsten der Mehrheitsaktionäre durchbrochen und so gleich­ sam zu deren Spielball, gibt es mit Ausnahme der für die „erlaubten Durchbre­ chungen“ vorgesehenen Regeln keine weiteren Vorkehrungen, die Minderheit und mittelbar auch die Gläubiger zu schützen. Die Formenstrenge der AG ist hingegen aufgelöst in der GmbH. D.h. Gesellschafter, die weitergehende Mitverwaltungs­ 971 Studienkommision des Deutschen Juristentages: Untersuchungen zur Reform des Unter­ nehmensrechts, Teil I: Bericht des Ausschusses 1 (Berichterstatter: Ballerstedt), Tübingen 1955, 54; im Anschluß daran siehe auch Mestmäcker, 282; vgl. auch Ludewig, 78 f.; Neuhaus, 7 f.; Sura 28 f. 972 Siehe dazu Hennrichs, AcP 195 (1995), 241 ff.; Heermann, JuZi 1994,249 ff.; Lutter, ZHR 153 (1989), 4 46 ff. 973 Dagegen überzeugend Zöllner, 428 f. 974 Siehe Zöllner, 430; Barz, Sonderheft zur Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 1937, 377 f.

rechte in Anspruch nehmen wollen als ihnen in der AG gewährleistet sind, mögen Gesellschafter in einer GmbH werden. Bezogen auf § 117 VII AktG bedeutet dies, daß diese Vorschrift eine wichtige Grenzlinie zwischen der Organisationsform einer AG und einer GmbH ohne Not verwischt. Bedenkt man schließlich, daß die Pflicht zum Schadensersatz im Zivilrecht allgemein eine der wichtigsten Sanktio­ nen darstellt, um präventiv bestimmtes Verhalten zu verhindern und so zivilrecht­ liches Wohlverhalten zu erfüllen, so wäre es inkonsequent, daß das Aktienrecht auf den mittelbaren Zwang zur Einhaltung der Stimmrechtsschranken verzichten soll, der durch die Gefahr bewirkt wird, sich bei Mißachtung dieser Schranken ersatz­ pflichtig zu machen. Das gilt obwohl die Struktur des Aktienrechts Mißbräuche Idurchaus erleichtert, und gleichzeitig weit geringere Möglichkeiten des Erfüllungs­ Zwanges bietet als das allgemeine Privatrecht975. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen und unter nochmaliger Betonung, daß die Stimmrechtsausübung nach der derzeitigen, fortgeschrittenen Entwicklung der Treuepflichtlehre ohnehin kontrolliert wird und sanktionierbar ist, ist ein erneutes976 und eindeutiges Plädoyer für die ersatzlose Streichung des § 117 VII AktG abzugeben. Um in diesem Zusammenhang hier bereits einen kurzen Blick voraus in das Konzemhaftungsrecht zu werfen, läßt sich feststellen, daß es bei der Reform 1965 eines eigenen AG-Konzemrechts gar nicht bedurft hätte, wenn man (unter anderem) statt dessen den Abs. VII des damaligen § 101 einfach nur gestrichen hätte. Denn im Endeffekt ist mit §§ 309, 311, 317 AktG nichts anderes gemacht worden als den § 101 VII AktG für Konzemsituationen außer Kraft zu setzen977. e) Hinweise zur Relativierung der Bedeutung des §117 Vll AktG vor dem Hintergrund der Treuepflicht im deutschen Aktienrecht

Eine Diskussion über § 117 VII AktG, insbesondere im Hinblick auf AGKonzerne, ist freilich nach der Einführung des neuen Aktienrechts 1965 praktisch erlahmt, weil mit der Einführung der Konzemregeln, insbesondere §§ 309, 311 und 317 AktG die Bedeutung des § 117 VII AktG für das Verhältnis von Konzem­ mutter zur Konzemtochter als obsolet betrachtet wird978, denn nach diesen Vor­ schriften muß die Mutter auch für bestimmte Eingriffe in die Geschäftsleitung der abhängigen AG einstehen. De lege lata kann nicht daran gerüttelt werden, daß §§ 309, 311 und 317 AktG den § 117 und insbesondere dessen Abs. VII AktG 975 So das immer noch, d.h. auch nach Einführung des AG-Konzemrechts, überzeugende Argument von Zöllner, 328. 976 Siehe bereits Mestmäcker, 271; Zöllner, 430; Fischer, AcP 154 (1954), 85 ff.; ders., AcP 154(1954), 181 ffund238ff. 977 Vgl. die diesbezügliche Diskussion auf dem DJT 1992 R 68 ff. (insbesondere den Beitrag von Kropff, R 71 ff.). 978 Siehe Hüffer, § 117, Rn. 13; Geßler/Hefermehl(-Kropff), § 117, Rn. 27; vgl. dazu nun auch Zöllner, ZHR 162 (1998), 235 ff., insbes. 237 f.

überlagern. Gleichwohl ist § 117 AktG durch die konzemrechtlichen Regelungen nicht aufgehoben, und eine Diskussion über die Bedeutung dieser Vorschrift in Konzemverhältnissen ist legitim, insbesondere wenn man sich die Versuche vor Augen hält, mit § 243 II AktG die Freistellung von der Haftung nach § 117 VII Nr. 1 AktG zu umgehen979. Nach dem heutigen Stand der aktuellen Dogmatik muß, wie schon mehrfach angedeutet wurde, § 117 AktG, insbesondere dessen Abs. VII, mit den Pflichten der Aktionäre aus ihrer Treuebindung abgeglichen werden. D.h. selbst wenn man §117 VII AktG entgegen der hier befürworteten Streichung weiter gelten lassen würde, kommt es zu einer Korrektur der Haftungsfreistellung des herrschenden Unternehmens980. Da der Gebrauch der Stimmacht immer unter dem Vorbehalt steht, damit die Rechte der anderen Aktionäre nicht treuwidrig zu beschneiden oder den Schutz der Minderheit aus den Augen zu verlieren, kann eine Haftungs­ freistellung der auf die Geschäftsleitung Einfluß nehmenden Aktionäre bereits de lege lata nur insoweit möglich sein, weil dies mit den Treuepflichten des bzw. der betreffenden Aktionäre vereinbar ist. Konkret bedeutet dies, daß einen Mehrheits­ aktionär, der mittels der Ausübung seines Stimmrechts in der Hauptversammlung Einfluß auf den Vorstand der AG genommen hat, eine Schadensersatzpflicht für Schäden trifft, soweit die Ausübung des Stimmrechts gegen seine Treuepflicht verstoßen hat. Zu klären bleibt dann nur, ob diese Einstandspflicht auf dem eigen­ ständigen Verpflichtungsgrund der Verletzung der Treuepflicht beruht oder ob als Grundlage § 117 I AktG mit einer teleologischen Reduktion des § 117 VII AktG in Betracht kommt981. Mit der Einbeziehung der Treuepflicht ist ein Maßstab für eine Begrenzung von Mehrheitsmacht gefunden982. Diese hat für jede Stimmrechtsausübung in jeder AG Bedeutung, also auch für die Ausübung des Stimmrechts des herrschenden Unter­ nehmens bei einer abhängigen AG. Insoweit gelten auch die allgemeinen Regeln. Da jedoch hinsichtlich der Konzerne die §§ 291 ff. AktG, insbesondere §§ 309, 311 und 317 AktG vorgeschaltet sind, wird die hier in Zusammenhang mit § 117 VII AktG angesprochene Bedeutung der Treuepflicht einschließlich der Klärung, welche Kriterien im einzelnen von Bedeutung sind, eingehend im Zusammenhang mit dem Konzernhaftungsrecht erörtert werden. Dabei werden die hier angestellten Erwägungen zu § 117 AktG auch eine Rolle spielen, weil die Frage zu beantworten ist, ob nicht mit der Anwendung der Treuepflicht auf § 117 VII AktG die sehr 979 Vgl. dazu insbesondere GroßKomm(-K. Schmidt), § 243, Rn. 45 ff.; Hüffer, § 243, Rn. 24 ff.; Zöllner, 351 ff. 980 Im Ansatz offenbar ähnlich KK(-Mertens), § 117, Rn. 10; siehe auch Lutter ZHR 153 (1989), 456. 981 Im Hinblick auf die Struktur der Treuepflicht als Anspruchsgrundlage sollte wohl besser eine teleologische Reduktion des § 117 VII AktG bevorzugt werden; die Voraussetzungen für eine derartige teleologische Reduktion liegen hier vor, denn durch die Weiterentwicklung des Treue­ pflichtgedankens ist die Vorschrift anzugleichen ; siehe auch unten § 5 V. 3 b. 982 Vgl. hier die besonders instruktiven Ausführungen von Zöllner, ZHR 162 (1998), 237 ff.

problematischen Regelungen der §§311, 317 AktG selbst überflüssig geworden sind983.

f) Zusammenfassung Die Verantwortlichkeit der Mutter als Teilnehmer an einer Geschäftsleiter­ pflichtverletzung ergibt sich aus § 117 AktG, der die allgemeine Regelung der §§ 93 II AktG, 830 II BGB verdrängt. Der Konkursverwalter (§117 V 3 AktG) kann prinzipiell dann von der Konzemmutter Schadensersatz verlangen, wenn sie zum Zwecke, für sich gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, vorsätzlich ihren Einfluß auf das Geschäftsleitungsorgan geltend macht und es dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder der Aktionäre zu handeln. Um Umgehungen dieser strikten Haftung des herrschenden Unternehmens im Konzern zu verhindern, kann mittels § 117 III AktG auch dann auf das Vermögen des herrschenden Unter­ nehmens zurückgegriffen werden, wenn es ein Schwesterunternehmen initiiert hat, dessen Einfluß auf das Geschäftsleitungsorgan der abhängigen AG dazu zu benut­ zen, daß jenes eine entsprechende Handlung durchfuhrt, die zu einem Vorteil bei dem herrschenden Unternehmen fuhrt. Der Vorteilsbegriff ist dabei weit auszu­ legen, so daß die Konzemmutter bereits dann einen Vorteil erlangt hat, wenn die betreffende Schwester einen Vermögensvorteil durch die Handlung des Vorstandes der Tochter-AG erlangt. Das gilt jedenfalls insoweit, wie die Mutter Zugriff auf den Vorteil bei der Schwester hat, also dann nicht, wenn das Schwesterunter­ nehmen selbst eine AG ist und kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vorliegt. Eine Ausnahme von der Haftung der Konzemmutter im Rahmen des § 117 AktG bildet Abs. VII dieser Vorschrift. Diese Regelung fuhrt dazu, daß innerhalb eines Konzerns große Schutzlücken entstehen. Es sprechen indes gute Gründe dafür, de lege ferenda den Absatz VII ersatzlos zu streichen. De lege lata wird er dadurch „entschärft“, daß die Ausübung des Einflusses des herrschenden Unter­ nehmens durch das Stimmrecht in der Hauptversammlung gern. § 117 VII Nr. 1 AktG sich stets an der mittlerweile anerkannten Treuepflicht gegenüber den Mitge­ sellschaftern messen lassen muß. 3. Die Haftung der Konzemmutter als Täter Da sich die Regelungen der Geschäftsleiterhaftung im GmbH-Recht und im AGRecht weitgehend entsprechen, ergibt sich die Haftung der Konzemmutter als Täter im Rahmen des § 93 II AktG beim AG-Konzem prinzipiell aufgrund der entsprechenden Erwägungen wie beim GmbH-Konzern. Zwar ist vom tatsäch­ lichen her die Übernahme der Geschäftsleitung durch die Mutter bei einer AG aufgrund der strukturellen Unterschiede („Gewaltenteilung in der AG“) wesentlich 983 Siehe dazu jetzt auch Zöllner, ZHR 162 (1998), 238 ff.

schwieriger als in der vergleichbaren Situation der GmbH und kommt deshalb entsprechend seltener vor. Gleichwohl ist sie aber nicht ohne Bedeutung, wie das Beispiel der personellen Verflechtung der Geschäftsleitungsorgane der Mutter und der Tochter-AG ganz deutlich macht984. Mit Ausnahme von geringen, auf der Weisungsgebundenheit der Geschäfts­ führer der GmbH basierenden Abweichungen kann inhaltlich im wesentlichen auf die Ausführungen zur Täterschaft der Konzemmutter im Rahmen der GmbHGeschäftsführerhaftung verwiesen werden. Vom Ergebnis her läßt sich daher der Zugriff des Konkursverwalters auf die Konzemmutter wegen Verletzung der Geschäftsleiterpflichten nach § 93 II AktG im Konkurs der abhängigen AG wie folgt zusammenfassen: Im Konkurs der betreffenden AG übt der Konkursverwalter gern. § 93 V 4 AktG die Rechte der Gläubiger aus, die nach § 93 V 1 AktG den Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen das Geschäftsleitungsorgan geltend machen können, wenn sie - was im Konkurs, wie schon erwähnt, der Regelfall ist - von der Gesellschaft selbst keine Befriedigung mehr erhalten. Der Anspruch trifft nach § 93 II AktG eigentlich den Vorstand der AG, wenn dieser eine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat und der Gesellschaft ein Schaden daraus entstanden ist. Da diese Haftung auf der Organstellung beruht, können grundsätzlich aber auch andere Personen der Geschäftsleiterhaftung unterliegen985, insbesondere ist deshalb auch eine Einbeziehung der Konzemmutter als faktischer Geschäftsleiter prinzi­ piell möglich. Die Haftung nach § 93 II AktG kann die Konzemmutter treffen, wenn sie aufgrund ihres Einflusses das gesetzmäßige Geschäftsleitungsorgan als Verantwortungsträger bzw. Haftungsadressat für eine bestimmte Haftung verdrängt oder sonst rechtlich oder tatsächlich dem Haftungszugriff entzogen hat986. Typi­ scher Fall dessen ist, daß die Konzemmutter (rechtswidrig) in die Geschäftsfüh­ rung der Gesellschaft eingreift und damit dem Vorstand die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Geschäftsleitung unmöglich macht987. Die Qualifizierung der Konzemmutter als faktisches Geschäftsleitungsorgan entspricht im einzelnen den oben beschriebenen Regeln der Normanwendungslehre: Sie muß also im Rahmen der Rechtsfolgenzurechnung alle Folgen tragen, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Funktionen stehen, welche nur dem ordnungsgemäßen Geschäfts­ leitungsorgan zustehen988.

984 Vgl. Hoffinann-Becking, ZHR 150 (1986), 570 ff.; in einem weiteren Rahmen auch Decher, 31 ff.; Streyl, 19 ff.; siehe schließlich auch Hom, ZIP 1997, 1135 f. 985 Hüffer, § 117, Rn. 12; Geßler/Hefermehl(-Hefermehl), §93, Rn. 8; KK(-Mertens), §93, Rn. 11; Mestmäcker, 211 ff.; Reich, DB 1967, 1664 f.; dagegen siehe aber RGZ 63, 203, 211; Baumbach/Hueck, § 93, Rn. 5, die auf den Anstellungvertrag als Quelle der Verpflichtung abstel­ len. 986 Siehe etwa KK(-Mertens), § 93, Rn. 12 und allgemeiner nochmals Stein, 184 ff.; im Ergeb­ nis auch Geßler/Hefermehl(-Hefermehl), § 93, Rn. 8; ablehenend Hüffer, § 93, Rn. 12; Wiesner, in: Müchner Hdb AG § 26, Rn. 3. 987 Stein, 188 f. 988 Siehe oben § 4 II. Teil CII3 f.

Wenn das herrschende Unternehmen im Rahmen der Rechtsfolgenzurechnung als faktisches Geschäftsleitungsorgan qualifiziert werden kann, dann haftet es jedoch ebenfalls nur insoweit, wie auch ein ordentliches Geschäftsleitungsorgan der betreffenden AG haften würde. Voraussetzung ist deshalb, daß das die AG schädigende Verhalten einen schuldhaften Pflichtenverstoß darstellt. Die Entla­ stung durch einen Beschluß der Hauptversammlung, der gern. § 93 IV 1 AktG gegenüber der den Anspruch geltendmachenden Gesellschaft gilt, ist nach § 93 V 4 AktG hingegen ausgeschlossen, wenn die Gläubiger bzw. der Konkursverwalter diesen Anspruch geltend macht989. Der Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, an dem das Verhalten der Mutter gemessen wird, ist ebenso wie bei § 43 GmbHG doppel­ funktional; er umschreibt sowohl die objektive Verhaltenspflicht wie auch den Verschuldensmaßstab. Die Konkretisierung der Generalklausel entspricht dem oben bei § 43 I GmbHG schon Ausgeführten, weil sie von der Rechtsprechung dependent entwickelt worden ist. D.h. aber gleichzeitig, daß der Haftungstatbe­ stand des § 93 II AktG ebenfalls an der Schwammigkeit des Vergleichsmaßstabs für ordentliches pflichtgemäßes Handeln krankt. Wie bei der Geschäftsführer­ haftung in der GmbH macht sich dies auch bei der Geschäftsleiterhaftung in der AG besonders im prozessualen Bereich bemerkbar. Ebenso wie bei der GmbH obliegt im AG-Recht dem Geschäftsleitungsorgan die Beweislast dafür, daß sein Handeln nicht schuldhaft pflichtwidrig ist (§ 93 II 2 AktG). Wegen des Fehlens eines Maßstabs für das ordnungsgemäße Verhalten des Geschäftsführers ist es auch im AG-Recht für die Konzemmutter als faktischen Geschäftsführer nahezu unmöglich, sich von der Haftung zu entlasten. Da auch in einer (abhängigen) AG das Geschäftsleitungsorgan aus denselben Erwägungen wie oben nicht etwa eine Garantiehaftung für den Erfolg einer Geschäftsleitungsmaßnahme treffen darf, ist auch im AG-Recht der im Zusammenhang mit der Geschäftsführerhaftung bei der GmbH entwickelte prozessuale Lösungsweg anzuwenden. Danach ist der Konkursverwalter verpflichtet zu zeigen, daß das Verhalten der Konzemmutter „möglicherweise pflichtwidrig“ war. Es liegt dabei dann in seiner Hand, wie hoch er mit einer substantiierten Behauptung über die Möglichkeit der Pflichtwidrigkeit der Handlung der Konzemmutter die Hürden baut, die der Geschäftsleiter dann aufgrund seiner Darlegungs- und Beweislast in seiner Replik überwinden muß. Ist schließlich zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) das betreffende Handeln der Konzemmutter ihr als ein zum Schadensersatz verpflichtendes Geschäftsleiterhandeln zuzurechnen, dann hat sie den gesamten Schaden, der der abhängigen AG aufgrund dieser Maßnahme entstanden ist, in die Masse zu zahlen.

989 Vgl. KK(-Mertens), § 93, Rn. 153; Hüffer, § 93, Rn. 35.

4. Ergebnis

Im Konkurs einer abhängigen AG kann der Konkursverwalter im Rahmen der Geschäftsleitungshaftung in weitem Maße auf das Vermögen der Mutter zurück­ greifen und damit die Haftungsmasse vergrößern. Das gilt allerdings nur, soweit zwischen der Konzemmutter und der abhängigen AG kein Beherrschungsund/oder Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde. Aufgrund der „Gewalten­ teilung“ in einer AG ist es der Konzemmutter praktisch gar nicht erlaubt, in die Geschäftsleitung der abhängigen AG einzugreifen. Hat sie ihren Einfluß auf den Vorstand der abhängigen AG direkt oder indirekt (über eine Schwestergesellschaft) ausgeübt, so daß es zu einem die Gesellschaft oder die Aktionäre schädigenden Verhalten des Vorstandes gekommen ist und dabei einen Vorteil erlangt, hat sie nach § 117 I bzw. in Verbindung mit Abs. III AktG Schadensersatz in die Masse zu leisten. § 117 VII AktG spielt nur insoweit ein Rolle als die Ausübung der Stimmacht des herrschenden Unternehmens mit dessen Treuepflichten vereinbar ist. Läßt sich die Mutter im Rahmen der Normanwendungslehre als faktischer Geschäftsleiter qualifizieren, so muß sie alle Folgen tragen, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Funktionen stehen, welche nur dem ordnungsgemäßen Leistungsorgan zustehen. Dabei hat das Mutterunternehmen die Beweislast dafür, daß ihr Handeln nicht schuldhaft pflichtwidrig war. Allerdings hängt die Substantiierung des Vortrages hinsichtlich der Pflichtverletzung nach dem hier ent­ wickelten Modell von dem Maße ab, wie der Konkursverwalter dargelegt hat, daß das Verhalten „möglicherweise pflichtwidrig“ war.

§ 5 Die Relevanz des Konzemhaftungsrechts für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens I. Einleitung und Problemstellung 1. Grundlegung für die nachfolgenden Erwägungen hinsichtlich der Relevanz eines spezifischen Konzemhaftungsrechts im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens

a) Ausgangslage Im Rahmen seiner Verwaltertätigkeit könnte ein Konkursverwalter die Haftungs­ masse eines abhängigen Unternehmens im Konzern schließlich auch dadurch ver­ größern, daß er Ansprüche der bankrotten Gesellschaft gegen die Mutter geltend machen kann, die ihren Ursprung in dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis der Tochtergesellschaft zu ihrem Mutterunternehmen haben. Dieser Bereich wird in Deutschland dem sogenannten „Konzemrecht“ als speziellem, für konzembezo­ gene Sachverhalte entwickeltem Recht zugeordnet, bei dem es besonders um die Frage geht, unter welchen Voraussetzungen Risiken aus Geschäften vom eigenen Vermögen durch Einschaltung einer Gesellschaft, bei der die Haftung beschränkt ist, auf das Vermögen der Gläubiger verlagert werden kann1. Dabei stellt der die Einstandspflicht des Mutterunternehmens gegenüber ihrer Tochter betreffende Ausschnitt des Konzemrechts das Konzern(binnen)haftungsrecht dar2, das in den §§ 302, 303, 309 in Verbindung mit 308, 311,317 und 322 AktG nur kursorisch in Bezug auf die abhängige AG positiv-rechtlich geregelt ist. Das Konzemhaftungs­ recht des AG-Konzems gilt, wenngleich es im Detail erhebliche Probleme gibt, der Sache nach als weithin konsentiert. Im Gegensatz dazu gibt es eine weitgreifende Diskussion in Literatur und Rechtsprechung darüber, ob und wenn ja inwieweit parallel zu den gesetzlichen Vorgaben für den AG-Konzem der durch die Wei­ gerung des Gesetzgebers, auch das GmbH-Konzemrecht zu kodifizieren, ver­ 1 Siehe Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzerR, Rn. 76; K. Schmidt, ZIP 1994, 837; Blaurock, in: FS Stimpel, 553. 2 Genau betrachtet ist dieser Ausdruck unscharf, denn es handelt sich bei den Ansprüchen gegen die Konzemmutter nicht immer um Haftungsansprüche im eigentlichen Sinne; so sieht § 302 AktG bekanntlich nur eine Verlustausgleichspflicht und § 303 AktG eine Pflicht zur Sicherheits­ leistung vor. An den Ausdrücken Konzemhaftungsrecht bzw. Binnenhaftungsrecht soll der Ein­ fachheit halber und um die gleiche Terminologie zu gebrauchen, wie sie in der allgemeinen Diskussion zu finden ist, im folgenden aber gleichwohl festgehalten werden.

bliebene Freiraum durch Rechtsfortbildung mit einem Regelungsnetz überzogen werden kann. Dabei sind verschiedene konzemrechtliche Modelle entwickelt worden, die jeweils die Grundlage darstellen sollen, eine Binnenhaftung innerhalb eines Konzerns zwischen Obergesellschaft und abhängiger GmbH begründen zu können3. Besonders angeheizt wurde die Diskussion in der Literatur dadurch, daß die Rechtsprechung des BGH und anderer Obergerichte in der Beurteilung eines GmbH-Konzemhaftungsrechts schwankte. Seit dem TBB-Urteil des BGH vom 29.3.19924 ist freilich eine merkliche Beruhigung eingetreten. Ausweislich der Reaktionen in der Literatur5 und der dem Urteil folgenden Rechtsprechung6 entsteht verbreitet der Eindruck, es sei hinsichtlich des Binnenhaftungsrechts im GmbH-Konzern nunmehr zumindest ein vorläufiges Ende der Entwicklung erreicht und damit ein Ergebnis gefunden, mit dem man trotz einiger Streitigkeiten im Detail „gut leben“ könne7. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, im nachstehenden Teil der Arbeit metho­ disch wie folgt zu verfahren. Zunächst könnten die sogenannten grands arrets des BGH8 und die Diskussion in der Literatur akzentuiert nachgezeichnet werden. Danach würden auf der Basis des mittlerweile erreichten Status quo des GmbHKonzemhaftungsrechts verbunden mit den konzemrechtlichen Bestimmungen für die AG die Erwägungen über die Möglichkeiten des Konkursverwalters angestellt, mittels Konzemhaftungsansprüchen die Haftungsmasse des abhängigen Konzern­ unternehmens zu vergrößern. Das ist im wesentlichen auch der Weg, den die bislang zum Konzemhaftungsrecht oder zum Konzeminsolvenzrecht vorgelegten Arbeiten gegangen sind9.

3 Diese Modell lassen sich im wesentlichen in die Gruppen der sog. „Konzemsaistandshaftung“ und in die „Verhaltenshaftung“ unterteilen. 4 BGHZ 122, 123. 5 Vgl. zum TBB-Urteil Bauder, BB 1993, 1103; Altmeppen, EWiR 1993, 327; Kübler, NJW 1993, 1204; Lutter, JZ 1993, 580; Schanze, AG 1993, 376; Ebenroth/Wilken, ZIP 1993, 558; Westermann, ZIP 1993, 554; ders., WM 1993, 784; Kohl, MDR 1993, 715; Burgard, WM 1993, 925; Goette, DStR 1993, 568. 6 Siehe u.a. BSG AG 1995, 279; BAG, NJW 1993, 954; BAG, NJW 1994, 3244; BAG, ZIP 1996, 333; BGH DStR 1997, 1937; BGH ZIP 1997, 416; BGH ZIP 1996, 636; BGH NJW 1995, 1544; BGH AG 1995, 35; BGH NJW 1994, 446; OLG Köln, GmbHR 1997, 220; OLG Köln, AG 1997, 379; OLG Oldenburg, GmbHR 1998, 286; OLG Bamberg, AG 1998, 191; OLG Dresden, GmbHR 1997, 215; OLG München, DB 1998, 614; OLG München, ZIP 1994, 1776; speziell zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich des qualifizierten faktischen Konzerns siehe Ziegenhain, ZIP 1994, 1003; Bitter/Bitter, BB 1996,2153. 7 Vgl. etwa Krieger, ZGR 1994, 375; Beck’sches Handbuch der GmbH(-Rosenbach), § 17, Rn. 136; Boujong, in: FS Brandner, 23; Zeidler, GmbHR 1997, 881. 8 Diese Bezeichnung umfaßt die Entscheidungen in den Fällen Autokran (BGHZ 95, 330), Tiefbau (BGHZ 107, 7), Video (BGHZ 115, 187) und das TBB-Urteil (BGHZ 122, 123). 9 Siehe etwa die neueren Monographien von D.Mayer, Die Haftung im GmbH-Konzern; Weigl, Die Haftung im (qualifizierten) faktischen Konzern; Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzemabhängigen GmbH; Eschenbruch, Konzemhaftung und Scheel, Konzeminsolvenzrecht.

Ein solches Vorgehen griffe jedoch zu kurz. Denn der Eindruck eines weit­ gehenden Konsenses im Binnenhaftungsrecht des GmbH-Konzerns nach dem TBB-Urteil mag zwar in der Literatur, insbesondere unter Berufung auf die stabile Rechtsprechung in dieser Frage seit dem TBB-Urteil, immer wieder erweckt werden, doch ist er trügerisch. In Wirklichkeit brodelt es nämlich erheblich unter der scheinbar ruhigen Oberfläche des derzeitigen deutschen GmbH-Konzernrechts10. Grundsätzliche Bedenken an einem konzemrechtlichen Ansatz für die Einstandspflicht der Konzemmutter gegenüber ihrer Tochter, die es schon seit der Novellierung des AktG 1965 vereinzelt gegeben hat11, kommen in jüngerer Zeit gleichsam als Gegenreaktion zu dem weitgehenden Arrangement mit dem erreich­ ten Status quo des Konzemhaftungsrechts immer stärker zum Ausdruck12. Das Verweilen auf dem Stand der Entwicklung nach dem TBB-Urteil würde deshalb einen unkritischen Umgang mit dem Binnenhaftungsrecht in einem GmbHKonzern bedeuten, indem man Bedenken daran einfach ignoriert und sich auf dem komfortablen Kissen einer breiten Ansicht und der ständigen Rechtsprechung des BGH ausruht. Damit besteht aber die Gefahr, daß man sich nur mit einer inferioren Lösung zufrieden gibt. Außerdem würde damit nicht ausreichend gewürdigt werden, daß sich möglicherweise aus dem in der Diskussion um ein (GmbH-) Konzemhaftungsrecht bislang immer nur am Rande durchschimmernden Umstand, daß ein konzemspezifisches Haftungsrecht, wie die Praxis lehrt, nahezu aus­ schließlich in der Insolvenz einer Untergesellschaft des Konzerns Bedeutung erlangt, ganz neue Erkenntnisse ergeben, die vielleicht die Frage des bisherigen Ansatzes des Konzemhaftungsrechts in einem anderen Licht erscheinen lassen. Vor diesem Hintergrund soll der mit dem TBB-Urteil erreichte Stand des GmbH-Konzemhaftungsrechts nicht als Endpunkt der Diskussion, sondern ledig­ lich als ein Zwischenhalt der Auseinandersetzung verstanden werden, der sich insbesondere vor dem Hintergrund der in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse über die Einstandspflichten des herrschenden Unternehmens gegen­ über der in Konkurs gefallenen abhängigen Konzemgesellschaft kritisch hinter­ fragen lassen muß.

10 Siehe Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 272 ff: „Das Konzemrecht befindet sich in einer Krise“; vgl. auch Mülbert, 2. 11 Siehe z.B. Geßler, DB 1973,45 ff.; vgl. auch Westermann, in: Der GmbH-Konzern, 42 f. 12 Siehe schon, Altmeppen, 59 ff.; 71 ff.; ders., DB 1991, 2228 f.; Flume, DB 1992, 25 ff.; ders., ZIP 1992, 817 ff.; Schanze, in Mestmäcker/Behrens; ders., AG 1993, 377 ff.; Lehmann, in: FS Beusch, 485 ff.; Gäbelein, AG 1990, 185 ff.; ders., GmbHR 1987, 222 ff.; Kichner, Manage­ mentforschung 7 (1997), Abschnitt 1. und 5.; Hoffmann-Becking, DJT 1992, R 8 27 f.; ders., in: Heidelberger Konzemrechtstage, 103; Knobbe-Keuk, DB 1992, 1462 f.; Heinsius, AG 1986, 103 f.; Versteegen, 137 ff. und 293 ff.; ders., DB 1993, 1275; Kleinert, in: FS Helmrich, 667 ff.; kritisch auch Kübler, NJW 1993, 1204 f.; ders., in: FS Heinsius, 422 ff; vgl. zudem Windbichler, JR 1994,61.; Joost, in: Küting/Weber, Rn. 426,431; K. Schmidt, ZIP 1993, 550.

b) Gründe für eine Fortsetzung der Diskussion über den erreichten Stand des deutschen Konzemhaftungsrechts hinaus Dieses Vorgehen ist aufgrund von vier Aspekten gerechtfertigt. aa) In neuerer Zeit wird von einer zunehmenden Zahl von Stimmen, besonders aus der Praxis, gerügt, daß das deutsche Konzemrecht, namentlich das GmbHKonzemrecht, erhebliche Mängel bzw. Defizite aufweise, sobald es zu einer Binnenhaftung innerhalb des Konzerns im Rahmen der Insolvenz einer Konzem­ teileinheit komme. Vor allem wird dem derzeitigen Konzemhaftungsrecht vorge­ worfen, es sei methodisch in wesentlichen Bereichen angreifbar13 und sei nur von einer geringen Brauchbarkeit in der Praxis. So wird in Theorie und Praxis immer wieder angesprochen, ob nicht das mittlerweile entwickelte spezielle GmbHKonzemhaftungsrecht nur ein ästhetisches Meisterwerk sei, das aufgrund einer Überregulierung einen eher zweifelhaften Gebrauchswert habe14. Es könnte mögli­ cherweise schon deshalb überflüssig sein, weil die Elemente, die das Konzemhaf­ tungsrecht ausmachten, sich ohnehin bereits aus allgemeinen Instrumenten des Bürgerlichen Rechts und des Gesellschaftsrechts ergäben15. Symptomatisch für diese Auffassung ist der Umstand, daß auf dem mit dieser Frage befaßten 59. Deutschen Juristentag in Hannover der Antrag zur Beschlußfassung des Referenten Hoftmann-Becking, „Die Rechtsprechung sollte ihre konzemrechtliche Haftungs­ regel aufgeben und sich auf die Schutzinstrumente des allgemeinen Zivil- und Wirtschaftsrechts besinnen.“, nach einer tendenziell befürwortenden Diskussion nur mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde16. Diese Schwierigkeiten mit der Ausgestaltung des GmbH-Konzernhaftungsrechts fuhren dazu, daß es nur auf eine verhältnismäßig geringe Akzeptanz in der Wirtschaft stößt17. Der Grund dafür findet sich in einer ganz erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Tat­ bestände und der Rechtsfolgen des ungeschriebenen Konzemhaftungsrechts. Diese Rechtsunsicherheit hat unmittelbar negative Auswirkungen, denn in der Praxis ist nicht mit der betriebswirtschaftlich notwendigen Sicherheit vorhersehbar und

13 Ausführlich v. Becker, insbes. 68 ff.; Jansen, 124 ff. 14 Hopt, in: DJT-Diskussion, R 59 ff; Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 274 ff; Joost, Grundlagen des Konzemrechts, Rn. 426 und 431; vgl. auch Gäbelein, GmbHR 1987, 223: In Anbetracht der Praxis gewinne man als Praktiker fast den Eindruck, daß weniger ein unabweisbares Bedürfnis der Praxis an einem neuen GmbH-Konzemrecht bestehe, sondern daß in erster Linie ein Bedürfnis der in der Literatur so überaus produktiven Kräfte vorliege. 15 Schanze auf dem 59. Juristentag, R 116 ff; ders.: in Mestmäcker/Behrens, 500 ff; Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 284 ff. und 301 f. 16 Ergebnis bei Kropff, AG 1993, 486; vgl. auch Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 272, Fn. 1. 17 Hoffmann-Becking, DJT, R 25 ff; Lehmann, FS Beusch, 479 ff; ders. in der Diskussion auf dem DJT 1992, R 84 ff; Heinsius, AG 1986, 101 ff; Gäbelein, GmbHR 1988, 384 ff; ders., AG 1990, 186 f.; ders., GmbHR 1992, 275; Gummert, WiB 1994, 221 ff; Joussen, in der Diskussion auf dem DJT 1992, R 79 ff; siehe aber Krieger, ZGR 1994, 375 ff.

damit einplanbar, in welchem Maße Untergesellschaften in einem Konzern instru­ mentalisierbar und wie ggf. die Einstandspflichten der herrschenden Gesellschaft im Konzern zu prognostizieren sind. Diese Unsicherheiten können nur durch höhere Kosten aufgefangen werden, die aber im Gegenzug die Handlungsspiel­ räume im Konzern und deren Effizienzvorteile verringern würden. bb) Es ist festzustellen, daß in der Wirtschaft Unternehmensformen entwickelt werden bzw. wurden, die formal zwar keine verbundenen Unternehmen im Sinne des herrschenden Verständnisses darstellen und damit nicht dem Konzemrecht im weiten Sinne unterfallen, die im Ergebnis jedoch ähnliche Effekte bewirken wie ein Konzern und deshalb immer öfter anstelle dieser als moderne Unternehmens­ formen eingesetzt werden. Es geht speziell um Abhängigkeitsverhältnisse außer­ halb des Anwendungsbereichs der §§ 15 ff. AktG. Besonders zu nennen sind dies­ bezüglich Vertragsnetzwerke wie Franchising oder long~term-contractsx%. Es ist daher abzusehen, daß in vielen Bereichen die herkömmlichen Unternehmens­ Strukturen durch ökonomisch noch effektivere, moderne Formen abgelöst werden, ohne daß das speziell für die besonderen Problemlagen des Konzerns abgestimmte Recht hier regulierend eingreifen könnte. Das hätte zur Folge, daß auf dem Markt Effekte eintreten können, die herkömmlicherweise Konzernen zugeschrieben und mit dem dafür vorgesehenen Recht reguliert werden sollen, welche nun aber von Unternehmungen ausgehen, die in ihrer Art nicht mehr dem Regime des Konzem­ rechts unterfallen und damit - trotz der Gleichheit in der Wirkung - nicht erfaßt werden können. Damit wäre ein teilweises Leerläufen des mittlerweile entwickel­ ten Konzemrechts durch die fortschreitende Entwicklung zu erwarten. Dem könnte entgegengewirkt werden, indem die Verantwortlichkeit von Herrschaft innerhalb von Unternehmensbeziehungen, wie sie sich insbesondere im Konkurs des abhän­ gigen Unternehmens beweisen muß, auf allgemeine Instrumente des Rechts zurückgeführt wird, die hinreichend flexibel sind, auch auf Neuerungen ange­ messen reagieren zu können, anstatt rechtliche Speziallösungen zu konstruieren. Da diese stets nur auf einen verhältnismäßig engen Ausschnitt der tatsächlichen Lebenssachverhalte bezogen sind, versagen sie sofort dort, wo die zu erfassen gesuchten Sachverhalte sich verändert haben. Das hat zur Folge, daß das Spezial­ recht entweder obsolet wird oder ein neues bzw. geändertes Spezialrecht in mühe­ voller und meist langwieriger Diskussion entwickelt werden muß. Damit könnte man aber nur schlecht dem altbekannten Umstand Herr werden, daß, bildhaft ausgedrückt, die Wirtschaft mit ihren Instrumenten versucht, immer einen Schritt schneller zu sein als das Recht mit den seinigen.

18 Vgl. Spindler, JITE 1993, 756 ff.; Teubner, in: Franchising and the Law, 105 ff.; Schanze, in: Franchising and the Law, 67 ff.; Daintith, in: Contract and Organization, 164 ff.; Martinek, II, 75 ff.; vgl in diesem Zusammenhang auch Kirchner, in: Ott/Schäfer, 196 ff.

cc) Konzerne sind schon lange keine Unternehmensverbindungen mehr, die sich auf einen Rechtsraum beschränken. Multinationale Konzerne gehören vielmehr zu den innovativsten Verbänden und stärksten Wirtschaftskräften, die auf den inter­ nationalen Märkten agieren. Neben erheblichen kollisionsrechtlichen Auswir­ kungen, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden soll19, stellt diese Erkenntnis klar, daß Konzemrecht nicht mehr nur aus einer rein nationalen Perspektive betrachtet werden darf. Es ist unumstritten, daß unterschiedliche Ausgestaltungen der rechtlichen Umfeld- und Wirkungsbedingungen in den jewei­ ligen Staaten für die Konzerne Effizienzverluste bedeuten20. Gleichzeitig mögen bestimmte rechtliche Regelungen bezogen auf den Konzern positive oder negative Standortfaktoren darstellen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Staat hinsicht­ lich eines Rechtsinstituts ganz andere Wege geht, als es die übrigen Staaten tun, etwa in dem es ein eigenständiges, aus dem allgemeinen Gesellschaftsrecht ausgelöstes Konzemrecht entwickelt. Dieses Problem ist im Kem selbstverständ­ lich nur lösbar, wenn man ein international einheitliches Recht schaffen würde. Das ist derzeit auf dem Gebiet des Gesellschafts- bzw. im Bereich des Konzem­ rechts noch eine Utopie. Das bedeutet aber nicht, daß es im engeren Rahmen nicht durchaus Ansätze zu einer Vereinheitlichung gäbe. Angesprochen ist damit die Harmonisierung des Konzemrechts in der EU. Unabhängig davon, ob derzeit diese Bestrebungen zurückgefahren werden oder nicht21, erscheint eine solche Harmoni­ sierung jedenfalls im Grundsatz sinnvoll zu sein22. Denn sie ist unbestritten ein erforderlicher und wichtiger Schritt, das Ziel eines Gemeinsamen Marktes insbe­ sondere auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit ein beträchtliches Stück weiter zu verwirklichen, indem die Rahmenbedingung für Unternehmensverbindungen in den mitgliedstaatlichen Volkswirtschaften und Rechtsordnungen einheitlicher gestaltet werden23. Allerdings hat sich das deutsche Konzemrecht in der Vergan­ genheit bei allen Anläufen zur Vereinheitlichung des die verbundenen Unter­ nehmen betreffenden Rechts auf Gemeinschaftsebene jeweils als diejenige Klippe herausgestellt, die am schwierigsten zu umschiffen war, weil es im Gegensatz zu den anderen Staaten den schon erwähnten Weg eines Sonderrechts für Konzerne

19 Dazu siehe MüKo BGB(-Ebenroth), nach Art. 10 EGBGB, Rn. 381 ff.; Staudinger (-Großfeld), Int. Gesellschaftsrecht, Rn. 501 ff.; Einsele, ZGR 1996, 40; Kronke, ZGR 1994, 26; Immenga/Klocke, ZSR 1973 1,27 ff; Zimmer, 357 ff, 406 ff. 20 Siehe Hofstetter, 26 ff, 48 ff. 21 Hinweise darauf hat es in der Diskussion im Rahmen der Gesatltung eines europäischen Konzemrechts (Thyssenstiftung) gegeben; vorsichtig angedeutet wird diese Tendenz bei Neye, ZGR 1995, 191 f., der ferner die „Ersatzlösungen“ aufzeigt, auf die sich die Entwicklung im euro­ päischen Recht statt dessen bezogen hat bzw. bezieht. 22 Hommelhoff, ZGR 1992, 127 ff; ders., ZGR 1992, 422; Hopt, ZGR 1992, 265 ff; Gleichmann, in: Mestmäcker/Behrens, 581 ff. 23 Gäbelein, in: FS Quack, 211 ff; Lutter, ZGR 1987, 340 ff; Immenga, RabelsZ 1984, 48 ff; ausführlich jetzt Thiele, 71 ff.

beschritten hat24. Vor diesem Hintergrund ist daher zu überlegen, ob ein deutsches Konzemrecht möglicherweise so gefaßt werden kann, daß es auf der europäischen Ebene Raum für Kompromisse im Hinblick auf eine Vereinheitlichung zuläßt. Als Datum muß dabei aber berücksichtigt werden, daß jedenfalls das geschriebene, deutsche Aktienkonzemrecht derzeit rechtspolitisch wohl nicht zur Diskussion steht. dd) Diesen Gründen für Überlegungen zu einer Kritik des bisherigen Konzem­ haftungsrechts schließt sich nach den vorstehenden Untersuchungen dieser Arbeit ein weiterer, bislang seltener eingehend angesprochener Aspekt an. Es stellt sich vor dem Hintergrund der erzielten Ergebnisse nämlich die Frage, ob es überhaupt noch eine Legitimation für ein auf eine abhängige GmbH bezogenes Konzem­ haftungsrecht gibt. Ansatz für diese Bedenken ist die einfache methodische Grund­ regel, daß eine Rechtsfortentwicklung durch die Rechtsprechung nur dort erfolgen darf, wo eine planwidrige Lücke vorliegt25. Das Vorliegen einer Regelungslücke wird weitenteils behauptet und basiert auf der Vorstellung der grundsätzlichen Regelungsbedürftigkeit eines speziellen GmbH-Konzemhaftungsrechts26. Unab­ hängig davon, ob man dem zustimmen möchte oder nicht, wäre eine Regelungs­ lücke jedenfalls nicht planwidrig, da das GmbH-Konzem(Haftungs)recht nicht etwa aus Versehen des Gesetzgebers nicht ungeregelt geblieben ist27. Der Entwurf der Bundesregierung über ein neues GmbH-Gesetz von 197328, der ein sich am Vorbild des AG-Rechts orientiertes Konzemrecht für die GmbH vorsah29, ist nämlich nach erheblicher Kritik fallengelassen worden. Die Kritiker monierten in der Hauptsache, daß ein solches Konzemrecht für die GmbH den praktischen Gegebenheiten, insbesondere den der GmbH-Reform immanenten Grundsätzen der

24 Siehe Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 477; Wymeersch, in: FS Everling II, 1700 ff.; Nowottny, in: Koppensteiner, 405 ff.; Hommelhoff, ZGR 1992, 134 ff; vgl. auch Hopt, Rev.soc. 1987, 321. 25 Canaris, 16 f.; Bydlinski, 473; Larenz, 354; vgl. zur Lückenfüllung im GmbH-Recht allgemein Boujong. GmbHR 1992,207 ff. 26 Vgl. dazu etwa v. Becker, 37 ff.; ausführlich Tiebert; Ulmer, ZHR 148 (1984), 402; ableh­ nend, Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 502; Westermann, Der GmbH-Konzern, 45 f. und 48 f.; Verhoeven, 31 f.; Schramm, 44; Stein, 173; Gätsch, 69 ff, 120 (Ergebnis); vgl. auch Heinsius, AG 1986, 105 f. 27 Siehe etwa Bydlinski, der Planwidrigkeit als „ein nicht gewolltes Manko“ umschreibt, 473; siehe etwa Kleinert, in: FS Helmrich, 669 ff.; Esch, BB 1986, 274; siehe auch OLG Düsseldorf, NJW 1987, 3208, 3209; OLG Celle, WM 1988, 47, 48. Anders hingegen Ulmer, ZHR 148 (1984), 402 ff.); Boujong, in: FS Brandner, 24 ff. 28 Reg.Entw. eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, BT.-Drs. 1973 7/253. 29 In eine entsprechende Richtung gingen auch schon Bemühungen in der Literatur: vgl. Ballerstedt, ZHR 135 (1971), 479; Arbeitskreis GmbH-Reform, hrsg. von G. Hueck u.a., Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform, I und II, 1971 f.; Geßler, DB 1973, 29; Emmerich, AG 1975, 258.

Flexibilität und Disponibilität mit auf den Einzelfall bezogenen Regeln nicht gerecht werde30. Auch in der GmbH-Reform 1980 führte der Gesetzgeber, trotz entsprechender Forderungen31, kein GmbH-Konzern(haftungs)recht ein. Der Rechtsausschuß des Bundestages formulierte in seinem Bericht zur GmbH-Noveile 1980 eindeutig: „... für weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes, die über die Verpflichtung zur Harmonisierung der nationalen Rechte in der Euro­ päischen Gemeinschaft hinausgehen, besteht kein Bedürfnis mehr.“32. Abzulehnen ist daher eine Interpretation, die allein aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, den Schluß zieht, daß er diesen Bereich auch für regelungsbedürftig hält und eine Weiterentwicklung durch die Praxis dadurch legitimiert sei33. Soweit auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Video­ Beschluß gemeint hat, aufgrund der Beschränkung der GmbH-Noveile 1980 auf wesentliche Änderungen werde eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Haftung der Konzemspitze beim GmbH-Konzern daraus nicht erkenn­ bar34, so ist dies methodisch schlicht unsauber. Denn, wenn der Gesetzgeber einmal ein entsprechendes Vorhaben hat fallen lassen und bei einem zweiten Vorhaben entsprechende Regelungen nicht realisiert und es sogar eine gegenteilige Stellungnahme des Rechtsausschusses des Bundestages gibt, dann darf daraus gerade der positive Schluß nicht gezogen werden. Anders herum ausgedrückt: Wenn der Gesetzgeber eine Materie nicht regelt, ist prima facie davon auszugehen, daß er sie nicht regeln wollte, und es kann nicht der Schluß gezogen werden, daß nichts darauf hinweise, daß er sich in Zukunft einer Regelung widersetzen wolle35. Andernfalls wäre es ein leichtes, in jedem Fall, wo eine bestimmte Regelung vom Gesetzgeber angedacht, aber nicht verwirklicht wurde, anschließend zu argumen­ tieren, eine negative Entscheidung hinsichtlich dieser Regelung sei nicht gefallen, so daß die Rechtsprechung die entsprechende Aufgabe des Gesetzgebers überneh­ men könne36. Planwidrig meint stets, daß in einer Gesamtvorstellung des Gesetz­ gebers ein Regelungsaspekt aus Versehen nicht beachtet wurde und die Gesamt­ 30 Gäbelein, GmbHR 1987,221. 31 Vgl. dazu eingehend Kleinert, in: FS Helmrich, 667 ff. 32 Abgedruckt bei Deutler, 15; vgl. auch die insoweit durchaus interessengefärbte Interpreta­ tion der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde „Video-Urteil“, ZIP 1992, 1665, die eindeutig den Wortlaut der Aussage des Rechtsausschusses in ihr Gegenteil verkehrt. Auch der Hinweis in der Begründung des Regierungsentwurfes zur Novelle 1980, nicht abschließend alle zu regelnden Fragen des GmbH-Rechts gereglt zu haben (abgedruckt bei Deutler, 9), läßt keinen anderen Schluß zu. Zudem ist in dem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß der Stellungnahme der Bundesregierung zu der Frage, ob hier ein Lücke vorliegt, kaum mehr oder weniger Bedeutung zukommt als einer „bloßen“ Literaturmeinung, denn es darf insoweit nicht vergessen werden, daß die Bundesregierung nicht der Gesetzgeber ist! 33 Vgl. Weigl, 168; Ulmer, ZHR 148 (1984), 402 f.; Boujong, in: FS Brander, 25. 34 BVerfG, ZIP 1993,1307. 35 So im Ergebnis aber Boujong, in: FS Brandner, 24 ff.; anders zu Recht Kleinert, in: FS Helmrich, 667. 36 Vgl. dazu auch Altmeppen, ZIP 1992, 1668 f.

regelung deshalb ohne diese Einzelregelung in Kraft gesetzt wurde. Hat aber der Gesetzgeber ein bestimmtes Regelungsgebiet im Auge gehabt und die Regelung dennoch - aus welchen Gründen auch immer37 - unterlassen, liegt kein Versehen mehr vor, mag das Unterlassen der Regelung sich auch als unglückliche Entschei­ dung herausstellen. Richterrecht darf grundsätzlich kein Recht dort formen, wo der Gesetzgeber die Regelung dieser Materie zwar angedacht hat, eine solche Rege­ lung sich politisch aber nicht durchsetzen konnte und damit letztlich unterblieben ist38. Ferner sei nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß die Rege­ lungen über „Verbundene Unternehmen“ in den §§ 230 ff. des Regierungsent­ wurfes vom 31.1.1972, der 1973 unverändert in den Bundestag eingebracht wurde, ohnehin nur Regeln über den Vertragskonzem und über den (einfachen) faktischen Konzern vorgesehen waren39. Wenn also dieses Vorhaben Gesetz geworden wäre, hätte für die Entwicklung eines Rechts des qualifizierten faktischen GmbHKonzerns, der mittlerweile den Schwerpunkt des konzemrechtlichen Interesses bildet, von vornherein kein Raum bestanden, weil insoweit dann keine Rege­ lungslücke hätte angenommen werden können. Danach wäre die Entwicklung eines die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Instrumente verdrängenden konzemspezifischen Haftungs­ instrumentariums methodisch gar nicht statthaft gewesen. Gleichwohl erlaubt die Methodenlehre aber ausnahmsweise eine Rechtsfortentwicklung durch die Recht­ sprechung auch in den Fällen, wo der Gesetzgeber nicht planwidrig nicht gehandelt hat (gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung). Dies ist unter äußerst engen Voraussetzungen u.a. dort möglich, wo ein unabweisbares Bedürfnis des Rechts­ verkehrs nach einer Regelung besteht40. Ein solches darf aber nur dann bejaht werden, wenn mit den herkömmlichen bzw. allgemeinen Regelungen, auch bei entsprechender Auslegung nach den Regeln der Methodenlehre41, diejenigen Sach­ verhalte nicht erfaßt werden können, die mit der Rechtsfortbildung erfaßt werden sollen. Damit stellt sich die Frage nach der Legitimation eines GmbH-Konzernhaftungsrechts als Frage der methodischen Rechtfertigung für die Entwicklung eines solchen Haftungstatbestandes. 2. Vorgehensweise

Eingebettet in diesen Gesamtkontext wird im folgenden Untersuchungsschritt die Frage zu beantworten sein, ob und wenn ja welche Ansprüche der Konkurs­ verwalter eines bankrotten abhängigen Konzernunternehmens aufgrund konzem­ 37 Zu den Gründen des jeweiligen Scheitems der Gesetzesvorhaben siehe Boujong, in: FS Brandner, 25; vgl. aber auch Kleinert, in: FS Helmrich, 674 ff. 38 Larenz, 426 f. 39 BT-Drs. 7/253 (1973). 40 Ausführlich dazu Larenz, 414 ff. 41 Canaris, 51; Bydlinski, 472.

spezifischer Haftungsansprüche gegen die Konzemmutter geltend machen kann, um die Haftungsmasse zu vergrößern. Dabei wird die Antwort differenziert nach den einzelnen verschiedenen Formen der GmbH- und AG-Konzerne entwickelt. Ausgangspunkt für die jeweiligen Untersuchungen wird stets der vierte der eben aufgeführten Aspekte sein. Wenn sich vor dem Hintergrund dessen, was in den vorigen Teilen dieser Arbeit erarbeitet wurde, herausstellt, daß ein Bedürfnis in der Praxis nach einer besonderen Konzemrechtsregelung gar nicht besteht, weil nämlich andere Instrumente bereits eingreifen, wäre festgestellt, daß damit in Wirklichkeit von Anfang an weder eine Regelungslücke vorgelegen hat, noch eine Rechtfertigung für eine mögliche Rechtsfortbildung entgegen dem Willen des Gesetzgebers legitimiert ist42. Zugleich wäre damit der Frage, ob und wenn ja inwieweit konzemrechtliche Haftungsansprüche bestehen, von vornherein die Grundlage entzogen, so daß es auf eine Auseinandersetzung der diesbezüglich diskutierten konzemrechtlichen Detailfragen gar nicht mehr ankäme. Nur in dem Fall, in welchem für einen bestimmten Konzemtypen tatsächlich festgestellt werden kann, daß die hier erarbeiteten allgemeinen Instrumente diejenigen Sach­ verhalte, die mit dem konzemrechtlichen Instrumentarium erfaßt werden sollen, nicht regeln, ist es daher methodisch überhaupt zulässig, sich mit den Vorausset­ zungen und Folgen des jeweiligen Konzemhaftungsanspruchs zu beschäftigen. Dieser vierte Aspekt spielt im Zusammenhang mit der allgemeinen Frage, ob es zur Regelung von Haftungsansprüchen einer Tochtergesellschaft gegenüber dem Mutterunternehmen in einem Konzern tatsächlich eines konzemspezifischen Regelungsansatzes bedarf, auch beim AG-Recht eine Rolle. Im Zuge der Unter­ suchung hinsichtlich der AG läßt sich besonders vor dem Hintergrund der im zweiten und dritten Aspekt angeklungenen Bedürfnisse fragen, ob und wenn ja in welchem Umfang in den Regelungen der §§291 ff. AktG im Hinblick auf die hier interessierenden Haftungsfragen tatsächlich konzernspezifische Regelungen getrof­ fen wurden oder ob möglicherweise auch dort festgestellt werden kann, daß sich die entsprechenden Ansprüche, die der Konkursverwalter gegen die Konzemmutter geltend macht, vielleicht auch auf die allgemeinen Regeln zurückführen lassen können.

II. Der faktische GmbH-Konzern 1. Die Haftung der Konzemmutter in einer mehrgliedrigen GmbH a) Die Treuepflicht als Grundgedanke der Haftung Im Fall, daß eine GmbH ein abhängiges Unternehmen in einem faktischen Konzern ist, also nicht durch einen Unternehmensvertrag mit dem herrschenden

42 Siehe dazu auch Gätsch, 71 ff.

Unternehmen verbunden ist43, wird im Anschluß an das ITT-Urteil des BGH vom 5.6.197544 allgemein davon ausgegangen, daß Ansprüche des abhängigen Unter­ nehmens gegenüber dem herrschenden Unternehmen nur insoweit bestehen, wie jenes bei seinem Eingriff in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens die Interessen der Minderheitsgesellschafter an der abhängigen Gesellschaft beein­ trächtigt hat45. Anspruchsgrundlage soll dabei eine über die bloße Loyalitätspflicht des § 242 BGB hinausgehende Treuepflicht eines Gesellschafters gegenüber den anderen Gesellschaftern der Gesellschaft sein46. Danach wird der herrschende Gesellschafter in einer GmbH dann schadensersatzpflichtig, wenn durch eine treu­ widrige Ausübung seiner Mehrheitsmacht der Minderheit ein Schaden entstanden ist47. Der Grundgedanke der Binnenhaftung im faktischen GmbH-Konzern ist damit kein konzemrechtlicher, sondern es werden ihr die allgemeinen Instrumente des Gesellschaftsrechts zum Ausgleich des Mehrheits-Minderheiten-Konflikts in einer GmbH zugrunde gelegt. Anders formuliert: die Haftung des herrschenden Unternehmens für Schäden, die aufgrund seiner Maßnahmen bei der Untergesell­ schaft entstanden sind, ist nicht konzemspezifisch48. Der Umstand, daß Schädiger und Geschädigte in einem Konzern als herrschendes Unternehmen und Minder­ heitsgesellschafter an einem abhängigen Konzernunternehmen verbunden sind, spielt rechtlich also keine Rolle. Es ist ferner auch grundsätzlich unerheblich, ob es sich bei der Mehrheit der Gesellschafter um nur einen oder um mehrere Gesell­ schafter handelt. Das ist für den Konzern deshalb von Bedeutung, weil dort nicht selten die Situation entsteht, das das herrschende Unternehmen allein nicht die Mehrheit der Anteile an der abhängigen GmbH hält und es seinen Einfluß dadurch gewinnt, daß die anderen Gesellschafter der betreffenden GmbH ebenfalls von ihm abhängige Unternehmen sind. Grundlage des Anspruchs ist die Verletzung der Treuepflicht gegenüber den Minderheitsgesellschaftern, so daß dieser Anspruch prinzipiell auch nur den 43 Vgl. die insoweit ganz berechtigte Kritik von Zöllner an dem Ausdruck „faktischer“ Konzern, Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 35. 44 BGHZ 65, 15 = NJW 1976, 191, (vollständiger); bestätigt und ergänzt durch BGHZ 80, 69, 74 ff. (Süssen); BGHZ 89, 162, 166 (Heumann/Ogilvy); dazu vgl. Rehbinder, ZGR 1976, 390 f.; Wiedemann, JZ 1976, 395; Winter, 113 ff.; vgl. auch Limmer, 106 ff. 45 Emmerich/Sonnenschein, 387 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 26; Baumbach/ Hueck(-Zöllner), Anh. Konzemrecht, Rn. 98.; Lutter/Hommelhoff, Nach § 13 Rn. 13 f.; Scholz (-Emmerich) Anh. § 44, Rn. 181 ff; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 49 ff; Martens, GmbHR 1984,267; Assmann, JZ 1986,928 f.; Gätsch, 29 f. 46 BGHZ 9, 157, 163: „Die Treuepflicht hat nicht bloß den Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB) zum Inhalt“. Zur Entwicklung siehe u.a. Zöllner, 298, 335 ff; Immenga, 180 ff, 270 ff; Lutter, AcP 180 (1980), 110 ff, 120 ff; ders., ZHR 162 (1998), 164 ff; Raiser, ZHR 151 (1987), 430 ff. Vgl. ferner BGH ZIP 1988, 1118; Scholz(-Winter), §14, Rn. 50; Lutter/ Hommelhoff, § 14, Rn. 15. 47 BGHZ 80, 69, 74 ff; BGHZ 89, 162, 166 ff; Hachenburg(-Raiser), § 14, Rn. 61; Scholz (-Winter), § 14, Rn. 62; Lutter/Hommelhoff, § 14, Rn. 25. 48 Siehe Eschenbruch, Rn. 3366.

Minderheitsgesellschaftern zusteht. Er soll sie davor schützen, daß ihre in der Gesellschaft gebundenen Vermögenspositionen durch die Ausübung von Mehr­ heitsmacht entwertet werden49. Ein Gläubigerschutz ist damit nicht bezweckt. Da aber die Handlung der Mehrheit unmittelbar nur die Gesellschaft schädigt und erst durch die Schädigung die Vermögensposition der Gesellschafter an der Gesell­ schaft beeinträchtigt wird, werden die jeweiligen Vermögenseinbußen der Minder­ heitsgesellschafter nicht individuell, sondern durch das Aufstocken des Vermögens der Gesellschaft ausgeglichen. Deshalb wird der entsprechende Anspruch gegen die Konzemmutter unbestrittenermaßen nicht von den betroffenen Minderheits­ gesellschaftern, sondern von der Gesellschaft für die Minderheitsgesellschafter geltend gemacht. Im Konkurs hat dieser Umstand dann Bedeutung für die Gläubi­ ger, denn dort wird der Anspruch der Minderheit gegen den Mehrheitsgesellschaf­ ter zu einem Anspruch, den der Konkursverwalter zur Masse geltend machen kann. Das fuhrt dazu, daß im Konkurs der abhängigen Konzemgesellschaft die ursprüngliche Schutzrichtung des Anspruchs wegen Verletzung der Treuepflicht wechselt. Denn der Anspruch der Minderheitsgesellschafter kommt im Konkurs nicht mehr ihnen (mittelbar) zugute, sondern er bewirkt eine Aufstockung des Haftungsfonds und vergrößert damit die Quote der Gläubiger. Der Schutz der Vermögenspositionen der Minderheitsgesellschafter in einer abhängigen Konzem­ gesellschaft mbH beinhaltet damit nur reflexiv einen Gläubigerschutz, der sich auch erst im Konkurs der Gesellschaft realisiert50. b) Treuepflicht als eigene Anspruchsgrundlage für Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH im faktischen Konzern?

aa) Die Verletzung der Treuepflicht ist nicht nur Haftungsgrund, sondern soll zugleich als ungeschriebene, aber gewohnheitsrechtlich anerkannte Hafiungsnorm für ein Vorgehen des Konkursverwalters gegen die Mutter dienen51. Im Hinblick auf die vielen unterschiedlichen Facetten des Verhältnisses der Gesellschafter untereinander, die die Treuepflicht abzudecken haben52, mag dies grundsätzlich auch zutreffend sein. Im Hinblick auf die Treuepflicht des herrschenden Gesell­ schafters bezüglich der Eingriffe in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH ist es hingegen fraglich, ob der Treuepflichtgedanke tatsächlich auch die zutref­ fende Anspruchsgrundlage ist. Bedenken ergeben sich unmittelbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Einflußnahme des herrschenden Gesellschafters auf die

49 Immenga, 270; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 77, 81 vgl. bereits RGZ 132,149, 163. 50 Vgl. Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 15; Eschenbruch, Rn. 3372; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 72. 51 Siehe etwa Lutter/Hommelhoff, § 14, Rn. 14, Rn. 25 m.w.N. 52 Wiedemann, GesR I, 412 ff.; Raiser, ZHR 151 (1987), 435 ff.; ders., §28, Rn. 30 ff. m.w.N.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 22 ff.

Geschäftsführung der abhängigen GmbH normalerweise nicht unmittelbar ge­ schieht sondern stets über das Geschäftsleitungsorgan, etwa in dem diesem Weisungen erteilt werden. Der Akt der Anweisung für sich betrachtet kann zwar unter Mißachtung der Interessen der Minderheit treuwidrig gewesen sein. Damit ist der zum Schadensersatz verpflichtende Tatbestand einer Treuepflichtverletzung aber noch nicht vollständig erfüllt. Voraussetzung ist zudem noch ein Schaden der Gesellschaft, der sich indirekt als ein Schaden der Minderheit darstellt. Allein die treuwidrige Weisung stellt aber noch keinen Schaden dar. Dieser Schaden entsteht für die Minderheitsgesellschafter vielmehr erst dann, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft die betreffende Weisung tatsächlich auch ausführt und es dadurch zu einem Schaden bei der Gesellschaft kommt, der nicht eingetreten wäre, wenn der Geschäftsführer wie ein gewissenhafter Geschäftsleiter gehandelt hätte. In diesem konkreten Fall greift aber bereits eine gesetzlich geregelte Anspruchsgrundlage ein, die als solche einen nur gewohnheitsrechtlich anerkannten, unmittelbaren Anspruch aus der Verletzung der Treuepflichten verdrängt. Angesprochen ist die Anstifterhaftung nach §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB, mittels der der Weisungs­ geber - also hier das herrschende Unternehmen - als Gesamtschuldner mit dem Geschäftsführer für schädigende, schuldhafte Geschäftsführerpflichtverstöße ein­ stehen muß. Im Rahmen dieser Haftung kommt dann, wie oben gezeigt wurde53, dem Umstand, ob die Weisung des herrschenden Gesellschafters eine Treue­ pflichtverletzung darstellt, wieder entscheidende Bedeutung zu. Denn erst der Umstand, daß die Weisung des herrschenden Gesellschafters gegen seine Treue­ pflicht verstößt, macht die Anweisung an den Geschäftsführer unwirksam und führt dazu, daß die schädigende schuldhafte Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers rechtswidrig ist, so daß erst dann eine Haftung wegen Teilnahme überhaupt möglich wird54. Für den Bereich der Eingriffe in die Geschäftsführungsangelegen­ heiten der abhängigen GmbH ist die Treuepflichtverletzung also nur ein, wenn auch wesentliches Tatbestandsmerkmal bei der Haftung des herrschenden Gesell­ schafters. Vom Ergebnis her unterscheidet sich die Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Regelung hinsichtlich der Haftung des herrschenden Gesellschafters gegenüber der abhängigen GmbH nach §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB bei der Erteilung treuwidriger Weisungen freilich nicht von der dazu subsidiären allge­ meinen Grundlage der Haftung wegen Verletzung der Treuepflicht. Denn in beiden Fällen ist es für die Haftung maßgebend, daß das herrschende Unternehmen deshalb für die Schäden bei der Gesellschaft einstehen muß, weil es treuwidrig die Mitwirkungsrechte bzw. die Interessen der Minderheit nicht beachtet hat. Eine erhebliche Folge des methodischen Vorrangs der Haftung der §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB für Eingriffe des herrschenden Unternehmens auf die Geschäftsführung mittels Weisungen, die in treuwidriger Weise zustande gekom­ men sind, liegt allerdings darin, daß die Minderheitsgesellschafter gezwungen sind,

53 Siehe oben § 4 II. Teil E. II. 1. c. 54 Siehe oben § 4 II. Teil E. II. 1. a.

ihre eigenen Interessen zu wahren und den Beschluß, der ihre Rechte treuwidrig beeinträchtigt, fristgemäß anzufechten. In dem Fall, wo die Treuepflicht selbst die ungeschriebene Anspruchsgrundlage wäre, würde man dagegen wohl nur zu prüfen haben, ob das Handeln der Gesellschaftermehrheit überhaupt treuwidrig gegenüber der Minderheit gewesen ist. Der Minderheit aufzuerlegen, selbst tätig zu werden, ist jedoch nicht unbillig. Es trägt dem Umstand Rechnung, daß das Gesetz sich, neben den wesentlichen Gründen der Rechts- und Planungssicherheit, auch nicht anmaßen wollte, die Freiheit der Minderheit einzuschränken, selbst entscheiden zu können, ob sie einen Eingriff in ihre Interessen hinzunehmen bereit sind und deshalb den Beschluß nicht anfechten, oder ob sie ihre Minderheitsrechte wahren wollen und dagegen angehen. Oftmals bietet dieses „Drohpotential" der Anfech­ tung in der Praxis auch die Gelegenheit, daß sich die Mehrheit und die Minderheit nach der Weisung noch einig werden, indem beispielsweise die Mehrheit die Minderheit entschädigt und jene dann entweder nachträglich die Zustimmung zu der Weisung erteilt oder von einer Anfechtung absieht. bb) Damit kann also ein bei der Minderheit entstandener Schaden nicht von dem herrschenden Unternehmen als Mehrheitsgesellschafter an der betreffenden GmbH ersetzt verlangt werden, wenn die Weisung des herrschenden Gesellschafters gegenüber dem Geschäftsführer, auf der der Schaden beruht, seiner Treuepflicht der Minderheit gegenüber entsprochen hat oder die Minderheitsgesellschafter die Geltendmachung ihrer Rechte nicht in Anspruch nehmen, und wenn sie auch aus sonstigen Gründen nicht rechtswidrig oder nichtig war. Dann nämlich liegt keine tatbestandsmäßige Anstiftung zur Geschäftsführerpflichtverletzung nach §§43 II GmbHG, 830II BGB vor.

c) Inhalt der Treuepflicht aa) Der Inhalt der Treuepflicht eines (Mehrheits-)Gesellschafters in der GmbH ist nicht endgültig festgelegt55. Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, daß der Mehrheitsentscheidung in rechtlichen Gemeinschaftsinteressen die Eignung zum sachgemäßen Interessenausgleich und die Gewähr höchstmöglicher „Richtigkeit“ zugeschrieben wird56. Dieses Ideal kann aber nur dann erfüllt werden, wenn die Interessen der Mehrheits- und die der Minderheitsgesellschafter innerhalb einer bestimmten Bandbreite parallel verlaufen und die Mehrheit nicht Sonderinteressen verfolgt57. Dies dient der Erhaltung und Vermehrung gesellschaftlichen Vermö­ 55 Raiser, ZHR 151 (1987), 424, 435 f.; Scholz(-Winter), § 14, Rn. 51 ff.; Baumbach/Hueck (-Hueck), § 13,22 f.; Lutter/Hommelhoff, § 14, Rn. 15. 56 Vgl. Immenga, 262. 57 Vgl. RGZ 68, 235, wo das Mehrheitsprinzip als uneingeschränkt angesehen wurde: „Die in den Angelegenheiten der Gesellschaft mit der erforderlichen Stimmenzahl gefaßten Beschlüsse der Mehrheit sind für die Minderheit auch dann maßgebend, wenn sie dieser als verkehrt, wirtschaft­ lich nachteilig und die Bestrebungen der Minderheit schädigend erscheinen.“

gens und bewahrt die vermögensrechtliche Beteiligung der einzelnen Gesellschaf­ ter vor einer wirtschaftlichen Aushöhlung58. Damit müssen die Gesellschafter nicht befurchten, ihre in die Gesellschaft eingebrachten Werte dadurch vermindert zu sehen, daß diese schutzlos einem Diktat der Mehrheit unterworfen sind, und sie so zu einem bloßen Ressourcenlieferanten degradiert werden. Gleichzeitig darf dieser Schutz aber auch nicht dazu fuhren, daß die Minderheit unter Berufung auf diese Verpflichtung die Mehrheit in Ausübung ihrer Mehrheitsrechte einschränkt (Diktat der Minderheit). Ansonsten gäbe es nämlich keinen Grund mehr, Mehrheiten zu erwerben, wenn man seinen Mehrheitswillen nicht auch gegen eine Minderheit durchsetzen könnte. Es ist anerkannt, daß die Treuepflicht in diesem Rahmen ein ganzes Bündel von Einzelpflichten umfaßt, so daß diese innerhalb einer Gesellschaft immer differen­ ziert zu betrachten sind59. Ein Strang dieser Pflichten betrifft die Einwirkungen auf die Geschäftspolitik bzw. auf die Geschäftsführung des Unternehmens. Soweit es um die Konkretisierung dieser speziellen Treuepflichten geht, wenn also beurteilt werden soll, ob der bei der abhängigen Gesellschaft einen Schaden verursachende Einfluß des herrschenden Unternehmens als Mehrheitsgesellschafter auf die Geschäftsführung der GmbH von den Minderheitsgesellschaftern noch hingenom­ men werden muß, wird verbreitet als Maßstab § 43 I GmbHG herangezogen60. Das scheint insofern auch sinnvoll, weil § 43 GmbHG die (einzige) Ausprägung des allgemeinen Konzepts, wie die Geschäftsführung einer Gesellschaft zu erfolgen hat, im GmbH-Recht darstellt. Damit kann man zwar auf ein sprachlich fest umrissenes Kriterium zur Beurteilung der Treuepflicht in dem betreffenden Bereich zurückgreifen, doch hat man gleichzeitig wieder mit dem schon oben aufgetauch­ ten Problem zu kämpfen, daß es im Rahmen der Anwendung dieses Kriteriums ein praktisch nicht lösbares Problem darstellt, ex post festzustellen, was ein ordent­

58 Immenga, 270; Raiser, ZHR 151 (1987), 437 f. 59 Grundsätzlich ist in die beiden großen Bereiche der Pflichten hinsichtlich der Geschäfts­ führungsangelegenheiten und in anderen Gesellschaftsangelegenheiten zu unterscheiden, siehe statt aller Scholz(-Winter), § 14, Rn. 56 f.; Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 28 ff.; Ziemons, 145 f.; vgl. zu der speziellen Gruppe des Wettbewerbsverbots als Ausprägung der Treuepflicht im Konzern insbes. Röricht, Wpg. 1992, 771 ff.; Lutter/Hommelhoff, §14, Rn. 22; Hachenburg (-Raiser), § 14, Rn. 64. Siehe auch BGHZ 89, 162 zum Treuepflichtverstoß der Muttergesellschaft, weil sie mittels einer Schwestergesellschaft in Konkurrenz zur Tochter getreten ist. 60 Scholz(-Emmerich), Anh. §44, Rn. 182; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. §52, Rn. 5; Ulmer, ZHR 148 (1984), 413; Immenga, 277 f. und 282 f.; vgl. auch Schilling, in: FS Hefermehl, 385. BGH NJW 1976, 191, 192 (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 65, 15 ff.); andere sehen § 43 GmbHG als eigenständige Anspruchsgrundlage (Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 158 f.; K. Schmidt, ZGR 1981,474 f.; Wiedemann, GesR I, 351; Würdinger, DB 1973,47 f.; Geizhaus, GmbHR 1989, 403; Autenrieth, GmbHR 1984, 200). Das ist aber aus den oben dargelegten Gründen nicht haltbar: Wenn das herrschende Unternehmen mit Weisungen in die Geschäftsführung eingreift, handelt es nicht wie ein Geschäftsführer, sondern als Gesellschafter und kann deshalb allenfalls im Rahmen des § 43 II GmbHG, 830 II BGB haften. Oder das herrschende Unternehmen gebärdet sich selbst wie ein Geschäftsführer der Untergesellschaft, dann kommt es nicht auf die Treuepflicht an.

licher Geschäftsleiter an der Stelle des tatsächlich Handelnden aus ex ante-Sicht gemacht hätte. Damit scheint man nichts anders gemacht zu haben als einen konturlosen Begriff („Treuepflicht“) durch einen anderen ersetzt zu haben („Handeln eines ordentlichen Geschäftsführers“)61. Allerdings wurde oben schon darauf hingewiesen, daß die Schwierigkeiten hauptsächlich in dem Bereich auftre­ ten, wo es um die Einschätzung von Ermessensspielräumen geht. Im Verhältnis des Mehrheits- zum Minderheitsgesellschafter geht es jedoch genau genommen gar nicht um irgendeinen unternehmerischen Ermessensspielraum, sondern um recht exakt definierte Interessen. Daher läßt sich der Maßstab des ordentlichen Ge­ schäftsführers in diesem speziellen Fall auf eine einfache Interessenabwägung reduzieren62. bb) Die Abwägung muß stattfinden zwischen dem Interesse des herrschenden Unternehmens an der betreffenden Handlung, die die Weisung bewirken soll, und dem Interesse der Minderheit an dem Schutz ihrer Vermögensposition. Das typische Instrument für einen derartigen Interessenausgleich ist der Vertrag mit seiner tendenziell bestehenden Richtigkeitsgewähr für das dort erzielte Ergebnis. Es wäre daher vorstellbar, daß die Mehrheit und die Minderheit ihre Interessen vorab in einem Vertrag festlegen. Dies ist ein Bereich, der der Konzemeingangs­ kontrolle zuzuordnen ist und deshalb an dieser Stelle nicht weiter vertieft wird. Für den hiesigen Zusammenhang ist relevant, daß in den Fällen, wo es um die Konkre­ tisierung der Treuepflicht zwischen Mehrheit und Minderheit geht, ein solcher Interessenausgleich per Vertrag gerade nicht besteht63. 64 Da der Ausgleich der Inter­ essen aber in einem Vertrag hätten stattfinden können, liegt es nahe, daß für die Interessenabwägung im Rahmen der Treuepflichterwägungen auf einen entspre­ chenden hypothetischen Vertrag abzustellen ist. Dabei sind zwei Modelle denkbar, entweder man unterstellt, der Vertrag würde zwischen den Gesellschaftern zu einem Zeitpunkt geschlossen werden, in dem noch nicht bekannt ist, wer die Position des Mehrheitsgesellschafters und wer die des Minderheitsgesellschafters einnimmt {»veil of ignorance^M). Oder man stellt darauf ab, was aus einem hypo­ thetischen Konsens zwischen tatsächlichen Mehrheits- und Minderheitsgesell­ schaftern hervorgegangen wäre. Die zweite Variante birgt die Gefahr in sich, daß strategisches Verhalten ins Spiel kommt. In beiden Fällen ist es zwar nicht möglich, in derartigen hypothetischen Verträgen festzulegen, was die Parteien konkret vereinbart hätten; allerdings können, angenommen die Parteien verhalten sich (zumindest eingeschränkt) rational, einige generelle Grundaussagen über das 61 Vgl. auch Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 291 f. 62 Tendentiell anders Eschenbruch, Rn. 3367; siehe auch Baumbach/Hueck(-Hueck), § 13, Rn. 24. 63 Ansonsten bedürfte es gar nicht erst des Rückgriffs auf §§43 II GmbHG, 830 II BGB in Verbindung mit der Treuepflicht, es griffe dann ein Anspruch aus pW ein. 64 Siehe dazu Kirchner, in: FS Beisse, 274; ferner auch ders. Ökonomische Theorie, 10, jeweils mit Nachweisen.

getroffen werden, was die Parteien jedenfalls in ihrem Vertrag geregelt hätten. So kann mit Sicherheit gesagt werden, daß jede Partei, unterstellt sie seien eigennutz­ orientierte Akteure, im Hinblick auf eine sie (eventuell) treffende Position als Minderheitsgesellschafter, nur dann bereit sein würden, sich auf einen Vertrag zu einigen, der über den Handlungsradius der Mehrheit in der Ausübung ihrer Mehr­ heitsmacht Aussagen trifft, wenn dieser für sie insgesamt gesehen vorteilhaft ist65. Dies kann etwa bei einer Vereinbarung unterstellt werden, daß sie nur zu der Bedingung Minderheitsgesellschafter sein wollen, daß sich die Mehrheit nach einem bestimmten Rationalverhalten verhält, welches gewährleistet, daß ihre Vermögensposition sich durch dieses Verhalten der Mehrheit insgesamt verbessert oder in Ausnahmefallen sich jedenfalls nicht verschlechtert66. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn bezogen auf das Unternehmen die Entwicklung des Unter­ nehmenswertes positiv beeinflußt wird67. Da die Parteien in dem hypothetischen Vertrag aber nur (eingeschränktes) Rationalverhalten vereinbaren werden, bedeutet das zugleich auch, daß die Parteien voneinander lediglich verlangen könnten, daß die Maßnahme des herrschenden Unternehmens aus seiner ex ante-Sicht eine solche darstellt, die dazu geeignet und gedacht ist, mittelfristiger Steigerung des Unternehmenswertes der gemeinsamen Gesellschaft beizutragen. Zurückbezogen auf das antizipierte Verhalten eines ordentlichen Geschäfts­ führers im Rahmen des Maßstabs für die notwendige Treuepflicht nach §§ 43 I GmbHG, 830 II BGB ist genau diese Überlegung zu übertragen. Konkret bedeutet dies, daß ein ordentlicher Geschäftsführer nur eine solche Maßnahme getroffen hätte, die aus seiner Sicht dazu gedacht und geeignet war, den Unternehmenswert mittelfristig zu steigern.

cc) Für den Umstand, daß die Weisung an den Geschäftsführer dieses Kriterium erfüllt, ist wegen der Nähe zum Beweisgegenstand der herrschende Gesellschafter beweispflichtig68. Er hat im Streitfall offenzulegen, aus welchen Motiven und aufgrund welcher Erwägungen er gemeint hat, berechtigterweise davon hätte ausgehen dürfen, daß eine bestimmte Handlung dazu geeignet war, den Unter­ 65 Dazu und zu der theoretischen Einbettung dieser These eingehend Kirchner, in: FS Beisse, 273 f.; Homann/Kirchner, Jahrbuch für neue Politische Ökonomie 1995, 203; vgl. dazu ferner Eschenbruch, Rn. 3368 mit dem Versuch der Fallgruppenbildung. 66 Zu den Auswirkungen des Konsensprinzips im Konzemrecht vgl. Kirchner, Management­ forschung 7 (1997), 290 ff. 67 Laske, ZGR 1979, 173 ff., speziell 179 ff., 183, 189 ff. (Bei der Bestimmung des Untemehmensinteresses spielen die Erhaltung und die Rentabilität eine zentrale Rolle); vgl. auch Mertens, ZGR 1977, 270 ff; Raisch, in: Festschrift Hefermehl, 345 ff insb. 357 ff. Ausführlich dazu nun Mülbert, ZGR 1997, 159 ff, der sich eingehend mit der „Gewinnmaximierung“ im Gegensatz zur Steigerung des Unternehmenswertes auseinandersetzt. Vgl. auch auch Ballwieser, in: FS Moxter, 1377 ff, insbes. 1389 ff. 68 Vgl. v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 41; siehe auch Zöller(-Greger), vor §284, Rn. 25 ff; MüKo ZPO(-Prütting), § 286, Rn. 112, siehe aber denselben kritisch zu Abweichungen von den gesetzlichen Beweislastverteilungen bzw. von der Grundregel § 286, Rn. 117 ff.

nehmenswert bzw. den Gewinn zu steigern. Gelingt es dem herrschenden Unter­ nehmen, dies zu zeigen, folgt daraus, daß er seine Treuepflicht gegenüber der Minderheit erfüllt hat. Die Weisung an den Geschäftsführer ist damit - sofern nicht andere Gründe gegeben sind, die außerhalb des Verhältnisses von Mehrheit zu Minderheit liegen - rechtmäßig und entlastet ihn von vornherein von einer mögli­ chen Teilnehmerhaftung nach § 43 II GmbHG, 830II BGB.

d) ,, Eigenhändiger " Eingriffdes herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens

Greift das herrschende Unternehmen allerdings nicht über Weisungen an den Geschäftsführer in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH ein, sondern nimmt er „eigenhändig“ Maßnahmen vor, so bedarf es nach der hier entwickelten Lösung von vornherein keines Rückgriffs auf den Treuepflichtgedanken. In diesem Fall geriert sich das herrschende Unternehmen wie ein faktischer Geschäftsführer, so daß ihm die Folgen seines Handelns als faktischer Geschäftsführer zugerechnet werden können. Vom Ergebnis her wird die Minderheit exakt in demselben Umfang vor Eingriffen geschützt, denn die Schadensersatzpflicht nach § 43 II GmbHG tritt nur insoweit ein, wie ein ordentlicher Geschäftsführer nicht entspre­ chend gehandelt hätte. Das ist aber genau das Kriterium, das auch zur Konkretisie­ rung der Treuepflicht herangezogenen wird. Insoweit gilt hier das oben Gesagte. e) Zusammenfassung

In einem faktischen GmbH-Konzern ist das herrschende Unternehmen als herr­ schender Gesellschafter im Konkurs des abhängigen Unternehmens für Eingriffe in deren Geschäftsführung, die zu einem Schaden bei der Gesellschaft geführt haben, dann zu einem Schadensersatz verpflichtet, wenn es bei der entsprechenden Weisung an den Geschäftsführer seine Treuepflicht gegenüber den Minderheits­ gesellschaften mißachtet hat. Dieser Anspruch, den der Konkursverwalter für die nunmehr bankrotte Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen wegen des betreffenden Eingriffs geltend machen kann, basiert auf §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB. Im Rahmen dieser Anspruchsgrundlage ist die Treuewidrigkeit der Weisung, mit der der herrschende Gesellschafter auf die Geschäftsführung Einfluß genom­ men hat, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal. Eine Treuepflichtverletzung hinsichtlich der Weisung liegt dann nicht vor, wenn die Maßnahme aus ex-anteSicht des herrschenden Unternehmens dazu gedacht und geeignet gewesen war, den Unternehmenswert mittelfristig zu steigern. Beweispflichtig dafür ist das herr­ schende Unternehmen. Dort, wo das herrschende Unternehmen „eigenhändig“, d.h. unter Umgehung des Geschäftsführers, in die Geschäftsführung des Unter­ nehmens eingegriffen hat, kommt ein Anspruch gegen das herrschende Unter­ nehmen im Rahmen der Haftung als faktischer Geschäftsführer in Betracht.

2. Gläubigerschutz ohne Konflikt zwischen der Mehrheit und der Minderheit Die soeben dargelegte Möglichkeit, das herrschende Unternehmen als Mehr­ heitsgesellschafter in die Haftung einzubinden, versagt dort, wo der von dem Treuepflichtansatz vorausgesetzte Konflikt zwischen Mehrheit und Minderheit entfallt. Das ist dann der Fall, wenn die betreffende GmbH entweder nur einen Gesellschafter hat, oder wenn sich alle Gesellschafter einig sind oder wenn die Minderheit in der Gesellschaft auf ihre Schadensersatzansprüche aus Treuepflicht­ verletzungen verzichtet69 (die letzten beiden Fälle sollen im folgenden bildhaft als „einige“ Gesellschafter bezeichnet werden). Wenn aber der Konkursverwalter gegen die Gesellschaften, in welchen keine Minderheit vor dem Einfluß einer Mehrheit geschützt zu werden braucht oder geschützt werden will, keine entspre­ chenden Ansprüche für die Masse geltend machen kann, werden die Gläubiger einer solchen Einmann-GmbH bzw. einer derartigen mehrgliedrigen GmbH mit „einigen“ Gesellschaftern im Vergleich zu den Gläubigem von einer mehr­ gliedrigen GmbH benachteiligt. Denn potentiell hat ein Konkursverwalter einer mehrgliedrigen GmbH durch diesen Binnenhaftungsanspruch eine weitere Mög­ lichkeit, die Masse der Gemeinschuldnerin zu vergrößern, die er in den anderen Fällen nach diesem Konzept gerade nicht hat. Dort ist der Gläubigerschutz in diesen Fällen geringer als bei den mehrgliedrigen Gesellschaften mbH, und zudem bestünde auch die Möglichkeit, daß der Gläubigerschutz damit in der Dispositions­ reichweite der Gesellschaftergesamtheit steht70. Anders wird dies nur von den Stimmen gesehen, die annehmen, es bestünde auch gegenüber der Gesellschaft an sich eine Treuepflicht der Gesellschafter, so daß der Maßstab des treuepflichtigen Verhaltens auch in Einmann-Gesellschaften mbH oder bei einigen Gesellschaftern Anwendung finde71. Eine solche Ansicht ist jedoch abzulehnen, denn Voraussetzung wäre es, daß ein von den Gesellschaftern unabhängiges Gesellschaftsinteresse definiert werden könnte, demgegenüber sich dann der einzige Gesellschafter treu verhalten müßte72. 73 Ansatzpunkt dafür ist die Überlegung, daß ein solches eigenständiges Gesellschaftsinteresse dann vorläge, wenn man ein Interesse isolieren könnte, das existiert, auch wenn man alle denk­ baren Interessen anderer Akteure hinweg dächte. Trotz vieler Bemühungen73 ist es

69 Assmann, in: FS 100 Jahre GmbHG, 670; ders., JZ 1986, 929 ff.; Scheel, 346; Ulmer, ZHR 148 (1984), 393 f.; 418 ff; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 13. 70 Vgl. Ulmer, ZHR 148 (1984), 416 ff. (insbes. 418 f.). 71 Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 75 und 83 ff.; Nissing, 43 ff; Flume, Jur. Pers., 268 ff. (siehe aber Flume, ZHR 144 (1980), 29); Priester, ZGR 1993, 521; Ziemons, 97 ff; differenzierend Winter, 190 ff, 203 ff; ders., ZGR 1994, 575 ff; Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 93; vgl. auch Teubner, ZHR 149 (1985), 470 ff. 72 Siehe BGHZ 119, 225; Windbichler, JR 1994, 61. 73 Siehe die in Fn. 71 Genannten. Zur Verdeutlichung sei hier nur auf zwei Beispiele hingewie­ sen. So ist etwa versucht worden, als Gesellschaftsinteresse den Gesellschaftszweck anzunehmen

noch nicht gelungen, ein solches Interesse ausfindig zu machen; letztlich lassen sich nämlich alle denkbaren Interessen, die als reine Unternehmensinteressen gelten könnten, auf Interessen der Gesellschafter zurückfuhren. Eine solche Benachteiligung der Gläubiger ist im wesentlichen strukturell bedingt74. Der strukturelle Unterschied besteht aber nicht darin, daß es sich in einem Fall um eine abhängige Gesellschaft handelt, die Einmann-GmbH ist, und in dem anderen Fall eine mehrgliedrige GmbH. Denn wie das Beispiel der „einigen“ Gesellschafter in einer mehrgliedrigen GmbH zeigt, kann auch dort eine Vergröße­ rung der Haftungsmasse im Konkurs des betreffenden Unternehmens aufgrund des Fehlens einer Minderheit, jedenfalls im Hinblick auf den hier in Frage stehenden Anspruch, leerlaufen. Er kommt vielmehr darin zum Ausdruck, daß der Gläubiger­ schutz im faktischen GmbH-Konzern an den Minderheitenschutz gekoppelt ist und erst im Konkurs Bedeutung erlangt. Solange es nur einen Gesellschafter in der abhängigen GmbH gibt oder alle Gesellschafter einig sind, können sie im Rahmen der zwingenden Normen grundsätzlich mit ihrer GmbH machen, was sie für richtig halten und dem Geschäftsführer entsprechend in jede Richtung Weisungen erteilen (vgl. § 37 GmbHG)75. Zur Rücksichtnahme auf die Belange der Gläubiger bei etwaigen Maßnahmen sind die Gesellschafter nicht verpflichtet. Auch wenn in bestimmten Fällen ein „Existenzschutz“ der Gesellschaft, wie vereinzelt gefor­ dert76 wird, angemessen erschiene, gibt es de lege lata jedoch keine Grundlage, auf der dieses Verhalten sanktionierbar wäre77. Letztlich sind diese Konsequenzen für den Gläubigerschutz grundsätzlich auch nicht unbillig, denn die Gläubiger werden von der Rechtsordnung nicht davor geschützt, wie ihr Geschäftspartner seine Geschäfte führt. In Extremfällen bietet

(vgl. Ulmer, ZHR 148 (1984), 419). Dann kommt man jedoch in Konflikt damit, daß in dem Gesellschaftszweck stets nur das Interesse des Gesellschafters zum Ausdruck kommt; ein selbstän­ diges Interesse der Gesellschaft stellt der Zweck hingegen nicht dar, ansonsten würde jede Zweckänderung durch den Gesellschafter einen rechtswidrigen Treuepflichtenverstoß darstellen. Auch der Bestandschutz ist keine eigenes Interesse der Gesellschaft (so jedoch Ulmer, ZHR 148 (1984), 420, denn wenn man ein eigenständiges Existenzinteresse der GmbH bejahte, hätte dies zur Konsequenz, daß der Gesellschafter nicht die Auflösung der Gesellschaft beschließen könnte, ohne eine Treuepflichverletzung zu begehen. Das Gesetz erlaubt jedoch unter Beachtung der §§ 65 ff. GmbHG, die nicht die Gesellschaft an sich, sondern die Gläubiger schützt (Statt aller Lutter/ Hommelhoff, § 13, Rn. 22), die GmbHG jederzeit zu liquidieren (dagegen aber wiederum Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 86; Nissing, 96 f.; vgl. auch den Ansatz von Ziemons, 97 ff.). Im Ergebnis wie hier Rowedder(-Koppensteiner), § 43, Rn. 57; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 100; Lutter, ZIP 1985, 1428 ff.; ders., ZHR 162 (1998), 183. 74 Vgl. auch im Ansatz bei Rehbinder, AG 1986, 90 f., wohl auch Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 100. 75 Siehe oben bei § 4 II. Teil E. II. 76 Vgl. Priester, ZGR 1993, 521 ff.; Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 167. 77 Der sogenannte Haftungsdurchgriff wegen Unterkapitaliseriung ist wie oben bereits erwähnt ein untaugliches Mittel, vgl. § 4 I. Teil A.

§ 826 BGB das notwendige Regulativ78. Denn die Frage der Führung der Geschäfte des Schuldners ist nämlich gerade eines der typischen Geschäftsrisiken des Gläubigers. Wenn im Konkurs die Haftungsmasse möglicherweise doch um einen Anspruch des herrschenden Unternehmens wegen der Einflußnahme auf die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens vergrößert wird, dann basiert dies deshalb nicht auf einer Maßnahme zur Kompensation des enttäuschten Vertrauens des Gläubigers, sondern ist eben gerade nur ein Reflex des Schutzes derjenigen, deren Interessen vor den Eingriffen der Mehrheit in die Geschäftsführung der Gesellschaft geschützt sind. Daß also im Ergebnis die Gläubiger einer mehr­ gliedrigen GmbH hinsichtlich dieses Anspruches doch häufig besser gestellt sind als die Gläubiger einer Einmann-Gesellschaft bzw. einer Untergesellschaft mit „einigen“ Gesellschaftern, ist ein Umstand, der aus dem Schutzadressatenwechsel im Konkurs resultiert. Er führt dazu, daß der Anspruch der Gesellschaft im Konkurs nicht den in ihrer Vermögensposition geschädigten Minderheitsgesell­ schaftern zukommt sondern den Gläubigem. 3. Zusammenfassung Im einfachen GmbH-Konzern gibt es eine Haftung des herrschenden Unter­ nehmens im Konkurs der Tochter. Diese ist aber nicht als „konzernspezifisch" einzuordnen. Die Haftungsmasse ist daher insoweit mit allgemeinen Instrumenten zu vergrößern. Schäden, die der Untergesellschaft aufgrund der Einflußnahme des herrschenden Unternehmens auf die Geschäftsführung des abhängigen Unter­ nehmens entstanden sind, können vom Konkursverwalter (nur) mit allgemeinen Instrumenten zugunsten der Haftungsmasse kompensiert werden. Dabei stehen ihm je nach Sachverhalt die Möglichkeit offen, das herrschende Konzernunternehmen im Rahmen der Anstifterhaftung für einen Geschäftsführungsfehler in Anspruch zu nehmen (§§ 43 II GmbHG, 830 II BGB) oder ihm den Schaden als faktischer Geschäftsführer zuzurechnen. Bei der Anstifterhaftung spielt die Treuepflicht des herrschenden Unternehmens gegenüber den Minderheitsgesellschaftern eine ent­ scheidende Rolle. Die Haftung im faktischen GmbH-Konzern ist ein Resultat des allgemeinen und grundsätzlich in jeder GmbH bestehenden Konflikt zwischen der Mehrheit und der Minderheit. Daraus folgt, daß eine Haftung des herrschenden Unternehmens für Eingriffe in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens qua Weisung an den Geschäftsführer ausscheidet, wenn das abhängige Unternehmen eine Einmann­ GmbH ist oder alle Gesellschafter mit der Maßnahme einverstanden sind. Eine

78 Siehe BGH NJW 1978, 2105; siehe auch BGH WM 1992, 735, 735 f. und dazu Timm/Geuting, ZIP 1992, 822; vgl. auch Windbichler, JR 1994, 61: „Ferner ist in groben Fällen des Ausplündems von Gesellschaften mit den Instrumenten des bürgerlichen Rechts zu arbeiten.“; zu § 826 BGB in diesem Zusammenhang auch Milde, 179 f.

Haftung im Rahmen der faktischen Geschäftsführung bleibt in diesen Fällen aber unberührt. Aus Sicht des Konkurses der abhängigen Gesellschaft in einem faktischen GmbH-Konzern ist ein spezielles Konzem(Haftungs)recht mithin irrelevant.

