Cato der Ältere über das Alter. Laelius über die Freundschaft. Zweisprachige Ausgabe. Lateinisch - Deutsch. 3760816541, 9783760816548

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German, Latin Pages [268] Year 1999

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Cato der Ältere über das Alter. Laelius über die Freundschaft. Zweisprachige Ausgabe. Lateinisch - Deutsch.
 3760816541, 9783760816548

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SAMMLUNG

TUSCULUM

Wissenschaftliche Beratung: Gerhard Fink, Manfred Fuhrmann, Erik Hornung, Joachim Latacz, Rainer Nickel

MARCUS TULLIUS CICERO

CATO D E R Ä L T E R E Ü B E R DAS ALTER

LAELIUS ÜBER DIE FREUNDSCHAFT Lateinisch-deutsch

Herausgegeben von Max Faltner Mit einer Einführung und einem Register von Gerhard Fink

ARTEMIS & WINKLER

B i b l i o g r a p h i s c h e I n f o r m a t i o n der D e u t s c h e n B i b l i o t h e k D i e D e u t s c h e B i b l i o t h e k v e r z e i c h n e t diese Publikation in der D e u t s c h e n N a t i o n a l b i b l i o t h e k ; detaillierte b i b l i o g r a p h i s c h e Daten sind im Internet unter h t t p : / / d n b . d d b . d e / abrufbar.

4. Auflage 2 0 0 4 C Patmos Verlag G m b H & C o .

KG

© 1993, 1999 Artemis & W i n k l e r Verlag, D u s s c I d o r f / Z u r i c h Alle R e c h t e vorbehalten. D r u c k u n d B i n d u n g : F. P u s t e t , R e g e n s b u r g P r i n t e d in G e r m a n v ISBN 3-7608-1654-1 www.patmos.de

C A T O D E R Ä L T E R E · Ü B E R DAS A L T E R

Ο Tite, si quid ego adiuero c u r a m v e levasso, quae nunc te coquit et versat in pectore fixa, ecquid erit praemi? Licet enim mihi versibus eisdem a d f a r i te, Attice, quibus a d f a t u r Flamininum ille vir haud m a g n a cum re, sed plenus fidei. q u a m q u a m certo scio non ut F l a m i n i n u m sollicitari te, Tite, sic noctesque diesque. novi enim moderationem animi tui et aequitatem teque non cognomen solum Athenis deportasse, sed h u m a n i t a t e m et prudentiam intellego. et tarnen te suspicor eisdem rebus quibus me ipsum interdum gravius commoveri; q u a r u m consolatio et maior est et in aliud tempus d i f ferenda: nunc autem mihi est visum de senectute aliquid ad te conscribere. H o c enim onere, quod mihi commune tecum est, aut iam urgentis a u t certe a d ventantis senectutis et te et me etiam ipsum levari volo; etsi te quidem id modice ac sapienter sicut omnia et ferre et laturum esse certo scio. sed mihi, cum de senectute vellem aliquid scribere, tu occurrebas dignus eo munere, quo uterque nost r u m communiter uteretur. mihi quidem 6

I 1

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» T i t u s , w e n n n u n ich dir h e l f ' u n d die S o r g e dir lindre, D i e dich jetzt b r e n n t u n d treibt, weil sie h a r t n ä c k i g h a f t e t im Herzen, W i r d m i r m e i n M u h e n g e l o h n t ?«

Ich darf d i c h d o c h m i t den g l e i c h e n V e r s e n ansprechen, mein Atticus, die J e n e r M a n n , an H a b e nicht reich, d o c h treu u n d e r g e b e n

an Flamininus r i c h t e t ; ich bin m i r jedoch sicher, D a ß du, T i t u s , dich nicht, die T a g e u n d N ä c h t e d u r c h g r ä m e s t , wie Flamininus; schließlich k e n n e ich dich ja als einen b e h e r r s c h t e n , ausgeglichenen M a n n u n d w e i ß , d a ß d u nicht n u r deinen B e i n a m e n , s o n d e r n a u c h die B i l d u n g eines W e i s e n aus A t h e n m i t g e b r a c h t hast. U n d d o c h k o m m e ich v o n d e m G e d a n k e n nicht los, d a ß dich vielleicht ab u n d zu dieselben U m s t ä n d e allzu s c h w e r bed r ü c k e n , die auch m i r S o r g e n m a c h e n ; u n s d a r ü b e r zu t r ö s t e n ist ziemlich s c h w i e r i g u n d soll zu einem a n d e r e n Z e i t p u n k t geschehen. W a s ich jetzt v o r h a b e , i s t : Eine S c h r i f t ü b e r das A l t e r f ü r dich zu v e r f a s s e n . M i t dieser L a s t des A l t e r s , das u n s bereits b e d r ü c k t o d e r d o c h u n a u s w e i c h l i c h b e v o r s t e h t , h a b e n w i r beide gleichzeitig f e r t i g zu w e r d e n , u n d s o ist es meine A b s i c h t , d i c h u n d auch m i c h selbst d a v o n zu b e f r e i e n , o b s c h o n ich bei d i r jedenfalls sicher bin, daß d u sie - w i e alles ü b r i g e - mit d e r B e h e r r s c h u n g eines W e i s e n trägst u n d a u c h w e i t e r t r a g e n w i r s t . J e d o c h : als ich d e n W u n s c h v e r s p ü r t e , eine S c h r i f t ü b e r das A l t e r zu v e r f a s s e n , da kam m i r der G e d a n k e , daß es das Passendste sei, sie dir zu schenken, a u f d a ß w i r uns b e i d e d a r a n halten k ö n n t e n . F ü r 7

ita iucunda huius libri confectio f u i t , ut non m o d o omnes absterserit senectutis molestias, sed effecerit mollem etiam et iucundam senectutem. n u m q u a m igitur digne satis laudari philosophia poterit, cui qui pareat omne tempus aetatis sine molestia possit degere. Sed de ceteris et diximus m u l t a et saepe dicemus: hunc librum ad te de senectute misimus. omnem autem sermonem tribuimus non Tithono, u t Aristo Ceus (parum enim esset auctoritatis in fabula), sed M. Catoni seni, q u o maiorem auctoritatem haberet oratio, a p u d quern Laelium et Scipionem facimus admirantes, quod is tarn facile senectutem fcrat, eisque eum respondentem. qui si eruditius videbitur disputare q u a m consuevit ipse in suis libris, id tribuito litteris Graecis, q u a r u m constat eum perstudiosum fuisse in senectute. sed quid opus est p l u r a ? iam enim ipsius Catonis sermo explicabit nostram omnem de senectute sententiam. Scipio: Saepenumero a d m i r a r i soleo cum hoc C. Laelio cum ceterarum rerum t u a m excellentem, M. Cato, p e r t e c t a m q u e sapientiam, tum vel m a x i m e q u o d n u m quam tibi senectutem gravem esse senserim, quae plerisque senibus sic odiosa

mich jedenfalls bedeutete das Schreiben dieses Buches eine solche Freude, daß mir der Spaß, den ich daran fand, nicht nur alle Altersbeschwerden gleichsam wegblies, sondern mir mein Alter sogar behaglich und willkommen machte. So wird man nie die richtigen Worte finden können zum Lob der Philosophie: Wer ihr ergeben ist, kann jedes Lebensalter ohne Kummer verbringen. Doch von den übrigen Themen der Philosophie habe ich schon viel gesprochen und werde noch oft über sie reden; mit der vorliegenden Schrift jedoch sende ich dir ein Buch über das Alter. Dabei habe ich aber nicht, wie Ariston aus Keos, das ganze Gespräch dem Tithonos in den Mund gelegt (eine Sage hätte doch zu wenig Nachdruck!), sondern dem greisen Marcus Cato, um den Worten mehr Gewicht zu verleihen; in seinem Hause lasse ich Laelius und Scipio auftreten als Männer, die ihn bewundern, weil er mit dem Alter so leicht fertig werde, und er soll ihnen dann antworten. Wenn du glaubst, daß er sich in diesem Gespräch gebildeter ausdrückt, als er es gewöhnlich in seiner, eigenen Werken tut, so schreibe das der griechischen Literatur zu, für die er bekanntlich im Alter größtes Interesse zeigte. Doch wozu noch mehr? Gleich wird Cato selbst zu Wort kommen und alles darlegen, was ich zum Thema »Das Alter« zu sagen habe. Scipio : Oft, Marcus Cato, bewundere ich, wie auch unserFreund Gaius Laelius hier, deine so hervorragende und vollendete Weisheit, die sich uns in ganz besonderem Maße darin zeigt, daß dir, wie ich bemerkt habe, das Alter nie zur Last wird, das doch den meisten alten Männern so verhaßt ist, daß sie behaupten, die

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est, ut onus se Aetna gravius dicant sustinere. Cato: Rem haud sane difficilem, Scipio et Laeli, admirari videmini. quibus enim nihil est in ipsis opis ad bene beateque vivendum, eis omnis aetas gravis est; qui autem omnia bona a se ipsi petunt, eis nihil malum potest videri, quod naturae necessitas adferat. quo in genere est in primis senectus: quam ut adipiscantur omnes optant, eandem accusant adepti: tanta est stultitiae inconstantia atque perversitas. obrepere aiunt earn citius quam putavissent. primum quis coegit eos falsum putare? qui enim citius adulescentiae senectus quam pueritiae adulescentia obrepit? deinde qui minus gravis esset eis senectus, si octingentesimum annum agerent, quam si octogesimum? praeterita enim aetas quamvis longa cum effluxisset, nulla consolatio permulcere posset stultam senectutem. quocirca si sapientiam meam admirari soletis (quae utinam digna esset opinione vestra nostroque cognomine!), in hoc sumus sapientes, quod naturam optimam ducem tamquam deum sequimur eique paremus; a qua non veri simile est, cum ceterae partes aetatis bene discriptae sint, extremum actum tamquam ab inertipoe10

Bürde, die sie damit zu tragen hätten, sei schwerer als der Ätna. Cato: Ihr bewundert da, Scipio und Laelius, wie ich glaube, etwas, was gar nicht schwierig ist. Wer nämlich keine Kraft zu einem sittlich guten und glückseligen Leben in sich selbst tragt, dem ist jedes Lebensalter eine Last; wer aber alles Gute von sich selbst verlangt, dem kann nichts, was das Naturgesetz zwangsläufig mit sich bringt, als ein Übel erscheinen. Dazu gehört in erster Linie das Alter; alle wünschen es zu erreichen; haben sie es dann erreicht, dann beklagen sie sich darüber; so unkonsequent und unlogisch sind sie, die Toren. Sie sagen, das Alter schleiche sich schneller heran, als sie gedacht hätten. Doch zunächst mal: Wer hat sie denn genötigt, sich in ihrer Berechnung zu irren ? Wieso sollte denn der Mann schneller ein Greis werden als das Kind ein Mann ? Ferner: Inwiefern wäre ihnen denn das Alter im achthundertsten Lebensjahr eine weniger schwere Last als im achtzigsten ? Eine durchlebte Altersstufe, dauerte sie auch noch so lange, würde ja doch, wenn sie verflossen wäre, einen Dummkopf über sein Greisenalter nicht hinwegtrösten können. Wenn ihr nun meine Weisheit zu bewundern pflegt (ich wollte, sie wäre eurer guten Meinung und meines Beinamens würdig!), so wisset: Sie besteht darin, daß ich der Natur als der besten Führerin wie einer Gottheit folge und mich ihr zu beugen weiß; es ist unwahrscheinlich, daß sie, nachdem sie alle anderen »Akte« des Lebens so gut geordnet hat, den letzten »Aufzug« wie ein ungeschickter Dichter ver-

II

ta esse neglectum. sed tamen necesse fuit esse aliquid extremum et tamquam in arborum bacis terraeque fructibus maturitate tempestiva quasi vietum et caducum, quod ferundum est molliter sapienti. quid est enim aliud Gigantum modo bellare cum dis nisi naturae repugnare? Laelius: Atqui, Cato, gratissimum nobis, ut etiam pro Scipione pollicear, feceris, si, quoniam speramus, volumus quidem certe senes fieri, multo ante a te didicerimus, quibus facillime rationibus ingravescentem aetatem ferre possimus. Cato: Faciam vero, Laeli, praesertim si utrique vestrum, ut dicis, gratum futurum est. Laelius: Volumus sane, nisi molestum est, Cato, tamquam longam aliquam viam confeceris, quam nobis quoque ingrediundum sit, istuc, quo pervenisti, videre quale sit. Cato: Faciam ut potero, Laeli. — Saepe enim interfui querelis aequalium meorum — pares autem vetere proverbio cum paribus facillime congregantur —, quae C. Salinator, quae Sp. Albinus, homines consulares, nostri fere aequales, deplorare solebant, tum quod voluptatibus carerent, sine quibus vitam nullam putarent, tum quodspernerentur ab eis, a qui-

nachlässigt haben sollte. Es war für sie jedoch unumgänglich, irgendeinen Schlußpunkt zu setzen; es mußte etwas geben, was wie bei Baum- und Feldfrüchten nach angemessener Reifezeit gleichsam welkt und abfällt. Der Weise muß das mit Gleichmut hinnehmen. Denn ein Kampf gegen das Naturgesetz: Was wäre er anderes als der Krieg der Giganten gegen die Götter ? Laelius:

Und doch, Cato, könntest du uns wohl - um es dir

auch in Scipios Namen zu versichern - einen sehr großen Gefallen tun, wenn du uns, - da wir doch ein hohes Alter erhoffen, ganz bestimmt jedoch wünschen - schon frühzeitig belehren wolltest, auf welche Weise wir die zunehmende Bürde des Alters am leichtesten tragen können. Cato : Ich will es tun, mein Laelius, zumal wenn es euch b e i d e n , wie du meinst, willkommen ist. Laelius:

Ja, Cato, wir möchten, wenn es dir nichts ausmacht,

da du doch sozusagen schon einen langen Lebensweg hinter dir hast, den auch wir noch beschreiten müssen, die Beschaffenheit des Zieles kennenlernen, an dem du jetzt stehst. Cato : Ich will es mal versuchen, so gut es geht. - Oft habe ich ja schon die Klagen meiner Altersgenossen mit angehört - ein altes Sprichwort sagt ja: Gleich und gleich gesellt sich gern! ich habe gehört, worüber Gaius Salinator, worüber Spurius Albinus, ehemalige Konsuln, etwa in meinem Alter, immer wieder klagten: Daß sie die Sinnesfreuden entbehren müßten, ohne die, wie sie meinten, das Leben kein Leben sei; dann wieder: Daß sie bei denen nichts mehr gälten, von denen sie vorher stets geachtet worden seien. Diese Leute haben aber •3

bus essent coli soliti. qui mihi non id videbantur accusare quod esset accusandum. nam si id culpa senectutis accideret, eadem mihi usu venirent reliquisque omnibus maioribus natu, quorum ego multorum cognovi senectutem sine querela, qui se et libidinum vinculis laxatos esse non moleste ferrent nec a suis despicerentur. sed omnium istius modi querelarum in moribus est culpa, non in aetate. moderati enim et nec difficiles nec inhumani senes tolerabilem senectutem agunt, importunitas autem et inhumanitas omni aetati molesta est. Laelius: Est ut dicis, Cato; sed fortasse dixerit quispiam tibi propter opes et copias et dignitatem tuam tolerabiliorem senectutem videri, id autem non posse multis contingere. Cato: Est istud quidem, Laeli, aliquid, sed nequaquam in isto sunt omnia, ut Themistocles fertur Seriphio cuidam in iurgio respondisse, cum ille dixisset non eum sua, sed patriae gloria splendorem adsecutum: ,nec hercule', inquit, ,si ego Seriphius essem, nec tu si Atheniensis, clarus umquam fuisses.' quod eodem modo de senectute dici potest, nec enim in summa inopia levis esse senectus potest ne sapienti quidem, nec insipienti etiam 14

doch offensichtlich mit ihrer Klage am Ziel vorbeigeschossen. Wäre nämlich das Alter schuld, so müßten doch ich und alle anderen älteren Leute die gleichen Erfahrungen machen; ich kenne jedoch eine ganze Anzahl von solchen älteren Menschen, die über ihr Alter nicht klagten: Sie waren geradezu froh, von den Fesseln der sinnlichen Lust befreit zu sein, und sie wurden von ihrer Umgebung durchaus geachtet. Nein, nein! Schuld an allen derartigen Klagen hat der Charakter des Menschcn, nicht das Alter. Wer nämlich im Alter anspruchslos, leutselig und freundlich ist, der kann es ganz gut aushalten. Mißlaune jedoch und unfreundliches Wesen machen das Leben zur Qual, ganz gleich, wie alt man ist.

Laelius: Es ist, wie du sagst, Cato. Aber es könnte einer einwenden, dir komme das Alter nur deswegen erträglicher vor, weil du eben ein einflußreicher, wohlhabender und angesehener Mann seiest, - ein Glück, das nicht jedem beschieden sei. Cato: Das ist allerdings ein wichtiger Gesichtspunkt, Laelius; aber keinesfalls beruht darauf alles. Themistokles hat ζ. B., wie man sagt, einem Seriphier, der ihm im Streit vorhielt, er habe nicht durch seinen eigenen Ruhm, sondern nur durch den seiner Vaterstadt solchen Glanz erreicht, zur Antwort gegeben: »Bei Gott! So wenig ich als Seriphier je hätte berühmt werden können, so wenig d u als Athener!« Ebenso kann man auch in Bezug auf das Alter argumentieren: Herrscht größte Not, dann ist das Alter nicht einmal für einen Weisen erträglich; der Tor jedoch kann alles im Uberfluß haben und wird doch das Alter nur als schwere Bürde empfinden.

in summa copia non gravis, aptissima

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omnino sunt, Scipio et Laeli, a r m a senectutis artes exercitationesque virtutum, quae in omni aetate cultae, cum diu multumque vixeris, mirificos e f f e r u n t fructus, non solum, quia numquam deserunt ne extremo quidem tempore aetatis(quamquam id quidem m a x i m u m est), verum etiam quia conscientia bene actae vitae multorumque bene f a c t o r u m recordatio iucundissima est. E g o Q . M a x i m u m , eum qui T a r e n t u m recepit, senem adulescens ita dilexi ut aequalem; erat enim in illo v i r o comitate condita gravitas, nec senectus mores mutaverat. quamquam eum colere coepi non admodum grandem natu, sed tarnen iam aetate provectum; anno enim post consul primum fuerat quam ego natus sum, cumque eo quartum consule adulescentulus miles ad C a p u a m profectus sum quintoque anno post ad Tarentum, quaestorque magistratum gessi consulibus T u ditano et Cethego, cum quidem ille admodum senex suasor legis C i n c i a e de donis et muneribus fuit. hie et bella gerebat ut adulescens, cum plane grandis esset, et H a n n i b a l e m iuveniliter exsultantem patientia sua molliebat; de quo praeclare familiaris noster Ennius: 16

IV 10

Kurz: Die besten Vi äffen gegen die Beschwerden des Alters, Scipio und Laelius, sind die Wissenschaften und die praktische Verwirklichung sittlicher Werte. Sie trägt, wenn man sie in jedem Lebensalter gepflegt hat, nach einem langen und reichen Leben herrliche Fruchte, nicht nur aus dem Grunde, weil sie uns immer, selbst im letzten Augenblick des Lebens noch, möglich ist (und das ist doch schon ein sehr großer Gewinn!), sondern auch deswegen, weil das Bewußtsein, sittlich gut gelebt, und die Erinnerung, viele schöne Leistungen vollbracht zu haben, größte Freude bedeutet. Ich habe in meiner Jugend Quintus Maxirr.us, den alten Mann, den, der Tarent zurückerobert hat, wie einen Altersgenossen geliebt; denn dieser Mann besaß wurdevollen Ernst, gepaart mit aufgeräumter Heiterkeit, und das Alter hatte seinen Charakter nicht verändert; er war freilich noch nicht gar so hochbetagt, als ich ihn damals schätzen lernte, aber doch schon in vorgerückten Jahren. Denn ein Jahr nach meiner Geburt war er zum erstenmal Konsul gewesen, und während seines vierten Konsulats - ich war noch ein ganz junger Soldat - zog ich mit ihm vor Capua, fünf Jahre später dann gegen Tarent. Dann war ich Quästor, und dieses Amt hatte ich unter den Konsuln Tuditanus und Cethegus, als er, schon ein hochbetagter Mann, für das Cincische Gesetz über Geschenke und Gaben eintrat. Er war auch in den Kriegen, die er führte, trotz seines hohen Alters so tüchtig wie ein Junger, und hat den jungen Draufgänger Hannibal durch seine beharrliche Geduld mürbe gemacht; das hat unser Freund Ennius treffend hervorgehoben mit den Versen:

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Oenus homo nobis cunctando restituit rem; noenum rumores ponebat ante salutem: er^o postque magisque nunc gloria claret. Tarentum vero qua vigilantia, quo consilio recepit! cum quidem me audiente Salinatori, qui amisso oppido fuerat in arce, glorianti atqueitadicenti,mea opera, Q. Fabi, Tarentum recepisti' ,certe' inquit ridens, ,nam nisi tu amisisses, numquam recepissem.' nec vero in armis praestantior quam in toga; qui consul iterum Sp. Carvilio collega quiescente C. Flaminio tribuno plebis, quoad potuit, restitit agrum Picentem et Gallicum viritim contra senatus auctoritatem dividenti, augurque cum esset, dicere ausus est optumis auspiciis ea geri quae pro rei publicae salute gererentur; quae contra rem publicam ferrentur, contra auspicia ferri. multa in eo viro praeclara cognovi; sed nihil admirabilius quam quo modo ille mortem filii tulit, clari viri et consularis. est in manibus laudatio; quam cum legimus, quem philosophum non contemnimus? nec vero ille in luce modo atque in oculis civium magnus, sed intus domique praestantior. 18

Ein Mann war es, der uns den Staat durch Zaudern gerettet; Nicht war leeres Gerede ihm wichtiger als das Gemeinwohl. Darum leuchtet je später, je schöner der Ruhm dieses Helden.

Tarent aber - mit wieviel Wachsamkeit und Klugheit hat er es zurückgewonnen! Salinator, der die Stadt hatte aufgeben müssen und auf der Burg Zuflucht gesucht hatte, strich sich heraus mit der Bemerkung: »Mir, Fabius, hast du die Wiedereinnahme von Tarent zu verdanken.« Spöttisch lächelnd entgegnete ihm Fabius: »Gewiß - denn hättest du es nicht verloren, so hätte icb es nie wieder einnehmen können.« Daß er ein hervorragendet Mann war, zeigte sich in Friedenszeiten mindestens ebensosehr wie im Krieg: Während seines zweiten Konsulats, als der Volkstribun Gaius Flaminius das picenische und gallische Gebiet gegen den Willen des Senats unter das Volk nach der Kopfzahl verteilen wollte, hat er sich diesem mit aller Kraft widersetzt, während sein Mitkonsul Spurius Carvilius keinen Finger rührte; trotz seines Augurenamtes traute er sich zu sagen: Alles, was zum Wohle des Staates geschehe, geschehe unter den besten Auspizien; was man aber zum Nachteil des Staates vorschlage, sei den Auspizien entgegen. Noch viele andere vortreffliche Züge habe ich an diesem Manne festgestellt, aber nichts war bewundernswerter als die Beherrschung, mit der er den Tod seines Sohnes, eines angesehenen Mannes, der sogar schon Konsul gewesen war, hinnahm. Die Leichenrede auf ihn liegt uns vor; lesen wir sie, dann erscheint uns doch jeder »Philosoph« gering neben diesem Mann! Seine Größe zeigte sich nicht nur im Glanz des öffentlichen Lebens unter seinen Mitbürgern; '9

qui sermo, quae praecepta, quanta notitia antiquitatis, scientia iuris augurii! multae etiam, ut in homine Romano, litterae: omnia memoria tenebat non domestica solum, sed etiam externa bella. cuius sermone ita tum cupide fruebar, quasi iam divinarem, id quod evenit, illo exstincto fore unde discerem neminem. Quorsum igitur haec tarn multa de Maximo? quia profecto videtis nefas esse dictu miseram fuisse talem senectutem. nec tamen omnes possunt esse Scipiones aut Maximi, ut urbium expugnationes, ut pedestres navalesque pugnas, ut bella a se gesta, ut triumphos recordentur. est etiam quiete et pure atque eleganter actae aetatis placida ac lenis senectus, qualem accepimus Platonis, qui uno et octogesimo anno scribens est mortuus, qualem Isocratis, qui eum librum qui Panathenaicus inscribitur quarto et nonagesimo anno scripsisse se dicit vixitque quinquennium postea. cuius magister Leontinus Gorgias centum et Septem complevit annos neque umquam in suo studio atque opere cessavit, qui cum ex eo quaereretur, cur tarn diu vellet esse in vita, ,nihil habeo', inquit, ,quod accusem se20

V 13

noch vortrefflicher war er im engen Kreise seiner Familie. Was fiir Unterhaltungen hat er gefuhrt, welch schöne Lehren und Grundsätze vertreten, welch umfassende Kenntnis bewies er in der Geschichte und im Recht der Auguren! Für einen Römer war er auch literarisch sehr bewandert. Nicht nur die inneren Kämpfe, auch die auswärtigen Kriege hatte er alle im Gedächtnis. Seinen Worten lauschte ich damals mit so großem Interesse, wie wenn ich schon geahnt hätte - was auch die Folge bestätigte - , daß es nach seinem Tode keinen mehr geben würde, von dem ich so viel lernen könnte. Wozu aber nun so viele Worte über Maximus ? Bestimmt nur deshalb, weil ihr daran erkennen könnt, daß man sich versündigen würde, wollte man behaupten, ein Mann wie er sei im Alter unglücklich gewesen. Freilich können nicht alle in der glücklichen Lage eines Scipio oder Maximus sein, daß sie sich an Städteeroberungen, an Land- und Seeschlachten, an Kriege, die sie geführt, und an Triumphe erinnern können. Es kann auch nach einem ruhig, unbescholten und fein gesittet verbrachten Leben ein ungestörtes und behagliches Alter gebe.i, wie es unserem Vernehmen nach Piaton genoß, der im einundachtzigsten Lebensjahr am Schreibpult starb, und wie es auch Isokrates hatte, der, wie er sagt, seine Schrift, die den Titel »Panathenalkos« trägt, mit dreiundneuzig Jahren verfaßte und dann noch fünf Jahre lebte; sein Lehrer Gorgias aus Leontinoi lebte volle hundertsieben Jahre, ohne je in seinem produktiven wissenschaftlichen Eifer nachzulassen. Als er gefragt wurde, warum er so lange am Leben bleiben wolle, erklärte er: »Ich habe kei-

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nectutem.' praeclarum responsum et docto homine dignum! Sua enim vitia insipientes et suam culpam in senectutem conferunt. quod non faciebat is cuius modo mentionem feci, Ennius: Sicut fortis equus, spatio qui saepe supremo vicit Olympia, nunc senio confectus quiescit. equi fortis et victoris senectuti comparat suam. quem quidem probe meminisse potestis: anno enim undevicesimo post eius mortem hi consules, T. Flamininus et Μ'. Acilius, facti sunt, ille autem Caepione et Philippo iterum consulibus mortuus est, cum ego quinque et sexaginta annos natus legem Voconiam magna voce et bonis lateribus suasissem. annos septuaginta natus (tot enim vixit Ennius) ita ferebat duo quae maxima putantur onera, paupertatem et senectutem, ut eis paene delectari videretur. Etenim, cum complector animo, quattuor reperio causas, cur senectus misera videatur: unam quod avocet a rebus gerendis, alteram quod corpus faciat infirmius, tertiam quod privet omnibus fere voluptatibus, quartam quod haud procul absit 11

nen Grund, mich über das Alter zu beklagen.« Eine vortreffliche Antwort, wie sie sich für einen Gebildeten gehört! Seine eigenen Fehler nämlich sind es, seine eigene Schuld, die der Unvernünftige dem Alter zuschiebt; nicht so der vorhin von mir genannte Ennius. Mit den Worten: Wie ein mutiges Roß, das oft am Ziel in Olympia Siegte, jetzt aber schwach ist vom Alter und nicht mehr sich anstrengt, vergleicht er sein eigenes Alter mit dem eines mutigen, siegreichen Pferdes. Ihr könnt euch ja an ihn noch ganz gut erinnern; sind doch seit seinem Tod bis zur Wahl der jetzigen Konsuln Titus Flamininus und Manius Acilius erst neunzehn Jahre verstrichen, sein Tod aber fällt in das Konsulat des Caepio und das zweite des Philippus, in das Jahr also, in dem ich mit fünfundsechzig Jahren das Voconische Gesetz mit der vollen Stimmgewalt eines Redners, dem die Luft nicht wegbleibt, befürwortete. Mit siebzig Jahren - so alt nämlich wurde er - ertrug Ennius die zwei Bürden, die gewöhnlich als die drückendsten gelten, Armut und Alter, in einer Weise, daß er fast Gefallen daran zu linden schien.

Bei umfassender Betrachtung des Problems komme ich nämlich auf vier Gründe, aus denen man das Alter für ein Unglück hält: Erstens, weil es uns in zunehmendem Maße verwehre. Großes zu leisten; zweitens, weil es den Körper entkräfte; drittens, weil es uns fast jede Sinnenfreude nehme, und viertens, weil es dem Tod nahe sei. Die Bedeutung und die Berechtigung eines jeden

a morte. Earum si placet causarum quanta quamque sit iusta una quaeque, videamus. A rebus gerendis senectus abstrahlt, quibus? an eis, quae iuventute geruntur et viribus? nullaene igitur res sunt seniles, quae vel infirmis corporibus animo tarnen administrentur? nihil ergo agebat Q. Maximus, nihil L. Paulus, pater tuus, socer optimi viri, fili mei? Ceteri senes, Fabricii, Curii, Coruncanii, cum rem publicam consilio et auctoritate defendebant, nihil agebant? ad Appi Claudi senectutem accedebat etiam, ut caecus esset; tarnen is, cum sententia senatus inclinaret ad pacem cum Pyrrho foedusque faciendum, non dubitavit dicere ilia, quae versibus persecutus est Ennius: Quo vobis mentes, rectae quae stare solebant antehac, dementes sese flexere viai? ceteraque gravissime: notum enim vobis carmen est; et tarnen ipsius Appi exstat oratio. Atque haec ille egit septimo decimo anno post alterum consulatum, cum inter duos consulatus anni decern interfuissent censorque ante superiorem consulatum fuisset;ex quo intellegiturPyrrhi bello grandem sane fuisse: et tarnen sic a patribus accepimus. 24

dieser Grunde wollen wir nun, wenn es euch recht ist, untersuchen. Das Alter verwehrt uns die Tätigkeit. Welche denn ? Die etwa, die jugendliche Kraft erfordert? Gibt es also im Alter keine Leistungen, die trotz körperlicher Schwäche mit der Kraft des Geistes erzielt werden können?QuintusMaximus war also untätig? Untätig auch Lucius Paullus, dein Vater und der Schwiegervater des vortrefflichen Mannes, der mein Sohn war ? Und die anderen alten Männer wie Fabricius, Curius, Coruncanius ? Waren sie alle untätig, während sie den Staat mit ihrer Klugheit und ihrem Ansehen zu schützen suchten ? Bei Appius Claudius kam im Alter sogar noch hinzu, daß er erblindet war; und doch war es dieser Mann, der einmal, als der Senat geneigt schien, mit Pyrrhos Frieden und Bündnis zu schließen, entschlossen das aussprach, was Ennius in die Verse gekleidet hat:

» Wohin hat euer Sinn, der bisher immer so aufrecht Stand, sich im Wahnsinn gewendet, verlassend die Bahn des Rechten?« Auch seine weiteren Worte schlugen ein; ihr kennt ja die Verse; man hat jedoch auch noch die Rede des Appius selbst. Und so handelte dieser Mann siebzehn Jahre nach seinem zweiten Konsulat - zwischen seinem ersten und zweiten Konsulat waren zehn Jahre verstrichen, und vor seinem ersten Konsulat war er bereits Zensor gewesen - , woraus hervorgeht, daß er im Pyrrhos-Krieg hochbetagt war. Und doch hat er, wie wir von unseren Vätern her wissen, so gehandelt.

