Branchenbild Bauwirtschaft: Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflußgrößen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland [1 ed.] 9783428488124, 9783428088126

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Branchenbild Bauwirtschaft: Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflußgrößen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland [1 ed.]
 9783428488124, 9783428088126

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VOLKER RUSSIG SUSANNE DEUTSCH . ANDREAS SPILLNER

Branchenbild Bauwirtschaft

Schriftenreihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Nr. 141

Branchenbild Bauwirtschaft Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflußgrößen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland

Von

Volker Rußig Susanne Deutsch, Andreas Spillner mit einem Beitrag von Wolfgang Poppy unter Mitarbeit von Klaus Grefermann, Joachim Hummel Peter Streit, Luitpold Uhlmann

Duncker & Humblot . Berlin / München

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Rußig, Volker: Branchenbild Bauwirtschaft : Entwicklung und Lage des Baugewerbes sowie Einflussgrössen und Perspektiven der Bautätigkeit in Deutschland / von Volker Rußig ; Susanne Deutsch; Andreas Spillner. Mit einem Beitr. von Wolfgang Poppy. Unter Mitarb. von Klaus Grefermann ... - Ber1in ; München : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften reihe des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung ; Nr. 141) ISBN 3-428-08812-3 NE: Deutsch, Susanne:; Spillner, Andreas:; ifo Institut für Wirtschaftsforschung (München): Schriftenreihe des ifo Instituts ...

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0445-0736 ISBN 3-428-08812-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Vorwort Die Märkte für Bauleistungen und Immobilien sind in den letzten Jahren auch in Deutschland verstärkt in Bewegung geraten. Dies ist in hohem Maße auf den Zusammenbruch des DDR-Regimes und die Wiedervereinigung Deutschlands zurückzuführen, aber daneben sind weitere Faktoren ursächlich für diese besonders hohe Dynamik des Strukturwandels im Bausektor: - Der Zusammenschluß Europas, die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes und die Entwicklung zur Europäischen Union; - die Globalisierung und Vertiefung der Arbeitsteilung und der intensivierte Standortwettbewerb mit verstärktem Kostendruck; - die bewußtere Bewirtschaftung des mittlerweile immens hohen Bauwerksbestandes durch Unternehmen und - angesichts leerer Kassen - zunehmend auch des Staates. Manches deutet darauf hin, daß wir im Zuge der permanent ablaufenden Veränderungsprozesse an einer kritischen Nahtstelle angelangt sind. Für eine Strukturuntersuchung der deutschen Bauwirtschaft ergeben sich hieraus Reiz und Risiko zugleich: Es erscheint reizvoll, gerade jetzt die EntwiCklung wichtiger Baumarktvariablen nachzuzeichnen, um Umbruchsituationen zeitnah dokumentieren und frühzeitig Hinweise auf weitere Einschnitte herausarbeiten zu können; riskant ist dieses Vorgehen, weil es Umbruchsituationen nun einmal an sich haben, daß nach kurzer Zeit vieles "ganz anders" aussieht und schriftliche Fixierungen der Abläufe rasch "alt aussehen" können. Es ist dem Bundesminister für Wirtschaft dafür zu danken, daß er sich in dieser Situation und angesichts der langen Tradition seiner sektoralen Strukturuntersuchungen nicht als "Risikoavertierer" gezeigt, sondern dieses "Branchenbild Bauwirtschaft" in Auftrag gegeben hat. Insbesondere die wohl letztmalig angestrebte Integration von Daten und Analysen über die Bauwirtschaft in der ehemaligen DDR und die Dokumentation des Umbruchprozesses sowie parallele Darstellungen zu West- und Ost-Deutschland erwiesen sich dabei als "sperrige" Aufgaben. Den Vertretern des Auftraggebers gilt unser Dank für das Verständnis und die gute Kooperation, vielen anderen Personen und Institutionen für wertvolle Unterstützung. München, im Februar 1996 Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung

Hinweise zu Auftrag und Inhalt sowie Bearbeitern der Studie

Ausgangspunkt für die vorliegende Studie war ein dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung erteilter Gutachtenauftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft. Anders als in vergleichbaren Monographien wird im vorliegenden Bericht auch auf die Aufgabenbeschreibung und die Vorgaben sowie auf detaillierte Vereinbarungen zur Abgrenzung und zu den Schwerpunkten hingewiesen, weil sonst die Grenzziehungen und die Inhalte nur schwer verständlich wären. Für die Durchführung der Untersuchungen wurde eine Fülle von Datenquellen, unterschiedlichsten Literaturhinweisen (auch "graue" literatur) und sonstigen Informationen sowie breites Expertenwissen aus dem In- und Ausland herangezogen und ausgewertet. Bei der ohnehin beträchtlichen Weite des Themenspektrums und den angestrebten Differenzierungen ergibt sich eine Materialfülle und -dichte, die nicht umfassend, sondern nur in einer zu begründenden Auswahl dokumentiert werden kann. Um die ohnehin schon ziemlich umfangreichen Darstellungen nicht zu überfrachten und die Lesbarkeit nicht unnötig zu beeinträchtigen, werden Quellennachweise nur in den Abbildungen und Tabellen direkt angeführt, ansonsten wird auf Fußnoten mit Zitaten vollständig verzichtet; im Text wird die vereinfachte Zitierweise "Name/Jahr" verwendet und damit gleichzeitig auf das Literaturverzeichnis verwiesen. Bewußt erfolgen jedoch manche Querverweise, Abgrenzungen und Begründungen wiederholt, weil realistischerweise von einer abschnittsweisen oder selektiven Lektüre der Studie ausgegangen wird. Eine gewisse "Ordnung" des Materials wird zwar auch mit "optischen" Mitteln angestrebt, es sollte aber kein "graphisches Lehrbuch" entstehen. In der Zusammenfassung (Kapitel 6) werden zur Verdeutlichung inhaltlich orientierte Zwischenüberschriften verwendet. Als Sprachregelung soll gelten: (Gesamt-)"Deutschland" steht für den Gebietsstand nach der Vereinigung 1990; die Begriffe "neue (Bundes-)Länder" und 'Ostdeutschland" werden für die Gebietsabgrenzung der (ehemaligen) DDR ebenso synonym verwendet wie "Westdeutschland" oder "alte (Bundes-)Länder" für das ehemalige Bundesgebiet (also einschließlich West-Berlin).

VII

Das vorliegende "Branchenbild Bauwirtschaft" wurde verantwortlich und schwerpunktmäßig in der Abteilung Bau- und Wohnungswirtschaft des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung bearbeitet (Leitung: Dr. Volker Rußig); wichtige Beiträge wurden von der Abteilung Industrie des ifo Instituts sowie für die ehemalige DDR und die neuen Länder vom LBFI - Institut für Regional- und Baumarktentwicklung, Leipzig, beigesteuert. Für Gesamtkonzeption und Gliederung sowie für Grundsatzentscheidungen zu Inhalt, Abgrenzungen und Darstellungen zeichnet - in Kooperation mit Vertretern des Auftraggebers, v.a. mit Dr. C. Böhm V. Rußig zusammen mit S. Deutsch M.A. vorantwortlich. Auf der Grundlage von Materialsammlungen sowie von unterschiedlich weit entwickelten (Roh-)Entwürfen zu Texten, Tabellen und Abbildungen für den Zwischen bericht bzw. für die (im Mai 1995 vorgelegte) Gutachtenfassung der Studie, nämlich - zu Abschnitt 2.1 (M. Breitenacher, K. Grefermann und L. Uhlmann, Abteilung Industrie des ifo Instituts) - zu den Abschnitten 2.2 und 3.3 (J. Hummel und S. Streit, LBFI) - zu Abschnitt 4.1 (K. Behring, ifo Institut) und - zu Abschnitt 4.3.1 (S. Deutsch), erarbeitete S. Deutsch in enger Abstimmung mit V. Rußig komplette Entwürfe zu den Kapiteln 1, 2 und 3 (mit Abbildungen und Tabellen). Textergänzungen zu diesen Kapiteln sowie die Kapitel 4, 5 und 6 stammen von V. Rußig, der auch die aufwendige Schlußredaktion der Gutachtenfassung übernommen hatte. Für die Veröffentlichung der Studie in der Schriftenreihe des ifo Instituts erwiesen sich eine ganze Reihe von Aktualisierungen (meist bis 1994/95) und umfangreiche inhaltliche Anpassungen als erforderlich. Außer S. Deutsch und V. Rußig hat hierzu A. Spillner (ifo Institut) mit Materialsammlungen, Auswertungen und Darstellungen sowie mit neuen Textentwürfen wesentlich beigetragen. Von Prof. Dr. W. Poppy (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) stammen ein eigenständiger Beitrag zu Entwicklungstendenzen der Bautechnik (Abschnitt 4.2.3) sowie Ergänzungen zu weiteren TextsteIlen. Die Textverarbeitung mit Einbezug von Abbildungen und Tabellen lag jeweils bei G. Gans/maier, deren Beitrag zur Fertigstellung dieser Studie nicht genug hervorgehoben werden kann.

VIII

Kapitelübersicht

Vorwort, Hinweise und Verzeichnisse

V

1 Untersuchungsziele sowie gesamtwirtschaftliche Bedeutung der deutschen Bauwirtschaft

1

2 Entwicklung und Stand der Leistungserstellung in den Betrieben des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes

41

3 Umfang und Nutzung der Bauwerksbestände sowie Stand und Entwicklung der Bautätigkeit zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken

161

4 Ausgewählte internationale und nationale Aspekte der Strukturdynamik auf der Produktions- und Nachfrageseite des deutschen Bausektors

237

5 Mittel- und längerfristige Perspektiven für die Bauwirtschaft in (West- und Ost-)Deutschland

327

6 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse sowie Empfehlungen für die Wirtschafts- und Unternehmenspolitik

399

Literaturverzeichnis

459

Anhang

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IX

Inhaltsverzeichnis

Vorwort, Hinweise und Verzeichnisse

V

1 Untersuchungsziele sowie gesamtwirtschaftlIche Bedeutung der deutschen Bauwirt~chaft

1

1.1 Anlaß, Ziele und Inhalt der Studie 1.1.1 Hintergrund und Ansatzpunkte der Untersuchung 1.1.2 Problemstellung, Einordnung und Aufbau der Untersuchung 1.2 Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen sowie Besonderheiten der (deutschen) "Bauwirtschaft" 1.2.1 Begriffserklärungen und Abgrenzungen 1.2.2 Spezifika des Bausektors und der Bautätigkeit 1.3 Datengrundlagen, Variablen und Meßkonzepte sowie Systematiken des Bausektors 1.3.1 Informationen über Bauwerksbestände und ihre Nutzung 1.3.2 Primärerhebungen zu Bauleistungen und Bautätigkeit 1.3.3 Informationen über Veränderungen der Bauwerks bestände sowie über Neuerrichtung und Erhaltung von Bauwerken 1.3.4 Bereitstellung von Informationen über Bauwerksbestände und Bautätigkeit in der DDR 1.4 Bedeutung der westdeutschen Bauwirtschaft im Rahmen der Gesamtwirtschaft 1.4.1 Anteil der Bruttowertschöpfung am Bruttoinlandsprodukt 1.4.2 Anteil der Bauinvestitionen am Bruttosozialprodukt 1.4.3 Internationaler Quervergleich der Bauanteile

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1 1 3 6 7 14 16 17 21 24 29 34 34 37 38

2 Entwicklung und Stand der Leistungserstellung in den Betrieben des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes

2.1 Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in Westdeutschland 2.1.1 Produktionsstätten 2.1.1.1 Unternehmen, Betriebe und Arbeitsstätten 2.1.1.2 Größenstruktur der Betriebe 2.1.1.3 Umsatzkonzentration 2.1.1.4 Arbeitsgemeinschaften 2.1.1.5 Insolvenzen 2.1.2 Produktionsfaktoren 2.1.2.1 Arbeit 2.1.2.2 Sachkapital 2.1.2.3 Einsatz von Geräten, Energie und Material 2.1.2.4 Reststoffverwertung und Umweltschutz 2.1.3 Meßgrößen der Produktion 2.1.3.1 Baugewerblicher Umsatz 2.1.3.2 Produktionswert 2.1.3.3 Bruttowertschöpfung 2.1.3.4 Index der Nettoproduktion 2.1.4 Produktivitätskennziffern 2.2 Entwicklungstendenzen im Baugewerbe der ehemaligen DDR bis zum Strukturbruch 1989/90 2.2.1 Begriffsbestimmungen und Zuordnungen 2.2.2 Produktionsstätten 2.2.2.1 Organisationsformen 2.2.2.2 Betriebsgrößen 2.2.3 Produktionsfaktoren 2.2.3.1 Arbeit 2.2.3.2 Sachkapital 2.2.3.3 Geräte- und Materialeinsatz, Forschung und Entwicklung

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42 42 43 51 54 56 57 58 59 69 79 93 100 100 103 105 106 109 121 122 123 123 124 127 127 131 137

XI

2.2.4 Produktion 2.2.4.1 Organisatorische Besonderheiten 2.2.4.2 Niveau, Entwicklung und Struktur der Bauproduktion 2.2.4.3 Produktionswert, Wertschöpfung und Nettoproduktion ' 2.2.5 Produktivitätskennziffern 2.3 Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in den neuen Bundesländern und in Gesamtdeutschland seit 1990 2.3.1 Anzahl und Größenstruktur der Betriebe 2.3.2 Anzahl und Qualifikation der Baubeschäftigten 2.3.3 Meßziffern der Bauproduktion 3 Umfang und Nutzung der Bauwerksbestände sowie Stand und Entwicklung der Bautätigkeit zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken 3.1 Niveau und Veränderung von Bauvermögen und Bauwerksbeständen in Westdeutschland 3.1.1 Bruttoanlage- und -bauvermögen 3.1.1.1 Niveau und Struktur des Anlagevermögens 3.1.1.2 Entwicklung und Zusammensetzung des Bauvermögens 3.1.1.3 Altersstruktur des Bruttobauvermögens 3.1.2 Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen 3.1.2.1 Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung 1987 3.1.2.2 Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 3.1.2.3 Determinanten und Entwicklung der Wohnungsversorgung

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141 141 143 146 147 149 150 154 157

161 163 163 163 166 170 172 173 175 177

3.2 Werte und Mengen der Bautätigkeit in Westdeutsch land 3.2.1 VGR-Bauinvestitionen 3.2.1.1 Anlage- sowie Ausrüstungs- und Bauinvestitionen 3.2.1.2 Entwicklung der Bauinvestitionen im Wirtschaftsbau 3.2.1.3 Entwicklung der Bauinvestitionen im öffentlichen Bau 3.2.1.4 Entwickung der Wohnungsbauinvestitionen 3.2.2 DIW-Bauvolumen 3.2.2.1 Umfang und Zusammensetzung des Bauvolumens 3.2.2.2 Anteile der Produzentengruppen am Bauvolumen 3.2.2.3 Differenzierung des Bauvolumens nach Bausparten 3.2.2.4 Struktur des Wohnungsbauvolumens 3.2.3 Fertigstellungen im Wohnungs- und Nichtwohnbau '3.2.3.1 Entwicklung der Fertigstellungen im Nicht-Wohnbau 3.2.3.2 Struktur der Fertigstellungen im gewerblichen Hochbau 3.2.3.3 Struktur der Fertigstellungen im öffentlichen Hochbau 3.2.3.4 Niveau und Struktur der Fertigstellungen im Wohnungsbau 3.3 Bauvermögen und Bauwerksbestände sowie Bautätigkeit in der DDR 3.3.1 Determinanten von Niveau und Struktur der Bauleistungen 3.3.2 DDR-Bauvermögen und -Bauwerksbestände 3.3.2.1 Grundmittelbestand 3.3.2.2 Wohnungsbestand und Wohnungsversorgung 3.3.2.3 Modernisierungsbedarf

178 179 179 184 189 191 193 193 194 196 196 198 199 200 202 204 209 209 211 211 212 216

XIII

3.3.3 Investitionen und Bauinvestitionen 3.3.3.1 Investitionen insgesamt sowie Niveau und Struktur der Bauinvestitionen 3.3.3.2 Verwendung des Bauaufkommens 3.3.4 Wohnungsfertigstellungen in der DDR 3.4 Bauwerksbestände und Verwendung der Bauleistungen in den neuen Ländern und in Gesamtdeutschland 3.4.1 Anlagevermögen: Schätzverfahren und Entwicklung 3.4.1.1 Berechnung des Kapitalstocks der neuen Länder 3.4.1.2 Bauvermögen der Unternehmen und der Wohnungsvermietung 3.4.2 Höhe und Entwicklung des Wohnungsbestandes 3.4.3 Niveau, Veränderung und Struktur von Bauinvestitionen und Bauvolumen 3.4.4 Fertigstellungen im Wohnungs- und Nichtwohnbau 4 Ausgewählte internationale und nationale Aspekte der Strukturdynamik auf der Produktions- und Nachfrageseite des deutschen Bausektors 4.1 Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft 4.1.1 Entwicklung, Stand und Effekte des (west-) deutschen Auslandsbaus 4.1.1.1 Zuordnungen, Abgrenzungen und Datengrundlagen 4.1.1.2 Entwicklung von Umfang, regionaler Verteilung und Finanzierung des traditionellen Auslandsbauvolumens 4.1.1.3 Bedeutung des Auslandsbaus für die deutsche Bauwirtschaft 4.1.1.4 Auslandsbau der ehemaligen DDR und der neuen Bundesländer XIV

217 218 219 221 223 224 224 225 227 229 232

237 238 239 240 243 249 251

4.1.2 Auslandsbautätigkeit von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften deutscher Firmen 4.1.2.1 Umfang und regionale Verteilung der Auftragswerte von Tochtergesellschaften und aus Beteiligung pn 4.1.2.2 Internationaler Wettbewerb um Auslandsbauaufträge 4.1.2.3 Bewertung und Effekte der Auslandsaktivitäten von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften 4.2 Veränderungen auf der Produktions- bzw. Angebotsseite der Bauleistungsmärkte 4.2.1 Struktur, Herkunft und Produktpalette der Bauleistungen anbietenden Unternehmen 4.2.2 Zusammensetzung, Herkunft und Qualifikation der Bauarbeitskräfte sowie Ansätze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Bausektor 4.2.2.1 Akteure bei der Erbringung von Bauleistungen 4.2.2.2 Status quo-Prognose aer Baubeschäftigung 4.2.2.3 Alternativ-Szenarien zur Entwicklung der Belegschaften im Bauhauptgewerbe 4.2.2.4 Bestrebungen zur saisonalen Einkommensverstetigung und zur Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes 4.2.3 Einsatz von langlebigen Kapitalgütern und Baugeräten sowie von neuen Bautechniken 4.2.3.1 Anwendung der Mikroelektronik in Baumaschinen 4.2.3.2 Automatisierung und Roboterisierung im Bauwesen 4.2.3.3 Informationstechnologie tür Baustellenorganisation und Projektmanagement 4.2.3.4 Technologien des Baustoff-Recyclings

252 252 257 259 260 261 264 264 266 271 274 277 278 283 289 293

XV

4.2.4 Kombination des Einsatzes der Produktions-

faktoren und Organisation von Baustellen und Baubetrieben

296

4.3 Nachfrageseitige Veränderungen bei Auftraggebern.

Bauherren und Einflußfaktoren

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4.3.1 Privatisierung und private Finanzierung

öffentlicher Infrastruktureinrichtungen 4.3.1.1 Definition und Grenzen sowie Vorteile der Privatisierung 4.3.1.2 Formen der Privatisierung und Vertragsbeziehungen 4.3.1.3 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und auf die Bauwirtschaft sowie Wertung von Privatisierungsmaßnahmen 4.3.2 Stand und Entwicklung der Privatisierung von Wohnungen und Unternehmen in den neuen Bundesländern 4.3.3 Verschiebungen sowie Quervergleiche bei der Bauherren- und Gebäudestruktur im Wohn- und Nichtwohnbau 4.3.4 Systematische und nachhaltige Veränderungen bei Rahmenbedingungen und Determinanten der Nachfrage nach Bauleistungen und Bauwerksnutzungen 5 Mittel- und längerfristige Perspektiven für die Bauwirtschaft in (West- und Ost-)Deutschland

298 299 302

307

311

317

325

327

5.1 Trendprognosen für Bausparten und Baubereiche

in Westdeutschland

329

5.1.1 Rahmenbedingungen und Einflußfaktoren der

Bautätigkeit 5.1.1.1 Übergeordnete Einflüsse und Entscheidungsketten sowie Bedarf an Bauwerksnutzungen

XVI

329

329

5.1.1.2 Baubedarf und demographische Entwicklungstendenzen 5.1.1.3 Kaufkraft und relative Zahlungsbereitschaft 5.1.1.4 Preise tür Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen 5.1.1.5 Staatseinflüsse: Steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen 5.1.2 Perspektiven der westdeutschen Bautätigkeit nach Sparten 5.1.2.1 Wohnungsbau: Bauvolumen und Fertigstellungen 5.1.2.2 Wirtschaftsbau (Hoch- und Tiefbau) 5.1.2.3 Öffentlicher und Verkehrsbau 5.1.3 Aggregation und räumliche Differenzierung der Trendvorausschätzungen des Bauvolumens 5.1.3.1 Vergleich der Bausparten und zusammengefaßte Trendprognosen des Bauvolumens 5.1.3.2 Räumliche Differenzierung der Trendentwicklungen 5.2 Projektion der Bautätigkeit in Ostdeutschland bis 1999 5.2.1 Baubedarf und weitere Einflußfaktoren der Bautätigkeit 5.2.1.1 Baubedarf und demographische Entwicklungstendenzen 5.2.1.2 Kaufkraft und relative Zahlungsbereitschaft 5.2.1.3 Preise für Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen 5.2.1.4 Staatseinflüsse (steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen)

2 Bauwirtschaft

331 341 345 349 352 352 358 361 364 365 368 371 373 373 378 379 380

XV 11

5.2.2 Entwicklungstendenzen der Bautätigkeit in den Sparten sowie insgesamt 5.2.2.1 Wohnungsbauinvestitionen und -fertigstellungen 5.2.2.2 Bauinvestitionen der Unternehmen und des Staates 5.2.2.3 Gegenüberstellung der Bausparten und aggregierte Bauinvestitionen 5.3 Zusammenfassung der Tendenzaussagen für Westund Ostdeutschland zu langfristigen Perspektiven für den gesamtdeutschen Bausektor 5.3.1 Annahmen zu Rahmenbedingungen und Einflußfaktoren 5.3.2 Ansätze zur Einschätzung der Langfristentwicklung der Bautätigkeit 6 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen für die Wirtschafts- und Unternehmenspolitik 6.1 Zielsetzungen dieses "Branchenbildes Bauwirtschaft" und gesamtwirtschaftliche Bedeutung des deutschen Bausektors 6.1.1 Reiz und Risiko einer Strukturuntersuchung des Bausektors an der Nahtstelle einschneidender Veränderungen durch Internationalisierung sowie auf der Angebotsund Nachfrageseite 6.1.2 Produktion des Baugewerbes und Veränderungen des Bauvermögens durch Bautätigkeit als Gegenpole eines wichtigen Sektors mit vielfältigen Besonderheiten 6.1.3 Verwirrende, aber zielführende Vielfalt an Systematiken und Datenquellen zur Erfassung und Analyse von Bauwerksbeständen und Bautätigkeit XVIII

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6.1.4 "Schlüsselsektor" Bauwirtschaft und ökonomisches "Gesetz" vom fallenden Bauanteil am Bruttoinlandsprodukt 6.2 Entwicklung und Stand der Leistungserstellung in den Betrieben des deutschen Baugewerbes (Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe) 6.2.1 Dominanz der Klein- und Mittelbetriebe im westdeutschen Bauhauptgewerbe mit über einer Million Beschäftigten bei Schwerpunkt im Hochbau mit anhaltenden Spezialisierungstendenzen und stark schwankender Rentabilität 6.2.2 Wenige Kombinate mit Großbetrieben und starker vertikaler Integration sowie formal hochqualifizierten Arbeitskräften, aber gleichwohl niedriger Produktivität prägten die DDR-Bauwirtschaft 6.2.3 Trotz hoher Angleichungsdynamik im Osten immer noch beträchtliche Unterschiede bei den über 100 000 Betrieben sowie bei über 2 Millionen Beschäftigten und steigenden Umsätzen des gesamtdeutschen Baugewerbes 6.3 Höhe und Nutzung der Bauwerksbestände sowie Niveau und Entwicklung der Bautätigkeit zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken 6.3.1 Hohes und stetig wachsendes, aber rasch alterndes Bauvermögen bei Eigentümern und Nutzern von Gebäuden und Tiefbauten sowie anhaltend große Wohnungsdefizite trotz Rekordniveau des Wohnungsbestandes (28 Millionen) in Westdeutschland 6.3.2 Heftige konjunkturelle Schwankungen der westdeutschen Bautätigkeit und der Wohnungsfertigstellungen überlagern Trendverluste des öffentlichen Baus, der Wohnungsneubau verzeichnete aber zuletzt einen kräftigen Niveausprung r

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6.3.3 Trotz überhöhtem Nachweis blieben Bauvermögen und Bauinvestitionen sowie Wohnungsbestand und -fertigstellungen in der DDR weit hinter den Bedarfsanforderungen bzw. dem zur Substanzerhaltung notwendigen Umfang zurück 428 6.3.4 Obwohl zunehmend verläßliche Datengrundlagen verfügbar sind oder geschaffen werden, entsteht erst langsam das Bild eines gesamtdeutschen Baumarktes mit Tempobestimmung, aber wachsenden Risiken, durch die neuen Länder 429 6.4 Ausgewählte internationale und nationale Aspekte der Strukturdynamik auf der Produktions- und Nachfrageseite des deutschen Bausektors 6.4.1 Die Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft vollzieht sich auf der Angebots- und Nachfrageseite der Bau(leistungs)märkte in unterschiedlichen Formen und durch verschiedene Akteure mit dem Nebeneffekt von "Türöffnern" und des "Finanz-Recyclings" 6.4.2 Dekonzentration in der Konzentration mit vielen "sonstigen" Arbeitskräften und anteilig mehr Hochqualifizierten bei ·schlanken" Strukturen, weiterentwickelten Bautechniken, Mikroelektronikeinsatz und effizienten Vernetzungen kennzeichnen die Angebotsseite des Bauleistungsmarktes 6.4.3 Erhöhte Strukturdynamik auch auf der Nachfrageseite der Baumärkte durch die staatliche Finanzklemme und Privatisierungen von Aufgaben und Bauwerksbeständen sowie durch Auslagerungen auf Bauträger und die Folgewirkungen des west-östlichen Strukturbruches

xx

431

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435

439

6.5 Mittel- und längerfristige Perspektiven für die Bauwirtschaft in (West- und Ost-)Deutschland 6.5.1 Sprunghaft gestiegener Baubedarf bei verlangsamter Einkommenszunahme, hohem Preisniveau und dämpfendem Staatseinfluß ergeben anfangs beträchtliche, dann nurmehr moderate Trendwachstumsraten des Bauvolumens und der Fertigstellungen in Westdeutschland 6.5.2 Hoher Baubedarf wegen maroder Bausubstanz und niedrigem Ausgangsniveau sorgt zusammen mit enormen Transferzahlungen und rasch steigender Kaufkraft für dynamische Ausweitung der Bauinvestition in Ostdeutschland 6.5.3 Nach überwundener Struktur- und Anpassungskrise wächst zwar das Bauvolumen in den alten Bundesländern wieder, aber aus den neuen Ländern kommen doch die entscheidenden Impulse für ein beachtlich hohes Trendwachstum des gesamtdeutschen Bauvolumens 6.6 Ansätze zu Konsequenzen und Empfehlungen an die Wirtschafts-, Verbands- und Unter· nehmenspolitik

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Literaturverzeichnis

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Anhang

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Verzeichnis der Tabellen Seite

Tab.-Nr. 1.1 1.2 1.3 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14

XXII

Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung des produzierenden und des Baugewerbes 1985 bis 1994 Anteile (in %) von Bauhaupt- und Ausbaugewerbe an der nominalen Bruttowertschöpfung des Baugewerbes 1987 bis 1994 Bruttoinlandsprodukt und Bauinvestitionen in Westdeutschland Unternehmen im westdeutschen Baugewerbe 1993 Arbeitsstätten und Betriebe im westdeutschen Baugewerbe 1987 nach verschiedenen Statistiken Bestandsveränderungen der Zahl der Betriebe des westdeutschen Bauhauptgewerbes nach Größenklassen 1994 Wirtschaftszweige im Bauhauptgewerbe nach Größenklassen 1994 Anteil der größten Unternehmen im Baugewerbe am Umsatz 1991 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach Betriebsgrößenklassen 1970 bis 1994 (ausgewählte Jahre) Beschäftigte im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Betriebsgrößenklassen 1994 Beschäftigte im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Arbeitsstättengrößenklassen 1970 und 1987 Arbeitseinsatz im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1970 bis 1994 Geleistete Arbeitsstunden im Bauhauptgewerbe nach Bauarten Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach ihrer Stellung im Betrieb Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach ihrer Qualifikation 1994 Anlageinvestitionen im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1970 bis 1993 (ausgewählte Jahre) Investitionskennzitfern des Bauhauptgewerbes 1970 bis 1993

35 36 37 46 50 52 53 55 61 62 63 64 65 67 68 69 72

Seite

Tab.-Nr. 2.15 2.16 2.17 2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24 2.25 2.26 2.27 2.28 2.29 2.30 2.31 2.32

Investitions kennziffern im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Wirtschaftszweigen 1993 Kapazitätsausnutzung im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Anteil der Energiekosten am Bruttoproduktionswert von Bauhauptgewerbe und Baugewerbe 1993 in % Innovationskennziffern des Baugewerbes 1993 Vorleistungs beziehungen des westdeutschen Bauhauptgewerbes Bedeutung des westdeutschen Fertigteilbaus nach Gebäudearten Baureststoffe nach dem Abfallgesetz Festgelegte Verwertungsquoten für Baureststoffe 1992 bis 1995 Verwendungsmöglichkeiten für BaustoffRecyclingprodukte Baugewerblicher Umsatz im westdeutschen Bauhauptgewerbe Baugewerblicher Umsatz im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Bauarten und Wirtschaftszweigen 1970 bis 1994 Entwicklung des Produktionswertes im westdeutschen Baugewerbe 1970 bis 1993 Kostenstruktur im Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1993 Anteile der Kostenarten im westdeutschen Bauhauptgewerbe in % des Bruttoproduktionswertes 1980 bis 1993 Kombinate und Betriebe der Bauwirtschaft in der DDR 1989 Berufstätige der Produktionsbetriebe der DDRBauindustrie nach Betriebsgrößengruppen 1989 Struktur der Arbeitskräfte in der Bauindustrie der DDR 1980 bis 1989 Abschreibungen und Investitionen in der DDR-Bauwirtschaft

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Tab.-Nr. 2.33 2.34 2.35 2.36 2.37 2.38 2.39 2.40 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10

XXIV

Entwicklung des Anteils produktionsbestimmender Maschinen, die älter als 10 Jahre sind, in der Bauwirtschaft der DDR Anzahl der Betriebe im deutschen Baugewerbe 1991 bis 1994 Baubetriebe 1994 nach Beschäftigtengrößenklassen Erwerbstätige insgesamt und Beschäftigte im Baugewerbe 1991 bis 1994 Beschäftigte im deutschen Baugewerbe im Juni 1994 Qualifikation der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe 1994 Baugewerblicher Umsatz des deutschen Bauhauptgewerbes 1991 bis 1994 Bruttowertschöpfung des Baugewerbes 1991 bis 1994 Bruttoanlagevermögen in Westdeutschland 1994 nach Sektoren sowie nach Eigentümer- und Benutzerkonzept Wohngebäude und Wohnungen in Westdeutschland 1987 Zusammensetzung des DIW-Bauvolumens für Westdeutschland nach Produktionsbereichen und Produzentengruppen 1994 Anteile (in %) des Bauvermögens am gesamten durchschnittlichen Grundmittelbestand der DDR nach Wirtschaftsbereichen 1980 bis 1989 DDR-Wohnungsbestand 1981, 1985 und 1989, insgesamt sowie nach Eigentümerkategorien Höhe und Zusammensetzung des Baubedarfs zur Anpassung des DDR-Wohnungsbestandes an die Normvorgaben 1990 Gebaute und fertiggestellte Wohnungen in der DDR Bruttoanlagevermögen in den neuen Bundesländern: Absolutwerte 1992 bis 1994 nach Sektoren und Arten Wohnungsbestand in den alten und neuen Bundesländern sowie in Gesamtdeutschland 1989 bis 1993 Reale Bauinvestitionen in den neuen Bundesländern 1991 bis 1994

138 150 153 154 155 156 158 160

164 173 194 212 213 217 222 225 228 230

Seite

Tab.-Nr. 3.11 3.12 3.13

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 4.11 4.12 4.13

Reale Bauinvestitionen in Gesamtdeutschland und in den neuen Bundesländern 1991 bis 1994 Struktur des DIW-Wohnungsbauvolumens in den neuen Bundesländern: Neubau- und Bestandsmaßnahmen Anteile der Gebäudearten an der fertiggestellten Nutzfläche aller neuerrichteten Nichtwohngebäude in den neuen Bundesländern 1991 bis 1994 Auslandsbau des deutschen Bauhauptgewerbes 1980 bis 1993 Erteilte Aufträge im traditionellen Auslandsbau 1980 bis 1994 Geographische Aufteilung des traditionellen Auslandsbaus (west-)deutscher Bauunternehmen 1984 bis 1994 Verflechtungen der europäischen Bauwirtschaft 1991/92 Auslandsaufträge der deutschen Bauindustrie an Mutter- sowie an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften 1984 bis 1 994 Zusammengefaßte Auslandsaktivitäten der deutschen Bauindustrie 1985 bis 1992 Auslandsbauaufträge wichtiger Industrieländer 1988 bis 1994 Kapitaleinsatz sowie Automatisierungsgrad und Mikroelektronikanwendung bei verschiedenen Produktionsstufen im Bausektor Sanierungsfähiger Wohnungsbestand in den neuen Ländern 1990 nach Eigentumsformen Bestandsentwicklung der im Treuhand-Portfolio befindlichen Unternehmen insgesamt und im Baugewerbe 1990 bis 1994 Marktvolumen und Marktstruktur der "Bauträger u.ä." in den alten Bundesländern 1991 bis 1993 Marktanteil der Bauträger an den Hochbaufertigstellungen in den alten Bundesländern 1991 bis 1993 Markt der Bauträger in den neuen Ländern 1993