III. Qualifizierter faktischer GmbH-Konzern 1. Einleitung

Die überwiegende Ansicht in der Literatur und die Rechtsprechung des BGH gibt dem Konkursverwalter im Konkurs des abhängigen Konzernunternehmens einen Anspruch gegen die Mutter auf eine Ausfallhaftung analog §§302, 303 AktG an die Hand79, wenn das betreffende bankrotte Unternehmen eine Tochtergesellschaft in einem sogenannten qualifizierten faktischen GmbH-Konzern ist. Eine derartige Ausfallhaftung wäre für das Ziel der möglichst effektiven Vergrößerung der Haf­ tungsmasse gleichsam der Idealfall. Es würde nämlich praktisch eine „Haftungs­ einheit“ zwischen der Haftungsmasse des bankrotten Unternehmens und dem Vermögen der Mutter hergestellt80, die zur Folge hätte, daß - soweit ausreichend Vermögen bei der Konzemmutter vorhanden ist - die Gläubiger der bankrotten Tochter im Konkurs mit einer 100%-Quote rechnen können. 2. Die Unmöglichkeit der Isolierung schädigender Eingriffe des herrschenden Konzernunternehmens in die Geschäftsführung als konstituierendes Unterscheidungsmerkmal des qualifizierten faktischen Konzerns

Im Unterschied zum einfachen faktischen Konzern soll ein qualifizierter faktischer Konzern dort vorliegen, wo die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft in solchem Umfang bzw. in solcher Intensität vorgenommen worden sind, daß der sich im Konkurs offenbarende Schaden nicht mehr konkreten bzw. isolierbaren Handlungen der Mutter kausal zugeordnet werden kann und deshalb die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Instrumente versagen, so daß ein Einzelausgleich der Schäden ausgeschlossen ist und insbesondere die Gefahr besteht, daß die Kapital­ erhaltungsregeln leerlaufen81. Wenn aber die allgemeinen Instrumente versagen, 79 Vgl. nur die Kommentarliteratur jeweils mit weiteren Nachweisen: Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 25; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn.90 ff.; Hachenburg(-Ulmer), Anh. §77, Rn. 158 ff.; Scholz(-Emmerich), Anh. §44, Rn. 219 ff.; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 61 a. 80 K. Schmidt, in: Heidelberger Konzemrechtstage, 123; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbHKonzemR, Rn. 90. 81 Diese heute überwiegend vertretene Auffassung beruht maßgeblich auf dem Vorschlag des Arbeitskreises GmbH-Reform von 1972, 50, 53, 59 f.; vgl. weiter Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77,

bedürfe es einer besonderen, nämlich einer konzemspezifischen Haftung, um die bei der Tochter eingetretenen Schäden dennoch kompensieren zu können. Trotz Differenzen im einzelnen wird insoweit allgemein eine Ausfallhaftung analog zu §§ 302, 303 AktG herangezogen82. Begründet wurde der Rückgriff speziell auf die Regeln der §§ 302, 303 AktG zunächst mit der Annahme eines konkludent geschlossenen Beherrschimgsvertrages83 bzw. der Rechtspflicht zum Abschluß eines derartigen Untemehmensvertrages84. Beide Konstruktionen85 sind mittler­ weile jedoch zugunsten der Fiktion eines Vertragskonzems aufgegeben worden. Es wird nunmehr davon ausgegangen, daß sich die Lage im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern aufgrund der breiten Einflußnahme der Konzemmutter weit­ gehend identisch verhalte zu der in einem Vertragskonzem86; wenn aber das herr­ schende Unternehmen gegenüber der Untergesellschaft eine Position einnähme, die der entspricht, welche bestünde, wenn tatsächlich ein Unternehmensvertrag geschlossen worden wäre, so müsse sie auch ersatzrechtlich entsprechend behan­ delt werden87. Der Hinweis auf diese Parallele ist wichtig um zu erkennen, daß eine Reihe von Problemen, die im weiteren Verlauf der Untersuchung zum qualifi­ zierten faktischen GmbH-Konzern aufgezeigt werden, letztlich auf die Fiktion des Vertragskonzems zurückgeführt werden können88. Die Berechtigung einer solchen Rechtsfortbildung wird darin gesehen, daß für die vorgesehenen Fälle, in denen die Haftung im qualifizierten faktischen Konzern eingreifen soll, ansonsten eine Regelungslücke vorläge. Der BGH hat das Bestehen einer solchen Lücke in seiner Rechtsprechung bejaht und damit die Notwendigkeit Rn. 140; Emmerich/Sonnenschein, 398 f.; Sonnenschein/Holdorf, JZ 1992, 717; Hommelhoff, DB 1992, 309; ders. DJT 1992, G 13 f.; Deilmann, 87 f.; Scheel, 347 f.; Strohn, 98 ff.; zusammen­ fassend Weigl, 114 ff. Zum Teil wird auch vertreten, es reiche auch aus, wenn die Isolierbarkeit von einzelnen schädigenden Maßnahmen wesentlich erschwert sei, Drygala, GmbHR 1993, 320; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 89; vgl. auch OLG Saarbrücken, wo das Gericht eine Haftung nach den Maßstäben des qualifizierten faktischen Konzerns angenommen hat, obwohl die abhängige GmbH durch eine Maßnahme geschädigt wurde, bei der ein Einzelausgleich ohne weite­ res möglich gewesen wäre, ZIP 1992, 1623. 82 Vgl. BGHZ 122, 123, 127; Hommelhoff, ZGR 1994, 406 ff.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 81 ff.; Emmerich, AG 1975, 285, 289; H.P. Westermann, in: Der GmbHKonzern, 25, 47 f.; K. Schmidt, GmbHR 1979, 130; Lutter, ZGR 1982, 263; Baumbach/Hueck (-Zöller), Schlußanh. I, Rn. 29 ff.; vgl. auch Arbeitskreis GmbH-Reform, 59; Unternehmensrechts­ kommission, Rn. 1690. 83 Emmerich, AG 1975, 253, 285, 288; ders., in: Der GmbH-Konzern, 17 f.; Emmerich/ Sonnenschein (2. Aufl.), 243; inzwischen aufgegeben vgl. Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 216 ff. 84 Martens, DB 1970, 865, 868 f. 85 Vgl. u.a. Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 110; Schwark, JuS 1987, 934. 86 Vgl. dazu Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 16. 87 Siehe etwa Assmann, JZ 1986, 932 ff.; Rehbinder, AG 1986, 88 f.; Schwark, JuS 1987, 449 ff.; BGHZ 95, 330, 345; BGHZ 107, 7. 17; vgl. auch bereits BGH WM 1979, 937 ff. (Gervais). 88 Eingehend dazu Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 280 f.; 282 f.

eines besonderen Konzemhaftungsrechts für die Sachverhalte begründet, in denen das Mutterunternehmen und die Tochter-GmbH Teile eines qualifizierten fakti­ schen Konzerns sind. Ganz deutlich ist dies im TBB-Urteil des BGH geworden, wo der 2. Senat ausführte: „Die Notwendigkeit eines besonderen Konzernhaftungs­ rechts, die auch heute dem Grundsatz nach für die abhängige GmbH weit über­ wiegend bejaht wird, beruht darauf, daß sich in bestimmten Konzernlagen wegen der infolge der Dichte der Einflußnahme des herrschenden Unternehmens unüber­ sichtlich gewordenen Verhältnisse einzelne schädigende Eingriffe nicht mehr isolieren lassen. Deshalb reichen die sonstigen Haftungsnormen des Gesellschafts­ rechts (Schadensersatzpflicht wegen Treuepflichtverletzung, Kapitalerhaltungs­ recht) und des allgemeinen bürgerlichen Rechts (insbesondere deliktische An­ spruchsgrundlagen) als Schutzinstrumente nicht ausN^9. Dieser Auffassung haben sich auch die anderen Gerichte und der überwiegende Teil der Literatur ange­ schlossen89 90. In der Tat müßte eine Regelungslücke bejaht werden, wenn den vorgesehenen rechtlichen Regelungen wegen der besonderen Umstände im qualifizierten fakti­ schen GmbH-Konzern kein Anwendungsbereich eröffnet werden könnte. Da in diesem Fall definitionsgemäß die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und gesell­ schaftsrechtlichen Vorschriften nicht eingreifen können, käme für die Schließung der Lücke nur noch ein konzemspezifischer Anspruch in Betracht. Voraussetzung dafür ist aber zu allererst, daß überhaupt Fälle identifiziert werden können, wo von einem qualifizierten faktischen Konzern die Rede ist. Blickt man in die Praxis, so zeigt sich schnell, daß dort erhebliche Skepsis hinsichtlich der Praktikabilität der vorgeschlagenen Kriterien zur Abgrenzung eines einfachen von einem qualifizierten faktischen Konzern herrscht. Der qualifi­ zierte faktische GmbH-Konzern wird vielfach als „Papiertiger“ aufgefaßt91. In Wirklichkeit gäbe es praktisch kaum überwindbare Schwierigkeiten, sicher sagen zu können, ob ein herrschendes Unternehmen breitflächig, oder ob es intensiv in die Geschäftsführung eingegriffen habe92, ob ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern wie eine Betriebsabteilung geführt wurde93 oder ob es eher so behandelt wird, daß es ohne die Konzemeinbindung weiterhin am Markt als selb­ ständiges Unternehmen existieren könnte94. Es wird ferner darauf hingewiesen, daß

89 BGHZ 122, 123, 127. 90 Zur Rechtsprechung siehe die Nachweise oben in Fußnote 6; für die Literatur siehe die Zusammenfassungen von Thalmeir, KTS 1996, 359; Weigl und Meyer. Siehe auch K. Schmidt, GesR, 1220 ff. 91 Besonders pointiert Lehmann, in: FS Beusch, 489 ff.: Der qualifizierte faktische Konzern werde sich ebenso als ein vergehendes Phänomen erweisen wie der faktische Vertrag. 92 Vgl. BGHZ 107, 7; BGHZ 115, 187; siehe auch U.H. Schneider, BB 1981, 258; Wiedemann, GesR 1347 ff; ders., ZGR 1986, 664. 93 So etwa Lutter/Timm, NJW 1982, 412; Priester, ZIP 1986, 142; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 16. 94 S etwa Strohn, 98 ff.

es jedenfalls problematisch sei, den Charakter eines faktischen Konzerns zu bestimmen, wenn die Untergesellschaft innerhalb eines bestimmten Zeitraumes sowohl locker als auch zentral geführt wurde. Da die Intensität einheitlicher Leitung kein feststehender Zustand ist, sondern sich je nach den vorliegenden Marktbedingungen verändern kann95, wird die Beurteilung zudem auch dort unmöglich, wo nur ein Teil der Geschäftsleitung von dem herrschenden Unter­ nehmen intensiven Eingriffen ausgesetzt ist bzw. war, andere Teile aber der selb­ ständigen Führung des Organs der abhängigen Gesellschaft überlassen bleiben96. Die herrschende Meinung in der Literatur und die Rechtsprechung haben sich jedoch von diesen Hinweisen bislang weitgehend unbeeindruckt gezeigt und halten der Sache nach an der Existenz qualifizierter faktischer GmbH-Konzerne fest. Wenngleich in Literatur und Rechtsprechung auch Einvernehmen besteht hinsichtlich der Existenz des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns, der Anspruchsgrundlage und der Rechtsfolgen, herrschen gleichwohl Unsicherheit und Streit darüber, welches im einzelnen die Voraussetzungen sind, die vorliegen müssen, um von einem qualifizierten faktischen GmbH-Konzern sprechen zu können, denn das der Rechtsfolgenanwendung vorausgehende Tatbestandsproblem ist mit dem Hinweis auf §§ 302, 303 AktG und der Fiktion eines Vertragskonzems nicht gelöst97. Insoweit sind eine ganze Reihe von Ansätzen entwickelt worden, mit Hilfe derer Tatbestandsmerkmale entwickelt werden, bei deren Vorliegen die konzem­ spezifische Haftung im qualifizierten faktischen Konzern soll eingreifen können. So wird die konzemspezifische Haftung etwa schon allein an dem Zustand der qualifizierten faktischen Konzernierung, also an der schlichten Unmöglichkeit eines Einzelausgleichs, angeknüpft98, oder es wird zusätzlich dazu noch ein quali­ fizierendes Haftungsmerkmal gefordert, das in einem besonderen Verhalten der Mutter gegenüber der Tochter liegen soll99. Darüber hinaus ist in neuerer Zeit auch

95 Vgl. dazu Sura, ZHR 145 (1981), 446 f.; Jansen, 65. 96 Typisches Beispiel ist die Auslagerung des cash-management, vgl. dazu Schön, ZHR 159 (1995), 369; Jula/Breitenbarth, AG 1997, 258 ff.; vgl. auch die Überlegungen, das eine Beein­ trächtigung des Eigeninteresses bereits dann gegeben sein solle, wenn das herrschende Unterneh­ men in einem der vier zentralen unternehmerischen Bereiche Investitionen, Finanzen, Personal sowie Produktion und Absatz die Leitung übernommen hat; Emmerich, GmbHR 1987,216 m.w.N. 97 Ausdrücklich weisen darauf hin: KK(-Koppensteiner) vor § 311, Rn. 24; Emmerich, AG 1987, 5; Stimpel, ZGR 1991, 160; die Rechtsfigur des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns wird mitunter auch als „amorph“ beziechnet, Scheel, 347 oder als „unpräzise und inhaltsarm“, Altmeppen, 3. Vgl. zudem Windbichler, in: FS Kissel, 1287 ff., siehe ferner auch den Überblick bei Lutter, in: Hommelhoff/Stimpel, 192,206 f. 98 Vgl. u.a. Emmerich, GmbHR 1987,217; ders., AG 1987, 5; Emmerich/Sonnenschein, 398; K. Schmidt, ZGR 1983, 523 ff.; ders., BB 1985,2077 ff; ders. ZIP 1989, 548 ff; Ulmer, AG 1986, 128 f.; ders., NJW 1986, 1584 f.; in diese Richtung tendieren offensichtlich auch z.B. Assmann, JZ 1986, 881 ff., 928 ff; Geizhaus, GmbHR 1989,405 f.; Vonnenmann BB 1990,223. " Siehe als „Hauptvertreter“ Lutter, ZGR 1982, 265 f.; ders., ZIP 1985, 1425 ff; ders. in: Hommelhof/Doralt, 192 ff; ders., DB 1994, 190; Lutter/Timm, ZGR 1983, 280; Drygala, GmbHR

eine Art der „Erfolgshaftung“ vertreten worden100. Hinzuweisen ist schließlich auch auf den von den übrigen Ansätzen grundlegend abweichenden Organ­ haftungsansatz von J. Wilhelm1^. Die Auseinandersetzung mit diesen unterschiedlichen Ansätzen füllt mittler­ weile Bibliotheken; sie kann allerdings dahingestellt bleiben, wenn festgestellt würde, daß bereits die Prämissen, die der gesamten Diskussion zugrunde liegen, nicht haltbar sind, so daß für ein spezielles Konzemhaftungsrecht in einem wie immer im einzelnen auch tatbestandlich definierten qualifizierten faktischen GmbH-Konzern die Legitimation entfiele. Ausgangspunkt der gesamten Diskussion um die Haftung des herrschenden Unternehmens im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern ist die Hypothese einer besonderen Gefahr, die für die Minderheitsgesellschafter und die Gläubiger der abhängigen GmbH dort entstehe, wo aufgrund der Einbindung der betreffenden GmbH in einem Konzern die Autonomie dieser Gesellschaft durch die Herrschaft bzw. den Einfluß einer natürlichen oder juristischen Person, die zugleich auch Leitungsmacht über andere Unternehmen hat, beeinträchtigt werde. Um dieser Gefahr effektiv begegnen zu können, bedürfe es eines speziellen Konzemhaftungs­ rechts als Instrumentarium, das genau auf diese konzemspezifische Situation bzw. die damit zusammenhängenden Besonderheiten zugeschnitten ist102. Ganz eng mit dieser Hypothese ist noch eine zweite Rechtfertigung verbunden. Diese geht davon aus, daß eine spezifische Konzemhaftung dort eingreifen müsse, wo durch die Leitungsmacht die Eigeninteressen der abhängigen Gesellschaft beeinträchtigt werden103. Das Verhältnis beider Annahmen zueinander entspricht dem Verhältnis von Außen- und Innenwirkung der Leitungsmacht.

3. Konzemgefahr

a) Inhalt der Konzerngefahr aa) Die These einer erhöhten Gefahr für die Minderheitsgesellschafter und die Gläubiger einer im Konzern abhängigen GmbH geht davon aus, daß in dem Moment, in welchem die betreffende GmbH der einheitlichen Leitung in einem Konzern unterstellt wird, das gesetzliche Leitbild einer unabhängigen Gesellschaft

1993, 317 ff.; U.H. Schneider, ZGR 1980, 532; ders., WM 1993, 783 f.; in diese Richtung auch etwa Schwark, JuS 1987, 449 f.; Jahraus, 145; Rehbinder, AG 1986, 117 ff; vgl. auch Kort, 38. 100 Hommelhoff, ZGR 1994, 417 ff; vorher bereits andeutungsweise Kleindieck, GmbHR 1992, 578 ff. 101 Wilhelm, 254 ff; ders. DB 1986, 2113 ff; sympathisierend Geizhaus, GmbHR 1989, 403 f.; Konzen, NJW 1989, 2985 f.; vgl. auch Blaurock, in: FS Stimpel, 562 f.; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 158 f. Dagegen insbesondere Ulmer, ZHR 148 (1984), 414 f.; Gätsch, 30 f. 102 Vgl. Wiedemann, ZGR 1986, 664; Priester, ZIP 1986, 142; BGHZ 107, 7, 17. 103 Siehe u.a. BGHZ 123, 122, 130; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 130; Arbeitskreis GmbH-Reform, 65 ff; Lutter, AG 1990, 182 f.

verdrängt wird von einer Situation, in der die Verwaltung der Gesellschaft durch die Interessen des herrschenden Unternehmens geprägt ist104. Diese Unabhängig­ keit einer Gesellschaft wird dabei als die größtmögliche Gewähr für die Wahrung der Gläubiger- und Minderheitsinteressen angesehen. Solange die Gesellschaft nur eigenen Zielen folgt, so wird angenommen105, streben die Gesellschafter automa­ tisch nach dem für sie besten Ergebnis, nämlich der Erzielung von Gewinnen in Selbständigkeit106. Insoweit gäbe es einen Gleichlauf der Interessen der Gesell­ schafter mit denen der Gläubigem, die nämlich ebenfalls ein Interesse an dem fortwährenden Wohlergehen ihres Schuldners haben107. In dem Moment, in welchem eine GmbH in einen Konzern eingegliedert wird und damit definitionsgemäß fremder Leitung und folglich den Zielen bzw. Inter­ essen anderer Unternehmen, zumindest nämlich der Konzemmutter, unterworfen ist, werde dieser Interessengleichläuf gestört, und es trete gleichsam ein „Funk­ tionsverlust“ ein108. Denn innerhalb des Konzerns wird das herrschende Unter­ nehmen regelmäßig auch noch auf anderweitige Interessen als das der abhängigen GmbH, namentlich sein eigenes Wohlergehen bzw. das einer größeren wirtschaft­ lichen Einheit, nämlich des Konzerns, bedacht sein. So kann es beispielsweise durchaus im Interesse der Konzemmutter liegen, die betreffende abhängige GmbH zugunsten anderer Unternehmen, an denen sie ein Interesse hat, regelrecht auszu­ plündern. In dieser mit der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens mögli­ cherweise, aber keineswegs notwendigerweise109, einhergehenden Vernachläs­ sigung der Interessen der abhängigen GmbH zugunsten anderer Interessen und die damit einhergehende Möglichkeit zum Mißbrauch der Gesellschaft wird die besondere Konzemgefahr gesehen. Vor dieser speziellen, eben gerade aus der Konzernierung erwachsenden Gefahr müssen die Minderheitsgesellschafter bzw. die Gläubiger der betreffenden Gesellschaft geschützt werden110. Für die Minder­ heitsgesellschafter soll die Konzemgefahr konkret darin liegen, daß deren Anteile, die sie an der Gesellschaft haben, weniger wert werden bzw. es zu Vermögens­ verlusten kommen kann, weil die Interessen der Gesellschaft durch die Einfluß­ möglichkeiten des herrschenden Unternehmens an anderen als dem Interesse an Gewinnerzielung ausgerichtet werden können. Für die Gläubiger konkretisiert sich die Gefahr angeblich darin, daß es dem herrschenden Gesellschafter aufgrund 104 Siehe BGHZ 107,7, 17; kritisch dazu Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 478 ff. 105 BGHZ 95, 330, 334.; Ulmer, ZHR 148 (1984), 397; Hachenburg(-Ulmer), Anh. 77, Rn. 97. 106 Baumbach/Hueck(-Zöllner), Anh. Konzemrecht, Rn. 53. 107 Vgl. Ulmer, ZHR 148 (1984), 396 f.; Assmann, JZ 1986, 930; siehe auch Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 482. 108 Vgl. auch Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 280 f. 109 Vgl. auch die Überlegungen, die darauf abzielen, daß die Minderheitsgesellschafter einer abhängigen Konzemgesellschaft durchaus auch von den Konzemeffekten partizipieren können: Hoffinann/Liebs, Rn. 427; Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 280 und 286 ff.; wohl auch Hopt, Diskussion DJT 1992, R 61; siehe auch Herkenroth, 31 ff. 110 Vgl. etwa Assmann, JZ 1986, 930; dagegen aber Gäbelein, GmbHR 1992, 274.

seines Einflusses möglich ist, Vermögensmassen aus der abhängigen GmbH in sein Vermögen oder an andere Stellen zu transferieren und einen möglicherweise bei Vertragsabschluß noch solventen Schuldner gleichsam in eine praktisch vermögenslose Hülle zu verwandeln, so daß sich damit die Vermögensposition der Gläubiger verschlechtert, ohne daß sie sich dagegen hätten wehren (absichem) können. Der Befund dieser Gefährdungspotentiale, die bei der Konzernierung einer GmbH bestehen, fuhrt ganz allgemein zu der Folgerung, daß diesen mit einem adäquaten Ausgleichsmechanismus entgegnet werden müsse. Hand in Hand geht damit die - oft unausgesprochene - Annahme, daß ein solcher Ausgleichsmecha­ nismus nicht oder nicht vollständig mit den allgemeinen Instrumenten des bürger­ lichen Rechts bzw. des Gesellschaftsrechts geschaffen werden kann, sondern daß es dafür eines spezifisch auf den Konzern abgestimmten Instrumentariums bedürfe111.

bb) Die soeben skizzierten Gefahren für die Gläubiger und die Minderheits­ gesellschafter können als solche nicht in Abrede gestellt werden. Sie sind Folge des Umstandes, daß, wie Mestmäcker es formuliert hat, die Konzernierung die Fähigkeiten der beherrschten Gesellschaft beseitigt, nach einem eigenen Wirt­ schaftsplan zu handeln. Ausrichtungspunkt ist für die abhängige Gesellschaft dann nämlich nicht mehr der Markt, sondern die Weisung des herrschenden Unter­ nehmens im Konzern. Die abhängige Gesellschaft wird für das herrschende Unter­ nehmen dienstbar gemacht; sie gibt ihre unternehmerischen Funktionen an die Konzemspitze ab112. Der Schluß von den Gefahren für Gläubiger und Minderheits­ gesellschafter durch die Eingliederung einer GmbH als abhängiges Unternehmen in einen Konzern auf rein konzernspezifische Haftungsfolgen ist indes keinesfalls zwingend. Besondere (konzemrechtliche) Rechtsfolgen wären nämlich allenfalls dann notwendig und angebracht, wenn die betreffenden Gefahren nicht nur im Konzern Vorkommen, sondern wenn es sich bei ihnen auch tatsächlich um konzernspezifische Gefahren handelt, also Gefahren, die nur dort auftreten, wo das betreffende Unternehmen ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern ist, und die dementsprechend einer ganz besonderen rechtlichen Behandlung bedürfen. Oder anders gewendet: Ist nicht festzustellen, daß es bei Konzernen tatsächlich signifikante Gefahren gibt, die es bei unverbundenen Gesellschaften mbH nicht gibt, so ist der Rechtfertigung für ein eigenes Konzemhaftungsrecht aus dieser Perspektive schlicht der Boden entzogen113. Die Konzemgefahr ist damit nichts weniger als ein notwendiges Begründungselement, um die rechtliche Beurteilung des Verhältnisses von Gesellschaftern zu ihrer Gesellschaft bzw. von Gläubigem zu ihren Schuldnern aus dem bürgerlich-rechtlichen oder dem gesellschaftsrecht­

111 Siehe Eschenbruch, Rn. 3424. 112 Mestmäcker, 303 f. 113 Siehe etwa Versteegen, DB 1993, 1226.

liehen Zusammenhang auf eine besondere konzemrechtliche Ebene zu heben. Richtig verstanden wird die Konzemgefahr deshalb erst dort relevant und notwen­ dig, wo ein zusätzliches Argument erforderlich ist, das es rechtfertigt, die allge­ mein bürgerlich-rechtliche bzw. die gesellschaftsrechtliche Beurteilungsebene für die Folgen eines bestimmten Tuns verlassen zu können, um auf einer konzem­ rechtlichen Meta-Ebene bestimmte Rechtsfolgen zu erreichen. Von der überwiegenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung werden die geschilderten Gefahren in der Tat als konzemtypisch qualifiziert. Zur Begründung wird regelmäßig auf die tatsächliche oder jedenfalls mögliche Überlagerung der betreffenden Gesellschaftsinteressen durch die Interessen anderer Unternehmen bzw. des Konzerns verwiesen, die es so nur im Konzern gebe114. Damit wird eine Perspektive zur Beurteilung der rechtlichen Lage/Beziehung von der abhängigen Gesellschaft eingenommen, die im Fall der Unterwerfung der GmbH unter eine einheitliche Leitung eines herrschenden Unternehmens die einzelne GmbH nicht mehr individuell im Verhältnis zur Konzemmutter sieht. Das herrschende Unter­ nehmen steht nicht mehr als Mehrheitsgesellschafter im Mittelpunkt der Betrach­ tung, sondern als Leitungsmacht in einem Konzern. Die Postulierung der Konzem­ gefahr geht daher mit einem Perspektivenwechsel einher. Das von Mestmäcker eben so eindringlich wie überzeugend beschriebene Ende einer (selbständigen) GmbH bei der Konzernierung115 wird nicht mehr als das erkannt, was es im Kem ist, nämlich die Schaffung neuer Mehrheitsverhältnisse bzw. neuer Herrschafts­ strukturen unter den Gesellschaftern in der betreffenden GmbH. Damit wird das Verhältnis von GmbH zum Mehrheitsgesellschafter aber nicht mehr bilateral betrachtet und mit den entsprechenden rechtlichen Instrumenten bewertet bzw. erfaßt, sondern bei der Konzernierung wird die rechtliche Bewertungsperspektive mithin um die Dimension des Konzerns erweitert. Die wirtschaftliche Einheit des Konzerns wird damit zu einer rechtlichen Komponente in der Beziehung des Gesellschafters zu seiner Gesellschaft; das Paradigma des Konzerns als wirtschaft­ liche Einheit und rechtliche Vielheit wird insoweit aufgelöst116.

b) Die fehlende konzernrechtliche Spezifität der Konzerngefahr aa) Konzernspezifische Gefahren können definitionsgemäß nur solche Gefahren sein, die ausschließlich in Konzemsachverhalten entstehen. Daher kommt es darauf an, ob die in Literatur und Rechtsprechung genannten besonderen Konzem­ gefahren tatsächlich derart eigentümlich sind, daß sie in nicht-verbundenen Gesell114 Vgl. Stimpel, ZGR 1991, 154; Hommelhoff, DB 1992,309; BGHZ 115, 87. 115 Mestmäcker, 303 ff. 116 In der Literatur wird insoweit von „moderner Einheitstheorie“ gesprochen, die zwar nach außen hin behauptet, sie würde den Konzern nicht als ein Rechtssubjet betrachten, in der Ausge­ staltung aber materiell doch so verfährt, als sei der Konzern eine (rechtlich bedeutsame) Einheit; vgl. Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 475; Gätsch, 116; Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 273 f.

schäften mbH nicht vorliegen bzw. nicht entstehen können. Die entscheidende Frage lautet deshalb, ob es Gefahren für die Minderheit bzw. die Gläubiger einer konzernierten abhängigen GmbH, bzw. bestimmte Mißbrauchsmöglichkeiten des herrschenden Gesellschafters in solchen Konzernen gibt, die bei ansonsten unter­ stellten gleichen Bedingungen117 in einer unverbundenen GmbH nicht existieren. Die Konsequenzen dieser Frage sind eindeutig: ist keine Gefahr zu isolieren, vor der ein Schutz geschaffen werden muß, die es nur im Konzern bzw. nur in Abhän­ gigkeitsverhältnissen gibt, so entfallt die Rechtfertigung für einen konzemrecht­ lichen Ansatz zur Begründung der Binnenhaftung. Denn dann gibt es keinen Grund mehr, nicht auf die allgemeinen Instrumente zur Haftung bzw. zum Ersatz zurück­ zugreifen und statt dessen eine spezielle Konzemhaftung eingreifen zu lassen118. bb) Die Antwort auf diese Frage ist vor dem Hintergrund der Erkenntnis, daß Konzernierung Änderung der Mehrheitsverhältnisse bzw. der Herrschaftsverhält­ nisse in einer Gesellschaft meint, relativ einfach zu geben. Eine Einflußnahme auf die Geschicke der GmbH ist dem Mehrheitsgesell­ schafter durch das GmbH-Recht grundsätzlich in jeder Form gestattet (vgl. § 37 GmbHG). Die Grenze bilden im wesentlichen insoweit nur die Vorschriften zum Schutz des Stammkapitals und seine Treuepflichten gegenüber etwaigen Minder­ heitsgesellschaftern. Da § 37 GmbHG nicht danach differenziert, ob eine GmbH unabhängig oder als abhängiges Unternehmen in einen Konzern eingegliedert ist, unterscheidet sich die Art und Weise der Möglichkeiten der (herrschenden) Gesell­ schafter, die Unternehmenspolitik der Gesellschaft vorzugeben in einer konzer­ nierten GmbH nicht von der in einer unabhängigen119. Das Gesetz und die Recht­ sprechung nennen darüber hinaus keine Grenzen, die nur dem (herrschenden) Gesellschafter in einer unabhängigen GmbH in der Ausübung seiner Herrschaft gezogen wären, nicht aber für den herrschenden Gesellschafter in einer abhängi­ gen, konzernierten GmbH gelten120. Dasselbe gilt auch umgekehrt. Es wird darüber hinaus auch kein Aspekt der Herrschaftsausübung des herrschenden Unternehmens in einer abhängigen GmbH in einem Konzern genannt, der einem herrschenden Gesellschafter in einer selbständigen GmbH nicht zustünde. So kann in einem Konzern die Konzemmutter als herrschender Gesellschafter der abhängigen GmbH aus jedem beliebigen Interesse heraus, also insbesondere auch seinem eigenen Interesse oder wegen des Wohlergehens des Konzerns, auf

117 Es soll unterstellt werden, daß ein Mehrheitsgesellschafter an einer autonomen GmbH denselben Mehrheitsanteil haben soll, wie ein herrschendes Unternehmen an einer in einen Konzern als abhängiges Unternehmen eingegliederte GmbH. 118 Versteegen, DB 1993, 1226; vgl. auch Kübler, NJW 1993, 2005; Schanze, AG 1993, 377; siehe auch K. Schmidt, AG 1994, 190 f. 119 Tendenziell ebenso Ensthaler/Kreher, BB 1995, 1422, 1423; Stimpel, AG 1986,117, 121. 120 Vgl. insoweit auch Schanze, in: Mestmäcker/Behrens, 481.

die betreffende GmbH Einfluß nehmen, wie sie es für richtig hält121. Ebenso kann aber auch in einer unabhängigen GmbH der herrschende Gesellschafter auf die Geschäftspolitik bzw. die Geschäftsführung der GmbH grundsätzlich in jeder beliebigen Art und Weise einwirken und die Geschäftspolitik bzw. die Geschäfts­ führung an den Interessen ausrichten, die er für richtig und wesentlich hält122. Auch gibt es für die Gesellschafter einer GmbH, unabhängig davon, ob sie Gesell­ schafter einer unverbundenen oder einer konzernierten GmbH sind, auch keine Verpflichtung, mit der Gesellschaft Gewinne zu erzielen bzw. zu maximieren oder zumindest den Unternehmenswert mittelfristig zu steigern. Die Gefahr, die für die Minderheitsgesellschafter und die Gläubiger einer GmbH bestehen, in der es einen herrschenden Gesellschafter gibt, sind daher bei selbständigen und konzernierten Gesellschaften mbH identisch123. Dies sei mit einer einfachen Überlegung abschließend noch einmal verdeutlicht: Unterstellt eine Person sei herrschendes Unternehmen in einem Konzern und stößt mit einer Ausnahme alle Beteiligungen zu den anderen Konzernunternehmen ab und konzentriert ihr Interesse ausschließlich auf die eine GmbH, hätte das zur Folge, daß aus der einstigen abhängigen Konzemgesellschaft nunmehr eine selbständige GmbH geworden ist. In diesem Fall würden sich für das ehemalig herrschende Konzernunternehmen bei gleichbleibendem Anteil an der GmbH auch nach deren Unabhängigkeit die Möglichkeiten nicht ändern, Minderheitsgesellschafter oder Gläubiger der GmbH durch die Ausübung seiner Herrschaft so zu gefährden wie es dies früher im Konzern auch gekonnt hätte. Damit läßt sich mit Mestmäcker fest­ stellen, daß das Konzeminteresse insgesamt gesehen nur einen terminologischen Überbau für den Verzicht auf die rechtliche Lösung der Konzemkonflikte dar­ stellt124. Der Grund dafür, daß keine konzernspezifischen Gefahren zu ermitteln sind, liegt mithin darin, daß es sich auch im Verhältnis des herrschenden Unternehmens im Konzern zu seiner abhängigen GmbH eben um nichts anderes handelt als das Verhältnis eines („normalen") Mehrheitsgesellschafters zu seiner Gesellschaft, und die dieses Verhältnis betreffenden Aspekte sind ganz unabhängig von der Einbin­

121 Anders wohl nur diejenigen Stimmen, die als eine weitere Grenze der Einwirkungsmög­ lichkeiten des herrschenden Gesellschafters den Existenzschutz der Gesellschaft ansehen. Aber auch wenn man diese Grenze zieht, gilt sie sowohl für den herrschenden Gesellschafter in der konzernierten wie auch für den herrschenden Gesellschafter in der unabhängigen GmbH. 122 Vgl. dazu BGHZ 119,225, 257, wo der BGH ausführte: „Der alleinige Gesellschafter einer GmbH schuldet dieser - ebenso wie die Gesellschafter einer mehrgliedrigen GmbH, wenn sie einverständlich handeln - grundsätzlich weder wegen Treuepflichtverletzungen noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, wenn er der Gesellschaft Vermögen entzieht...“.; vgl. auch Altmeppen, DB 1994, 1914. 123 So auch Versteegen, DB 1993, 1226 f.; Gäbelein, GmbHR 1992, 274; vgl. ferner Krieger, ZGR 1994, 377 und siehe auch BGH NJW 1978, 2104, 2105, wo dieser Gedanke der dortigen Entscheidung durchaus nicht fernzuliegen scheint; dazu vgl. weiter BGH WM 1992, 735. 124 Mestmäcker, in: Festgabe Kronstein, 140.

dung in einen Unternehmensverbund. Der weitreichende Einfluß der Gesellschafter und die Gefahr mangelnder Rücksichtnahme gegenüber einer GmbH ist ein dieser Gesellschaftsform als solcher immanentes Problem125, d.h. die mögliche Ausbeu­ tung von Gesellschaften mbH ist gleichermaßen möglich, unabhängig davon, ob die GmbH konzerniert oder unabhängig ist. cc) Es ist also festzustellen, daß die als Konzemgefahr titulierten Gefahren in Wirklichkeit nicht konzemtypisch sind in dem Sinne, daß sie nur in einer konzer­ nierten GmbH aufträten, nicht aber gleichermaßen auch in einer unabhängigen GmbH auftreten könnten. Sehr plastisch und treffend ist dies mit einem Vergleich zum Autofahren beschrieben worden. Gefährlich sei dabei nämlich nicht, der Betrieb durch die eine oder die andere Person, sondern gefährlich sei das Auto­ fahren als solches. Entsprechend stelle es eine nicht zu rechtfertigende Diskrimi­ nierung eines Gesellschafters, der auch in anderen Unternehmen Interessen hat, gegenüber einem Gesellschafter dar, der ansonsten keine unternehmerischen Inter­ essen verfolgt126. Denkbar wäre allerdings, daß der hier vorgetragenen Argumentation entgegen­ gehalten werden könnte, daß die dauernde Beeinflussung oder der breitflächige Eingriff in die Geschicke einer Gesellschaft den Betreffenden bereits als „Unter­ nehmen“ im Sinne eines extensiv verstandenen Unternehmensbegriffs qualifizie­ ren würde, so daß dann eine „Konzemgefahr“ auch in den Fällen vorläge, die bislang als unabhängige Gesellschaften mbH betrachtet wurden. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich eine solche Position sofort als Scheinargument. Zwar gibt es bekanntlich Tendenzen, den Unternehmensbegriff sehr extensiv auszulegen127, doch würde eine Sichtweise, wie sie hier unterstellt wird, den Begriff des Konzerns bis zur völligen Unkenntlichkeit verzerren und ihn damit sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich unpraktikabel machen. Eine derartige Vorstellung liefe zudem auch auf das bereits gezeichnete (Schreckens-)Szenario hinaus, daß das Wirtschafts­ leben in Deutschland praktisch nur noch aus vielen, kleinen Konzernen bestehen würde. Rechtlich versagt eine solche Vorstellung schließlich deshalb, weil sie zu einer Tautologie fuhrt. Denn das hieße, daß das allgemeine GmbH-Recht in Wirk­ lichkeit nichts anderes wäre als ein Recht für Konzerne. Wenn aber das allgemeine GmbH-Recht das Recht so verstandener Konzerne wäre, bedürfte es dann freilich auch keines speziellen Konzemrechts mehr.

125 Stimpel, AG 1986, 121; Versteegen, DB 1993, 1227. 126 Fabritius, 212 ff. 127 Dazu vgl. etwa Kulka, DZWiR 1995,45 ff.; kritisch K. Schmidt, AG 1994, 189 ff.

c) Das Motiv für den Eingriffdes herrschenden Unternehmens als wahrer Grund für eine spezifische Konzerngefahr? Gibt es also keinen Rechtfertigungsgrund in der Existenz einer spezifischen Konzemgefahr dafür, daß der beherrschende Gesellschafter auf der einen Seite seine Befugnisse ungestraft durch eine Haftung „mißbrauchen“ kann und daß er das Unternehmen theoretisch sogar auch (rücksichtslos) in die Insolvenz treiben kann, wenn er nur eine Gesellschaft hat128, daß er auf der anderen Seite aber aufgrund einer konzemspezifischen Haftung für Schäden einstehen muß, wenn er an mehreren Unternehmen (maßgeblich) beteiligt ist, so könnte es möglicherweise einen anderen Grund geben, warum ein herrschender Gesellschafter, der auch Interessen in einer anderen Gesellschaft hat, haftungsrechtlich anders behandelt werden darf als ein herrschender Gesellschafter, der kein solches Interesse hat. Diese Ungleichbehandlung wäre eventuell dadurch zu rechtfertigen, daß die Gefahr, die gleichermaßen vorhandene Herrschaftsmacht auszuüben, je nach dem, ob es sich um eine selbständige oder eine abhängige GmbH handelt, mit unter­ schiedlichen Beweggründen verbunden ist, aufgrund welcher dann die unter­ schiedlichen Rechtsfolgen eingreifen können. D.h., daß der Grund, die Herrschaft auszuüben, weil noch Interessen in anderen Gesellschaften bestehen, rechtlich anders bewertet werden dürfte, als die Herrschaft in derselben Weise auszuüben, weil beliebige andere persönliche Interessen bestehen. Das Unterscheidungskriterium, das hiermit angesprochen wird, ist nichts anderes als das des Motives des betreffenden Gesellschafters, zu seinen Gunsten in die Geschäftsführung der Gesellschaft einzugreifen. Eine wie auch immer geartete Motivlage, derentwegen ein Gesellschafter Einfluß auf die GmbH nimmt, ist jedoch grundsätzlich nicht justiziabel, es sei denn, das Verhallten des Gesellschaf­ ters kommt an die Grenzen, die § 826 BGB zieht. Denn das GmbHG kennt keine solchen besonderen „Motive“ der Gesellschafter, aus denen sie ihre Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Gesellschaft ausschöpfen; es ist vielmehr wertungsfrei. An keiner Stelle wird einmal ein „innerer Tatbestand“ relevant. Weitere Grenzen ergeben sich allenfalls noch aus den allgemeinen Grenzen des rechtlichen Mitein­ anders, also insbesondere aus den §§ 134, 138 und 242 BGB. Es wäre zudem auch kaum begründbar, warum es für die Auswirkungen der Haftung einen Unterschied machen soll, ob das Motiv, aus dem der herrschende Gesellschafter seine Herr­ schaftsmacht ausübt, darin liegt, daß er auch unternehmerische Interessen anderswo hat oder ob er aus anderen Motiven handelt. So ist nicht ersichtlich, warum es zu konzemspezifischen und damit potentiell anderen Rechtsfolgen kommen soll, wenn ein Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, der als Konzem­ mutter auch noch Interessen an anderen Unternehmen hat, seine Herrschaft ausübt,

128 Versteegen, DB 1993, 1226; Altmeppen 1994, 1914; vgl. auch K. Schmidt, ZIP 1993, 549 f.: „Es entsteht die kaum überwindliche Schwierigkeit zu begründen, warum ein Fehlverhalten, das innerhalb des Untemehmensverbundes zu einer weitgehenden Einstandspflicht des Gesell­ schafters führt, außerhalb des Verbundes zu schwächeren Sanktionen führen sollte.“

aber dagegen „nur" die allgemeinen Regelungen eingreifen sollen, wenn eine Person, die Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft etwa durch Erbschaft erhal­ ten hat und deren Hauptinteresse in der Unterstützung einer Umweltschutzorgani­ sation, einer Partei, eines Vereins oder in dem Aufbau einer Kunstsammlung, etc. liegt, nunmehr die Gelegenheit wahrnimmt, ihre Herrschaftsmacht auszunutzen, um die Gesellschaft für die Verwirklichung ihrer Interessen zu instrumentalisieren.

d) Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der mit der Macht des herrschenden Gesellschafters in einer GmbH einhergehenden Gefahren als wahrer Grund für eine spezifische Konzerngefahr? Als mögliche Erklärung für die Begründung einer spezifischen Konzemgefahr käme allenfalls noch ein quantitatives Argument in Betracht. Das könnte lauten, es komme häufiger vor, daß sich die gleichermaßen möglichen Gefahren für Minder­ heit und Gläubiger dort verwirklichen, wo der herrschende Gesellschafter auch Interessen in einem anderen Unternehmen hat, als daß der herrschende Gesell­ schafter seine Macht aus sonstigen Gründen ausschöpft. Damit läge der Grund für eine konzemspezifische Regelung letztlich allein in der Annahme, daß die Wahr­ scheinlichkeit des Eintritts der beschriebenen Gefahren in einem Konzern höher ist als in einer selbständigen GmbH129. Ob es als Argument für eine Ungleich­ behandlung der Gefahren, die von der Macht des herrschenden Gesellschafters ausgeht, auf materiell-rechtlicher Regelungsebene (auf der einen Seite Anwendung eines speziellen Konzemhaftungsrechts und auf der anderen Seite Anwendung der allgemeinen Haftungsregeln) ausreicht, erschiene allerdings auch eher zweifelhaft. Es mag allenfalls im Zivilprozeßrecht eine Rolle spielen, wo z.B. bei der Beweis­ lastumkehr oder dem Anscheinsbeweis auf die Typizität bestimmter Umstände für bestimmte Folgen abgestellt wird. Aber selbst wenn man unterstellen würde, daß aufgrund der prognostizierten Wahrscheinlichkeit der Erfolgsverwirklichung eine Differenzierung nach Konzern und selbständiger GmbH zutreffend sei, dürfte sie letztlich daran scheitern, daß es keinen Beleg dafür gibt, daß im Konzern die Verwirklichung der diskutierten Gefahren tatsächlich höher ist. Bislang ist es - soweit ersichtlich - nämlich nur eine, noch durch keine empirische Untersuchung nachgewiesene Hypothese, daß die Häufigkeit des Eintritts der Gefahren in konzernierten Gesellschaften mbH tatsächlich entscheidend höher ist als in selb­ ständigen Gesellschaften mbH. Berichte aus der Praxis legen eher die Vermutung nahe, daß die offensichtlich verbreitete Annahme, daß Gesellschaften mbH in Konzernen von der Konzemmutter zum Nachteil von Minderheiten und Gläubiger nur „ausgesaugt“ werden, um dann in die Insolvenz geschickt zu werden, nicht mit

129 Vgl. etwa Stimpel, ZGR 1991, 156 f.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR. Rn. 25.

der üblichen Praxis übereinstimmt130. Ein wesentlicher Grund für dieses offenbare Mißverständnis liegt wohl darin, daß die Fälle, von denen in veröffentlichten Urteilen berichtet wird, gerade die (anteilsmäßig geringen) „pathologischen“ Fälle sind. Die überwiegende Anzahl der Fälle, in denen nämlich die Konzemspitze ein Interesse am Wohlergehen der abhängigen GmbH hat bzw. es im Konkurs gar nicht erst zu Haftungsfragen kommen läßt, weil der Ruf des Konzerns auf dem Spiel steht, kommen häufig aber - gerade aus dem Grund, weil alles funktioniert gar nicht erst ans Licht.

e) Zusammenfassung Die häufig als Legitimation für ein spezifisches Konzernhaftungsrecht ins Feld geführte sogenannte Konzemgefahr gibt es nicht. Es sind keine Gefahren isolier­ bar, die für die Minderheitsgesellschafter bzw. für die Gläubiger durch die Ausübung von Herrschaftsmacht des herrschenden Gesellschafters in einem Konzern bestehen, die nicht auch in einer vergleichbaren Ausübung der Herr­ schaftsmacht eines herrschenden Gesellschafters in einer unabhängigen GmbH entstehen könnten. Letztlich geht es bei dieser Differenzierung nämlich nur um die Frage des Motives der Ausübung der Herrschaftsmacht, und die Motive sind für eine rechtliche Beurteilung irrelevant. Auch der teilweise angedeutete Umstand, daß zumindest die Wahrscheinlichkeit des Mißbrauchs größer ist, wenn der herr­ schende Gesellschafter noch Interessen in anderen Unternehmen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn unabhängig davon, ob dieses Kriterium überhaupt ein zulässiges Differenzierungsmerkmal für die Etablierung eines Sonderrechts wäre, ist die zugrunde liegende Hypothese bislang nicht erwiesen. Wenn aber keine Unterschiede herauszufinden sind, dann entfällt auch die Legitimation für die Konzemsachverhalte, deshalb eine spezielle Regelung zu benötigen.

4.

Schädigung des Eigeninteresses der abhängigen GmbH im Konzern

a) Die Bedeutung des Eigeninteresses einer abhängigen GmbH aa) Die zweite Prämisse, von der die Diskussion um die Haftung in einem qualifi­ zierten faktischen GmbH-Konzem ausgeht, ist die Schädigung des Eigeninteresses der abhängigen GmbH131. Dem liegt im wesentlichen der Gedanke zugrunde, daß 130 Vgl. dazu Versteegen, DB 1993, 1225; Gäbelein, GmbHR 1992, 274 Lehmann, in: FS Beusch, 482 f.; Gätsch, 117 f.; Verhoeven, 31; vgl. auch Michalski/Zeidler, NJW 1996, 228. 131 Grundlegend hat der Arbeitskreis GmbH-Reform von 1972 darauf abgestellt, daß entschei­ dendes Kriterium für die Haftung nach den (besonderen) Regeln des qualifizierten faktischen GmbH-Konzems die Beeinträchtigung des Eigeninteresses der abhängigen GmbH ist, 50; so hat der Arbeitskreis auch versucht, die Beeinträchtigung des Eigeninteresses durch bestimmte Kriterien zu konkretisieren, 39 f. und 59 f. Siehe etwa Flume, Jur. Person, 123; Kort, 28 ff.; K. Schmidt, ZGR 1981, 472; ders. GesR, 1220; Ulmer, ZHR 148 (1984), 422; ders., NJW 1986, 1580; ders.,

nur dann, wenn die eigenständigen Interessen der abhängigen GmbH unangetastet bleiben, auch davon ausgegangen werden kann, daß die Gesellschaft für sich das maximale Ergebnis erwirtschaften kann, so als sei sie autonom132. Es wird hieran sofort die enge Verzahnung mit der soeben behandelten Frage nach einer spezifi­ schen Konzemgefahr deutlich. Während es aber dort um die Klärung dessen ging, ob es sich bei der bestehenden Gefahr wirklich um eine Konzerngeiahr und nicht nur um eine allgemeine Gefahr handelt, geht es hier gleichsam um den nach „innen“ gewendeten Blick, inwieweit - unabhängig von der Beantwortung der ersten Frage - überhaupt eine Schädigung von Eigeninteressen einer abhängigen GmbH in einem Konzern feststellbar ist. Könnte man nämlich ein Eigeninteresse der betreffenden abhängigen GmbH und ein Fremdinteresse des Konzerns gar nicht voneinander unterscheiden oder jedenfalls nicht feststellen, daß eine Beeinträchti­ gung des Interesses der abhängigen GmbH vorliegt, dann würde sich das Problem der Einstandspflicht für Schäden von der konzemrechtlichen Ebene - die ja gerade einen solchen Konflikt voraussetzt - auf die allgemeine gesellschaftsrechtliche Ebene, die nur an den Konflikt der Mehrheit mit der Minderheit in einer Gesell­ schaft anknüpft, verlagern. bb) Um die Eigeninteressen bestimmen zu können, bedarf es eines Vergleichs­ maßstabes. Da die Interessen der Untergesellschaft nicht deckungsgleich mit deren Gesellschaftszweck sind133, entstehen hier konzeptionelle Schwierigkeiten, weil nach Kriterien gesucht werden muß, mit Hilfe derer von Fall zu Fall das Eigen­ interesse des abhängigen Unternehmens beschrieben werden könnte134. Deutlich wird dies etwa, wenn stellvertretend für viele z.B. von Lutter/Hommelhoff darauf hingewiesen wird, daß die Verletzung von Eigeninteressen einer abhängigen GmbH immer eine Abweichung vom „Normalfall" sei, wobei dieser „Normalfall" aber gerade nicht existiere (!). Vielmehr müsse man auf die ganz konkrete GmbH und ihre speziellen Interessen abstellen. Für die Ermittlung des Eigeninteresses seien dabei alle „realen Begebenheiten“ einzubeziehen135. Damit wird - mit mehr oder weniger starker Akzentuierung unterschiedlicher Aspekte - also der „Ist­ zustand“ einer abhängigen GmbH mit einem „Sollzustand“ verglichen, der sich aus der Fiktion des abhängigen Unternehmens als hypothetisch konzernunabhängig und wirtschaftlich selbständig ergibt136. Begründet wird dies in der Regel damit, Wpg 1986, 685; Hachenburg(-Ulmer), Anh. 77, Rn. 132; Hommelhoff, DB 1992, 309 ff.; Kleindiek, ZIP 1991, 1333; Eschenbruch, Rz. 3433; Schramm, 73 ff. 132 Vgl. u.a. Martens, DB 1970, 866. 133 Siehe Reiner, 16. 134 Hommelhoff, 247. 135 Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 20; vgl. auch Zöllner, 79 ff., insbes. 81: „... Weder das Kriterium der einheitlichen Leitung, noch das der Zusammenfassung oder Beherrschung reichen aus, das Wesen dieser Einheit richtig zu erfassen. Man fühlt dunkel, daß ‘mehr’ dahintersteckt, ohne indessen dieses ‘Mehr’ begrifflich erfaßt zu haben ..." 136 Hommelhoff, ZGR 1994,402: „eine verbundfrei gedachte Gesellschaft“.

daß nur eine derartige Struktur dem typischen Willen der Gesamtheit der Gesell­ schafter entspreche137. Abweichend davon wird zum Vergleich zwar auch ein hypothetisch konzemunabhängiges, aber wirtschaftlich unselbständiges Unter­ nehmen als Vergleichsmaßstab herangezogen138, doch kommt es gar nicht darauf an, ob die hypothetisch gedachte Gesellschaft wirtschaftlich selbständig oder unselbständig ist. Entscheidend ist vielmehr, daß der Vergleichsmaßstab darauf aufbaut, sich die konzemverbundene GmbH als konzemunabhängig vorzustellen und so die tatsächliche Entwicklung im Konzern mit der Fiktion der wirtschaft­ lichen Selbständigkeit der nun in den Konzern eingebundenen abhängigen Unter­ nehmen verglichen wird139. Das ist jedoch nicht haltbar, unabhängig davon, wie die Herrschaft, der das abhängige Konzernunternehmen unterworfen ist, letztlich vermittelt wird. Soweit die konzernierte Gesellschaft mit einer unverbundenen Gesellschaft verglichen wird, wird nämlich aus der Tatsache der Anerkennung der rechtlichen Selbständigkeit einer Untergesellschaft der Schluß gezogen, daß auch wirtschaftlich von dieser Selbständigkeit auszugehen sei. Die Fiktion der wirt­ schaftlichen Selbständigkeit geht jedoch an dem Umstand vorbei, daß die Obergesellschaf auf Grund ihres Verhältnisses zur Untergesellschaft jederzeit die Möglichkeit hat, über das wirtschaftliche Handeln der Untergesellschaft zu dispo­ nieren. Aus der rechtlichen Selbständigkeit läßt sich in einem Unternehmensver­ bund deshalb gerade nicht auf die wirtschaftliche Selbständigkeit als Vergleichs­ maßstab für ein ordnungsgemäßes Verhalten der in Wirklichkeit abhängigen GmbH schließen140. Ein Vergleich, der auf der hypothetischen wirtschaftlichen Selbständigkeit der Untergesellschaft beruht, um die Interessen der abhängigen Gesellschaft zu ermitteln, ist daher vom Ansatz her schon nicht möglich. Dies wird nicht zuletzt auch in der immer stärker werdenden Diskussion um die abhängig gegründete GmbH oder die aus einer Betriebsaufspaltung entstehende Vermögens­ gesellschaft mit ihren rein dienenden Funktionen deutlich141.

137 Siehe dazu Rehbinder, AG 1986,90. 138 Vgl. Lutter, ZGR 1982, 264 f.; ders., ZIP 1985, 1430 f. und 1433 f.; ähnlich auch Ulmer, ZHR 148 (1984), 419 f. 139 Kirchner, Managementforschung 7 (1997), 285; siehe auch Jansen, 65 f.; Burgard, WM 1993,927; vgl. auch Wiedemann, Unternehmensgruppe 86, Fn. 55. 140 Vgl. Jansen, 65; Altmeppen, DB 1991, 2225; Hoffmann-Becking, Probleme des Konzem­ rechts, 74; vgl. auch Milde, 186 f.; Strohn, 115 f. 141 Dazu zur satzungsgemäß abhängig gegründeten GmbH siehe eingehend Beinert, insbeson­ dere zur Begrifflichkeit und zur Relevanz 24 ff., 27 ff., 38 ff.; siehe auch Windbichler, in: FS Kissel, 1291 und 1300; Hommelhoff, ZGR 1994, 403 ff.; Lehmann, FS Beusch, 483 und 489; vgl. zur GmbH ohne (erwerbs)wirtschaftliche Zielsetzung auch Loidl; zur Betriebsaufspaltung statt aller Drygala und Holzwarth.

b) Beeinträchtigung des Eigeninteresses Und selbst wenn man entgegen der hier geäußerten Ansicht einmal unterstellte, es gelänge theoretisch doch, das Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens hinreichend exakt zu definieren, so hätte man immer noch die Schwierigkeit zu bewältigen, Merkmale zu entwickeln, die eine Beeinträchtigung des Eigeninter­ esses nahelegen. Man könnte zwar vom Ergebnis her argumentieren, so daß allein aus dem Umstand, daß eine abhängige Gesellschaft nicht mehr in der Lage ist, seine Gläubiger zu befriedigen, dann der Schluß auf die Beeinträchtigung des Eigeninteresses zu ziehen wäre142. Tatsächlich greift diese Argumentation aber zu kurz, denn im Umkehrschluß bedeutete dies, daß die ständige Wahrung des Eigeninteresses der Untergesellschaft dazu fuhren müßte, daß ein abhängiges Unternehmen nicht insolvent wird. Eine solche These ist betriebswirtschaftlich nicht zutreffend, da allein die Wahrung von Eigeninteressen der Gesellschaft nicht der Garant für deren wirtschaftliche Prosperität ist143. 144 Einzubeziehen ist stets die Beeinflussung der Gesellschaft durch das allgemeine wirtschaftliche Risiko aus ihrem Marktumfeld. Daher ist der BGH einer solchen These zu Recht grundsätz­ lich entgegengetreten und hat entschieden, daß es sehr wohl Verluste der abhängi­ gen Gesellschaft geben könne, die mit deren Eigeninteresse bzw. dessen Wahrung nichts zu tun haben. Dieses seien die sog. „außergewöhnlichen Verluste“ 144. Ganz konsequent ist der BGH allerdings nicht, denn er differenziert dahingehend, daß immerhin bei „branchenüblichen“ Verlusten die Konzemleitung und die Beein­ trächtigung des Eigeninteresses kausal sein sollen. Was darunter in der Praxis zu verstehen ist und wie diese ggf. festzustellen sind, bleibt dabei jedoch im Dunk­ len145. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wird daher die Beeinträchtigung der Eigeninteressen in einem qualifizierten faktischen GmbH-Konzem vielfach schlicht vermutet146. Allein aus dem Umstand der umfassenden und ausdauernden Ausübung der Leitungsmacht soll (widerleglich oder unwiderleglich) geschlossen werden können, daß auf die Belange der abhängigen Gesellschaft nicht hinreichend genug Rücksicht genommen worden sei, ihr Eigeninteresse also verletzt wurde147.

142 Vgl. U.H. Schneider, WM 1993, 784; Burgard, WM 1993, 932 f.; Kiethe/Groeschke, BB 1994,2151; unentschieden dagegen Hirte, 9.; etwas unklar hingegen Reiner, 16 ff. 143 So auch Boujong, DNotZ, Sonderheft 1993, 164; Weigl, 154 f.; vgl. auch Hachenburg (-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 152; Limmer, DStR 1993, 767; Kropff, AG 1993, 494; Krieger, ZGR 1994, 392. 144 BGHZ 115, 187, 196; siehe auch Bauder, BB 1992, 1014; Weigl, 150. 145 Siehe kritisch auch Sonnenschein/Holdorf, JZ 1992, 718. 146 Siehe etwa Schwark, JuS 1987, 450; Rehbinder, AG 1986, 96; zusammenfassend Scheel, 359; vgl. in diesem Zusammenhang auch das von Hommelhoff betonte Kriterium des „vollständi­ gen Interessenumbruchs“: ZGR 1994,410 ff. 147 BGH DB 1992, 29, 30; Ähnlich auch Ebenroth/Wilken, ZIP 1993, 560; Stodolkowitz, ZIP 1992, 1523; Scheel, 357 f.; Westermann, ZIP 1993, 557.

Dasselbe soll dort gelten, wo aufgrund von „Waschkorblagen“148 die Konzern­ geschäftsführung nicht mehr kontrollierbar ist149. Bestünden kumulativ oder alter­ nativ z.B. eine hohe Mehrheitsbeteiligung, personelle Verflechtungen, eine finan­ zielle Knebelung oder die Koordination von Produktion, Absatz oder Verkauf, läge es auch nahe, daß die Eigeninteressen der Untergesellschaft geschädigt würden, so daß eine entsprechende Vermutung gerechtfertigt sei150. Eine solche Vermutung ist allerdings nicht haltbar, soweit sie als strikte Vermutung verstanden wird. Damit würde nämlich insbesondere der Umstand ausgeblendet, daß Konzerne auch so strukturiert werden können, daß die Geschäftsführung der Untergesellschaft von der Konzemleitung, wie die Ausgestaltung im einzelnen auch immer aussieht, ganz oder teilweise übernommen wird, ohne daß dies mit einer Schädigung einher­ geht151; ein typischer Fall ist der, wo Konzemtöchter als eigene .profit center" wirtschaften können. Wird diesem Einwand allerdings durch eine Beweislast­ umkehr Rechnung getragen, etwa dadurch, daß mittels der Bücher und Unterlagen transparent gemacht werden könnte, daß die Eigeninteressen der Tochter nicht mißachtet und deshalb auch nicht verletzt worden seien152, steht man vor dem Dilemma, daß der zugelassene Beweis des Gegenteils de facto nie geführt werden kann. Denn definitionsgemäß ist eine Kausalbeziehung zwischen den Eingriffen in die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft und der entstandenen Schädi­ gung in dem Fall eines qualifizierten faktischen GmbH-Konzems gerade nicht (mehr) feststellbar153. Ließe sich ein solcher Gegenbeweis dennoch führen, läge daher insoweit gar kein qualifizierter faktischer GmbH-Konzem vor, so daß dann ohnehin die allgemeinen Regelungen und Rechtsfolgen eingriffen. c) Prozessuale Überlegungen zum Kriterium der Beeinträchtigung der Eigeninteressen

Erhebliche Diskussion hat eine weitere Variante der Vermutung für die Beein­ trächtigung von Eigeninteressen ausgelöst, die sich im TBB-Urteil des BGH

148 Siehe Drygala, GmbHR 1993, 325 f. und Hommelhoff, ZGR 1994, 410 („wilde Beleg­ haufen“); Kropff, AG 1993, 493 149 Drax, 176 f.; Weigl, 155; Kleindiek, GmbHR 1992, 576; ders., DZWiR 1993, 181 f.; Hommelhoff, DJT, R 171 vgl. auch die eher skeptischen Hinweise bei Altmeppen, DB 1994, 1916 und Westermann, ZIP 1993, 557. 150 Siehe Hommelhoff, DB 1992, 309,310; anders aber: Kleindiek, ZIP 1992, 1332. 151 Siehe Kleindiek, ZIP 1992, 1334 f. 152 Vgl. dazu Altmeppen, DB 1991, 2229; Hommelhoff, DB 1992, 309, 312; vgl. dazu Timm, GmbHR 1992, 219, der meint, die Widerlegung gelänge nur, wenn der Konzern ein Berichts- und Kontrollsystem entsprechend § 312 AktG einrichte. 153 Jansen, 120; das gilt im übrigen auch für den vom BGH in BGZ 107, 7 und 115, 187 zuge­ lassenen Entlastungsbeweis.

findet154. Dort lehnte der 2. Senat die Ansicht ab, daß die dauernde und umfas­ sende Ausübung von Leitungsmacht die Vermutung einer Schädigung des Eigen­ interesses der abhängigen Gesellschaft begründe. Es müsse vom Kläger vielmehr verlangt werden, daß er Umstände darlege und ggf. beweise, die die Annahme zumindest nahelegen, daß bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzeminteresse die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft über be­ stimmte, konkret ausgleichfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden sind155. Unabhängig davon, ob der BGH mit dieser Formulierung nur umschreiben wollte, welche Anforderungen an das Vorbringen des Anspruchsstellers zu stellen sind, um die Substantiierungspflicht des herrschenden Unternehmens auszulö­ sen156, oder ob dies neben der im TBB-Urteil verankerten Herabsetzung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast als eine weitere Erleichterung zugunsten des Anspruchsstellers im Hinblick auf seine Substantiierungslast dar­ stellt157, kann auch diese Form der Beweislastverteilung im hiesigen Kontext nicht überzeugen. Sie ist nämlich genau betrachtet zirkulär: Aufgrund der Schwierig­ keiten, eine Beeinträchtigung des Eigeninteresses herauszufiltern, soll dies durch eine Verschiebung der Darlegungs-, Beweis- und Substantiierungslast ersetzt werden, die aber ihrerseits wiederum voraussetzen, daß gezeigt wird, daß das, was gerade nicht bzw. nur unter Schwierigkeiten definiert werden kann und deshalb „umgangen“ werden soll, nicht vorliegt. D.h. für die Widerlegung der Vermutung ist es nötig, die Merkmale zu bestimmen („Eigeninteresse“ der abhängigen Gesell­ schaft und „Beeinträchtigung“ dieser), wegen deren Umbestimmbarkeit die Ver­ mutung gerade erlaubt wurde. Auch andere Versuche, die Umstände, unter denen von einer Beeinträchtigung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft die Rede sein kann, durch Vermutungen oder Indizien genauer zu beschreiben158, sind gescheitert. Zum Teil liegt das darin begründet, daß der „weiche“ Begriff der „Beeinträchtigung der Eigeninteressen“ durch andere „weiche“ Begriffe ersetzt worden ist, die im einzelnen genauso schwierig zu bestimmen und oft ebenso wenig ergiebig sind. Zum Teil scheitert es auch daran, daß die vorgeschlagenen Abgrenzungsaspekte,

154 Dazu siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 143 ff.; Westermann, ZIP 1993, 557 f.; Drygala, GmbHR 1993, 327 f.; Kowalski, GmbHR 1993, 258 f.; Milde, 198 ff. zusammenfassend Weigl, 145 ff. 155 BGHZ 122, 123, 131. 156 Vgl. Lutter/Hommelhof, Anh. §13, Rn. 27; Drygala, GmbHR 1993, 327 f.; Boujong, DNotZ (Sonderheft) 1993, 156; Limmer, DStR 1993, 327 f.; vgl. zu diesem Aspekt auch Weigl, 146 ff.; Kohl, MDR 1993, 718 und Krieger, ZGR 1994, 387 und 388 ff. 157 In dieser Richtung argumentieren eher Emmerich/Sonnenschein, 447; Schanze, AG 1993, 379; Ebenroth/Wilken, ZIP 1993, 558; Mutter, JuS 1993, 1002 f.; vgl. dazu auch Hachenburg (-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 147; Stodolkowitz, ZIP 1992, 1523 f. 158 Eine Zusammenfassung findet sich bei Eschenbruch, Rn. 3433 ff; siehe auch Scheel, 349; Sonnenschein/Holdorf, JZ 1992, 717: es handele sich jeweils nur um verschiedene Akzentuie­ rungen desselben Konzepts.

um die Beeinträchtigung der Eigeninteressen zu beschreiben, in sich widersprüch­ lich sind.

d) Zur Übereinstimmung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft mit dem Interesse des herrschenden Unternehmens, wenn dieses herrschender Gesellschafter der abhängigen GmbH ist Auf die verschiedenen Abgrenzungsversuche braucht indes nicht im einzelnen eingegangen zu werden, denn letztlich müssen alle Versuche, ein Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft von einem Konzeminteresse abzugrenzen, scheitern, wenn das herrschende Unternehmen auch herrschender Gesellschafter der abhän­ gigen Gesellschaft ist. Der entscheidende Grund liegt gerade in der Stellung des herrschenden Unternehmens als Gesellschafter mit maßgeblichem Einfluß. Die Interessen einer Gesellschaft werden - soweit man nicht der oben bereits im Rahmen der Treuepflicht abgelehnten Ansicht folgt, die Gesellschaft an sich habe schon bestimmte Interessen159 - durch die Gesellschafter definiert. Bei aller Berechtigung von Arbeitnehmerinteressen160 und möglicher öffentlicher Interessen an bestimmten Unternehmen161, ist noch einmal auf die pointierte Feststellung UH. Schneiders hinzuweisen, daß die Gesellschaft eine Veranstaltung der Gesell­ schafter sei162. Die Argumente dafür sind bekannt163 und sollen nur stichwortartig in Erinnerung gerufen werden: Allein die Gesellschafter haben Vermögensinter­ essen in der Gesellschaft164 - die übrigen Akteure haben höchstens Vermögens­ interessen an der Gesellschaft und zwar speziell an ihrer Prosperität165; die Gesell­

159 Siehe Ulmer ZHR 148 (1984), 416 ff.; Winter, 190 ff.; Priester, ZGR 1993, 511 (bei „Existenzgefährdung“); vgl. auch K. Schmidt, GesR, 1217 f.; Assmann, JZ 1986, 931; Scholz (-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 229; dagegen aber die h.M., siehe etwa Kropff, in: FS Semler, 536 zur Treuepflicht in der Einmann-GmbH: „Künstlich anmutende Konstruktion“; Baumbach/Hueck (-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 100: „Fehlvorstellung in der Literatur“; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 27; BGH NJW 1993, 193, 194. 160 Zu den Arbeinehmerinteressen ausführlich Windbichler, 39 ff. Arbeitnehmer sind letztlich freilich nichts anderes als Gläubiger der Gesellschaft, die in bestimmten Bereichen aufgrund der Besonderheit der von ihnen erbrachten Leistung, den anderen Gläubigem gegenüber privilegiert sind. 161 So besonders stark in Frankreich, siehe Zahn, 104 f. 162 Scholz(-U.H. Schneider); § 43, Rn. 63. 163 Vgl. etwa MüKo BGB(-Reuter), vor § 21, Rn. 44; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 51 a. 164 Vgl. Rehbinder, AG 1986, 93: Es ist rechtspolitisch davon ausgegangen worden, daß auch ein Alleingesellschafter nicht danach strebe, die Substanz und Ertragskraft des Unternehmens in eigenem Interesse zu vermehren und nicht aus privaten Interessen das Unternehmen zu verwirt• schäften. Eine GmbH ist also nichts anders als ein technisches Hilfsmittel im Dienste und damit in Interesse der Gesellschafter zum Wirken auf dem Markt. 165 Dabei haben sie aber prinzipiell nicht mehr zu erwarten als die Erhaltung des Stamm­ kapitals, siehe K. Schmidt, ZGR 1980, 575 f.; Lutter, in: Hommelhoff/Doralt, 211; Kort, 27 f.

schafter können über „Leben und Tod“ der Gesellschaft entscheiden; und die Gesellschafter sind auch diejenigen, die in der Satzung den Zweck festlegen und ändern können, der die Gesellschaft trägt. Wenn aber die Interessen der Gesellschaft allein durch die Gesellschafter fest­ gelegt werden, richtet sich die Frage nach der Ausrichtung dieser Interessen prinzi­ piell nach demjenigen, der die Herrschaft in der Gesellschaft hat. Das ist ein nicht zu leugnendes Grundprinzip einer jeden Gesellschaft166; nachvollziehbar wird dies, wenn man sich vor Augen hält, daß die Mehrheit an einer Gesellschaft grundsätz­ lich nur deshalb erworben wird, damit derjenige mit der Gesellschaft seine Inter­ essen verfolgen kann, andernfalls gäbe es keinen Grund, oft mit erheblichem Aufwand, die Mehrheit der Anteile für sich einzuvernehmen. Das heißt aber, vereinfacht ausgedrückt, nichts anderes, als daß sich die Interessen der Gesellschaft prinzipiell an dem Interesse des Mehrheitsgesellschafters orientieren. Ist der Mehr­ heitsgesellschafter aber ein herrschendes Unternehmen eines Konzerns, so richtet sich das Interesse an dessen Interessen aus. Ein Gegensatzpaar „Eigeninteressen Konzeminteressen“ (oder genauer: Interessen des herrschenden Unternehmens, denn dieser legt aufgrund seiner Leitungsmacht immer auch fest, welches die Interessen des Konzerns sind), gibt es daher nicht167. Im Falle, daß das herrschende Unternehmen auch herrschender Gesellschafter ist, entspricht das Interesse der abhängigen Gesellschaft damit gerade den Interessen des herrschenden Gesell­ schafters und damit den von ihm auch festgelegten Konzeminteressen. Selbst wenn man so weit gehen wollte, das Eigeninteresse einer abhängigen Gesellschaft definieren zu wollen als dasjenige Interesse in dem abhängigen Unternehmen, das nicht von der herrschenden Gesellschaft bestimmt wird, kommt man nicht zu einer Grundlage für eine konzemspezifisch relevante Beeinträchti­ gung der betreffenden Eigeninteressen. Denn dann bleiben nur die Interessen der Minderheitsgesellschafter. Diese werden jedoch bereits über die Beachtung der Treuepflicht durch das herrschende Unternehmen geschützt, und diese Interessen der Minderheitsgesellschafter sind gerade typisch für jede GmbH; es bedürfte deshalb auch an dieser Stelle nicht der konzembezogenen Differenzierung in Eigen- und Fremdinteressen. e) Zusammenfassung

Soweit für die Legitimation einer speziellen konzemrechtlichen Haftungsregel im qualifizierten faktischen Konzern die Beeinträchtigung des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft angeführt wird, vermag dieser Aspekt ebenfalls nicht zu überzeugen. Voraussetzung dafür wäre nämlich, daß dem Begriff des Eigeninter­ esses der Begriff des Konzeminteresses als Beziehungsgröße gegenübergestellt werden kann. Dafür muß er vom Konzeminteresse, oder genauer: vom Interesse

166 Dazu vgl. auch Krieger, ZGR 1994, 383. 167 So im Ergebnis auch Reiner, 15 und 20 ff. („Scheinproblem“, 20).

des herrschenden Untemehmehs losgelöst werden können. Dies ist nicht möglich, weil eine Fiktion, die sich eine konzemabhängige Gesellschaft als konzemunab­ hängig vorstellt, nicht haltbar ist. Zudem wird das Interesse einer Gesellschaft prinzipiell von dem Interesse der Mehrheit der Gesellschafter geprägt. Wird diese vom herrschenden Unternehmen gestellt, geht das „Eigeninteresse“ des abhängi­ gen Unternehmens in der des herrschenden Unternehmens auf.

5. Die fehlende Individualisierung der schädigenden Eingriffe als eigentliches Problem des Zivilprozeßrechts

Während die Auseinandersetzung mit den beiden vorherigen Aspekten gezeigt hat, daß es einer Grundlage für einen konzernspezifischen Ansatz zur Haftung des herrschenden Unternehmens nicht bedarf, unabhängig davon, wann genau ein qualifizierter faktischer Konzern vorliegen soll, ist zum Abschluß dieses Unter­ suchungsschrittes noch Stellung zu nehmen zu der weitgehend anerkannten Grundannahme beim qualifizierten faktischen Konzern, wonach ein solcher immer dann vorliegen soll, wenn die bei der abhängigen GmbH eingetretenen Schäden nicht mehr isolierbaren Eingriffen des herrschenden Unternehmens zuzuordnen sind. Diese Grundannahme ist in der Literatur und in der Rechtsprechung bislang nur von denen in Frage gestellt worden, die der Figur des qualifizierten faktischen Konzern ablehnend gegenüberstehen. Für alle anderen ist sie conditio sine qua non für das Vorliegen eines qualifizierten faktischen Konzerns. Die Kontroversen ranken sich, wie schon erwähnt, hauptsächlich darum, ob und wenn ja, unter welchen Umständen man überhaupt feststellen könne, daß eine bestimmte Qualität oder Quantität von Eingriffen des herrschenden Unternehmens in die Geschäfts­ führung des abhängigen Unternehmens vorliegt, die dann zu bestimmten Rechts­ folgen führten. Auch hier dürfte der Kem des Problems - zumindest aus der Perspektive des Konkurses einer abhängigen GmbH - in Wirklichkeit woanders liegen. Der Umstand, daß der Konkursverwalter einen bestimmten Schaden bei der bankrotten abhängigen GmbH feststellt und aufgrund besonderer Umstände, wie etwa der „breitflächigen Einflußnahme“ des herrschenden Unternehmens in die Geschäfts­ führung des abhängigen Unternehmens oder der anderen in die Diskussion gebrachten Kriterien, nicht in der Lage ist, bestimmte Handlungen der Konzem­ mutter einem konkreten Schaden zuzuordnen, ist schlicht eine Tatsachenfrage und damit letztlich ein Beweisproblem168. Denn nach dem allgemeinen Grundsatz muß jeder diejenigen Tatsachen beweisen, die für ihn günstig sind. Begehrt also der 168 Vgl. in einem etwas weiteren Rahmen dazu auch Druey, ZSR 1980, 357 ff., insbes. 359; im Ansatz wohl auch Scheel, 359 f.; unzutreffend dagegen Drygala, GmbHR 1993, 321, der behaup­ tet, auch bei konzembedingter Insolvenz der abhängigen GmbH könne bei ordentlicher Buchfüh­ rung kein Einzelausgleich durchgeführt werden (fraglich bleibt darüber hinaus freilich auch, was Drygala unter einer „konzembedingten Insolvenz“ versteht).

Konkursverwalter den Ersatz eines von ihm festgestellten Schadens bei dem Gemeinschuldner zur Masse, so muß er behaupten und ggf. nachweisen, daß dieser von der Beklagten, also der Konzemmutter, auch zu verantworten ist. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, so hat er keinen Erfolg. Es handelt sich bei der Frage nach der Möglichkeit, der Gesellschaft zugefugte Nachteile durch eine Einzelkompen­ sation auszugleichen deshalb also in Wirklichkeit um eine prozessuale Problem­ stellung, nämlich um die Frage, ob der Konkursverwalter die Kausalität von Handlung und Schaden nachweisen kann oder nicht. Schwierigkeiten, die sich im Einzelfall hinsichtlich der Beweislast ergeben können, werden üblicherweise aufgrund von Interessenentscheidungen nach genauen Regeln durch zivilprozes­ suale Instrumente zu lösen versucht169. Dazu gehören bekanntermaßen Beweis­ erleichterungen, die Beweislastumkehr oder bestimmte (tatsächliche oder gesetz­ liche) Vermutungen170. Die Konzemrechtslehre übersieht dieses originär anzuwen­ dende Material und verschafft demjenigen, der gegen das herrschende Unter­ nehmen vorgeht, dadurch eine Erleichterung, daß er nicht das Risiko auf sich nehmen muß, als der Begehrende, der die seinen Anspruch stützenden Tatsachen nicht beweisen kann, zu unterliegen. Er kann dann nämlich gleich einen Anspruch auf Globalausgleich nach §§ 302, 303 AktG analog stützen. Insoweit soll er dann nur zu beweisen haben, daß er nicht in der Lage ist, einzelne Ansprüche zu isolie­ ren171. Dies ist für den Konkursverwalter in der Regel kein Problem172. Eine solche Auffassung hebelt den allgemeinen Beweislastgrundsatz ohne Rechtfertigung aus. Bislang ist - soweit ersichtlich - noch von keinem Befürworter einer Haftung des Mutterunternehmens wegen Unmöglichkeit eines Einzelausgleichs erklärt worden, an welcher Stelle denn die wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes an erster Stelle zu klärende Frage überprüft wird, ob der behauptete Schaden ganz oder teilweise tatsächlich nicht einer bestimmten Handlung des Mutterunternehmens zugeordnet werden kann. Dafür kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: entweder müßte der Begehrende bereits einen Prozeß geführt und verloren haben, weil er dort nicht nachweisen konnte, daß eine Handlung der Mutter kausal für den Schaden bei der Tochter war; oder diese Prüfung ist implizit in der Behauptung enthalten, es sei kein Einzelausgleich möglich. Näher scheint die letztere Variante zu liegen. Wenn man aber diese Variante wählt, dann ist das herrschende Unternehmen genau betrachtet schutzlos allen Ansprüchen des Begehrenden ausgeliefert. Denn dieser kann - unterstellt die übrigen Tabestandsmerkmale des Anspruchs seien bewiesen 169 Dazu Prütting, in: Karlsruher Forum 1989, 9 ff; und siehe die allgemeinen Ausführungen bei v. Gerkan, ZHR 154 (1990), 40 ff. und vgl. ferner auch MüKo BGB(-Emmerich), vor § 275, Rn. 151 ff. und auch den ausführlichen Überblick mit Nachweisen zu Literatur und Rechtspre­ chung in MüKo ZPO(-Prütting), § 286, Rn. 23 ff. 170 Siehe ausführlich dazu Baumgärtel, Rn. 443 ff. (Beweislastumkehr) und Rn. 214 ff (Beweislasterleichterungen); Rn. 352 ff (Tatsächliche Vermutungen); Prütting, 50 ff. (Tatsächliche Vermutungen). 171 Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 144. 172 Siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 144.

praktisch den festgestellten Schaden immer realisieren. Entweder dringt er durch, weil er (leicht) bewiesen hat, daß für ihn ein Einzelausgleich unmöglich ist, oder er obsiegt, weil der Gegenbeweis, den die Mutter insoweit fuhren könnte, nur darin liegt zu zeigen, daß doch ein Einzelausgleich möglich ist; dann aber wird sie regelmäßig gerade auf dieser Grundlage in Anspruch genommen werden können. Eng verbunden damit ist auch noch ein zweites Problem. Es fehlt nämlich an handhabbaren Kriterien nachzuprüfen, ob der Einzelausgleich im konkreten Fall tatsächlich unmöglich ist. Es müßte dann entschieden werden, ob es ausreichen soll, daß der betreffende Konkursverwalter meint, Ansprüche nicht isolieren zu können, oder ob das Leitbild eines „ordentlichen und gewissenhaften“ Konkurs­ verwalters herangezogen werden muß, um diese Frage im Hinblick auf diese Fiktion zu überprüfen. Dieses Dilemma dürfte praktisch kaum zu überwinden sein. Besinnt man sich jedoch wieder darauf zurück, daß das Prozeßrecht bewährte Regeln zur Verfügung hält, beide Seite hinreichend zu schützen, ist man in der Lage, die soeben skizzierten Klippen zu umschiffen. Ansatzpunkt für die Geltend­ machung eines Anspruchs ist dann nicht mehr die Behauptung, es sei unmöglich, einzelne Ansprüche zu isolieren, und so daß der gesamte Schaden ersetzt werden müsse, sondern es gilt die allgemeine Regel, daß behauptet und ggf. bewiesen werden muß, welchen konkreten Schaden man aufgrund welches Handelns ersetzt verlangt. Damit ist der Anspruchsgegner davor geschützt, daß er für Schäden einstehen muß, die er nicht zu verantworten hat, weil es ausreicht, daß behauptet und ggf. (auf leichtem Wege) bewiesen wird, daß der betreffenden Person die Individualisierung der Maßnahme, aufgrund derer ein Schaden eingetreten ist, nicht möglich ist. Dies ist freilich nichts anderes als eine Ausprägung der grund­ legenden Schutzfunktion, die das Beweiserfordernis im Prozeß in sich verankert. Aber auch der Anspruchssteller kann von den Regeln des herkömmlichen Prozeß­ rechts hinreichend geschützt werden, damit es ihm nicht wegen der besonderen Struktur des Konzerns von vornherein unmöglich gemacht wird, die nötigen Nachweise zu fuhren173. Erforderlich ist an dieser Stelle die Anpassung der allge­ meinen Regeln an die Konzemlage. Dies geschieht am zweckmäßigsten durch Beweiserleichterungen. So könnte man hier z.B. in Entsprechung zu der im Rahmen des Nachweises in § 43 II GmbHG174 daran denken, nach dem Grundsatz der Beweisnähe, die Möglichkeit zuzulassen, daß dort, wo der Konkursverwalter aus tatsächlichen Gründen bestimmte Tatsachen (also etwa die Umstände, die notwendig sind, die Kausalität einer Handlung der Konzemmutter für den Schaden bei der Tochter zu belegen) nicht beweisen kann, das herrschende Konzernunter­ nehmen dazu verpflichtet ist, darzulegen und ggf. zu beweisen, daß sein Handeln nicht zu dem betreffenden Schaden geführt hat. Da aber ein Schaden regelmäßig nicht monokausal erklärt werden kann, müßte eine Umkehr der Beweislast jedoch entsprechend dem oben entwickelten Ansatz modifiziert werden. Denn ansonsten

173 Vgl. dazu Gummert, WiB 1994,223 174 Siehe oben § 4 II. Teil E. II. 3 c.

bestünde die Gefahr, daß das herrschende Unternehmen quasi eine Garantiehaftung für alle Schäden übernehmen müßte, da es ihr in der Praxis oft nicht gelingen dürfte zu zeigen, daß keiner ihrer Eingriffe kausal für den vorgebrachten Schaden ist. Erforderlich ist daher, daß der Konkursverwalter bestimmte „Vorgaben“ machen muß (Behauptungslast), aufgrund derer sich dann die Substantiierungslast des herrschenden Unternehmens bestimmt. Hier können dann auch die Aspekte eine Rolle spielen, die in der Literatur vorgeschlagen werden, um das Haftungs­ risiko eines herrschenden Unternehmens zu vermindern, nach Maßgabe der Haftung im qualifizierten faktischen Konzern in Anspruch genommen zu werden, insbesondere die ordnungsgemäße Führung von Büchern175. Gestützt wird diese Auffassung von den Ausführungen des BGH im TBB-Urteil zu der Beweislast­ verteilung hinsichtlich des Nachweises der Schädigung des Eigeninteresses des abhängigen Unternehmens bilden176. Zwar kommt es auf diese Frage nach der hier vertreten Auffassung nicht an177, 178 doch läßt sich die Beweislastregel als solche zwanglos auch auf den hier in Frage stehenden Aspekt übertragen. Der 2. Senat hat ausgeführt: „Grundsätzlich muß die Klägerin die tatsächlichen Umstände, aus denen sich ihr Anspruch ergeben soll, darlegen und beweisen. Dabei ist jedoch nicht zu verkennen, daß es insbesondere für einen außenstehenden Gläubiger außerordentlich schwierig sein kann, seiner Darlegungs- und Beweislast hinsicht­ lich des eine konzemrechtliche Haftung auslösenden Sachverhalts voll zu genügen, weil er in der Regel keinen Einblick in die inneren Angelegenheiten des herr­ schenden Unternehmens und erst recht nicht in diejenigen der übrigen Konzem­ glieder hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können dem Anspruchssteller in derartigen Fällen Erleichterungen hinsichtlich seiner Substan­ tiierungslast in der Weise gewährt werden, daß der Beklagte nähere Angaben zu machen hat, wenn er im Gegensatz zum Kläger die maßgebenden Tatsachen kennt und ihm die Darlegung des Sachverhalts zumutbar ist. Kommt er dieser Dar­ legungslast nicht nach, so hat dies zur Folge, daß das Vorbringen des Klägers auch insoweit als dieses mangels Einblicks in den dem Beklagten zugänglichen Geschehensbereich nicht den sonst zu stellenden Anforderungen genügt, gern. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.“ 178. Es scheint also so zu sein, als läge ein Keim der gesamten Diskussion um den qualifizierten faktischen Konzern darin, daß in Wirklichkeit nichts anderes gemacht wurde, als ein prozessuales Problem nicht als ein solches zu erkennen und mit den dafür vorgesehenen Mitteln einer Lösung zuzuführen, sondern es auf die materiell-rechtliche Ebene verschoben zu haben. Dort hat die Schwierigkeit, in 175 Siehe Schulze-Osterloh, ZIP 1993, 1838; Eschenbruch, Rn. 3471 ff.; Hommelhoff, in: Druey, 109 ff. 176 Dazu siehe etwa Ebenroth/Wilken, ZIP 1993, 558; Westermann, ZIP 1993, 554; Hachenburg(-Ulmer), § 64, Rn. 148 ff.; Weigl, 143 ff.; vgl. auch Stodolkowitz, ZIP 1992, 1523 f.; Kleindiek, GmbHR 1992,494. 177 Siehe zur Begründung oben in diesem Abschnitt III. 3. e. 178 BGHZ 122, 123, 132.

Konzernen bestimmte Schäden bei der abhängigen Gesellschaft konkreten Hand­ lungen zuzuordnen, deshalb zu schwerwiegenden Komplikationen und Mißver­ ständnissen geführt, weil eine Tatsachenfrage zu einem Problem materiellen Rechts gemacht wurde. Die gesamte Diskussion um die Haftung im qualifizierten faktischen Konzern hätte daher möglicherweise von Anfang an nicht in dieser Form geführt werden brauchen, wenn man sich darauf besonnen hätte, daß das Zivilprozeßrecht Instrumente bereit hält, Konflikte zu lösen und damit Risikoent­ scheidungen zu treffen, die mit abstrakt materiell-rechtlichen Regeln nicht auflös­ bar sind. Mit der Besinnung auf den Umstand, daß es sich bei der Grundannahme, die der Frage zugrunde liegt, ob ein qualifizierter faktischer Konzern überhaupt vorliegt, in Wirklichkeit um eine prozessuale Fragestellung handelt, wird der Existenz des qualifizierten faktischen Konzerns allerdings schlicht ihre Grundlage entzogen wird, denn die Unmöglichkeit des Einzelausgleichs verliert dann voll­ ständig ihre Bedeutung.

6. Ergebnis

In einem qualifizierten faktischen GmbH-Konzem bedarf es keines spezifischen Konzemhaftungsrechts, insbesondere nicht der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG179. Es läßt sich nämlich keine Rechtfertigung dafür finden, daß eine abhängige GmbH in einem qualifizierten faktischen GmbH-Konzem anders behandelt wird als eine unabhängige GmbH; das gilt unabhängig davon, unter welchen Bedingungen eine solche Haftung überhaupt eingreifen können soll. Es gibt keine spezifische Konzemgefahr, die eine andere Behandlung rechtfertigen könnte; ebenso wenig läßt sich durch die Konzernierung eine Beeinträchtigung des Eigeninteresses des abhängigen Unternehmens feststellen, aufgrund derer es besonderer Regelungen bedürfte. Aus Sicht des Konkurses der abhängigen Konzemgesellschaft läßt sich damit feststellen, daß es auch im Verhältnis einer abhängigen GmbH im qualifizierten faktischen Konzern, wie immer er auch fest­ zustellen sein mag, zu der Konzemmutter keine Form der Einflußnahme gibt, die nicht, genau wie beim abhängigen Unternehmen im einfachen faktischen Konzern, auch mit den in den vorherigen Kapiteln entwickelten, allgemeinen Instrumenten zu erfassen wäre. Der Grund für die ausufemde Diskussion um einen qualifizierten faktischen Konzern und damit einhergehend das in Literatur und Rechtsprechung im Gegen­ satz zur Praxis häufig postulierte Bedürfnis nach einer konzemspezifischen Rege­

179 So jetzt auch Milde, 200; Gätsch, 185 ff. (Ergebnisse); im Ergebnis auch Rowedder (-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 61b.; tendenziell wohl auch Zeidler, GmbHR 1997, 881 f. mit überzeugender Kritik an BGH ZIP 1996, 637. Vgl. dazu auch die Entscheidung PS-Bau des BGH WM 1992, 735; dazu Timm/Geuting, ZIP 1992, 821; Scheel, 367 f., in der der BGH einen Sach­ verhalt, der demjenigen im Video-Fall sehr ähnlich war, nicht mit Instrumenten des Konzem­ haftungsrechts erfaßt hat, sondern § 826 BGB angewendet hat.

lung dürfte im wesentlichen darauf beruhen, daß die Frage der Schwierigkeiten bei der Isolierbarkeit von Eingriffen des herrschenden Unternehmens in die Geschäfts­ führung von abhängigen Unternehmen, die dann auftaucht, wenn die Leitungs­ macht intensiv ausgenutzt wurde, eine Tatsachen- bzw. eine Beweisfrage ist. Diese wurde aber nicht einer zivilprozessualen Lösung zugeführt, sondern es wird versucht, die Tatsachenproblematik als materiell-rechtliches Problem zu lösen.

IV. GmbH-Vertragskonzem 1. Einleitung

Einer GmbH, die durch einen Beherrschungs- bzw. einen Gewinnabführungs­ Vertrag an das herrschende Unternehmen in einem Konzern gebunden ist, werden von der nahezu einhelligen Ansicht in der Literatur konzemspezifische Ansprüche gegen die Konzemmutter zugebilligt, die im Konkurs dann der Konkursverwalter zur Vergrößerung der Haftungsmasse geltend machen kann. Aufgrund der Paralle­ lität zur Lage bei einem AG-Vertragskonzem wird angenommen, daß auch die §§ 302, 303 AktG analog Anwendung auf den GmbH-Vertragskonzem finden180. Hinsichtlich dieses Anspruches bestünden, so wird sogar behauptet, im Vergleich zum AG-Recht keine GmbH-spezifischen Besonderheiten181. 2. Voraussetzung für die Bejahung eines konzemspezifischen Haftungsansatzes beim GmbH-Vertragskonzem a) Grundüberlegung

Ein derartiger konzemspezifischer Haftungsansatz wäre aber nur dann haltbar, wenn im GmbH-Vertragskonzem bestimmte Tatbestände haftungsrechtlich nicht hinreichend mit den allgemeinen Instrumenten, wie sie für jede in Konkurs gefal­ lene GmbH Anwendung finden, erfaßt werden können. Wie oben schon angedeu­ tet, wird die Geltung der allgemeinen Gläubigerschutzregeln im GmbH-Recht

180 Dabei wird stets betont, daß dieser Verlustausgleich nicht im Unternehmensvertrag verein­ bart werden müsse, sondern sich aus einer „zwingenden“ Analogie (Hachenburg(-Ulmer), Anh. §77, Rn. 208) ergäbe. Siehe Emmerich/Sonnenschein, 419; Scholz(-Emmerich), Anh. §44, Rn. 334; Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 208 ff.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbHKonzemR, Rn. 77 (mit geringfügigen Einschränkungen); Kleindiek, 129 ff; Kort, 146 ff; Wirth, DB. 1990, 2107 ff; Emmerich, in: Entwicklungen im GmbH-Konzemrecht, 81 ff; Lutter/ Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 33 (offensichtlich nur für Gewinnabführungsverträge); Rowedder (-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 65 oder 67; K. Schmidt, ZGR 1983, 513 ff; Hommelhoff, WM 1984,1110; Eschenbruch, Rn. 3170 ff vgl. auch BGHZ 105, 324; BGH NJW 1992, 1452. 181 Emmerich/Sonnenschein, 419 und im Anschluß daran Eschenbruch, Rn. 3176.

durch einen Beherrschungsvertrag nicht verdrängt182. Vielmehr darf ein Beherr­ schungsvertrag nur in dem Rahmen geschlossen werden, den die allgemeinen Regeln des GmbH-Rechts zulassen183. Das bedeutet, daß die Befugnisse des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag grundsätzlich nicht erweitert werden184, insbesondere dürfen deshalb auch nicht etwa die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG angetastet werden (Insoweit gibt es beispielsweise sehr wohl einen ganz erheblichen Unterschied zu einem Beherrschungsvertrag mit einer AG, § 291 III AktG.). Eine Analogie zu § 291 III AktG ist wegen der strukturellen Unterschiede zwischen der AG und der GmbH ausgeschlossen185. Der BGH hat auch mehrfach betont, daß bei Rechts­ fragen des GmbH-Untemehmensvertragsrechts primär nicht auf die Regeln des Dritten Buches des AktG, sondern auf das GmbH-Recht einschließlich seiner allgemeinen Rechtsgrundsätze abgestellt werden soll186. Zudem würde mit einer Analogie eine Rechtsfolge begründet werden, die an den Grundfesten des GmbHRechts rührt und daher derart schwerwiegend („wesentlich“) ist, daß sie eine gesetzliche Regelung erfordern würde und sich nicht lediglich immanent aus einer Analogie zu aktienrechtlichen Vorschriften mit ihren ganz anderen Kapital Vor­ schriften ergeben dürfte187. Wenn jedoch die Befugnisse des herrschenden Unter­ nehmens durch den Beherrschungsvertrag aus Sicht der Gläubiger nicht zu ihren Lasten erweitert werden können, gibt es auch keinen Sachverhalt, wo es zu den herkömmlichen Schutzvorschriften noch der zusätzliche „konzernspezifische" Haftungssanktion der §§302, 303 AktG analog bedarf. Es wäre auch nicht einzu­ sehen, warum dann, wenn ein Beherrschungsvertrag geschlossen worden ist, der dem Gesellschafter grundsätzlich nicht mehr Möglichkeiten im Umgang mit der Gesellschaft gibt, als er auch ohne den Vertrag hätte, die anderen Akteure auf einmal besser geschützt werden sollen, denn die gesetzlichen Schutzvorschriften, die im Hinblick auf die Gläubiger vorgesehen sind, werden gerade nicht verletzt. Soweit die Rechte der Minderheit beeinträchtigt werden, gilt im Ergebnis nichts anderes188. Allein der Umstand, daß aus steuerlichen Gründen ein Unternehmens­

182 Siehe oben § 4 II. Teil A. I. 1.; so auch Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 277; Brandes, in: FS Kellermann, 26; Kort, BB 1988, 83; dagegen aber - allerdings ohne überzeugende Begrün­ dung - Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 219; vgl. auch Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, 395 f; siehe auch Verhoeven, 137 f. 183 Vgl. Brandes, in: FS Kellermann, 32 f.; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 77. 184 Im Ergebnis so wohl auch Raiser, § 54, Rn. 8; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 7; Hachenburg(-Barz), § 13, Anh. II, Rn. 10. 185 So auch Scholz(-Emmerich), Anh. § 77, Rn. 277; Beck’sches Handbuch der GmbH (-Rosenbach), § 17, Rn. 32; dagegen aber Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 219. 186 BGHZ, 103, 1; BGHZ 116, 37; vgl. dazu auch Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 185. 187 Vgl. dazu den knappen Hinweis bei Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 77 (am Anfang). 188 Siehe sofort unten unter b).

vertrag auch bei der GmbH vorteilhaft ist189, sagt noch nichts über die gesell­ schaftsrechtlichen Implikationen des Vertrages aus190. Die breite Auffassung in der Literatur, die nahezu kritiklos eine Analogie zu §§ 302, 303 AktG annimmt191, beruht nach hiesiger Auffassung also auf einer Fehleinschätzung der methodischen Rechtfertigung einer analogen Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften. Auch die als Beleg häufig herangezogenen Urteile des BGH192 tragen zu der Analogie selbst nichts bei; sie treffen nur darüber eine Aussage, daß ein GmbHVertragskonzem gestattet ist und darüber, welche Mehrheiten und Formvorschrif­ ten notwendig sind, um diesen wirksam in Kraft zu setzen193. Unabhängig von diesen Erwägungen können in einem Unternehmensvertrag selbstverständlich jährliche Verlustausgleichspflichten vereinbart werden. Im Konkurs stützt sich dieser Anspruch der Gesellschaft dann aber auf den Vertrag und bedarf nicht des Rückgriffs auf die analoge Anwendung von AG-Vorschriften, denn alle Pflichten des herrschenden Unternehmens, die in dem Vertrag vereinbart wurden und gegenüber der abhängigen Gesellschaft nicht eingehalten worden sind, fuhren zu Ansprüchen des Konkursverwalters aus pW des Unternehmensverträges194.

b) Wirkung des Unternehmensvertrages Auswirkungen hat der Beherrschungsvertrag nur im Hinblick auf die Minder­ heitsgesellschafter und insoweit allerdings auch reflexiv auf die Gläubiger. Der Beherrschungsvertrag fuhrt zur Beseitigung der Zuständigkeit für die Festlegung der Geschäftspolitik durch die gesamte Gesellschafterversammlung in der abhän­ gigen Gesellschaft, mit der Folge, daß die Weisungskompetenz auf das herr­ schende Unternehmen übergeht195. Ein Beherrschungsvertrag bewirkt also einen 189 Zum GmbH-Vertragskonzem in der Praxis siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 11; vgl. dazu auch Wellensiek, ZIP 1984, 542; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 7. 190 Vgl. zu der Notwendigkeit, aus steuerrechtlicher Sicht, einen Verlustausgleich in einem Unternehmensvertrag zu begründen auch BFH GmbHR 1981, 203. Ferner vgl. zu denen neueren Entwicklungen, Organschaft ohne Beherrschungsvertrag und Personalunion zu schaffen, womit die Praxis der Beherrschungsverträge weitgehend in Frage gestellt werden könnte, siehe A. Schmidt, GmbHR 1996,175 ff. mit Nachweisen zu steuerrechtlicher Literatur und Rechtsprechung. 191 Vgl. ein symptomatisches Beispiel dafür bei Scheel, 333 ff., insbes. 334: wo der Autor ohne weitere Begründung von der Regelung des § 291 III AktG zu der Anwendung des § 302 AktG bei einem Beherrschungsvertrag in enem GmbH-Konzem übergeht. 192 BGHZ 103, 1 (Familienheim); BGH DB 1988, 2623 (Supermarkt); BGH DB 1992, 29 (Stromlieferung); BGH NJW 1992, 1452 (Siemens). 193 Ausführlich Beck’sches Handbuch der GmbH(-Rosenbach), § 17, Rn. 14 ff. 194 So Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 48; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 64; vgl. zudem Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 286; gegen eine Vertragshaftung allerdings Kort, 142. 195 Zöllner, ZGR 1992, 182; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 48; Eschenbruch, Rn. 3171; vgl. auch BGHZ 105, 311, 324.

vertraglichen Ausschluß der Mitwirkungsrechte der Minderheit in der beherrschten Gesellschaft196. Das bedeutet, daß das herrschende Unternehmen nach Abschluß des Beherrschungsvertrages bei Weisungen an den Geschäftsführer nicht mehr an seine Treuepflicht gegenüber den Minderheitsgesellschaftern gebunden ist197. Die Eingriffe können sich ausschließlich an seinem Interesse orientieren. Damit werden durch einen Beherrschungsvertrag all die Beschränkungen der Herr­ schaftsmacht des Mutterunternehmens als herrschender Gesellschafter aufgehoben, die durch die Rücksichtnahme auf die Minderheitsgesellschafter im Rahmen der Treuepflicht entstanden sind. Dazu gehört nicht nur die schon angesprochene Beachtung der Treuepflicht bei der Erteilung von Weisungen an den Geschäfts­ führer der abhängigen Gesellschaft, sondern auch die Beachtung der übrigen Inter­ essen, wie etwa bei der Auszahlung verdeckter Zuwendungen, die - soweit sie oberhalb der Stammkapitalgrenze liegen und soweit diesbezüglich keine Bestim­ mungen in dem Vertrag enthalten sind - nach Abschluß des Beherrschungsver­ trages gestattet sind198. Vor diesem Hintergrund könnte man daran denken, die Verpflichtung der Mutter aus §§ 302, 303 AktG analog als Substitut für den Wegfall der Minderheitsschutzrechte, insbesondere des Korrektivs der Treuepflicht der Konzemmutter, zu sehen. Doch bedarf es eines solchen gesetzlichen Schutzes gar nicht. Denn bei Abschluß des Vertrages liegt es an den Minderheitsgesell­ schaftern, sich selbst zu schützen199. So können sie ihre Zustimmung zu dem Vertrag etwa davon abhängig machen, daß ihnen ein angemessener Ausgleich für die Aufgabe ihrer Rechte gewährt wird oder daß ihnen das Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen Abfindung ermöglicht wird200. Ein weiterer Schutz der Minderheiten ist nicht erforderlich, weil es der Wirksamkeit des Beherrschungs­ vertrages der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, jeder also die Möglichkeit hat, seine Rechte zu sichern201. Anderes gilt nur, wenn man dem Einstimmigkeits­ erfordernis nicht folgt und eine satzungsändernde Mehrheit von mindestens 3/4 ausreichen läßt202. Die Frage nach der notwendigen Mehrheit des Zustimmungs­ 196 Vgl. dazu Kleindiek, 23 ff.; Zöllner, ZGR 1992,175. 197 Vgl. in diesem Zusammenhang Priester, in: Entwicklungen des GmbH-Konzernrechts, 56 ff.; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 34. 198 Zur Frage, ob und wenn ja inwieweit das herrschende Unternehmen aufgrund des Vertrages die Liquidität der abhängigen GmbH schützen muß siehe Kleindiek, 162 ff. 199 Vgl. daß eine Wurzel der heutigen Konzemrechtsdiskussion in der umstrittenen Frage gelegen hat, wie die einem Beherrschungsvertrag nicht zustimmende Minderheit der Kapitaleigner eines abhängigen Unternehmens geschützt werden könne; vgl. dazu Kirchner, Management­ forschung 7 (1997), 284 f. mit Nachweisen. 200 Zöllner, ZGR 1992, 193 ff. 201 Siehe Hachenburg(-Ulmer), Anh. § 77, Rn. 198 ff; Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 252; Baumbach/Hueck(-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 39; Scholz(-Prister), §53, Rn. 171; Eschenbruch, Rn. 3182; K. Schmidt, GesR, 1213 f; Schilling, ZHR 140 (1976), 535; Emmerich, in: Entwicklungen des GmbH-Konzernrechts, 19. 202 Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 44; Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 40; Kort, 109 ff.; Richter/Stengel, DB 1993, 1861; Timm, GmbHR 1994,213,215.

beschlusses ist eine Frage der Konzembildungskontrolle203 und kann hier deswe­ gen nicht ausführlich behandelt werden. Es sei nur darauf hingewiesen, daß Beherrschungsverträge und Gewinnabführungsverträge schwerwiegende Eingriffe in die Mitverwaltungsrechte und in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter darstellen und möglicherweise auch den Gesellschaftszweck ändern. Dies darf nur einstimmig geschehen (vgl. § 33 I 2 BGB). Im Hinblick auf das herrschende Unternehmen kann damit dafür gesorgt werden, daß die Machtübernahme durch den Unternehmensvertrag nur zu dem Preis von Ausgleichs- und Abfindungs­ leistungen zu erreichen ist204. Die Gegenansicht befurchtet, daß mit der Einstim­ migkeit ohne Not die Möglichkeit eröffnet würde, den Abschluß solcher Verträge zu hintertreiben, und daß dieses Erfordernis zudem zu einem Denken in überhöh­ ten Preisen fuhren könnte205. Auf der einen Seite sind diese Bedenken nicht zwin­ gend, denn die sich sperrenden Gesellschafter können möglicherweise aufgrund der ihnen obliegenden Treuepflicht dazu verpflichtet sein, dem Beschluß zuzu­ stimmen206. Zum anderen kommen auch die Befürworter eines Mehrheitserforder­ nisses von mehr als 75% dazu, die Minderheit vor aufgezwungenen Strukturände­ rungen zu schützen. Das soll dadurch geschehen, daß der Mehrheitsbeschluß nur rechtmäßig ist, wenn sich der Abschluß aus dem Interesse der GmbH rechtfer­ tigt207. Mit diesem Kriterium wird man sich jedoch keinen Gefallen tun, weil es nicht nur problematisch ist, insoweit das Interesse der Gesellschaft zu ermitteln, sondern auch weil es praktisch nahezu unmöglich sein dürfte, aus ex ante-Sicht eine Prognose für den positiven Effekt des Vertrages für die Gesellschaft zu stellen208. Scheidet damit also auch eine Kompensation für das Fehlen der Minderheits­ rechte aus, die im Konkurs mittelbar zu Ansprüchen der nunmehr bankrotten Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen zugunsten der Masse hätten führen können, läßt sich kein Bereich ausmachen, der in einem GmbH-Vertrags­ konzem von den oben dargestellten allgemeinen Regeln nicht erfaßt werden könnte.

c)

Abweichungen beim Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages

Etwas anderes gilt auch nicht für den speziellen Fall, in dem zwischen Mutter- und Tochterunternehmen ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen worden ist. Es

203 Vgl. insoweit Jansen, 171 ff.; siehe Herkenroth, 39 ff. (für die AG). 204 Vgl. Emmerich/Sonnenschein, 472. 205 Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 44; vgl. auch Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 40. 206 Vgl. Emmerich/Sonnenschein, 473; Scholz(-Emmerich), Anh. § 44, Rn. 255 f.; vgl. auch Timm WM 1991, 483 ff. 207 Vgl. Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 44. 208 Vgl. auch Rowedder(-Koppensteiner), Anh. § 52, Rn. 40.

wird zwar argumentiert, daß kraft des Gewinnabführungsvertrages die abhängige GmbH verpflichtet sei, den gesamten Bilanzgewinn an das herrschende Unter­ nehmen abzuführen. Daher entstünde bei der abhängigen Gesellschaft kein Gewinn mehr, da dieser durch die gleichzeitig entstehende Forderung des herrschenden Unternehmens kompensiert würde. Unabdingbare Folge des Vertrages sei daher die Pflicht des herrschenden Unternehmens, jeden Jahresfehlbetrag entsprechend § 302 AktG auszugleichen209. Doch setzt diese Argumentation implizit voraus, daß es für das herrschende Unternehmen als Gesellschafter im Hinblick auf den Gläubigerschutz prinzipiell untersagt sei, den Gewinn aus der GmbH abzuziehen. Dem ist aber gerade nicht so. Unter Beachtung der Kapitalerhaltungsregeln und der Minderheitsrechte, die mit dem Vertrag aber, wie gerade gesehen, paralysiert sind, ist ein herrschender Gesellschafter im Gegenteil bekanntlich sehr wohl dazu berechtigt, den Gewinn der Gesellschaft abzuziehen. Der Gewinnabführungs­ vertrag stellt deshalb nur einen Ausschluß der Minderheit hinsichtlich ihrer Rechte an den Gewinnen der Gesellschaft dar. Aber auch insoweit haben die §§ 302, 303 AktG analog keinen Platz, denn die Minderheitsgesellschafter haben es selbst in der Hand, sich mit dem Abschluß des Vertrages zu schützen; insoweit kann auf die soeben erfolgte Argumentation hingewiesen werden. 3. Zusammenfassung

Aus alledem folgt also, daß für eine Anwendung der §§ 302, 303 AktG analog im GmbH-Vertragskonzem kein Raum ist, weil es keinen Sachverhalt gibt, den sie regeln müßten, weil die anderen allgemein für alle Gesellschaften mbH vorgesehe­ nen Regeln eine Verantwortungslücke des herrschenden Gesellschafters ließen. Damit stellt sich heraus, daß es aus der Perspektive des Konkurses einer abhängi­ gen Gesellschaft im GmbH-Vertragskonzem keines spezifischen Konzemhaftungs­ rechts nicht bedarf. Auch hier ist der Konzern als solcher haftungsrechtlich irrele­ vant.