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Nihil igitur adferunt, qui in re gerunda versari senectutem negant, similesque sunt ut si qui gubernatorem in navigando nihil agere dicant, cum alii malos scandant, alii per foros cursent, alii sentinam exhauriant, ille autem clavum tenens quietus sedeat in puppi: non facit ea quae iuvenes, at vero multo maiora et meliora facit. non viribus aut velocitate aut celeritate corporum res magnae geruntur, sed consilio auctoritate sententia; quibus non modo non orbari, sed etiam augeri senectus solet. nisi forte ego vobis, qui et miles et tribunus et legatus et consul versatus sum in vario genere bellorum, cessare nunc videor, cum bella non gero. at senatui quae sint gerenda praescribo et quomodo, Carthagini male iam diu cogitanti bellum multo ante denuntio; de qua vereri non ante desinam, quam illam excisam esse cognovero. quam palmam utinam di immortales, Scipio, tibi reservent, ut avi reliquias persequare! cuius a morte tertius hic et tricesimus annus est, sed memoriam illius viri omnes excipient anni consequentes. Anno ante me censorem mortuus est, novem annis post meum consulatum, cum consul iterum me consule creatus esset. Num igitur, si ad centesimum annum vixisset, senectutis 26

Was man gegen das Alter ins Feld fuhrt mit der Behauptung, ein alter Mann könne nichts mehr leisten, ist demnach null und nichtig. Wer so etwas behauptet, der tut gerade so, als wollte er sagen, ein Steuermann sei auf der Seefahrt untätig; die einen kletterten auf die Masten, andere eilten in den Schiffsgingen hin und her, wieder andere schöpften das Wasser aus - der Steuermann aber halte nur das Steuer und sitze ungestört auf dem Achterdeck. Freilich arbeitet er nicht wie die Jungen, aber das, was er tut, ist weit wichtiger und wertvoller. Bei großer Leistung kommt es nicht auf Kraft, Behendigkeit oder Schnelligkeit des Körpers an, sondern darauf, daß man klug ist, Ansehen genießt und etwas zu sagen hat: Vorzüge, die man im Alter nicht nur nicht einbüßt, sondern gewöhnlich sogar in zunehmendem Maße hat. Es müßte denn sein, daß ich selbst, der ich als gemeiner Soldat, als Tribun, als Legat und als Konsul die verschiedensten Kriege mitmachte, jetzt, da ich keine Kriege mehr führe, in euren Augen Feierabend habe. Im Gegenteil: Ich schärfe dem Senat ein, welche Kriege es zu führen gilt und mit welcher Taktik, indem ich gegen Karthago, das schon lange auf unser Verderben sinnt, längst den Krieg propagiere; es wird mir so lange Sorgen machen, bis ich weiß, daß es zerstört ist. Möchten doch dir, Scipio, die unsterblichen Götter diese Siegespalme vorbehalten, auf daß du das vollenden mögest, was dein Großvater noch übrig gelassen hat! Er ist nun schon dreiunddreißig Jahre tot, aber sein Andenken wird in aller Zukunft Jahr fur Jahr wachgehalten werden. Er starb ein Jahr vor meiner Zensur, neun Jahre nach meinem Konsulat, unter dem er zum zweiten Male zum Konsul gewählt worden war. Wäre er nun etwa, wenn er hundert Jahre gelebt hätte, im hohen Alter des Lebens überdrüssig geworden ? Nein! Denn er wäre nicht »7

eum suae paeniteret? nec enim excursione nec saltu nec eminus hastis aut comminus gladiis uteretur, sed consilio ratione sententia. quae nisi essent in senibus, non summum consilium maiores nostri appellassent senatum. Apud Lacedaemonios quidem ii qui amplissimum magistratum gerunt, ut sunt, sic etiam nominantur senes. quodsi legere aut audire voletis externa, maximas res publicas ab adulescentibus labefactatas, a senibus sustentatas et restitutas reperietis. ,Cedo, qui vestram rem publicam tantam amisistis tarn cito?' Sic enim percontantibus in Naevi poetae Ludo respondentur et alia et hoc in primis: ,Proveniebant oratores novi, stulti adulescentuli*. temeritas est videlicet florentis aetatis, prudentia senescentis. At memoria minuitur. credo, nisi earn exerceas aut etiam si sis natura tardior. Themistocles omnium civium perceperat nomina; num igitur censetis eum, cum aetate processisset, qui Aristides esset, Lysimachum salutare solitum? equidem non modo eos novi qui sunt, sed eorum 28

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mehr angewiesen auf militärische Streifzüge, auf Sprungkraft, Fernkampf mit der Lanze und Nahkampf mit dem Schwert, sondern auf seine Klugheit, seinen Verstand und sein Urteil: Vorzüge, die man im Alter eben besitzt - andernfalls hätten unsere Vorfahren ihre höchste Ratsversammlung nicht den »Rat der Alten (Senat)« genannt. Bei den Lakedaimoniern jedenfalls heißen die Männer, die das höchste Staatsamt bekleiden, »die Greise«, wie es ihrem wirklichen Alter entspricht. Überhaupt: Wollt ihr von nichtrömischen Verhältnissen etwas lesen oder hören, so werdet ihr finden, daß schon die mächtigsten Staaten von jungen Menschen erschüttert, von alten Männern hingegen aufrechterhalten und wieder in Ordnung gebracht worden sind. »Sagt, wie habt ihr euren mächt'gen Staat so schnell denn eingebüßt ?« So nämlich fragen sie im »Ludus« des Dichters Naevius. E s folgt einiges als Antwort, insbesondere aber das Argument: »Der Jugend Torheit kam in Gestalt von nie gehörten Rednern zu Wort.« Unbesonnenheit ist, wie man sieht, der Fehler der »blühenden« Jugend, Klugheit dagegen der Vorzug des fortschreitenden Alters. Aber das Gedächtnis läßt nach. Das dürfte stimmen, wenn man es nicht übt, oder auch, wenn man von Natur aus ein Schwachkopf ist. Themistokles kannte alle seine Mitbürger mit Namen. Glaubt ihr nun etwa, er habe in vorgerücktem Alter einen Aristeides als »Lysirnachos« begrüßt? Ich für meine Person kenne nicht nur die jetzt lebenden Mitbürger, sondern auch die Namen ihrer Väter und Großväter; und ich habe nicht Angst, z

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patres etiam et avos, nec sepulcra legens vereor, quod aiunt, ne memoriam perdam; his enim ipsis legendis in memoriam redeo mortuorum. Nec vero quemquam senem audivi oblitum, quo loco thesaurum obruisset; omnia quae curant meminerunt, vadimonia constituta, quis sibi, cui ipsi debeant. Quid? iuris consulti, quid? pontifices, quid? augures, quid? philosophi senes quam multa meminerunt! manent ingenia senibus, modo permaneat Studium et industria, neque ea solum in claris et honoratis viris, sed in vita etiam privata et quieta. Sophocles ad summam senectutem tragoedias fecit; quod propter Studium cum rem neglegere familiärem videretur, a filiis in iudicium vocatus est, ut, quem ad modum nostro more male rem gerentibus patribus bonis interdici solet, sic illum quasi desipientem a re familiari removerent iudices. tum senex dicitur eam fabulam, quam in manibus habebat et proxime scripserat, Oedipum Coloneum, recitasse iudieibus quaesisseque num illud carmen desipientis videretur. quo recitato sententiis iudicum est liberatus. Num igitur hunc, num Homerum, num Hesiodum, Simoniden, Stesichorum, num 3°

durch das Lesen der Grabschriften, wie man behauptet, die Leute aus dem Gedächtnis zu verlieren. Denn gerade durch das Lesen dieser Inschriften kommen mir die Toten wieder in Erinnerung. Auch habe ich noch nie gehört, da β ein alter Mann den Platz vergessen hätte, an dem er einen Schatz vergraben hatte; alte Leute wissen alles, worum sie sich Sorgen machen: Anberaumte Gerichtstermine, ihre Schuldner und ihre Gläubiger. Wie steht es nun im hohen Alter mit den Rechtsgelchrten, wie mit den Oberpriestern, den Auguren, den Philosophen? Wie vieles haben sie im Gedächtnis! Nur eifriges Interesse braucht weiterzuwirken, dann bleiben die Geisteskräfte im Alter erhalten, und zwar nicht nur bei berühmten Männern, die auf hohe Staatsämter zurückblicken können, sondern auch bei denen, die ein stilles, ruhiges Privatleben fuhren. Sophokles hat bis ins höchste Alter Tragödien geschrieben; sein Eifer darin erweckte den Anschein, als kümmere er sich um sein Hauswesen überhaupt nicht mehr; daher brachten ihn seine Söhne vor Geiicht: Die Richter sollten ihm wegen Schwachsinns die Verfügungsgewalt über sein Vermögen entziehen - so wie auch bei uns einem Vater, der schlecht wirtschaftet, die Vermögensverwaltung abgesprochen zu werden pflegt. Da hat nun, wie es heißt, der greise Dichter die Tragödie, die er gerade in Händen hielt und kurz vorher verfaßt hatte, seinen »Oidipus auf Kolonos«, den Richtern vorgelesen und dann die Frage gestellt, ob diese Dichtung nach ihrer Ansicht von einem Schwachsinnigen stamme. Auf die Rezitation hin erkannten die Richter auf Freispruch. Hat also etwa das Alter diesen Mann, hat es einen Homer, einen Hesiod, einen Simonides, einen Stesichoros, hat es die oben

quos ante dixi Isocratem, Gorgiam, nura philosophorum principes, Pythagoram, Democritum, num Platonem, num Xenocratem, num postea Zenonem, Cleanthem, aut eum, quern vos etiam vidistis Romae, Diogenem Stoicum coegit in suis studiis obmutescere senectus? an in omnibus his studiorum agitatio vitae aequalis fuit? Age, ut ista divina studia omittamus, possum nominare ex agro Sabino rusticos Romanos, vicinos et familiares meos; quibus absentibus numquam fere ulla in agro maiora opera fiunt, non serendis, non percipiendis, non condendis fructibus. quamquam in aliis minus hoc mirum est: nemo enim est tam senex, qui se annum non putet posse vivere; sed idem in eis elaborant, quae sciunt nihil ad se omnino pertinere: Serit arbores quae alteri saeculo prosient, ut ait Statius noster in Synephebis. Nec vero dubitat agricola, quamvis sit senex, quaerenti cui serat respondere: ,dis immortalibus, qui me non accipere modo haec a maioribus voluerunt, sed etiam posteris prodere.' Et melius Caecilius de sene alteri saeculo prospiciente quam illud idem: 32

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VIII

genannten Männer Isokrates und Gorgias, hat es die fuhrenden Philosophen, einen Pythagoras, einen Demokrit, einen Piaton, einen Xenokrates, hat es etwa die späteren, einen Zenon, einen Kleanthes, oder den Stoiker Diogenes, den auch ihr noch in Rom gesehen habt, gezwungen, in ihren eifrigen Interessen und Bestrebungen zu verstummen ? Dauerte nicht bei all diesen Persönlichkeiten der wissenschaftliche und künstlerische Eifer so lange wie ihr Leben? Doch, um von diesen höheren Studien jetzt gar nicht mehr zu reden: Ich kann euch auch die Namen einiger römischer Bauern aus dem Sabinerlande sagen, die mir als Nachbarn befreundet sind: Sie sind fast immer persönlich dabei, wenn eine wichtigere Arbeit auf dem Felde geschieht, ganz gleich, ob es sich um Saat, Ernte oder Lagerung des Ertrages handelt. Jedoch: Bei d i e s e n Arbeiten ist dies noch gar nicht einmal so erstaunlich ist doch keiner so alt, daß er nicht mehr glaubt, noch ein weiteres Jahr leben zu können. Aber sie mühen sich ja in gleicher Weise mit solchen Arbeiten ab, die ihnen, wie sie genau wissen, überhaupt nichts mehr einbringen können: Pflanzt er doch Bäume, die nutzen erst künft'ger Zeit, wie unser Statius in seinen »Synepheben« sagt. Jeder Bauer, mag er auch noch so alt sein, kann einem auf die Frage, für wen er pflanze, ohne Bedenken antworten: »Den unsterblichen Göttern zuliebe, deren Wunsch es war, daß ich diesen meinen Besitz von den Vorfahren ererben, aber auch an meine Nachkommen weitergeben sollte.« Und wirklich: Die obigen Worte des Caecilius (Statius) über den Alten, der nur für die nächste Generation arbeite, sind tref33

Edepol, senectus, si nil quidquam aliud viti adportes tecum, cum advenis, unum id sat est, quod diu vivendo multa quae non volt videt. et multa fortasse quae volt! atque in ea quae non volt saepe etiam adulescentia incurrit. illud vero idem Caecilius vitiosius: Tum equidem in senecta hoc dcputo misserrumum, sentire ea aetate eumpse esse odiosum alteri. Iucundum potius quam odiosum! ut enim adulescentibus bona indole praeditis sapientes senes delectantur leviorque fit senectus eorum, qui a iuventute coluntur et diliguntur, sic adulescentes senum praeceptis gaudent, quibus ad virtutum studia ducuntur; nec minus intellego me vobis quam mihi vos esse iucundos. sod videtis, ut senectus non modo languida atque iners non sit, verum etiam sit operosa et semper agens aliquid et moliens, tale scilicet, quale cuiusque Studium in superiore vita fuit. quid, qui etiam addiscunt aliquid? ut et Solonem versibus gloriantem videmus, qui se co-

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fender als folgende Äußerung des gleichen Dichters:

Wahrlich, wenn du, Greisenalter, brächtest sonst mit dir. Wenn du nahest, übles nichts, genügte Eines schon: Daß, wer lange lebt, gar vieles Unerwünschte sieht.

Aber vielleicht auch vieles, was er sich wünscht! Und auf Unerwünschtes stößt man ja auch oft in jüngeren Jahren. Noch verfehlter sind aber folgende Zeilen desselben Caecilius (Statius): Dann halt' ich das im Alter für das Traurigste, Zu fühlen, daß man andern nunmehr lästig ist.

Im Gegenteil: Eher »angenehm« als »lästig«! Denn so wie verständige alte Herren an gut veranlagten jungen Männern ihre Freude haben und ihr Alter dadurch erleichtert fühlen, wenn sie von der Jugend geachtet und geliebt werden: so freuen sich auch die Jüngeren an der belehrenden Führung durch die Alten, durch die sie zum Eifer in allen edlen Bestrebungen angehalten werden; im gleichen Sinne stelle ich fest, daß ihr ebenso viel Gefallen an mir findet wie ich an euch. Doch ihr seht, wie man im Alter nicht nur nicht schlaff und untätig ist, sondern sogar sehr geschäftig, immer tatig und unternehmend und zwar entsprechend dem Eifer, den man in früheren Jahren schon gezeigt hat. Gibt es nicht auch welche, die ihre Kenntnisse noch bereichern ? So rühmt sich z. B. Solon, wie wir wissen, in einem

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tidie aliquid addiscentem dicit senem fieri, et ego feci qui litteras Graecas senex didici; quas quidem sic avide adripui quasi diuturnam sitim explere cupiens, ut ea ipsa mihi nota essent, quibus me nunc exemplis uti videtis. quod cum fecisse Socratem in fidibus audirem, vellem equidem etiam illud (discebant enim fidibus antiqui), sed in litteris certe elaboravi. Nec nunc quidem vires desidero adulescentis (is enim erat locus alter de vitiis senectutis), non plus quam adulescens tauri aut elephanti desiderabam. quod est, eo decet uti et, quicquid agas, agere pro viribus, quae enim vox potest esse contemptior quam Milonis Crotoniatae? qui cum iam senex esset athletasque se exercentes in curriculo videret, aspexisse lacertos suos dicitur inlacrimansque dixisse: ,at hi quidem mortui iam sunt.' non vero tarn isti quam tu ipse, nugator! neque enim ex te umquam es nobilitatus, sed ex lateribus et lacertis tuis. nihil Sex. Aelius tale, nihil multis annis ante Ti. Coruncanius, nihil modo P. Crassus, a quibus iura civibus praescribebantur; quorum usque ad extremum spiritum est provecta prudentia. 36

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Vers, indem er sagt, während er alt werde, lerne er täglich Neues hinzu. So war es auch bei mir: Ich habe noch im Alter Griechisch gelernt und mich mit solcher Gier auf die griechische Literatur gestürzt, wie wenn ich einen schon lange andauernden Durst hätte stillen wollen. So wurde mir gerade das bekannt, was ich euch jetzt, wie ihr seht, als Beispiele anführe. Als ich erfuhr, Sokrates habe den gleichen Eifer beim Saitenspiel gezeigt, wollte ich, das gleiche wäre auch bei mir der Fall - die alten Griechen erlernten nämlich das Saitenspiel - , aber wenigstens in den Wissenschaften habe ich mich gehörig bemüht. Und ich vermisse auch heute noch nicht die Kraft der Jugend dies nämlich war der zweite Punkt in der Reihe der »Nachteile« des Alters - so wenig wie ich als Junger die Stärke eines Stiers oder eines Elefanten hätte haben wollen. An das Vorhandene soll man sich halten und alles, was man tut, nach Maßgabe seiner Kräfte tun. Welche Worte könnten lächerlicher sein als die Äußerung des Milon aus Kroton ? Er soll als ein schon bejahrter Mann, als er den Wettkämpfern beim Training im Stadion zusah, auf seine Arme geblickt und unter Tränen gesagt haben: »Ach, die da sind ja schon tot!« Nicht so sehr deine Arme, weit eher du selbst, eitler Schwätzer! Denn deinen Ruhm hattest du nie dir selbst, sondern immer nur deiner starken Brust und deinen Armen zu verdanken! Nie kam so etwas über die Lippen des Sextus Aelius oder des viele Jahre früher lebenden Tiberius Coruncanius, oder des vor kurzem noch lebenden Publius Crassus. Diese Männer aber haben ihren Mitbürgern Gesetze gegeben und ihre Kenntnis darin hat sich bei ihnen bis zum letzten Atemzug bewahrt.

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Orator metuo ne languescat senectute; est enim munus eius non ingeni solum, sed laterum etiam et virium. omnino canorum illud in voce splendescit etiam nescio quo pacto in senectute, quod equidem adhuc non amisi, et videtis annos; sed tarnen est decorus senis sermo quietus et remissus, facitque persaepe ipsa sibi audientiam diserti senis compta et mitis oratio, quam si ipse exsequi nequeas, possis tarnen Scipioni praecipere et Laelio. quid enim est iucundius senectute stipata studiis iuventutis? an ne illas quidem vires senectuti relinquemus, ut adulescentes doceat, instituat, ad omne officii munus instruat? quo quidem opere quid potest esse praeclarius? mihi vero et Cn. et P. Scipiones et avi tui duo, L. Aemilius et P. Africanus, comitatu nobilium iuvenum fortunati videbantur, nec ulli bonarum artium magistri non beati putandi, quamvis consenuerint vires atque defecerint. etsi ipsa ista defectio virium adulescentiae vitiis efficitur saepius quam senectutis; libidinosa enim et intemperans adulescentia effetum corpus tradit senectuti. Cyrus quidem apud Xenophontem eo sermone, quem moriens habuit, cum ad}8

Nur der Redner, fürchte ich, verliert im Alter seine Kraft; denn bei seinem Beruf kommt es nicht nur auf den Geist an, sondern auch auf starke Lungen, auf physische Kraft. Im ganzen gesehen aber zeigt sich das Melodisch-Wohlklingende, das wir an einer Rednerstimme bewundern, auch bei einem alten Redner irgendwie besonders schön; ich wenigstens besitze es bis jetzt noch, und ihr kennt doch meine Jahre. Aber davon abgesehen sind die ruhigen, gelassenen Worte eines alten Herrn etwas Würdevolles, und häufig verschafft sich ein redegewandter Greis gerade dadurch aufmerksame Zuhörer, daß seine Worte weich und sanft klingen. Und sollte man auch selbst eine solche Rede nicht mehr zuwege bringen, so könnte man doch einem Scipio oder Laelius in dieser Kunst Unterricht erteilen. Gibt es denn eine größere Freude als im Alter umringt zu sein von einem Kreis lernbegieriger junger Leute ? Oder wollen wir sogar diese Fähigkeiten dem Alter absprechen, die Jungen zu belehren, zu unterweisen und für jede Aufgabe des rechten Handelns vorzubilden? Was könnte es Herrlicheres geben als dieses Erziehungswerk ? Was Gnaeus und Publius Scipio sowie deine beiden Großväter, Lucius Aemilius und Publius Africanus, so glücklich machte, war meiner Meinung nach ihr Gefolge von vornehmen jungen Männern, und überhaupt ist jeder Lehrer der edlen Künste für glücklich zu halten, mag er auch noch so alt und dadurch körperlich geschwächt sein. Und doch ist gerade dieser Kräfteverlust häufiger eine Auswirkung von Jugendsünden als die Folge des Alters; denn durch Vergnügungssucht und ausschweifendes Leben in der Jugend wird der Körper entkräftet; er ist es also bereits, wenn das »Alter« beginnt. Kyros jedenfalls erklärt mit den Worten, die ihn Xenophon als schon hochbetagten Greis auf dem Sterbelager sprechen läßt, 39

modum senex esset, negat se umquam sensisse senectutem suam imbecilliorem factam quam adulescentia fuisset. ego L. Metellum memini puer, qui cum quadriennio post alterum consulatum pontifex maximus factus esset, viginti et duos annos ei sacerdotio praefuit, ita bonis esse viribus extremo tempore aetatis, ut adulescentiam non requireret. nihil necesse est mihi de me ipso dicere, quamquam est id quidem senile aetatique nostrae conceditur. Videtisne ut apud Homerum saepissime Nestor de virtutibus suis praedicet? iam enim tertiam aetatem hominum videbat, nec erat ei verendum, ne vera praedicans de se nimis videretur aut insolens aut loquax. etenim, ut ait Homerus, ,ex eius lingua melle dulcior fluebat oratio', quam ad suavitatem nullis egebat corporis viribus. et tarnen dux ille Graeciae nusquam optat, ut Aiacis similes habeat decern, sed ut Nestorisjquodsi sibi acciderit, non dubitat quin brevi sit Troia peritura. Sed redeo ad me. quartum ago annum et octogesimum; vellem equidem idem possem gloriari quod Cyrus, sed tamen hoc queo dicere non me quidem iis esse viribus, quibus aut miles bello Punico aut quaestor eodem bello aut consul in His4°

er habe sich im Alter nie schwächer gefühlt als er es in seiner Jugend gewesen sei. Ich selbst erinnere mich noch aus meiner Kinderzeit an Lucius Metellus, der vier Jahre nach seinem zweiten Konsulat Oberster Priester geworden war und dann dieses Priesteramt noch zweiundzwanzig Jahre lang bekleidet hat: Er war selbst am Ende seines Lebens noch so gut bei Kräften, daß er sich nie nach seiner Jugendzeit zurücksehnte. So erübrigt es sich gänzlich, von mir selbst zu reden, obwohl gerade das eine Eigenart alter Leute ist und man es in meinem Alter auch darf.

Ihr wißt doch, wie häufig Nestor bei Homer sich seiner Vorzüge rühmt. Er sah ja bereits die dritte Generation, und er brauchte nicht zu befürchten, allzu überheblich oder redselig zu erscheinen, wenn er Wahres von sich sagte. Denn »es flössen«, wie Homer sagt, »die Worte süßer als Honig von seiner Zunge,« dies machte ihn sympathisch, und er brauchte dazu keinerlei Körperkraft. Und doch wünscht sich der Führer der Griechen nirgends, zehn Helden wie Ajax zu haben, wohl aber solche wie Nestor; für den Fall, daß ihm dieses Glück zuteil werden sollte, hegt er keinen Zweifel mehr am baldigen Untergang Trojas. Doch zurück zu mir! Ich stehe jetzt in meinem vierundachtzigsten Lebensjahr, und ich wollte, ich könnte dasselbe von mir rühmen wie Kyros; ich kann nun zwar von mir nicht behaupten, ich sei noch so bei Kräften wie seinerzeit als Soldat und Quästor im Krieg gegen Karthago oder als Konsul in Spanien oder vier

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pania fuerim aut quadriennio post, cum tribunus militaris depugnavi apud Thermopylas M'. Acilio Glabrione consule, sed tamen, ut vos videtis, non plane me enervavit, non adflixit senectus; non curia vires meas desiderat, non rostra, non amici, non clientes, non hospites. nec enim umquam sum adsensusveteriillilaudatoque proverbio, quod monet mature fieri senem, si diu velis senex esse, ego vero me minus diu senem esse mallem quam esse senem ante quam essem. itaque nemo adhuc convenire me voluit, cui fuerim occupatus. At minus habeo virium quam vestrum utervis. ne vos quidem T. Ponti centurionis vires habetis; num idcirco est ille praestantior? moderatio modo virium adsit, et tantum, quantum potest quisque, nitatur: ne ille non magno desiderio tenebitur virium. Olympiae per stadium ingressus esse Milo dicitur, cum humeris sustineret bovem. utrum igitur has corporis an Pythagorae tibi malis vires ingeni dari? denique isto bono utare, dum adsit; cum absit, ne requiras, nisi forte adulescentes pueritiam, paulum aetate progressi adulescentiam debent requirere. cursus est certus aetatis et una via naturae eaque simplex, suaque cuique parti 4*

Jahre später, wo ich als Militärtribun unter dem Konsul Manius Acilius Glabrio bei den Thermopylen kämpfte, aber es hat mich doch, wie ihr selbst seht, das Alter noch nicht ganz entkräftet und gebeugt: Wenn ich im Senat spreche oder die Rednerbühne betrete, so sagt man nicht, ich hätte keine Kraft mehr, so wenig wie das meine Freunde, Klienten und Gastfreunde feststellen. Ich habe nämlich nie jenem alten, vielgepriesenen Spruch beigestimmt, der da lehrt, man müsse »früh alt werden, wenn man lange alt bleiben wolle.« Ich für meine Person möchte lieber nicht so lange alt sein als es vor der Zeit schon zu werden. So habe ich auch für jeden, der mich besuchen wollte, bisher immer noch Zeit gehabt.

Aber, so könnte man einwenden, ich habe doch nicht mehr soviel Kraft wie einer von euch beiden. Jedoch: auch ihr habt nicht die Kräfte des Zenturios Titus Pontius; ist dieser deshalb etwa mehr wert als ihr ? Nein - man braucht seine Kräfte nur im richtigen Maße einzuteilen und sich nur soviel anzustrengen, wie man vermag: Dann wird man wahrlich kein starkes Bedürfnis nach mehr Kräften verspüren. Zu Olympia soll Milon mit einem Rind auf den Schultern durch die Rennbahn gegangen sein. Möchtest du dir deswegen etwa die Körperstärke dieses Milon lieber wünschen als die Geisteskraft eines Pythagoras? Kurz: Gebrauche dieses Naturgeschenk, solange du es hast; hast du es dann nicht mehr, dann sollst du es auch nicht zurückersehnen - es müßte denn sein, daß man es seinem Alter schuldig wäre, als Jüngling die Kindheit, als Älterer dann die Jugend zurückzuwünschen. Das Leben hat jedoch seinen ganz bestimmten Ablauf, und der Weg der Natur ist nur einer und 4}

aetatis tempestivitas est data, ut et infirmitas puerorum et ferocitas iuvenum et gravitas iam constantis aetatis et senectutis maturitas naturale quiddam habeat, quod suo tempore percipi debeat. audire te arbitror, Scipio, hospes tuus avitus Masinissa quae faciat hodie nonaginta natus annos:cum ingressusiter pedibus sit, in equum omnino non ascendere, cum autem equo, ex equo non descendere; nullo imbre, nullo frigore adduci, ut capite operto sit; summam esse in eo siccitatem corporis, itaque omnia exsequi regis officia et munera. potest igitur exercitatio et temperantia etiam in senectute conservare aliquid pristini roboris. Non sunt in senectute vires, ne postulantur quidem vires a senectute. ergo et legibus et institutis vacat aetas nostra muneribus iis, quae non possunt sine viribus sustineri. itaque non modo quod non possumus, sed ne quantum possumus quidem cogimur. At multi ita sunt imbecilli senes, ut nullum officii aut omnino vitae munus exsequi possint. at id quidem non proprium senectutis vitium est, sed commune

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zwar ein gerader. Jedes Lebensalter hat infolge der zeitlichen Entwicklung seinen eigenen Charakter; die Schwäche des Kindes, das Draufgängerische des jungen Mannes, der Emst in bereits gesetzterem Alter und die Reife des hohen Alters haben etwas Naturgemäßes, das man zur rechten Zeit erkennen muß. Ich nehme doch an, mein Scipio, daß du schon gehört hast, wie es Masinissa, der Gastfreund deines Großvaters, heute noch, mit seinen neunzig Jahren, zu halten pflegt: Wenn er einen Fußmarsch angetreten hat, besteigt er nie ein Pferd; ist er aber zu Pferd aufgebrochen, so steigt er nie ab; kein Platzregen, keine Kälte kann ihn dazu bringen, sein Haupt zu bedecken; körperlich ist er absolut kerngesund und so kann er allen Pflichten und Aufgaben eines Königs nachkommen. Es kann also Übung und Mäßigung auch im hohen Alter etwas von der früheren Kraft bewahren.