231 232 234 244 245 246 253 255 256 258 280 312 315 321 322 324 XXV

Tab.-Nr. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10

6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7

XXVI

Seite Baubedarf in den alten Bundesländern bis zum Jahr 2000 Annahmen ausgewählter Bevölkerungsprognosen für die alten Bundesländer Entwicklung der Privathaushalte in den alten Bundesländern 1980 bis 2010 Struktur der Wohnungsfertigstellungen in Westdeutschland Öffentlicher und Verkehrsbau: Anteile (in %) der Teilsparten am Bauvolumen 1976 bis 2005 Trendanteile der Baubereiche und -sparten am westdeutschen Bauvolumen 1975 bis 2005 Baubedarf in den neuen Bundesländern 1991 bis 2005 Struktur der Wohnungsfertigstellungen in Ostdeutschland 1993 und 1994 sowie 1995 bis 1999 Strukturvergleich des Baubedarfs in Westund Ostdeutsch land Projektionen des Bauvolumens nach Sparten 1995 bis 2005 in West- und Ost- sowie in Gesamtdeutschland Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach ihrer Stellung im Betrieb Kostenstruktur im Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1993 Betriebe im deutschen Baugewerbe 1994 Beschäftigte im deutschen Baugewerbe 1994 Entwicklung des traditionellen Auslandsbaus des westdeutschen Bauhauptgewerbes 1980 bis 1993 Struktur der Wohnungsfertigstellungen in Westdeutschland Projektionen des Bauvolumens nach Sparten 1995 bis 2005 in West- und Ost- sowie in Gesamtdeutschland

333 337 340 356 364 367 374 385 391 397 409 413 419 420 432 448 455

Verzeichnis der Abbildungen Abb.-Nr. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11

Die deutsche Bauwirtschaft Statistische Erhebungen über die Bauwirtschaft in Westdeutschland Primärerhebungen im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe Schema für die Ermittlung der VGR-Bauinvestitionen Zusammensetzung des DIW-Bauvolumens Anteil des Baugewerbes und anderer Wirtschaftsbereiche an der Bruttowertschöpfung aller Unternehmen 1994 Veränderungsraten (in %) von Bruttoinlandsprodukt und Bauinvestitionen in Westdeutschland 1980 bis 1994 Anteil der Bauinvestitionen am Bruttosozialprodukt in ausgewählten Industrieländern 1970 bis 1994 Betriebe im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Betriebsgrößenklassen im westdeutschen Bauhauptgewerbe Anzahl der Konkurse und Vergleichsverfahren in Westdeutschland insgesamt und in der Bauwirtschaft 1970 bis 1994 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach Wirtschaftszweigen 1994 Entwicklung des Arbeitsvolumens im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe Westdeutschlands 1980 bis 1994 Anlageinvestitionen im westdeutschen Baugewerbe 1980 bis 1995 Entwicklung des Kapitaleinsatzes im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Kapitalintensität im westdeutschen Bauhauptgewerbe Faktoreinsatzverhältnis im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe 1980 bis 1994 Materialverbrauch und Nachunternehmerleistungen im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1993 Anteil des Fertigteilbaus an den Baugenehmigungen

12 18 22 26 28 36 38 39 48 51 58 60 66 71 75 77 78 86 90

XXVII

Abb.-Nr. 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17

2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24 2.25

XXVIII

Nominale Bruttowertschäpfung im westdeutschen Baugewerbe Nettoproduktion im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe Westdeutschlands 1980 bis 1994 Produktion im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Arbeitsproduktivität im westdeutschen Bauhauptgewerbe: Produktion je geleisteter Arbeitsstunde 1980 bis 1994 Kapitalproduktivität im westdeutschen Bauhauptgewerbe: Produktion zu ausgelastetem Kapitalstock 1980 bis 1994 Produktivitätsentwicklung: Nettoproduktion, Arbeitsvolumen und ausgelasteter Kapitalstock 1980 bis 1994 im westdeutschen Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe Rentabilität im westdeutschen Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1980 bis 1993 Zusammenhänge der Gliederung nach Bauwesen, Bauindustrie und Bauwirtschaft in der ehemaligen DDR mit Seschäftigtenangaben für 1989 Berufstätige in der Sauwirtschaft der DDR 1970 bis 1989 Anteil der Hoch- und Fachschulabsolventen an den Berufstätigen in der Bauindustrie der DDR 1970 bis 1988 Qualifikationsstruktur in der Bauindustrie der DDR 1989 Anteil der Bauwirtschaft am Bruttoanlagevermägen der gesamten Volkswirtschaft der DDR (in %) 1955 bis 1989 Durchschnittlicher Grundmittelbestand in den produzierenden Bereichen der DDR-Volkswirtschaft 1970 bis 1989 Investitionen der Bauwirtschaft in der DDR 1975 bis 1987: Ausrüstungen und Bauten (in Mill. Mark)

105 107 108 110 112

114 120 122 128 130 131 132 133 136

Abb.-Nr. 2.26 2.27 2.28 2.29 2.30 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15

Bestand an wichtigen Baumaschinen je 10 000 Beschäftigte in der DDR und in der BRD 1986 Entwicklung des Mitteleinsatzes für Wissenschaft und Technik in den Wirtschaftsbereichen der DDR 1971 bis 1989 Entwicklung der DDR-Bau produktion nach Bereichen Struktur der Produktion der Bauindustrie in der DDR Umsatz pro Beschäftigten im ostdeutschen Baugewerbe 1991 bis 1994 Bruttobauvermögen der drei großen Sektoren 1970 bis 1994 Bruttobauvermögen des warenproduzierenden Gewerbes 1970 bis 1994 Bruttobauvermögen des tertiären Sektors 1970 bis 1994 Altersaufbau des Bruttobauvermögens in Westdeutschland nach Sektoren 1970, 1984 und 1994 Entwicklung des Wohnungsbestandes in Westdeutschland 1962 bis 1994 Gebäude- und Wohnungsbestand in Westdeutschland 1993 Wohnungsversorgung in Westdeutschland 1980 bis 1999: Bestimmungsgrößen und Entwicklung Bruttoinvestitionen (Ausrüstungen und Bauten) in Westdeutschland 1994 Anteile der Bausparten an den westdeutschen Bauinvestitionen 1970 bis 1994 Absolutwerte der westdeutschen Bauinvestitionen nach Bausparten 1970 bis 1994 Bauinvestitionen im warenproduzierenden Gewerbe Bauinvestitionen im tertiären Sektor Öffentliche Bruttoanlageinvestitionen nach Aufgabengebieten 1970 und 1990 Anteile der Produzentengruppen am westdeutschen Bauvolumen Strukturveränderungen im DIW-Wohnungsbauvolumen 1965 bis 1995

Seite

137 141 144 145 159 166 168 169 171 174 176 178 180 181 183 186 188 191 195 197 XXIX

Abb.-Nr. 3.16 3.17 3.18 3.19 3.20 3.21 3.22 3.23 3.24 3.25 3.26 3.27

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5

XXX

Entwicklung der Nutzfläche von fertiggestellten Nichtwohnbauten Index-Anteile der Gebäudearten an der Nutzfläche der Fertigstellungen im gewerblichen Bau 1970 bis 1994 Index-Anteile der Gebäudearten an der Nutzfläche der Fertigstellungen im öffentlichen Hochbau 1970 bis 1994 Entwicklung der Wohnungsfertigstellungen nach Gebäudearten Anteil der fertiggestellten Wohneinheiten in Ein- und Zweifamiliengebäuden an allen Wohnungsfertigstellungen 1970 bis 1994 Ausgewählte Kennziffern für den westdeutschen Wohnungsbau Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit in Westdeutschland insgesamt sowie im sozialen Wohnungsbau 1950 bis 1994 Struktur des Wohnungsbestandes der DDR 1989 Vergleich der Qualität ausgewählter Bauteile - Dauerbeständigkeit DDR-Bauinvestitionen nach Wirtschaftsbereichen 1970 bis 1989 Verwendung des Bauaufkommens der DDR 1988 Genehmigungen und Fertigstellungen im Wohnungsbau der neuen Bundesländer: Wohnungen in neuen Wohngebäuden Akteure bei der Erbringung von Bauleistungen (Rohbau und Ausbau) in Deutschland Bedarf und Angebot an Bauarbeitskräften im (west- und ost-)deutschen Bauhauptgewerbe 2004 Altersstruktur der sozialversicherungspflichtig BeSChäftigten im west- und ostdeutschen Bauhauptgewerbe 1994 Formen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben Leistungsströme und Vertragsbeziehungen bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben

199 201 203 205 206 208 210 214 215 219 221 235 264 268 270 303 304

Abb.-Nr. 4.6 4.7

Betreibermodell: Leistungsströme und Rechte Verbleib der Beschäftigten aus den Treuhandunternehmen 1991 bis 1994

5.1

Berechnungsschema zur Ermittlung des Baubedarfs für die Erweiterung und Erhaltung des baulichen Kapitalstocks Bauvolumen 1980 bis 1987 und durchschnittlicher jährlicher Baubedarf 1988 bis 2000 in Westdeutschland Bevölkerungsprognosen für die alten Bundesländer bis 2010 Durchschnittsgröße der Privathaushalte in 0/'Iestund Ost-)Deutschland 1950/1980 bis 2010 Wirtschaftswachstum in Westdeutsch land bis 2005 Verfügbare Einkommen in Westdeutsch land 1980 bis 1993 Preisindices tür Bauland, Bauleistungen und Privatverbrauch in Westdeutschland Wohnungen im sozialen Wohnungsbau in Westdeutschland Westdeutsches Wohnungsbauvolumen: Konjunktur und Trend bei Neubau und Altbauerneuerung 1975 bis 2005 Fertiggestellte Wohnungen in Wohn- und Nichtwohnbauten in den alten Bundesländern mit West-Berlin 1980 bis 2005 Wohnungsfertigstellungen im internationalen Vergleich Trendentwicklung des westdeutschen Wirtschaftsbaus im Vergleich mit Bruttosozialprodukt und Ausrüstungsinvestitionen Konjunktur- und Trendentwicklung des Bauvolumens im öffentlichen und Verkehrsbau Westdeutschlands Vergangenheitsentwicklung des Bauvolumens 1960 bis 1996 in den Sparten Wohnungs-, Wirtschaftsund öffentlicher Bau

5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11 5.12 5.13 5.14

Seite 306 316

332 334 338 339 342 343 346 350 354 357 358 360 363 365

XXXI

Abb.-Nr. 5.15 5.16 5.17 5.18 5.19 5.20 5.21 5.22 5.23 5.24 5.25 5.26 5.27 5.28 5.29

6.1 6.2 6.3

XXXII

Trendentwicklung der westdeutschen Bausparten im Vergleich Konjunktur- und Trendentwicklung des aggregierten westdeutschen Bauvolumens 1980 bis 2005 Trendentwicklung der aggregierten Bauleistung in den fünf westdeutschen Großregionen 1979 bis 1998 Tendenzvorausschätzungen der Fertigstellungen in Mehrfamiliengebäuden in den 75 westdeutschen Raumordnungsregionen Erhaltungs- und Erweiterungsbaubedarf in den neuen Ländern nach Teilbereichen 1991 bis 2005 Bevölkerungsentwicklung und -prognosen für Ostdeutschland 1970 bis 2010 Bewilligungen im sozialen Wohnungsbau der neuen Länder 1991 bis 1994 Geplante Wohnungsprivatisierungen in den neuen Ländern 1994/95 sowie 1996 bis 2003 Bauinvestitionen nach Sparten in den neuen Ländern 1989 bis 1994 und Projektion bis 1999 Hypothetischer Baubedarf und realisierte Bauinvestitionen in den neuen Ländern 1990 bis 2005 Bevölkerungsentwicklung und -prognosen für Deutschland 1970 bis 2010 Entwicklung der öffentlichen Verschuldung 1989 bis 1995 Entwicklung der Bauinvestitionen nach Sparten in West- sowie in Gesamtdeutschland 1985 bis 1995 Bauinvestitionen je Einwohner in West- und Ostdeutsch land Trend-Entwicklung und -Projektion der Bautätigkeit in West- und Gesamtdeutschland 1980 bis 2005 bzw. 1991 bis 2005 Die deutsche Bauwirtschaft Betriebsgrößenklassen im westdeutschen Bauhauptgewerbe Anteil des Fertigteilbaus an den Baugenehmigungen

366 368 370 372 376 377 381 382 387 389 393 394 395 396 398 402 406 410

Abb.-Nr. 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 6.13

Produktion im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Zusammenhänge der Gliederung nach Bauwesen, Bauindustrie und Bauwirtschaft in der ehemaligen DDR Qualifikationsstruktur der Baubeschäftigten in der DDR 1989 Entwicklung des Wohnungsbestandes in Westdeutschland Anteile der Bausparten an den westdeutschen Bauinvestitionen 1970 bis 1994 Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit in Westdeutschland insgesamt sowie im sozialen Wohnungsbau 1950 bis 1994 Trendentwicklung der westdeutschen Bausparten im Vergleich Konjunktur- und Trendentwicklung des aggregierten westdeutschen Bauvolumens 1980 bis 2005 Bauinvestitionen nach Sparten in den neuen Ländern 1989 bis 1994 und Projektion bis 1998 Trend-Entwicklung im -Projektion der Bautätigkeit in West- und Gesamtdeutschland 1980 bis 2005 bzw. 1991 bis 2005

3 Bauwirtschaft

412 415 416 423 425 427 449 450 453 456

1 Untersuchungsziele sowie gesamtwirtschaftliche Bedeutung der deutschen Bauwirtschaft 1.1

Anlaß, Ziele und Inhalt der Studie

Kaum daß die westdeutsche Bauwirtschaft die letzte tiefgreifende, von etwa Mitte der siebziger bis gegen Ende der achtziger Jahre dauernde Strukturanpassungskrise bewältigt hatte, stellten sich ihr zwei neue, wohl noch größere Herausforderungen: Die Öffnung zum Europäischen Binnenmarkt und die Integration des ostdeutschen zu einem gesamtdeutschen Bausektor.

Deutlicher und intensiver als derzeit in der Realität kann man sich sektorspezifische Umbruchsituationen in der Wirtschaft und die damit einhergehenden Herausforderungen durch neue Märkte und zusätzliche Wettbewerber in Friedenszeiten kaum vorstellen. Die traditionell eher binnenorientierte und (deshalb) ·statische" Bauwirtschaft in Deutsch/and ist durch diese und andere "Öffnungen" und Markterweiterungen ungewöhnlich heftig in Bewegung geraten. Diese besondere Strukturdynamik und Fragen nach den Konsequenzen und Perspektiven waren Anlaß und Auslöser für die vorliegende Studie.

1.1.1 Hintergrund und Ansatzpunkte der Untersuchung Der Bausektor zählt auch in der deutschen Volkswirtschaft zu den Wirtschaftsbereichen mit herausgehobener Bedeutung. Nicht nur sein quantitativ hohes Gewicht - gemessen etwa am Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt oder an der Beschäftigtenzahl -, sondern auch eine Reihe von Besonderheiten verleihen ihm die Rolle eines "Schlüsse/sektors": Die engen Verflechtungen mit anderen Wirtschaftszweigen, die Langlebigkeit und "Auffälligkeit" der Bauwerke sowie die - teilweise damit zusammenhängenden - besonders intensiven Staatseingriffe und die Bedeutung der Gebäude und Tiefbauten als Produktionsvoraussetzung und Standortfaktor sowie zur Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" sind hier in erster Linie zu nennen. In diesem zentralen Wirtschaftsbereich und "um diesen herum" haben sich in den beiden deutschen Teilstaaten und durch die Wiedervereinigung eine ganze Reihe von einschneidenden Veränderungen vollzogen, auf die hier einleitend nur mit wenigen Stichworten hingewiesen werden soll:

3'

1

• Nachfrage nach Bauleistungen: Partielle Sättigungserscheinungen oder doch unterschiedlich stark ausgeprägte Abschwächungen der Baunachfrage in allen drei Bausparten seit Mitte der siebziger Jahre hatten in Westdeutschland eine gravierende Strukturanpassungskrise ausgelöst, die erst zu Beginn der neunziger Jahre langsam von einer (überwiegend von den privaten Baubereichen getragenen) Trendwende nach oben abgelöst wurde. Die anhaltende Nachfrageschwäche im öffentlichen Bau führt zu einer Fortdauer der strukturellen Verschiebungen, zu denen (wenn auch zunächst wohl nur in quantitativ geringem Umfang) auch die "Privatisierung" bislang öffentlicher Einrichtungen und Bauvorhaben beiträgt. Der stark "transfergestützte" steile Aufschwung in den neuen Bundesländern bringt eine massive regionale Verschiebung der insgesamt wieder steigenden Baunachfrage mit sich. • Angebot an Bauleistungen: Nachfragerückgang und Strukturverschiebungen hatten im ehemaligen Bundesgebiet eine Intensivierung des Wettbewerbs und in dessen Folge scharfe Kapazitätsanpassungen mit Beschäftigtenabbau und Entlassungen sowie eine steigende Zahl von Insolvenzen zur Folge. Mit der Verschärfung der Wettbewerbssituation und dem wieder steigenden Nachfragevolumen gingen einerseits ein "Mechanisierungsschub", andererseits Bemühungen um die Anhebung der Qualitätsstandards sowie um eine Verbreiterung und Vertiefung der Produktpalette einher. In Ostdeutschland durchleben Betriebe und Beschäftigte nach einem schmerzhaften Anpassungsprozeß jetzt einen "phönixgleichen" Wiederanstieg. • Internationalisierung bzw. Europilsierung der Baumärkte: Mit dem Wiedererstarken des deutschen Auslandsbaus (nach zwischenzeitlich scharfem Einbruch), aber auch mit der Vollendung des EG-Binnenmarktes und der Schaffung und Erweiterung der Europäischen Union ergaben sich einerseits größere "Exportchancen', andererseits aber ein verschärfter Wettbewerb auf den heimischen Baumärkten durch ausländische Unternehmen, insbesondere aber durch billigere Arbeitskräfte. Selbst bei den Wirtschaftszweigsystematiken werden gravierende Veränderungen eintreten. Mit den Umbrüchen in Ostmittel- und Osteuropa sowie mit den damit verbundenen Grenzöffnungen haben sich Chancen und Risiken nochmals erweitert. Als neue Dimension werden die Baumärkte in und die Konkurrenten aus Südostasien hinzukommen. 2

- Vereinigung Deutschlands: Als bereits angesprochener Spezialaspekt mit kaum zu unterschätzender Bedeutung für den Gesamtmarkt wie für die Vielzahl regionaler Baumärkte in Deutschland sind die epochalen Veränderungen durch den Zusammenbruch des DDR-Regimes und den Beitritt der neuen Länder zum Geltungsbereich des Grundgesetzes hinzugekommen. Für Niveau und Struktur von Unternehmen, Betrieben und Beschäftigten sowie für die Kapitalausstattung im deutschen Bausektor ergeben sich tiefgreifend veränderte Ausgangsbedingungen und Perspektiven.

An einer derartigen "Nahtstelle" von Entwicklungen besteht einerseits ein besonderer Reiz, andererseits entstehen auch zahlreiche Risiken und (Abgrenzungs-)Schwierigkeiten für die Bearbeitung einer "Darstellung und Analyse des Strukturwandels der Bauwirtschaft in den alten und neuen Bundesländern" (so die erweiterte Aufgabenbeschreibung). An provozierenden Anlässen und interessanten Anknüpfungspunkten für eine derartige Strukturuntersuchung - sowohl mit übergreifenden als auch mit Detailanalysen - gibt es also keinen Mangel, eher könnten Themenvielfalt und Materialfülle abschreckend wirken. Für ihre Zwecke nützliche Informationen erwarten von einer derartigen Studie zum jetzigen Zeitpunkt außer der (Fach-) Politik sowie Wissenschaft und angewandter Forschung vor allem sämtliche Akteure auf den deutschen Bau- und Immobilienmärkten, also Anbieter von und Nachfrager nach Bauwerken und Bauleistungen; aber auch von den anderen Bereichen unserer Volkswirtschaft ist der Bausektor stets mit besonderem Interesse beobachtet worden. 1.1.2 Problemstellung, Einordnung und Aufbau der Untersuchung

Die oben in der Form eines Untertitels noch einmal präzisierte Vorgabe für diese Studie beschreibt knapp, aber umfassend die zu behandelnden Teilaspekte der deutschen Bauwirtschaft. Im einzelnen sollen folgende Bereiche und Kenngrößen der heimischen Bau- und Immobilienmärkte vorrangig angesprochen werden: - Baukapazitäten sowie Niveau von Produktion, Beschäftigung, Kapitaleinsatz und Produktivität. - Entwicklungen des (west- und ost-)deutschen Baumarktes. - Speziell für die neuen Bundesländer: Entwicklung der Privatisierung sowie ostdeutsche Bauwirtschaft im Wettbewerb. - Stellung der deutschen Bauwirtschaft zur europäischen und "internationalen" Konkurrenz. 3

- Aktueller und langfristiger Baubedarf in (West- und Ost-)Deutschland. - Limitierende Faktoren für die BauUltigkeit (z.B. Mangel bei Arbeitskräfte, Bauland, Finanzierung). Zusammengefaßt sollen also - in dieser Reihenfolge - der derzeitige Stand und die Entwicklung der "Bauwirtschatr in Deutschland, die darauf einwirkenden Einflußfaktoren und die mittel- bis längerfristigen Aussichten dieser Branche analysiert und beschrieben werden, und zwar unter spezieller Berücksichtigung der ehemaligen DDR und der neuen Bundesländer. Daraus ergibt sich bereits von der Anlage her für die ganze Untersuchung ein fast "singulärer" Charakter: Es kann wohl davon ausgegangen werden, daß nicht noch einmal oder nicht so schnell wieder (außer als historische Aufbereitung von Entwicklungen) eine Monographie verfaßt wird, in der zwar im Rückblick, aber mit Bezug zur aktuellen Lage explizit auf die DDR-Bauwirtschaft eingegangen wird. Die Angaben zur DDR-Bauwirtschaft sollen dabei einerseits zum Verständnis der früheren Situation beitragen, damit Begriffe, Inhalte und Zusammenhänge nicht einfach verloren gehen; andererseits sollen sie helfen, die Entwicklungen im Bausektor seit Wende und Wiedervereinigung besser zu verstehen. Die im Rahmen in dieser Untersuchung primär interessierenden Teilaspekte der ökonomisch relevanten Entwicklungen und Zusammenhänge werden ansonsten zum einen in einer Vielzahl von unterschiedlich stark spezialisierten, fallweise oder periodisch erstellten Einzelbeitrllgen betrachtet, zum anderen aber auch in gewisser Regelmäßigkeit in umfassenderen, dann jedoch notgedrungen weniger ins Detail gehenden Sektorstudien abgehandelt. Im hier relevanten Zeitraum wurden insbesondere drei breiter und systematischer angelegte Strukturuntersuchungen der (west-)deutschen Bauwirtschaft vorgelegt, die insgesamt rund zweieinhalb Dekaden abdecken:

- E. Gluch und F. Söffner (ifo Institut, München) unter Mitarbeit von H. Linnenbrink und E. Munk: Auswirkungen der Baunachfrage auf die Struktur der bauausführenden Wirtschaft; Schriftenreihe "Bauund Wohnforschung" des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Heft 04.036; Bonn 1978.

4

- A. Schneider, H. J. Thoenes und H. Trageser (HWWA, Hamburg):

Die deutsche Bauwirtschaft - Wachstum und Strukturwandel seit 1960; Hamburg 1982 (Gutachten für das Bundesministerium für Wirtschaft).

- J. Goldberg unter Mitarbeit von J. Eisberg (PIW, Bremen): Die deutsche Bauwirtschaft nach der Strukturkrise - Eine Bestandsaufnahme an der Schwelle des EG-Binnenmarktes; Bremen 1991. Auch die zuletzt genannte Studie wurde vor "DDR-Wende" und Wiedervereinigung abgeschlossen. Mit der vorliegenden "Neuauflage" einer systematischen Strukturuntersuchung des deutschen Bausektors sollte - anknüpfend an und überlappend zu den zitierten Studien - im Schwerpunkt der Zeitraum ab 1980 abgedeckt werden. An vielen Stellen erwies es sich allerdings als sinnvoll oder sogar als notwendig, bis zum Beginn der siebziger Jahre zurückzugehen; gelegentlich können Sturkturveränderungen auch nur dann sichtbar gemacht werden, wenn man noch längere Zeitreihen (etwa ab 1960) verwendet. Zur Bearbeitung der mit den bisherigen Angaben erst in einem Überblick skizzierten Untersuchungsziele wurde ursprünglich - gewissermaßen als "Baugerüst" - ein Gliederungsschema vorgeschlagen, das aus einer langen Tradition von Sektor- bzw. Strukturuntersuchungen im verarbeitenden Gewerbe entstanden ist. Da der Bausektor eine ganze Reihe von Besonderheiten bei der Leistungserstellung sowie bei der Vermarktung bzw. beim Absatz aufzuweisen hat, wurden deutliche Anpassungen des Gliederungsschemas erforderlich. Hierbei war - abgeleitet aus den Untersuchungszielen und ergänzend formulierten Vorgaben bzw. Absprachen - möglichst gleichmäßig, aber häufig doch selektiv vier Anforderungen zu entsprechen: - Bestandsaufnahme und Problemanalyse mit Zukunftsperspektiven sollten in einem ausgewogenen Verhältnis abgehandelt werden; - Strukturwandel und Übergangsprobleme sowie die daraus resultierenden Anpassungserfordernisse sollten dabei möglichst klar herausgearbeitet werden;

- die Notwendigkeit separater Darstellungen der Entwicklungen in West- und Ostdeutschland einerseits, Ansatzpunkte für integrative Betrachtungen andererseits waren aufzuzeigen;

5

- für die Auswahl und Abgrenzung der zu behandelnden Variablen und deren Entwicklung mußten - angesichts der Fülle und Komplexität der Probleme und Zusammenhänge - geeignete Kriterien gefunden werden. Das nunmehr verwendete Gliederungsschema versucht, der Notwendigkeit separater Untersuchungen für West- und Ostdeutschland (bzw. für die DDR) durch eine Dreiteilung der jeweiligen Kapitel gerecht zu werden, wobei im Anschluß an die getrennte Ost-West-Betrachtung der Untersuchungsmerkmale stets eine integrative Betrachtung für Gesamtdeutschland in noch kurzen Zeitreihen versucht wird. Nachdem in diesem Kapitel 1 anschließend noch Begriffe geklärt und die in West- und Ostdeutsch land zugrundeliegenden Meßkonzepte und Datenquellen erläutert werden - mehr im Sinne einer Information zum Nachschlagen im Bedarfsfall -, werden im darauf folgenden Kapitel 2 Stand und Entwicklung der in den Betrieben des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes erbrachten Bauproduktion mit Hilfe von Angaben über die entsprechenden Input- und Outputgrößen dargestellt. Kapitel 3 gibt einen Einblick in Stand und Entwicklung der Bauwerksbestände sowie - eher aus der Sicht der Bauherren und Nutzer - der Verwendung von Bauleistungen. Nach dieser Bestandsaufnahme schließt sich ein (als "Exkurs") Kapitel 4 über strukturelle Veränderung auf den beiden Seiten der Bauleistungsmärkte an, gefolgt von Kapitel 5 mit Aussagen zu den mittel- und längerfristigen Perspektiven der deutschen Bauwirtschaft unter Berücksichtigung der wichtigsten Determinanten. Das abschließende Kapitel 6 ist eine ungewohnt lange Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung und versucht, Empfehlungen für die Wirtschafts- und Unternehmenspolitik zu formulieren.

1 .2

Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen sowie Besonderheiten der (deutschen) "Bauwirtschaft"

In den bisherigen Ausführungen war ganz bewußt ziemlich unspezifisch die Rede von Bauwirtschaft, Bausektor, Bauwerken und Bauleistungen, weil der Einstieg in die Thematik nicht gleich mit Definitionen und Grenzziehungen belastet werden sollte. Aber natürlich kommt man auch hier nicht darum herum, den Untersuchungsgegenstand präzise zu umschreiben; außer auf die notwendigen Ab- und Ausgrenzungen soll auch auf die Spezifika eingegangen werden, die den

6

Bausektor nicht nur in den Augen der dort tätigen und von ihm lebenden Menschen zu einem besonderen Wirtschaftszweig machen. Angesichts der in der Bauwirtschaft besonders hohen Komplexität der Einflußfaktoren und Zusammenhänge sowie der anhaltenden Strukturdynamik wird auch in einer breiter angelegten, gleichwohl von Zeitaufwand und Umfang her beschränkten Spezialuntersuchung vieles nur angeschnitten werden können. Häufig muß insbesondere auf die Formulierung von Lösungsansätzen verzichtet und stattdessen auf fortbestehenden Forschungsbedarf verwiesen werden.

1.2.1 Begriffserklärungen und Abgrenzungen Nimmt man den Haupttitel der vorliegenden Untersuchung als Zielvorgabe wörtlich, so soll versucht werden, das "Bild einer Branche" der heimischen Volkswirtschaft, nämlich das der Bauwirtschaft, aufzuzeichnen. Wie bereits angedeutet, umfaßt der Begriff "Bauwirtschaft" jedoch Größen und Aktivitäten, die eine eindeutige Definition oder Festlegung des Begriffs erschweren. Aus diesem Grunde sollen hier vorab die wichtigsten Aspekte aufgezählt und das Thema auf diese Weise eingekreist werden. Bereits an diesem Punkt wird auch der Einstieg in die West-Ost-Differenzierung erforderlich. Begriffsinhalte in Westdeutschland

In amtlichen Statistiken der Bundesrepublik Deutschland bzw. Westdeutschlands kommt der Begriff "Bauwirtschaft" nicht vor; man muß sich die Inhalte und Abgrenzungen also erst zusammensuchen und festlegen (vgl. Statistisches Bundesamt 1980). Konzentriert man sich bei diesen Bemühungen auf den Begriffsbestandteil "Bau" und versucht man, den damit verbundenen Assoziationen nachzugehen, so stößt man auf eine Vielzahl von Wortgebilden mit einer großen Breite von Inhalten und Bedeutungen. Nach einer ersten Vorsortierung lassen sich diese Begriffe im nächsten Schritt zwei großen Bedeutungskomplexen zuordnen. Der erste beinhaltet alles, was sich mit Bauproduktion im Sinne der eigentlichen Bau-Tätigkeit assoziieren läßt, der zweite umfaßt die bereits bestehenden Bauwerke und alle damit zusammenhängenden Fragen: Bauproduktion: Bausektor oder Baubereich; Bauunternehmen in Bauindustrie und -handwerk, Bauarbeiter; Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe; Baumaschinen und -geräte, Baumaterial; Bauplanung, -genehmigung und -überwachung; bauen, Bautätigkeit, Bau7

leistung und baugewerblicher Umsatz; Bereitstellung von Bauland; Baufinanzierung; Baufertigstellungen und Bauabnahme. - Bestlinde an Bauwerken und Bestandsverlinderungen: Bausubstanz, Bauvermögen und baulicher Kapitalstock; Baubedarf; Bauwerkserhaltung, Baureparaturen und Baurnaßnahmen an bestehenden Bauwerken; Bauwerksnutzungen und Umnutzung von Bauwerken auf Immobilienmarkten; Veranderung und Erhaltung der Bauwerksbestande durch Bauinvestitionen und Bauvolumen.