V. Der AG-Konzem 1. Einleitung Im Gegensatz zum GmbH-Konzem gibt es für den AG-Konzem bekanntlich ein gesetzlich geregeltes spezifisches Konzernhaftungsrecht, so daß es auf den ersten Blick müßig erscheint, sich darüber Gedanken zu machen, ob de lege lata ein spezifisches Konzernhaftungsrecht für den AG-Konzem notwendig ist, oder ob es hier nicht ebenfalls wie bei einem GmbH-Konzem gar nicht auf ein konzemspezi­ fisches Haftungsrecht ankommt. Bei näherem Hinsehen entbehrt diese Fragestel­

209 Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13, Rn. 33.

lung aber auch für die derzeitige Rechtslage nicht ihrer Berechtigung. So gibt es z.B. keine Regelungen hinsichtlich eines sogenannten qualifizierten faktischen AG-Konzems und, wie oben schon angedeutet, könnten die Regeln hinsichtlich der als mißglückt angesehen Vorschriften über den faktischen AG-Konzem mögli­ cherweise durch die konzemunabhängige Vorschrift des § 117 AktG überlagert werden. Im folgenden soll deshalb aus der Sicht des heutigen Standes der Dogmatik und vor dem Hintergrund der in den vorstehenden Untersuchungen zu der Möglichkeit der Vergrößerung der Haftungsmasse erzielten Ergebnisse, in der gebotenen Kürze die Berechtigung eines konzemspezifischen Haftungsrecht in den einzelnen Formen der AG-Konzerne untersucht werden.

2. Qualifizierter faktischer AG-Konzem

Ein qualifizierter faktischer AG-Konzem soll nach Auffassung einiger Stimmen, wie beim qualifizierten faktischen GmbH-Konzem, dann vorliegen, wenn die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsleitung der abhängigen AG so umfassend sind, daß es nicht mehr möglich ist, einzelne nachteilige Ein­ griffe zu isolieren210. In paralleler Entwicklung zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzem wird danach auch hier eine konzemspezifische Binnenhaftung befürwortet, die ihre Grundlage in der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG haben soll211. Es bedarf indes gar nicht erst der Mühe, darauf hinzuweisen, daß eine derartige konzemspezifische Binnenhaftung wegen der oben im Rahmen der Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzem dargestellten Gründe auch hier nicht einschlägig sein kann. Denn es besteht beim qualifizierten faktischen AG-Konzem von vornherein keine Regelungslücke für irgendeine Form der Binnenhaftung, weil diese Form des Konzerns unzulässig ist. Die für die „Qualifi­ zierung“ eines faktischen AG-Konzems notwendige Unmöglichkeit der Isolierung einzelner nachteiliger Maßnahmen der Obergesellschaft ist - unabhängig davon, ob man dieses Kriterium überhaupt für tragfähig hält212 - nicht mit der eigenver­ antwortlichen Stellung des Vorstandes der abhängigen AG (§ 76 AktG) zu verein­

210 Ausführlich dazu Zöllner, in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 369 ff.; vgl zudem etwa Decher, DB 1990, 2006; Weigl, 182 ff.; Krieger, in: Münchener Handbuch IV, §69, Rn. 17; Emmerich/Sonnenschein, 356 ff.; Hommelhoff, DJT, G. 14; vgl. auch OLG Hamm, NJW 1987, 1030; LG Mannheim, AG 1991, 29; siehe dazu den kritischen Überblick der Möglichkeiten, einen qualifizierten faktischen AG-Konzem zu gestalten Altmeppen, 5 ff. und 42. 211 Siehe Zöllner, in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 377 ff. (insbes. 378 f.); Decher, DB 1990, 2006 f; Krieger, in: Münchener IV, § 69, Rn. 17 ff.; Weigl, 179 ff., insbes. 181; Kropff, AG 1993, 487 f. (siehe aber Geßler/Hefermehl(-Kropff), §291, Rn. 25 ff.); Hüffer, §302, Rn. 30; Eschenbruch, Rn. 3405; unentschieden Goette, DStR 1993, 568 („offene Frage“). 212 Vgl. an dieser Stelle nochmals die Kritik u.a. von Emmerich/Sonnenschein, 362 f.

baren213. Dieses Argument läßt sich auch nicht durch einen Hinweis abschwächen, daß bei einem unwirksamen Beherrschungsvertrag §§ 302, 303 AktG angewendet werde und es deshalb nicht einzusehen sei, daß der Fall ohne Abschluß des unwirksamen Beherrschungsvertrages bei gleicher faktischer Einflußnahme grund­ sätzlich anders zu behandeln wäre214. Zum einen wird hier eine Auffassung als Beleg herangezogen, die die Rechtsprechung und Literatur für einen anders liegen­ den Fall entwickelt haben - nämlich zur Behandlung fehlerhafter Unternehmens­ Verträge nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als für die Vergan­ genheit wirksam215. Zum anderen würde eine solche Auffassung mit der in § 312 AktG festgelegten Pflicht zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts kaum in Einklang zu bringen sein216. Der Gesetzgeber hat ferner die Regeln für den fakti­ schen AG-Konzem bewußt nur für eine Lenkung eines abhängigen Unternehmens in einem dezentral geführten Konzern vorgesehen und entsprechend auch nur die (gelegentliche) Einflußnahme des herrschenden Unternehmens auf die Tochter legalisiert. In dem Fall, daß das herrschende Unternehmen einen darüber hinausge­ henden Einfluß auf die Untergesellschaft haben möchte, ist es auf den Abschluß eines Unternehmensvertrages angewiesen217. Das Schweigen des Gesetzes hin­ sichtlich einer wie immer gearteten Qualifizierung des faktischen AG-Konzems ist daher eine bewußte Nicht-Regelung218. Einen Bedarf für eine konzemspezifische Binnenhaftung gibt es also in Bezug auf die Figur eines qualifizierten faktischen AG-Konzems nicht. 3. Faktischer AG-Konzem

a) Verdrängung der konzernspezifischen Haftung nach §§311, 317 AktG durch die Anwendung des §117 AktG Für die Binnenhaftung der Konzemmutter gegenüber einer abhängigen AG in einem Nichtvertragskonzem sieht das Gesetz in den §§311, 317 AktG eine 213 Siehe u.a. Rowedder(-Koppensteiner), Anh. nach § 52, Rn. 52 ff.; Koppensteiner, in: Probleme des Konzemrechts, 91 f.; KK(-Koppensteiner), Vorb. §311, Rn. 24; Emmerich/ Sonnenschein, 362 ff.; Wilken, 154; Flume, Jur. Person, 122 ff.; vgl. darüber hinaus auch Bälz, in: FS Raiser, 310 ff.; Mestmäcker, in: Festgabe Kronstein, 139 ff.; Streyl, 99 ff., Sura, 48 ff.; U.H. Schneider, BB 1986, 1998 ff. 214 Weigl, 182; Geuting, BB 1994, 371; vgl. aber Hüffer, § 291, Rn. 21. 215 Siehe BGHZ 103, 1; BGHZ 116, 39; und aus der Literatur statt aller Baumbach/Hueck (-Zöllner), GmbH-KonzemR, Rn. 44; Emmerich/Sonnenschein, 137 f. 216 Vgl. auch Hachenburg(-Ulmer), Anh: § 77, Rn. 32 und 51; Raiser, § 53, Rn. 22; vgl. in diesem Zusammenhang auch KK(-Koppensteiner), § 312, Rn. 15. 217 Vgl. Decher, DB 1990, 2006; Koppensteiner, in: Probleme des Konzemrechts, 91 f.; vgl. auch den Diskussionsbericht von Bälz, 59. DJT, R 123; siehe aber Ebenroth, AG 1990, 193 (wider­ sprüchlich zu 189); Zöllner, 59. DJT, R 39 f.; vgl. auch dens., in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 377. 218 Siehe Decher DB 1990, 2006.

konzemspezifische Regelung vor. Diese Haftungsregelung wird jedoch nahezu einhellig als mißglückt oder dysfunktional bezeichnet219. Die Gründe, die dafür genannt werden, sind mannigfaltig und reichen von der grundlegenden Kritik, daß die in §§311, 317 AktG vorausgesetzte Fiktion der wirtschaftlichen Einheit des abhängigen Unternehmens nicht überzeugen könne220, über die Schwierigkeit der Isolierbarkeit von Einzelmaßnahmen221 222 und der präzisen tatbestandlichen Erfas­ sung des Begriffs der „Veranlassung"222, wozu auch das praktisch kaum lösbare Problem gehört, ob und wenn ja wann im einzelnen eine „Veranlassung“ vorliegt, wenn die Geschäftsleitungsorgane des herrschenden und des abhängigen Unter­ nehmens gemeinsam handeln223, bis hin zu den ganz erheblichen Problemen bei der Quantifizierung des auszugleichenden Nachteils bzw. der Höhe des Schadens­ ersatzes224. Im einzelnen brauchen die Argumente hier nicht vertieft zu werden, denn es soll im folgenden lediglich überprüft werden, ob nicht diejenigen Fälle, die mit §§311, 317 AktG offensichtlich eher unvollkommen erfaßt werden - denkt man sich die konzemrechtlichen Regeln hinweg - auch bereits von den allgemei­ nen Regel des Bürgerlichen Rechts bzw. des Gesellschaftsrechts erfaßt werden. Wie oben schon erwähnt, ist § 117 AktG grundsätzlich als lex generalis zu §§311, 317 AktG anzusehen, der auf allgemeinem Niveau die Einflußnahme auf den Vorstand einer AG sanktioniert und welcher auch vor der Einführung der §§311, 317 AktG - in Gestalt seiner Vorgängernorm - auf Konzemsachverhalte

219 Siehe bereits Würdinger, DB 1973, 45; Kirchner, ZGR 1985, 230 ff.; ders., Management­ forschung 7 (1997), 289 ff.; Mülbert, 486 ff.; v. Becker, 70; Raiser, § 53, Rn. 4 ff.; KK (-Koppensteiner), Vorb. § 311, Rn. 17 ff.; Strohn, 120 ff.; Scheel, 342; Gätsch, 143 f.; Zöllner, in: Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 370 ff.; ders., in: FS Kropff, 344 ff.; verhalten optimistisch dagegen insbesondere Hommelhoff, DJT G 16 ff.; ders., ZHR 156 (1992), 300 ff.; Altmeppen, ZIP 1996, 693 ff; Kropff, in: FS Kastner, 283 f. 220 Kirchner, ZGR 1985, 231 f. und vgl. auch ders., Managementforschung 7 (1997), Abschnitt 5. 2.; allgemeiner in die Richtung, daß §§311 ff. AktG keinesfalls zum Schutz ausrei­ chen Zöllner, AG 1994, 338; Kropff, AG 1993, 489 ff.; Emmerich/Sonnenschein, 5. Aufl., 369: Das ganze Konzept der §§ 311-318 AktG werde zunehmend in Frage gestellt. 221 Vgl. KK(-Koppensteiner), § 311, Rn. 18; Scheel, 338 f.; Beck’sches Handbuch der GmbH (-Rosenbach), § 17, Rn. 151. 222 So ist beispielsweise äußerst problematisch, ob die Einwirkung auf die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens mittels eines einstimmigen Beschlusses der vom herrschenden Unternehmen majorisierte Hauptversammlung der abhängigen AG eine „Veranlassung“ ist oder ob es sich lediglich um eine gesetzmäßige Konkretisierung des Gesellschaftsinteresse handelt; vgl. dazu KK(-Koppensteiner), §311, Rn. 16; Emmerich/Sonnenschein, 340; Raiser, §53, Rn. 20; Strohn, 36, 56, 162, 171, 193 ff.; Vonnemann, BB 1990, 219; vgl. auch Zöllner, in: FS Kropff, 345; siehe ferner die Begr. Reg.Entw. zu § 311 bei Kropff, 408. 223 Siehe Scheel, 337; vgl. auch Decher, 170 ff.; Rehbinder, 250 ff.; Streyl, 164 ff.; Mestmäcker , 258 ff. zu den Schwierigkeiten bei der „Veranlassung“ bei der vollständigen oder teilweisen Identität der Geschäftsleitungsorgane von herrschender und beherrschter Gesellschaft. 224 Siehe ausführlich KK(-Koppensteiner), §311, Rn. 22, 47:; Geßler/Hefermehl(-Kropft), § 311, Rn. 37 ff.; Schulze-Osterloh, ZGR 1983, 153; Raiser, § 53, Rn. 18 ff.; Schießl, AG 1985, 185.

Anwendung gefunden hat225. Nach dem Grundsatz lex specialis derogat legi gene­ rali wird § 117 AktG auf die Haftung im faktischen Konzern nicht angewendet, selbst wenn die Regeln der §§ 311, 317 AktG versagen. Allerdings bestehen auch zwei erhebliche Unterschiede in dem allgemeinen Verbot der Einflußnahme auf die Geschäftsleitung einer AG in § 117 AktG und dem konzemspezifischen Verbot derselben Handlung in den §§311, 317 AktG. Denn mit der Einführung der §§ 311, 317 AktG ist eine Adaption des § 117 AktG für die Situation in einem Konzern vorgenommen worden, die im Hinblick auf § 117 VII AktG sowohl eine Verschärfung im Vergleich zu der allgemeinen Regelung beinhaltet als auch eine Privilegierung des herrschenden Unternehmens im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern einer AG, indem die „Konzemverfassung“ die Verfassung des „Einzelunternehmens" verdrängt in dem Sinne, daß nachteilige Eingriffe in die Geschäftsleitung der abhängigen AG nach § 317 II AktG „gerechtfertigt“ werden können226. Das hat zur Folge, daß die dysfunktionalen konzemspezifischen Vor­ schriften der §§311, 317 AktG nur dann von der lex generalis ersetzt werden könnten, wenn es möglich wäre, die Funktionen in Entsprechung auch in der allgemeinen Regelung wiederzufinden. Ein solches Ergebnis erreichte man, wenn § 117 VII AktG einfach ersatzlos gestrichen und eine Privilegierung des herr­ schenden Unternehmens im Sinne des § 317 II AktG auch auf allgemeiner Ebene eingeführt werden würde. Das wäre aber nur de lege ferenda möglich. Zum gleichen Ergebnis könnte man allerdings auch mit einer teleologischen Reduktion des § 117 VII AktG für die Fälle kommen, wo die Einflußnahme des herrschenden Unternehmens auf die Geschäftsleitung der abhängigen AG in Frage steht.

b)

Teleologische Reduktion des §117 VII AktG vor dem Hintergrund der Anerkennung von Treuepflichten zwischen den Aktionären

aa) Eine teleologische Reduktion ist methodisch erlaubt, um der ratio legis gegen einen überschießenden, weiten Gesetzeswortlaut Geltung zu verschaffen227. Das Gesetz enthält in diesen Fällen eine Regelung; diese paßt aber nur scheinbar mit dem Sinn und Zweck der Norm zusammen. Insoweit wird von einer „verdeckten Lücke“ gesprochen228. Die Feststellung der Lücke erfolgt dabei durch den Nachweis, daß die ratio legis der Norm nicht für einen vom Wortsinn an sich erfaßten Tatbestand paßt229. Die teleologische Reduktion kann etwa geboten sein

225 Siehe Schlegelberger(-Quassowski), §101, Rn. 9; Gadow/Heinichen-Schmidt/MeyerLandrut, § 101, Rn. 8; vgl. auch Neuhaus, 5 ff. 226 Vgl. Geßler/Hefermehl(-Kropff) § 311, Rn. 32 ff; Rehbinder, 236; Martens, DB 1970, 865; Kropff, DB 1967, 2147; allgemein siehe Bollmann und siehe auch Mestmäcker, in: Festgabe Kronstein, 139 ff. 227 Bydlinski, 480. 228 Canaris, 83. 229 Vgl. Canaris, 83 f.

durch den insoweit vorrangigeren Zweck einer anderen Norm oder durch ein für eine bestimmte Fallgruppe vorrangiges, dem Gesetz immanentes Prinzip230. Ein typischer Anwendungsfall der teleologischen Reduktion liegt dabei dort, wo auf­ grund der Fortentwicklung des Rechts und der damit einhergehenden Veränderung des Regelungssinnes verdeckte Lücken auftreten. Besonders plastisch wird dies bei dem Erfordernis der teleologischen Reduktion aufgrund des Einflusses des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf das nationale Recht. Eine teleologische Reduktion könnte im hiesigen Zusammenhang zudem auch vor dem Hintergrund der Treuepflichten der Aktionäre in Betracht kommen. Dann müßte festgestellt werden können, daß sich der Sinn des Gesetzes geändert hat, ohne daß der Wort­ laut der betreffenden Norm diese Änderung angemessen widerspiegelt231. bb) Im Gegensatz zu den Treuepflichten im GmbH-Recht ist die Anerkennung von Treuepflichten zwischen den Aktionären noch relativ neu232. Aufgrund der Annahme, daß besondere Treuepflichten zwischen Gesellschaf­ tern nur dann bestehen können, wenn zwischen ihnen eine über die kapitalistische Beziehung hinausgehende personalistische Beziehung besteht und damit die Struktur der Gesellschaft der einer Personalgesellschaft angenähert ist, ist nämlich lange Zeit keine Treuepflicht zwischen den Aktionären einer AG anerkannt worden, die über die allgemeinen Rechtsgrundsätze der §§ 226, 242 und 826 BGB hinausging233. Grund dafür war die Vorstellung, daß - entgegen der Situation in einer KG oder einer GmbH - die Rechtsbeziehungen der Aktionäre eben nur auf die Gesellschaft und nicht auf persönliche Beziehungen gerichtet sind234. Ausprä­ gung dessen war die vom Reichsgericht zur Legitimation von Mehrheitsentschei­ dungen bereits verfochtene Erkenntnis235, daß ein Mehrheitsbeschluß seine Recht­ fertigung in sich trage236. In der sog. Linotype-Entscheidung hat der BGH diese Auffassung allerdings für wichtige Teilbereiche aufgegeben237. Er anerkannte, daß 230 Larenz, 436. 231 Vgl. Canaris, 84. 232 Siehe einen ausführlichen Überblick bei Nehls, Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht; Lutter, ZHR 162 (1998), 164 ff.; Hennrichs, AcP 195 (1995), 221 ff.; Herkenroth, 48 ff; Heermann, JuZi 1994, 252 ff; vgl. auch Henze, ZHR 162 (1998), 186 ff; skeptisch allerdings, Flume, ZIP 1996, 161. 233 Siehe BGHZ 14, 25, 38; BGHZ 18, 350, 365; BGH JZ 1976, 561, 562. 234 Vgl. dazu Immenga, 270 f.; GroßKomm(-Meyer-Landrut) (3. Aufl.), § 1, Rn. 35; kritisch dazu insbesondere Lutter, JZ 1976, 225; K. Schmidt, GesR, 539 f., 733 f.; KK(-Zöllner), § 243, Rn. 195; Wiedemann, GesR. I, § 2 I 1b und § 8 II 3; ders., JZ 1976,392, 394; ders., JZ 1989,447 f. 235 Vgl. RGZ 68, 235; RGZ 146, 71, 76; RGZ 146, 385, 395; RGZ 158, 248, 254; vgl. aber bereits Fechner, 83 ff. 236 BGHZ 76, 352, 353; zustimmend Flume, ZIP 1996, 162; kritisch dazu etwa Wiedemann, JZ 1989, 447, der m.E. zu Recht darauf hinweist, daß sich damit nahezu jede Mehrheitsdiktatur (ohne Minderheitenschutz, U.E.) unterstützen ließe. BGHZ 18, 350, 365; BGH JZ 1976, 561 f. 237 BGHZ 103, 184, 195; dazu siehe Lutter, ZHR 153 (1989), 446; Timm, NJW 1988, 1582 f.; Wiedemann, JZ 1989,447 ff.

auch bei der Aktiengesellschaft ein Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit hat, durch Einflußnahme auf die Geschäftsführung die gesellschaftsbezogenen Inter­ essen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen. Damit könne auch in einer AG das Verhältnis der Mitglieder untereinander den Charakter einer Sonderverbindung haben. Daraus folge die gesellschaftsrechtliche Pflicht der Mehrheit, auf die Inter­ essen der Minderheit Rücksicht zu nehmen. Es könne darüber hinaus nicht ver­ kannt werden, so der BGH, daß eine AG ähnlich einer GmbH so ausgestaltet werden könne, daß sie einer Personengesellschaft nahe komme238. Wesentlicher und zutreffender Anknüpfungspunkt der neuen Rechtsprechung - allerdings nicht die Rechtsgrundlage239 - ist die Korrelation zwischen der Rechtsmacht der Mehr­ heit, mit der den Mehrheitsgesellschaftern die Möglichkeit an die Hand gegeben ist, die Vermögensposition der Minderheitsgesellschafter in der AG zu beeinträch­ tigen, verbunden mit den potentiellen Einwirkungsmöglichkeiten und der daraus resultierenden Verantwortung für die Mehrheit240. Wenngleich zwar der „Normal­ fall“ die in § 133 I AktG geregelte Situation ist und bleibt, daß die Hauptver­ sammlung durch die Mehrheit der Gesellschafter entscheidet und damit die Minderheit „majorisiert“ wird, so ist es dennoch auch in der AG notwendig, dieser Möglichkeit Grenzen zu setzen241. Dem Mehrheitsgesellschafter obliegt es daher nunmehr, bei seiner Entscheidung die Interessen der Minderheitsgesellschafter mitzubedenken, denn es gibt keinen Grund - außer möglicherweise dem Glauben, wirtschaftliche Macht verhalte sich gesamtwirtschaftlich vernünftig -, ausgerech­ net den Mehrheitsaktionär von der Pflicht zu sorgfältiger Rücksichtnahme zu entbinden242. Vielmehr eröffnet die erhöhte Einwirkungsmöglichkeit der Mehrheit auf die Interessen der Minderheit eine korrelierende Beeinträchtigungsmöglichkeit eben dieser Minderheit. Deshalb stehen sich die Mitglieder einer AG nicht, wie

238 BGHZ 103, 184, 195. 239 Zu Recht Hennrichs, AcP 195 (1995), 236. 240 K. Schmidt, GesR, 588 f.; Kort, ZIP 1990, 296; Timm, WM 1991, 482 f. Winter, 16 ff.; Zöllner, 335 ff.; KK(-Zöllner), § 243, Rn. 190. 241 Besonders anschaulich wird diese notwendige Balance durch den Richterspruch des Richters Lindley in der Sache Allen v. Gold Reefs od West Africa Ltd.: „Wide, however, as the language ofs. 50 (des englischen Companies Acts 1962) is, the power conferred by it must, like all powers, be exercised subject to those general principles of law and equity which are applicable to all powers conferred on majorities and enabling them to bind minorities. It must be exercised, not only in the männer required by law, but also bona fide for the benefit of the Company as a whole, and it must not be exceeded.tl ((1900) 1 Ch. 656, 671). Siehe für das deutsche Recht: Mestmäcker, 195; Paschke, in: FS Serick (1992), 317; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993), 176; Kort, ZIP 1990, 296; eher vorsichtig Hennrichs, AcP 195 (1995), 236; Es ist zwar zuzugeben, daß bei überspannten Anforderungen an die Treuepflicht des Mehrheitsaktionärs das gesetzliche Regel-Ausnahme­ Verhältnis des § 133 I AktG ausgehöhlt werden könnte (Darauf weisen insbesondere MarschBarner, ZHR 157 (1993), 192 f. und Hennrichs, AcP 195 (1995), 236 hin), doch ist dies eine Frage der Ausgestaltung der Treuepflicht, nicht aber der Grundlage der Treuepflicht selbst; vgl. auch Heermann, JuZi 1994,225 f. 242 Wiedemann, JZ 1989,447.

früher angenommen, gegenüber wie beliebige Dritte, sondern die mit der Mitglied­ schaft verbundene Befugnis, Entscheidungen mit grundsätzlicher Wirksamkeit für andere Verbandsmitglieder zu treffen, erzeugt einen qualifizierten Kontakt zwischen den dem innergesellschaftlichen Entscheidungssystem unterworfenen Personen243, so daß sich deren Verhältnis zu einem rechtlichen Sonderverhältnis gestaltet244. Der Inhalt der Treuepflicht zwischen Mehrheitsgesellschafter und Minderheitsgesellschafter entspricht im wesentlichen dem, was die Treuepflicht zwischen GmbH-Gesellschaftern ausmacht. Sie ist in erster Linie auf die Wahrung und Förderung der Interessen der Gesellschaft hinsichtlich des wirtschaftlichen Gedeihens bzw. des wirtschaftlichen Überlebens und die Vermeidung jeglichen Schadens ausgerichtet245, wobei es auch hier schwierig ist, im Einzelfall das Maß der aktienrechtlichen Treuepflicht zu ermitteln246. Es spricht einiges dafür, auch hier den Maßstab des ordentlichen Geschäftsleiters heranzuziehen (§ 93 I AktG). Da Treuepflichtverstöße in unterschiedlichem Zusammenhang auftreten können, sind die Sanktionen allerdings entsprechend zahlreich247. Sicher ist hingegen, daß die Treuepflichten der Aktionäre genau wie bei der GmbH sowohl eine eigene Anspruchsgrundlage darstellen248 als auch die Funktion eines ergänzenden Tatbestandsmerkmals einnehmen.

cc) Wenn also nunmehr auch im Aktienrecht die Treuepflicht zwischen den Aktionären ein alle Bereiche durchwirkendes (neues) Prinzip darstellt, das dazu führt, daß die Treuepflicht auch Einfluß auf das Abstimmungsverhalten der Aktio­ näre in der Hauptversammlung gewinnt, läßt sich bei § 117 VII AktG eine „verdeckte Lücke“ feststellen. Denn aus Sicht der Methodenlehre liegt hier ein klassischer Beispielsfall vor, wo der Wortlaut einer Norm weiter geht als der - durch neue Entwicklungen des Rechts geprägte - Sinn des Gesetzes. Aus diesem Grund muß bei der Anwendung des § 117 VII AktG darauf reagiert werden, daß dort, wo ein Aktionär über sein Stimmrecht Einfluß auf die Geschäftsleitung genommen hat, jene nur dann tatsächlich von den Folgen des § 117 AktG ausge­ nommen ist, wenn er auch den dem jeweiligen Aktionär obliegenden Treuepflich­ ten entspricht. Auf den faktischen AG-Konzem bezogen bedeutet das, daß das herrschende Unternehmen in seiner Einflußnahme auf den Vorstand der abhängi­

243 KK(-Zöllner), § 243, Rn. 195; Winter, 67 ff., 69; Lutter, AcP 180 (1980), 126 f. 244 Hennrichs, AcP 195 (1995), 238; KK(-Zöllner), § 243, Rn. 195. 245 Lutter, JZ 1995, 1054. 246 Dazu Heermann, JuZi 1994, 255 f.; GroßKomm(-Brändel), § 1, Rn. 86; Timm, WM 1991, 483; K. Schmidt, GesR, 590 ff; Nehls, 67 f. und 75 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 105 ff; Raiser, § 12, Rn. 35; Zöllner, 343; Wiedemann, in: FS Heinsius (1991), 950 f. 247 Einen Überblick gibt Heermann, JuZi 1994,257; siehe auch Lutter, JZ 1995, 1055. 248 Lutter, JZ 1995, 1055; Heermann, JuZi 1994, 253 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 102 ff; ablehnend Hammen, ZBB 1993,242 in Fn. 34.

gen AG nur soweit gehen darf, wie er die Einflußnahme durch die Hauptver­ sammlung geltend macht und dabei seiner Treuepflicht genügt249. Was im Einzelfall seiner Treuepflicht entspricht, läßt sich für den speziellen Fall der Einflußnahme auf die Geschäftsleitung der abhängigen AG aufgrund der Identität der Fragestellung nach denselben Maßstäben konkretisieren wie bei der entsprechenden Konstellation der Treuepflicht unter GmbH-Gesellschaftern. Danach entsprechen nur solche Einflüsse auf den Vorstand, die der herrschende Aktionär durch sein Stimmrecht in der Hauptverwaltung ausübt, seiner Treue­ pflicht, die aus seiner Sicht zur Zeit der Stimmrechtsausübung zu einer Gewinn­ maximierung bzw. zu einer mittel- oder langfristigen Vergrößerung des Unter­ nehmenswertes fuhren sollten; aus dem oben erwähnten Grund wäre dafür entspre­ chend zum GmbH-Recht der herrschende Aktionär beweispflichtig. Inhaltlich wäre damit der Rahmen, der dem Mehrheitsaktionär bei der Ausübung des Stimmrechts durch die Treuepflicht gesteckt wird, deckungsgleich zu demjenigen, der ihm durch § 317 II AktG vorgegeben ist250. Wendet man auf die Einflußnahme des herrschenden Unternehmens im Konzern auf die Geschäftsleitung der abhängigen AG durch die Ausübung des Stimmrechts § 117 VII AktG unter Berücksichtigung der Treuepflicht an, so wird dem herr­ schenden Aktionär ein praktisch weitgehend deckungsgleicher Rahmen gesteckt wie ihn §§ 311, 317 AktG vorsehen251.

c)

Diskrepanzen der Regelungsinhalte von §§ 311, 317 AktG und §117 AktG in teleologisch reduzierter Form

Man könnte diesem Versuch, die konzemspezifischen Vorschriften der §§311, 317 AktG durch das allgemeine Haftungsinstrument des § 117 AktG zu ersetzen, aber möglicherweise vorwerfen, daß damit immerhin insoweit eine Verschlechte­ rung der Situation des herrschenden Unternehmens einhergeht als dieses nunmehr seinen Einfluß nur noch durch das Stimmverhalten auf der Hauptversammlung durchsetzen könne. Damit bestünde eine nicht unerhebliche Diskrepanz in der Anwendungsbreite der Regelungen. Ein solcher Einwand vermag jedoch nicht zu überzeugen. Denn zum einen stellt die monierte Folge lediglich eine Reaktion auf bestimmte Aspekte dar, die gerade die Grundlage für die Kritik an der Dysfunktio­ nalität der konzemrechtlichen Vorschriften bilden. Zum anderen steht die hier vertretene Sichtweise gut mit der Vorstellung des Gesetzgebers in Einklang, die 249 Vgl. insoweit auch Zöllner, ZHR 162 (1998), 244 ff. Eine ähnlich Idee findet sich bei Henze, BB 1996,499, der die §§311 AktG an den Treuepflichten messen will. Allerdings geht das Ziel des Vorschlages in eine andere Richtung. Henze hinterfragt nicht §§311,317 AktG als solche, sondern er will versuchen, §§311,317 AktG so auszugestalten, daß die Mehrheitsaktionären daran gehindert werden, seine AG systematisch auszubeuten; gegen dieses Anliegen im Ergebnis über­ zeugend Altmeppen, ZIP 1996,693 ff. 250 Vgl. hierzu in einem weiteren Rahmen auch Mestmäcker, 141 251 Ähnlich Zöllner, ZHR 162 (1998), 244 f.

dem Konzept der Schaffung des faktischen Konzerns zugrunde liegt, nämlich die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsleitung der abhängigen AG ohne Unternehmensvertrag lediglich als Ausnahme und möglichst kontrolliert (vgl. § 312 AktG) hinzunehmen. Kann das herrschende Unternehmen nur noch in der Hauptversammlung seinen Einfluß auf die Geschäftsleitung durchsetzen, wird zudem der Anwendungsbereich des sich ebenfalls nicht vollständig bewährten Abhängigkeitsberichts252 geschärft und damit dessen Bedeutung möglicherweise wieder angehoben. Umgehungen der vergleichsweise engeren Eingriffsmöglich­ keiten können im übrigen nach der hier entwickelten Auffassung, auch zum Teil durch die Zurechnung von Geschäftsleitungsverhalten auf das herrschende Unter­ nehmens im Rahmen der Behandlung als faktischer Geschäftsleiter erfaßt werden, so daß sich dadurch die angenommenen Diskrepanzen verringern können. Schließ­ lich entspricht die nur eingeschränkte Möglichkeit der Einflußnahme des herr­ schenden Unternehmen auf eine abhängige AG ohne Unternehmensvertrag auch der Besonderheit der AG als abhängige Konzemgesellschaft, die weniger biegsam ist und deshalb als Instrument des Konzerns in der Regel weniger geeignet ist. Will man die AG als ein biegsames Instrument im Rahmen der „wirtschaftlichen Einheit“ des Konzerns einbeziehen, so muß man den Weg über den Unter­ nehmensvertrag gehen. d)

Ergebnis und Ausblick

Die teleologische Reduktion des § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Treuepflicht fuhrt dazu, daß einem herrschenden Aktionär der abhängigen AG in einem faktischen Konzern mit der Anwendung des § 117 AktG den Bereichen derselbe Handlungsrahmen gestattet ist, wie in die §§ 311, 317 AktG vorsehen. In den über die Einflußnahme auf der Hauptversammlung hinaus gehenden Bereichen können die Eingriffe teilweise mit Hilfe der Zurechnung bestimmter Folgen im Rahmen der Haftung als faktischer Geschäftsführer nach § 93 II AktG erfolgen. Soweit der Bewegungsraum für das herrschende Unternehmen nach § 117 AktG enger ist, entspricht dies durchaus dem Willen des Gesetzgebers, dem AGVertragskonzem Vorrang einzuräumen. Angenommen, es gäbe die konzernspezifisehen Regelungen der §§311, 317 AktG nicht, so könnten also die allgemeinen Vorschriften deren Regelungsfeld problemlos übernehmen. Wenn aber (nahezu) allgemein die Auffassung besteht, §§ 311, 317 AktG seien - aus welchen Gründen im einzelnen auch immer - dysfunktional, könnte man vielleicht den Diskussionsanreiz geben, ob aufgrund des hier erzielten Ergebnisses nicht sogar die Regelungen der §§311, 317 AktG als (weitgehend funktions­ untüchtige) lex specialis zurücktreten müßten und anstelle ihrer die lex generalis,

252 Dazu vgl. KK(-Koppensteiner), § 312, Rn. 2 f.; Hommelhoff, DJT G 52 ff. - zur Kritik siehe besonders G 53 f.; siehe ferner Raiser, § 53, Rn. 22 ff.

also § 117 AktG, wieder zur Anwendung kommen könnte253. Methodisch dürfte es dabei um die Frage gehen, ob dann, wenn sich eine lex specialis allgemeiner Über­ zeugung nach als unpraktikabel erwiesen hat, nicht entsprechend zum Problem des Rechtswandels, insbesondere des sogenannten „Funktionswandels“254, die Ausle­ gung auf die allgemeinere Norm zurückgreifen darf. Freilich bestehen bei einem solchen Vorgehen auch erhebliche Probleme, etwa - um nur eines zu nennen wann und unter welchen Umständen festgestellt ist, daß eine Spezialnorm in der praktischen Anwendung derart versagt, daß eine für diesen Bereich bestehende allgemeinere Norm Anwendung finden kann. Die hiermit zusammenhängenden Fragestellungen müssen der Diskussion im weiteren anheim gestellt bleiben; hingewiesen werden soll nur noch darauf, daß es, vom Ergebnis her, durchaus Beispiele solchen Vorgehens gibt, auch wenn es sich dabei in dem Sinne nicht um das Verhältnis von lex specialis zu lex generalis handelt, nämlich die immer stärkere Zurückdrängung des als unbefriedigend empfundenen § 831 BGB zugun­ sten des § 278 BGB.

4. Der Vertragskonzem

a) §§ ^02, 303 AktG als gesetzlich vorgesehene, konzernspezifische Regelung zur Einstandspflicht des herrschenden Konzernunternehmens Ist das bankrotte abhängige Konzernunternehmen eine mit einem Beherrschungsund/oder Gewinnabführungsvertrag an die Konzemmutter gebundene AG, so kann der Konkursverwalter verschiedene Ansprüche geltend machen. Dabei ist zu differenzieren: Soweit der Konkursverwalter gegen das herrschende Unternehmen einen Anspruch der abhängigen AG wegen Schäden in Folge von rechtswidrigen Weisungen der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens geltend macht255, wird von der weitaus herrschenden Ansicht als Grundlage keine konzemspezifische Regelung, sondern eine pW des Beherrschungsvertrages

253 Dieses Ergebnis ist nicht weit entfernt von dem Ansatz Zöllners, den §§311 ff. AktG die Spezialität gegenüber der Treuepflicht abzusprechen und so einer Beurteilung der Haftung im faktischen AG-Konzem anhand der Regeln über die Treuepflichtverletzung den prinzipiellen Vorzug zu gewähren. Lutter, ZHR 162 (1998), 173, sieht hingegen im Hinblick auf die Wirkung der Treuepflichten bei einer AG eine Schranke indes gerade in den §§311 ff. AktG, so daß demnach ein „Aufbrechen“ der §§311 ff. AktG durch eine auf dem Gedanken der Treuepflicht basierende Reduktion des § 117 VII AktG nicht in Frage kommen kann. 254 Dazu eingehend Bydlinski, 572 ff. 255 Daß ein solcher Anspruch - neben dem aus § 309 II AktG gegen die gesetzlichen Vertreter besteht, ist allgemein anerkannt, siehe nur KK(-Koppensteiner), § 309, Rn. 25; Emmerich/ Sonnenschein, 313 ff; Kantzas, 188 ff.; Exner, 85 ff.; Mestmäcker, in: FG Kronstein, 135 f.; Emmerich, in: Entwicklungen des GmbH-Konzemrechts, 78 f.; Geßler/Hefermehl(-Geßler), § 309, Rn. 47; Baumbach/Hueck, § 309, Rn. 1; Wiedemann, GesR I, 350.

herangezogen256. Betrachtet man jedoch die gesetzlich geregelte Haftung des herrschenden Unternehmens für eine abhängige AG, so findet sich hier ein konzemspezifischer Haftungsanspruch (§§ 302, 303 AktG). Im Gegensatz zu §§311, 317 AktG ist dieser weitgehend anerkannt und hat sich als praktikabel erwiesen. Daher besteht keine Grundlage im geltenden Recht nach funktional gleichen, nicht konzemspezifischen Anspruchsgrundlagen zu suchen. Hingewiesen sei insoweit nur darauf, daß zum einen bei der abhängigen AG das Argument des Selbstschutzes der Aktionäre, das bei einem GmbH-Vertragskonzem bedeutsam geworden ist, nicht ohne weiteres vorgebracht werden kann, weil der jeweilige Vertrag für seine Wirksamkeit grundsätzlich nicht das einstimmige Votum der Hauptversammlung erfordert (§ 293 I AktG), dafür allerdings einen angemessenen Ausgleich bzw. Abfindungen vorsieht (§§ 304, 305 AktG)257. Zum anderen kann auch hier der Gedanke nicht greifen, daß das herrschende Unternehmen aufgrund seiner durch den Unternehmensvertrag vermittelten Eingriffsbefugnisse wie ein faktischer Geschäftsführer behandelt werden kann und ihm die Schäden nach § 93 II AktG zugerechnet werden können. Zwar liegt vom Tatsächlichen her eine Behandlung als faktischer Geschäftsführer sehr nahe, doch löst nach § 302 I AktG bereits allein die Bildung des Konzerns die Rechtsfolge aus, ohne daß es darauf ankäme, daß das herrschende Unternehmen tatsächlich in die Belange der Unter­ gesellschaft eingegriffen hat. § 302 AktG setzt weder ein rechtswidriges Verhalten noch eine konkrete Einflußnahme für die Haftung voraus258. Das heißt ferner, daß sich das herrschende Unternehmen für Eingriffe in die Geschäftsleitung der abhän­ gigen AG, die zu Schäden geführt haben, auch nicht darauf berufen kann, daß ein ordentlicher Geschäftsführer ebenso gehandelt hätte. Dagegen könnte ein herr-

256 Siehe Begr. Reg.Entw. bei Kropff 404; KK(-Koppensteiner), § 309, Rn. 25; Emmerich/ Sonnenschein, 5. Aufl., 360; ausführlich Exner, 85 ff.; Kantzas, 188 ff. Vornehmlich in der älteren Literatur ist die Einstandspflicht als ungeschriebener Fall der Organhaftung verstanden worden und somit auch auf allgemeine Prinzipien gestützt worden: Mertens, AcP 168 (1968), 225, 228 f.; GroßKomm(-Würdinger), § 309, Rn. 6 f.; Beuthin, JuS 1970, 55. Vgl. auch Mestmäcker, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß dies einer der Fälle sei, denen man nach den „allgemeinen Rechtgrundsätzen“ Rechnung tragen müsse, in: Festgabe Kronstein, 136. 257 Im Rahmen einer Konzembildungskontrolle kann in der Satzung dieses Erfordernis allerdings festegelegt werden; allgemeinen dazu und zu den Möglichkeiten einer Konzemein­ gangskontrolle in der AG siehe Seydel, insbes. 87 ff., und 131 ff. Zur Konzemeingangskontrolle bei Aktiengesellschaften vgl. zudem Herkenroth, insbes. 39 ff. und 90 ff. Grundsätzlich bedarf die Änderung des formalen Untemehmenszieles nach § 33 I 2 BGB, wie sie bei Abschluß eines Unter­ nehmensvertrages üblich sein dürfte, analog die Einstimmigkeit der Aktionäre, siehe Raiser, § 16, Rn. 57; K. Schmidt, GesR, 856. Im Rahmen der konzemrechtlichen Vorschriften ist dieses Erfor­ dernis durch die §§ 305, 305 AktG ersetzt worden, die einen gewissen Beschleunigungseffekt mit sich bringen und die Gegenleistung der Aktionäre zur Zustimmung gewissermaßen antezipieren (instruktiv dazu Herkenroth, 44 f.). Vgl. dazu aus der Perspektive der Konzembildungskontrolle ausführlich mit beachtlichen Argumenten Herkenroth, 39 ff. und Seydel, 267 ff. 258 Vgl. Zöllner, DJT R 43; Koppensteiner, in: Ulmer, 93; Hommelhoff, 304 ff.

sehendes Unternehmen im Rahmen der Haftung als faktischer Geschäftsleiter nach § 93 I AktG genau diesen Einwand erheben. b)

Anzeichen dafür, daß die Regelung des §302 AktG nicht konzernspezifisch konzipiert ist

Gleichwohl scheint es Hinweise dafür zu geben, daß es sich bei der konzemspe­ zifischen Haftung der §§ 302, 303 AktG in Wirklichkeit letztlich auch nur um Instrumente des allgemeinen Bürgerlichen Rechts bzw. des Gesellschaftsrechts in dem Gewand des Konzemrechts handelt. Aufgrund der thematischen Vorgabe dieser Untersuchung und der eingangs dieses Kapitels gemachten Feststellung kann diese These an dieser Stelle nicht ausführlich begründet werden. Auf zwei dieser Anzeichen soll hier aber dennoch hingewiesen werden: Betrachtet man das frühere Recht, so waren auch dort Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge unter Unternehmen bekannt, die als Organschaft bzw. als Organverträge qualifiziert wurden259. Unter dem Einfluß des Steuerrechts, das bekanntlich Vergünstigungen davon abhängig machte, daß der Organträger nicht nur die Gewinne sondern auch die Verluste der Organgesellschaft trägt (§17 UStDB), wurde regelmäßig vereinbart, daß der Organträger das Jahresergebnis der Organgesellschaft übernimmt260. Der rechtliche Grund für die Übernahme der Verluste ergab sich freilich nicht aus dem Steuerrecht, sondern aus den allgemei­ nen Regelungsgrundsätzen des Schuldrechts. Der Organvertrag zwischen zwei Unternehmen wurde je nach Ausgestaltung als Geschäftsbesorgungsvertrag bzw. als Auftrag mit einigen Elementen des Kommissionsgeschäfts (§§ 391, 392 HGB) verstanden261. In diesem Rahmen wurde die Verlustübernahme durch das herr­ schende Unternehmen aus den §§ 669, 670 BGB, ggf. in Verbindung mit § 675 BGB abgeleitet. Zieht man hinzu, daß es ausweislich der Begründung des Regie­ rungsentwurfes zu § 302 AktG bei der Kodifizierung des § 302 AktG nur darum gehen sollte, die frühere Rechtspraxis in Gesetzesform zu übernehmen und den Kreis der Verträge, die eine Verlustübernahme auslösen, schärfer zu umschreiben, den zu übernehmenden Verlust zu bestimmen und den Verzicht der Gesellschaft auf den Anspruch auf Verlustübernahme nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen262, wird deutlich, daß insoweit keine besondere auf ein spezifisch gestaltetes Konzemrecht ausgerichtete Vorschrift entstehen sollte. Es sind in § 302 AktG lediglich die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Ansätze konzemrechtlich 259 Rasch, 78 f„ 88 ff. 260 Vgl. ausführlich Spindler, 15 ff.; Rasch, 92 f.; Mestmäcker, in: Festgabe Kronstein, 134; GroßKomm (-Würdinger), § 302, Einl. 261 Siehe Rasch, 92. 262 Begr. Reg.Ent. bei Kropff, 390 f.; vgl. dazu auch GroßKomm(-Würdinger), § 302, Einl.; KK(-Koppensteiner), § 302, Rn. 2 f.; Hüffer, § 302, Rn. 2; Mestmäcker, in: Festgabe für Kronstein, 134. Ausführlich dazu Dettling, Die Entstehungsgeschichte des Konzemrechts im Aktiengesetz von 1965,1997.

„umformuliert“ worden. Der Charakter des Unternehmensvertrages und damit verbunden seine rechtlichen Implikationen haben sich durch die Kodifikation in § 302 AktG nicht geändert, und in der Tat wird teilweise auch heute noch zu Recht darauf hingewiesen, daß Beherrschungsverträge eine unverkennbare Verwandt­ schaft mit anderen Geschäftsbesorgungsverträgen aufweisen263. Das zweite Anzeichen dafür, daß es sich bei den §§302, 303 AktG möglicher­ weise um einfache aktienrechtliche Vorschriften handelt und sie keine nur speziell auf Konzerne abzielende Regelungsstruktur haben, ergibt sich, wenn man sich den Sinn und Zweck der Regelung des § 302 AktG vor Augen fuhrt. Funktional betrachtet, entfaltet der Unternehmensvertrag Wirkung in zwei Richtungen. Zum einen werden die Kapitalerhaltungsvorschriften von der Anwendung ausgeschlos­ sen, und zum anderen wird die „Gewaltenteilung“ in der AG aufgehoben, indem die Selbständigkeit des Vorstandes disponibel wird. Beides ließe sich modernem Verständnis nach übrigens auch als Ausschluß der Beachtung der Treuepflichten gegenüber den Minderheitsaktionären bei der Einflußnahmen auf die Gesellschaft und damit auf die Vermögensposition der Minderheitsaktionäre deuten; zudem hat der Unternehmensvertrag mit seinen Folgen auch Auswirkungen auf schutzwür­ dige Interessen der Gläubiger (Möglichkeit des Entzugs des gesetzlich garantierten Mindesthaftkapitals der betreffenden Gesellschaft). Es herrscht deshalb eine Kontroverse darüber, ob der Zweck der §§ 302 f. AktG darin liegen soll, ein „Gegengewicht“ zu den durch den Unternehmensvertrag geschaffenen weitgehen­ den Eingriffsrechten des herrschenden Unternehmens zu schaffen264, oder ob der Zweck vielmehr darin liegt, das durch § 291 III AktG außer Kraft gesetzte System der Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 57, 58 und 60 AktG) zu substituieren265. Richtiger, allerdings nicht herrschender Ansicht nach, ist der Normzweck des § 302 I AktG nicht monokausal zu erfassen266. In einem Vertragskonzem soll die Leitung der abhängigen AG vollständig in die Hände des herrschenden Unter­ nehmens übergehen können, damit es diese ganz in seinem Sinne nutzen kann; §§ 308 und 309 AktG geben insoweit die relativ unscharfen Grenzen vor, welche sich freilich an § 93 AktG orientieren können267. Der Unternehmensvertrag stellt dabei das Instrument zur Verfügung, mit dem auf der einen Seite § 76 I AktG und § 117 AktG ausgeblendet werden sollen, damit der Vertragspartner der AG die Mittel und die Möglichkeit an die Hand bekommt, seine Vorstellungen durch das Einwirken auf die Geschäftsleitung des abhängigen Unternehmens auch tatsächlich durchsetzen zu können. Mit anderen Worten: der Unternehmensvertrag ermöglicht 263 Emmerich/Sonnenschein, 135. 264 Vgl. Begr. Reg.-Entw. bei Kropff, 391; K. Schmidt, GesR, 868; vgl. auch KK (-Koppensteiner), § 302, Rn. 4; Rehbinder, AG 1986, 90. 265 So z.B. Mestmäcker, 325 ff.; Ulmer, AG 1986, 126; Assmann, JZ 1986, 935; Sonnenschein/ Holdorf, JZ 1992, 718 ff. 266 Hommelhoff, in: FS Goerdeler, 229 ff; vgl. auch Kort, 146. 267 Siehe Abeltshauser, 243 ff.; KK(-Koppensteiner), § 308, Rn. 1 ff.; Wellkamp, WM 1993, 2155 ff.; Begr. Reg-Entw. bei Kropff, 403.

es, daß dem Vorstand der abhängigen AG von dem anderen Teil jede geschäftslei­ tende Tätigkeit vorgegeben wird, ohne daß dem Vorstand oder den anderen Orga­ nen der abhängigen AG ein Mittel dagegen zur Verfügung stünde268. Gleichzeitig bewirkt der Beherrschungsvertrag nach § 291 III AktG auch die Außerkraftsetzung der §§ 57, 58 und 60 AktG, so daß überhaupt erst die Erteilung von Weisungen, die unter Umständen auch nachteilig für die Minderheitsgesellschafter der be­ herrschten Gesellschaft und für die Gläubiger sein kann, rechtlich uneingeschränkt möglich wird269. Die Kapitalerhaltung wird bei der unverbundenen AG dadurch geschützt, daß der wertmäßige Bestand des Gesellschaftsvermögens gebunden wird270. Das hat zur Folge, daß die Rechtsordnung generell Verträge zwischen Aktionären und Aktiengesellschaften nur dann als wirksam ansieht, wenn und soweit der Gesell­ schaft ein angemessener Gegenwert zufließt. Bei Beherrschungs- und Gewinn­ abführungsverträgen liegt die Sache jedoch anders, denn sie erfassen das Vermö­ gen der abhängigen Gesellschaft tatsächlich oder jedenfalls potentiell im ganzen und relativieren den Bestand dieses Vermögens der Substanz nach271. Die herr­ schende Gesellschaft erhält das Recht, das Vermögen der beherrschten Gesell­ schaft nach eigenem Ermessen zu nutzen. Die zentrale Schutzbestimmung zugun­ sten der Gesellschaftergesamtheit, nämlich das Verbot von verdeckten Gewinnaus­ schüttungen, wird damit im Vertragskonzem weitgehend hinfällig. Die Vorschrift des § 291 III führt also dazu, daß mangels anderer Vorschriften eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann prinzipiell sanktionsfrei möglich wird, wenn damit eine Aufwandsbuchung verbunden ist, die höher als vorhandene Kapital- oder Gewinnrücklagen ist, also buchhalterisch zur Aufzehrung des Grund- oder Stamm­ kapitals führt272. Vor dem Hintergrund der Außerkraftsetzung der Kapitalerhal­ tungsvorschriften stellt § 302 I AktG im Konzern eine Sanktionierung273 zukunfts­ bezogener Zahlungsstromumleitungen dar. Daraus folgt unmittelbar, daß die Ausgleichspflicht im wesentlichen eine notwendige Zwangsregulierung darstellt, die verhindern soll, daß eine gegenleistungslose Aushöhlung einer Kapitalgesell­ schaft erfolgen kann. Diese Wahrung des Mindestvermögens der AG steht dabei nicht nur im Interesse der Gläubiger, die - genau wie bei § 30 GmbHG - dahin­ gehend geschützt sind, daß ihnen schlimmstenfalls immer noch dieses Vermögen zur Haftung zur Verfügung steht, sondern es bedeutet auch den Schutz der Minderheitsgläubiger vor der Entwertung ihrer Vermögensposition274.

268 Siehe Emmerich/Sonnenschein, 320 ff.; Immenga, ZHR 140 (1976), 301; Raiser, §54, Rn. 28; Zöllner, ZGR 1992, 173; Clemm, ZHR 141 (1977), 197,204 ff.; Kantzas, 87 ff. 269 Vgl. RegBegr. bei Kropff, AktG , 378. 270 Mestmäcker, 327. 271 Mestmäcker, 327. 272 Geiger, 198. 273 Dazu siehe auch Stimpel, in: FS Goerdeler, 601,613; vgl. auch Ulmer, AG 1986, 127. 274 Stimpel, in: Heidelberger Konzemrechtstage, 24, Drüke, 176.

Die Aufhebung dieser Schutzmaßnahmen und Garantien durch den Vertrag ist für die Aktionäre und Gläubiger aber nur dann hinnehmbar, wenn an anderer Stelle eine Kompensation für das Wegfallen ihrer Mitwirkungsrechte bzw. ihres Vertrau­ ens auf das Mindesthaftungskapital eintritt275. Dies regelte früher das Auftragsrecht und wird nunmehr von § 302 AktG erfaßt. Diese Kompensation trifft also denjeni­ gen, zu dessen Gunsten der Vertrag die gesetzlichen Schutzmechanismen anderer aufhebt. Anders formuliert: die Aufhebung von gesetzlich vorgesehenen oder intendierten Schutzvorschriften durch Vertrag ist nur dann und insoweit von der Rechtsordnung erlaubt, wie dies nicht zum Nachteil derer gehen kann, die an dem Vertragsschluß nicht beteiligt waren (kein Vertrag zu Lasten Dritter). Dabei handelt es sich um eine „Jedermann-Pflicht“. § 302 AktG ist vor dem hier entfal­ teten Hintergrund nämlich keine Sanktion dafür, daß speziell ein herrschendes Unternehmen in einem Konzern seinen Willen mit Hilfe eines anderen Unter­ nehmens auf der Grundlage eines Vertrages durchsetzen will, sondern Grundlage ist, daß durch den Vertrag bestimmte Schutzvorschriften gegenüber Dritten - nicht etwa nur gegenüber der abhängigen Gesellschaft als solcher - aufgehoben werden, ohne daß den Betroffenen Mitwirkungsrechte zugestanden wurden. Nicht die Konzernierung prägt daher § 302 AktG, sondern die Wirkung des Vertrages im Verhältnis der Mehrheit der Aktionäre zu der Minderheit und den Gläubigem der abhängigen AG. c)

Ergebnis und weiterführender Gedanke

Die vom AktG in § 302 in Verbindung mit § 308 AktG vorgesehene Binnen­ haftung des herrschenden Unternehmens ist konzemspezifisch ausgestaltet. Auf­ grund des relativen Erfolges dieser Vorschriften werden sie de lege lata als konzemrechtliche Normen im deutschen Recht verankert bleiben. Damit bleiben die Regeln zum AG-Vertragskonzem der „konzemrechtliche Fels“ in der Brandung des Bürgerlichen Rechts und des Gesellschaftsrechts. Allerdings ist es nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, daß sich dieser konzemrechtliche Fels in Wirklichkeit ebenso gut, d.h. ohne Regelungsverluste als allgemeine, bürgerlich-rechtliche Einstandsnorm darstellen ließe. Denn der Inhalt der Regelun­ gen hat im Kem nichts damit zu tun, daß die Akteure in einem Konzern verbunden sind und deshalb ein besonderes, mit den herkömmlichen allgemeinen Vorschriften nicht zu erfassendes Regelungsinstrumentarium erforderlich wäre, sondern er betrifft nur die Sicherung der Vermögensposition der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger vor dem durch den Vertrag zugesicherten bedingungslosen Zugriff des anderen Vertragsteils auf die Geschäftsleitung. Ein Freilegen des wirk-

275 Damit wird ein Ausgleich geschaffen dafür, daß es beim Unternehmensvertrag, wie Mestmäcker es zutreffend dargelegt hat, aufgrund der Struktur einer AG typischerweise an der einer Vertragsbeziehung in der Privatrechtsordnung zugeschriebenen interessenausgleichenden Funktion fehlt; Mestmäcker, 324.

liehen Kems der nunmehr konzemspezifisch „eingepackten“ Haftungsregel wäre etwa vorstellbar, wenn im Rahmen von Vorschriften über Unternehmensverträge eine Rechtsfolgenverweisung in das Recht des Auftrags, vergleichbar zu der in § 396II HGB, aufgenommen würde.

VI. Zusammenfassung und Zwischenergebnis für die Untersuchung Die Annahme, es bedürfe im deutschen Recht eines konzernspezifischen Haftungs­ rechts, ist aus Sicht des Konkurses eines abhängigen Konzernunternehmens nicht haltbar. Ein solches Bedürfnis könnte nur dann bestehen, wenn es in Bezug auf die Haftung des herrschenden Konzernunternehmens im Konkurs des abhängigen Unternehmens Sachverhalte gäbe, die mit den herkömmlichen Instrumenten des Bürgerlichen Rechts, des Gesellschafts- oder des Insolvenzrechts nicht oder nicht hinreichend erfaßt werden könnten. Hinsichtlich des Rechts des AG-Konzems hat der Gesetzgeber offenbar eine solche Schutzlücke gesehen und in §§ 302, 303 AktG bzw. in den §§311, 317 AktG für den Vertragskonzem und den faktischen AG-Konzem spezifische Haftungsregeln geschaffen276. Die Regeln für die Ein­ standspflicht des Mutterunternehmens im Vertragskonzem werden allgemein als funktionabel angesehen. Bei näherem Hinsehen spricht allerdings vieles dafür, daß es sich bei diesen Regelungen in Wirklichkeit gar nicht um konzemspezifische Regelungen handelt, sondern daß sie Regelungsvorstellungen bürgerlich-recht­ licher Natur sind, die im Rahmen der Novelle 1965 nur in ein konzemrechtliches Gewand gekleidet wurden. Diese These wird gestützt durch den Sinn und Zweck der Norm. Diese setzen nämlich nicht an einem konzemspezifischen Umstand an, also z.B. daran, daß durch den Unternehmensvertrag die eine Partei abhängiges Unternehmen in dem von der anderen Partei geleiteten Konzern wird. Vielmehr geht es der Regelung darum, die Probleme zu lösen, die dadurch entstehen, daß mit einem Vertrag in die Rechte anderer eingegriffen wird, ohne daß diese entspre­ chende Mitwirkungsrechte hatten. Hierbei handelt es sich allerdings jedoch nicht um ein typisches, nur in Konzernen auftauchendes Problem. Im Gegensatz zu §§ 302, 303 AktG gelten die Haftungsregeln im faktischen AG-Konzem weitgehend als mißlungen. Sie könnten de lege lata jedoch problem­ los durch allgemeine Regeln ersetzt werden. Eine besondere Rolle spielt dabei § 117 AktG. Es besteht zwar ein wesentlicher qualitativer Unterschied zwischen der für den faktischen AG-Konzem vorgesehenen und der allgemein für alle Aktiengesellschaften geltenden Regelung darin, daß § 117 AktG in seinem Abs. VII die Einflußnahme auf das Geschäftsleitungsorgan durch das Stimmverhalten in der Hauptversammlung gestattet. Doch wird diese Abweichung im Ergebnis dadurch aufgehoben, daß § 117 VII AktG vor dem Hintergrund der Treuepflicht der Aktionäre ausgelegt werden muß. Resultat dessen ist, daß der herrschende 276 Da die Eingliederung nicht Gegenstand der Untersuchung ist, brauchten die §§319 ff. AktG, insbesondere § 322 AktG nicht beachtet zu werden.

Aktionär nur in dem entsprechenden Maße über die Hauptversammlung in die Geschäftsleitung der abhängigen AG eingreifen kann, wie es auch nach § 317 I und II AktG erlaubt wäre. Der weitere - allerdings lediglich quantitative - Unterschied zwischen beiden Regelungsansätzen spricht ebenfalls nicht dagegen, §§311, 317 AktG durch allgemeine Vorschriften zu ersetzen. Unter Anwendung des § 117 AktG wäre es dem herrschenden Konzernunternehmen nämlich ausschließlich möglich, über den Weg der Hauptversammlung in die Geschäftsleitung des abhän­ gigen Unternehmens einzugreifen, während §§311, 317 AktG auch andere Wege offen läßt. Dieser Unterschied stellt aber genau betrachtet sogar eine Annäherung an die ursprüngliche Vorstellung des Gesetzgebers dar, der die faktischen AGKonzerne (und die damit eröffneten Möglichkeiten der Einflußnahme auf den Vor­ stand der abhängigen Gesellschaft) als wirkliche Ausnahme im Vergleich zu den Vertragskonzemen verstanden wissen wollte. § 117 I AktG erzielt so seine Rege­ lungslegitimation durch die größere Nähe zur ursprünglichen Vorstellung des Gesetzgebers hinsichtlich der Bedeutung, die die Figur des faktischen AGKonzems auf dem Markt einnehmen können soll. Darüber hinaus werden die Fälle, in denen das herrschende Unternehmen „eigenhändig“ die Geschäftsleitung ausge­ übt hat, ohnedies von den Regeln der Haftung als faktischer Geschäftsführer im Rahmen des § 93 II AktG erfaßt. Auch hinsichtlich des faktischen AG-Konzems wäre also eine konzemspezifische Haftungsregel ohne weiteres von einer Regelung zu ersetzen, die nicht auf den Konzern abstellt, sondern für alle Aktiengesell­ schaften gilt. Hinsichtlich des qualifizierten faktischen Konzerns läßt sich die Aussage eben­ falls eindeutig treffen: eine Haftung analog §§ 302, 303 AktG kommt nicht in Betracht, weil die Figur des qualifizierten faktischen AG-Konzems, unter welchen Voraussetzungen auch immer sie im einzelnen vorliegen soll, wegen der damit einhergehenden Verletzung des § 76 I AktG verboten ist. Insoweit greifen dann auch hier nur die allgemeinen Vorschriften ein, insbesondere ebenfalls § 117 AktG, oder die schädigenden und schuldhaften Geschäftsleiterpflichtverletzungen können dem herrschenden Unternehmen als faktischer Geschäftsleiter nach § 93 II AktG zugerechnet werden. Das Konzemhaftungsrecht für einen GmbH-Konzem ist nicht gesetzlich gere­ gelt. Da der Gesetzgeber keine „planwidrige Lücke“ hinsichtlich dieses Rege­ lungskomplexes gelassen hat, wäre ein konzemspezifisches Konzemhaftungsrecht des Mutterunternehmens gegenüber einer abhängigen GmbH nur dann methodisch legitimiert, wenn ein unabweisbares Bedürfnis im Rechtsverkehr für eine solche Sonderregelung bestünde. Ein derartiges Bedürfnis kann jedoch nur dann bejaht werden, wenn nicht bereits insofern die allgemeinen, für alle Gesellschaften mbH geltenden Regeln eingreifen. Soweit es um den GmbH-Vertragskonzem geht, wird dem herrschenden Unter­ nehmen durch den Vertrag keine Einflußmöglichkeit in die Belange der abhängi­ gen GmbH eröffnet, die weiter reicht als es die zwingenden Regeln des GmbHRechts zulassen. Eingriffe des herrschenden Unternehmens im Rahmen des Unter­

nehmensvertrages, die gegen diese verstoßen, werden deshalb also ohnehin schon hinlänglich von den allgemeinen Vorschriften erfaßt und bedürfen daher keiner Sonderregelung. Greift der Vertrag in die Rechte der Minderheitsgesellschafter ein, brauchen diese ebenfalls nicht im Nachhinein durch einen konzemspezifischen Haftungsanspruch in ihren Rechten geschützt zu werden. Denn durch das Einstimmigkeitserfordernis hinsichtlich des Beschlusses, mit dem dem Abschluß des Vertrages zugestimmt werden muß, hat die Minderheit bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses die Gelegenheit gehabt, sich selbst vor den Auswirkungen der durch den Vertrag gestatteten Einflußnahme des herrschenden Gesellschafters zu schützen; hat sie das unterlassen, besteht später kein Grund mehr, dies nachzu­ holen. Soweit die Haftung des herrschenden Unternehmens im einfachen faktischen GmbH-Konzem betroffen ist, gelten einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nach die allgemeinen Vorschriften der Treuepflicht. Diese Pflicht kann prinzipiell eine eigene Anspruchsgrundlage gegen Verstöße darstellen; soweit es aber um die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhängigen GmbH geht, wird diese Grundlage durch die vorrangige, weil gesetz­ lich geregelte, Anspruchsgrundlage der §§ 43 II GmbHG, 830 II BGB verdrängt, innerhalb welcher die Treuepflicht als Tatbestandsmerkmal zu berücksichtigen ist. Sachverhalte, die nicht darunter fallen sollten, können dann bezüglich der Konzemmutter eventuell mit der Zurechnung des Erfolges im Rahmen der Haftung als faktischer Geschäftsführer erfaßt werden. Schließlich bedarf es auch keines konzemspezifischen Ansatzes für die Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzem. Zur Begründung kommt es gar nicht darauf an, unter welchen Umständen überhaupt im Gegensatz zum einfachen tatsächlich ein qualifizierter faktischer GmbH-Konzem vorliegt, weil bereits die Prämissen, die gleichsam die Legitimationsgrundlage für die besondere Haftung darstellen sollen, nicht haltbar sind. Soweit - sinngemäß - argumentiert wird, man bräuchte eine spezielle Konzemhaftungsregel, weil es in einem qualifizierten faktischen GmbH-Konzem eine besondere, von den üblichen Risiken einer GmbH abweichende Gefahr gibt, der anderweitig nicht zu begegnen sei, läßt sich zeigen, daß sich die angenommene Konzemgefahr nicht von der Gefahr unterscheidet, die auch in einer selbständigen, von einem Mehrheitsgesellschafter beherrschten GmbH auftreten kann. Der Umstand, daß diese Gefahr möglicherweise in konzernierten Gesellschaften mbH häufiger auftritt als in unabhängigen Gesellschaften mbH, ändert nichts an dem Ergebnis, denn allein die bloße Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts dürfte als Rechtfertigung für die Abweichung vom Gleichbehand­ lungsgrundsatz hinsichtlich einer selbständigen und einer im Konzern abhängigen GmbH nicht genügen; überdies ist die Hypothese von der höheren Wahrschein­ lichkeit des Gefahreneintritts bei einer abhängigen GmbH im Konzern noch nicht belegt worden. Auch die Vorstellung, mit der Einbindung einer GmbH als abhän­ giges Unternehmen in einen Konzern würde das herrschende Unternehmen nahezu ungehindert in die Eigeninteressen der betreffenden Gesellschaft eingreifen

können, was nur mit einem besonderen, auf diese Situation abgestimmten konzem­ spezifischen Haftungsrecht erfaßt werden könnte, greift nicht durch. Sie übersieht zweierlei. Zum einen setzt sie voraus, für die Bestimmung der nachteiligen Ein­ griffe in das Eigeninteresse könne man ein Gegensatzpaar Eigeninteresse Konzeminteresse bilden. Diese Annahme ist unzutreffend, denn es ist nicht möglich, eine wirtschaftlich abhängige GmbH in einem Konzern als unabhängig zu denken, so daß von Anfang an gar nicht ermittelbar ist, was das Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens ausmacht. Das gilt unabhängig davon, ob das herr­ schende Unternehmen seinen Einfluß aufgrund von Anteilsbesitz an der abhängi­ gen GmbH hat oder auf andere Weise erreicht. In dem Fall, wo das herrschende Unternehmen auch herrschender Gesellschafter der abhängigen GmbH ist, spricht als zweiter Punkt gegen das Kriterium der Beeinträchtigung des Eigeninteresses, daß dieses angebliche Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens tatsächlich immer durch das Interesse des (herrschenden) Gesellschafters geprägt wird. Inso­ weit besteht ein Gleichlauf der Interessen von herrschendem und abhängigen Unternehmen, so daß von Beeinträchtigungen des Eigeninteresses daher keine Rede sein kann, wenn die Konzemmutter als herrschender Gesellschafter ihre Vorstellungen der Führung der Geschäfte „ihrer“ GmbH durchsetzen will. Es läßt sich also feststellen, daß für alle drei GmbH-Konzemtypen die allge­ mein für alle Gesellschaften mbH in Frage kommenden Haftungsregeln bereits die Fälle abdecken, die mittels eines speziellen Konzemhaftungsrechts geregelt werden sollen; es kann also insoweit kein besonderes Bedürfnis des Wirtschafts­ verkehrs für ein besonderes Konzernhaftungsrecht geben, das die Entscheidung des Gesetzgebers, kein spezielles Konzem(haftungs)recht für die GmbH zu schaffen, revidieren kann. Eine methodische Rechtfertigung für die analoge Anwendung der Konzemrechtsregelungen aus dem AG-Recht besteht daher nicht. Alles in allem läßt sich also im Hinblick auf jeden einzelnen Typus eines Konzerns zeigen, daß die Sachverhalte, die von einem speziellen Konzemhaftungs­ recht erfaßt werden sollen, bereits von den allgemeinen, auch für unabhängige Aktiengesellschaften bzw. Gesellschaften mbH geltenden Vorschriften hinreichend abgedeckt werden. Der Rückgriff auf ein besonderes Recht ist daher nicht notwen­ dig. Die vorgebrachte These der Fehlkonzeption des deutschen Konzemrechts kann damit aus der hier untersuchten Perspektive des Konkurses einer abhängigen Konzemgesellschaft insoweit gestützt werden, als festgestellt werden kann, daß es eines speziellen Konzemhaftungsrechts nicht bedarf. Vielmehr kann das von ihm bislang besetzte juristische Terrain durch den hier entwickelten Ansatz einge­ nommen werden, der auf allgemeine Instrumente des geltenden Rechts abstellt und diese für die spezielle Situation, daß der Gemeinschuldner in einen Konzern einge­ gliedert ist und zu „Lebzeiten“ der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens unterworfen war, nutzbar macht. Damit ist der erste Teil des Zwischenergebnisses für diese Untersuchung formuliert. Der zweite Teil besteht in der zusammen­ fassenden Feststellung, daß das hier entwickelte Modell auch aus praktischen Erwägungen dem herkömmlichen Konzemhaftungsmodell überlegen ist. Es erfaßt,

wie gesehen, die ganze Bandbreite an unmittelbar und mittelbar das abhängige Unternehmen schädigende Maßnahmen und umschließt damit jedenfalls sämtliche Tatbestände, die auch vom herkömmlichen Ansatz erfaßt werden. Die Nutzbar­ machung der allgemeinen Instrumente im Konkurs eines abhängigen Unter­ nehmens geht aber sogar noch weiter, indem es dem Modell gelingt, in großem Umfang auch in horizontaler Richtung auf die Vermögensmassen anderer Konzernunternehmen zuzugreifen. Verbunden damit ist eine, verglichen mit dem herkömmlichen Ansatz sehr viel exaktere Ausgestaltung der einzelnen Instru­ mente. Der Ansatz ist damit in der Lage, sich geschmeidig neuen Entwicklungen anzupassen. Damit kommt man der Praxis einer modernen Unternehmensführung entgegen, die ihre Maßnahmen nur in seltensten Fällen an einem Schwarz-Weiß­ Schema ausrichtet, wie es dem Konzemhaftungsrecht von seiner Konzeption weit­ gehend noch vorschwebt. Gleichzeitig bestehen die einzelnen Komponenten des hier entwickelten Ansatzes aber aus Regeln, die dem Rechtsverkehr lange bekannt sind und die sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im wesentlichen auch bewährt haben. Damit kommt diese Konzeption dem großen Bedürfnis nach Rechtssicherheit nach, die bei dem Konzemrechtsmodell von der Praxis vermißt wird. Schließlich wird durch das hier entwickelte Modell anerkannt, daß die Frage eines Gläubigerschutzes durch die Vergrößerung der Haftungsmasse nicht nur ein materiell-rechtliches Problem darstellt, sondern in besonderem Maße auch ein verfahrensrechtliches. Denn Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen des herr­ schenden Unternehmens oder anderer Unternehmen desselben Konzern zur Vergrößerung der Haftungsmasse des bankrotten abhängigen Unternehmens sind praktisch ohne Wert, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für den Konkurs­ verwalter nicht oder nur unter äußerst erschwerten Bedingungen nachzuweisen sind. Dieses wesentliche Manko des konzemrechtlichen Haftungsansatzes über­ windet das hier entwickelte Modell, indem die einzelnen Komponenten von Beweislastregeln flankiert sind, die sich individuell an Gefahrenkreisen und der Nähe zum Beweisgegenstand orientieren. Sowohl der herrschende konzemrechtliche Ansatz zum Schutz von Gläubigem abhängiger Konzernunternehmen als auch der hier vorgestellte Ansatz haben zwar den Konzern als Betrachtungsmittelpunkt. Die Gegensätze in der Behandlung dieses Gegenstandes können kaum größer sein. Das konzernhaftungsrechtliche Modell bezieht die wirtschaftliche Einheit auf die rechtliche Betrachtung und gelangt so zu einem starren System. Das hier entwickelte Instrumentarium ist dagegen an der rechtlichen Vielheit orientiert und nimmt die wirtschaftliche Einheit, bildlich gesprochen, nur als Koordinatenkreuz für seinen Haftungszugriff. Es bleibt damit beweglich. Insgesamt ist daher - zunächst noch vorläufig - festzu­ stellen, daß der herkömmliche Ansatz nicht nur konzeptionell problematisch und methodisch zweifelhaft ist, sondern dem hier entwickelten Modell nach den bishe­ rigen Erkenntnissen auch in praktischer Hinsicht unterlegen ist. Deshalb spricht vieles dafür, den bisherigen Ansatz des Schutzes von Gläubigem abhängiger Konzernunternehmen durch den hier entwickelten zu ersetzen. Der Aufwand dazu

wäre nicht groß. Man müßte sich lediglich wieder auf die allgemeinen Instrumente besinnen und sie im Hinblick auf Besonderheiten im Konzern nutzbar machen.

§ 6 Verfahrensfragen: Die Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren von Unternehmen desselben Konzerns (als konkursverfahrensrechtliches Spiegelbild der wirtschaftlichen Realität)

I. Einleitung Die Insolvenz abhängiger Konzernunternehmen stellt nicht nur das materielle Recht vor Herausforderungen, sondern bringt auch für das entsprechende Verfah­ rensrecht erhebliche Schwierigkeiten mit sich1. Hinsichtlich der Frage, welche Mittel dem Konkursverwalter zur Verfügung stehen, um die Haftungsmasse des in Konkurs gefallenen abhängigen Konzernunternehmens zu vergrößern, konnten die Antworten im Hinblick auf den Konkurs eines Unternehmens entwickelt werden. Es hat sich dabei herausgestellt, daß der Konzern insoweit keine eigenen spezifi­ schen, rechtlichen Auswirkungen entfaltet, sondern nur das wirtschaftliche und organisatorische Umfeld kennzeichnet, in dem sich das bankrotte Unternehmen befunden hat. Aus der hier angesprochenen verfahrensrechtlichen Sicht ergeben sich Besonderheiten dagegen aber erst, wenn der sogenannte „Domino-Effekt“ einsetzt, der nicht nur ein, sondern gleich mehrere abhängige Konzernunternehmen in den Strudel des Konkurses reißt2. Es fragt sich dann, ob zumindest insoweit konzemspezifische Verfahrensregeln eingreifen können oder sollen, oder ob jeden­ falls das gemeinsame wirtschaftliche Umfeld der Gemeinschuldner in insolvenz­ verfahrensrechtlicher Hinsicht Bedeutung erlangen kann. Denn die Praxis zeigt, daß die optimale Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzern­ unternehmens nicht nur eine Frage materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlagen ist, um auf andere Vermögensmassen zugreifen zu können, sondern sie setzt eine bestmögliche Verwaltung voraus. Dafür könnte es von Vorteil sein, wenn im Fall des Konkurses mehrerer abhängiger Konzernunternehmen die einzelnen Verfahren der Obhut ein und desselben Richters unterstellt werden könnten, auch wenn die jeweiligen Gemeinschuldner ihren Sitz in unterschiedlichen Gerichtsbezirken haben. Im Hinblick auf die enge wirtschaftliche und/oder organisatorische Ver­ flechtung, die zwischen Konzernunternehmen bestehen kann, wäre auch daran zu

1 Da auch hier nicht etwaige Sanierungsverfahren, sondern nur das Liquidationsverfahren betrachtet werden, soll auch vor dem Hintergrund der neuen Insolvenzordnung zunächst der Begriff des Konkursverfahrens beibehalten werden. 2 Siehe Wellensiek, ZIP 1982, 1370; ders., ZIP 1984, 542 f; B. Kübler, ZGR 1984, 560 ff. mit instruktiven Beispielen aus der Praxis.

denken, die Verwaltung in die Hand eines Konkursverwalters zu legen, statt für jeden Gemeinschuldner einen eigenen Verwalter zu bestellen. Zum Abschluß der Betrachtungen zum deutschen Recht soll deshalb im folgenden der Frage nach­ gegangen werden, ob und wenn ja inwieweit eine verfahrensmäßige Zusammenfas­ sung von Konkursverfahren mehrerer abhängiger Unternehmen desselben Kon­ zerns im deutschen Recht möglich ist, inwiefern sich also die rechtliche Vielheit oder die wirtschaftliche Einheit eines Konzerns im Konkursverfahren wider­ spiegelt. Im deutschen Recht werden Insolvenzen als Insolvenz eines bestimmten Rechtssubjektes bzw. Unternehmensträgers abgewickelt. Es gilt dabei der Grund­ satz „Eine Person, ein Vermögen, ein Verfahren“3. Fällt ein Konzernunternehmen in Konkurs, so ergeben sich in Bezug auf die verfahrensrechtlichen Aspekte daher keine Unterschiede im Vergleich zum Konkurs eines Unternehmens, das nicht in einem Unternehmensverbund integriert ist. Dasselbe gilt auch, wenn zwei oder mehr Unternehmen desselben Konzerns gleichzeitig oder in einer bestimmten Zeit nacheinander in Konkurs fallen. Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren mehrerer Unternehmen desselben Konzerns werden in Deutschland also getrennt durchgeführt4. Blickt man hingegen in die USA oder nach Frankreich, so stellt man fest, daß die getrennte Durchführung von Verfahren keine strikte Notwendigkeit sein muß; dort werden vielmehr in bestimmten Fällen Verfahren verschiedener bank­ rotter Unternehmen desselben Konzerns zusammengelegt5. Diese Modelle sind aber nicht ohne weiteres auf das deutsche Recht übertragbar6. Ein wesentlicher Grund, auch in Deutschland mehrere Verfahren zusammenzuziehen, könnte indes in der besonderen Struktur des Konzerns liegen. Die herkömmliche deutsche 3 Siehe Kuhn/Uhlenbruck, Vorb K zu § 207, Rn. 1.; ders., KTS 1986,425. 4 Vgl. K. Schmidt, JZ 1985, 305, der darauf hinweist, daß das Konkursrecht das Testfeld für einen Konzern sei. 5 In den USA ist dies die Joint administration", rule 1015 (b) (4), Bancruptcy Code (1983): Jf a joint petition of two or more petitions are pending in the same court by or against (...) a debtor and a afßliate, the court may order a joint administration of the estates. Prior to entering an order the court shall give consideration to protecting creditors of different estates against potential conflicts of interest.(...fr\ dazu siehe Blumberg 403; in deutscher Sprache wird eine gute Zusammenfassung des amerikanischen Rechts gegeben von Scheel, 5 ff.; von der .joint administration^ prinzipiell zu trennen ist die ..substantive consolidation“. die zwar auch eine Verfah­ renszusammenlegung beinhaltet, aber insgesamt mehr auf eine Sanierung hinausläuft - vgl. dazu Tschemig, 73 ff.; Scheel, 129 ff.; zum US-amerikanischen Recht siehe ferner Flessner, 33 ff., 285 ff. und 292 ff. Das französische Recht kennt eine Zusammenfassung von verschiedenen Verfahren in unterschiedlicher Abstufung. Sie reichen von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines herrschenden Unternehmens in einem Konzern, wenn ihn ein bestimmter Vorwurf bei der (faktischen) Geschäftsleitung trifft, bis hin zu einer Verschmelzung zweier Verfahren (siehe unten § 7 VI. 1.). Vgl. auch die Entwicklung in der italienischen Rechtsprechung, wo eine Konkursverfahrenseinheit in enger Korrelation zur ökonomischen Konzemeinheit hergestellt wird, siehe Thieme, ZVglRWiss 97 (1998), 106 f. 6 Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. K § 207, Rn. 8; siehe auch Baur/Stürner, Rn. 35. 22. vgl. dazu auch Mertens, ZGR 1984, 554 ff.

Betrachtungsweise zersplittert den Unternehmensverbund in dem Fall, wo inner­ halb des Konzerns mehrere Insolvenzen eintreten; betont wird damit der Aspekt der „rechtlichen Vielheit“ eines Konzerns. Zu überlegen wäre aber, ob wegen der „wirtschaftlichen Einheit“ eines solchen Verbundes im Insolvenzfalle von mehre­ ren Unternehmen die Trennung im Wege einer wie auch immer gearteten Zusam­ menfassung von Partikularverfahren zwischen den jeweiligen Rechtssubjekten nicht ganz oder teilweise aufgehoben oder zumindest relativiert werden könnte, so daß sich die „wirtschaftliche Einheit“ eines Konzerns auch in konkursverfahrens­ rechtliche Hinsicht widerspiegelt. Daran knüpft sich die Hypothese an, daß es auch in Deutschland vorteilhaft sein könnte, Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren über mehrere Konzernunternehmen zusammenzuziehen. Die Frage, ob sich nicht aus dem Umstand, daß mehrere bankrotte Unternehmen einem Unternehmensverbund angehören, Besonderheiten in verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeben, wird in Deutschland bislang nur ganz vereinzelt problematisiert. Es finden sich - soweit ersichtlich - allenfalls am Rande Erwägungen zur Zusam­ menfassung mehrerer Verfahren insolventer Konzernunternehmen. Weiter gehen insoweit nur Ansätze einer derzeit noch nicht beendeten Studie zum Thema der „Europäisierung des Konzemrechts“. Im diesem Rahmen werden vor dem Hinter­ grund der Möglichkeiten in fremden Insolvenzrechtsordnungen, Verfahren zusam­ menzulegen, die entsprechenden Rahmenbedingungen im deutschen Recht erör­ tert7 8. Im nachfolgenden Abschnitt soll deshalb der Versuch unternommen werden, eine Basis zu schaffen, auf der in Theorie und Praxis eine breitere Diskussion als bisher stattfinden kann. Ausgangsfrage ist dabei, ob und wenn ja welche Formen der Zusammenfassung von einzelnen Verfahren verschiedener insolventer Unter­ nehmen desselben Konzerns wünschenswert oder erforderlich sind, wie eine solche Zusammenfassung ggf. aussehen könnte und ob sich diese möglicherweise bereits aus der Konkursordnung bzw. aus der Insolvenzordnung ergibt oder als rechtspoli­ tische Forderung de lege ferenda formuliert werden müßte. Nicht zu verwechseln ist dabei die hier relevante Frage der Bündelung mehrerer Verfahren in einer Hand mit der aus dem Gemeinen Recht stammenden Konzeption der vis attractiva concursus9. Die vis attractiva concursus hatte bekanntlich die Zuständigkeit eines Gerichts hinsichtlich aller mit der Insolvenz eines Unternehmens ergebenden

7 Siehe aber Scheel, 37 ff.; Timm/Körber, in: InsHdb, § 83, Rn. 55; Kort, ZIP 1988, 682 f.; Jaeger(-Weber), § 207, Rn. 9 ff.; Uhlenbruck/Delhaes, Rn. 148 (S. 78); Stümer, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 54 f.; K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, 89. 8 Europäisierung des Konzemrechts, hrsg. von Hommelhoff/Hopt (Thyssen-Stiftung); erscheint demnächst; darin insbesondere Hohloch, Der Konkurs im Konzern in der Sicht des deutschen Rechts (Manuskript). Siehe dagegen Stümer, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 55, der der Diskussion um ein Zentralisierung der Verfahren im Vorfeld der InsO bescheinigt, trotz anderer rechts vergleichender Vorbilder hinsichtlich dieses Punktes das richtige Maß gewahrt zu haben. 9 Dazu siehe Weber, in: FS KO, 345 ff.

Streitigkeiten statuiert10. Eine Zusammenfassung der Verfahren verschiedener Unternehmens in einer Hand war danach auch nicht vorgesehen. Umgekehrt geht es bei den hier interessierenden Überlegungen über die Zusammenfassung unter­ schiedlicher Verfahren bei einem Richter und/oder bei einem Verwalter nicht um den Aspekt, ob der Verwalter hinsichtlich aller mit der Masse zusammenhän­ genden Streitigkeiten bei einem Gericht zu klagen hat, bzw. ob ein Richter mögli­ cherweise für alle diesbezüglichen Klagen zuständig wäre11. Um die aufgestellte Hypothese zu erhärten, ist in einem ersten Schritt zunächst einmal deren Ausgangspunkt zu untersuchen und die Frage zu beantworten, ob eine Zusammenfassung von Verfahren - sei es in der Hand eines Konkursgerichts oder in der Hand eines Konkursverwalters12 - tatsächlich überhaupt vorteilhafter ist als die herkömmliche, individuelle Form der Verfahrensgestaltung (II. 1.-4.). Denn nur, wenn dem so ist, besteht überhaupt eine Rechtfertigung für ein weiteres Vorgehen. Kommt man zu dem Schluß, eine Zusammenfassung von Verfahren bei Konzernunternehmen sei insgesamt gesehen tatsächlich vorteilhafter als die Individualbehandlung, dann ist in einem zweiten Schritt zu klären, welche Modelle theoretisch für ein derartiges „integriertes Verfahren“ zur Verfügung stünden und welches - hypothetisch - als überzeugendes Ausgangsmodell für eine Zusammen­ fassung herangezogen werden kann (II. 5.-7.). Auf der Grundlage dieser Entschei­ dung sind dann in den folgenden Untersuchungsschritten die theoretischen Möglichkeiten der Zusammenfassung von Verfahren auf der Ebene des gericht­ lichen Verfahrens (Konkurs-/Insolvenzrichter) und auf der Ebene des Konkurs/ Insolvenzverwalters zu erarbeiten und konkret zu überprüfen, ob sich aus dem geltenden deutschen Recht bereits Ansatzpunkte für eine derartige Zusammenfas­ sung von Verfahren ergeben (III.). Abgerundet wird diese Untersuchung mit einem Blick auf etwaige Änderungen, die mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung einhergehen könnten (IV.).

10 Siehe auch Lent, KTS 1959, 73 ff. 11 Daher greift die Kritik, die an der der vis attractiva concursus im ursprünglichen Sinn geäußert wird (vgl. K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, 89; Stümer, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 54 f.) im Hinblick auf die Bündelung mehrerer Verfahren in einer Hand nicht. 12 Scheel, 42 ff, denkt darüber hinaus noch die Koordination der Insolvenzverfahren durch Beherrschungsverträge an. Dieser Ansatz bedarf aber keiner näheren Betrachtung, weil es ausgeschlossen ist, daß ein herrschendes Unternehmen im Konzern in seinem Beherrschungs­ vertrag Einfluß auf das hoheitliche Zuständigkeitssystem des Konkursverfahrens nimmt. Zudem ist ferner zu bedenken, daß mit dem Konkurs der Beherrschungsvertrag endet (siehe ausführlich dazu C. Paulus, ZIP 1996, 2141 ff; vgl. zudem etwa Kort, ZIP 1988, 682; Mertens, ZGR 1984, 550; Timm/Körber, in: InsHdb, § 83, Rn. 58.; Baur/Stürner, 414 ff; Braun/Uhlenbruck, 93; Acher, 73; BGHZ 103, 1, 6f.; vgl. zudem auch Wellensiek, ZIP 1984, 543 f.; Lutter, ZfB 1984, 784; B. Kübler, ZGR 1984, 572). Schließlich ginge auch die Ausübung der Leitungsmacht gegenüber Weisungsempfängern über die Aufgaben des Konkursverwalters hinaus, der die Konkursmasse im Interesse der Gesamtgläubigerschaft bestmöglich zu verwerten hat, nicht aber in einem Konzern bestimmte „Konzeminteressen“ zu beachten hat (siehe BGHZ 103, 1,6 f.; Baur/Stürner, Rn. 35. 7).

II. Die Zusammenfassung von Verfahren als abstraktes Regelungsproblem 1. Vorüberlegungen

Eine Zusammenfassung der Konkursverfahren von zwei oder mehr Unternehmen desselben Konzerns ist auf zwei Ebenen denkbar. Die Verfahren könnten einerseits an einem Gericht bzw. bei einem Richter zusammengefaßt werden. Eine Zusam­ menfassung der Verfahren wäre aber andererseits auch auf der Ebene einer gemeinsamen Konkursverwaltung vorstellbar. Bevor aber im einzelnen untersucht werden kann, welche Regelungspotentiale de lege lata im deutschen Recht fruchtbar gemacht werden können, um eine Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren zu erreichen, ist in einem ersten Schritt die der Überlegung zur Zusammenfassung der Verfahren zugrundeliegende Hypothese zu verifizieren, daß eine - wie im Endeffekt auch immer geartete Koppelung von Einzelverfahren im Vergleich zu separaten Einzelverfahren der Konzernunternehmen vorzugswürdiger ist. Das ist dann der Fall, wenn die zu erwartenden positiven Effekte der Zusammenfassung auf der Ebene des gericht­ lichen Verfahrens (dazu sogleich 2.) bzw. auf der Ebene des Verwalters (dazu 3.) im Vergleich zu Einzelverfahren größer wären und diese zudem auch nicht wieder durch die antizipierten Nachteile einer gedachten Zusammenfassung kompensiert würden.

2. Gründe für eine Zusammenfassung von Konkursverfahren auf gerichtlicher Ebene a) Vorteile einer Verfahrenszusammenfassung

Betrachtet man zunächst die Auswirkung einer Verfahrenskoppelung auf der gerichtlichen Ebene, so könnten positive Effekte erwartet werden im Hinblick auf die Verfahrenskonzentration, die Verfahrenskoordinierung und die Verfahrensvereinfachung13. Die Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren bei einem Gericht bzw. einem Richter würde im Vergleich zur Durchführung der einzelnen Konkurs­ verfahren zu einer ökonomisch optimierten Durchführung der jeweiligen Verfahren führen. Die Argumente entsprechen im wesentlichen denen, die allgemein bei der Zusammenfassung von Verfahren in einer Hand einschlägig sind. Bei Konkurs­ verfahren mehrerer Konzernunternehmen ist zu erwarten, daß in den jeweiligen Verfahren in nicht unbeträchtlichem Maße dieselben Akteure eine mehr oder 13 Im Ergebnis ebenso, wenngleich ohne konstruktive Vorschläge, Uhlenbruck, BB 1983, 1486: „Der erste Schritt wäre, bei einer Insolvenz mehrerer verbundener Unternehmen nach dem Muster des amerikanischen Rechts die Zusammenfassung aller Einzelverfahren bei einem Gericht und einem Verwalter zu ermöglichen.“

weniger große Rolle spielen. Die Konzentration des Verfahrens auf einen Richter läßt diesbezüglich eine Vereinfachung des Informationsflusses und eine Informa­ tionsbündelung erwarten. So können etwa bestimmte Informationen aus einem Verfahren in einem anderen Verfahren nutzbar gemacht werden, weil sie bereits als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden können14. Verbunden damit ist der weitere Vorteil, daß sich nur noch ein Richter einmal in die komplexen Grundstrukturen der einzelnen Konzemverbindungen einarbeiten muß, die für die Abwicklung des Konkursverfahrens notwendig sind. Dadurch ergibt sich eine effektivere Hand­ habung der einzelnen Verfahren, weil diese von einem Richter betreut werden, der sich aufgrund der anderen Verfahren bereits mit den Besonderheiten in den betrof­ fenen Konzemstrukturen auskennt. Folge dieser Zusammenfassung wäre insbeson­ dere eine Reduzierung von Verzögerungen in der Verfahrensdauer. Zugleich dürfte damit auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen hinsichtlich der Verfah­ ren der unterschiedlichen Massen ausgeschaltet werden, die möglich sind, wenn parallele Sachverhalte innerhalb desselben Konzerns von verschiedenen Gerichten verwaltet würden. Eine effektivere Handhabung der Konkursverfahren käme dabei letztlich nicht nur den Gläubigem zugute. Die schnelle Zerschlagung eines bank­ rotten Unternehmens und damit die vollständige Kappung aller Verbindungen zum Markt wirkt sich zudem letztlich auch auf die Rechtssicherheit im Wirtschafts­ verkehr aus. Die damit erreichte erhöhte Prozeßökonomie drückt sich grundsätzlich zugleich in einer Senkung der Kosten (Einsparung von Transaktionskosten) aus. Dabei muß jedoch differenziert werden. Auf die reinen Prozeßkosten dürfte sich eine Bünde­ lung der Verfahren nur mittelbar auswirken. Denn da die einzelnen Verfahren nicht zu einem Gesamtverfahren vereinigt werden können - und es damit bei verschie­ denen Streitgegenständen bleibt (vgl. § 1 II und 12 GKG)15, bleiben die Gerichts­ kosten für jedes einzelne Verfahren auch bei der verfahrensmäßigen Bündelung grundsätzlich bestehen. Eine Kostenentlastung im Hinblick auf die Gerichtsgebüh­ ren ließe sich allerdings erreichen, wenn man möglicherweise zu einer Verbindung der Verfahren kommen könnte. Kostenersparnisse ergeben sich jedenfalls im innergerichtlichen Bereich, weil die Kapazität der Konkursrichter effektiver ausge­ schöpft werden kann. Entsprechendes gilt für die Straffung der Überwachungs­ tätigkeit des Gerichts. Diese könnte einhergehen mit dem sogleich zu untersuchen­ den16 Umstand, daß es für ein Gericht in der Praxis verfahrensmäßig einfacher ist, ggf. nur einen Verwalter zu bestellen, der die Verfahren der einzelnen, in Konkurs gefallenen Konzernunternehmen abwickelt. Sie sind ferner im anwaltlichen Bereich möglich, durch eine parallele, zu der Bündelung bei einem bestimmten Gericht stattfindende zentrale Bearbeitung der einzelnen Konkursfalle. Schließlich

14 Rn. 1; 15 16

Vgl. § 291 ZPO und dazu MüKo ZPO(-Prütting), § 291, Rn. 3 ff.; Zöller(-Greger), § 291, siehe ferner auch Konzen, JR 1978,405; Pantle, MDR 1993, 1168. Zu Begründung siehe sofort unten in diesem Abschnitt II. 5. a. Siehe sogleich unten II. 3.

sei auch auf eine mögliche Senkung der Kosten im Bereich der beteiligten Parteien hingewiesen: So entstehen geringere Aufwendungen, wenn Zeugen ggf. nur einmal vor einem Gericht zu erscheinen haben, anstatt für jedes Verfahren an verschiede­ nen Gerichten, oder weil es möglich ist, in bezug auf die Aspekte, die alle Konzernunternehmen angehen, Gutachten nur einmal einzuholen. Unabhängig von diesen Effektivitäts- und Kostenaspekten wäre eine Zusam­ menlegung einzelner Verfahren von verschiedenen Konzemteilen schließlich auch aus dem gleichsam eher „rechtsästhetischen“ Blickwinkel des Gleichlaufs von Erscheinungsbild in der Praxis und rechtlicher Behandlung im Konkurs zu befür­ worten. Die wirtschaftliche Verbundenheit in einem Konzern könnte dazu fuhren, daß der Konkurs mehrerer Konzernunternehmen als ein Lebenssachverhalt betrachtet wird und dem einen Lebenssachverhalt gleichsam spiegelbildlich auch nur ein Verfahren gegenübergestellt wird. b)

Nachteile der Zusammenfassung

Diesen positiven Effekten stehen bei der verfahrensrechtlichen Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren in der Hand eines Richters auch negative Effekte gegenüber. Im wesentlichen ergeben sich diese aus möglichen Distanzproblemen. Das deut­ sche Recht hat eine Entscheidung für die Dezentralisierung der Konkursgerichte getroffen. Wesentlicher Grund dafür ist die (vermutete) Ortsnähe des Gerichts zum Gemeinschuldner, den Gläubigem und der Belegenheit des Vermögens gewesen. Durch die Nähe des Gemeinschuldners und der anderen Beteiligten zum zuständi­ gen Gericht sollte hauptsächlich dafür gesorgt werden, daß im wesentlichen die Informationswege zum Gericht kurz gehalten werden können. Zudem ist schlicht angenommen worden, daß einem Gericht, das sich in der Nähe zum Gemein­ schuldner befindet, eher die Gegebenheiten und Besonderheiten vor Ort bekannt sind und so die Verfahrensgestaltung möglicherweise leichter fallt17. Werden die Konkursverfahren von Konzernunternehmen, die an verschiedenen Orten ihren Geschäftsmittelpunkt hatten, nun an einem Gericht gebündelt, so kann es zu Problemen führen, weil die Nähe des Gerichts zu dem Gesamtschuldner ent­ fallt. Außerdem kann es für bestimmte Beteiligte in manchen Fällen auch zu einer Kostenerhöhung kommen, die sich aus der größeren Entfernung ergibt. Als weiterer Aspekt gegen eine Zusammenfassung von Konkursverfahren bei einem Richter könnte ferner ins Gewicht fallen, daß ein solches Verfahren gesetz­ lich nicht geregelt ist und daher insofern Rechtsunsicherheiten entstehen könnten18 als nicht von vornherein absehbar ist, welches Gericht später einmal tatsächlich für

17 Vgl. Hahn/Mugdan, 271 ff. 18 Zu der vergleichbaren Problematik nimmt H. Koch bei der Frage einer dass action Stellung: Rechtsschutz im Zivilrecht: die class-action des amerikanischen Rechts und deutsche Reform­ probleme (1976), 92 ff.

die Konkursverfahren zuständig sein wird. Schließlich mag man es auch als Nach­ teil ansehen, daß die „zentrale“ Zuständigkeit („Gesamtzuständigkeit“) eines Konkursgerichts bei einer Verfahrensbündelung möglicherweise „manipulierbar“ wäre. Eine solche Gesamtzuständigkeit kann nämlich unter Umständen zufalls­ abhängig sein, weil es eventuell nur darauf ankommt, hinsichtlich welchen Konzemteils zuerst der Konkursantrag gestellt wird19. c)

Ergebnis

Betrachtet man die positiven und die negativen Aspekte in einer Gesamtschau, so ist festzustellen, daß die positiven Effekte einer Verfahrenszusammenlegung über­ wiegen. Dabei spielt es prinzipiell auch keine Rolle, ob es sich um einen örtlich weit verzweigten, dezentralen Konzern oder um einen im wesentlichen in einer Region befindlichen Konzern handelt, denn hinsichtlich der hier interessierenden verfahrensrechtlichen Fragestellungen, ist es rechtlich - mit Ausnahme des Auslandsbezugs - ohne Belang, wo exakt die unterschiedlichen Unternehmen in Konkurs fallen. Die sich aus der fehlenden Ortsnähe eines zentral zuständigen Gerichts erge­ benden möglichen Nachteile sind bei dem derzeitigen Stand der Kommunika­ tionstechnik ohne Schwierigkeiten überbrückbar. Außerdem dürfte es kaum zu einem nennenswerten Maß an forum shopping hinsichtlich des zuständigen Konkursgerichts kommen. Selbst in dem Fall, wo vielleicht ein bestimmter Konkursantrag etwas herausgezögert wird, damit durch die frühere Stellung eines anderen Konkursantrages ein ganz bestimmtes Gericht zuständig würde, hinge die Gesamtzuständigkeit des Gerichts immer noch von den Zuständigkeitsregeln im einzelnen ab. Ferner gibt es keine ernsthaften Gründe anzunehmen, daß das dann zuständige Gericht weniger kompetent oder weniger neutral die betreffenden Verfahren behandelt als ein anderes Konkursgericht. Sollte es dennoch zu einem mißbräuchlichen Verhalten kommen, bieten die allgemeinen Instrumente ohnehin ausreichend Schutz20. Schließlich darf auch eine fehlende ausdrückliche, positiv­ rechtliche Regelung der Gesamtzuständigkeit eines Gerichts für die Verfahren innerhalb eines Konzerns nicht überbewertet werden, denn, wie gezeigt werden kann, läßt sich eine solche Zuständigkeit hinreichend exakt durch die Auslegung

19 Die Regelung der §§72 KO, 36 Ziff. 5 ZPO kommen in Betracht, wenn es sich um die Konkurse von Mitschuldnern handelt (Siehe Kilger/K. Schmidt, §71, Anm. 3; Jaeger(-Weber), § 71, Rn. 15). Sie spielen hier aber keine Rolle, denn § 36 Ziff. 5 ZPO setzt voraus, daß es sich um einen Rechtsstreit (übertragen auf das Konkursverfahrensrecht: ein Konkursverfahren) handelt. Bei der hier interessierenden „Gesamtzuständigkeit“ geht es jedoch, wie sofort gezeigt wird, nicht um die Zuständigkeit eines Gerichts für ein gemeinsames Konkursverfahren verschiedener Konzern­ unternehmen, sondern um die Bündelung der Zuständigkeit eines Richters für verschiedene Verfahren; vgl. auch Heilmann/Klopp, in: InsHdb., § 18, Rn. 2. 20 In Betracht kommt insbesondere eine Verwehrung eines bestimmten Gerichtsstands aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung.

bzw. die analoge Anwendung des vorhandenen Normenmaterials ermitteln. Nach­ teile wegen etwaiger Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Zuständigkeit können damit praktisch ausgeschlossen werden.

3. Zusammenfassung von Verfahren/Verwaltungen auf der Ebene der Konkursverwalter

a) Vorteile der Zusammenfassung Von der Zusammenfassung von mehreren Verfahren in der Hand eines Verwalters sind im wesentlichen ähnliche positive Effekte zu erwarten, wie bei der Zusam­ menfassung der Verfahren in der Hand eines Richters. Hervorgehoben sei an dieser Stelle nur die Vereinfachung und die Effizienzsteigerung der Verwaltung einer Masse, wenn dem Verwalter die Struktur und Interna des Konzerns bzw. der Handlungsrahmen, in welchem das betreffende Konzernunternehmen gehandelt hat, bekannt sind: Da in einem Konzern häufig davon auszugehen ist, daß viele Transaktionen auch innerhalb des Konzerns stattgefunden haben und damit die Geschäftspartner der einzelnen Konzernunternehmen insofern oft identisch sind, fallt es einem Verwalter, der sich in das Beziehungsgeflecht eines Konzerns einge­ arbeitet hat, wesentlich leichter, auch bezüglich eines anderen Konzemunter­ nehmens die Verwaltung zu übernehmen als einem weiteren Verwalter, der sich erst wieder ganz neu einarbeiten müßte. Ein weiterer, entscheidender Vorteil der Zusammenfassung ist die Vermeidung von Konkurrenzen mehrerer Verwalter, wenn diese ihre Verwaltungstätigkeit innerhalb eines wirtschaftlichen Komplexes verrichten. Zwar hat formal betrachtet jeder Verwalter eines Konzernunternehmens nur seine eigene Verwaltung durch­ Zufuhren und steht damit in keinem Konkurrenzverhältnis zu anderen Verwaltern als dies auch bei Verwaltungen unabhängiger Konzernunternehmen der Fall wäre. Doch sieht es in der Praxis nicht selten anders aus. Durch die besondere Struktur von konzemverbundenen Unternehmen kann trotz der formalen Trennung durch die wirtschaftliche Verknüpfungen und/oder durch die räumliche Nähe der betref­ fenden Unternehmen eine Situation entstehen als ginge es in Wirklichkeit nur um die Verwaltung verschiedener Abteilungen ein und desselben Unternehmens, das dann von mehreren Verwaltern betreut werden müßte, so daß es hinsichtlich der Verwaltung zu Rivalitätskonflikten kommen kann, die auch zu Lasten einer effek­ tiven und erfolgreichen Verwaltung gehen können21. b) Nachteile der Zusammenfassung Neben diesen positiven Aspekten einer Bündelung der Verfahren in der Hand eines Verwalters entstehen, ähnlich wie bei der Konzentration der Zuständigkeit für die 21 VgL dazu in weiterem Zusammenhang Scheel, 40 f.