Gesetzt aber auch, man hätte im hohen Alter keine körperliche Stärke mehr: Man verlangt sie ja auch von einem alten Menschen nicht. Daher ist das Alter, in dem ich jetzt stehe, nach Gesetz und Herkommen von den Aufgaben befreit, deren Bewältigung Körperkraft voraussetzt. Man verlangt von uns Alten nicht einmal soviel, als unsere Kräfte noch vermöchten, geschweige denn, daß man uns zu einer Kraftanstrengung nötigte, deren wir nicht mehr fähig wären. Aber - könnte man sagen - es gibt doch viele alte Menschen, die so gebrechlich sind, daß sie keiner Aufgabe ihres Berufs oder überhaupt des Lebens mehr nachkommen können. Jedoch: Dieses Übel geht nicht eigentlich zu Lasten des Alters; es ist allgemeiner Natur und hängt mit dem Gesundheitszustand des 45

valetudinis. quam fuit imbecillusP. African! filius, is qui te adoptavit, quam tenui aut nulla potius valetudine! quod ni ita fuisset, alterum illud extitisset lumen civitatis; ad paternam enim magnitudinem animi doctrina uberior accesserat. quid minim igitur in senibus, si infirmi sint aliquando, cum id ne adulescentes quidem effugere possint? resistendum, Laeli et Scipio, senectuti est, eiusque vitia diligentia compensanda sunt; pugnandum tamquam contra morbum sic contra senectutem, habenda ratio valetudinis, utendum exercitationibus modicis, tantum cibi et potionis adhibendum, ut reficiantur vires, non opprimantur. Nec vero corpori solum subveniendum est, sed menti atque animo multo magis; nam haec quoque, nisi tamquam lumini oleum instilles, extinguuntur senectute. et corpora quidem exercitationum defatigatione ingravescunt, animi autem se exercendo levantur. nam quos ait Caecilius .comicos stultos senes', hos significat credulos obliviosos dissolutos, quae vitia sunt non senectutis, sed inertis ignavae somniculosae senectutis. ut petulantia, ut libido magis est adulescentium quam senum, nec tamen omnium adulescentium, sed non proborum, sic ista senilis stulti46

Menschen zusammen. Wie schwächlich war ζ. B. jener Sohn des Publius Africanus, der dich an Sohnesstatt angenommen hat, wie zart, oder vielmehr ein Nichts war seine Gesundheit! Andernfalls wäre mit ihm noch einmal jener Stern unter den römischen Bürgern aufgegangen; denn abgesehen von der Geistesgröße seines Vaters besaß er eine noch reichere wissenschaftliche Bildung. Wie sollte es also bei Greisen, wenn sie wirklich einmal kraftlos sind, etwas Auffallendes sein, wenn nicht einmal junge Leute diesem Mangel aus dem Wege gehen können ? Es heißt dem Altern entgegentreten, Laelius und Scipio, und seine Gebrechen durch Umsicht aufwiegen, gegen das Altern ankämpfen wie gegen eine Krankheit, nur der Gesundheit leben, Sport nur in bescheidenen Grenzen betreiben, und nur soviel essen und trinken, daß die Kräfte ersetzt, nicht aber unterdrückt werden. Man soll jedoch nicht nur den Körper stärken, sondern noch viel mehr die Denkkraft, den Geist. Denn auch die Geisteskräfte schwinden im hohen Alter, falls man nicht, wie bei einer Lampe, ö l nachträufelt. Körperlich wird man durch laufende Überanstrengung schwerfällig, der Geist aber wird nur dadurch frisch erhalten, daß man ihn betätigt. Denn mit den Greisen, die Caecilius als »lächerliche alte Trottel« bezeichnet, meint er leichtgläubige, vergeßliche, energielose Menschen und denkt dabei an Fehler, die nicht den Alten schlechthin, sondern nur den untätigen, trägen und verschlafenen alten Menschen eigen sind. Frechheit und hemmungslose Leidenschaft gibt es mehr bei den Jungen als bei den Alten, und doch nicht bei allen Jungen, sondern nur bei den minderwertigen. Dementsprechend ist auch die sogenannte »senile Verblödung« - man sagt 47

tia, quae deliratio appellari solet, senum levium est, non omnium. Quattuor robustos filios, quinque filias, tantam domum, tantas clientelas Appius regebat et caecus et senex; intentum enim animum tamquam arcum habebat nec languescens succumbebat senectuti. tenebat non modo auctoritatem, sed etiam imperium in suos: metuebant servi, verebantur liberi, carum omnes habebant; vigebat in ilia domo mos patrius disciplina. Ita enim senectus honesta est, si se ipsa defendit, si ius suum retinet, si nemini emancupata est, si usque ad ultimum spiritum dominatur in suos. ut enim adulescentem, in quo est senile aliquid, sic senem, in quo est aliquid adulescentis, probo; quod qui sequitur, corpore senex esse poterit, animo numquam erit. septimus mihi liber Originum est in manibus, omnia antiquitatis monumenta colligo, causarum illustrium, quascumque defendi, nunc cum maxime conficio orationes, ius augurium pontificium civile tracto, multum etiam Graecis litteris utorPythagoreorumque more exercendae memoriae gratia, quid quoque die dixerim audierim egerim, commemoro vesperi. haec sunt 48

in einem solchen Fall: E r ist nicht mehr ganz richtig im K o p f nicht bei allen alten Leuten festzustellen, sondern nur bei denen, die sich gehen lassen. Vier kräftige Sohne, fünf Töchter, eine Menge Bediensteter und Klienten verstand Appius zu beherrschen, obwohl er nicht nur alt, sondern sogar blind war; er hielt eben seinen Geist stets angespannt wie einen Bogen, machte nie schlapp und ließ sich vom Alter nichts anhaben. E r behauptete nicht nur sein Ansehen, sondern auch die tatsächliche Herrschaft über seine Leute. Es fürchteten ihn die Sklaven, mit ehrfürchtiger Scheu begegneten ihm seine Kinder: alle aber hatten ihn lieb; in seinem Hause herrschte Zucht, und ihr zufolge die Sitte unserer Väter. Achtunggebietend ist nämlich das Greisenalter nur dann, wenn ein alter Mensch sich selbst zu schützen weiß, wenn er sein Recht behauptet, wenn er sich keines anderen Gewalt verkauft, wenn er bis zum letzten Atemzug Herr ist über seine Leute. Denn wi·.· ich d e n jungen Mann loben muß, der schon etwas von der Reife des Alters an sich hat, so gefällt mir auch ein alter Mensch, wenn er noch einen Rest jugendlicher Frische zeigt; wer dies zum Ziele hat, der kann wohl körperlich altern, geistig nie. Ich habe zur Zeit das siebente Buch meiner »Origines« in Arbeit: Alle historischen Denkwürdigkeiten trage ich zusammen; gerade jetzt arbeite ich alle Reden aus, die ich in aufsehenerregenden Prozessen als Anwalt gehalten habe; ich behandle das Recht der Auguren, der Pontifices, und das bürgerliche Recht; ich beschäftige mich auch viel mit der griechischen Literatur; nach der Weise der Pythagoreer überdenke ich, um mein Gedächtnis zu üben, jeden Abend alles, was ich tagsüber gesprochen, gehört und getan habe. A u f solche Weise 49

exercitationes ingeni, haec curricula mentis, in his desudans atque elaborans corporis vires non magno opere desidero. adsum amicis, venio in senatum frequens ultroque adfero res multum et diu cogitatas easque tueor animi, non corporis viribus, quae si exequi nequirem, tamen me lectulus meus oblectaret ea ipsa cogitantem quae iam agere non possem; sed ut possim, facit acta vita, semper enim in his studiis laboribusque viventi non intellegitur quando obrepat senectus. ita sensim sine sensu aetas senescit nec subito frangitur, sed diuturnitate extinguitur.

Sequitur tertia vituperatio senectutis, quod earn carere dicunt voluptatibus. ο praeclarum munus aetatis, siquidem id aufert a nobis, quod est in adulescentia vitiosissimum! accipite enim,optimi adulesccntes, veterem orationem Ardiytae Tarentini, magni in primis et praeclari viri, quae mihi tradita est, cum essem adulescens Tarenti cum Q . Maximo, nullam capitaliorem pestem quam voluptatem corporis hominibus dicebat a natura 5°

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kann man den Geist üben, ihn »in Trab halten«. Wenn mich dies alles Schweiß und Mühe kostet, vermisse ich die körperliche Kraft nicht besonders. Ich helfe meinen Freunden als Rechtsbeistand, besuche regelmäßig die Senatssitzungen, bringe dort aus eigener Initiative Probleme zur Sprache, die ich ausgiebig und lange überdacht habe, und wenn ich mich für sie einsetzen kann, dann verdanke ich das nicht der Kraft meines Körpers, sondern der meines Geistes. Und gesetzt den Fall, ich könnte solchen Obliegenheiten nicht mehr nachkommen, so würde ich mich schon darüber freuen, daß ich auf meinem Ruhebett das durchdenken könnte, was mir auszuführen nicht mehr vergönnt wäre; daß es mir aber noch möglich ist, verdanke ich meiner früheren Lebensweise. Wer nämlich immer nur mit solchen Bestrebungen und Arbeiten sein Leben ausfüllt, bemerkt es gar nicht, wenn das Alter über ihn kommt. So gleitet das Leben unvermerkt allmählich in das Greisenalter hinüber und erlischt dann eben mit der Länge der Zeit, ohne mit einem Schlag zerbrochen zu werden. Nun zum dritten Vorwurf, den man dem Alter macht: Daß es nämlich keine sinnliche Lust mehr zulasse. Was für ein herrliches Geschenk macht uns doch diese Altersstufe, wenn sie uns das nimmt, was der jungen Jahre verwerflichster Nachteil ist! Hört doch, ihr trefflichen jungen Männer, die alten Worte des Tarentiners Archytas, der mit an erster Stelle unter die großen, hervorragenden Männer zu rechnen ist. Sie wurden mir berichtet, als ich in jungen Jahren mit Quintus Maximus in Tarent weilte. Archytas behauptete, die Natur habe dem Menschen kein tödlicheres Gift eingeimpft als die Sinnlichkeit. Im Ver-

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datam, cuius voluptatis avidae libidines temere et effrenate ad potiundum incitarentur. hinc patriae proditiones, hinc rerum publicarum eversiones, hinc cum hostibus clandestina colloquia nasci, nullum denique scelus, nullum malum facinus esse, ad quod suscipiendum non libido voluptatis impelleret; stupra vero et adulteria et omne tale flagitium nullis excitari aliis inlecebris nisi voluptatis, cumque homini sive natura sive quis deus nihil mente praestabilius dedisset, huic divino muneri ac dono nihil tam esse inimicum quam voluptatem: nec enim libidine dominante temperantiae locum esse neque omnino in voluptatis regno virtutem posse consistere. quod quo magis intellegi posset, fingere animo iubebat tanta incitatum aliquem voluptate corporis, quanta percipi posset maxima; nemini censebat fore dubium, quin tam diu, dum ita gauderet, nihil agitare mente, nihil ratione, nihil cogitatione consequi posset, quocirca nihil esse tam detestabile quam voluptatem, siquidem ea, cum maior esset atque longinquior, omne animi lumen extingueret. Haec cum C. Pontio Samnite, patre eius, a quo Caudino proelio Sp. Postumius T. Veturius consules superati sunt, locutum 5*

langen nach ihrem Genuß ließen sich die Leidenschaften zu hemmungsloser Blindheit treiben, um ihn zu bekommen. Es sei dies eine Quelle des Hochverrats, der Revolutionen und geheimer Unterhandlungen mit dem Feind; kurz: kein Verbrechen, keine Schandtat sei denkbar, die nicht durch die Begierde nach sinnlicher Lust veranlaßt werden könnte; Unzucht aber und Ehebruch und alle derartigen Schändlichkeiten seien auf keinen anderen Anreiz zurückzuführen als eben auf die Sinnlichkeit; einerseits habe die Natur oder irgendein Gott dem Menschen nichts Edleres geschenkt als den Verstand, andererseits sei aber die Sinnlichkeit der größte Feind dieses herrlichen Geschenkes der Götter; denn wo die Leidenschaft herrsche, sei Maßhalten nicht mehr möglich, und überhaupt könne im Reiche der Sinnenlust die Tugend keinen Platz mehr finden. Um dies noch deutlicher zu begreifen, stelle man sich einen Menschen vor, der unter dem Reiz der denkbar stärksten körperlichen Lust stehe; es werde wohl jeder zugeben müssen, daß dieser für die ganze Dauer dieser Sinnenfreude außerstande sei zu jeder überlegten Tätigkeit, aber auch zu jedem erfolgreichen überlegen und Denken. Daher sei nichts so zu verabscheuen wie die sinnliche Lust, da sie ja, wenn sie übertrieben werde und zu lange andauere, den letzten Funken Geist ersticke.

So sprach Archytas zu Gaius Pontius, dem Samniten, dem Vater des Mannes, der die Konsuln Spurius Postumius und Titus Veturius in der Schlacht bei Caudium besiegte; erzählt hat es

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Archytam Nearchus Tarentinus, hospes noster, qui in amicitia poouli Romani permanserat, se a maioribus natu accepisse dicebat, cum quidem ei sermoni interfuisset Plato Atheniensis, quern Tarentum venisse L. Camillo Ap. Claudio consulibus reperio. Quorsus hoc? ut intellegeretis, fi voluptatem aspernari ratione et sapientia non possemus, magnam habendam esse senectuti gratiam, quae efficeret, ut id non liberet, quod non oporteret. impedit enim consilium voluptas, rationi inimica est, mentis, ut ita dicam, praestringit oculos nec habet ullum cum virtute commercium. invitus feci, ut fortissimi viri T. Flaminini fratrem, L. Flamininum, e senatu eicerem septem annis post quam consul fuisset, sed notandam putavi libidinem. ille enim, cum esset consul in Gallia, exoratus in convivio a scorto est, ut securi feriret aliquem eorum, qui in vinculis essent damnati rei capitalis. hie Tito fratre suo censore, qui proximus ante me fuerat, elapsus est; mihi vero et Flacco neutiquam probari potuit tam flagitiosa et tam perdita libido, quae cum probro privato coniungeret imperii dedecus.

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XIII Saepe audivi e maioribus natu, qui se 54

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mir mein Gastfreund Nearchos aus Tarent, der ein treuer Anhänger des römischen Volkes geblieben war; er sagte, er habe es ältere Personen so erzählen hören; auch Piaton aus Athen soll bei der Unterhaltung dabei gewesen sein - er ist nach meinen Ermitdungen im Konsulatsjahr des Lucius Camillus und des Appius Claudius nach Tarent gekommen. Wozu erzähle ich das alles ? Nun, ich wollte euch nur klar machen, daß wir auch dann, wenn uns Verstand und Wissen nicht in die Lage setzten, die Sinnenlust abzulehnen, dem hohen Alter äußerst dankbar sein müßten, weil wir es dann ihm gutzuschreiben hätten, daß wir frei wären von einem leidenschaftlichen Verlangen, das von Übel ist. Denn die Lust hindert vernünftiges Denken, sie ist eine Feindin des Verstandes, sie bindet sozusagen dem Geist die Augen zu und hat keinerlei Berührungspunkte mit der Tugend. Es widerstrebte mir seinerzeit, Lucius Flamininus, den Bruder des heldenhaften Titus Flamininus, sieben Jahre nach seinem Konsulat aus dem Senat abzuschließen ; aber es war meine feste Uberzeugung, seiner hemmungslosen Leidenschaft einen Denkzettel verpassen zu müssen. Als Konsul ließ er sich nämlich in Gallien bei einem Zechgelage durch die Bitten einer Dirne dazu bewegen, einen von denen, die als Schwerverbrecher hinter Gittern saßen, enthaupten zu lassen. Er ist zwar damals dank seinem Bruder Titus, der als Zensor mein unmittelbarer Vorgänger war, ungestraft davongekommen; ich aber und Flaccus konnten eine derart schand bare und hemmungslose Verworfenheit keinesfalls hingehen lassen, da sie ja, abgesehen von der persönlichen Schande, auch das hohe Amt in Mißkredit brachte. Oft schon habe ich von älteren Personen gehört, die es ihrer55

porro pueros e senibus audisse dicebant, mirari solitum C. Fabricium, quod, cum apud regem Pyrrhum legatus esset, audisset e Thessalo Cinea esse quendam Athenis,qui se sapientem profiteretur, eumque dicere omnia quae faceremus ad voluptatem esse referenda, quod ex eo audientes M \ Curium et Ti. Coruncanium optare solitos, ut id Samnitibus ipsique Pyrrho persuaderetur, quod facilius vinci possent, cum se voluptatibus dedissent. vixerat M \ Curius cum P. Decio, qui quinquennio ante eum consulem se pro re publica quarto consulatu devoverat; norat eundem Fabricius, norat Coruncanius: qui cum ex sua vita tum ex eius, quem dico, Deci facto iudicabant esse profecto aliquid natura pulchrum atque praeclarum, quod sua sponte peteretur quodque spreta et contempta voluptate optimus quisque sequeretur. Quorsus igitur tarn multa de voluptate? quia non modo vituperatio nulla, sed etiam summa laus senectutis est, quod ea voluptates nullas magno opere desiderat. caret epulis extructisque mensis et frequentibus poculis: caret ergo etiam vinolentia et cruditate et insomniis. sed si aliquid dandum est voluptati, quoniam eius blanditiis non facile obsistimus (divij6

scits in ihrer Jugend wiederum von alten Leuten erzählt bekommen haben wollen, Gaius Fabricius habe es nie begreifen können, daß in Athen - wie er als Gesandter bei König Pyrrhos aus dem Munde des Thessaliers Kineas erfuhr - ein Mann lebe, der sich für einen Weisen ausgebe und dabei die Meinung vertrete, bei allem, was der Mensch tue, komme es nur auf die sinnliche Lust an. Als Manius Curius und Tiberius Coruncanius dies von ihm hörten, sollen sie wiederholt den Wunsch geäußert haben, man möge doch den Samniten und Pyrrhos selbst diese Uberzeugung einreden, da sie doch als Sklaven der Lust um so müheloser zu besiegen seien. Gelebt hatte Manius Curius zur Zeit des Publius Decius, der fünf Jahre vor dessen Konsulat, als er selbst zum vierten Mal Konsul war, sich für die Rettung des Staates dem Tod geweiht hatte; es kannten ihn auch noch Fabricius und Coruncanius. Sie alle waren teils aus eigener Lebenserfahrung, teils auf die Heldentat des erwähnten Decius hin der Uberzeugung, daß es mit Sicherheit von Natur aus etwas Schönes und Herrliches gibt, das um seiner selbst willen erstrebt werde und das gerade die Besten unter Verachtung und Zurücksetzung der Lust zu vollbringen suchten. Wozu so lange Ausführungen über die Lust ? Nun, weil es nicht nur kein Tadel, sondern sogar das schönste Lob des hohen Alters ist, daß es nach keinerlei Sinnenlust besonders stark verlangt. Es kennt keine Schmausereien, keinen überreich beladenen Tisch, keine wiederholt gefüllten Becher, demzufolge aber auch keine Trunkenheit, keine Verdauungsbeschwerden, keine schlaflosen Nächte. Nun muß man freilich dem Sinnengenuß einiges einräumen - können wir doch seiner Verlockung nur schwer widerstehen! Es ist ja von Piaton wunderbar gesagt, 57

ne enim Plato escam malorum appellat voluptatem, quod ea videlicet homines capiantur ut pisces), quamquam immoderatis epulis caret senectus, modicis tarnen conviviis delectari potest. C. Duellium M. filium, qui Poenos classe primus vicerat, redeuntem a cena senem saepe videbam puer: delectabatur cereo funali et tibicine, quae sibi nullo exemplo privatus sumpserat; tantum licentiae dabat gloria. Sed quid ego alios? ad me ipsum iam reverter. primum habui semper sodales. sodalitates autem me quaestore constitutae sunt sacris Idaeis Magnae Matris acceptis. epulabar igitur cum sodalibus omnino modice, sed erat quidam fervor aetatis; qua progrediente omnia fiunt in dies mitiora. neque enim ipsorum conviviorum delectationem voluptatibus corporis magis quam coetu amicorum et sermonibus metiebar. bene enim maiores accubitionem epularem amicorum, quia vitae coniunctionem haberet, convivium nominaverunt, melius quam Graeci, qui hoc idem tum compotationem, tum concenationem vocant, ut, quod in eo genere minimum est, id maxime probare videantur.

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wenn er die Lust einen »Köder des Bösen« nennt, weil sich die Menschen durch sie offensichtlich fangen ließen wie die Fische mit der Angel! Dazu ist zu sagen: Das Alter kann zwar keine unmäßigen Schmausereien mehr vertragen, aber doch an mäßigen Gastmählern Freude finden. Als Bub sah ich oft, wie der hochbetagte Gaius Duellius, der Sohn des Marcus, der als erster die Karthager in einer Seeschlacht besiegte, vom Abendessen nachhause ging; er hatte dabei sein Vergnügen am Licht der Fackeln und am Flötenspieler, eine Begleitung, die er sich als Privatmann - ohne Vorbild - geleistet hatte; soviel Freiheit erlaubte ihm sein Ruhm. Doch was rede ich von anderen ? Ich will nunmehr wieder von mir erzählen: Anfänglich hatte ich immer Bruderschaftsgenossen in meiner Gesellschaft. Die Opferschmausbruderschaften sind ja unter meiner Quästur geschaffen worden, als der idäische Gottesdienst der Großen Mutter von uns Römern übernommen worden war. Ich speiste also gewöhnlich mit diesen Tischgcnossen im ganzen mäßig, hatte aber doch noch einen Rest von jugendlichem Temperament; mit fortschreitendem Alter wird man aber im ganzen von Tag zu Tag ruhiger. Denn die Freude an den Gastmählern selbst bestand für mich weniger in körperlichem Vergnügen als vielmehr im Zusammensein mit meinen Freunden und den dabei geführten Gesprächen. Es war nämlich durchaus richtig, wenn unsere Vorfahren das Tischgelage mit Freunden, weil es eine gemeinsame Lebensgestaltung sei, ein »Zusammenleben« nannten; sie trafen damit die Sache besser als die Griechen, die das gleiche Geschehen teils »Zusammentrinken«, teils »Zusammenspeisen« nennen, so daß sie d e n Punkt, dem dabei am wenigsten Bedeutung zukommt, offenbar am meisten schätzen. 59

Ego vero propter sermonis delectationem tempestivis quoque conviviis delector, nec cum aequalibus solum, qui pauci admodum restant, sed cum vestra etiam aetate atque vobiscum, habeoque senectuti magnam gratiam, quae mihi sermonis aviditatem auxit, potionis et cibi sustulit. quod si quem etiam ista delectant (ne omnino bellum indixisse videar voluptati, cuius est fortasse quidam naturalis modus), non intellego ne in istis quidem ipsis voluptatibus carere sensu senectutem. me vero et magisteria delectant a maioribus instituta et is sermo, qui more maiorum a summo adhibetur in poculo, et pocula, sicut in Symposio Xenophontis est, minuta atque rorantia, et refrigeratio aestate et vicissim aut sol aut ignis hibernus. quae quidem etiam in Sabinis persequi soleo conviviumque vicinorum cotidie compleo, quod ad multam noctem, quam maxime possumus, vario sermone producimus.

XIV

A t non est voluptatum tanta quasi titillatio in senibus. credo, sed ne desideratur quidem. nihil autem est molestum, quod non desideres. bene Sophocles, cum ex eo quidam iam adfecto aetate quaereret, utereturne rebus veneriis: ,di meliora!' inquit; ,libenter vero istinc sicut a do-

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Mir aber macht es bei meiner Freude am Gespräch sogar Vergnügen, wenn Gastmähler schon recht früh beginnen - und nicht nur, wenn Altersgenossen da sind, von denen es nur noch ganz wenige gibt, sondern auch bei euch Jüngeren. Und ich habe meinem hohen Alter, das mir das Verlangen nach Unterhaltung stärkte, die Trink- und Eßlust dagegen nahm, von Herzen zu danken. Nun bereiten sicher auch diese Genüsse manchem Freude - ich will nämlich nicht den Anschein geben, als hätte ich der Sinnenlust, von der die Natur vielleicht wirklich ein gewisses Maß erlaubt, gänzlich den Kampf angesagt ich begreife allerdings nicht, daß das hohe Alter gerade bei diesen Genüssen keine Sinneswahrnehmung mehr haben soll. Mich jedenfalls erfreut das Amt des »Trinkkönigs«, das schon unsere Vorfahren als schönen Brauch eingeführt haben, mich erfreuen auch die Worte, die der Trinkkönig beim Antrinken nach Brauch der Väter spricht, ferner die kleinen und tröpfchenweise zu leerenden Becher, von denen Xenophon in seinem Symposion erzählt, weiterhin die Abkühlung im Sommer, sowie andererseits die Sonne oder das Herdfeuer im Winter; mit aUedem richte ich mein Leben auf meinem sabinischen Landgut ein; täglich lade ich alle meine Nachbarn zu einem Mahl, das wir dann, so gut wir können, mit buntem Wechsel der Gesprächsthemen bis tief in die Nacht hinein ausdehnen. »Aber es haben doch die Greise nicht mehr in so starkem Maße das prickelnde Verlangen nach sinnlicher Lust!« Ich glaube es aber sie haben auch keine Sehnsucht danach; nichts aber kann Kummer bereiten, wenn man es nicht vermißt. Als den schon vom Alter geschwächten Sophokles jemand fragte, ob er noch geschlechtlichen Verkehr mit Frauen habe, gab er treffend zur Antwort: »Gott bewahre I Mit Freuden bin ich aus der Sklaverei 61

mino agresti ac furioso p r o f u g ; . ' cupidis enim rerum talium odiosum fortasse et molestum est carere, satiatis v e r o et expletis iucundius est carere quam frui. quamquam non caret is, qui non desiderat; ergo hoc non desiderare dico esse iucundius. quodsi istis ipsis voluptatibus bona aetas f r u i t u r libentius, primum p a r v u l i s f r u i t u r rebus, ut diximus, deinde iis, quibus senectus, etiamsi non abunde potitur, non omnino caret, ut Turpione A m b i v i o magis delectatur, qui in prima c a v e a spectat, delectatur tarnen etiam, qui in ultima, sic adulescentia voluptates propter intuens magis fortasse laetatur, sed delectatur etiam senectus procul eas spectans tantum quantum sat est. A t ilia quanti sunt, animum tamquam emeritis stipendiis libidinis, ambitionis, contentionum, inimicitiarum, cupiditatum omnium secum esse secumque, ut dicitur, v i v e r e ! si vero habet aliquod tamquam pabulum studi atque doctrinae, nihil est otiosa senectute iucundius. mori videbamus in studio dimetiendi paene caeli atque terrae C . G a l u m , familiarem patris tui, Scipio: quotiens ilium lux noctu aliquid describere ingressum, quotiens nox oppressit, cum mane coepisset! quam delec62

dieses so wilden und wütenden Gebieters entflohen!« Für solche nämlich, die auf derartige Freuden leidenschaftlich erpicht sind, ist es vielleicht schmerzlich und verhaßt, sie entbehren zu müssen; wer aber schon gesättigt und zufriedengestellt ist, für den ist ihre Entbehrung angenehmer als der Gcnuß. Jedoch: Es entbehrt sie nicht, wer sie nicht vermißt; so kann ich sagen, es sei angenehmer, sie nicht zu vermissen. Wenn man nun gerade diese Freuden als junger Mensch besonders gerne genießt, so genießt man erstens, wie ich schon sagte, nichts Besonderes, zweitens aber eben etwas, das man im hohen Alter zwar nicht in reichlichstem Maße kennt, das man aber doch nicht ganz entbehren muß. Wer Logenplätze hat, hat freilich von Turpio Ambivius einen größeren Genuß, aber auch in der hintersten Reihe kann man sich über ihn freuen; ebenso ist es auch mit unserem Problem: Die Jugend erlebt vielleicht mehr Freude, weil sie die genannten Genüsse aus nächster Nähe kennenlernt, aber auch die Alten, die sie aus größerer Entfernung betrachten, haben noch in hinreichendem Maß ihre Freude daran. Aber wie wertvoll ist doch gerade das andere: daß die Seele, wenn sie bei der Lust, beim Ehrgeiz, bei den Rivalitäten und Feindschaften, überhaupt bei allen Leidenschaften sozusagen ihren Dienst abgeleistet hat, nunmehr für sich ist und, wie man sagt, sich selbst lebt! Wenn sie noch dazu von einigem wissenschaftlichen Eifer gleichsam gespeist wird, dann ist das hohe Alter, frei von geschäftlichen Belastungen, das Schönste, was es überhaupt gibt. Wir erlebten es, wie Gaius Galus, ein Freund deines Vaters, Scipio, sich fast zu Tode arbeitete in seinem Eifer, Himmel und Erde geradezu »auszumessen«; wie oft überraschte ihn der anbrechende Tag, wenn er nachts etwas zu zeichnen angefangen hatte, wie oft aber auch der Einbruch der 63

tabat eum defectiones solis et lunaemulto ante nobis praedicere! quid in levioribus studiis, sed tarnen acutis? quam gaudebat bello suo Punico N a e v i u s ! quam T r u c u lentoPlautus, quamPseudolo! vidi etiam senem L i v i u m : qui cum sex annis ante quam ego natus sum f a b u l a m docuisset Centone Tuditanoque consulibus, usque ad adulescentiam meam processit aetate. quid de P. Licini Crassi et pontificii et civilis iuris studio loquar aut de huius P . Scipionis, qui his paucis diebus pontifex maximus fact us est? atque eos omnes, quos commemoravi, his studiis flagrantes senes vidimus; M . vero Cethegum, quem recte Suadae medullam dixit E n nius, quanto studio exerceri in dicendo videbamus etiam senem! quae sunt igitur epularum aut ludorum aut scortorum voluptates cum his voluptatibus comparandae? atque haec quidem studia doctrinae; quae quidem prudentibus et bene institutis pariter cum aetate crescunt, ut honestum illudSolonis sit, quod ait versiculo quodam, ut ante dixi, senescere se multa in dies addiscentem, qua voluptate animi nulla certe potest esse maior. Venio nunc ad voluptates agricolarum, quibus ego incredibiliter delector; quae nec ulla impediuntur senectute et mihi a d 64

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Nacht, wenn er am Morgen begonnen hatte! Wie freute er sich, wenn er uns die Sonnen- und Mondfinsternisse auf weite Sicht voraussagte! Das gleiche gilt doch wohl auch für Beschäftigungen, die nicht so ganz streng wissenschaftlich sind. Welche Freude hatte Naevius an seinem »Punischen Krieg«, und Plautus an seinem »Grobian« und an seinem »Lügenmaul«! Ich kannte auch noch den alten Livius; er hatte schon sechs Jahre vor meiner Geburt, unter den Konsuln Cento und Tuditanus, ein Drama zur Aufführung gebracht und lebte dann noch bis in mein Jugendalter hinein. Was soll ich von dem Eifer reden, mit dem Publius Licinius Crassus das Recht der Pontiüces und das bürgerliche Recht studierte, oder von dem Wissensdrang unseres Zeitgenossen Publius Scipio, der erst in den letzten Tagen Oberpriester geworden ist ? Alle die Genannten waren, wie wir sahen, noch in hohem Alter leidenschaftlich diesen geistigen Interessen ergeben; und erst Marcus Cethegus, den Ennius mit Recht das »Mark der Suada« genannt hat! Mit welchem Eifer hat er sich doch als alter Mann noch in der Redekunst geübt! Gibt es nun Tafelfrcuden, Spiclleidenschaften oder Amusements mit leichten Mädchen, die mit solchen Freuden vergleichbar wären ? Und es handelt sich dabei ja um wissenschaftliche Interessen, die doch bei Gebildeten undGelehrten in ihrer Steigerung mit dem Fortschreiten der Jahre Schritt halten. Daher ist es besonders hübsch von Solon gesagt, was er, wie erwähnt, in einem Vers ausspricht: Er altere und lerne dabei Tag für Tag vieles hinzu. Dieses geistige Vergnügen kann auch sicherlich von keinem anderen überboten werden. Ich komme nun auf die Freuden des Bauernstandes zu sprechen, die für mich ein unglaubliches Vergnügen bedeuten: Ihnen steht kein noch so hohes Alter im Weg und sie haben, wie ich 65

sapientis vitam proxime videntur accedere. habent enim rationem cum terra, quae numquam recusal imperium nec umquam sine usura reddit quod accepit, sed alias minore, plerumque maiore cum faenore. quamquam me quidem non fructus modo, sed etiam ipsius terrae vis ac natura delectat. quae cum gremio mollito ac subacto sparsum semen excepit, primum id occaecatum cohibet, ex quo occatio quae hoc efficit nominata est; dein tepefactum vapore et compressu suo diffundit et elicit herbescentem ex eo viriditatem, quae nixa fibris stirpium sensim adulescit culmoque erecta geniculato vaginis iam quasi pubescens includitur; ex quibus cum emersit, fundit frugem spici ordine structam et contra avium minorum morsus munitur vallo aristarum. quid ego vitium ortus satus incrementa commemorem? satiari delectatione non possum, ut meae senectutis requiem oblectamentumque noscatis. omitto enim vim ipsam omnium, quae generantur e terra; quae ex fici tantulo grano aut ex acini vinaceo aut ex ceterarum frugum aut stirpium minutissimis seminibus tantos truncos ramosque procreet. malleoli plantae sarmenta viviradices propagines nonne ea efficiunt, ut 66

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glaube, mit dem Leben eines Weisen am meisten Verwandtes. Geschäftspartner der Landleute ist ja die Erde, die nie einem Gebot widerstrebt und nie ohne Zinsen zurückgibt, was sie empfangen hat; manchmal freilich ist der Zins der geringere, meist jedoch der größere Teil. Indessen: Mich erfreut nicht nur der Ertrag, sondern auch die schöpferische Kraft der Erde an sich. Hat sie in ihrem aufgeweichten und durchgearbeiteten Inneren die Saat empfangen, so hält sie sie zuerst in Dunkelheit umhüllt (occaecatum), wovon die »occatio« (Eineggen) kommt, die dies bewirkt; hat sie aber dann den Samen in enger Umschließung durch ihren Dunst erwärmt, so läßt sie ihn aufspringen und lockt das hervorsprießende Grün heraus, das dann, gestützt durch die Fasern der Wurzeln, allmählich heranwächst, sich in einem knotigen Halm emporrichtet, um sich nunmehr gleichsam zur Reife kommend - mit Hüllen zu umschließen; ist die Pflanze dann aus diesen hervorgebrochen, so läßt sie die in regelmäßige Ähren geschichtete Frucht herauswachsen und schützt sich gegen die Schnäbel kleinerer Vögel mit einem Kranz von Grannen. Was soll ich erst die Entstehung, das Pflanzen und Wachsen der Weinstöcke erwähnen ? Es ist eine Freude, an der ich nie genug haben kann - ihr sollt ruhig erfahren, was mir in meinem hohen Alter Erholung und Freude bietet. Ich übergehe nämlich nun die eigentliche Kraft, die alle Pflanzen aus der Erde treibt; sie ist so stark, daß sie aus dem kleinen Feigen- oder Weinbeerkern oder aus den kleinsten Samenkörnern der übrigen Früchte oder Gewächse die mächtigen Stämme und Äste hervorkommen läßt. Die Setzlinge, Stecklinge, Reiser, Wurzelschößlinge und Ableger, erwecken sie nicht in jedem Beschauer Freude und Bewunderung ? Die Weinrebe nun ist zwar von Natur aus nicht fähig, sich aufzu67

quemvis cum admiratione delectent? vitis quidem, quae natura caduca est et, nisi fulta est, fertur ad terram, eadem, ut se erigat, claviculis suis quasi manibus, quidquid est nacta, complecitur; quam serpentem multiplici lapsu et erratico ferro amputans coercet ars agricolarum, ne siivescat sarmentis et in omnes partes nimia fundatur. itaque ineunte vere in iis, quae relicta sunt, existit tamquam ad articulos sarmentorum ea quae gemma dicitur, a qua oriens uva se ostendit, quae et suco terrae et calore solis augescens primo est peracerba gustatu, dein maturata dulcescit vestitaque pampinis nec modico tepore caret et nimios solis defendit ardores. qua quid potest esse cum fructu laetius, tum aspectu pulchrius? cuius quidem non utilitas me solum, ut ante dixi, sed etiam cultura et natura ipsa delectat, adminiculorum ordines, capitum iugatio, religatio et propagatio vitium, sarmentorum ea, quam dixi, aliorum amputatio, aliorum immissio. quid ego irrigationes, quid fossiones agri repastinationcsque proferam, quibus fit multo terra fecundior? quid de militate loquar stercorandi? dixi in eo libro, quem de rebus rusticis scripsi; de qua doctus Hesiodus ne verbum quidem fecit, 68

richten, und fällt, wenn man ihr keinen Halt gibt, zur Erde, aber sie klammert sich dcnnoch, um sich aufzurichten, mit ihren Ranken - wie mit Händen - an alles, was sie ündet; will sie sich dann in vielfachen und wirren Windungen dahinschlängeln, dann greift der Bauer zu seiner Kunst, beschneidet den Weinstock mit der Hippe und hindert ihn so, durch Austriebe zu verholzen und allzu weit nach allen Seiten zu wuchern. So bildet sich dann, wenn der Frühling einsetzt, an den Teilen, die man beim Beschneiden stehen ließ, sozusagen an den Gelenken der Reiser, das sogenannte »Auge«, aus dem dann die Traube ans Licht sprießt; Erdfeuchtigkeit und Sonnenwärme lassen sie größer und größer werden; anfangs schineckt sie sehr herb, später aber, wenn sie herangereift ist, bekommt sie den süßen Geschmack; von Weinlaub umhüllt, wird ihr nie zu kühl, andererseits findet sie Schutz vor allzu starker Sonnenglut. Ist sie nicht die erquickendste Freude fur den Genuß, sodann aber auch die schönste Augenweide, die es gibt ? Aber - wie schon vorhin gesagt - bei ihr ist es nicht nur der Nutzen, der mich erfreut, sondern auch ihr Anbau und ihre natürliche Beschaffenheit an sich, die in schöner Ordnung aufgestellten Stützen, das Ziehen der obersten Enden, das Festbinden und das Fortpflanzen der Stöcke und bei den Reisern teils das erwähnte Beschneiden, teils auch der Entschluß, sie wachsen zu lassen. Was soll ich hier noch das Bewässern, das Durcharbeiten und Umgraben des Bodens anführen, wodurch die Erde noch viel fruchtbarer wird? Was soll ich vom Nutzen des Düngens sprechen? Ich habe das ja alles in meinem Buch über die Landwirtschaft behandelt; der wohlunterrichtete Hesiod hat auch nicht ein Wort darüber

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cum de cultura agri scriberet. at Homerus, qui multis, ut mihi videtur, ante saeculis fuit, Laertam lenientem desiderium, quod capiebat e filio, colentem agrum et eum stercorantem facit. nec vero segetibus solum et pratis et vineis et arbustis res rusticae laetae sunt, sed hortis etiam et pomariis,tum pecudum pastuetapium examinibus, florum omnium varietate. nec consitiones modo delectant, sed etiam insitiones, quibus nihil invenit agri cultura sollertius. Possum persequi permulta oblectamenta rerum rusticarum, sed ea ipsa quae dixi sentio fuisse longiora. ignoscetis autem: nam et studio rerum rusticarum provectus sum, et senectus est natura loquacior, ne ab omnibus earn vitiis videar vindicare. ergo in hac vita Μ'. Curius, cum de Samnitibus, de Sabinis, de Pyrrho triumphavisset, consumpsit extremum tempus aetatis. cuius quidem ego villam contemplans (abest enim non longe a me) admirari satis non possum vel hominis ipsius continentiam vel temporum disciplinam. Curio ad focum sedenti magnum auri pondus Samnites cum attulissent, repudiati sunt; non enim aurum habere praeclarum sibi videri dixit, sed iis, qui haberent aurum, imperare. pot70

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verloren, obschon er über den Landbau schrieb. Homer dagegen, der, wie ich glaube, viele Jahrhunderte vorher lebte, läßt Laertes sein Feld bebauen und düngen, um mit dieser Arbeit die Sehnsucht nach seinem Sohn zu lindern. Aber nicht bloß die Saatfelder, Wiesen, Weinberge und Baumpflanzungen machen die Landwirtschaft zu einer solchen Freude, sondern auch die Gemüse- und Obstgärten, besonders aber die Viehweiden, die Bienenvölker und die bunte Vielfalt alles Blühenden. Und nicht nur das Anbauen ist so schön, sondern auch das Pfropfen, die geschickteste Erfindung, die in der Landwirtschaft gemacht worden ist.