Offensichtlich verbindet sich also im allgemeinen, aber eben auch im fachlichen Sprachgebrauch in Westdeutschland mit dem Begriff "Bauwirtschaft" weit mehr als eine bestimmte Branche bzw. ein abgegrenzter Wirtschaftszweig des produzierenden Sektors und auch weit mehr als die Aktivitlit "Bauen" im engeren Sinne. Die unterschiedlichen Begriffe lassen sich in einem nächsten Schritt nach dem Entstehungs- oder Verwendungsaspekt (wie er in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen - VGR - unterschieden wird) wie folgt zuordnen: Auf der Produktions- oder Angebotsseite des Bauleistungsmarktes bzw. auf der Entstehungsseite der VGR richtet sich das Augenmerk zunächst auf die Aktivitaten des Baugewerbes, also auf Bauhauptund Ausbaugewerbe (wobei es diese Unterteilung zwar nach der neuen NACE-Systematik nicht mehr geben wird, ein Nachweis aber doch beibehalten werden soll). Zur Erfassung der vielschichtigen Leistungserstellung müssen auch die Vorleistungen dieser Wirtschaftszweige, also Baumaterialien und -gerate sowie Fertigteile, aber auch Baumaschinen und -fahrzeuge einbezogen werden. Da auch andere Wirtschaftszweige aus dem verarbeitenden Gewerbe (z.B. Stahlbau) sowie aus den privaten Dienstleistungen (Bauplanung und -überwachung, Beurkundung) für die Erstellung und Erhaltung von Bauwerken relevante Leistungen erbringen, ergibt sich erst mit deren Einbeziehung und mit der Berücksichtigung von staatlichen Handlungen (z.B. Baugenehmigungen, Baulanderschließung) ein vollstandiges Bild der insgesamt erbrachten Bauleistungen. Es ist also eine lange und weit verzweigte "Baukette" , die schließlich zum fertigen Bauwerk als dem angestrebten Endprodukt zusammenwirken muß. Nähert man sich der Zielgröße "Bauwerke" von der Seite der Bauherren und Nutzer, in der VGR-Systematik also von der Verwendungsseite, so treten die Gebliudearten und die Kategorien von Tiefbauten starker ins Blickfeld. Zusammen mit der Nachfrage nach Bauleistun-

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gen müssen dann in die "Baukette" noch andere, den Bestands- oder Vermögens- bzw. den Finanzierungsrechnungen der VGR zuzurechnende Aspekte einbezogen werden (z.B. Verfügbarkeit und Preis von Bauland; Umnutzung von Bauwerksbeständen und Immobilientransaktionen; Rendite- und Finanzierungsprobleme sowie steuerliche Regelungen). Bezüglich des Bauwerksbestandes interessieren Eigentümerstruktur und Vermögensverteilung; die Analysen der Bestandsveränderungen beim baulichen Kapitalstock durch die Bauinvestitionen bzw. das Bauvolumen sowie durch Fertigstellungen oder Altbauerneuerung unterscheiden traditionell (zumindest) nach den Sparten Wohnungs-, Wirtschafts- und öffentlicher Bau. In einem "Branchenbild Bauwirtschaft" ist für Westdeutschland der ganzen Breite dieser Aspekte und ihren Zusammenhängen nach Möglichkeit Rechnung zu tragen, man muß also über enge Sektoroder Wirtschaftszweigabgrenzungen hinausgehen. Begriffsinhalte In Ostdeutschland

In der ehemaligen DDR mit ihrer fundamental anderen Wirtschaftsordnung waren sämtliche Begriffsinhalte und -abgrenzungen auf dieses System abgestellt. Vergleiche mit den Verhältnissen und Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland sind daher nur unter großen Vorbehalten und nach genauer Prüfung möglich; dies gilt auch (und vielleicht sogar vor allem) dann, wenn eine vermeintliche Begriffsgleichheit zu einer direkten Gegenüberstellung oder sogar zu einer einfachen Addition verleiten könnte. Immerhin kam der Begriff "Bauwirtschaft" in amtlichen Definitionskatalogen und Statistiken der DDR vor. Zu diesem Bereich der Volkswirtschaft gehörten alle Betriebe mit ihren Beschäftigten und sachlichen Produktionsfaktoren sowie mit ihren Produktionswerten, deren Hauptaufgabe der Neubau, die Rekonstruktion, Modernisierung oder Instandsetzung/-haltung von baulichen Anlagen (als Oberbegriff) bzw. von Gebäuden für alle Bereiche der Volkswirtschaft war, und zwar unabhängig von ihrer wirtschaftsorganisatorischen Unterstellung (vgl. Statistisches Amt der DDR 1980). Scheinbar ähnlich wie in der oben für Westdeutschland verwendeten umfassenden Definition war also in der DDR die Bauwirtschaft ziemlich breit abgegrenzt, wobei die funktionalen Aspekte gegenüber den institutionellen Zuordnungen deutlich im Vordergrund standen. Ohne daß dadurch schon eine Gleichheit der Begriffsinhalte erreicht würde, ist festzuhalten, daß auch Planung und Bauüberwachung (in "Eigen9

regie") sowie die (eher unterentwickelten) Genehmigungsverfahren einbezogen waren. Nicht zur DDR-Bauwirtschaft zählten die Baumaterialien- sowie die Baumaschinenindustrie (außer Eigenleistungen), so daß auch dort nicht die komplette "Baukette" zu einem Sektor zusammengefaßt wurde. Diese waren dafür in dem funktional noch etwas breiter, dafür aber institutionell enger abgegrenzten Begriff "Bauwesen" enthalten. Hierzu gehörten alle Betriebe und Einrichtungen, die dem Ministerium für Bauwesen und den Bauämtern der Bezirke, Kreise und Städte unterstellt waren. Neben den Betrieben der Baumaterialienindustrie und der Baumechanisierung zählten auch die Bauakademie, Projektierungsbetriebe und die wirtschaftsleitenden Organe des Bauwesens dazu (vgl. Statistisches Amt der DDR 1980). In der Summe war der Bereich Bauwirtschaft in der DDR nach der Zahl der Beschäftigten noch etwas umfassender abgegrenzt als das Bauwesen (vgl. die schematische Darstellung in Abschnitt 2.2). Im übrigen war die vertikale Integration der Produktionsprozesse im Bausektor (wie auch in anderen Bereichen) in der DDR viel weitgehender, dort wurden also viel mehr Fertigungsstufen in einem Betrieb zusammengefaßt. Umgekehrt war die Arbeitsteiligkeit dort weit weniger ausgeprägt als im alten Bundesgebiet. Auch dies führt zu gravierenden Problemen bezüglich der Vergleichbarkeit, die umso schwerwiegender sein können, als das Ausmaß der Einbeziehung "branchenfremder" Leistungen häufig gar nicht erkannt und herausgerechnet werden kann. Formulierung des Untersuchungsziels

Die vorstehenden Ausführungen und Hinweise in diesem Kapitel haben gezeigt, daß es für ein gesamtdeutsches bzw. west-/ostdeutsches Branchenbild "Bauwirtschaft" keine einfache, eindimensionale Abgrenzung, etwa durch einen direkten Rückgriff auf Definitionskataloge oder Wirtschaftssystematiken, geben kann. Dem stehen sowohl die wesentlich breiteren inhaltlichen Assoziationen als auch die unterschiedlichen Begriffsinhalte in West- und Ostdeutschland entgegen. Nähert man sich der AufgabensteIlung dieser Studie in Form von Fragen, so erhält man bei Berücksichtigung der über die übliche Betrachtung von Branchen oder Wirtschaftszweigen hinausreichenden Vorstellungen etwa folgende Auflistung:

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- Welche Bauwerke (nach Art und Qualität) sind wo seit wann vorhanden, wem gehören welche Teile und wer verfügt nach welchen Kriterien über sie? - Wer nutzt was vom Bauwerksbestand zu welchen Bedingungen und unter welchen Restriktionen und wer pflegt und unterhält den Immobilienbestand? - Wer baut was, wo und womit und wer plant, genehmigt, überwacht und finanziert diese Bautätigkeit? Abweichend von gängigen Sektorstudien für das produzierende oder verarbeitende Gewerbe oder auch für einzelne Dienstleistungsbereiche wird für das "Branchenbild Bauwirtschaft" also ein wesentlich breiterer Ansatz verwendet; dies mag zwar ungewöhnlich sein, es erscheint aber sachgerecht. Als Untersuchungsziel für eine ökonomisch ausgerichtete Betrachtung der "Bauwirtschaft" wird also von einer wie folgt zu formulierenden Definition ausgegangen: Bauwirtschaft bezeichnet den Teilbereich einer Volkswirtschaft, der sich mit der Errichtung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken sowie mit der Anpassung und Veränderung von Bauwerksbeständen durch Bautätigkeit befaßt.

Bei den Bauwerksbeständen interessieren nach dieser Definition sowohl die Anzahl, also das Niveau und dessen Entwicklung (kumuliertes Bauvermögen bzw. baulicher Kapitalstock zu einem Stichtag und im Zeitablauf), als auch dessen Struktur, aufgegliedert nach Bauwerksarten (Gebäude und Tiefbauten), Eigentümern und Lage. Die Nutzung wird nach funktionaler oder institutioneller Untergliederung betrachtet, Bestandsanpassungen können sowohl durch Nutzungswechsel als auch durch physische Veränderungen (bauliche Bestandsmaßnahmen, Bauinvestitionen bzw. Bauvolumen, Fertigstellungen, Abrisse und Auflassungen) erfolgen. Bei der Bautätigkeit richtet sich das Augenmerk nach dieser Definition sowohl auf die Entstehung, den dazu benötigten Faktoreinsatz und das Produktionsergebnis, als auch auf deren Verwendung, das heißt auf die von den Nachfragern getätigten Bauinvestitionen, das etwas weiter gefaßte Bauvolumen und die Fertigstellungen.

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Diese Aspekte der "Bauwirtschaft", die unter den Oberbegriffen Bestände und Bestandsnutzungen einerseits sowie Bautätigkeit andererseits zusammengefaßt werden können, werden im folgenden Schaubild noch einmal im Überblick dargestellt (vgl. Abb. 1.1), wobei in der Zuordnung nicht so sehr verschiedene Sachverhalte als vielmehr unterschiedliche Blickwinkel dominieren. Abb.1.1

Die deutsche Bauwirtschaft

Bauwerksbestände und Bauwerksnutzungen

-

-

Bestände an Wohnungen und Nichtwohngebäuden sowie Tiefbauten Verwendungskategorien der Bauwerke (z.B. Wohngebäude, Fabrik- und Bürogebäude, Schulen, Straßen, Kanäle) Struktur der Nutzer von Bauwerken (Hoch- und Tiefbauten) Nutzungsentgelte, Nutzungswechsel und Eigentümerstruktur

Bauleistungen und Bautätigkeit

I Bauproduktion Bauhauptgewerbe

-

Ausbaugewerbe

Inputvariable Betriebe, Produktionsfaktoren Outputvariable Produktion, Prod u ktivität

Veränderung der Bauwerksbestände

Bauinvestitionen

Bauvolumen

Fertigstellung und Abgänge

- Wohn.-bau - Wirtsch.-bau - äffe ntl. Bau

- Produzentengruppen - Baubereiche

Wohnbau insg. - 1-2-Fam.häus. - Mehrfam.häus. Nichtwohn-Bau

Abgrenzungen und Schwerpunktsetzungen Da eine derart breit angelegte Inhaltsbestimmung von "Bauwirtschaft" den Rahmen einer vom Umfang her begrenzt anzulegenden Sektor-

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studie sprengen würde, müssen eine Reihe von Ab- und Ausgrenzungen vorgenommen werden: - West-/Ostdeutschland: Der umfassenden AufgabensteIlung wird insofern entsprochen, als Entwicklungen sowohl in der alten Bundesrepublik als auch in der ehemaligen DDR und auch "integrative" Darstellungen für die gesamtdeutsche Bauwirtschaft erfolgen; es ergibt sich aber doch eine klare Dominanz der "westdeutschen" Betrachtung, weil nur hierfür lange Zeitreihen zur Verfügung stehen und weil diese Begriffsinhalte auf die neuen Länder übertragen wurden und folglich in Zukunft angewandt werden. - Inhaltlicher Umfang: Entsprechend der breiten Definition von "Bauwirtschaft" werden außer produktionsseitigen Variablen (z.B. Betriebe, Beschäftigte, Umsätze) auch Bestandsgrößen (z.B. Bauvermögen, Bauwerksnutzung) und verwendungsseitige Aggregate (z.B. Baubedarf, Bauinvestitionen) behandelt. - Sektorale Schwerpunkte: Vereinbarungsgemäß werden bei der Bauproduktion bzw. den baugewerblichen Leistungen schwergewichtig Lage und Entwicklung des (westdeutschen) Bauhauptgewerbes untersucht; Aussagen zum Ausbaugewerbe sowie zu den übrigen Leistungsbereichen werden nur am Rande oder summarisch angesprochen (sie sind aber in den Verwendungsaggregaten Bauinvestitionen bzw. Bauvolumen enthalten). - Riiumliche Differenzierungen: Obwohl Bau- und Immobilienmärkte in besonders ausgeprägter Form regionale Miirkte sind (vgl. Abschnitt 1.2.2), muß auf zusätzliche räumliche Untergliederungen weitestgehend verzichtet werden. - Zeithorizont: Anknüpfend an die oben erwähnten Vorläuferstudien konzentriert sich die vorliegende Untersuchung auftragsgemäß auf den Zeitraum ab 1980; manche Entwicklungen - insbesondere über die ehemalige DDR - werden jedoch schon ab 1970 oder sogar ab 1960 und dann möglichst bis zum aktuellen Rand bzw. zum "Ende der Geschichte" verfolgt.

Man mag bedauern, daß dieses an einer Nahtstelle vielfältiger Veränderungen zu erstellendeBranchenbild der deutschen Bauwirtschaft nicht ohne derartige Ausgrenzungen auskommt. Die getroffene Auswahl und die Schwerpunktsetzungen ergeben jedoch einen aussagekräftigen Überblick. Vieles wurde bewußt (und auch sinnvollerweise) in Spezialstudien über Subsektoren oder Einzelaspekte ausgelagert, 13

wie es generell als Aufgabe betrachtet wurde, an offene Fragestellungen heranzuführen und Forschungsbedarf aufzuzeigen.

1.2.2 Spezifika des Bausektors und der Bautätigkeit Mit der vorstehend beschriebenen und begründeten umfassenden Definition von "Bauwirtschaft", mit der gleichzeitig auch dieser Studie weniger eine einzelne Branche (im engeren, tradierten Sinne) als vielmehr ein komplexes Teilsystem unserer Volkswirtschaft zugrundegelegt wird, erfolgt die Abgrenzung eines Wirtschaftsbereiches, der sich in vielfältiger Hinsicht von anderen Subsektoren unterscheidet. Zur Abrundung der Charakterisierung der "Bauwirtschaft", aber auch als Grundlage für Schwerpunktsetzungen, Differenzierungen und Hervorhebungen werden einige dieser Besonderheiten der "Bauwirtschaft" hier aufgelistet (vgl. Rußig u.a. 1994), wobei sich diese Besonderheiten in erster Linie auf die Rohbauleistungen beziehen und bewußt nicht alle Überlappungen eliminiert wurden: • Einzelfertigung: Weit mehr als in anderen Wirtschaftszweigen des warenproduzierenden Gewerbes erfordert die Erstellung und Erhaltung von Bauwerken individuelle Lösungen sowohl im Neubau als auch bei Bestandsmaßnahmen. So entstehen zum einen Koordinierungsprobleme durch die große Zahl von verschiedenen Gewerken, zum anderen ist durch die Notwendigkeit von Einzelfertigung nur eine vergleichsweise geringe Wiederholbarkeit von Arbeitsvorgängen gegeben, sodaß ein rationeller Einsatz industrieller Produktionsverfahren oft nicht möglich ist. • Auftraggeberbindung: In engem Zusammenhang mit der Einzelfertigung steht die ausgeprägte Auftraggeberbindung. Das Baugewerbe, speziell das Bauhauptgewerbe, produziert in Abhängigkeit von den Vorgaben des Bauherren, der Planer und der Architekten sowie des Staates. Diese Vorgaben betreffen häufig nicht nur den Umfang der Bauleistung, sondern auch die Termine der Fertigstellung, die einzusetzenden Materialien und Produktionsverfahren. Es sind also ein hohes Maß an Flexibilität und gute Beziehungen zu den Auftraggebern notwendig, wenn man auf den regionalen Baumärkten erfolgreich agieren will. Andererseits verhindert die längere Bindung an einen Auftraggeber auch den Risikoausgleich durch Streuung von Aufträgen. • Bildung von Arbeitsgemeinschaften: In der Baubranche existiert als einziger Branche des produzierenden Gewerbes die Möglichkeit der zeitlich begrenzten Zusammenarbeit

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von Unternehmen in eigens dafür gegründeten Gesellschaften (Arbeitsgemeinschaften). Die Arbeitsgemeinschaften sollen (vermeintlich) auch mittelständischen Bauunternehmen die Chance eröffnen. als Bietergemeinschaft Zugang zu Großprojekten zu erhalten und so zu mehr Wettbewerb beitragen. Hieraus resultiert ein Anreiz zu Absprachen. um dem Konkurrenzdruck auszuweichen. Häufiger werden Arbeitsgemeinschaften jedoch von Großunternehmen für ein koordiniertes Auftreten im Rahmen einer ausgefeilten Wettbewerbsstrategie gebildet. • Bereitstellungsgewerbe: Insbesondere kleine bis mittelgroße Bauunternehmen verstehen sich überwiegend als handwerklich-technisch vorgeprägtes "Bereitstellungsgewerbe". das Aufträge erhält und diese dann ausführt. Die hierfür benötigten Kapazitätsreserven müssen auf eigene Kosten vorgehalten werden. und die ständige hohe Auslastung ist nicht gewährleistet. Da die Nachfrager die Planung weitgehend bestimmen. scheinen keine eigenen. marktorientierten Aktivitäten des Baugewerbes möglich. auch Produktion auf Lager kann nur sehr eingeschränkt stattfinden (z.B. bei Fertigteilen und -elementen). • Standortvielfalt: Nur ein zu vernachlässigender Teil der Produktion findet traditionell am Unternehmenssitz statt. Vielmehr ist die Produktion an die jeweiligen. häufig wechselnden oder gleichzeitig betriebenen Standorte (die Baustellen) gebunden. Die unterschiedlichen Erreichbarkeiten und die geforderte Flexibilität führen zu Logistikproblemen. denn der Transport von Baumaterial und Personal muß koordiniert werden; die Überwachung des Faktoreinsatzes erfordert Ressourcen und Erfahrung. • TransportkostenempfindlIchkeit: Die Standortvielfalt führt schließlich zu einem erhöhten Materialverbrauch und zu vermehrten Transportkosten. da durch die Vielfalt und auch "Gleichzeitigkeit" der Standorte der Transport schwerer Maschinen und Geräte und die Unterbringung von Arbeitskräften nötig werden. Aufgrund dieser erhöhten Kosten ist die Absatzreichweite gemessen vom Sitz des Unternehmens oder Betriebes und damit auch die Zahl der potentiellen Auftraggeber erheblich eingeschränkt. • Kapitalbedarf und Langlebigkeit der Bauwerke: Die Produktionsdauer bei Bauwerken erfordert eine hohe und langfristige Kapitalbindung. d. h. es besteht eine hohe Zinsempfindlichkeit. Allerdings ist auch Produktion mit geringem Kapitalbedarf möglich (Instandhaltung. Eigenheime. etc.). was die Markteintrittsschwelle für 4 Bauwirtschaft

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bestimmte Baubereiche oder Gebäudearten niedrig hält. Die Langlebigkeit der Bauwerke, bedingt durch ihren Nutzungszweck sowie die eingesetzten Materialien und Produktionsverfahren, führt in allen Teilen zu gleichmäßig hohen QualiUltsansprüchen, für die der Bauunternehmer eine Gewährleistungspflicht übernehmen muß . • Unattraktlver Arbeitsplatz: Rohbauleistungen werden vielfach im Freien oder an nicht geschützten Orten erbracht, daher ist die Attraktivität des Arbeitsplatzes durch witterungsbedingte und saisonale Schwankungen erheblich beeinträchtigt. Durch die besondere körperliche Anstrengung und Gefährlichkeit der Arbeit (standardisierte Arbeitsschutzmaßnahmen sind bei Einzelfertigung schwer zu entwickeln) entstehen Gesundheitsrisiken, die besonders qualifizierte (Bau-) Facharbeiter zu attraktiveren Arbeitsplätzen abwandern lassen; die Rückgewinnung einmal freigesetzter Arbeitskräfte erweist sich als nur schwer möglich . • RegulIerungsdichte Der Staat ist zwar nach wie vor ein wichtiger Auftraggeber der Bauwirtschaft, aber aufgrund sich ändernder politischer Zielvorstellungen und der extrem engen Budgetrestriktionen längst kein zuverlässiger, stetiger Nachfrager mehr. Darüber hinaus gelten aufgrund des hohen Stellenwerts des Wohnens in der Gesellschaft eine lange Liste von Gesetzen und Verordnungen im Rahmen der Wohnungs-, Städtebauoder Regionalpolitik sowie im Umweltschutz, die die Bauwirtschaft ganz wesentlich betreffen und die häufigen Änderungen unterworfen sind. Das Risiko von Bauunternehmen wie von Bauherren wird so zum einen durch lange Genehmigungsfristen und zum anderen durch mangelnde Stetigkeit und sich widersprechende Regelungen bei häufigem Wandel politischer Zielvorstellungen erhöht.

1.3

Datengrundlagen, Variablen und Meßkonzepte sowie Systematiken des Bausektors

Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die Variablen zur Beschreibung der deutschen Bauwinschaft sowie über Grundlagen und Herkunft der verfügbaren Daten. Ziel ist es, die wichtigsten Quellen zusammenhängend vorzustellen; in diesem Abschnitt soll bei Bedarf die entsprechende Information nachgeschlagen werden können. Um Berechnungen und Messungen der zu untersuchenden Variablen durchführen zu können, muß (auch vom Statistischen Bundesamt) auf primär erhobene Daten zurückgegriffen werden. Primärerhebungen 16

finden vor allem direkt an den Quellen der Bauproduktion statt, das heißt, die Unternehmen und Betriebe der bauausführenden Wirtschaft werden in die Auskunftspflicht genommen. SekundEJrerhebungen dagegen setzen in der Regel bei den Bauherren oder Investoren an; die Auskünfte werden u.a. bei den Bauaufsichtsbehörden und Gemeinden eingeholt (Differenzierung nach Hoffmann 1986). Eine Auswahl dieser Erhebungsquellen soll hier (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vorgestellt werden. Der bereits in Abschnitt 1.2 vorgenommenen schematischen Zuordnung zur "Bauwirtschaft" von BauwerksbestEJnden einerseits und BautEJtigkeit andererseits folgend, werden die Variablen, Datengrundlagen und Meßkonzepte in dieser Reihenfolge kurz erläutert. Die an den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) orientierte Differenzierung nach Entstehungs- oder Verwendungsseite wird dabei wieder aufgegriffen. Das folgende Schaubild (vgl. Abb. 1.2) gibt vorab eine Gesamtübersicht über die verschiedenen Erhebungsquellen, wobei diese dem Bestand/der Bestandsnutzung bzw. der Entstehung oder der Verwendung von Bauleistungen zugeordnet werden, je nachdem, worüber die gewonnenen Daten etwas aussagen können.

1.3.1 Informationen über Bauwerksbestände und Ihre Nutzung - Systematik der Bauwerke Um überhaupt eine einheitliche Abgrenzung und Zuordnung der Begriffe für verschiedene Arten von Baustatistiken zu gewährleisten, wird vom Statistischen Bundesamt eine Klassifikation in Form einer "Systematik der Bauwerke" publiziert (letzte Version von 1978). Bauwerke werden in dieser "Systematik der Bauwerke" nach Hochbauten und Tiefbauten gegliedert, innerhalb der beiden Kategorien wird nach bautechnischer Gestaltung bzw. Hauptnutzung unterschieden (vgl. Anhang A 1.1). - Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen sowie an NIchtwohngebäuden und TIefbauten In größeren Zeitabständen (zuletzt 1987, davor 1968) fanden in Westdeutschland umfangreiche Totalerhebungen im Rahmen von "Gebäude- und Wohnungszählungen" (GWZ) statt. Für den Wohnungssektor werden dabei mit dem Anspruch auf Vollständigkeit und in starker Differenzierung nach Einzelmerkmalen eine Fülle von Einzelinformationen erhoben (vgl. Statistisches Bundesamt 1989/90). Diese Angaben zum Wohnungsbestand können dann auch in kleinräumiger Zuordnung zur Verfügung gestellt werden. 4"

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Abb.1.2

Statistische Erhebungen über die Bauwirtschaft in Westdeutschland

t Bauwerksbestände und Bauwerksnutzungen (Gliederung nach der Systematik der Bauwerke)

I

- Vermögensrechnung nach Sektoren im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) - ifo Anlagevermögensrechnung nach Eigentümern/Nutzern - Jahresabschlüsse der Kapitalgesellschaften und sonstigen Unternehmen sämtlicher Wirtschaftszweige - Gebäude- und Wohnungszählungen (zuletzt: 1987) - Wohnungsstichproben (zuletzt: 1993) - Materialien über Grundstücks- und Immoblientransaktionen - Luftbildauswertungen der Bodennutzung - sonstige amtliche und private Umfragen und Erhebungen

BautätlgkeH

I Entstehungsseite (Gliederung nach SYPRO) Bauhauptgewerbe

I

Ausbaugewerbe

- Kostenstrukturerhebung - Unternehmens-/lnvestitionserhebung - Totalerhebung im Bauhauptgewerbe - Zusatzerhebung Ausbaugewerbe - Monatsberichte über das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe - Umsatzsteuerstatistik - Industrie- und Handwerksberichterstattung - Auftragsbestandsstatistik - Material- und Wareneingangsstatistik - Produktionsstatistik Fertigbau

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Verwendungsseite (ausgewählte Quellen sowie primärund sekundärstatistische Erhebungen) - ifo Investitions- Erhebungen erhebungen im über: Baugewerbe - Baugenehmigungen (erteilt - Geschäftsbeund erloschen) richte von Bundesbahn und - Baufertigstellungen -post - Groß-/Einzel- Bauabgänge handelsstati- Bauüberhang stik - Bewilligungen und Fertigstel- Bankstatistilungen im sosche Gesamtzialen Wohrechnung der nungsbau Deutschen Bundesbank - Rechnungsergebnisse des Verbandes dt. Rentenversicherungsträger - Kostenstrukturstatistiken

Am 30.9.1995 wurde in den neuen Bundesländern eine entsprechende Totalerhebung der Wohngebäude und der Wohnungen (GWZ 1995) durchgeführt, deren Auswertung noch aussteht. Der Bestand an gewerblichen/öffentlichen Nichtwohngebäuden und Tiefbauten wird in diesen Totalerhebungen nicht erfaßt. Es wird in Rahmen dieser Untersuchung darauf verzichtet, verstreut erhältliche Angaben über die Zahl der Bürogebäude, Schulen, Krankenhäusern o.ä. zu referieren, weil die Erfassung hier generell so schlecht ist, daß eine sinnvolle, zusammenhängende Darstellung des Bestands an Nichtwohngebäuden und Tiefbauten in West(wie auch in Ost-)Deutschland nicht möglich ist. - Fortschreibung des Gebäude- und Wohnungs bestandes Bei der amtlichen Fortschreibung des Gebäude- und Wohnungsbestandes handelt es sich um die rechnerische Ermittlung des Bestandes an Wohngebäuden und Wohnungen anhand der jeweils letzten Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) und der laufenden Bautätigkeitsstatistik. Die letzte Gebäude- und Wohnungszählung wurde 1987 durchgeführt, eine Fortschreibung durch das Statistische Bundesamt findet anhand der Fertigstellungen und der Abgänge statt. Die Zählung der (durch erteilte Abrißgenehmigungen erfaßten) Abgänge ergibt allerdings in der Regel (z.B. wegen nicht erfaßter Umnutzungen) weit unter den tatsächlichen Abgängen liegende Werte. Das ifo Institut erstellt daher seit vielen Jahren regelmäßig Fortschreibungen des Gebäude- und Wohnungsbestands und verwendet dazu eigene Schätzungen über Abgänge und Umnutzungen. Abweichend von den amtlichen Fortschreibungen werden dabei auch Stichprobenhochrechnungen zur Kontrolle und Korrektur verwendet (vgl. Görhely/Rußig 1994). - Wohnungsstichproben Eine unregelmäßig wahrgenommene Möglichkeit zur Ermittlung von Niveau und Struktur des Wohnungsbestandes sind Wohnungsstichproben. Die vorletzte Stichprobe ist jedoch bereits 1978 durchgeführt worden und kann zur heutigen Bestandsermittlung kaum noch herangezogen werden. Inzwischen liegen aber die Auswertungen der 1993 in West- und Ostdeutschland durchgeführten Wohnungsstichprobe vor (vgl. Statistisches Bundesamt 1995a und b).

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- Anlagevermögensrechnung Das Anlagevermögen, bestehend aus Bauvermögen und Ausrüstungsvermögen, wird dazu verwendet, eine Aussage über Bauwerksbestände bzw. deren Wert, speziell also über den baulichen Kapitalstock, zu machen. Direkte Informationen über empirische Vermögensbestände erhält man über

- die Jahresabschlüsse der Kapitalgesellschaften, die seit 1972 vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden, - die Daten der bei Banken eingereichten Unternehmensbilanzen (Deutsche Bundesbank: Jahresabschlüsse der Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, div. Jahrgänge). Unternehmensbilanzen werden allerdings nach steuer- oder handeisrechtlichen Bewertungsprinzipien erstellt, und außerdem machen fehlende Preisindizes eine Aggregation zu gesamtwirtschaftlichen Anlagevermögens- oder Kapitalstockwerten unmöglich. Aus diesem Grund wird in der Bundesrepublik Deutschland (wie auch anderwärts), unter anderem auch vom ifo Institut, zur Errechnung des Anlagevermögens die sog. "Perpetual-Inventory-Methode" angewandt: Dabei geht man davon aus, daß sich der Anlagevermögensbestand eines bestimmten Zeitpunkts aus den Restbeständen aller zurückliegenden Investitionsjahrgänge ergibt. Die Restbestände werden aus Informationen über Investitionsausgaben in der Vergangenheit (möglichst weit zurückreichend) und über die durchschnittliche Nutzungsdauer der Investitionsgüter ermittelt (vgl. Gerstenberger u.a. 1989; Müller 1994). Das so berechnete Anlagevermögen ist unter anderem in folgenden Quellen und Differenzierungen erhältlich:

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ifo Anlagevermögensrechnung (Bauten und Ausrüstungen) im Rahmen der Strukturberichterstattung: - als Brutto- und Nettoanlagevermögen (bei der Nettoberechnung wird die Abschreibung der Anlagen berücksichtigt) - nach Wirtschaftsbereichen und Gütergruppen - nach dem Eigentümer- und dem Benutzerkonzept



Berechnungen des Statistischen Bundesamts im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) - nach Sektoren (Privatwirtschaft und Staat) - nach Gebäudearten: Wohn- und Nichtwohngebäude.

1.3.2 Primärerhebungen zu Bauleistungen und Bautätigkeit Systematik des Produzierenden Gewerbes (SYPRO)

Das bisherige Erhebungskonzept der Bundesstatistik im Baugewerbe geht von einer Untergliederung in Bauhaupt- und Ausbaugewerbe aus. Die einzelnen Wirtschaftszweige sind in der Baugewerbestatistik nach der SYPRO (Systematik des Produzierenden Gewerbes; WZ 79) aufgelistet (siehe Anhang A 1.2). Je nach ihrer Zugehörigkeit zum Bauhaupt- oder Ausbaugewerbe unterliegen die Betriebe und Unternehmen unterschiedlichen Erhebungsprogrammen. Ab 1995 wird auch die Baugewerbestatistik auf die einheitliche europäische Wirtschaftszweigklassifikation WZ 93 (NACE Rev.1) umgestellt. Eine wesentliche Neuerung besteht im Wegfall der Untergliederung des Baugewerbes in Bauhaupt- und Ausbaugewerbe. In den Klassen und Gruppen der WZ 93 treten etliche Umgruppierungen zwischen den bei den bisherigen Unterkategorien auf, die traditionsreichen Begriffe sollen aber weiterverwendet und auch mit (nicht voll deckungsgleichen) Daten unterlegt werden. Für die vorliegende Studie bleibt jedoch die Untergliederung nach der alten SYPRO (WZ 79) maßgebend. Auswahl von Primärerhebungen

Amtliche Primärerhebungen über Bauproduktion und Bautätigkeit finden getrennt für das Bauhauptgewerbe und für das Ausbaugewerbe statt. Die Erhebungen werden in verschiedenen zeitlichen Abständen und mit unterschiedlichen Abschneidegrenzen (Zahl der Beschäftigten) separat in Betrieben und in Unternehmen durchgeführt. Die folgende Schemaskizze (vgl. Abb. 1.3) gibt einen Überblick über die verschiedenen amtlichen und ausgewählte sonstige Betriebs- und Unternehmenserhebungen der amtlichen Statistik sowie ausgewählter anderer Institutionen. Von den zuständigen Verbänden und Kammern sowie von Unternehmen (z.B. Banken, Leasingfirmen, Verlagen) werden ebenfalls Daten und Informationen über Bauwerksbestände und -transaktionen sowie Bautätigkeit und Bauinvestitionen erhoben. - Unternehmens- einschließlich Investitionserhebung Die Unternehmens- einschließlich Investitionserhebung wird jährlich im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe sowie in Unternehmen und Arbeitsgemeinschaften mit 20 und mehr Beschäftigten durchgeführt. Im einzelnen werden erhoben:

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Abb.1.3

Primärerhebungen im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe

Bauhauptgewerbe

I

1

Unternehmenserhebungen

[

I

Betriebserhebungen

Unternehmens- einschließlich Investitionserhebung

Jährliche Totalerhebung im Bauhauptgewerbe

Erhebung über Material· und Wa· reneingang nach Arten

Vierteljährliche Auftragsbestandsstatistik (einseh!. Fertigbau)

Kostenstrukturstatistik (auch für fachliche Unternehmensteile)

Vierteljährliche und monatliche Produktionsstatistik im Fertigbau Monatsbericht und Auftragseingangserhebung (ink!. Fertigbau)

ifo Investitionstest (2 x jährlich) im Baugewerbe (Bau hau pt- und Ausbaugewerbe)

monatlicher ifo Konjunkturtest (ink!. Fertigteilbau)

Ausbaugewerbe

I Unternehmenserhebungen

Unternehmens- einschließlich Investitionserhebung Erhebung über Material- und Wareneingang nach Arten Kostenstrukturstatistik (auch fachliche Unternehmensteile)

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I

I

I Betriebserhebungen

Jährliche Zusatzerhebung im Ausbaugewerbe

Monatsbericht im Ausbaugewerbe

- Jahresbauleistung und Umsätze - Zahl der Beschäftigten, Lohn- und Gehaltssumme - Investitionen, Käufe und Verkäufe von Sachanlagen, Aufwendungen für Mieten und Pachten - Material- und Warenbestand am Anfang und am Ende des Geschäftsjahres - Investitionen für den Umweltschutz. - Kostenstrukturerhebung In Bauunternehmen Die Kostenstrukturerhebung bei Unternehmen im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe wird ebenfalls jährlich durchgeführt. Erhebungsmerkmale sind hier: - Jahresbauleistung und Umsatz - Lagerbestände, Bestandsveränderungen, Materialverbrauch - fremdbezogene Vorprodukte, Handelsware - Beschäftigte, Personalkosten - ausgewählte sonstige Kosten wie Mieten, Pachten, Steuern. - Erhebung des Materlal- und Wareneingangs Die Erhebung des Material- und Wareneingangs findet in unregelmäßigen Abständen in den Betrieben des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes statt. - Totalerhebung Im Bauhauptgewerbe und Zusatzerhebung für das Ausbaugewerbe Die wichtigsten Erhebungen auf Ebene der Betriebe sind die jährliche Totalerhebung im Bauhauptgewerbe und die ebenfalls jährlich stattfindende Zusatzerhebung für das Ausbaugewerbe. Sie werden in allen Betrieben des Bauhauptgewerbes und in den Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten des Ausbaugewerbes durchgeführt. Die wichtigsten unter den hier ertaßten Merkmalen sind - Art und Größe der Betriebe - Beschäftigte, geleistete Arbeitsstunden, Löhne/Gehälter - Inlandsumsatz - Auftragseingänge - Bestand an Geräten.