Verfahren bei einem Richter, auch auf der Ebene des Verwalters Nachteile. Hervorgehoben werden muß hier insbesondere der Umstand, daß die einzelnen Konzernunternehmen nicht nur, wie eben angedeutet, in einer räumlichen Nähe zueinander stehen können, sondern im Gegenteil mitunter sogar eine erhebliche räumlich Distanz von einander aufweisen. Die damit einhergehende, etwaig fehlende räumliche Nähe des Verwalters zu den Gemeinschuldnern könnte sich nachteilig auswirken. Ebenso wie bei dem Richter soll auch die räumliche Nähe des Verwalters zum Gemeinschuldner gewährleisten, daß er die Verwaltung der Masse nicht zuletzt auch deshalb effektiv gestalten kann, weil er die Gegebenhei­ ten und Besonderheiten vor Ort gut kennt und die (Informations-)Wege kurz sind. In der Praxis stimmt dieses Bild jedoch immer häufiger nicht mehr mit der Wirk­ lichkeit überein. Die Vorstellung der räumlichen Nähe des Verwalters zu seinem Verwaltungsobjekt geht im wesentlichen noch von der Idee aus, daß ein Unter­ nehmen viele oder zumindest wesentliche Geschäfte, wie insbesondere die Kapitalbeschaffung, in seiner örtlichen Umgebung vornimmt. Das wird für manche (kleinere) Unternehmen zwar noch zutreffen, doch ist im Zuge der räumlichen Diversifizierung des Wirtschaftslebens festzustellen, daß die Geschäftspartner seltener in einer bestimmten örtlichen Nähe zu dem späteren Gemeinschuldner stehen. Die Distanz, die sich bei der Verfahrensbündelung zwischen Verwalter und Verwaltungsobjekt ergeben kann, führt unter Umständen allerdings dazu, daß der Verwalter nicht ohne weiteres verhältnismäßig schnell bei dem betreffenden Gemeinschuldner oder bei dem für das spezielle Unternehmen zuständigen Konkursgericht sein kann, um dringende Probleme in der Verwaltung zu lösen. Doch entpuppt sich dieser Nachteil bei einem Blick in die Praxis als nicht allzu gravierend. Er wird in der Konkursverwaltungspraxis dadurch abgeschwächt, daß nahezu alle Konkursverwalter mittlerweile arbeitsteilig arbeiten und einen ganzen Stab von qualifizierten Mitarbeiten haben, die unter der Aufsicht des Verwalters und unter dessen Verantwortung wesentliche Verwaltungsaufgaben vornehmen und in der Regel die örtliche Nähe zum Schuldner wahren. c)

Das Zusammenspiel von Gericht und Verwalter

Zwei weitere Nachteile, die man gegen die Bündelung der Verfahren in der Hand eines Verwalters vorbringen könnte, liegen auf der Schnittstelle der Verfah­ rensbündelung auf der gerichtlichen und der verwalterlichen Ebene, die sich daraus ergibt, daß der Verwalter in seiner Tätigkeit der Aufsicht des Gerichts unterworfen ist, das ihn bestellt hat (§ 83 KO/§ 58 InsO)22. Als ein Manko bei der Bündelung der Verfahren in der Hand eines Verwalters könnten sich Kompetenzprobleme bei der Aufsicht des Verwalters ergeben. Wenn derselbe Verwalter von verschiedenen Konkursgerichten bestellt worden ist,

22 Siehe dazu Heilmann/Klopp, in: InsHdb., § 23, Rn. 12 ff.; Kuhn/Uhlenbruck, § 83, Rn. 1 und 6 ff.

obliegt jedem einzelnen Gericht deshalb auch die entsprechende Aufsicht. Daher könnte es auf den ersten Blick zu möglichen Abstimmungsschwierigkeiten oder gar zur Gefahr divergierender gerichtlicher Handlungsvorgaben für den Verwalter kommen, wenn verschiedene Gerichte ihre Aufsicht ausüben wollen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, daß auch dieser angebliche Nachteil nur ein Schein­ problem ist. Denn die Aufsicht des Gerichts hinsichtlich der Person des Verwalters bezieht sich nur auf die Verwaltung einer bestimmten Masse. Daher können nicht zwei Gerichte hinsichtlich einer Verwaltung ihre Aufsichtspflicht ausüben, so daß es deshalb auch nicht zu Abstimmungsschwierigkeiten hinsichtlich der Verwaltung bestimmter Massen kommen kann. Das zweite Problem scheint dagegen schwerwiegender zu sein und könnte sich als das ausschlaggebende Argument gegen eine Verfahrensbündelung in der Hand eines Verwalters entpuppen. Dem Verwalter obliegt - im Gegensatz zum Konkursgericht - die tatsächliche Verwaltung der Masse. Eine wesentliche Aufgabe der Verwaltung ist es unter anderem, die vorhandene Konkursmasse um so viel Vermögenswerte als möglich zu „vergrößern“. Dabei kann er für die Masse insbesondere Anfechtungsrechte ausüben oder überprüfen, welche Forderungen an die Masse er als berechtigt aner­ kennt und welche er bestreiten will. Im Rahmen dieser Tätigkeit mag es zu unüberbrückbaren Interessenkonflikten kommen, wenn ein Verwalter hinsichtlich zweier oder mehrerer Massen von in Konkurs gefallenen Konzemgesellschaften die Vermögensbeziehungen untereinander ordnen oder auflösen muß23. Ganz besonders deutlich wird dies bei der folgenden, für Konzemverhältnisse typischen Fallgestaltung: Wenn ein Verwalter sowohl mit der Verwaltung der Masse des Konzernunternehmens A als auch mit der Verwaltung der Masse des Konzern­ unternehmens B betraut ist, gerät er in einen schweren Konflikt, sobald er als Verwalter der Masse A eine Forderung gegen die Masse B geltend macht und diese dann als Verwalter der Masse B - sich selbst gegenüber - bestreiten will. Dieser Einwand kann jedoch bei genauerer Betrachtung ebenfalls nicht über­ zeugen. In Wirklichkeit geht es bei dem angesprochenen Problem nämlich um die Frage, wie die Interessen der jeweiligen Gläubigergruppen geschützt werden können. Für die Antwort wird insoweit die „Schnittstelle“ der Aufgabenteilung zwischen Verwalter und Gericht relevant. Dort, wo der eigentliche Verwalter aufgrund von widerstreitenden Interessen zweier Konkursverwaltungen nicht inter­ essengerecht handeln kann, muß das Aufsicht führende Gericht eingreifen, um eine Diskriminierung einer Gläubigergruppe zugunsten einer anderen zu verhindern. Die Konkursordnung hat dabei die Gefahr, daß es zu Interessenkonflikten bei der Verwaltung kommt, durchaus gesehen und bietet dafür mit der Einsetzung eines

23 Uhlenbruck/Delhaes, Rn. 519 (S. 311); Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. K zu § 207, Rn. 8; Scheel, 40; vgl. in diesem Zusammenhang auch das Verbot der Mehrfachvertretung nach § 181 BGB und seine Ausnahmen für den Konkursverwalter - dazu siehe Schmitz, 100; Palandt(-Heinrichs), § 181, Rn. 3.

Sonderverwalters durch das Gericht eine Lösungsmöglichkeit an24. Dieser wird dabei aber nicht etwa Stellvertreter des ursprünglich eingesetzten Verwalters, sondern er erhält die Stellung eines selbständigen Konkursverwalters mit allen Rechten und Pflichten, die sich freilich aber nur auf den Bereich beschränken, für den er als Sonderverwalter bestellt ist. Insoweit können eventuell auftretende Inter­ essenkonflikte bei der Verwaltung mehrerer Konkurse innerhalb eines Unter­ nehmensverbundes leicht umgangen werden, wenn sich der Verwalter dort, wo er bei der Verwaltung von mehreren Vermögen in einen Konflikt kommt, für befan­ gen erklärt und die betreffende Aufgabe dann von einem Sonderverwalter über­ nommen wird. Die Pflicht eines Konkursverwalters, sich ggf. tatsächlich für befangen zu erklären, ergibt sich zwanglos aus dem ihm obliegenden konkurs­ spezifischen Pflichtenkatalog25.

d) Zusammenfassung Stellt man die Vor- und Nachteile der Zusammenfassung von Verfahren bei einem Verwalter gegenüber, so stehen den erheblichen positiven Effekten, die erreicht werden können, als wesentlicher Nachteil nur der Aspekt der Interessenkollision gegenüber. Dieser vermag jedoch letztlich nicht, die Vorteile aufzuwiegen, denn in einem solchen Fall wird das Gericht im Rahmen seiner Aufsicht über den Verwalter eingreifen und eine Lösung der Probleme herbeifuhren. Dazu ist ihm vom Gesetz das Instrument des Sonderverwalters an die Hand gegeben.

4. Ergebnis Sowohl aus der Zusammenfassung von Verfahren in Konkurs gefallener Unter­ nehmen desselben Konzerns bei einem Richter als auch aus der Zusammenfassung in der Hand eines Konkursverwalters resultieren positive Effekte. Damit ist eine Zusammenfassung von Verfahren im Vergleich zur individuellen Abwicklung eines jeden Konkurses der betreffenden Unternehmen insgesamt vorteilhaft. Hervorhebenswert sind dabei insbesondere die Vereinfachung und eine Effektivie­ rung der Verfahren bzw. der Verwaltung, die insgesamt zu einer kostengünstigeren Abwicklung der Konkurse fuhren. Die bestehenden Nachteile der jeweiligen Zusammenfassung, insbesondere die unter Umständen fehlende Ortsnähe von Konkursrichter oder Verwalter und mögliche Interessenkonflikte bei der Verwal­ tung fallen in praktischer Hinsicht kaum ins Gewicht und vermögen es daher nicht, eine andere Wertung zu rechtfertigen. Nach den oben herausgearbeiteten Ergebnissen wäre von der Effektivität der Abwicklung der gesamten Konkursverfahren mehrerer Konzernunternehmen her 24 Einhellige Meinung, vgl. u.a. B. Kübler, ZGR 1984, 571; Hess/Kropshofer, § 78, Rn. 5 f.; Kilger/K. Schmidt, § 78, Anm. 2; Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 9. 25 Vgl. mit Nachweisen Kuhn/Uhlenbruck, § 82, Rn. 2 ff.

eine Kombination der Bündelung der Verfahren bei einem Gericht und bei einem Verwalter optimal. Für den Fall, daß man sich aber zwischen den beiden Varianten entscheiden müßte, wo die Verfahren im Zweifel ggf. bevorzugt gebündelt werden sollten, etwa, weil die Bündelung in der einen Hand normativ besser herzuleiten wäre als die Alternative, dürfte die Zusammenfassung der Verfahren in der Hand eines Konkursverwalters, möglicherweise unterstützt durch einen Sonderverwalter, den Vorzug bekommen. Ausschlaggebend dafür ist der Umstand, daß der Konkursverwalter eine größere Nähe zu den Gemeinschuldnern aus dem Konzern hat und durch seine Verwaltungstätigkeit unmittelbarer in das wirtschaftliche Geschehen eingreifen kann als der zuständige Konkursrichter. Für ihn sind deshalb die Kenntnisse über die Interna des Konzerns, die er in einem Verfahren gewonnen hat, noch wichtiger für andere Verfahren aus demselben Konzern als dies für den Richter bei seiner Aufgabe wäre. Zudem ist es aus Sicht der Gläubiger der Masse eines konzemverbundenen Unternehmens ganz besonders wichtig, daß die Verwaltung der jeweiligen Masse effektiv gestaltet wird, um in möglichst kurzer Zeit eine möglichst hohe Quote für sie zu erreichen. Auch damit wird mehr der Bereich der Verwaltung als des gerichtlichen Tätigseins angesprochen. Schließlich spricht für eine Bündelung bei einem Konkursverwalter auch noch der, wenngleich scheinbar eher etwas lapidare Grund, daß er aus praktischer Sicht viele „Vorarbei­ ten“ für das Gericht erledigt und es deshalb für ihn besonders wichtig ist, daß er die Vorteile nutzen kann, die sich für ihn ergeben aus der Verwaltung der Massen von Unternehmen desselben Konzerns. 5. Modelle einer möglichen Zusammenfassung von Verfahren

a) Überblick Kommt man also - wie hier - zum Ergebnis, daß eine Zusammenfassung von Verfahren von in Konkurs gefallenen Unternehmen desselben Konzerns in der Hand eines Verwalters und/oder eines Konkursrichters prinzipiell zu günstigeren Ergebnissen führt als deren dezentrale bzw. segmentierte Behandlung, ist in einem zweiten Schritt nunmehr zunächst zu überprüfen, welcher Art diese Zusammenfas­ sung sein kann, d.h. nach welchen Modellen eine Zusammenfassung von Verfah­ ren vorgenommen werden kann. Darauf aufbauend ist alsdann zu fragen, wie die Zusammenfassung von Verfahren konkret ausgestaltet werden könnte. Die Auf­ gabe der individuellen Abwicklung des Konkurses verschiedener Massen bei der Insolvenz mehrerer Unternehmen eines Konzerns zugunsten einer an eine gemein­ same Masse anknüpfenden Abwicklung ist eng mit der aktuellen Debatte verbun­ den, ob in diesen Fällen - ähnlich dem US-amerikanischen Recht - möglicher­ weise ein rechtsformübergreifendes Reorganisationsverfahren das herkömmliche „Abwicklungsverfahren“ ergänzen könnte26. Obwohl mit der Insolvenzordnung

26 Siehe oben die Nachweise in Fußnote 4.

das herkömmliche Zerschlagungsverfahren um ein Reorgansationsverfahrens erweitert wird, und damit zum ersten Mal auch im deutschen Recht ernsthafte Anhaltspunkte für ein Sanierungsverfahren bestehen27, braucht dieser Aspekt, wie eingangs schon dargelegt28, hier nicht vertieft zu werden29. Die Überlegungen werden sich also nur darauf konzentrieren, ob und ggf. in welcher Form ein gemeinsames Verfahren verschiedener Unternehmenskonkurse in einem Konzern möglich ist. Insoweit sind prinzipiell drei verschiedene Grundmodelle denkbar, der Vor­ stellung einer „wirtschaftlichen Einheit“ des Konzerns insolvenzverfahrensrecht­ lich zur Durchsetzung zu verhelfen. In Frage kommt ein Einheitskonkursverfahren für den (gesamten) Konzern (Modell 1), die Zusammenlegung von Massen insol­ venter Konzernunternehmen (Modell 2) oder eine Zuständigkeitsbündelung (Modell 3). b)

Einheitskonkursverfahren für den ganzen Konzern (Modell 1)

Die Vorstellung, aus der „wirtschaftlichen Einheit“ eines Konzerns könne folgen, daß die Insolvenz eines oder mehrerer Konzernunternehmen sofort den einheit­ lichen Konkurs des gesamten Konzerns, d.h. aller weiterer Konzernunternehmen, zur Folge hat, ist von Anfang an zu verwerfen. Das widerspräche zum einen dem Charakter des Konzerns als Verbund mehrerer rechtlich selbständiger Unter­ nehmen. Dieser wird auch nicht etwa durch den Konkurs eines Konzemteils verändert, etwa im Sinne der Fiktion einer Verschmelzung der übrigen Konzern­ unternehmen zu einer rechtlichen Einheit30. Zum anderen hätte dies ökonomisch verheerende Konsequenzen. Bereits die Insolvenz eines kleinen Konzemteils müßte dann zur Folge haben, daß ein möglicherweise wirtschaftlich prosperie­ render und potenter Unternehmensverbund mit in die Insolvenz gezogen würde31. Das würde jedoch unweigerlich dazu fuhren, daß keine Konzerne mehr gebildet werden, weil der Hauptvorteil eines Konzerns, die Haftungssegmentierung bei gleichzeitiger Bündelung und Nutzungsmöglichkeit der wirtschaftlichen Stärke

27 Eingehend Bork, Rn. 355 ff.; Heilmann/Smid, § 2, Rn. 38 ff.; Drukarczyk, Unternehmen und Insolvenz (1987); Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unter­ nehmen (1993); Kressin, Die Einleitung eines Insolvenzverfahren für Unternehmen - Ursachen, Zeitpunkt, Gründe (1991); zur übertragenen Sanierung vgl. K. Schmidt, in: Leipold, 67 ff.; aus betriebswirtschaftlicher Perspektive siehe Albach, ZfB 1984, 773 28 Siehe oben § 1 Nr. 1. 29 Es kann insoweit verwiesen werden auf die grundlegende Arbeit von Flessner, Sanierung und Reorganisation; vgl. auch Maus, in: InsHdb, § 5. 30 So jedoch die alten Einheitstheorien als dessen Hauptvertreter Isay, 96 ff., insbes. 103 ff.; vgl. auch Kronstein, 2 ff. Siehe zudem Bälz, in: FS L. Raiser, 287; vgl. aber zur Frage, ob der Konzern als Einheit in einem Sanierungsverfahren reorganisiert werden können soll Uhlenbruck, BB 1983, 1487 f.; siehe auch K. Schmidt, JZ 1985, 305. 31 Dazu siehe auch Dreger, 170 f.

mehrerer Unternehmen, entfiele. Der Wirtschaft würde damit ein effektives Instru­ ment verlorengehen, was zu volkswirtschaftlich unerwünschten Folgen führte. Im Gegensatz dazu beschränken sich die Modelle 2 und 3 auf die Erfassung der insolventen Unternehmen und lassen die übrigen Konzernunternehmen unberührt. Das weitreichendere der beiden Modelle (Modell 2) geht davon aus, daß die ursprünglich getrennten Vermögensmassen der insolventen Konzernunternehmen zu einer Masse zusammengefaßt werden, hinsichtlich derer dann das Verfahren und die Verwaltung durchgeführt wird. Das engere Modell (Modell 3) sieht hinge­ gen eine Zusammenfassung der verschiedenen Verfahren hinsichtlich der jeweili­ gen insolventen Konzernunternehmen vor, wobei die Konkursmassen der einzel­ nen Rechtsträger getrennt bleiben. c)

Zusammenfassung durch Zusammenlegung von Massen insolventer Konzernunternehmen (Modell 2)

Die Zusammenfassung mehrerer Konkursmassen zu einer Masse, hinsichtlich derer dann ein einheitliches Verfahren und eine einheitliche Verwaltung durchgeführt werden (Modell 2)32, stößt unabhängig von den rein verfahrenstechnischen und konkursverwaltungsrechtlichen Hindernissen und Schwierigkeiten, die es bei einer Zusammenlegung mehrerer Verfahren zu einem allgemein gibt, auf einige grundlegende Bedenken33. Durch die Zusammenfassung verschiedener Vermögensmassen zu einer Masse kann es zu erheblichen Eingriffen in die Vermögensposition bestimmter Gläubiger kommen34. Verbunden damit würde der konkursrechtliche Grundsatz der Gläubi­ gergleichbehandlung verletzt. Wird aus verschiedenen einzelnen Konkursmassen eine Gesamtmasse gebildet, so kommen einem Gläubiger bei der Befriedigung aus der Gesamtmasse zwar anteilig auch die Vermögensmassen der anderen insol­ venten Konzernunternehmen zugute, doch müssen sie umgekehrt auch die Beteili­ gung der Gläubiger der anderen Konzernunternehmen an dem Vermögen „ihres“ Konzemteils hinnehmen. Wenn die Vermögenslage, also die Befriedigungserwar­ tung, des Konzernunternehmens, welches sein Schuldner ist, günstiger war als die der anderen, ist die Zusammenfassung für dessen Gläubiger nachteilig, weil diese positiven Massewerte mit möglicherweise schlechteren Massewerten der anderen Unternehmen saldiert werden und der Gläubiger durch die Zusammenlegung damit einen Verlust erleidet35; der Gläubiger müßte damit praktisch zwei oder mehr Insolvenzrisiken tragen. Die Forderungen dieses Gläubigers werden damit in ihrer

32 Dafür Drüke, 79 f. und zumindest für den Vergleich Albach, ZfB 1984, 773 ff.; vgl. auch Timm, ZIP 1983,225,237 33 Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. K zu §§ 207, Rn. la; Jaeger(-Weber), § 207, 208, Rn. 10; Timm, ZIP 1983, 236; K. Schmidt, ZGR 1983, 513 ff. 34 Vgl. dazu Baur/Stürner, § 35.22; Tschemig, 147 f. 35 So überzeugend Flessner, 294.

rechtlichen geschützten Erwartung enttäuscht, denn seine Forderung ist grundsätz­ lich durch die Rechtsordnung soweit geschützt, als ihm garantiert wird, in der Insolvenz des Schuldners nach Maßgabe des Gläubigergleichbehandlungsgrund ­ satzes befriedigt zu werden. Dieser Grundsatz bezieht sich aber nur auf die Masse des Schuldners, mit dem der Gläubiger ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, oder dessen Forderung sich aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis ergibt. Der Gleich­ behandlungsgrundsatz wird deshalb verletzt, wenn andere Gläubiger durch den Konkurs eines anderen Konzernunternehmens - zumindest indirekt durch die Saldierung beider Massen - an der betreffenden Masse partizipieren sollen, weil dann die entsprechenden Gläubiger auf einmal mit neuen Gläubigem um eine Masse konkurrieren müssen, die nicht der Masse entspricht, die dem Rechtsträger zuzuordnen ist, mit dem ein Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde. Insoweit könnte die Entwertung der Forderung an die Masse des ursprünglichen Schuldners durch eine Zusammenlegung der Masse mit weniger gut ausgestatteten Massen anderer in Konkurs gefallener Konzernunternehmen bzw. durch die Vergrößerung der Gläubigeranzahl, die aus der Gesamtmasse befriedigt werden wollen, in die Nähe eines enteignungsgleichen Eingriffs dieser betreffenden Gläubiger rücken. Eng verbunden mit diesen Benachteiligungen bestimmter Gläubiger steht zudem das Argument, daß eine Zusammenlegung von Massen auch deshalb nicht zu rechtfertigen ist, weil damit ein ganz wesentlicher und nicht hinnehmbarer Eingriff in die Privatrechtsordnung verbunden wäre. Durch die Zusammenlegung der Massen wird jeder Gläubiger faktisch mit einem Schuldner konfrontiert, den er sich nicht in einem von Privatautonomie getragenen Such- und Entscheidungs­ prozeß hat aussuchen können36. Ferner wird jede Risikobewertung eines Geschäfts, das mit einem anderen Akteur geschlossen werden soll, praktisch obsolet, weil niemand vorhersehen kann, ob im Falle des Konkurses die betreffende Forderung noch weiter entwertet wird, weil die Konkursmasse des respektiven Schuldners noch mit einer anderen saldiert wird. Dies würde zu einer unhaltbaren wirtschaft­ lichen Unsicherheit fuhren. Müßte ein Gläubiger etwa davon ausgehen, daß im Falle der Insolvenz seines Schuldners dessen noch übrig gebliebenes Vermögen mit demjenigen anderer, ebenfalls in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns verschmolzen würde, würde ein ganz erheblicher Teil von Akteuren auf dem Markt davor zurückschrecken, mit Konzernunternehmen überhaupt Verträge abzuschließen, da sie das ohnehin nur schwer abzuschätzende Insolvenzrisiko dann überhaupt nicht mehr kalkulieren könnten. Folge wäre, daß Verträge mit Konzern­ unternehmen, wenn sie überhaupt noch abgeschlossen würden, von der vollständi­ gen Sicherung der Forderung, ggf. durch Dritte, abhängig gemacht würden. Dieser Umstand ist deshalb bedenklich, weil eine solche Praxis dazu fuhren würde, daß das betreffende Unternehmen und vielleicht sogar bestimmte andere Unternehmen im Konzern, insbesondere die Obergesellschaft, so viele Sicherheiten geben müßten, daß sie selbst Schwierigkeiten bekommen könnten, das für den normalen

Wirtschaftslauf notwendige flüssige Kapital zu haben (Bindung des Vermögens zum Wirtschaften durch die Sicherung). Damit wären viele Konzernunternehmen, die in wirtschaftliche Transaktionen auf dem Markt einbezogen sind, von Anfang an in ihrem wirtschaftlichen Aktionsradius stark behindert und von Anfang an insolvenzgefahrdet37. Das hieße letztlich nichts anderes, als daß durch eine Praxis der Verschmelzung von Massen in Konkurs gefallener Unternehmen aus einem Konzern das Risiko erhöht werden würde, daß in dem gleichen Konzern sukzes­ sive weitere Unternehmen in Konkurs fielen.

d)

Ergebnis und weiterführende Überlegung

Aufgrund dieser rechtlichen und ökonomischen Erwägungen kann eine verfah­ rensmäßige Zusammenfassung von verschiedenen insolventen Konzemunter­ nehmen nicht in Betracht kommen. Festzustellen bleibt deshalb, daß der Konkurs nach geltendem Recht auch in einem Unternehmensverbund an den rechtlichen Unternehmensträger und nicht an den wirtschaftlichen Zusammenhang anknüpfen muß. Das bedeutet, daß die Konkursfähigkeit eines Rechtsträgers, das zu erfas­ sende und ggf. zu verteilende Vermögen und die verfahrensrechtliche Behandlung auch in einem Unternehmensverbund im Hinblick auf die individuellen Verfahren zu betrachten sind. Zwar ist ein Konkurs eine Gesamtvollstreckung, doch gilt dies nur für den einzelnen dem Verfahren unterworfenen Rechts- und Vermögensträger. Die Selbständigkeit der verbundenen Unternehmen im Konkurs bleibt in bezug auf die Feststellung des Konkursgrundes und der Konkursabwicklung bestehen38. Daraus folgt: Fällt eine in einen Konzern eingebundene Gesellschaft in Konkurs, so geht es um deren Einzelkonkurs39. Das gilt unabhängig davon, ob zur gleichen Zeit oder sukzessive auch andere Unternehmen desselben Konzerns insolvent werden. Als Modell der Zusammenfassung verschiedener Verfahren kommt deshalb nur das Modell in Frage, das die jeweiligen Verfahren der in Konkurs gefallenen Konzernunternehmen zusammenfaßt, wobei aber die Verfahren als solche unabhängig bleiben und insbesondere die Konkursmassen der einzelnen Rechtsträger getrennt bleiben (Modell 3).

37 Ein vergleichbares Problem wird diskutiert bei der Frage, ob und wenn ja inwieweit die Anerkennung eines Arrestgrundes der Gläubigerkonkurrenz nach §917 I ZPO eine künstlich herbeigeführte Illiquidität erzeugen kann; dazu vgl. BGH NJW 1996, 321. 38 Zu alledem siehe Hohloch, 1 f. 39 So auch Mertens, ZGR 1984, 555; ähnlich K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, 221; Lutter, ZfB 1984, 781; Tschemig, 147 f.

6. Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung einer Zuständigkeitsbündelung (Modell 3)

Kommt man also zu dem Schluß, daß eine Zusammenfassung von Verfahren mehrerer abhängigen Unternehmen desselben Konzerns nur auf der Basis des Modells 3 möglich ist, kann dieses Ergebnis im folgenden Untersuchungsschritt auf die verfahrensrechtliche Ausgestaltung einer solchen Form der Zusammen­ fassung übertragen werden. Dabei wird hier zunächst nur auf die theoretische Seite dieser Ausgestaltung eingegangen; sie bildet die Grundlage, auf der dann die Realisierungsmöglichkeiten der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung de lege lata oder de lege ferenda entwickelt werden können (dazu unten III.).

a) Ebene der Konkursrichter Auf der Ebene der Konkursgerichte bzw. des zentral zuständigen Richters ist die konkrete Ausgestaltung des Modells 3 nur in Form einer Bündelung der Verfah­ renszuständigkeit denkbar. Ein bestimmtes Gericht wäre demnach zuständig für alle anfallenden Verfahren über die Vermögen von in Konkurs gefallenen Unter­ nehmen eines Unternehmensverbundes (das soll hier im folgenden als sogenannte „Gesamtzuständigkeit“ bezeichnet werden), wobei innerhalb des zuständigen Gerichts dann die Verfahren bei dem oder bei einem Konkursrichter zusammen­ gefaßt würden. Eine solche Gesamtzuständigkeit läßt sich praktisch in zweierlei Hinsicht begründen. Entweder besteht von vornherein eine bestimmte Zuständigkeit eines Gerichts für alle Verfahren. Ein Beispiel wäre die Zuständigkeit für alle Verfahren betreffend die Konkurse in einem Konzernunternehmen am Gericht des Ortes, an dem das Mutterunternehmen seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung hat (Schwerpunkt der Untemehmensverwaltungstätigkeit) 40. Oder die Zuständigkeit des zentral zuständigen Gerichts konkretisiert sich erst in dem Zeitpunkt, in welchem der erste Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermö­ gen eines Konzernunternehmens gestellt wird: Das Konkursgerichts, das für dieses betreffende Unternehmen zuständig ist, soll dann auch für alle nachfolgenden Verfahren zuständig sein. Eine Zusammenfassung von Konkursverfahren ist freilich nicht nur durch eine Zuständigkeitsbündelung an einem Gericht, also in verfahrensrechtlicher Hinsicht, denkbar, sondern auch in gleichsam lockererer Form, dadurch daß den an unter­ schiedlichen Gerichten zuständigen Richter untereinander eine Pflicht zu Koordi­ nierung oder zumindest eine solche zur Konsultation bzw. Information hinsichtlich

40 Vgl. B. Kübler, ZGR 1984, 587 f.; dazu siehe die ablehnende Haltung dokumentiert im Diskussionsbericht in ZGR 1984, 594; ähnlich auch Lutter, ZfB 1984, 787.

der Verfahren von Unternehmen desselben Konzerns obliegt. Darauf ist in einem eigenen Abschnitt gesondert einzugehen41. Unabhängig davon, welchen der beiden Methoden zur Bestimmung der Gesamtzuständigkeit man letztlich den Vorzug geben möchte, stellt sich in jedem Fall die Frage, ob es sich bei der Gesamtzuständigkeit um eine permanente Zuständigkeit handeln soll, oder ob die zentrale Zuständigkeit unter bestimmten Umständen auch wieder erlöschen kann. Hintergrund dieser Fragestellung ist der Umstand, daß mit der Verfahrenszusammenfassung meist die Vorstellung verbun­ den ist, daß innerhalb eines Konzerns mehrere Unternehmen in etwa zur gleichen Zeit insolvent werden, bzw. hinsichtlich derer der Konkurs angemeldet wird, so daß dann die entsprechenden Verfahren gebündelt werden könnten. Die Begrün­ dung einer Gesamtzuständigkeit eines Konkursgerichts wäre aber nicht nur in diesen Fällen sinnvoll. Die oben genannten positiven Effekte ergeben sich auch dann, wenn Unternehmen nicht zusammen, sondern in einer zeitlichen Abfolge nacheinander insolvent werden und die dann beantragten Verfahren mit dem oder den bereits anhängigen Verfahren zusammengefaßt werden könnten. Demnach muß auch die eigentliche Zuständigkeit für ein Konkursverfahren eines weiteren Unternehmens aus dem Konzern zugunsten der Gesamtzuständigkeit zurücktreten, soweit und solange ein Konkursrichter bereits bzw. noch mit einem oder mit mehreren Konkursverfahren aus demselben Konzern befaßt ist. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen weitere Insolvenzen in dem Unter­ nehmensverbund erst dann eintreten, nachdem auch das letzte Konkursverfahren bei dem zentral zuständigen Gericht beendet worden ist (Aufhebung des Konkurs­ verfahrens nach § 163 KO/des Insolvenzverfahrens nach § 200 InsO). Hier stellt sich die Frage, ob das betreffende Gericht für ein neuerliches Verfahren auch dann noch zuständig sein soll, wenn dafür eigentlich die Zuständigkeit eines anderen Konkursgerichts gegeben wäre. Auf der einen Seite könnte man zwar argumen­ tieren, daß auch in diesen Fällen die zentrale Zuständigkeit bestehen bleiben müsse, weil der Informations- und Einarbeitungsvorsprung des zuständigen Richters an diesem Gericht im Vergleich zu einem Richter an einem Gericht, der sich das erste Mal mit dem Gesamtkomplex befaßt, immer noch so viel größer sein wird, daß die prozeßökonomischen Vorteile gegenüber den Nachteilen, die sich aus der Ausblendung der eigentlichen Zuständigkeit für das spezielle Verfahren ergeben, weiterhin überwiegen. Auf der anderen Seite ist aber einzuwenden, daß eine solche Annahme allenfalls in der Situation stimmen kann, wo die Eröffnung des neuerlichen Verfahrens zeitnah zur Aufhebung des letzten Verfahrens bean­ tragt wird; andernfalls widerspräche es der allgemeinen Erfahrung, wenn ange­ nommen würde, daß bei der Schnellebigkeit des Wirtschaftsverkehrs die oben erwähnten positiven Effekte bei dem ehemals zentral zuständigen Gericht tatsäch­ lich größer sind als bei dem eigentlich zuständigen Gericht. Ob der Verfahrens­ eröffnungsantrag in ausreichender Zeitnähe gestellt wurde, kann außerdem nur im

41 Siehe unten III1. f.

Einzelfall beurteilt werden. Würde aber so verfahren, schüfe man eine erhebliche Rechtsunsicherheit, weil nicht im vorhinein hinreichend genau ersichtlich wäre, welches Konkursgericht letztlich zuständig ist. Zusätzlich fehlten darüber hinaus auch genaue Kriterien, um eine hinreichende „Zeitnähe“ zu bestimmen. Sowohl aus Sicherheitserwägungen als auch aus dem Grunde, daß sich die Zusammenfassung von Verfahren nur dann als prozeßökonomisch sinnvoll heraus­ stellt, wenn weitere Verfahren zu dem Richter kommen, der schon ein oder mehrere Verfahren aus demselben Konzern betreut, muß eine Grenze gezogen werden, ab der die Vorteile der Gesamtzuständigkeit nicht mehr überwiegen und daher dann die eigentliche Zuständigkeit für das betreffende Konkursverfahren wieder Platz greift. Dies ist der Fall, wenn am Stichtag der Stellung des Konkurs­ antrags hinsichtlich des weiteren insolventen Konzernunternehmens keine Verfah­ ren über den Konkurs von Unternehmen desselben Konzerns bei dem Gericht mehr anhängig sind: Die Aufhebung der eigentlichen Zuständigkeit zugunsten einer Gesamtzuständigkeit ist aus Gründen der Verfahrensökonomie damit nur solange gerechtfertigt, wie bei dem einmal zentral zuständig gewordenen Konkursgericht noch ein Konkursverfahren aus dem Konzern anhängig ist. Ist auch das letzte Verfahren aus dem betroffenen Konzern nach § 163 KO/§ 200 InsO aufgehoben worden, ergibt sich die Zuständigkeit des nächsten Verfahrens wieder nach den allgemeinen Regeln, wobei dort dann wiederum die nächste Gesamtzuständigkeit für weitere Verfahren begründet werden kann. b) Ebene der Konkursverwalter

Soweit es um die Bündelung mehrerer Verwaltungen von Konzernunternehmen auf der Ebene der Konkursverwalter geht, kann diese dadurch verwirklicht werden, daß ein Konkursgericht für alle Verfahren denselben Verwalter bestimmt oder daß verschiedene Konkursgerichte für die jeweiligen Verfahren denselben Verwalter bestimmen42. Auf einem weniger formellen Niveau der Zusammenfassung ist auch bei den Verwaltern ein Modell vorstellbar, in dem mehrere Verwalter zwar indivi­ duell mit der Abwicklung der Verfahren bei den einzelnen Konzernunternehmen beauftragt sind, sie untereinander jedoch die Verpflichtung haben, sich hinsichtlich ihrer Verwaltungen zu koordinieren oder zumindest jedoch zu informieren bzw. zu konsultieren. 7.

Zusammenfassung

Als Modell für eine Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren von Unter­ nehmen desselben Konzerns kommt weder eine Art der Konkurserstreckung auf den gesamten Konzern in Betracht, die dann als einheitliches Verfahren ausgestal-

42 Vgl. B. Kübler, ZGR 1984, 588.

tet wird, noch eine Zusammenlegung der Massen der in Konkurs gefallenen Konzernunternehmen. Ersteres widerspricht nicht nur den grundlegenden Struk­ turmerkmalen des deutschen Konkursrechts, sondern auch der wirtschaftlichen Vernunft, einen ganzen Konzern in Konkurs fallen zu lassen, nur weil ein Teil des Konzerns in Konkurs gefallen ist. Das zweite Modell kommt nicht in Betracht, weil mit der Zusammenlegung der Massen zum einen der Gleichbehandlungs­ grundsatz der Gläubiger verletzt wird und es zum anderen ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Privatrechtsordnung bewirken würde. Als Modell bietet sich daher nur an, die einzelnen Verfahren, als solche getrennt, bei einem Konkursrichter und/oder einem Konkursverwalter zu bündeln. Diese Form der Zusammenfassung kann unterschiedlich ausgestaltet sein; denkbar ist auf der einen Seite die Zustän­ digkeit eines Konkursrichters bzw. eines Konkursverwalters für alle Verfahren und auf der anderen Seite bloße Konsultationspflichten der jeweiligen, mit den einzel­ nen Verfahren befaßten Richter oder Verwalter.

III. Die Zusammenfassung von Verfahren als konkretes Regelungsproblem Mit diesen Vorgaben könnte aufgrund der zu erwartenden, oben herausgearbeiteten positiven Effekte der Zusammenfassung von Konkursverfahren mehrerer Unter­ nehmen eines Konzerns an dieser Stelle nunmehr die Forderung nach einer ent­ sprechenden Praxis und der dafür notwendigen normativen Grundlagen de lege ferenda formuliert und präzisiert werden. Ein solches Vorgehen ist allerdings nur in dem Maße notwendig, wie die oben erarbeiteten Vorgaben nicht bereits de lege lata erfüllt sind. Ausdrückliche Vorschriften in dieser Richtung gibt es zwar weder in der ZPO, noch in der KO oder in der InsO. Möglicherweise läßt sich aber durch die Ausle­ gung des vorhandenen Normenmaterials entsprechender Gewinn erzielen. 1. Konkursgerichte

a) §71 KO Die Zuständigkeit eines Konkursgerichts ergibt sich nach derzeit geltendem Recht aus § 71 I KO. Danach ist für ein Verfahren über ein Vermögen grundsätzlich dasjenige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Gemeinschuldner entweder seine gewerbliche Niederlassung oder (in Ermangelung dieser) seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Will man die Frage der Verfahrenszusammenfassung an dieser zentralen Zuständigkeitsnorm des Konkursrechts ansetzen, ist in einem ersten Schritt zu ermitteln, welche Spielräume durch eine Interpretation der in § 71 I KO genannten Zuständigkeitskriterien überhaupt eröffnet werden. Angesprochen ist damit die Bestimmung des Ortes der gewerblichen Niederlassung, insbesondere dort, wo es sich um ein abhängiges Konzernunternehmen handelt. Subsidiär käme

es möglicherweise auch darauf an, wo der allgemeine Gerichtsstand eines Kon­ zernunternehmens ist. Der Begriff der gewerblichen Niederlassung in § 71 I KO ist die konkursrecht­ liche Parallelvorschrift zu der insoweit allgemeineren Vorschrift des § 21 ZPO, so daß die Auslegung des § 71 I KO grundsätzlich auch unter Berücksichtigung des Verständnisses des § 21 ZPO vorgenommen werden kann. Für § 21 ZPO ist aner­ kannt, daß eine Niederlassung jede von dem Inhaber an einem anderen Ort als dem seines Sitzes für eine gewisse Dauer errichtete, auf seinen Namen und für seine Rechnung betriebene und (in der Regel) selbständige, d.h. aus eigener Entschei­ dung zum Geschäftsabschluß und Handeln berechtigte Geschäftsstelle ist43. Damit kommen als Niederlassung in § 21 ZPO sowohl die Haupt- als auch die Zweig­ niederlassung eines Unternehmens in Betracht44. Der Wortlaut des § 71 I KO (,^seine gewerbliche Niederlassung“) schränkt diese Regeln für die Zuständigkeit im Konkursverfahren jedoch ein. Vielmehr kann unter der „gewerblichen Nieder­ lassung“ nur die Hauptniederlassung als der Mittelpunkt des wirtschaftlichen Daseins für den Verkehr nach außen angesehen werden. Zweigniederlassungen begründen daher keine Zuständigkeit nach § 71 I KO, auch wenn dort ein selbstän­ diger Geschäftsbetrieb herrscht45. Der Mittelpunkt des wirtschaftlichen Daseins wird allgemein durch den Ort markiert, von wo aus die Geschäfte geleitet werden46. Es kommt also auf das wirtschaftliche Zentrum an, nicht auf das formale Kriterium der Eintragung in das Handelsregister47. Damit soll gewährleistet bleiben, daß das Verfahren über das Vermögen des Schuldners auch dann an dem Ort seines wirtschaftlichen Schwerpunktes eröffnet werden kann, wenn er seinen satzungsmäßigen Sitz und sein tatsächliches Geschäft nicht an ein- und demselben Ort hat48. 49Als wesentlicher Aspekt für die Anknüpfung an die Zuständigkeit kristallisiert sich damit der Mittelpunkt des wirtschaftlichen Interesses (centre d'affaires^9) heraus. Hinsichtlich der Zuständigkeitsbestimmung des Konkurs­ gerichts bei insolventen Konzernunternehmen kann dies verschiedene Folgen haben. Da jede Konzemgesellschaft rechtlich eigenständig ist, muß zunächst auch bei jeder einzelnen Gesellschaft geprüft werden, wo deren „centre d'affaires" liegt; dieser Ort bestimmt dann die Zuständigkeit. Etwas anderes würde sich aber dann

43 BGH NJW 1987, 3082; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 433; OLG Köln, VersR 1993, 1172. 44 Zöller(-Vollkommer), § 21, Rn. 7. 45 Kilger/K. Schmidt, § 71, Anm. 3; Kuhn/Uhlenbruck, § 71, Rn. 3a; Hess/Kropshofer, § 71, Rn. 2; Skrotzki, KTS 1960, 71; siehe auch BGH NJW 1987, 3081 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989,433; AG Köln, NJW-RR 1993, 1504 (alle zu § 21 ZPO). 46 Jaeger(-Weber), §71, Rn. 2 f.; Uhlenbruck/Delheas, Rn. 146; Kilger/K. Schmidt, §71, Rn. 3; B. Kübler, ZGR 1984, 560,571. 47 Kilger/K. Schmidt, §71, Anm. 3; Kuhn/Uhlenbruck, §71, Rn. 3; Jaeger(-Weber), §71, Rn. 3 BayObLG, Rpfleger 1980,486 (zu § 21 ZPO). 48 Siehe Jaeger(-Weber), § 71, Rn. 3; Kuhn/Uhlenbruck, § 71, Rn. 3. 49 Der Ausdruck wird übernommen von Kuhn/Uhlenbruck, § 71, Rn. 3.

ergeben, wenn das (insolvente) Konzernunternehmen zumindest im Konkurs als Niederlassung des Konzerns bzw. des herrschenden Unternehmens angesehen werden könnte. Folge dessen wäre, daß dann, wenn mehrere Konzernunternehmen gleichzeitig insolvent würden, sogar ein Wahlrecht zur Anmeldung des Konkurses nach § 35 ZPO gegeben sein könnte50. Möglicherweise könnte man im Rahmen des § 71 KO das „centre d'affaires“ eines jeden abhängigen Unternehmens aber auch an dem Ort sehen, wo die Muttergesellschaft ihren Hauptverwaltungssitz oder ihre Hauptniederlassung hat, so daß jedes Verfahren hinsichtlich eines Konzern­ unternehmens an dem Ort beantragt werden muß, wo die Muttergesellschaft ihren Gerichtsstand nach § 71 I KO hat51. Die Antwort darauf, wie angeknüpft werden muß, erschließt sich aus dem Regelungsgrund des § 71 I KO. In dieser Vorschrift wird auf den Mittelpunkt wirt­ schaftlichen Daseins abgestellt, weil damit weitgehend gewährleistet werden soll, daß das gerichtliche Verfahren und ggf. auch die Verwaltung ortsnah zu dem Punkt stattfindet, wo die wirtschaftlichen Transaktionen (vermutlich) im wesentlichen erfolgt sind. Zudem kann man grundsätzlich davon ausgehen, daß dort auch die entscheidenden Geschäftsführungsmaßnahmen getroffen werden, dort also der Kem des Unternehmens ist, oder um es bildlich auszudrücken, daß dort der „Lebensmittelpunkt“ der juristischen Person liegt. Wendet man diesen Gedanken auf die abhängigen Unternehmen in Konzernen an, dann ist zunächst schlicht fest­ zustellen, daß das betreffende abhängige Unternehmen trotz seiner Abhängigkeit einen eigenen Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Das ist der Ort, an dem die entscheidenden Geschäftsführungsmaßnahmen vorgenommen werden. Dabei ist es irrelevant, daß diese Entscheidungen nicht durch eigene Initiative, sondern aufgrund des Einflusses des herrschenden Unternehmens zustande gekommen sein mögen. Kompliziert ist in Konzernen die Anknüpfung von verfah­ rensrechtlichen Zuständigkeiten in der Regel deshalb, weil dort das formale Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten und das tatsächliche Zentrum ausein­ anderfallen können, soweit man dieses Zentrum durch den Ort beschreibt, wo die entscheidenden Geschäftsführungsmaßnahmen getroffen sind. Dem hinter § 71 KO stehenden Zweck, also die Ermittlung des „Lebensmittelpunktes“ des Gemein­ schuldners, dürfte es am weitesten entsprechen, wenn darauf abgestellt würde, wo tatsächlich das wirkliche Zentrum seiner wirtschaftlichen Aktivitäten belegen ist. Das fuhrt jedoch in der Praxis zu ganz erheblichen Problemen. Es müßte nämlich differenziert werden, ob es sich um einen eher dezentralen oder um einen straff geführten Konzern handelt; nur im letzteren Fall kann man davon ausgehen, daß das Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten im wesentlichen nicht bei dem 50 Vgl. zum Wahlrecht bei mehreren Niederlassungen nach § 21 ZPO für den Fall, daß eine Beziehung zu dem Geschäftsbetrieb mehrerer Niederlassungen besteht, siehe OLG Köln, VersR 1993, 1172. 51 So offensichtlich Heilmann/Klopp, in: InsHdb., § 18, Rn. 1; mit Hinweis auf B. Kübler, ZGR 1984, 560; Uhlenbruck, KTS 1986, 419; Wellensiek, ZIP 1984, 541, die diese Ansicht allerdings nicht stützen.

abhängigen Unternehmen liegt. Im einzelnen entpuppt sich diese Unterscheidung als in aller Regel praktisch nicht durchführbar. Erinnert werden soll an dieser Stelle nur daran, daß ein abhängiges Unternehmen phasenweise sehr straff geführt werden kann, zu anderen Zeiten jedoch möglicherweise vollständige Entschei­ dungsfreiheit genießt. In einem solchen Fall kann dann letztlich nicht festgestellt werden, wo das tatsächliche Zentrum der Geschäftsführungsentscheidungen liegt. Darüber hinaus stellt sich das Problem, daß der Antragsteller in jedem Fall zuerst ermitteln müßte, ob das betreffende Unternehmen, hinsichtlich dessen Vermögen er den Konkursantrag stellen will, in einen Konzern eingebunden gewesen ist und wenn ja, ob das Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten wirklich im wesentlichen bei ihm oder möglicherweise doch bei seiner Muttergesellschaft gelegen hat. Dies ist jedenfalls für einen außenstehenden Antragsberechtigten unter Umständen nur mit ganz erheblichen Mühen verbunden. Wollte man den Antrag­ steller deshalb von einer solchen „Vorprüfung“ befreien, würde diese Prüfung letztlich auf das Gericht verlagert, bei dem der Antrag gestellt wird; dieses hätte dann die betreffenden Fragen zu klären. Dieser Aufwand würde das Verfahren verschleppen und wertvolle Zeit vergeuden, in der möglicherweise Vermögen für die Gläubiger verloren gehen könnte. Ganz unabhängig davon ergäben sich bei der Anknüfung der Zuständigkeit an den Ort der Hauptverwaltung der Muttergesellschaft eines Konzerns in denjenigen Fällen ganz erhebliche Schwierigkeiten, wo die Konzemmutter ihren Sitz im Ausland hat. Danach müßte ein ausländisches Gericht auch für das Konkursver­ fahren der im Inland beheimateten Tochtergesellschaft zuständig sein. Unabhängig von der derzeit in der Praxis nur unter großen Schwierigkeiten zu Überwindenen Problemen des grenzüberschreitenden Insolvenzverfahrens52, wäre dies ein wenig praktikables Vorgehen. Die möglicherweise im wesentlichen ebenfalls in Deutsch­ land befindlichen Gläubiger müßten sich dann zunächst dem Regime eines frem­ den Insolvenzrechts unterwerfen und dann später in Deutschland ihren ggf. erlangten Titel erst anerkennen lassen, um das in Deutschland belegene Vermögen zu erlangen. Dieser sinnlose Umweg könnte in der deutschen Praxis zwar dadurch umgangen werden, daß nach verbreiteter Ansicht ein deutsches Gericht nicht gehindert ist, seine Zuständigkeit hinsichtlich der Konkurseröffnung der Tochter­ gesellschaft zu bejahen, wenn das Geschäftszentrum des Gemeinschuldners im Hoheitsgebiet eines anderen Staates läge53. Ob dies aber auch auf Konzerne zu­ trifft, ist gerade zweifelhaft, und jedenfalls hätte man schlußendlich das gleiche Ergebnis als wenn man sofort an den Ort der wirtschaftlichen Aktivitäten des abhängigen Unternehmens angeknüpft hätte. Aus alledem ergibt sich, daß für die

52 Vgl. dazu Hanisch, 341 ff.; Landers, 42 U.Chi.L.Rev., 589, 606 ff. (1975); Laubacher, 58 ff. Etwas anderes wird sich in bestimmten Bereichen erst mit dem Inkrafttreten des Europäischen Übereinkommens über Insolvenzverfahren vom 23.11.1995 (EulnsÜ) ergeben; dazu vgl. Balz, ZIP 1996,948 ff; Taupitz und W. Lüke, jeweils in: ZZP 111 (1998) (im Erscheinen). 53 Siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 71, Rn. 3 c.

Frage, wo die gewerbliche Niederlassung eines abhängigen Unternehmens liegt, nicht der Ort, an dem die Obergesellschaft ihren Hauptverwaltungssitz hat, aus­ schlaggebend ist, sondern der Ort entscheidend ist, hinsichtlich dessen der äußere Anschein es nahelegt, daß es sich um den tatsächlichen Mittelpunkt der wirtschaft­ lichen Aktivitäten handelt54. Gestützt wird diese Lösung auch dadurch, daß das entsprechende Problem im Internationalen Privatrecht entsprechend gelöst wird. Nach deutschen kollisions­ rechtlichen Regeln ist der Sitz einer Gesellschaft dort, wo sich das wirtschaftliche Leben abspielt, oder anders gesagt: dort, wo das , Haupt" handelt, das die Tätigkeit der „Glieder“ bestimmt55. Handelt es sich dabei um einen Konzern, so wird für die abhängige Tochtergesellschaft an ihrem eigenen Hauptverwaltungssitz ange­ knüpft56. Denn dort, wo die Hauptverwaltung der Tochter sitzt, wird, solange die Tochter eine juristische Person bleibt, ihr eigener Wille - wenn auch unter Weisung der Mutter - gebildet57. Im Ergebnis folgt mithin, daß sich aus § 71 I KO keine spezielle „Gesamt­ zuständigkeit“ des Konkursgerichts am Ort, an dem die Muttergesellschaft ihren Hauptverwaltungssitz hat, begründen läßt. Vielmehr folgt aus dieser Norm, daß für jedes abhängige Konzernunternehmen das jeweilige Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Hauptverwaltung der Tochter sitzt. b)

§71II KO analog

§ 71 II KO bestimmt, daß in dem Fall, wo mehrere Gerichte zuständig sind, dasjenige, bei welchem zuerst die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden ist, die anderen ausschließt. Es ist unbestritten, daß diese Vorschrift von seiner Konzeption her damit diejenigen Fälle erfassen will, wo der Gemeinschuldner entweder keine gewerbliche Niederlassung, wohl aber mehrere Wohnsitze hat, oder wo das Zentrum der wirtschaftlichen Aktivitäten zugleich an zwei Orten liegt58. Ein Blick auf das übliche Erscheinungsbild eines Konzerns scheint es durchaus nahezulegen, diese Vorschrift entsprechend für die Begründung einer Gesamtzuständigkeit für die Eröffnung von Konkursverfahren über die Vermögen von Unternehmen desselben Konzerns nutzbar zu machen. Voraussetzung dafür wäre aber die Fiktion, daß der Konzern konkursverfahrensrechtlich als Gesamtheit zu betrachten ist, der hinsichtlich der jeweiligen abhängigen Unternehmen nur

54 So auch im Rahmen des § 21 ZPO Zöller(-Vollkommer), § 21, Rn. 8. 55 Kegel, IPR, 416. 56 Wiedemann, GesR I, 300; W. Lorenz, IPrax 1983, 85 f. und auch für die Situation in Deutschland richtungsweisend OGH, JBL 1982, 257. 57 Siehe Kegel, 416; Kropholler, IPR, 473; Staudinger-(Großfeld), Internationales Gesell­ schaftsrecht, Rz. 501 ff. m.w.N. 58 Kilger/K. Schmidt, § 71, Anm. 6; Kuhn/Uhlenbruck, § 71, Rn. 6; vgl. auch Motive zu § 64 KO (das ist die identische Vorgängernorm zu § 71 KO), in: Hahn/Mugdan, 271 ff.

unterschiedliche „Wohnorte“ hat. Wenn dann ein abhängiges Unternehmen insol­ vent würde, hätte der Antrag bei Gericht des betreffenden „Wohnortes“ eine Sperrwirkung für die Zuständigkeit der Gerichte an den „Wohnorten“ anderer ebenfalls in Konkurs gefallener Konzernunternehmen. Eine solche Vorstellung lag dem berühmten argentinischen La-Plata-Fall zugrunde59, doch hat sie sich zu Recht in Deutschland nicht durchsetzen können. Hauptgrund dafür ist, daß es nicht mit der Selbständigkeit der juristischen Person zu vereinbaren ist, daß diese im Fall des Konkurses bei den einzelnen Konzernunternehmen wegen der „wirtschaft­ lichen Einheit“ aufgehoben werden kann, so daß sie damit - wenn auch nur faktisch - als Gesamtheit zu betrachten ist60. Gegen die analoge Anwendung des § 71II KO auf die mögliche Schaffung einer zentralen Zuständigkeit spricht jeden­ falls, daß man nicht begründen kann, daß und warum ein Konzern verfahrens­ rechtlich als Einheit betrachtet werden kann, wo im allgemeinen Verfahrensrecht immer an den einzelnen Rechtsträger angeknüpft wird und der Konzern als solcher eben gerade kein Rechtsträger ist. c) Die Verbindung von Verfahren: §147 ZPO

Nach § 147 ZPO kann ein Gericht die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen. Damit soll allgemein die Prozeßöko­ nomie gesteigert werden, so daß nur ein einheitliches Verfahren mit einer Beweis­ aufnahme und einer Entscheidung erforderlich ist61. Diese Ziele stimmen weit­ gehend mit denen überein, die durch eine Bündelung von Konkursverfahren an einem Gericht erzielt werden sollen. Deshalb liegt die Überlegung nahe, ob und wenn ja inwieweit aus § 147 ZPO Hinweise für eine Gesamtzuständigkeit eines Konkursrichters zu erzielen sind. Entscheidend hierbei ist jedoch, daß § 147 ZPO den Verfahrensablauf innerhalb eines Gerichts straffen will62. Dort, wo verschiedene Verfahren an unterschied­ lichen Gerichten anhängig sind, ist § 147 ZPO deshalb nicht mehr anwendbar. Damit kann sich der Anwendungsbereich des § 147 ZPO hinsichtlich von Konkursverfahren nur dann auf die Verbindung von Verfahren verschiedener Konzernunternehmen beziehen, wenn für alle dasselbe Konkursgericht zuständig ist. Das mag zwar nicht der Regelfall im Konzemalltag sein, doch werden immer­ hin damit all diejenigen Fälle erfaßt, wo sich ein Konzern bzw. mehrere Konzern­

59 MüKo BGB(-Ebenroth), nach Art. 10 EGBGB, Rn. 386. 60 Solche Ansätze fmdet man allerdings vereinzelt, wenn es um die Frage der Reorganisation geht, siehe Mertens, ZGR 1984, 554; Uhlenbruck, BB 1983, 1485, 1487; Albach, ZfB 1984, 777 f.; vgl. auch Flessner, 293. 61 Zöller(-Greger), § 147, Rn. 1. 62 MüKo ZPO (-Peters), § 147, Rn. 3.

unternehmen innerhalb engerer lokaler Grenzen erstrecken. Empirisch gesehen dürfte das wohl auf viele kleine und mittelständische Konzerne zutreffen.

d) Allgemeiner Rechtsgedanke aus §147 ZPO Möglicherweise könnte man den Grundgedanken aus § 147 ZPO jedoch für einen allgemeinen Rechtssatz heranziehen, etwa in dem Sinne daß dort, wo ein einheitlicher „Streitstoff6 segmentiert ist, die Verpflichtung besteht, ihn in einer Hand wieder zusammenzufuhren. Als einheitlicher „Streitstoff" in diesem Sinne ist selbstverständlich in keinem Fall eine formal-prozessuale, einheitliche Rechts­ sache zu verstehen, sondern als solcher wären die Konkursverfahren mehrerer Konzernunternehmen anzusehen. Das insoweit „verbindende“ Element ist dabei einfach die Konzemzugehörigkeit. Danach müßte ein an sich zuständiges Konkurs­ gericht das bei ihm eröffnete Verfahren an ein anderes Gericht verweisen, wenn dort bereits ein Verfahren über das Vermögen eines anderen Konzernunternehmens eröffnet worden ist. Begründet werden könnte eine solche Abgabe mit dem Gedanken der „Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs“ der beiden bzw. der verschiedenen Verfahren. Gerechtfertigt wird eine solche, im Hinblick auf die Probleme bei der sog. gespaltenen örtlichen Zuständigkeit entwickelte Figur im wesentlichen mit der Anerkennung einer umfassenden Entscheidungskompetenz, um Mehrfachentscheidungen über denselben Streitgegenstand durch die Verfah­ renskonzentration bei einem zuständigen Gericht zu verhindern63. Sinngemäß läßt sich dieser Gedanke auch auf die Verfahrenszusammenfassung bei einem Konkursgericht übertragen. Der Nutzen ergäbe sich, wie bereits festgestellt, auch und besonders im Hinblick auf die Verfahrensökonomie. Dennoch ist der Ansatz einer Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs im Ergebnis hier abzulehnen. Denn Voraussetzung für eine derartige Zuständigkeit ist in jedem Fall die Gleichheit des Streitgegenstandes. Unabhängig davon, wie man diesen im einzelnen definieren wollte, liegt er dort, wo es um die Eröffnung bzw. Durchführung verschiedener Konkursverfahren geht, keinesfalls vor, denn verschiedene Konkursverfahren sind niemals ein gleicher Streitgegenstand. Eine Verbindung von mehreren Verfahren in der Hand eines Konkursrichters läßt sich mithin auch nicht aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 147 ZPO ableiten.

e) Abgabe

Auf der verfahrensrechtlichen Ebene der Bündelung von mehreren Verfahren in der Hand eines Richters käme schließlich noch das Instrument der Abgabe des Verfahrens an einen anderen Richter in Betracht, wenn bei diesem bereits ein 63 Siehe zu dem gesamten Komplex ausführlich Spellenberg, ZZP 95 (1982), 26 ff.; Schilken, Rn. 319; Zöller(-Vollkommer), § 13, Rn. 21; vgl. aber auch J. Hager, in: FS Kissel, 340, Fn. 51.

Konkursverfahren über das Vermögen eines anderen Konzernunternehmens anhän­ gig ist. Die Abgabe eines Verfahrens ist eine innergerichtliche Prozedur, die, grund­ sätzlich ohne Bindungswirkung zu entfalten64, gewohnheitsrechtlich als Ausge­ staltung der Regelungshoheit der Gerichte eine Abweichung vom Geschäftsver­ teilungsplan aus prozeßökonomisch Gründen erlaubt und bei der Abgabe von speziellen Spruchkörpern an die allgemeinen an einem Gericht oder umgekehrt der ständigen Übung entspricht65, und in bestimmten Fällen, insbesondere im Mahn­ verfahren, sogar gesetzlich gefordert wird (vgl. §§ 696, 698 und 700 III 1 ZPO). Das bedeutet, es ist unproblematisch, daß ein Konkursrichter ein Verfahren über den Konkurs eines Konzernunternehmens an einen anderen Konkursrichter dessel­ ben Gerichts abgibt, wenn bei diesem bereits ein Verfahren über den Konkurs eines anderen Unternehmens desselben Konzerns läuft. Hier von Interesse ist allerdings der gerichtsübergreifende Bereich, also die Abgabe eines Verfahrens an ein anderes Gericht, an dem bereits ein oder mehrere Konkursverfahren über die Vermögen von Unternehmen desselben Konzerns anhängig sind. Insoweit ist problematisch, ob es überhaupt - eventuell ausnahms­ weise - eine Abgabe an ein fremdes Gericht geben darf. Eine Abgabe an einen anderen Richter zeichnet sich unter anderem dadurch aus, daß es dafür keiner Mitwirkung der Betroffenen bedarf, insbesondere wäre kein weiterer Antrag des Konkursantragstellers erforderlich. Insoweit könnten möglicherweise Bedenken entstehen, ob mit einer Abgabe des Verfahrens das Postulat des gesetzlichen Richters gewahrt bleibt, wenn der eigentlich nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Richter ohne Mitwirkung der Betroffenen seine Zuständigkeit zugun­ sten eines anderen Richters aufgibt. Soweit damit die Zuständigkeit des betreffen­ den Gerichts als solche nicht tangiert wird, könnte man diese Bedenken mit dem Hinweis auf das (unterstellte) Interesse des Betroffenen an einem prozeßöko­ nomischen Verfahren zurückstellen. Das gleiche gilt jedoch nicht, wenn mit der Abgabe ein Wechsel an ein vorher nicht zuständiges Gericht verbunden ist. Hier wird dem Antragsteller ganz offensichtlich sein gesetzlicher Richter entzogen, wenn das Verfahren abgegeben wird, ohne daß er dies beantragt hat. Das bedeutet, daß es hinsichtlich der Zusammenlegung von Konkursverfahren, sobald ein Verfahren aus dem Wirkungskreis eines Gerichts in den eines anderen Gerichts übergehen soll, einer Verweisung bedarf, die wiederum nur auf Antrag beschlossen werden kann, um den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit des gesetzlichen Richters zu genügen66. Anders ausgedrückt: auch wenn eine Zusam­ menlegung von Konkursverfahren hinsichtlich mehrerer Vermögen von in Konkurs gefallenen Unternehmen desselben Konzerns verfahrenstechnisch und ökonomisch sinnvoll wäre, kann dies nicht mit einer einfachen Abgabe an einen

64 BGH NJW 1978, 1531; BayObLG, NJW 1964, 1573. 65 Vgl. BGH NJW 1978, 1531; BGH NJW 1964, 201. 66 Siehe Zöller(-Greger), § 281, Rn. 11.

anderen Richter erlangt werden, es sei denn, es handelt sich um einen Richter am gleichen Gericht. f) Zusammenfassung auf informelle Art und Weise

Wenn sich also aus den Zuständigkeitsregeln de lege lata eine Grundlage für eine Zusammenfassung von mehreren Konkursverfahren bei einem Konkursrichter nicht bzw. nur für einen kleineren Teil der Fälle ergibt, so könnte eine Bündelung von Verfahren immer noch auf einem mehr oder weniger „informellen“ Weg erreicht werden. Ein Konkursrichter könnte beispielsweise verpflichtet sein, sich mit anderen Konkursrichtern an anderen Gerichten, die für Konkursverfahren hinsichtlich der Vermögen anderer Unternehmen desselben Konzerns zuständig sind, zu beraten oder abzustimmen (Konsultations- und Koordinationspflichten). Obwohl in der Praxis ein solches Vorgehen auf der informellen Ebene gang und gäbe ist, gibt es dafür allerdings ebenfalls keine ausdrückliche Verpflichtung auf einer gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Grundlage. Denkbar wäre allerdings, daß es für die Konkursrichter eine Art mittelbare Pflicht zur Konsultation bzw. zur Kooperation gibt. Diese könnte sich aus der indirekten Wirkung des § 839 BGB auf Konkursrichter ergeben, denn das Spruch­ richterprivileg des § 839 II BGB gilt für diese Gruppe von Richtern nicht, weil ein Beschluß in einer Vollstreckungs- bzw. Konkurssache kein „Urteil in einer Rechts­ sache“ ist67. Voraussetzung dafür ist, daß die Konsultation bzw. die Kooperation der einzelnen, mit Konkursverfahren von Unternehmen desselben Konzerns befaßten Richter eine ihnen obliegende Amtspflicht gegenüber einem (externen) Dritten68 darstellt. Unabhängig davon, ob man insoweit tatsächlich von einer Amtspflicht sprechen kann69, bestehen jedenfalls erhebliche Bedenken an der Drittbezogenheit. Ein Verstoß gegen eine Konsultations- oder Kooperationspflicht der Konkursrichter müßte zugleich eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte darstellen. D.h., es reicht für einen Amtshaftungsanspruch nicht aus, daß jemand infolge eines Amtspflichtverstoßes in seinen Belangen nachteilig betroffen worden ist, vielmehr ist ein solcher Anspruch nur dann begründet, wenn die verletzte Amtspflicht gerade auch ihm gegenüber besteht70. Eine Konsultations- oder Koordinationspflicht der Konkursrichter ist aber lediglich die Umsetzung einer Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren auf informeller Ebene, deren Ziel­ richtung nicht nach außen, sondern auf den internen Bereich gerichtet ist, indem im

67 BGH NJW 1959, 1085; Palandt(-Thomas), § 839, Rn. 70; MüKo BGB(-Papier), § 839, Rn. 281. 68 Dazu siehe MüKo BGB(-Papier), § 839, Rn. 166. 69 Vgl. zur den einzelnen Ausgestaltungen der Amtspflicht Palandt(-Thomas), § 839, Rn. 32 ff. 70 MüKo BGB(-Papier), § 839, Rn. 191; Palandt(-Thomas), § 839, Rn. 47 ff.; BGHZ 56, 40, 45; BGHZ 63, 319, 324 f.; BGHZ 69, 128, 136.

wesentlichen eine Steigerung der Verfahrensökonomie erreicht werden soll71. Zwar profitiert davon auch der allgemeine Rechtsverkehr, also insbesondere die Gläubi­ ger der in Konkurs gefallenen Unternehmen, doch reicht es für die Drittbetroffen­ heit nicht aus, daß sie nur als Teil der Allgemeinheit von der Pflicht des Beamten im Sinne des § 839 BGB betroffen sind72. Daraus folgt, daß § 839 BGB kein mittelbares Instrument ist, die Richter zu einen solchen Verhalten zu animieren, unabhängig davon, ob Koordinations- oder Konsultationspflichten hinsichtlich mehrerer Verfahren von Unternehmen desselben Konzerns für die damit befaßten Konkursrichter Amtspflichten darstellen. Ansatzpunkt könnte statt dessen allenfalls die allgemein anerkannte, aber unge­ schriebene Grundpflicht des Richters zur Verfahrensforderung sein73. Doch wird man daraus eine von Dritten erzwingbare Pflicht des Richters zur Koordination bzw. Konsultation, nicht herleiten können. Dem steht jedenfalls die richterliche Unabhängigkeit entgegen, die es ihm erlaubt, das Verfahren, für das er zuständig ist, nach eigenem Gutdünken zu führen und sich im Rahmen dessen gar nicht um möglicherweise anderswo rechtshängige Konkursverfahren anderer Konzemunter­ nehmen zu kümmern. Ganz unabhängig davon wird es in der Praxis - besonders bei großen und weit verzweigten Konzernen - häufig auch nicht einfach sein, darüber Kenntnis zu erlangen, daß an einem Gericht ein anderes Konkursverfahren über ein Unternehmen des betreffenden Konzerns läuft. g) Zwischenergebnis

Für die Zusammenfassung der Verfahren als jeweils unabhängige Verfahren in der Hand eines Richters sprechen verschiedene Gründe. Im wesentlichen sind sie dem Bereich der Steigerung der Verfahrensökonomie und den daraus für alle Akteure resultierenden Vorteilen zuzuordnen. Abstrakt gesehen erweist sich hinsichtlich der Bestimmung des zentral zuständigen Gerichts ein Modell am überzeugendsten, das die Gesamtzuständigkeit an den Ort des ersten, mit einem Konkursverfahren eines Konzernunternehmens befaßten Gerichts anknüpft. Das Alternativmodell, die Gesamtzuständigkeit des Gerichts an dem Ort anzunehmen, an dem die Mutter ihre Niederlassung hat, ist dagegen mit derart großen Nachteilen befrachtet, insbe­ sondere wenn es sich um internationale Konzerne handelt, daß diese Nachteile die Vorzüge der Verfahrensbündelung aufheben würden. Konkret betrachtet, ist es jedoch problematisch, für die gemeinsame Zuständig­ keit eines Gerichts bei mehreren Verfahren von Unternehmen desselben Konzerns eine Rechtsgrundlage zu finden. § 71 KO kann nicht dahin ausgelegt werden, daß das erstbefaßte Gericht automatisch auch die Zuständigkeit für alle anderen

71 Zu den einzelnen Zielen einer Zusammenfassung von Verfahren siehe oben in diesem Abschnitt II 2a. 72 Statt aller MüKo BGB(-Papier), § 839, Rn. 193 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung. 73 Dazu vgl. etwa MüKo ZPO(-Lüke), Einl., Rn. 214 ff.

Konkursverfahren inne hat. Auch aus den Verweisungs- und Verbindungsvor­ Schriften läßt sich nichts entsprechendes ableiten. Eine „Bündelung“ von Verfahren auf informeller Ebene im Sinne einer die jeweils zuständigen Gerichte treffenden Konsultations-, Informations- und Koordi­ nationspflichten findet ebenfalls keine ausdrückliche Stütze im Gesetz. Im deut­ schen Recht dürfte wohl ohnehin keine derartige Pflicht herzuleiten sein. Denn die Grenzen der Pflichtenbegründung für Richter sind dort schnell erreicht, wo das Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit tangiert wird. Grundsätzlich muß es nämlich jedem Richter freistehen, sein Verfahren nach billigem Ermessen zu fuhren und nicht an bestimmte Vorgaben, die z.B. aus Konsultationspflichten oder ähnlichem entstehen, gebunden zu sein. 2. Der Konkursverwalter

Die Zusammenfassung mehrerer Verfahren in der Hand eines Konkursverwalters stellt sich als Ergänzung oder als Alternative zu der Bündelung der Konkurs­ verfahren in der Hand eines Richters dar. Sie kann geschehen durch die Beauf­ tragung ein und desselben Konkursverwalters mit der Verwaltung von Konkurs­ massen durch ein oder durch verschiedene Gerichte.

a) §78 KO Gesetzlicher Ausgangspunkt für die Erwägungen hinsichtlich einer Bündelung der Verwaltungen bei einem Konkursverwalter ist die zentrale Vorschrift des § 78 KO. Danach wird der Konkursverwalter vom Gericht ernannt. Dabei wird er nicht völlig frei bestimmt, sondern es hat sich als ständige Übung herauskristallisiert, daß er aus einer vom zuständigen Gericht geführten Liste ausgewählt wird74. Die (Selbst-)Bindung an eine derartige Liste kann sich als nachteilig herausstellen, wenn für die Konkursverfahren mehrerer Unternehmen desselben Konzerns, die an verschiedenen Orten ihre Hauptniederlassung haben, den Umständen nach sinn­ vollerweise vielleicht ein Verwalter aus einem anderen Gerichtsbezirk die Ver­ waltung übernehmen sollte. Rechtfertigung für die Führung einer derartigen Liste ist die Gewähr der Geeignetheit der Verwalter, die nach § 78 KO vorausgesetzt wird. Allerdings wird das Führen einer derartigen Liste, hauptsächlich wegen verfassungsrechtlichen Bedenken, in jüngster Zeit immer stärker diskutiert75. Gefordert ist nach § 78 KO nur, daß das Gericht einen unabhängigen zur Objekti­ vität verpflichteten, geschäftskundigen und leistungsbereiten und -fähigen Kon­ kursverwalter auswählen muß. Der insoweit bestehende Streit braucht an dieser

74 Siehe etwa Jaeger(-Weber), § 78, Rn. 7; Schick, NJW 1991, 1328; Braun/Uhlenbruck, 183; vgl. auch Uhlenbruck, KTS 1989,229,245. 75 Zum Streitstand siehe Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 2a ff.

Stelle jedoch nicht weiter vertieft zu werden, denn das Gericht ist selbstverständ­ lich grundsätzlich frei, auch auf Konkursverwalter zurückgreifen, die auf bei ande­ ren Konkursgerichten bestehenden Listen geführt werden76. Von großem Interesse ist für die Bündelung der Verwaltungen in der Hand eines Konkursverwalters die Frage, ob aus § 78 KO für ein Gericht eine Ver­ pflichtung abgeleitet werden kann, einen bestimmten Verwalter zu berufen, nämlich denjenigen, der bereits den Konkurs eines anderen Unternehmens verwal­ tet. Diese Frage ist bislang - soweit ersichtlich - nicht näher erörtert worden77. Den Ansatzpunkt für eine Lösung bietet hier die Diskussion um die Berufung von Verwaltern von der bei Gericht geführten Liste. Insoweit wird ebenfalls darum gestritten, ob der Konkursrichter bei der Bestellung an die Reihenfolge bestimmter Listen gebunden ist. Würde man eine Pflicht des Richters bejahen, einen bestimmten Verwalter zu bestellen - nämlich den in der Reihenfolge nächsten -, könnte geprüft werden, ob sich diese Auswahlpflicht möglicherweise auch auf andere Gebiete übertragen und verallgemeinern ließe. Während die Bindung des Richters an eine Reihenfolge von einigen Stimmen in der Literatur mit dem Hinweis bejaht wird, ansonsten sei der Auswahlvorgang konturlos und ohne (rechtliche) Bindung78, lehnt die h.M. dies zu Recht ab. Zur Begründung wird ausgeführt, daß die Tätigkeit als Konkursverwalter wegen der möglichen Haftungsfolgen notwendigerweise ein gewisses, aber nicht justiziables Vertrauen des Gerichts voraussetze, so daß das Gericht frei bestimmen können müsse, wem es dieses Vertrauen entgegenbringe79. Dem ist grundsätzlich beizu­ pflichten. Der entscheidende Gesichtspunkt dürfte damit aber noch nicht genannt sein. Er liegt wohl eher in dem Ermessen^ welches dem Gericht für die Bestellung des Verwalters eingeräumt ist. Dieses Ermessen ist pflichtgemäß auszuüben. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Konkursverwalter von der geführten Liste ernannt wird; nicht erforderlich ist jedoch, daß ein bestimmter Konkursverwalter von der Liste berufen wird. Das Ermessen des Richters im Konkursverfahren bezieht sich jedoch nicht nur auf die Frage des Auswahlvorganges im Sinne der Einhaltung einer bestimmten Listenreihenfolge, sondern weiter gefaßt auch auf die Möglichkeit, durch die Auswahl eines Konkursverwalters eine Bündelung der Verwaltungen mehrerer Vermögen zu erreichen. § 78 KO räumt dem Gericht grundsätzlich also ein allge­ meines Ermessen im Hinblick auf die Ernennung des Konkursverwalters ein. Es wäre indes daran zu denken, daß im Fall eines Konkurses mehrerer Unternehmen desselben Konzerns das Ermessen des Gerichts zur Bestellung eines Verwalters

76 Siehe OLG Köln, KTS 1988, 801: Der Verwalter soll seinen Sitz innerhalb des Land­ gerichtsbezirks des Konkursgerichts haben. 77 Siehe allerdings in Ansätzen Scheel, 39 ff.; Uhlenbruck, KTS 1986, 424; Mertens, ZGR 1984, 557. 78 Schick, NJW 1991, 1328, 1330. 79 Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 2b.

sich dahin verengt, denselben Verwalter für verschiedene Vermögen einzusetzen oder zumindest, wenn verschiedene Verwalter eingesetzt werden, ihnen die Verpflichtung aufzuerlegen, eine abgestimmte (koordinierte) Verwaltung durchzu­ fuhren. Es ist jedoch problematisch, ob sich aus § 78 KO eine „Ermessensredu­ zierung auf Null“ ableiten läßt. Dafür sprächen zwar im wesentlichen Praktikabili­ tätserwägungen, die in der Praxis häufig auch dazu führen werden, daß ein Gericht dergestalt verfahrt80. Die entscheidende Frage lautet aber, ob eine ggf. getroffene andere Auswahl dann tatsächlich einen Verstoß gegen die pflichtgemäße Ermes­ sensausübung des Richters darstellen würde und deshalb erfolgreich mittels einer sofortige Beschwerde der Konkursverwalterbenennung nach § 73 III KO angegan­ gen werden kann. Eine derartige „Ermessensreduzierung auf Null“ findet in § 78 KO weder dem Wortlaut noch seinem ermittelbaren Sinn und Zweck81 nach eine hinreichend feste Stütze. Es wird wohl auch nicht von einer ständigen und festen Übung der Konkursrichter in Deutschland gesprochen werden können, entspre­ chend zu verfahren, so daß aus diesem Grund das Ermessen zur Auswahl reduziert werden könnte82. Vorbehaltlich der Entwicklung einer allgemeinen Übung der Konkursrichter hinsichtlich der Bestellung eines bestimmten Verwalters für alle Verfahren von Unternehmen desselben Konzerns wäre hier de lege ferenda mithin ein Lösungsweg zu fordern, der insoweit genauere Vorgaben macht und somit tendenziell die Bestellung des Verwalters zentralisiert83. Insgesamt kann aus § 78 KO daher nicht abgeleitet werden, daß diese Vorschrift die Grundlage der Bestellung eines bestimmten Konkursverwalters zur Verwaltung mehrerer Vermögen durch ein oder mehrere Gerichte ist. b)

§79 KO

Wenngleich sich aus § 78 KO keine Verpflichtung des oder der Richter ergibt, ein und denselben Verwalter für die Verwaltungen verschiedener Vermögen von Unternehmen desselben Konzerns zu bestellen, könnte sich dies möglicherweise aus einer teleologischen Reduktion des § 79 KO ergeben. Nach § 79 KO können mehrere Verwalter ernannt werden, wenn die Verwal­ tung mehrere Geschäftszweige umfaßt. Sie ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn es sich um einen einheitlichen Betrieb handelt, weil jeder Verwalter seine Ver­

80 Anders aber offensichtlich Scheel, 39. 81 Der Sinn und Zweck des § 78 KO besteht im wesentlichen darin, daß der Konkursrichter einen fähigen Verwalter auswählt, der das Vertrauen der Gläubigerschaft besitzt und in seiner Person die Gewähr dafür trägt, daß das Konkursverfahren im Hinblick auf alle beteiligten Interessen optimal geführt wird. Vgl. zu den Kriterien, die der Konkursrichter bei der Auswahl des Konkursverwalters zu beachten hat: Häsemeyer, 1. Aufl., 108 f.; ders., 92 f.; Jaeger(-Weber), § 78, Rn. 7; Braun/Uhlenbruck, 182 ff. 82 Siehe Mertens, ZGR 1984, 557. 83 In diese Richtung auch Heinze, in: Insolvenzrecht im Umbruch, 31, 39.

waltung selbständig ausfuhren muß84. Daher kommt für es die Frage, ob ein oder mehrere Verwalter bestellt werden müssen oder können, darauf an, ob die verschiedenen Geschäftszweige eine selbständige Verwaltung zulassen oder nicht. Eine Gesamtverwaltung mehrerer Geschäftszweige kennt die Konkursordnung allerdings nicht, so daß sich eine Zusammenfassung mehrerer Verwaltungen gerade nicht auf § 79 KO stützen kann. Als Grund für die Regelung des § 79 KO (des früheren § 71 KO) wurde angesehen, daß die Grenzen der jeweiligen Verant­ wortlichkeit der Verwalter abgrenzbar sein müssen85. Vor dem Hintergrund der Fortentwicklung von Untemehmensstrukturen86, insbesondere von Konzernen, trifft diese Vorstellung des Gesetzgebers jedoch auf berechtigte Kritik87. Insbeson­ dere Uhlenbruck hat hervorgehoben, der Begriff des Geschäftszweigs müßte der Fortentwicklung der Untemehmensstrukturen Rechnung tragen. In der Praxis habe es sich als sehr sinnvoll erwiesen, im Hinblick auf die Kollisionsgefahren auch in größeren Verfahren im Rahmen der Verwaltung in einem konzemmäßigen Unter­ nehmensverbund nur einen Verwalter zu bestellen, auch wenn es sich tatsächlich um mehrere rechtlich selbständige Gesellschaften handelt88. Problematisch könnte diese Personalunion der Verwalter im Konkurs mehrerer Konzernunternehmen in der Person eines einzigen Verwalters wegen der oben erwähnten Interessen­ konflikte werden, den sich ein Konkursverwalter ausgesetzt sieht. In der Konzem­ verwaltungspraxis entschärft man dieses Problem aber nicht nur durch die schon erwähnte Bestellung eines Sonderverwalters in Problemfallen, sondern auch dadurch, daß sich der Konkursverwalter für mehrere Verwaltungen innerhalb eines Unternehmensverbundes meist der Hilfe qualifizierter und selbständig arbeitender Mitarbeiter bedient, die aber selbst nicht das Amt des Konkursverwalters inne haben89. Das Tätigwerden von Hilfskräften ist dabei freilich nur im „Innenver­ hältnis" zulässig90, welches sich auf Arbeiten im inneren Amtsbereich erstreckt91. Trotz dieser Erwägungen bleibt die Forderung Uhlenbrucks, § 79 KO an die modernen Wirtschaftsverhältnisse angepaßt auszulegen, eine bloße rechtspolitische Forderung. Eine teleologische Reduktion würde zum einen voraussetzen, daß die betreffende Vorschrift einem Sinn und Zweck entspricht, der nach heutigen Maß­ stäben nicht mehr haltbar ist. Das ist hinsichtlich des § 79 KO jedoch nicht der Fall. Denn er bezieht sich auf einen Lebenssachverhalt, der nicht etwa durch moderne (wirtschaftliche) Gegebenheiten so überholt wäre, daß eine Anpassung 84 Vgl. Heilmann/Klopp, in: InsHdb, § 23, Rn. 7; Kilger/K. Schmidt, § 79, Anm. 1. 85 Hahn/Mugdan, 272 f. 86 Siehe allgemein dazu Wiedemann, GesR I, 88 ff. 87 Kuhn/Uhlenbruck, § 79, Rn. 1. 88 Kuhn/Uhlenbruck, § 79, Rn. 1. 89 Siehe Eickmann, KTS 1986, 197; Heilmann/Klopp, in: InsHdb, § 23, Rn. 10. 90 Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 8 m.w..; anders nur Hess/Kropshofer, § 78, Rn. 8 91 Der Konkursverwalter darf keinen Teile seiner höchstpersönlichen Aufgaben delegieren, siehe Heilmann/Klopp, in: InsHdb, §23, Rn. 10; Eickmann, KTS 1986, 197; Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 8 und 8a.

durch Restriktion erforderlich wäre. Eine teleologische Reduktion kommt auch dann nicht in Betracht, wenn man meint, zwar sei die Regelung der Norm nicht überholt aber jedenfalls unvollständig, weil der Fall einer Verwaltung mehrerer Verfahren innerhalb eines Unternehmensverbundes nicht geregelt sei. Für eine Reduktion im Hinblick dessen fehlt zum anderen schlicht die Anknüpfungsgrund­ läge in der Norm, die für eine teleologische Reduktion einer Norm zumindest vorhanden sein muß. § 79 KO erfaßt nämlich überhaupt nicht den Fall einer Gesamtverwaltung, sondern er regelt die Ernennung von mehreren Verwaltern. In der neuen Insolvenzordnung wird die Regelung des § 79 KO durch eine andere Konzeption in § 56 InsO abgelöst und damit im Ergebnis der an der konkursrechtlichen Vorschrift geübten Kritik entsprochen92. c) Bestellung eines Verwalters für mehrere Verfahren aufInitiative der Gläubiger?

Wenngleich es keine Vorschrift gibt, die den Konkursrichter unmittelbar verpflichtet, einen Konkursverwalter, dem bereits die Verwaltung anderer in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns obliegt, zu bestellen, so wäre immerhin vorstellbar, daß dies (subsidiär) auf Initiative der Gläubiger geschehen könnte. Eine solche Möglichkeit könnte in der Wahl eines anderen als des vom Richter bestellten Konkursverwalters nach § 80 KO liegen. Das eröffnet zwar theoretisch die Chance, daß die Gläubigerversammlung den Konkursver­ walter wählt, der auch die Verwaltung des Verfahrens eines anderen Konzern­ unternehmens inne hat, doch stehen dem in der Praxis gleichwohl erhebliche Bedenken gegenüber. Zum einen ist eine solche Wahl insoweit relativ, als das Gericht nach § 80 S. 2 KO die Möglichkeit hat, die Ernennung des Gewählten zu versagen. Dies ist allerdings nur unter der engen Bedingung möglich, daß ein triftiger Grund der Ablehnung vorliegt93. Ein solcher ist immer dann gegeben, wenn anzunehmen ist, dem gewählten Konkursverwalter fehle die Eignung, die Fähigkeit oder die Zuverlässigkeit oder wenn die Besorgnis besteht, daß er keine hinreichende Gewähr für objektive Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Gläubiger und derjenigen des Gemeinschuldners bietet94. Zum anderen dürfte die Interessenlage der Gläubigerversammlung im Hinblick auf die Wahrnehmung der eigenen Interessen nicht immer dahin gehen, gerade denselben Verwalter bestim­ men zu wollen, der auch schon andere Verfahren im selben Konzern leitet. Theo­ retisch jedoch kann mit § 80 KO unter Umständen seitens der Gläubigergemein­ schaft bewirkt werden, daß derjenige Verwalter, der auch schon die anderen Massen verwaltet, bestellt wird. Insoweit mag diese Vorschrift vereinzelt als Korrektiv zu § 78 KO fungieren. Keinesfalls beinhaltet diese Vorschrift für die

92 Siehe unten IV. 2. 93 OLG Schleswig, ZIP 1986,930. 94 Jaeger(-Weber), § 80, Rn. 1; Kuhn/Uhlenbruck, § 80, Rn. 2 m.w.N

Gläubigerversammlung aber in dem Fall, in welchem sie einen anderen Konkurs­ verwalter wählen wollen als den gerichtlich bestellten, eine Verpflichtung, einen bestimmten anderen Verwalter zu wählen. Genau hierauf käme es im Zweifel aber an. Schließlich findet man in der Literatur die Forderung, daß den Gläubigem hinsichtlich der Bestellung des Konkursverwalters faktisch ein „Vorschlagsrecht“ zustehen müsse. Es sei unbestritten, daß die Qualifikation und die Person des Konkursverwalters häufig den Lauf des Verfahrens erheblich beeinflussen können und deshalb die Gläubiger ein Interesse daran hätten, daß ein Verwalter ihres Vertrauens die anstehenden Aufgaben übernähme. Die Konkursgläubiger sollten daher denjenigen Verwalter haben, den sie wollen95. Durch eine Art (bindendem) Vorschlagsrecht könnten die Interessen der Gläubiger damit von vornherein gewahrt werden. Unterstützt würde dies durch die Überlegung, daß wirtschaftlich sinnvolle Gestaltung und Verwertung kein in Verfahrensregeln subsumtiver Prozeß sei, wie dies der gemeine Prozeß glauben machen wolle; die Insolvenz als die Stunde gerichtlicher Verfahren sei so gesehen ein bitterer historischer Irrtum. Insolvenz sei die Stunde gestaltender Gläubigermacht, die gerichtlicher Über­ wachung bedürfe - nicht mehr. Das bedeute auch, daß im Zweifel die justizielle Entscheidung besser der Entscheidung durch Gläubigermacht oder der Entschei­ dung eines gewählten Verwalters weiche96. Diese Forderung ist aber zu Recht auf Ablehnung gestoßen97. Denn das Konkursgericht hat in jedem Fall dafür Sorge zu tragen, daß eine kompetente und sowohl vom Gemeinschuldner als auch von den Gläubigem unabhängige Person die Verwaltung übertragen bekommt. Wer aber von einem oder mehreren Gläubigem besonders empfohlen wird, ist schon in hohem Maße der fehlenden Unabhängigkeit und der Interessenkollision verdäch­ tig98, so daß das Gericht bei solchen Bestellungen besondere Vorsicht walten lassen muß99. Dagegen ließe sich aber möglicherweise einwenden, daß der Konkursverwalter, zumindest ökonomisch betrachtet, ausschließlich für die Gesamtheit der Gläubiger tätig wird, und es bei der Bestellung eines auf der Basis der Mehrheit vorgeschla­ genen Konkursverwalters deshalb auch nur darum gehen könne, die Minderheit davor zu schützen, daß der betreffende Konkursverwalter in seiner Tätigkeit ihre Belange vernachlässige. Dieser Minderheitenschutz könne dann individuell durch das aufsichtführende Konkursgericht bewerkstelligt werden. Es wäre damit nicht gerechtfertigt, sich von vornherein gegen den Willen der Gläubigermehrheit zu

95 Wild, KTS 1982, 63; Braun/Uhlenbruck, 182 f.; Jaeger(-Weber), § 78, Rn. 7: Die Auslese des Verwalters ist die Schicksalsfrage des Konkurses. 96 So Stümer, in: Neuordnung des Insolvenzrechts, 47 f. 97 Siehe nur Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 2; vorsichtiger Kilger/K. Schmidt, § 78 Anm. 1. 98 Kuhn/Uhlenbruck, § 78, Rn. 2. " So ausdrücklich Kilger/K. Schmidt, § 78, Anm. 1.

sperren100. Wenngleich dieser Gedanke nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist, ist er dennoch nicht mit der gesetzlichen Konzeption in Übereinstim­ mung zu bringen. Der Gesetzgeber hat sich in § 80 KO ausdrücklich für eine andere Form der Interessenwahrung der Gläubiger entschieden, namentlich durch die Wahl eines anderen Verwalters als den, der von Gericht benannt wurde. Inso­ weit wird gleichzeitig auch besonders dem Umstand Rechnung getragen, daß es durch diese Form der Interessenwahrnehmung Großgläubiger, besonders Banken, weniger leicht haben, ihre favorisierten Verwalter durchzusetzen. d) Zusammenfassung auf informeller Basis Kommt man also auch hier zu dem Ergebnis, daß eine gesetzliche Grundlage für die Bündelung von Verfahren in der Hand eines Konkursverwalters nicht besteht, so ist es wie beim Konkursrichter zumindest aber möglich, daß eine Zusammen­ fassung auf der informellen Ebene erfolgen kann, in dem Sinne, daß die einzelnen Verwalter untereinander eine Koordinationspflicht/Konsultationspflicht haben, mit der Informationsflüsse beschleunigt und vereinfacht und einzelne Verwaltungen für sich effektiver gestaltet werden könnten101. Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gibt es dafür ebenfalls nicht. Ableitbar wäre dies allerhöchstens aus der Pflicht der Verwalter zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung, die in § 82 KO vorausgesetzt wird. Es würde sich insoweit dann um eine interne Verantwortung des Konkursverwalters handeln102. Die Statuierung einer solchen Pflicht entspricht im Ergebnis einer kollegialen Verwaltung der jeweiligen Konzernunternehmen. Es ist gleichwohl zu beachten, daß es bei einer Konsultationspflicht deshalb zu Problemen kommen kann, weil die Verwalter hinsichtlich ihrer Verwaltungsauf­ gaben bei den einzelnen Gemeinschuldnern in bestimmten Fällen miteinander konkurrieren und sie jeweils - gegen die Interessen der anderen Verwalter - die Interessen ihrer Verfahren durchsetzen müssen, um ihre Aufgabe einer ordnungs­ gemäßen Verwaltung zu erfüllen. In diesen Fällen könnte eine Konsultations- bzw. Kooperationspflicht gerade dem Interesse der eigenen Verwaltung schaden, so daß er ihnen nicht nachkommen dürfte. Dieser Umstand war im übrigen einer der entscheidenden Gründe, warum der Gesetzgeber von 1877 eine kollegiale Verwal­ tung insgesamt als unzweckmäßig und hemmend ansah103. Auch wenn sich die Vorstellungen, die dem damaligen Gesetzgeber vorgeschwebt haben, durch die 100 Vgl. die auch in diesem Zusammenhang durchaus interessante Entscheidung LG Frankfurt/ Main, RPfleger 1989, 474, in der es um die förmliche Ablehnung des bestellten Konkursverwalters wegen Befangenheit ging, wobei allerdings der Antrag von dem Gemeinschuldner gestellt wurde. 101 Siehe auch oben in diesem Abschnitt III. 2. d.; vgl. hierzu auch in einem weiteren Zusammenhang die „Verhaltensrichtlinien für als Insolvenzverwalter tätige Rechtsanwälte“, DRiZ 1993, 192 f. 102 Zu der Unterscheidung von interner und externer Verantwortung eines Konkursverwalters vgl. auch Eickmann, KTS 1986,197. 103 Kuhn/Uhlenbruck, § 79, Rn. 1.

Entwicklung im Hinblick auf Unternehmensverbunde nicht mehr ganz stimmig sein mögen104, so können diese Bedenken auch jetzt noch nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Aufgrund dieser möglichen Interessenkollision wird man daher wohl nicht von einer allgemeinen Konsultationspflicht oder Obliegenheit der jeweiligen Konkursverwalter auf informeller Basis sprechen können. Jedenfalls besteht diese nicht in dem Maße, daß eine Verletzung der internen Verantwortung des Konkursverwalters nach § 82 KO besteht, wenn sich der betreffende Konkurs­ verwalter nicht mir anderen Verwaltern von Vermögen von Unternehmen aus dem gleichen Konzern, wie das in Konkurs gefallenen Unternehmen, das er verwaltet, koordiniert oder konsultiert.

e) Ergebnis Auch wenn auf der Ebene der Konkursverwalter eine Zusammenfassung mehrerer Verfahren von in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns zum Teil praktiziert wird, läßt sich weder aus § 78 KO noch aus § 79 KO eine gesetzliche Grundlage ableiten, aufgrund derer Konkursrichter verpflichtet wären, die verschiedenen Verfahren in dieselben Hände zu legen. Auch die Gläubiger können mit ihrem Vorschlagsrecht nach § 80 KO ein derartiges Vorgehen nicht bewirken. Schließlich gibt es auch keine Verpflichtung der Konkursverwalter, die ihnen untereinander eine Koordinations- oder Konsultationspflicht hinsichtlich der Verfahren auferlegt. Damit finden sich im positiven Recht keine Anhaltspunkte, die eine Bündelung von Verfahren bei einem Konkursverwalter vorsehen würden.

3. Zusammenfassung

Fallen mehrere Unternehmen desselben Konzerns in Konkurs, so findet kein Konzemkonkurs in dem Sinne statt, daß dann automatisch der gesamte Konzern in Konkurs fällt. Ebenso ist eine Zusammenfassung von Konkursverfahren nicht möglich, wenn damit verbunden ist, daß aus den einzelnen Konkursmassen eine Gesamtkonkursmasse gebildet wird, hinsichtlich der ein Gesamtverfahren durchzu­ fuhren ist. Auch in einem Konzern gilt daher der Grundsatz „eine Person, ein Vermögen, ein Konkurs“. Gleichwohl ist unter Beachtung dieses Grundsatzes die Zusammenfassung mehrerer Konkursverfahren aus demselben Konzern aus pro­ zeßökonomischen Gründen vorteilhaft. Dies gilt sowohl für die Zusammenfassung in der Hand eines Konkursrichters als auch in der Hand eines Verwalters. Als vorzugswürdige Lösung hat sich abstrakt eine Gesamtzuständigkeit desjenigen Gerichts herausgestellt, das zuständig ist für das zuerst beantragte Verfahren. Dort sollen bei dem zuständigen Konkursrichter die anderen Verfahren zusammengefaßt werden, ohne daß sie dabei ihre Eigenständigkeit verlören. Der somit zuständige

104 So Kuhn/Uhlenbruck, § 79, Rn. 1

Konkursrichter beauftragt dann einen Konkursverwalter mit der Verwaltung der einzelnen Vermögen und stellt ihm ggf. einen Sonderverwalter zur Seite. Konkret betrachtet gibt es für diese Lösung im derzeitigen deutschen Recht indes, von Ausnahmen abgesehen, keinen Anknüpfungspunkt. Hinsichtlich der Gesamtzu­ ständigkeit eines Konkursgerichts lassen sich weder aus den konkursgerichtlichen Zuständigkeitsvorschriften noch aus den Bestimmungen, die eine Zusammen­ fassung von Verfahren vorsehen, Hinweise ableiten. Ähnliches gilt auch im Hin­ blick auf die Bestellung eines einzigen Verwalters. Da allerdings insoweit dem zuständigen Konkursrichter ein Ermessen eingeräumt ist, kommt es in der Praxis bisweilen doch dazu, daß für verschiedene in Konkurs gefallenene Unternehmen Vermögen innerhalb eines Konzerns nur ein Verwalter eingesetzt wird. Das gilt jedenfalls dort, wo sich die Gemeinschuldner alle in dem Zuständigkeitsbereich des Konkursrichters befinden. Eine Grundlage für eine Pflicht zur Bestimmung eines Verwalters für alle Vermögen gibt es hingegen nicht. Rein theoretisch könnte die Ernennung eines bestimmten Konkursverwalters zwar durch die Gläubiger­ versammlung „erzwungen“ werden, doch ist dies nur zurückhaltend zu betrachten, weil es u.a. voraussetzte, daß jede Gläubigerversammlung bereit ist, ggf. gegen den Vorschlag des Gerichts, den Konkursverwalter zu bestimmen, der auch schon die Vermögen anderer Gemeinschuldner aus dem Konzern verwaltet. Die derzeitige Rechtslage erkennt die Zusammenfassung von mehreren Konkursverfahren aus demselben Konzern nicht als ein regelungsbedürftiges Problem an. Dies könnte im Rahmen der Neuerungen der Insolvenzordnung anders sein; darauf wird sogleich einzugehen sein. Jedenfalls wird damit verkannt, daß eine derartige Zusammenfassung aus den oben genannten Gründen105 vorteilhaft ist und damit auch in den konkursverfahrensrechtlichen Regelungen Niederschlag finden sollte. Ein wichtiger Grund dafür, daß dieses Problem - jedenfalls in der theoretischen Diskussion (etwas anderes gilt in der praktischen Handhabung) bislang nahezu „unentdeckt“ und unerörtert geblieben ist, liegt in der immer stärker beklagten, fehlenden Verzahnung von Insolvenz- und Unternehmensrecht106. Das Fehlen einer solchen Verknüpfung fuhrt oft dazu, daß die tatsächliche Tragweite bestimmter Probleme weitgehend verdeckt bleibt, weil sie erst aus einer Gesamtschau, gleichsam nur aus beiden Perspektiven gleichzeitig heraus, als wichtiges und regelungsbedürftiges Problem zu erkennen ist.

105 Siehe nochmals oben in diesem Abschnitt II4. 106 Siehe besonders Kilger/K. Schmidt, Vorbemerkung I 1; K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, 7 ff.; ders., KTS 1988, 1 ff; dagegen aber z.B. Henckel, in: FS Merz, 200.

IV. Änderungen nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung 1. Ebene des Insolvenzrichters

Im Geltungsbereich der Insolvenzordnung liegt der normative Ausgangspunkt für eine Zusammenfassung von Verfahren verschiedener Unternehmen desselben Konzernes in der Hand eines Richters in § 3 InsO. Nach § 3 I 2 InsO gilt vorrangig die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, in dessen Bezirk der Ort liegt, in dem der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Gemeinschuldners liegt. Subsidiär ist nach § 3 I 1 InsO das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Wenngleich der Wortlaut des § 3 I InsO im Vergleich zu § 71 KO auf den ersten Blick eine andere Deutung der Zuständigkeitsregeln zuzulassen scheint, so macht die Regierungs­ begründung zur InsO deutlich, daß dies nicht zutrifft107. Die Regelung der örtlichen Zuständigkeit entspricht danach im wesentlichen dem Konkursrecht, wie es in der KO seinen Ausdruck findet. Der Begriff der „gewerblichen Nieder­ lassung“ in § 71 I KO wird durch die präzisere Formulierung „Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit“ ersetzt. Damit soll, so die Begründung, insbesondere hervorgehoben werden, daß nicht nur ein Gewerbe im Rechtssinne erfaßt werden soll108. Des weiteren sind aber keine Erweiterungen damit verbun­ den. Im Geltungsbereich der InsO ergeben sich hinsichtlich der formellen oder informellen Koppelung mehrerer Verfahren weder neue normative Ansatzpunkte noch andere Erwägungen als im Bereich der Konkursordnung. 2. Ebene der Insolvenzverwalter

Ähnliches gilt grundsätzlich auch für den Fall einer Zusammenfassung mehrerer Verfahren in der Hand eines Insolvenzverwalters. Es gibt allerdings eine bedeut­ same Ausnahme im Vergleich zum Recht der KO: Die Bestellung mehrerer Verwalter für verschiedene Geschäftszweige des Unternehmens des Schuldners ist im Gegensatz zu § 79 KO nicht mehr vorgesehen (§ 56 InsO). Damit wird in der neuen InsO dem oben herausgearbeiteten Umstand Rechnung getragen, daß es auch bei einer Verwaltung eines großen Unternehmens sinnvoll ist, die Verwal­ tungszuständigkeit zu bündeln und nur einen Verwalter zu bestellen, der sich ggf. der Hilfe geeigneter Mitarbeiter bedient. Auf diese Weise wird die bei § 79 KO bereits angesprochene erhebliche Schwierigkeit vermieden, die Zuständigkeit mehrerer Verwalter gegeneinander abzugrenzen109. Allerdings wird man auch nach Inkrafttreten der InsO aus § 56 InsO nicht ohne weiteres die Bestellung eines

107 Begr. Reg.Entw. §3 EInsO, BT-Drs. 12/2243 (siehe 110) „Zu §3“; Braun/Uhlenbruck, 178. 108 Vgl. Jauernig, 280; Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 2, Nr. 10. 109 R. Schmidt-Räntsch, § 56 InsO, Rn. 4.