Ich könnte hier noch sehr viel Amüsantes besprechen, was die Landwirtschaft zu bieten hat, aber ich denke mir, schon das Gesagte ist allzu ausführlich gewesen; ihr werdet mir das aber nachsehen, da ich einerseits in meiner Begeisterung fur das Landleben so weit gegangen bin, andererseits aber auch alte Leute von Natur aus allzu redselig sind - ich führe das an, damit es nicht so aussieht, als wollte ich das Alter von allen Fehlern freisprechen. Mit dieser Art des Lebens hat nun auch Manius Curius nach seinem Triumph über die Samniten, die Sabiner und Pyrrhos seinen Lebensabend verbracht. So oft ich sein Landhaus betrachte - es liegt ja nicht weit von dem meinen - , werde ich nicht mehr fertig, teils die Genügsamkeit dieses Menschen, teils die Sittenstrenge seiner Zeit zu bewundern. Curius saß gerade am Herd, als ihm die Samniten eine große Menge Gold brachten; er wies sie aber zurück mit der Begründung, er halte es nicht für rühmlich, Gold zu besitzen, sondern über die zu gebieten, die es besäßen. Mußte diese hohe Gesin71

eratne tantus animus efficere non iucundam senectutem? sed venio ad agricolas, ne a me ipso recedam. in agris erant tum senatores, id est senes, siquidem aranti L. Quinctio Cincinnato nuntiatum est eum dictatorem esse factum; cuius dictatoris iussu magister equitum C. Servilius Ahala Sp. Maelium regnum adpetentem occupatum interemit. a villa in senatum arcessebantur et Curius et ceteri senes, ex quo, qui eos arcessebant, viatores nominati sunt, num igitur ho rum senectus miserabilis fuit, qui se agri cultione oblectabant? mea quidem sententia haud scio an nulla beatior possit esse, neque solum officio, quod hominum generi universo cultura agrorum est salutaris, sed et delectatione, qua dixi, et saturitate copiaque rerum omnium, quae ad victum hominum, ad cultum etiam deorum pertinent, ut quoniam haec quidam desiderant, in gratiam iam cum voluptate redeamus. semper enim boni adsiduique domini referta cella vinaria, olearia, etiam penaria est, villaque tota locuples est: abundat porco haedo agno gallina lacte caseo melle. iam hortum ipsi agricolae succidiam alteram appellant, conditiora facit haec supervacaneis etiam operis aucupium atque venatio. quid de prato-

nung im Alter nicht eine Freude für ihn sein ? Doch ich wende mich jetzt wieder den Bauern zu, um bei meiner Person zu bleiben. Auf dem Lande lebten früher Senatoren, d. h. »die Alten«. Jedenfalls wurde dem Lucius Quinctius Cincinnatus beim Pflügen die Nachricht überbracht, daß er Diktator geworden war; auf Anweisung dieses Diktators überrumpelte der Reiteroberst Gaius Servilius Ahala den nach Alleinherrschaft trachtenden Spurius Maelius und räumte ihn aus dem Weg. Auch Curius und manche anderen alten Männer wurden gewöhnlich aus ihren Landhäusern in den Senat geholt; daher kommt es, daß die, die sie zur Sitzung luden, den Namen »überlandboten« bekamen. War nun etwa das Alter dieser Männer, die in der Landwirtschaft ihre Entspannung suchten, beklagenswert ? Ich jedenfalls glaube, daß es wohl keine Form gibt, das Alter glücklicher zu verbringen, nicht nur im Hinblick auf den Wirkungskreis - weil ja die Landwirtschaft für alle Menschen gesund ist - , sondern auch bezüglich der schon erwähnten Freuden und des reichlichen Überflusses an all den Gütern, die zur Lebenshaltung der Menschen und zum Dienst an den Göttern gehören - ich möchte mich ja auch, da doch schon mancher darauf wartet, mit der Sinneslust wieder aussöhnen! Stets hat ein tüchtiger, fleißiger Gutsherr Wein- und ölkeller und auch die Speisekammer voll, sein ganzes Landhaus ist mit allem reich versorgt, da gibt es Schweine, Ziegen, Lämmer, Hühner, Milch, Käse und Honig die Fülle. Sodann nennt der Bauer selbst der. Garten die zweite Speckseite. Nebenbeschäftigungen wie Vogelfang und Jagd geben dem ganzen Landleben noch einen besonderen Reiz. Wozu soll ich noch weitere Worte verlieren, über das

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rum viriditate aut arborum ordinibus aut vinearum olivetorumve specie plura dicam? brevi praecidam: agro bene culto nihil potest esse nec usu uberius nec specie ornatius; ad quern fruendum non modo non retardat, verum etiam invitat atque adlectat senectus. ubi enim potest ilia aetas aut calescere vel apricatione melius vel igni aut vicissim umbris aquisve refrigerari salubrius? Sibi habeant igitur arma, sibi equos, sibi hastas, sibi clavam et pilam, sibi natationes atque cursus, nobis senibus ex lusionibus multis talos relinquant et tesseras, id ipsum utrum lubebit, quoniam sine iis beata esse senectus potest. Multas ad res perutiles Xenophontis Iibri sunt; quos legite, quaeso, studiose, ut facitis. quam copiose ab eo agri cultura laudatur in eo libro, qui est de tuenda re familiari, qui Oeconomicus inscribitur! atque ut intellegatis nihil ei tam regale videri quam Studium agri colendi, Socrates in eo libro loquitur cum Critobulo Cyrum minorem, Persarum regem, praestantem ingenio atque imperii gloria, cum Lysander Lacedaemonius, vir summae virtutis, venisset ad eum Sardis eique dona a sociis attulisset, et ceteris in rebus comem erga Lysandrum atque hu74

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Grün der Wiesen, die gefällige Ordnung der Baumreihen oder die Schönheit der Wein- und ölplantagen ? Um es kurz zu machen: Gut bebautes Land ist das Ergiebigste, aber auch vom Anblick her das Schönste, was es gibt. Sich daran zu erfreuen hindert das hohe Alter nicht nur nicht, sondern es lädt sogar auf jede Weise lockend dazu ein. Denn wo könnte man sich als alter Mensch, sei es in der Sonne oder am Herdfeuer, besser erwärmen, wo könnte man sich im Schatten oder im Bad gesünder abkühlen als auf dem Lande ? Sollen die Jungen also ruhig ihre Waffenübungen haben, ihre Pferde, Lanzen, die Keule und den Ball, ihre Schwimmübungen und Wettrennen, sofern sie nur uns Alten von den vielen Spielen das Knöchel- und Würfelspiel belassen - und zwar nach Belieben nur das eine von beiden, da wir ja im hohen Alter auch ohne diese Spiele glücklich leben können. Xenophons Schriften sind für viele nützliche Zwecke äußerst ergiebig. Lest sie doch ja weiterhin mit eurem gewohnten Eifer I Mit welcher Fülle von Gedanken weiß er die Landwirtschaft zu preisen in seinem »Oikonomikos«, der von der richtigen Führung des Hauswesens handelt! Um euch zu zeigen, daß ihm nichts so königlich erschien wie die Beschäftigung mit dem Landbau, läßt er Sokrates in diesem Buch dem Kritobulos gesprächsweise erzählen, der persische Prinz Kyros der Jüngere, eine Persönlichkeit von hervorragendem Geist, von der Glorie eines mächtigen Reiches umstrahlt, habe sich, als der Spartaner Lysandros, ein Mann von überragender Tüchtigkeit, zu ihm nach Sardeis kam und ihm Geschenke von den Verbündeten brachte, nicht nur zu Lysandros überhaupt recht aufgeräumt und freundlich verhalten, son7J

manum fuisse et ei quendam consaeptum agrum diligenter consitum ostendisse. cum autem admiraretur Lysander et proceritates arborum et derectos in quincancem ordines et humum subactam atque puram et suavitatem odorum, qui adflarentur e floribus, turn eum dixisse mirari se non modo diligentiam, sed etiam sollertiam eius, a quo essent ilia dimensa atque discripta; et Cyrum respondisse:,atqui ego ista sum omniadimensus, mei sunt ordines, mea discriptio, multae etiam istarum arborum mea manu sunt satae.' tum Lysandrum intuentem purpuram eius et nitorem corporis ornatumque Persicum multo auro multisque gemmis dixisse: ,rite vero te, Cyre, beatum ferunt, quoniam virtuti tuae fortuna coniuncta est!' Hac igitur fortuna frui licet senibus, nec aetas impedit, quo minus et ceterarum rerum et in primis agri colendi studia teneamus usque ad ultimum tempus senectutis. M. quidem Valerium Corvinum accepimus ad centesimum annum perduxisse, cum esset acta iam aetate in agris eosque coleret; cuius inter primum et sextum consulatum sex et quadraginta anni interfuerunt. ita, quantum spatium aetatis maiores ad senectutis initium esse 76

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dem ihm auch ein Stück Land gezeigt, das eingezäunt und sorgsam bebaut war. Lysandros habe Bewunderung gezeigt fur die hochgewachsenen Bäume, die schachbrettartig in Reihen standen, für das durchgearbeitete und saubere Erdreich und den lieblichen Duft, der von den Blüten ausströmte; dann habe er gemeint, er finde nicht nur die Sorgfalt, sondern auch das Geschick des Mannes erstaunlich, der all dies ausgemessen und eingeteilt habe. Kyros habe darauf erwidert: »Aber ich bin doch derjenige, der dies alles vermessen hat: von mir stammen die Baumreihen, von mir die Einteilung, von mir sind auch viele dieser Bäume hier eigenhändig gepflanzt.« Da habe Lysandros mit einem Blick auf des Königs Purpurgewand, seine äußere Eleganz und sein persisches Prunkkleid, das von viel Gold und Edelsteinen strahlte, die Äußerung getan: »Recht haben die Leute, Kyros, wenn sie dich glücklich preisen, da du Tüchtigkeit und hohe Stellung in dir vereinst.«

Solches Glück kann man also auch in hohem Alter genießen, und die Jahre verwehren es einem nicht, die liebevolle Neigung zu so manchen Beschäftigungen, besonders aber zum Landbau festzuhalten, bis das Greisenalter seinen Endpunkt erreicht. Marcus Valerius Corvinus hat jedenfalls, wie uns erzählt wird, diese Neigung bis zum hundertsten Lebensjahr weitergepflegt: Als sein eigentliches Leben längst vollbracht war, lebte er als Bauer auf dem Lande; zwischen seinem ersten und seinem sechsten Konsulat lagen sechsundvierzig Jahre: Der Zeitraum also, der nach Ansicht unserer Vorfahren ein ganzes Menschenleben bis zum Beginn des Greisenalters ausmacht, umspannte 77

voluerunt, tantus illi cursus honorum fuit. atque huius extrema aetas hoc beatior quam media, quod auctoritatis habebat plus, laboris minus, apex est autem 61 senectutis auctoritas. quanta fuit in L. Caecilio Metello, quanta in A. Atilio Calatino! in quern illud elogium: Hunc unum plurimae consentiunt gentes populi primarium fuisse virum. notum est id totum carmen incisum in sepulcro. iure igitur gravis, cuius de laudibus omnium esset fama consentiens. quem virum nuper P. Crassum, pontificem maximum, quem postea M. Lepidum, eodem sacerdotio praeditum, vidimus! quid de Paulo aut Africano loquar aut, ut iam ante, de Maximo? quorum non in sententia solum, sed etiam in nutu residebat auctoritas. habet senectus honorata praesertim tantam auctoritatem, ut ea pluris sit quam omnes adulescentiae voluptates. Sed in omni oratione mementote earn X V I I I 62 me senectutem laudare, quae fundamentis adulescentiae constituta sit. ex quo efficitur, id quod ego magno quondam cum adsensu omnium dixi, miseram esse senectutem, quae se oratione defenderet. non cani nec rugae repente auctoritatem arripere possunt, sed honeste acta su7»

bei ihm allein die staatsmännische Laufbahn; und in höchstem Alter war er um so glücklicher als in mittleren Jahren, weil er noch mehr Ansehen genoß, aber weniger strapaziöse Arbeit hatte; das Ansehen aber ist die Krone des Alters. Wie groß war es bei Lucius Caecilius Metellus, wie hoch bei Aulus Atilius Calatinus! Ihm ist ja die bekannte Grabschrift gewidmet: Viele Völker sind sich einig, daß dieser der Erste Mann des römischen Volkes gewesen. Ihr kennt ja den ganzen Wortlaut dieses Verses, den man auf seinem Grabstein eingemeißelt hat. Mit Recht nun gilt ein Mann als ehrwürdig, den alle einstimmig gelobt haben. Welch treffliche Männer waren doch - wir erlebten es - vor einiger Zeit der Oberpriester Publius Crassus und später dann Marcus Lepidus, der ebenfalls dieses Priesteramt bekleidete! Wozu soll ich erst Paullus oder Africanus oder, wie oben schon, Maximus anführen? Diese Männer umgab nicht nur ihre Meinungsäußerung, sondern sogar jede bloße Gebärde mit dem Nimbus der großen Persönlichkeit. Man besitzt im Alter, zumal wenn man ehrenvolle Ämter bekleidet hat, ein Ansehen, das mehr wert ist als alle Sinnenfreuden der Jugend. Aber seid euch bitte im klaren darüber, daß ich mit all meinen Worten hier nur d a s Alter loben will, für das in der Jugend eine feste Grundlage gebaut worden ist. Daraus ergibt sich das, was ich schon einmal unter starker allgemeiner Zustimmung ausgesprochen habe, daß man im Alter dann elend daran ist, wenn man darauf angewiesen ist, sich mit bloßen Worten zu verteidigen. Nicht die grauen Haare und auch nicht das zerfurchte Gesicht können einem Menschen mit einem Male An79

perior aetas fructus capit auctoritatis extremos. haec enim ipsa sunt honorabilia, quae videntur levia atque communia, salutari adpeti, decedi adsurgi, deduci reduci consuli; quae et apud nos et in aliis civitatibus, ut quaeque optime mora ta est, ita diligentissime observantur. Lysandrum Lacedaemonium, cuius modo feci mentionem, dicere aiunt solitum Lacedaemonem esse honestissimum domicilium senectutis; nusquam enim tantum tribuitur aetati, nusquam est senectus honoratior. quin etiam memoriae proditum est, cum Athenis ludis quidam in theatrum grandis natu venisset, magno consessu locum nusquam ei datum a suis civibus; cum autem ad Lacedaemonios accessisset, qui, legati cum essent, certo in loco consederant, consurrexisse omnes illi dicuntur et senem sessum recepisse. quibus cum a cuncto consessu plausus esset multiplex datus, dixisse ex iis quendam Athenienses scire quae recta essent, sed facere nolle, multa in vestro collegio praeclara, sed hoc, de quo agimus, in primis, quod, ut quisque aetate antecedit, ita sententiae principatum tenet, neque solum honore antecedentibus, sed iis etiam, qui cum imperio sunt, maiores natu augures anteponuntur. quae sunt 80

sehen verschaffen, sondern nur das vorher ehrenwert verbrachte Leben erntet am Ende als Frucht das Ansehen. Gerade die Dinge nämlich, die scheinbar alltägliche Unwichtigkeiten sind, bedeuten eine Ehre für den alten Menschen: Daß man ihm Höflichkeitsbesuche macht, daß man seine Hand zum Kuß ergreift, daß man ihm Platz macht, vor ihm aufsteht, ihn von und nach Hause begleitet, und daß man bei ihm Rat sucht: Alles Umgangsformen, die man bei uns und auch in anderen Staaten um so sorgfältiger beachtet, je besser die Sitten unter den Bürgern sind. Der Lakedaimonier Lysandros, den ich vorhin schon erwähnte, soll wiederholt gesagt haben, in Lakedaimon hätten die alten Menschen das ehrenvollste Zuhause; es wird ja auch nirgendwo dem Alter so viel Anerkennung zuteil, und nirgends ist es mehr geehrt. Es gibt da sogar eine historisch verbürgte Begebenheit: Ein hochbetagter Mann kam in Athen zur Festspielzeit ins Theater; man saß schon gedrängt, und nirgends fand sich ein Mitbürger, der dem Alten seinen Platz angeboten hätte. Als er aber bei den Lakedaimoniern vorbeikam, die als Gesandte auf reservierten Plätzen saßen, standen alle miteinander, wie es heißt, vor ihm auf, und der Alte bekam einen Sitzplatz. Es wurde ihnen vom ganzen Theaterpublikum vielfach Beifall bekundet; einer von ihnen soll dabei geäußert haben, die Athener wüßten zwar, was sich gehöre, tun aber wollten sie es nicht. In eurem Augurenkollegium gibt es vieles, was sehr schön ist, besonders aber das eine, von dem ich hier rede, daß der Ältere seine Meinung immer zuerst abgeben darf, und daß Auguren, wenn sie älter sind, nicht nur den höheren Staatsbeamten, sondern auch den obersten Befehlshabern in der Rangordnung vorangehen. - Gibt es nun körperliche, sinnliche Freuden, die man mit dem Lohn des Ansehens vergleichen könnte ? Wer 81

igitur voluptates corporis cum auctoritatis praemiis comparandae? quibus qui splendide usi sunt, ii mihi videntur fabulam aetatis peregisse nec tamquam inexercitati histriones in extremo actu corruisse. At sunt morosi et anxii et iracundi et difficiles senes. si quaerimus, etiam avari; sed haec morum vitia sunt, non senectutis. ac morositas tarnen et ea vitia, quae dixi, habent aliquid excusationis, non illius quidem iustae, sed quae probari posse videatur: contemni se putant, despici, illudi; praeterea in fragili corpore odiosa omnis offensio est. quae tamen omnia dulciora fiunt et moribus bonis et artibus, idque cum in vita, tum in scaena intellegi potest ex iis fratribus, qui in Adelphis sunt, quanta in altero diritas, in altero comitas! sic se res habet: ut enim non omne vinum, sic non omnis natura vetustate coacescit. severitatem in senectute probo, sed earn, sicut alia, modicam, acerbitatem nullo modo, avaritia vero senilis quid sibi velit, non intellego; potest enim quicquam esse absurdius quam, quo viae minus restet, eo plus viatici quaerere?

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diesen Lohn in glanzvoller Weise bekommen hat, der hat, wie ich glaube, die Rolle seines Lebens erfolgreich zu Ende gespielt, ohne, wie ein ungeübter Schauspieler, im letztenAkt zusammenzubrechen.

Aber - wird eingewandt: Man ist doch als alter Mensch mürrisch, verdrießlich, jähzornig, eigensinnig. Nun, wenn wir nach Fehlern suchen: auch geizig! Allein diese Fehler liegen nicht am Alter, sondern im Charakter. Und doch hat auch das mürrische Wesen, ebenso wie die anderen genannten Unarten, einige Entschuldigung für sich, nicht gerade die einzig berechtigte, aber doch eine, die nach meinem Dafürhalten noch angehen mag: Alte Menschen glauben sich abgelehnt, geringgeschätzt und verspottet; außerdem reagiert man, wenn man körperlich nicht mehr auf der Höhe ist, gegen die geringste Widerwärtigkeit empfindlich. Aber ein guter Charakter und wissenschaftliche Bildung nehmen diesen ganzen Fehlern doch viel von ihrer Schärfe. Dies kann man im praktischen Leben, besonders gut aber auch im Theater an jenen Brüdern sehen, die in den »Adelphen« auftreten. Wie unwirsch der eine, wie liebenswürdig der andere! Folgendermaßen steht die Sache: Nicht jeder Wein, aber eben auch nicht jeder Mensch wird durch das Alter sauer. Strenges Wesen gefällt mir an alten Menschen, aber, wie alles andere, in richtigen Grenzen, Schroffheit dagegen keineswegs. Was jedoch Geiz im Alter für einen Sinn haben soll, leuchtet mir nicht ein; denn was kann so absurd sein wie der Wunsch, um so mehr Reisegeld zu haben, je kürzer der Weg wird, den man noch zu machen hat ?

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Quarta restat causa, quae maxime angere atque sollicitam habere nostram aetatem videtur, adpropinquatio mortis, quae certe a senectute non potest esse longe. ο miserum senem, qui mortem contemnendam esse in tarn longa aetate non viderit! quae aut plane neglegenda est, si omnino extinguit animum, aut etiam optanda, si aliquo eum deducit, ubi sit futurus aeternus; atqui tertium certe nihil inveniri potest, quid igitur timeam, si aut non miser post mortem aut beatus etiam futurus sum? quamquam quis est tarn stultus, quamvis sit adulescens, cui sit exploratum se ad vesperum esse victurum? quin etiam aetas illa multo plures quam nostra mortis casus habet: facilius in morbos incidunt adulescentes, gravius aegrotant, tristius curantur. itaque pauci veniunt ad senectutem; quod ni ita accideret, melius et prudentius viveretur. mens enim et ratio et consilium in senibus est; qui si nulli fuissent. nullae omnino civitates fuissent. Sed redeoad mortem impendentem. quod est istud crimen senectutis, cum id ei videatis cum adulescentia esse commune? sensi ego in optumo filio, tu in exspectatis ad amplissimam dignitatem fratribus, Scipio, mortem omni aetati esse com84

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Wir haben nun noch den vierten Punkt zu behandeln, der Menschen in meinem Alter offensichtlich ganz besonders bedrückt und aufregt: das Nahen des Todes, der sicherlich vom hohen Alter nicht mehr weit sein kann. Bedauernswert ist ein alter Mensch daran, wenn er in seinem ganzen langen Leben nicht begriffen hat, daß man auf den Tod nicht achten soll! Denn entweder kann er uns völlig gleichgültig sein - wenn er nämlich die Seele gänzlich austilgt; oder wir dürfen ihn uns sogar wünschen, nämlich dann, wenn er die Seele an irgendeinen Ort entrückt, wo ihr ewiges Leben beschieden ist; eine dritte Möglichkeit ist doch wohl nicht denkbar. Wozu also die Angst, wenn ich nach dem Tode entweder nicht unglücklich oder sogar glückselig sein werde? Und doch: Wer kann, wenn auch in noch so jungen Jahren, so dumm sein, daß er es für eine absolute Gewißheit ansieht, bis zum Abend leben zu bleiben ? Ja, jene Altersstufe kennt sogar noch weit mehr Möglichkeiten eines schicksalhaften Todes als das Alter, in dem ich stehe: Jung wird man leichter krank, die Krankheiten sind schwerer, ihre Behandlung nimmt leichter den Lebensmut. So erreichen auch nur wenige ein hohes Alter; wäre dem nicht so, dann wäre unser Leben besser und vernünftiger. Denn Verstand, Vernunft und kluger Rat sind den Greisen vorbehalten; hätte es sie nicht gegeben, so hätte kein Staat je bestehen können. Doch ich komme auf den bevorstehenden Tod zurück: Wie kann man seinetwegen das Alter anklagen ? Ihr seht doch, daß man dann auch in gleicher Weise die Jugend beschuldigen müßte. Ich für meinen Teil habe an meinem eigenen vortrefflichen Sohn die Erfahrung gemacht, und du, Scipio, hast es bei deinen Brüdern, die man sich schon als Inhaber der höchsten 8}

munem. at sperat adulescens diu se victurum, quod sperare idem senex non potest, insipienter sperat. quid enim stultius quam incerta pro certis habere, falsa pro veris? at senex ne quod speret quidem habet, at est eo meliore condicione quam adulescens, cum id, quod ille sperat, hie consecutus est: ille volt diu vivere, hie diu vixit. quamquam, ο di boni! quid est in hominis natura diu? da enim supremum tempus, expectemus Tartessiorum regis aetatem (fuit enim, ut scriptum video, Arganthonius quidam Gadibus, qui octoginta regnavit annos, centum viginti vixit); sed mihi ne diuturnum quidem quiequam videtur, in quo est aliquid extremum. cum enim id advenit, tum illud, quod praeteriit, effluxit; tantum remanet, quod virtute et recte factis consecutus sis. horae quidem cedunt et dies et menses et anni, nec praeteritum tempus umquam revertitur, nec quid sequatur sciri potest; quod cuique temporis ad vivendum datur, eo debet esse contentus. neque enim histrioni, ut placeat, peragenda fabula est, modo, in quocumque fuerit actu, probetur, neque sapientibus usque ad 'Plaudite' veniendum est. Breve enim tempus aetatis satis longum est ad bene honesteque vivendum; sin 86

Staatsämter wünschte, erlebt, daß der Tod in gleicher Weise jedes Lebensalter bedroht. Man wendet ein: Der junge Mensch besitzt aber doch die Hoffnung, lange zu leben, eine Hoffnung, die man als alter Mensch nicht mehr haben kann. Es ist eine unüberlegte Hoffnung. Denn nichts ist dümmer als Ungewisses für gewiß, Falsches für wahr zu halten. Man hält dem entgegen : Im Alter hat man ja nicht einmal einen Grund zu hoffen. Aber man ist um soviel besser daran als in der Jugend, als man das, was man jung nur erhoffen kann, im Alter ja schon erreicht hat; als Junger wünscht man sich ein langes Leben, als Alter hat man bereits lange gelebt. Indes: Ihr guten Götter, was heißt denn bei einem Menschen »lang«? Nenne mir doch einer das Höchstmaß an Zeit, stellen wir doch selbst das Alter des Königs von Tartessos in Rechnung - es gab nämlich, wie ich geschrieben finde, zu Gades einen gewissen Arganthonios, dessen Regierungszeit achtzig Jahre betrug, bei einer Lebensdauer von cinhundertzwanzig: Mir kommt selbst eine höchste Steigerung nicht als »lange« vor. Denn ist sie erreicht, dann ist alles Vergangene schon dahin. Was bleibt, ist nur das, was man durch Tugend und rcchtcs Handeln erreicht hat; Stunden, Tage, Monate, Jahre schwinden dahin, und die Vergangenheit kehrt nie zurück, und Wils noch kommt, kann man nicht wissen: Jeder soll zufrieden sein mit der Zeit, die ihm zum Leben gegeben ist. Es muß ja auch kein Schauspieler, um zu gefallen, ein ganzes Stück hindurch auf der Bühne stehen - er braucht nur in dem Akt, in dem er aufgetreten ist, Beifall zu linden. Ebenso wenig hat es ein Weiser nötig, das abschließende »Hoch!« zu erleben. Eine kurze Lebenszeit ist nämlich lange genug, um sittlich gut und anständig zu leben. Ist sie aber doch länger geworden, 87

processerit longius, non magis dolendum est, quam agricolae dolent praeterita verni temporis suavitate aestatem autumnumque venisse. ver enim tamquam adulescentiam significat ostenditque fructus futuros, reliqua autem tempora demetendis fructibus et percipiendis accommodata sunt, fructus autem senectutis est, ut saepe dixi, ante partorum bonorum memoria et copia. omnia autem, quae secundum naturam fiunt, sunt habenda in bonis, quid est autem tam secundum naturam quam senibus emori? quod idem contingit adulescentibus adversante et repugnante natura, itaque adulescentes mihi mori sic videntur, ut cum aquae multitudine flammae vis opprimitur, senes autem sic, ut cum sua sponte nulla adhibita vi consumptus ignis extinguitur; et quasi poma ex arboribus, cruda si sunt, vix evelluntur, si matura et cocta, decidunt, sic vitam adulescentibus vis aufert, senibus maturitas: quae quidem mihi tam iucunda est, ut, quo propius ad mortem accedam, quasi terram videre videar aliquandoque in portum ex longa navigatione esse venturus. Senectutis autem nullus est certus terminus, recteque in ea vivitur, quoad munus offici exequi et tueri possis et tarnen 88

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dann braucht man dies ebensowenig zu bedauern wie ein Bauer es bedauert, daß auf den lieblichen Frühling Sommer und Herbst gefolgt sind. Der Frühling ist ja sozusagen ein Bild für »Jugend«, er weist hin auf die kommenden Früchte, die übrigen Jahreszeiten sind für das Abschneiden und Ernten der Früchte da. Die Ernte aber, die man im Alter hat, ist, wie ich schon oft sagte, eine reiche Erinnerung an all das Gute, das man früher geschaffen hat. Unter das Gute aber ist all das zu rechnen, was menschlichem Wesen gemäß ist. Ist es aber nun nicht völlig menschlichem Wesen gemäß, daß alte Menschen sterben müssen ? Widerfährt es jungen Menschen, so ist dies durchaus gegen die menschliche Natur, die sich dann aufbäumt. Daher kommt mir der Tod junger Leute vor wie das Ersticken eines gewaltigen Feuers mit einer Flut von Wasser; sterben aber alte Leute, so kommt gleichsam ein Feuer, das sich aufgezehrt hat, von selbst, ohne Gewalt, zum Erlöschen; und wie das Obst nur mit Mühe von den Bäumen abgepflückt werden kann, solange es noch grün ist, dagegen aber abfällt, sobald es zeitig und ausgereift ist, so nimmt jungen Leuten nur Gewalt, alten Menschen dagegen ihre Reife das Leben fort. Auf diese Reife freue ich mich so sehr, daß ich, je näher ich dem Tode komme, glaube, gleichsam »Land in Sicht« zu haben und endlich nach langer Seefahrt in einen Hafen zu gelangen.