Aus den Daten der hier genannten Primärerhebungen lassen sich bereits wesentliche Kenngrößen wie Bruttowertschöpfung, Jahresbauleistung, Produktionswert, eingesetztes Sach- und Humankapital und verschiedene Produktivitäten errechnen. Zu beachten ist jedoch, daß wichtige Größen wie z.B. die Jahresbauleistung nur in Unternehmen des Bauhauptgewerbes mit 20 und mehr Beschäftigten erhoben werden, für Unternehmen mit 1 - 19 Beschäftigten (die bei den Roh-

23

bau leistungen einen besonders hohen Anteil haben) müssen also Schätzungen aufgrund der Umsatzangaben aller Betriebe gemacht und Doppelzählungen wieder subtrahiert werden. • Ifo Konjunkturtest für das Bauhauptgewerbe Beim monatlich im Bauhauptgewerbe und im Fertigteilbau (Hochbau) durchgeführten Konjunkturtest des ifo Instituts werden etwa 1 000 Bauunternehmen befragt. Der Test liefert Erhebungsdaten über - Auftragsbestand - Geräteauslastung - Baupreise - qualitative Merkmale wie Geschäftsklima, Behinderung der Austragsausführung, etc. Einige weitere Erhebungsquellen, die zwar nicht in erster Linie oder direkt die Leistungserstellung in der Bauwirtschaft zum Inhalt haben, die aber indirekt für die Berechnung einiger das Baugewerbe betreffenden Größen nützliche Informationen liefern können, seien hier nur noch kurz erwähnt: - Umsatzsteuerstatistik (zweijährlich) - Arbeitsstättenzählung (zuletzt 1987) - Baupreisstatistik mit Meßzahlen für Bauleistungspreise, Preisindizes für Bauwerke etc. - in mehrjährigen Abständen erfolgende Handwerkszählungen - vierteljährliche Handwerksberichterstattung. Bereits kurz nach der Wiedervereinigung wurde vom Statistischen Bundesamt zusammen mit der ehemaligen Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik der DDR die Aufgabe angegangen, auch für den Bausektor das ehemals westdeutsche Erfassungssystem auf die neuen Bundesländer zu übertragen. Seit einigen Jahren werden die genannten Erhebungen für die Bauwirtschaft bereits im erweiterten Bundesgebiet durchgeführt. Die Auswertungen werden soweit wie möglich bereits "gesamtdeutsch" vorgenommen, gleichzeitig aber auch noch in der alten Ost-West-Differenzierung. 1.3.3 Informationen über Veränderungen der Bauwerksbestände sowie über Neuerrichtung und Erhaltung von Bauwerken Neben den Fertigstellungen sind das (DIW-)Bauvolumen bzw. die (VGR-)Bauinvestitionen die wichtigsten Kenngrößen, die über die (Brutto-)Veränderung des baulichen Kapitalstocks durch Bautätigkeit Aufschluß geben. Daten zu diesen Variablen können, da sie sich aus

24

verschiedenen Komponenten zusammensetzen, nicht direkt erhoben werden, sie werden vielmehr vom Statistischen Bundesamt und anderen Institutionen, speziell vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW; Berlin), berechnet. Bauinvestitionen

Die Bauinvestitionen werden entweder nach investierenden Wirtschaftsbereichen oder nach Sektoren der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) ausgewiesen. Prinzipiell gibt es zwei Methoden zur Berechnung der Bauinvestitionen (genaue Definitionen siehe Anhang A 1.3): - Investoren-Rechnung Die Methode der direkten Ermittlung auf der Seite der Unternehmen in denjenigen Wirtschaftszweigen, die die Investitionen tätigen, wird auch Investoren-Rechnung genannt. Quellen für Informationen über getätigte Investitionen sind neben den bereits genannten Unternehmens- und Investitionserhebungen unter anderem: - Geschäftsberichte von Bundesbahn und Bundespost - Groß- und Einzelhandelsstatistik - Bankstatistische Gesamtrechnungen der Deutschen Bundesbank - Rechnungsergebnisse des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger - Kostenstrukturstatistisken. - Commodlty-flow-Methode Die andere Methode zur Berechnung der Anlage- bzw. Bau- und Ausrüstungsinvestitionen ist die indirekte Ermittlung aufgrund von Angaben der Unternehmen und Betriebe, die Bauleistungen und sonstige den Bauinvestitionen zuzurechnende Leistungen erbringen (Commodity-flow-Methode). Diese auf der Entstehungsseite ansetzende Methode wird in der Regel vorgezogen, da das statistische Ausgangsmaterial vollständiger und schneller zur Verfügung steht (Primärerhebungen über die Bautätigkeit). Einen Überblick über die in die Berechnung eingehenden Leistungen gibt die nachstehende schematische Darstellung (vgl. Abb. 1.4). - Investorenrechnung des Ifo Instituts Eine eigenständige Investorenrechnung wird auch vom ifo Institut durchgeführt, wobei dort seit 1978 zwischen dem sogenannten Eigentümerkonzept (wie es auch vom Statistischen Bundesamt angewandt wird) und dem Benutzerkonzept unterschieden wird (vgl. Gerstenberger u.a., 1989).

25

Abb.1.4

Schema für die Ermittlung der VGR-Bauinvestitionen - Leistungsbeiträge nach der Commodity-flow-Methode -

Leistungen des Bauhauptgewerbes

Leistungen des Ausbaugewerbes

I - Reparaturen

- Reparaturen

I - Militärbauten

- Militärbauten

I = Leistungen des

Bauhauptgewerbes (bereinigt)

= Leistungen des

~

Sonstige Leistungen

l

Verarbeitendes Gewerbe

I

Außenanlagen

I

r

I

Amtliche Gebührer

\

+

I

I

I

\ Nicht-Unternehmer- \ leistungen

Ausbaugewerbes (bereinigt)

I

I

I

I Grundstücksüber· tragungskosten

I I

I

Umsatzsteuer

= Bauinvestitionen

Quelle: Mohr/Bolleyer 1992.

Beim Benutzerkonzept werden die Käute von neuen Anlagen und Bauten nicht dem rechtlichen Eigentümer der Güter und Bauwerke zugeordnet, sondern demjenigen Unternehmen bzw. Wirtschaftszweig, das bzw. der die Anlagen tatsächlich tür Produktionszwecke einsetzt. Besonders bei Bauwerken sind neue Finanzierungstormen wie z.B. das Leasing oder andere Formen der Ver26

mietung in rasch steigendem Maße gebräuchlich geworden, die Zuordnung der Anlagen zum Eigentümer führt hier zu Verzerrungen hinsichtlich des tatsächlichen Kapitaleinsatzes eines Unternehmens bzw. Wirtschaftszweiges. - Ifo Investitionstest Vom ifo Institut werden eigene Investitionserhebungen für das Baugewerbe durchgeführt. Der ifo Investitionstest findet zweimal jährlich statt; befragt werden etwa 800 Betriebe des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes. Erhoben werden - getätigte und geplante Investitionen - gemietete Investitionsgüter - Investitionsziele bzw. -motive. Bauvolumen

Das Bauvolumen wird jährlich und vierteljährlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) berechnet. Es unterscheidet sich von den Bauinvestitionen durch die Einbeziehung von Leistungen für (nicht werterhöhende) Instandsetzungen und von Bauten für militärische Zwecke. Versteht man das Bauvolumen als entstehungsseitiges Aggregat, so umfaßt es alle im Inland erbrachten (gewerblichen) Leistungen, die in den Neu-, Um- oder Erweiterungsbau von baulichen Anlagen eingehen, inklusive der Leistungen des verarbeitenden Gewerbes, von Architekten, Behörden und privaten Haushalten sowie von (werterhöhenden) Eigenleistungen der Investoren (vgl. z.B. Bartholmai 1994). Der Vorteil dieser Größe liegt neben ihrer breiteren Abgrenzung und der deshalb vollständigeren Erfassung des Baugeschehens in ihrer verwendungsseitigen Aufschlüsselung, die die Betrachtung der am Bau beteiligten Branchen im Zusammenhang mit den drei großen Nachfragebereichen bzw. Bausparten Wohnungsbau, Wirtschaftsbau, öffentlicher Bau in Form einer Kreuztabelle mit der Unterteilung in Hoch- und Tiefbau ermöglicht (vgl. Abb. 1.5). Zur Berechnung der Bauleistung der einzelnen Produzentengruppen werden vom DIW vielfältige Informationen aus diversen Erhebungen herangezogen (vgl. Kirner u.a. 1973): - Umsatzangaben aus der Bauberichterstattung (Total- und Zusatzerhebung) und aus der Umsatzsteuerstatistik - Bau- und Handwerksberichterstattung - industrielle Produktionsstatistik

27

-

Zensus im produzierenden Gewerbe Unternehmensbilanzen Finanzstatistik (für Grunderwerbssteuer und Gebühren) Geschäftsberichte von Bundespost und Bundesbahn (für die Eigenleistungen dieser Investoren).

Beim Vergleich des DIW-Bauvolumens mit den VGR-Bauinvestitionen sind außer den aus unterschiedlichen Abgrenzungen resultierenden Niveau- auch noch gewichtige Unterschiede der Spartenzuordnung zu beachten. Um die Verwirrung wenigstens an dieser Stelle etwas einzugrenzen, wird in der vorliegenden Studie das DIW-Bauvolumen nur zur Darstellung von Strukturanteilen herangezogen. Abb.1.5

Zusammensetzung des DIW-Bauvolumens • Untergliederung nach Sauberelchen Hochbau Wohnungsbau

gewerbl. Hochbau

Tiefbau gewerbl. Tiefbau

öffentl. Hochbau

Straßenbau

sonstiger öffentl. Tiefbau

• Untergliederung nach Produzentengruppen Bauhaupt-I

Ausbau-

gewerbe

Verarbeitendes Gewerbe Ausbau

I

Montage

Sonstige Bauleistungen

Architektenleistungen Gebühren

Quelle: Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung: Klrner/Noack 1973.

Bautitlgkeltsstatlstlk Die wichtigste Quelle zur Gewinnung von Informationen über die mengenmli.ßige Bautiitigkeit und damit zusammenhängende Größen ist die Bautätigkeitsstatistik. Sie ist im oben erläuterten Sinne als Sekundärquelle zu verstehen, da die zunächst für andere Zwecke erhobenen Daten bei den zuständigen Ämtern bzw. bei den Gemeinden abgefragt werden. Allerdings werden hiervon nur Hochbauten (Gebäude für Wohn- und Nichtwohnzwecke), nicht aber Tiefbauten erlaßt.

28

Erhoben werden im Rahmen der Bautätigkeitsstatistik - die erteilten und erloschenen Baugenehmigungen nach der Anzahl der Gebäude mit der dazugehörigen Wohnfläche, Nutzfläche, etc. - die Anzahl der Baufertigstellungen (Wohn- und Nichtwohngebäude mit denselben Merkmalen) - die Anzahl der gemeldeten Abgänge von Gebäuden - und aus der Differenz von Genehmigungen und Fertigstellungen sowie aus dem Stand der Arbeiten der Bauüberhang. Die Baugenehmigungen und -fertigstellungen werden monatlich erfragt und veröffentlicht, die anderen Kennziffern jährlich. Statistik des sozialen Wohnungsbaus

Die Statistik des sozialen Wohnungsbaus gibt jährlich Auskunft über - Niveau sowie regionale und sachliche Struktur des Fördervolumens - geförderte Wohnungen und Wohneinheiten nach Förderungsart, Zweckbindung, Fläche, Raumzahl, etc. - Finanzierungsmittel und Finanzierungsquellen - Miete und Belastung der geförderten Wohnungen.

1.3.4 Bereitstellung von Informationen über Bauwerksbestände und Bautätigkeit In der DDR Erfassung der Bauproduktion

Die statistische Erfassung von volkswirtschaftlichen Daten erfolgte in der DDR zentral gesteuert und diente vor allem zur Kontrolle der PlanerfOllung durch Soll-1st-Vergleiche, daneben, aber erst in zweiter Linie auch der Ermittlung von Arbeitsproduktivitäten, Beständen und Betriebsergebnissen für die Analysetätigkeit. In der "Richtlinie über Rechnungsführung und Statistik in den volkseigenen Kombinaten und Baubetrieben" wird vom "Kampf um die stabile und kontinuierliche Planerfüllung" gesprochen, der eine schnelle und reale Information über die durchgeführten Leistungen durch exakte Leistungserfassung erfordere. Die Bauproduktion war gegenüber der "Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik" zur Kontrolle der Planerfüllung täglich, dekadenweise und monatlich, gegliedert nach Bauarbeiten (= Gewerken) gemäß der Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur (ELN), abzurechnen und nach-

29

zuweisen. Über die Art des Nachweises und die miteinzubeziehenden Leistungen gaben die "Grundsätze über die Leistungserfassung für die Bauproduktion" Aufschluß. Daneben wurden fachspezifische Informationen durch die jeweils zuständigen Ministerien erhoben. Der Bauleiter hatte dazu (in Kenntnis der hohen Planvorgaben und der Konsequenzen bei negativen oder positiven Planabweichungen) den erreichten Stand der Baudurchführung gegenüber dem vorangegangenen Abrechnungszeitpunkt vermittels des verbindlichen Preisangebots in den Arbeitsaufträgen an die Brigaden abzuschätzen. Die Meldungen der täglichen bzw. dekadenweisen Bauproduktion erfolgten formlos im Rahmen eines Rapportsystems. Von der Bauleitung war am Monatsende die erbrachte Leistung auf einem Primärbeleg (Leistungsmeldung) an die Rechnungsführung und Statistik weiterzugeben. Dort erfolgte die betriebsweise Zusammenstellung und Bewertung der Daten. Auf der Grundlage dieser rigiden Meldepflicht müßte es über die Bauwirtschaft in der DDR eigentlich eine Fülle von detaillierten Daten und Zahlenmaterial geben. Seit Mitte der sechziger Jahre war die Verknüpfung zwischen amtlicher Statistik und betrieblicher Rechnungsführung nämlich immer enger geworden. Tatsächlich sind diese Daten jedoch nur auszugsweise und in aggregierter Form in den Statistischen Jahrbüchern der DDR veröffentlicht, und zwar in einer Version, die keine objektive Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft bzw. des Bausektors erlaubte: Bekanntermaßen erfolgte für politisch relevante Größen (z.B. für den Wohnungsbau) stets ein überhöhter Nachweis, der für Propagandazwecke und als Beleg für die Planerfüllung verwendet wurde. Unmanipulierte Zahlen waren nur den Staats- bzw. Parteispitzen zugänglich. Aus den Ergebnissen intern geführter Fortschreibungen wurden erstmals im ·Statistischen Jahrbuch der DDR 1990" Zahlen veröffentlicht, die eine verbesserte Aussagekraft bzw. einen höheren Vertrauensgrad besitzen oder deren Zusammensetzung bekannt ist. Will man heute abgesicherte statistische Informationen über die Bauwirtschaft bzw. die gesamte Volkswirtschaft der DDR erhalten, so kann man entweder auf die genannte DDR-Publikationen zurückgreifen oder die (durchaus unsichere oder nur vage in Aussicht gestellte) Neuaufbereitung der "alten" Zahlen gemäß den bundesdeutschen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) durch das Statistische Bundesamt abwarten.

30

Das "System der materiellen Produktion": Unterschiede zu den bundesdeutschen VGR-Angaben

Prinzipiell fand in den zentralplanwirtschaftlich organisierten Staaten eine andere, eigenständige Sozialproduktsberechnung statt. So wurde auch in der DDR das Sozialprodukt bzw. seine Entstehung und Verwendung nach dem ·System der Materiellen Produktion" (MPS-Mate rial Production System) berechnet und nicht nach dem in Westdeutschland und anderen marktwirtschaftlich orientierten Ländern üblichen ·System of National Accounts· (SNA) der Vereinten Nationen. Die verschiedenen Aggregate und deren Berechnung unterschieden sich konzeptionell mehr oder weniger stark von den in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Aggregaten und Berechnungsmethoden. In der DDR wurde aus Mangel an Daten (oder aus Prinzip) nur das Inlandsprodukt und nicht auch das Sozialprodukt berechnet. Seit 1990 wird vom Statistischen Bundesamt in Zusammenarbeit mit der ehemaligen Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik (zwischenzeitlich: Statistisches Amt der DDR) versucht, die DDR-Daten den bundesdeutschen Aggregaten vergleichbar zu machen bzw. Umrechnungen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang sollen nachfolgend eher beispielhaft denn vollständig die wichtigsten Unterschiede in der Entstehungs- und Verwendungsrechnung des Bruttoinlandprodukts der DDR im Vergleich mit den bundesdeutschen Berechnungsverfahren aufgezeigt werden. Diese Unterschiede betreffen nicht zuletzt auch die Berechnung von Daten für die Bauwirtschaft: Entstehung des DDR-Inlandsprodukts

Als statistische Ausgangsdaten zur Ermittlung der Vorleistungen und des Produktionswertes der Unternehmen dienten die bereichsspezifisch aufgebauten Finanz- und Leistungsberichterstattungen mit Angaben über Umsatz, Vorratsveränderung und Kostenstruktur. Betrachtet man die konzeptionellen Unterschiede nach ihrer Wirkung auf das Bruttoinlandsprodukt so ergeben sich • vermindernde Wirkungen durch folgende Unterschiede: - die Wertschöpfung der freiberuflich Tätigen und von Hausangestellten wurde aus Mangel an Daten nicht einbezogen

5 Sauwirtschaft

31

- der Wert der Eigennutzung von Wohnungen konnte nicht geschätzt werden - für die Vermietung von gewerblich genutzten Räumen und Ausrüstungen wurde keine Wertschöpfung berechnet - Ausgaben des Staates für Verpflegung und Bekleidung von Wehrpflichtigen werden als Vorleistungen verbucht und nicht als geleistete Einkommen aus unselbständiger Arbeit; • erhöhende Wirkungen unter anderem durch folgende Abweichungen: - die Vermietung von Wohnungen wurde mit den Kosten bewertet und nicht mit den sehr geringen tatsächlichen Mieten - Abschreibungen wurden auch auf öffentliche Straßen und dauerhafte militärisch genutzte Güter berechnet - Ausgaben von Unternehmen für Dienstreisen und betriebliche Versorgungseinrichtungen wurden dem letzten Verbrauch zugerechnet und nicht als Vorleistungen verbucht - der Output wurde häufig zu Preisen vor der Subventionierung in Form von öffentlicher Preisstützung bewertet.

Darüber hinaus führten weitere Unterschiede in der Verbuchung einzelner Vorgänge auch noch zu Verschiebungen innerhalb der Komponenten des Bruttoinlandsprodukts. Diese werden hier wegen der Beschränkung auf einen knappen Überblick nicht referiert. Verwendung des DDR-Inlandsprodukts

Als statistische Grundlage wurden zur Ermittlung der Verwendungsaggregate im einzelnen folgende Quellen verwendet: • Zur Ermittlung des privaten Verbrauchs - Einzelhandelsumsatz an die Bevölkerung sowie Verkäufe ab Hof und auf dem Bauernmarkt - Verkehrs- und Nachrichtenleistungen sowie privat bezahlte Reparaturen etc. . - Naturalvergütungen in der Industrie, Eigenverbrauch in der Landwirtschaft - Stützungen für individuelle Konsumtion; • zur Ermittlung des Staatsverbrauchs wurde die Abrechnung des Staatshaushalts verwendet; • zur Ermittlung der Investitionstiitigkeit gab es Erhebungen bei den Investitionsauftraggebern.

32

Auch auf der Verwendungsseite des Bruttoinlandsprodukts sind Unterschiede zu den bundesdeutschen VGR-Angaben zu beachten: - Der private Verbrauch umfaßte in der DDR einerseits auch die unentgeltlichen Leistungen des Staates für Kultur, Kunst, Sport, Erholungswesen, Wohnungswirtschaft, Gesundheits- und Sozialleistungen; ebenso sind von Unternehmen erbrachte unentgeltliche Leistungen in diesen Teilbereichen enthalten; es fehlen auf der anderen Seite die unterstellten Leistungen für von den Eigentümern selbstgenutzte Wohnungen. - Im Staatsverbrauch wurden dagegen nur diejenigen Leistungen des Staates erfaßt, die kollektiv verbraucht wurden. - Bei den Bruttoinvestitionen sind - abweichend vom SNA-Konzept auch die Ausgaben für Bauten und dauerhafte Ausrüstungen für militärische Zwecke enthalten. Bestände an Gebäuden und baulichen Anlagen

Eine Systematik der Bestände an Gebäuden und (sonstigen) baulichen Anlagen war die Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur (ELN) der DDR, herausgegeben vom Ministerrat der DDR und der staatlichen Zentralverwaltung für Statistik. Die Planung und Abrechnung der BauUitigkeit erfolgte entweder nach Bauwerken oder nach Bauarbeiten, die jeweils in der Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur ausgewiesen waren. Die insgesamt bis zu achtstelligen Differenzierungen reichende Untergliederung wird hier lediglich als grober Überblick aufgeführt: 21 000000 22000000 23000000 24000000 25000000 26000000

27000000 28000000



Gebäude und bauliche Anlagen für die Industrie und die Lagerwirtschaft Gebäude und bauliche Anlagen für die Wasserwirtschaft Gebäude und bauliche Anlagen für landwirtschaftliche Zwecke Gebäude und bauliche Anlagen für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen Gebäude und bauliche Anlagen für Wohnzwecke Gebäude und bauliche Anlagen für gesellschaftliche Zwecke Rekonstruktionsmaßnahmen,Modernisierung,Abbruch Baureparaturen

33

29 00 00 00

Bauarbeiten (nach Tätigkeiten gegliedert)

63 00 00 00

Projektierungsleistungen.

Die 3. bis 8. Stelle dieser Nomenklatur waren einer weiteren Feingliederung vorbehalten, die Nutzungsart, Gebäudeform, Konstruktionsart und Hauptbaustoft der Tragekonstruktion kennzeichnete. Außerdem existierte eine Systematik der Vo/kswirtschaftszweige der DDR (SVWZ), die allerdings keine Entsprechung zur westdeutschen Untergliederung des Baugewerbes in Bauhaupt- und Ausbaugewerbe kannte. Weitere, diesen knappen Überblick ergänzende Angaben und Erläuterungen erfolgen in den entsprechenden Abschnitten der Kapitel 2 und 3.

1.4

Bedeutung der westdeutschen Bauwirtschaft im Rahmen der Gesamtwirtschaft

An verschiedenen Stellen des Einleitungskapitels zum "Branchenbild Bauwirtschaft" war bereits von der großen Bedeutung dieses Wirtschaftsbereiches und von seiner Funktion als ·Schlüsse/sektor" die Rede. Um diese Behauptungen schon zum Auftakt der weiteren Darstellungen und Analysen etwas besser fundieren zu können, werden nachfolgend - gliederungssystematisch vielleicht etwas "verfrüht"; vgl. Abschnitt 3.2 - ausgewählte Angaben zur westdeutschen Bauleistung zusammen- und in Ausschnitten den entsprechenden Größen für andere Industrieländer gegenübergestellt (vgl. auch Abschnitt 1.2). 1.4.1 Anteil der Bruttowertschöpfung am Bruttoinlandsprodukt Beginnt man mit den Analysen auch hier auf der VGR-Entstehungsseite, so zeigt sich: Der Anteil der Bruttowertschöpfung des Baugewerbes am Bruttoinlandsprodukt (welches sich aus der um Bankdienstleistungen, Einfuhrabgaben und nichtabziehbare Umsatzsteuer bereinigten Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftszweige zusammensetzt) schwankt seit 1990 zwischen 5,4 und 5,1 % (vgl. Tab. 1.1). Er hatte 1970 allerdings noch 8,1 % betragen und war bis 1985 auf 5,8 % abgesunken. Der Antei/ des Baugewerbes an der Bruttowertschöpfung des produzierenden Gewerbes ist seit 1985 von 14,3 % leicht auf 15,0 % im Jahre 1994 gestiegen. Der Anstieg ist darauf zurückzuführen, daß während der jüngsten Rezession die Bruttowertschöpfung des Baugewerbes nicht so stark zurückgegangen ist wie im übrigen produzie-

34

renden Gewerbe; in früheren Zyklen waren allerdings völlig konträre Entwicklungen zu verzeichnen. Tab. 1.1

Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung des produzierenden und des Baugewerbes 1985 bis 1994 - Absolutwerte (In Mrd. DM In Preisen von 1991) und Anteile des Baugewerbes (In %) 1985 Bruttoinlandsprodukt

1990

1991

1992

1993

1994

2136,00 2520,40 2647,60 2694,30 2644,50 2706,80

Bruttowertschöpfung Baugewerbe

124,56

136,79

137,25

140,57

135,27

Bruttowertschöpfung prod. Gewerbe

868,14

968,37 1 001,98

982,77

914,25 2706,80

139,60

Anteil der Bauwirtschaft am BIP

5,83

5,43

5,18

5,22

5,12

5,16

Anteil BWS Baugewerbe an BWS prod. Gewerbe

14,33

14,12

13,70

14,30

14,80

14,35

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen des 110 Instituts.

Untergliedert man die gesamte westdeutsche Bruttowertschöpfung für 1994 nach Sektoren (vgl. Abb. 1.6), so entfällt auf das Baugewerbe nur ein vergleichsweise kleines "Kuchenstück" . Die relative Bedeutung des Bausektors wird mit dieser Betrachtung aber gleich aus zwei Gründen unterschätzt: - Unter institutionellen Aspekten ist darauf hinzuweisen, daß für Vergleichszwecke sowohl das verarbeitende Gewerbe (z.B. in Chemische Industrie, Fahrzeugbau, Maschinenbau) als auch die sonstigen Dienstleistungen stärker nach Branchen oder Zweigen untergliedert werden müßten; - unter funktionalen Gesichtspunkten ist auf die kompletten Bauwerke (Hoch- und Tiefbauten) und die in diese eingehenden Leistungen anderer Sektoren zu verweisen; - außerdem ist an den hohen Stellenwert der Infrastruktureinrichtungen und der Wohnungsversorgung sowie an die engen intersektoralen Verflechtungen des Baugewerbes zu erinnern.

35

Abb.l.6

Anteil des Baugewerbes und anderer Wirtschaftsbereiche an der Bruttowertschöpfung aller Unternehmen 1 ) 1994 Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe

m~lliii

Handel

Verkehr/ N ach ri chten Kred it/Versi cherung

111~r

Energie , Wasser Land· und Forst· wirtschaft, Fischerei

Dienstleistungen

1) Nur Westdeutschland; ohne Wohnungsvermietung.

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3; Berechnungen des Ifo Instituts.

Für die Anteile des Bauhauptgewerbes und des Ausbaugewerbes an der Bruttowertschöpfung des Baugewerbes liegen Daten erst bis 1993 vor (die Angaben für 1994 sind vorläufige bzw. geschätzte Werte). Im dargestellten Zeitraum von 1987 bis 1994 war eine Verschiebung der Nominalgrößen zugunsten des Ausbaugewerbes um 5 Prozentpunkte zu verzeichnen (vgl. Tab. 1.2); dies spiegelt auch die längerfristige Entwicklungstendenz wider: Das Ausbaugewerbe hat sich tendenziell deutlich günstiger entwickelt als das Bauhauptgewerbe, doch führte der jüngste Neubauboom bei Wohnungen zu einer phasenweisen Rückverlagerung bzw. Tendenzabschwächung. Tab. 1.2

Anteile (in %) von Bauhaupt- und Ausbaugewerbe an der nominalen Bruttowertschöpfung 1 ) des Baugewerbes 1987 bis 1994 1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994°

Bauhauptgewerbe

60,1

60,1

59,6

59,4

58,2

57,1

56,0

55,1

Ausbauge· werbe

39,9

39,9

40,4

40,6

41,8

42,9

44,0

44,9

1) In jeweiligen Preisen. 2) Teilweise geschätzt.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18; Berechnungen des ifo Instituts.

36

1.4.2 Anteil der BauinvestItIonen am Bruttosozialprodukt Mit Abstand gebräuchlicher als die Betrachtung der Bruttowertschöpfungsanteile sind Anteilsberechnungen, die auf der Verwendungsseite der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ansetzen und dabei meist das Bruttoinlandsprodukt als Basisgröße verwenden. Das reale Bruttoinlandsprodukt erreichte 1994 im früheren Bundesgebiet rund 2 707 Mrd. DM (in Preisen von 1991). Die Bauinvestitionen hatten daran mit 311 Mrd. DM einen Anteil von etwa 11,5 % (vgl. Tab. 1.3). Dieser Anteil war nach einem Tief mit 11,3 % (1991) kurzzeitig etwas gestiegen, im Vergleich zu 17,1 % (1970) und 14,5 % (1975) ist aber langfristig ein tendenzieller Rückgang zu beobachten. Tab. 1.3

Bruttoinlandsprodukt und Bauinvestitionen In Westdeutschland - Absolutwer1e (In Mrd. DM In Preisen von 1991) und Anteil der aaulnvestltlonen am alP (In %) 1985 bis 1994 -

BIP Bauinvestitionen Anteil in %

1985

1990

1991

1992

1993

1994

2136,00

2520,40

2647,60

2694,30

250,53

291,43

299,32

310,58

299,16

311,40

11,73

11,56

11,31

11,53

11,31

11,49

2644,50 2706,80

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fach.erle 18, Reihe 1.3.

Betrachtet man die Entwicklung der jährlichen Verlinderungsraten von Bruttoinlandsprodukt und Bauinvestitionen im Vergleich (vgl. Abb. 1.7) so stellt man fest, daß sich die Bauinvestitionen in etwa parallel zum Bruttoinlandsprodukt, allerdings mit deutlich stärkeren Ausschlägen nach unten, entwickelt haben. Die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen bzw. deren Determinanten schlagen also auch auf den Bausektor durch (wie umgekehrt dessen stärker schwankendes Niveau das Gesamtaggregat mitbestimmt). In der Tendenz bzw. im langjährigen Durchschnitt können die Entwicklungen aber durchaus deutlich auseinanderlaufen (vgl. Abschnitt 3.2).

37

Abb.1.7

Veränderungsraten (in %) von Bruttoinlandsprodukt und Bauinvestitionen in Westdeutschland 1980 bis 1994 In -/0 (real in Preisen von 1991) 8r-------------------------------------------~

_8L-~--~~--~--~--~~----~--~--~~--~~

198081

82

83

84

85

86

87

- - Bruttoinlandsprodukt -

88

89

90

91

92

93

94

Bauinvestitionen

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3; Berechnungen des ifo Instituts.

1.4.3 Internationaler Querverg1eich der Bauanteile Beim oben beschriebenen tendenziellen, von zyklischen Schwankungen überlagerten Rückgang des Anteils der Bauinvestitionen am Bruttoinlands- oder -sozialprodukt handelt es sich beileibe um kein rein (west-)deutsches Phänomen; ein Blick über die Grenzen zeigt vielmehr, daß in allen Industrieländern ein derartiger Bauantetlsverlust zu beobachten ist (vgl. Abb. 1.8). Selbst im (bis vor wenigen Jahren noch) besonders wachstumsstarken Japan ist der Bauanteil tendenziell gesunken, er liegt allerdings immer noch deutlich höher als in den Vergleichsländern (vgl. Rußig/Görhely u.a. 1995). Daß kräftiges Wirtschaftswachstum eng mit einem hohen, über längere Phasen hinweg sogar steigenden Bauanteil korreliert, kann man auch in Ostdeutschland beobachten. Dort lag der Anteil der Bauinvestitionen am Bruttosozialprodukt 1994 bei fast 40 %, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, daß es sich zu einem großen Teil um "geborgte" Investitionen handelt, weil das Bruttosozialprodukt der neuen Bundesländer nach wie vor in großem Umfang aus Transferleistungen besteht. Aus den selbsterwirtschafteten Einkommen könnten oder

38

wollten die Ostbürger wohl nicht so viel Ersparnisse bilden, daß über 100 Mrd. DM für Bauinvestitionen abgezweigt werden könnten. Immerhin betrug der Anteil der Bauinvestitionen an der aggregierten Inlandsnachfrage 1994 über 22 %. Abb.1.8

Anteil der Bauinvestitionen am Bruttosozialprodukt in ausgewählten Industrieländern 1970 bis 1994 %

24 23 22 21 20 19

18

_... _. . .. . . .. . . . . .. - - - - - --. . .. . ~~~~~ . . . .. . .... .. .. . ... Frankreich

Schweden

Großbritann ien

USA

Westdeutschland

17 ~" 16 15 14 ~ .. !-' 13 r--... ""'" 1-12 11 ~- 1'. , 10 f-I9 8 7 I6

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Quelle: OECD (Ed.), National Accounts of OECD Countries; Paris (versch. Jg.); Berechnungen des Ifo Instituts.

Der Zusammenhang zwischen ökonomischer Entwicklung bzw. Wirtschaftswachstum und der Höhe des Bauanteils am Bruttoinlandsbzw. sozialprodukt scheint - gerade wenn man die Spanne der Einkommen noch wesentlich weiter zieht - so eng zu sein, daß man mit aller Vorsicht von einer ökonomischen Gesetzmäßigkeit reden könnte: - In den ärmsten, noch ganz wenig industrialisierten Ländern kann kaum etwas für langlebige und aufwendigere Bauwerke abgezweigt werden; - erst mit einsetzender Industrialisierung steigen auch die Bauinvestitionen - erst ganz allmählich, dann aber beschleunigt und zunehmend überproportional, so daß der Bauanteil kräftig zunimmt;

39

- in der Spätphase des Industrialisierungsprozesses reicht der aufgebaute und erhaltene bauliche Kapitalstock zunächst für die dann in der Regel deutlich verlangsamte Produktionsausweitung aus; - schließlich benötigen "ausgereifte" Dienstleistungs- und Kommunikationsgesellschaften (trotz höherem spezifischen Bauwerksbestand pro Outputeinheit im tertiären Sektor als im produzierenden Gewerbe) immer weniger zusätzliche Bauwerke, so daß der Bauanteil an der gesamtwirtschaftlichen Leistung immer mehr schrumpft. In vielen Industrieländern hat sich der Anteil der Bauinvestitionen an der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung um die 10 %-Marke herum oder ein wenig darüber eingependelt. Auch für Westdeutsch land kann dieser Wert als Meßziffer für die Bedeutung der Bauwirtschaft angesehen werden; in Gesamtdeutschland wird noch eine Reihe von Jahren eher von 15 % oder noch mehr auszugehen sein. Höhere Bauanteile haben nur ganz besonders dynamisch wachsende Staaten oder (Teil-)Regionen aufzuweisen. Der Stellenwert des Bausektors reicht jedoch über diese quantitativen Angaben hinaus, indem er z.B. - mit seinen starken zyklischen Schwankungen und engen Verflechtungen die Entwicklung der Gesamtkonjunktur prägt, - wegen der Langlebigkeit und Immobilität der Produkte Natur und Landschaft nachhaltig verändert und die Siedlungs- und Raumstruktur entscheidend bestimmt, - vor allem im Wohnbereich, aber auch in den anderen Baubereichen direkt zur Befriedigung von Elementarbedürfnissen beiträgt. In mehrfacher Hinsicht erscheint es also durchaus angemessen, von der hier wie allgemein sehr breit abgegrenzten Bauwinschaft als Schlüsse/sektor unserer gesamten Volkswirtschaft zu sprechen.