Verwalters für verschiedene Konzernunternehmen ableiten können, weil die Voraussetzung des § 56 InsO immer noch die Insolvenz eines Unternehmens ist. Geschäftszweige meint in des bestimmte Abteilungen eines Unternehmens. Bei der Insolvenz mehrerer Konzernunternehmen handelt es sich hingegen aber nicht um die Insolvenz eines Großunternehmens, und man kann hinsichtlich der einzelnen insolventen Konzernunternehmen nicht von Geschäftszweigen im eigentlichen Sinne sprechen. Auch die in § 57 InsO vorgesehenen Änderungen hinsichtlich der Möglichkeit des Gerichts, einen von der Gläubigerversammlung gewählten, anderen Insolvenz­ verwalter abzulehnen, fuhren nicht zu einer anderen Bewertung der Möglichkeiten zur Bündelung der Verwaltung bei einem Insolvenzverwalter. Auch hinsichtlich etwaiger Konsultations- oder Kooperationspflichten der Insolvenzverwalter ergibt sich nach der Insolvenzordnung nichts Neues. 3. Ergebnis

Das Inkrafttreten der Insolvenzordnung wird also nicht dazu fuhren, daß es normative Ansatzpunkte für die Zusammenfassung von mehreren Verfahren in der Hand eines Insolvenzrichters bzw. eines Insolvenzverwalters gibt. Betrachtet man die Diskussion über die Zusammenfassung von Verfahren in der Insolvenz mehre­ rer Unternehmen desselben Konzerns, so hat es den Anschein, als habe man den Status quo hinsichtlich der Zusammenfassung von Verfahren beibehalten wollen, wobei zu bedenken ist, daß bei dieser Diskussion besonders die Fragen der (gemeinsamen) Sanierung im Vordergrund gestanden haben und damit den hier interessierenden Bereich der Zusammenfassung von „Zerschlagungsverfahren“ nur mittelbar betrifft. Im Ersten Bericht der Insolvenzrechtskommission heißt es etwa, daß eine verfahrens- und verwaltungsmäßige Konzentration der Insolvenzver­ fahren für die neue InsO nicht vorzusehen sei110. Begründet wurde dies mit ein­ schneidenden Eingriffen in die Struktur des geltenden Konzemrechts, dem Grund­ satz der Haftungstrennung und der Schutzfunktion des geltenden Konzemrechts gegenüber den Gesellschaftern und den Gläubigem des abhängigen Unter­ nehmens111.

V. Ergebnis und Ausblick de lege ferenda Es hat sich gezeigt, daß trotz einiger Nachteile (Distanzprobleme) die Zusam­ menlegung von Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren über die Vermögen mehrerer Unternehmen desselben Konzerns in der Hand eines Konkursrichters und/oder in

110 Erster Bericht der Insolvenzrechtskommission (1985), Leitsatz 2.4.9.13. 111 Erster Bericht der Insolvenzrechtskommission (1985), 292; tendenziell zustimmend Baur/ Stümer, Rn. 35.22; dagegen aber Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. K § 207; Rn. 8 („vertane Chance“).

der Hand eines Konkurs- bzw. Insolvenzverwalters vorteilhaft ist im Vergleich zu der „Einzelabwicklung" der Verfahren; insbesondere sind eine effektivere Ver­ waltung und die Senkung von Kosten zu erwarten. Auch wenn die Bündelung von Verfahren in der Hand eines Konkursverwalters der Praxis nicht unbekannt ist, basiert diese nur auf dem Ermessen des jeweiligen Konkursrichters bei der Bestel­ lung eines Konkursverwalters und findet auch nur statt, soweit sich die Gemein­ schuldner in demselben Gerichtsbezirk befinden. Eine rechtlich verankerte Pflicht zur Bündelung gibt es dagegen nicht. Wie die vorstehende Untersuchung gezeigt hat, sind sowohl in der KO als auch in der InsO nur für ganz wenige Einzelfalle Ansätze vorhanden, eine Zusammenfassung von Konkursverfahren mehrerer Konzernunternehmen rechtlich abzuleiten. Das steht im Widerspruch zu der Erkenntnis, daß eine Bündelung von Verfahren der Durchführung segmentierter Einzelverfahren vorzuziehen ist. De lege ferenda wäre daher eine Änderung der insoweit einschlägigen insolvenzrechtlichen Verfahrensvorschriften wünschens­ wert. Man könnte zum einen daran denken, daß eine explizite Regelung in die InsO eingefugt würde, nach der bei mehreren Insolvenzen in einem Unternehmensverbünd dasjenige Gericht - und funktional ein Insolvenzrichter daselbst - für alle Verfahren zuständig sein soll, in dessen Bezirk der Ort liegt, an dem das Unter­ nehmen seinen wirtschaftlichen Mittelpunkt hat, bezüglich dessen als erstes die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt wurde. Alle später beantragten Verfahren müssen an dieses Gericht verwiesen werden, solange dort zumindest noch in einem Verfahren kein Abschlußtermin stattgefunden hat (oder anberaumt worden ist). Im Hinblick auf die Verfahrensbündelung in der Hand eines Insolvenzver­ walters müßte eine Regelung die Pflicht statuieren, daß die jeweils zuständigen Insolvenzgerichte denjenigen Insolvenzverwalter zu bestellen haben, der auch schon die Verwaltung eines anderen Vermögens aus demselben Konzern inne hat. Ausnahmen müssen freilich dann zulässig sein, wenn das Gericht hinsichtlich des betreffenden Verwalters Bedenken hinsichtlich der Eignung oder Unabhängigkeit hätte. Voraussetzung für eine derartige Regelung ist allerdings, daß ein Weg gefunden wird, wie das zuständige Gericht Kenntnis davon bekommt, daß an anderer Stelle ein Verfahren über ein anderes Unternehmens desselben Konzerns läuft. Denkbar wäre die Ermittlung von Amts wegen, oder eine, ggf. sogar straf­ bewehrte, Pflicht des Gemeinschuldners, eine entsprechende Auskunft zu erteilen. Möglich wäre aber auch die Einrichtung einer zentralen Meldestelle, in der erfaßt werden müßte, welcher Verwalter welches insolvente Unternehmen verwaltet und wie diese Unternehmen ggf. mit anderen Unternehmen verbunden sind112. Eine Amtsermittlung scheidet als Möglichkeit aus, denn dies würde das Verfahren erheblich verlangsamen, und damit entstünde die Gefahr, daß die Effizienzvorteile,

112 Ein solches könnte Heinze, in: Insolvenzrecht im Umbruch, 31, 39. vorgeschwebt haben, wenn er die Zentralisierung der Verwalterbestellung gemeint hat.

die möglicherweise später erreicht werden, von vornherein schon aufgetilgt werden. Eine zentrale Meldestelle wäre dagegen von den drei Varianten am vorteilhaftesten, da mittels der modernen Informationstechniken schnell und umfassend ein Überblick über die Verwaltungstätigkeiten erreicht werden könnte und sich der Richter vor der Bestellung eines Insolvenzverwalters gleichsam routinemäßig erkundigen kann, ob es aus bestimmten Gründen einen anderen Verwalter gibt, der für die bestimmte Verwaltung geeigneter ist. De lege lata ist jedoch festzustellen, daß eine möglichst umfangreiche Vergrö­ ßerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Konzemunter­ nehmens nicht von den Vorzügen einer Zusammenfassung des betreffenden Verfahrens mit einem anderen Konkursverfahren aus demselben Konzern profitie­ ren kann. Wenn also der Umstand beklagt wird, daß häufig die Quote für die Gläubiger nur gering sei, dann erscheint es angezeigt, sich nicht nur über die Möglichkeiten Gedanken zu machen, im Konkurs weitgehend auf die Vermö­ gensmassen anderer Konzemteile zugreifen zu können. Vielmehr könnte eine Verbesserung der Informationssituation des Konkursverwalters bzw. des Konkurs­ richters auch dazu beitragen, die Transaktionen innerhalb des Konzerns transpa­ renter zu machen, und damit die Prüfung zu erleichtern, ob bestimmte Vermö­ genstransfers einem eventuellen rechtlichen Zugriff unterliegen können. Die Ausnutzung von know-how, das sich ein Verwalter bzw. ein Konkursrichter im Hinblick auf einen Konzern bereits erworben hat, ist selbstverständlich keine Garantie für eine noch effizientere Verwaltung bzw. eine besonders weitgehende Vergrößerung der Haftungsmasse; wie die Praxis aber zeigt, kommt diesen Aspekten gleichwohl eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Für die Verfah­ ren mehrerer in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns sollte daher aus Sicht eines effektiven Schutzes von Gläubigem abhängiger Konzemunter­ nehmen die Möglichkeit zur Bestellung desselben Verwalters rechtlich verankert werden.

§ 7 Vergleichung mit dem Ansatz des französischen Rechts zur Haftungsmassenvergrößerung eines bankrotten abhängigen Unternehmens durch Rückgriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Unternehmensverbundes A. Die Möglichkeiten der Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens in einer Unternehmensgruppe durch den Zugriff auf das Mutterunternehmen nach französischem Recht

I. Einleitung Das für den materiell-rechtlichen Teil im deutschen Recht erzielte Zwischen­ ergebnis ist nunmehr rechtsvergleichend abzusichern, um dann zu einer endgül­ tigen Aussage hinsichtlich des hier für das deutsche Recht entwickelten Modells zu gelangen. Als Vergleichsmaßstab wird dafür, wie in der Einleitung schon angesprochen worden ist, das französische Recht gewählt. Es scheint dabei aller­ dings weniger zweckmäßig zu sein, der Darstellung des französischen Rechts aufbautechnisch die Reihenfolge der Darstellung im deutschen Recht aufzwängen zu wollen. Zum einen würde dies der Geschlossenheit der Darstellung des Referenzsystems abträglich sein und praktisch voraussetzen, daß auch für das französische Recht eine Vorgehensweise in der Darstellung sachlich richtig und angemessen sei, wie sie sich für das deutsche Recht als zweckmäßig erwiesen hat. Damit würde man aber nicht nur ein mögliches rechtsvergleichendes Ergebnis voraussetzen, sondern man würde verkennen, daß dem französischen Recht mögli­ cherweise eine abweichende innere Ordnungsstruktur immanent ist, die sich auch in der Darstellung dieses Rechts widerspiegelt. Zum anderen spricht für ein Abweichen von der Reihenfolge der Darstellung auch, daß es vor dem Hintergrund des Zwischenergebnisses zur Bedeutung des Konzernhaftungsrechts ein gelun­ gener Anknüpfungspunkt wäre, den Fortgang dieser Arbeit organisch voranzu­ treiben, wenn im französischen Recht die Darstellung nun mit konzemrechtlichen Aspekten begönne. Denn damit kann dem Umstand Rechnung getragen werden, daß es für den französischen Ansatz bezüglich der Einstandspflichten des herr­ schenden Konzernunternehmens gegenüber den Gläubigem einer abhängigen Gesellschaft gerade als prägend angesehen wird, daß trotz der Anerkennung des Konzerns bzw. der Gesellschaftsgruppe (groupe de societes) als Phänomen des Marktes diese in rechtlicher Hinsicht offensichtlich keine Bedeutung erlangt.

Entsprechend zum deutschen Teil ist Ausgangspunkt für die Darstellung des französischen Rechts die Frage, welche Möglichkeiten ein Insolvenzverwalter eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens einer groupe de societes hat, die Haftungsmasse möglichst umfangreich zu vergrößern. Dabei wird im französischen Recht nur auf die der GmbH bzw. der AG entsprechenden Gesell­ schaftsformen der SARL und der SA eingegangen. Das entspricht dem Vorgehen im deutschen Recht; zugleich ist es deshalb gerechtfertigt, weil ebenso wie in Deutschland auch in Frankreich die meisten abhängigen Unternehmen in den groupes de societes eine dieser beiden Organisationsformen angehören. Im französischen Recht wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet, wenn eine cessation de paiement des betreffenden Unternehmens vorliegt. Das Gesetz defi­ niert diesen Zustand als Unvermögen der Gesellschaft, die bestehenden (fälligen) Verbindlichkeiten mit ihrem Aktivvermögen auszugleichen {^mpossibilite (de l'entreprise) de faire face au passif exigible avec son actif disponible^). Diese Beschreibung entspricht im wesentlichen dem deutschen Verständnis von Zah­ lungsunfähigkeit1 2. Das Insolvenzverfahren ist in Frankreich zweiphasig ausgestaltet. Unter be­ stimmten Voraussetzungen ist der Zerschlagung Liquidation) eines Unternehmens noch ein Konsolidierungsverfahren als Sanierungsversuch vorgeschaltet3. Die einzelnen Vorschriften in materieller und verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeben sich dabei im wesentlichen aus dem Insolvenzgesetz vom 25.1.1985 (loi 85/98 redressement judiciaire = L 85). In fast 90% der Fälle4 hat jedoch ein Konsoli­ dierungsverfahren keinen Erfolg bzw. wird nach Art. 148 L 85 gar nicht erst eingeleitet, so daß ein Verfahren zur liquidation des Vermögens des betreffenden Unternehmens angeordnet werden muß. Das gilt gleichermaßen für unabhängige Unternehmen wie auch für abhängige Unternehmen, die in einer Unternehmens­ gruppe verbunden sind5. In einem solchen Zerschlagungsverfahren eines Unter­ nehmens, das in einer Gesellschaftsgruppe verbunden ist, ist es die wichtigste 1 Nach Art. 3 I des französischen Insolvenzgesetzes (loi 85/98 L 85). 2 Der Begriff der Zahlungseinstellung wird dagegen in der französischen Terminologie praktisch nicht gebraucht; allenfalls wird um auf den genauen Zeitpunkt der Einstellung der Zahlungen abzustellen der Terminus „cessation materielle des paiements'' verwendet, vgl. Guyon II, Nr. 1119-1; sehr ausführlich dazu Le Cannu/Lucheux/Pitron/Sönöchal, Nr. 310 ff, insbes. 314 ff. 3 Dazu siehe in deutscher Sprache ausführlich Kremer, Unternehmenssanierung in Frankreich, 1994; vgl. auch rechtsvergleichend mit den neuen Entwicklungen im deutschen Recht Zierau, Die Stellung der Gläubiger im französischen Sanierungsverfahren im Hinblick auf die Entwicklung des deutschen Insolvenzrechts, 1991 [dazu Stöve, RabelsZ 1996, 380 ff.]. Vgl. auch Flessner, ZIP 1989, 754 ff, der dezidiert auf die Auswirkung des französischen Sanierungsverfahrens auf die Forderung (ausländischer) Gläubiger eingeht; Reinhart, 48 ff. 4 Siehe Derrida/God/Sortais, Nr. 634. 5 Die Zahl der Konkurse ist in Frankreich ähnlich erschreckend wie in Deutschland. Sie stieg von 26.400 im Jahre 1980 über 46.200 im Jahre 1985 auf 57.796 im Jahre 1992 (Annuaire Statistique de la France 1991/1991).

Aufgabe des Insolvenzverwalters (Jiquidateur)6, zum Teil im Zusammenspiel und regelmäßig unter Kontrolle des zuständigen Richters, zu versuchen, die Masse des Gemeinschuldners zu vergrößern, damit die Gläubiger möglichst weitreichend befriedigt werden können. Im folgenden wird entsprechend den Ausführungen zum deutschen Recht nur derjenige Fall betrachtet, bei dem das Sanierungsverfahren gescheitert ist und in das Zerschlagungsverfahren übergeleitet worden ist, bzw. wo direkt die liquidation angeordnet wurde. Vor diesem Hintergrund soll geklärt werden, welche Instru­ mente dem Verwalter zur Verfügung stehen, um die Haftungsmasse des Insolvenz­ schuldners zu vergrößern. Dabei wird, wie angedeutet, von der rechtlichen Bewer­ tung des Konzerns in Frankreich ausgegangen. Dem schließen sich Ausführungen über die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln an. Ebenfalls dem Insolvenzrecht zugeordnet sind die berühmten Instrumente des französischen Rechts zur Haf­ tungsmassenvergrößerung („action en comblement de passif und ^extension du redressement judiciaire^). Diese werden den Schwerpunkt der Darstellung bilden. Sodann wird noch ein Blick auf weitere Instrumente geworfen, die dem Insolvenz­ verwalter zur Verfügung steht, um die Haftungsmasse des Insolvenzschuldners zu vergrößern. Abgeschlossen wird der darstellende Abschnitt mit Ausführungen zum Verhältnis der einzelnen Institute zueinander.

II. Die Bedeutung von Konzernen in rechtlicher Hinsicht für die Vergrößerung von Haftungsmassen in Frankreich 1. Der französische Ansatz zur rechtlichen Behandlung von „groupes de societes“

a) Grundlage aa) Das französische (Gesellschafts-)Recht geht vom Leitbild der selbständigen Gesellschaft aus, deren Verbandsinteresse der Ordnungsmaßstab im Leben der Gesellschaft ist. Ausgangspunkt dabei ist die allgemeine Definition in Art. 1832 CC, die für alle Gesellschaften in Frankreich gilt: ^JLa societe est instituee par deux ou plusieurs personnes qui conviennent par un contrat d'affecter ä une entreprise commune des biens ou leur Industrie en vue de partager le benefice ou de profiter de Veconomie qui pourra en resulter. Elle peut etre instituee, dans les cas prevus par loi, par l'acte de volonte dfune seule personne. Les associes s’engagent ä contribuer aux pertes^. Danach ist eine Gesellschaft ihrem Wesen nach also darauf gerichtet, Gewinne oder zumindest Einsparungen zu erzielen und zu verteilen. Dieses Prinzip definiert ihr objektives Interesse (interet social). Es untersagt ihr, 6 Der Ausdruck „Insolvenzverwalter“ für liquidateur ist unscharf, denn während der Periode der Sanierung heißt der Insolvenzverwalter „administrateur" (Art. 18 L 85) und während der Zerschlagungsphase „liquidateur''. Der Klarheit im Hinblick auf den deutschen Sprachgebrauch soll aber im weiteren von „Insolvenzverwalter“ statt von liquidateur oder Liquidator die Rede sein.

Maßnahmen vorzunehmen, die nicht - im Rahmen des in der Satzung bestimmten Gegenstandes der Geschäftstätigkeit - dem Gewinnstreben dienen und daher dem Gesellschaftszweck widersprechen7. Aus diesem Postulat folgt ferner, daß jede Gesellschaft Träger eines verselbständigten Vermögens ist (patrimoine social), welches stets exakt von dem Vermögen der Gesellschafter getrennt werden muß. Diese Vermögensautonomie bedingt eine Eigenständigkeit in der Unternehmens­ führung der Gesellschaft, die frei sein muß von der Beeinflussung „gesellschafts­ fremder“ Interessen. Daher muß ein - wie auch immer konzipiertes - Gruppen­ interesse hinter dem interet social des betreffenden abhängigen Unternehmens zurücktreten8. Die Rechtsprechung in Frankreich hat deshalb - unter breiter Zu­ stimmung in der Literatur - auch immer wieder eingegriffen, um die Ordnungs­ mäßigkeit von Entscheidungen in Gruppen verbundener Gesellschaften hinsicht­ lich der Wahrung des Gesellschaftsinteresses zu überprüfen9. Dieser Vorrang bildet das wesentliche Hindernis für die Einbindung einer Gesellschaft in eine Gruppe im Sinne des deutschen Konzemverständnisses. Sie zieht ein umfassendes Verbot der wirtschaftlichen Benachteiligung zugunsten anderer Unternehmen der betreffenden Gruppe nach sich, so daß jede diesbezügliche Einflußnahme des herrschenden Unternehmens als Mißbrauch des Einflusses betrachtet werden muß10. Die Gesellschaftsorgane haben daher stets in aller Unabhängigkeit das Interesse dieser einen, bestimmten Gesellschaft zu verfolgen11. Das gilt auch dann, wenn das betreffende Unternehmen Teil einer Gesellschaftsgruppe (groupe de societes) ist12. Aufgrund dieser strikten Betonung der Autonomie jeder einzelnen Gesellschaft ist dem französischen Recht de lege lata kein den §§ 15 ff, 291 ff., 311 ff. AktG entsprechendes System des Konzemrechts bekannt. Es hat zwar in den siebziger Jahren Versuche gegeben, ein an dem deutschen Konzemrecht orientiertes Recht der verbundenen Unternehmen auch in Frankreich einzufuhren13, doch sind diese 7 Ebenroth/Reiner, 3. 8 Siehe Falcke, 36; Merle, Nr. 74 m.w.N. 9 Siehe Bzard-Chaput, Rev. Soc. 1982, 481; Paillusseau, JCP 1971, öd. gn., I Nr. 2401 bis; ders., JCP 1984, öd. gön., I Nr. 3148; Bejot, in: Mestmäcker/Behrens, 170; zu den Problemen bei der Bestimmung des Gesellschaftsinteresses Brachvogel, 120 ff. 10 Falcke, 36; Ripert/Roblot, I, Nr. 680 ff.; Guyon, I, Nr. 127 ff. 11 Siehe statt aller Chaput, Nr. 717; Cozian/Viandier, Nr. 466:"C‘est un imperatif de conduite, une regle deontologique, voire morale, qui impose de respecter un interet superieur ä son interet personnel. La menace de Vinteret social, a fortiori sa violation, appellent Vintervention du juge

12 Ohl, 81. 13 Die beiden Coustö-Vorschläge: 1. Vorschlag 1970, abgedruckt in ZGR 1972, 76; ders., 2. Vorschlag 1975 (eingebracht 1978), mit Motiven abgedruckt in Revista delle Societ 1977, 643; aus der Literatur dazu: Paillusseau, Rev. trim. dr. civ. 1972, 813; Brachvogel, ZGR 1972, 87; ders., ZGR 1980, 486; daneben gibt es auch noch weitere Studien über die Möglichkeiten, ein Konzem­ recht in Frankreich einzuführen: Sudreau, Rapport du comitö d’ötude pour la reforme de l'entreprise, La documentation franaise, 1975; dazu Guyönot, Gaz.Pal. 1975, II, doctr. 553; Overrath, ZGR 1976, 373; das CREDA-Papier: Bözard/Dabin/Echard/Jadaud/Sayag, in: Les groupes de

jeweils gescheitert. Die Gründe lagen zum einen an Mängeln in den Entwürfen selbst14. Zum anderen wurde interessanterweise sowohl von der Wirtschaft als auch von den entscheidenden politischen Gremien ein Konzemrecht auch deshalb als überflüssig empfunden und abgelehnt, weil man im wesentlichen mit den Instrumenten zufrieden war, die das französische Recht zur Verfügung stellt, um Einflüsse auf abhängige Unternehmen zu steuern oder auszugleichen15. Ein Konzemrecht nach „deutschem Muster“ wurde vielmehr als eine Art Fremdkörper in der französischen Struktur und Konzeption des Gesellschaftsrecht angesehen16. Mit Ausnahme einer möglichen, wenngleich nicht an der deutschen Konzem­ rechtsvorstellung ausgerichteten, Konzernrechtsvereinheitlichung in Europa sah und sieht man in Frankreich praktisch keinen Anlaß, ein bewährtes System grundlegend zu ändern, nur weil man angeblich zehn Jahre hinter der modernen Konzemrechtsentwicklung zurückhinge17. Von Seiten der Praxis ist daher der Wert eines einheitlichen juristischen Konzembegriffs immer wieder bezweifelt wor­ den18. Stattdessen sollten von Fall zu Fall Schutznormen für die Gesellschafter, Gläubiger und andere Personen (z.B. Arbeitnehmer) geschaffen werden19. bb) Die Rechtsprechung und ihr folgend ein Großteil der Lehre stellt daher bei der Beurteilung, ob eine Gesellschaftsgruppe vorliegt, regelmäßig ganz auf den Einzelfall ab. Die einzelnen Anknüpfungspunkte, die bei der Frage herangezogen werden, ob eine Gesellschaftsgruppe vorliegt oder nicht, sind mannigfaltig20. Aus socits - une politique legislative, Etüde du Centre de Recherche sur le droit des affaires (CREDA) de la Chambre de Commerce et d’Industrie de Paris (1975). 14 Brachvogel, ZGR 1980, 486 ff.; Sonnenberger, Französisches Handels und Wirtschaftsrecht, 1. Aufl., 1975, Rn. 44, Fn. 88. 15 Siehe etwa hinsichtlich der Minderheitsgesellschafter, Bjot, 216; Krsjak, Gaz.Pal. 1975, II, doctr. 485; allgemein: CREDA-Bericht, 55 ff. und 187; Oppetit/Sayag, Rev. Soc. 1973, 596 f. 16 Vgl. z.B. Chaput, Nr. 720, der (verhalten ironisch) unter Hinweis auf die Arbeiten von Germain, Socits dominantes et socits dominees en droit franais et en droit allemand (1974) und Pariente, Les groupes de socits, darauf hinweist, man möge sich vorher über das anzuwen­ dende Recht im klaren sein, bevor man einen Untemehmensverbund (als Gruppe) qualifiziere; siehe auch Druey, DJT 1992, H 6, Fn. 11. 17 So Rodire, Rev.trim.dr.com. 1965,621; ders., D 1977, ehr. 137. 18 Vgl. z.B. Sinay, Gaz. Pal. 1967,1, 70 ff.; Paillusseau, Rev.trim.dr.com. 1972, 813; vgl. auch den Überblick bei Hannoun, 3 f.; ferner CREDA, 7 ff. und 26 ff. 19 Siehe Jeantin, 400; vgl. auch Guyon, ZGR 1988, 255; ders., ZGR 1991, 227: Die Auferle­ gung von rechtlichen Beschränkungen führe nur dazu, daß sich Unternehmensgruppen heraus­ bilden, die nur faktisch bestünden, deren Existenz aber praktisch nicht nachweisbar und deren alleiniges Ziel die Umgehung der Konzembestimmungen sei. Vgl. auch für die Schweiz Peter/ Birchler, Zeitschrift für Schweizerisches Wirtschaftsrecht 1998, 121 ff.: ,/Jous croyons que le groupe de societes realise toutes les conditions d’existence d'une 'einfache Gesellschaft'. (...) Le groupe de societes est donc - ou en tout caspeut-etre - une societe simple (...)." (124). 20 Den besten - und immer noch im wesentlichen aktuellen - Überblick findet man bei CREDA, 193 ff. („Essaie de dfinition du groupe“) und bei Hannoun, 157 mit neueren Hinweisen auf weitere Literatur und Rechtsprechung; vgl. auch Guyenot, Banque 1973, 563; Guyon, I,

den einzelnen Gesichtspunkten, die sich immer wieder als charakteristisch für eine Gesellschaftsgruppe herausgestellt haben, ist dennoch gleichsam eine „Basisdefi­ nition“ der Gruppe entwickelt worden, die von der herrschenden Lehre in Frank­ reich anerkannt wird21. Eine Gesellschaftsgruppe wird danach umschrieben „comme un ensemhle de societes qui, tout en conservant leur existence juridique propre, se trouvent Hees les unes aux autres, de sorte que Hüne d'elle, la societemere, qui tient les autres sous sa dependance, en fait ou en droit, exerce un contröle sur Vensemble des societes dominees et fait prevaloir une unite de decision.^22. Es ist aber zu betonen, daß diese „Definition“ weder an irgendwelche Rechtsfolgen geknüpft ist, noch kommt ihr eine Bedeutung für die Bereiche zu, in denen an das Vorhandensein einer Gruppe qua legem Rechtsfolgen geknüpft wer­ den23. Die Gesellschaftsgruppe als Phänomen wird in Frankreich folglich prinzipiell anerkannt. Dies geschieht aber zum einen nicht so systematisch wie in Deutschland und zum anderen auf einer anderen kognitiven Ebene. In Frankreich wird im wesentlichen auf den Einzelfall abgestellt und die Figur der Gesellschaftsgruppe tendenziell ergebnisorientiert eingesetzt. Der Begriff der Gesellschaftsgruppe ist damit nicht der Ausgangspunkt von Regelungen und Rechtsfolgen, mithin kein Gebilde, das eine rechtlich eigenständige Durchdringung/oder Regelung erfahren müßte wie in Deutschland, sondern nur ein (von möglicherweise mehreren) be­ schreibendes Merkmal eines Tatbestandes, welcher eine Rechtsfolge anknüpft an die Beeinträchtigung der Autonomie einer Gesellschaft. Die Gesellschaftsgruppe ist dem französischen Rechtsverständnis nach damit keine Beschreibung eines rechtlichen Problemfeldes, sie stellt vielmehr eine Zustandsbeschreibung im Rah­ men des allgemeinen Gesellschaftsrechts dar24.

b) Regelungen im französischen Gesetz über Handelsgesellschaften; insbesondere der Begriff der contröle Es verwundert daher nicht, daß sich auch in der wichtigsten Kodifikation auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, dem Gesetz über Handelsgesellschaften (societes commerciales, Gesetz no. 66-537 vom 24. Juli 1966, in der reformierten Fassung von 1986 = L 66) insoweit allenfalls auch nur ergänzende Bestimmungen finden. Dort sind zwar in den Art. 354 bis 359 Bestimmungen über Tochtergesellschaften Nr. 584; Oppetit/Sayag, Rev. Soc. 1973. 57 f.; Vgl. auch den Überblick bei Karamarias, 56 ff. Siehe ferner Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 173; Champaud, in: Droit de groupes de socits, 27 ff. 21 Vgl. Merle, 1. Aufl., Nr. 641; Chartier, II, 467; B. Mercadal/Janin, Lefebvre, Soc. com. (1988), Nr. 3335; kritisch dagegen z.B. Freyria, Rev.jurisp.com. 1987, 121. 22 Merle, Nr. 641. 23 Statt aller Chaput, Nr. 714. 24 Sonnenberger, III 116 f. Vgl. zu ähnlichen Vorstellungen im Schweizer Recht Peter/ Birchler, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1998, 113 ff. m.w.N.

(filiales), Kapitalbeteiligungen (participations) und den sog. „kontrollierten Gesellschaften“ (societe controlee) geregelt. Sie stellen jedoch nach ganz allge­ meiner Auffassung in Frankreich kein eigenständiges System eines Rechts der Gesellschaftsgruppe dar oder bilden dafür die Grundlage25. Nach Art. 354 L 66 wird ein Unternehmen dann als Tochterunternehmen betrachtet, wenn ein anderes Unternehmen mindestens 50% seines Kapitals besitzt. Quantitativ darunter ange­ siedelt ist die „Beteiligung“ (participation) eines Unternehmens an einem anderen. Nach Art. 355-1 und 355-2 L 66 liegt eine solche Beteiligung vor, wenn eine Gesellschaft an der anderen Gesellschaft einen Anteil des Kapitals von 10 bis 50% hält. Damit wird zwar ein breiter Ausschnitt aus der wirtschaftlichen Realität der Gesellschaftsgruppen erfaßt, denn die kapitalmäßige Einbindung einer Gesellschaft durch eine Mehrheitsbeteiligung ist das häufigste Element zur Bildung von Unter­ nehmensgruppen26. Die alleinige Anknüpfung an eine Kapitalbeteiligung übersieht jedoch den Umstand, daß einheitliche Leitungsstrukturen auch durch personelle oder vertragliche Verflechtungen realisiert werden können, so daß das Verständnis einer Tochter in einer Gruppe flexibler gestaltet werden muß als die gesetzliche Regelung vorsieht27. Daher bedingen die Formen der Beteiligung und der Schaf­ fung eines Tochterunternehmens (Filialisierung) modernem französischen Verständnis nach stets die Möglichkeit, Kontrolle (contröle) auszuüben, also Einfluß auf die Geschäftsführung des anderen Unternehmens zu nehmen28. Der Begriff der „Kontrolle“ wird damit zum Angelpunkt des Begriffs der Gesell­ schaftsgruppe29. Vor allem durch die Änderungen des L 66 durch Gesetze vom 3.1.1983 und vom 12.6.1985 zur Regelung von wechselseitigen Beteiligungen (Gesetz über die sog. autocontröle) hat dieser Begriff eine zentrale Rolle erhal­ ten30. Eine gesetzliche Bestimmung, wann - über die Beteiligungsverhältnisse hinaus - von einer Kontrolle gesprochen werden kann, enthalten die Art. 355-1 und 357-1 L 66. Es wird unterschieden zwischen der „contröle de droit"' (recht­ liche Kontrolle) und der „contröle de fait" (faktische Kontrolle). Unstreitig kann die rechtliche oder faktische Kontrolle sowohl von natürlichen Personen als auch von Unternehmen ausgeübt werden31. Im folgenden wird wegen des Umstandes,

25 Vgl. Merle, Nr. 643 ff. (insbes. 646). 26 Falcke, 25; Bzard/Dabin/Echard/Jadaud/Sayag in: CREDA (Hrsg.), Les groupes de socits, 194. 27 Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 173; Falcke, 26; Hmard/Terr/Mabilat, II, Nr. 564; Guyot, I, Nr. 584. 28 Mercadal/Janin, Nr. 3342, 3343; Merle, Nr. 643; Sonnenberger, III 115 (S. 154); Chaput, Nr. 742. 29 Vgl. Storck, Rev. Soc. 1986, 385 ff; Berr, in: Mlanges Bastian (1974), I, 6 ff.; Pariente, Nr. 86 ff; Brachvogel, 20 ff; Karamarias, 56 ff; Falcke, 28 ff. 30 Vgl. Le Nabasque, 111; M.Stork, Rev. Soc. 1986, 385; Cozian/Viandier, Nr. 1963 f.; Merle, Nr. 663. 31 Siehe etwa Storck, Rev. Soc. 1986, 386 ff. und 392 ff; Couret/Barbiri, 208 f.; Guyon, ZGR 1991,219; Taudieu-Naudet, 15 ff; Guigou, in: Droit de groupes de socits, Nr. 2200 ff.

daß in einer Gruppe normalerweise Unternehmen die Kontrolle über andere Unter­ nehmen ausüben, der Einfachheit halber nur von herrschenden Unternehmen gesprochen. Rechtliche Kontrolle liegt vor, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittel­ bar einen Kapitalanteil hält, der ihm die Mehrheit der Stimmrechte in den Haupt­ versammlungen der anderen Gesellschaft verschafft. Sie liegt gleichfalls vor, wenn ein bestimmtes Unternehmen den Einfluß durch die Mehrheit der Stimmrechte nicht allein innehat, sondern wenn diese durch ein Einverständnis mit anderen Gesellschaftern oder Aktionären (associes ou actionnaires) zustande kommt, soweit jedenfalls diese Einigung nicht dem Interesse der Gesellschaft zuwiderläuft. Eine Ausprägung dieser Form der rechtlichen Kontrolle findet sich weiter in Art. 357-1 III L 66, in dem es im Zusammenhang mit konsolidierten Abschlüssen und Gruppengeschäftsberichten heißt: „Als gemeinsame Kontrolle gilt die Teilung der Kontrolle eines gemeinsam betriebenen Unternehmens durch eine begrenzte Anzahl von Gesellschaftern oder Aktionären, wobei die Beschlüsse von ihnen gemeinschaftlich gefaßt werden.“32. Von einer faktischen Kontrolle wird demgegenüber gesprochen, wenn eine Person oder eine Gesellschaft entweder die Möglichkeit besitzt, den Geschäfts­ führer der anderen Gesellschaft zu bestimmen, oder wenn sie über Mittel verfugt, bestimmenden Einfluß auf die Geschäftsführung oder die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft auszuüben33. Nach Art. 355-1 II L 66 gilt die Vermutung einer kontrollierenden Gesellschaft, wenn sie unmittelbar oder mittelbar über mehr als 40% der Stimmrechte verfugt und kein anderer Gesellschafter oder Aktionär unmittelbar oder mittelbar einen höheren Anteil verfugt. Diese Vermutung ist jedoch eine ^presomption simple \ d.h. sie kann durch den Beweis des Gegenteils entkräftet werden34. An die Feststellung, daß es sich aufgrund der Beteiligung oder der Kontrolle um eine Gesellschaftsgruppe handelt, sind im französischen Recht in einigen Fällen Rechtsfolgen geknüpft. An wichtigster Stelle35 steht eine dem deutschen Recht in diesem Maße nicht bekannte Pflicht zur Information36. Durch das Gesetz no. 89­ 531 vom 2.8.1989 wurden die Informationspflichten gegenüber der Gesellschaft und ihren Aktionären in Fällen des Beteiligungserwerbs und der Überschreitung bestimmter Beteiligungssätze bei Gesellschaften, deren Aktien börsennotiert sind,

32 Zu den Problemen und Schwierigkeiten dieser diversifierten Form der rechtlichen Kontrolle vgl. eingehend Champaud, Le pouvoir de concentration de la socit par actions, Paris 1962; Loussouarn, Rev.trim.dr.com. 1967, 1003. 33 „...lorsqu'elle determine en faitpar les droits de vote dont eile dispose les decisions dans les assemblees generales de cette societe'1 (Art. 355-1 I, 3. Alt. L 66), dazu Guyon, ZGR 1991, 220. 34 Germain, J.C1. Soc., Fase., 165-2, Nr. 12; Pariente, Nr. 87. 35 Vgl. Hrmard/Terr/Mabilat, I, Nr. 14 zur hervorstechenden Bedeutung von Informations­ rechten im französischen Gesellschaftsrecht. 36 Eingehend dazu Falcke, 165 ff, (zu den Informationsrechten der Gesellschafter) und 174 ff. (zu der Kontrolle von Vereinbarungen innerhalb einer Unternehmensgruppe).

spürbar verschärft37. Die Pflicht zur Offenlegung der Beteiligung besteht demzu­ folge nicht nur gegenüber der betroffenen Gesellschaft, sondern bei einer Publi­ kumsgesellschaft auch gegenüber dem Börsenrat38. Ist die Beteiligung so groß, daß ein Filialverhältnis vorliegt, oder wird die Kontrolle über die betroffene Gesell­ schaft ausgeübt, so muß der Geschäftsbericht der societe-mere Rechenschaft über die Geschäfte und über die Ergebnisse der Kontrolle geben39. Wenn die Vorausset­ zungen des Art. 357-1 L 66 vorliegen, ist eine konsolidierte Bilanz zu erstellen40. Zudem verbieten die durch das autocontröle-GcsQtz eingeführten Art. 358 und 359 L 66 wechselseitige Beteiligungen über 10% und sehen in Art. 359-1 L 66 bei mittelbar wechselseitigen Beteiligungen Stimmrechtsausschlüsse vor41. Schließlich finden sich im französischen Gesellschaftsrecht einige Spezialvorschriften, die auf der Tatbestandsebene auf die Art. 354 ff. L 66 verweisen. Als wichtigste wären zu nennen: Art. 92, 136 und 137 L 66, die die Mitgliedschaften in Organen einer Gruppengesellschaft bei der Bestimmung von Kumulierungsgrenzen als Einheit rechnen, Art. 22 L 66, der bestimmten, mit der Muttergesellschaften verbundenen Personen verbietet, als Rechnungsprüfer der Tochter tätig zu werden, und Art. 229 L 66, der die Untersuchungsbefugnis von Rechnungsprüfern der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft erstreckt42. Außerhalb dieser Rechtsfolgen haben die gesetzlichen Definitionen von Kontrolle und Beteiligung keine weitere wesentliche Bedeutung43. Denn der Begriff der Kontrolle ist nicht allein typisch für das Recht der Gesellschaftsgruppe, sondern ein allgemeiner Rechtsbegriff, der in den oben genannten Vorschriften vom Gesetzgeber nur gesellschaftsgruppenspezifisch aus­ gestaltet und verwendet worden ist44, weil er für die dort in Betracht kommenden Aspekte der typische Anknüpfungspunkt für eine Rechtsfolge ist. Er ist damit nur ein Aspekt unter verschiedenen, um beurteilen zu können, ob eine groupe de societes vorliegt oder nicht. Das ist einer der wesentlichen konzeptionellen Unterschiede zu dem deutschen Konzemrechtsverständnis. Während man sich im deutschen Konzemrecht klassi­ scherweise an einem Unternehmensgesellschafter orientiert, der außerhalb der Gesellschaft unternehmerische Sonderinteressen verfolgt, verlangt der Begriff der

37 Vgl. Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 173 ff.; Couret/Barbiri, 215 f.; Guyon, I, Nr. 419 ff., 487; Mercadel/Janin, Nr. 916. 38 Art. 356-4 L 66; siehe Sonnenberger, III 116. 39 Guyon, I, Nr. 421. 40 Die konsolidierte Konzernbilanz ist durch die Umsetzung der VII. EG-Richtlinie zur Konzemrechnungslegung geregelt in dem Gesetz L 85-11 vom 3.1.1985, übernommen in Art. 357­ 1 ff. Reformgesetz, mit Ausführungsdekret Nr. 86-221 vom 17.2.1986. Dazu siehe Scholtissek, RIW 1985, 467 ff.; Sahner-Gersenich, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 1989, 338 ff., Sonnenberger, III 78. 41 Dazu Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 176 ff. 42 Vgl. dazu umfassend Falcke, 217 ff. 43 Sonnenberger, III117. 44 Guyon, ZGR 1991,220.

contröle keine Unternehmenseigenschaf desjenigen, der die Beherrschung in seinen Händen hat. Der Kontrollbegriff ist deshalb keine Besonderheit des Rechts der Gesellschaftsgruppen im französischen Recht45. Das bedeutet, herrschendes Unternehmen im Sinne einer die Kontrolle ausübenden Person kann auch eine natürliche Person sein, so daß im französischen Recht die in Deutschland teilweise bekämpfte Vorstellung anerkannt ist46, auch eine natürliche Person könne Leitungsmacht in einem Untemehmensverbund sein. Der Grund dafür liegt darin, daß das französische Recht das Augenmerk auch nur auf die jeweilige duale Verbindung von der Kontrolle ausübenden Person {la personne contrölee) zum kontrollierten Unternehmen {la societe contrölante) betrachtet und es dabei vollständig gleichgültig ist, ob sich derartige duale Systeme mit anderen Unter­ nehmen ebenfalls in der personne controlee bündeln und damit einen Verbund bilden. Gerade diese Vorstellung ist aber für das deutsche Konzemrechtsver­ ständnis prägend.

c) Sonstige gruppenbezogene Regelungen im französischen Recht

Als Folge des französischen Verständnisses, gruppenspezifische Probleme gleichsam pointillistisch zu regeln47, also nur an den Stellen Einzelregelungen zu treffen, wo ein spezieller Regelungsbedarf besteht, haben derartige Sonderregeln mittlerweile auch in einigen Spezialgesetzen ihren Niederschlag gefunden. Dabei kann jedoch nicht von einer mehr oder weniger einheitlichen Konzeption eines Begriffs der Gesellschaftsgruppe gesprochen werden. Vielmehr setzt sich hier fort, was bereits in der gerichtlichen Praxis zum allgemeinen Gesellschaftsrecht zu erkennen ist, nämlich ein Verständnis von Unternehmensgruppen und deren recht­ liche Behandlung, das für jeden Einzelfall „nach Bedarf“ näher umschrieben wird48: 49 Das Körperschaftssteuerrecht kennt schon seit längerem Prinzipien, die sich auf das bestehen von Gesellschaftsgruppen beziehen. Dies gilt insbesondere für das Welteinkommen eines Konzerns, für die konsolidierte Bilanz und für die steuerrechtliche Einheitsbehandlung eines Konzerns auf dem Gebiet der Veranlagung49. So wird im Körperschaftssteuerrecht50 eine Gesellschaftsgruppe als Einheit behandelt, wenn die Mutterunternehmen 95% des Kapitals der Tochtergesellschaft hält51. Im neuen Kreditwesengesetz von 198452 ist des weiteren ein eigenständiger 45 Vgl. Falcke, 30; Guyon, ZGR 1991,220; vgl. auch Storck, Rev. Soc. 1986,385 ff. 46 Siehe besonders K. Schmidt, AG 1994, 189 ff. 47 Chaput, Nr. 718. 48 Vgl. Chartier, Nr. 285: ^'ambiguite de la notion de groupe''. 49 Ausführliche Hinweise bei Sonnenschein, III 113 ff. 50 Geregelt in Gesetz 87-1060 vom 30.12.1987 {Loi de finances pour 1988, GP 6-7.1.1988, S. 1). 51 Art. 8 des L 87-1060. 52 Loi 84-46 (nebst den Ausführungsdekreten Nr. 84-708 und 84-709, jeweils vom 24.7. 1984).

Begriff der Gruppe entwickelt worden, um gruppeninterne Finanzierungen zu ermöglichen. Nach Art. 10 Satz 1 des L 84-48 ist nämlich die Vergabe von Kredi­ ten ä titre habituel grundsätzlich den Kreditinstituten vorbehalten. Ausnahmen sind nur nach der enumerativen Auflistung des Art. 12 L 84-4653 möglich53 54. Ferner sei noch auf die gruppenspezifische Regelung zur Vermeidung von Doppelbesteue­ rung der von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft abgeführten Gewinne hingewiesen (Gesetz v. 12.6.1965, Art. 145 und 216 C.G.I.). Dieses Privileg kann eine Gesellschaft für sich in Anspruch nehmen, wenn die Kapital­ beteiligung an der Tochter mindestens 10% oder 150 Mio. FF beträgt und die betroffenen Unternehmen als Kapitalgesellschaft organisiert oder sonst der Körper­ schaftssteuer fakultativ oder zwingend unterliegen. Auch im Arbeitsrecht finden sich einige Regelungen, die von einer Gesellschaftsgruppe ausgehen55. Beispiels­ weise verlangt Art. 439-1 Code du Travail die Errichtung eines comite de groupe (Konzembetriebsrat)56, sobald ein Unternehmen von einem anderen beherrscht wird. Der Konzembegriff wird jedoch nicht autonom bestimmt, sondern diesbe­ züglich wird auf Art. 354 L 66 verwiesen57. Im Individualarbeitsrecht spielt der Gruppenbegriff etwa eine Rolle bei der Frage, ob ein Arbeitnehmer, dem von einer abhängigen Gesellschaft gekündigt wurde, einen Anspruch auf Weiterbeschäf­ tigung bei der herrschenden Gesellschaft hat, oder ob ein Arbeitnehmer im Falle seiner Entlassung die ihm zustehende Abfindungssumme auch von einem anderen Unternehmen aus dem Verbund erhalten kann. In diesem Zusammenhang ist die Präzisierung des Gruppenbegriffs der Rechtsprechung überlassen worden, der Code du Travail begnügt sich in Art. L 122-14-8 Code du Travail (in Hinblick auf die Lohnzahlung an Ausländer) mit der bloßen Verwendung der Bezeichnungen societe-mere und filiale5^. Die Cour de Cassation hat in ihrer arbeitsrechtlichen Rechtsprechung den Begriff der wirtschaftlichen Einheit im Arbeitsrecht zum entscheidenden Kriterium gemacht, um praktikable Lösungen von Arbeitnehmer­ fragen in einem Konzern zu erreichen59.

53 Unterpunkt 3 bestimmt insoweit:"Les interdictions definies ä Varticle 10 de la presente loi ne font pas obstacle, ä ce qu'une entreprise, quelle soit sa nature, puisse proceder a des operations de tresoirie avec des societes ayant avec eile directement ou indirectement des Hens de Capital conferant ä Vune des entreprises Hees, unpouvoir de contröle effectifsur les autres.^ 54 Vgl. dazu Ohl, Revjurispr.com., nov. 1989, 33. Die Ermöglichung gruppeninterner Finanzierungskredite nach dem L 84-46 bedeutet freilich nicht, daß sie im danach zulässigen Rahmen auch wirksam sind. Notwendig ist zudem immer die Prüfling, ob sie im Einzelfalls auch wirksam sind. Vgl. dazu Ripert-Roblot, II, Nr. 713.3; Lamy Soc. Nr. 2505 ff.; Sonnenberger, 153. 55 Siehe Thiele, 31 mit weiteren Nachweisen. 56 Siehe Cozian/Viandier, Nr. 1958. 57 Dazu vgl. Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 186 ff. 58 Siehe Lyon-Caen, 747 ff. Grundlegend für das deutsche Recht Windbichler, vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere 166 ff; 223 ff. 59 Cass.soc. 4.1.1978, Bull.civ. 1978 V, S. 5 Nr. 6; Cass.soc. 3.1.1983, Bull.civ. 1983 V, S. 52, Nr. 76; Cass.soc. 21.3.1978, Bull.civ. 1978 V, S. 167, Nr. 223.

d) Tendenzen im Wirtschaftsstrafrecht Auch im französischen Wirtschaftsstrafrecht gibt es in neuerer Zeit die Tendenz, an die Gesellschaftergruppe als rechtlich einheitlichen Begriff Rechtsfolgen zu knüpfen. Es wird diskutiert, ob es eine Beschränkung der Verantwortlichkeit innerhalb von Unternehmensgruppen geben könne, um in Ausnahmefallen einen Ausgleich des Konfliktes zwischen den Interessen des einzelnen Unternehmens (interet social) und dem Gruppenverband herzustellen60. Hintergrund ist, daß es zum Teil als unbefriedigend angesehen worden ist, daß eine strafrechtlich relevante Maßnahme der Geschäftsführung, die für die betreffende Gesellschaft nachteilig ist, nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, daß sie im selben Zuge der Gruppe, der diese Gesellschaft angehört, in ihrer Gesamtheit einen Nutzen bringt, und damit letztlich auch der betreffenden Untereinheit Vorteil bringt61. Grundlegend in dieser Hinsicht ist die Rozenblum-Entscheidung der Cour de Cassation62. Dort führte die strafrechtliche Kammer aus, daß derjenige wegen „abus des biens sociaux^ bestraft werde, der als rechtlicher oder faktischer Geschäftsleiter einer anderen Gesellschaft derselben Gruppe, an der er direkt oder indirekt beteiligt ist, eine finanzielle Unterstützung gewährt, ohne daß dies durch ein gemeinsames wirt­ schaftliches, gesellschaftliches oder finanzielles Interesse begründet, welches sich mit Blick auf eine abgestimmte Politik für die Gesamtheit der Gruppe ergebe und die weder ohne Gegenleistung bleiben oder das Gleichgewicht zwischen den gegenseitigen Verpflichtungen der verschiedenen verbundenen Gesellschaften stören, noch die finanziellen Möglichkeiten derjenigen Gesellschaft übersteigen dürfe, die finanzielle Unterstützung gewährt63. 64 Diese als obiter dictum ergangene Erkenntnis ist mittlerweile von der Cour de Cassation in der Duval-Entscheidung64 bestätigt worden. Entscheidende „konzemrechtliche“ Aussage dieser Entscheidung war, daß ein Vermögensopfer einer Konzemgesellschaft zugunsten einer anderen dann gerechtfertigt sein kann, wenn es im Rahmen einer stringenten Konzem­ politik erfolgt ist und dem interet du groupe dient, sofern dadurch die finanzielle Leistungsfähigkeit der benachteiligten Gesellschaft nicht überstrapaziert wird. Einige Stimmen in der gesellschaftsrechtlichen Literatur sehen in dieser straf­ rechtlichen Rechtsprechung eine Initialzündung für die Anerkennung eines über­ geordneten Gruppeninteresses, das das Interesse des einzelnen abhängigen Unter­

60 Siehe Bouloc, Rev. Soc. 1988,181; Freyria/Clara, JCP 1993, öd. E., 1,247. 61 Lnaut, JCP 1973, d. gön. I, Nr. 2251; Sousi, JCP 1975, öd. gön. CI, II, Nr. 11816. 62 Siehe Gaz.Pal. 1985, jurisp. 377 = Sem.Jur. 1986, II, 20585 mit Anm. von Jeandidier = DS 1985, jurisprud., 428, mit Anm. von Ohl; Rev. Soc. 1985, 648 mit Anm. von Bouloc = Rev.tr.dr.comm. 1985, 827 mit Anm. von Bouzat; dazu siehe etwa Lutter, in: FS Kellermann, 261 ff.; Wiedemann, Unternehmensgruppe 80 f.; Falcke, 38 f.; Ebenroth/Reiner, 15 ff; Pariente, Nr. 238 f.; Bouloc, Rev. Soc. 1985,181 ff. 63 Übersetzung nach Lutter, in: FS Kellermann, 261. 64 Cass.crim 13.2.1989, Rev. Soc. 1989, 692 mit Anm. v. Bouloc; vgl. auch Cass.crim. 20.10. 1986, Bull. rap. dr. aff. 1986/23,11; Bouzat, Rev.trim.dr.com. 1991,313.

nehmens in der Gruppe auch im Gesellschaftsrecht überlagert65. Daraus wird besonders in der deutschen konzemrechtlichen Literatur der Schluß gezogen, daß derzeit eine grundsätzliche Neuorientierung des französischen Rechts der Gesell­ schaftsgruppe stattfinde66, wonach dann, wenn bei einer betreffenden Gesell­ schaftsgruppe eine strukturelle Verfestigung vorläge (groupement fort structure) ein übergeordnetes interet commun entstünde, das z.B. eine Leitungspflicht des herrschenden Unternehmens begründe67 und nachteilige Eingriffe zu Lasten der Tochter zulasse, solange sie nur in dem Interesse der Gruppe lägen. Diese Auffassung findet allerdings keine Stütze in der französischen Rechtspre­ chung zum Gesellschaftsrecht. Es ist - soweit ersichtlich - bislang, mit Ausnahme eines (außergewöhnlich gelagerten) arbeitsrechtlichen Falles68, noch kein Fall entschieden worden, in welchem eine Zivilkammer der Cour de Cassation diese Vorstellungen übernommen hätte. Auch in der französischen wirtschaftsrecht­ lichen Literatur steht man diesen Ansätzen aus den oben genannten Gründe skep­ tisch gegenüber, weil eine dogmatische Rechtfertigung für die Aufweichung des immerhin gesetzlich ausdrücklich festgelegten interet social eines Unternehmens fehlt69. Ferner wird darauf hingewiesen, daß die Rozenblum-Entscheidung und die Rechtsprechung in deren Gefolge geprägt sind von strafrechtlichen Sonder­ erwägungen, die im Gesellschaftsrecht, wo es bei der Frage der Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter letztlich um den Gläubigerschutz geht, keine Anwendung finden. Vielmehr seien sie als exakte Weiterführung der strafrechtlichen Verant­ wortlichkeit in den Fällen zu verstehen, in welchen sich die Einfluß- und Verant­ wortungsbereiche von Geschäftsleitern mehrerer Unternehmen einer Gruppe über­ lappen und beeinflussen. Das Abstellen auf die einzelne Gesellschaft als Maßstab der Betrachtung werde dadurch nicht aufgehoben70.

65 Siehe Guyon, Anm. zu Cass.soc. 3.4.1990, Rev. Soc. 1990, 627, 628; ders., ZGR 1991, 225; vgl. auch Bouloc, Anm. Cass.crim. 4.2.1985, Rev. Soc. 1985,655. 66 M. Wolf, 61 ff.; Falcke, 39 ff.; Thiele, 34 f.; abwägend Lutter, in: FS Kellermann, 264; vgl. auch Hommelhoff, ZGR 1992, 137; Guyon, ZGR 1991, 264; Druey, DJT 1992, H. 11 (Fn. 46). 67 Siehe etwa Wolf, 61 ff; Falcke, 45 ff. 68 Cass.soc. 3.4.1990, Rev. Soc. 1990, 625. 69 Vgl. die z.T. kritischen Anmerkungen zum Rozenblum-Entscheid von Ohl, D 1985, 478; Jeandidier, JCP, öd. gön., II, 20586 und Marchi, Gaz. Pal. 1985, 377; ferner: Cass.com. 4.1.1982, Rev. Soc. 1983, 95 mit Anm. von Burst; Cass.com. 24.5.1982, Rev. Soc. 1983, 361 mit Anm. von Böguin; siehe in einem weiteren Zusammenhang dazu auch Hannoun, 91, 97 f.; Bouloc, Rev.Soc. 1988, 181 ff.; Pariente, Nr. 108. 70 Siehe Ebenroth/Reiner, 16; Reiner, 21.

2. Unite d’entreprise und andere „konzemspezifische“ Haftungsgrundlagen Unabhängig von der weitgehenden Ablehnung konzemspezifischer Haftungs­ grundlagen, sind auch im französischen Recht immer wieder Vorstöße unternom­ men worden, eine solche Haftung dennoch zu begründen.

a) Unite d'entreprise Aufgrund eines Urteils der Cour d'Appel in Paris vom 20.3.198671 ist von Teilen der Literatur und von einigen unterinstanzlichen Gerichten angenommen worden, die wirtschaftliche Einheit („unite dfentreprise“) zwischen zwei Unternehmen reiche ebenfalls dafür aus, eine Haftungsausdehnung zu bejahen72. Das Gericht führte in diesem Urteil unter anderem aus, daß die Insolvenzerstreckung deshalb begründet sei, weil die Tochtergesellschaft ein bloßes „Kettenglied“ war, das juristisch zwar wahrnehmbar, tatsächlich aber ohne jede Autonomie gewesen sei, weil die Gruppenmitglieder in ihrer Gesamtheit eine Unternehmenseinheit gebildet hätten73. Ein wie hier angedeutetes Kriterium, das die Haftung bereits schon bei einer wirtschaftlichen Einheit eingreifen ließe, würde die Haftungsbegründung an einem gruppenspezifischen Aspekt ansetzen74. Dies wird jedoch von der herrschenden Literaturmeinung in Frankreich und von der Cour de Cassation nach wie vor abgelehnt75, weil dieses unvereinbar mit dem Autonomiegedanken des französischen Gesellschaftsrecht wäre. Unabhängig von diesem dogmatischen Gesichtspunkt sprechen zudem noch zwei weitere Aspekte gegen die Erstreckung der Haftung wegen „wirtschaftlicher Einheit“. Zum einen ist völlig ungeklärt, wann ein solche „wirtschaftliche Einheit“ vorliegen soll, insbesondere ob die Überschneidung in Kernbereichen ausreicht, oder ob tatsächlich eine unite im Wortsinne vorliegen muß. Eng damit verbunden ist die Feststellung, daß die aller­ meisten Fälle, die der Haftung wegen einer unite d'entreprise unterliegen sollen, 71 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1648; CA Paris 20.3.1986, Rev. Soc. 1987, 98 mit Anm. von Guyon. 72 Aus der Literatur: Daigre, Pet. Aff. v. 19.2.1988, 19 m.w.N. Siehe auch Derrida, 29 ff; Glais, Gaz. Pal 1987, doctr., 309 ff, jeweils mit Nachweisen über zustimmende und kritische Literatur. Aus der Rechtsprechung: CA Paris 12.5.1987, Dalloz 1989, som. 5 mit Anm. von Derrida; CA Versailles 17.9.1986, Rev.jurispr.com. 1987, 149 mit Anm. von Frontbressin (154); CA Versailles 16.12.1987, Dalloz 1988, som. 383; eine deutschsprachige Zusammenfassung findet sich bei M. Wolf, 22 f. 73 Anmerkungen dazu von Guyon, Rev. Soc. 1987, 98; Derrida, D 1989, som. 5, 6; Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12216. 74 In der Tendenz wohl zustimmend Daigre, Pet. Aff. v. 19.2.1988, 19 m.w.N.; Pariente, Bull. Joly 1994, 321. 75 Cass.com. 8.11.1988, Rev. Soc. 1990, 71; Cass.com. 5.4.1991, Pet. Aff. v. 8.1.1992, 6; Cass.com. 20.10.1992, Rev. Soc. 1993, 449; aus der Literatur siehe nur A. Honorat, Rev. Soc. 1990, 73; Derrida, 29 ff; Ptel, Bull. Joly 1990, 190, jeweils mit weiteren Nachweisen.

ohnehin schon von den Rechtsscheintatbeständen der theorie d'apparence erfaßt werden, wie übrigens auch in dem Fall der Cour de Cassation (das betreffende Unternehmen wurde ausdrücklich als Unternehmen „ohne Autonomie“ bezeichnet, was ein Zeichen für eine societe ficitve ist76.). Zum anderen würde, wollte man auch Fälle erfassen, die nicht ohnehin schon unter die anerkannten Rechts­ scheintatbestände fallen, und das könnten in der Praxis nur solche sein, wo sich die unite d'entreprise auf eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit bezieht, die Haftung so weit ausgedehnt worden, daß erhebliche gesamtwirtschaftliche Nachteile zu befurchten wären. Bestünde nämlich die Gefahr, daß eine engere wirt­ schaftliche Kooperation bereits zu einer Haftung bei Insolvenz des Kooperations­ partners fuhrt, würde eine intensivere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen nahezu zum Erliegen kommen. Das ist besonders für den Bereich der joint-venture-Unternehmungen herausgearbeitet worden77. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die wirtschaftliche Zusammenarbeit zweier Unternehmen einhergeht mit einer Vermischung ihrer Vermögen. Dann stellt dies aber schon einen Fall der confusion de patrimoine dar, der zu einer Insolvenzerstreckung fuhrt78. b)

Societe creee de fait

Im Zusammenhang mit dem Versuch, auch im französischen Recht aus einer konzemspezifischen Sichtweise die Haftung eines Mutterunternehmens für die Schulden ihrer Töchter im Konkurs zu begründen, ist auf den Vorschlag hinzuwei­ sen, eine Unternehmensgruppe als „faktische Gesellschaft“ (societe creee de fait) aufzufassen79. Innerhalb einer solchen faktischen Gesellschaft müßten dann alle gruppenzugehörigen Gesellschaften unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der anderen einstehen80. Letztlich steht dahinter der Versuch, eine Interessengesamt­ heit aller Unternehmen einer Gruppe zu begründen, aufgrund derer dann das Erfor­ dernis des Art. 1833 CC erfüllt ist, was wiederum zur Folge hat, daß dann die Mutter als Teil dieser „Gesellschaft“, die ihrem Wesen nach wohl einer BGB­ Gesellschaft ähneln soll81, einer gesamtschuldnerischen Haftung unterworfen werden kann. Diese Vorstellung hat sich jedoch nicht durchgesetzt, denn es stellte sich als unmöglich heraus, die einzelnen Unternehmen einer Gruppe einer gemein­ samen affectio societatis unterzuordnen, denn aufgrund der Abhängigkeit der Tochterunternehmen von der Mutter ist ein derartiges gemeinschaftliches Interesse

76 Dazu ausführlich unten VI. 1. 77 Vgl. dazu eingehend Pense, Teil II. 78 Siehe unten VI. 2. 79 Siehe Tardieu-Naudet, 258 ff.; D. Schmidt, ZGR 1982, 287; vgl. Wolf, 81 f.; Zimmermann, 21; Roblot, Nr. 725; Pariente, 46 ff.; Hannoun, 60 f. 80 Siehe Wolf, 81. 81 Vgl. dazu Heede, 107 ff., 110.

nach den französischen Anforderungen an den Gesellschaftszweck nur äußerst schwer zu begründen82.

c)

Garantiehaftung der Muttergesellschaft

Von D. Schmidt stammt der Vorschlag einer Garantiehaftung der Muttergesell­ schaft in einer Unternehmensgruppe für die Verbindlichkeiten der Tochtergesell­ schaften83. Da jede Machtposition auch ein Haftungsrisiko mit sich bringen müsse, solle das herrschende Unternehmen aufgrund seiner Leitungsmacht in der Gruppe auch die Ergebnisse seiner Geschäftsführung im Hinblick auf die abhängigen Unternehmen verantworten müssen. Das soll jedenfalls dann der Fall sein, wenn ein Tochterunternehmen völlig in die Geschäftsführung der Gruppe einbezogen worden ist84. Unabhängig davon, daß die Ausgangshypothese bereits sehr bedenk­ lich erscheint und Kriterien dafür, wann genau eine Eingliederung der Tochter­ gesellschaft in die Geschäftsführung der Gruppe vorliegen soll, nicht ohne weiteres ermittelbar sind, dürfte die vorgeschlagene Garantiehaftung in ihrer praktischen Ausformung der Geschäftsleiterhaftung nach Art. 180 ff. L 85 entsprechen und letztlich auch nicht weniger Probleme mit sich bringen als diejenigen, die dort zu bewältigen sind85. Darüber hinaus ist ein solcher Versuch auch deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die französische Vorstellung von Gesellschaftsgruppen und dem Verhältnis der einzelnen Unternehmen in solchen Gruppen unvereinbar ist mit der Idee einer konzemorientierten Solidarhaftung86.

d)

Ergebnis

Jeglicher Versuch, ein herrschendes Unternehmen in einer Unternehmensgruppe aufgrund gruppenspezifischer Überlegungen haften zu lassen, um damit die Haftungsmasse der abhängigen Gesellschaft bei ihrer Zerschlagung zu vergrößern, ist zum Scheitern verurteilt, weil weder eine „wirtschaftliche Einheit“ noch das Korrelat für die Leitungsmacht in einer Gruppe im französischen Recht als Ansatzpunkt für eine Einstandspflicht betrachtet wird. Wie zu sehen sein wird, fallen ferner die Sachverhalte, die unter derartige Tatbestände subsumiert werden sollen, meist auch schon unter die im französischen Recht anerkannten Tatbe­ stände.

82 83 84 85 86

Siehe D. Schmidt, ZGR 1982,287; Wolf, 82; vgl. auch Zahn. 174; Pariente, Nr. 48. D. Schmidt, ZGR 1982,288. D. Schmidt, ZGR 1982,288. Überzeugend M. Wolf, 83 f. Hannoun, Bull. Joly 1991,483; M. Wolf, 84; Tardieu-Naudet, 270.

3. Zusammenfassende Betrachtung zum französischen „Konzemrecht“

Zusammenfassend läßt sich also folgendes feststellen: Das französische Recht geht während des Lebens einer Gesellschaft von ihrer Autonomie aus. Das bedeutet aber nicht, daß sich die betreffende Gesellschaft nicht auch als ein subordiniertes Unternehmen in eine Gruppe einbeziehen lassen darf. Rechtlich betrachtet ist daher jede Gesellschaft unabhängig und nur an ihren interet social ausgerichtet, gleichgültig ob sie wirtschaftlich eigenständig ist oder nicht. Nur in besondere Fällen können sich aus dem Umstand der Verbindung mehrerer Unternehmen zu einer Gruppe Rechtsfolgen ergeben. Diese sind jedoch ausdrücklich gesetzlich geregelt und bilden keine Grundlage für den Ansatz einer gruppenspezifischen Betrachtung der die abhängige Gesellschaft betreffenden rechtliche Regelung. In jedem Fall wird immer nur ein bilaterales Verhältnis von der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder denjenigen, die über sie contröle ausüben, betrachtet, in welchem das Gesellschaftsinteresse im Vordergrund steht. Wegen dieses Ansatzes ist ein Konzemrecht im deutschen Sinne in Frankreich ausgeschlossen. Erst in dem Moment, wo die „Sterbephase“ des Unternehmens eintritt (societe en difficultes) beginnt sich das französische Recht überhaupt ein Stück weit dafür zu interessieren, ob das betreffende Unternehmen in einer Gruppe eingebunden war und ob dadurch dessen Autonomie „zu Lebzeiten“ beeinträchtigt wurde. Dies geschieht jedoch nicht - um es nochmals zu betonen - in dem Sinne, daß aus dieser Gruppenverbindung rechtliche Folgerungen gezogen werden, also gleichsam wie eine Haftung aus einem widerrechtlichen Verhalten in der Gruppe. Es wird vielmehr geprüft, ob aus einer Mißachtung der Autonomie der nunmehr bankrotten Gesellschaft Ansprüche entstehen, die der Insolvenzverwalter geltend machen kann, damit sich für die Gläubiger der insolventen Gesellschaft der Haftungsfonds vergrößert und sie eine möglichst große Quote erreichen können. Regelungen, die hinsichtlich spezieller Regelungsprobleme an eine Unter­ nehmensgruppe mehr oder weniger deutlich Rechtsfolgen knüpfen, finden sich nur vereinzelt. Keinesfalls sind sie französischer Auffassung nach verallgemeinerbar oder bilden gar die Grundlage eines französischen Konzemrechts. Dieser Eindruck eines allenfalls pointillistisch gefugten Gruppen- oder Konzembegriffs, den ein Überblick über die Begriffsbestimmungen der Gesetze oder in der Rechtsprechung vermittelt, wird in Frankreich darüber hinaus noch durch das französische Schrift­ tum gefordert. Wissenschaftlich-systematische Untersuchungen und Betrachtungen zum Recht und zur Realität von Gesellschaftsgruppen sind relativ selten87; nach wie vor findet man verbreitet die Ansicht, daß die Gesellschaftsgruppe keine außergewöhnlichen Besonderheiten aufweise, die nicht mit den klassischen Mitteln

87 Vgl. aber Pariente, Les Groupes de Socits; Rodire/Oppetit, Droit commercial. Groupement commerciaux; D’Hoir Lemptre, La notion de groupe de socits en droit franais; Hannoun, Le Droit et les groupes de socits; Vanhaecke, Les groupes de socits.

des Gesellschaftsrechts, insbesondere mit deliktischen oder Mißbrauchstatbestän­ den, erfaßt werden könnten88.

III. Insolvenzrechtliche Anfechtungsregeln Dem Insolvenzverwalter stehen für die Vergrößerung der Haftungsmasse des bankrotten abhängigen Unternehmens nach französischem Recht, ebenso wie auch nach deutschem Recht, zunächst die allgemeinen Institute des Insolvenzrechts zur Verfügung. Dabei spielt in erster Linie das Anfechtungsrecht eine Rolle89. Wie schon für das deutsche Recht gezeigt wurde, gibt es aufgrund der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens eine Vielzahl konzerninterner Vermögenstrans­ aktionen, die nicht Marktbedingungen entsprechen, und so vom Saldo her für ein abhängiges Unternehmen nachteilig sind. Daher wäre es im Hinblick auf die Einbindung des Insolvenzschuldners in eine Unternehmensgruppe für die Vergrö­ ßerung der Haftungsmasse günstig, wenn der Insolvenzverwalter die Möglichkeit hätte, konzeminteme Transaktionen, die sich für die betreffende Gesellschaft als vermögensmäßig unvorteilhaft herausstellen, wieder rückgängig machen zu können. Grundsätzlich besteht im französischen Recht der Insolvenzanfechtung wie auch im deutschen Recht die Schwierigkeit, daß die subjektiven Merkmale beim Anfechtungsgegner nachgewiesen werden müssen90. Es ist daher von Inter­ esse, ob es im französischen Recht, ähnlich wie im deutschen Recht, insoweit für den Verwalter Erleichterungen gibt, die speziell für die Anfechtung von Rechts­ handlungen gegenüber anderen Unternehmen derselben Gruppe bedeutsam sein können. Zu denken wäre an die erleichterte Anfechtung von Rechtshandlungen, die der Insolvenzschuldner gegenüber anderen Unternehmen derselben Gruppe vorge­ nommen hat (Insideranfechtung) oder die Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen der betreffenden Tochter. 1. Insideranfechtung

Eine erleichterte Anfechtung von Rechtshandlungen gegenüber Insidern kennt das französische Insolvenzrecht nicht ausdrücklich. Grundlage können insoweit immer nur die allgemeinen Regeln des Art. 108 L 85 sein. In subjektiver Hinsicht setzt diese Anfechtungsvorschrift generell die positive Kenntnis des Anfechtungs­ gegners bezüglich der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraus. Die französi­ sche Rechtsprechung ist jedoch bereit, an den Nachweis dieser subjektiven Kennt­ nisse im Einzelfall niedrigere Maßstäbe anzulegen, wenn es sich um „nahestehende

88 Guyon, I, Nr. 623; Rodire, DS 1977, ehr., 137 ff. 89 Zum französischen Insolvenzanfechtungsrecht vgl. ausführlich v. Campe, Insolvenzanfech­ tung in Deutschland und Frankreich, 1996. 90 Statt aller Soinne, Nr. 842; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2510, Nr. 113.

Personen“ handelt. Dabei ist die Rechtsprechung insgesamt gesehen allerdings eher uneinheitlich91. Das gilt sowohl für die Frage, welche Person als nahestehend zu einer (abhängigen) Gesellschaft betrachtet werden kann, als auch für die Umstände, die dann auf dem niedrigeren Niveau immer noch darzulegen und zu beweisen sind. Wesentlicher Grund für diese Unsicherheit ist, daß Art. 108 L 85 nur eine „nullite facultative" der Rechtshandlung ausspricht und dem Richter damit einen dem deutschen Recht unbekannten Ermessensspielraum einräumt. Dieser erstreckt sich genau genommen zwar nur auf das Anordnen der Nichtig­ keitsfolge einer erfolgreichen Anfechtung, es läßt sich aber allgemein beobachten, daß die Richter dieses Ermessen durchaus auch auf die Bejahung der Tatbestands­ merkmale, vor allem auf die Feststellung der Bösgläubigkeit beziehen, weil letzteres eine nicht kassationsfähige Sachfrage darstellt92. Für die Beurteilung des Richters ist üblicherweise ausschlaggebend, ob sich der betreffende Anfechtungs­ gegner die notwendigen Informationen über die Lage des jetzigen Insolvenz­ schuldners hat besonders leicht verschaffen können, so daß ihm gegenüber herab­ gesetzte Anforderungen an den Nachweis der subjektiven Kriterien durch den Insolvenzverwalter verlangt werden können. Ein Näheverhältnis des Anfechtungsgegners zum Insolvenzschuldner, das Beweiserleichterungen für den Insolvenzverwalter zuläßt, wird regelmäßig dann angenommen, wenn der Anfechtungsgegner dem Schuldner „persönlich oder geschäftlich“ nahestand93. Damit fallen grundsätzlich sowohl das Mutterunter­ nehmen als auch die Schwestergesellschaften in den Kreis der „nahestehenden Person“. Ein gesellschaftsrechtliches Näheverhältnis wird insbesondere angenom­ men, soweit der Gläubiger am Unternehmen des Schuldners nicht nur unmaßgeb­ lich beteiligt ist94, jedenfalls dann, wenn der betreffende Gesellschafter aufgrund der Beteiligung auch Einfluß auf die Gesellschaft genommen hat. Zum Teil wird ein beachtliches Näheverhältnis auch in dem Fall angenommen, wo der Anfech­ tungsgegner mit dem Schuldner in einer dauerhaften und intensiven Geschäfts­ beziehung steht; dazu gehören auch Banken95. Soweit der Anfechtungsgegner eine Stellung als (faktischer) Geschäftsführer oder eine beherrschende Stellung gegen­ über dem Schuldner inne hat, ist nach französischem Recht regelmäßig prima facie von einer nahestehenden Person auszugehen96, so daß entsprechend eine Herabset­ zung des Nachweises der subjektiven Kriterien bei der Anfechtung gegenüber der Mutter in einer Gruppe stattfindet. Ob dasselbe auch für die Anfechtung einer Leistung an eine Schwester gilt, dürfte vom Einzelfall abhängen und im jeweiligen 91 Nachweise dessen bei v. Campe, 147 f. 92 Allgemein dazu Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2510, Nr. 139. 93 Soinne, Nr. 842; Guyon, Rep. com., Nr. 191; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2510, Nr. 125. 94 Siehe v. Campe, 147. 95 Cass.com. 25.4.1967, DS 1967, som. 98; Cass.com. 6.12.1988, Rev.proc.coll. 1989, 222; dazu vgl. auch v. Campe, 147 m.w.N. 96 Vgl. Cass.com. 16.2.1993, D 1993, IR, 77; vgl. auch Guyon, Rdp.com, Nr. 191.

Ermessen des Richters liegen. Eine vermutete Zurechnung des Näheverhältnisses der Mutter gegenüber der Tochter wie im deutschen Recht gibt es im französischen Recht wohl praktisch nicht97. Insgesamt läßt sich daher für das französische Recht feststellen, daß die Möglichkeit, Leistungen der Tochterunternehmen an die Mutter oder an eine Schwester derselben Gruppe erleichtert anzufechten, im wesentlichen davon abhängt, ob der Richter im Einzelfall zu der Überzeugung kommt, daß hier ein besonderes Näheverhältnis vorliegt, das vermuten läßt, daß der Anfechtungsgegner Insiderkenntnisse hatte. Auch dann bleibt es jedoch bei der Beweislast des Insol­ venzverwalters hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen des Anfechtungs­ gegners, ihm gegenüber wird nur eine Beweiserleichterung eingeräumt, die von Fall zu Fall unterschiedlich ist. Im Grundsatz finden sich im französischen Recht damit nicht dieselben Erleichterungen für den Insolvenzverwalter, wie sie das deutsche Recht für den Konkursverwalter bei der Anfechtung von Geschäften mit anderen Unternehmen desselben Verbundes gewährt. Im Einzelfall kann das zuständige französische Gericht aufgrund seines Ermessens die Anforderungen an den notwendigen Nachweis der Bösgläubigkeit des Anfechtungsgegners allerdings so drücken, daß praktisch dasselbe Ergebnis erzielt wird wie im deutschen Recht98. Bei der Anfechtung von Verträgen mit Insidern zeigt sich also ganz deutlich, daß der Umstand, daß das bankrotte Unternehmen in einer Unternehmensgruppe eingebunden gewesen ist, formal keine Beachtung findet. Er kann höchstens indirekt eine Bedeutung haben, wenn und soweit der Richter den Umstand, daß die Mutter aufgrund der Beherrschung des abhängigen Unternehmens einen Informa­ tionsvorsprung hat und deshalb eher angenommen werden kann, daß sie hinsicht­ lich der Zahlungsunfähigkeit der Tochter bösgläubig ist. Das führt jedoch rechtlich nur zu einer Beweiserleichterung für den Insolvenzverwalter. Das Ergebnis in der französischen Praxis nähert sich aber der im deutschen Recht diesbezüglich gere­ gelten Vermutung weitgehend an, und zwar dadurch, daß der Richter im Einzelfall seinen Ermessensspielraum hinsichtlich dessen, was bewiesen werden muß, ent­ sprechend ausnutzen kann. 2. Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen

a) Gesetzliche Grundlagen Für das deutsche Recht konnte gezeigt werden, daß die Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen ein bislang unterschätztes Potential zur Vergrößerung der Haftungs97 Siehe Le Cannu/Lucheux/Pitron/S6n6chal, 537: mais il ne faut pas systematiser, il y a des administrateurs ou des associes qui sont tres mal informe...'". 98 Zu beachten ist dabei aber, daß französische Gerichte stärker als in Deutschland dahin tendieren, die Anfechtungsregeln als Eingriff in die Privatautonomie zu bewerten und daher die Anfechtungsregeln tendentiell eng auslegen; vgl. Le Cannu/Lucheux/Pitron/S6n6chal, Nr. 519 und allgemeiner Ehricke, ZZP 111 (1998), 105 f.

mässe bietet". Im französischen Recht finden sich ebenfalls Regeln zur Anfech­ tung unentgeltlicher Verfügungen; in Art. 1071 Nr. 1 und Art. 107 II L 85. Danach sind unentgeltliche Verfügungen (actes ä titre gratuit) grundsätzlich nichtig und können vom Insolvenzverwalter zugunsten der Masse herausverlangt werden. Fraglich ist, ob hier aus der gruppenspezifischen Sicht möglicherweise ein ähnlicher Befund wie für das deutsche Recht erlangt werden kann. Die Vorausset­ zungen beider französischer Vorschriften sind nahezu gleich, sie decken lediglich unterschiedliche Zeiträume ab, innerhalb derer die Handlungen vorgenommen sein müssen, um dann anfechtbar zu sein. Während Art. 107 I Nr. 1 L 85 den Fall der Zuwendungen nach der Zahlungseinstellung betrifft, ist Art. 107 II L 85 auf dieje­ nigen Handlungen anwendbar, die sechs Monate vor der Zahlungseinstellung vorgenommen wurden. Entscheidender Unterschied in den Rechtsfolgen ist, daß die Nichtigkeitsfolge einer unentgeltlichen Zuwendung nach Zahlungseinstellung zwingend vorgesehen ist, während der Richter hinsichtlich der Nichtigkeitsfolge im Rahmen des Art. 107 II L 85 ein Ermessen hat, aufgrund dessen er entscheiden kann, wie weit Leistungen in die Masse zurückgeführt werden müssen. Im Rahmen dieses Ermessens berücksichtigen die Gerichte vor allem die Kenntnis des Begün­ stigten von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des späteren Insolvenzschuld­ ners*100. Bei nahestehenden Personen, wie z.B. im hier interessierenden Fall des abhängigen Unternehmens in einer Gruppe im Verhältnis zu ihrer Mutter, wird die Kenntnis regelmäßig vermutet und die Nichtigkeit der zu beurteilenden Verfügung nahezu ebenso zwingend ausgesprochen wie in Art. 107 I Nr. 1 L 85101.

b) Die Unentgeltlichkeit der Leistung aa) Gegenstand der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen ist jede Übertragung und jeder Verlust eines (Vermögens-)Rechts, der das Vermögen des Schuldners vermindert102. Entscheidender Unterschied zum deutschen Recht ist, daß darunter jedoch nicht die Anfechtbarkeit der unentgeltlichen Erbringung von Dienstlei­ stungen fällt103, womit ein wichtiger Bereich konzerninterner Vermögensver­ schiebungen im Insolvenzfall nicht erfaßt werden kann, denn auch die allgemeine Auffangnorm des Art. 108, 2. Alt. L 85 greift hier nicht ein, weil sich diese Vorschrift nur auf entgeltliche Geschäfte bezieht. Das bedeutet, daß zumindest mit dem französischen Insolvenzanfechtungsrecht nicht dagegen angegangen werden kann, daß das herrschende Unternehmen in einer Gruppe auch in der „kritischen

" Siehe oben § 2, A. VIII. 100 v. Campe, 234; Ripert/Roblot, II, Nr. 3138. 101 Vgl. hierzu allgemeiner Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2510, Nr. 14. 102 Saint-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2507, Nr. 10; Ripert/Roblot,II, Nr. 3115; Soinne, Nr. 811; Guyon, Rp. com., Nr. 62 ff; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 521. 103 Zur Begründung im einzelnen, v. Campe, 222 f.; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2507, Nr. 31; Guyon, Nr. 1325; Perceraou/Dessertaux, Nr. 577.

Zeit“ vor der Zahlungseinstellung und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines Tochterunternehmens indirekt noch Haftungsmasse abziehen kann, indem es sich oder anderen Unternehmen in der Gruppe z.B. unentgeltlich Dienstleistungen erbringen läßt, ohne diese in der Insolvenz der Tochter zurückerstatten zu müssen.

bb) Die für die Anfechtungsmöglichkeiten entscheidende Frage, was unter einem unentgeltlichen „acte" zu verstehen ist, wird im französischen Recht im Zusam­ menhang mit den Maßstäben erörtert, die im bürgerlichen Recht, insbesondere zu Art. 1167 CC, entwickelt worden sind. Im Endeffekt kommt es dabei weitgehend zu denselben Ergebnissen wie sie auch im deutschen Recht bekannt sind104. Grundsätzlich sind danach Schenkungen - mit oder ohne Auflage105 - und solche Geschäfte unentgeltlich, die ohne Gegenleistung erbracht wurden106. Gleichzeitig spielt nach überwiegender, aber nicht unbestrittener Ansicht, das subjektive Krite­ rium der Jntention liberale'" (Schenkungswille) eine nicht unerhebliche Rolle bei der Beurteilung der Unentgeltlichkeit107. Damit werden in Frankreich Einzelpro­ bleme gelöst, die nach deutschem Verständnis auch ohne derartige subjektive Kriterien gelöst werden können108; gleichzeitig gibt es im Vergleich zum deut­ schen Recht aber auch Einengungen des Anwendungsbereichs der Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen. So läßt beispielsweise bereits schon die (subjektive) Erwartung der Tochter, in Zukunft werde sie (vom Leistungsempfänger) aufgrund der Leistung wirtschaftliche Vorteile erhalten, die Unentgeltlichkeit eines acte entfallen109. Die Frage, ob dasselbe auch hinsichtlich derjenigen Geschäfte gilt, bei denen der Wert der Gegenleistung wesentlich hinter dem der Leistung zurück­ bleibt, wird jedoch kaum diskutiert. Zwar kann ein unentgeltlicher Vertrag bzw. eine Schenkung dann nach Art. 107 I Nr. 1 oder Art. 107 II L 85 angefochten werden, wenn ihm der äußere Schein eines entgeltlichen Geschäfts gegeben wird, in Wirklichkeit aber doch ein entgeltliches Geschäft darstellt110. Dennoch finden sich, wie auch im deutschen Recht, kaum klare Kriterien, wann dies der Fall ist; entsprechende Entscheidungen sind in aller Regel wieder in das Ermessen des

104 v. Campe, 224 ff. 105 Bei der Schenkung mit Auflage wird jedenfalls dann Unentgeltlichkeit angenommen, wenn der Wert der zu erbringenden Auflage hinter dem Wert der Schenkung zurückbleibt; Ferid/ Sonnenberger, I, Rn. 2 F 453. 106 Vgl. Cass.com. 3.1.1989, Bull. Joly 1989, 273 (zur Sicherheitenbestellung der Tochter für die Mutter als unentgeltliche Leistung); Cass.com. 25.2.1986, D 1986, IR, 24 mit Anm. von Honorat (zur Sicherheitenbestellung der Mutter für die Tochter als unentgeltliche Leistung); zudem vgl. auch Le Cannu/Lucheux/Pitron/S6n6chal, Nr. 521. 107 Vgl. Ferid/Sonnenberger, II, Rn. 2 H 37 ff.; Mazeaud/Chabas, Nr. 100; Marty/Raynaud, I, Nr. 67; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com., Fase. 2507, Nr. 30; Ripert/Roblot,II, Nr. 3116; Derrida, Nr. 87; Soinne, Nr. 810; Guyon, Rp. com, Nr. 59 ff. 108 Beispiele sind dargestellt bei v. Campe, 226 ff. 109 Chartier, Nr. 171; Guyon, Rp. com., Nr. 61. 110 Vasseur, 354; Jeantin, Nr. 814; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com, Fase. 2507, Nr. 11.

Richters gestellt. Allgemein dürften die Grenzen aber eher eng gezogen werden, denn zum einen tut sich die Rechtsprechung in Frankreich traditionell sehr schwer, nachträglich in privatautonom zustandegekommene Verträge einzugreifen, und zum anderen werden Verträge, in denen ein unausgewogenes Verhältnis des Wertes von Leistung und Gegenleistung vereinbart ist, insolvenzrechtlich z.T. schon anderweitig erfaßt. Nach Art. 107 I Nr. 2 L 85 können nämlich Austausch­ verträge angefochten werden, bei denen die wechselseitigen Leistungen111 unaus­ gewogen zu Lasten des Schuldners gegangen sind112. Die Erleichterung dieser Anfechtungsmöglichkeit für den Insolvenzverwalter liegt darin, daß es dabei nicht des Nachweises subjektiver Elemente bedarf. Festgestellt werden muß nur, daß nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (cessation des paiements), aber höchstens 18 Monate vor Eröffnung des Verfahrens (Art. 3 und 9 L 85)113 eine ungleichgewich­ tige, gegenseitige Leistung erbracht worden ist. Die Gerichte fordern für die Anfechtung nach Art. 107 1 Nr. 2 ein ^desequilibre notable'" zu Lasten des Schuldners. Allgemeingültige Kriterien gibt es dafür jedoch ebenfalls nicht. Auch hier gilt, daß der Richter im Rahmen seines Ermessens immer nur anhand des Einzelfalls klärt, ob ein zur erleichterten Anfechtung berechtigendes Mißverhältnis vorliegt. Art. 107 I Nr. 2 L 85 wird ergänzt durch die Auffangnorm des Art. 108, 2. Alt. L 85. Während nach ersterer nur Austauschverträge anfechtbar sind, fallen unter den Anfechtungstatbestand des Art. 108, 2. Alt. L 86 die (übrigen) nicht unentgeltlichen Rechtsakte (acte ä titre onereux), die höchstens 18 Monate vor Eröffnung des Verfahrens vorgenommen worden sind. Insoweit könnte zwar Art. 108, 2. Alt. L 85 benachteiligende Transaktionen der Tochter an die Mutter erfas­ sen, doch dürfte die praktische Relevanz nicht zweiseitiger, wirtschaftlich stark ungleichgewichtiger Transaktionen nur sehr gering sein. Zudem ist für Art. 108 L 85 erforderlich, daß der Insolvenzverwalter grundsätzlich die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nachweist. Insoweit können hier nur die oben bereits dargestellten Erleichterungen des Nachweises der subjektiven Vorausset­ zungen zwischen Gruppenmitgliedern eingreifen, um den Insolvenzverwalter wegen der unausgewogenen Leistung einen erleichterten Zugriff auf das durch die unausgewogene Leistung vergrößerte Vermögen des herrschenden Unternehmens zur Vergrößerung der Haftungsmasse zu ermöglichen.

111 Es geht insoweit nur um „contrats commutatif. Das sind solche Versträge, bei denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon der Umfang der jeweiligen Leistungen feststehen (nicht dazu gehören z.B. alle Art der Risikoverträge.). 112 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 522 und 535 mit Nachweisen zu der neuesten Rechtsprechung. 113 Der Richter darf den Vornahmezeitraum bestimmen, wenn keine eindeutigen Kriterien vorliegen. Dieser darf aber 18 Monate nicht übersteigen.

3. Action paulienne

Für die Vergrößerung der Haftungsmasse der bankrotten Tochtergesellschaft kann der Insolvenzverwalter schließlich auch auf die sog. action paulienne zurück­ greifen, die außerhalb des L 85 in Art. 1167 CC geregelt ist. Diese Vorschrift betrifft grundsätzlich alle Rechtsakte114, die eine vorsätzliche Benachteiligung der Gläubiger (prejudice) darstellen. Gegenüber der Insolvenzanfechtung der Art. 107 und 108 L 85 läßt sich die action paulienne als allgemeine Anfechtungsregel inso­ weit abgrenzen, als daß letztere alle Arten von Rechtsakten unterliegen, während die Regeln der Insolvenzanfechtung nur in den gesetzlich normierten Tatbeständen eingreifen kann. Wegen dieses unterschiedlichen Anwendungsbereiches können die action paulienne und die Art. 107 f. L 85 nebeneinander angewendet werden115; Art. 1167 CC ist insoweit eine Auffangnorm. Unterschiedlich sind jedoch die Voraussetzungen der beiden Anfechtungsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu Art. 107 f. L 85 setzt Art. 1167 CC eine Schädigungsabsicht und deren Kennt­ nis seitens des Anfechtungsgegners voraus. Die Einzelheiten der Voraussetzungen für die allgemeine Anfechtung nach Art. 1167 CC sind umstritten116. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Voraussetzun­ gen für die Annahme des Beteiligungsvorsatzes des Schuldners. In der Tendenz scheint die Rechtsprechung, unterstützt von einigen Stimmen in der Literatur, jedoch davon auszugehen, daß die Kenntnis des Schuldners nicht die Benachteili­ gung als solche umfassen muß, sondern daß die Kenntnis von der Benachteiligxmgswirkung des anzufechtenden Rechtsgeschäfts generell ausreicht117. Diese Entscheidung ist für die Frage nach einer Anfechtung von Geschäften der Tochter mit ihrer Mutter oder mit Schwesterunternehmen wichtig. Denn die Weite des Verständnisses des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners hat unmittelbare Auswirkung auf die Möglichkeit, erleichtert auf das Mutterunternehmen zurück­ greifen zu können. Je geringer nämlich die Ansprüche an die subjektiven Kriterien der Tochter sind, desto geringer sind auch die subjektiven Voraussetzungen, die hinsichtlich der Mutter nachzuweisen sind, denn nach verbreiteter Ansicht laufen beide Kriterien parallel118. Das gilt jedenfalls bei entgeltlichen Rechtsgeschäften zwischen Mutter und Tochter einer Gruppe, wobei auch hier die Beweiserleich­ terungen eingreifen, die für nahestehende Personen allgemein entwickelt worden

114 Ausgenommen von der Anfechtung sind grundsätzlich Erfüllungshandlungen und Teilungsverträge, siehe dazu ausführlich v. Campe, 243 f.; siehe auch Pizzio-Delaporte, Rev.trim. dr.com. 1995, 72 f. 115 Chaput, Nr. 341; Guyon, R6p.com, Nr. 31; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Senechal, Nr. 546; vgl. auch Cass.com. 7.7.1987, Rev.proc.coll. 1987, (Nr. 4), 83 mit Anm. von Guyon. 116 Zu Einzelheiten sei verwiesen auf Pizzio-Delaporte, Rev.trim.dr.com. 1995, 71 ff. und auf die Zusammenfassung bei v. Campe, 246 ff. 117 Siehe Cass.civ. 17.10.1979, JCP 1981, II, Nr. 19627; dazu Devze/Saint-Alary-Houin, JC1. civ., Art. 1167, Nr. 76; Ghestin/Billiau, Nr. 709; vgl. auch Mazeaud/Chabas, obl., Nr. 994 118 Marty/Raynaud/Jestaz, Nr. 181; Weill/Terr, Nr. 876; Mazeaud/Chabas, Nr. 995.

sind119. Bei unentgeltlichen Geschäften setzt Art. 1167 CC auf Seiten des Anfech­ tungsgegners allerdings keine subjektiven Merkmale voraus120; insoweit kann der Insolvenzverwalter erleichtert Transaktionen zwischen der Tochter und der Mutter anfechten und auf die Mutter zurückgreifen, jedenfalls soweit die oben genannten Kriterien der Unentgeltlichkeit erfüllt sind, und damit die Haftungsmasse grund­ sätzlich um den Differenzbetrag zwischen Leistung und Gegenleistung vergrößern.

4. Geltendmachung und Rechtsfolgen der Anfechtung

Anders als im deutschen Recht kann die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter nach den Art. 107 und 108 L 85 bzw. nach Art. 1167 CC nur durch eine Klage geltend gemacht werden121, denn das französische Recht versteht die Feststellung der Nichtigkeit und die Rückforderung einer anfechtbar erbrachten Leistung als Teil einer einheitlichen Nichtigkeitsklage122. Der angefochtene Rechtsakt wird durch das Anfechtungsurteil dinglich unwirksam. Damit kann der Insolvenz­ verwalter die vom Insolvenzschuldner erbrachten Leistungen zurückfordern. Da im französischen Recht mit dem Vertragsschluß auch gleichzeitig das Eigentum über­ geht, besteht in Frankreich bei der Anfechtung von Rechtshandlungen nicht das im deutschen Recht diskutierte Problem, ob der Insolvenzverwalter auch bestimmte Gegenstände zurückverlangen kann. Der Anfechtungsgegner wird bei erfolgreicher Anfechtung so behandelt, als sei er nie Eigentümer der Sachen geworden, so daß der Insolvenzverwalter über diese auch verfugen kann. Hat der Insolvenzschuldner bereits an den Anfechtungsgegner geleistet, kann der Insolvenzverwalter diese Leistung ebenfalls herausverlangen123. Im Fall, daß der Insolvenzschuldner eine Sache erlangt hat, wird der Anfechtungsgegner wieder Eigentümer und kann den Gegenstand aussondem. Ist der Gegenstand nicht mehr in natura in der Masse vor­ handen oder handelt es sich um eine Geldleistung, kann der Anfechtungsgegner nur eine Geldleistung verlangen. Diese ist aber nur eine Insolvenz- und keine Masseforderung124.

119 Siehe v. Campe, 251. 120 Siehe Cass.civ. 14.3.1984, Gaz.Pal 1985, I, jur., 17; Mazeaud/Chabas, Nr. 995; Marty/ Raynaud/Jestaz, II Nr. 180. 121 Für die action paulienne ist dies nicht selbstverständlich, denn ihre Rechtsfolge geht nur auf die relative Unwirksamkeit der Rachtshandlung, die nach französischem Recht zu ihrer Wirksamkeit nicht gerichtlich festgestellt zu werden braucht. Das Erfordernis hat sich aber im Zusammenspiel mit den Regeln des allgemeinen Insolvenzrechts gewohnheitsrechtlich verfestigt; vgl. dazu v. Campe, 341. 122 Vgl. Derrida/God/Sortais, Nr. 350; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 539. 123 Sehr ausführlich und auf die Einzelfälle eingehend v. Campe, 303 ff.; vgl. auch Ferid/ Sonnenberger, I, Rn. E 285. 124 Derrida/Godö/Sortais, Nr. 351; Ripert/Roblot, II, Nr. 3120; Saint-Alary/Houin, JC1. com., Fase. 2515, Nr. 83; in deutscher Sprache nun v. Campe, 314 f.

In dem Fall, daß die Rückgewähr des anfechtbar erworbenen Gegenstandes ganz oder teilweise unmöglich geworden ist, hat der Insolvenzverwalter Schadens­ ersatzansprüche gegen den Anfechtungsgegner125. Dasselbe gilt auch, wenn eine Naturalrestitution wegen der Natur der Leistung nicht möglich ist126. Erhebliche Probleme gibt es hinsichtlich der Rechtsfolgen bei der action paulienne, die im wesentlichen darauf beruhen, daß die Folge einer erfolgreichen Anfechtung nur eine relative Unwirksamkeit darstellt und die action paulienne auch von einzelnen Gläubigem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden kann127: Die Einzelheiten brauchen an dieser Stelle nicht darge­ stellt zu werden128, da in der Praxis die action paulienne kein Instrument darstellt, das dem Insolvenzverwalter besondere Erleichterungen an die Hand gibt, Rechts­ handlungen der nunmehr bankrotten abhängigen Gesellschaft in einer Gruppe gegenüber anderen Unternehmen derselben Gruppe anzufechten. 5. Rangrückstellungen

Im Rahmen der Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung ist entsprechend der Darstellung zum deutschen Recht abschließend zu fragen, ob es im französischen Recht Mechanismen gibt, aufgrund derer die Haftungsmasse für bestimmte Gläubiger dadurch „vergrößert“ werden kann (Vergrößerung durch Erhöhung der Quote für die anderen Gläubiger), indem bestimmte Gläubiger der Masse nicht oder trotz besseren Ranges nur nachrangig an der Verteilung der Masse teilnehmen dürfen. Im Grundsatz gilt im französischen Recht wie im deutschen, daß allein die Zugehörigkeit zur selben Gesellschaftsgruppe keine Rangumverteilung der Forde­ rungen an die Masse zugunsten außenstehender Gläubiger rechtfertigt. Das ergibt sich bereits aus der Überlegung, daß wenn im französischen Recht nicht einmal die Zugehörigkeit zu einer Gruppe dazu fuhrt, Insidergeschäfte erleichtert unter Weg­ fall der subjektiven Tatbestandsmerkmale anfechten zu können, es inkonsequent wäre, wegen der Gruppenzugehörigkeit sogar eine Rangumstellung der Forderung zu gestatten. Vielmehr wird eine Rangrückstellung bestimmter Forderungen in der liquidation einer Gesellschaft als grundsätzlich nicht mehr zu rechtfertigender Ein­ griff in die Privatautonomie und in die damit im Einzelfall verbundene Risikover­ teilung angesehen129. Gleichwohl ist dem französischen Recht die Rangrückstellung bestimmter Forderungen in der Insolvenz nicht völlig fremd. Unabhängig von dem vertraglich 125 Guyon, R6p.com., Nr. 52; Ripert/Roblot, II, Nr. 3126; Saint-Alary-Houin/Dizel, JC1. com. Fase. 2515, Nr. 57. 126 Veaux, JC1. civ., Art. 1304-1314, Fase. 4, Nr. 19. 127 Vgl. dazu Derrida/God6/Sortais, Nr. 525; Chaput, Nr. 341. 128 Siehe die ausführliche Darstellung bei v. Campe, 81 ff. 129 Siehe Art. 1165 CC und dazu Mazeaud/Chabas, Nr. 742 ff.

vereinbarten Rangrücktritt von Forderungen anderer Gruppenunternehmen findet sie sich - jedenfalls im Ergebnis - dort, wo eine nunmehr bankrotte Gesellschaft Darlehen in Form von prets participatifs aufgenommen haben. Derartige prets participatifs sind Darlehen mit einer langen Laufzeit, die insbesondere für die Verbesserung des Finanzbedarfs kleinerer Unternehmen gedacht sind, und vom Staat, von Banken oder von Versicherungen vergeben werden130. In der Insolvenz der betreffenden Gesellschaft können die Geber von prets participatifs ihre Darlehen nach h.M. erst nach der Befriedigung aller anderen Gläubiger geltend machen, so daß diese Darlehen faktisch wie haftendes Kapital der Gesellschaft gestellt sind131. Wegen dieses engen Adressatenkreises der Regelung trifft eine solche „Rangrückstellung“ ein herrschendes Unternehmen einer Gruppe nicht, es sei denn, es ist zufälligerweise gerade einer der in der entsprechenden Vorschrift aufgezählten Kreditgeber. Rein theoretisch könnte man auch dem Ansatz nach bestimmte Finanzierungs­ handlungen der Gesellschafter in Bezug auf eine SARL als Forderungen bezeich­ nen, die in der Insolvenz der Gesellschaft im Rang zurückgestellt werden. Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzende Darlehen ist dem französischen Recht unbekannt, so daß eine SARL sich daher unter Beach­ tung der Einschränkungen des Bankengesetzes (Gesetz no. 84-46 vom 24.1.1984) durch Aufnahme von Gesellschafterdarlehen notwendiges Kapital verschaffen kann, ohne daß die Gesellschafter in der Insolvenz Gefahr liefen, dieses Darlehen nicht wie andere Darlehensgeber auch gleichberechtigt (als Quote) zurückfordern zu können. Als Gesellschafter könnte sich ein herrschendes Unternehmen, das der abhängigen Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, ggf. jedoch Art. 1244 CC entgegenhalten lassen müssen. Danach kann die Rückforderung des Darlehens vom Gericht dann ausgesetzt werden, wenn die Durchsetzung des Anspruchs die Existenz der Gesellschaft gefährden würde132. Da in der Insolvenz des Darlehens­ nehmers diese Gefahr aber bereits verwirklicht ist, wird dieser Vorschrift bzw. einer Analogie zu ihr - soweit ersichtlich - keine Bedeutung beigemessen, inso­ weit daß etwa das Darlehen im Forderungsrang hinter alle Forderungen von außen­ stehenden Gläubigem gesetzt würde. Damit kommt der Vergrößerung der Quote gruppenexterner Gläubiger durch die Rangrückstufung von gruppeninternen Forderungen zugunsten gruppenexterner

130 Mestre/Faye, Nr. 2801; seit dem 1.8.1986 hat sich der Charakter der prets geändert. Sie werden im wesentlichen nur noch zur Unternehmensgründung oder als Garantie beim Unter­ nehmensverkauf gestellt, siehe ausführlich Couret, Bull. Joly 1986, 659 ff. Vgl. eingehend zu dem Gesamtkomplex der staatlichen oder staatlich veranlaßten Hilfen für Unternehmen in Schwierig­ keiten; Decheix, Pet. Aff. 24.7.1994, Nr. 75, 10. 131 Siehe umfassend mit Hinweisen auch zur abweichenden Ansicht Carmagnol, JCP 1980, öd. CI, II, Nr. 13350; Couret, Bull. Joly 1986, 659 ff.; Le Cannu/Luchueux/Pitron/S6n6chal, Nr. 125. 132 Mercadel/Janin, Lefebvre Soc.Com. Nr. 146; vgl. auch CA Aix-en-Provence 6.10.1981, Rev. Soc. 1982, 308 mit Anmerkung von Sortais.

Gläubiger in der Insolvenz des abhängigen Unternehmens im französischen Recht keine Bedeutung zu.