Die Grenze, die das Greisenalter hat, ist nun aber keine bestimmte, und man kann in ihm noch schön leben, soweit man in der Lage ist, pflichtgemäße Aufgaben voll zu erfüllen und 89

mortem contemnere. ex quo fit, ut animosior etiam senectus sit quam adulescentia et fortior. hoc illud est, quod Pisistrato tyranno a Solone responsum est, cum illi quaerenti, qua tandem re fretus sibi tam audaciter obsisteret, respondisse dicitur: 'senectute.' sed vivendi est finis optumus, cum integra mente certisque sensibus opus ipsa suum eadem quae coagmentavit natura dissolvit. ut navem, ut aedificium idem destruit facillime qui construxit, sic hominem eadem optume quae conglutinavit natura dissolvit. iam omnis conglutinatio recens aegre, inveterata facile divellitur. ita fit, ut illud breve vitae reliquum nec avide adpetendum senibus nec sine causa deserendum sit; vetatque Pythagoras iniussu imperatoris, id est dei, de praesidio et statione vitae decedere. Solonis quidem sapientis elogium est, quo se negat velle suam mortem dolore amicorum et lamentis vacare. volt, credo, se esse carum suis, sed haud scio an melius Ennius: Nemo me dacrumis decoret neque funera fletu faxit. non censet lugendam esse mortem, quam immortalitas consequatur. Iam sensus moriendi aliquis esse potest, 90

dabei doch den Tod nicht zu fürchten; daher kommt es auch, daß alte Menschen sogar noch beherzter und mutiger sind als junge. Das ist gemeint mit der bekannten Antwort, die Solon dem Tyrannen Peisistratos gab. A b dieser ihn fragte, was ihn denn bei dem kühnen Widerstand, den er ihm leiste, so stark mache, soll er entgegnet haben: »Das Alter.« Das beste Lebensende aber ist dann gegeben, wenn - bei ungeschwächtem Geist und zuverlässigen Sinnen - die Natur selbst ihren eigenen Bau, den sie zusammengefügt hat, auch wieder abbricht. Denn wie der Baumeister ein Schiff oder ein Gebäude, das er gebaut hat, am leichtesten wieder abbauen kann, so ist es auch am besten, wenn die gleiche Natur, die den Menschen zusammengesetzt hat, ihn auch wieder auseinandernimmt. Schließlich läßt sich alles Zusammengeleimte, solange es noch neu ist, nur mit Mühe trennen, wenn es aber alt geworden ist, dann geht dies leicht. Daraus folgt, daß man es im Alter einerseits nicht nötig hat, nach der kurzen, noch übrigen Lebenszeit gierig zu trachten, daß man andererseits aber vor ihr auch nicht ohne Ursache fliehen soll; Pythagoras sagt: »Ohne Geheiß des obersten Herrn - d. h. Gottes - darf niemand den Posten, auf den ihn das Leben gestellt hat, verlassen.« Es gibt eine Grabinschrift des weisen Solon, worin er sagt, er wolle nicht, daß sein Tod von seinen Freunden nicht beklagt und beweint werde; er wünscht damit, glaube ich, den Seinen lieb und teuer zu sein; besser drückt sich vielleicht Ennius aus, wenn er sagt: Niemand soll mich mit Tränen beehren und weinend das Grab mir richten. Er meint, man solle den Tod nicht betrauern, da ja auf ihn die Unsterblichkeit folge. Nun kann es allerdings sein, daß man es spürt, wenn man ster9«

isquead exiguum tempus, praesertim seni, post mortem quidem sensus aut optandus aut nullus est. sed hoc meditatum ab adulescentia debet esse, mortem ut neglegamus, sine qua meditatione tranquillo esse animo nemo potest, moriendum enim certe est, et incertum an hoc ipso die. mortem igitur omnibus horis impendentem timens qui poterit animo consistere? de qua non ita longa disputatione opus esse videtur, cum recorder non L. Brutum, qui in liberanda patria est interfectus, non duos Decios, qui ad voluntariam mortem cursum equorum incitaverunt, non M. Atilium, qui ad supplicium est profectus, ut fidem hosti datam conservaret, non duos Scipiones, qui iter Poenis vel corporibus suisobstruere voluerunt, non avum tuum L. Paulum, qui morte luit collegae in Cannensi ignominia temeritatem, non M. Marcellum, cuius interitum ne crudelissimus quidem hostis honore sepulturae carere passus est, sed legiones nostras, quod scripsi in Originibus, in eum locum saepe profectas alacri animo et erecto, unde se redituras numquam arbitrarentur. quod igitur adulescentes, et ii quidem non solum indocti, sed etiam rustici, contemnunt, id docti senes extimescent? omnino, ut mihi 92

ben muß - und zwar für eine kurze Zeit, zumal wenn man schon sehr alt ist; nach dem Tode jedoch ist das Empfindungsvermögen entweder etwas Wünschenswertes oder es ist überhaupt nicht vorhanden. Aber man muß von Jugend auf darauf vorbereitet sein, den Tod so gleichgültig zu nehmen, eine geistige Vorbereitung, ohne die niemand in seinem Inneren ruhig sein kann. Der Tod ist nämlich gewiß, ungewiß ist nur, ob er gerade heute kommt. Wenn man nun den Tod, der zu jeder Stunde droht, fürchtet, wie soll man dann innerlich stark sein können? Ich glaube, es ist gar keine so lange Erörterung über den Tod am Platz; ich denke dabei nicht an Lucius Brutus, der im Kampf um die Freiheit des Vaterlandes starb; nicht an die beiden Decier, die ihren Pferden die Sporen gaben, um freiwillig den Tod zu erleiden; nicht an Marcus Atilius, der zur Hinrichtung abreiste, um sein den Feinden gegebenes Wort nicht zu brechen; nicht an die beiden Scipionen, die den Puniern sogar mit ihren eigenen Leibern den Weg versperren wollten; nicht an deinen Großvater Lucius Paullus, der die blinde Verwegenheit seines Amtsgenossen bei der Schmach von Cannae mit seinem Leben büßen mußte; auch nicht an Marcus Marcellus, dem nicht einmal der roheste Feind nach seinem Tod eine ehrenvolle Bestattung versagen konnte; ich denke vielmehr daran zurück, wie unsere Legionen - ich habe das in meinen »Origines« beschrieben - oftmals mit Begeisterung und Mut dorthin marschierten, von wo sie sich keine Rückkehr mehr denken konnten. Was nun junge Männer, und zwar nicht nur solche, die eben keine höhere Bildung genossen haben, sondern sogar aus dem Bauernstand kommen, nicht achten, davor sollen sich die Alten, die doch weise sind, fürchten? Überhaupt bewirkt, wie mir scheint, die sattsame Befriedigung aller Wünsche ein Satt93

quidem videtur, studiorum omnium satietas vitae facit satietatem. sunt pueritiae studia certa:num igiturea desiderant adulescentes? sunt ineuntis adulescentiae: num ea constans iam requirit aetas, quae media dicitur? sunt etiam eius aetatis: ne ea quidem quaeruntur in senectute. sunt extrema quaedam studia senectutis: ergo, ut superiorum aetatum studia occidunt, sic occidunt etiam senectutis; quod cum evenit, satietas vitae tempus maturum mortis adfert. Non enim video cur, quid ipse sentiam de morte, non audeam vobis dicere, quod eo cernere mihi melius videor, quo ab ea propius absum. ego vestros patres, tu Scipio tuque C. Laeli, viros clarissimos mihique amicissimos, vivere arbitror, et earn quidem vitam quae est sola vita nominanda. nam dum sumus inclusi in his compagibus corporis, munere quodam necessitatis et gravi opere perfungimur; est enim animus caelestis ex altissimo domicilio depressus et quasi demersus in terrain, locum divinae naturae aeternitatique contrarium. sed credo deos immortales sparsisse animos in corpora humana, ut essent qui terras tuerentur quique caelestium ordinem contemplantes imitarentur eum vitae modo atque constantia. 94

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haben des Lebens. Bestimmte Dinge fesseln das Kind; sehnt man sich nun etwa auch noch als junger Mann nach ihnen? Auch zu Beginn des Mannesalters hat man bestimmte Neigungen; verlangt man nach ihnen etwa, wenn man bereits reifer und in den sogenannten »mittleren Jahren« ist ? Auch dort gibt es bestimmte Interessen; nicht einmal nach diesen verlangt man im Alter. Gewisse »letzte« Neigungen aber kommen im Greisenalter; wie nun also die Interessen der früheren Altersstufen nichtig werden, so hören auch die des hohen Alters auf; dann aber hat man eine befriedigende Sättigung des Lebens erfahren, und es ist Zeit zu sterben. Ich glaube mir nämlich erlauben zu dürfen, euch meine eigene Ansicht über den Tod vorzutragen; denn ich meine, daß sich diesbezüglich mein Blick um so mehr schärft, je naher ich dem Tode bin. Ich glaube daran, mein Scipio und du, mein Gaius Laelius, daß eure Väter, jene berühmten und mir so eng befreundeten Männer, noch leben, und zwar d a s Leben, das allein die Bezeichnung »Leben« verdient. Denn solange wir im Organismus dieses unseres Körpers gefangen sind, können wir sozusagen nicht aus und haben eine schwere Aufgabe zu bestehen; die Seele nämlich, die himmlischen Ursprungs ist, wurde von ihrem erhabenen Wohnsitz verdrängt und gleichsam auf die Erde herabgenötigt, an einen Ort, der geradezu der Gegenpol ihres göttlichen, unsterblichen Wesens ist. Aber ich glaube daran, daß die unsterblichen Götter die Seelen deswegen in menschliche Körper verpflanzt haben, damit es Wesen gibt, die die Länder in der richtigen Ordnung halten, indem sie aus ihrer betrachtenden Schau der himmlischen Ordnung heraus es dieser durch ein maßvolles und nach festen Grundsätzen ausge9J

nec me solum ratio ac disputatio impulit, ut ita crederem, sed nobilitas etiam summorum philosophorum et auctoritas. Audiebam Pythagoram Pythagoreosque, incolas paene nostros, qui essent Italici philosophi quondam nominati, numquam dubitasse, quin ex universa mente divina delibatos animos haberemus. demonstrabantur mihi praeterea, quae Socrates supremo vitae die de immortalitate animorum disseruisset, is qui esset omnium sapientissimus oraculo Apollinis iudicatus. quid multa? sic persuasi mihi, sic sentio: cum tanta celeritas animorum sit, tanta memoria praeteritorum f uturorumque prudentia, tot artes, tantae scientiae, tot inventa, non posse earn naturam, quae res eas contineat, esse mortalem, cumque semper agitetur animus nec principium motus habeat, quia se ipse moveat, ne finem quidem habiturum esse motus, quia numquam se ipse esset relicturus; et cum simplex animi natura esset neque haberet in sequicquam admixtumdispar suiatque dissimile, non posse eum dividi; quod si non posset, non posse interire; magnoque esse argumento homines scire pleraque antequam nati sint, quod iam pueri, cum artes difficiles discant, ita celeriter res 96

richtetes Leben gleichzutun suchen. Aber nicht nur meine eigene, von der Vernunft geleitete Forschung führte mich zu dieser Überzeugung, sondern auch das hochberühmte Ansehen der größten Philosophen. Wie ich hörte, haben Pythagoras und die Pythagoreer - man könnte sie fast unsere Landsleute nennen, da sie ja seinerzeit die »italischen« Philosophen hießen - stets daran festgehalten, daß unsere Seelen der göttlichen Weltseele entnommen sind. Außerdem bekam ich berichtet, was Sokrates - nach Apollons Orakel doch der weiseste von allen - am letzten T a g seines Lebens über die Unsterblichkeit der Seele ausgeführt haben soll. Kurz, folgendes ist es, was ich aus voller Überzeugung vertrete: Bei der erstaunlichen Schnelligkeit des menschlichen Geistes, bei seinem starken Erinnerungsvermögen an Vergangenes und seinem weiten Blick in die Zukunft, bei seinen zahlreichen Fertigkeiten und umfangreichen Kenntnissen, bei den vielen Erfindungen, die er schon gemacht hat, kann dieses Wesen, das doch so vieles umfaßt, unmöglich sterblich sein. Da weiterhin die Seele stets in Bewegung ist, aber keine äußere Ursache dieser Bewegung kennt, weil sie sich selbst bewegt, wird sie auch kein Ende dieser Bewegung finden, da sie sich niemals selbst verlassen wird. Ferner ist die Seele meiner Überzeugung nach auch nicht teilbar, da ihr Wesen homogen ist, ohne Beimischung von Elementen, die ihm ungleich oder unähnlich wären; ist sie aber nun nicht teilbar, dann kann sie auch nicht vergehen. Ein starker Beweis dafür, daß die Menschen bereits vor ihrer Geburt das meiste wußten, ist für mich auch die Tatsache, daß sie als Kinder, beim Erlernen schwieriger

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innumerabiles adripiant, ut eas non tum primum accipere videantur, sed reminisci et recordari. haec Platonis fere. Apud Xenophontem autem moriens C y rus maior haec dicit: 'nolite arbitrari, ο mihi carissimi filii, me, cum a vobis discessero, nusquam aut nullum fore, nec enim, dum eram vobiscum, animum meum videbatis, sed eum esse in hoc corpore ex eis rebus, quas gerebam, intellegebatis. eundem igitur esse creditote, etiamsi nullum videbitis. nec vero clarorum virorum post mortem honores permanerent, si nihil eorum ipsorum animi efficerent quo diutius memoriam sui teneremus. mihi quidem numquam persuaderi potuit animos.dum incorporibus essent mortalibus, vivere, cum excessissent ex iis, emori, nec vero tunc animum esse insipientem, cum ex insipienti corpore evasisset, sed cum omni admixtione corporis liberatus purus et integer esse coepisset, tum esse sapientem. atque etiam cum hominis natura morte dissolvitur, ceterarum rerum perspicuum est quo quaeque discedat: abeunt enim illuc omnia, unde ortasunt; animus autem solus, nec cum adest nec cum discessit, apparet. iam vero videtis nihil esse morti tam simile quam somnum. atqui dormientium animi maxime 98

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Fertigkeiten, Unzähliges so rasch auffassen, daß sie es offensichtlich nicht jetzt erst begreifen, sondern es aus tiefer Erinnerung schon kennen. So etwa steht es bei Piaton. Bei Xenophon aber läßt sich Kyros der Altere in seiner Sterbestunde mit folgenden Worten vernehmen: »Meine liebsten Söhne, glaubt nicht, daß ich, wenn ich euch verlassen habe, nirgends mehr oder nicht mehr sein werde. Ihr konntet meine Seele ja auch nicht sehen, solange ich bei euch war, ihr erkanntet lediglich an meinem Tun, daß sie in diesem Körper drin sein mußte. Glaubt daher, auch wenn ihr sie nicht sehen werdet, daß sie ebenso noch weiter da ist! Es würden aber auch berühmten Männern nach ihrem Tode nicht laufend Ehrenbezeugungen erwiesen, wenn nicht gerade ihre Seelen etwas auslösten, wodurch wir sie in längerem Andenken behielten. Ich jedenfalls konnte nie dazu gebracht werden, zu glauben, daß die Seele während ihres Aufenthalts im sterblichen Leib lebe, nach dem Verlassen dieses Leibes aber sterbe; aber auch nicht, daß die Seele mit dem Verlassen des verstandeslosen Leibes ihre Geisteskraft einbüße; ich glaube vielmehr, daß sie dann erst die wahre Weisheit erlangt, wenn sie durch die Befreiung von jeglicher materieller Beimischung völlig rein und geläutert wird. Auch sieht man doch, wenn der Mensch nach dem Tode zerfällt, ganz eindeutig, wohin seine übrigen Bestandteile verschwinden: Sie gehen alle dorthin, woher sie ursprünglich kamen; die Seele aber ist der einzige Teil, den man nicht sieht, weder vor dem Tode noch nachher. Weiterhin wißt ihr aber doch auch, daß nichts dem Tode so ähnlich ist wie der Schlaf. Nun bezeugt aber die Seele im Schlaf in ganz besonderer Weise ihre göttliche

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declarant divinitatem suam; multa enim, cum remissi et liberi sunt, futura prospiciunt. ex quo intellegitur, quales futuri sint, cum se plane corporum vinculis relaxaverint. quare, si haec ita sunt, sic me colitote', inquit, 'ut deum; sin una est interiturus animus cum corpore, vos tarnen deos verentes, qui hanc omnem pulchritudinem tuentur et regunt, memoriam nostri pie inviolateque servabitis.' Cyrus quidem haec moriens; nos, si placet, nostra videamus. Nemo umquam mihi, Scipio, persuadebit X X I I I 82 aut patrem tuum Paulum aut duos avos, Paulum et Africanum, aut Africani patrem aut patruum aut multos praestantes viros, quos enumerare non est necesse, tanta esse conatos, quae ad posteritatis memoriam pertinerent, nisi animo cernerent posteritatem ad se posse pertinere. an censes, ut de me ipse aliquid more senum glorier, me tantos labores diurnos nocturnosque domi militiaeque suscepturum fuisse, si isdem finibus gloriam meam quibus vitam essem terminaturus? nonne melius multo fuisset otiosam aetatem et quietam sine ullo labore et contentione traducere? sed nescio quo modo animus erigens se posteritatem ita semper prospiciebat, quasi, cum excessisset e vita, IOO

Abkunft: Denn in diesem Zustand völliger Entspannung sieht sie vielfach in die Zukunft. Daraus aber erhellt der Zustand, in dem sie sich befinden wird, wenn sie sich von den Fesseln des Körpers gänzlich freigemacht hat. Daher sollt ihr mich nun«, sagte Kyros, »wenn dem wirklich so ist, in Zukunft wie einen Gott verehren; vergeht aber die Seele zusammen mit dem Leib, so werdet i h r doch aus Ehrfurcht vor den Göttern, die all das Schöne hier auf Erden erhalten und regieren, mein Andenken liebevoll und unantastbar bewahren.« So jedenfalls sprach Kyros vor seinem Tod. Wir aber wollen, wenn es euch recht ist, den Blick jetzt wieder auf uns richten.

Niemand, Scipio, wird mich überzeugen können, daß dein Vater Paullus, oder deine beiden Großväter Paullus und Africanus, oder der Vater oder der Oheim des Africanus, oder die vielen hervorragenden Männer, die aufzuzählen müßig wäre, so Großes im Hinblick auf ihr Andenken bei der Nachwelt gewagt hätten, wenn sie nicht erkannt hatten, daß eine Verbindung der Nachwelt zu ihnen möglich ist. Oder meinst du um auch von meiner Person nach Art alter Männer etwas Rühmliches zu sagen - , ich hätte so große Mühen bei Tag und bei Nacht, im Frieden wie im Krieg, auf mich genommen, wenn ich glaubte, die Grenzen meines Ruhmes seien dieselben wie die meines Lebens? Wäre es denn dann nicht viel besser gewesen, mein Leben fern von der Politik, in Ruhe und ohne angestrengte Tätigkeit ablaufen zu lassen? Aber meine Seele richtete sich irgendwie empor und blickte stets auf die Nachwelt, mit einem Gefühl, als ob sie dann erst »leben« würde, wenn sie ιοί

tum denique victurus esset, quod quidem ni ita se haberet, ut animi immortales essent, haud optimi cuiusque animus maxime ad immortalitatem et gloriam niteretur. Quid quod sapientissimus quisque aequissimo animo moritur, stultissimus iniquissimo? nonne vobis videtur is animus, qui plus cernat et longius, videre se ad meliora proficisci, ille autem, cuius obtusior sit acies, non videre? equidem efferor studio patres vestros, quos colui et dilexi, videndi, neque vero eos solos convenire aveo, quos ipse cognovi, sed illos etiam, de quibusaudivi et legi et ipse conscripsi. quo quidem me proficiscentem haud sane quis facile retraxerit nec tamquam Peliam recoxerit. et si qui deus mihi largiatur, ut ex hac aetate repuerascam et in cunis vagiam, valde rccuscm, nec vero velim quasi decurso spatio ad carceres a calce revocari. Quid habet enimvita commodi?quid non potius laboris? sed habeat sane, habet certe tamen aut satietatem aut modum. non übet enim mihi deplorare vitam, quod multi et docti saepe fecerunt, neque me vixisse paenitet, quoniam ita vixi, ut non frustra me natum existimem, et ex 102

das Leben hinter sich gebracht habe. Wäre nun die Unsterblichkeit der Seelen nicht wahr, dann trachtete auch nicht die Seele des Menschen, je edler er ist, um so mehr nach unsterblichem Ruhm. Wie steht es nun mit der Tatsache, daß gerade die Weisesten beim Sterben den größten Gleichmut zeigen, die Dümmsten aber vor dem Tod am meisten zittern? Gilt euch das nicht als ein Beweis dafür, daß die Seele, die mehr und weiter sieht, auch sieht, daß sie in eine bessere Welt übergeht, daß der Kurzsichtige dies aber nicht erkennt ? Ich jedenfalls gerate in Verzückung und Begeisterung durch mein Verlangen, eure von mir so hochgeschätzten Väter zu sehen. Mich verlangt es aber nicht nur, mit denen zusammenzutreffen, die ich selbst kennenlernte, sondern auch mit jenen Männern, von denen ich gehört, gelesen und auch selbst geschrieben habe. Wenn ich einmal dorthin unterwegs bin, dürfte man mich nicht so leicht zurückholen oder »wieder aufkochen« können wie einen Pelias. Und wollte mir ein Gott die Gnade schenken, aus diesem meinem Alter heraus wieder Kind zu werden und in der Wiege zu wimmern, so würde ich mich wohl gar sehr weigern und keineswegs willens sein, nach vollendetem Rennen mich vom Ziel wieder an den Start zurückweisen zu lassen. Was hat denn das Leben Angenehmes zu bieten? Ist es nicht eher Mühseliges? Aber mag es ruhig seine angenehmen Seiten haben - so gibt es doch sicherlich auch ein »genug«, einen Punkt, an dem das Maß voll ist. Es widerstrebt mir nämlich, das Leben zu bejammern, wie es schon viele, noch dazu gelehrte Leute getan haben; auch reut es mich nicht, gelebt zu haben; denn mein Leben war so, daß ich glauben darf, nicht umsonst 103

vita ita discedo tamquam ex hospitio, non tamquam domo, commorandi enim natura deversorium nobis, non habitandi dedit. Ο praeclarum diem, cum in illud divinum animorum concilium coetumque proficiscar cumque ex hac turba et colluvione discedam! proficiscar enim non ad eos solum viros, de quibus ante dixi, verum etiam ad Catonem meum, quo nemo vir melior natus est, nemo pietate praestantior; cuius a me corpus est crematum, quod contra decuit, ab illo meum: animus vero non me deserens, sed respectans in ea profecto loca discessit, quo mihi ipsi cernebat esse veniendum. quem ego meum casum fortiter ferre visus sum, non quo aequo animo ferrem, sed me ipse consolabar existimans non longinquum inter nos digressum et discessum fore. His mihi rebus, Scipio, (id enim te cum Laelio admirari solere dixisti) levis est senectus, nec solum non molesta, sed etiam iucunda. quodsi in hoc erro, qui animos hominum immortales esse credam, libenter erro nec mihi hunc errorem, quo delector, dum vivo, extorqueri volo; sin mortuus, ut quidam minuti philosophi censent, nihil sentiam, non vereor ne hunc errorem meum philosophi 104

auf die Welt gekommen zu sein. Und ich scheide aus ihm wie aus einer Herberge, nicht wie aus meinem eigentlichen Wohnhaus. Denn die Natur hat uns hier nur eine Einkehr zum Verweilen beschert, nicht einen ständigen Wohnsitz. Wie herrlich wird der Tag, an dem ich in jene göttliche Versammlung und Gesellschaft der Seelen eingehen werde, um das Gewühle und unschöne Durcheinander hier auf Erden zu verlassen ! Ich werde nämlich nicht nur zu den vorhin genannten Männern gelangen, sondern auch zu meinem Cato - fiir mich gab es ja keinen besseren Menschen, keinen lieberen Sohn! Seinen Leichnam habe ich eingeäschert, ein Dienst, den umgekehrt eigentlich er mir hätte erweisen müssen; seine Seele aber hat mich nicht verlassen, sondern ist, den Blick auf mich zurückgerichtet, bestimmt an jenen Ort entschwunden, an den auch ich selbst, wie er sehen mußte, gelangen soll. Es sah so aus, als würde ich den Schicksalsschlag, der mich damals traf, mit starkem Herzen ertragen - aber nicht, weil ich ihn gelassen hingenommen hätte; vielmehr tröstete ich mich selbst mit dem Glauben, daß diese unsere schmerzliche Trennung nicht lange dauern werde. Das alles ist es, Scipio, — und darüber mußt du dich ja, wie du sagtest, mit Laelius immer wieder wundern --, was mir das Alter leicht macht, und zwar nicht nur nicht beschwerlich, sondern sogar angenehm. Nehmen wir nun an, ich täuschte mich, wenn ich an die Unsterblichkeit der menschlichen Seelen glaube, so täusche ich mich gerne und will mir diesen Irrtum, der mir im Leben Freude spendet, auch nicht gewaltsam nehmen lassen; hört nun nach dem Tode - es gibt da einige unbedeutende Philosophen, die das glauben - mein Bewußtsein auf, dann brauche ich aber auch nicht zu befürchten, die toten Philo105

mortui irrideant- quod si non sumus immortales futuri, tarnen exstingui homini suo tempore optabile est. nam habet natura ut aliarum omnium rerum, sie vivendi modum. senectus autem aetatis est peractio tamquam fabulae, cuius defatigationem fugere debemus, praesertim adiuneta satietate. Haec habui de senectute quae dicerem; ad quam utinam perveniatis, ut ea, quae ex me audistis, re experti probare possitis!

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sophcn könnten diesen meinen Irrtum belächeln. Sei es drum, daß wir auch nicht unsterblich sein werden, so ist es doch für den Menschen wünschenswert, daß sein Lebenslicht, wenn es an der Zeit ist, ausgeblasen wird. Denn die Natur hat, wie allem anderen, so auch dem Leben ein Maß bestimmt. Das Greisenalter aber ist, wie bei einem Schauspiel, des Lebens letzter Akt. Hier schlappzumachen, sollten wir vermeiden, zumal wir ja die Erfüllung haben. Das war es, was ich über das Greisenalter zu sagen hatte. Ich wünsche euch, ihr möget es erreichen, auf daß ihr das, was ihr von mir gehört habt, durch eigene Erfahrung bestätigen könnt!