2 Entwicklung und Stand der Leistungserstellung in den Betrieben des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes Vorbemerkungen

Die internationalen Vergleiche zum Anteil der Bauinvestitionen am Bruttoinlands- bzw. -sozialprodukt im einleitenden Kapitel 1 dieser Studie haben in besonderer Weise deutlich werden lassen, daß in einem "Branchenbild Bauwirtschaft" notwendigerweise eine breite Sektorabgrenzung verwendet werden muß, weil sonst viele interessante Fragen gar nicht angemessen beantwortet werden könnten. In den westlichen Industrieländern wird hierfür das standardisierte Schema der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR nach SNA-System of National Accounts) zugrundegelegt. Bei den Bauinvestitionen handelt es sich um ein Teilaggregat auf der Verwendungsseite der VGR-Systematik, bei dem - wie auch bei den Vermögensbzw. Kapitalstockrechnungen - die kompletten Bauwerke und alle zu deren Errichtung und (Substanz-)Erhaltung erbrachten Leistungen der verschiedenen produzierenden sowie der privaten und staatlichen Dienstleistungsbereiche zusammengefaßt werden. Es würde allerdings den Rahmen einer Monographie über die deutsche Bauwirtschaft total sprengen und eine Fülle von Abgrenzungsproblemen aufwerfen, wenn man sämtlichen Einzelbeiträgen der beteiligten Wirtschaftszweige auf der VGR-Entstehungsseite ebenfalls im Detail nachspüren, also die gesamte "Bau kette" abhandeln wollte. Daher konzentriert sich dieses Kapitel 2 in einer bewußten Einengung der eingangs gewählten umfassenderen Definition des Bausektors auf den produktionsseitigen Kernbereich, also auf das Baugewerbe; hiermit werden immerhin über zwei Drittel der Gesamtleistung erfaßt. In Kapitel 3, aber auch in den anschließenden Kapiteln, wird dann wieder stärker auf die breitere Abgrenzung zurückgegriffen. Nach der für Zeitreihenanalysen noch relevanten ·Systematik der Wirtschaftszweige" von 1979 wird das Baugewerbe im alten Bundesgebiet weiter in Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe untergliedert (vgl. Anhang A 1.2.1), wobei ersterem Teilsektor unter verschiedenen Aspekten das mit Abstand größere Gewicht zukommt. Der Schwerpunkt wird daher in diesem Kapitel eindeutig auf das Bauhauptgewerbe gelegt, wobei allerdings diese Unterteilung in der DDR-Bauwirtschaft keine Entsprechung findet (vgl. Abschnitt 2.2); das Ausbaugewerbe wird eher am Rande bzw. in den Gesamtgrößen behandelt. 41

Das Erkenntnisinteresse richtet sich beim westdeutschen Bauhauptgewerbe auf die produzierenden Einheiten, auf den Faktoreinsatz (Arbeit, Kapital, sonstige Faktoren) und auf die Outputgrößen (Umsatz bzw. Bauleistung), wobei jeweils die Vergangenheitsentwicklung bis zum aktuellen Rand und sowohl Absolutwerte als auch Relationen und "Qualitäten" betrachtet werden sollen. Man mag es bedauern, es bleibt aber eine Tatsache, daß für diese Sachverhalte und Differenzierungen nicht eine Quelle allein herangezogen werden kann, vielmehr müssen die Datengrundlagen aus verschiedenen Statistiken zusammengesucht werden. Damit ergeben sich aber Einordnungen in unterschiedliche Systematiken mit abweichenden Abgrenzungen, Untergliederungen und Zeiträumen oder Stichtagen. Eine gewisse Verwirrung ist dabei unvermeidlich; durch diese muß sich "hindurchkämpfen", wer Antworten auf die Vielfalt seiner Fragen sucht. Die eine oder andere Fragestellung wurde allein deshalb ausgeklammert, weil zu ihrer Beantwortung nochmals auf andere Quellen hätte zurückgegriffen werden müssen.

2.1

Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in Westdeutschland

2.1.1 Produktionsstätten Als Bauwirtschaft im engeren Sinne gelten diejenigen Unternehmen und Betriebe, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt in einem der Fachzweige des Bauhauptgewerbes oder des Ausbaugewerbes liegt und die einen großen Teil der volkswirtschaftlichen Leistungen zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken erbringen. Mit den im Bausektor tätigen gewerblichen Einheiten, also den (trotz der Definitionsprobleme hier so genannten) Produktionsstätten, befassen sich mehrere sehr unterschiedliche statistische Erhebungen. Diese Erhebungen unterscheiden sich im zeitlichen Turnus, in der Abgrenzung der zu erfassenden Einheiten und in der Detailliertheit der erhobenen Tatbestände. Deshalb müssen unterschiedliche Quellen herangezogen werden, wenn man ein vollständiges und differenziertes "Branchen bild" erhalten will. Auszuwerten sind hier zunächst die zweijährliche Statistik der steuerpflichtigen Umsätze, die jährliche Erhebung bei größeren Bauunternehmen, die jährliche Totalerhebung in allen Baubetrieben sowie die letztmals 1987 durchgeführte Totalerhebung unmittelbar in den Arbeitsstätten. Als hauptsächliche Quelle für die weitere Analyse der Angebotsseite des Bauhauptgewerbes erweist sich die Totalerhebung in den Baubetrieben.

42

2.1.1.1 Unternehmen, Betriebe und Arbeitsstätten UmsatzsteuerpflIchtige Unternehmen

Nach der in zweijährigem Turnus aufbereiteten und erst zeitverzögert zugänglichen, allerdings besonders "dicht" erfassenden Umsatzsteuerstatistik gab es 1992 im früheren Bundesgebiet (einschließlich OstBerlin) insgesamt 2,3 Mill. Unternehmen mit einem steuerpflichtigen Jahresumsatz von mindestens 25 000 DM, darunter 219 000 Unternehmen im Baugewerbe. Etwa jedes zehnte Unternehmen war also ein Baugewerbe-Unternehmen. Mit 358 Mrd. DM Umsatz (bzw. geschätzten 354 Mrd. DM ohne OstBerlin) entfielen 1992 jedoch nur etwas mehr als 6 % der insgesamt rund 5,9 Bill. DM gesamtwirtschaftlichen Umsatzes auf das Baugewerbe. Im Durchschnitt aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen zählen die Unternehmen des Baugewerbes also zu den kleineren Einheiten; ihr durchschnittlicher Umsatz beträgt weniger als zwei Drittel des gesamtwirtschaftlichen Durchschnitts. Von den umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen des Baugewerbes haben 6 % Umsätze von 25 000 bis 50 000 DM gemeldet, 11 % Umsätze von 50 000 bis 100 000 DM, weitere 19 % Umsätze von 100 000 bis 250 000 DM. Insgesamt haben 36 % der Bauunternehmen 1992 weniger als 250 000 DM Jahresumsatz versteuert. Nur 2,1 % der Unternehmen kamen auf 10 Mill. DM Umsatz und mehr, darunter lediglich 171 Unternehmen auf über 100 Mill. DM. Zum Bauhauptgewerbe gehörten seinerzeit 91 000 Unternehmen, d.h. 42 % der umsatzsteuerpflichtigen Bauunternehmen, zum Ausbaugewerbe 128 000 Unternehmen bzw. 58 % (vgl. Tab. A 2.1 im Anhang). Ohne Ost-Berlin wären es rund 90 000 Unternehmen im Bauhauptgewerbe und rund 126 000 im Ausbaugewerbe. Der Umsatzanteil des Bauhauptgewerbes lag deutlich über seinem Anteil an den steuerpflichtigen Unternehmen: Er erreichte mit 239 Mrd. DM rund 67 % des Umsatzes im Baugewerbe. Das Bauhauptgewerbe hat also erkennbar umsatzstärkere Unternehmen als das Ausbaugewerbe. Die 1992 vorherrschende Rechtsform der rund 90 000 Unternehmen des Bauhauptgewerbes war das Einzelunternehmen. Den größten Umsatzanteil hatten jedoch die Kommanditgesellschaften. Im einzelnen ergab sich bei der Rechtsform 1992 folgende Rangfolge nach der Anzahl der Unternehmen (mit zugeordneten Umsatzanteilen):

43

Anteil an den Unternehmen

Rechtsform

Umsatzanteil

Einzelunternehmen

54 %

17%

GmbH

26 %

35 %

OHG

12 %

12 %

KG

6%

25 %

AG

0%

10 %

Sonstige

1%

1%

Obwohl 72 % der Bauunternehmen als Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaft (OHG und KG) betrieben wurden, entfielen auf sie nur 54 % des Umsatzes. Die Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) sind demnach auch im westdeutschen Bauhauptgewerbe im Durchschnitt wesentlich umsatzstärker. Die rund 90 000 Unternehmen des Bauhauptgewerbes teilten sich 1992 nach der wirtschaftlichen Gliederung der Umsatzsteuerstatistik wie folgt auf die verschiedenen Bauleistungskategorien auf (früheres Bundesgebiet und ganz Berlin; stark gerundet und teilweise geschätzt): 000 000 000 000 000 000 - 10 000 - 9 000 - 18 000 - 54 22 14 12 4 3

Hoch- und Tiefbau, davon (gerundet) Unternehmen ohne ausgeprägten Schwerpunkt Hochbau Tiefbau Fertigteilbau Gerüstbau und Fassadenreinigung Spezialbau Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei Zimmerei und Dachdeckerei

Auf die 54 000 Hoch- und Tiefbauunternehmen entfielen 200 Mrd. DM Umsatz, d.h. 84 % des Umsatzes des Bauhauptgewerbes bzw. 56 % des Umsatzes des Baugewerbes. Es handelt sich also hierbei um den mit großem Abstand bedeutendsten Bereich des Baugewerbes. Innerhalb des Hoch- und Tiefbaus dominieren die Unternehmen ohne ausgeprägten Schwerpunkt, die 1992 über die Hälfte des Umsatzes im Hoch- und Tiefbau aufwiesen. Im einzelnen ergab sich folgende Umsatzstruktur der Unternehmen im Hoch- und Tiefbau (früheres Bundesgebiet inkl. ganz Berlin):

44

Umsatz in DM

Anteil am Umsatz im Hochund Tiefbau

111 Mrd.

56 %

Hochbau

33 Mrd.

16 %

Tiefbau

Wirtschaftszweig Unternehmen ohne ausgeprägten Schwerpunkt

45 Mrd.

23 %

Fertigteilbau

8 Mrd.

4%

Gerüstbau und Fassadenreinigung

3 Mrd.

1%

Unternehmen mit 20 und mehr bzw. 10 und mehr Beschiftlgten Nach den jährlich durchgeführten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zu Umsatz, Beschäftigung, Investitionen und Kostenstruktur im Baugewerbe - in die nur bauhauptgewerbliche Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten und Unternehmen des Ausbaugewerbes mit 10 und mehr Beschäftigten einbezogen werden - bestand dieser Wirtschaftszweig 1993 aus 24 518 Unternehmen mit 202 Mrd. DM Umsatz (vgl. Tab. 2.1). Vergleicht man die Unternehmenszahl aus dem Jahr 1992 mit der für dasselbe Jahr verfügbaren Zahl an Unternehmen aus der Umsatzsteuerstatistik, wird die überwiegend kleinbetriebliche Struktur des Baugewerbes deutlich: Die Unternehmen mit 20 bzw. 10 Beschäftigten und mehr haben lediglich einen Anteil von 11 % an allen baugewerblichen Unternehmen. Allein für das Bauhauptgewerbe überstieg der abgrenzungs- und erfassungsbedingt höhere Umsatz laut Umsatzsteuerstatistik 1992 den korrespondierenden Wert in der Fachstatistik (Jahreserhebungen bei Unternehmen) um rund 87 Mrd. DM (ohne Umsatzsteuer), also um rund 37 % des dort insgesamt erfaßten Umsatzes (1992: 236 Mrd. DM). Die kleineren, nicht zur Bauberichterstattung meldenden, aber umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen des Bauhauptgewerbes sind also im Vergleich extrem umsatzschwach. Zwar meldet nur etwa jedes achte Unternehmen zur Jahreserhebung, doch erzielt dieser Berichtskreis fast zwei Drittel des Umsatzes im Bauhauptgewerbe. Auch im Ausbaugewerbe beträgt der Anteil der 14 062 zur Jahreserhebung meldenden Unternehmen (mit mindestens 10 Beschäftigten) nur 11 %. Ihr Anteil am steuerpflichtigen Umsatz betrug im letzten vergleichbaren Jahr (1992) lediglich 45 % des in der Umsatzsteuer-

45

statistik erlaßten Wertes (118 Mrd. DM). Das Ausbaugewerbe, weIches zu einem Großteil aus Kleinst-Unternehmen besteht, ist also in den Jahreserhebungen nur völlig unzureichend erlaßt. Tab. 2.1

Unternehmen Im westdeutschen Baugewerbe 1993 Anzahl der Unternehmen

Umsatz in Mrd. DM

10456

149

776

8489

133

685

Hoch-{Tiefbau o.a.S.

1209

49

218

Hochbau

4217

38

212

Fertigteilbau

162

6

23

Straßenbau

922

15

85

1 979

25

147

Spezialbau

443

7

35

Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei

450

3

18

Wirtschaftszweig Bauhauptgewerbe 1 ) Hoch- und Tiefbau

Restlicher Hoch- (Tiefbau

Beschäftigte in 1 000

1074

6

38

Ausbaugewerbe 2 )

14062

53

392

Baugewerbe insgesamt

24518

202

1 168

Zimmerei, Dachdeckerei

1) Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. 2) Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten.

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Das Bauhauptgewerbe hatte 1993 nach der Bauberichterstattung mit rund 10 500 Unternehmen, 776 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 149 Mrd. DM am so erlaßten Baugewerbe einen Anteil von 62 % der Unternehmen, 73 % der Beschäftigten und 79 % des Umsatzes. Im Vergleich zum Ausbaugewerbe sind die Unternehmen des Bauhauptgewerbes sowohl personal- als auch umsatzstärker. Die Zahl der in dieser Abgrenzung erfaßten Unternehmen im Bauhauptgewerbe war nach dem Höchststand 1970 mit 15000 Unternehmen zunächst rückläufig bis zum niedrigsten Stand 1988 mit etwa

46

9 200 Unternehmen. Seitdem ist sie zwar wieder angestiegen, sie lag aber 1993 mit knapp 10 500 immer noch um knapp ein Drittel unter dem Stand von 1970. Innerhalb des Bauhauptgewerbes war 1993 der zusammengefaßte Hoch- und Tiefbau nach der Fachstatistik (Bauberichterstattung) mit • 8 500 Unternehmen • 133 Mrd. DM Umsatz • 685 000 Beschäftigten

der bei weitem bedeutendste Bereich. Seine Anteile am Umsatz und an der Beschäftigtenzahl im Bauhauptgewerbe betrugen 89 % bzw. 88 %, sein Anteil an der Zahl der Unternehmen 81 %. Als größter Bereich (gemessen an Umsatz und Beschäftigung) innerhalb des Hochund Tiefbaus erweisen sich auch nach der Jahreserhebung die Unternehmen ohne ausgeprägten Schwerpunkt, gefolgt von den Unternehmen mit Schwerpunkt im Hochbau. Betriebe

In obengenannten Jahreserhebungen sind auch solche Unternehmen voll erfaßt, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt zwar im Baugewerbe liegt, die aber auch Betriebe außerhalb des Baugewerbes haben. Umgekehrt werden Baubetriebe von Unternehmen mit Schwerpunkt außerhalb des Baugewerbes nicht einbezogen. Ferner sind die Kleinunternehmen nicht eingeschlossen. Ein zutreffenderes Bild von der gesamten Bautätigkeit liefert deshalb die jährliche Tota/erhebung, zu der alle Betriebe mit wirtschaftlichem Schwerpunkt im Bauhauptgewerbe zu melden haben und die für das Ausbaugewerbe durch eine Jahreserhebung in Betrieben mit mindestens 10 Beschäftigten ergänzt wird. Als Betrieb gelten hierbei die örtlichen Einheiten mit eigenem Baubzw. Lohnbüro (in der Regel also nicht die Baustellen), die schwerpunktmäßig Bau/eistungen für den Markt erbringen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um handwerkliche Einheiten handelt oder nicht. Im Jahre 1994 gab es nach diesen Erhebungen in den alten Bundesländern im Bauhauptgewerbe insgesamt rund 68 000 Betriebe. Deren Anzahl war, ausgehend von 63 000 Betrieben 1970, zunächst bis auf 58 000 gesunken, sie nahm aber seit 1978 wieder zu. Nach einem er6 Bauwirtschaft

47

neuten Absinken Mitte der achtziger Jahre liegt sie heute um etwa 5 000 Betriebe über der Zahl von 1970 (vgl. Abb. 2.1). Abb.2.1

Betriebe im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Anzahl in 1 000 80 ~---------------------------------------------'

70 - - 60 50

30 20 10

o •

198081

82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

Hoch- / Tlefbau

92 93 94

[1lLl Spezialbau ~ Stukk ./Glps ./Verputzel ~ Zlrnrnerel / Dachdeckerel

Quelle: Statistisches Bundesamt,. Fachserie 4, Reihe 5.1.

Im längerfristigen Vergleich der einzelnen Wirtschaftszweige zeigt sich, daß die Zahl der Betriebe im Hoch- und Tiefbau seit 1970 um etwa 8 % auf 35 000 abgenommen hat, die des Spezialbaus sich dagegen nach einer ziemlich konstanten Entwicklung zwischen 1970 und 1980 in der Folgezeit auf fast 11 000 nahezu verdreifacht hat. Diese Verschiebung ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß vor allem in den achtziger Jahren große Unternehmen begonnen haben, durchaus gewichtige Teilfunktionen (wie den Spezialbau) auszugliedern. Andererseits haben aber auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Bedeutung des Umweltschutzes und der Energieeinsparung die Aufgaben für den Spezialbau stark zugenommen. Die Zahl der Betriebe im restlichen Bauhauptgewerbe, also Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei sowie Zimmerei, Dachdeckerei, nahm seit 1970 um rund 21 % bzw. 50 % zu. Innerhalb des Hoch-/ Tiefbaus dominierte 1994 der Hochbau mit 20 000 Betrieben, gefolgt vom Tiefbau mit 10 000 Betrieben, darunter 3 000 Betrieben für Erd48

bewegungsarbeiten und Landeskulturbau sowie 2 000 Straßen bau betrieben. Der zwischen 1988 und 1989 zu beobachtende Sprung in der Zahl der Betriebe (vgl. nochmals Abb. 2.1) ist - außer durch den einsetzenden Leistungsanstieg - auch durch die erstmalige Einbeziehung der durch die Arbeitsstättenzählung 1987 neu entdeckten Betriebe zu erklären. Im Ausbaugewerbe gab es 1994 nach der Zusatzerhebung rund 14 000 Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten, darunter 9 000 Betriebe in der Bauinstallation, 3 000 in der Tapetenkleberei und 1 000 in der Bautischlerei. Der größte Teil der Ausbaubetriebe bleibt jedoch auch in dieser Erhebung durch die Abschneidegrenze bei Betrieben mit 10 und mehr Beschäftigten unberücksichtigt. Das Statistische Bundesamt geht nach dem Ergebnis der Arbeitsstättenzählung 1987 davon aus, daß die jährliche Erhebung im Ausbaugewerbe bloß etwa ein Sechstel der Betriebe und lediglich die Hälfte aller Beschäftigten erfaßt. Arbeitsstätten

1987 wurde seit 1970 zum ersten Mal wieder eine ArbeitsstiittenziihJung durchgeführt. Bei ihr steht die örtliche, von den Zählern in Augenschein genommene Einheit im Vordergrund, so daß auch bis dahin nicht zur Totalerhebung meldende (Bau-)Betriebe "entdeckt" und künftig darin einbezogen werden können. Baustellen gelten dabei in der Regel nicht als eigenständige Arbeitsstätten. Inhaltlich sind die Zählkonzepte "Arbeitsstätte" und "Betrieb" weitgehend identisch. Ein grundsätzlicher konzeptioneller Unterschied besteht jedoch zum "Unternehmenskonzept" , da mehrere Betriebe bzw. Arbeitsstätten zum selben Unternehmen zählen können. Im Jahre 1987 wurden im (damaligen) Bundesgebiet 72 000 Arbeitsstätten im Bauhauptgewerbe und 114 000 im Ausbaugewerbe gezählt, jeweils rund ein Zehntel mehr als 1970 (vgl. Tab. 2.2). Vergleicht man diese Zahl mit der Erhebung der Betriebe im sei ben Jahr, so ergibt sich allein im Bauhauptgewerbe eine Differenz von etwa 13 000 Produktionsstätten, von denen ein Großteil bis dahin nicht entdeckte Betriebe waren.

S"

49

Tab. 2.2

Arbeitsstätten und Betriebe Im westdeutschen Baugewerbe 1987 nach verschiedenen Statistiken Produktionsstätten in 1 000 Betriebe Bauhauptgewerbe

Arbeitsstätten

Beschäftigte in 1 000 in Betrieben

in Arbeitsstätten

59

72

1 010

1 097

33

41

792

846

Spezialbau

6

8

51

64

Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei

6

8

46

50

Zimmerei, Dachdeckerei

14

16

121

137

Ausbaugewerbe

11

114

276

754

Baugewerbe insgesamt

70

186

1 286

1 852

Hoch- und Tiefbau

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 2, Heft 11, und Fachserle 4, Reihe 5.1.

Für das Bauhauptgewerbe ergeben sich nach den verschiedenen statistischen Quellen damit folgende Bestandszahlen, die trotz unterschiedlicher Bezugsjahre eine aussage kräftigere Vorstellung von den Größenordnungen geben (vgl. nochmals Tab. A 2.1 im Anhang): - 1987: 72000 Arbeitsstätten - 1992: 91 000 Unternehmen laut Umsatzsteuerstatistik - 1993: 10000 zur Jahreserhebung meldende Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten (1992: 10000) - 1994: 68000 Betriebe laut Totalerhebung (1992: 66 000).

Auffällig bei diesen unterschiedlichen Angaben zu den Produktionsstatten ist, daß die Zahl der umsatzsteuerpflichtigen Bauunternehmen mit 91 000 beträchtlich über der Zahl der Betriebe bzw. Arbeitsstätten liegt. Ein Grund hierfür könnte in der "dichteren" Erfassung der erhobenenen Einheiten in der Umsatzsteuerstatistik liegen. Andererseits verfügt möglicherweise ein Teil der "Bauunternehmer" nicht über einen eigenständigen Betrieb bzw. eine eigenständige Arbeitsstätte als dauernde örtliche Einheit. Man denke hier an die "Unternehmer", die lediglich ihre eigene Arbeitskraft auf Baustellen zur Verfügung stellen.

50

Die jährliche Tota/erhebung der Betriebe ist insgesamt gesehen die aktuellste - und bezüglich der erhobenen Daten trotz der Abschneidgrenze umfassendste - Informationsquelle für die Lage und die Entwicklung im Bauhauptgewerbe als dem Kernbereich des Baugewerbes. Im weiteren werden deshalb hauptsächlich ihre Daten zugrundegelegt. 2.1.1.2 Größenstruktur der Betriebe

Die kleinbetriebliche Struktur des Bauhauptgewerbes hat sich seit 1970, vor allem während der achtziger Jahre, noch stärker ausgeprägt. Der Anteil der Betriebe mit unter 20 Beschäftigten hat sich von 1980 bis 1994 von 76 % auf 83 % erhöht (vgl. Abb. 2.2). Abb.2.2

Betriebsgrößenklassen Im westdeutschen Bauhauptgewerbe - Anteil (In %) an der Gesamtzahl der Betriebe 1980 und 1994 -

1-9 Beschäftigte 53%

1-9 Beschäftigte 62%

50 und mehr B.

50 und

\\\\\\\~\\\W~\~ mehr B.

6%

9%

23%

15%

10-19 B. 21%

1980

11%

1994

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 5.1.

Die Zahl der Großbetriebe mit 500 und mehr Beschäftigten ist dagegen von 184 im Jahre 1970 bis 1994 auf nur noch 98 zurückgegangen. Auch in den übrigen Größenklassen ab 20 Beschäftigten hat die absolute Anzahl der Betriebe von 1970 bis 1994 abgenommen. Folgende Veränderungen der Anzahl der Betriebe ergaben sich in dem genannten Zeitraum: 51

-

Betriebe Betriebe Betriebe Betriebe Betriebe

mit mit mit mit mit

+ 27

1 - 9 Beschäftigten: 10 - 19 Beschäftigten: 20 - 49 Beschäftigten: 50 - 99 Beschäftigten: 100 und mehr Beschäftigten:

%

+ 12 %

- 26 % - 39 %

- 48 %.

Zusammenfassend kann man sagen, daß die Zahl der Betriebe umso stärker zugenommen hat, je kleiner die Betriebe sind. Umgekehrt hat die Zahl der Betriebe mit zunehmender Größe stärker abgenommen. Hinter diesen recht ausgeprägten Tendenzen bei den Bestandszahlen verbergen sich noch erheblich stärkere Turbulenzen innerhalb des Bestands - vor allem der kleineren Betriebe. Dies sei am Beispiel des Jahres 1994 verdeutlicht: Bei den Ein-Mann-Betrieben ist 1994 etwa jeder fünfte Betrieb des Bestandes von 1993 ausgeschieden (vgl. Tab. 2.3). Durch Neugründungen wurde dieser Abgang jedoch mehr als wettgemacht. Tab. 2.3

Bestandsveränderungen der Zahl der Betriebe des westdeutschen Bauhauptgewerbes nach Größenklassen 1994 Größenklasse

1

2-4

5-9

10-19

20-49

50-99

100 +

Anzahl der Betriebe 1993

9812

14473

16130

13576

7668

2407

Wechsel in höhere Größenklasse

12 %

13 %

12 %

7%

4%

4%

6%

9%

10 %

10 %

10 %

7%

Wechsel in niedrigere Größenklasse

1 545

Abgang

21 %

12 %

6%

4%

3%

2%

1%

Verbleib in der gleichen Größenklasse

67 %

69%

73%

79%

83%

84%

92%

Zugang aus höherer Größenklasse

10 %

10 %

8%

6%

3%

5%

7%

12 %

15 %

13 %

12 %

6%

Zugang aus niedrigerer Größenklasse Neugründung

33%

18 %

8%

5%

2%

1%

1%

Veränderung 1994/1993 Insg.

10 %

3%

0%

4%

2%

1%

-1 %

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

52

Jedem achten Betrieb gelang der Sprung in eine höhere Größenklasse, fast ebenso viele Betriebe sind aus einer höheren Größenklasse zum Ein-Mann-Betrieb geworden. Nur zwei von drei dieser Minibetriebe sind im Folgejahr noch in der gleichen Größenklasse zu finden. Mit zunehmender Größenklasse stabilisiert sich der Bestand an Betrieben, der Anteil der Veränderungen am Ausgangsbestand nimmt tendenziell ab, der Anteil der Betriebe, die auch im Folgejahr noch in der gleichen Größenklasse sind, nimmt zu. "Große" Neugründungen finden kaum statt, große Betriebe scheiden kaum aus. Welche volkswirtschaftlichen "Reibungsverluste" sich hinter solch starken Veränderungen der Klein- und Kleinstbetriebe verbergen, kann kaum zuverlässig abgeschätzt werden. In den einzelnen Zweigen des Bauhauptgewerbes äußert sich dessen generell kleinbetrieblicher Charakter in unterschiedlichem Ausmaß (vgl. Tab. 2.4). Tab. 2.4