6. Zusammenfassung Im Vergleich mit dem deutschen Recht stellt das französische Recht nur sehr geringfügige Möglichkeiten für den Insolvenzverwalter zur Verfügung, gruppen­ interne Vermögensverschiebungen zu Lasten der abhängigen Gesellschaft mit den Mitteln der Insolvenzanfechtung zur Vergrößerung der Haftungsmasse erleichtert rückgängig zu machen. Der Umstand, daß ein Vertrag mit einem herrschenden Unternehmen abgeschlossen wurde, das aufgrund seiner contröle grundsätzlich immer über die Interna der Tochter Kenntnis hat, fuhrt in Frankreich allenfalls zu einer Beweiserleichterung hinsichtlich der vom Insolvenzverwalter nachzuweisen­ den subjektiven Tatbestandsmerkmale bei dem Anfechtungsgegner. Die Insider­ anfechtung ist gekennzeichnet von dem Ermessen des Richters hinsichtlich der Ausfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale. Das gleiche gilt prinzipiell auch für die Anfechtung unentgeltlicher Verträge. Prinzipiell ist es daher zwar möglich, daß auch solche Verträge angefochten werden können, denen nur der äußere Schein der Entgeltlichkeit gegeben wird, doch wird die Anfechtung unentgeltlicher Verträge tendenziell restriktiv verstanden. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil die Anfechtung unausgewogener Austauschverträge gesetzlich gesondert geregelt und den erschwerten Anfechtungsvoraussetzungen unterworfen ist. Als Auffangtatbestand steht dem Insolvenzverwalter die allgemeine Anfechtung der action paulienne zur Verfügung. Diese bietet für die Anfechtung gegenüber des herrschenden Unternehmens aber ebenfalls kaum Erleichterungen im Vergleich zur Anfechtung einer entsprechenden Leistung gegenüber einem Gruppenextemen.

IV. Die action en comblement de passif 1. Einleitung

Zu den wichtigsten und berühmtesten Möglichkeiten des Insolvenzverwalters, die Haftungsmasse des Insolvenzschuldners aufzustocken, gehört die action en comblement de passif. Dieses Institut findet Anwendung, wenn über das Vermögen einer juristischen Person des Privatrechts, die eine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgt hat, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. In Art. 180 L 85 heißt es: „Stellt sich bei einem Insolvenzverfahren heraus, daß eine juristische Person über­ schuldet ist und ein Geschäftsleitungsfehler zur Überschuldung beigetragen hat, so kann das Gericht bestimmen, daß die Schulden der juristischen Person ganz oder teilweise auf die rechtmäßig bestellten oder faktischen Geschäftsleiter übertragen werden.“ Damit wird im Insolvenzfall also eine verschärfte Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung einer juristischen Person bestimmt, die auch für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Unternehmens in einer Gruppe in Frankreich

nutzbar gemacht werden kann. Diese Ausfallhaftung steht in einem engen Verhält­ nis zur zivilrechtlichen Organhaftung. Nach allgemeiner Ansicht in der französi­ schen Literatur und Rechtsprechung handelt es sich nämlich nicht um eine spezi­ fisch konkursrechtliche Sanktion, sondern vielmehr um eine Form der zivilrecht­ lichen Haftung, die im Zusammenhang mit den besonderen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten in der Insolvenz eines Unternehmens die allgemeine zivilrechtliche Sorgfaltshaftung an die Komplexität innerbetrieblicher Vorgänge und den damit verbundenen Beweisschwierigkeiten anpassen soll133. Daher sei es auch nicht Zweck der Vorschrift, einen Geschäftsleiter deshalb zur Verantwortung zu ziehen, weil er z.B. unfähig oder unehrlich gewesen sei, sondern um den Schaden auszu­ gleichen, den die Gläubiger erlitten haben, die wegen des unzureichenden Vermö­ gens der Gesellschaft nicht vollständig befriedigt werden können134. Die Konzep­ tion des Art. 180 L 85 erklärt sich als Reaktion auf die Ausgestaltung dieser Haftung in den früheren Regelungen135. So wurde in der Vorgängernorm des Art. 180 L 85, Art. 99 des Gesetzes vom 13.7.1967 (= L 67) die Haftung des Geschäfts­ führers als Gefährdungshaftung ausgestaltet, die auf einer doppelten Vermutung aufgebaut war. Zum einen wurde (widerleglich) vermutet, daß die Deckungslücke im Vermögen der Gesellschaft auf ein Verschulden der Geschäftsleiter zurück­ zufuhren sei. Jene konnten sich nur exkulpieren, wenn sie zeigen konnten, daß sie die Geschäfte mit der notwendigen Sorgfalt geführt hatten. Zum anderen wurde aufgrund der Kausalitätsvermutung die gesamte Deckungslücke im Vermögen der Gesellschaft auf das (seinerseits vermutete) Verschulden der Geschäftsleiter zurückgeführt. Da nach Art. 99 L 67 ein Gegenbeweis der Geschäftsleiter praktisch nicht möglich war, war die zweite Vermutung nach h.M. unwiderleglich. Diese strenge Haftung sollte dazu dienen, die Stellung des Gläubigers zu verbessern. Die Vermutungskaskade hatte dabei insbesondere die Aufgabe zu vermeiden, daß aufgrund unklarer Verhaltensmaßstäbe für die Geschäftsleiter nicht mehr aufge­ klärt werden konnte, ob eine Pflichtverletzung vorlag oder nicht. Dieses Haftungs­ konzept ist jedoch auf großen Widerstand in der Literatur136 und in der Rechtspre­ chung137 gestoßen. Mit dem neugeschaffenen Insolvenzrecht von 1985 ist dieser Kritik Rechnung getragen worden, und man ist zum Prinzip des allgemeinen Haftungsrechts zurückgekehrt, das auch schon in den gesetzlichen Bestimmungen vor 1940 galt. In Art. 180 L 85 wurde die doppelte Vermutung wieder abgeschafft und gleichzeitig der Versuch unternommen, den Gläubigerschutz durch die Ausfallhaftung des Geschäftsleiters in konzeptioneller Abkehr vom Ansatz des 133 Cass.com. 22.5.1957, Rev.tim.dr.com. 1957, 1015, Guyon, II, Nr. 1371 f.; Hrmard/Terr/ Mabilat, II, Nr. 1224. 134 Guyon, II, Nr. 1372. 135 Saint-Alary-Houin, Nr. 1084. 136 Siehe etwa Vasseur, Banque 1979, 7 (11 ff.), 187 (194 ff.); Lyonnet, Rev.jur.com. 1982, 121 ff.; Martin, Anm. zu C.A. Bordeaux 18.11.1981; Sortais, Anm. zu Cass.com. 6.2.1979, Rev. Soc 1980, 128 f.; Martel Gaz. Pal. 1979,1, doctr., 41; siehe Zahn, 195 ff. m.w.N. 137 Siehe die Darstellung bei Sayag/Serbat, Rn. 363; Guyon, II, Nr. 1372 f., 1377.

Art. 99 L 67 als Billigkeitshaftung zu gestalten138. Dazu wird dem Richter im jeweiligen Fall ein weiter Ermessensspielraum hinsichtlich der Rechtsfolgen eröff­ net. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann das Gericht deshalb den Umfang der Haftung und den Haftungsadressaten bestimmen. Die äußerste Haftungsgrenze bildet aber der Fehlbestand an Aktiva; es gibt für den Geschäftsleiter im Insolvenz­ fall der Gesellschaft mithin keine Form offener oder versteckter ^punitiv dammages^. Es ist dem Richter im Gegenteil sogar z.B. möglich, einen Geschäfts­ leiter trotz nachgewiesener Pflichtwidrigkeit von der Haftung zu befreien139. Das Ermessen des Richters bezieht sich zudem nicht zuletzt auch auf die Auswahl, wer von mehreren möglichen Geschäftsleitern in welchem Maß zur Haftung herange­ zogen werden kann. In die Ermessensentscheidung müssen dabei einfließen das Ausmaß der persönlichen Pflichtwidrigkeit des Geschäftsleiters und deren Folgen für die Gesellschaft140, die persönlichen Umstände, wie beispielsweise die wirtschaftliche und/oder die soziale Lage des Geschäftsleiters und dessen Be­ mühen, den Gläubigerausfall zu minimieren141. Bei der Frage, ob und wenn ja inwieweit Unternehmen als faktischer Geschäftsführer in der Liquidation eines abhängigen Unternehmens haften müssen, bedeutet dieser Ermessensspielraum freilich auch das Einfallstor für rechts- und wirtschaftspolitische Erwägungen, die in Frankreich aufgrund der viel stärkeren Verwebung der Wirtschaft mit staatlich­ politischen Zielvorstellungen traditionell eine ganz erhebliche Rolle in rechtlichen Sanktionsmechanismen spielen142. Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der in Art. 179 L 85 bezeichneten Person vor143, so kann damit die Ausfallhaftung nach Art. 180 L 85 eingreifen. Parallel zu den Vorausset­ zungen des allgemeinen Haftungsrechts, wie es sich insbesondere in Art. 52 L 66 und in Art. 1382 CC findet, ist die Haftung nach Art. 180 L 85 an das Vorliegen von drei Tatbestandsmerkmalen geknüpft: Ein Geschäftsführer muß eine Pflicht­ verletzung begangen haben, die ursächlich für einen Schaden bei dem Insolvenz­ schuldner war.

138 Dazu siehe ausführlich Zahn, 85 ff.; vgl. auch die gegenüberstellung des alten und des neuen Rechts bei Ebenroth/Kieser, KTS 1988,20 f. 139 Siehe mit Nachweisen Sayag/Serbat, Rn. 353; ferner vgl. auch CREDA, 307 ff 140 Cherchouly-Sicard, Nr. 116; Hrmard/Terr/Mabilat, Nr. 1237 f.; Ferrari, Nr. 213; aus der Rechtsprechung vgl. z.B. Aix 26.5.1981, Rev.jur.com. 1981, 3444, 347; CA Paris 8.1.1979, Rev.jur.com. 1981, 334, 337 f.; CA Douai 12.10.1961, Rev.jur.com. 1961, 318, 312. 141 Hrmard/Terr/Mabilat, Nr. 1238; Cherchouly-Sicard, Nr. 116. Dazu auch Zahn, 128 ff, 267; Falcke, 125. 142 Siehe insoweit die typischen Befürchtungen, die mit diesem Instrument im Ausland verbunden sind; Wenner, 3 („Wer handelt, haftet“); Junker, RIW 1986, 337 und Süß, EuZW 1996, 65 („Damoklesschwert“). 143 Von Art. 179 L 85 wird jede juristische Person des Privatrechts, die eine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgt, erfaßt une personne morale de droit prive ayant une activite economique..."); siehe Guyon, II, Nr. 1384.

2. Normadressaten des Art. 180 L 85 Der Umstand, daß der action en comblement de passif häufig eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit Konzernen zugeschrieben wird, liegt größten­ teils daran, daß der Adressatenkreis dieser Geschäftsleiterhaftung besonders weit gezogen wird144. Die Ausfallhaftung in der Insolvenz einer Gesellschaft erfaßt nämlich, genau wie die anderen Haftungsnormen im L 85 auch145, nicht nur den bzw. deren nominellen Geschäftsleiter (dirigeant de droit), sondern darüber hinaus auch den faktischen Geschäftsleiter dieser Gesellschaft (dirigeant de fait), wobei es gleichgültig ist, ob diese für ihre Tätigkeit entlohnt werden oder nicht146. Ebenso kann unter Umständen auch auf schon bereits ausgeschiedene Geschäftsleiter zurückgegriffen werden147. Vor dem Hintergrund, daß der Eingriff in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens oder sogar deren vollständige Übernahme das typische Mittel ist, mit dem das herrschende Unternehmen seine Vorstellungen hinsichtlich des abhängigen Unternehmens durchzusetzen versucht, stellt Art. 180 L 85 aufgrund dieses umfassenden Adressatenkreises offensichtlich ein ganz besonders geeigne­ tes Instrument dar, die mannigfaltigen Einflußmöglichkeiten von herrschenden Gesellschaften auf die von ihr abhängigen Gesellschaften innerhalb einer Unter­ nehmensgruppe in der Insolvenz erfassen zu können148. Eine solche Möglichkeit der Haftung der Mutter im Konkurs einer Tochter läßt dieses Instrument in deut­ schen Augen schnell zu einem Instrument des Konzemhaftungsrechts werden, das Ausfluß eines genuinen französischen Ansatzes des Konzem(haftungs)rechts ist. In Wirklichkeit wird diese Einbeziehung des herrschenden Unternehmens in die Haftung aber nicht aus einer - wie auch immer gestalteten - Konzemperspektive betrachtet. Mit der Feststellung einer möglichen Haftung einer herrschenden Gesellschaft für ein mit ihr in einer Gruppe verbundenes abhängiges Unternehmen wird deshalb insbesondere auch keine Art „Unwerturteil“ abgegeben, oder gemeint, daß das herrschende Unternehmen mit der Haftung ein Korrelat erfüllen müsse für die Gefahren, die mit der Konzernierung für Außenstehende verbunden 144 Bendel, 111; Martin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41, E-l, Nr. 51. 145 Mittlerweile ist unstrittig, daß der Begriff des dirigeant einheitlich für alle Haftungsnormen im Insolvenzrecht zu verstehen ist, weil eine Differenzierung nicht sachgerecht wäre; siehe Angermüller, 66 f.; Houin, Nr. 420,472, 542 f.; Ripert/Roblot, II, Nr. 3266; Honorat, DS 1977, IR, 487 (Anm. zu Cass.com. 2.5.1977); hinsichtlich des dirigeant de fait ablehnend aber noch RivesLanges, DS 1975, ehr., 65 Nr. 2; zweifelnd auch Alliot, Rev. tr. dr. com. 1981,201 (Nr. 46 f.). 146 Guyon, Nr. 1390, m.w.N. 147 L Cannu, Nr. 1618; vgl. auch Chaput, Rev.proc.coll. 1989, 593; M. Creff, Rev.trim. dr.com. 1978, 479 ff. Die Unentgeltlichkeit der Geschäftsleiterdienste kann allenfalls bei der Festsetzung der Höhe des Betrages, den der Geschäftsleiter im Rahmen der Geschäftsleiterhaftung zahlen muß, eine Rolle spielen. Ferner ist die Frage der Unentgeltlichkeit für die hier interes­ sierenden Fälle der Qualifizierung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsleiter weitgehend uninteressant. 148 M. Wolf, 43; Börse, 37 m.w.N.; vgl. auch Honorat, Rp.Defr. 1990, 1230 f.

sind, wie es gelegentlich in der deutschen Diskussion hinsichtlich qualifizierter faktischer Konzemverbindungen vertreten wird. Die action en comblement de passif ist ein allgemeiner, in den Bereich des Insolvenzrechts verlagerter, deliktischer Haftungsansatz, dessen Anknüpfungspunkt nur die Geschäftsführung des jeweiligen Unternehmens ist. Ob es dabei eigenständig oder aber in eine Gruppe eingebunden ist, ist völlig gleichgültig. a) Der ordnungsgemäß bestellte Geschäftsleiter (dirigeant de droit)

aa) Als dirigeant de droit werden all diejenigen Geschäftsleiter bezeichnet, die nach dem hierfür in den einzelnen Vorschriften vorgesehenen Verfahren bestellt wurden und die Aufgabe haben, die Gesellschaft zu leiten, ohne lediglich ihr „Bevollmächtigter“ (prepose) zu sein. Dabei kommt es nur auf das formale Krite­ rium der ordnungsgemäßen Benennung und die Eintragung im Handelsregister an149. Daraus folgt unmittelbar, daß es für die Haftung nach Art. 180 L 85 keine Rolle spielt, ob die betreffenden Personen tatsächlich eigenständige Leitungsfunk­ tionen ausgeübt haben, ober ob sie vielmehr den Anweisungen Dritter unter­ standen150. Die Verantwortlichkeit wird mithin unwiderleglich aus der formalen Position abgeleitet. Für die Frage der Haftung eines Mutterunternehmens im Konkurs ihrer Tochter sind in diesem Kontext zwei Fragen ausschlaggebend: Welche Organe können nach französischem Recht als dirigeant de droit in Betracht gezogen werden und in welchem Maße können einer Muttergesellschaft als juristische Person diese Handlungen dieser Organstellung überhaupt zugerechnet werden? bb) Die Geschäftsleiterhaftung eines dirigeant de droit betrifft stets die Geschäfts­ führer der SARL151, die Mitglieder des Verwaltungsrates und den Generaldirektor einer monistisch organisierten AG (SA) bzw. die Vorstandsmitglieder bei der dualistisch organisierten AG152. Arbeitnehmervertreter, die nach der Ordonnance 86-1135 vom 21.10.1986153 im Verwaltungsrat bzw. im Aufsichtsrat der SA sitzen, unterliegen denselben Voraussetzungen wie die übrigen Geschäftsleiter. Nicht als dirigeant de droit qualifiziert werden jedoch die sogenannten technischen Direk­

149 Guyon, Nr. 1389; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1613; Dupichot, in: Haftung der Leitungsorgane, 185; Börse, 24; Angermüller, 69 ff. 150 Bendel, 112; M. Wolf, 44; vgl. Cass.com. 24.3.1965, Bull.Civ. III, 206 f. (Nr. 231). 151 Ripert/Roblot, II, Nr. 3267, 3271; Hrmard/Terr/Mabilat, I, Nr. 483; Houin, Nr. 422; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1613. 152 In dem G-1966 werden für die Organisation einer SA zwei unterschiedliche Formen vorgesehen: die herkömmliche Form der SA sieht lediglich einen Verwaltungsrat (conseil d'administration) vor, während die neuere Form der SA nach deutschem Muster einen Vorstand (directoire) und einen Aufsichtsrat (conseil de surveillance) vorsieht; vgl. Ripert/Roblot, I, Nr. 1259 und 1311. 153 Siehe Guyon, II, Nr. 1389.

toren, die über einen Arbeitsvertrag an die Gesellschaft gebunden sind und nur eine auf bestimmte Sachgebiete begrenzte Entscheidungskompetenz haben, oder lei­ tende Angestellte in entsprechender Stellung154; bei ihnen kommt je nach Um­ ständen allenfalls eine Haftung als dirigeant de fait in Betracht154 155. Ebenfalls können - trotz einer Mindermeinung156 - nach Auffassung der Rechtsprechung157 die Mitglieder des Aufsichtsrates in einer dualistisch organisierten SA nicht als dirigeant de droit in Anspruch genommen werden158, so daß die Mutter auch nicht über die Zurechnung des Verhaltens eines von ihr dorthin entsandten Vertreters in die Haftung einbezogen werden kann. Formal betrachtet beschränkt sich die Rolle des Aufsichtsrates per definitionem darauf, den Vorstand zu kontrollieren. Art. 250 L 66 regelt diesbezüglich ausdrücklich, daß die Aufsichtsratsmitglieder für die Akte der Geschäftsführung bzw. ihre Folgen keine Verantwortung tragen159. Die Mitglieder des Aufsichtsrates können deshalb nur als dirigeant de fait oder nach dem allgemeinen Haftungsrecht für ihr individuelles Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden. Ein solches liegt z.B. darin, daß durch ihre Nachlässigkeit die mangelhafte Geschäftsführung des Vorstandes erleichtert oder die Folgen dessen noch verschlimmert wurden. Da die Posten, die ein dirigeant de droit bekleiden kann, nur von natürlichen Personen besetzt werden können, scheint die Einordnung eines herrschenden Unternehmens als dirigeant de droit auszuscheiden. Es ergibt sich freilich ein anderes Bild, wenn von der Mutter natürliche Personen in die Organe der abhängi­ 154 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1614; Martin, Gaz.Pal. 1990,1, doctr. 24. 155 Cass.com. 26.10.1971, Bull.civ. IV, Nr. 256; Ripert/Roblot I, Nr. 1202; Hrmard/Terr/ Mabilat, I, Nr. 429; Angermüller, 74. 156 Vgl. Guynot, Rev. Soc. 1976, 119 f. (Anm. zu CA Paris 8.7.1975); Galimard, Gaz. Pal. 1976, I, doctr. 311 Nr. 18; Hrmard/Terr/Mabilat, II, Nr. 1254 und 1247; Sortais, Rev. Soc. 501 (Anm. zu Cass.com. 1.7.1975). 157 Siehe etwa CA Paris 8.7.1975, Rev. Soc. 1976, 114 ff.; CA Paris 6.1.1977, Rev.jur.com. 1977,142, 151 f. 158 Vgl. M. Wolf, 45; Zahn, 89 f.; Daigre, Rp.Soc.Dalloz, Nr. 364; Roblot, Nr. 1330, 1380, 3281; Mestre/Faye, Nr. 559; Houin, Nr. 310, 422; Contin, Rev.jur.com. 1979, 249; Rives-Lange, DS 1975, ehr., 65, Nr. 8. 159 ^es membres du conseil de surveillance sont responsables des fautes personneiles commises dans Vexecution de leur mandat. Ils n'encourent aucune responsabilite, en raison des actes de la gestion et de leur resultat. Ils peuvent etre declare civilement responsables des delits commis par les membres du directoire si, en ayant eu connaissance, ils ne les ont pas reveles ä l'assemblee generale.'' Dagegen wird aber in der Literaur häufiger darauf hingewiesen, daß sich die Tätigkeit eines Aufsichtsrates in vielen Bereichen immer mehr der eines Vorstand annähere, so daß sich auch die Haftungsregeln angleichen müßten. In der Tat ist z.B. der Art. 128 L 66 durch das Gesetz L No. 88-15 vom 5.1.1988 dahingehend ergänzt worden, daß ein Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates bei Grundstücksverkäufen, Übertragungen von Beteiligungen und Gewährungen von Sicherheiten durch die SA eingeführt wurde. Darüber hinaus kann die Satzung eines Unter­ nehmens auch weitere Zustimmungsvorbehalte anordnen, so daß die Verantwortung für die Geschäftsführung des Aufsichtsrates allmählich zunimmt (z.B. Guyon, II, Nr. 1389; Hrmard/ Terr/Mabilat, II, Nr. 1257, 1254).

gen Gesellschaft entsandt worden sind und diese sich das Handeln dieser Personen als ihr eigenes zurechnen lassen muß. Ansatzpunkt einer solchen Überlegung ist Art. 91 alinea 1 L 66. Nach dieser Vorschrift kann eine juristische Person Mitglied im Verwaltungsrat der monistischen SA (conseil d'administration) werden. Auf­ grund der weitreichenden Einflußmöglichkeiten, die der Verwaltungsrat neben seiner Spitze (dem Präsident des Verwaltungsrat) hat, ist deshalb anerkannt, daß die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats dirigeants de droit sind160. Eine juristische Person ist durch sog. ständige Vertreter in diesem Organ repräsentiert. Daher werden ihr insoweit die Aktivitäten ihres ständigen Vertreters als eigene zugerechnet161. Gleichwohl bleibt daneben die Haftung des betreffenden ständigen Vertreters als natürliche Person bestehen162. Gegen diese zweite, zusätzliche Haftungsmöglichkeit ist in der Literatur erhebliche Kritik erhoben worden163. Es wird als unbillig und als Bruch des allgemeinen Systems der Zuordnung von Verantwortlichkeit und Haftung angesehen, wenn ein weisungsabhängiger Ver­ treter der Muttergesellschaft, der in aller Regel ein Angestellter sei und dessen persönliches Vermögen daher in keinem Verhältnis zum Umfange der Tätigkeit der Gesellschaft stehe, deren Geschäfte er führe164, für Maßnahmen soll verant­ wortlich gemacht werden können, die dem herrschenden Unternehmen als eigene vorzuwerfen sind. Da aber aus der formalen Stellung des ordentlichen Geschäfts­ führers unwiderleglich die Verantwortlichkeit für Geschäftsleiterentscheidungen folgt, läßt sich die Haftung des Vertreters in der Position eines ordentlichen Geschäftsleiters nicht leugnen. Allerdings wäre der Konflikt dadurch zu lösen, daß dem Vertreter einer Muttergesellschaft als ordentlicher Geschäftsleiter in einer abhängigen Gesellschaft unter Umständen165 entweder ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der fraglichen Geschäftsführungsmaßnahmen gegenüber dem Mutter­ unternehmen eingeräumt166 oder ihm nur eine subsidiäre Haftung nach der von ihm vertretenen juristischen Person auferlegt wird167. Letztlich dürfte dies Problem in der Praxis jedoch weitgehend akademisch sein, weil der Richter aufgrund seines

160 Roblot, Nr. 3281; Zahn, 88; M. Wolf, 45 aus der Rspr., vgl. Cass.com 26.1.1986, Bull. Joly 1988, 290 f.; Cass.com 1.4.1981, Gaz.Pal. 1981, Pan. 315; Cass.com. 23.5.1973, Bull. Civ. IV 166 f., Nr. 185 (alle zu der alten Vorschrift des Art. 99 L 67, die aber inhaltlich hier anzuwenden ist.). 161 Sortais, Rev.jur.com. 1977, 124 f. 162 Vgl. CA Paris 18.6.1991, Bull. Joly 1992,277, 278. 163 Siehe Mestre/Faye, Nr. 1832. 164 Vgl. Martin, Gaz.Pal. 1990,1, doctr., 25. 165 Das wäre nur dann der Fall, wenn der dirigeant de droit nachweisen kann, daß er bei einer Entscheidung oder bei einem Entscheidungsbündel nur dem Willen der ihn entsendenden Mutter gefolgt ist. 166 So CA Paris 28.4.1983 - zitiert nach Mestre/Faye, Nr. 1832; vgl. dazu auch M. Wolf, 46, Fn. 27. 167 Guyon, II, Nr. 1392.

Ermessens in aller Regel auf den kapitalkräftigeren der möglichen Schuldner zurückgreifen wird; das wird stets die Konzemmutter sein. Da andere Geschäftsleitungsorgane nicht von juristischen Personen durch ihre Vertreter besetzt werden können, werden in Frankreich die Fälle, die im deutschen Recht unter dem Schlagwort der personellen Verflechtung diskutiert werden, regelmäßig nicht als dirigeant de droit sondern als dirigeant de fait erfaßt168. b) Der dirigeant de fait (das faktische Leitungsorgan)

aa) Der Begriff des faktischen Geschäftsleiters ist gesetzlich nicht geregelt169. Allgemein wird er definiert als jemand, der neben oder anstelle der rechtmäßigen Organe in eigener Souveränität und Verantwortung170 171 frei und unabhängig durch positives Tun Geschäfte leitet, „une activite positive et habituelle de haute gestion en toute independence et liberte^^. Damit bestimmt sich, wann ein dirigeant de fait vorliegt, nach drei Kriterien: Die betreffende (natürliche oder juristische) Person muß eine freie und unabhängige Stellung innehaben, es muß eine aktive Entscheidungsmaßnahme vorliegen, und diese muß im Hinblick auf die Geschäfts­ führung vorgenommen worden sein. Unstrittig ist, daß ein herrschendes Unter­ nehmen hinsichtlich der abhängigen Gesellschaft - über seine handelnden Organe - dirigeant de fait sein kann172.

bb) Eine Person kann nur dann als dirigeant de fait qualifiziert werden, wenn sie in ihrer Entscheidungsfindung souverän und keinen Weisungen oder Empfeh­

168 Siehe Chaput, Nr. 770. 169 Siehe dazu Nott, JCP, CI, I, 1980, Nr. 8560; Chercholy-Sicard, Nr. 164; A. Honorat, Rev. Soc. 1977, 737; Martin-Serf, JC1. Soc. Fase 41, E-l, Nr. 52; Guyon, II, Nr. 1389; Ripert/Roblot, II, Nr. 3267. 170 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1615. 171 Richtungsweisend ist die Begriffsbestimmung von Rives-Lange, DS 1975, ehr., 42 ff., der aufgrund einer Rechtssprechungsanalyse diejenige Merkmale zusammengetragen hat, auf die die Rechtsprechung im wesentlichen die Beutreilung eines dirigeant de fait gestützt hat. Diese Begriffsbestimmung ist weitgehend anerkannt worden, siehe mit Nachweise zur Literatur Angermüller, 80; aus der Rechtsprechung siehe CA Paris 17.3.1978, DS 1978, I R 420 mit Anm. von Vasseur; CA Paris 11.5.1978, Rev. jur. com. 1979, 102 mit Anm. von Le Guidec. Vgl. ferner Tricot, Droit et Patrimoine 1996, 24 und allgemeiner: Leveneur, Situation de fait et droit priv, 1991. Siehe auch CA Paris 11.6.1987, Bull Joly 1987, 719, wo das Gericht hinsichtlich der Bestimmung eines dirigeant de fait ausgeführt hat: „La qualite de gerant de fait est caracterisee par l'immixition dans les fonctions determinantes pour la direction generale de Ventreprises, impliquant une participation continue d cette direction et un contröle effectif et constant de la marche de la societe en cause.^ 172 CA Aix-en-Provence 26.5.1981, D., 1983 IR, 60 mit Anm. von Derrida; Cass.soc. 3.4.1990, Rev. Soc. 1990, 625 mit Anm. von Guyon; CA Paris 15.5.1990, Bull. Joly 1990, 879; Barbiri, Rev.proc.coll. 1991, 153, 170; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1617.

lungen anderer unterworfen ist173. Damit soll primär verhindert werden, daß höhere Angestellte, wie z.B. kaufmännische Direktoren als faktische Leitungsorgane in Betracht kommen, weil diese zwar in die Geschäftsführung von Gesellschaftern eingreifen, dabei aber regelmäßig nur auf höherer Ebene getroffene Entscheidun­ gen ausfuhren174. Das herrschende Unternehmen in einer Unternehmensgruppe hat diese geforderte Souveränität aufgrund ihrer Beherrschungsposition gleichsam schon definitionsgemäß175. Dagegen kommen Schwestergesellschaften aufgrund dieses Erfordernisses prinzipiell gerade nicht als dirigeant de fait in Betracht, weil sie aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Mutter Weisungen etc. von ihr ausgesetzt ist, letztlich also gegenüber der abhängigen Gesellschaft in der Gruppe keine freie und unabhängige Stellung einnehmen kann. In Einzelfallen kann jedoch auch dieses Tatbestandsmerkmal durch den Richter wieder korrigiert werden. Vorstell­ bar ist dies etwa in Fällen, wo eine Schwestergesellschaft auf Betreiben der Mutter auf die nunmehr bankrotte Tochter eingewirkt hat. Dort könnte er sowohl die Mutter als auch die Tochter als dirigeants de fait qualifiziert und ihnen beiden dann nach Maßgabe ihrer „Beteiligung“ an der betreffenden Maßnahme die Rechtsfolgen anteilig auferlegen176. cc) Während ein dirigeant de droit bereits haftbar gemacht werden kann, wenn er bei einer drohenden Gefahrenlage für das Unternehmen untätig bleibt177, kommt die Verantwortlichkeit einer anderen Person als dirigeant de fait nur dann in Betracht, wenn ein positives Tim vorliegt178. 179 Unabhängig davon, wie sehr ein Unterlassen gegen die Pflicht eines gedachten ordentlichen Geschäftsleiters verstoßen würde, hat eine Person, die kein tatsächlicher Geschäftsführer ist, nämlich keine Ingerenzpflicht. Er kann sich vielmehr auf den Grundsatz berufen „On ne devientpas dirigeant en s'abstenant^ 179. Ganz zentrale Voraussetzung für die Einordnung einer Person als dirigeant de fait ist, daß nach überwiegender Auffassung in Frankreich nicht irgendein Tun genügt; es muß zumindest seinem Inhalt nach der Maßnahme eines tatsächlichen Geschäftsführers ähnlich sein180. Deshalb reicht es nicht allein aus, daß eine Mutter

173 CA Paris 3.6.1981, 79, Nr. 5; Saint-Alary-Houin, Nr. 1078; vgl. Angermüller, 81; Zahn, 104. 174 M. Wolf, 51; Rives-Lange, DS 1975, ehr., 41 und 44, Nr. 16 ff.; Nott JCP 1980, öd. E, 8560, Nr. 9. 175 Vgl. Saint-Alary-Houin, Nr. 1078. 176 Vgl. zu alledem M. Wolf, 55; Zahn, 97 ff. 177 Cass.com. 3.3.1981, Rev. Soc. 1982,564; Rives-Lange, DS 1975, ehr, 65, Nr. 2,6 und 10. 178 Siehe statt aller Le Cannu/Lucheux/Pitron/Sönöchal, Nr. 1616. 179 Rives-Lange, DS 1975, ehr. 41 ff. Nr. 6 (insbes. 9); vgl. Junker, RIW 1986, 342; Falcke, 128; Angermüller, 82 f.; Sortais, Rev. Soc. 1979, 129; Cherchouly-Sicard, Nr. 157; siehe auch CA Paris 7.5.1975, D. 1975, som. 121; Cass.com. 2.5.1977, 736 mit Anm. A. Honorat (738). 180 Vgl. Bendel, 114 ff. mit Hinweisen zur Rechtsprechung; Rives-Lange, DS 1975, ehr, 42, Nr. 9; darüber hinaus vgl. auch Cass.com v. 26.10.1971, Bull.Civ.IV S. 236, Nr. 256; Paris, v.

Mehrheitsgesellschafter der Tochtergesellschaft ist und damit jedenfalls potentiell über die faktische Entscheidungsmacht verfugt181. Vielmehr wird verlangt, daß die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens einen im weitesten Sinne „förmlichen“ Charakter haben182. Was im einzelnen unter „förmlich“ zu verstehen ist, ist nicht geklärt. Tendenziell sind nach überwiegender Auffassung darunter solche Handlungen zu verstehen, die allge­ mein dem Verständnis einer Weisung oder einer (formellen) Entscheidung nahe­ kommen183. Problematisch ist daher die Qualifizierung eines herrschenden Unter­ nehmens als faktischer Geschäftsleiter für den Fall, daß er der abhängigen Gesell­ schaft nur einfache Ratschläge oder Empfehlungen gegeben hat. Hier ist die Grenze zu „Entscheidungen“ nur sehr schwer zu ziehen184. Soweit es sich tatsäch­ lich nur um eine Empfehlung des herrschenden Unternehmens an das Tochter­ unternehmen handelt, schlüpft das Mutterunternehmen nach verbreiteter Auffas­ sung nicht in die Rolle eines dirigeant de faitx^5, Da aber Ratschläge und/oder Empfehlungen ein besonders subtiles Mittel zur Durchsetzung von Geschäftsfüh­ rungsmaßnahmen sind und es in der Praxis regelmäßig nicht aufgedeckt werden kann, ob mit den Ratschlägen etc. nicht auch mehr oder weniger direkt Sanktionen für den Fall der Nichtbefolgung verbunden waren, die diese zu „Maßnahmen“ werden lassen könnten, besteht die Gefahr, daß auf diesem Weg die Haftung des dirigeant de fait ausgehöhlt werden könnte186. Vor diesem Hintergrund finden sich auch Stimmen, die auch bei Ratschlägen oder Empfehlungen davon auszugehen, daß es sich dort um „Maßnahmen“ handelt187. Diese konnten sich bislang nicht durchsetzen, weil von der anderen Seite ansonsten die Gefahr gesehen wird, daß der Anwendungsbereich des dirigeant de fait derart weit gefaßt wird, daß eine

7.5.1975, D. 1975, som. 121; CA Paris 20.2.1978, Rev. Soc. 1979, 123 mit. Anm. Sortais; CA Paris 29.4.1981 Bull. rap. 1981, Nr. 3, 7; CA Lyon, 2.7.1979, Bull. rap. 1981, N. 3, 11; Cass.com 12.4.1976, Rev. Soc. 1976, 106. 181 Siehe auch M. Wolf, 48; Hardouin, in: Droit de groupes de societes, Nr. 12061; vgl. CA Paris 10.5.1989, JCP 1989, öd. E., II, 15558. 182 In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß eine Unterscheidung zu den Kontrollrechten und zu den Aktivitäten der Angestellten in einem Unternehmen möglich sein müsse, CA Paris 7.5.1975, D 1975, 121; Chartier, Rev. Soc. 1980, 3; Le Cannu/Lucheux/Pitron/ Snchal, Nr. 1617; vgl. auch Lutter, ZGR 1987, 359. 183 Cass.comm. 9.5.1978, D 1978, jurisp. 419 mit Anm. von Vasseur; CA Paris 17.3.1978, D 1978, inf. rap., 420; CA Nancy 15.12.1977, JCP 1978, ed. gen., II, Nr. 18912 mit Anm. von Stoufflet. 184 Siehe D. Schmidt, ZGR 1982,281. 185 Chercouly-Sicard, 165, Anm. 157; M. Wolf, 48; Cass.com 23.3.1971, Bull.Civ. IV 84, Nr. 91; CA Aix-en-Provence 30.9.1975, D. 1976, som. 2, 3. 186 Diesen Aspekt unterschätzt offenbar M. Wolf, 48; siehe auch Junker, RIW 1986, 342; Falcke, 128 f. 187 Vgl. die Hinweise bei Hardouin, in: Droit de groupes de societös, Nr. 12061; CherchoulySicard, Nr. 157; Vasseur, Banque 1979, 14; vgl. in diesem Zusammenhang auch Junker, RIW 1986,342.

Person schon dann als faktischer Geschäftsführer in die Haftung einbezogen werden könnte, wenn dieser etwa als Außenstehender Hinweise oder Empfehlun­ gen bezüglich einer Entscheidung an die Gesellschaft gegeben hat. Besonders betroffen wären davon insbesondere Anwälte, Wirtschaftsberater, Steuerberater oder Banken. Dies hätte jedoch erhebliche negative Effekte, insbesondere eine Kostenexplosion, zur Folge. Denn wenn jeder, der der Geschäftsleitung eines Unternehmens einen Rat gibt, Gefahr liefe, später dafür über das hinaus zu haften, was ihn möglicherweise ohnehin aus der Verletzung des vertraglichen Verhältnis­ ses trifft, würde er dieses Risiko durch höhere Preise oder durch die Kosten für höhere Versicherungsprämien abzudecken versuchen. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage bedeutsam, wie die Eingriffs­ befugnisse des herrschenden Unternehmens als herrschender Gesellschafter bei der Tochter in deren Geschäftsführung von denjenigen Maßnahmen abgegrenzt werden können, die dazu führen, daß die Gesellschafter als faktischen Geschäftsleiter qualifiziert werden können. Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der Haftungsbeschränkung von Gesellschaftern in Kapitalgesellschaften betrachtet man in Frankreich einen Gesellschafter nur dann als faktischen Geschäftsleiter, wenn er die Herrschaft in der Gesellschaft in einer Art und Weise und einem Umfang an sich zieht, die im wesentlichen dem ordnungsgemäß bestellten Ge­ schäftsleiter jeder eigenen Entscheidungsmöglichkeit beraubt. So sehen Gerichte beispielsweise Gesellschafter, selbst wenn sie über die breite Mehrheit verfügen, solange nicht als dirigeant de fait an, wie sie sich nur darauf beschränken, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen, bzw. solange wie sie den ordentlich bestellten Geschäftsführern die grundsätzlichen Entscheidungen hinsichtlich der Geschäftsführung der Gesellschaft überlassen188. Aus diesen Grundsätzen wird in Frankreich gefolgert, daß ein Mutterunternehmen erst dann der Haftung des Art. 180 L 85 als dirigeant de fait unterliegt, wenn sie die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft praktisch in ihre Hände genommen hat189. Ähnliches gilt auch in der Ein-Personen-Gesellschaft, die von einem anderen als dem Gesellschafter als dirigeant de droit geleitet wird. Solange der Gesellschafter sich weitgehend aus der Geschäftsführung heraushält, trifft ihn die Geschäftsführerhaftung nicht. Frei­ lich dürften die Fälle, in denen sich der Alleingesellschafter tatsächlich eines bestimmenden Einflusses auf die Geschäftsführung enthält, jedoch vernachlässig­ bar selten sein, so daß man davon ausgehen kann, daß in einer Einpersonen-Gesellschaft der Gesellschafter regelmäßig als dirigeant de fait in Betracht kommt190.

dd) Um die Nähe zu Geschäftsleitungsmaßnahmen eines dirigeant de droit zu gewährleisten und so den Adressatenkreis des dirigeant de fait nicht ausufem zu

188 Vgl. dazu CA Paris 10.5.1989, JCP 1989, d. CI, II, Nr. 15558 mit Anm. v. Nott; Nott, Nr. 125 m.w.N. 189 Siehe etwa CA Paris 16.5.1975, D 1975, 122. 190 Dazu vgl. Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1617; Barbiri, Rev.proc.coll. 1991,170.

lassen, muß es sich bei der Handlung der Mutter ferner um eine „activite positive de direction'191 handeln. Damit werden Maßnahmen, die das bilaterale Verhältnis der abhängigen Gesellschaft zu dem herrschenden Unternehmen berühren, grund­ sätzlich nicht als Geschäftsführungsmaßnahme qualifiziert. Zu solchen gehören beispielsweise Entnahmen oder Einlagen aus bzw. in das Gesellschaftsvermögen oder Gesellschafterdarlehen192. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn etwa die Darlehensgewährung an die Gesellschaft an bestimmte Geschäftsführungsmaß­ nahmen geknüpft werden193. Damit ist gleichzeitig die problematische und mit weitreichenden Konsequenzen verbundene Frage angesprochen, ob und wenn ja unter welchen Umständen im französischen Recht Banken und andere Kreditgeber als dirigeants de fait in die Haftung genommen werden können. Prinzipiell haben französische Gerichte unter breiter Zustimmung der Literatur die Einbeziehung von Banken und anderen Kreditgebern in den Haftungstatbestand des Art. 180 L 85 gebilligt194. Es wäre jedoch wirklichkeitsfremd und ökonomisch kaum vertret­ bar, wenn ein Kreditgeber, insbesondere bei einem größeren Kreditvolumen, keinerlei Kontrollmöglichkeiten vereinbaren könnte, ohne Gefahr laufen zu müssen, als dirigeant de fait qualifiziert zu werden. Daher ist in Frankreich aner­ kannt, daß sich ein Kreditgeber durchaus auch Kontrollrechte einräumen lassen darf, ohne daß er dadurch gleich zu einem faktischen Geschäftsführer würde195. Allerdings sind die Grenzen auch hier z.T. sehr schwierig zu ziehen. Regelmäßig erlaubt die Rechtsprechung den Kreditinstituten all diejenigen Kontrollrechte, die geeignet und notwendig sind, die Realisierung der Rückzahlung des gegebenen Darlehens zu gewährleisten196. Das weist auf eine relativ großzügige Behandlung der Einflußnahmen von Banken hin. Unterstrichen wird dies etwa durch Urteile, wo Banken nicht als dirigeant de fait qualifiziert wurden, obwohl sie im Rahmen einer aktiven Sanierungshilfe eines Unternehmens die Ernennung eines neuen, von ihr allerdings abhängigen Generaldirektors veranlaßt haben197. Ferner wird es generell auch nicht als faktische Geschäftsführung angesehen, wenn die Bank bzw. der Kreditgeber darauf besteht, daß ein geeigneter Sanierungsplan erstellt wird, wenn sie die Ablösung unfähiger Geschäftsleiter verlangen oder wenn sie - in gewissem Rahmen - die Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel über­

191 Rives-Lange, DS 1975, ehr., 41 ff. 192 Junker, RIW 1986, 343. 193 Martin, Banque 1978,658; Cherchouly-Sicard, Nr. 157. 194 Vasseur, Banque 1979,12 f.; vgl. auch CA Paris 3.3.1978, D 1978, som. 420 mit Anm. von Vasseur. 195 Vgl. dazu ausführlich Zahn, 48 ff., insbes. 50,97 m.w.N. 196 Vasseur, 40 ff; Martin, Banque 1978, 658; CA Paris 17.3.1978 D. 1978, D. Inf. rap. 420, lere esp. (mit Anm. Vasseur). 197 CA Paris 6.1.1977, D. 1977, J. 144 (146 f.) mit Anm. von Vasseur; CA Aix-en-Provence 26.5.1981, D 1983, Inf. rap. 60 mit Anm. von Derrida; siehe auch Zahn, 97; M. Wolf. 50.

wachen198. Dagegen wird die Stellung eines dirigeant de fait dann bejaht, wenn sich die Banken bzw. die Kreditgeber in erheblicher Weise in die Geschäftsführung einmischen, sich an der Gesellschaft beteiligen, wenn sie durch eine ständige Verlustübernahme das geschäftliche und finanzielle Schicksal in der Hand haben199, oder wenn sie einen Beauftragten entsenden, der den Geschäftsleitern in wichtigen Angelegenheiten Anweisungen gibt, was sie zu tun haben200. Bei letzte­ rem ist allerdings wiederum die Grenzziehung zwischen dem Einmischen in die Geschäftsführung und der Erteilung eines sachgemäßen Rates schwierig. ee) Die parallele Fragestellung zu der oben angeschnittenen Frage, ob das Mutterunternehmen als dirigeant de droit angesehen werden kann, wenn aus ihren Reihen jemand ordentlicher Geschäftsleiter einer beherrschten Gesellschaft ist201, ergibt sich hier im Zusammenhang mit der Voraussetzung, daß sich eine Verant­ wortlichkeit als dirigeant de fait nur dann ergibt, wenn ein Bezug zur Geschäfts­ führung gegeben ist. Dann muß nämlich geprüft werden, ob die Mutter für die Fehlleistungen ihrer Direktoren, Vorstandsmitglieder oder leitenden Angestellten, die als dirigeant de fait einer beherrschten Gesellschaft qualifiziert werden können, neben diesen ebenfalls als dirigeant de fait haften soll. In dieser Konstellation ist die Antwort eindeutig: Da die faktische Geschäftsleitung auch durch einen Stroh­ mann oder Mittelsmann, der keinem formalen Leitungsorgan der beherrschten Gesellschaft angehört, ausgeübt werden kann202, muß sich konsequenterweise das Mutterunternehmen seine Einflußnahme (gerance de fait) mittels Direktoren und anderer Entscheidungsträger als eigene zurechnen lassen, jedenfalls soweit die Entscheidungen auch in seinem Sinne getroffen wurden203. Es ist ferner deutlich, daß Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung der abhän­ gigen Gesellschaft den ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer dieser Gesell­ schaft grundsätzlich nicht entlasten und dieser selbst dann noch dem Art. 180 L 85 unterfallt, wenn er sich an der Geschäftsführung gar nicht mehr beteiligt hat204. Ungeklärt ist in der französischen Literatur und Rechtsprechung jedoch, ob die Zurechenbarkeit des Verhaltens des Entsandten der Muttergesellschaft in den

198 Vgl. Cass.com. 18.11.1980, D 1981, IR., 339 mit Anm. von Vasseur; Rodire/Rives-Lange, Nr. 389. 199 Siehe etwa CA Paris 3.11.1975, Rev.jur.com. 1979, 350, 353. 200 Guyon II, Nr. 1389. 201 Siehe oben IV. 2. a. 202 Cass.com. 10.12.1968, Bull.cass. 1968, 4, Nr. 354; Cass.com. 25.10.1977, Rev. Soc. 1978, 294 mit Anm. von Randoux; CA Paris 6.1.1977, D. 1977, 144 mit Anm. von Vasseur; CA Paris 17.3.1978, Banque 1978, 656 mit Anm. Martin; Ripert/Roblot, II, Nr. 3267. 203 Siehe Junker, RIW 1986, 344; M. Wolf, 50 f.; vgl. Paris 3.3.1978, D 1978, Inf. rap. 420; Hardouin, in: Droit de groupes de Socits, Nr. 12061. 204 Ausnahmen gibt es dabei nach der hier vertretenen Auffassung allerdings für den Fall, wo der dirigeant de droit der abhängigen Gesellschaft ein Gesandter der betreffenden Muttergesell­ schaft ist; siehe oben IV. 2. a.

Geschäftsleitungsorganen der Tochter als dirigeant de fait gleichzeitig seine Haftungsfreistellung oder zumindest nur seine subsidiäre Haftung bedeutet oder ob eine parallele Verantwortung beider dirigeant de faits in Betracht kommt205. Hält man sich die Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit der Entsandten einer Muttergesellschaft vor Augen, so sind sie auch dann nur „Ausführungsorgane“, wenn es sich um die Stellung eines dirigeant de fait handelt, so daß jedenfalls die primäre Haftung als dirigeant de fait die juristische Person der Muttergesellschaft trifft. c) Juristische Person des öffentlichen Rechts als dirigeant de fait

Aus französischer Perspektive ist es schließlich auch eine bedeutsame und umstrittene Frage, ob auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die öffentliche Hand als dirigeant de fait haften muß206. Diese Frage ist scharf zu unterscheiden von dem oben bereits angesprochenen Aspekt, daß über das Vermö­ gen einer juristischen Person kein Insolvenzverfahren nach dem L 85 eröffnet werden kann207. Hinter dieser Kontroverse steht die in Frankreich relevante, weitergehende Frage, inwieweit der Staat den Gläubigem einer bankrotten Gesell­ schaft dafür verantwortlich ist, daß durch seine Maßnahmen möglicherweise ein Unternehmen trotz erkennbarer wirtschaftlicher Schwierigkeiten weiter geführt wurde, wodurch sich die Probleme vergrößerten und dann zum Zusammenbruch führten208. Insbesondere ist dabei an Subventionierung (unter Auflagen) oder an die Gewährung von Bürgschaften und Krediten, sowie an die in der französischen Wirtschaftspraxis nicht seltenen staatlichen Eingriffe in die Lenkung der Wirt­ schaft zu denken. Hauptargument für eine Einbeziehung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts in das Haftungskonzept der Geschäftsführerhaftung ist, daß der Staat in Form derartiger juristischer Personen im Ergebnis nicht zwischen natürlichen Personen und juristischen Personen des Privatrechts unterscheide, wenn und soweit er sich in die Geschäftsführung des privaten Unternehmens ein­ mische209. Soweit die Geschäftsführung einer Gesellschaft nicht mehr von den dafür Verantwortlichen gestaltet werden könne, sei es für die Einstandspflicht

205 Siehe Vasseur, Banque 1979, 14; M. Wolf, 50; Zahn, 96. 206 Siehe Trib.com. Paris 8.8.1991, Rev.jur.com. 1991, 321, mit Anm. von Gallet; Haehl, Rev. Soc. 1984, 150, der auf eine Entscheidung des T.G.I. Orleans vom 11.6.1983 hinweist, wo das Gericht die öffentliche Hand ebenfalls als dirigeant de fait klassifiziert hat; Saint-Alary-Houin, Nr. 1078; für eine Einbeziehung CA Aix-en-Provence 3.2.1966, JCP 1966 II, Nr. 14861 mit Anm. von Percerou = Rev. Soc. 1966, 437 mit Anm. Plaisant; Trib. com. Rouen 10.3.1981, Rev.jur.com. 1982, 153 f. mit Anm. Mestre = D 1981, IR., 337 mit Anm. von Vasseur; auch im deutschen Recht wird auch vermehrt die Einbeziehung der öffentlichen Hand in das Konzem(haftungs-)recht diskutiert, vgl. etwa Raiser, ZGR 1996,458 ff. 207 Siehe oben II. 208 Befürwortend Angermüller, 97. 209 Guyon, II, 1389.

unerheblich, von wem die tatsächliche Geschäftsführung generell oder in einem bestimmten Bereich ausgegangen sei; es käme nur darauf an, daß die Eigenstän­ digkeit des Unternehmen ganz oder teilweise in den Geschäftsführungsbelangen aufgehoben worden sei210. 211 Dagegen wird aber argumentiert, daß es mit einer Haftung der öffentlichen Hand als Geschäftsführungsorgan es dem Staat praktisch unmöglich gemacht werde, wirtschaftslenkende Maßnahmen zu ergreifen, insbe­ sondere strukturschwache Industriezweige gezielt durch Subventionen zu stützen oder volkswirtschaftlich wünschenswerte Risikogeschäfte abzusichern211. Damit seien dem Staat in der Konsequenz nicht selten dann auch die Hände für eine aktive Arbeitsmarkt- oder Industriepolitik gebunden. Unter Berücksichtigung des speziellen französischen Ansatzes in der Wirtschaft und in der Wirtschaftspolitik, der zum einen besonders davon gezeichnet ist, daß der Staat direkt oder mittels der entreprises publics eine viel größere Stellung in der gesamten Wirtschaft einnimmt als beispielsweise in Deutschland, und der sich zum anderen dadurch auszeichnet, daß die Insolvenzvermeidung im Krisenfall (immer noch) weitgehend als staatliche Aufgabe angesehen wird212, dürfte in der Tendenz eine stärkere haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Staates für gezielte Eingriffe in die Geschäftsführung von Unternehmen abgelehnt werden213. Damit würde der Staat als Zugriffsobjekt für die Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefallenen abhängigen Unternehmens einer Gruppe regelmäßig nicht in Betracht kommen.

d) Zusammenfassende Betrachtung

Das französische Insolvenzrecht zieht sowohl ordnungsgemäß bestellte Geschäfts­ führer als auch faktische Geschäftsführer in die Einstandspflichten der Geschäfts­ leiter für Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft mit ein. Ausgenommen ist dabei aber die öffentliche Hand, auch wenn sie weit mehr in die einzelnen Bereiche der Wirtschaft und der Unternehmensführung eingreift als dies in Deutschland der Fall ist. Durch die Anerkennung der Haftung eines faktischen Geschäftsleiters ist ein weiter Bereich für die Verantwortlichkeit eines herrschenden Unternehmens in der Insolvenz des abhängigen Unternehmens eröffnet. Die Qualifizierung eines herr­ schenden Unternehmens hängt von einigen Voraussetzungen ab. So muß stets ein 210 Vgl. Mestre, Rev.jur.com. 1982, 154, Nr. 10 ff. (Anm. zu Trib. com Rouen 10.3.1981). 211 So etwa Amselek, D 1982, J 395 f. (Anm. zu Trib. com. Rouen 10.3.1981). 212 Vgl. dazu eingehend Zahn, 34 ff, der sich allerdings im wesentlichen noch auf die Zeit von 1985 bezieht. Mit der Änderung der Insolvenzgesetzgebung 1985 sollte sich das Engangement des Staates verringern; in der Praxis ist dies während der Ära Mitterand jedoch nur unvollständig gelungen. 213 Probleme gibt es ferner mit der Zuständigkeit der (zivilrechtlichen) Handelgerichte, denn für Staatshaftungsansprüche sind die Verwaltungsgerichte zuständig; siehe Trib. com. Rouen 19.10.1982, D 1983, J 283, mit Anm. von Moulin; Amselek, D 1982, J 395 f. (Anm. zu Trib. com Rouen 10.3.1981).

positives Tun vorliegen, das bestimmte formale Kriterien erfüllt, damit es dem Handeln eines ordnungsgemäßen Geschäftsleiters entspricht. Gefordert ist damit eine Maßnahme in bezug auf die Geschäftsleitung, eine „activite positiv de direction". Dabei handelt es sich nach verbreiteter französischer Auffassung um Maß­ nahmen, die die wirtschaftliche oder finanzielle Leitung des Unternehmens betref­ fen. Ausgeschlossen sind deshalb alle Aktivitäten der „technischen Geschäftsfüh­ rung“, insbesondere die Weitergabe von know-how der Mutter an ihre Tochter214. Darüber hinaus scheiden bloße „Aufsichtsmaßnahmen“ der Gesellschafter, sowie deren Stimmabgabe in der Hauptversammlung oder in Ausschüssen mit Beratungs­ oder Kontrollfunktion als Maßnahme in Bezug auf die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens aus215. Weitgehend ausgeschlossen sind aber auch Rat­ schläge oder Empfehlungen bzw. „weiche“ Einflußnahmen unter dem Level der Weisung oder der förmlichen Maßnahme. Damit wird insoweit jedoch ein erheb­ licher Teil moderner Einflußnahme auf die Geschäftsführung eines Unternehmens ausgeblendet. Für die Möglichkeit, einer umfangreichen Auffüllung der Haftungs­ masse ist diese enge Begrenzung der Tätigkeiten, wegen derer ein Mutterunter­ nehmen als dirigeant de fait qualifiziert werden kann, abträglich. Gleichzeitig muß man bei einer derartigen Wertung Vorsicht walten lassen. Da das französische Recht gerade nicht von einer Konzemidee ausgeht, gibt es in der Insolvenz einer abhängigen Tochter auch nicht das Ziel, das herrschende Unternehmen gleichsam als Kehrseite seiner Leitungsbefugnis in der Gruppe möglichst umfangreich für die Verbindlichkeiten der Tochter einstehen zu lassen. Das französische Recht versucht nämlich ganz konsequent, einen Ausgleich für Eingriffe in die Belange des betreffenden Unternehmens zu erreichen, der sich nur daran orientiert, inwie­ weit unberechtigterweise die Autonomie der Gesellschaft verletzt wurde. Dabei ist ein ganzes Bündel an Rechten - etwa der Gesellschafter und der Geschäftsführer und Pflichten zu berücksichtigen, die der Richter dann im Rahmen seines indivi­ duellen Ermessens bewertet. 3. Haftungsauslösende Tatbestände

Kann das herrschende Unternehmen als dirigeant de fait qualifiziert werden, so haftet es nach Art. 180 L 85 aber nur, wenn ihm eine Pflichtverletzung in der Geschäftsführung (faute de gestion) nachgewiesen werden kann und diese Pflicht­ widrigkeit der Geschäftsleitung zu einem Fehlbestand an Aktiva bei der Gesell­ schaft beigetragen hat.

214 Siehe Nott, JCP Com. 1980 IN. 8560, 78, Nr. 8; vgl. Cherchouly-Sicard, Nr. 157; Junker, RIW 1986, 343; M. Wolf, 51; siehe auch Cass.com. 23.5.1973, Rev. Soc. 1974, 544; Cass.com. 26.10.1971, Bull.Cass. 1971, 4, Nr. 260. 215 Chercouly-Sicard, Nr. 157; Nott, Nr. 125 m.w.N., Zahn, 96 f., M. Wolf, 49, Junker, RIW 1986, 343; aus der Rechtsprechung siehe etwa Cass.com. 5.2.1973, Bull. Civ. IV Nr. 58; CA Paris v. 7.5.1975, D 1975, som. 121.

a) Pflichtverletzung aa) Der Begriff der faute de gestion ist gesetzlich nicht definiert. Es ist jedoch allgemeine Ansicht, daß er weit auszulegen ist216. Als Verschuldensmaßstab reicht leichte Fahrlässigkeit aus217. Neben Irrtümern und Nachlässigkeiten bei der Geschäftsführung können auch Verstöße gegen die Satzung oder das Gesetz „Geschäftsführungsfehler" sein. Eine besondere Qualität bedarf der Fehler dabei prinzipiell nicht218. Grundsätzlich kann es daher nicht darauf ankommen, den speziellen Pflichtenverstoß in die Gesamtbilanz der Geschäftsführung der Gesell­ schaft einzuordnen219. 220 Die Frage, ob eine faute de gestion vorliegt, wird immer nur einzelfallbezogen beantwortet. Betrachtet man jedoch die Rechtsprechung zu Art. 180 L 85 und dessen Vorgängernorm, Art. 99 L 67220, so lassen sich eine Reihe von Fallgruppen isolieren221, 222 in denen eine Pflichtverletzung der Geschäftsleiter angenommen wurde: Eine faute de gestion liegt beispielsweise vor, wenn den Geschäftsführer ein Legalitätsverstoß trifft. Neben der Gruppe der Verletzungen von Kapitalerhaltungsvorschriften bei der SA, etwa Kauf eigener Aktien (Art. 63 S. 4, 217 bis 217-4 und 454-1 L 66) oder die Verteilung fiktiver Dividenden (Art. 347, 425 Nr. 2 und 3 und 437 Nr. 1 und 2 L 66)222, gehört dazu z.B. auch der Fall, in dem es der Geschäftsleiter unterlassen hat, die für den Verkauf bestimmter Produkte erforderlichen Genehmigungen einzuholen, so daß als Folge der staat­ lichen Reaktion darauf es zu einer Krise und schließlich zur Zahlungseinstellung kommt223. Ein weiterer Pflichtverstoß liegt bei Handlungen vor, die zu einer Berei­ cherung Dritter auf Kosten des betreffenden Unternehmens führen224. Dabei darf darunter jedoch nicht jedes Handeln verstanden werden, das sich negativ für die beherrschte Gesellschaft auswirkt und gleichzeitg positive Effekte für einen Dritten - meist die Mutter als faktischen Geschäftsführer - hat. Vielmehr sind von franzö­

216 Saint-Alary-Houin, Nr. 1086 mit Nachweisen zu Rechtsprechung. Das hat seinen Grund darin, daß man eine noch größere Abschwächung des Art. 180 L 85 im Vergleich zu seiner Vorgängervorschtrift Art. 99 L 67 vermeiden wollte; Versuche, sog. qualifizierte Pflichtverlet­ zungen als Voraussetzung für die Haftung zu etablieren, konnten sich daher nicht durchsetzen, Zahn, 199 mit Nachweisen zur Gesetzgebungsgeschichte. 217 Siehe Daigre, Rp. Soc. Dalloz, Anm. 385; M. Wolf, 57; Ripert/Roblot, II, Nr. 3285; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1649 f. mit Nachweisen aus der neuesten Rechtsprechung. 218 Siehe CA Paris 19.1.1993, D 1993 IR, 123; Trib.com. Paris 15.9.1992, Bull.Joly 1993, 79. 219 So aber M. Wolf, 57. 220 Die Pflichtenverstöße, die zu Art. 99 L 67 herausgearbeitet wurden, lassen sich auf die Rechtslage, wie sie durch Art. 180 L 85 ausgestaltet wird, übertragen, da dieses Tatbestands­ merkmal übereinstimmt. 221 Vgl. ausführlich Cherchouly-Sicard, Nr. 8 ff.; Cozian/Viandier, Nr. 439 bis mit Beispielen aus der neuesten Rechtsprechung. 222 Vgl. Ebenroth/Reiner, 4; Reiner, 85. 223 CA Douai v. 5.9.1990, Juris-Data Nr. 047447. 224 Berdah, Nr. 187 ff., insbes. Nr. 191; vgl. darüber hinaus CA Aix 30.9.1975, D 1976, som. 2; Cass.com. 15.1.1979, Gaz.Pal. 1979, Pan. 227.

sischen Gerichten regelmäßig nur solche Fälle als faute de gestion qualifiziert worden, die in die Nähe dessen gerückt werden können, was vom BGH als sitten­ widrig schädigendes Geschäftsführerverhalten beurteilt wird, oder die besonders schwere Fälle der Mißachtung der Autonomie der einzelnen Gesellschaft darstel­ len, wie etwa die vollständige „Ausbeutung“ einer Tochtergesellschaft zugunsten einer Unternehmensgruppe225. bb) Eine weitere bedeutende Gruppe der faute de gestion bildet der Vorwurf, der Geschäftsleiter habe nicht zur Minderung des Schadens der Gläubiger beigetragen, indem er bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Einstellung des Ge­ schäftsbetriebes veranlaßt habe. Dies entspricht im wesentlichen der Verpflichtung im deutschen Recht, rechtzeitig den Konkurs einer Gesellschaft zu beantragen. Ähnlich sind daher auch die Voraussetzungen, die in der französischen Rechtspre­ chung entwickelt wurden, aber auch die Abgrenzungsschwierigkeiten, welche auftreten, wenn es darum geht, wann eine „Konkursreife“ vorliegt, in der die Einstellungsmaßnahme getroffen werden mußte. Vorwerfbar ist nach französischer Auffassung nämlich nicht, daß die Geschäfte trotz Krise, wie insbesondere erheb­ licher Verluste, fortgeführt worden sind. Haftungsrechtlich relevant wird das Verhalten erst dann, wenn das Unternehmen vor einer baldigen Insolvenz eindeutig nicht mehr zu retten war oder bereits insolvent war225 226. Darüber hinaus gilt es als eine faute de gestion, wenn innerhalb eines Unternehmensverbundes von der Mutter eine Finanzierungsmethode gewählt worden ist, die nach außen hin den desolaten Finanzzustand verschleiert und nach innen hin nicht in der Lage ist, effektiv die Finanzsituation zu verbessern227. Dagegen liegt eine Pflichtverletzung aber nicht vor, soweit von der Mutter im Rahmen ihrer Geschäftsleitung die notwendigen Sanierungsmaßnahmen deshalb nicht ergriffen wurden, weil von ihnen nicht beeinflußbare Ereignisse dies verhin­ derten, was zur Folge hatte, daß sich die wirtschaftliche Situation bis hin zu einer Zahlungseinstellung verschlechterte228. Ebenfalls keine Pflichtverletzung der Geschäftsleitung wird beispielsweise dort angenommen, wo das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsführer annehmen konnte, daß bestimmte

225 Vgl. Cherchouly-Sicard, Nr. 33; M. Wolf, 59 f.; Bendel, 137 f. 226 Siehe CA Amiens 3.10.1967, Bull. Joly 1968, 114, Nr. 61; Cass.com. v. 26.1.1976, D. 1976, Inf. rap. 111. 227 CA Paris 18.6.1991, Bull. Joly 1992, 277 ff. Dieser in der Praxis besonders interessanten Fall sei knapp an einem berühmten Beispiel verdeutlicht: Die SA NASA-Electronique und ihre 94 Filialen hatten miteinander eine besondere Finanzierungsmethode entwickelt, die sogenannte chenille (wörtlich: Raupe). Diese beruhte darauf, daß alleiniges Zahlungsmittel im gruppeninternen Zahlungsverkehr der Scheck war, so daß alle Zahlungen in Wirklichkeit auf Kreditbasis erfolgten. Der tatsächliche Finanzzustand innerhalb der Gruppe und der einzelnen Gruppenmitglieder war somit nur sehr schwer erkennbar. Gleichzeitig führte dies zu einer Scheinfinanzierung innerhalb der Gruppe, die völlig in sich zusammenbrach als ein Unternehmen in dieser chenille ausfiel. 228 Trib.com. Pontoise 26.1.1979, DS 1979, jur., 457 mit Anm. von Derida.

übergeordnete Gründe der Fortführung eines defizitären Unternehmens Priorität vor dem Gläubigerschutz einräumten. Der Leitentscheidung229 zu dieser Gruppe von Ausnahmen von einer faute de gestion lag folgender anschaulicher Sachverhalt zugrunde: Eine SA war in ganz Frankreich der einzige Produzent eines bestimmten Werkstoffes und der Arbeitgeber für eine größere Anzahl von Arbeitnehmern. Sie erwirtschaftete eine längerer Zeit nur Verluste, erhielt aber auf anderer Seite zur Unterstützung und zum Erhalt des Standortes staatlicherseits erhebliche Subven­ tionen. Trotzdem führte der dauernde defizitäre Betrieb der Gesellschaft zur hohen Überschuldung der SA, über deren Vermögen dann schließlich auch das Insolvenz­ verfahren eröffnet wurde. Das zuständige Handelsgericht in Paris vertrat die Auf­ fassung, eine Pflichtverletzung aufgrund unterbliebener Einstellung des Betriebes bzw. wegen verspäteter Anmeldung zum Konkurs, habe deshalb nicht vorgelegen, weil die Geschäftsleiter aus der staatlichen Unterstützung hätten entnehmen können, daß der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Produktion bestimmter Mate­ rialien, die ansonsten aus dem Ausland hätten eingeführt werden müssen, wichtiger gewesen sei als der Gläubigerschutz, der durch die rechtzeitige Anmeldung zum Konkurs gewährleistet werden soll. cc) Eine faute de gestion, liegt ferner auch bei (erheblichen) wirtschaftlichen „Fehlleistungen“ vor229 230. Nach der Rechtsprechung gehören dazu u.a. der Verkauf der Waren der betreffenden Tochter zu einem in ganz erheblichem Ausmaß falsch kalkulierten Preis oder der Verkauf auf Dauer unter einem Selbstkostenpreis231, der Betrieb einer Geschäftstätigkeit, welcher völlig außer Verhältnis zum Eigenkapital der Gesellschaft steht232, der Umstand, daß es für einen durchschnittlich gewissen­ haften Geschäftsleiter voraussehbar gewesen ist, daß eine bestimmte Investition in kostspielige technische Modernisierung, nicht zu dem gewünschten Erfolg führen wird und stattdessen zu finanziellen Schwierigkeiten und möglicherweise zur Zahlungsunfähigkeit führt233, die Einstellung übermäßig vieler Arbeitnehmer im Rahmen bestimmter Maßnahmen, deren Lohnforderungen den Etat der Gesell­ schaft überforderten und dennoch keine Entlassungen stattfanden, so daß letztlich die Gesellschaft endgültig zahlungsunfähig wurde234, und die Begleichung einer noch nicht fälligen Kreditverpflichtung eines Tochterunternehmens, wodurch sich das Mutterunternehmen selbst in beträchtlich finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat235.

229 Trib. com. Paris 23.4.1979, Rev.com.jur. 1979, 315 mit Anm. von Merle. 230 Vgl. dazu auch die Fälle bei M. Wolf, 58 f.; Obadia, Bull. Joly 1994,620 m.w.N.; Zahn, 119. 231 CA Aix 23.5.1973, D. 1973, som., 111; Cass.com. 23.2.1988, Bull. Joly 1988,291. 232 CA Reims 10.5.1976, DS 1977, Inf. rap. 199; CA Paris 18.6.1991 und 4.2.1992, Bull.Joly 1992, 277 mit Anm. von Couret (280). 233 CA Paris 30.9.1991, Juris-Data, Nr.00583. 234 C.A Aix en Provence 19.2.1992, Juris-Data Nr. 040361. 235 Paris 26.8.1988, BRDA 1988, S. 18, Nr. 18.

dd) Als weitere Gruppe der faute de gestion lassen sich die „allgemeinen“ oder persönlichen Geschäftsführungsfehler zusammenfassen. Grundfall dieser Gruppe von Pflichtverstößen ist, daß dem Geschäftsleiter etwa Sachkenntnisse fehlen und er auch kein externes know-how hinzuzieht, um einen Sanierungsplan so aufzu­ stellen, daß er in der Lage ist, das Sanierungsziel zu erreichen und nicht den völli­ gen wirtschaftlichen Zusammenbruch des zu sanierenden Unternehmens be­ wirkt236. Ein Pflichtverstoß liegt aber auch dann vor, wenn die Bücher und Bilanzen nicht ordnungsgemäß geführt wurden, so daß die Anzeichen einer drohenden Krise des Unternehmens vom Geschäftsleiter bzw. dem herrschenden Unternehmen nicht richtig eingeordnet oder übersehen worden sind und deshalb nicht die richtigen Maßnahmen getroffen wurden, um die Krise von dem Unter­ nehmen abzuwenden. Ferner ist die Mutter als faktischer Geschäftsführer auch dafür verantwortlich, daß eine unregelmäßige und unordentliche Buchführung große Verluste verschleiert hat, die innerhalb kürzerer Zeit (im vorliegenden Fall: drei Jahre) zu einer immensen Verschuldung geführt haben237. ee) Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß aufgrund der auf den Entschei­ dungen der französischen Gerichte basierenden Fallgruppen die Annahme einer faute de gestion (eines herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer) immer dann in Betracht kommt, wenn Legalitätsverstöße vorliegen oder wenn das tatsächliche Verhalten bzw. die Kenntnisse und Fähigkeiten des Geschäftsleiters nicht dem entsprechen, was von einem durchschnittlichen besonnenen ordentlichen Geschäftsleiter in einer vergleichbaren Situation hätte verlangt werden können. Die angeführten Fallgruppen, die die Rechtsprechung entwickelt hat und welche sich häufig durchaus mit tatbestandlichen Voraussetzungen anderer Regelungen über­ schneiden, dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es im französischen Recht - genau wie im deutschen Recht - im Einzelfall große Schwierigkeiten bereitet zu entscheiden, ob ein bestimmtes Handeln einen Pflichtenverstoß dar­ stellt. Die Beweislast trägt dafür der Insolvenzverwalter. Allerdings gibt es in Frankreich diesbezüglich zwei praktisch ganz wichtige Unterschiede zum deut­ schen Recht. Zum einen ist es vor dem Hintergrund, daß es für die außenstehenden Gläubiger bzw. für den Insolvenzverwalter in der Regel schwer ist, an hinreichend genügend Informationen zu gelangen, um einen Pflichtverstoß des Geschäfts­

236 Trib. com. Paris 23.11.1992, Bull Joly 1993, 255 ff., mit Anm. von Campana. Auch auf den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt sei kurz hingewiesen: Der Medienkonzen La Hachette SA beteiligte sich mit 25% an der am Boden liegenden Fernsehanstalt Le Cinq und entwarf für sie einen Sanierungsplan, der sowohl persönliche als auch örtliche Veränderungen und ein Wechsel der Sendethemen vorsah. Der Plan entpuppte sich jedoch als völlig unausgewogen und fehlkonstruiert. Der Grund dafür wurde darin gesehen, daß den Geschäftsleitern von La Hachette SA die nötige Sachkenntnis auf dem betreffenden Gebiet fehlte. Das Handelsgericht zu Paris verurteilte daher die Geschäftsleiter der La Hachette zur Ausfallhaftung. 237 CA Paris 23.1.1992, Juris-Data Nr. 020457; Cass.com. 14.05.1991, Bull. Cass.civ., IV., Nr. 164, 118.

fuhrers ernsthaft geltend zu machen oder sogar beweisen zu können, erlaubt, daß die Untersuchungen, die der ermittelnde Richter (juge-commissaire) während der Beobachtungsphase des betreffenden Unternehmens im Insolvenzverfahren unter­ nommen hat, als Beweismittel im Verfahren gegen die Geschäftsleiter eingeführt werden. Darüber hinaus federt das Ermessen des Richters einen nicht unwesent­ lichen Teil der Unschärfe des Rechtsbegriffs der faute de gestion ab. b) Rechtfertigung der Pflichtverletzung durch ein , Konzerninteresse "

aa) Aus dem Blickwinkel des deutschen Konzemrechts entsteht die Frage, ob bestimmte Pflichtenverstöße des Geschäftsführers in Frankreich möglicherweise durch ein übergeordnetes Interesse der Unternehmensgruppe, einem sogenannten interet du groupe, gerechtfertigt werden könnten238. In der deutschen Konzem­ rechtsliteratur und in einigen Veröffentlichungen französischer Autoren ist diese Vorstellung mit Hinweis auf die oben angesprochene Rechtsprechung franzö­ sischer Strafgerichte im Anschluß an den Rozenblum-Entscheid zu finden239. Eine solche Rechtfertigung der Eingriffe in die Autonomie der betreffenden Gesell­ schaft durch ein - wie auch immer im Einzelfall ausgestaltetes - übergeordnetes Konzeminteresse entspricht jedoch nicht der derzeitigen Rechtslage im franzö­ sischen Gesellschaftsrecht. Auch nach dem Rozenblum-Entscheid wird wie oben erwähnt240 von der überwiegenden Ansicht in der französischen Literatur (immer noch) vertreten, daß auch in Abhängigkeitsverhältnissen die Ordnungsmäßigkeit einer Geschäftsführungsmaßnahme allein nach den wirtschaftlichen Eigeninter­ essen der jeweiligen Gesellschaft (interet social) zu beurteilen ist241. Mit der straf­ rechtlichen Rechtsprechung242 ist zwar deutlich geworden, daß Eingriffe der Ober­ gesellschaft im Konzeminteresse nicht mehr schlechthin (strafrechtlich) verboten sind243, doch wird in der französischen Literatur und Rechtsprechung daraus nicht der Schluß gezogen, daß diese Entwicklung auch auf die Haftung der Muttergesell­ schaft für die Schulden der Tochtergesellschaft aus Art. 180 ff. L 85 durch­

238 Vgl. zu den Überlegungen, ein „interet commun" in einer Gruppe zu entwickeln, Brachvogel, 176 ff. 239 Lutter, in: FS Kellermann, 260 ff; Falcke, 36 ff; siehe ferner Wiedemann, Unternehmens­ gruppe 80 f.; vgl. aber auch differenzierend Ohl, 197. 240 Siehe oben II 1. d. 241 Börse, 35; Bejot, in: Mestmäcker/Behrens, 155 ff; Brachvogel, 120 f.; Sousi, JCP 1975, CI, Nr. 11816. 242 Cass.crim. 4.2.1985, Rev. Soc. 1985, 648 ff. (Rozenblum-Entscheidung) dazu Lutter, in: FS Kellermann, 261 ff; Ebenroth/Reiner, 15 ff; Cass.crim 13.2.1989, Rev. Soc. 1989, 692; Cass.crim. 9.12.1991, Rev. Soc. 1992, 358 mit Anm. von Bouloc. Nach französischen Berichten soll diese Ausnahme von der Strafbarkeit auch nach der zum 1.3.1994 eingeführten Erneuerung des code penal fortbestehen; siehe Pariente, Rev. Soc. 1993,250. 243 Lutter, in: FS Kellermann, 265.

schlägt244. Der wesentliche Grund dafür liegt darin, daß die zivilrechtliche Verant­ wortung auf Pflichtenverstöße abstellt und nicht wie die strafrechtliche Verant­ wortung auf Verstöße gegen gesetzlich vorgesehene Verhaltensregeln. Pflichten­ verstöße sind aber qualitativ unterschiedlich von Legalitätsverstößen, da sie über einen bloßen Rechtswidrigkeitsvorwurf hinausgehen und einen wesentlich größe­ ren Bereich umfassen. Wollte man für letzteren ebenfalls Ausnahmebereiche schaf­ fen, bestünde die Gefahr, daß die gesamte Konzeption der Geschäftsleiterhaftung leerliefe, weil die Berücksichtigung eines übergeordneten Konzeminteresses im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung vollständig zu Lasten der Gläubiger ginge245. Denn im französischen Recht setzt der Schutz der Gläubiger an einem anderem Punkt an als in Deutschland. Während im deutschen Recht der Bestandsschutz während des „Lebens“ der Gesellschaft die Gläubiger sichern soll, wird im franzö­ sischen Recht die Gläubigersicherung durch die Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens erst im Konkurs oder, um im Bild zu bleiben, im Tod der Gesell­ schaft angeknüpft. Dahinter steht die überzeugende und sich auch in Deutschland bewahrheitende Vorstellung, daß sich in Wirklichkeit auch dann erst das Interesse der Gläubiger an einer ausreichenden Haftungsmasse konkretisiert. bb) Wenngleich es keine Rechtfertigung von Eingriffen in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens aufgrund eines Konzeminteresses gibt, so kommt nach einem Urteil der Cour de Cassation gleichwohl eine Haftung der Mutter­ gesellschaft für einen nachteilige Eingriff dann nicht in Betracht, wenn der betreffenden Tochter an anderer Stelle Vorteile in vergleichbarer Höhe zugeflossen sind246. Diese Vorteile können direkt von der Mutter stammen, sie können auch von anderen Unternehmen der Gruppe stammen. Wesentlich ist nur, daß die Minderung des Vermögens durch den Eingriff der Mutter durch eine Zufügung von Vermögen ausgeglichen ist und jener Transaktionsvorgang zumindest mittelbar der Muttergesellschaft zuzuordnen ist247. Hierin liegt jedoch nicht etwa ein Haftungs­ ausschluß vor, der an eine wie auch immer geartete (schwache) Konzemvorstel­ lung anknüpft und damit möglicherweise zeigen könnte, daß es im französischen Recht entsprechend dem deutschen Recht doch an der Gruppe anknüpfende Rechtsfolgen gibt248. Vielmehr ist dies die Folge der allgemeinen Regel, die auch im deutschen Recht nicht unbekannt ist, daß eine Ersatzpflicht, die keinen strafenden/repressiven Charakter hat, dann ausscheidet, wenn der Schaden wieder ausge­ glichen wird249.

244 Vgl. Berr, in: Mölanges Bastian, 1,44; Petitpierre-Sauvain, 44; Pariente, Nr. 238. 245 So auch M. Wolf, 62 f. vgl. auch Wiedemann, Unternehmensgruppe, 80 f.; Mercadel/ Janin, Nr. 3395. 246 Cass.soc. 3.4.1990, Rev. Soc. 1990, 625 mit Anm. von Guyon. 247 Vgl. Cass.soc. 3.4.1990, Rev. Soc. 1990, 625; M. Wolf, 57. 248 In der Tendenz offenbar so M. Wolf, 57. 249 Ähnliches gilt in § 30 GmbHG, vgl. nochmals oben § 4 II. Teil A. III 3. b.

c) Der Schaden und Kausalität

Der Schaden, der von der Mutter als faktischem Geschäftsführer ersetzt werden muß, liegt in demjenigen Teil der Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft, der durch die Verwertung der Aktiva nicht beglichen werden konnte. Das gilt auch, wenn über zwei oder mehrere abhängige Unternehmen einer Gruppe zugleich das Verfahren eröffnet wird, denn zu einer Zusammenfassung der Massen im Sinne einer Gesamtverbindlichkeit kommt es nicht. Wird über mehrere Tochtergesell­ schaften das Insolvenzverfahren eröffnet und kommt in jedem dieser Verfahren eine Ausfallhaftung der Mutter in Betracht, denen jene nicht nachkommt, so wird das Vermögen der Mutter dem Insolvenzverwalter der jeweiligen Töchter nach zeitlicher Reihenfolge zur Befriedigung geöffnet. Daraus folgt, daß die Haftung aus Art. 180 L 85 subsidiär eingreift und sich erst dann aktualisiert, wenn der Insolvenzverwalter alle anderen Möglichkeiten, den Kapitalmangel im Gesell­ schaftsvermögen zu füllen (Geltendmachung ausstehender Forderungen, Konkurs­ anfechtung etc.), erfolglos genutzt hat250. Eine Besonderheit des französischen Rechts liegt jedoch darin, daß das herr­ schende Unternehmen als faktischer Geschäftsführer aber nicht notwendigerweise den gesamten Schaden ersetzen muß. Selbst wenn die tatbestandlichen Vorausset­ zungen vorliegen, steht es immer noch im Ermessen des Gerichts zu entscheiden, welcher Anteil der gesamten Deckungslücke der Mutter als Haftung auferlegt wird. Begrenzt ist das Ermessen der Richter nach oben hin nur durch den Betrag des tatsächlichen Kapitalmangels. Ebenso kann das Gericht zwischen mehreren Leitungsorganen, denen allesamt Pflichtwidrigkeiten vorzuwerfen sind, auswäh­ len251. Die vom Gericht schließlich festgelegte Höhe hängt dabei maßgeblich u.a. ab von der Pflichtverletzung und dem Grad der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden252. Das letztere Kriterium weist auf eine weitere Besonderheit des französischen Rechts hin. Nach Art. 180 L 85 muß genau wie im deutschen Recht auch ein kausaler Nexus zwischen dem Pflichtverstoß und dem Schaden nachgewiesen werden. In der Praxis hat sich immer wieder gezeigt, daß dieser Nachweis wegen der Komplexität der Sachverhalte nur sehr schwer zu führen ist253. Der Vorgänger­ regelung des Art. 99 L 67 mit ihrer praktisch unwiderleglichen Vermutung der Kausalität von unzureichendem Haftungskapital auf ein Fehlverhalten254, wurde

250 Guyon, II, Nr. 1376. 251 Chaput, JCP, ed E., 1986, 14705, Anm. 13; Börse, 35; M. Wolf, 65. 252 Siehe etwa Paris 5.3.1976, Dalloz 1976, som. 86; Börse, 34 f.; Martin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41 E-2, Nr. 61. 253 Zum früheren Recht vgl. etwa Sortais, RJC 1977, 129; Börse, 31; Contin, RJC 1979, 251; Zahn, 109 ff. 254 Dazu siehe CA Paris 5.3.1976, D. 1976, som. 86 f.; Hardouin, in: Droit de groupes de societös, Nr. 12067; Derrida/God/Sortais, Nr. 458; Bon, Rev.fr.compte 1980, 190; Zahn, 108; Bendel, 123 ff; es wurde in der französischen Literatur insoweit darauf hingewiesen, daß der

immer wieder vorgeworfen, sie berücksichtige nicht, daß eine Deckungslücke meist nicht monokausal zu erklären sei, sondern das Zusammenwirken verschie­ dener Gründe als Ursache habe. Diesem Vorwurf sollte mit der Änderung des Art. 180 L 85 Rechnung getragen werden. Doch bereitet gerade dieser Umstand nun die erheblichen Probleme bei dem Kausalitätsnachweis, denn es kann dem Geschäfts­ leiter nur in sehr wenigen Fällen nachgewiesen werden, daß gerade sein Verhalten für den Schaden kausal war. Um die Regelung des Art. 180 L 85 deshalb nicht leerlaufen zu lassen, wird deshalb weitgehend vertreten, daß die Pflichtverletzung nur in irgendeiner Form (mit-)kausal für den Schaden geworden sein muß255; die betreffende faute de gestion braucht deshalb weder die einzige noch die Haupt­ ursache des Schadens gewesen zu sein256. Für ein derart weites Verständnis wird zum einen die Sicherung des Schutzgutes des Art. 180 L 85 angeführt. Darüber hinaus läßt es sich auch gut mit dem Wortlaut der Norm begründen. In Art. 180 L 85 wird nämlich nicht, wie z.B. in der entsprechenden deliktsrechtlichen Parallel­ norm des Art. 1382 CC, der Begriff „causer^ (verursachen), sondern „contribuer' („en cas de faute de gestion ayant contribue ä cette insuffiance d'actifQ\ also „beitragen“, verwendet, welcher eine partielle Kausalität in diesem Fall genügen läßt257.

4. Rechtsfolgen der action en comblement de passif

a) Allgemeines Wird ein herrschendes Unternehmen als faktischer Geschäftsleiter nach Art. 180 L 85 zum Schadensersatz verurteilt, hat dies - anders als bei der Insolvenz­ erstreckung258 - für dieses, wie z.T. verkürzt behauptet wird, nicht etwa automa­ tisch die Bedeutung eines „persönlichen“ Insolvenzverfahrens. Es behält vielmehr (zunächst noch) die Verfügungsgewalt über sein eigenes Vermögen und ist zunächst nur verpflichtet, den festgesetzten Betrag in die Insolvenzmasse zu zahlen. Die berühmten Rechtsfolgen der action en comblement de passif sind deshalb nur eine Sanktionsandrohung für den Fall der vollständigen oder teilweisen Nicht­ leistung259. Daher ist zu differenzieren. Zahlt das herrschende Unternehmen den Verschuldensvermutung des Art. 99 L 67 praktisch keine Bedeutung mehr zukäme: Houin/ Soinne/Merle/Gall, Rev.trim.dr.com. 1984, 348 m.w.N.; Vasseur, Banque 1979, 195 ff. 255 Cass.com. 30.11.1993, Bull. Joly 1994, 410; Ripert/Roblot, II, Nr. 3285; Guyon, II, Nr. 1376; Daigre, Rp.Soc.Dalloz, Nr. 387; Druey, Gutachten DJT, H 11; Börse, 42; Zahn 207; Brunet/Germain, Pet. Aff. v. 23.7.1986, 51, 53 ff. 256 So zutreffend auch M. Wolf, 64. 257 So auch Guyon, II, 1376 m.w.N.; Daigre, Rp.Soc.Dalloz, Nr. 387; Obadia, Bull.Joly 1994, 621. 258 Siehe unten V. (redressement judiciaire) und VI. (extension complöte). 259 Siehe Saint-Alary-Houin, Nr. 1100.

vom Gericht festgesetzten Betrag, fließt die Summe in die Masse der bankrotten Gesellschaft. Im Gegenzug erhält der Geschäftsleiter eine ganz erhebliche Steuer­ vergünstigungen über die betreffende Summe. Das Geld kann im Insolvenzverfah­ ren entsprechend des Sanierungsplans verwendet werden (Art. 180 S. 3 L 85). Ist jedoch, wie für diese Untersuchung als Prämisse vorausgesetzt, das Unternehmen nicht mehr sanierungsfähig und wird es daher liquidiert, kommt dieser Betrag zur Befriedigung der Gläubiger in die Haftungsmasse, so daß gewährleistet wird, daß jeder Gläubiger von dem Betrag entsprechend der relativen Höhe seiner Forderung profitiert260. Zahlt das herrschende Unternehmen nur teilweise, dann treffen ihn die soeben genannten Folgen hinsichtlich des gezahlten Betrages. Hinsichtlich des nicht gezahlten Betrages werden die Folgen der Nichtleistung relevant. Zahlt das herr­ schende Unternehmen den ganzen oder einen Teil des ihm auferlegten Betrages nicht, so steht dem Gericht ein bestimmtes Ermessen offen, mit einem zweiteiligen Instrumentarium gegen es vorzugehen. Beide Varianten sind in der Konsequenz einschneidend und in ihrer Schärfe dem deutschen Recht unbekannt. Hieran zeigt sich besonders, die enge Verknüpfung von zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen im Wirtschaftsrecht261, wie sie auch in der strafrechtlichen Verant­ wortlichkeit des Geschäftsführers zu finden ist262. 263 Das Gericht kann bezüglich des Geschäftsleiters entweder ein Insolvenzverfahren eröffnen (Art. 181 L 85) oder gegebenenfalls eine faillite personnelle („Insolvenzächtung“) aussprechen (Art. 190 L 85 in Verbindung mit Art. 185, 186 L 85)263. Letzteres kommt aber - soweit ersichtlich - praktisch nie als Sanktion für die Nichtleistung des auferlegten Schadensersatzes in Frage.

260 Mercadel/Janin, Nr. 3867. 261 Dazu allgemein Klein, RIW 1995, 373; Pariente, Rev. Soc. 1993,248 ff. 262 Das Sonderstrafrecht für Geschäftsleiter von Handelsgesellschaften ist in Frankreich von großer praktischer Bedeutung. Zielrichtung ist die Sanktionierung von mißbräuchlichen Geschäfts­ leitungsmaßnahmen, welche dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen. Nach Art. 437 Abs. 3 L 66 für die SA und Art. 425 Abs. 4 L 66 für die SARL werden der Präsident, die Verwaltungsräte oder die Generaldirektoren einer SA, bzw. die Geschäftsführer einer SARL bestraft, die treuwidrig und bewußt entgegen dem Geschäftsinteresse Vermögenswerte der Gesellschaft oder der Firma miß­ brauchen, um sich selbst oder einer anderen Gesellschaft, an der sie direkt oder indirekt interessiert sind, einen Vorteil zu verschaffen. Art. 437 IV L 66 und Art. 425 V L 66 schreiben die Bestrafung der in den Art. 437 IIIL 66 und Art. 425 IV L 66 genannten Personen vor, wenn sie treuwidrig und bewußt entgegen dem Gesellschaftsinteresse ihre Amtsbefugnisse oder die ihnen in der Eigenschaft als Geschäftsleiter anvertrauten Stimmrechtsvollmachten mißbrauchen, um mit sich selbst oder einer anderen Gesellschaft oder einer anderen Unternehmen, an welchem sie direkt oder indirekt interessiert sind, einen Vorteil zu verschaffen. 263 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1658 ff.

b) Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäfts­ leiters nach Art. 181 L 85 Art. 181 L 85 eröffnet dem Gericht die Möglichkeit, über das herrschende Unternehmen als faktischen Geschäftsführer einer im wirtschaftlichen Bereich tätigen Gesellschaft das Insolvenzverfahren zu eröffnen, ohne daß die eigentlichen Voraussetzungen einer Insolvenzverfahrenseröffnung vorliegen müßten264. Soweit als faktischer Geschäftsführer eine Privatperson in Frage kommt, wird damit insbe­ sondere von dem Grundsatz eine Ausnahme gemacht, daß das französische Insol­ venzverfahren grundsätzlich nur für Kaufleute, Handwerker, Landwirte und juristi­ sche Personen gilt. Voraussetzung ist vielmehr allein, daß der Geschäftsleiter seiner Verpflichtung nach Art. 180 L 85 nicht nachgekommen ist265. Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Zugriff auf das (Privat-)Vermögen des (faktischen) Geschäftsleiters, um die Zahlung der vom Gericht bestimmten Summe zu erlangen. Im Rahmen des so eröffneten Insolvenzverfahrens können Vermö­ gensgegenstände von einem Insolvenzverwalter verwertet werden, bis die vom Gericht festgelegte Summe erreicht worden ist. Für ein herrschendes Unternehmen in einem Konzern hat diese Folge eine hohe präventive Wirkung, so daß es auch bei einer Haftungsbeschränkung des herr­ schenden Unternehmens in der Regel nicht vorkommt, daß es als faktischer Geschäftsführer nicht der Zahlung nachkommt. Ein noch weitergehender Eingriff ist die Insolvenzächtung; diese spielt im Rahmen der Art. 181, 190 L 85 allerdings keine nennenswerte Rolle, sondern wird erst im Rahmen der Sanktionen, die Art. 182 L 85 vorsieht, relevant. Daher soll sie auch erst in diesem Zusammenhang dargestellt werden266.

5. Ergebnis und Praxis Obwohl die Etablierung eines faktischen Geschäftsführers eine vielversprechende Möglichkeit für den Insolvenzverwalter in der Insolvenz eines abhängigen Unternehmens einer Gruppe ist, haftungsrechtlich auf denjenigen zurückzugreifen, der für einen bestimmten Einfluß auf die Geschäftsführung des abhängigen Unter­ nehmens tatsächlich verantwortlich ist, weist die französische Praxis tatsächlich nur wenig Fälle aus, in denen eine Inanspruchnahme eines herrschenden Unter­

264 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1660; Guyon, Encycl. Dalloz, Faillite (Rgles Propres aux personnes morales et ä leur dirigeants), Nr. 401 ff. Vor 1985 war die Eröffnung des Insolvenzverfahrens obligatorisch, Art. 100 L 67; heute steht sie jedoch im Ermessen des Gerichts, das von Amts wegen oder auf Antrag der in Art. 180 genannten tätig wird; vgl. Balz, ZIP 1983, 1174. 265 Ausgeschlossen ist aber die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Erben des Geschäftsleiters, da diese Folge eine höchstpersönliche Strafaktion gegen den nicht leistenden Geschäfts leiter ist; vgl. Cass.com. 3.5.1988, Rev.proc.coll. 1988, 435. 266 Siehe sofort unten V.

nehmens als dirigeant de fait erfolgt ist267. Zum einen wird der Grund darin gesehen, daß die Gerichte den Muttergesellschaften eine recht weitgehende Kontrolle über ihre Tochtergesellschaften zugestehen, ohne dies als Maßnahme in Bezug auf die Geschäftsleitung des abgängigen Unternehmens zu bewerten268. Darüber hinaus ist auch der Nachweis eines konkreten Geschäftsführungsfehlers nur schwer zu fuhren. Daher ist die Praxis oft auf eine Haftung nach Art. 1382 CC ausgewichen269. Nach einem neuen Grundsatzurteil der Cour de Cassation ist dies mm aber nicht mehr möglich, wenn ein Anspruch aus Art. 1382 f. CC mit einem Haftungsanspruch aus dem L 85 konkurriert270. Ferner kann die oben bereits erwähnte Besonderheit, daß in einer französischen S.A. das herrschende Unter­ nehmen als Mitglied des Tochter-Verwaltungsrates sitzt und deshalb als dirigeant de droit in Anspruch genommen werden kann271, eine Erklärung für die relativ zurückhaltende Anwendung der Figur des dirigeant de fait auf herrschende Unter­ nehmen sein272. Der entscheidende Grund dürfte aber wohl darin liegen, daß der Nachweis über eine positive Übernahme der Entscheidung durch das herrschende Unternehmen aufgrund der vielfältigen und sublimen Möglichkeiten der Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unter­ nehmens nur schwer zu fuhren ist, weil es für die Qualifikation einer Muttergesell­ schaft als dirigeant de fait stets notwendig ist, daß die Entscheidung einen gewis­ sermaßen „förmlichen“ Charakter hat, um die Parallelität zu den Entscheidungen der dirigeants de droit herzustellen. Verbunden mit dieser Voraussetzung sind auch erhebliche prozessuale Schwierigkeiten, die dazu fuhren, daß nur relativ wenige Verfahren vor die Gerichte kommen273. Wegen der meist nur unzureichen­ den Information über die Interna der Unternehmensgruppe, insbesondere des herr­ schenden Unternehmens, bestehen im Einzelfall erhebliche Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Grades der Einflußnahme der herrschenden Gesellschaft auf die

267 CA Paris 3.3.1978, D 1978, IR, 420 mit Anm. von Vasseur; Trib. com. Paris 3.11.1975, Rev. jur. com. 1979, 350 mit Anm. von Chartier; CA Aix-en-Provence 26.5.1981, Rev.jur com. 1981, 344 mit Anm. von Chercouly-Sicard = D 1983, IR, 60 mit Anm. von Derrida; vgl. D. Schmidt, ZGR 1982, 281; Börse, 42; J. Honorat, Rp.Defr. 1990, 1231; Sadda, Rev. Soc. 1980, 675; Wiedemann, Unternehmensgruppe, 79 f., Zahn, 101, M. Wolf, 54 und 66; Falcke, 129 ff. Im Gegensatz dazu steigt die Gesamtzahl der in Anspruch genommenen Geschäftsleiter. Im Handels­ gericht Paris wurde 1991 in 5,8% aller Insolvenzverfahren eine Ausfallhaftung angeordnet; 1990 waren es dagegen nur 3,6%; siehe Terboven, 63; vgl. auch Zahn, 107 mit Zahlen zu Art. 99 L 67. 268 Siehe etwa Nott, Nr. 216; Zahn, 101. 269 Sortais, Rev.jur.com. 1977, 89; D. Schmidt, ZGR 1982, 278; Notte, Nr. 205 und 207; vgl. auch die eingehende Analyse der Rechtsprechung und Literatur bei Soinne, Rev.proc.coll. 1995, 249 ff. 270 Cass.com. 20.6.1995, Rev. Soc. 1995, 555 mit Anm. von Derrida = Pet. aff. Nr. 1309; zustimmend Soinne, Rev.proc.coll. 1995,251 ff. mit Nachweisen zu weiterer Rechtsprechung. 271 Siehe Cass.com. 26.1.1988, Rev. Soc. 1988,284 mit Anm. von Chaput. 272 Vgl. Falcke, 132. 273 Zu den Anforderungen an den Nachweis eines dirigeant de fait siehe Bon, Rev.fr.compt 1980, 190; Süß, EuZW 1996, 65.

Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens und des Umstandes, ob die Ober­ gesellschaft ihre Interessen eher durch Empfehlungen bzw. anderer „weicher Mittel“ oder mittels Weisungen an die Tochtergesellschaft weitergegeben hat274. In der Praxis stellt sich heraus, daß ein herrschendes Unternehmen eher nur im Ausnahmefall seine Interessen durch förmliche Weisungen an die abhängige Gesellschaft oder vergleichbare „förmliche“ Maßnahmen zu verwirklichen sucht. Denn ihm stehen dazu wesentlich effektivere und filigranere Techniken zur Verfü­ gung. Druey hat dies sehr plastisch ausgedrückt, indem er darauf hinwies, daß innerhalb eines Unternehmensverbundes die Mechanismen der Leitung aufge­ weicht würden, aus Hierarchie werde System und somit aus Weisung Informa­ tion275. Das eigentliche Mittel der Konzemführung ist demnach die Psychologie und nicht der Befehl276. Diese Möglichkeiten der Einflußnahme werden aber durch die Anforderungen, die in Frankreich überwiegend an einen dirigeant de fait gestellt werden, in der Regel nicht erfaßt. Zu Recht wird deshalb darauf hingewie­ sen, daß von den theoretischen Anforderungen an den dirigeant de fait im Sinne der Art. 180 ff. L 85 nicht der „Konzemalltag“, sondern vielmehr nur Ausnahme­ situationen erfaßt werden277. Als entscheidendes Manko der Definition des diri­ geant de fait und damit der gesamten Konzeption der Geschäftsführerhaftung im französischen Recht entpuppt sich hier deshalb die Unterscheidung zwischen „Empfehlung“ und „Rat“ auf der einen Seite und Maßnahme und Weisung auf der anderen Seite. Wenngleich damit freilich eine bestimmte Bandbreite an Eingriffen der Mutter erfaßt werden können, werden damit letztlich aber die Möglichkeiten eines herrschenden Unternehmens unterschätzt, mit einer Vielzahl von anderen Mitteln sein Interessen durch die Einflußnahme auf die Geschäftsleitung des beherrschten Unternehmens ebenso zu verwirklichen wie mit den Maßnahmen, die einem tatsächlichen Geschäftsführer zur Verfügung stehen.

V. Die Erstreckung des Insolvenzverfahrens auf die Geschäftsleiter (extension du redressement judiciaire) 1. Einleitung

Neben der Ausfallhaftung des Art. 180 L 85 stellt die Erstreckung des Insol­ venzverfahrens von der Masse des insolventen Unternehmens auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer eine weitere Mög­ lichkeit im französischen Recht dar, die Haftungsmasse des insolventen Unter­ nehmens zu vergrößern. Es liegt dabei im Ermessen des Richters im Hinblick auf 274 101. 275 276 277

Siehe Hofstetter, ICLQ 1990, 585 f.; Nott, Nr. 217; D. Schmidt, ZGR 1982, 281; Zahn, Druey, Gutachten DJT, H 41. So prononciert Lutter, ZGR 1987, 359. M. Wolf, 54 f.; vgl. auch Hofstetter, ICLQ 1990, 584 ff.; Lutter, ZGR 1987, 360.

die (faktischen) Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft bei Vorliegen bestimmter Verfehlungen statt der bloßen Geschäftsleiterhaftung nach Art. 180 L 85 die Erstreckung des Insolvenzverfahrens nach Art. 182 L 85 anzuordnen. Der Begriff der Insolvenzverfahrenserstreckung auf die Geschäftsleiter wird in der deutschen Literatur zum Teil mißverständlich gebraucht und bedarf daher zunächst der Klarstellung: Das L 85 sieht verschiedene, voneinanander zu trennende Möglichkeiten vor278, das Vermögen des Mutterunternehmens als weitere Haftungsmasse für die Gläubiger des Gemeinschuldners zu nutzen. Zum einen meint die „Erstreckung“ die Eröffnung eines weiteren eigenständigen Insol­ venzverfahrens, das wiederum verfahrensrechtlich regelmäßig mit dem ersten verbunden wird279. Dies ist der Fall, wenn, wie soeben dargestellt wurde, das Gericht nach Art. 181 L 85 in Verbindung mit Art. 180 L 85 hinsichtlich des herr­ schenden Unternehmens einer Gruppe als faktischer Geschäftsleiter ein Insolvenz­ verfahren über dessen Vermögen eröffnet, weil es seiner Verpflichtung zur Zahlung der Ausfallhaftung nicht nachgekommen ist; im Rahmen dieses Insol­ venzverfahrens kann der Insolvenzverwalter das Vermögen soweit verwenden, bis der vom Geschäftsleiter nicht beglichene Schaden ersetzt ist. Das Gericht kann aber auch, was im folgenden Gegenstand der Darstellung sein soll, bei Vorliegen einer der in Art. 182 L 85 aufgezählten Handlungen des (faktischen) Geschäfts­ leiters wählen zwischen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegenüber dessen Vermögen (Art. 182 L 85280)281 oder der Verhängung einer faillite personnelle (Art. 188 L 85) bzw. eines Berufsverbots (Art. 192 L 85)281. Bei der Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens handelt es sich auch um die Eröffnung eines eigen­ ständigen Verfahrens, welches die Folge hat, daß das entsprechende Urteil gleich­ zeitig Eröffnungsurteil für das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ge­ schäftsleiters ist, an dem dann die Gläubiger des abhängigen Unternehmens sich mit etwaigen „Privatgläubigern“ des faktischen Geschäftsführers zu einer gleich­ berechtigten Gläubigergemeinschaft vereinigen282. Zum anderen kann das Vermögen des Mutterunternehmens auch dergestalt für die Nutzung der Haftungsmasse der bankrotten Gesellschaft herangezogen werden, daß das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen ein bereits gegen eine abhän­ gige Gesellschaft eröffnetes Insolvenzverfahren auf das Vermögen des herrschen­ den Unternehmens ausdehnt. Allein in diesem Fall liegt eine wahre Erstreckung des Insolvenzverfahrens im Sinne der Vergrößerung der Masse durch die

278 Siehe Cass.com. 17.11.1992, Rev. Soc. 1993, 445 mit Anm. von Chaput; LeCannu/ Lucheux/Pitron/Sönöchal, Nr. 1658 ff., 1664; für das alte Recht vgl. Cass.com. 25.6.1991, Rev. Soc. 1992,114, mit Anm. von Honorat. 279 Guyon II, 1404. 280 Zur Entwicklung dieses Tatbestandes siehe Saint-Alary-Houin, Nr. 1101. 281 Anders, aber im Hinblick auf Art. 188 unzutreffend Terboven, 83. 282 CA Aix-en-Provence 16.6.1978, DS 1978, Inf. rap., 455; Ripert/Roblot, II, Nr. 3301.