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LAELIUS · ÜBER DIE Τ. Pomponius

FREUNDSCHAFT

Atticus

gewidmet

Q. Mucius augur multa narrare de C. Laelio socero suo memoriter et iucunde solebat nec dubitare ilium in omni sermone appellare sapientem; ego autem a patre ita eram deductus ad Scaevolam sumpta virili toga, ut, quoad possem et liceret, a senis latere numquam discederem; itaque multa ab eo prudenter disputata, multa etiam breviter et commode dicta memoriae mandabam fierique studebam eius prudentia doctior. quo mortuo me ad pontificem Scaevolam contuli, quem unum nostrae civitatis et ingenio et iustitia praestantissimum audeo dicere. sed de hoc alias, nunc redeo ad augurem. Cum saepe multa, tum memini domi in hemicyclio sedentem, ut solebat, cum et ego essem una et pauci admodum familiares, in eum sermonem ilium incidere, qui tum fere multis erat in ore: meministi enim profecto, Attice, et eo magis, quod P. Sulpicio utebare multum, cum is tribunus plebis capitali odio aQ.Pompeio, qui tum erat consul, dissideret, quocum coniunctissime et amantissime vixerat, quanta esset hominum vel admiratio vel querela. Itaque tum Scaevola, cum in earn ipsam mentionem incidisset, exposuit nobis sermonem Laeli de amicitia habitum ab illo no

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Der Augur Quintus Mucius wußte von seinem Schwiegervater Gaius Laelius vieles aus der Erinnerung reizvoll zu erzählen und pflegte ihn, sooft er von ihm sprach, ohne Bedenken »den Weisen« zu nennen. Midi aber hatte mein Vater, als man mir die Männertoga angelegt hatte, dem Scaevola zur Unterweisung anvertraut mit dem Wunsche, daß ich, solange es möglich und schicklidi war, keinen Schritt von der Seite des greisen Lehrers wich. So habe ich mir viele seiner klugen Erörterungen, audi zahlreiche zwar kurze, aber treffende Aussprüche von ihm gemerkt und midi stets bemüht, aus seiner Klugheit höhere Bildung zu gewinnen. Nadi seinem l o d e schloß ich midi dem Oberpriester Scaevola an. Er ist der einzige, den ich in unserem Staate als den hervorragendsten Vertreter des Geistes u n d der Gerechtigkeit zu bezeichnen wage. Doch über ihn ein andermal! J e t z t komme idi auf den Augur zurück. Idi erinnere mich, daß er audi sonst recht oft, besonders aber einmal, als er zu Hause, wie gewöhnlich, in seinem Klubsessel saß und auch ich mit einigen guten Freunden zugegen war, auf jenen Gesprächsstoff verfiel, über den um die damalige Zeit viele Leute sprachen: Du erinnerst dich sicher, mein Atticus, um so eher, da du mit Publius Sulpicius viel zusammen warst, als er sich während seines Volkstribunats in tödlichem H a ß mit Quintus Pompeius, dem damaligen K o n sul, entzweite, mit dem er vorher in engster und liebevollster Verbundenheit gelebt hatte; du erinnerst didi also noch, wie groß damals das Staunen und das Bedauern d e r L ^ t e war. So entwickelte uns damals Scaevola, als er auf eben diesen Vorfall zu sprechen kam, das Gespräch des Laelius, das dieser mit ihm selbst und mit Gaius Fannius, dem zweiten III

secum et cum altero genero, C. Fannio, Marci filio, paucis diebus post mortem Africani. Eius disputationis sententias memoriae mandavi, quas hoc libro exposui arbitratu meo; quasi enim ipsos induxi loquentes, ne »inquam« et »inquit« saepius interponeretur atque ut tamquam a praesentibus coram haberi sermo videretur. Cum enim saepe mecum ageres, ut de amicitia scriberem aliquid, digna mihi res cum omnium cognitione tum nostra familiaritate visa est. itaque feci non invitus, ut prodessem multis rogatu tuo. sed ut in Catone Maiore, qui est scriptus ad te de senectute, Catonem induxi senem disputantem, quia nulla videbatur aptior persona, quae de illa aetate loqueretur, quam eius, qui et diutissime senex fuisset et in ipsa senectute praeter ceteros floruisset, sie, cum aeeepissemus a patribus maxime memorabilem C. Laeli et P. Scipionis familiaritatem fuisse, idonea mihi Laeli persona visa est, quae de amicitia ea ipsa dissereret, quae disputata ab eo meminisset Scaevola. genus autem hoc sermonum positum in hominum veterum auetoritate et eorum'inlustrium plus nescio quo pacto videtur habere gravitatis: HZ

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Schwiegersohn, dem Sohne des Marcus, über die Freundschaft führte, wenige Tage nach dem Tod des Africanus. Die Gedankengänge dieses Gesprächs habe idi festgehalten und sie nun in der vorliegenden Sdirift nach meinem Ermessen dargestellt. Ich lasse nämlich die Anwesenden selbst spredien, um eine zu häufige Einschaltung von »sagte idi« oder »sagte er« zu vermeiden; es soll audi der Eindruck entstehen, als werde die Unterhaltung von persönlich Anwesenden geführt. Da du mir nämlich oft nahelegtest, ich sollte über die Freundschaft schreiben, schien mir der Gegenstand nidit bloß des allgemeinen Interesses w e n , sondern audi unserem freundschaftlichen Verhältnis angemessen. So habe idi es nidit ungern getan, um auf deinen Wunsdi hin vielen Leuten etwas zu bieten. Beim »Cato Maior«, einer Schrift, die idi über das Greisenalter schrieb und dir widmete, machte idi es so, daß ich den greisen Cato als Sprecher auftreten ließ, weil wohl kein anderer geeigneter war, über jene Altersstufe zu reden, a b der Mann, der sehr lange in hohem Alter gelebt hat und gerade in seinem hohen Alter so jugendfrisch war wie kaum ein zweiter: Da wir nun von unseren Vätern her wissen, daß die Freundschaft zwischen Gaius Laelius und Publius Scipio außerordentlich denkwürdig war, schien mir die Person des Laelius geeignet, zum Thema »Freundschaft« eben die Gedanken vorzutragen, die er, wie sidi Scaevola erinnerte, audi tatsächlich dargelegt hat. Diese Form der Gespräche aber, aufgebaut auf die Gestalten angesehener und berühmter Männer der Vergangenheit, scheint mir irgendwie ganz besonderen Nadidruck zu besitzen; so werde ich auch "3

itaque ipse mea legens sic adiicior interdum, ut Catonem, non me loqui existimem. Sed ut tum ad senem senex de senectute, sic hoc libro ad amicum amicissimus scripsi de amicitia. turn est Cato locutus, quo erat nemo fere senior temporibus illis, nemo prudentior; nunc Laelius et sapiens -sic enim est habitus-et amicitiae gloria excellens de amicitia loquetur. tu velim a me animum parumper avertas, Laelium loqui ipsum putes. C . Fannius et Q. Mucius ad socerum veniunt post mortem Africani; ab his sermo oritur, respondet Laelius, cuius tota disputatio est de amicitia, quam legens te ipse cognosces. Fannius: Sunt ista,Laeli;nec enim melior vir fuit Africano quisquam nec clarior. sed existimare debes omnium oculos in te esse coniectos unum; te sapientem et appellant et existimant. tribuebatur hoc modo M.Catoni, scimus L.Acilium apud patres nostros appellatum esse sapientem, sed uterque alio quodam modo: Acilius, quia prudens esse in iure civili putabatur, Cato, quia multarum rerum usum habebat; multa eius et in senatu et in foro vel provisa prudenter vel acta constanter vel responsa acute fereban114

selbst beim Lesen meiner Schrift manchmal derart gefesselt, d a ß ich meine, C a t o rede da, nicht ich. Wie ich aber damals als Greis an einen Greis über das Greisenalter schrieb, so habe ich die vorliegende Sdirift als bester Freund f ü r meinen Freund über die Freundschaft verfaßt. Damals war C a t o der Sprecher, nahezu der älteste Mann jener Zeit und audi der weiseste; jetzt soll Laelius über die Freundschaft sprechen - der Weise, wie man ihn nannte, der als F r e u n d berühmt geworden ist. D u aber sollst deine Gedanken ein wenig von mir abwenden und dir vorstellen, Laelius spreche persönlich. Gaius Fannius und Quintus Mucius kommen nach dem Tod des Africanus zu ihrem Schwiegervater; sie beginnen das Gespräch. Laeliu» antwortet dann. Ihm ist die ganze Erörterung über die Freundschaft zugewiesen, bei deren Lektüre du didi selber wiederfinden wirst. Fannius:

So ist es, Laelius: Es gab keinen Mann, der edler

und berühmter war als Africanus. Aber du m u ß t wissen, d a ß aller Augen allein auf didi gerichtet sind; dich nennt man aus Überzeugung einen Weisen. Diese ehrenvolle Bezeichnung wurde vor kurzem dem Marcus C a t o zuteil; audi Lucius Acilius hieß, wie wir wissen, bei unseren Vätern »der Weise«; aber beide sind es auf irgendeine andere Art gewesen: Acilius, weil er als Kenner des bürgerlichen Rechtes galt, Cato, weil er in vielfadier Hinsicht praktische E r f a h rung besaß; von ihm madite vieles die Runde: Kluge Vorschläge, entschlossene Taten, scharfsinnige A n t w o r t e n - im Senat und auf dem Forum. Deshalb hatte er in vorgerücktem Alter die Bezeichnung »der Weise« gleichsam schon als "5

tur; propterea quasi cognomen iam habebat in senectute sapientis. te autem alio quodam modo non solum natura et moribus, verum etiam studio et doctrina esse sapientem, nec sicut vulgus, sed ut eruditi solent appellare sapientem, qualem in reliqua Graecia neminem - nam qui septem appellantur, eos qui ista subtilius quaerunt in numero sapientium non habent Athenis unum accepimus et eum quidem etiam Apollinis oraculo sapientissimum iudicatum; hanc esse in te sapientiam existimant, ut omnia tua in te posita esse ducas humanosque casus virtute inferiores putes. itaque ex me quaerunt, credo ex hoc item Scaevola, quonam pacto mortem Africani feras, eoque magis, quod proximis Nonis, cum in hortos D. Bruti auguris commentandi causa, ut adsolet, venissemus, tu non adfuisti, qui diligentissime semper ilium diem et illud munus solitus esses obire. Scaevola: Quaerunt quidem, C. Laeli, multi, ut est a Fannio dictum, sed ego id respondeo, quod animum adverti, te dolorem, quem acceperis cum summi viri tum amicissimi morte, ferre moderate, nec potuisse non commoveri nec fuisse id humanitatis tuae; quod autem Nonis in collegio nostro non adfuisses, valetudi-

Beinamen. Du aber bist auf eine andere Art weise, nicht nur auf Grund deines Wesens und deines Charakters, sondern auch dank deiner regen wissenschaftlichen Tätigkeit, aber nicht in dem Sinne, wie die Allgemeinheit, sondern wie Gebildete einen Menschen »weise« zu nennen pflegen. Das Gleiche widerfuhr in ganz Griechenland keinem — denn die sogenannten »Sieben Weisen« werden von denen, die sich mit solchen Fragen genauer beschäftigen, gewöhnlich nicht unter die Weisen gerechnet - ; nur in Athen gab es, wie wir hören, einen, der sogar vom Orakel des Apollo als der weiseste bezeichnet wurde; man glaubt, deine Weisheit gipfle darin, daß du überzeugt seiest, all dein Glü35

Quomque plurimas et maximas commoditates amicitia contineat, tum ilia nimirum praestat omnibus, quod bonam spem praelucet in posterum nec debilitari animos aut cadere patitur; verum enim amicum qui intuetur, tamquam exemplar aliquod intuetur sui. quocirca et absentes adsunt et egentes abundant et inbecilli valent et, quod difficilius dictu est, mortui vivunt: tantus eos honos, memoria, desiderium prosequitur amicorum; ex quo illorum beata mors videtur, horum vita laudabilis. quod si exemeris ex rerum natura benevolentiae coniunctionem, nec domus ulla nec urbs stare poterit, ne agri quidem cultus permanebit. id si minus intellegitur, quanta vis amicitiae concordiaeque sit, ex dissensionibus atque ex discordiis perspici potest; quae enim domus tam stabilis, quae tam firma civitas est, quae non odiis et discidiis funditus possit everti? Ex quo quantum boni sit in amicitia, iudicari potest. Agrigentinum quidem doctum quendam virum carminibusGraecis vaticinatum ferunt, quae in rerum natura totoque mundo constarent quaeque moverentur, ea contrahere amicitiam, dissipare discordiam; atque hoc quidem omnes mortales et intellegunt et re probant. itaque, si quando aliquod officium exstitit amici 136

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Venn die Freundschaft audi zahlreidie und vorzügliche Annehmlichkeiten in sich birgt, so ist sie ohne Zweifel besonders deswegen allem anderen voranzustellen, weil sie schöne Hoffnungen für die Zukunft aufleuchten läßt und nidit zuläßt, daß der Mut gelähmt wird oder sinkt; wer nämlich sein Auge auf einen wahren Freund richtet, schaut gleichsam auf ein Vorbild seiner selbst. So kommt es, daß Abwesende zugegen. Arme reidi, Schwache stark und, was man kaum mit Worten richtig bezeichnen kann, Tote lebendig sind: In solchem Maße begleitet sie die Ehre, das Andenken und die Sehnsudit der Freunde; so erscheinen die Verstorbenen im Tode glücklich, die Lebenden lobenswert. Schafft man aber die Verbindung, die aus der Zuneigung erwächst, aus der Veit, dann kann keine häusliche Gemeinschaft, keine Stadt mehr bestehen, und nicht einmal die Bestellung der Felder kann weitergeführt werden. Dies läßt sich, wenn man schon nicht verstehen will, wie stark die Kraft der Freundschaft und der Eintracht ist, an H a n d der Uneinigkeiten und Zwieträchtigkeiten klar erkennen; gibt es denn eine so starke Haus-oder Bürgergemeinschaft, daß sie nicht durch H a ß und Zerwürfnisse von Grund aus zerstört werden könnte? Von hier aus läßt sich abschätzen, wie viel Gutes in der Freundschaft liegt. Soll doch ein hochgebildeter Mann aus Agrigent in griechischen Versen das Seherwort geäußert haben: was es in der N a t u r und im ganzen Weltall an Festem und Bewegtem gebe, das werde durch »Freundschaft« zusammengehalten, durch »Zwietracht« aber getrennt. Das ist etwas, was alle Menschen erfahren und tatsächlich anerkennen. Wird daher irgendwann ein Freundesdienst erkannt, der darin bestand, daß der Freund Gefahren auf sich nahm •37

in periculis aut adeundis aut communicandis, quis est, qui idnonmaximis efferat laudibus? qui clamores tota cavea nuper in hospitis et amici mei M. Pacuvi nova fabula, cum ignorante rege, uter Orestes esset, Pylades Orestem se esse diceret, ut pro illo necaretur, Orestes autem, ita ut erat, Orestem se esse perseveraret! stantes plaudebant in re ficta; quid arbitramur in vera facturos fuisse? facile indicabat ipsa natura vim suam, cum homines, quod facere ipsi non possent, id recte fieri in altero iudicarent. - Hactenus mihi videor de amicitia, quid sentirem, potuisse dicere; si qua praeterea sunt - credo autem esse multa - , ab iis, si videbitur, qui ista disputant, quaeritote. Fannius: Nos autem a te potius: quamquam etiam ab istis saepe quaesivi et audivi non invitus equidem; sed aliud quoddam filum orationis tuae. Scaevola: Tum magis id diceres, Fanni, si nuper in hortis Scipionis, cum est de re publica disputatum, adfuisses. qualis tum patronus iustitiae fuit contra accuratam orationem Phili! Fannius: Facile id quidem fuit iustitiam iustissimo viro defendere. 138

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S

oder sie teilte, so gibt es wohl keinen, der d a f ü r nicht die schönsten Worte der Anerkennung findet. Wie laut erschallte der Beifall neulich im ganzen Zuschauerraum, als das neue Stück meines lieben Gastfreundes Marcus Pacuvius in Szene ging: a n d e r Stelle, w o der König nicht wußte, wer von beiden Orestes sei, und Pylades sich f ü r Orestes ausgab, um f ü r ihn den Tod zu erleiden; w o dann der wirkliche Orestes darauf bestand, Orestes zu sein! Aufgesprungen w a r e n die Leute sogar, um einer erdichteten Szene Beifall zu spenden: Was hätten sie wohl erst getan, wäre die Begebenheit Wirklichkeit gewesen? Spontan zeigte die N a t u r ihre G e w a l t , als die Leute das, was sie selbst nicht tun könnten, bei einem anderen f ü r die richtige Handlungsweise erklärten. - So, nun glaube ich meine Ansicht über die Freundschaft nach bestem Vermögen vorgetragen zu haben. Wenn es sonst noch etwas zu sagen gibt - meiner Meinung nach eine ganze M e n g e ! - , dann f r a g t dodi bitte die, die das zum T h e m a ihrer gelehrten Vorträge machen. Fannius:

Wir wollen es aber lieber von dir hören; freilich

habe ich midi audi an jene Leute schon mehrmals mit dieser Frage gewandt und gar nicht ohne Vergnügen ihre A n t w o r ten gehört, aber der Faden, der sich durch ck-inen Vörtrag zieht, ist doch etwas anderes! Scaevola:

Du würdest noch viel eher so reden, Fannius,

wenn du neulich in den G ä r t e n Scipios mit dabeigewesen wärest, als das Gespräch über den Staat geführt wurde. Wie hat er da die Gerechtigkeit verteidigt gegenüber der ausgefeilten Rede des Philus! Fannius:

Die Gerechtigkeit in Schutz zu nehmen, das mußte

einem so gerechten M a n n doch im H a n d u m d r e h e n gelingen. '39

Scaevola: Quid amicitiam? nonne facile ei, qui ob earn summa fide, constantia iustitiaque servatam maximam gloriam ceperit? Laelius: Vim hoc quidem est adferre. quid enim refert, qua me ratione cogatis? cogitis certe; studiis enim generorum, praesertim in re bona, cum difficile est tum ne aequum quidem obsistere. Saepissime igitur mihi de amicitia cogitanti maxime illud considerandum videri solet, utrum propter inbecillitatem atque inopiam desiderata sit amicitia, ut dandis recipiendisque mentis, quod quisque minus per se ipse posset, id acciperet ab alio vicissimque redderet, an esset hoc quidem proprium amicitiae, sed antiquior et pulchrior et magis a natura ipsa profecta alia causa; amor enim, ex quo amicitia nominata est, princeps est ad benevolentiam coniungendam. nam utilitates quidem etiam ab iis percipiuntur saepe, qui simulatione amicitiae coluntur et observantur temporis causa; in amicitia autem nihil fictum est, nihil simulatum, et, quidquid est, id est verum et voluntarium. Quapropter a natura mihi videtur potius quam ab ihdigentia orta amicitia, adplicatione magis animi cum quodam sensu 140

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Scaevola: Und die Freundschaft? Muß er sich nicht mit diesem Thema spielen, da er seinen größten Ruhm daraus gewann, daß er mit einem Höchstmaß an Treue, Entschlossenheit und Gerechtigkeit Freundschaft gehalten hat? Laelius: Das heißt ja Gewalt antun! Was macht es denn aus, w i e ihr mich zwingt? Zwang ist es doch. Kann man doch den Wünschen seiner Schwiegersöhne nidit leicht und auch nicht gut mit einem »Nein« begegnen, noch dazu in einer guten Sache. Nun denn: Ich denke recht oft über die Freundschaft nach und dabei scheint mir gewöhnlich d i e Frage einer besonderen Betrachtung wert, ob man aus Schwäche und N o t das Bedürfnis nach Freundschaft empfindet — um nämlidi durch wechselseitige Dienste von einem anderen Menschen das zu bekommen und es ihm mit Gegenleistungen zu vergelten, was ein jeder für sich allein weniger leicht zustande bringen könnte - oder ob das zwar die Freundschaft kennzeichnet, andererseits aber ein ehrwürdigerer, schönerer, mehr aus der Menschcnnatur selbst kommender Grund besteht. Die Liebe nämlidi, amor, wovon das Wort »amicitia« abgeleitet ist, gibt den ersten Impuls, ein Band der gegenseitigen Zuneigung zu knüpfen. Denn Vorteile nimmt man ja auch oft von denen mit, die man mit geheuchelter Freundschaft umwirbt und nur aus einem Augenblidubedürfnis heraus achtet: in einer wirklichen Freundschaft aber gibt es kein Heucheln, keine Verstellung, alles ist wahrhaftig und entspringt aus eigenem Wunsch. Das ist der Grund, weshalb ich glaube, daß die Freundschaft eher aus unserem ureigenen Wesen als aus einer Notlage entspringt, mehr durch die Verbindung, die sidi zwischen 141

amandi quam cogitatione, quantum ilia res utilitatis esset habitura. quod quidem quale sit, etiam in bestiis quibusdam animadvert! potest, quae ex se natos ita amant ad quoddam tempus et ab eis ita amantur, ut facile earum sensus appareat. quod in homine multo est evidentius, primum ex ea caritate, quae est inter natos et parentes, quae dirimi nisi detestabili scelere non potest, deinde cum similis sensus exstitit amoris, si aliquem nacti sumus, cuius cum moribus et natura congruamus, quod in eo quasi lumen aliquod probitatis et virtutis perspicere videamur. nihil est enim virtute amabilius, nihil quod magis adliciat ad diligendum, quippe cum propter virtutem et probitatem etiam eos, quos numquam vidimus, quodam modo diligamus. quis est, qui C . Fabrici, M'. Curi non cum caritate aliqua benevola memoriam usurper, quos numquam viderit? quis autem est, qui Tarquinium Superbum, qui Sp. Cassium, Sp. Maelium non oderit? cum duobus ducibus de imperio in Italia est decertatum, Pyrrho et Hannibale; ab altero propter probitatem eius non nimis alienos animos habemus, alterum propter crudelitatem semper haec civitas oderit. Quod si tanta vis probitatis est, ut earn vel in eis, quos numquam vidimus, vel, 142

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IX 2 9

Geist und einem gewissen Liebesempfinden vollzieht, als durch die Überlegung, wie groß der Vorteil sei, den die Freundschaft bringen werde. Was ich da meine, läßt sich auch bei manchen Tieren beobachten, die ihre Jungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt so lieben und von ihnen so wiedergeliebt werden, d a ß das, was sie empfinden, ohne weiteres klar wird. Beim Menschen tritt das noch viel deutlicher hervor: Erstens in der Liebe zwischen K i n d e r n und Eltern, die nur durch eine abscheuliche U n t a t zerstört werden k a n n ; sodann aber in einem der Kindesliebe ähnlichen Liebesempfinden, welches a u f t r i t t , wenn wir einen Menschen gefunden haben, mit dessen C h a r a k t e r und angeborener Art wir zusammenstimmen, weil wir in ihm sozusagen ein leuchtendes Vorbild der Rechtschaffenheit und Tugend zu erkennen vermeinen. Es gibt nämlich nichts Liebenswerteres als die Tugend, nichts, was in höherem G r a d e Hochschätzung auslösen könnte - w o wir doch auf G r u n d ihrer Tugend und R e d i t sdiaffenheit sogar Leute, die wir nie gesehen haben, auf eine gewisse Art lieben. Wer d e n k t nicht mit einer Art liebevoller

Sympathie

an Gaius Fabricius oder

Manius

Curius, obschon er diese Leute niemals gesehen hat? Wer denkt nicht mit H a ß an Tarquinius Superbus, an Spurius Cassius oder Spurius Maelius zurück? Mit zwei Feldherrn hat es in Italien einen Entscheidungskampf um die H e r r schaft gegeben, mit P y r r h u s und H a n n i b a l : D e r eine ist uns wegen seiner rechtschaffenen Gesinnung ganz sympathisch geworden, den anderen aber werden unsere römischen Bürger wegen seiner Roheit immer hassen. Wenn also anständige Gesinnung so stark wirkt, d a ß wir sie sogar an Leuten, die wir nie gesehen haben, ja s o g a r - u n d '43

quod maius est, in hoste etiam diligamus, quid mirum est, si animi hominum moveantur, cum eorum, quibuscum usu coniuncti esse possunt, virtutem et bonitatem perspicere videantur? quamquam confirmatur amor et beneficio accepto et studio perspecto et consuetudine adiuncta, quibus rebus ad ilium primum motum animi et amoris adhibitis admirabilis quaedam exardescit benevolentiae magnitudo.quam si qui putant ab inbecillitate proficisci, ut sit, per quern adsequatur, quod quisque desideret, humilem sane relinquunt et minime generosum, ut ita dicam, ortum amicitiae, quam ex inopia atque indigentia natam volunt. quod si ita esset, ut quisque minimum esse in se arbitraretur, ita ad amicitiam esset aptissimus; quod longe secus est. ut enim quisque sibi plurimum confidit et ut quisque maxime virtute et sapientia sic munitus est, ut nullo egeat suaque omnia in se ipso posita iudicet, ita in amicitiis expetendis colendisque maxime excellit. quid enim? Africanus indigens mei? minime hercule! ac ne ego quidem illius; sed ego admiratione quadam virtutis eius, ille vicissim opinione fortasse non nulla, quam de meis

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diesem Gesichtspunkt kommt noch größere Bedeutung zu an einem Feind hochsdiätzen: wis nimmt es dann noch wunder, wenn sich in den Mensdien etwas regt, sobald sie an Leuten, mit denen sie im täglichen Verkehr zusammen sein können, Tugend und Vortrefflichkeit zu erkennen meinen? Freilich wird Liebe noch gestärkt, wenn man Dienste erwiesen bekommt, Neigungen erkannt werden und der persönliche Umgang dazukommt: Sind diese Gegebenheiten zu jener anfänglichen liebevollen Regung des Herzens hinzugetreten, so lodert in einer bewundernswerten Art das Feuer der Sympathie hoch empor. 'Wenn mandie glauben, sie entstehe aus einer Sdiwädie heraus, damit man einen Menschen habe, der einem zur Erfüllung seiner Wunsche verhelfen könne, so geben diese Leute der Freundschaft, die nach ihrer Ansicht aus Not und Bedürfnissen entstand, freilich einen redit verächtlichen und — anders ausgedrückt keineswegs edlen Ursprung. Wäre dem so, dann müßte gerade der, der die wenigste Kraft in sidi spürt, zur Freundschaft in hödistem Grade neigen. Aber die Dinge liegen ganz anders: Gerade derjenige nämlidi, der das größte Selbstvertrauen hat und der durch ein Höchstmaß an Tugend und Weisheit so gewappnet ist, daß er keinen Menschen braudit und all das, was ihn angeht, in sich selbst sucht, gerade der zeichnet sich in hervorragender Weise dadurdi aus, daß er nach Freundschaft trachtet und der Freundschaft lebt. Was meint ihr denn? H a t midi etwa Africanus »gebraucht«? Bei Gott nidit! Aber audi ich »brauchte« ihn nicht: Idi habe ihn vielmehr aus Bewunderung seiner Tugend geliebt, und seine Gegenliebe wurde vielleicht durdi eine nidit ganz ungünstige Meinung ausgelöst, die er sidi über meinen Chaΐ4ϊ

moribus habebat, me dilexit; auxit benevolentiam consuetudo. sed quamquam utilitates multae et magnae consecutae sunt, non sunt tarnen ab earum spe causae diligendi profectae. Ut enim benefici liberalesque sumus, non ut exigamus gratiam - neque enim beneficium faeneramur, sed natura propensi ad liberalitatem sumus - , sic amicitiam non spe mercedis adducti, sed quod omnis eius fructus in ipso amore inest, expetendam putamus. ab his, qui pecudum ritu ad voluptatem omnia referunt, longe dissentiunt,nec mirum; nihil enim altum, nihil magnificum ac divinum suspicere possunt, qui suas omnes cogitationes abiecerunt in rem tam humilem tamque contemptam. quam ob rem hos quidem ab hoc sermone removeamus, ipsi autem intellegamus natura gigni sensum diligendi et benevolentiae caritatem facta significatione probitatis. quam qui adpetiverunt, adplicant se et propius admovent, ut et usu eius, quem diligere coeperunt, fruantur et moribus sintque pares in amore et aequales propensioresque ad bene merendum quam ad reposcendum, atque haec inter eos sit honesta certatio. sic et utilitates ex amicitia maximae ca146

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rakter gebildet hatte. Der persönliche Umgang hat die Sympathie gesteigert; aber trotz der Tatsache, daß unsere Freundschaft zahlreiche bedeutende Vorteile mit sich brachte, ist das, was unsere Zuneigung begründet hat, doch nicht daraus entsprungen, daß wir uns etwa die erwähnten Vorteile erhofft hätten. Wir erweisen uns nämlich nicht gefällig und freundlich, um hinterher Dankesschulden eintreiben zu können - Gefälligkeiten legt man doch nicht auf Wucher an! - , sondern es ist die uns angeborene Natur, die uns zur Güte geneigt macht: Dementsprechend sind wir überzeugt, daß man nicht in der Hoffnung, daß es sich lohnen wird, Freundschaft suchen darf, sondern weil ihr ganzer Ertrag schon in der Liebe selbst besteht: Ganz im Widerspruch natürlich zu denen, die wie Tiere alles an der Sinnenlust messen! Denn ihren Blick zu etwas Hohem, Großartigem und Göttlichem zu erheben, dazu sind solche Leute nicht imstande, die ihr ganzes Denken an etwas so Niedriges und Verächtliches verschwendet haben. Daher wollen wir diese Sorte Menschen bei unserem Gespräch gar nicht berücksichtigen! Wir wollen vielmehr begreifen lernen, daß ein Gefühl der Hodischätzung und liebevolle Zuneigung unserem angeborenen Wesen entspringen, sobald sich bei irgend jemand eine anständige Gesinnung zu erkennen gegeben hat: Alle, deren Ziel diese Gesinnung ist, schließen sich an und rücken näher, um sich des persönlichen Kontakts mit dem zu erfreuen, der ihre Hochschätzung erweckt hat, und von seinem Charakter zu gewinnen. Ihre Liebe ist gleich stark und von derselben Art, und sie neigen mehr dazu, sich verdient zu machen als Gegendienste zu verlangen: Das ist der ehrenvolle Wettstreit, der zwi147

pientur et erit eius ortus a natura quam ab inbecillitate gravior et verior. nam si utilitas amicitias conglutinaret, eadem commutata dissolveret; sed quia natura mutari non potest, idcirco verae amicitiae sempiternae sunt, ortum quidem amicitiae videtis, nisi quid ad haec forte vultis.

Fannius: Tu vero perge, Laeli; pro hoc enim, qui minor est natu, meo iure respondeo. Scaevola: Recte tu quidem; quam ob rem audiamus. Laelius: Audite vero, optimi viri, ea, quae saepissime inter me et Scipionem de amicitia disserebantur. quamquam ilie quidem nihil difficilius esse dicebat quam amicitiam usque ad extremum vitae diem permanere; nam vel ut non idem expediret incidere saepe, vel ut de rc publica non idem sentiretur; mutari etiam mores hominum saepe dicebat, alias adversis rebus, alias aetate ingravescente. atque earum rerum exemplum ex similitudine capiebat ineuntis aetatis, quod summi puerorum amores saepe una cum praetexta toga ponerentur; sin autem ad adu148

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sehen ihnen besteht. Dann werden audi die größten Vorteile aus der Freundschaft gezogen werden, und daß sie nicht aus einer Not, sondern aus unserem 'Wesen erwachsen sein soll, diese Forderung erhält dann noch mehr Gewicht und Wahrheit. Wurde nämlich das Nützlidikeitsstreben Freundschaften knüpfen, dann würde es sie auch wieder auflösen, sobald sich eben darin eine Änderung ergeben hätte; weil aber angeborene Art keiner Wandlung unterworfen ist, deswegen sind wahre Freundschaften auch ewig. Da habt ihr nun den Ursprung der Freundschaft - mag sein, daß ihr noch etwas hinzufügen wollt. Fannius:

Nein, nein, sprich nur weiter, Laelius. Ich habe

doch recht, wenn ich dir an Stelle unseres jüngeren Freundes hier diese Antwort gebe. Scaevola: Laelius:

Aber natürlich! Hören wir ihm weiter zu! Vernehmt nun die Gedanken, ihr trefflichen Män-

ner, die ganz häufig zwischen mir und Scipio zum Thema »Freundschaft« ausgetauscht wurden. Indessen: E r sagte immer, nichts sei mit größeren Schwierigkeiten verbunden, als daß Freundschaft bis zum letzten Tag des Lebens bestehen bleibe. Denn oft gebe es einen Zwischenfall, der nicht für beide in gleicher Weise förderlich sei; oder man sei politisch nicht der gleichen Meinung. Er behauptete audi, daß sidi der Charakter des Menschen oft wandle, manchmal durdi Unglück, zuweilen audi infolge des drückender werdenden Alters. Einen Beweis hierfür entnahm er der entsprechend ähnlichen Situation, wie sie zu Beginn der Pubertät auftritt: Oft hörten Kinder mit zärtlichsten Liebesempfindungen gleichzeitig dann auf, wenn sie die Knabentoga 149

lescentiam perduxissent, dirimi tamen interdum contentione vel uxoriae condicionis vel commodi alicuius, quod idem adipisci uterque non posset, quod si qui longius in amicitia provecti essent, tamen saepe labefactari, si in honoris contentionem incidissent; pestem en im nullam maiorem esse amicitiis quam in plerisque pecuniae cupiditatem, in optimis quibusque honoris certamen et gloriae; ex quo inimicitias maximas saepe inter amicissimos exstitisse. magna etiam discidia et pierumque iusta nasci, cum aliquid ab amicis, quod rectum non esset, postularetur, ut aut libidinis ministri aut adiutores essent ad iniuriam, quod qui recusarent, quamvis honeste id facerent, ius tamen amicitiae deserere arguerentur ab iis, quibus obsequi nollent. illos autem, qui quidvis ab amico auderent postulare, postulatione ipsa profiteri omnia se amici causa esse facturos; eorum querela inveteratas non modo familiaritates exstingui solere, sed odia etiam gigni sempiterna; haec ita multa quasi fata inpendere amicitiis, ut omnia subterfugere non modo sapientiae, sed etiam felicitatisdiceret sibi videri.