WIrtschaftszweige Im Bauhauptgewerbe nach Größenklassen 1994

Wirtschaftszweig

Anzahl der Betriebe

Hoch- und Tiefbau

34789

Hocß-lTiefbau o.a.. Hochbau

Anteil der Betriebe mit ... Beschäftigten an der Gesamtzahl der Betriebe in %

19

1019

2049

5099

100199

200499

50

23

17

6

3

1

500

+

0

2878

34

20

18

13

8

5

2

20007

49

27

18

4

1

1

0

607

57

12

13

7

7

3

1

Straßen bau

2246

36

20

21

13

7

3

0

~~~g. Hoch-/

le au

8988

60

16

14

6

2

2

0

Spezial bau

10789

88

7

3

1

0

0

0

8011

78

16

5

1

0

0

0

Zimmerei/Dachdeckerei

14723

64

28

7

1

0

0

0

Bauhauptgewerbe

68312

62

21

11

4

1

1

0

Fertigteilbau

Stukkateur,Gipserei, Verputze re i

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts fOr WIrtschaftsforschung.

53

Am höchsten sind die Anteilswerte der Kleinbetriebe mit bis zu 20 Beschäftigten an der Gesamtzahl der Betriebe im Spezial bau und im ·sekundären· Bauhauptgewerbe (Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei sowie Zimmerei, Dachdeckerei) mit jeweils über 90 %. Am schwächsten ausgeprägt ist dieser kleinbetriebliche Charakter bei den Hoch-/Tiefbau-Betrieben ohne ausgeprägten Schwerpunkt und bei den Straßenbaubetrieben, wo nur gut die Hälfte der Betriebe weniger als 20 Beschäftigte hat. Nennenswert verbreitet - d.h. mit Anteilen von wenigstens 3 % an der Gesamtzahl der Betriebe - sind die Betriebe mit über 200 Beschäftigten nur im Hoch-/Tiefbau ohne ausgeprägtem Schwerpunkt, im Fertigteilbau und im Straßen bau.

2.1.1.3 Umsatzkonzentration Als gängigstes Maß der horizontalen Unternehmenskonzentration sind die Anteile der x größten Unternehmen am Umsatz ihres Sektors anzusehen. Die Monopolkommission veröffentlicht dazu die Daten für die 3, 6, 10, 25, 50 bzw. 100 größten Unternehmen, zuletzt in ihrem Bericht für das Jahr 1991 (vgl. Monopolkommission 1993). Die stärkste Konzentration im Baugewerbe weisen die Unternehmen des Spezialbaus sowie die des Hoch-/Tiefbaus ohne ausgeprägten Schwerpunkt auf (vgl. Tab. 2.5). Die sechs größten der insgesamt erlaßten 428 Spezialbauunternehmen hatten demnach einen Umsatzanteil von gut einem Drittel; fast ebenso hoch war der Anteil der sechs größten der 1 281 Unternehmen des Hoch-/Tiefbaus ohne ausgeprägten Schwerpunkt. Relativ schwach konzentriert sind der Hochbau, wo selbst die 100 umsatzstärksten Unternehmen zusammen nicht einmal ein Viertel des Umsatzes auf sich vereinigen, sowie der Bereich Zimmerei/Dachdekkerei mit gut einem Drittel des Umsatzes für die 100 größten Unternehmen. Das Ausbaugewerbe weist mit seiner ausgeprägt kleinbetrieblichen Struktur erwartungsgemäß auch den geringsten Konzentrationsgrad auf. Die 100 größten erlaßten Unternehmen vereinigen gerade einmal ein Fünftel des Umsatzes auf sich.

54

Tab. 2.5

Anteil der größten Unternehmen Im Baugewerbe am Umsatz 1991

Ausgewählte Wirtschaftszweige

Anzahl Unternehmen

Anteil der ... größten Unternehmen am Umsatz des Wirtschaftszweiges in%

3

6

10

25

10064

7

10

13

18

23

29

Hoch- und Tiefbau

8336

7

11

14

20

25

30

Hoch-rriefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt

1 281

20

30

38

51

59

68

Hochbau

4012

2

4

5

10

15

23

Bauhauptgewerbe

50

100

Straßen bau

944

12

16

25

35

48

Spezial bau

428

35

41

51

60

72

Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei

365

20

24

34

45

Zimmerei, Dachdeckerei

935

9

12

18

26

36

6154

6

8

11

15

20

Ausbaugewerbe

15

Quelle: Monopolkommission, Hauptgutachten 1992/1993.

Für die Einordnung in die "Hitliste" der Großunternehmen des deutschen Baugewerbes wird hier zunächst auf die rechtlich selbststlindigen Unternehmen abgestellt; Beteiligungen und Konzernverflechtungen bleiben dabei außer Betracht. Nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie lagen 1994 nach der Bauleistung (einschließlich des Auslandsbaus) folgende Aktiengesellschaften an der Spitze (gerundete Werte): Bauleistung in DM Hochtief AG

Beschäftigte

10,5 Mrd.

35400

Bilfinger & Berger Bau AG

7,6 Mrd.

47000

Strabag Bau AG

6,1 Mrd.

23400

Dyckerhoff & Widmann AG

4,2 Mrd.

16800

Walter Bau-AG

3,9 Mrd.

13100

Ed. Züblin AG

3,9 Mrd.

13500

Philipp Holzmann AG

3,8 Mrd.

k.A.

Heilit + Woerner Bau-AG

3,4 Mrd.

10200

55

Faßt man allerdings die kapital mäßig verflochtenen Gesellschaften zu "Gruppen" (Konzernen) zusammen, so ergibt sich 1994 folgende Branchenspitze der deutschen Bauwirtschaft: Bauleistung in DM

Beschäftigte

Walter Holding GmbH (Walter Bau, Heilit+Woerner, Dyckerhoff & Widmann, Ed. Züblin)

15,4 Mrd.

53500

Philipp Holzmann Konzern

13,1 Mrd.

43300

Als größtes Einzelunternehmen steht Hochtief etwa auf Platz 60 der Rangliste der größten deutschen Industrieunternehmen, als größte Gruppe die Walter-Gruppe ungefähr auf Platz 30. Selbst bei der Betrachtung von Gruppen bzw. Konzernen zählen Unternehmen der Bauwirtschaft also nicht zu den ganz großen Industriekonzernen. Im Gegensatz zu den auf Unternehmen abstellenden Analysen der Monopolkommission läßt die Berücksichtigung wirtschaftlicher Verflechtungen rechtlich selbständiger Unternehmen im Konzern eine stlirkere Konzentration von Wettbewerbs macht im Bausektor ahnen. Angesichts der statistisch nicht faßbaren Aufteilung von Bauprojekten auf General- und Subunternehmer sowie angesichts der oftmals engen Kooperation in Arbeitsgemeinschaften geben allerdings auch die kapital mäßigen Verflechtungen nur bedingt Aufschluß über auf die "wahren" Wettbewerbsverhilltnisse in der Bauwirtschaft. 2.1.1.4 Arbeitsgemeinschaften

Eine Besonderheit des Bau(haupt)gewerbes bilden die Arbeitsgemeinschaften (ARGEn), in denen rechtlich selbständig bleibende Unternehmen zeitlich begrenzt zusammenarbeiten, um bestimmte Projekte abzuwickeln. Für die Dauer des Projekts werden die Baukapazitäten der beteiligten Unternehmen auf eine extra dafür gegründete rechtlich selbständige (zumeist BGB-)Gesellschaft übertragen. Statistisch erfaßt werden nur Arbeitsgemeinschaften mit 20 und mehr Beschäftigten im Jahresdurchschnitt. Dies bedeutet eine systematische Untererfassung derjenigen Arbeitsgemeinschaften, die kein ganzes Erhebungsjahr bestehen und/oder die die Durchschnittszahl von 20 Beschäftigten nicht erreichen. Die Anzahl der Arbeitsgemeinschaften ist rückläufig. Im Jahre 1970 wurden noch 1 050 Arbeitsgemeinschaften gebildet; 1980 waren es 56

425; 1988 wurden lediglich 187 gemeldet und 1993 insgesamt bloß noch 122. Von diesen entfielen 72 auf den Hochbau, 21 auf den Tiefbau a.n.g., 8 auf den Straßen bau, 8 auf den Hoch-/Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt, der Rest verteilte sich auf die übrigen Zweige des Bauhauptgewerbes. Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften wird mittelstandspolitisch als Chance für kleinere Unternehmen gewertet, durch Bietergemeinschaften einen Zugang zu Großprojekten zu erhalten. In der Realität sind die ARGEn jedoch fast ausschließlich auf die größeren Unternehmen im Hoch- und Tiefbau beschränkt. An den 122 Arbeitsgemeinschaften des Jahres 1993 waren insgesamt 622, im Durchschnitt also etwas mehr als fünf Unternehmen beteiligt. Der Anteil dieser ARGE-Unternehmen an der Gesamtzahl der (Bau-) Unternehmen in ihrer jeweiligen Größenklasse betrug 1993:

-

20 - 49 50 - 99 100 - 199 200 - 499 500 - 999 1000 und mehr

Beschäftigte: Beschäftigte: Beschäftigte: Beschäftigte: Beschäftigte: Beschäftigte:

1 % 6 % 21 % 42 % 68 % 73 %.

Der Anteil des Umsatzes, den diese 622 Unternehmen in einer oder mehreren Arbeitsgemeinschaften erzielten, an ihrem Gesamtumsatz lag zwischen 11 und 16 % bei den Unternehmen mit unter 1 000 Beschäftigten und bei 24 % bei den größeren Unternehmen. Gerade bei den Großunternehmen ist die Arbeitsgemeinschaft also ein wichtiger Teil der Wettbewerbsstrategie bzw. eine gern genutztes Mittel zu koordiniertem Auftreten auf dem Markt.

2.1.1.5 Insolvenzen Das Baugewerbe muß als "Bereitstellungsgewerbe" bei stets unbestimmter zukünftiger Auslastung hohe Kapazitlitsreserven vorhalten; es kann nicht auf Lager produzieren und auch kaum eigene marktorientierte Aktivitäten entwickeln (vgl. Abschnitt 1.2.2 in Kapitel 1). Aus diesem Grunde ist es in hohem Maße von Planung und Auftragsvergabe der Nachfrager abhängig. Bei einem Ausbleiben der entsprechenden Nachfrage ist daher die Gefahr von Insolvenzen im Baugewerbe besonders groß.

57

Etwa 13 bis 16 % aller Insolvenzen der westdeutschen Wirtschaft sind dem Baugewerbe zuzuordnen. Im Vergleich dazu werden nur etwa 10 % der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen der Bauwirtschaft zugerechnet. Der langfristige Verlauf der Insolvenzen im Bausektor orientiert sich dabei weitgehend an der Gesamtwirtschaft; so sind die Konjunktureinbrüche 1975 und 1985 sowie 1993 deutlich zu erkennen (vgl. Abb. 2.3). Abb.2.3

Anzahl der Konkurse und Vergleichsverfahren in Westdeutsch land Insgesamt und in der Bauwirtschaft 1970 bis 1994 in 1000

20 18

-

16

--

14 f12

1--

10

1- -

8

1- -

6 f- 4

2

o

~

~ ~ ~ §l ~

~-

l-I I I l-I I ~

~-

~ ~

II

707274767879808182838485868788899091929394

o Gesamtwirtschaft

~ Sauwirtschaft

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 2, Reihe 4.1.

2.1.2 Produktionsfaktoren Wie in anderen Wirtschaftsbereichen, so benötigen auch die in den Betrieben bzw. Unternehmen der Bauwirtschaft arbeitenden Menschen Ausrüstungen und Gebäude (Sachkapita/) , um durch Verbrauch von zugelieferten Materialien und Energie sowie unter Beanspruchung der Umwelt mit Hilfe entsprechender Techniken Bauleistungen zu erbringen. Arten und Mengenstrukturen dieser zusammenwirkenden Inputfaktoren - üblicherweise Produktionsfaktoren ge58

nannt - sind unter Produktivitäts- und Rentabilitätsgesichtspunkten zu beurteilen.

2.1 .2.1 Arbeit Je nach Meßzweck und Meßkonzept gibt es zum Arbeitseinsatz im Baugewerbe ebenfalls eine Reihe von Datenquellen. Da darin jeweils unterschiedliche Sachverhalte dokumentiert werden, erweist es sich auch hier als notwendig, auf verschiedene Quellen mit unterschiedlichen Angaben zurückzugreifen. Erwerbstätige

Das westdeutsche Bauhauptgewerbe bot 1993 nach den Ergebnissen des Mikrozensus für 1,1 MiI\. Erwerbstätige ein Arbeitsverhältnis (auch als mithelfende Familienangehörige) oder eine selbständige Existenz. Weitere 0,9 Mil\. Erwerbstätige waren im Ausbaugewerbe zu verzeichnen. Damit war das Bauhauptgewerbe wirtschaftlicher Schwerpunkt für 3,8 % der insgesamt 29 Mill. Erwerbstätigen, auf das gesamte Baugewerbe entfielen etwa 6,8 % aller Erwerbstätigen. Im Jahre 1980 betrug der Erwerbstlitigenanteil des Bauhauptgewerbes noch rund 5,0 % (1,3 Mill. von 27,0 MiII.). Dieser Anteil ist seit längerer Zeit rückläufig; er lag 1970 noch bei 6,2 % (1,6 Mill. von 26,6 MiI\.). Gegenüber 1980 ist die Erwerbstätigenzahl im Bauhauptgewerbe bis 1993 um 17 % gesunken; gegenüber 1970 ist sie um mehr als eine halbe Million Personen bzw. rund ein Drittel geschrumpft. Im Ausbaugewerbe hat dagegen die Beschäftigung tendenziell expandiert. Dort ist die Erwerbstätigenzahl von 1970 bis 1993 um 27 % auf knapp 0,9 Mil\. Personen angestiegen. Das Bauhauptgeweröe ist - gemessen an der Zahl seiner Erwerbstätigen - vergleichbar den größten Wirtschaftszweigen des verarbeitenden Gewerbes Elektrotechnik, Maschinenbau und Straßenfahrzeugbau, die 1992 (neuere Zahlen aus dem Mikrozensus für diese Bereiche liegen derzeit noch nicht vor) jeweils ebenfalls 1,1 bis 1,3 MiI\. Erwerbstätige aufwiesen. Der periodisch durchgeführte Mikrozensus dient der Fortschreibung der Erwerbstätigenzahlen in den einzelnen Wirtschaftsbereichen durch Hochschätzung aus den Ergebnissen einer jährlichen Repräsentativbefragung (Auswahlsatz 1 % der Bevölkerung). Zuverlässigere Ergebnisse liefern die allerdings nur in großen Abständen durchge59

führten Arbeitsstättenzäh/ungen - zuletzt 1987 - und die jährliche Tota/erhebung im Baugewerbe, die auch eine Gliederung der Beschäftigtenzahl nach Betriebsgrößenklassen zulassen. Beschäftigte in Betrieben Nach der letzten Tota/erhebung waren 1994 in den Betrieben des westdeutschen Bauhauptgewerbes rund 1,1 Mill. Personen beschäftigt. Ein Drittel dieser Beschäftigten war seinerzeit im Hochbau tätig, mehr als drei Viertel im Hoch- und Tiefbau insgesamt. Jeder sechste war in einem Hoch-/Tiefbau-Unternehmen ohne ausgeprägten Schwerpunkt beschäftigt (vgl. Abb. 2.4). Abb.2.4

Beschäftigte im Bauhauptgewerbe nach Wirtschaftszweigen 1994 - Anzahl in 1 000 Hochbau

363

Hoch-fTiefbau ohne ausgepr. Schwerpunkt

178

Fertigteilbau 24 Zimmerei / Dachdeckerei

Straßenbau 87

144

restlicher Hoch/Tiefbau 182

Quelle:

Spezialbau

65

St u kkateure / Gipserei Verputzerei

56

Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 5.1; Berechnungen des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

Mehr als 90 % der Beschäftigten des westdeutschen Bauhauptgewerbes waren in K/ein- und Mitte/betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten tätig. Gut zwei Drittel arbeiteten in Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten, fast ein Drittel in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten. In Betrieben mit bis zu 9 Beschäftigten waren 15 % aller Beschäftigten tätig (vgl. Tab. 2.6). Das Bauhauptgewerbe ist also insgesamt - im Vergleich zu anderen Bereichen des produzierenden Gewerbes - ganz überwiegend k/ein-

60

und kleinstbetrieblich strukturiert. Dieses Charakteristikum hat sich seit 1970 sogar deutlich verstärkt. Damals waren erst drei Fünftel in Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten tätig, erst ein Fünftel in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten. Tab. 2.6

Beschiftlgte Im Bauhauptgewerbe nach Betriebsgr6ßenkiassen 1970 bis 1994 (ausgewählte Jahre) Betriebe mit ... Beschäftigten

1970

1980

1987

1994

Anzahl Anteil in 1 000 in %

Anzahl Anteil in 1 000 in %

Anzahl Anteil in 1 000 in%

Anzahl in 1 000

Anteil in%

1 -

9

145

9

143

11

149

15

164

15

10 -

19

175

11

191

15

177

18

195

17

20 -

49

307

20

282

22

210

21

233

21

50 -

99

275

18

222

17

160

16

167

15

14

135

13

100 - 199

255

16

184

13

139

200 - 499

245

16

161

13

104

10

117

11

500 und mehr

155

10

100

8

75

7

84

8

Insgesamt

1 555

100

1 281

100

1 010

100

1099

100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

In den einzelnen Wirtschaftszweigen ergibt sich allerdings ein unterschiedliches Bild (vgl. Tab. 2.7). Im Hoch-ITiefbau o.a.S. waren 1994 rund 28 % der Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten eingesetzt, 69 % in Betrieben mit mehr als 100 Beschäftigten. Auch der Fertigteilbau meldete rund 70 % seiner Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 100 Beschäftigten. Dagegen waren die Beschäftigten des ·sekundären· Bauhauptgewerbes (Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei sowie Zimmerei, Dachdeckerei) jeweils zu mehr als zwei Dritteln in Betrieben unter 20 Beschäftigten tätig. Der Anteil der zur Totalerhebung 1994 gemeldeten ausllindischen Arbeitnehmer an den Beschäftigten betrug im Bauhauptgewerbe insgesamt 12 %. In den Kleinbetrieben unter 10 Beschäftigten lag dieser Anteil bei 7 % und stieg gleichmäßig über die Größenklassen bis auf 18 % in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten an.

61

Über die Anzahl der illegal auf Baustellen beschäftigten in- und ausländischen Personen liegen verständlicherweise keine verläßlichen Daten vor. Auch ist nichts bekannt über den Umfang der Tätigkeit in der Bauwirtschaft als Leiharbeitnehmer bzw. als Werkvertrags-Kolonne. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß diese auf deutschen Baustellen tätigen Personen in letzter Zeit in beträchtlichem Umfang sozialversichungspflichtig Beschäftigte "substituiert" haben (vgl. Spillner/Rußig 1995 und Rußig/Spillner 1995). Tab. 2.7

Beschäftige Im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Betriebsgrößenklassen 1994

Wirtschaftszweig

Anteil (in %) der Betriebe mit ... Beschäftigten an der Gesamtzahl der Beschäftigten je Wirtschaftszweig

1-9

10-19

20-49

50-99

100-199

200-499

500+

9

14

22

18

15

13

10

Hoch-fTiefbau o.a.S.

2

5

9

15

19

22

28

11

8

2

Hoch- und Tiefbau

Hochbau

12

21

29

17

Fertigteilbau

5

4

11

12

Straßen bau

4

7

17

23

Restlicher Hoch-/ Tiefbau

10

11

20

Spezial bau

35

16

17

12

Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei

38

30

20

8

4

Zimmerei, Dachdeckerei

33

39

21

6

2

Bauhauptgewerbe

15

18

21

15

20

49 23

25 60 10

13

7

3

11

8

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Beschäftigte In Arbeitsstätten 1987

Die ArbeitssUUtenziihlung erlaubt gegenüber der Totalerhebung im Baugewerbe eine weitere Untergliederung der oberen und unteren "Randklasse" der Beschäftigten. Allerdings bestehen im einzelnen Unterschiede zwischen den Ergebnissen von Arbeitsstättenzählung

62

und Totalerhebung in den bei den Jahren, für die beide Erhebungen zuletzt gleichzeitig durchgeführt wurden (1970 und 1987). Die Grundtendenzen sind jedoch in beiden Erhebungen einheitlich. Danach waren 1987 im Bauhauptgewerbe rund 10 000 Beschäftigte in "Ein-Mann-Betrieben" zu verzeichnen, während 1970 erst 6 000 Beschäftigte bzw. Betriebe dieser Größe gezählt worden waren (vgl. Tab. 2.8). Auch in den übrigen Größenklassen bis 19 Beschäftigte hat die Zahl der Beschäftigten zugenommen, in den darüber liegenden Größenklassen hat sie jeweils abgenommen. Der starke Beschäftigungsabbau in den achtziger Jahren ging also ausschließlich zu Lasten der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten. Tab. 2.8

BeSChäftigte Im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Arbeitsstittengr6ßenkiassen 1970 und 1987 Arbeitsstätten mit ... Beschäftigten

1970 Anzahl in 1 000 6

1

1987 Anteil in% 0

Anzahl in 1 000 10

Anteil in% 1

2 -

4

41

3

51

5

5 -

9

105

7

123

11

10 -

19

180

11

193

18

20 -

49

320

20

242

22

50 -

99

283

18

175

16

100 - 199

260

16

147

13

200 - 499

246

16

107

10

500 - 999

90

6

30

3

49

3

20

2

1 580

100

1 097

100

1 000 und mehr Insgesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 2, Heft 11, Arbeitsstättenzihlung; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Arbeitsvolumen Die Zahl der jährlich im Durchschnitt geleisteten Baustellen-Arbeitsstunden je Baustellen-Beschäftigten (Facharbeiter, Fachwerker und Werker, gewerbliche Auszubildende) hat sich seit 1970 deutlich von 7 Sauwirtschaft

63

1 914 Stunden um 17 % auf zuletzt (1994) 1 590 Stunden verringert (vgl. Tab. 2.9). Dementsprechend ist das Baustellen-Arbeitsvolumen als Summe der von allen Baustellen-Beschäftigten zusammen geleisteten Jahresarbeitsstunden stärker gesunken als die Beschäftigtenzahl: zuletzt von 1980 bis 1994 um rund ein Viertel auf 1,4 Mrd. Stunden. Allerdings war bereits 1987 mit 1,2 Mrd. Stunden das bisher geringste Arbeitsvolumen zu verzeichnen. Durch einen Wiederanstieg der Beschäftigtenzahl sowie der Jahresarbeitsstunden ergab sich 1990 auch ein Wiederanstieg des Arbeitsvolumens im Bauhauptgewerbe, der jedoch bei weitem nicht den Rückgang zu Beginn der achtziger Jahre wettmachen konnte. Tab. 2.9

Arbeitseinsatz Im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1970 bis 1994

Beschäftigte

darunter auf Baustellen Beschäftigte

Jahresarbeitsstd. je Baustellenbeschäftigt.

in 1 000

in 1 000

Std.

Mill. Std.

1 529

1 320

1 914

2526

145

1980

1263

1044

1 672

1 745

100

1982

1 152

935

1 630

1 523

87

Jahr

1970

Arbeitsvolumen der auf Baustellen beschäftigten 1980

= 100

1984

1 106

899

1625

1 461

84

1986

1003

809

1 581

1279

73

1988

996

796

1 621

1290

74

1990

1 034

825

1 633

1 347

77

1991

1 061

845

1 575

1 331

76

1992

1 076

854

1 611

1376

79

1993

1 080

852

1 560

1 329

76

1994

1088

855

1 590

1360

78

Quelle: Statistisches Bundesamt, Ausgewlhlte Zahlen für die Bauwirtschaft; Berechnungen des Ifo Instituts für Wlrtschaft.forschung.

Im Vergleich zu 1970 mit einem Arbeitsvolumen von 2,5 Mrd. Stunden ist der Arbeitsinput im Bauhauptgewerbe bis 1994 um 46 % gesunken; er hat sich also fast halbiert. Anders ausgedrückt: Die Beschäftigungs- und Einkommenschancen im Bauhauptgewerbe hatten in diesem Zeitraum drastisch abgenommen; erst in den Jahren ab 1990 ist wieder eine Verbesserung der Beschäftigungssituation eingetreten 64

(doch zeichnet sich bereits ein neuerlicher Rückgang ab; vgl. Kapitel 5). Über den Arbeitseinsatz der nicht auf den Baustellen Beschäftigten, also der kaufmännischen und technischen Angestellten im Bürodienst, liegen keine statistischen Aufzeichnungen vor. Der Anteil dieses Personen kreises an den Beschäftigten ist mit 16 % (1994) keineswegs zu vernachlässigen. Überdies ist er tendenziell im Anstieg begriffen (1970: 9 %; 1980: 12 %). Zählt man die Inhaber und die mitarbeitenden Familienangehörigen als "kaufmännische Kräfte" hinzu, so sind inzwischen sogar 21 % der Beschäftigten nicht auf den Baustellen tätig. Da die Zahl der Jahresarbeitsstunden je Baustellen-Beschäftigten keinesfalls auf alle Beschäftigten übertragen werden darf, wird der tatsächliche Arbeitseinsatz im Bauhauptgewerbe immer weniger genau faßbar. Die Aufteilung der auf Baustellen geleisteten Arbeitsstunden auf die einzelnen Bauarten hat sich seit 1988 kaum verändert; in längerfristiger Betrachtung hat sich jedoch eine deutliche Verlagerung vom öffentlichen Bau hin zu den anderen Bausparten vollzogen (vgl. Tab. 2.1 0). Gegenüber 1970 hat der Anteil des gewerblichen/industriellen Baus bis 1994 um sieben Prozentpunkte auf 28 % zugenommen, die Anteile des öffentlichen Straßenbaus und des sonstigen öffentlichen Tiefbaus haben um fünf bzw. vier Prozentpunkte auf 9 % bzw. 13 % abgenommen. Wichtigste Bauart ist jedoch weiterhin der Wohnungsbau mit einem Anteil von 43 % an den geleisteten Arbeitsstunden. Tab. 2.10

Geleistete Arbeitsstunden Im Bauhauptgewerbe nach Bauarten

- Anteile (In %) am westdeutschen Baustellen-Arbeltsvolumen 1970 bis 1994 -

1970

1980

1988

1994

37

41

35

43

1

1

1

1

Gewerblicher/industrieller Bau

21

23

29

28

Öffentlicher Hochbau

10

9

9

6

Öffentlicher Straßen bau

14

12

11

9

Bauart Wohnungsbau Landwirtschaftlicher Bau

Öffentlicher sonstiger Tiefbau

17

14

15

13

Bauhauptgewerbe insgesamt

100

100

100

100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Ausgewihlte Zahlen für die Bauwirtschaft; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung. 7'

65

Vergleicht man die Entwicklung des Arbeitsvolumens im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe (vgl. Abb. 2.5), so zeigt sich ein ähnlicher Verlauf wie bei der Nettoproduktion (vgl. Abschnitt 2.1.3). Nachdem sich das Arbeitsvolumen beider Wirtschaftsbereiche bis Ende der achtziger Jahre auseinanderentwickelt hatte, treffen sich verarbeitenden Gewerbe und Bauhauptgewerbe 1994 wieder, allerdings auf niedrigerem Niveau. Der Grund für den ·Scherenschluß" liegt vor allem in der massiven Freisetzung von Arbeitskräften in den Jahren 1993 und 1994 im verarbeitenden Gewerbe. Abb.2.5

Entwicklung des Arbeitsvolumens Im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe Westdeutschlands 1980 bis 1994 1980=100 100·~---------------------------------------------,

95~~~----------------------------------------~

85~------~~----------------------------~.---~ 80~------------4r----------------------~=-~~~

75

~~8081 -

Quelle:

82

83

84

85

Bauhauptgewerbe

86

87

88

89

90

-+- verarbeitendes

91

92

93

94

Gewerbe

Statistisches Bundesamt, Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft und Görzig/Schintke/Schmidt 1995; Berechnungen des Ifo Instituts.

Funktion und Qualifikation der Baubeschäftigten Im Bauhauptgewerbe waren 1994 rund 48 000 tätige Inhaber und Mitinhaber (auch selbständige Handwerker) zu verzeichnen. Ihnen standen 4 000 (meist unbezahlt) mithelfende Familienangehörige zur Seite. Der Anteil dieser beiden Gruppen an der Gesamtzahl der 1,1 Mill. Beschäftigten hat sich mit 5 % seit 1970 nicht verändert (vgl. Tab. 2.11).

66

Erhöht hat sich dagegen der Anteil der kaufmännischen und technischen Angestellten (einschließlich Azubis), und zwar von 9 % auf 16 %. Rückläufig war dagegen der Anteil der Fachwerker und Werker, der um elf Prozentpunkte auf 18 % absank. Mit 57 % stellen jedoch nach wie vor die Facharbeiter (einschließlich Poliere und Schachtmeister) die größte Gruppe der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe. Inhaber und Angestellte als üblicherweise nicht unmittelbar auf den Baustellen Beschäftigte haben - wie bereits bei der Analyse des Arbeitsvolumens festgestellt - ihren Beschäftigten-Anteil auf 21 % gesteigert. Die Bedeutung der dispositiven und Überwachungsfunktionen hat also im Bauhauptgewerbe zu Lasten der bauausführenden Tätigkeiten erkennbar zugenommen. Tab. 2.11

Beschäftigte Im Bauhauptgewerbe nach Ihrer Stellung Im Betrieb - Anteile (In %) an der Gesamtzahl der Beschäftigten 1970 bis 1994 1970

1980

1988

1994

Inhaber, mithelfende Familienangehörige

5

5

5

5

Angestellte einschi. kaufmänn./techn. Azubis

9

13

15

16

Facharbeiter, einschI. Poliere und Schachtmeister

56

54

59

57

Fachwerker und Werker

29

23

17

18

2

6

4

4

100

100

100

100

Stellung im Betrieb

Gewerblich Auszubildende Beschäftigte insgesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Eine tiefere Gliederung der Beschäftigten des Jahres 1994 läßt Rückschlüsse auf die Qualifikation der Beschäftigten zu (vgl. Tab. 2.12). Mit einem Anteil von 18 % waren die fast 200 000 Fachwerker, Werker, Baumaschinisten und Arbeiter mit angelernten Spezialtätigkeiten die größte der eigens ausgewiesenen Gruppen. Faßt man sämtliche Facharbeiter - Maurer, Betonbauer, Zimmerer, Baumaschinenführer usw. sowie die sonstigen Facharbeiter - zusammen, stellen jedoch sie mit 518 000 Personen bzw. 47 % die größte Gruppe.

67

Die gewerblichen "Azubis" u.ä. machen 1994 mit 44 000 etwa 4 % aller Beschäftigten aus. Ihr Anteil ist trotz eines Wiederanstiegs in den letzten zwei Jahren leicht rückläufig: 1980 war der Höchststand mit 63 000 Azubis (Anteil 5 %) zu verzeichnen. Auf je 23 Lohnempfänger kam 1994 ein gewerblich Auszubildender (einschließlich Umschüler, Anlernlinge, Praktikanten). Tab. 2.12

BeSChäftigte Im Bauhauptgewerbe nach Ihrer Qualifikation 1994 Beschäftigte Qualifikation

Tätige Inhaber und Mitinhaber (auch selbständige Handwerker)

Anzahl in 1 000

Anteil in%

48

4

4

0

105

10

Technische Angestellte, einschI. Auszubildender

76

7

Angestelltenversicherungspflichtige Poliere, Schacht· meister und Meister

31

3

Werkpoliere, Bauvorarbeiter, Baumaschinenfachmei· ster und· vorarbeiter

78

7

171

16

Betonbauer

25

2

Zimmerer

61

6

Übrige Baufacharbeiter (Isolierer, Gipser, Dachdecker usw.)

179

16

Baumaschinenführer u. ·warte, geprüfte Berufskraftfahrer

82

7

Fachwerker, Werker, Baumaschinisten und Arbeiter mit angelernten Spezialtätigkeiten

194

18

Gewerblich Auszubildende, Umschüler, Anlernlinge, Praktikanten

44

4

1099

100

Unbezahlt mithelfende Familienangehörige Kaufmännische Angestellte, einschI. Auszubildender

Maurer

Beschäftigte im Bauhauptgewerbe insgesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

68

2.1.2.2 Sachkapltal Das in den Produktionsprozessen einer Branche eingesetzte Sachkapital ist im allgemeinen nicht exakt zu ermitteln, weil zwar statistisch einigermaßen genau festgestellt werden kann, was als Neu-Investition zu diesem Kapitalstock jährlich "brutto" hinzukommt, nicht aber, was durch Verschleiß verlorengeht oder was als nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll nutzbar ausgeschieden wird. Deshalb geben zwar die Investitionen als Bewegungsgröße einigermaßen verläßlich Aufschluß über die Kapazitätserweiterungs- und Neuerungsaktivitäten der Branche, über die Bestandsgröße Kapitalstock erhält man jedoch nur durch geeignete Annahmen und darauf aufbauende Berechnungen Aufschluß. Deshalb wird hier das Schwergewicht auf die Darstellung der InvestitionstlJ.tigkeit der Bauwirtschaft gelegt. Investitionen Sechs von sieben Unternehmen des Bauhauptgewerbes mit mindestens 20 BeSChäftigten meldeten in den einzelnen Jahren jeweils aktivierte BruttozuglJ.nge auf den Sachanlagekonten (vgl. Tab. 2.13). Tab. 2.13

AnlageinvestitIonen Im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1970 bis 1993 (ausgewählte Jahre)

Jahr

Anteil der investierenden Unternehmen an der Gesamtzahl der Unternehmen in %

nominale Brutto-Anlageinvestitionen Anteile in % Mill. DM

Gebäude und Grundstücke

Maschinen und Geräte

1970

92

3440

12

88

1980 1982 1984 1986

87 86 84 85

4568 2906 2990 3069

84 80 81 89

1988 1990 1991

86 87 86

3419 4957

16 20 19 11 14 12

1992

87

5569 6362

12 14

1993

86

6375

21

86 88 88 86 79

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

69

Zu diesen Brutto-Anlageinvestitionen zählen Neu- und Ersatzinvestitionen einschließlich aktivierbarer Großreparaturen, aktivierter geringwertiger Wirtschaftsgüter sowie selbsterstellter und im Bau befindlicher Anlagen. In sachlicher Aufgliederung handelt es sich hierbei nach amtlicher Definition um bebaute Grundstücke und Bauten (einschließlich Gleisanlagen, Kanalbauten, Parkplätze usw.), um Grundstücke ohne Bauten sowie um Maschinen, maschinelle Anlagen, Baustellen-, Betriebs- und Geschäftsausstattung (einschließlich Werkzeugen, Gerüsten und Gerüstteilen, Schalungen, aktivierten geringwertigen Wirtschaftsgütern und Fahrzeugen). Die so definierten Brutto-Anlageinvestitionen beliefen sich 1993 im Bauhauptgewerbe auf rund 6,4 Mrd. DM. Nachdem die Investitionstätigkeit im Bauhauptgewerbe zu Beginn der achtziger Jahre ziemlich stark abgeflaut war, hat sie sich seit 1986 wieder erholt. Erst 1990 konnte jedoch das nominale Investitionsvolumen von 1980 (4,6 Mrd. DM) überschritten werden. Berücksichtigt man allerdings die zwischenzeitlichen Preissteigerungen um mindestens ein Viertel (gewählt wurde der Index der Erzeugerpreise im Investitionsgüter produzierenden Gewerbe, der von 1980 bis 1993 um 30 Indexpunkte anstieg), so zeigt sich, daß das reale Investitionsniveau auch des Jahres 1993 mit rund 5 Mrd. DM in Preisen von 1980 gerade wieder den Stand von 1980 erreicht hat. Nach den Ergebnissen des aktuellsten ifo Investitionstests für das Baugewerbe wird dieser Stand von 1980 auch in näherer Zukunft nicht wieder übertroffen werden: 1993: Rückgang um 1 %; 1994: Rückgang um 15 %; 1995: voraussichtlicher Rückgang um 8 %; 1996: voraussichtlicher Rückgang um 10 %; von 1992 bis 1996 ergäbe sich also insgesamt ein nominaler Rückgang um 31 %. Auf eine solche EntwiCklung deutet auch hin, daß für die Unternehmen des Baugewerbes die Hauptzielrichtung ihrer Investitionen außer in der ErsatzbeSChaffung wieder in der Rationalisierung liegt und nicht wie 1990 und 1991 die Kapazitätserweiterung das zweitwichtigste Investitionsziel war (vgl. Abb. 2.6). Der Vergleich mit den achtziger Jahren zeigt, daß die Investitionen immer dann deutlich geringer ausfielen, wenn - wie in den Jahren 1980 bis 1989 - das Erweiterungsziel praktisch keine Rolle spielte. Die Bauwirtschaft gehört nicht zu den "großen Investoren". Nach dem ifo Investitionstest liegt der Anteil des Baugewerbes an den gesamtwirtschaftlichen Brutto-Anlageinvestitionen in der Größenordnung von 1 %. Auch der Anteil der Investitionen am Umsatz (Investitions quote)

70

liegt unter dem Durchschnitt etwa des verarbeitenden Gewerbes (Durchschnitt der Jahre 1989 - 1993: im verarbeitenden Gewerbe 5,0 %, im Bauhauptgewerbe 4,4 %; vgl. Tab. 2.14). Gleiches gilt tür die Investitionen je Beschäftigten (Investitionsintensität): Mit 8 200 DM lag das Bauhauptgewerbe auch 1993 deutlich unter dem für das verarbeitende Gewerbe ermittelten Betrag von 11 800 DM. Abb.2.6

Anlageinvestitionen im westdeutschen Baugewerbe 1980 bis 1995 - Investitionsvolumen und Investitionsziele Mrd . DM

8 ,------------------------------------------------, 6 ~---------------------------------

2

o

198081

82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

92 93 94 95" • Planangabe

~ Ersatzbeschaffung ~ Rationalisierung •

Erweiterung

Quelle: ifo Investitionstest.