Verschmelzung mit einer anderen Masse vor283. Darauf wird unten im Zusammen­ hang mit der Figur der societe fictive einzugehen sein284. 2. Voraussetzungen

In Art. 182 L 85 sieht das französische Recht die Eröffnung des Insolvenz­ verfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens als faktischen Geschäftsleiter vor, wenn ihm bestimmte Verhaltensweisen nachgewiesen werden können. Erfolgt eine Verurteilung nach Art. 182 L 85, so entsteht die dem deut­ schen Recht fremde Besonderheit, daß automatisch alle Gläubiger des betreffenden abhängigen Unternehmens auch Gläubiger des Insolvenzverfahrens des herrschen­ den Unternehmens werden285. Voraussetzung dieser Form der Konkurserstreckung auf das herrschende Unternehmen in der Gruppe ist nach Art. 182 L 85 neben den allgemeinen Voraussetzungen der faktischen Geschäftsfuhrerschaft286 zunächst, daß eine der sieben in Art. 182 L 85 aufgezählten Verhaltensweisen von dem herr­ schenden Unternehmen erfüllt worden ist. a) Die Fälle des Art. 182 Nr. 1-7 L 85

aa) Das herrschende Unternehmen handelt als faktischer Geschäftsführer tat­ bestandsmäßig im Sinne des Art. 185 L 85, wenn es über bewegliches oder unbewegliches Gesellschaftsvermögen der Tochter wie über eigenes verfugt, es also nach eigenen Vorstellungen und gegen das Interesse der Gesellschaft verwen­ det (avoir dispose des bien de la personne morales comme des siens propres). Es ist dabei französischer Auffassung nach unerheblich, ob der Geschäftsleiter dabei in eigenem Interesse handelt oder ob Belange Dritter maßgeblich sind287. Ebenfalls nicht relevant ist es für die Tatbestandsmäßigkeit, ob dieses Tim tatsächlich zur Überschuldung der Gesellschaft beigetragen hat288. So verfugt etwa ein herrschen­ des Unternehmen über die Vermögenswerte des abhängigen Unternehmens wie über seine eigenen, wenn es mit Gesellschaftsmitteln dieser Gesellschaft eine andere von ihm beherrschte Gesellschaft begünstigt289. Desweiteren kann ein herr-

283 CA Limoges 21.5.1987, D 1988, som. 147 mit Anm. von Honorat; Saint-Alary-Houin, Nr. 1108. 284 Siehe unten VI. 1. 285 Statt aller Saint-Alary-Houin, Nr. 1108. 286 Siehe oben IV. 2. b. 287 Cass.com. 11.7.1978, Bull.Civ. 1978 IV, 167, N. 198; CA Aix 19.5., 30.5. und 2.6.1978, D. 1979, Inf. rap. 5 mit Anm. von Derrida; Börse, 45; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1668. 288 Vgl. Cass.com. 20.1.1987, Rev. Soc. 1987,273 mit Anm. von Honorat. 289 Vgl. Cass.com. 11.7.1978, Rev. Soc. 1980, 1341; zur Problematik bei der Messung des Gegenwertes von Dienstleistungen, die in einem Konzern erbracht werden, vgl. Sadda, Rev. Soc. 1980, 676 f.; Cherchouly-Sicard, Nr. 33.

sehendes Unternehmen nach Art. 182 Nr. 1 L 85 verurteilt werden, wenn es seine eigenen Zahlungsverpflichtungen mit Schecks begleicht, die auf das abhängige Unternehmen ausgestellt waren290, wenn es die Miete bzw. Pacht seiner eigenen Räumlichkeiten von der abhängigen Gesellschaft bezahlen läßt, ohne daß eine dahingehende vertragliche Vereinbarung mit der Gesellschaft bestand291, wenn es Forderungen der nunmehr bankrotten Gesellschaft auf einem Privatkonto hat verbuchen lassen292 oder wenn es Güter der abhängigen Gesellschaft für sich vereinnahmt hat293. bb) Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herr­ schenden Unternehmens zugunsten der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft kann nach Art. 182 Nr. 2 L 85 dann erfolgen, wenn das herrschende Unternehmen unter dem „Deckmantel“ der juristischen Person des abhängigen Unternehmens Handlungen vorgenommen hat, die in seinem eigenen Interesse lagen (sous le couvert de la personne morale masquant ses agissements, avoir fait des actes de commerce dans un interet personne!). Für ein Handeln unter dem „Deckmantel der Gesellschaft“ wird von der Rechtsprechung in Frankreich dreierlei vorausgesetzt: Zum einen muß der faktische Geschäftsleiter die Gesellschaft vorgeschoben haben, sich also gleichsam hinter der Gesellschaft versteckt haben294. Das wird von der französischen Rechtsprechung etwa angenommen, wenn der faktische Geschäfts­ leiter eine überragende Kapitalmehrheit hat oder über Strohmänner quasi-Allein­ gesellschafter ist295. Zweitens muß er so „actes des commerce^ getätigt haben, wobei der Begriff der „Handelsgeschäfte“ weit ausgelegt wird und nur irgendein Geschäft verlangt wird, das in einem Zusammenhang zu der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft steht296. Schließlich muß der Dritte direkt oder indirekt ein eigenes Interesse an dem Geschäft gehabt haben. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, daß das Handeln des Geschäftsleiters in seinem interet personnel dem Gesellschaftsinteresse, dem interet social, zuwiderläuft und ihm zu einem persönlichen Vorteil gereicht, welcher auch nur mittelbar zu sein braucht297. Diese Fallgruppe ist zwar im wesentlichen auf natürliche Personen als faktische Geschäftsführer zugeschnitten, die sich hinter einer juristischen Person verbergen, um so ihre Geschäfte zu machen; gleichwohl kann auch eine Muttergesellschaft die 290 CA Aix en Provence 20.3.1975, DS 1976, som. 15. 291 CA Aix-en-Provence 30.5.1978, D 1979, IR, 5, mit Anm. von Derrida; vgl. auch SaintAlary-Houin, Nr. 1105; Terboven, 86. 292 Cass.com. 29.1.1973, D 1973 som. 63. 293 Cass.com.26.2.1985, D. 1985, Inf. rap. 282 mit Anm. von Honorat. 294 Vgl. Cass.com. 20.1.1981, Gaz.Pal. 1982, I, Pan. 116; Contin, Rev.jur.com. 1979, 286; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1669; Börse, 46; Zimmermann, 28; M. Wolf, 70. 295 Vgl. dazu Martin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41 F, Anm. 18 mit. Nachweisen zur Rspr.; Bendel, 133. 296 Terboven, 86. 297 Ausführlich Artz, Riv.trim.dr.com. 1975, 12 m.w.N.; Cass.com. 17.3.1981, Bull.civ. IV, Nr. 145; Zimmermann, 28.

Tatbestandsmerkmale erfüllen298. 299 Dabei werden im wesentlichen die Fälle erfaßt, die im deutschen Recht unter dem Stichwort der Sphärenvermischung diskutiert werden. Von Interesse ist diese Fallgruppe vor allem deshalb, weil damit die Möglichkeit eröffnet wird, die Mutter auch dann zur Haftung heranzuziehen, wenn die aus dem Geschäft zufließenden Vorteile nicht ihr selbst zugute gekommen sind, sondern auch wenn es sich um eine Begünstigung anderer Gruppenmitglieder handelt und sie damit indirekt einen Vorteil erlangt hat.

cc) Eine Haftung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer greift des weiteren dann ein, wenn sie Vermögensgegenstände der abhängigen Gesellschaft mißbräuchlich verwendet hat bzw. sich entgegen den Regelungen des Handelsgesetzbuches (L 66)299 von der Gesellschaft ein Darlehen hat gewähren lassen, um dies zu eigenen Zwecken zu verwenden oder um eine andere juristische Person bzw. ein anderes Unternehmen zu bevorteilen, hinsichtlich der bzw. hinsichtlich dessen es ein direktes oder indirektes eigenes Interesse gehabt hat (avoir fait des bien ou du credit de la personne morale un usage contraire a Vinte­ ret de celle-ci ä des fins personnelles ou pour favoriser une autre personne morale ou entreprise dans laquelle il etait interesse directement ou indirectement). Mit dieser Tatbestandsalternative sollen die beiden ersten Alternativen ergänzt werden, indem die Möglichkeit eröffnet wird, die Begünstigung eines anderen Unter­ nehmens, an dem das herrschende Unternehmen ein direktes oder indirektes Inter­ esse hat, ausdrücklich zu sanktionieren300. Denn Nr. 3 erfaßt alle Verwaltungs- und Geschäftsführungsmaßnahmen, die von Leitungsorganen vorgenommen werden, soweit sie zum Ziel haben, den betreffenden (faktischen) Geschäftsführer oder ein - zumindest mittelbar - in dessen Eigeninteresse stehendes anderes Unternehmen zu begünstigen301. Trotz seiner offenbaren Ähnlichkeit mit dem in Nr. 1 geregelten Tatbestand handelt es sich jedoch um verschiedene Geschäftsführerpflichtverlet­ zungen, die von den Vorschriften jeweils abgedeckt werden. Das zeigt der unter­ schiedliche Bereich, der durch den Mißbrauch des Gesellschaftsvermögens abge­ deckt wird. Während in der ersten Alternative nur die Verfügung über bewegliches und unbewegliches Gesellschaftsvermögen gemeint ist, kommen in Art. 182 Nr. 3 L 85 auch andere Transaktionen in Betracht302. Neben der verbotenen Darlehens­ gewährung werden unter diesen Bereich nämlich hauptsächlich diejenigen Fälle gefaßt, in denen der Geschäftsleiter die Gesellschaft für seine (persönlichen) Kredite bürgen läßt oder Gewinne, die der Gesellschaft zustehen, auf sich selbst 298 M. Wolf, 70 f.; Zimmermann, 28; Zahn, 151; vgl. des weiteren auch Cointin Rev.jur.com. 1979,286. 299 Dazu vgl. auch unten in diesem Abschnitt VI. 3. 300 M. Wolf, 71; Cass.com. 28.5.1991, Bull. Joly 1991, 840; CA Paris 19.12.1990, Bull. Joly 1991, 331; CA Paris 19.12.1991, Bull. Joly 1992, 325. 301 M. Wolf, 71, Martin-Serf, JCl.Soc. Fase. 41 F Anm. 29, Börse, 47; Le Cannu/Lucheux/ Pitron/Sdnechal, Nr. 1673. 302 Lamy redressement judiciare, Nr. 3324 c.; vgl. Saint-Alary-Houin, Nr. 1105.

verlagert. Ferner fallen unter diese Gruppe der Verkauf oder die Vermietung von Vermögensgütern der Tochter an die Muttergesellschaft oder an andere Tochter­ gesellschaften zu einem ungerechtfertigt niedrigen Preis303, oder der Erwerb von Gütern zu erhöhten Preisen, soweit der Geschäftsleiter daran ein persönliches Interesse hat304. Wie Art. 182 Nr. 3 L 85 deutlich macht, genügt es zudem, wenn der Geschäftsleiter zu diesen Maßnahmen nicht berechtigt war. Die Vermögens­ verlagerung muß nicht notwendigerweise zu seinem persönlichen Vorteil gesche­ hen sein, es reicht aus, wenn sie einem anderen Unternehmen oder einer anderen juristischen Person zugute kommt, das bzw. die der Geschäftsleiter kontrolliert. Damit werden auch die Fälle verhältnismäßig leicht rechtlich erfaßbar bzw. sank­ tionierbar, in denen horizontale Vermögensverlagerungen in einer Unternehmens­ gruppe vorgenommen wurden, die gegen das Interesse des betreffenden abhängi­ gen Unternehmens verstoßen.

dd) Der vierte Fall des Art. 182 L 85 betrifft die Haftung des herrschenden Unternehmens, wenn es aus einem eigenen Interesse einen defizitären Geschäfts­ betrieb mißbräuchlich fortgesetzt hat, der zwangsläufig zur Zahlungseinstellung bzw. zur Konkursreife des abhängigen Unternehmens fuhren mußte (avoir poursuivi abusivement, dans un interet personnel, une exploitation deficitaire que ne pouvait conduire qu' ä la cessation des paiements de la personne morale). Die Vorschrift erfaßt in der Praxis insbesondere den Fall, in welchem das Mutterunter­ nehmen eine Unternehmenssanierung dadurch verhindert hat, daß es trotz steigen­ der Verluste bei der Untergesellschaft keine diesbezüglichen Maßnahmen ergriffen hat, um aus diesem Umstand für sich Vorteile zu ziehen305. Im Gegensatz zu den vorigen drei Alternativen reicht hier zwar allein schon die Passivität des faktischen Geschäftsführers aus, doch spielt diese bei dem faktischen Geschäftsleiter keine Role, da - wie oben ausgeführt306 - die Qualifizierung eines faktischen Geschäfts­ leiters immer ein positives Tun voraussetzt. Der Tatbestand ist jedenfalls nur dann erfüllt, wenn sich aus einer ex ante-Betrachtung die Fortführung des Unternehmens in der derzeitigen Form als zwecklos erweist und daher nur zur endgültigen Zahlungseinstellung führen konnte307. Das ist immer dann der Fall, wenn das Geschäft auch nach Zahlungsunfähigkeit noch weitergeführt wird308. Durfte das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsleiter diese jedoch als nur vorübergehend betrachten, darf ihm kein Vorwurf gemacht werden. Dasselbe gilt auch, wenn die Gesellschaft nicht eigennützig, sondern in der Hoffnung, die

303 Paris 19.12.1991, Bull. Joly 1992,325; Martin-Serf, JCl.Soc. Fase. 41, f. Anm. 32. 304 Cass.crim. Rev. Soc. 1976,353 mit Anm. von Gilberteau. 305 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1674; Martin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41, F Anm. 36; Artz, Rev.trim.dr.com 1975, 14 ff.; Saint-Alary-Houin, Nr. 1105; Zahn, 154. 306 Siehe oben IV. 2. b. 307 Marin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41 F Anm. 38; vgl. auch Cass.com. 4.1.1980, Bull.civ. IV 4. 308 M. Wolf, 73; Zahn, 154.

Gesellschaft noch retten zu können, fortgeführt wurde309. Eigennützig ist das Verhalten des Geschäftsleiters aber etwa dann, wenn er durch die Fortführung des Unternehmens ein anderes Unternehmen, an dem er unmittelbar oder mittelbar ein Interesse hat, begünstigen wollte310. Im Ergebnis kann sich der Nachweis dieses Tatbestandsmerkmals aber wegen des Erfordernisses der ex-ante-Beurteilung als sehr schwierig darstellen.

ee) Ferner muß das Mutterunternehmen als faktischer Geschäftsleiter haften, wenn unter seinem Regime die Buchhaltung gar nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt oder sogar gefälscht wurde bzw. für die Buchführung notwendige Unterlagen unterschlagen worden sind (avoir tenu une comptabilite fictive ou fait disparaitre des documents comptables de la personne morale ou s' etre abstenu de tenir toute comptabilite conforme aux regles legales) oder nach der neuen Nr. 7, die 1994 in Ergänzung des Art. 182 L 85 aufgenommen wurde, auch dann, wenn die Buchführung im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben eindeutig unvollständig oder unrichtig vorgenommen worden ist (avoir tenu une comptabilite manifestement incomplete ou irregulere au regard des dispositions legales). Die Außer­ achtlassung der kaufmännischen Pflichten bzw. Sorgfaltspflicht bei der Buchfüh­ rung begründet damit allein schon die Vermutung, daß mit dem Vermögen der Gesellschaft mißbräuchlich umgegangen ist311. Deshalb ist es unerheblich, ob das herrschende Unternehmen der Tochter wirklich schaden wollte312. Besondere Bedeutung erhalten diese Vorschriften immer dann, wenn in einer Gruppe die Buchhaltung und die Vermögensverwaltung zentral von der Mutter gesteuert werden. Zum Teil wird in der französischen Literatur allerdings darauf hingewie­ sen, daß innerhalb eines Unternehmensverbundes mit dieser TatbestandsVariante ein zu hohes Haftungsrisiko geschaffen würde, da im Hinblick auf die neuen natio­ nalen und europäischen Vorschriften zur Konzemrechnungslegung, die zudem meist sehr komplex und schwierig seien, leicht Unregelmäßigkeiten in der Buch­ führung auftauchen könnten, die mit der Vermutung, daß Unregelmäßigkeiten automatisch auf einen mißbräuchlichen Umgang mit der Gesellschaft schließen lassen, nichts zu tun hätten313. Wenngleich dieser Aspekt beim Ermessen des Richters eine Rolle spielen könnte, tendiert die Rechtsprechung jedoch dahin, wegen der Bedeutung der ordnungsgemäßen Führung von Büchern und Bilanzen keine Nachsicht zu üben, so daß der Einwand der Komplexität der Regelungen praktisch irrelevant ist314. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil bei gravieren­ 309 Siehe z.B. CA Aix en Provence 28.3.1990, Bull. Aix 1990,1 Nr. 30. 310 Cass.com. 15.1.1974, Bull.Civ. IV S. 15, N. 20; Cass.com. 17.3.1981, Bull. Joly 1981, 461, Nr. 242; Contin, Rev.jur.com. 1979,286. 311 Vgl. Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1676 ff. 312 Siehe Saint-Alary-Houin, Nr. 1106; Terboven, 88. 313 Martin-Serf, JCl.Soc Fase. 41 F Anm. 46. 314 Siehe Le Cannu/Lucheux/Pitron/S^n6chal, Nr. 287 f. und insbes, Nr. 288 und zudem Nr. 306.

den Fehlern in der Buchführung bzw. bei der Bilanzierung ohnehin die schärfere Sanktion der Haftung wegen Vermögensvermischung eintritt315.

ff) Wenn das herrschende Unternehmen in einer Gruppe soweit es als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren ist, dafür sorgt, daß Vermögenswerte der Tochter unterschlagen oder deren wahre Vermögenslage nach außen verschleiert wird, trifft sie ebenfalls die Haftung aus Art. 182 L 85 (avoir detourne ou dissimule tout ou en partie de Vactif ou frauduleusement augmente le passif de la personne morale). Diese letzte Fallgruppe umfaßt damit neben der Zweckentfremdung und der Unter­ schlagung von Vermögensgegenständen der Gesellschaft auch einen mißbräuchlich herbeigeführten Anstieg der Passiva der Gesellschaft, also die bewußte Herbeifüh­ rung des Bankrotts. Daß dabei ein bestimmter Zweck durch den Geschäftsführer verfolgt wurde, ist nicht notwendig316; allerdings ist eine ^mt^ion frauduleuse^ erforderlich317. Diese Tatbestandsalternative hat darüber hinaus als „banqueroute^ nach Art. 197 S. 2 und S. 3 L 85 auch strafrechtliche Konsequenzen318.

b) Ergebnis und Bedeutung in der Praxis Die in Art. 182 L 85 geregelten Haftungstatbestände basieren auf dem Grund­ gedanken, die Integrität des betreffenden (abhängigen) Unternehmens zu schützen. Verbunden damit ist gleichzeitig ein Schutz des Geschäftsverkehrs davor, in berechtigten Erwartungen hinsichtlich des Unternehmens enttäuscht zu werden. Ganz deutlich wird dies daran, daß der Geschäftsführer - sei es ein als ordnungs­ gemäßer Geschäftsleiter oder eine natürliche Person bzw. ein herrschendes Unter­ nehmen in einer Gruppe als faktischer Geschäftsleiter - dort haften muß, wo es für den außenstehenden Akteur nicht oder nur schwer ersichtlich ist, mit wem er letzt­ lich sein Geschäft abgeschlossen hat bzw. welches Vermögen für die Verbindlich­ keiten ihm gegenüber tatsächlich haftet. Zugleich wird gesagt, daß die Fälle 1 bis 4 die Situationen erfassen wollen, wo das betreffende Unternehmen als Vehikel für die Umsetzung eigener Interessen dient319. 320 Die Fälle 5 bis 7 stützen sich auf den Gedanken der fraude und sollen das betreffende Unternehmen vor mißbräuch­ lichen Handlungen desjenigen schützen, der die tagtäglichen Geschicke der Gesell­ schaft bestimmen kann320. Obwohl die Konkurserstreckung des Art. 182 L 85 ihrer Konzeption nach damit ebenfalls ein schlagkräftiges Instrument sein könnte, die Haftungsmasse der bank­ rotten Tochtergesellschaft dadurch zu vergrößern, indem das Vermögen der Mutter

315 316 317 318 319 320

Siehe unten V. und VI. Martin-Serf, JC1. Soc. Fase. 41 F Anm. 48 ff.; M. Wolf, 74. CA Paris 4.7.1992, Bull.Joly 1992, 959; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1679. Vgl. dazu Gioanni, DS 1994,1, 53 ff; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 1727 ff. Saint-Alary-Houin, Nr. 1105; Le Cannu/Lucheux/Pitron/S6n6chal, Nr. 1666 ff. Siehe Saint-Alary-Houin, Nr. 1106.

miteinbezogen wird, sind die französischen Gerichte in der Praxis mit der Anwen­ dung dieses Instruments doch eher zurückhaltend321. Neben den schon oben ange­ sprochenen Gründen, insbesondere den allgemeinen Schwierigkeiten hinsichtlich der Nachweisbarkeit der Voraussetzungen des faktischen Geschäftsleiters, die auch hier voll durchschlagen, spielt insbesondere der Umstand ein Rolle, daß Art. 182 L 85 als eine Vorschrift verstanden wird, die einen repressiven Charakter hat und deshalb eine vorsichtige und eher zurückhaltende Handhabung gebietet322. 3. Die Insolvenzächtung Vergleichsweise noch strengere Folgen hat die sogenannte Insolvenzächtung, die das Gericht anstelle der Eröffnung des (einfachen) Konkursverfahrens über das Vermögen des Geschäftsleiters aussprechen. Für den hier interessierenden Fall spielt diese Rechtsfolge allerdings nur dann eine Rolle, wenn derjenige, der die Kontrolle über das abhängige Unternehmen hat, nicht selbst ein Unternehmen sondern eine natürliche Person ist. Gleichwohl soll der Vollständigkeit halber kurz auf die Insolvenzächtung als eine hervorstechende Besonderheit des französischen Insolvenzrechts für Unternehmen hingewiesen werden: Sie hat ihren Ursprung in der Vorstellung des römischen Rechts, der illiquide Kaufmann sei ein Betrüger323. Diese wurde in den Code de Commerce von 1807 übernommen, in welchem daher die Zahlungsunfähigkeit sowohl straf- als auch zivilrechtlich sanktioniert wurde324. Die zivilrechtlichen Folgen bestanden in Berufsverboten und in dem Verlust von Wahl- und Ehrenrechten325. Mit den Reformen von 1967 und 1985 wurde der Adressatenkreis der Ächtung verkleinert. Nunmehr richten sich diese repressiven Maßnahmen nur noch gegen den „verantwortungslosen“ Geschäftsführer. Ihre Zielrichtung wird dahingehend verstanden, daß die unfähigen und verantwor­ tungslosen Geschäftsleiter bestraft und aus dem Geschäftsverkehr gezogen werden326. 327 Daher ist die Insolvenzächtung vom Gericht auch nur dann anzuordnen, wenn ein schuldhaftes grobes Fehlverhalten des Geschäftsführers vorliegt. Das L 85 kennt zwei Formen der Ächtung. Zum einen gemäß Art. 192 L 85 die ^interdiction de diriger, gerer, administrer ou contröler une entreprise commerciale ou artisanale, une exploitation agricole ainsi que une personne morale."327, also das Verbot, einen handelsgewerblichen, handwerklichen oder landwirtschaftlichen Beruf zu ergreifen und Geschäftsführer, Verwaltungsrats- oder Vorstandsmitglied, 321 Siehe D. Schmidt, ZGR 1982,281; Börse, 50 jeweils m.w.N. 322 Falcke, 135; siehe auch Drrida/God/Sortais, Nr. 584; Guyon, II, Nr. 1399; Börse, 50. 323 Siehe Gavalda/Patrin/Stoufflet, Nr. 1; Sortais, Rev. Soc. 1980, 129. 324 D. Schmidt, 51. 325 Zahn, 141; Lamy redressement judiciaire, Nr. 33351. 326 Ponceblanc, Gaz. Pal. 1990, II, doctr., 589; Zum repressiven Charakter der zivilrechtlichen Sanktion siehe Alliot, Rev.trim.dr.com. 1981,504 f. 327 Siehe etwa Cozian/Viandier, Nr. 443.

Generaldirektor, Aufsichtsratsmitglied oder Wirtschaftsprüfer einer Gesellschaft zu sein328. Dieses Verbot ist mittlerweile auch auf die Anwalts- und Notartätigkeit erweitert worden329. Zum anderen beinhalten die Art. 186-190 L 85 mit dem „persönlichen Sturz“, der sog. faillite personelle, eine noch schärfere Form der Insolvenzächtung, die neben weitreichenden Berufsverboten auch erhebliche gesellschaftliche Sanktionen zur Folge hat330. Art. 188 L 85 verweist direkt auf die Tatbestandsmerkmale des Art. 182 L 85; insoweit besteht bei Verwirklichung einer dieser Tatbestandsmerkmale eine Wahlmöglichkeit des Richters. Eine faillite personelle kann jedoch außerdem verhängt werden, wenn der verurteilte Geschäftsleiter seiner Schadensersatzverpflichtung nicht nachgekommen ist (Art. 190 L 85 in Verbindung mit Art. 180 L 85)331 oder wenn einer der Fälle des Art. 189 L 85 vorliegt. Letzteres ist dann der Fall, wenn der Geschäftsleiter bei seiner Geschäftsführung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat (Nr. 1), wie z.B.

328 Nach Art. 195 S. 1 L 85 wird das Berufsverbot auf Zeit angeordnet und darf nicht weniger als fünf Jahre dauern. Die Nichtbeachtung der Verbote wird nach Art. 195 S. 7 bzw. 216 L 85 mit einer empfindlichen Geldbuße bzw. einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet. Schließlich ist mit der Verurteilung auch der Verlust der passiven Wahlrechte und des Stimmrechts in Haupt­ versammlungen verbunden (Art. 193, 194 L 85). 329 Ripert/Roblot, II, Nr. 3319. 330 Cozian/Viandier, Nr. 444; Saint-Alary-Houin, Nr. 1111. Greift ein Gericht zur Sanktion der faillite personnelle, so wirken zunächst alle oben aufgezählten Berufsverbote uneingeschränkt; eine Beschränkung des Verbots auf einzelne Sparten ist daher nicht möglich. Darüber hinaus ist es dem Geschäftsleiter verboten, handelsgewerbliche, handwerkliche und landwirtschaftliche Betriebe und alle Gesellschaften zu führen oder dort Kontrollaufgaben wahrzunehmen (Cass.com. 16. 1979, D. 1979, jur. 245 f.). Zudem werden dem Verurteilten sämtliche administrativen und recht­ sprechenden Funktionen entzogen. Betroffen sind dabei insbesondere Aufgaben in den Industrieund Handelskammern, im Handelsgericht (siehe Ripert/Roblot, II, Nr. 3312), aber auch eine Rechtsanwaltskonzession oder die Stellung eines persönlichen Beraters. Ebenso wird die Tätigkeit als Notar oder als Gerichtsvollzieher untersagt (Ripert/Roblot, II, Nr. 3313; vgl. auch Zahn, 143). Der (faktische) Geschäftsführer kann auch für fünf Jahre sein passives Wahlrecht bei Parlaments-, Bezirks- und Kommunalwahlen verlieren (Art. 194 S. 2 L 86; vgl. Cas.com. 16.7.1979, DS 1979, jur., 245 mit Anm. von Derrida; Zahn, 142). Dem Verurteilten kann schließlich auch das Zeichen der französischen Ehrenlegion entzogen, und sein Name wird aus den Kadern der Reserveoffiziere gelöscht (dazu Zahn, 142 f.). Schließlich hat das Gericht im Rahmen seines Ermessens zu bestimmen, daß der Verurteilten seine Geschäftsanteile abgetreten bzw. verkauft werden muß (Art. 193 S. 2 L 85) (Vgl. CA Versailles 25.2.1993, Bull. Joly 1993, 603 ff. mit Anm. von LeCannu). Genau wie das Berufsverbot ist auch die faillite personnelle zeitlich begrenzt, mindestens aber fünf Jahre lang wirksam. Sie kann auf Antrag des Verurteilten jedoch vorzeitig aufgehoben werden, wenn eine Zahlung zur Deckung der Gesellschaftsschulden geleistet wird (Art. 195 S. 5 L 85; vgl. aber Cass.com. 3.11.1992, JCP, öd. E. 1993, Pan. Nr. 55, 16). Einige Folgen der Insolvenzächtung bleiben jedoch ein Leben lang bestehen: So darf ein verurteilter (faktischer) Geschäftsleiter nie wieder Verwaltungsrats-, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied eines Kreditinstituts werden; er darf keine Vermögensberatungs- oder Versicherungsgesellschaft mehr leiten, keine periodische Presse mehr herausgeben und kein Theaterdirektor mehr werden (vgl. dazu Ribert/Roblot, II, Nr. 3311). 331 Siehe oben IV. 4.

wenn ein Geschäftsleiter die Geschäfte eines Unternehmens unbeirrt weiterfuhrt, obwohl es sich bereits in einem Liquidationsverfahren befindet332; wenn der Geschäftsleiter das Insolvenzverfahren künstlich mit ruinösen Mitteln herausgezö­ gert hat (Nr. 2), beispielsweise indem er zur Überbrückung von Zahlungsschwie­ rigkeiten Darlehen zu Wucherpreisen aufnimmt, die den finanziellen Ruin beschleunigen333; wenn der Geschäftsleiter für die Gesellschaft Verpflichtungen eingegangen ist, die das Unternehmen zu dem Zeitpunkt offensichtlich von vornherein schon nicht erfüllen konnte (Nr. 3). So hat die Cour d'Appel von Paris etwa eine faillite personnelle gegenüber einem Geschäftsleiter ausgesprochen, der trotz erheblicher finanzieller Schwierigkeiten der Gesellschaft eine bestimmte Anzahl an Geschäftsräumen angekauft hatte, ohne daß eine ernsthafte Aussicht auf Bezahlung bestand334. 335 Schließlich liegt ein Fall des Art. 189 L 85 auch vor, wenn der Geschäftsleiter nach Zahlungseinstellung bevorzugte Leistungen an einen Gesellschaftsgläubiger zum Nachteil der anderen veranlaßt (Nr. 4)335 oder wenn der Geschäftsleiter die Zahlungseinstellung nicht innerhalb von 15 Tagen beim Insolvenzgericht bekanntgemacht hat (Nr.5). Die faillite personnelle ist mit einer Geld bzw. Haftstrafe bewehrt (Art. 216 L 85). Zwischen der Verhängung einer faillite personnelle und dem Berufsverbot herrscht nach dem Wortlaut des Art. 192 L 85 ein Alternativverhältnis („ la place deCi), das vom Gericht grundsätzlich nach der Schwere der Vorwürfe im Ermessen ausgeübt wird. Zu beachten ist, daß seit 1994 der Anwendungsbereich der interdiction de diriger erheblich ausgedehnt ist und nun alle Fälle erfaßt, die in den Art. 187 bis 190 L 85 geregelt sind336. Insoweit dürfte wohl der Bericht aus Frank­ reich, daß trotz der scharfen Rechtsfolgen die faillite personnelle offensichtlich häufiger dem flexibleren Berufsverbot vorgezogen wird337, in Zukunft noch einmal zu überprüfen sein. Die scharfen Folgen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Ge­ schäftsleiter haben allesamt im wesentlichen einen präventiven Charakter und sollen damit indirekt zum Gläubigerschutz in der Insolvenz eines Unternehmens beitragen. Anders wäre es auch kaum zu rechtfertigen, warum die Rechtsfolgen den Betroffenen mehr als nur wirtschaftlich treffen338. 332 T.G.I.Foix 14.11.1990, Rev.proc.coll. 1992,314. 333 Cass.crim. 18.5.1976, DS 1976, jur., 578. 334 CA Paris 9.11.1990, Rec. Soc. 1991, 590 ff. 335 Soweit sich dies mit der Anfechtung überschneidet, gilt nach den allgemeinen Regeln, daß die Anfechtung prinzipiell vorgeht; wenn diese aber verjährt oder nicht bewiesen werden kann, kann auch diese Rechtsfolge eingreifen. 336 Vgl. zur Reichweite des Art. 192 in der früheren Regelung Paris 16.11.1989, D. 1991, som. 115 mit Anm. von Derrida. 337 So jedenfalls die Einschätzung von Ripert/Roblot, II, Nr. 3318. 338 Siehe z.B. Derrida, Anm. zu Cass.com. 16.1.1979, DS 1979, jur., 246 ff.; Alliot, Rev.trim. dr.com. 1981,217.

VI. Weitere Grundlagen für eine Einstandspflicht der Mutter im Konkurs der Tochter Neben den Instrumenten, die im Insolvenzgesetz von 1985 geregelt sind, kennt das französische Recht auch noch einige andere Möglichkeiten, mit Hilfe derer der Insolvenzverwalter die Haftungsmasse des insolventen Unternehmens vergrößern kann. Diese beruhen zum größten Teil auf Richterrecht, aber auch auf Vorschriften zur Kapitalsicherung bei Gesellschaften, auf der allgemeinen Organhaftung und auf der deliktsrechtlichen Generalklausel des Art. 1382 CC. 1. Socit fictive

a) Grundlage Die wichtigste gewohnheitsrechtliche Grundlage, das herrschende Unternehmen in der Insolvenz einer Tochtergesellschaft in die Haftung für deren Verbindlichkeiten einzubeziehen, stellt die Haftung wegen einer sog. jodete fictive^ dar. Die Haftung basiert auf der in Art. 1321 CC wurzelnden Vorstellung339, daß für recht­ liche Außenbeziehungen nicht der Schein, sondern die Realität maßgebend sein soll („Lehre von der Simulation“339 340)341. Dies wurde auch auf das Gesellschafts­ recht übertragen und hatte dort zur Folge, daß man einer Gesellschaft, die nur „zum Schein“ besteht, keine (Haftungs-)Schutzwirkung zugunsten der Gesell­ schafter zubilligt342. 343 Aufgrund 344 dieses Rechtsscheins muß, guter Glaube des ande­ ren Teils vorausgesetzt, dann vielmehr derjenige für die Verbindlichkeiten einste­ hen, der als der eigentliche Schuldner erscheint, namentlich die Gesellschaft (sog. Theorie de l‘apparence"343)344. Auf der Grundlage dieser Rechtsscheinhaftung haben die französischen Gerichte im Falle der Liquidation einer Kapitalgesell­ schaft immer wieder auf die hinter dieser Gesellschaft stehende natürliche oder juristische Person zurückgegriffen, wenn sie der Auffassung waren, die Existenz 339 Art. 1321 CC sieht vor, daß ein Vertrag, der geheim bleiben und einen anderen, nach außen hin wirksamen Vertrag abändern oder aufheben soll, nur unter den Vertragspartnern Gültigkeit hat. 340 Allgemein dazu etwa Dagot, M., La Simulation en droit prive (1967). 341 Zimmermann, 6 ff.; Zahn 78; Reiner, 236. 342 Siehe Colin/Capitant/Julliot de la Morandiöre, II, Nr. 185 ff; Veaux, 239 ff; Zu alledem vgl. Bendel, 154 ff 343 Die Abgrenzung der Lehre von der Simulation und der theorie de Vapparence scheint auf den ersten Blick etwas verwirrend zu sein. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich jedoch die Unter­ schiede. Während die Lehre von der Simulation die Erklärungsgrundlage dafür bietet, daß es rechtlich nicht erforderlich ist, auf den formal tatbestandlichen Lebenssachverhalt abzustellen, sondern das beurteilen darf, was „wirklich" ist (also was nicht Schein, sondern Realität ist), bietet die theorie de l'apparence die Grundlage, auf der ein Anspruch aufgrund der Rechtsscheinhaftung basieren kann. 344 Siehe Ripert/Roblot, II, Nr. 2862; Guyon, II, Nr. 1405; aus der Rechtsprechung: CA Paris 17.12.1986, Gaz.Pal 1987,1, jur, 256; Cass.com. v. 3.10.1989, Gaz. Pal. 1990,1,44.

der Gesellschaft sei nur vorgetäuscht oder mißbraucht worden345. Damit soll eine Einstandspflicht für den Umstand etabliert werden, daß im Geschäfts- und Rechts­ verkehr der Eindruck erzeugt und aufrecht erhalten wurde, die betreffende Gesell­ schaft würde tatsächlich als autonome, von Selbststeuerungskräften und Interessen geleitete Unternehmung auftreten. Typisch dafür ist z.B. der Fall einer Tochter­ gesellschaft, die allein zu dem Zweck gegründet worden ist, um konkursbedrohte Unternehmensteile auszugliedern und so eine Insolvenz der Muttergesellschaft zu verhindern346. Der Haftungsgrund der societe fictive stellt sich deshalb als ein Unterfall der allgemeinen Rechtsscheintatbestände im Sinne der theorie de Vapparence dar347. Rechtsfolge der Fiktiverklärung einer Gesellschaft348 ist, daß die betreffende Gesellschaft als inexistent angesehen wird und deshalb alle Rechte und Verbind­ lichkeiten der „fiktiven“ Gesellschaft ihrem „Hintermann“ zugerechnet werden349. In einer Unternehmensgruppe bedeutet dies, daß die „fiktive“ Gesellschaft und das dahinterstehende Unternehmen im Insolvenzfall als wirtschaftliche Einheit angese­ hen werden können, da von Anfang an niemals eine andere Gesellschaft existiert hat. Die Gläubiger der „fiktiven“ Gesellschaft erlangen deshalb - indirekt über die Vergrößerung der Masse - auch Zugriff auf das Vermögen desjenigen, der sich hinter der vorgeschobenen juristischen Person verbirgt350. Dieser muß deshalb für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen und fallt ggf. sogar für sie in Konkurs, auch wenn bei ihm persönlich nicht die Voraussetzungen für eine Eröff­ nung des Insolvenzverfahren vorliegen351. Hier liegt der bereits erwähnte einzige Fall einer echten Erstreckung des Insolvenzverfahrens im Sinne einer Verschmel­ zung zweier Vermögensmassen zu einer vor; im französischen Recht spricht man daher auch von einer extension complete352. Der Tatbestand der societe fictive wird im wesentlichen in zweierlei Hinsicht erfüllt: Entweder fehlt der Gesellschaft eine der in Art. 1832 f. CC bezeichneten zwingenden Voraussetzungen, insbesondere des notwendigen Gesellschafts­ zwecks, oder mit der Gesellschaft werden verbotene oder unlautere Zwecke verfolgt. Ein weiterer Grund ist schließlich auch die Vermögensvermischung,

345 Bendel, 154; M. Wolf, 12. 346 Cass.com. 18.2.1957, JCP 1958, 6dg6n., II,Nr. 10396. 347 Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12205 ff.; Calais-Auloy, Rev.jur.com. 1976, 104; Bjot, in: Mestmäcker/Behrens, 196. 348 Das Verfahren ist die sog. declaration d'inexistence\ siehe dazu Abeille 111, 184 f.; Zimmermann, 11 f. 349 M. Wolf, 17, Bendel, 156. 350 Falcke, 136; Zahn 165 f. 351 Siehe Cass.com. 18.11.1986, D. 1987, som. 73; Cass.com. 15.1.1991, Rev. Soc. 1991, 386; CA Paris v. 12.7.1990, Bull. Joly 1990, 960; CA Paris v. 12.2.1991, Bull. Joly 1991, 140; vgl. näher Zahn, 163 ff; Abeille, 71 ff.; M. Wolf, 12 ff. Bendel, 154 ff.; Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12205 ff. 352 Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 287; Daigre, Pet. aff. 1988, Nr. 22,18 ff.

wenngleich es sich bei der Vermischung vom Vermögen der Gesellschaft mit einem anderen in Wirklichkeit nicht um einen weiteren Rechtsscheintatbestand im engeren Sinne der theorie de Vapparence handelt353. b) Die Fiktiviät einer Gesellschaft

Eine fiktive Gesellschaft liegt bereits immer dann vor, wenn eine der konstituie­ renden Merkmale einer Gesellschaft fehlt. Für die Wirksamkeit einer Gesellschaft müssen nach Art. 1832 CC354 drei Elemente vorhanden sein: Die Gesellschafter müssen ihre Einlagen leisten, sie müssen an Gewinn und Verlust beteiligt sein, und sie müsse sich zu der gemeinsamen Verfolgung eines legalen, eigenen Gesell­ schaftszwecks zusammenschließen355. Fehlt eines der drei Elemente, die Art. 1832 CC aufzählt, so gilt die betreffende Gesellschaf bereits als fiktiv356, mit der Folge, daß der oder die „Hintermänner“ haften müssen357. Für die Haftung der Mutter als Gesellschafter der Tochter ist die Fiktiverklärung aufgrund des fehlenden Gesell­ schaftszwecks die mit Abstand wichtigste Fallgruppe. In Art. 1833 CC ist die für jede Gesellschaft als notwendiger Bestandteil erforderliche affectio societatis fest­ geschrieben. Danach gilt: „Toute societe doit avoir un object licite et etre constituee dans Pinteret commun des associes.^. Wesentlich ist, daß ohne die affectio societatis die Gesellschaft nach französischer Auffassung normativ nur eine Fassade358 darstellt, mit der die Annahme verknüpft ist, daß mit Hilfe der Gesell­ schaft nur die wirtschaftlichen Interessen der Hintermänner verfolgt werden sollen359. Es wird in diesem Zusammenhang auch davon gesprochen, die betref­ fende Gesellschaft habe „eine unzureichende Autonomie“360. Das bedeutet, daß es

353 Siehe dazu Gisserot, Rev.trim.dr.com. 1979, 50; Cozian/Viandier, Nr. 1972; Martin-Serf, Nr. 32; Guyon, Encycl. Dalloz, Faillite, Nr. 100; Ripert/Roblot, II, Nr. 2862; CA Paris 14.5.1982, Banque 1982, 1142, 1144; CA Paris 15.4.1988, Gaz. Pal. 1989, I, jur., 88; Cass.com. 9.3.1982, Gaz.Pal. 1981, pan., 268; Cass.com. 15.3.1982, D.S., 1982, J., 404 ff.; Cass.com. 18.7.1989, Bull. Cass.civ., IV, Nr. 223, 148; Cass.com. 3.10.1989, Rev.proc.com. 1990, 370. 354 Für den Text der Norm siehe oben II. 1 a. 355 Siehe etwa Mestre/Faye, Nr. 428; Romani, 21 ff.; Tardieu-Naudet, 299; Gisserot, Rev. trim. droit com. 1979, 54; zu dem Problem einer Einmann-SARL (EURL = Entreprise unipersonelle d respnsabilite limite) vgl. LaNabasque, Bull. Joly 1993, 1255. 356 Es geht nicht, wie teilweise behauptet wird, um die Nichtigkeit einer Gesellschaft. Liegt eines der konstituierenden Merkmale nicht vor, so ist die Gesellschaft nicht etwa nur ex nunc nichtig, sondern sie gilt ex tune als inexistent, siehe Diener, Nr. 20 ff.; Houin, Nr. 320; Ripert/Roblot, I, Nr. 723; Cass.com. 22.6.1976, D 1977, J 619 (620); CA Paris 13.5.1981, Gaz.Pal. 1981, J 668 (669 f.). 357 Vgl. Calais-Aulois, Nr. 5 ff., 21 ff. 358 uLa societe fassade^ oder Ja societe ecran'\ siehe Houin, Nr. 320; Ripert/Roblot, II, Nr. 2862; CA Paris, 28.9.1993, Bull.Joly 1994, 68. 359 Siehe beispielsweise CA Paris 19.3.1990, D. 1990 Inf. rap., 93; Cass.com. v. 20.1.1976, Rev. Soc. 1976,671. 360 Siehe etwa M. Wolf, 14 ff.

nach der Lehre von der Simulation zu einer Insolvenzerstreckung auf die Mutter kommen kann, wo es den Gesellschaftern an der Absicht fehlt, die Gesellschaft ausgerichtet auf ein gemeinsames, eigenständiges Ziel zu betreiben361. Wann es im einzelnen an dem Gesellschaftszweck fehlt, ist Gegenstand einer großen und viel­ fach unübersichtlichen Kasuistik, die an dieser Stelle nicht dargestellt werden kann362; einige Hinweise mögen die Tendenz in der französischen Theorie und Praxis hinreichend kennzeichnen. So wird teilweise angenommen, eine societe fictive läge bereits dann vor, wenn einer formal korrekt gegründeten Gesellschaft ein existentieller Bestandteil fehle, wie etwa ein mit einem Vermögen dotiertes, selbständiges Interessenzentrum zur Verfolgung erlaubter Zwecke363. Es hat sich ferner herauskristallisiert, daß die Fiktivität einer Gesellschaft grundsätzlich dann anzuerkennen ist, wenn die betreffende Gesellschaft tatsächlich keine eigenen Geschäfte mehr betreibt, sondern praktisch nur in die wirtschaftliche Tätigkeit des Hintermanns, insbesondere einer Muttergesellschaft, integriert ist, wenn sie also ständig die Direktiven des Hintermannes ausfuhrt und deshalb ihr unternehme­ risches Handeln nicht an „eigenständigen Interessen“ ausgerichtet ist364. Wie ggf. derartige „eigene Interessen“ ermittelt werden können, vermag die französische Praxis allerdings ebenfalls nicht befriedigend festzustellen. Sie zieht deshalb im wesentlichen organisatorische Indizien heran, um auf die fehlende Autonomie der betreffenden Gesellschaft zu schließen365. 366 Dazu zählen etwa derselbe Untemehmensgegenstand366, eine überragende Kapitalbeteiligung einer Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft, derselbe Gesellschaftssitz, gemeinsame Betriebs­ räume, identische Geschäftsleiter, auffällige Ähnlichkeiten zwischen den Gesell­ schaften einer Gruppe, wie z.B. gleicher Sitz, gleiche Telefonnummer, ähnliche Firma, gleiche Geschäftspapiere etc., so daß nach außen hin die Unternehmens­ gruppe durch den Rechtsschein einer einzigen Gesellschaft verdeckt wird367. Ferner kann eine societe fictive auch dann in Betracht kommen, wenn das Mutterunternehmen mit Dritten Verträge aushandelt, diese dann aber von der Tochtergesellschaft unterschrieben werden, so daß der Eindruck entsteht, die Tochter habe ein ^mandat apparenf‘, könne also anscheinend auch mit Wirkung für die Mutter handeln368. Schließlich wurde eine societe fictive angenommen,

361 Gisserot, Rev.trim.dr.com. 1979, 54; Börse, 54; Tardieu-Naudet, 299; Mestre/Faye, Nr. 428; Veaux, 299; Romani, 21 ff. 362 Siehe zur neuesten Rechtsprechung etwa Cozain/Viandier, Nr. 1972, Fn. 25. 363 M. Wolf, 13, Hardouin in: Droit de Groupes de socits, Nr. 12204. 364 Calais-Auloy, Rev. Soc. 1990, 242; Petel, Bull. Joly. 1990, 190 f. Guyon, Rev. Soc. 1994, 320; Pariente, Bull. Joly 1994, 321; Guigou, in: Droit de groupes de socits, Nr. 6560; CA Aixen-Provence 28.5.1974, Rev.trim.dr.com. 1974, 526 mit Anm. von Champaud; M. Wolf, 16. 365 Siehe etwa Paris 28.9.1993, Bull. Joly 1994,68. 366 Siehe M. Wolf, 16; Calais-Auloy, Rev. Soc. 1990,242. 367 M. Wolf, 25; D. Schmidt, ZGR 1982, 284; Guyon, Rev. Soc. 1987, 98 mit Nachw. aus der Rspr. 368 Calais-Auloy, 57 f.; Champaud, Rev.trim.dr.com. 1967,1041; Brachvogel, 175; M. Wolf, 24.

wenn einem Dritten gegenüber der Eindruck erweckt und verstärkt wird, die mit der tatsächlichen Existenz einer Tochtergesellschaft bestehende Rechtslage sei irrelevant, so daß sie weitere Nachforschungen über die wirklichen Rechtsverhält­ nisse in der Unternehmensgruppe für unerheblich hielten369. Allerdings ist bei einem Blick in die Rechtsprechung festzustellen, daß das Vorliegen nur eines dieser Indizien meist nicht ausreicht, eine Gesellschaft als societe fictive zu erklären. Gefordert wird eine Bündelung verschiedener Hinweise darauf, daß die in Konkurs gefallene Gesellschaft in Wirklichkeit nur eine vorge­ schobene Gesellschaft war. Insbesondere soll der Umstand, daß eine Mutter- und eine Tochtergesellschaft denselben Geschäftsführer haben, noch kein ausreichen­ des Indiz sein, solange gezeigt werden kann, daß beide Gesellschaften unabhängig voneinander und selbständig geführt worden sind370. Dagegen wurde aber bei­ spielsweise eine Gesellschaft aufgrund folgenden Sachverhalts für fiktiv erklärt: Der Geschäftsführer einer Gesellschaft hatte bei Eintreten der wirtschaftlichen Krise, aber noch vor der Zahlungseinstellung, die Gesellschaft an eine Betreiber­ gesellschaft verpachtet, deren Geschäftsführer er selbst war, und das Unternehmen in diesem Rahmen unverändert, aber mit neuem Namen bis zur Zahlungsein­ stellung fortgeführt. Die Cour de Cassation sah in diesem Falle bei der Betreiber­ gesellschaft keinen eigenen Gesellschaftszweck und meinte zudem, es läge eine Vermischung der jeweiligen Vermögen zwischen Betriebsinhaber und Betreiber­ gesellschaft vor371. Verallgemeinert betrachtet werden mit der societe fictive also diejenigen Fälle erfaßt, wo Außenstehenden gegenüber der Eindruck hervorgerufen oder aufrecht erhalten wird, bei den einzelnen Unternehmen einer Gruppe handele es sich um eine einzige Gesellschaft oder eine gegenseitig für sich einstehende Haftungs­ gemeinschaft372. Daran sollen die für diesen Anschein Verantwortlichen, also in der Regel wegen der Leitungsfunktion in der Gruppe die Mutter, festgehalten werden, wenn es tatsächlich um die Einstandspflicht im Konkurs geht. c)

Illegalität des Geschäftszyvecks

Im Gegensatz zur Fiktiverklärung wegen des Vorliegens der konstituierenden Merkmale einer Gesellschaft ist, seitdem diese Tatbestandsgruppe aber im wesent­ lichen von den Art. 180 ff. L 85 erfaßt werden, die Illegalität der Zweckverfolgung 369 Ausführlich M. Wolf, 26; Cass.com 25.4.1968, Bull.Civ IV N. 133, S. 117: in diesem Fall ging es darum, daß die Mutter einem Dritten, der von der Existenz der Tochter wußte, mit der er kontrahiert hat, erklärte, die Tochter sei nur aus steuerrechtlichen und rechnungstechnischen Gründen errichtet worden. 370 Siehe etwa CA Paris 31.5.1989, Bull. Joly 1990, 362; CA Paris 21.11.1989, Bull. Joly 1990, 186, Nr. 49; siehe auch Daigre, Bull. Joly 1993, 1240; Pariente, Bull. Joly 1994, 321. 371 Cass.com. 3.10.1988, Rev.proc.coll. 1990, 370; ganz ähnlich Cass.com. 28.3.1995, BRDA 1995-7,5. 372 Calais-Auloy, 55 f.; Brachvogel, 174.

von sehr geringer Bedeutung für die Fiktiverklärung einer Gesellschaft373. Im wesentlichen sind damit früher Fälle erfaßt worden, in denen den Gläubigem Vermögenswerte einer Gesellschaft durch Einbringung in eine andere Gesellschaft entzogen oder Dritte über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens getäuscht wurden, um von ihnen neue Finanzmittel zu erhalten374. 375 d) Zusammenfassung Der Haftungsgrund der societe fictive läßt das Prinzip der Autonomie einer jeden Gesellschaft, die sich an ihrem interet social festmachen läßt, besonders deutlich werden. Fehlt ein konstituierendes Element der Gesellschaft, wird insbesondere der Gesellschaftszweck bzw. das Interesse der Gesellschaft verletzt, so reagiert das Recht darauf, indem die Gesellschaft schlicht als inexistent angesehen wird. Wenn jedoch, so die Folge dieser Lehre, eine Gesellschaft gar nicht existiert, dann wird die Fiktion aufgestellt, als könne sie auch weder haften, noch sei es möglich, ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen. Dies übernehmen dann die „Hintermänner“, also die Gesellschafter für sie, so daß es in der Insolvenz zu einer Verschmelzung der Masse des Insolvenzschuldners mit dem Vermögen des oder der Gesellschafter bzw. „Hintermänner“ der Gesellschaft kommt. Auf dieses Ver­ mögen kann dann der Insolvenzverwalter zur Befriedigung der betroffenen Gläu­ biger zurückgreifen.

2. Vermögensvermischung (confusion de patrimoine)

a) Voraussetzungen Grundlage des Haftungstatbestandes der confusion de patrimoine315 ist die Vorstellung, daß es im Wirtschaftsverkehr in der Regel unabläßlich ist, Vermö­ genswerte einer bestimmten Person zuzuordnen. Ist eine solche Differenzierung hinsichtlich eines bestimmten Vermögens bzw. bestimmter Vermögenswerte nicht mehr möglich, so sollen alle an dieser betreffenden Vermögensmasse Beteiligten dafür verantwortlich sein, da die betreffenden Vermögen in der Wirklichkeit als eine Vermögensmasse eines einzigen Rechtssubjektes erscheint376. Für die 373 Siehe aber Cass.civ. 20.3.1989, Bull.Joly 1989, 423; Cass.com. 29.5.1990, Bull. Joly 1990, 801. 374 Siehe dazu M. Wolf, 13; Brachvogel, 171 m.w.N., aus der Rechtsprechung grundlegend Aix-en-Provence 14.11.1927, Gaz. Pal. 1928 I, JP 260. 375 Eine Vermögensvermischung liegt dann vor, wenn die Vermögen der einzelnen Gesell­ schaften so miteinander vermengt sind, daß sie nicht mehr den einzelnen Unternehmen zuzuordnen sind; Cass.com. 26.3.1974, Bull. Civ. III, S. 89, Nr. 112; Cass.com. 24.10.1995, BRDA 1995-21, 5. 376 Calendini, Rev.proc.coll. 1992, 299 ff.; Didier, Rev. proc. coli. 1989, 346; Hannoun, 247 ff.; Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12208; Tardieu-Naudet, 307: Le Connu, Nr. 288 f. mit weiteren Nachweisen aus der neuesten Rechtsprechung.

Haftungsform reicht jedoch nicht schon jede Überlappung von verschiedenen Vermögen aus. Die französische Rechtsprechung hat vielmehr das Erfordernis aufgestellt, daß positiv festgestellt werden muß, daß tatsächlich eine im wesent­ lichen vollständige Vermögensvermischung zwischen dem Vermögen der zahlungsunfähigen Gesellschaft und dem Vermögen des herrschenden Unter­ nehmens gegeben ist377. Es muß dabei gezeigt werden, daß die Vermögen der Tochter und der Mutter so miteinander verquickt sind, daß sie praktisch als eine einheitliche Vermögensmasse angesehen werden können378. Das soll typischer­ weise dann der Fall sein, wenn das Vermögen des herrschenden Unternehmens aufgrund der Bücher und Bilanzen nicht von dem der abhängigen Gesellschaft zu trennen ist379, wie z.B. in dem Fall, wo das herrschende Unternehmen eine weitere Gesellschaft gegründet hat, um auf diese ihre nahezu gesamten Aktiva zu übertra­ gen, damit das Vermögen dem Zugriff der Gläubiger entzogen wird, ohne eigens für die neue Gesellschaft Bücher anzulegen380. Feste Regeln für die Feststellung einer Vermögensvermischung gibt es naturgemäß nicht381. Allerdings sind in der Praxis Kriterien entwickelt worden, bei deren Vorliegen grundsätzlich von einer Vermischung zweier Vermögen ausgegangen werden kann. Zu diesen gehören z.B. die Führung gemeinsamer Bankkonten, Kassen, Geschäftslokale oder die Benut­ zung gleicher Telefonleitungen382. Aber auch die Entgegennahme und Bezahlung von Forderungen durch an sich vertragsfremde Personen, die aber offensichtlich über das Vermögen des Vertragspartners verfugen können, gehören dazu383. Die jeweiligen Merkmale haben auch in Bezug auf die Insolvenzerstreckung wegen Vermögensvermischung genau wie bei der Fiktiverklärung von Gesellschaften nur Indizwirkung. So kann trotz ganz erheblicher Verquickung der Organisation zweier Unternehmen und deren wirtschaftlichen „Gleichlauf4 auch dann eine Vermögens­ vermischung ausscheiden, wenn wenigstens die Buchführung genau getrennt ist384 und/oder kein „anomaler“ Vermögensfluß zwischen zwei Gesellschaften festzu-

377 Siehe etwa CA Versailles 29.3.1990, Bull. Joly 1990, 561. 378 Zu diesem Problem etwa Daigre, Rp. Soc. Dalloz, Nr. 103. 379 Cass.com. 15.10.1991, JCP., d. E., 1991, pan., Nr. 1383; CA Paris 25.10.1990, Bull.Joly 1990, 963. 380 CA Versailles 6.10.1988, Bull. Joly 1989, 88. 381 Siehe den Hinweis von Reiner, 209, Fn. 23. 382 Lamy socit commerciales, Nr. 439; Calendini, Rev.proc.coll. 1992, 299. Diese Merkmale decken sich in vielen Fällen mit denjenigen, die zur Bestimmung einer societe fictive herangezogen werden, so daß es im französischen Recht zuweilen zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der societe fictive und der confiision de patrimoine kommt; vgl. auch Cozian/Viandier, Nr. 1972. 383 Siehe Cass.com. 28.11.1989, Rev. Soc. 1990, 240; CA Paris 17.11.1987, Bull. Joly 1987, 997, Nr. 403; CA Versailles 3.2.1994, Bull. Joly 1994, 535; vgl. aus der Literatur Ptel, Bull. Joly 1991,98 m.w.N. 384 Siehe CA Paris 29.3.1979, Gaz.Pal. 1980, 2 J., 33 ff.; zu diesem Fall ausführlicher M. Wolf, 19.

stellen ist385. Ein solcher „anomaler Vermögensfluß“ wird französischer Auffas­ sung nach typischerweise in einer Verschiebung von Vermögensgütern zwischen zwei Gesellschaften ohne eine Gegenleistung gesehen386. Regelmäßig wird den Gerichten auch hier ein breiter Ermessensspielraum für die Feststellung einer voll­ ständigen Vermögensvermischung eingeräumt387. Ihnen steht es frei, auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung des Abhängigkeitsverhältnisses der einen Gesellschaft von dem Hintermann oder der anderen Gesellschaft nach Billigkeits­ gesichtspunkten zu entscheiden388. Die Anwendung der Haftung wegen Vermö­ gensvermischung kann sich allerdings teilweise als unsicher erweisen, weil erheb­ liche Überschneidungen mit der Haftung nach Art. 182 Nr. 5 und/oder 7 L 85 möglich sind; darauf wird zusammenfassend im Rahmen der Konkurrenzen einzu­ gehen sein389.

b) Rechtsfolge Rechtsfolge der Feststellung einer Vermögensvermischimg ist nach überwiegender Ansicht, daß der Vermögensbestand der Muttergesellschaft und aller Vermögen, die von der Vermischung betroffen sind - also unter Umständen auch die von Schwestergesellschaften390 - dem über das „Vermögen“ der Tochtergesellschaft eröffneten Insolvenzverfahren in dem jeweiligen Stadium unterworfen werden391. Damit ist die Feststellung, daß eine Vermögensvermischung vorliegt, notwendige und zugleich auch hinreichende Bedingung für die Erstreckung des Insolvenz­ verfahrens auf das Vermögen der herrschenden Gesellschaft392. Wegen der außer­ gewöhnlich einschneidenden Rechtsfolgen wird in der französischen Literatur mit dem Argument, daß sich bei der Komplexität der Buchführungs- und Rechnungslegungserfordemisse häufiger erhebliche Fehler einschleichen können, die es nicht verdienen, gleich mit dieser scharfen Haftung geahndet zu werden, gleichwohl diskutiert, ob es für die Insolvenzerstreckung auf das Vermögen der anderen Person nicht doch wenigstens notwendig sei, daß auch jene zahlungsunfähig sei. Es stehen sich bei dieser Streitfrage im wesentlichen zwei Ansichten gegenüber: Die Rechtsprechung geht davon aus, daß bei der Vermögensvermischung genau 385 CA Paris 26.10.1990, Bull. Joly 1990,1032 Nr. 331; Cass.com. 28.3.1995, BRDA 1995-7, 5. 386 Siehe Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12212. 387 Siehe dazu M. Wolf, 21 f.; Reiner, 209 f. 388 Siehe Hardouin, in: Droit de groupes de socits, Nr. 12212; Cass.com. 28.5.1991, Bull. Joly 1991,817. 389 Siehe unten in diesem Abschnitt VII. 390 Aus jüngerer Zeit CA Paris 16.11.1993, Bull.Joly 1994, 73 mit Anm. von Diener. 391 M. Wolf, 22; Daigre, Rp. Soc. Dalloz, Anm. 114 ff. m. Rechtsprechungsnachweisen; Tardieu-Naudet, 307 und 320 ff; Le Cannu/Lucheux/Pitron/Snchal, Nr. 289, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß die Untergerichte nicht mit derselben Schärfe vorgehen wie die Obergerichte. 392 Guyon, II, 1405.

wie bei der fiktiven Gesellschaft tatsächlich eine einheitliche Vermögensmasse vorliegt, die eben nur zum Schein verschiedenen Rechtssubjekten zugeordnet sei. Die Zahlungseinstellung eines Vermögensteils impliziere deshalb, daß sich das Gesamtvermögen in demselben Zustand befinde, so daß eine gesonderte Fest­ stellung der Zahlungseinstellung der betreffenden Person noch notwendig sei393. Das Schrifttum verlangt dagegen überwiegend die positive Feststellung der Zah­ lungseinstellung des hinzukommenden Gemeinschuldners. Vor der Ausdehnung des Insolvenzverfahrens müsse nämlich erst geprüft werden, ob der neue Schuldner möglicherweise fähig sei, die Gesellschaftsschulden zu tragen, ohne daß gleich ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet werde. Denn die Vermögens­ vermischung zweier Rechtssubjekte bedeute noch nicht automatisch, daß die hinzugezogene Vermögensmasse unzureichend sein müsse394. 395 Dieses Argument dürfte jedoch im Ergebnis zu kurz greifen, weil es nicht hinreichend berücksichtigt, daß die Besonderheit bei der Vermögensvermischung gerade darin liegt, daß nicht mehr präzise auseinandergehalten werden kann, was das Vermögen des einen und was das Vermögen des anderen ist. Das ist aber Voraussetzung dafür, um ent­ scheiden zu können, ob das Vermögen der anderen Person ausreichend ist, um die fehlende Masse der insolventen Gesellschaft auch ohne Verfahren zu decken. Zudem hat die scharfe Haftung der Insolvenzerstreckung disziplinierende Wirkung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Führung von Büchern und Bilanzen, die in Frankreich ebenso wie in Deutschland als das Herzstück der Transparenz über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft angesehen wird und damit ein wirksames Instrument für einen effektiven Selbstschutz der außenstehenden Akteure darstellt395.

3. Haftung wegen Verstoßes gegen die Regeln der Gesellschaftsfinanzierung

Die Haftung eines herrschenden Unternehmens als Gesellschafter eines abhängigen Unternehmens in einer Gruppe aufgrund des gesellschaftsrechtlichen Schutzes der Gesellschaftsfinanzierung ist in Frankreich weitaus weniger ausgeprägt als in Deutschland, weil es in Frankreich Kapitalerhaltungsvorschriften in vergleichbarer Weise wie in Deutschland nicht gibt. Die Gesellschafter sind in ihren Finan­ zierungsentscheidungen hinsichtlich der Gesellschaft vielmehr grundsätzlich frei. Eine Regel, nach der eine Kapitalgesellschaft zur Deckung ihres Finanzbedarfs mit

393 Siehe Cass.com. 26.3.1985, DS 1988, som., 37; Cass.com. v. 18.11.1986, DS 1987, som., 73; Cass.com. 16.6.1987, DS 1988, som, 37; Cass.com. 15.10.1991, Rev.proc.coll 1991, 235; CA Paris 15.4.1988, Gaz Pal 1989,1, jur., 88; vgl. auch Guyon, II, 1405. 394 Honorat, Anm. zu Cass.com 16.7.1987, DS 1988, som., 38; ders., Anm. zu CA Versailles 16.12.1987, Rev. Soc. 1988, 436; Cabrellac/Vivant, JCP, d. E., 1985, I, Nr. 14480, Nr. 1; Lamy redressementjudiciaire, Nr. 2517. 395 Vgl. dazu nochmals die Ausführungen oben zum deutschen Recht § 4II. Teil, E. II. 6.

Eigenkapital ausgestattet sein muß, gibt es nicht396. Art und Umfang des Grün­ dungskapitals ergibt sich aus der Verpflichtung des Gesellschafters (Art. 1843-3 Abs. 1 CC), also aus dem Gesellschaftsvertrag und bei den Kapitalgesellschaften aus der vor Annahme der Statuten stattfindenden Zeichnung des Kapitals397. Gesellschaften müssen jedoch eine gesetzlich vorgeschriebene Reserve und eine Reserve der Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer bilden. Ein Verstoß gegen diese Maßgaben stellt eine Verletzung ordentlicher Geschäftsführung dar und macht den betreffenden (faktischen) Geschäftsführer schadensersatzpflichtig (vgl. Art. 52 L 66). Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung hat zudem zur Konse­ quenz, daß eine Verwendung der Mittel entgegen dem Gesellschaftsinteresse nicht zulässig ist und zu einer Schadensersatzpflicht führt, die im Rahmen der speziellen Instrumente zur Vergrößerung der Masse relevant werden. Gesetzlich verboten ist die Auszahlung von Darlehen an Gesellschafter oder Mitglieder des geschäftsfüh­ renden Organs. Für die SARL sieht dies Art. 51 L 66 und für die SA Art. 106, 148 L 66 vor. Eine solche Auszahlung ist nichtig und kann deshalb vom Insolvenzver­ walter in die Masse zurückverlangt werden. Das Kapital einer Gesellschaft wird nach französischem Recht ferner dadurch geschützt, daß die Auszahlung von Divi­ denden der vorherigen Feststellung des Jahresgewinns und des Gewinnverwen­ dungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf. Dividenden bzw. Zahlungen an Dividenden statt, bei denen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, gelten als dividendes fictifs (Art. 347 Abs. 3 L 66) und können nach Art. 350 in Verbindung mit Art. 67 L 66 von den Gesellschaftern (jederzeit) zurückgefordert werden. Das gleiche gilt auch für feste und gewinnunabhängige Verzinsungen der Kapitalanlagen einer SARL, die entgegen des Verbotes des Art. 348 L 66 gewährt worden sind398. Diese Rückzahlungsmöglichkeit ist auch für den Insolvenzfall relevant und ermöglicht dem Insolvenzverwalter derartige Zahlungen in die Masse zurückzuführen. Soweit es um die Rückführung von Zahlungsströmen innerhalb einer Gesellschaftsgruppe geht, die nach deutschem Verständnis eine verdeckte Vermögensverlagerung (zwischen Unternehmen einer Gruppe) darstellen, werden diese der Funktion nach durch die oben dargestellten Tatbestände im Rahmen der Haftung für Vermögensvermischung erfaßt. 4. Haftung wegen schuldhafter Verletzung der Organpflicht bzw. abus de droit de majorite

Im Vergleich zum deutschen Recht hat die Haftung der Leitungsorgane der Gesellschaft für schuldhafte Verletzung ihrer Organpflichten eine viel geringere Bedeutung, um das Mutterunternehmen eines Konzerns im Konkurs einer Tochter 396 Vgl. zu den Regeln der Geschäftsfinanzierung den zusammenfassenden Überblick bei Sonnenberger, III69 ff. 397 Sonnenberger, III40. 398 Siehe Ebenroth/Reiner, 4.

wegen bestimmter Maßnahmen in Anspruch zu nehmen399. Grundsätzlich gilt, daß die Leitungsorgane der Gesellschaft für schuldhafte Verletzungen ihrer Organ­ pflichten Schadensersatz leisten müssen (Art. 244 L 66 für die SA und Art. 52 L 66 für die SARL). Die einzige Möglichkeit, diesen Anspruch auch auf das herr­ schende Unternehmen anzuwenden, besteht dann, wenn es durch personelle Verflechtungen selbst durch eine natürliche Person in dem jeweiligen Geschäfts­ leitungsorgan vertreten ist400. Es hat zwar zeitweilig Tendenzen gegeben, auch hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Organhaftung den dirigeant de fait dem dirigeant de droit gleichzustellen und so auch das herrschende Unternehmen in die Organhaftung einzubeziehen401. 402 Nach einer Entscheidung der Cour de Cassatior^Q2, in der er die Anwendung der Regelungen über die Organhaftung für unan­ wendbar auf den dirigeant de fait erklärte, sind diese in Frankreich aber zum erlie­ gen gekommen. In diesem Zusammenhang ist auch auf das gewohnheitsrechtlich anerkannte Instrument der Haftung wegen der abus de droit de majorite hinzuweisen403, das eine Unterart des allgemeinen Verbots der mißbräuchlichen Rechtsausübung darstellt404. Voraussetzung der Haftung ist, daß eine Entscheidung getroffen wurde „contraire ä Vinteret general de la societe et dans Vunique dessin de favoriser les membres de la majorite au detriment des mehres de la minorite^5. Die französi­ schen Gerichte haben die für die Rechtsfolgen erforderliche Unvereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gesellschaftsinteresse stets pragmatisch hergeleitet und sich im wesentlichen nicht auf eine Definition des Gesellschaftsinteresses eingelas­ sen406. Ihrer Rechtsprechung nach kommt es letztlich darauf an, daß der Minderheit ein Nachteil entstanden ist, der auf der anderen Seite ein Vorteil für die Mehrheit darstellt und der auf einem vorwerfbaren Nichtbeachtung der Minderheitsinter­ essen beruht407, womit die Rechtsprechung in Frankreich dem Ergebnis nach nicht weit entfernt ist von dem deutschen Ansatz der Schadensersatzpflicht wegen 399 Vgl. zur Organhaftung ausführlich, Guyon/de Leiris, JC1. Soc., Fase. 132 (für die SA); Storck, JC1. Soc., Fase. 74-2, Nr. 61 ff. (für die SARL); Dupichot, in: Die Haftung der Leitungs­ organe, 151 ff.; Falcke, 141 f. 400 Falcke, 141. 401 Nott, JCP 1983, CI, II, Nr. 13936 (Anm. zu Cass.com. 6.10.1981); Soinne, D. 1983, jurispr., 133 (Anm. zu Cass.com. 6.10.1981); vgl. auch CA Rouen 23.5.1978, JCP 1979, d. gn., II, Nr. 15923. . 402 Cass.com. 6.10.1981, D. 1983, jurispr. 133. 403 Vgl. dazu in deutscher Sprache die Zusammenfassungen bei Ebenroth/Reiner, 4 ff. und Falcke, 142 ff. 404 Ripert/Roblot, I, Nr. 1221. 405 Cass.com 18.4.1961, JCP 1961, d. gn., II, Nr. 12164; vgl. auch Cass.com. 23.6.1987, JCP 1987, CI, I, Nr. 16959 mit Anm. von Viandier/Caussain. 406 Vgl. dazu aber D. Schmidt, Rev. Soc. 1976,482 ff. (Anm. zu Cass.com. 22.4.1976). 407 Siehe CA Paris 22.6.1988, Bull. Joly 1988, 771 m. Anm von LeCannu; CA Lyon 25.6. 1987, Rev.trim.dr.com. 1988, 70 mit Anm. von Reinhard. Vgl. auch die Darstellung von besonders illustrativem Fallmaterial bei Ebenroth/Reiner, 5 ff. und Falcke, 146 ff.

Verletzung der Treuepflichten408. Die Besonderheit, aufgrund der der Schadens­ ersatz wegen abus de droit de majorite im hiesigen Zusammenhang zum Teil nur eine untergeordnete Rolle spielen kann, liegt darin, daß zwar die bevorteilten Mehrheitsgesellschafter schadensersatzpflichtig sind und der Gesellschaft einen Ausgleich zahlen müssen409, 410 daß die Gerichte aber dahin tendieren, andere Rechts­ folgen vorzuziehen, wie insbesondere die Nichtigkeitsfolge von Beschlüssen oder die Einsetzung von Zwangsverwaltern410. 5. Haftung wegen unerlaubter Handlung (Art. 1382 CC)

Im französischen Recht ist schließlich auch die Haftung in einer Unternehmens­ gruppe nach deliktischen Kategorien hinzuweisen411, die für den Insolvenzver­ walter im Rahmen seiner Bemühungen um die Vergrößerung der Haftungsmasse von Bedeutung sein kann. Sie stellt gleichsam eine Art Auffangtatbestand dar, wonach ein herrschendes Unternehmen schadensersatzpflichtig wird, wenn es durch eine Pflichtverletzung einem anderen einen Schaden zugefugt hat. Soweit ersichtlich wird Art. 1382 CC aber nicht herangezogen, wenn es möglicherweise um eine Verletzung der Interessen der abhängigen Gesellschaft geht, sondern immer nur in Bezug auf Dritte, die in aller Regel die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft waren412. Französische Gerichte haben eine Schadensersatzpflicht z.B. dort bejaht, wo die Vermengung der herrschenden mit der beherrschten Gesellschaft zwar nicht stark genug war, um eine societe fictive oder eine Vermö­ gensvermischung anzunehmen, gleichwohl aber die Verquickung ausreichte, der Muttergesellschaft daraus einen Vorwurf zu machen413. Darüber hinaus finden sich Überlegungen, eine Schadensersatz begründende Pflichtverletzung des herrschen­ den Unternehmens auch dann anzunehmen, wenn die Tochtergesellschaft unter­ kapitalisiert geführt ist und damit zusätzlich eine weitere Pflichtverletzung einher­ geht414. Allein der Vorwurf eine Gesellschaft sei nicht mit ausreichend Kapital ausgestattet, reicht in Frankreich für eine Haftung regelmäßig nämlich nicht aus, weil dort, genau wie in Deutschland, auch keine Pflicht zu einer angemessenen

408 So andeutungsweise auch Ebenroth/Reiner, 4. 409 Hrmard/Terr/Mabilat, II, Nr. 389; vgl. auch Merle, Nr. 579; CA Paris, 29.6.1981, Rev. Soc. 1982, 791. 410 Vgl. dazu die Beispiele bei Ebenroth/Reiner, 5 ff. und siehe ferner Falcke, 164 mit weiteren Nachweisen. 411 Ebenroth/Reiner, 13 f.; Lutter, ZGR 1982,250; D. Schmidt, ZGR 1982,279; Legrand, Rev. Soc. 1984,772 f. (Anm. zu CA Rouen 20.10.1983). 412 Im einzlenen mit ausführlich geschilderten Beispielen aus der Rechtsprechung siehe M. Wolf, 35 ff. 413 Cass.com. 5.2.1991, Bull. Joly 1991, 391 mit Anm. von Delebeque. 414 CA Rouen v. 20.10.1983, Rev. Soc. 1984, 764 ff.; vgl. auch Zimmermann, 63 ff.; Lutter, in: FS Riesenfeld, 179.

Kapitalausstattung besteht415. Schließlich wird auch von einem Fall der Anwen­ dung des Art. 1382 CC berichtet, in dem eine ganz beträchtliche Einmischung der Muttergesellschaft in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens die aber nicht mit einer confusion de patrimoine einherging, zu einer Pflichtverletzung des herrschenden Unternehmens führte416.

VII. Konkurrenzen Die Darstellung der Tatbestände wegen derer der Insolvenzverwalter Ansprüche (der nunmehr bankrotten Gesellschaft oder der Gesamtheit der Gläubiger) gegen das herrschen Unternehmen der Gruppe geltend machen kann, um so die Haftungsmasse zu vergrößern, zeigt, daß es eine große Vielzahl an Einzelrege­ lungen gibt, die entweder gesetzlich geregelt sind oder durch Richterrecht geschaf­ fen wurden. Die Gerichte unterscheiden nicht immer genau zwischen den Instituten und nutzen das ihnen darüber hinaus eingeräumte Ermessen meist großzügig aus. Dieses - in deutschen Augen - scheinbare Durcheinander läßt sich weitgehend erklären mit der dem französischen Recht weniger bekannten Strenge und Strin­ genz, die das deutsche Recht und Rechtsdenken kennzeichnet. Die französischen Richter, wie in abgeschwächter Form auch das französische Recht, tendieren nämlich zu einer im Vergleich mit Deutschland größeren Flexibilität, die sich oft an den Bedürfnissen der Praxis ausrichtet, so daß in Frankreich aufgrund der im hier interessierenden Gebiet bestehenden Ermessensvorschriften in sehr viel größe­ rem Maße als in Deutschland die Bereitschaft und die Möglichkeit besteht, auf die Umstände des Einzelfalls zu reagieren. Dennoch lassen sich - zumindest theoretisch - einige Abgrenzungen treffen: Im Verhältnis der Geschäftsführerhaftung (Art. 180 L 85) zur Insolvenz­ erstreckung auf den Geschäftsführer (Art. 182 L 85) steht es, soweit die Tatbe­ standsmerkmale des Art. 182 Nr. 1-Nr. 7 L 85 erfüllt sind, im Ermessen des Gerichts, welche Sanktion es anwenden will; eine kumulative Anwendung ist jedoch ausgeschlossen417. Darüber hinaus ergeben sich im wesentlichen folgende Konkurrenzfragen: Zum einen ist fraglich, wie sich die gewohnheitsrechtlichen Grundsätze der Haftung wegen einer societe fictive bzw. wegen Vermögensvermischung von der Insol­ venzerstreckung nach Art. 182 L 85 abgrenzen lassen. Zum anderen stellt sich die gleiche Frage hinsichtlich des Verhältnisses der allgemeinen deliktischen Haftung zur Haftung nach Art. 180 ff. L 85 oder nach den Rechtsscheintatbeständen einschließlich der Vermögensvermischung. 415 Ausführlich Unger, 44 ff.; Legrand, Rev. Soc. 1984, 769 ff. (Anmerkung zu CA Rouen 20.10.1983). 416 Siehe Viandier/Causain, JCP 1989, d. E, I, Nr. 15423; Mestre/Faye, Nr. 1831; Hannoun, Bull.Joly 1991,480. 417 Cass.com. 17.11.1992, Rev. Soc. 1993,445 mit Anm. von Chaput.

Entscheidender Unterschied zwischen den allgemeinen, gewohnheitsrechtlichen Instituten und der insolvenzrechtlichen Haftungserstreckung ist zum einen der verfahrensrechtliche Unterschied. Im ersteren wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Mutter- und der Tochtergesellschaft durchgeführt418, während es nach Art. 181 L 85 und Art. 182 L 85 zu zwei voneinander unabhängigen Verfah­ ren über die jeweiligen Vermögensmassen kommt418 419. Materiell-rechtlich können die Anwendungsgebiete insoweit abgegrenzt werden, als Art. 182 L 85 nur dann angewendet werden kann, wenn man bei der abhängigen Gesellschaft gleichsam noch einen „Restbestand“ einer wirtschaftlich und rechtlich selbständigen Person finden kann420. Ist dies nicht mehr möglich, weil sich die abhängige Gesellschaft weder finanziell noch im weitesten Sinne organisatorisch von der Muttergesell­ schaft trennen läßt, kann man nach französischer Auffassung auch nicht mehr die Haftungsmassen trennen, so daß es zu einem Verfahren über beide Vermögen zugleich kommen muß. Daraus folgt, daß der Anwendungsbereich der societe fictive und der confusion de patrimoine alle die Fälle erfaßt, in denen kein Anknüp­ fungspunkt mehr für ein eigenständiges Insolvenzverfahren über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft gefunden werden kann421. Rechtssystematisch hätten damit die sog. principes generaux eine Art Auffangfunktion für die Fälle, in denen die Einflußnahme des (faktischen) Geschäftsführers so erheblich sind, daß die abhängige und die beherrschende Gesellschaft bildlich gesprochen ineinander aufgehen. Tatsächlich werden in der französischen Praxis die Mehrzahl der Fälle auf die allgemeinen Grundsätze, also auf das eigentliche Auffanginstrumentarium, gestützt422. Der wesentliche Grund dürfte, wie oben bereits angedeutet wurde, darin gesehen werden, daß nur in einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Fällen eine Muttergesellschaft mit „förmlichen Weisungen“ in die Geschäftsfüh­ rung des abhängigen Unternehmens interessiert oder in anderer Form in die kapitalgesellschaftlichen Organisationsgrundsätze eingreift, so daß eine Haftung der Mutter wegen ihrer Leitungstätigkeit im engeren Sinne oft ausscheidet423. In Bezug auf die Abgrenzung der Vergrößerung der Masse aufgrund der prin­ cipes generaux zur deliktsrechtlichen Haftung nach Art. 1382 CC ist wegen der im wesentlichen unzureichenden dogmatischen Begründung der jeweiligen Haftungs­ konzepte durch die französischen Gerichte keine ganz klare Aussage zu treffen. In der Regel dürfte aber gelten, daß Art. 1382 CC eine Auffangnorm darstellt für den Fall, wo die Tatbestände der gewohnheitsrechtlichen Instrumente in einem 418 CA Paris 29.5.1978, Rev. Soc 1979, 375 mit Anm. von Sortais; Gisserot, Rev.trim.dr.com. 1979,42,45; Bendel, 166 m.w.N. 419 Siehe statt aller Ramackers, Bull. Joly 1992, 329; A. Honorat, Rev. Soc. 1991, 386; vgl. zudem auch Zimmermann, 30 f. mit Hinweis auf die ältere Rechtsprechung. 420 So zu recht ponintiert M. Wolf, 78; vgl. Artz, Rev.trim.dr.com. 1975, 6; A. Honorat, Rev. Soc. 1991,386; Beaubrun, Rev.jur.com. 1980,45. 421 Gisserot, Rev.trim.dr.com. 1979, Nr. 74; Zahn, 148; M. Wolf, 78. 422 Diener, Bull. Joly 1994, 77; Hardouin, in: Droit des groupes de socits, Nr. 12201. 423 M. Wolf, 78.

bestimmten Sachverhalt nicht erfüllt sind, gleichwohl aber ein Verhalten hinsicht­ lich des insolventen Unternehmens so ausgestaltet war, daß es opportun erscheint, die Haftung auszudehnen. Hinsichtlich der Abgrenzung der insolvenzrechtlichen Spezialregelungen zum allgemeinen Deliktsrecht nach Art. 1382 CC herrschte nach Einführung des neuen Insolvenzrechts von 1985 bis vor kurzem Streit darüber, ob die Regeln des allge­ mein Deliktsrechts auch neben diesem insolvenzrechtlichen Instrument anwendbar bleiben sollte oder nicht424. Dieser Streit ist nun aber durch ein Grundsatzurteil der Cour de Cassation erledigt worden. Sie hat entschieden, daß die Regelungen über die action de comblement de passif die Anwendung der zivilrechtlichen Haftungs­ instrumente ausschließen425. Auch mit den Anfechtungsregeln kann es zu Überlappungen kommen. Das kommt beispielsweise dort vor, wo eine Vermögensverschiebung von der Tochter zur Mutter sowohl ein Geschäftsleitungsfehler sein kann, der nach Art. 180 ff. L 85 sanktioniert werden könnte, als auch nach Art. 107 bzw. 108 L 85 eine anfechtbare Leistung. Die Anfechtungstatbestände werden dort, wo der entsprechende Tatbe­ stand auch mit anderen Instrumenten erfaßt werden kann, jedoch regelmäßig sub­ sidiär angewendet, weil die zu beweisenden Voraussetzungen bei der Anfechtung für den Insolvenzverwalter ungünstiger sind als bei den anderen Haftungsvor­ schriften.

VIII. Zusammenfassung für das französische Recht Das französische Recht knüpft an die Einbindung einer Gesellschaft als abhängiges Unternehmen in eine Unternehmensgruppe, mit wenigen, nicht verallgemei­ nerbaren Ausnahmen, keine Rechtsfolgen. Relevant wird das Abhängigkeitsver­ hältnis des Tochterunternehmens zu seiner Mutter erst im Konkurs, und auch dann wird nicht etwa mit einem „konzemrechtlichen Blick“ auf die Einstandspflicht der Mutter für die Verbindlichkeiten der Tochter geschaut, sondern es wird - wie bei jedem unabhängigen Unternehmen auch - nur geprüft, ob die Mutter deshalb haften müsse, weil sie sich haftungsrechtlich relevant verhalten hat. Die Bedeutung dieser für jedes Unternehmen anwendbaren Einstandsvor­ schriften des Insolvenzgesetzes für das herrschende Unternehmen in einer Gruppe ergibt sich daraus, daß die Adressaten dieser Haftung nicht nur die ordentlichen Geschäftsleiter sind, sondern auch die faktischen Geschäftsführer in die Haftung einbezogen werden können. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, Eingriffe des

424 Dazu vgl. ausführlich Daigre, Rev. Soc. 1988, 204 m.w.N.; Ripert/Roblot, II, Nr. 3283; Daigre, Rev. Soc. 1988, 204 f.; Derrida/God/Sortais, Nr. 578; Guyon, II, Nr. 1394; Soinne, Nr. 1246; Brunet/Germain, Pet. Aff. v. 23.7.1986, S. 52 f.; Cass.com. 21.7.1987, Bull. Joly 1987, 642. 425 Cass.com. 20.6.1995, Rev. Soc. 1995, 555 mit Anm. von Derrida = Rev.tr.dr.com. 1995, 683 m. Anm. von Haehl; ausführlich dazu Soinne, Rev.proc.coll. 1995,249 ff.

herrschenden Unternehmens in die Geschäftsführung des abhängigen Unter­ nehmens im Konkurs letzterer zu sanktionieren. Die Sanktionen sind zum Teil einschneidend. Im Regenfall hat das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsführer einen vom Richter individuell bestimmten Betrag in die Haftungsmasse zu zahlen. Kommt die Mutter dieser Verpflichtung nicht nach was nur in seltenen Ausnahmefallen vorkommt, kann über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, innerhalb dessen sich der Insolvenzverwalter der Tochter dann in Höhe des eigentlich zu zahlenden Betrages befriedigen kann. Sind dem Mutterunternehmen besonders schwerwiegende Vorwürfe hinsichtlich ihrer Eingriffe in die Belange der Tochter zu machen, kann der Richter als Rechts­ folge auch sofort ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Mutter eröffnen, hinsichtlich dessen die Gläubiger der Tochter ebenfalls Gläubiger werden. Die noch weitergehenden persönlichen Folgen einer faillite personnelle treffen die Mutter nur dann, wenn sie eine natürliche Person ist. Die Haftungsfolgen der Eröffnung eines Verfahrens über das Vermögen des faktischen Geschäftsleiters sind selten und haben hauptsächlich eine präventive Funktion. Neuralgischer Punkt der Einbeziehung des herrschenden Unternehmens in die Geschäftsleiterhaftung ist die Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen ein faktischer Geschäftsführer vorliegt. Nach herrschender Ansicht kann die öffentliche Hand kein faktischer Geschäftsführer sein. Darüber hinaus geht die französische Theorie und Praxis davon aus, daß ein faktischer Geschäftsführer dem ordnungsgemäßen Geschäfts­ führer weitgehend ähneln soll. Daher ist es Voraussetzung, daß mittels einer Maßnahme in die Geschäftsführung der Geschäftsführung eingegriffen worden ist, die einen gewissen „förmlichen“ Charakter hat. Damit werden ganz erhebliche Umgehungsmöglichkeiten für herrschende Unternehmen eröffnet, da ihnen auf­ grund ihrer Leitungsmacht eine Vielzahl von „weichen“ Methoden zur Verfügung stehen, ihre Interessen bei dem abhängigen Unternehmen durchzusetzen. In Frankreich wird dieses jedoch offensichtlich nicht als besonderes Problem angese­ hen. Der Grund dafür liegt im wesentlichen darin, daß dem Richter ohnehin ein ganz erhebliches Ermessen hinsichtlich der Auslegung der Tatbestände und der Bemessung der Rechtsfolgen zugestanden wird, so daß er stets einzelfallorientiert das Mutterunternehmen zur Verantwortung ziehen kann. Das herrschende Unternehmen kann aber auch nach Rechtsscheingesichts­ punkten haften. Hauptanwendungsfall ist dabei die societe fictive^, wonach die „Hintermänner“ für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft aufkommen müssen, die nur zum Schein besteht. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn eines der eine Gesellschaft konstituierenden Merkmale nicht oder nicht mehr vorliegt. Insbeson­ dere wird von einer societe fictive gesprochen, wenn das interet social der Gesell­ schaft fehlt oder wegfällt. In diesen Fällen wird die betreffende Gesellschaft als inexistent angesehen. Liegen die diesbezüglich von der Rechtsprechung ent­ wickelten Voraussetzungen im Verhältnis von Mutter- zur Tochtergesellschaft vor, so wird im Konkurs der Tochter ihre Masse mit dem Vermögen der Muttergesell­ schaft verschmolzen, so daß der Insolvenzverwalter aus der gemeinsamen Masse

die Gläubiger der Tochter befriedigen kann. Dieselbe Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn eine Vermögensvermischung vorliegt. Die französischen Gerichte achten außerordentlich genau darauf, daß die Buchführung und die Bilanzen einer jeden Gesellschaft ordnungsgemäß geführt werden. Kommt es innerhalb einer Unter­ nehmensgruppe im Verhältnis von Mutter zu Tochter diesbezüglich zu Unregel­ mäßigkeiten, muß die Mutter mit einschneidenden Rechtsfolgen bis hin zu einer Haftungserstreckung auf ihr Vermögen rechnen. Schließlich haben in geringerem Maße auch die allgemeine Haftung nach Art. 1382 CC und bestimmte Einstandspflicht wegen der Gesellschaftsfinanzierung eine Bedeutung für die Haftung der Mutter in Bezug auf die bankrotte Tochter. Nicht durchgesetzt haben sich dagegen in Frankreich alle Versuche, eine Haftung der Mutter aufgrund des Umstandes der Zugehörigkeit des bankrotten Unter­ nehmens zu einer Gruppe zu begründen. Sowohl die Vorstellung, eine Unter­ nehmensgruppe sei etwas ähnliches wie eine BGB-Gesellschaft (societe creee de fait) mit gegenseitigen Einstandspflichten, noch der Vorschlag einer Haftung wegen „wirtschaftlicher Einheit“ oder wegen der Leitungsmacht der Muttergesell­ schaft sind nicht vereinbar mit dem das französische Gesellschaftsrecht prägenden Prinzip der Autonomie einer jeden Gesellschaft. Neben diesen Instrumenten zur Vergrößerung der Haftungsmasse stehen dem Insolvenzverwalter in Frankreich auch die Insolvenzanfechtungsvorschriften zur Verfügung. Jedoch zeigt sich auch hier, daß der Umstand, daß der Insolvenz­ schuldner abhängiges Unternehmen in einer Gruppe war, rechtlich kaum Bedeu­ tung im Sinne einer Erleichterung der Anfechtung konzerninterner Vermö­ genstransfers hat. Hinsichtlich einer Insideranfechtung kann es in einer Unter­ nehmensgruppe zu einer Beweiserleichterung kommen. Ob und wenn ja inwieweit diese Beweiserleichterung gegeben wird, liegt wiederum im Ermessen des Richters. Dasselbe gilt auch für die Anfechtung unentgeltlicher Verträge, insbe­ sondere derjenigen Verträge, die nur vorgeblich entgeltlich sind, damit die Anfechtbarkeit wegen Unentgeltlichkeit umgangen werden kann. Bei der Insol­ venzanfechtung zeigt sich damit genau wie bei der insolvenzrechtlichen Ge­ schäftsleitungshaftung die wichtige Bedeutung des richterlichen Ermessens, der gleichsam in einer Art Billigkeitsrechtsprechung auf den Einzelfall reagieren kann. Der Insolvenzverwalter kann im Rahmen der Geschäftsleiterhaftung bzw. der Insolvenzanfechtung ebenso wie auf die Mutter auch auf ein Schwesterunter­ nehmen zurückgreifen. Dazu müssen dann aber hinsichtlich der Schwester die ent­ sprechenden Voraussetzungen vorliegen. Eine Zurechnung von Wissen der Mutter wird - soweit ersichtlich - in Frankreich in diesem Zusammenhang nicht disku­ tiert. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß bestimmte „Strohmann-Verhältnisse“ im Rahmen des Ermessens des Richters Berücksichtigung finden können, insbe­ sondere deshalb, weil er im Rahmen der Ausfallhaftung auch mehrere Personen als faktische Geschäftsführer qualifizieren kann und diese dann je nach Beteiligung anteilsmäßig haften.

B. Rechtsvergleichung

I. Einleitung und Vorgehensweise Vor dem Hintergrund des französischen Rechts ist nun der Kreis der Untersuchung zu schließen und im letzten Abschnitt die anfangs aufgeworfene Frage zu beantworten, ob sich aus der Vergleichung des französischen Ansatzes mit dem zuvor für das deutsche Recht erarbeiteten Modell zur Vergrößerung der Haftungs­ masse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens Folgerungen ziehen lassen, welche ihrerseits Rückschlüsse zulassen für ein endgültiges Ergebnis hin­ sichtlich des hier entwickelten Modells. Ausgangspunkt war die Frage, ob sich die vermutete Kongruenz des französi­ schen Modells mit einem Ansatz im deutschen Recht untermauern läßt, der den Konzern als rechtlichen Zuordnungspunkt ausblendet und den Gläubigerschutz aus der Perspektive der Insolvenz des abhängigen Konzernunternehmens betrachtet, und ob deshalb möglicherweise auch die Nachteile eines solchen Ansatzes in Deutschland zu erwarten wären, wenn man dort den bestehenden Ansatz (Kon­ zemhaftungsrecht) durch das hier entwickelte Modell verdrängen würde. Läßt sich diese Frage im Rahmen der folgenden Vergleichung bejahen, stünde man vor dem Dilemma, daß sowohl der herkömmliche Ansatz als auch das hier neu entwickelte Modell erhebliche Nachteile mit sich brächten. Im Endergebnis müßte deshalb ggf. noch abgewogen werden, welche der Defizite in einer Gesamtschau als schwer­ wiegender eingeschätzt werden müssen. Die Vergleichung wird zweckmäßigerweise im wesentlichen dem Aufbau der Darstellung des französischen Rechts folgen. Zunächst wird daher der Blick auf den „konzemrechtlichen Ansatz“ zu richten sein. Es schließt sich die Vergleichung der Insolvenzanfechtungsregeln an. Im dritten Schritt werden zusammengefaßt die übrigen Instrumente des französischen Modells mit den „Entsprechungen“ im deutschen Recht verglichen. Methodisch wird der Schwerpunkt, wie oben bereits erläutert426, auf der funktionalen Rechtsvergleichung liegen, wobei ggf. nicht nur die beiden in Frage stehenden Modelle als solche verglichen werden, sondern auch die (rechtlichen) Rahmenbedingungen, in denen diese verankert sind.

II. Vergleichung des „konzemrechtlichen Ansatzes“ Betrachtet man die Akteure im modernen Wirtschaftsleben Deutschlands und Frankreichs, so ist schnell festzustellen, daß in beiden Staaten Konzerne bzw. Unternehmensgruppen als besonders leistungskräftige Instrumente anerkannt sind und eine zentrale Position einnehmen. Übereinstimmung herrscht in beiden Ländern dem Grunde nach ebenfalls hinsichtlich der äußeren Struktur von Konzer­ nen bzw. Gruppen; abhängige Unternehmen sind in aller Regel Gesellschaften 426 Siehe oben § 1 Nr. 3.

mbH oder Aktiengesellschaften, die aufgrund von Anteilsbesitz oder auf andere Art und Weise von einem herrschenden Unternehmen abhängig bzw. dessen „contröle^ unterworfen sind427. Die Ausdifferenzierung des deutschen Rechts in Ver­ tragskonzerne, einfache und qualifizierte faktische Konzerne ist dem französischen Recht dagegen nicht geläufig. In Frankreich ist lediglich interessant, daß ein Gruppenverhältnis besteht. Wie dieses ausgestaltet ist, ist indessen irrelevant, weil daran keine rechtlichen Folgen geknüpft sind. Das französische Recht stellt viel­ mehr auch in Unternehmensgruppen nur auf die bilateralen Beziehungen zweier Akteure zueinander ab. Damit ist aus rechtlicher Sicht nur das Verhältnis der an einer bestimmten Transaktion beteiligten Akteure von Bedeutung, ohne daß es für die Anspruchsgrundlagen, auf denen diese Transaktionen rückgängig gemacht oder kompensiert werden können, darauf ankommen würde, ob die Akteure Unter­ nehmen in ein- und derselben Unternehmensgruppe sind. Gruppen- bzw. konzern­ spezifische Merkmale spielen bei der Begründung der Haftung folglich keine Rolle mehr; insoweit wird im französischen Recht und nach dem hier entwickelten Modell im Gegensatz zum derzeitigen Konzernhaftungsrechtskonzept in Deutsch­ land der Konzern als rechtlich relevante Komponente ausgeblendet. Mithin wird die „rechtliche Vielheit“ des Konzerns auch tatsächlich als eine solche behandelt, nämlich als bei jedem rechtlichen Kontakt immer wieder neu entstehende Zweier­ beziehungen zwischen Unternehmen desselben Konzerns, die sich als einzelne Rechtsbeziehungen in nichts von denen unterscheiden, die zwischen Akteuren entstehen, welche nicht in einem Konzern bzw. einer Unternehmensgruppe zusammengefaßt sind. Durch die Ausblendung des Konzerns als juristisches Phänomen wird der wirtschaftliche und gleichsam „außerrechtliche“ Charakter des Konzerns bzw. der Unternehmensgruppe betont428. Unabhängig davon kann sich allerdings der Umstand, daß bestimmte Akteure in einer Gruppe zusammen­ geschlossen sind, als ein Zurechnungstatbestand auswirken. Die wirtschaftliche Einheit spielt nämlich dort eine entscheidende Rolle, wo es um die Zurechnung eines bestimmten Handelns oder des Wissens hinsichtlich relevanter Umstände geht (insbesondere ob ein Akteur bei einer bestimmten Handlung bösgläubig und daher weniger schutzwürdig ist). Dies ist ein wesentlicher Faktor für den horizon­ talen Zugriff auf das Vermögen anderer Unternehmen desselben Konzerns. Der Blick auf das französische Recht hat deutlich werden lassen, daß die in Deutschland vorgenommene Ausdifferenzierung verschiedener Konzemtypen mit ihren ganz erheblichen praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten die unmittel­ bare und die typische Folge des Umstandes ist, daß die wirtschaftliche Einheit des Konzerns im Rahmen der rechtlichen Bewertung von Transaktionen dazu fuhrt, daß der Konzern auch als rechtlich bedeutsame Einheit verstanden wird. Französi­ scher Auffassung nach kann dagegen ein Konzern aber nur dann als ein hocheffi­

427 Zur Angleichung der Strukturmerkmale von Unternehmensverbünden aufgrund der zunehmenden Internationalisierung von solchen Zusammenschlüssen siehe Hofstetter, 3 ff. 428 So Druey, Gutachten DJT, H 37.

zientes Instrument in der Wirtschaft funktionieren, soweit er als wirtschaftliches Phänomen betrachtet wird und nicht als rechtlich relevantes Element zusätzlich „in Ketten gelegt“ wird. Damit ist die allgemeine Erkenntnis verbunden, daß die Vorteile der Organisationswahl und der Organisationsform von Unternehmen im Wirtschaftsverkehr nur dann die ihnen innewohnenden Synergieeffekte freisetzen können, wenn diese nicht von vornherein durch ein „Sonderrecht“ eingeengt werden, deren Regelungen im wesentlichen auf den Ursprung dieser positiven Effekte abzielen429. Aus volkswirtschaftlichen Erwägungen ist es daher angezeigt, den Akteuren im Konzern die Freiheit zu belassen, die sie auch besäßen, wenn sie sich anders organisiert hätten als in einem Konzern bzw. in einer Gruppe. Der Konzern wird in Frankreich daher nicht als Organisationsform betrachtet, mit dessen Wahl man gleichzeitig auch bestimmte juristische Folgen in Kauf nehmen muß, sondern als eine, von mehreren denkbaren und rechtlich grundsätzlich gleichermaßen behandelten Organisationsformen, in denen die wirtschaftlichen Akteure Macht bündeln können430. Will man in Deutschland gewährleisten, daß Konzerne ihre Synergieeffekte steigern können, um so zum Vorteil des gesamten Wirtschaftsverkehrs als beson­ ders effiziente Akteure auf dem Markt agieren zu können, zeigt sich vor dem Hintergrund des französischen Ansatzes, daß von einem dezentralen Regelungs­ instrumentarium, welches auf den Konzern Anwendung findet, in ökonomischer Hinsicht grundsätzlich effizienzsteigernde Effekte erwartet werden können. Daraus folgt, daß man, um dieses Ziel erreichen zu können, vom Konzern als rechtlichem Zuordnungsobjekt Abstand nehmen sollte und die Haftung des Mutterunter­ nehmens im wesentlichen als Variante der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Lösungsansätze, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung von Mehrheitsmacht, betrachten sollte. Das hier entwickelte Modell trägt diesem Umstand Rechnung. Es kann daher erwartet werden, daß es im Vergleich zu einem konzemrechtlichen Modell grundsätzlich ein größeren Beitrag leistet, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen es Konzer­ nen ermöglicht wird, ihre gesamtwirtschaftlich positiven Effekte zu steigern.

III. Vergleichung der übrigen Komponenten der beiden Regelungsmodelle Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die in einem derartigen „dezentralen Ansatz“ angelegten Vorteile nicht durch erhebliche Nachteile in der Ausgestaltung der einzelnen Regelungen dieses Ansatzes wieder kompensiert werden. Dies wird im folgenden vergleichend zunächst im Hinblick auf die Anfechtungsregeln und im Anschluß daran zusammengefaßt bezüglich der übrigen Möglichkeiten des

429 Ausführlich Rittner, AcP 183 (1983), 295 ff; siehe auch Ehricke, ZGR 1996, 320 ff 430 Druey, Gutachten DJT, H 48 f.

Insolvenzverwalters, im Liquidationsverfahren des abhängigen Konzemunter­ nehmens auf die Vermögensmassen des herrschenden Unternehmens oder der Schwestergesellschaften zuzugreifen, zu überprüfen sein.