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ablegten; falls sie aber diese Empfindungen bis zum Beginn des Mannesalters weiterbehalten hätten, komme es trotzdem häufig nodi zu einem Bmdi: durch Konkurrenz in Sachen einer Heiratspartie oder irgendeines anderen Vorteils, den zwei zugleidi nicht erhalten könnten. Wenn nun einige mit ihrer Freundschaft n o c h weiter gekommen seien, so erhalte diese dodi audi recht oft einen Stoß, wenn die beiden wegen einer Ehrenstellung in Konkurrenz gerieten; die gefährlidiste Seuche nämlich, die alle Freundschaften bedrohe, sei bei der Mehrzahl die Geldgier, bei allen Guten aber der Wettstreit um Ehre und Ruhm; schon oft habe sich daraus zwischen engsten Freunden die bitterste Feindschaft ergeben. Zu sdiweren Zerwürfnissen, die meist sogar bereditigt seien, komme es auch, wenn man Freunden etwas zumute, was nicht recht sei: Handlanger bei Ausschweifungen zu sein oder bei einem Unrecht den Helfershelfer zu machen. Wer so etwas ablehne, sagte Scipio, tue zwar redit, müsse sich aber dodi von dem anderen, dem er nicht zu Willen sein wolle, den Vorwurf gefallen lassen, er lasse den Freund pflichtwidrig im Stich. Die aber, die es wagten, einem Freund alles mögliche zuzumuten, gäben gerade durch ihr Ansinnen deutlich zu verstehen, daß sie ihrerseits bereit seien, dem Freund zuliebe alles zu tun; aber diese Leute beklagten sich dauernd, und das löse gewöhnlich nicht nur alte und tiefe Freundschaften auf, sondern stifte sogar unauslöschlichen H a ß ; und diese ganze Reihe von sozusagen verhängnisvollen Einwirkungen gefährde jede Freundschaft. Das veranlaßte Scipio zu der Feststellung: Allen diesen Gefahren aus dem Wege zu gehen, dazu gehöre offenbar nicht nur Weisheit, sondern audi Glüdc. 151

Quam ob rem id prim um videamus, si placet, quatenus amor in amicitia progredi debeat. numne, si Coriolanus habuit amicos, ferre contra patriam arma illi cum Coriolano debuerunt? num Vecellinum amici regnum adpetentem, num Maelium debuerunt iuvare? Tiberium quidem Gracchum rem publicam vexantem a Q. Tuberone aequalibusque amicis derelictum videbamus. at C. Blossius Cumanus, hospes familiae vestrae, Scaevola, quom ad me, quod aderam Laenati et Rupilio consulibus in consilio, deprecatum venisset, hanc ut sibi ignoscerem causam adferebat, quod tanti Ti. Gracchum fecisset, ut, quidquid ille veil et, sibi faciendum putaret. tum ego »Etiamne si te inCapitolium faces ferre vellet?« »Numquam« inquit »voluisset id quidem; sed, si voluisset, paruissem.« Videtis quam nefaria vox! et hercule ita fecit, vel plus etiam quam dixit; non enim paruit ille Ti. Gracchi temeritati, sed praefuit, nec se comitem illius furoris, sed ducem praebuit. itaque hac amentia quaestione nova perterritus in Asiam profugit, ad hostes se contulit, poenas rei publicae graves iustasque persolvit. nulla est igitur excusatio peccati, si amici causa peccaveris; nam, cum conciliatrix amicitiae virtutis 15z

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So wollen wir, wenn es euch recht ist, zuerst feststellen, wie weit die Liebe in der Freundschaft gehen darf. Durften etwa - angenommen, Coriolan hatte Freunde - diese zusammen mit ihm gegen die Vaterstadt marschieren? Durften Freunde Vecellinus bei seinem Streben nach Alleinherrschaft unterstützen, oder etwa Maelius? Nun, wir erlebten es, wie Tiberius Gracchus, als er den Staat bedrohte, von Qu intus Tubero und gleidigesinnten Freunden im Stich gelassen wurde. Anders handelte jedoch Gaius Blossius aus Cumae, der bei eurer Familie, Scaevola, aus und ein ging: Er kam zu mir, da ich den Konsuln Laenas und Rupilius im Rat zur Seite stand, und wollte eine Abbitte leisten. Dabei bat er mich um Verständnis für seine Haltung mit der Begründung, er habe Tiberius Gracchus so geschätzt, daß er alles, was dieser wollte, erfüllen zu müssen glaubte. Ich entgegnete ihm: »Hättest du auch das Kapitol für ihn angezündet?« Er antwortete: »Das hätte Gracchus niemals gewollt; aber wenn, dann hätte ich ihm gehorcht.« Ihr seht, welche Frivolität in diesen Worten stedtt! Und wirklich: Er handelte auch danach, noch mehr sogar, als seine Worte besagten; war er doch dem Tiberius Gracchus bei seinem verwegenen Unterfangen nicht bioß ein gefügiges Werkzeug, nein - er war der Hauptbeteiligte! Er hat sich diesem Wahnsinnigen nicht bloß als Parteigänger, sondern als Anführer zur Verfügung gestellt! So hatte er es dann auch seiner Verblendung zuzuschreiben, wenn ihn das neue Untersuchungsverfahren so einschüchterte, daß er nach Asien floh, sich zum Feind begab und so schwer wie gerecht für sein Vergehen am Staat büßte. Es ist also keine Entschuldigung für ein Vergehen, wenn man es einem Freund zuliebe begeht. Denn die Tugend, an die man glaubte, 153

opinio fuerit, difficile est amicitiam manere, si a virtute defeceris. Quodsi rectum statuerimus vel concedere amicis, quidquid velint, vel inpetrare ab iis, quidquid velimus, perfecta quidem sapientia si simus, nihil habeat res vitii; sed loquimur de iis amicis, qui ante oculos sunt, quos videmus aut de quibus memoria accepimus, quos novit vita communis; ex hoc numero nobis exempla sumenda sunt, et eorum quidem maxime, qui ad sapientiam proxime accedunt. Videmus Papum Aemilium C. Luscino familiarem fuisse - sic a patribus accepimus - , bis una consules, collegas in censura; tum et cum iis et inter se coniunctissimos fuisse M'. Curium, Ti. Coruncanium memoriae proditum est. igitur ne suspicari quidem possumus quemquam horum ab amico quippiam contendisse, quod contra fidem, contra ius iurandum, contra rem publicam esset, nam hoc quidem in talibus viris quid adtinet dicere, si contendisset, inpetraturum non fuisse, cum illi sanctissimi viri fuerint, aeque autem nefas sit tale aliquid et facere rogatum et rogare? at vero Ti. Gracchum sequebantur C. Carbo, C. Cato, et minime tum quidem Gaius frater, nunc idem acerrimus. M4

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hat die Freundschaft geschaffen; folglich kann diese schwerlich bestehen bleiben, wenn man der Tugend untreu wird. Wenn wir also nun zu der Feststellung kommen, daß es richtig sei, den Freunden alle ihre Wünsche zu erfüllen und von ihnen auch die Erfüllung all unserer Wünsche durchzusetzen, dann dürfte das nur unter der Voraussetzung einwandfrei sein, daß wir vollkommene Weisheit besitzen. Aber wir sprechen ja von solchen Freunden, wie wir sie in Wirklichkeit vor uns haben, die wir sehen oder über die wir erzählen hören, eben wie sie das Leben gemeinhin kennt; bei ihnen haben wir unsere Leitbilder zu suchen, und zwar hauptsächlich bei denen, die der Weisheit ganz nahe sind. Wir sehen - so haben es uns unsere Väter erzählt - , daß Papus Aemilius mit Gaius Luscinus eng befreundet w a r : Zweimal waren sie zusammen Konsuln, beide bekleideten das Amt des Censors; ferner weiß die Uberlieferung zu berichten, daß mit diesen und auch untereinander Manius Curius und Tiberius Coruncanius auf sehr vertrautem Fuße standen. Daher können wir nicht einmal den Verdadit hegen, daß einer von ihnen einem Freund irgend etwas abverlangt hätte, was gegen Treu und Glauben, eideswidrig oder gegen den Staat gerichtet gewesen wäre. Denn was brauche idi bei solchen Männern erst zu erklären, daß einer mit einem derartigen Ansinnen gar nicht angekommen wäre? Waren es doch Männer von untadeligster Haltung! Es wäre ja auch in gleicher Weise sündhaft, eine derartige Forderung zu erfüllen, wie sie zu stellen. Trotzdem aber stellten sich auf die Seite des Tiberius Gracchus Männer wie Gaius Carbo, Gaius Ca to und sein Bruder Gaius - letzterer seinerzeit zwar nicht, heute aber mit leidenschaftlichem Eifer. '55

Haec igitur lex in amicitia sanciatur, ut neque rogemus res turpes nec faciamus rogati; turpis enim excusatio est et minime accipienda cum in ceteris peccatis, tum si quis contra rem publicam se amici causa fecisse fateatur. etenim eo loco, Fanni et Scaevola, locati sumus, ut nos longe prospicere oporteat futuros casus rei publicae. deflexit iam aliquantum de spatio curriculoque consuetudo maiorum.

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Ti. Gracchus regnum occupare conatus est vel regnavit is quidem paucos menses, num quid simile populus Romanus audierat aut viderat? hunc etiam post mortem secuti amici et propinqui quid in P. Scipione effecerint, sine lacrimis non queo dicere. nam Carbonem, quocumque modo potuimus, propter recentem poenam Ti. Gracchi sustinuimus; de C. Gracchi autem tribunatu quid exspectem, non lubet augurari: serpit deinde res, quae proclivis ad perniciem, cum semel coepit, labitur. videtis in tabella iam ante quanta sit facta labes, primo Gabinia lege, biennio autem post Cassia, videre iam videor populum a senatu disiunctum, multitudinis arbitrio res maximas agi. plures enim discent, quem ad modum haec fiant, quam quem ad modum his resistatur. quorsum

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Das sol! also unverbrüchliches Gesetz in der Freundsdiaft sein: Forderungen gegen das Sictengesetz weder zu stellen noch zu erfüllen, wenn sie gestellt werden. Denn verwerflidi und in keinem Falle annehmbar ist die Entschuldigung, man habe dem Freund zuliebe so gehandelt ^ schlechthin in allen Verfehlungen, ganz besonders aber, wenn sie gegen den Staat gerichtet sind. Denn unser Rang, Fannius und Scaevola, in dem wir stehen, verpfliditet uns, weit in die Zukunft zu schauen, welchen L a u f das Gesdiickdes Staates nehmen wird. Die Praxis unserer Ahnen ist schon ziemlich aus der Bahn und dem Geleise gekommen. Tiberius Gracchus unternahm den Versuch, die Alleinherrschaft an sich zu bringen, beziehungsweise er hat sie tatsächlich gehabt, freilidi nur ein paar Monate. H a t t e das Volk von Rom je etwas Ahnliches gehört oder gesehen? Was seine Freunde und Verwandten, die ihm sogar noch nadi seinem Tode die Treue hielten, Publius Scipio angetan haben, kann ich gar nicht ohne Tränen ausspredien. Den C a r b o haben wir nämlich, so gut es ging, noch hingenommen, weil Tiberius Gracchus kurz zuvor seine Strafe gefunden hatte; was ich jedoch vom Tribunat des Gaius Gracchus erwarten soll, das will ich gar nicht andeuten: D a schleicht sich übrigens etwas ein, was, wenn es einmal eingerissen ist, jäh ins Verderben führt. Ihr seht ja, was man sdion vorher bezüglidi des Abstimmungsverfahrens für Unheil angerichtet hat, erst mit dem Gesetz des Gabinius, zwei Jahre darauf mit dem des Cassius. Schon ahne idi die völlige Trennung des Volkes vom Senat: Wie die höchsten politischen Fragen von der Masse entschieden werden! Denn die Art, wie man so etwas macht, wird sich eine Vielzahl aneignen im Vergleich zu denen, die 157

haec?quia sine sociis nemo quicquam tale conatur. praecipiendum est igitur bonis, ut, si in eius modi amicitias ignari casu aliquo inciderint, ne existiment ita se adligatos, ut ab amicis in magna aliqua re publica peccantibus non discedant; inprobis autem poena statuenda est, nec vero minor iis, qui secuti erunt alterum, quam iis, qui ipsi fuerint inpietatis duces, quis clarior in Graecia Themistocle? quis potentior? qui cum imperator bello Persico Servitute Graeciam liberavisset propterque invidiam in exsilium expulsus esset, ingratae patriae iniuriam non tulit, quam ferre debuit; fecit idem quod viginti annis ante apud nos fecerat Coriolanus. his adiutor contra patriam inventus est nemo; itaque mortem sibi uterque conscivit. Quare talis inproborum consensio non modo excusatione amicitiae tegenda non est, sed potius supplicio omni vindicanda est, ut ne quis concessum putet amicum vel bellum patriae inferentem sequi; quod quidem,ut res ire coepit, haud scio an aliquando futurum sit. mihi autem non minori curae est, qualis res publica post mortem meam futura, quam qualis hodie sit. Ijg

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es lernen werden, dem entgegenzutreten. Wozu sage ich das alles? — Weil niemand ohne treue H e l f e r so einen Versuch unternehmen kann. Das bedeutet: Es ist allen guten Staatsbürgern einzuschärfen, sie sollten sich, falls sie durch irgendeinen Zufall ahnungslos in eine derartige Freundschaft hineingezogen werden, keinesfalls so gebunden fühlen, d a ß sie sich von den Freunden nicht lossagen dürften, wenn diese einen schweren Frevel gegen den Staat begehen. Für die Schlechten m u ß Strafe sein. Aber gegen die, die einem anderen bloß Folge geleistet haben, ist keine geringere S t r a f e zu verhängen als gegen die Hauptverbrecher selbst. Bitte: Der berühmteste und mächtigste Mann in Griechenland w a r doch Themistokles; er hatte als Stratege das Land von der persischen Unterdrückung befreit, w a r dann aber durch mißgünstige Intrige in die Verbannung getrieben worden. Diese Kränkung, die ihm seine u n d a n k b a r e Vaterstadt zufügte und die er hätte ertragen müssen, nahm er nicht hin: Er h a n delte genau so wie zwanzig J a h r e vorher bei uns Coriolan. Aber niemand hat sitimme a b g e l e h n t w u r d e . U m a b e r a u f mich z u r ü c k z u k o m •nen: Wie v o l k s t ü m l i c h - ihr e r i n n e r t euch - erschien im K o n l u l a t s j a h r des Q u i n t u s M a x i m u s , d e s B r u d e r s S c i p i o s , u n d des L u c i u s M a n c i n u s d e r G e s e t z e s v o r s c h l a g des G a i u s

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cooptatio enim collegiorum ad populi beneficium transferebatur; atque is primus instituit in forum versus agere cum populo. tarnen illius vendibilem orationem religio deorum inmortalium nobis defendentibus facile vincebat. atque id actum est praetore me, quinquennio ante quam consul sum factus:ita re magisquam summa auctoritate causa ilia defensa est.

Quodsi in scaena, id est in contione, in X X V I qua rebus fictis et adumbratis loci plu97 rimum est, tarnen verum valet, si modo id patefactum et inlustratum est, quid in amicitia fieri oportet, quae tota veritate perpenditur? in qua nisi, ut dicitur, apertum pectus videas tuumque ostendas, nihil fidum, nihil exploratum habeas, ne amare quidem aut amari, cum id, quam vere fiat, ignores, quamquam ista adsentatio, quamvis perniciosa sit, nocere tarnen nemini potest nisi ei, qui earn recipit atque ea delectatur. ita fit, ut is adsentatoribus patefaciat aures suas maxime, qui ipse sibi adsentetur et se maxime ipse delectet. Omnino est amans sui virtus; optime enim 98 se ipsa novit quamque amabilis sit intellegit; ego autem non de virtute nunc lo212

cmius Crassus über die Priesterkollegien! Die Ergänzungswahl der Priesterschaften sollte der Gnade des Volkes übertragen werden; und dieser Licinius Crassus war der erste, der zum Forum gewandt mit dem Volk verhandelte. Dennoch siegte über seine marktschreierische Rede die Ehrfurcht vor den unsterblichen Göttern unter meiner Verteidigung mit Leiditigkeit. Das geschah zu meiner Prätorenzeit, fünf J a h r e vor meinem Konsulat; daher kann man sagen, daß die A n gelegenheit mehr mit sachlichen Gründen verfochten worden ist als etwa damit, daß idi ein hohes Ansehen hätte in die Waagschale werfen können. Wenn also auf der »Bühne« - ich meine damit die Volksversammlung - , wo Verstellung und Verschleierung den meisten Spielraum haben, dennoch die Wahrheit siegt, wenn sie nur offen dargelegt und ins rechte Licht gerückt wird - wie muß es dann erst in der Freundschaft sein, in der allein die Wahrhaftigkeit ausschlaggebend ist? Wenn du dem Freund, wie man sagt, nicht ins Herz hineinschauen kannst und dein eigenes offen zeigst, dann kannst du wohl in der Freundschaft nichts, aber auch gar nichts zuverlässig und sicher wissen, nicht einmal, ob du liebst oder geliebt wirst; du weißt ja nicht, inwieweit dieses Gefühl echt ist. Indessen - die erwähnte Liebedienerei, so verderblich sie ist, kann doch nur dem Schaden bringen, der sie sich zu eigen macht und an ihr Gefallen findet. So kommt es, daß derjenige am ehesten sein O h r den Schmeichlern öffnet, der sich selbst schmeichelt und an sich selbst das größte Gefallen hat. Allerdings ist die »Tugend« sich selbst zugetan; denn sie kennt sich selbst am besten und weiß, wie liebenswert sie ist; ich meine aber jetzt nicht die wirkliche Tugend, sondern nur die 213

quor, sed de virtutis opinione; virtute enim ipsa non tam multi praediti esse quam videri volunt. hos delectat adsentatio, his fictus ad ipsorum voluntatem sermo cum adhibetur, orationem illam vanam testimonium esse laudum suarum putant. nulla est igitur haec amicitia, cum alter verum audire non vult, alter ad mentiendum paratus est. nec parasitorum in comoediis adsentatio faceta nobis videretur, nisi essent >milites gloriosi Giganten einer von diesen von den Göttern unter dem Massiv des sizilianischen Vulkans begraben. Atticus, Titus Pomponius ( C 1 - 3 , L2): 109-32 v . C h r . , reicher 244

Freund und Verleger Ciceros, der mit ihm viele Briefe wechselte und ihm auch den Cato Maior und den Laelius widmete. Sein Interesse an griechischer Kultur und ein zwanzigjähriger Aufenthalt in Athen trugen ihm den Beinahmen Atticus ein. Augur (Ci i, C 1 2 . C64, L i , L7): Mitglied eines römischen Priesterkollegiums, das mit der Beobachtung und Deutung göttlicher Zeichen, vor allem des Vogelflugs, befaßt war. Auspizien (Ci 1): Vogelschau der -> Auguren Bias (L59): im 6 Jh. v.Chr. politischer Führer der kleinasiatischen Griechenstadt Priene, einer der -» Sieben Weisen. Blossius, Gaius (L37), stoischer Philosoph aus Cumae (griech.: Kyme) bei Neapel, Freund des Tiberius -> Gracchus Brutus, Decius Iunius (L7): Konsul 137 v.Chr., -» Augur, Redner und ein Freund griechischer Bildung Brutus, Lucius Iunius (C75): sagenhafter Befreier Roms von der Königsherrschaft (510 v.Chr.) und erster Konsul Caecilius Statins (C24, C25, C36): römischer Komödiendichter des 2. Jh. v. Chr., der - wie -> Terenz und Plautus - griechische Vorlagen bearbeitete. Caepio, Gnaeus Servüius (C14): Konsul 169 v.Chr. Calatinus, Aulus Atilius (C61): Konsul 258 und 254 v.Chr., Diktator 249, Zensor 247 v. Chr. Camillus, Lucius Furius (C41): Konsul 349 v.Chr. Cannae (C75): Dorf in Apulien, wo -» Hannibal 216 ν. Chr. die Römer besiegte, weil sich der unbeherrschte Konsul Varro gegen den Willen seines Kollegen Aemilius Paulus auf die Schlacht einließ. Capua (C10): wichtigste Stadt Campaniens, von -» Hannibal nach dem Sieg bei -» Cannae besetzt, 2 1 1 v.Chr. von den Römern zurückerobert. Carbo, Gaius Papirius (L39, L41, L96): Anhänger des Tiberius -> Gracchus, stellte 131 v.Chr. den Antrag, die Wiederwahl zum Volkstribunen zuzulassen. 129 v.Chr. wurde er des Mordes an -» Scipio Aemilianus verdächtigt. Seine Abwendung von der Partei der Gracchen brachte ihm 120 v.Chr. das Konsulat ein. Carvilius, Spurius C. Maximus Ruga (Ci 1): Konsul 228 v. Chr. Cassia lex (L41): von dem Volkstribunen Lucius Cassius Longi245

nus 137 v.Chr. eingebrachtes Gesetz über schriftliche Abstimmung bei Gerichtsverfahren. Cassius, Spurius (L28): Konsul 493 v.Chr., soll erstmals durch ein Gesetz über Landzuweisungen (lex agraria) für die Plebs, die römische Unterschicht, eingetreten sein, wodurch er sich in den Verdacht brachte, als Demagoge nach der Alleinherrschaft zu streben. Angeblich wurde er deshalb von seinem Vater 485 getötet. Cato, Marcus Poraus C. Censorius (Sapiens), der «Ältere Cato« (C3, C4, C6, C7, L4, L5, L6, L i i, L9, L i o , L 2 1 , L76, L90, L101): 234-169 v.Chr., Konsul 195, Zensor 184, von plebejischer Herkunft, Selfmademan, hart gegen sich selbst und andere, als Redner ein Naturtalent, Landwirt aus Überzeugung, voll Mißtrauen gegenüber den griechischen Einflüssen in Rom, Verteidiger der alten Sitten (mores maiorum) und Todfeind Karthagos (»Im übrigen bin ich dafür, daß Karthago zerstön werden muß.«) Cato Maior (L4): der »Ältere« wird Cato Censorius genannt im Gegensatz zu seinem Urenkel Marcus Porcius Cato Uticensis, dem »Jüngeren«, Caesars unversöhnlichem Gegner. Cato, Gatus Poraus (L39): Enkel des Cato Censorius, Konsul 114 v. Chr., Anhänger des Tiberius -» Gracchus Cato, Marcus Porcius C. Licinianus (C15, C68, C84, Lio): Sohn des Cato Censorius, tüchtiger Jurist, 152 v.Chr. als designierter Praetor verstorben. Caudium (C41): Stadt der Samniten an der Via Appia. 321 v. Chr. geriet ein römisches Heer am »Paß von Caudium« in einen samnitischen Hinterhalt und entging nur unter äußerst demütigenden, später widerrufenen Bedingungen der Vernichtung. Cento, Gaius Claudius (C50): Konsul 240 v.Chr. Cethegus, Marcus Cornelius (C10, C50): Konsul 204 v.Chr. Cincia lex (C10): 204 v.Chr. von dem Volkstribunen Marcus Cincius Alimentus eingebrachtes Gesetz, das Geschenke für Verteidiger vor Gericht untersagte. Cincinnatus, Lucius Quinctius (C56): Konsul 460 v. Chr., 458 vom Pflug weg zum Diktator berufen. Cicero verlegt das sagenhafte Ereignis in das Jahr 439 (-> Maelius). Claudius, Appius C. Caecus ( C 1 5 , C 1 6 , C37): Konsul 307 und 296 v. Chr., Zensor, Erbauer der Via Appia und der ersten 246

römischen Wasserleitung. Er sprach, bereits hochbeugt und erblindet, 279 gegen einen Frieden mit König -» Pyrrhos. Claudius, Appius C. Crassus (C41): Konsul 349 v.Chr. Coriolanus, Gnaeus Marcius (L36, L42): römischer Aristokrat und erfolgreicher Heerführer zu Anfang des 5. Jh. v.Chr., wegen eines Konflikts mit den Volkstribunen verbannt und von den Volskern aufgenommen, mit denen er gegen Rom zog. Nach der Sage veranlaßte ihn seine Mutter dazu, das Unternehmen abzubrechen. Coruncanius, Tiberius (C15, C27, C43, L18, L39): Konsul 280 v. Chr., erster Oberpriester plebejischer Herkunft, Jurist und Beispiel eines integren Politikers. Corvinus, Marcus Valerius (C60): römischer Sagenheld, den 349 v. Chr. bei einem Zweikampf mit einem Gallier ein Rabe (corvus) unterstützt haben soll. Es war mehrfach Konsul und Diktator und lebte fast 100 Jahre. Crassus, Gaius Licinius (L96): Volkstribun 145 v.Chr., wollte durch eine Gesetzesänderung dem Volk Einfluß auf die Besetzung der Priesterkollegien geben. Als Redner brach er mit dem Brauch, in Richtung Curie (Rathaus) zu sprechen. Crassus, Publius Licinius (C27, C50, C61): Konsul 205 v.Chr., Oberpriester, berühmter Jurist Cumae (L37) -» Blossius Curius, Manius Dentatus (C.15, C43, C55, C56, L18, L28, L39): Sieger über -> Pyrrhos bei Benevent (275 v.Chr.), ein Beispiel altrömischer Bescheidenheit. Decier (C75) -> Decius Decius, Publius D. Mus (C43, C75): Name von drei römischen Heerführern des 4. und 3. Jh. v.Chr., die sich in kritischen Situationen den Göttern der Unterwelt weihten (devotio) und zur Rettung der römischen Sache den Tod in der Schlacht suchten. Demokrit (C23): um 460-370 v.Chr., griechischer Philosoph, nach dessen Lehre die Atome die kleinsten Bausteine der Materie sind. Diktator (C56): in Ausnahmesituationen für höchstens sechs Monate vom römischen Senat und den Konsuln eingesetzter Amtsträger mit umfassenden Vollmachten Diogenes (Stoiker) (C23): Philosoph des 2. Jh. v. Chr., Mitglied 247

der »Philosophengesandtschaft«, die 155 in Rom für Aufsehen sorgte und Catos Mißfallen erregte. Duellius, Gaius (C44): Konsul 260 v.Chr., errang den ersten römischen Seesieg über die Karthager, wofür er lebenslang geehrt wurde. Ennius, Qumtus (C10, C 1 4 , C16, C50, C73, L22, L64): 239-169 v. Chr., vielseitiger römischer Dichter aus Kalabrien (Tragödien, Komödien, Satiren, nationales Epos »Annales«), wichtiger Vermittler griechischer Kultur. Fabius, Qumtus F. Maximus (C10, C n , C 1 2 , C 1 3 , C 1 5 , C39, C61): Konsul und General, wandte als Diktator 217 v.Chr. gegen Hannibal eine erfolgreiche Ermattungsstrategie an, weshalb er später den Beinamen Cunctator (Zauderer) erhielt. Er starb hochbetagt 203. Fabricius, Gaius F. Luscinus (C15, C43, L18, L28, L39): Konsul 282 und 278 v.Chr., geschickter Diplomat im Krieg gegen Pyrrhos, von beispielhafter Uneigennützigkeit. Fannius, Gaius (L3 ff.): Schwiegersohn des -» Laelius, philosophisch und rhetorisch gebildet, Dialogpartner im »Laelius« und auch in Ciceros Werk über den Staat. Flaccus, Lucius Valerius (C42), Freund Catos, mit dem er 195 das Konsulat und 184 die Zensur innehatte. Flamminus, Titus Quinctius ( C i , C42): Konsul 198 v.Chr., Sieger über Philipp V. von Makedonien bei Pydna, erklärte 196 die griechischen Kleinstaaten für »frei«. Sein gleichnamiger, in C 1 4 erwähnter Sohn war 150 Konsul. Flamininus, Lucius Quinctius (C42): Bruder des vorigen, von Cato 184 in seiner Eigenschaft als Zensor aus dem Senat gestoßen Flaminius, Gaius ( C u ) : Volkstribun 232 v.Chr., Konsul 223 und 217, Zensor 220, unterlag 217 -» Hannibal am Trasimenersee. Fortuna (L54, L55): römische Glücks- und Schicksalsgöttin Furius, Lucius (L101) -» Philus Gabinia lex (L41): von dem Volkstribunen Aulus Gabinius 139 v.Chr. eingebrachtes Gesetz, das bei Wahlen geheime Abstimmung vorsah 248

Gades {C69): das heutige Cadiz, eine alte phönikische Kolonie in Spanien Gallien (C42): die Römer unterschieden zwischen dem »diesseitigen· Gallien, d. h. dem keltischen Siedlungsgebiet in der Poebene, und dem »jenseitigen«, das ungefähr dem heutigen Frankreich mit Belgien entspricht. gallisches Gebiet (Ci 1): von Gaius -> Flaminius an arme römische Siedler verteiltes Land im »diesseitigen« Gallien. Gaius, Gains Sulpicius (C49, L9, L 2 I , L 1 0 1 ) : Konsul 166 v. Chr., Amateur-Astronom, der durch Vorhersage einer absoluten Mondfinsternis dem römischen Heer vor der Schlacht bei Pydna eine Panik ersparte. Giganten (C5): in der griechischen Sage riesenhafte Söhne der Mutter Erde und des Himmelsgottes Uranos, die sich gegen Zeus empörten und den Himmel zu stürmen versuchten, indem sie Berge aufeinander türmten. Cato erwähnt sie als Beispiele aussichtslosen Aufbegehrens. Glabrio, Manius Acilius (C32): Konsul 191, Sieger über König Antiochos den Großen von Syrien bei den -» Thermopylen. Gnatbo (L93, L94): griech. γναθών (Fresser), Schmeichler- und Schmarotzertyp aus der Komödie »Eunuchus« des -> Terenz. Gorgias ( C 1 3 , C23): um 483 - um 375 v. Chr., kam als Gesandter aus der sizilianischen Griechenstadt Leontinoi 427 nach Athen und erregte durch seine figuren- und bilderreiche Rhetorik großes Aufsehen. Er wirkte als Sophist und Lehrer der Redekunst. Gracchus, Gaius Sempronius (L39, L41): Bruder des -»Tiberius Gracchus, der dessen Reformwerk fortsetzen wollte, aber am Widerstand der Konservativen scheiterte und 121 v.Chr. bei Unruhen in Rom den Tod fand. Gracchus, Tiberius (L37, L39, L40, L41): Volkstribun 133 v.Chr., versuchte der notleidenden Unterschicht in Rom durch Landverteilung zu helfen, geriet dabei in Konflikt mit dem Senat und wurde mit vielen seiner Anhänger umgebracht, als er sich - gegen die Verfassung - erneut um das Volkstribunat bewarb. Gracchus, Tiberius Sempronius d. Ä. (L101): Vater der beiden Reformer, verheiratet mit Cornelia, der Tochter des älteren Scipio, Konsul 177 und 163, Zensor 169. Große Mutter (Magna Mater) (C45): Kleinasiatische Fruchtbar249

keitsgöttin; in der Not des Hannibalkriegs wurde ihr Kult in Rom eingeführt, unterlag aber wegen seiner orgiastischen Formen einschneidenden Beschränkungen. Großgriechenland, (Magna Graecia) (L13): zusammenfassende Bezeichnung für das im 7. Jh. v. Chr. von Griechen kolonisierte Unteritalien und Sizilien. Hannibal (C10, C75, L28): karthagischer Heerführer, der im 2. Punischen Krieg (218-202 v.Chr.) über die Alpen nach Italien vordrang, die Römer in mehreren Schlachten besiegte und ihren Staat an den Rand des Untergangs brachte. Er wurde schließlich von dem älteren Scipio bezwungen. Hesiod (C23, C54): um 700 v.Chr., griech. Dichter aus Boiotien, der in seiner Theogonie die Entstehung der Welt und der Götter beschrieb, während er in den »Tagewerken« das Bauernleben behandelte. Homer (C23, C30, C31, C54): angeblich blinder Dichter und Sänger des 8. Jh. v.Chr., dem die beiden ältesten griechischen Epen zugeschrieben wurden, die Ilias und die Odyssee. idaeisch (C45): im Idagebirge bei Troja befand sich einer der wichtigsten Kultorte der - • Großen Mutter (Magna Mater, Kybele) Isokrates (Ci2, C23): 436-338 v. Chr., griech. Redner und Lehrer der Rhetorik; seinen Panathenaikos (Lob Athens) verfaßte er als Vierundneunzigjähriger. Kapitol (L37): das Capitolium war Burg und - mit den Tempeln des Jupiter, der Juno und Minerva - kultischer Mittelpunkt Roms; hier endeten die Triumphzüge siegreicher Generale. Karthager (Punier) (C44, C75) -» Karthago Karthago (C18, C19): phönizische Kolonie im heutigen Tunesien, bedeutende Handelsmacht, deren ursprünglich guten Beziehungen zu Rom durch konkurrierende Interessen in Sizilien getrübt wurden. Nach den drei erbitterten »Punischen Kriegen« wurde die Stadt von dem jüngeren Scipio 146 v. Chr. zerstört. Kindersklaven (paedagogi) (L74): Betreuer und Erzieher römischer Kinder, vielfach aus ihrer Heimat verschleppte Griechen. 250

Kineas (C43): rhetorisch und philosophisch gebildeter Diplomat im Dienst des Königs - · Pyrrhos. Kleanthes (C23): 330-231 v.Chr., Schüler und Nachfolger -» Zenons als Leiter der stoischen Philosophenschule Knabentoga (L34): Festgewand der jungen Römer bis zum 15. Lebensjahr, wie die der niederen Beamten mit einem schmalen Purpurstreif besetzt (toga praetexta). Knöchelspiel (C58): dem Würfeln ähnlich, aber mit an zwei Seiten abgerundeten Schafsknöcheln gespielt, so daß der einzelne Wurf nur vier verschiedene Chancen hatte. Konsul (C7, C 1 0 , L2, L i i, L37, L39, L73, L96) -» Konsulat Konsulat (Li 1): höchstes römisches Staatsamt, durch jährliche Wahl stets mit zwei Inhabern besetzt. Die Zuständigkeit der Konsuln umfaßte den militärischen und zivilen Bereich, sie hatten in Fragen der Rechts die Oberaufsicht und durften den -> Senat und die Volksversammlung einberufen, diese Versammlung leiten, Wahlen durchführen und Gesetze beantragen. Das Konsulat konnte man frühestens mit 43 Jahren ('Suo anno') antreten; Scipio der Jüngere erhielt es - als große Ausnahme - »vor der Zeit« (Li 1), nämlich mit 38 Jahren. Kritobulos (C59): Gesprächspartner des -» Sokrates in -» Xenophons Oikonomikos Kroton (C27): griechische Kolonie in Unteritalien, Wirkungsstätte des Philosophen -> Pythagoras und des Athleten -» Milon. Kyros der Ältere (C30, C32, C79, C80, C81): Begründer der persischen Großmacht, regierte von J59-529 v.Chr., von Xenophon in seiner Kyrupädie (»Erziehung des Kyros«) als idealer Herrscher verherrlicht. Kyros der Jüngere (C59): persischer Prinz, der gegen seinen Bruder, König Artaxerxes II., revoltierte und im Kampf mit ihm 401 v.Chr. fiel. Unter den griechischen Söldnern, die mit ihm zogen, war auch -» Xenophon. Laelius, Gaius L. Sapiens (C3 ff., L i ff.): Titelfigur des Dialogs über die Freundschaft, Vertrauter des jüngeren Scipio, an Dichtung (•-» Terenz) und Philosophie interessiert (Gespräche mit dem Stoiker -» Diogenes), als Redner schlicht und gefällig. Späteren galt er als Muster eines guten Freundes. Laelius, Gaius (C77, C83): Vater des vorigen, Konsul 190 v. Chr., Freund des älteren Scipio.