Der Anteil der Ausrüstungen (Maschinen und maschinelle Anlagen) von rund 88 % an den gesamten Investitionen lag im Bauhauptgewerbe dagegen bis 1991 leicht über dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes von 84 %. 1993 entfielen in beiden Wirtschaftsbereichen rund 82 % auf Ausrüstungen. Wegen seiner weitgehend auf die Baustellen verlagerten Tätigkeiten kommt das Bauhauptgewerbe mit einem geringeren Anteil eigener Gebäude und Grundstücke an den Brutto-Anlageinvestitionen aus (bis 1991 rund 12 %). Der Gleichstand mit dem verarbeitenden Gewerbe 1993 dürfte eher auf den dort sehr starken Einbruch zurückzuführen sein. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Bauhauptgewerbe 1993 neben 5,0 Mrd. DM tür Investitionen in Ausrüstungen weitere 470 Mill. DM,

71

also knapp ein Zehntel, für gemietete und gepachtete neue Maschinen und neue maschinelle Anlagen eingesetzt hat. Etwa 9 % der gesamten Zugänge an Ausrüstungen wurden also geleast. Tab. 2.14

Investitionskennziffern des Bauhauptgewerbes 1970 bis 1993

Jahr

Bruttoanlageinvestitionen im Verhältnis z. Umsatz, %

Brutto-Anlageinvestitionen je Beschäftigten in DM

Erlöse aus dem Verkauf von Sachanlagen, Mill. DM

Neu gemietete Maschinen und maschinelle Anlagen, Mill. DM

1970

6,5

2769

271

1980

4,8

4783

496

1982

3,4

3435

394

1984

3,3

3745

443

1986

3,6

4312

431

1988

3,8

5050

617

1990

4,5

6967

567

457

1991

4,5

7566

642

504

1992

4,4

8431

621

501

1993

4,3

8210

611

470

(Kein Nachweis)

359

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Dieser Teil der "Investitions"-Tätigkeit wuchs bis 1991 mit zweistelligen Zuwachsraten, sank jedoch in den letzten beiden Jahren parallel zur allgemeinen Investitionsentwicklung wieder um 6,6 % ab (wobei die gemieteten Ausrüstungen allerdings erst seit 1988 bei den Bauunternehmen statistisch erfaßt werden). Dazu zählen alle ungebrauchten Investitionsgüter, die z.B. von Leasingfirmen, vom Hersteller direkt oder von Unternehmen der gleichen Unternehmensgruppe (z.B. Besitzgesellschaften) über mindestens ein Jahr gemietet oder gepachtet werden. Im Jahre 1993 haben 15 % aller Unternehmen des Bauhauptgewerbes mindestens einen Teil ihrer neuen Maschinen und maschinellen Anlagen auf diese Weise beschafft. Von nicht zu vernachlässigender Bedeutung ist im Bauhauptgewerbe der Hande/ mit gebrauchten Sachanlagen (Grundstücke und Bauten, Ausrüstungen). Er machte 1993 mit 611 Mill. DM immerhin 10 % der

72

Investitionssumme aus und stellt damit eine wichtige Möglichkeit zur Beschaffung von Finanzmitteln dar. Innerhalb des Bauhauptgewerbes weisen die Wirtschaftszweige gewisse Unterschiede in ihrer InvestitionsUUigkeit auf, die auf Besonderheiten der Faktorkombination hindeuten. Gemessen an der Investitionsquote war 1993 die Investitionstätigkeit im übrigen Hoch- und Tiefbau etwa doppelt so stark wie im Spezialbau, gemessen an der Investitionsintensitiit markieren der Fertigteilbau sowie die Stukkateure und Verputzer die beiden "Randsektoren", wobei letztere nur gut ein Drittel des Wertes im Fertigteilbau erreichen (vgl. Tab. 2.15). Tab. 2.15

Investitionskennziffern Im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach WIrtschaftszweigen 1993 Brutto-Anlageinvestitionen im Verhältnis z. Umsatz in %

Brutto-Anlageinvestitionen je Beschäftigten in DM

4,9

8662

Hoch-fTiefbau o.a.S.

4,8

9490

Hochbau

4,0

6395

Fertigteilbau

4,6

12207

Straßenbau

5,4

8740

Restlicher Hoch-fTiefbau

5,9

10101

Spezial bau

2,5

4644

Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei

3,2

4547

Zimmerei, Dachdeckerei

3,3

5104

Bauhauptgewerbe insgesamt

4,7

8210

Wirtschaftszweig

Hoch- und Tiefbau

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Im Ausbaugewerbe wurden 1993 von den 14 000 Unternehmen mit mindestens 10 Beschäftigen 1,2 Mrd. DM investiert. Im Vergleich der Unternehmen mit 20+x BeSChäftigten erreichte das Ausbaugewerbe mit 957 Mill. DM etwa 15 % des Investitionsvolumens der Bauhauptgewerbe-Unternehmen gleicher Größe. Die Investitionsquote des Aus-

73

baugewerbes lag mit 2,4 % ebenso deutlich unter der des Bauhauptgewerbes wie die Investitionsintensitlit mit 3 186 DM je Beschäftigten. Anlageverm6gen

Über den als Saldo aus Zugängen (Investitionen) und Abgängen sich verändernden Kapitalstock liegen in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Schätzungen und Berechnungen in sektoraler Differenzierung vor. Wegen der in Analysen längerfristiger Zeiträume störenden inflationären Aufblähung des Kapitalstocks wird dieser auch in Preisen eines Basisjahres bzw. zu Wiederbeschaffungspreisen berechnet. Je nachdem, ob die seit dem Investitionszeitpunkt angelaufenen Abschreibungen abgezogen sind oder nicht, ergibt sich das Netto- oder das Brutto-Anlagevermögen. Das Netto-Anlagevermögen zu Wiederbeschaffungspreisen - also quasi der Marktwert des vorhandenen Sachvermögens - betrug am Jahresanfang 1994 im Baugewerbe rund 60 Mrd. DM. Davon entfielen 75 % auf das Bauhauptgewerbe und 25 % auf das Ausbaugewerbe. Für Analysen des Produktionsapparates im Baugewerbe wichtiger ist das Brutto-Anlagevermögen zu konstanten Preisen, weil damit die reale Sachmittelausstattung der Branche besser abgebildet wird. Auf das Bauhauptgewerbe entfielen 1994 mit 76 % der Hauptanteil des Brutto-Anlagevermögens des Baugewerbes (99 Mrd. DM in Preisen von 1991). Gegenüber 1980 hat sich dieser Anteil um 8 Prozentpunkte, gegenüber 1970 sogar um 11 Prozentpunkte verringert. Den bestmöglichen Aufschluß über den Realkapitaleinsatz im Produktionsapparat der Bauwirtschaft im Laufe eines Jahres gibt eine Meßreihe, bei der das Brutto-Anlagevermögen in konstanten Preisen (des Jahres 1991) als Mittelwert aus dem Jahresanfangsbestand zweier aufeinander folgender Jahre berechnet und als Indexwert des Kapitalstocks gegenüber einem Basisjahr (1980) ausgewiesen wird. Der aus Sachkapital bestehende Teil des Produktionsapparates hat sich im Bauhauptgewerbe von 1980 bis 1990 um fast 20 %, bis 1994 nur um 10 % verringert (vgl. Abb. 2.7). Gegenüber 1970 ist der Kapitalstock im Bauhauptgewerbe hingegen um knapp 5 % gewachsen. Zu diesen Angaben ist auf den stark mit Hypothesen befrachteten Charakter der Kapitalstock-Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hinzuweisen, der durch den ·glatten" Verlauf in der grafischen Darstellung für die Jahre 1980 bis 1994 klar erkennbar wird. Auch alle 74

im folgenden mit den Kapitalstock-Daten anzustellenden Berechnungen sind mit dieser Einschränkung zu versehen. Die geschilderte Investitionstätigkeit in den letzten Jahren und die Investitionspläne der Bauunternehmen für die Mitte der neunziger Jahre werden den derzeitigen Trend zur Verkleinerung des Kapitalstocks im Bauhauptgewerbe nicht umkehren. Abb.2.7

Entwicklung des Kapitaleinsatzes im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 1980=100; Auslastung in % 10~--~~----------------------------------------,

90~T-----------~~~-------------------------=~

70r---------------------------------------------~

60~.-----------------------~~----------------~

50~~--~--~~--~--~~--~--~~--~--~~--~

198081 -

Quelle:

82

83 84 85 86 87 88

Kapitalstock -I- ausgel.Kap.stock

89

90

91

92

93

94

'*' Auslastungsgrad

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe S 18, und Fachserie 18, Reihe 1.3j ifo Konjunkturtestj Berechnungen des Ifo Instituts.

Kapazitätsauslastung

Vorhandene Sachkapitalkapazitäten werden im allgemeinen nicht voll ausgelastet, nur ein Teil des Produktionsapparates wird tatsächlich in der Produktion genutzt. Aufschluß über den Grad der Kapitalausnutzung geben die Angaben der im ifo Konjunkturtest befragten Unternehmen des Bauhauptgewerbes über ihre Geräteauslastung. Danach haben im Untersuchungszeitraum 1980 bis 1994 die Unternehmen des Bauhauptgewerbes die Kapazität ihres Kapitalstocks nur 75

etwa halb (1982: zu 52 %) oder höchstens zu zwei Dritteln (1990: zu 68 %) ausnutzen können (vgl. Tab. 2.16). Von 1981 bis 1988 lag der Auslastungsgrad deutlich unter dem von 1980. Infolgedessen hat sich der tatsächlich zur Produktion eingesetzte Kapitalstock in diesem Zeitraum noch stärker zurückentwickelt als der vorhandene Kapitalstock (vgl. nochmals Abb. 2.7). Ende der achtziger Jahre führte die bessere Baukonjunktur auch zu einer Wiederaufstockung des Kapitalstocks und zu höherer Auslastung, das Niveau von 1980 blieb bisher jedoch unerreicht. Tab. 2.16

Kapazitätsausnutzung Im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 Jahr

Geräteauslastung in,*,

Ausgelasteter Kapitalstock

1980

65

100

1982

52

78

1984

53

77

1986

57

78

1988

59

75

1990

68

85

1991

67

87

1992

67

88

1993

64

87

1994

65

91

1980

= 100

Quene: Statl.tl.che. Bunde.amt, Fach.erle 18, Reihe S 18, und Fach.erle 18, Reihe 1.3j Ifo KonJunkturtestj Berechnungen de. Ifo In.tltut•.

Umgekehrt betrachtet: Der Kapitalstock wird nur teilweise einer verschlechterten Auftragslage angepaßt; ein Teil des augenblicklich nicht benötigten Produktionsapparates wird häufig in der Hoffnung auf eine künftig wieder bessere Bau-Nachfrage vorgehalten (oder er bleibt mangels Alternativen im Bestand). Dadurch können die Unternehmen schneller auf vermehrte Aufträge reagieren als wenn sie erst zusätzlich investieren müßten, um Kapazitäten aufzubauen.

76

Kapitalintensität Die Ausstattung der Arbeitskräfte mit Bauten und Ausrüstungen läßt sich als Verhältnis von Kapitaleinsatz in konstanten Preisen zu Arbeitseinsatz in der Meßziffer Kapitalintensität verfolgen. In Preisen von 1991 betrug gemäß den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen die Kapitalintensität je Erwerbstätigen 1994 im Bauhauptgewerbe rund 67 000 DM; 1980 belief sie sich auf 62 000 DM und 1970 auf 44 000 DM. Gegenüber 1970 ist also eine Zunahme um über 50 % festzustellen, gegenüber 1980 immerhin um rund 8 % (vgl. Abb. 2.8). Im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe (Kapitalintensität je Erwerbstätigen 1994: 199 000 DM) beträgt die Kapitalintensität des Bauhauptgewerbes nur rund ein Drittel. Abb.2.8

Kapitalintensität Im westdeutschen Bauhauptgewerbe - Kapitalstock zu Arbeitseinsatz 1980 bis 1994 1980=100 120,---------------------------------------------, 115~----------------------------------------~~~ 110~--------------~~------------~~--~~----~ 105~--~~----------~~--~~~------~__~~~ 10~~------------~~--------_,~~~~~------~

95~~----~~--~--~~--~------------------~ 90~4.~~~~~--~----------------------------~ 85L-~----~~--~--~~---L--~~--~--~--L-~--~

198081

-

Quelle:

82

83

84

85

-+- Ausgel.st.

Kaplta.stock/ Erwerbstätigen

86

87

88

89

90

91

92

93

94

Kap.stockl ..... Ausgelast. Kap.stock/

Erwerbstätigen

Arbeltavolumen

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe S 18, und Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen und Schätzungen des 110 Instituts.

Im zeitlichen Verlauf der achtziger Jahre zeigt sich, daß das Bauhauptgewerbe seine Kapitalintensität nicht durch zusätzlichen Kapitaleinsatz je Erwerbstätigen gesteigert hat, sondern dadurch, daß die Zahl der Erwerbstätigen bis 1988 schneller reduziert wurde als der Kapitalstock und daß umgekehrt der Wiederanstieg der Erwerbstäti77

genzahl ab 1989 zunächst schneller erfolgte als die Wiederzunahme des Kapitalstocks nach 1990. Ab 1991 glich der wieder anwachsende Kapitalstock diesen "Durchhänger" jedoch wieder aus. Die so berechnete Kapitalintensität läßt also keinen Rückschluß auf dahinterstehende produktionstechnische Entwicklungen zu, sondern lediglich auf die Nutzung des vorhandenen Kapitalstocks durch unterschiedlich viele Erwerbstätige. Betrachtet man folglich die Entwicklung der Kapazitätsausnutzung (vgl. nochmals Abb. 2.8), so zeigt sich im Bauhauptgewerbe bereits seit 1982 eine tendenzielle Zunahme des ausgelasteten Kapitalstocks je Erwerbstätigen. Berücksichtigt man darüberhinaus auch die geringer gewordene "Auslastung" der Arbeitskräfte durch eine gesunkene Zahl von Jahresarbeitsstunden (Arbeitszeitverkürzung, Urlaub, Kurzarbeit), so ergibt sich eine Zunahme des ausgelasteten Kapitalstocks je geleisteter Arbeitsstunde (Arbeitsvolumen) von 1980 bis 1994 um 17 %. Das tatsächlich in der Produktion eingesetzte Sachkapital ist also jahresdurchschnittlich um knapp 1 % gegenüber dem Arbeitsvolumen gestiegen. Im verarbeitenden Gewerbe war eine deutlich stärkere Kapita/intensivierung festzustellen (vgl. Abb. 2.9). Abb.2.9

Faktorelnsatzverhältnis Im Bauhauptgewerbe und Im verarbeitenden Gewerbe 1980 bis 1994 • Ausgelasteter Kapitalstock zu Arbeitsvolumen • 1980=100 180r---------------------------------------------, 160~--------------------------------------------~

140r---------------------------~==~~~~~--_j 120~--------------~__~~~--------------------~

80L--L--~--L-_L

198081 -

Quelle:

78

82

83

__~__L__L__~__L_~_ _~_ _~~_ _~

84

85

86

87

88

89

90

91

92

93

94

Bauhauptgewerbe ...... verarbeitendes Gewerbe

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe S 18, Fachserie 18, Reihe 1.3 und Fachserie 4, Reihe 5.1; Berechnungen des ifo Instituts.

Im verarbeitenden Gewerbe hat sich im gleichen Zeitraum das Verhältnis von ausgelastetem Brutto-Anlagevermögen in konstanten Preisen zum auf alle Beschäftigten bezogenen Arbeitsvolumen um rund 60 %, im jährlichen Durchschnitt also um 3,4 % erhöht. Kennzeichnend für das Bauhauptgewerbe sind also vergleichsweise geringe Anstrengungen bzw. Erfolge, die Ausstattung seiner Arbeitskräfte mit Sachkapital zu erhöhen. Diese Schere hat bisher keine Tendenz zur Schließung gezeigt. 2.1.2.3 Einsatz von Geräten, Energie und Material Gerätebestand

Die jährliche Totalerhebung des Statistischen Bundesamtes über den Gerätebestand vermittelt einen Einblick in Struktur und Bedeutung des Faktors Technik für das Bauhauptgewerbe (vgl. hierzu auch Kapitel 4). Es wird der Bestand an ausgewählten Geräten erfaßt, die am Stichtag in den befragten Betrieben verfügbar waren. Auf die Geräte entfallen beim Rohbau rund zwei Drittel der Ausrüstungen. Dabei wird nicht nach eigenen und gemieteten Geräten unterschieden. Wichtig ist, daß Geräte, die bei Unternehmen mit Niederlassungen zwischen diesen ausgetauscht werden, dort erfaßt sind, wo sie am Stichtag der Erhebung verfügbar waren. Dies ist insofern von Bedeutung, als nach der deutschen Vereinigung von westdeutschen Firmen Zweigniederlassungen in den neuen Bundesländern gegründet wurden, die mit Maschinen der Muttergesellschaften bestückt wurden. Rückgänge im Bestand bei westdeutschen Baufirmen signalisieren also nicht unbedingt eine rückläufige Ausrüstungsintensität, sondern können eine Folge der Schwerpunktverlagerung der Bautätigkeit in die neuen Bundesländer sein. Bei einer ganzen Reihe der statistisch erfaßten Gerätebestände wird eine rückläufige EntwiCklung nachgewiesen (vgl. Tab. A 2.2 im Anhang). Das ist beispielsweise der Fall bei: - Betonmischern - kleinen Turmdrehkranen - Planierraupen.

Die Bestände an anderen Maschinen und Geräten sind hingegen deutlich gestiegen. Hinter diesen EntwiCklungen verbergen sich jeweils unterschiedliche Gründe. Einer der Gründe ist zweifellos die technische Substitution (vgl. Abschnitt 4.2.3): So werden Seilbagger 8 Sauwirtschaft

79

auf vielen Einsatzgebieten schrittweise von Hydraulikbaggern abgelöst. Nur im Bereich großer Bagger wird heute noch der Seiltrieb verwendet. Diese Produktgruppe spielt - gemessen an der Anzahl aller Bagger - mit weniger als 10 % nur noch eine untergeordnete Rolle. Der Rückgang der Betonmischer kann durch die vermehrte Inanspruchnahme von Lieferleistungen entsprechender Spezialfirmen erklärt werden, die Fertigbeton direkt an die Baustellen anliefern. Ladegeräte werden zum Transport auf Baustellen eingesetzt. Die Anforderungen der Baufirmen an deren Geländegängigkeit und Wendigkeit sind gestiegen. Konstruktive Maßnahmen in Form von AlIradoder Raupenantrieb führten zu Verbesserungen. Die Entwicklung knickgelenkter Radlader hat die Wendigkeit der Fahrzeuge wesentlich erhöht, ihr Bestand ist kontinuierlich gestiegen. Turmdrehkrane spielen im Hochbau in Zentraleuropa traditionell eine große Rolle. Durch die Bauweise - Kombination von Beton, Ziegeln und anderen Bausteinen - dauert es hier eine geraume Zeit, bis die Festigkeit eines Neubaus so hoch ist, daß er mit Fahrzeugen befahren werden kann, die den Transport von Baumaterial übernehmen können. In angelsächsischen Ländern und in Japan werden hingegen mehrstöckige Gebäude überwiegend als Stahlträgerkonstruktionen ausgeführt, was die Befahrbarkeit neu hochgezogener Stockwerke ohne Zeitverzögerung ermöglicht (Vieweg 1992).

Die Verwendung vorgefertigter Teile, insbesondere im gewerblichen und öffentlichen Hoch- und Tiefbau, erfordert den Einsatz von schweren Mobil- und Autokranen. Obwohl sich hier Spezialfirmen herausgebildet haben, die diese Geräte leihweise zur Verfügung stellen, haben auch die Unternehmen des Bauhauptgewerbes in den letzten Jahren ihre Bestände aufgestockt. Auffallend ist, daß die großen Betriebe des Bauhauptgewerbes (mit 200 und mehr Beschäftigten) vergleichsweise wenig an den Beständen an Geräten und Maschinen partizipieren. Auf diese Größenklasse entfielen 1994 rund 19 % der Beschäftigten, aber nur 7 13 13 9 16

80

% % % % %

al/er Betonmischer al/er Turmdrehkrane al/er Mobil- und Autokrane al/er LKW al/er Bagger.

Diese relativ geringen Anteilswerte dürften darauf zurückzuführen sein, daß die größeren Bauunternehmen sich in weitaus stärkerem Umfang des Leasing von Geräten und Fahrzeugen bedienen und außerdem verstärkt Nachunternehmen engagieren, welche dann ihren Gerätepark zur Verfügung stellen. Derartige Subunternehmer haben sich auch bei der Geräteausstattung offensichtlich spezialisiert. Außerdem sind die Großunternehmen selbst schwerpunktmäßig im Tiefbau tätig, denn beim schweren Tiefbaugerät sind sie deutlich überproportional vertreten. Diese Großmaschinen (z. B. Straßenbaumaschinen) erfordern Kapitalaufwendungen in einer Höhe, die von den kleineren Firmen nicht (so leicht) aufgebracht werden können. Die kleineren Firmen des Bauhauptgewerbes (mit weniger als 20 Beschäftigten), auf die ein Anteil an den Gesamtbeschäftigten von rund 33 % (1994) entfällt, verfügen hingegen über 51 % aller Betonmischer 37 % aller Mobil- und Autokrane 62 % aller Mörtelförder- und Verputzgeräte 45 % aller Transporter 44 % aller LKW.

Diese überproportionale Ausstattung deutet darauf hin, daß hier eine Spezialisierung auf vergleichsweise "niedrigpreisige" Geräte stattgefunden hat, die diese Firmen befähigen, auch als Subunternehmer

entsprechende Leistungen erbringen zu können. Energie

Gemessen am gesamten Energieverbrauch der Volkswirtschaft stellt die Bauwirtschaft einen vernachlässigbaren Faktor dar. Sie wird dem Sektor der sogenannten Kleinverbraucher zugerechnet, in dem außerdem noch Bereiche wie Landwirtschaft und Gartenbau, Kleingewerbe in Handwerk und Industrie sowie Handel, Dienstleistungen, öffentliche Einrichtungen und Verwaltungen zusammengefaßt sind. Insgesamt entfallen auf diesen heterogenen Sektor schätzungsweise 16 % des Energieendverbrauchs (Suding 1981). Der Kenntnisstand über Struktur und EntwiCklung dieses Verbrauchssegmentes ist gering. Durch einige Spezialgutachten (vgl. z.B. DIW/EWI/RWI 1985) konnte hier wenigstens punktuell etwas Licht hineingebracht werden. Vom Energieverbrauch der Kleinverbraucher entfielen danach 1982 knapp 4 % auf die Verbrauchergruppe "Baugewerbe"; dies ist beispielsweise ebenso viel wie im Segment "Gartenbau". Von den ins8'

81

gesamt vom Baugewerbe verbrauchten 1,45 Mill. t SKE waren ziemlich genau zwei Drittel Öl und nur 1,3 % Strom. Der überwiegende Teil der eingesetzten Energie wurde zur Erzeugung von Raumwärme, also zur Beheizung der Büros sowie von Baustelleneinrichtungen, -aufenthaltsräumen und -unterkünften, verwendet; die Anteile für Prozeßwärme (hierzu zählt zum Beispiel das Schmelzen von Teer und Bitumen im Straßen bau) sowie für Kraft und Licht sind gering. Wie auch andere Bereiche der Wirtschaft, so hat die Bauwirtschaft auf die zweimaligen schubartigen Energiepreiserhöhungen ebenfalls mit Einsparungen reagiert. Zieht man in Betracht, daß 1978 und 1982 insbesondere Öl für die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser diente, so ergab sich damals bereits ein beachtliches Substitutionspotential durch Umstellung auf andere wirtschaftliche Energieträger oder durch entsprechende Dämm-Maßnahmen. Energiekosten spielen für das Bauhauptgewerbe angesichts der geschilderten Verbrauchsstrukturen nur eine geringe Rolle. Bezogen auf den Bruttoproduktionswert betrugen die entsprechenden Aufwendungen 1993 im Bauhauptgewerbe nur rund 1,3 % (vgl. Tab. 2.17). Tab. 2.17

Anteil der Energiekosten am Bruttoproduktionswert von Bauhauptgewerbe und Baugewerbe 1993 In % Bausparte

Früheres Bundesgebiet

Neue Länder und Berlin/Ost

Hochbau

0,9

0,9

Straßen bau

2,4

2,2

Sonstiger Tiefbau

1,9

1,9

Bauhauptgewerbe

1,3

1,5

Baugewerbe

1,2

1,4

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.3.

Hatten 1991 die Energiekosten bei den Firmen des Baugewerbes in den neuen Ländern mit rund 2 % des Bruttoproduktionswertes noch eine deutlich höhere Bedeutung als bei westdeutschen Unternehmen (1,3 %), so haben sich diese Differenzen bis heute weitgehend egalisiert. Offensichtlich bewirken die Einsparbemühungen auch dort in82

zwischen ähnliche Resultate wie in Westdeutschland, wo diese Politik schon länger und zielgerichtet verfolgt wird. Forschung und Entwicklung

Auch in der Bauwirtschaft wird permanent technischer Fortschritt realisiert. Dies zeigt sich in der Steigerung der Arbeitsproduktivität sowie in qualitativen Verbesserungen von Bauweisen und Baumaterialien. Im folgenden soll dargestellt werden, in welchem Umfang die Bauwirtschaft selbst durch ihr Innovationsverhalten zu diesem Fortschritt beigetragen hat oder ob es sich dabei gleichsam um "Importe" aus anderen Branchen in Form von Maschinen, Geräten und Verfahren bzw. von Baustoffen handelt. Zunächst wird hierzu auf einige input-orientierte Größen wie FuE-Aufwendungen und Innovationsaufwendungen eingegangen. Sodann wird die Struktur der Innovationsaufwendungen sowie die Verbreitung von FuE-Abteilungen dargestellt. Schließlich wird der Innovations-Output anhand der Kenngröße "Anteil neuer oder verbesserter Produkte am Umsatz" dargelegt. Für diese Analyse konnte auf eine Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zurückgegriffen werden (Felder 1993). Es hat sich in den letzten Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Innovationsbemühungen eines Unternehmens nicht allein an seinen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen gemessen werden können, daß vielmehr eine Vielzahl weiterer Aufwendungen in Betracht gezogen werden muß. Hierzu zählen nach Erfahrungen der OECD beispielsweise Versuchsproduktionen oder Aufwendungen für Konstruktion und Design. Um die "Importe" ebenfalls berücksichtigen zu können, müssen auch die Investitionen in die Betrachtung einbezogen werden, denn auch die Umsetzung fremdbezogener Technik in der Produktion ist in der Regel mit Kapitalaufwand verbunden. Die Betrachtung der ermittelten Kenngrößen für das Baugewerbe ergibt (vgl. Tab. 2.18): Mit einer Innovationsintensität von 3,6 % rangiert das Baugewerbe nur an 16. Stelle von 21 untersuchten Bereichen (19 Industriebranchen, der Sektor Bergbau und Energie und das Baugewerbe); bei der FuE-lntensität gar nur an vorletzter Position; die Investitionsintensität sieht jedoch das Baugewerbe im Vorderfeld. Im Durchschnitt der untersuchten 21 Bereiche waren rund 31 % der Innovationsaufwendungen der FuE zuzuordnen; mit einem Anteil von nur rund 14 % rangiert das Baugewerbe am Ende der Skala. Seine 83

diesbezüglichen Aufwendungen werden in großem Maße von Ausgaben für die Schulung und Weiterbildung geprägt; die Unternehmen des Baugewerbes verwenden hierfür rund zwei Fünftel der Innovationsausgaben. Die Anteile für den Erwerb von Patenten und Lizenzen sowie für Marktanalysen im Zusammenhang mit Innovationsprojekten sind gering und entsprechen dem Durchschnitt der übrigen Branchen. Auffällig niedrig sind die Aufwendungen für Konstruktion und Produktgestaltung; dies ist aber einleuchtend, denn diese Arbeiten werden von Architekten, Statikbüros und ähnlichen Dienstleistungsbereichen übernommen, mithin vom Baugewerbe fremd bezogen. Tab. 2.18

Innovatlonskennzlffern1 ) des Baugewerbes 1993 - Aufwendungen In % des Umsatzes -

Innovationsintensität

3,6

Mittlere Innovationsintensität

5,8

FuE-lntensität

0,5

Mittlere FuE-lntensität

0,4

Investitionsintensität Mittlere Investitionsintensität

10,7 8,6

1) Die Intensitäten wurden in zwei Varianten berechnet. Bei der 'mittleren' wird für jedes Unternehmen der Wert zunächst getrennt ermittelt und dann der Branchenwert über alle Unternehmen gebildet. Bei der 'normalen' Intensität werden Umsätze und Aufwendungen zunächst kumuliert und dann zueinander in Beziehung gesetzt.

Quelle: ZEW/lnfas, Mannhelmer Innovationspanel.

Die Untersuchung, inwieweit innovative Unternehmen dem FuE-Bereich auch einen eigenen organisatorischen Rahmen geben, mithin eine eigene FuE-Abteilung haben, hat - wie nicht anders zu erwarten - eine starke Abhängigkeit von der Unternehmensgröße ergeben. So haben von den Firmen des Baugewerbes mit weniger als 250 Beschäftigten nur knapp 5 % eine eigene derartige Abteilung; in der Größenklasse "250 bis 999 Beschäftigte" sind es 12 % und bei den noch größeren Unternehmen 40 %. Unter den Innovationszielen bildet im Bausektor die Kostensenkung, insbesondere die Senkung der Arbeitskosten, ein herausragendes Motiv. Hier ist es dem Bauhauptgewerbe gelungen, den Anteil der Arbeitskosten am Bruttoproduktionswert seit 1980 konstant zu halten.

84

Dies war unter anderem deshalb möglich, weil sich der Produktivitätsfortschritt in etwa im gleichen Ausmaß vollzog wie im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Hingegen haben die Innovationsaufwendungen im Baugewerbe sich nur ausnahmsweise in neuen oder verbesserten Produkten niedergeschlagen. Im Jahre 1992 konnten nur 4 % des Umsatzes mit gegenüber 1990 neuen oder erheblich verbesserten Produkten und nur 11 % mit gegenüber 1990 wenigstens etwas verbesserten Produkten erzielt werden. Mit beiden Anteilen bildet das Baugewerbe, zusammen mit dem Sektor "Bergbau, Energie", das Schlußlicht der untersuchten Branchen. Auch in großen Bauunternehmen wird also vergleichsweise wenig geforscht. Seitens einer großen Firma wurde darauf verwiesen, daß - die Entwicklung neuer Bauverfahren (z.B. von Bodenwaschanlagen für die Umwelttechnik), - die Verbesserung und Verfeinerung von Bauverfahren und deren Abwicklung zur Erhöhung der Qualität und zur Erreichung strenger betrieblicher Vorgaben und wirtschaftlicher Verfahren, - praxisnahe CAD- und EDV-Anwendungen, - Vorbereitung der Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen im Vordergrund der Aktivitäten stünden (vgl. auch Kap. 4). Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat insbesondere beklagt, daß derartige Aktivitäten von jedem hierfür in Frage kommenden Unternehmen getrennt betrieben würden und deshalb unvertretbare Doppelarbeit stattfände. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß das Baugewerbe, verglichen mit der Industrie, wenig eigene Innovationsanstrengungen unternimmt. Im Vordergrund steht das Bemühen, die Arbeitskräfte effizienter einzusetzen. Dies geschieht nicht zuletzt durch eine Verbesserung von deren Qualifikation durch Schulung und Weiterbildung. Hinzu kommen Bestrebungen, die Qualitätssicherung für die Gesamtleistungen der Unternehmen zertifizieren zu lassen sowie neue Lösungen zu Umweltproblemen zu entwickeln. Die Verbesserung der Baustoffqualitäten, für die der Gesetzgeber durch Normen und Vorschriften Mindeststandards setzt, sowie der Investitionsgüter, deren Beitrag zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und Produktivität ein wichtiges Verkaufsargument ihrer Hersteller darstellt, sind die wesentlichen

85

"importierten" Beiträge zum technischen Fortschritt im Sektor Bauwirtschaft. Material

Das Bauhauptgewerbe ist vergleichsweise wenig materialintensiv. Im Jahre 1993 entfielen auf den Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen rund 34 Mrd. DM, dies entspricht 23 % des Bruttoproduktionswertes. Auch unter Einbezug des vergleichsweise unbedeutenden Einsatzes von Handelsware (1993: 796 Mill. DM) bleibt die Materialquote bei gut 23 % (vgl. Abb. 2.10). Abb.2.10

Materialverbrauch und Nachunternehmerleistungen im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1993 - Anteil am Bruttoproduktionswert In % 50r-----------------------------------------------~

40

30

20

10

o

198081

82

83

84

85

86

87

88

~ Energie/ M a t e r i a l . Handglsvvare

0

89

90

91

92

93

Nachunternghrner

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 5.3.

Im Zeitablauf war der Anteil der Materialkosten am Bruttoproduktionswert bis zuletzt tendenziell rückläufig: Zu Beginn der achtziger Jahre hatte er noch bei knapp 30 % gelegen. Deutlich zugenommen haben demgegenüber die Nachunternehmerleistungen, auf die jetzt bereits fast ein Viertel des Bruttoproduktionswertes entfällt (1980: erst rund 14 %). Nähere Auskunft über die güterwirtschaftliche Verflechtung des Bauhauptgewerbes bei den Vorleistungen gibt die Input-Output-Rechnung 86

(vgl. Tab. 2.19). Danach ist nicht nur die Vorleistungsstruktur seit 1980 vergleichsweise konstant geblieben; auch die Vorleistungsquote (Anteil der Vorleistungen der Produktionsbereiche am Produktionswert) hat sich nicht systematisch verändert. Tab. 2.19

Vorleistungsbeziehungen des westdeutschen Bauhauptgewerbes - Anteil (in %) wichtiger an den gesamten Vorleistungen 1980 bis 1990 -

Vorleistungsbereiche

1980

1982

1984

1986

1988

1990

5,2

5,8

5,5

3,7

3,0

2,4

36,2

36,1

35,3

34,7

34,0

32,5

Eisen und Stahl

3,7

3,5

3,3

3,4

2,9

2,2

Erzeugnisse d. Ziehereien

3,3

3,3

3,2

3,5

3,3

3,2

Stahl- u. Leichtmetallbau

2,8

2,8

2,4

2,6

2,5

3,4

Holz, Holzwaren

4,1

3,2

3,2

3,0

2,9

2,3

Hoch- u. Tiefbauleistungen

5,6

4,6

4,8

4,7

5,0

5,0

Anteil der Vorleistungen am Produktionswert

48,0

48,8

51,1

49,5

49,7

51,5

Mineralölerzeugnisse Steine u. Erden, Baustoffe

Quelle: Statistisches Bundesamt, Input-Output-Tabellen.

Diese Vorleistungen der verschiedenen Produktionsbereiche stammen zum weitaus überwiegenden Teil aus inliindischer PrOduktion, der Anteil der Importe ist nach wie vor gering; er liegt insgesamt bei nur rund 6 %. Allerdings ist er in den einzelnen Gütergruppen stark unterschiedlich. Während der Anteil bei den bedeutendsten Vorleistungserzeugnissen, den Steinen und Erden, unter 5 % liegt, erreicht er bei Eisen und Stahl rund 28 % und bei Holz rund 39 %. Struktur und Entwicklung des Materialeinsatzes Die Bauwirtschaft ist für die Industrie der Steine und Erden der mit Abstand wichtigste Abnehmerbereich. Der Einfluß der Bautätigkeit auf den Absatz dieser Branche ist also sehr stark. Die "klassischen" Baustoffbereiche sind dabei in der Rangfolge ihrer Bedeutung (Umsatz im Jahre 1992; neuere Zahlen nur für Gesamtdeutschland) : - Zement - Wand- und Dachziegel - Natursteine

(4,6 Mrd. DM) (3,4 Mrd. DM) (2,9 Mrd. DM)

87

- Kalk und Mörtel - Sand und Kies

(2,7 Mrd. DM) (2,6 Mrd. DM);

hinzu kommen die weiterverarbeiteten Produkte: - Betonerzeugnisse (ohne Bims) und große Fertigbautei/e - Transportbeton

(9,3 Mrd. DM) (5,7 Mrd. DM).