1. Vergleichung der Anfechtungsregeln

Betrachtet man zunächst die Anfechtungsregeln, so läßt sich problemlos fest­ stellen, daß sie von ihrer Funktion her im deutschen und im französischen Recht gleich sind; in beiden Fällen sollen im Konkurs Transaktionen rückgängig gemacht werden, die in einer bestimmten Zeit stattgefunden haben, bevor die Verfügungs­ befugnis über das Vermögen dem Gemeinschuldner durch das Konkursverfahren entzogen worden ist. Aber schon der Grund für die Anfechtbarkeit von Rechts­ handlungen wird in beiden Rechtssystemen unterschiedlich beurteilt. Während im deutschen Recht der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger im Vorder­ grund steht, wird in Frankreich die Vorstellung betont, daß die Insolvenzanfech­ tung ihre Grundlagen in einem vorwerfbaren Verhalten des Leistungsempfängers hat431. Dieser Unterschied wird verständlich, wenn man sich ein generelles Charakteristikum des französischen Privatrechts vergegenwärtigt: Das französische Recht bzw. die französischen Gerichte sind grundsätzlich eher zurückhaltend darin, unternehmerische Tätigkeit ex post zu bewerten oder in privatautonom geschlos­ sene rechtliche Beziehungen einzugreifen. Die Berechtigung, dennoch einen derartigen Eingriff vorzunehmen, ergibt sich deshalb häufig (nur) aus einem vorwerfbaren Verhalten einer Partei432. Vor diesem Hintergrund ist es auch erklär­ lich, daß das französische Recht versucht, mit verhältnismäßig wenigen und dafür generalklauselartigen Anfechtungsregeln auszukommen. Diese Regeln sind auf­ grund ihrer Allgemeinheit im Vergleich zum deutschen Recht weitaus weniger zielgenau und ermöglichen nur in vergleichbar geringem Umfang die insolvenz­ anfechtungsrechtliche Erfassung konzerninterner Transaktionen. Die Gegenüber­ stellung der beiden Regelungskonzepte zeigt deshalb sehr schnell, daß das deut­ sche Instrumentarium der Konkursanfechtung im allgemeinen und hinsichtlich des hier interessierenden Bereichs im speziellen wesentlich präziser und leistungsfähi­ ger ist als das französische. Hinzukommen im deutschen Recht genau austarierte Regeln über die Wissenszurechnung im Konzern, die es gestatten, auf die vielfälti­ gen Möglichkeit, im Konzern Transaktion „über das Dreieck“ abzuwickeln, zu reagieren. In Frankreich mag man im Endeffekt teilweise zwar auch ohne ein dem deutschen Recht entsprechendes genaues Regelungsinstrumentarium zu vergleich­ baren Ergebnissen kommen. Diese beruhen dann aber im wesentlichen auf Billig­ keitserwägungen, die der französische Richter im Rahmen seines Ermessens erzielt. Der anfechtungsrechtlichen Erfassung konzerninterner Transaktionen durch

431 Ripert/Roblot, N. 3109; vg. auch Chaput, Nr. 342. 432 Ripert/Roblot, Nr. 3109; Chartier, Nr. 169; v. Campe, 15 f.

einige Generalklauseln in Verbindung mit einem weitfassenden richterlichen Ermessen fuhrt in Frankreich generell betrachtet zwar zu einer großen Flexibilität der Anfechtungsregeln, die sich im Hinblick auf Einzelfallgerechtigkeit positiv auswirken kann. Doch wird dies mit dem Preis der Einschränkung von Rechts­ sicherheit erkauft. Diese wirkt sich insgesamt gesehen aber negativ auf die Planungssicherheit der Akteure im Wirtschaftsverkehr aus und fuhrt damit zu dem erheblichen Nachteil einer allgemeinen Erhöhung von Transaktionskosten. Es ist damit festzustellen, daß die Regelungen des deutschen Insolvenzanfech­ tungsrechts - bei der InsO noch mehr als bei der KO - ein Instrument darstellen, das im Vergleich zum französischen Recht einen vergleichsweisen hohen Standard an Rechtssicherheit mit der notwendigen Flexibilität verbindet, um besonders effektiv konzerninterne Transaktionen, sei es in vertikaler oder in horizontaler Richtung, die in der betreffenden Zeitspanne vor Konkurseröffnung vorgenommen wurden, erfassen zu können. Vor dem Hintergrund der oben aufgestellten Forde­ rung, die positiven Effekte des Ausblendens des Konzerns als Regelungsobjekt nicht durch die Ausgestaltung des Haftungsmodells im einzelnen im Endeffekt doch wieder leerlaufen zu lassen, stellt sich dieser Bereich des deutschen Rechts im Gegensatz zum französischen Recht damit als vorteilhafter heraus. Es läßt sich daher feststellen, daß das deutsche Insolvenzanfechtungsrecht in Verbindung mit den Regeln über die Wissenszurechnung im Konzern ein im Vergleich zum französischen Recht schlagkräftigeres Instrumentarium zur Erfas­ sung konzerninterner Vermögensverschiebungen vorsieht.

2. Vergleichung der weiterer Komponenten

a) Die wesentlichen Nachteile des französischen Modells Richtet man den Blick auf die übrigen Instrumente, die das französische Modell dem Insolvenzverwalter an die Hand gibt, im Konkurs des abhängigen Unterneh­ mens durch den Zugriff auf die Vermögensmassen anderer Gruppenunternehmen die Haftungsmasse zu vergrößern, wird deutlich, daß diese erhebliche Probleme aufwerfen. aa) Es hat sich gezeigt, daß ein typisches Kennzeichen des französischen Modells seine Flexibilität ist. Diese wird im wesentlichen durch den weiten Ermes­ sensspielraum des Richters gewährleistet. Damit kann auf der einen Seite zwar in hohem Maße, auf die besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhaltes einge­ gangen und Einzelfallgerechtigkeit hergestellt werden. Auf der anderen Seite fuhrt diese Flexibilität aber zu ganz erheblichen Nachteilen, die sich in ähnlicher Weise auch bei den Regeln der Insolvenzanfechtung gezeigt haben. Das weite Ermessen des Richters geht auch hier auf Kosten der Rechtssicherheit. Besonders deutlich wird dies etwa dort, wo es um die Abkoppelung der Haftungshöhe von dem durch Pflichtwidrigkeit verursachten Schaden oder um die Verlegung des Zusammen­

hangs von Haftungshöhe und Pflichtwidrigkeit vom Bereich der richterlichen Überzeugung hinsichtlich des Kausalzusammenhangs in den Bereich des richter­ lichen Ermessens im Hinblick auf Angemessenheit, Billigkeit und Opportunität geht433. Unterstützt wird dieser Nachteil durch die in diesem Zusammenhang bestehende Gefahr, daß mit dem (nicht revisiblen) Ermessen die Tür für rechts­ politische ad hoc-Entscheidungen geöffnet wird. Zudem hat die Darstellung des französischen Rechts gezeigt, daß auch außerhalb des Bereichs des Ermessens die Anwendung der allgemeinen Rechtsprinzipien nicht immer genauen Regeln folgt und somit häufig nicht oder nur schwer zu prognostizieren ist434. Auch das unter­ stützt die erhebliche Rechtsunsicherheit im französischen Modell und fuhrt damit insgesamt zu einer kostensteigemden Planungsunsicherheit der Unternehmen. bb) Ein weiteres Dilemma des französischen Ansatzes ist, daß er zum Teil in sich inkonsequent ist und deshalb das angestrebte Regelungsziel verfehlt, eine möglichst effektive Vergrößerung der Haftungsmasse des (abhängigen) Unter­ nehmens durch Zugriff auf das Vermögen der anderen Unternehmen der Gruppe zu erzielen. Das mit Abstand bedeutendste Beispiel dafür ist die Figur des dirigeant de fait, mit Hilfe derer der Zugriff auf das Vermögen des herrschenden Unter­ nehmens in der Gruppe oder anderer Unternehmen erleichtert möglich sein soll. Damit sollte die Möglichkeit geschaffen werden, denjenigen im Konkurs eines abhängigen Unternehmens in einer Gruppe zur Verantwortung zu ziehen, der während des „Lebens“ der Gesellschaft durch seine Einflußnahme deren Geschäftsinteresse (interet social) verletzt hat. Unter Berücksichtigung der strengen Vorgaben des Schutzes des interet social im französischen Recht wäre dies von seiner Konzeption her ein sehr weitgreifendes Instrument des Gläubiger­ schutzes, dem im französischen Modell eine tragende Funktion zukommen soll. Doch läuft dieser Ansatz im Ergebnis vielfach leer, weil die französische Praxis regelmäßig das herrschende Unternehmen einer Gruppe nur dann als faktischen Geschäftsführer ansieht, wenn es mittels einer förmlichen Anweisung an die Tochter in deren Belange eingreift. Da die Durchsetzung der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens aber häufig auf anderem Wege als durch eine förm­ liche Weisung erfolgt, können viele Eingriffe des herrschenden Unternehmens in die Tochter von vornherein haftungsrechtlich nicht erfaßt werden435. Damit verliert das wesentliche Element des französischen Modells ganz erheblich an Bedeutung, so daß sich der Schutz der Gläubiger abhängiger Gruppenunternehmen in der Praxis insoweit weitgehend als dysfunktional herausstellt.

433 Zahn, 276. 434 M. Wolf, 173, der zu Recht feststellt, es verblüffe, daß in Frankreich an der undurch­ sichtigen Rechtslage, mit Ausnahme weniger Stimmen, kaum Kritik laut werden. Vgl. auch Zahn, 275. 435 Siehe M. Wolf, 167.

cc) Schließlich ergeben sich Nachteile aus dem französischen Ansatz auch im Hinblick auf die ganz einschneidenden Rechtsfolgen der Haftung des Geschäfts­ führers bzw. der Gesellschafter, wenn sie als faktische Geschäftsführer qualifiziert werden können. Zwar hat die Drohung mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des (faktischen) Geschäftsführers bzw. die Erstreckung des bereits eröffneten Verfahrens auf das Vermögen des Geschäftsführers hauptsäch­ lich einen repressiven Charakter436, dennoch führt die das französische Recht kennzeichnende Pönalisierung zu einem nahezu unübersehbaren Risiko für die Geschäftsleitung eines herrschenden Unternehmens. Allgemein gesehen kann die Strenge dieser Regelungen, etwa dazu führen, daß potentiell geeignete Geschäfts­ führer von der Übernahme dieses Amtes abgeschreckt werden, oder sie bewirkt, daß der Geschäftsführer aus Furcht vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Weiterführung des Unternehmens in Wirklichkeit die Situation für alle Akteure noch weiter verschlimmert437. Diese Bedenken sind in modifizierter Form auch auf ein herrschendes Unternehmen als faktischen Geschäftsführer in der Ausübung seiner Leitungsmacht zu übertragen. So ist davon auszugehen, daß die Befürchtungen, die Insolvenz einer Tochter, deren Geschäfte von ihm aus gesteuert worden sind, könnte zum Übergriff des Verfahrens auch auf das eigene Vermögen führen, das herrschende Unternehmen oft davon abhalten werden, innovative und damit auch möglicherweise auch risikoreichere Entscheidungen hinsichtlich der Geschäftsleitung des abhängigen Unternehmens zu ergreifen. Insgesamt gesehen sind damit erhebliche negative Auswirkungen im Hinblick auf eine dynamische Fortentwicklung der Wirtschaft zu erwarten. Die Reaktion auf eine derartige Folgenandrohung liegt dann in einer Versicherungslösung, mit denen die Risiken der Geschäftsleitung abgedeckt würden438. Eine solche Lösung bedeutete aber letztlich nichts anderes, als daß die Kosten des Risikos auf die anderen Akteure abgewälzt würden und damit eine allgemeine Kostensteigerung nach sich zöge. dd) Faßt man die wesentlichen Nachteile des französischen Modells zusammen, so könnte man diese plakativ als „Rechtsunsicherheit“ und „Innovationshemmung“ bezeichnen. Aufgrund dieser Nachteile ist insgesamt festzustellen, daß das in Frankreich entwickelte insolvenzrechtliche Modell des Schutzes der Gläubiger abhängiger Gruppenunternehmen durch die Vergrößerung der Haftungsmasse im wesentlichen Bereichen kontraproduktiv ist. Denn durch die aufgeführten nachtei­ ligen Folgen werden die durch die Ausblendung des Konzerns als rechtlich wesentlicher Faktor gewonnenen Vorteile hinsichtlich der Ermöglichung größerer Synergieeffekte zu einem großen Teil wieder aufgehoben. Wenn sich aufgrund der strukturellen bzw. funktionalen Vergleichbarkeit des französischen Modells mit dem hier für das deutsche Recht entwickelten Ansatz

436 Vgl. Zahn, 3; Lutter, in: FS Kellermann, 259 f. 437 Vgl. Zahn, 195. 438 Terboven, 99 ff.

herausstellte, daß sich bei einer gedachten Übernahme dieses Ansatzes in die deut­ sche Rechtspraxis ebenfalls die entsprechenden Nachteile einstellen würden, wie sie soeben für Frankreich skizziert wurden, wäre dies ein wichtiges Indiz dafür, daß die in den vorangegangenen Untersuchungen herausgearbeiteten Vorzüge des Ansatzes im Vergleich zu dem herkömmlichen konzemhaftungsrechtlichen Modell wieder erheblich relativiert werden müßten.

b) Vorgehens^eise im weiteren

Man könnte zunächst daran denken, ob möglicherweise zwischen den beiden Modellen eine strukturelle Gleichheit besteht, dergestalt, daß bereits aufgrund der äußerlichen Übereinstimmung festgestellt werden könnte, daß sich die Probleme, die sich hinsichtlich des französischen Rechts zeigen, auch in Verbindung mit dem hier entwickelten Ansatz zu erwarten sind. Jedoch führt eine einfache Gegenüber­ stellung der Institutionen zu unsicheren Ergebnissen und bringt den Rechtsver­ gleicher damit nur wenig weiter439. Daher ist zweckmäßigerweise als Einstieg für die Vergleichung sofort die funktionale Vergleichung zu wählen. Insoweit käme es darauf an, ob unabhängig von der systematischen Verankerung der Modelle in den jeweiligen Rechten, diese in ihrer Funktion vergleichbar sind, so daß dann aufgrund der Übereinstimmung Folgerungen vom französischen für das deutsche Recht gezogen werden können. Aussagen über die Funktion eines bestimmten rechtlichen Instruments können dabei aus zwei Perspektiven gewonnen werden, nämlich zum einen, indem man den Regelungsrahmen betrachtet, in dem das betreffende Instrument verankert ist und fragt, welche Funktion mit diesem verfolgt wird. Zum anderen können auch aus der „inneren Struktur“ des Modells selbst Hinweise entnommen werden. Daher erfolgt die funktionale Vergleichung entsprechend in zwei Schritten. c) Vergleichung des Regelungsrahmens, in denen die jeweiligen Modelle verankert sind aa) Der Regelungsrahmen, in dem das jeweilige Modell der Vergrößerung der Haftungsmasse eines insolventen abhängigen Konzernunternehmens durch Zugriff auf die Vermögen anderer Konzernunternehmen eingepaßt ist, erfaßt die systema­ tische Verankerung des Modells im jeweiligen Recht. Eine Einbeziehung dieser Rahmenbedingungen in die funktionale Vergleichung verhindert, daß man mögli­ cherweise zu unvollständigen Ergebnissen gelangt, weil man die zu vergleichenden Objekte als solche nur isoliert betracht und daher eventuell nicht hinreichend beachten könnte, daß die Funktion der Vergleichsgegenstände unter Umständen ihrerseits durch das jeweilige systematische Umfeld beeinflußt werden, in welchem sie sich befinden. 439 Immenga, in: FS Fischer, 298.

Die Bedeutung des Blicks auf die Rahmenbedingungen der jeweiligen Modelle wird bei der hier interessierenden Fragestellung, ob die Nachteile, die mit dem französischen Ansatz einhergehen, auch im Hinblick auf das hier entwickelte Modell im deutschen Recht auftreten werden, sehr deutlich. Ist nämlich festzustel­ len, daß diese ganz oder teilweise eng mit der Funktion der Rahmenbedingungen verknüpft sind, in die das französische Modell eingebettet ist, so spricht viel dafür, daß hinsichtlich des deutschen Modells ähnlich Probleme erwartet werden müßten, wenn sich dort der entsprechende Rahmen für das Modell von der Funktion her als im wesentlichen kongruent darstellt. bb) Die Darstellung des französischen Rechts hat deutlich werden lassen, daß das dortige Modell als solches von seiner Konzeption her an der Insolvenz des betreffenden (abhängigen) Unternehmens ausgerichtet ist, denn die Grundlagen auf denen der Verwalter im Konkurs eines abhängigen Gruppenunternehmens auf das Vermögen des Mutterunternehmens oder eventuell auch auf das der Schwester­ gesellschaften zugreifen kann, setzen grundsätzlich die Insolvenz des Unter­ nehmens tatbestandsmäßig voraus. Die Ausnahmen bestehen insoweit im wesent­ lichen nur hinsichtlich des Art. 1382 CC und der action paulienne. Diese Ausnah­ men können aber hier aus der weiteren Betrachtung ausgeblendet werden. Art. 1382 CC ist durch die oben angesprochene neueste Rechtsprechung der Cour de Cassation für die hier interessierenden Fälle praktisch nahezu bedeutungslos geworden440, und auch die anderen Möglichkeiten spielen tatsächlich für das französische Modell eine weniger bedeutende Rolle. Das französische Modell läßt sich daher bildhaft auch als „insolvenzrechtlicher“ Ansatz beschreiben. Auch hinsichtlich des hier entwickelten Modells für das deutsche Recht könnte man durchaus von einem „insolvenzrechtlichen“ Ansatz sprechen, wenn man bedenkt, daß es, genau wie das französische Modell, erst in der Insolvenz des betreffenden abhängigen Konzernunternehmens zur Anwendung kommt. Eine solche Auffas­ sung greift bei näherer Betrachtung indes zu kurz. Allein der Umstand, daß der Zeitpunkt der Insolvenz eines abhängigen Unternehmens als Ausgangspunkt für die Entwicklung des hiesigen Modells gewählt wurde, macht aus diesem noch keinen „insolvenzrechtlichen“ Ansatz. Der Charakter des Modells wird vielmehr von der Art der Anspruchsgrundlagen geprägt, auf dem es basiert. Zwar finden sich im hier entwickelten Modell für das deutsche Recht ebenfalls Grundlagen, die den Konkurs eines abhängigen Unternehmens voraussetzen, nämlich die Regeln über eigenkapitalersetzende Darlehen (hinsichtlich der Haftung für Konkursverschlep­ pung ist dagegen exakt betrachtet nicht etwa der Konkurs, sondern nur die Konkursreife tatbestandsmäßige Voraussetzung), doch ist für die Mehrzahl der Ansprüche der Konkurs des abhängigen Unternehmens gerade nicht tatbestands­ mäßige Voraussetzung. Im Gegensatz zum „insolvenzrechtlichen Ansatz“ kann

440 Siehe oben A. VII.

man nach den oben gemachten Ausführungen das hier entwickelte Modell viel­ mehr - ebenso bildhaft - als „gemischt-rechtlichen“ Ansatz bezeichnen. cc) Aufgrund seines Charakters ist das französische Modell mithin in den Regelungsrahmen des Insolvenzrechts eingepaßt. Es wird damit von den Beson­ derheiten und der Funktion des französischen Insolvenzrechts geprägt441. 442 Während im deutschen Recht das Insolvenzrecht im wesentlichen aus dem Zwangsvoll­ streckungsgedanken und damit also verfahrensrechtlich entwickelt wurde, wird es in Frankreich als Teil des Unternehmensrechts angesehen (Stichwort: ^entreprise en difficulte"^1). Damit sind weitreichende Folgen verbunden. Als solches ist es u.a. auch ein Instrument zur Steuerung von Unternehmen. Diese Steuerung erfolgt mit Hilfe der hier dargestellten Haftungsvorschriften für den Geschäftsführer bzw. die Gesellschafter als faktische Geschäftsführer und zielt auf den Umgang der Geschäftsführer bzw. der Gesellschafter mit der betreffenden Gesellschaft ab. Zugleich geht damit eine Verlagerung etwaiger Einstandspflichten von Geschäfts­ führern bzw. Gesellschaftern bezüglich des Unternehmens von dem Zeitpunkt der Handlung auf den Zeitpunkt der Insolvenz des Unternehmens einher. In Bezug auf die Haftung in einer Unternehmensgruppe wird insofern zu Recht von der Verlage­ rung des Schwerpunktes des rechtlichen Interesses auf den Konzemausgangsschutz gesprochen443. Die Verknüpfung der Einstandspflichten der Geschäftsführer bzw. der Gesellschafter mit der Insolvenz, d.h. mit dem Scheitern des Unternehmens, also die rechtliche Steuerung der Unternehmensführung vom Insolvenzrecht her, ist der Kristallisationspunkt einer besonderen Konzeption in Frankreich in bezug auf die Führung von Unternehmen. Das französische Recht beläßt nämlich dem Geschäftsführer bzw. den Gesellschaftern während des „Lebens“ eines Unter­ nehmens - sei es unabhängig oder in einer Gruppe als abhängiges Unternehmen mit anderen Unternehmen verbunden - grundsätzlich eine nahezu unbeschränkte, dem deutschen Recht in dem Maße jedenfalls unbekannte Freiheit in der Führung des betreffenden Unternehmens. Überspitzt ausgedrückt können die Geschäfts­ führer bzw. der (Mehrheits-)Gesellschafter mit dem Unternehmen zunächst prinzi­ piell ohne Rücksicht auf die Interessen anderer Akteure verfahren, wie es ihren Zwecken und Vorstellungen entspricht. Das französische Recht sieht nur in prak­ tisch vernachlässigbaren Umfang Regelungen vor, die die Freiheit der Unter­ nehmensführung zugunsten eines Mindestschutzes der Minderheitsaktionäre vor der Entwertung ihrer Position bzw. des hier besonders interessierenden Gläubiger­ schutzes unmittelbar einschränken. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Minder­ heitsgesellschafter bzw. die Gläubiger schutzlos gestellt würden. Der notwendige Mindestschutz wird vielmehr mittelbar gewährleistet, indem die rechtlichen

441 Im Ergebnis siehe auch Terboven, 110 f. 442 Siehe dazu nur Guyon, II („entreprise en difficult"); Saint-Alary-Houin, („Droit des entre prises en difficult). 443 Falcke, 234.

Regelungen und Sanktionen erst dann eingreifen, wenn das Unternehmen geschei­ tert ist. Die französische Konzeption geht idealiter also von der Vorstellung aus, daß die Verantwortlichen für die Unternehmensführung (als ordentliche Kaufleute) bei ihren Maßnahmen schon von sich aus so verfahren werden, daß sie dabei die Interessen der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger berücksichtigen (Prin­ zip des self-restraint). Damit die Gesellschafter bzw. die Geschäftsführer aber tatsächlich auch diesem Leitbild folgen und der so zu gewährleisten versuchte Schutz von Gläubigem bzw. von Minderheitsgesellschaftern nicht praktisch von vorhinein wirkungslos ist, sind Sanktionsandrohungen im Fall eines Fehlverhaltens notwendig. Diese finden sich in der Androhung einer besonders scharfen Haftung für die betreffenden Gesellschafter bzw. Geschäftsführer in der Insolvenz des betreffenden Unternehmens. Anders gewendet: Ein Mindestschutz der Gläubiger soll im französischen Recht dadurch gewährleistet werden, daß durch die Andro­ hung der scharfen rechtlichen Folgen für die Verantwortlichen der Unternehmens­ führung in der Insolvenz des Unternehmens sich jene während des „Lebens" des Unternehmens bereits unter Berücksichtigung der Folgen in der Insolvenz so verhalten, daß sie die Interessen der Gläubiger und der Minderheitsgesellschafter beachten. Die Vorgaben für ein sanktionsfreies Handeln ergeben sich dabei prinzi­ piell aus den TatbestandsVoraussetzungen der Haftungsvorschriften. Dieser Befund bedarf jedoch einer wesentlichen Einschränkung. Aufgrund des Ermessens des Richters ist es möglich, daß trotz tatbestandsmäßigen Handelns der Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer nur Ersatz eines Teils des Schadens oder in Ausnahme­ fallen sogar überhaupt nicht zur Haftung verurteilt wird. Die Ausübung des Ermes­ sens ist eng verbunden mit einer weiteren Besonderheit der französischen Rahmenbedingungen, die einen ganz entscheidenden Unterschied zum deutschen Recht ausmachen, nämlich der Einfluß öffentlicher Interessen in die spätere Beur­ teilung unternehmerischen Handelns. Bekanntlich begegnet man im französischen Recht viel stärker als in Deutschland der Verquickung von Staat und Wirtschaft444. Unternehmen werden dort regelmäßig als Objekt öffentlichen Interesses angese­ hen, mit dem wirtschaftspolitische Ziele verfolgt werden sollen; im Vordergrund stehen dabei die Erhaltung von Arbeitsplätzen, die Gewährleistung der Produktion von Gütern im Inland, um insoweit (jedenfalls partiell) importunabhängig zu sein, und allgemeine wirtschaftsstrukturpolitische Ziele445. Verbunden damit ist, daß die Unternehmen diesbezüglich einen größeren sanktionsfreien Spielraum bedürfen, um diesen Zielen zur Durchsetzung zu verhelfen, selbst wenn dabei die Position von Gläubigem bzw. Minderheitsgesellschaften beeinträchtigt werden könnte. Dieser Freiraum wird u.a. dadurch geschaffen, daß im Liquidationsfalle das öffent­ liche Interesse an dem Unternehmen bzw. an der konkreten Führung des Unter­ nehmens, gleichsam als „Rechtfertigungsgrund“ dienen kann, mit Hilfe dessen die

444 Dazu vgl. Labdre/Bevolv, 13 ff.; 94 ff.; 417 ff. (le planification conomique); und 664 ff. (le secteur public industriel et commercial). 445 Vgl. Zahn, 104 ff.

Einstandspflichten für die Geschäftsführer bzw. die Gesellschafter herabgesetzt werden können. dd) Im Gegensatz zum französischen Ansatz ist das hier entwickelte Modell in einen Regelungsrahmen eingelassen, der aus verschiedenen Komponenten besteht. Soweit durch sie eine rechtliche Steuerung des Umgangs der Geschäftsführer bzw. der Gesellschafter mit dem Unternehmen zum Schutz der Gläubiger und/oder der Minderheitsgesellschafter bewirkt werden soll, zeigt sieh eine zum französischen Recht entgegengesetzte Herangehensweise. Die Freiheit, die das französische Recht dem Geschäftsführer bzw. dem Gesellschafter im Umgang mit der Gesell­ schaft einräumt, ist dem deutschen Recht weitgehend unbekannt. Die Handlungs­ freiheiten sind prinzipiell stärker kanalisiert, indem das deutsche Recht bereits für das „Leben“ der Gesellschaft und nicht erst in deren „Sterbephase“ (durchsetz­ bare) Vorgaben für einen Mindestschutz der anderen Akteure macht. Hervor­ gehoben werden können insoweit besonders die Treuepflicht, die das französische Recht nicht kennt446, und die Kapitalerhaltungsvorschriften, die zwar in Frankreich nicht unbekannt sind, aber im deutschen Recht wesentlich schärfer ausgeprägt sind und eine viel gewichtigere Rolle spielen als im französische Recht447. Das Handeln von Geschäftsführern bzw. Gesellschaftern ist im deutschen Recht nämlich im wesentlichen am Konzept des Bestandschutzes der Gesellschaft als notwendigem Bestandteil einer Krisenprävention ausgerichtet. Damit läßt sich vergleichend fest­ stellen, daß die konzeptionelle Ausgestaltung der Regelungsrahmen, in denen die beiden zu vergleichenden Modelle integriert sind, in Frankreich und in Deutsch­ land ganz wesentlich von einander abweichen448. In Deutschland wird auf eine Kanalisierung der Handlungsfreiheit von Geschäftsführern bzw. Gesellschaftern abgestellt, um durch den Bestandsschutz der Gesellschaft eine Basissicherung der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger zu gewährleisten449. Dagegen ist für das französische Recht eine Konzeption prägend, die den Geschäftsführern bzw. den Gesellschaftern während des „Lebens“ der Gesellschaft weitgehende Freiheit bezüglich ihres Umgangs mit der Gesellschaft beläßt und sie durch die Drohung mit sehr weitgehenden Rechtsfolgen im Insolvenzfall im Rahmen eines ^elfrestrainf dazu bringen will, die Interessen der anderen Akteure zu beachten. Daraus folgt, daß die Rahmenbedingungen der beiden Modelle im wesentlichen nicht kongruent zueinander sind. Daher kann insoweit auch nicht erwartet werden, daß die nachteiligen Folgen, die im französischen Recht aufgrund dieser Konzep­ tion entstehen, auch im deutschen Recht eintreten werden, wenn das hier ent­ wickelte Modell Anwendung fände. So sind insbesondere die scharfen Sanktionen mit ihrer pönalen Funktion dem französischen Insolvenzrecht systemimmanent', der

446 447 448 449

Reiner, 149 f. Vgl. Sonnenberger, III69 ff. Im Ergebnis ebenso Falcke, 234 f. Siehe etwa Immenga, ZHR 140 (1976), 303 ff.

damit einhergehende Nachteil einer innovationshemmenden Führung von (abhän­ gigen) Unternehmen, ist deshalb in dem hier entwickelten Modell aufgrund der Einbettung in einen anderen Regelungsrahmen mit anderen Regelungsmecha­ nismen nicht impliziert. d) Die Vergleichung der Modelle an sich

Richtet man nunmehr unabhängig von den soeben erreichten Ergebnissen den vergleichenden Blick auf die beiden Modelle selbst, so werden unmittelbar eben­ falls grundlegende Unterschiede sichtbar, die im Zusammenhang mit den Anfech­ tungsregeln bereits angeklungen sind. So versucht der französische Ansatz mit verhältnismäßig wenigen, dafür aber weitfassenden, generalklauselartigen Rege­ lungen die Sachverhalte zu erfassen, aufgrund derer dem Verwalter die Möglich­ keit eröffnet werden könnte, auf das Vermögen des herrschenden Gruppenunter­ nehmens zuzugreifen. Das gilt insbesondere für die Haftungsgründe der jodete fictive^450. Eine solche „Generalklausel-Lösung" ist typisch für das französische Recht451. Sie hat den Vorteil großer Flexibilität, der allerdings mit einer relativen Unschärfe der Normen und damit verbunden mit Rechtssicherheitsproblemen einhergeht. Im Gegensatz dazu ist das hier für das deutsche Recht entwickelte Modell durch Regelungsstrukturen gekennzeichnet, die trotz ihrer Offenheit, die notwendig ist, um dynamisch auf die vielfältigen Situationen im Hinblick auf den Konzern reagieren zu können recht genau ausdifferenziert und punktgenau an die einzelnen Sachverhalte angreift. Insofern kann insgesamt davon ausgegangen werden, daß im deutschen Modell allein schon von seiner Struktur her nicht die Rechtsunsicherheiten auftreten werden, die mit dem französischen Modell auf­ grund dessen Struktur verbunden sind. Die Darstellung des französischen Rechts hat indes deutlich werden lassen, daß in dem dortigen Modell eine noch größere Rechtsunsicherheit als von der „weichen Struktur“ der einzelnen Vorschriften durch das Ermessen des Richters erzeugt wird, mit dem u.a. bezeichnenderweise gerade die relative Unschärfe der zur Verfügung stehenden Regeln ausgeglichen werden soll. Das Ermessen des Richters sorgt zwar für eine auf Billigkeitsrechtsprechung basierende Einzelfallgerechtig­ keit, gleichzeitig aber auch für Schwierigkeiten in der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit des zu erwartenden Ergebnisses. Das wird noch dadurch verstärkt, daß dieses Ermessen grundsätzlich nicht revisibel ist. Das Ermessen steht dem Richter dabei nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht zu (hauptsächlich hinsichtlich der Kausalität und der Schadenshöhe), sondern insbesondere auch für den prozessualen Bereich. Dieser ist im hier interessierenden Kontext besonders relevant, denn es hat sich immer wieder gezeigt, daß die Fragen der Beweislast für bestimmte innere Tatbestandsmerkmale oder für Umstände bei der Vergrößerung 450 Siehe oben in diesem Abschnitt A. VI. 1. 451 Vgl. dazu Zweigert/Kötz, 84 ff., insbes. 88 ff.

der Haftungsmasse durch Zugriff auf das Vermögen anderer Konzemteile eine entscheidende Rolle spielen. Im französischen Recht werden jedoch die Beweis­ lastregeln durch das Ermessen des Richters im Ergebnis weitgehend aufgeweicht. Damit wird die Einschätzung für die Parteien über das übliche Maß hinaus erschwert, welches Beweismaß im Einzelfall bereits ausreicht, um die anspruchs­ begründenden bzw. die anspruchshindernden Tatsachen hinreichend zu belegen. Dem deutschen Modell sind diese Komponenten dagegen fremd. In materiell­ rechtlicher Hinsicht steht dem Richter kein (vergleichbares) Ermessen zu, und im Gegensatz zum französischen Recht zeichnet sich der hier entwickelte Ansatz dadurch aus, daß durch eine klare Beweislastverteilung, zum Teil in Verbindung mit einer Änderung in der Gewichtung der Behauptungs- und Substantiierungslastverteilung, ein Ausgleich geschaffen wird, um die Probleme der Beweisschwie­ rigkeiten nach genauen Regeln interessengerecht zu verteilen. Wenn aber dem Modell für das deutsche Recht die Quellen fehlen, die im französischen Modell für die beanstandete Rechtsunsicherheit sorgen, scheidet dieser Nachteil des französi­ schen Modells bei dem deutschen Modell gerade aus. Diese allgemeine Aussage läßt sich auch für den oben besonders hervorgeho­ benen Fall der Behandlung des „faktischen Geschäftsführers“ übertragen. Im Gegensatz zum französischen Recht wird im hier entwickelten Modell die Figur des faktischen Geschäftsführers weniger starr betrachtet. Sie stellt vielmehr ein besonders flexibles Instrument dar, mit dem im Rahmen der Normanwendungs­ lehre darauf reagiert werden kann, daß eine Person, die kein ordnungsgemäßer Geschäftsführer ist, sich neben oder statt des wirklichen Geschäftsführers so verhält, daß sie sich die Folgen ihres Tuns zurechnen lassen muß als ob sie faktisch ein Geschäftsführer war. Das hier entwickelte Konzept im deutschen Recht stellt also insoweit viel weiter auf die Funktionsübernahme als solche ab, während das französische Recht vergleichsweise formal eine Gleichstellung des Handelns des faktischen Geschäftsführers mit den Befugnissen bzw. mit dem Handeln eines ordentlichen Geschäftsführers vornimmt. Auch dieser Aspekt des französischen Rechts ist letztlich vor dem Hintergrund der scharfen Sanktionen für Geschäfts­ leiter in der Insolvenz des Unternehmens erklärlich: damit die scharfen Folgen der Insolvenz nicht überbordend Anwendung finden, wird der Adressatenkreis nämlich nicht auf diejenigen erstreckt, die sich nur in „abgeschwächten“ Formen wie ein Geschäftsleiter verhalten haben. Insgesamt zeigt der Vergleich der Regelungen der Modelle, daß die Nachteile, die sich in Frankreich aufgrund des dortigen Ansatzes ergeben, wegen der großen Unterscheide der beiden Modelle in Deutschland nicht zu erwarten sind.

3. Ergebnis

Aus der rechtsvergleichenden Betrachtung ergibt sich also folgendes Ergebnis: Das französische Modell ist in einem ganz anderen Systembezug zu sehen als der hier entwickelte Ansatz für das deutsche Recht. Aufgrund des dort zugrundeliegenden

Interesses lassen sich bestimmte Eigenarten des französischen Rechts erklären, die zu Folgen fuhren, welche aus Sicht des deutschen Rechts als unbefriedigend angesehen werden. Da die entsprechenden Zusammenhänge dem hier entwickelten Modell jedoch nicht zugrunde liegen, besteht auch nicht die Gefahr, daß man mit der Ersetzung des herkömmlichen Modells in Deutschland durch den hier entwickelten Ansatz die Nachteile in Kauf nehmen muß, die in Frankreich zu beobachten sind. Auch der Blick auf die einzelnen Regelungen im Detail bestätigt, daß sich die Aspekte, die im französischen Modell zu Nachteilen wie Rechts­ unsicherheit oder „Innovationshemmung“ fuhren, in dem hier entwickelten Modell wegen der Unterschiede nicht wiederfinden, so daß entsprechende Folgen im deut­ schen Recht nicht zu erwarten sind. Damit ist nunmehr das oben formulierte Zwischenergebnis auch rechtsverglei­ chend abgesichert. Es kann mithin ohne Abstriche als endgültiges Ergebnis dieser Untersuchung gelten.

§ 8 Zusammenfassung in 20 Hauptthesen 1. Der Schutz von Gläubigem abhängiger Konzernunternehmen läßt sich als Frage nach der Vergrößerung der Haftungsmasse bzw. ihrer jeweiligen Quote im Konkurs des betreffenden Unternehmens verstehen. Die Masse kann dadurch vergrößert werden, daß der Konkursverwalter auf das Vermögen anderer Unter­ nehmen desselben Konzerns, insbesondere auf die des herrschenden Unternehmens zugreift. Dabei entsteht die Frage, ob er wegen der Konzemzugehörigkeit des abhängigen Unternehmens bzw. aufgrund des Umstandes, daß das betreffende Unternehmen der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens unterworfen war, eventuell in besonderem Maße Möglichkeiten an die Hand bekommt, auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens oder auf das eines anderen Konzern­ unternehmens zugreifen zu können, um dadurch eine umfangreiche Vergrößerung der Haftungsmasse zu erreichen und so die Gläubiger des abhängigen Unter­ nehmens möglichst effektiv zu schützen. Dafür bieten sich insolvenzrechtliche, bürgerlich-rechtliche, gesellschaftsrechtliche und konzemrechtliche Grundlagen an. 2. Die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung bieten ein bislang unterschätztes Instrumentarium, um konzerninterne Transaktionen (erleichtert) rückgängig zu machen und damit die Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmens zu vergrößern. a) Entgeltliche Verträge zwischen dem nunmehr insolventen abhängigen Konzernunternehmen und dem herrschenden Unternehmen, die im letzten Jahr vor Eröffnung des Verfahrens geschlossen wurden, sind nach den Regeln der Insider­ anfechtung durch den Konkursverwalter unter erleichterten Voraussetzungen anfechtbar. Das herrschende Unternehmen ist im Verhältnis zum abhängigen Unternehmen immer wie ein „naher Angehöriger“ anzusehen; für die Schwester­ unternehmen gilt dies im Regelfall. Nach Inkrafttreten der InsO wird die Möglich­ keit, im Rahmen der Insideranfechtung gegenüber anderen Konzernunternehmen erleichtert anzufechten, zusätzlich dadurch verbessert, daß nicht nur entgeltliche Verträge, sondern allgemein „Rechtshandlungen“ anfechtbar sind und daß der Vornahmezeitraum auf zwei Jahre verlängert wird. Zudem ist in der InsO die Insiderstellung von Konzernunternehmen positiv-rechtlich festgeschrieben. Aller­ dings ist der Entscheidung, Konzernunternehmen nur dann als „nahe Angehörige“ eines insolventen abhängigen Konzernunternehmens zu betrachten, wenn diese mindestens 25% der Anteile an diesem Unternehmen halten, nicht zu folgen. b) Die Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen nach § 32 KO/§ 134 InsO vom abhängigen Unternehmen an das herrschende Unternehmen oder an ein anderes

Konzernunternehmen umfaßt nicht nur Leistungen, denen keine Gegenleistung gegenübersteht, oder deren Gegenleistung objektiv wertlos ist, sondern auch solche Geschäfte, bei denen das nunmehr insolvente Konzernunternehmen zwar eine Gegenleistung erhalten hat, diese aber den Zweck hat, die Unentgeltlichkeit des Geschäfts zu umgehen. Erfaßt werden dabei auch mittelbare Zuwendungen an das herrschende Unternehmen (Sicherheitenbestellungen und Gebrauchsüberlassun­ gen). Eine krasse Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung fuhrt jedoch noch nicht automatisch zu der Annahme, es läge eine erleichtert anfechtbare unentgeltliche Leistung vor. Vielmehr hat der Anfechtungsgegner, wenn der Rich­ ter aufgrund der Umstände des Einzelfalls die Auffassung gewonnen hat, die vereinbarte Gegenleistung sei möglicherweise zur Umgehung der Unentgeltlichkeit vereinbart worden, die Gründe dazutun und ggf. zu beweisen, die dazu geführt haben, daß das entsprechende Rechtsgeschäft so abgeschlossen wurde, wie es sich darstellt. c) Die sogenannten besonderen Konkursanfechtungstatbestände (§§ 30 Nr. 1, 1. Alt., 30 Nr. 1, 2. Alt., 30 Nr. 2 KO; 132, 130, 131 InsO) erhalten einen nicht unerheblichen Bedeutungszuwachs, wenn es um die Rückgängigmachung von Rechtsgeschäften innerhalb von Konzernen geht. Das Kernproblem des Nachwei­ ses der Bösgläubigkeit beim Anfechtungsgegner wird dort entschärft. Wenn das herrschende Unternehmen des Konzerns Anfechtungsgegner ist, wird die erfor­ derliche Kenntnis der Umstände vermutet. Aufgrund der (widerleglichen) Zurech­ nung des Wissens des herrschenden Unternehmens in einem Konzern hinsichtlich der anderen Glieder des Konzerns kann dort, wo gegenüber Schwesterunternehmen aufgrund der besonderen Anfechtungstatbestände vorgegangen wird, die Bösgläu­ bigkeit widerleglich vermutet werden. d) Eine erfolgreiche Anfechtung fuhrt dazu, daß von den betroffenen anderen Konzernunternehmen dasjenige in die Masse zurückzugewähren ist, was durch die anfechtbare Handlung dem Vermögen des Gemeinschuldners entzogen worden ist. Der Konkursverwalter hat im Gegenzug die erbrachte Gegenleistung zu erstatten. Praktisch fuhrt dies zu einer Aufrechnung, aufgrund der der Anfechtungsgegner die Differenz beider Ansprüche in die Masse zu leisten hat. Fällt der Anfechtungs­ gegner ebenfalls in Konkurs, so sprechen (auch) aus der Perspektive der Vergröße­ rung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmens gute Gründe dafür, dem Konkursverwalter hinsichtlich seines Anspruchs ein Aussonderungs­ recht zuzugestehen. Nach dem neuen § 129 I InsO steht dem Konkursverwalter allerdings nur ein Masseanspruch zu. e) Das Instrument des Rangrückstellung, wie es dem US-amerikanischen Recht mit der Subordination" bekannt ist, gibt es im deutschen Recht (derzeit) nicht. § 32a GmbHG stellt im Geltungsbereich der KO keine Rangrückstellung dar. Ein vereinbarter Rangrücktritt darf nicht dazu fuhren, daß diese gesetzliche Entschei­ dung relativiert wird. Nach Inkrafttreten der InsO wird § 32a GmbHG dann aller­ dings einen gesetzlich vorgesehenen Rangrückstellung darstellen (§ 39 I Nr. 5 InsO). Forderungen von anderen Konzernunternehmen gegen das nunmehr insol­

vente abhängige Konzernunternehmen können nicht allein aus dem Grund subor­ diniert werden, weil der Forderungsinhaber demselben Konzern angehört.

3. Einem abhängigen Konzernunternehmen obliegt es, bei der Anbahnung eines Rechtsgeschäfts den konzernexternen Verhandlungspartner darüber aufzuklären, daß es ein abhängiges Unternehmen in einem Konzern ist, wer das herrschende Konzernunternehmen ist und wie die Abhängigkeit vermittelt ist (sogenannte „Konzemlage“). Es besteht hingegen keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der finanziellen Lage. Dieser Umstand fallt vielmehr in den Bereich der von der Auf­ klärungspflicht strikt zu trennenden Pflicht zur korrekten Auskunft. a) Verletzt ein abhängiges Konzernunternehmen seine Aufklärungspflicht, so steht dem Vertragspartner gegen dieses ein Anspruch aus c.i.c. auf Ersatz des negativen Interesses zu, soweit er sich nicht selbst über die bestehende Konzem­ lage hätte Kenntnisse verschaffen können. Im Konkurs eines abhängigen Konzern­ unternehmens stellt ein solcher Anspruch aber lediglich eine Masseforderung dar. Es ergibt sich deshalb die Frage, ob das herrschende Unternehmen des Konzerns wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Tochtergesellschaft in Anspruch genommen werden kann. b) Das herrschende Unternehmen im Konzern trifft eine Eigenhaftung aus c.i.c., wenn es an Vertragsverhandlungen des abhängigen Unternehmens mit dem Vertragspartner teilgenommen und jener ihm ein besonderes Vertrauen entgegen­ gebracht hat. Eine Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens kommt dage­ gen aber weder unter dem Gesichtspunkt einer eigenen Dritthaftung aus c.i.c. wegen starken wirtschaftlichen Interesses an dem angebahnten Geschäft noch aus einer etwaigen Garantenstellung hinsichtlich des Handelns des abhängigen Unter­ nehmens in Frage. c) In Fällen, in denen das herrschende Unternehmen zwar nicht selbst an den Verhandlungen teilgenommen hat, das verhandlungsführende Geschäftsleitungs­ organ des abhängigen Unternehmens jedoch als dessen „Strohmann“ gehandelt hat bzw. dessen Weisungen unterworfen gewesen ist, läßt sich dessen Haftung als Dritter für den „Vierten“ aus c.i.c. zwar dogmatisch begründen. Allerdings schei­ tert eine derartige Einbeziehung des herrschenden Unternehmens für die Aufklä­ rungspflichtverletzung der Tochter sowohl an praktisch kaum überwindlichen Beweisschwierigkeiten als auch daran, daß die Haftung des Dritten für den „Vierten“ nur bei einem eigenen wirtschaftlichen Interesse des Dritten eingreift und damit auch hier die Schwierigkeiten mit dem unlösbaren Kriterium des „eige­ nen wirtschaftlichen Interesses“ auftreten. d) Eine Haftung des herrschenden Unternehmens für die Aufklärungspflicht­ verletzung des abhängigen Konzernunternehmens kommt schließlich auch nicht aufgrund § 831 BGB in Betracht. § 831 BGB setzt voraus, daß der Verrichtungs­ gehilfe eine natürliche Person ist, so daß diese Vorschrift nicht im Verhältnis eines herrschenden Unternehmens zu einer abhängigen GmbH bzw. einer abhängigen AG anwendbar ist. Eine durch § 823 I BGB bewehrte Verkehrspflicht, aufgrund

derer das herrschende Unternehmen verpflichtet wäre, alle organisatorischen Maß­ nahmen zu treffen, um den Rechtsverkehr vor den Gefahren zu schützen, die sich aus der unternehmerischen Tätigkeit des Konzerns als arbeitsteiliges System erge­ ben, ist nicht überzeugend. Auf reine Vermögensschäden ist eine solche An­ spruchsgrundlage nicht anwendbar, und als Grundlage für den Ersatz von Schäden aufgrund von Eingriffen des abhängigen Unternehmens in absolut geschützte Rechtsgüter kommt sie insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil dies zu dem rechtspolitisch und wirtschaftlich unerwünschten Ergebnis führte, daß sich Konzerne weitgehend nur noch zentralisiert organisieren würden. e) Der Anspruch gegen das herrschende Unternehmen wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht des abhängigen Unternehmens trifft den betreffenden Gläu­ biger individuell, so daß dieser prinzipiell nicht vom Konkursverwalter zur Vergrößerung der Haftungsmasse geltend gemacht werden kann. Der betreffende Gläubiger kann diesen Anspruch sofort nach Ausfall des ursprünglichen Gläubi­ gers geltend machen. Er scheidet damit vor Verteilung der Masse aus dem Kreis der Massegläubiger aus. Dies wirkt sich für die übrigen Gläubiger im Ergebnis wie eine Vergrößerung der Haftungsmasse um den entsprechenden Betrag aus. Etwaige Ausgleichsforderungen des Mutterunternehmens gegen das abhängige Unter­ nehmen nach § 426 I BGB stellen ihrerseits Konkursforderungen dar, die aber zugunsten der anderen Konkursgläubiger nicht angemeldet werden dürfen.

4. Im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens tragen Einstandspflichten wegen Verletzung bestimmter Verpflichtungen hinsichtlich der Finanzierung des betreffenden Unternehmens zur Vergrößerung der Haftungsmasse bei. a) Eine Pflichtverletzung des herrschenden Unternehmens als Gesellschafter des abhängigen Unternehmens aufgrund einer („qualifizierten“) Unterkapitalisie­ rung mit der Folge einer Durchgriffshaftung auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens läßt sich nicht begründen. Es ist aufgrund der Konzeption des GmbHG weder eine Finanzierungsverantwortung von Gesellschaftern hinsichtlich einer angemessenen Kapitalisierung der Gesellschaft ableitbar, noch ist es über­ haupt möglich, die (ausreichende) Kapitalisierung eines Unternehmens mit recht­ lich gebotener Sicherheit ex ante zu bestimmen. b) Ein ganz wesentliches Mittel, um die Haftungsmasse des in Konkurs gefal­ lenen abhängigen Konzernunternehmens umfassend zu vergrößern, stellen die Regeln über den Eigenkapitalersatz dar. Die Bedeutung ergibt sich im Konzern zum einen daraus, daß der Kreis derjenigen, deren Leistungen im Konkurs der betreffenden Gesellschaft nicht gefordert werden können, nicht nur das herr­ schende Unternehmen als Gesellschafter, sondern auch die Schwesterunternehmen umfaßt, selbst wenn diese keine Gesellschafter sind. Zum anderen folgt die Bedeutung daraus, daß die Haftungsmasse des bankrotten abhängigen Unterneh­ mens nicht nur durch eigenkapitalersetzende Darlehen, sondern durch all diejeni­ gen Formen konzerninterner Vermögensverschiebungen vergrößert wird, die fak­ tisch bzw. ökonomisch wie ein Darlehen wirken. Dazu gehören insbesondere die

Verwertung der zur Nutzung oder zum Gebrauch überlassenen Gegenstände bzw. Produktionsmittel. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine bestimmte Leistung zu dem Zeitpunkt, zu welchem ein ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft Eigen­ kapital zugeführt hätte, hingegeben, oder ob eine bereits vor diesem Zeitpunkt hingegebene Leistung in diesem Moment nicht abgezogen wurde. c) Gegebenen oder nicht abgezogenen Darlehen bzw. die entsprechenden Leistungen werden zu Haftkapital des Gemeinschuldners, weil das herrschende Unternehmen bzw. die anderen Konzemgesellschaften ihre Forderungen im Kon­ kurs nicht geltend machen können. Mit Inkrafttreten der InsO wird sich dies zwar dadurch ändern, daß dann die Konzernunternehmen hinsichtlich ihrer Forderungen an das nunmehr insolvente abhängigen Unternehmen auch Konkursgläubiger werden können. Doch bleibt es praktisch bei demselben Ergebnis, weil derartige Forderungen hinter allen anderen Konkursforderungen subordiniert werden. Der Konkursverwalter kann die Leistungen der anderen Konzernunternehmen nur zugunsten der Masse verwerten; eine Veränderung der Eigentumspositionen findet hinsichtlich überlassener Gegenstände nicht statt. d) Im Hinblick auf eine im Konzern abhängige AG ist trotz der wesentlichen Unterschiede zur GmbH die entsprechende Anwendung der Regeln über die kapitalersetzenden Darlehen zu bejahen. Damit können auch im Konkurs einer abhängigen AG in einem Konzern die eigenkapitalersetzenden Darlehen bzw. die entsprechenden Leistungen der Mutter und der anderen Konzernunternehmen in der gesamten Höhe die Haftungsmasse des Gemeinschuldners vergrößern. e) Die Vergrößerung der Haftungsmasse des abhängigen Konzernunternehmens durch den Zugriff auf eigenkapitalersetzende Darlehen oder entsprechender Leistungen wird zusätzlich gewährleistet durch einen konkursrechtlichen Umge­ hungsschutz der Regelungen über eigenkapitalersetzende Darlehen. 5. Die Haftungsmasse einer insolventen abhängigen GmbH in einem Konzern kann dadurch vergrößert werden, daß der Konkursverwalter gegen das herrschende Unternehmen Ansprüche im Zusammenhang mit dem (verspäteten) Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens geltend macht. Zwar ist der Adressat der dafür einschlägigen Vorschrift des § 64 GmbHG der Geschäftsführer der abhängigen GmbH, doch kann auch das herrschende Unternehmen als Teilnehmer bzw. als Täter in Anspruch genommen werden. a) Das herrschende Unternehmen haftet nach § 64 GmbHG, §§ 830 II, 840 I, 421 ff. BGB gesamtschuldnerisch mit dem Geschäftsführer der abhängigen GmbH, wenn es mit einer Weisung verhindert, daß der ordnungsgemäß bestellte Ge­ schäftsführer den fälligen Konkursantrag stellt, oder ihn veranlaßt, nach Konkurs­ reife noch bestimmte Zahlungen vorzunehmen. Das gilt auch dann, wenn die Haupttat nur fahrlässig verwirklicht worden ist, denn das strafrechtliche Erforder­ nis einer vorsätzlichen Haupttat für die Haftung an einer Teilnahme gilt im hier interessierenden Zusammenhang nicht.

b) Das herrschende Unternehmen kann auch als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommen werden. Das ist dann der Fall, wenn es als Gesellschafter dem Geschäftsführer des abhängigen Unternehmens durch ständige Weisungen jeden Raum für eigenes Handeln nimmt, so daß der Geschäftsführer lediglich wie eine Marionette erscheint. Das herrschende Unternehmen kann auch dann als fakti­ scher Geschäftsführer qualifiziert werden, wenn es am ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer vorbei, gleichsam „eigenhändig“ die Geschäfte des Unternehmens fuhrt. Aufgrund der erheblichen Schwierigkeiten, ex ante festlegen zu können, unter welchen Bedingungen ein herrschendes Unternehmen als faktischer Geschäftsführer für Schäden der abhängigen Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann, ist die Figur des faktischen Geschäftsführers statt dessen als indivi­ dueller Zurechnungstatbestand im Sinne der Normanwendungslehre heranzu­ ziehen. c) Der Konkursverwalter kann von dem herrschenden Unternehmen - sei es als Täter oder als Teilnehmer - im Rahmen einer Liquidation im Drittinteresse den Quotenschaden der Gläubiger des abhängigen Unternehmens verlangen (§ 823 II BGB in Verbindung mit § 64 I GmbHG). Dagegen kann er nicht den über den Ersatz des Quotenschadens hinausgehenden Ersatz des negativen Interesses soge­ nannter Neugläubiger verlangen. Ferner kann der Konkursverwalter vom herr­ schenden Unternehmen auch die Zahlungen erstattet verlangen, die nach Konkurs­ reife aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet wurden. Dabei braucht er nicht (erst) auf den Weg der Insolvenzanfechtung versucht zu haben, die geleistete Zahlung wieder in die Masse zu erlangen. d) Im Konkurs einer abhängigen AG im Konzern ergeben sich die entsprechen­ den Möglichkeiten wie bei einer abhängigen GmbH, daß der Konkursverwalter auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens als Teilnehmer oder Täter zugrei­ fen kann, wenn der Konkursantrag verspätet gestellt wurde oder nach Konkursreife seine nicht Zahlungen aus dem Vermögen der abhängigen AG geleistet wurden.

6. §§ 30, 31 GmbHG sind im GmbH-Konzern anwendbar und bieten ebenfalls ein weitgreifendes Instrumentarium für den Konkursverwalter, die Haftungsmasse des abhängigen Unternehmens zu vergrößern. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Leistung direkt dem Mutterunternehmen zugeflossen oder ihr indirekt zugute gekommen ist. Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG ist grundsätzlich das herrschende Unternehmen; es können aber auch horizontale Vermögens­ verschiebungen zu den Schwestergesellschaften im Konzern von den anderen Konzernunternehmen in die Masse zurückverlangt werden. Der Konkursverwalter kann von den Konzernunternehmen grundsätzlich nur den wertmäßigen Ersatz der stammkapitalverletzenden Leistung verlangen. Ausnahmsweise ist es aber auch möglich, einen bestimmten Gegenstand zur Verwertung in die Masse zu verlangen. 7. Die Vergrößerung der Haftungsmasse eines abhängigen Konzernunternehmens durch die analoge Anwendung des § 43 a GmbHG auf konzerninterne Darlehen kommt nicht in Betracht.

8. Der Konkursverwalter kann unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund von Kondiktionsansprüchen verdeckte Zuwendungen der nunmehr insolventen abhän­ gigen GmbH an das herrschende Unternehmen oder an andere Konzemunter­ nehmen von herrschenden Unternehmen in die Masse zurückverlangen. Das ist grundsätzlich dann möglich, wenn die Zuwendung, die der Geschäftsführer auf Anweisung des herrschenden Unternehmens geleistet hat, den Gleichbehandlungs­ grundsatz zwischen den Gesellschaftern verletzt. In abhängigen Einmann-GmbH, deren einziger Gesellschafter das herrschende Unternehmen ist, handelt es sich insoweit hauptsächlich um das Verbot des Selbstkontrahierens (§181 BGB). Der Konkursverwalter kann im Konkurs einer abhängigen AG von dem herr­ schenden Unternehmen ebenfalls Erstattung der Zuwendung in die Masse verlan­ gen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Zuwendungen dem herrschenden Unter­ nehmen als Aktionär direkt zugeflossen sind, oder ob es indirekt davon profitiert hat, weil diese an ein Schwesterunternehmen des Konzerns geflossen sind. Ausge­ schlossen ist dieser Anspruch allerdings in einem AG-Vertragskonzem.

9. Der Konkursverwalter kann die Haftungsmasse im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens durch den Zugriff auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens vergrößern, indem er es für Schäden aufgrund von Geschäfts­ leitungsfehlern zur Verantwortung zieht. a) Das herrschende Unternehmen im Konzern kann gesamtschuldnerisch mit dem ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer der abhängigen GmbH im Rahmen der Teilnehmerhaftung nach § 830 II, 840 I BGB in Verbindung mit § 43 II GmbHG schadensersatzpflichtig sein, wenn es ihm eine Weisung gegeben hat, deren Ausführung eine schädigende, schuldhafte Geschäftsführerpflichtverletzung darstellt und diese Weisung rechtswidrig gewesen ist. Besonders relevant sind insoweit Weisungen des herrschenden Unternehmens, die unter Mißachtung der Treuepflicht erteilt worden sind. b) Das herrschende Unternehmen kann vom Konkursverwalter auch insoweit als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommen werden. Dann muß es nach Maßgabe der Normanwendungslehre als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden können, so daß ihm deshalb die Rechtsfolgen der von ihm angemaßten Position als Geschäftsleitungsorgan zugerechnet werden können. c) Für die Bestimmung, wann eine schuldhafte Verletzung einer Geschäfts­ führerpflicht vorliegt, ist davon Abstand zu nehmen, diese mit Hilfe bestimmter Kriterien (materiell-rechtlich) festlegen zu wollen. Diese Kriterien erweisen sich als unpräzise und unpraktikabel. Die Frage, ob eine schuldhafte Verletzung von Pflichten vorliegt, ist auf die prozessuale Ebene zu verlagern. Dort läßt sich mit den präzisen Regeln des Beweisrechts ein interessengerechtes Ergebnis erzielen. d) Einen Unterfall der Haftung wegen schuldhafter Verletzung von Geschäfts­ führerpflichten stellt die sogenannte Haftung wegen Vermögensvermischung dar. Es geht insofern um die Mißachtung der Pflichten aus § 43 I GmbHG in Verbin­ dung mit § 41 GmbHG. Für eine wie immer geartete „Durchgriffshaftung“ wegen Vermögensvermischung ist daher kein Platz.

10. Bei der Haftung des herrschenden Unternehmens wegen eines Eingriffs in die Geschäftsleitung einer abhängigen AG sind die allgemeinen Regeln des AktG durch die Spezialnormen des AG-Konzemrechts überlagert. Dennoch ist eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die die allgemeinen Regelungen dem Konkursverwalter bieten, die Haftungsmasse zu vergrößern, nicht ausgeschlossen und im Hinblick auf eine mögliche Reformdiskussion hinsichtlich des AGKonzemrechts auch notwendig. § 117 I bis III AktG stellt ein wirksames Gesamtsystem des Schutzes des Vorstandes einer abhängigen AG im Konzern vor der Einflußnahme des herr­ schenden Unternehmens vor unmittelbarer oder mittelbarer (Abs. III) Beeinflus­ sung dar. Dieses Instrumentarium gibt dem Konkursverwalter die Möglichkeit an die Hand, im Konkurs der abhängigen AG auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens zurückzugreifen, wenn ihr Einfluß auf den Vorstand zu einer schä­ digenden, schuldhaften Geschäftsleiterpflichtverletzung geführt hat. § 117 VII AktG steht dieser Möglichkeit nur scheinbar im Wege. Denn unabhängig davon, daß die Eingriffe des herrschenden Unternehmens in das Tagesgeschäft des Vorstandes der abhängigen AG nur selten über die Ausübung der Stimmacht in der Hauptversammlung vonstatten geht, verliert § 117 VII AktG seine Wirkung dadurch, daß die Ausübung der Stimmacht nur insoweit hinzunehmen ist, wie dies mit der Treuepflicht des herrschenden Unternehmens als Aktionär zu vereinbaren ist. De lege ferenda sollte § 117 VII AktG allerdings ersatzlos gestrichen werden. 11. Zur Vergrößerung der Haftungsmasse einer abhängigen GmbH in einem Konzern tragen die konzemrechtlichen Anspruchsgrundlagen entgegen der her­ kömmlichen Auffassung nicht bei. Die fehlende Regelung des GmbH-Konzernhaftungsrechts ist keine planwidrige Gesetzeslücke. Nach der Methodenlehre könnte eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Konzemvorschriften nur noch dann eingreifen, wenn für eine Regelung bezüglich Gesellschaften mbH ein unabweisliches Bedürfnis in der Praxis besteht. Ein solches kann jedoch nicht behauptet werden, denn in allen mit dem Konzemhaftungsrecht geregelten Fällen greifen bereits die hier erarbeiteten allgemeinen Regeln des Insolvenzrechts, des Bürgerlichen Rechts und/oder des Gesellschaftsrechts ein. Die konzemspezifischen Haftungsregeln lassen sich zudem auf allgemeine bürgerlich-rechtliche und gesell­ schaftsrechtliche Instrumente zurückführen. a) Hinsichtlich eines GmbH-Vertragskonzems wird dem herrschenden Unter­ nehmen durch den Vertrag kein weiterer Einfluß in die Belange des abhängigen Unternehmens eröffnet, als sie die zwingenden Regeln des GmbH-Rechts zulassen. Eingriffe des herrschenden Unternehmens im Rahmen des Vertrages werden daher von den allgemeinen Vorschriften erfaßt. Konzemspezifischer Sonderregeln bedarf es daher nicht. Soweit ein Vertrag in die Rechte der Minderheit eingreift, bedarf es ebenfalls nicht der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG, weil sich die Minderheitsgesellschafter im Zusammenhang mit ihrer Zustimmung zu dem Vertrag selbst hätten schützen können.

b) Die Haftung des herrschenden Unternehmens in einem faktischen GmbHKonzern wird nicht konzemspezifisch, sondern unter Anwendung der Treuepflicht gelöst. Haftungsauslösende Eingriffe des herrschenden Konzernunternehmens beruhen entweder auf einer Anstifterhaftung nach §§ 830 II BGB, 43 II GmbHG, oder auf § 43 II GmbHG, wenn das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsführer qualifiziert werden kann. c) Auch in dem Fall, wo das insolvente Konzernunternehmen in einen soge­ nannten qualifizierten faktischen GmbH-Konzern eingebunden ist, finden konzem­ spezifische Ansprüche zur Vergrößerung der Haftungsmasse (§§ 302, 303 AktG analog) keine Anwendung. Unabhängig davon, unter welchen Umständen über­ haupt ein qualifizierter faktischer Konzern vorliegt, sind die dafür herangezogenen Legitimationsgrundlagen für spezielle Konzemhaftungsregeln nicht haltbar. Die angenommene spezielle Konzemgefahr unterscheidet sich nicht von den Gefahren, die auch in einer selbständigen, von einem Mehrheitsgesellschafter beherrschten GmbH auftreten. Auch die Vorstellung, mit der Einbindung einer GmbH als abhängiges Unternehmen in einen Konzern würde das herrschende Unternehmen nahezu ungehindert in die Eigeninteressen der betreffenden Gesellschaft eingreifen können, was nur mit einem besonderen, auf die Situation abgestimmten konzem­ spezifischen Haftungsrecht erfaßt werden könnte, greift nicht durch. Schließlich zeigt sich, daß die Rechtfertigung einer speziellen Regelung für den qualifizierten faktischen GmbH-Konzern aufgrund der Unmöglichkeit des Individualausgleichs von Schädigungen der abhängigen Konzemgesellschaften in Wirklichkeit keine materiell-rechtliche Frage einer besonderen Haftung ist, sondern daß es sich um ein prozessuales Problem (Tatsachenfrage) handelt und als ein solches behandelt werden muß. d) Ein qualifizierter faktischer AG-Konzem ist wegen der damit einherge­ henden Verletzung von § 76 AktG von vornherein verboten. Eine konzemspe­ zifische Anspruchsgrundlage, die der Konkursverwalter zur Vergrößerung der Haftungsmasse einer bankrotten abhängigen AG geltend machen kann, gibt es folglich nicht. e) Die grundsätzlich festgeschriebenen Haftungsregeln im faktischen AGKonzem gelten im wesentlichen als mißlungen. De lege lata könnte man sie problemlos auch durch die allgemeinen Regelungen ersetzen. In Betracht kommen eine Anwendung des § 117 I AktG, wenn man gleichzeitig § 117 VII AktG im Lichte der Treuepflicht der Aktionäre auslegt. Denkbar wäre zudem ein Anspruch gegen das herrschende Unternehmen aus § 93 II AktG, wenn es sich als faktischer Geschäftsführer qualifizieren lassen könnte. f) Die Haftungsregeln der §§ 302, 303 AktG sind ebenfalls keine konzernspezi­ fischen Anspruchsgrundlagen, mit denen der Konkursverwalter in einem AGVertragskonzem auf das Vermögen des Mutterunternehmens zugreifen kann. Es handelt sich vielmehr um Regelungsvorstellungen bürgerlich-rechtlicher Natur, die in der AktG-Novelle von 1965 in ein konzemrechtliches Gewand gekleidet wurden.

12. Aus der Perspektive des Konkurses eines abhängigen Unternehmens ist festzu­ stellen, daß es eines Modells des Schutzes der Gläubiger abhängiger Konzern­ unternehmen nicht bedarf, das sich auf ein spezielles Konzemhaftungsrecht stützt. Vorteilhafter ist ein Ansatz, der die allgemeinen Instrumente, die das Insolvenz­ recht, das Bürgerliche Recht und das Gesellschaftsrecht zur Verfügung stellen, im Konkurs des betreffenden abhängigen Unternehmens mit Hinblick auf die beson­ dere Einbettung des Gemeinschuldners als abhängiges Unternehmen in einen Konzern nutzbar macht (Zwischenergebnis).

13. Eine umfangreiche Vergrößerung der Haftungsmasse eines in Konkurs gefal­ lenen abhängigen Konzernunternehmens kann dadurch unterstützt werden, daß die Verwaltung der Masse möglichst effizient erfolgt. Dies ist möglich, wenn ein Verwalter und/oder ein Konkursrichter, die bereits Kenntnisse über die Interna des Konzerns haben, die Verwaltung übernehmen bzw. überwachen. Eine Gesamt­ schau der positiven und negativen Aspekte der Zusammenfassung von Verfahren in einer Hand zeigt, daß die positiven Effekte einer Verfahrenszusammenfassung bei weitem überwiegen. Dabei ist die Zusammenfassung der Verfahren mehrerer in Konkurs gefallener Unternehmen desselben Konzerns in der Hand eines Verwal­ ters wegen der Übernahme der „tatsächlichen“ Verwaltung zu empfehlen. a) Der de lege lata bestehende Grundsatz „eine Person, ein Vermögen, ein Verfahren“ wird im Fall, daß zwei oder mehrere Unternehmen desselben Konzerns zugleich oder in kürzerer Zeit nacheinander in Konkurs fallen, nicht angetastet. b) Die Überprüfung, auf welcher Grundlage de lege lata die als vorteilhaft erkannte Zusammenfassung mehrerer Verfahren in der Hand eines Konkursrichters vorgenommen werden kann, verläuft negativ. Es zeigt sich, daß die Gesamtzustän­ digkeit eines Richters am Ort des ersten mit einem Konkursverfahren eines Konzernunternehmens befaßten Gerichts ein überzeugender Anknüpfungspunkt wäre. Allerdings bieten die einschlägigen Instrumente der KO und der ZPO, auch bei weitem Verständnis, praktisch keine Möglichkeiten für die Begründung einer Zuständigkeit eines Richters für die Verfahren mehrerer insolventer Konzemunter­ nehmen, wenn diese nicht ohnehin in seinem Bezirk liegen. Die „Bündelung“ von Verfahren auf informeller Ebene im Sinne einer die jeweils zuständigen Gerichte treffenden Konsultations-, Informations- und Koordinationspflicht findet ebenfalls keine ausdrückliche Stütze im Gesetz. c) Die Bündelung mehrerer Verfahren in der Hand eines Konkursverwalters ist zwar in der Praxis gang und gäbe, doch findet sich im geltenden Recht keine Grundlage, aufgrund derer Konkursrichter verpflichtet wären, die verschiedenen Verfahren in die Hände desselben Verwalters zu legen. Dies ist auch nicht auf Initiative der Gläubiger möglich. d) Die InsO enthält in ihren neuen Bestimmungen ebenfalls keine normativen Ansatzpunkte für die Zusammenfassung von mehreren Verfahren in der Hand eines Insolvenzverwalters und/oder eines Richters. Vor dem Hintergrund der zu

erwartenden positiven Effekte einer Verfahrensbündelung ist daher eine Änderung der insolvenzrechtlichen Verfahrensvorschriften wünschenswert. 14. Das französische Recht kennt wie das deutsche die Figur des Konzerns {groupe de societes). Es knüpft an eine derartige Gruppe von Unternehmen jedoch grundsätzlich keine rechtliche Folgen an. Für sie ist es ein wirtschaftliches Phäno­ men und kein rechtliches. Daher gibt es im französischen Recht keinen konzem­ haftungsrechtlichen Ansatz. Die wenigen Versuche, einen solchen zu begründen, sind gescheitert, und die strafrechtliche Rechtsprechung, in der gewisse „Konzemwirkungen“ anerkannt sind, darf nicht überinterpretiert werden; sie hat für das französische Zivilrecht bislang keine Bedeutung gewonnen. 15. Das französische Recht der Insolvenzanfechtung bietet dem Insolvenzver­ walter nur geringfügige Möglichkeiten, gruppenintern Vermögensverschiebungen zu Lasten des nunmehr bankrotten abhängigen Unternehmens rückgängig zu machen. Die Anerkennung einer Insiderstellung des herrschenden Unternehmens oder eines anderen Konzernunternehmens hängt von dem Ermessen des jeweiligen Richters ab und fuhrt positivenfalls auch nur zu Beweiserleichterungen für den Insolvenzverwalter. Auch die Anfechtung unentgeltlicher Verträge ist weitgehend an das Ermessen des Richters geknüpft. Prinzipiell ist es zwar möglich, Verträge anzufechten, denen nur der äußere Schein der Entgeltlichkeit gegeben worden ist, doch wird diese Praxis sehr restriktiv gehandhabt. Ebenso gilt für die weiteren Anfechtungstatbestände in französischen Recht, daß sich hinsichtlich der Anfech­ tung von Leistungen innerhalb einer Gruppe praktisch keine Besonderheiten im Vergleich zu den Anfechtungen gegenüber Außenstehenden ergeben.

16. Der Zugriff auf das Vermögen anderer Konzernunternehmen im Konkurs eines abhängigen Konzernunternehmens wird im französischen Recht über die Figur des faktischen Geschäftsführers (dirigeant de fait) ermöglicht. Die Qualifizierung des herrschenden Unternehmens als faktischer Geschäftsführer setzt jedoch ein positi­ ves Tun voraus, das die wirtschaftliche oder finanzielle Leitung des abhängigen Unternehmens betrifft und das bestimmte formale Kriterien erfüllen muß. Damit wird ein erheblicher Teil von Einflußmöglichkeiten auf die Geschäftsführung eines abhängigen Unternehmens in dessen Konkurs haftungsrechtlich ausgeblendet, und der Nutzen dieses Ansatzes zur Haftungsmassenvergrößerung bei abhängigen Konzernunternehmen im Hinblick auf die Konzemmutter wird erheblich ge­ schwächt. a) Gelingt es, das herrschende Unternehmen als faktischen Geschäftsführer zu qualifizieren, dann kommt in der Insolvenz ein Zugriff auf dessen Vermögen im Rahmen der action en comblement de passif in Betracht. Voraussetzung dafür ist eine Pflichtverletzung, die regelmäßig dann vorliegt, wenn mit der betreffenden Maßnahmen gegen Gesetze oder allgemein gefordertes ordentliches Geschäfts

führerverhalten verstoßen wird. Eine „Rechtfertigung" dieser Pflichtverletzung als ein Handeln im Konzeminteresse gibt es nicht. Es ist eine Fehlvorstellung, wenn angenommen wird, daß das Vorliegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verstoßes gegen die Geschäftsleiterpflichten automatisch zu der berühmten Eröff­ nung eines persönlichen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens führt. Die action en comblement de passif hat im wesentlichen nur präventiven Charakter. Zum einen liegt es auch bei tatbestandsmäßigem Verhalten des herrschenden Unternehmens noch im Ermessen des Richters, welchen Schaden das herrschende Unternehmen als faktischer Geschäftsführung tragen muß. Zum anderen wird ein persönliches Insolvenzverfahren nur dann eröffnet, wenn der Verurteilte seinen Zahlungspflichten nicht nachkommt. b) Auch die Erstreckung der Insolvenzanfechtung auf das herrschende Unter­ nehmen als faktischer Geschäftsführer (extension du redressement judiciaire) hat hauptsächlich präventiven Charakter. Das Gericht kann die Eröffnung eines Insol­ venzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens anordnen, wenn dieser als faktischer Geschäftsführer gegen bestimmte Tatbestände des Art. 182 L 85 verstößt, indem er das abhängige Unternehmen als Vehikel zur Umset­ zung eigener Interessen genutzt hat oder der Eingriff in die Belange des abhän­ gigen Unternehmens ein mißbräuchliches Verhalten darstellt. Die noch schärferen Sanktionen, wie etwa die Verhängung einer Insolvenzächtung (faillite personnelle - Art. 185 L 85) kommt für ein herrschendes Unternehmen nur dann in Betracht, wenn dieses eine natürliche Person ist. Die Haftungstatbestände des Art. 182 L 85 basieren im wesentlichen auf dem Grundgedanken, die Integrität des abhängigen Unternehmens zu wahren und den Geschäftsverkehr in seinem Vertrauen zu schüt­ zen, in dem ein Verhalten verboten wird, mit dem die Integrität des Unternehmens verletzt wird. c) Der Fall einer echten Erstreckung von Insolvenzverfahren im Sinne einer Verschmelzung der Massen des abhängigen mit der des herrschenden Unterneh­ mens als faktischen Geschäftsführer findet sich bei der Haftung wegen einer jodete fictive^. Eine solche kann vom Richter angenommen werden, wenn der abhängigen Gesellschaft ein konstitutives Element einer Gesellschaft fehlt. Konkrete Merkmale, wann dieser Tatbestand vorliegt, gibt es hingegen nicht. Verallgemeinert betrachtet sollen mit der societe fictive im Bereich der Unter­ nehmensgruppen die Fälle erfaßt werden, in denen bei Außenstehenden der Ein­ druck erweckt wird, bei dem einzelnen Unternehmen einer Gruppe handele es sich um eine einzige Gesellschaft oder eine gegenseitig für sich einstehende Haftungs­ gemeinschaft. Entsprechende Sanktionen sind auch vorgesehen, wenn das herr­ schende Unternehmen sein Vermögen mit dem des abhängigen Unternehmens vermischt hat. 17. Weitere Instrumente des französischen Rechts, die dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit geben könnten, auf das Vermögen des herrschenden Unternehmens oder aus das der Schwesterunternehmen im Konkurs bei einem abhängigen Unter­

nehmen zurückzugreifen, spielen in der Praxis nur eine vernachlässigbar kleine Rolle.

18. Das französische Recht blendet den Konzern als rechtlich relevanten Aspekt aus und schafft damit das Fundament dafür, daß die Konzerne ohne spezifisch nur sie betreffende „rechtliche Ketten“ ihre positive Wirkung für die Wirtschaft besonders gut entfalten können. Diese Vorteile des französischen Modells zum Schutz der Gläubiger von abhängigen Unternehmen einer groupe de societe wird durch erhebliche Nachteile sehr weitgehend wieder eingeschränkt. In der Praxis führt das französische Modell zu großen Rechtsunsicherheiten und zu einer Hem­ mung innovativen unternehmerischen Verhaltens („Innovationshemmung“). 19. Das für den hier entwickelten Ansatz erzielte Zwischenergebnis hat vor diesem Hintergrund nur dann Bestand, wenn festgestellt wird, daß die Nachteile des französischen Modells nicht auch mit dem hiesigen Ansatz einhergehen.

20. Die Vergleichung des hier entwickelten Ansatzes mit dem französischen Modell sichert das erzielte Zwischenergebnis. Es ist nicht zu erwarten, daß die Vorteile dieses Ansatzes im Gegensatz zu dem in Deutschland vorwiegend auf konzemhaftungsrechtlichen Vorstellungen basierenden Modell des Schutzes von Gläubigem abhängiger Konzernunternehmen durch ihm immanente Nachteile aufgehoben werden. Die mit dem französischen Modell einhergehenden erheb­ lichen Nachteile sind im Hinblick auf das hier entwickelte Modell nicht zu erwar­ ten, weil die Strukturen des französischen Modells, auf denen diese Nachteile beruhen, im hier entwickelten Ansatz nicht vorhanden sind. Oberflächlich zeigen sich zwischen dem hier entwickelten und dem französischen Ansatz zwar einige Übereinstimmungen. Tatsächlich bestehen jedoch grundlegende Unterschiede. So findet man in Frankreich ein insolvenzrechtliches Konzept, das geprägt ist von den Besonderheiten des dortigen Insolvenzrechts. Es ist ein Teil des Unternehmens­ rechts und beinhaltet aufgrund seiner Konzeption notwendigerweise pönale Instrumente, deren Nachteile in der besagten „Innovationshemmung“ liegt. Dage­ gen ist der hier entwickelte Ansatz ein „gemischt-rechtlicher“ Ansatz, der in dem ganz anders konzipierten deutschen gesellschaftsrechtlichen Rahmen eingepaßt ist und derart pönale Elemente nicht kennt. Auch die Ausgestaltung der Modelle an sich ist zu unterschiedlich, als daß zu erwarten wäre, daß die damit verbundenen negativen Folgen hinsichtlich der erheblichen Rechtsunsicherheit sich auf das deutsche Modell übertragen ließen. Das französische Modell besteht aus verhält­ nismäßig wenigen, generalklauselartigen Vorschriften, die regelmäßig verbunden sind mit einem weiten richterlichen Ermessen. Dagegen beruht das hier entwickelte Modell auf einem ganzen Bündel vergleichsweise punktgenau ansetzender Rege­ lungen, die mit exakten Bestimmungen der Beweis-, Behauptungs- und Substantiierungslast einhergehen.

Zudem zeigt die Vergleichung beider Ansätze, daß das hier entwickelte Modell dem Konkursverwalter viel weitreichendere Instrumente an die Hand gibt, um die Haftungsmasse eines abhängigen Unternehmens zu vergrößern und damit zu einem effektiven Schutz der Gläubiger abhängiger Konzernunternehmen beitragen kann. Insbesondere gehört dazu, daß er in größerem Maße auch auf das Vermögen von Schwestergesellschaften zugreifen kann.

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Anmerkung: Urteilsanmerkungen, Kurzkommentare zu Urteilen oder notes sind im Literatur­ verzeichnis nur soweit aufgeführt, wie sie im Text als selbständige Literatur verarbeitet worden sind.

Sachregister Die jeweils erste Ziffer verweist auf den betreffenden Paragraphen, die weiteren auf die entspre­ chenden Unterabschnitte.

abus de droit de majorit § 7 A VI4 acte ä titre gratuit § 7 A III 2a action en comblement de passif § 7 A IV - Normadressaten § 7 A IV 2 - Rechtsfolgen § 7 A IV 4 - Tatbestände § 7 A IV 3 action paulienne § 7 A III 3 AG-Konzem § 5 V - faktischer Konzern § 5 V 3 - qualifizierter faktischer Konzern § 5 V 2 - Vertragskonzem § 5 V 4 Altgläubiger § 4 1. Teil, C III 2a Anfechtung Absichtsanfechtung § 2 A IV - KO § 2 AIV 1 -InsO § 2 A IV 2 - allgemeine Voraussetzungen § 2 A II - Bargeschäftsanfechtung — KO § 2 A VI2 — InsO §2 AVI 3 - inkongruente Deckung § 2 A VI 5 - kongruente Deckung § 2 A VI4 - Frankreich § 7 A III - - Konkurrenzen § 7 A VII - - Rechtsfolgen § 7 A III4 - Schenkungsanfechtung § 2 A VIII; § 7 A III2 -spezielle §2AVI6 - unentgeltliche Leistungen § 2 A V 4 - unentgeltlicher Verfügungen § 2 A V; § 7 A III 2b Anfechtungsfrist § 2 A V 3 ; § 4 1. Teil, B VIII 1b Anfechtungsgegner -Konkurs §2 A VII2 Angehörige, nahe § 2 AIII 2b; § 2 AIII 4b; § 4 2. Teil, A II 2c Anstellungsvertrag § 4 1. Teil, C II 2b; § 4 2. Teil, EII 2a Anstifterhaftung § 4 2. Teil, EII la Aufklärungspflichten § 3 I

- besondere § 3 12b - Haftung bei Verletzung § 3 II; § 3 II4 - Umfang § 3 12b - Zurechnung § 3 II 2a Auskunftspflicht § 3 12b, c Auszahlungen - stammkapitalverletzende § 4 2. Teil, A I - - Adressaten § 4 2. Teil, A II 1b --Erstattungsschuldner § 4 2. Teil, A II 2 — GmbH §4 2. Teil, All Banken § 2 A III 5 Bargeschäftsanfechtung § 2 A VI2 Beweislast - bei Geschäftsführerpflichtverletzungen § 4 2. Teil, E II 3 c; § 4 2. Teil, E III 2c -Umkehr § 2 A V 2d; § 3 II 1b Bösgläubigkeit - Konzemobergesellschaft § 2 A VI 2b - Konzemschwestergesellschaft § 2 A VI 2b - Vermutung § 2 A VI 2 a; § 2 A VI 3b business judgement rule § 4 2. Teil, E II 3b c.i.c. § 3 II 1 -Dritthaftung § 3 II 1, 2 confusion de patrimoine § 7 A VI 2; § 7 A VI 2 -Rechtsfolgen §7AVI2b - Voraussetzungen § 7 A VI 2a contröle § 7 A II 1b - contröle de droit § 7 A II 1b - contröle de fait § 7 A II 1b

Darlehen § 4 1. Teil, B III2 - konzeminteme Darlehen § 4 2. Teil, B I _ eigenkapitalersetzende Darlehen Darlehensgleiche Leistungen §41. Teil, BIII dirigeant de droit § 7 A IV 2a dirigeant de fait § 7 A IV 2b -juristische Person § 7 A IV 2c

Dritte - eigenkapitalersetzende Darlehen §41. Teil, B II 2a - Erstattungsschuldner nach § 31 GmbHG §4 2. Teil, A II 2 - Haftung für Dritte § 3 II 2a - verdeckte Zuwendungen § 4 2. Teil, C II 3 Durchgriffshaftung § 3 II2; § 4 1. Teil, B I 1;§ 4 2. Teil, Eli 6 Ehegattenfrist § 2 A V 3b Eigenhaftung Dritter § 3 II 2b Eigeninteresse § 3 II 2c; § 5 III4 - Beeinträchtigung im Konzern § 5 III 4b - des abhängigen Unternehmens § 5 III 4a - prozessualer Ansatz § 5 III4 c; § 5 III 5 Einmann-GmbH § 4 2. Teil, C II 2; § 5 II2 Eigenkapitalersetzende Darlehen § 4 1. Teil, B - Adressaten §41. Teil, B II - AG §4 1. Teil, B VII -Banken § 4 1. Teil, B II 2b - Insolvenzordnung §41. Teil, B VI - Rechtsfolgen §41. Teil, B IV — Aufrechnung §41. Teil, B IV 2c — Darlehen §4 1. Teil, B IV 1 - - Derivate §41. Teil, B IV 2 — Gebrauchsüberlassung § 4 1. Teil, BIV3 — Nebenleistungen §41. Teil, B IV 2 — Sicherheiten §41. Teil, B IV 2 — Zinsen § 4 1. Teil, B IV 2a - Rechtsprechungsregeln § 4 1. Teil, B V - Stehenlassen § 4 1. Teil, B III 4b - Strohmann §41. Teil, B II 2a - Stundung §41. Teil, B III 4a - Umgehungsschutz §41. Teil, B VIII - Verwertungskonzeption § 4 1. Teil, BIV4 entreprise en difficultös § 7 A II3; § 7 B III 2c Erstattungsanspruch (§ 31 GmbHG) - Adressaten § 4 2. Teil, A II2 -Dritter § 4 2. Teil, A II2 - Solidarhaftung § 4 2. Teil, A III 3d -Umfang § 4 2. Teil, A III - - Naturalerstattung § 4 2. Teil, A III 2 extension du redressement judiciaire § 7 AV - Insolvenzächtung § 7 V 3 - Voraussetzungen § 7 A V 2

faillite personelle §7AV1;§7AV3 faute de gestion § 7 A IV 3a Finanzplankredit §41. Teil, B III 4d Finanzplannutzungsüberlassung §4 1. Teil, B III 4d FinanzierungsVerantwortung § 4 1. Teil, AI2 Finanzierungsfolgeverantwortung §41. Teil, A 12 Finanzierungsrisiko §41. Teil, B I

Garantenstellung § 3 II 2d Garantiehaftung § 7 A II 2c Gebrauchsüberlassung - als unentgeltliche Verfügung § 2 A V 2g - beim eigenkapitalersetzenden Darlehen §4 1. Teil, BIII 3 - Rechtsfolgen § 4 1. Teil, B IV 3 - stehengelassene § 4 1. Teil, B III 4c gerance de fait § 7 A IV 2b Geschäftsführer - fehlerhaft bestellter § 4 1. Teil, C II 3a - faktischer § 4 1. Teil, C II 3b; § 4 2. Teil, Eli 2c - - Anwendung auf Dritte §41. Teil, CII 3g - - Beurteilungszeitraum §41. Teil, C II 3h - -dogmatische Ausgestaltung § 4 1. Teil, C II 3b, c, d - - Konzeption nach der Normanwendungs­ lehre § 4 1. Teil, CII 3f --Tatbestandsmerkmale § 4 1. Teil, C II 3c - ordentlicher §4 2. Teil, E II 3b - Pflichten § 4 2. Teil, E II - - Verletzung § 4 2. Teil, E II 3a - - Umfang des Schadensersatzes § 4 2. Teil, E II4 - Verhältnis zum Gesellschafter § 4 1. Teil, CII 3e - Vertretungsmacht § 4 2. Teil, C II 1b Geschäftsführerhaftung § 4 2. Teil, E I - Konzemobergesellschaft § 4 2. Teil, EII 1,2 Geschäftsleiterhaftung (AG) § 4 2. Teil, EIII - Beweislast § 4 2. Teil, E III 2c - Konzemobergesellschaft § 4 2. Teil, EIII 2,3 - Vorteilsbegriff (§ 117 III AktG) § 4 2. Teil, E III 2b Gesellschaftsfinanzierung § 7 A VI 3

Gesellschaftsgruppe - groupe de socits Gewinnabführungsvertrag § 5 IV 2c Gläubigerbenachteiligung § 2 A II2 Gleichbehandlungsgrundsatz § 2 A VI 1; § 2 B I 3c GmbH-Konzern - faktischer § 5 II - - Haftung § 5 II1 - qualifizierter faktischer § 5 III — Regelungslücke § 5 III2 — schädigender Eingriff § 5 III2, 4 - Vertragskonzem § 5 IV groupe de socits § 7 A II 1 - intrt du groupe § 7 A II Id - contröle § 7 A II lb

Haftung - als Dritter für „Vierten“ § 3 II 3 - für Dritte § 3 II 2 a; § 3 II 4 - gesamtschuldnerische § 2 B I 3d; § 3 III 2; § 4 2. Teil, A II 2b, c - wegen Konkursverschleppung § 3 II 2c - Teilnehmerhaftung §41. Teil, C II 1; § 4 2. Teil, EIII2 - aus Vertrauensbeziehung § 3 II 2c Haupttat - fahrlässige § 4 1. Teil, C II lb

Insider § 2 A III 1 -Banken §2 A III 5 - Insolvenzordnung § 2 A III4 -

Konzernunternehmen § 2 A III 3

- Schwesterunternehmen im Konzern § 2 A III 3b Individualschaden § 4 1. Teil, C III Intransparenz § 3 11 Information § 2 A III 1; § 3 I 2 Informationsgefälle § 3 12b Informationsrisiken § 3 II la Informationsvorsprung § 2 A III 1 - qualifizierter § 2 A III 2 Ingerenz § 3 II 4b; § 7 AIV 2b Insideranfechtung § 2 A III; § 7 A III1 Insolvenzächtung § 7 A V 3 intrt du groupe § 7 A IV 3b intrt personnel § 7 A V 2a intrt social § 7 A II 3; § 7 A IV 3 Instruktionen § 3 II 4b Interesse - eigenes, wirtschaftliches § 3 II 2c

Kapitalerhaltung - AG § 4 2. Teil, D; § 5 V 4b — Haftung § 4 2. Teil, DI - - Vermögensrückgewähr § 4 2. Teil, D I 2 -GmbH § 42. Teil, A 12 Kredit - aus Gesellschaftsvermögen § 4 2. Teil, B Kreditunwürdigkeit §41. Teil, B III 3 Konkursanfechtung - besondere § 2 A VI Konkursreife § 4 1. Teil, B III 3 - Zahlung nach §41. Teil, C III4 - - Konkurrenzen §41. Teil, CIII 4b Konkursverfahren § 6 I Konkursverschleppungsregeln §41. Teil, C - Adressatenkreis §41. Teil, C II - AG §4 1. Teil, CIV - Altgläubiger §41. Teil, C III 2a - Geltendmachung des Anspruchs §41. Teil, C III 3 - Neugläubiger §41. Teil, C III 2b - Schutzzweck §41. Teil, C III 1 Konkursverwalter - Aktivlegitimation § 4 1. Teil, C III 3b - Konsultationspflicht § 6 III 2b - Verhältnis zum Konkursrichter § 6 II 3 - Zusammenfassung von Verwaltungen § 6 II 3; §61112 Konzemgefahr § 3 I 2b; § 3 III 3; § 5 III 3 Konzeminteresse § 5 III 3b; § 5 III 4d -Frankreich §7AIV3b Konzemobergesellschaft - Dritthaftung § 3 II 1 - Haftung als Anstifter §41. Teil, C II 1,2 - Haftung als Täter § 4 1. Teil, C II 3; § 4 2. Teil, EII2; § 4 2. Teil, EIII 3 - Teilnehmerhaftung § 4 1. Teil, C II 1 Konzemlage § 3 12b Konzemuntemehmen - Unterkapitalisierung §41. Teil, A I 2 Leistung - unentgeltliche §2AV2;§2AV4 Leitungsmacht § 5 III 3a

Neugläubiger § 4 1. Teil, C III 2b - Anspruch aus Konkursverschleppung § 4 1. Teil, C III 2b - Geltendmachung des Anspruchs §41. Teil, C III 3

Nichtanmeldung - von Konkursforderungen § 3 B I 3d Normanwendungslehre §41. Teil, C II 3f Nutzenkonzept § 2 A V 2c Nutzungsüberlassung § 4 1. Teil, B III 3 Organisation § 2 A III 3 b - arbeitsteilige § 3 II 4b Organisationspflichten § 3 II 4b; § 3 II 4d Organisationsverschulden § 3 II 4b; § 3 II 4d - Haftung § 3 II 4b Organpflicht § 4 1. Teil, C II 2b - als unerlaubte Handlung § 4 1. Teil, C II 2b - als Schutzgesetz § 4 1. Teil, C II 2b Organpflichtverletzung §41. Teil, C II 2b - Frankreich § 7 A VI 4 Organschaft § 5 V 4b

Patronatserklärung § 3 II 2d Person - nahestehende - Angehöriger Pflichten - konzemspezifische § 4 2. Teil, EII 3a Privatautonomie § 2 A III 3c Prozeßökonomie § 6 II 2a

Rangrückstellung § 2 B - eigenkapitalersetzendes Darlehen § 2 B I 3b - Frankreich § 7 A III 5 Rangrücktritt § 2 B I 3b Rechtsausübung - mißbräuchliche § 2 B I 3d Rechtshandlung § 2 A II 1 Rechtsvergleichung § 7 B - funktionelle Vergleichbarkeit § 7 B III 2a - Regelungsrahmen § 7 B III 2c Risikovorsorge § 3 I 1 Rückzahlungsanspruch §41. Teil, B VIII2 Schenkung § 2 A V 2 Schwestergesellschaft - Bösgläubigkeit § 2 A VI 2b - eigenkapitalersetzende Darlehen §41. Teil, B II 2b Selbstkontrahieren § 4 2. Teil, C II2 - Erweiterung des Verbotes § 4 2. Teil, C II 2b Sicherheiten § 2 A V 2f

socit cre de fait § 7 AII 2b socit fictive § 7 A VI1

Solidarhaftung § 4 2. Teil, A III 3d Sorgfaltspflichtverletzung § 3 II4 stammkapitalverletzende Auszahlungen § 4 2. Teil, A 12 Stehenlassen §41. Teil, B III 4b Strohmann § 4 2. Teil, E II 2b Stundung §41. Teil, B III 4a Subordinierung § 2 B I - eigenkapitalersetzende Darlehen § 2 B 13b - konzerninterner Forderungen § 2 B I 3c Subordination - equitable Subordination § 2 B 12 Substantiierungspflicht § 5 III 4c Teilnehmerhaftung - Erweiterung §41. Teil, C II2 - Voraussetzungen § 4 1. Teil, C II1 theorie d’apparence § 7 A II 2a; § 7 A VI la Treuepflicht § 4 1. Teil, C II 3e; § 4 2. Teil, E II la, b, c; § 4 2. Teil, E III 2e; § 5 II 1 - Inhalt § 5 II 1c - Einmann-GmbH § 5 II2 Überlassungsunwürdigkeit §41. Teil, BIII 3 Überschuldung § 4 1. Teil, C I unerlaubte Handlung - Haftung in Frankreich § 7 A VI 5 - Organpflichtverletzung §41. teil, C II 2b Unit d’entreprise § 7 A II 2 Unterkapitalisierung § 4,1. Teil, A 12 - Durchgriffshaftung § 4,1. Teil, A11 Unternehmensvertrag § 5 IV 2b

verbandsrechtliche Wirkungseinheit § 2 A III 3b Verfahrensabgabe § 6 III le Verfahrenskonzentration § 6 II 2a Verfahrensverbindung § 6 III 1c Verfahrensvereinfachung § 6 II 2a Verfahrenszusammenfassung § 6II - Einheitskonkursverfahren im Konzern § 6 II 5b - informelle Art § 6 III If -Nachteile § 6 II 2b - Zusammenlegung von Massen § 6II 2c Verfügung - unentgeltliche § 2 A V 2

Verkehrspflicht § 3 II 4a Vermögensvermischung § 4 2. Teil, E II 6 - AG § 4 2. Teil, EII 6d - Haftungsgrundlage § 4 2. Teil, E II 6b - Individualanspruch § 4 2. Teil, EII 6c Verlustausgleichspflicht § 5 V 4a Verrichtungsgehilfe § 3 II 4d Verrichtungsgehilfenhaftung § 3 II 4a Vertrag - unentgeltlicher § 2 A V 2b - unechter unentgeltlicher § 2 A V 2b Vertrauensstellung § 3 II 2d Verwaltung - mehrerer Geschäftszweige § 6III 2b - Bestellung eines Verwalters § 6 III 2c - Wahl eines Verwalters § 6 III 2c Verwertungskonzeption § 4 1. Teil, B IV 4 Verschleuderungsanfechtung § 2 A VI2 vis attractiva concursus § 6 I

Weisung § 4 2. Teil, E II la - anfechtbare § 4 2. Teil, EII Id - rechtmäßige § 4 2. Teil, EII la - rechtswidrige § 4 2. Teil, E II lb Wertersatz § 2 A VII 1 Wissenszurechnung § 2 A III 3b - bei juristischen Personen § 2 AIII 3b - horizontale § 2 A III 3b - Systemwissen § 2 A III 3b

Zahlung - nach Konkursreife §41. Teil, C III4 - Anforderungen §41. Teil, C III 4a — Haftung §4 1. Teil, CIII4 Zahlungsunfähigkeit §41. Teil, CI Zurechnung - Aufklärungspflichtverletzung § 3 II 2a - unternehmerischer Einfluß § 2 AIII 3 c Zurechnungsdurchgriff § 3 II 2b Zuständigkeit - Bündelung § 6 II 6a - Konkursgericht § 6 II 6 a; § 6 III 1 - - nach der InsO § 6 IV - - nach der KO § 6III 1 - permanente § 6 II 6a - Konkursverwalter § 6 II 6b; § 6 III2; § 6 IV 2 Zuwendungen - mittelbare § 2 A V 2e - verdeckte § 4 2. Teil, C — Dritter § 4 2. Teil, C II 3 - - Einmann-GmbH § 4 2. Teil, C II2 - - Erstattungsanspruch § 4 2. Teil, lb — GmbH §4 2. Teil, CII la - - Rechtsfolgen § 4 2. Teil, II4 „Zwischengehilfen“ § 3 II 4a

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht Alphabetische Übersicht Assfalg, Dieter: Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders. 1960. Band 28. Baetge, Dietmar: Der gewöhnliche Aufenthalt im Internationalen Privatrecht. 1994. Band 56. Balz, Manfred: Eigentumsordnung und Technologiepolitik. 1980. Band 44. Basedow, Jürgen: Der Transportvertrag. 1987. Band 50. - Weltkartellrecht. 1998. Band 63. Baums, Theodor: Verbindungen von Banken und Unternehmen im amerikani­ schen Wirtschaftsrecht. 1992. Band 55. Becker, Michael: Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte. 1997. Band 62. Brödermann, Eckart / Iversen, Holger: Europäisches Gemeinschaftsrecht und Internationales Privatrecht. 1994. Band 57. Drobnig, Ulrich, Klaus J. Hopt, Hein Kötz und Ernst-Joachim Mestmäcker (Hrsg.): Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa und ihre Folgen für Banken, Börsen und Kreditsicherheiten. 1998. Band 64. Ehricke, Ulrich: Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz. 1998. Band 65. Engelmann, Fritz: Der Kampf gegen die Monopole in den USA. 1951. Band 21. Ferid, Murad: Der Neubürger im internationalen Privatrecht. Teil 1.1949. Band 18. Ficker, Hans C.: Grundfragen des deutschen interlokalen Rechts. 1952. Band 22. Flessner, Axel: Wegfall der Bereicherung. 1970. Band 37. - Sanierung und Reorganisation. 1982. Band 48. - Interessenjurisprudenz im internationalen Privatrecht. 1990. Band 53. Gamillscheg, Franz: Der Einfluß Dumoulins auf die Entwicklung des Kollisionsrechts. 1955. Band 25. - Internationales Arbeitsrecht. 1959. Band 27. Gessner, Volkmar: Recht und Konflikt. 1976. Band 40. Girsberger, Daniel: Grenzüberschreitendes Finanzierungsleasing. 1997. Band 61. Heidrich, Andreas: Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht. 1969. Band 36. Hierneis, Otto: Das besondere Erbrecht der sogenannten Foralrechtsgebiete Spaniens. 1966. Band 33. Hippel, Eike von: Schadensausgleich bei Verkehrsunfällen. 1968. Band 34. Hoffmann, Bernd von: Das Recht des Grundstückskaufs. 1982. Band 47. Hofstetter, Karl: Sachgerechte Haftungsregeln für Multinationale Konzerne. 1995. Band 59. Hopt, Klaus J: siehe Drobnig, Ulrich.

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht

Iversen^ Holger: siehe Brödermann, Eckart. Jellinek, Walter: Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländi­ scher Zivilurteile I/II. 1953. Band 24. Joerges, Christian: Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts. 1971. Band 38. Kötz, Hein: siehe Drobnig, Ulrich. Kronke, Herbert: Stiftungstypus und Unternehmensträgerstiftung. 1988. Band 52. Kropholler, Jan: Internationales Einheitsrecht. 1975. Band 39. Loeber, Dietrich A.: Der hoheitlich gestaltete Vertrag. 1969. Band 35. Magnus, Ulrich: Schaden und Ersatz. 1987. Band 51. Mankowski, Peter: Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privat­ recht. 1995. Band 58. Mestmäcker, Ernst-Joachim: siehe Drobnig, Ulrich. Müller, Peter: Die Vorbehalte in Übereinkommen zur Privatrechtsvereinheit­ lichung. 1979. Band 45. Neuhaus, Paul H: Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts. 21976. Band 30. - Ehe und Kindschaft in rechtsvergleichender Sicht. 1979. Band 43. Remien, Oliver R.M.: Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld. 1992. Band 54. Riezler, Erwin: Internationales Zivilprozeßrecht und prozessuales Fremden­ recht. 1949. Band 20. Roth, Wulf Henning: Internationales Versicherungsvertragsrecht. 1985. Band 49. Samtleben, Jürgen: Internationales Privatrecht in Lateinamerika. Band 1: All­ gemeiner Teil. 1979. Band 42. Schlechtriem, Peter: Einheitliches UN-Kaufrecht. 1981. Band 46. Serick, Rolf: Rechtsform und Realität Juristischer Personen. 21980. Band 26. Stoll, Hans: Das Handeln auf eigene Gefahr. 1961. Band 29. Wilmowsky, Peter von: Europäisches Kreditsicherungsrecht. 1996. Band 60. Wolff, Ernst: Vorkriegsverträge in Friedensverträgen. 1949. Band 19. Zajtay, Imre: Zur Stellung des ausländischen Rechts im französischen inter­ nationalen Privatrecht. 1963. Band 31. Zehetner, Franz: Geldwertklauseln im grenzüberschreitenden Wirtschafts­ verkehr. 1976. Band 41.

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