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Laenas, Publius Popäius (L37): Konsul 132 v.Chr., führte die Untersuchungen gegen Tiberius -» Gracchus und wurde deshalb auf Betreiben des Gaius Gracchus 123 verbannt, jedoch bald wieder zurückgerufen. Laertes (C54): König von Ithaka und Vater des Odysseus Lakedaimon (C63): Bezeichnung für Sparta und sein Staatsgebiet auf der Peloponnes. Lakedaimonier (C20, C59, C63): Die Spartaner, berühmt wegen iher kargen Lebensweise und ihrer knappen, »lakonischen« Aussprüche. Latiner (Li2): Bewohner der Landschaft Latium in Mittelitalien, nach wechselvollen Kämpfen »Verbündete« (sodi) Roms mit einer Reihe von Vorrechten. Den Reformen der -» Gracchen standen sie zuerst positiv gegenüber, doch wehrten sie sich gegen Landzuweisungen auf ihrem Gebiet, wobei sie der jüngere Scipio unterstützte. Legat (C17): militärischer Dienstgrad, dem General (imperator) nachgeordnet Leontinoi (C12) -» Gorgias Lepidus, Marcus Aemilius (C61): tüchtiger Politiker und Oberpriester, Erbauer der Via Aemilia. Er starb hochbetagt umi 53 v. Chr. Livius (.Andronicus) (C50): griechischer Sklave aus Tarent; von Marcus Livius Salinator freigelassen, eröffnete er eine Schule, übersetzte für seinen Unterricht Homers Odyssee ins Lateinische und wurde so zum ersten Dichter Roms. Seit 240 v. Chr. führte er auch Ubersetzungen griechischer Dramen auf. Ludus (C20): »Spiel«, ein Stück des -» Naevius Lusanus, Gaius (L39) —» Fabricius Lycomedes (L75) -« Neoptolemos Lysandros (C59, C63): Spartanischer Admiral, Sieger über Athen im Peloponnesischen Krieg Lysimachos (C21): Vater des -» Aristeides Maelius, Spurius (C56, L28, L37): ein reicher Plebejer, der 440 v. Chr. bei einer Hungersnot seine bedürftigen Standesgenossen unterstützte und dadurch in den Verdacht geriet, nach der Monarchie zu streben, weshalb ihn Gaius Servilius -» Ahala umbrachte. 252

Marianus, Lucius Hostüius (L96): Konsul 145 v.Chr. Manilius, Marcus (L14): Konsul 149 v. Chr., Jurist, Freund des jüngeren Scipio Männertoga (Li): das weiße, schmucklose Festgewand der freien Römer, - · Knabentoga Marcellus, Marcus Claudius (C75): Eroberer Siziliens im 2. Punischen Krieg (218-202 v.Chr.), fiel 208 als Konsul im Kampf gegen -» Hannibal. Masinissa (C34): um 240-148 v.Chr., Numiderkönig, zuerst mit - • Karthago, dann mit Rom verbündet. Seine Reiterei trug wesentlich zum Sieg des älteren Scipio über Hannibal (Zama, 202 v. Chr.) bei. Maximus (C9, C 1 2 , C 1 5 , C39, C 6 1 ) -» Fabius Maximus, Quintus Fabius M. Aemäianus (L69, L96): einer der Söhne des Lucius Aemilius -> Paulus, der durch Adoption in die Familie der Fabier gelangte, so wie sein jüngerer Bruder -> Scipio Aemilianus in die der Cornelier. Metellus, Quintus Caecilius (L77): Konsul 143, Zensor 131 v. Chr., politischer Gegner des jüngeren -» Scipio Metellus, Ludus Caecilius (C30, C61): Konsul 251 und 247 v.Chr., von 243 bis zu seinem Tod 221 Oberpriester Militärtribun (C32): röm. Offiziersrang. Die sechs Militärtribunen einer Legion (ca. 6000 Soldaten) führten abwechselnd das Kommando. Milon (C27, C33): Athlet des 6. Jh. v. Chr. aus Kroton in Unteritalien, sechsfacher Olympiasieger, ein Kraftmensch, der angeblich einen jungen Stier durch die Arena trug, danach briet und an einem einzigen Tag verzehrte. Mucius, Quintus (L5, Li00) -» Scaevola Mummius, Spurius (L69, L 1 0 1 ) : Freund des jüngeren -» Scipio und des Laelius. für griechische Philosophie begeistert, in Ciceros Werk über den Staat einer der Gesprächspartner Naevius, Gnaeus (C20, C50): römischer Dichter des 3. Jh. v.Chr., der in seinen Tragödien neben griechischen Sagenstoffen auch Römisches behandelte und in einem Epos über den 1. Punischen Krieg Mythos (Aeneassage) und Geschichte verknüpfte. Wegen bissiger Ausfälle in seinen Komödien geriet er in Konflikt mit dem römischen Adel und starb 201 in der Verbannung.

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Nasica (LIOI): gemeint ist wohl Publius Cornelius Nasica Corculum, Konsul 162 und 155 v.Chr., Zensor 169, dessen Sohn Publius Cornelius Nasica Serapio 133 den Tiberius -» Gracchus erschlug. Nearchus (C41): Anhänger des Philosophen -» Pythagoras, Gastgeber Catos in Tarent Neoptolemos (L75): Sohn des griechischen Helden Achilleus; als dieser vor Troja gefallen war, wurde den Griechen geweissagt, nur mit Hilfe seines Sohnes könne die Stadt erobert werden. Daher wurde Odysseus auf die Insel Skyros entsandt, wo sich N. bei seinem Großvater Lykomedes aufhielt. Dieser widersetzte sich - allerdings vergeblich - den Wünschen des Odysseus. Nestor (C31): König von Pylos (Peloponnes), der in hohem Alter am Kampf und Troja teilgenommen und durch Erfahrung und Beredsamkeit großen Einfluß ausgeübt haben soll. Nonen (L7, L8): der neunte Tag vor der Monatsmitte, den Iden; fallen diese auf den 15. (wie im März, Mai, Juli, Oktober), der siebte, sonst der fünfte Tag des Monats. Oidipus auf Kolonos (C22): Tragödie des -» Sophokles, in der die Flucht des Königs Oidipus aus Theben nach Athen behandelt wird. In einem heiligen Hain auf dem Hügel Kolonos findet der Mann, der unwissend seinen Vater tötete, seine Mutter heiratete und sich wegen dieser Taten selbst die Augen ausstach, die letzte Ruhe. Oikonomikos (C59): Schrift des -> Xenophon über die rechte Art, sein Hauswesen zu führen Olympia (C14, C33): Ort in der westlichen Peloponnes, wo seit 776 v. Chr. alle vier Jahre sportliche Wettkämpfe zu Ehren des Zeus abgehalten wurden. Opferschmausbruderschaften (C45): sodalitates waren gesellige Vereinigungen, aber auch offizielle Kultgemeinschaften, die für die rechte Abhaltung von Götterfesten zu sorgen hatten. Orestes (L24): Sohn des bei der Rückkehr aus dem trojanischen Krieg von seiner Gattin Klytaimnestra ermordeten Agamemnon. Orestes rächte die Tat und wurde - als Muttermörder von den Rachgegöttinnen verfolgt. Auf Geheiß des -» Apollon begab er sich mit seinem Freund Pylades ins Land der Taurier, um ein Bild der Artemis zu entführen, und fand

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dabei seine totgeglaubte Schwester Iphigenie wieder. Auf der Flucht kam er mit seinem Raub zu König Chryses, der den Dieb des Bildes den taurischen Verfolgern ausliefern wollte. In dieser Situation war Pylades bereit, für seinen Freund zu sterben, und behauptete, er sei Orestes, während dieser seinerseits beteuerte, er sei es. Ongines (C38, C75): »Ursprünge«, Geschichtswerk des älteren -» Cato in sieben Büchern, von der Gründung Roms und anderer Städte Italiens bis ins 2. Jh. v. Chr. Cato stellte die Geschehnisse summarisch dar und verwendete, um nicht einzelne Personen herauszuheben, prinzipiell keine Namen, sondern nur Amtsbezeichnungen wie Konsul, Tribun. Pacuvius, Marcus (L24): römischer Tragödiendichter des 2. Jh. v. Chr., Neffe des -» Ennius, Freund des -» Laelius Panathenaikos (C12) -»Isokrates Papinus, Gaius (L96) -» Carbo Papus, Quintus Aemilius (L39): Konsul 282 und 278 v.Chr. Paulus (Paullus), Lucius Aemilius P. Macedonian (C15, C49, C77, C82, C83, L9, L21, L 1 0 1 ) : um 228-160 v. Chr., besiegte bei Pydna den Makedonenkönig Perseus (168) und verlor im folgenden Jahr die beiden Söhne, die ihm noch verblieben waren, nachdem er zwei von kinderlosen Adligen hatte adoptieren lassen: -» Scipio Aemilianus und -> Fabius Maximus Aemilianus. Paulus (Paullus), Lucius Aemilius (C29, C61, C75, C82, C83): Vater des vorigen, Konsul 219 und 216 v.Chr., in der Schlacht bei -» Cannae gefallen Peisistratos (C72): Tyrann (Alleinherrscher) von Athen 560-528 v.Chr., der durch seine umfangreiche Baumaßnahmen den kleinen Leuten Arbeit gab und die kulturelle Entwicklung Athens durch Einrichtung von Staatsfesten förderte, bei denen Homer rezitiert und erste Dramen aufgeführt wurden. Pelias (C83): thessalischer König, von seinen Töchtern getötet, die ihn durch Zerstückeln und Kochen verjüngen wollten, wie es ihnen die Hexe Medea an einem alten Widder gezeigt hatte. Philippus, Quintus Marcius (C14): Konsul 186 und 169 v.Chr. Philus, Lucius Furius (L14, L 2 1 , L25, L69, L 1 0 1 ) : Konsul 136 v.Chr., Freund des jüngeren Scipio, in Ciceros Werk über

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den Staat damit betraut, gegen die Gerechtigkeit als Grundlage erfolgreicher Politik zu argumentieren, so wie es der Philosoph Carneades 155 in Rom zum Ärger Catos getan hatte. picenisches Gebiet (Ci 1): italische Landschaft in der Umgebung von Ancona Piaton (C13, C23, C41, C44, C78): +27-347 v.Chr., Philosoph aus Athen, Schüler des -» Sokrates, Gründer der Akademie, der seine politischen Idealvorstellungen mit Unterstützung der Tyrannen von Syrakus (Dionysius I. und II.) auf Sizilien zu verwirklichen suchte. Seine drei Reisen endeten jedoch mit Enttäuschungen. Tarent könnte er 361 berührt haben (C41). Die C44 zitierte Stelle findet sich im Dialog Timaios (69 C); diesen hat Cicero ins Lateinische übertragen. Plautus, Titus Maccius (C50): ungemein produktiver und einfallsreicher römischer Komödiendichter, gest. 184 v.Chr.. In seinen Stücken pflegte er die jeweils wirkungsvollsten Passagen aus griechischen Vorlagen aneinanderzufügen. Unter den 20 erhaltenen Komödien sind auch Pseudolus (»Der Lügner«) und Truculentus (»Der Grobian«). Pompeius, Quintus (L77): Konsul 141, als erster Plebejer Zensor 131 v.Chr. Pompeius, Quintus Ruf us (L2): Sohn des vorigen, Konsul 88 v. Chr. zusammen mit Sulla, Gegner des Volkstribunen -»Sulpicius Rufus, 87 v. Chr. ermordet. Pontius, Gaius (C41): Vater des gleichnamigen Samnitenführers, der die Römer in die Falle von —» Caudium lockte. Pontius, Titus (C33): anscheinend ein besonders kräftiger Unteroffizier (Centuno) Popilius (L37) -» Laenas Postumius, Spurius Albinus (C41): Konsul 334 und 321 v.Chr. Praetor (L96): hoher römischer Beamter, bisweilen mit militärischen Aufgaben betraut, vor allem aber mit Verwaltung und Gerichtswesen befafit. prahlsüchtiger Soldat (miles gloriosus) (L98): Held einer Komödie des -» Plautus Priesterkollegien (L96): staatliche, durch Wahl und Ernennung besetzte Organe, die über die genaue Einhaltung der komplizierten Rituale wachten. Die pontifices unter Leitung des Oberpriesters (pontifex maximus) waren v. a. für Gottesdienst und Opfer, Bestattung und Totenkult zuständig, wäh256

rend die -» Auguren (augures) und Eingeweideschauer (haruspices) die Zukunft erforschten. Pseudolus(C50): »Das Lügenmaul·, eine Komödie des -»Plautus Punier (C75): lat. Poem aus griech. Pboinikes (Phönizier), römischer Name der Bewohner von - • Karthago, das um 800 v. Chr. von phönizischen Siedlern gegründet worden war. panischer Krieg (C50): von den drei Kriegen, die Rom mit Karthago führte, ist C 50 der erste gemeint (264-241 v.Chr.), über den - · Naevius ein Epos verfaßte. Pylades (L24) -» Orestes Pyrrhos (C16, C43, C55, L28): 319-272 v.Chr., König von Epirus in Nordwestgriechenland, versuchte nach dem Vorbild Alexanders des Großen ein Weltreich zu erobern, gewann für kurze Zeit Makedonien und Sizilien und schlug, von -> Tarent zu Hilfe gerufen, die Römer in zwei verlustreichen Schlachten (»Pyrrhussiege«), unterlag ihnen aber 275 bei Benevent. Anders als -» Hannibal galt Pyrrhos als großmütiger, fairer Gegner Roms. Pythagoras (C23, C33, C73, C78): Mathematiker und Philosoph des 6. Jh. v. Chr., kam als politischer Flüchtling von Samos nach -» Kroton und gründete dort eine elitäre Gemeinschaft mit strengen religiös-ethischen Nonnen, die ihn bald wie einen Gott verehrte. Nach P. ist Zahl und Harmonie das Wesen aller Dinge; seine Lehre von der Seelenwanderung wirkte auf -» Piaton. Zum pythagoreischen Leben gehörte auch eine regelmäßige Gewissenserforschung (C38). Pythagoreer (C38, C78): die Anhänger des -» Pythagoras Quaestor (C10): leitender Finanzbeamter in der Stadt Rom und in den Provinzen Reiteroberst (magister equitum) (C56): in der frühen römischen Republik vom -»Diktator für die Dauer seiner eigenen Amtszeit ernannter Stellvertreter. Rupilius, Lucius (L73): Bewerber um das Konsulat 131/130 v. Chr., der trotz Scipios Unterstützung scheiterte. Rupilius, Publius (L37, L69, L73, L 1 0 1 ) : Bruder des vorigen, Konsul 132 v.Chr., starb angeblich aus Schmerz über die Wahlniederlage seines Bruders. Rutilius, Publius (L101): Konsul 105 v.Chr. 257

Sabmer (C55): italischer Volksstamm im Appenin, der im 5. Jh. v. Chr., vielleicht im Bund mit den -» Samniten, nach Süditalien vordringt, von den Römern in langen Kämpfen unterworfen wird und 241 v. Chr. das Bürgerrecht erhält. Sabinerland (C24): das Bergland nordöstlich von Rom mit den Städten Reate, Nursia, Amiternum und Cures Sabinisch (C46) -» Sabinerland Salinator, Marcus Livius ( C n ) : Konsul 219 und 207 v.Chr., besiegte -> Hannibals Bruder Hasdrubal am Metaurus. Kommandant von Tarent war nicht er, sondern Marcus Livius Macatus. Salinator, Gaius Livius (C7): Sohn des vorigen, Konsul 188 v.Chr. Samniten (C41, C43, C55): italische Völkerschaft im mittleren und südlichen Appenin, von den Römern in drei erbitterten Kriegen zwischen 343 und 290 v. Chr. besiegt, später mit -» Pyrrhos verbündet, 90-88 im sog. Bundesgenossenkrieg die gefährlichsten Gegner Roms. Sardeis (C59): Hauptstadt des kleinasiatischen Lyderreichs, später Residenz eines persischen Gouverneurs und des jüngeren -» Kyros Scaevola, Quintus Mucius S. Augur (Li, L2, L3, L4, L5, L7, L8, L14, L16, L25, L33, L37, L40, Ljo, L100): Konsul 117 v.Chr., angesehener Jurist, der von 90-87 Cicero und Atticus in das römische Recht einführte. Scaevola, Quintus Mucius S. Pontifex (Li): Konsul 9$ v. Chr., Oberpriester seit 89, hervorragender Redner und Jurist, Lehrer Ciceros nach dem Tod des Scaevola Augur, im Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla 82 ermordet. Schmarotzer (parasitus) (L98): Typ in der griechisch-römischen Komödie, der sich durch Schmeichelei und Erledigung gelegentlicher Aufträge Brocken von einem reichen Tisch zu ergattern sucht und auch bereit ist, Erniedrigungen hinzunehmen. Sapio, Publius Cornelius S. Africanus maior (der Altere) (C13, C19, C29, C34, C61, C82, L14): um 235-183 v.Chr., Konsul 205 und 194, Sieger über - • Hannibal in der Schlacht bei Zama, später - vermutlich auf Betreiben Catos - in einen Korruptionsprozeß verwickelt und in freiwilliger Verbannung gestorben. In Ciceros Werk über den Staat erscheint er 258

seinem Enkel, dem jüngeren Scipio, im Traum und schildert ihm den Lohn, der pflichtbewußte Staatsmänner im Jenseits erwartet. Scipio, Publius Cornelius S. Africanus minor (der Jüngere) (3, C4, C6, C7, C28, C34, C35, C49, C68, C77, C82, C85, L4, Lio, L11, Li2, L14? L15, L21, L25, L33, L35? L51, L59, L60, L62, L69, L73, L77, L96, L101, L102, L103, L104): Um 185-129 v.Chr., Sohn des Lucius Aemilius -» Paulus, von dem kränklichen Sohn des älteren Scipio adoptiert. Konsul 147 und 134, Eroberer von Karthago (146) und der Bergfestung Numantia in Spanien (133), politischer Gegner seines Schwagers Tiberius -» Gracchus, dessen Anhängern sein plötzlicher Tod angelastet wurde. Als einen hochgebildeten Mann läßt ihn Cicero in seinem Werk über den Staat die Hauptrolle spielen. Scipio, Gnaeus Cornelius (C29, C75, C82): Konsul 222 v.Chr., 212 im Kampf mit den Karthagern in Spanien gefallen. Scipio, Publius Cornelius (C29, C75, C82): Bruder des vorigen, wie dieser in Spanien gefallen, Konsul 217 v. Chr., Vater des älteren Scipio Africanus Sdpionen (C75): gemeint sind die Brüder Gnaeus und Publius Scipio Senat ( C u , C17, C38, L41): »Rat der Alten«, wichtiges Gremium der römischen Republik mit beratender Funktion im Bereich der Gesetzgebung, der Innen- und Außenpolitik, das die Führung der Staatsämter und die Finanzverwaltung kontrollierte. Senatoren (C56 L12): Mitglieder des Senats; in der Königszeit nur Adlige (Patrizier, patres), seit dem 5. Jh. v. Chr. auch einflußreiche Plebejer (»Zugeschriebene«, conscripti). Ehemalige hohe Staatsbeamte, ζ. B. gewesene Konsuln (consulares), hatten ein Recht auf den Senatorenrang, dessen äußeres Zeichen ein breiter Purpurrand der Toga und Tunika war. Seriphier (C8): Bewohner der winzigen Kykladeninsel Seriphos; die Anekdote, in der -» Themistokles der Vorwurf gemacht wird, er verdanke seinen Aufstieg nur dem »Standortvorteil« seiner Gebumstadt Athen, steht u. a. bei Piaton (Politeia I 4) und bei Plutarch, Themistokles 18. Sieben Weise (L7, L59): griechische Philosophen und Politiker des 7. und 6. Jh. v. Chr., die besondere Lebensklugheit aus259

zeichnete. In verschiedenen Zusammenstellungen werden über 20 Namen genannt, am häufigsten Thaies von Milet, der erste Denker des Abendlands, -» Solon von Athen, -» Bias von Priene und Pittakos, der »Tyrann« von Mitylene auf Lesbos. Unter den Namen der Sieben Weisen wird eine Reihe von Lebensregeln überliefert, z.B. »Nichts im Ubermaß!« (Solon) oder »Erkenne dich selbst!« (Kleobulos) Simonides (C23): griech. Dichter von der Insel Keos, um 556-468 v.Chr., schrieb, meist auf Bestellung, Chorlieder zum Preis erfolgreicher Sportler, Elegien und Trauergesänge. Sokrates (C26, C59, C78): 469-399 v.Chr., Philosoph aus Athen, der sich - im Gegensatz zu den älteren »Naturphilosophen« - vornehmlich mit ethischen Fragen befaßte. Auf der Suche nach dem Wesen des Guten und nach wahrer, nicht nur scheinbarer Weisheit machte er, den das Orakel des -> Apollon als den weisesten Menschen bezeichnet hatte, sich durch bohrendes Fragen viele Feinde, wurde wegen angeblicher Gottlosigkeit und Verführung der Jugend angeklagt und zum Tod verurteilt. Seine Lehren spiegeln sich vor allem in den Werken -> Piatons und -> Xenophons. Er selbst hinterließ nichts Schriftliches. Die C74 und L14 mitgeteilten Gedanken über die Unsterblichkeit der Seele finden sich in - • Piatons Apologie 40 C fT. Solon (C26, C50, C72, C73): Politiker und Dichter aus Athen, Schlichter im Streit zwischen Adel und Unterschicht 594 v. Chr., in dem er einen allgemeinen Schuldenerlaß und eine Verfassungsreform durchsetzte. Die C72 mitgeteilte Anekdote findet sich bei Plutarch, Solon 31, die Grabschrift (C73) ebenfalls bei Plutarch, Solonis et Poplicolae comp. 1. Cicero hat sie in seinen Tusculanen I 117 übersetzt. Sophokles (C22, C23, C47): 496-406 v. Chr., Tragödiendichter aus Athen, von dessen 123 Werken sieben erhalten sind, darunter Antigone, Elektra und zwei Oidipus-Dramen. Statius -» Caecilius Stesichoros (C23): griechisch-sizilianischer Lyriker des 6. Jh. v. Chr., der u. a. Stoffe der Heldensage für den Chorgesang gestaltete. Stoiker (C23): um 300 v. Chr. von -»Zenon gegründete Philosophenschule, benannt nach ihrem Versammlungsort, der Stoa poikile (bemalten Säulenhalle) in Athen. Die Stoiker sehen die 260

Welt von »Vernunft« (logos) durchdrungen, wobei sie den logos als feinste Materie erklären. Der Mensch verhält sich demnach richtig, wenn er seiner Vernunft folgt und im Einklang mit der Natur zu leben sucht. Suada (C50): Göttin der Beredsamkeit und der Überredungskunst Sulpicius, Publius S. Ruf us (L2): Volkstribun 88 v. Chr., von Cicero als der beste Redner seiner Generation bewunden, als politischer Gegner Sullas auf dessen Veranlassung ermordet. Superbus, Luaus Tarquinius (L28, L53): »der Stolze«, letzter römischer König, nach der Überlieferung durch Lucius Iunius Brutus 510 v.Chr. vertrieben. Symposion (C46): »Gastinahl«, eigentlich »Miteinander trinken«, griechische Bezeichnung eines abendlichen Gelages, bei dem ein durch das Los oder Würfeln bestimmter Vorsitzender, der Symposiarch (lat.: rex mensae) das Mischungsverhältnis von Wein und Wasser anordnet, zum Trinken auffordert und die Teilnehmer Reden halten oder etwas singen läßt. Sowohl -»Piaton wie -»Xenophon haben ein solches Symposion als Rahmen für einen philosophischen Disput gewählt. Synepheben (C24): »die Kameraden«, eine Komödie des -»Caecilius nach griechischer Vorlage. »Epheben«, Heranwachsende, nannte man in Athen die 19- und 20-jährigen, die ihre militärische Ausbildung erhielten. Tarent (C9, C 1 0 , C n , C39, C41): wichtige griech. Handelsstadt in Unteritalien (Golf von Tarent), 212-209 v.Chr. bis auf die Burg von Hannibal besetzt Tarentiner (L88): Einwohner von Tarent Tartessos (C69): Stadt auf einer Insel im Mündungsbereich des Flusses Baetis (heute Guadalquivir) in Spanien Terem (L89, L93): Publius Terentius Afer, »der Afrikaner«, kam als Sklave aus Karthago nach Rom, erhielt von seinem Besitzer eine gute Ausbildung und später die Freiheit. Er schrieb nach griechischen Vorlagen Komödien, die sich durch sprachliche Eleganz auszeichnen und die drastischc Komik eines Plautus meiden. Daher zogen sie das breite römische Publikum weniger an als die griechisch gebildete Oberschicht um den jüngeren -»Scipio und seinen Freundeskreis. 261

Thais (L98): griechischer Mädchenname; in der Komödie »der Eunuch« des -> Terenz heißt so die Geliebte eines Prahlers, deren Zuneigung dessen -» »Schmarotzer« Gnatho hemmungslos übertreibt. Themistokles (C8, C 2 1 , L42): Politiker und Admiral aus Athen, besiegte 480 v. Chr. bei Salamis die zahlenmäßig weit überlegene Flotte der Perser und begründete die Seeherrschaft seiner Heimatstadt. 470 wurde er auf Betreiben seiner Widersacher verbannt und fand Zuflucht beim Perserkönig, der ihm sogar eine Statthalterschaft übertrug. Daß sich Th. deswegen Vorwürfe gemacht und Selbstmord verübt habe, ist historisch nicht verbürgt. Thermopylen (C32): Paß an der Ostküste Mittelgriechenlands, 480 v. Chr. von Leonidas und seinen Spartaneren vergeblich gegen die Perser verteidigt. 191 v.Chr. siegten hier die Römer über König Antiochos den Großen von Syrien, u.a. dank einem geschickten Umgehungsmanöver des älteren — Cato. Thessalier (C43): Bewohner der fruchtbaren Landschaft Thessalien in Nordostgriechenland Timon (L87): ein fanatischer Menschenhasser im Athen des 5. Jh. v.Chr. Tithonos (C3): von Eos, der Göttin der Morgenröte wegen seiner Schönheit entführter trojanischer Prinz. Eos erbat sich für ihn vom Göttervater Zeus Unsterblichkeit, vergaß aber, auch ewige Jugend zu wünschen. So alterte Tithonos wie ein gewöhnlicher Mensch und wurde schließlich in eine zirpende Zikade verwandelt. Titus (Ci) -> Flaminius; der von Cicero zitierte Vers stammt aus den Annalen des - • Ennius; dort wird Flamininus von einem Hirten ( = Jener Mann, an Habe nicht reich . . . ) angesprochen, der ihm einen Weg durchs Gebirge zeigt, doch im Cato maior ist -» Atticus gemeint. Dementsprechend bezieht sich die »Sorge, die dich jetzt brennt« auf das nahende Alter. Tribun (C17): römischer Offiziersrang, -» Militärtribun; die Volkstribunen waren Wahlbeamte, die seit etwa 490 v. Chr. die Interessen der römischen Unterschicht (plebs) gegenüber dem Adel wahrnahmen. Sie hatten ein Einspruchsrecht gegen Verfügungen des Senats und bestimmter Beamter (Veto) und waren persönlich unantastbar (sakrosankt). Tribunat (L41): Amt und Amtszeit des Volkstribunen -»Tribun 262

Trinkkönig (C46) -> Symposion Troja (C31, L75): alte Stadt an der Nordwestküste Kleinasiens, nach der Sage um 1200 v. Chr. von einem Griechenheer unter König Agamemnon erobert und zerstört. Truculentus (C50): »der Grobian«, eine Komödie des -»Plautus Tubero, Quintus Aelius (L37, L101): Enkel des Lucius Aemilius -» Paulus, Neffe des jüngeren -» Scipio, zuerst mit Tiberius - · Gracchus befreundet, doch als Volkstribun erbitterter Gegner seiner Reformen, in Ciceros »Staat« einer der Gesprächspartner. Tuditanus (C10, C50): Beiname im Geschlecht der Sempronier; der C10 genannte T. war 204, der andere 240 v. Chr. Konsul. Turpio, Ambivius (C48): Schauspieler und Leiter einer Truppe, die Stücke des -» Statius und -> Terenz aufführte. Tyrann (C72, L52, L53, L89): als »Tyrannen« bezeichneten die Griechen zunächst jene Männer, die sich im 7. und 6. Jh. v. Chr. - meist mit Unterstützung durch die vom Adel unterdrückte Unterschicht - in den Stadtstaaten zu Alleinherrschern aufschwangen und oft ein durchaus volksfreundliches Regiment führten wie z.B. Peisistratos in Athen. Mit der Entwicklung der Demokratie in Griechenland geriet die »Tyrannis« in Verruf, der Tyrannenmord wurde als Befreiungstat verherrlicht. Vercellinus (L36) -> Cassius Verginius, Aulus (L101): jugendlicher Freund des Laelius Vetunus, Titus (C41): Konsul 334 und 321 v.Chr. Voconia lex (C14): 169 v. Chr. von dem Volkstribunen Quintus Voconius beantragtes Gesetz, das die weibliche Erbfolge bei größeren Vermögen einschränkte. Volkstribun (C11, L2, L96) -» Tribun Volksversammlung (L95, L96): Organ der römischen Verfassung, zuständig für die Wahl in die Staatsämter, Entscheid über Krieg und Frieden, Gesetzgebung durch Volksbeschlüsse (Plebiszite) und Teile der Gerichtsbarkeit. Xenokrates (C23): griech. Philosoph des 4. Jh. v.Chr., Schüler -» Piatons und Leiter der Akademie in Athen Xenophon (C30, C46, C59, C79): um 430-354 v.Chr., Athener, Schüler des Sokrates, den er zur Zentralfigur einiger 263

seiner Schriften machte (ζ. Β. Symposion, Erinnerungen in Sokrates, Apologie). Zenon (C23): Begründer der Philosophenschule der -» Stoiker Zensor (C16, C19, C42, L39): hoher römischer Beamter, alle fünf Jahre gewählt, um in Verbindung mit einer Volkszählung (Zensus) die Zahlungen der Steuerpflichtigen und damit die Einteilung der Bürger in die fünf Vermögensklassen der römischen Gesellschaft festzulegen, Verfehlungen zu rügen und ggf. Ehrenrechte abzuerkennen, ζ. B. durch Entfernung von Senatoren aus dem -» Senat.

264

LITERATURHINWEISE Ausgaben,

Übersetzungen

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Ciceron, Caton l'Ancien, ed. P. Wuilleumier, Paris 2 1%1 [mit franz. Ubersetzung]. Cicerone, La Vecchiezza, ed. E. Narducci - C. Saggia, Mailand 1983 [mit ital. Übersetzung]. M.Tullius Cicero, Cato der Ältere über das Greisenalter, deutsch von R. A. Schröder, München 1924. Cicero, Cato der Ältere über das Greisenalter, deutsch von E. v. Reusner, Stuttgart 1965. Wiederabgedr. in: M. Fuhrmann, (Hg.), Römische Welt, Frankfurt a.M. 1997, S. 89-127. Tullius Cicero, Cato maior de senectute, ed. H.Merklin, Stuttgart 1998 [mit dt. Übersetzung], LAELIUS:

M· Tullius Cicero, Laelius de amicitia dialogus, ed. M.Seyffart, Leipzig 2 1876, Nachdruck Hildesheim 1965 [mit Kommentar]. M.Tullius Cicero, Laelius de amicitia, für den Schulgebrauch erklärt von C.Meissner, Leipzig/Berlin 3 1914. Ciceron, Laelius de amicitia, ed. R. Combes, Paris 1971 [mit franz. Übersetzung]. Cicero, Laelius über die Freundschaft, deutsch von R. Feger, Stuttgart 3 1986.

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267

INHALT

Cato Maior Text und Ubersetzung

6

Laelius Text und Ubersetzung

124

ANHANG

Einführung

259

Register

243

Literaturhinweise

265

268