Hingegen haben die großformatigen Fertigbauteile aus Beton für den Bau eine vergleichsweise geringe Bedeutung (1,7 Mrd. DM). Bei den meisten Baustoffen handelt es sich um homogene Massengüter, die transportkostenempfindlich sind und nur in Ausnahmefällen, z.B. in grenznahen Bereichen, grenzüberschreitend geliefert werden. Abgesehen von Großbaustellen werden die Baustoffe von den Herstellern meist nicht direkt, sondern über den dazwischen geschalteten Baustoffgroßhandel geliefert, der als typischer Produktionsverbindungshandel ein unentbehrliches Bindeglied zwischen der Baustoffindustrie und dem bauausführenden Gewerbe darstellt. Im Zuge der erhöhten Bedeutung des DO-it-yourself hat aber auch der Absatz an private Haushalte zunehmend an Gewicht gewonnen. Die Baustoffhandeisfirmen dürften rund 30 % des Umsatzes auf der Einzelhandelsstufe und etwa 70 % auf der Großhandelsstufe erzielen. Die materialmäßigen Hauptkomponenten des Stahlverbrauchs in der Bauwirtschaft sind Betonstahl und Baustahlmatten. Rund 87 % des im Baugewerbe direkt verbrauchten Stahls entfallen auf den Hochbau, nur 13 % auf den Tiefbau. Überdurchschnittlich stahlintensiv ist der Nicht-Wohnbau. In den achtziger Jahren ist der spezifische Stahlverbrauch (gemessen in t Stahl je Werteinheit Bauleistung) tendenziell gestiegen. Hierfür sind eine Reihe unterschiedlicher Einflußfaktoren verantwortlich. Diese werden im wesentlichen vom Verwendungszweck und der Bauweise der Gebäude und auch - innerhalb gewisser Grenzen - von den Entscheidungen und Berechnungen der Architekten und Bauingenieure bestimmt. Daneben spielen Änderungen bei den Baunormen und -vorschriften sowie technologische Entwicklungen, wie z.B. die Verbesserung der Stahl- und Betonqualitäten oder die Substitution von Stahl durch andere Materialien, eine bedeutende Rolle (Gluch 1990). Die größte Bedeutung für die Holzverwendung im Bauwesen hat mit mehr als zwei Dritteln des Verbrauchs der Hochbau. Dort findet Holz als Schnittware im Konstruktionsbereich (Dachstuhl, Wände, Decken) 88

und im Ausbaubereich sowie in Form von plattenförmigen Holzwerkstoffen (Spanplatten, Sperrholz, Faserplatten) sowie als Parkett Verwendung. Bezogen auf den Rauminhalt der Gebäude sind Ein- und Zweifamilienhäuser wesentlich 'holzintensiver' als Mehrfamilienhäuser. In Wohngebäuden wird zudem relativ mehr als doppelt so viel Holz verbraucht wie in Nicht-Wohngebäuden (Kroth 1991). Wegen der günstigen technologischen Eigenschaften, der guten Verfügbarkeit und des Preises wird für das Dach und die tragenden Gebäudeteile vor allem Nadelschnittholz eingesetzt, das zu rund 30 % aus ausländischer (vor allem skandinavischer und osteuropäischer) Produktion stammt. Im Ausbau sind ausländische, größtenteils tropische Hölzer noch stärker vertreten, weil qualitativ gleichwertige einheimische Holzarten, vor allem Laubhölzer, im Preis oft höher liegen und die inländischen Qualitäten nicht immer den Vorstellungen der Bauherren, Architekten oder Bauausführenden entsprechen. Die Kampagnen gegen die Verwendung von Tropenholz könnten hier jedoch zu Verhaltungsänderungen führen. Bauen mit Fertigteilen und FertigteIlelementen

Die amtliche Statistik definiert ein Bauwerk bzw. Gebäude dann als Fertigteilbau, wenn geschoßhohe oder raumbreite tragende Fertigteile, z.B. großformatige Wandtafeln für Außen- oder Innenwände, verwendet werden. Es zählen ferner Gebäude dazu, bei denen der überwiegende Teil der tragenden Konstruktion (gemessen am Rauminhalt) aus Fertigteilen besteht. Fertigteile sind tragende oder nichttragende, mit Anschlußmitteln versehene Bauteile, die nicht an der Einbaustelle hergestellt wurden. Sie müssen mit Hilfe ihrer Anschlußmittel und ohne weitere Bearbeitung zum Bauwerk zusammengefügt oder mit örtlich (am Bau) hergestellten Bauteilen fest verbunden werden können (Statistisches Bundesamt 1994). Mit dieser Definition wird der tatsiichliche Einsatz von Fertigteilen allerdings nur unvollkommen erfaßt. Nicht berücksichtigt werden nämlich all diejenigen Fertigteilelemente, die im konventionellen Bau eingesetzt werden. Beispielhaft seien hier Treppen, Fenster- und Türstürze, Schornsteinformstücke, Abzweigkästen, Licht- und Kabelschächte und Rohre aller Art erwähnt. Auf diese 'Verwendung vorgefertigter Bauteile' wird hier nicht weiter eingegangen.

89

Entwicklung des Fertigteilbaus Bezogen auf den zum Bau genehmigten Rauminhalt der neuerrichteten Gebäude hat sich der Anteil des Fertigteilbaus in seiner "Anfangsphase" rasch erhöht; er stieg von 4 % (1965) auf rund 17 % (1975); anschließend ging dieser Anteil wieder zurück. -Im Jahre 1979 wurde die Bautätigkeitsstatistik umgestellt. Diese Umstellung ermöglichte es, Fertigteilbauten besser zu beschreiben und vollständiger zu erfassen; sie bewirkte aber einen Bruch in den Zeitreihen (vgl. Abb. 2.11). Von dem für 1979 neu ermittelten Anteil des Fertigteilbaus von 21 % ergab sich mit geringen Schwankungen ein tendenzieller Anstieg auf den bisherigen Höchstwert von 27,2 % im Jahr 1988, in der Folgezeit fiel dieser Anteil jedoch wieder bis auf 18,3 % im Jahre 1994 ab. Abb.2.11

Anteil des Fertigteilbaus an den Baugenehmigungen - in Kubikmetern umbauten Raumes; nur Westdeutschland; 1970 bis 1994 %

%

60

UlllJ

.Wohnungsbau

60

NIchtwohnbau

IZlZl Wohn- und NIchtwohnbau Insgesamt

40

>- -

-

-

- - - -

.

- -

- ~-

40

I

- -

20

20

I

o

, 70

Quelle:

I1 72

11

I'

74

I

I'

IL

76

I

11 ,11 78

80

11 82

11 84

11 86

11 11 11, 88

90

92

94

0

Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 1 ; Berechnungen des ifo Institut für Wirtschaftsforschung.

Geht man von der Entwicklung der absoluten Werte aus, so zeigen sich die genannten Tendenzen noch deutlicher. Der Fertigteilbau wurde vor allem deshalb forciert, um das Bauen zu rationalisieren und zu industrialisieren. Im Bestreben, knappe und teuere Arbeitskräfte durch die teilweise Verlagerung der Bautätigkeit 'in die Fabrik" zu kompensieren, hat sich das genehmigte Bauvolumen im Fertigteilbau in der Zeit von 1965 bis 1994 annähernd verfünffacht.

90

Damit hat aber diese Bauweise wohl ihre aus ökonomischen und technischen Gründen sinnvolle Anwendungsbreite erreicht; die nachfolgende Entwicklung kann weitgehend durch konjunkturelle und strukturelle Effekte erklärt werden. Strukturelle Effekte ergeben sich beim Fertigteilbau vor allem dadurch, daß seine Anwendung je nach Bausparte bzw. Gebäudeart außerordentlich stark differiert (vgl. Tab. 2.20): Im Nichtwohnbau hat der Fertigteilbau eine wesentlich größere Bedeutung erlangt als im Wohnungsbau. Besonders hoch ist sein Anteil bei gewerblichen Betriebsgebäuden, wo rund die Hälfte des genehmigten umbauten Raumes für den Fertigteilbau vorgesehen ist. Tab. 2.20

Bedeutung des westdeutschen FertigteIlbaus nach Gebäudearten - Anteile (In %) an allen Baugenehmigungen (umbauter Raum); 1980 bis 1994 1992

1993

6,1

4,8

4,6

4,0

3,8

11,2

7,3

7,0

6,7

5,9

6,2

1,5

1,2

1,4

1,1

1,3

0,9

41,9

43,7

46,2

40,2

41,8

41,7

Bürogebäude

29,0

30,7

29,6

26,1

26,1

23,1

Gewerbl. Betriebsgebäude

52,7

52,9

56,2

50,3

51,9

51,4

Schul-/sonst. Gebäude

30,6

22,8

20,3

16,9

18,6

19,2

23,7

27,2

26,2

21,6

19,7

18,3

Wohngebäude davon:

mit 1 und 2 Wohnungen mit 3 u. mehr Wohnungen

Nichtwohngebäude darunter:

19941)

1991

Bausparte

Wohn-/Nichtwohngebäude insgesamt

1980

1988

9,0

1) Vorläufige Zahlen.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 5, Reihe 1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Der große Erfolg der Fertigteilbauweise im Nichtwohnbau dürfte vor allem mit der dort praktizierten ·schematischen" und genormten Baukastenbauweise und mit der damit verbundenen Austauschbarkeit der einzelnen Module zusammenhängen. Es kommt hinzu, daß bei gewerblichen Bauten generell die Zweckmlißigkeit und die kurze Bauzeit den Vorrang haben vor Individualität, Baustil und ästhetischer Ausgestaltung des Baukörpers und seiner Bestandteile.

91

Im Wohnungsbau mag der relative Rückgang des Fertigteilbaus bei den Mehrfamiliengebäuden zunächst überraschen. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, daß große Neubauprojekte, z.B. "Trabantenstädte", die früher mit großen Anteilen in Fertigbauweise ausgeführt wurden, in den letzten Jahren kaum noch realisiert wurden; zudem mußten häufig Baulücken geschlossen werden. Bei den kleineren Wohngebäuden hat das schlüsselfertige Bauen in konventioneller Bauweise den Rückgang der Fertigbauweise begünstigt, da damit neben hoher Qualität feste Preise und das Einhalten des zugesagten Fertigstellungstermins gewährleistet werden konnten. Die zukünftige Entwicklung des Fertigteilbaus muß spartenweise unterschiedlich beurteilt werden. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern wird wohl der Wunsch der Bauherren nach individueller Gestaltung des Eigenheims auch weiterhin ein nennenswertes Vordringen der Fertigbauweise verhindern, da Variationen der Grundstruktur erhebliche Mehrkosten verursachen. Bisher haben die unbestrittenen Vorteile des Fertighauses, nämlich die kurze Bauzeit und die Festpreisgarantie, die große Mehrheit der Bauherren nicht davon überzeugen können, daß diese Bauweise der konventionellen überlegen ist. Das hohe Preisniveau und verstärkte Bemühungen zur Baukostendämpfung sowie die stärkere Konzentration der Wohneigentumsförderung auf die sogenannten "Schwellenhaushalte" könnten hier allerdings ein Umdenken bewirken. Bei mehrgeschossigen Wohnbauten werden Gebäude in Großtafelbauweise künftig wohl nur in geringem Umfang errichtet, da entsprechende Baugebiete entweder nicht mehr zur Verfügung stehen oder von der öffentlichen Hand nur widerstrebend ausgewiesen werden. Die mit dieser Siedlungsweise verbundenen sozialen Probleme wirken zudem abschreckend auch in die Zukunft. Die Wachstumsfelder für die Fertigteilbauweise werden künftig im Nichtwohnbau liegen. Hier spielen die erreichbaren Kostenvorteile eine ausschlaggebende Rolle. Zudem gehen die Bestrebungen der Architekten dahin, Bauweisen zu entwickeln, die die Nachteile des Fertigteileinsatzes, nämlich das uniforme "Produkt von der Stange", durch entsprechende Gestaltungselemente großenteils zu kompensieren vermögen. Künftig könnte sich verstärkt eine Mischbauweise, d.h. der Einsatz von Fertigteilen kombiniert mit konventioneller Bauweise, durchsetzen.

92

2.1.2.4 Reststoffverwertung und Umweltschutz Umweltgesetzgebung und Bauwirtschaft

Auf Bundesebene sind inzwischen mehr als 50 Umweltgesetze entstanden oder wurden durch wesentliche Änderungen komplettiert. Entsprechend der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern werden diese bundeseinheitlichen Regelungen noch um Umweltgesetze der Länder ergänzt. Diese Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften bilden für die Bauunternehmen die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen zurVorsorge, Risikominimierung und Produktqualitätssicherung in der betrieblichen Praxis. Fragen der umweltschonenden Produktion und Entsorgung der Produkte gewinnen bei der Planung von Bauwerken sowie im laufenden Betrieb vorrangige Bedeutung (Sondermann 1993). Die komplizierte Materie, aber auch die hohe Verantwortung haben dazu geführt, daß mittleren und größeren (Bau-)Unternehmen die Bestellung eines Umweltschutzbeauftragten dringend empfohlen wird. Er soll die Einhaltung der Vorschriften für den Immissionsschutz, den Gewässerschutz und die Abfallwirtschaft überwachen. Von kleinen und einem Teil der mittleren Betriebe wird dieser Empfehlung wegen der damit verbundenen Kosten bislang allerdings kaum Folge geleistet. Die Bauunternehmen werden insbesondere durch die Verordnung über die Entsorgung von Baustellenabflillen betroffen. Diese Fraktion enthält die Abfälle der verschiedenen, auf einer Baustelle tätigen Unternehmen wie Verpackungsmaterialien, Reste von Baunebenprodukten und von Baumaterialien. Ihre mengenmäßige Bedeutung wurde für 1987 in den alten Bundesländern auf immerhin 10 Mill. t geschätzt (Rat von Sachverständigen für Umweltfragen 1990); teilweise handelt es sich hierbei um Problemabfälle. Inzwischen hat sich für diese Abfallfraktion in der Bundesrepublik Deutschland der Begriff "Baustellenmischstoffe" durchzusetzen begonnen. Diese werden definiert als "Stoffgemische des Bauwesens mit mehr als fünf Gewichtsprozent Störstoffen, die bei Umbauten, Neubauten, Renovierungen usw. als sogenannter Containermüll, Containerschutt, Baumüll, Baustellenabfall anfallen" (Rehbock 1993). Für 1993 wird von einem Anfall von 12 Mill. tausgegangen. Die Deponierung derartiger Abfälle war bis 1993 nahezu kostenlos möglich; seither sind die Kosten für die Ablagerung von Abfällen des Baugewerbes ständig und sehr stark gestiegen. Die Bundesregierung 93

hat deshalb eine Verordnung über die Vermeidung und Getrennthaltung von Bauabfällen vorgesehen, mit der Verwertungsvorgaben und Maßnahmen gegen Vermischungen getroffen werden sollen. Der Entwurf dieser Verordnung sieht u.a. als Ziel vor, verwertbare Bestandteile von Bauschutt, Baustellenabfällen, Erdaushub und Straßenaufbruch nicht vermischt mit nicht verwertbaren Bestandteilen auf Bauschutt- oder Hausmülldeponien abzulagern. Inzwischen haben die hohen Preise für die Ablagerung in Deponien auch die Bauunternehmen dazu gebracht, die anfallenden Mengen durch Abfallvermeidung oder zumindest gute Vorsortierungen zu reduzieren bzw. ihre Beseitigung kostengünstiger zu gestalten. Die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) in der Fassung von 1988 setzt insbesondere in DIN 18299 das Beseitigen aller Verunreinigungen (z.B. von Abfällen und Bauschutt), die von Arbeiten der Baufirma herrühren, als Nebenleistung an. Der Bauherr hat diesbezüglich lediglich in der Leistungsbeschreibung Vorgaben für die Entsorgung anzugeben. Wenn keine besonderen vertraglichen Regelungen getroffen werden, kann der Bauunternehmer etwaige zwischen seinem Angebot und der Abrechnung eingetretene Kostensteigerungen, beispielsweise bei den Deponiegebühren, also nicht an den Auftraggeber weitergeben. Die Aufbereitung von Baustellenmischstoffen ist tendenziell anspruchsvoller als die Aufbereitung von gebrauchten mineralischen Baustoffen. Entsprechend liegen die Kosten weit höher. Die überproportional steigenden Deponieausgaben werden aber dazu führen, daß sich das Getrenntsammeln und die stoffliche Verwertung künftig eher "rechnen". Bedeutung von Reststoff-Recycling

Die Bauwirtschaft hat mit ihrem Verbrauch von Primärrohstoffen für die unterschiedlichen Baurnaßnahmen und mit dem damit verbundenen Anfall von Baureststoffen einen nicht unerheblichen Anteil an Eingriffen in die Umwelt. So werden Kalkstein, Ton, Kies, Sand und ähnliche Industriemineralien der Natur entnommen und zu Zement, Beton, Ziegeln und anderen Baustoffen weiterverarbeitet, die bei Umbau, Abriß oder Verfall von Bauwerken dann wieder als Abfälle anfallen und irgendwo deponiert oder gegebenenfalls verbrannt werden müssen. Dafür sind sie aber nicht nur zu schade, da sie teilweise in erheblichem Maße mit Werts toffen angereichert sind, sondern es kön-

94

nen auch gravierende Beeinträchtigungen der Umweltmedien Wasser, Boden und Luft entstehen. Es liegt daher nahe, auch diese Abfälle und Reststoffe - wie in Haushalten und anderen Produktionsbereichen der Wirtschaft auch - dem Wirtschaftsprozeß als Sekundlirbaustoffe erneut zuzuführen. Durch diese Substitute von Primärbaustoffen können Umweltbeeinträchtigungen - wenigstens teilweise - vermieden werden. Darüber hinaus führt ein verstärktes Recycling zur Ressourcenschonung und es hilft, den verbreitet bereits auftretenden Verknappungen und Verteuerungen von Rohstoffen (z.B. Kies, Ton) zu begegnen. Baurestmassen, d.h. Bauschutt (einschI. Baustellenabfälle), Erdaushub und Straßenaufbruch, bilden die mengenmäßig bedeutsamste Abfallfraktion. Insgesamt wird der jährliche Anfall für die alten Bundesländer auf rund 120 Mill. t geschätzt. Baustoffe aus der Wiederaufbereitung von Baurestmassen, sogenannte Recycling-Baustoffe, können mineralische Primärrohstoffe wie Sand, Kies und Natursteine substituieren. Dabei lassen sich zwei Einsatzbereiche unterscheiden: Zum einen handelt es sich um solche Aufwendungssektoren, bei denen niedrige Qualitätsanforderungen bestehen und deshalb die Baurestmassen nach relativ einfacher Aufbereitung wieder eingesetzt werden können. Zum anderen handelt es sich um Bereiche, bei denen an die Sekundärrohstoffe prinzipiell die gleichen Ansprüche gesteilt werden wie an die Primärstoffe (ITU 1990). Baureststoffe haben am Gesamtaufkommen an Abfall und Reststoffen in Deutschland einen Anteil von etwa 80 % des Gewichts bzw. von 60 % des Volumens. Die Gesamtmenge setzt sich aus sehr unterschiedlichen Stoffen zusammen. Für Aufbereitung und Wiederverwendung bestehen vielfältige Möglichkeiten und sind verschiedenste Verfahren anzuwenden (vgl. hierzu Poppy 1995).

Das Recycling von Baustoffen hat seit Beginn der achtziger Jahre eine lebhafte EntwiCklung durchlaufen. Maßgebend sind - die Verknappung des Deponieraums für Baureststoffe aller Art, - das zunehmende Bedürfnis, zum Schutz der Umwelt die Entnahme von Baustoffen aus natürlichen Vorkommen zu vermindern, - die Förderung der öffentlichen Hand für Errichtung und Betrieb von Baustoff-Recyclinganlagen und - die Auflagen des Gesetzgebers zur Wiederverwendung gebrauch. ter Baustoffe (z.B. Kreislaufwirtschaftsgesetz, Abfallgesetz und Verwertungsgebot) . 9 Bauwirtschaft

95

Um diesen Randbedingungen und Vorgaben zu genügen, werden seit Jahren die Bemühungen verstärkt, eine "Kreis/aufwirtschaft Bau" zu entwickeln, die es ermöglicht, ursprünglich der Natur entnommene Stoffe durch qualifizierten Rückbau und Recycling auf möglichst hohem Qualitätsniveau im Kreislauf der Baustoffe zu halten. Die beim Baustoff-Recycling zu betrachtenden Stoffe sind vielfältig sowohl hinsichtlich ihrer Herkunft und Beschaffenheit als auch ihrer Verwendung nach der Wiederaufbereitung. Im Abfallgesetz werden die Baureststoffe gegliedert in Erdaushub, Straßenaufbruch, Bauschutt und Baustellenabfälle (vgl. Tab. 2.21). Tab. 2.21

Saureststoffe nach dem Abfallgesetz Erdaushub

Straßenaufbruch

Bauschutt

Baustellenabfälle

Mutterboden Lehm, Ton Sand, Kies

bituminös oder hy· draulisch gebundene Stoffe

Erdreich Naturstein

Holz Kunststoffe Papier, Pappe

Steine, Fels

teerhaltige oder teerbehaftete Substanzen

Beton Blähton Ziegel

Metalle Kabel Klebstoffe

Pflaster- und Randsteine

Kalksandstein Mörtel

Farben Lacke

Sand, Kies, Schotter

Gips Steinwolle

Quelle: Poppy 1995.

Zur Unterscheidung der Stoffe vor und nach der Wiederaufbereitung werden hier und im weiteren die folgenden allgemeinen Bezeichnungen verwendet: - Vor der Aufbereitung: Baureststoffe, Ab-/Aufbruchmaterial, Recyclingmaterial, Aufgabegut; - nach der Aufbereitung: Recyclingprodukt, Sekundärbaustoff bzw. -rohstoff.

Das jährliche Aufkommen an Straßenaufbruch, Bauschutt und Baustellenabfällen beträgt in der deutschen Bauwirtschaft etwa 70 Mill. Tonnen. Die gesetzlichen Vorschriften der Kreislaufwirtschaft schreiben eine geordnete Wiederverwendung dieser Materialien vor. Nach einer Prognose des ifo Instituts wird sich die anfallende Baureststoff-

96

menge von 1991 bis 2005 verdoppeln; allein im Wohnungsbau weren rund 80 Mill. m3 Bauschutt anfallen, im Wirtschaftsbau zusätzlich rund 250 Mill. m3 .

Im Jahre 1993 wurden in Deutschland rund 35 Mill. t Baureststoffe, also rund 50 %, aufbereitet und wiederverwendet. Das von der Bundesregierung angestrebte Ziel einer 90 %igen Wiederverwendung aller Baureststoffe soll mit einem "Kreis/aufwirtschaftstrl1ger Bau" erreicht werden, den die Baustoff-Recyclingindustrie institutionalisieren wird. Entsprechend den Regelungen für Neu- und Umbauten sind auch für den Rückbau (Abbruch) von Bauwerken künftig Rückbauplanungen und -genehmigungen sowie Recycling- und Entsorgungsnachweise erforderlich. Die an dieser Kreislaufwirtschaft beteiligten Unternehmen werden sich einem konsequenten Qualitätsmanagement, einer Öko-Auditierung und einer Zertifizierung unterziehen müssen. Bisher ermöglicht das Qualitätsniveau des Baustoff-Recyclings noch keine uneingeschränkte Verwendung der Recyclingprodukte. Die Tendenz ist aber deutlich vom Down Cycling zum Recycling gerichtet. Bevorzugte Verwendungsbereiche für Recyclingprodukte sind vor allem der Asphaltstraßenbau sowie der Beton- und der Mauerwerksbau. Die Bundesregierung hat von Jahr zu Jahr zunehmende Verwertungsquoten festgelegt (vgl. Tab. 2.22). Einem Reststoffaufkommen von 68 Mill. t stand 1992 eine Recyclingmenge von 25,4 Mill. t gegenüber, die bei gleichbleibendem Aufkommen bis 1995 auf 45,4 Mill. t gesteigert werden sollte. Tab. 2.22

Festgelegte Verwertungsquoten für Baureststoffe 1992 bis 1995 Bau reststoff

1992

1993

1994

1995

Straßenaufbruch (1992: 26 Mill. t)

62%

70%

80%

90 %

Bauschutt (1992: 29 Mill. t)

28%

40%

50%

60 %

Baustellenabfälle (1992: 13 Mill. t)

10%

20%

30%

40%

Quelle: Poppy 1995.

In die Verwertungsquoten der Tabelle nicht einbezogen ist der Erdaushub mit 215 Mill. t (1992), auf den einige der abfallwirtschaftlichen Ziele der Bundesregierung nur in sehr begrenztem Umfang angewen9'

97

det werden können. Die Mengen des jährlichen Erdaushubs sind zu groß, um der Verwertung den Vorrang vor der Ablagerung geben zu können. Obwohl es sich grundsätzlich um verwertbare Altbaustoffe handelt, ist ein Ablagerungsverbot noch nicht durchsetzbar. Bei Ausschreibung und Vergabe durch die öffentlichen Bauträger können Baustoff-Recyclingprodukte nur begrenzt berücksichtigt werden, solange das Regelwerk dies nicht zuläßt. Entsprechende Änderungen setzen jedoch zunächst umfassende Eignungsprüfungen voraus. Die Verwertungsmöglichkeiten für Baureststoffe nehmen aber ständig zu, nicht zuletzt auf der Grundlage systematischer Untersuchungen und Erprobungen, die von der Industrie und in Forschungsinstituten durchgeführt werden. Für die Zukunft ist sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Verwendungsmöglichkeiten für Baustoff-Recyclingprodukte eine breite Entwicklung abzusehen (vgl. Tab. 2.23). Da hier das Produkthaftungsrecht von Bedeutung sein oder werden kann, zögern allerdings viele Bauunternehmen beim Einsatz von Recycling-Baustoffen. Tab. 2.23

Verwendungsmöglichkeiten für Baustoff-Recyclingprodukte Reststoffe

heutige Verwendung

künftige Verwendung

Straßenaufbruch (Beton und Asphalt)

bituminöse Tragschichten, ungebundene Tragschichten, Schottertragschichten, Verfüllmassen, Frostschutz

Deckschichten

Mauerwerk (Leichtbausteine, Ziegel, usw.)

Verfüllmassen, untergeordnete Tragschichten, Pflaster

Tragschichten für Sportplätze, Bodensubstrate, Mauersteine, Pflasterbetten

Beton (bewehrt und unbewehrt)

Verfüllmassen, Frostschutz, Schottertragschichten

Betonzuschläge, Betonwaren, Pflasterbetten

Baumischstoffe

Ablagerung auf Deponie (z.Z. fast 100 %)

Trennung in: Mauerwerk (60 %) nichtmineralische Stoffe (20 %) Reststoffe (20 %)

Zuschläge für Beton, Asphalt, Betonwaren

Quelle: Poppy 1995.

Mit den erforderlichen Veränderungen des Regel- und Vorschriftenwerks wurde bisher erst in Teilbereichen begonnen, so daß Recy-

98

clingprodukte noch überwiegend für untergeordnete Zwecke verwendet werden müssen. Den Bemühungen, Sekundlirbaustoffe mit der Qualität von Primärbaustoffen zu erzeugen, steht entgegen, daß bisher mit dem Aufkommen an Bauschutt und mit den erzeugten Recyclingprodukten der Bedarf für einfaches Schüttmaterial nicht überall befriedigt werden kann. Neue Angebotsfelder Im Umweltschutz

Der Umweltschutz hat für die Bauwirtschaft auch eine erhebliche Bedeutung als Nachfragestimulans. Der Bausektor ist derjenige Wirtschaftsbereich, der von den Umweltausgaben bzw. den Umweltinvestitionen des produzierenden Gewerbes und der Gebietskörperschaften am stärksten profitiert. Dabei liegen die Hauptleistungen des Bausektors im Bereich des klassischen Hoch- und Tiefbaus. Eine Anfang 1989 durchgeführte Umfrage des ifo Instituts ergab, daß 47 % der befragten Bauhandwerker und 64 % der Firmen des Bauhauptgewerbes auf dem Umweltschutzmarkt tätig waren (Adler 1990). Der Vergleich mit früheren Umfragen zeigte dabei, daß für die Bauunternehmen Umweltaufgaben im Bereich der Kanalisation, der Kläranlagen, des Lärmschutzes, der Mülldeponien und ähnlicher Aktivitäten wachsende Bedeutung gewinnen. Zwar liegt die Leistung des Bausektors noch immer schwerpunktmäßig auf dem Gebiet herkömmlicher Angebotsfelder; die Funktion der Bauunternehmen im Umweltschutz ist jedoch im Wandel begriffen. Ende der achtziger Jahre war rund ein Drittel der Investitionen und Sachausgaben im Umweltschutz des produzierenden Gewerbes und der Gebietskörperschaften bau relevant (Sprenger 1989). Allerdings sinkt dort die Bedeutung der Bauaktivitäten durch die steigende "Technikintensität" des Umweltschutzes infolge der relevanten Gesetzgebung (TA-Luft, Großfeuerungsanlagen-Verordnung, Abfallgesetz). Hinzu kommt, daß sich die Aufgaben mehr von der investiven Seite hin zu den Sachaufwendungen verlagern, so daß die Betriebskosten als Folgelasten einen wachsenden Anteil der verfügbaren Mittel aufzehren werden. Dennoch hat eine weitere Untersuchung des ifo Instituts ergeben, daß die "Bauunternehmen im Umweltschutz genug zu tun haben werden" (Adler 1990). Dies gilt nicht nur für die üblichen Hoch- und Tiefbauleistungen, den Bauunternehmen werden vielmehr durch Verfolgung innovativer Unternehmensstrategien (Altlastensanierung, Kanalisierung, Recycling) zusätzliche Marktchancen eröffnet. 99

Die Bauaufgaben liegen neben den Bereichen Gewässerschutz, Abfallbeseitigung und Luftreinhaltung beim Lärmschutz sowie beim Natur- und Landschaftsschutz. Dabei ist zu unterstreichen, daß gerade Maßnahmen des Lärmschutzes in Form von Lärmschutzwällen und wänden so stark an Bedeutung gewinnen, daß sie bald zum Stand der Bautechnik gehören werden. Angesichts der beschränkten Mittel wird die öffentliche Hand aber zum Sparen verpflichtet sein. Bedarf und finanzielle Machbarkeit werden damit auch im Umweltschutzbereich künftig weit auseinanderklaffen. 2.1.3 Meßgrößen der Produktion Auch tür die Outputmessung der BauUitigkeit stehen unterschiedliche Meßkonzepte zur Verfügung, die jeweils andere bzw. anders abgegrenzte Sachverhalte betreffen und durch unterschiedliche statistische Verfahren nachgewiesen werden. Je nach dem Erkenntnisinteresse ist deshalb die eine oder die andere Meßgröße heranzuziehen. 2.1.3.1 BaugewerblIcher Umsatz Das westdeutsche Bauhauptgewerbe hat 1994 für im Inland erbrachte Bauleistungen 183 Mrd. DM an Entgelten vereinnahmt (vgl. Tab. 2.24). Dieser von den Betrieben mit Schwerpunkt im Bauhauptgewerbe gemeldete baugewerbliche Umsatz enthält nicht die Umsatz(Mehrwert-)steuer, schließt aber Anzahlungen tür Teilleistungen sowie Vorauszahlungen für vereinbarte Lieferungen oder Leistungen ein. Tab. 2.24

Baugewerblicher Umsatz Im westdeutschen Bauhauptgewerbe - In Jeweiligen Preisen; ohne Umsatzsteuer; 1970 bis 1994 -

1970

1980

Mrd. DM

58

112

109

105

1980=100

51

100

97

93

Jahr

1984 1986 1988 1990 1991

1992

1993

1994

116

140

155

176

173

183

103

124

138

156

154

163

Quelle: Statistisches Bundesamt, Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft; Berechnungen des Ifo Instituts für WIr1schaftsforschung.

Rund zwei Drittel des baugewerblichen Umsatzes des Bauhauptgewerbes stammen aus dem Handwerk (1993: 115 von 173 Mrd. DM); dieser Anteil hat sich gegenüber 1980 nicht verändert. Rund 3 % entfallen auf NachunternehmerUJ.tigkeit, werden also tür andere Bauunternehmen erbracht (1993: 5 Mrd. von 173 Mrd. DM); dieser Anteil lag 100

1980 erst bei etwa 2 %. Die Lieferverflechtungen innerhalb der Baubranche haben also zugenommen, sie sind aber immer noch vergleichsweise wenig intensiv. Neben dem baugewerblichen Umsatz setzten die Unternehmen des Bauhauptgewerbes 1994 weitere 3 Mrd. DM um, und zwar an sonstigen eigenen Erzeugnissen und industriellen/handwerklichen Dienstleistungen sowie an Handelsware. Deren Anteil ist mit 1,7 % am Gesamtumsatz vernachlässigbar klein. Das westdeutsche Ausbaugewerbe hat 1994 insgesamt 40 Mrd. DM umgesetzt, davon 38 Mrd. DM als baugewerblichen Umsatz. Zusammen kamen Bauhaupt- und Ausbaugewerbe also 1994 auf einen baugewerblichen Umsatz von 221 Mrd. DM, davon 83 % im Bauhauptgewerbe und 17 % im Ausbaugewerbe. Bei diesen Angaben müssen allerdings die unterschiedlichen, relativ hohen Abschneidegrenzen (hier: alle Betriebe des Bauhauptgewerbes sowie Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten des Ausbaugewerbes) berücksichtigt werden. Der nominale baugewerbliche Umsatz im Bauhauptgewerbe ist von 1980 bis 1994 um 63 % gewachsen. Allerdings konzentrierte sich dieses Wachstum fast völlig auf die Jahre ab 1988. In den acht Jahren davor war nämlich der baugewerbliche Umsatz nominal nur um 3 % von 112 auf 116 Mrd. DM gestiegen. In den sechs Folgejahren bis 1994 allein ergab sich eine Steigerung um insgesamt 58 %; 1993 trat dabei jedoch ein zwischenzeitlicher Rückgang um 1,8 % auf. Die nicht preisbereinigten baugewerblichen Umsätze in den einzelnen Bausparten haben sich unterschiedlich entwickelt (vgl. Tab. 2.25): Gegenüber 1980 • stieg der Umsatz bis 1994 im - gewerblichen und industriellen Bau - Wohnungsbau - sonstigen öffentlichen Tiefbau - öffentlichen Hochbau - Straßenbau • sank der Umsatz bis 1994 im - landwirtschaftlichen Bau

um um um um um um

113 69 31 24 16

% % % % %

3 %.

Der baugewerbliche Umsatz im öffentlichen und Verkehrsbau ist zwischen 1980 und 1994 insgesamt unterdurchschnittlich - nur um 24 % - angewachsen. Auch als Folge hiervon ist der Anteil des gewerblichen und industriellen Baus auf ein Drittel angestiegen (1994: 32 %). 101

Ein weiteres gutes Drittel entfällt bei dieser Abgrenzung nach wie vor auf den Wohnungsbau (1994: 39 %). Der öffentliche und Verkehrsbau ist seit 1970 im Anteil von über 40 % auf 28 % (1994) zurückgefallen. Der landwirtschaftliche Bau spielt schon seit Jahren keine Rolle mehr. Die einzelnen Wirtschaftszweige des Bauhauptgewerbes waren am baugewerblichen Umsatzwachstum in unterschiedlichem Ausmaß beteiligt. Die wichtigsten Zweige des Rohbaus haben sich folgendermaßen entwickelt: Gegenüber 1980 stieg der Umsatz bis 1993 im - Spezialbau - Tiefbau "anderweitig nicht genannt" (a.n.g.) - Hochbau - Straßen bau - Hoch-/Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt - Fertigteilbau

111 94 93 10

um um um um um um

%

%

%

%

3% 15 %. Tab. 2.25

BaugewerblIcher Umsatz Im westdeutschen Bauhauptgewerbe nach Bauarten und WIrtschaftszweigen 1970 bis 1994 - Anteile am baugewerblIchen Umsatz In % -

Bauart Wohnungsbau Landwirtschaftlicher Bau Gewerblicher/industrieller Bau Öffentlicher Hochbau Straßenbau Sonstiger öffentlicher Tiefbau

Bauhauptgewerbe

1970

1980

1988

1991

1993

1994

35 1 23 9 15

38 1 25 9 12 15

31 1 32 10 11 15

32 1 35 8 10 14

36 1 34 7 9 13

39 1 32 7 9 12

100

100

100

100

100

14 10 5 10

28 27 5 11 10 4 15

18 31 3 10 13 6 19

18 33 3 9 13 5 19

18 32 4 9 13 5 19

100

100

100

100

100

-

17 100

Wirtschaftszweig Hoch-fTiefbau o.a.S. Hochbau Fertigteilbau Straßenbau Tiefbau a.n.g. Spezialbau Übrige Wirtschaftszweige

Bauhauptgewerbe

29 32

.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft und Fachserle 4, Reihe 5.1; Berechnungen des ifo Instituts.

102

Mit einem Anteil von einem Drittel (1993: 32 %) ist der überdurchschnittlich expandierende Hochbau (ohne Fertigteilbau) der umsatzstärkste Zweig des Bauhauptgewerbes geworden und hat den schrumpfenden Hoch-ITiefbau o.a.S. (1993: 18 %) überflügelt. Im Anteil zugenommen haben von 1980 bis 1993 auch die Wachstumszweige Tiefbau a.n.g. und Spezialbau. Außer dem Hoch-/Tiefbau 0.a.5. haben auch die nur unterdurchschnittlich wachsenden Bereiche Straßenbau und Fertigteilbau Umsatzanteile verloren. Der Anteil der restlichen Zweige des Bauhauptgewerbes am Umsatz ist im gleichen Zeitraum von 15 % auf 19 % gestiegen. (Es handelt sich hierbei z.B. um Erdbewegungsarbeiten, Wasserbau, Brunnenbau, bergbauliche Tiefbohrung, Verputzerei, Zimmerei, Dachdeckerei.) Die genannten Strukturänderungen seit 1980 haben sich vor allem in der Krisenphase der Bauwirtschaft bis 1987 vollzogen. Die Erholungsphase ab 1988 hat die Umsatzstrukturen kaum mehr verändert. Wegen der nur geringen sektoralen Tiefengliederung des Bauhauptgewerbes und da Angaben über den Spezialisierungsgrad der Bauunternehmen auf Bauarten fehlen, lassen die festzustellenden Änderungen allerdings kaum Rückschlüsse auf die "dahinter" stehenden Ursachen und Tendenzen zu. 2.1.3.2 Produktionswert

Das Bauhauptgewerbe hat 1993 Güter und Dienstleistungen im Wert von 180 Mrd. DM produziert (vgl. Tab. 2.26). Diese in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) ermittelte Leistung des Bauhauptgewerbes besteht aus dem Wert der Umsätze (ohne Umsatzsteuer) aus eigener Produktion und aus Handelsware, vermehrt um die Werte von Bestandsveränderungen aus eigener Produktion und von selbsterstellten Anlagen für den eigenen Betrieb. Hinzugeschätzt werden die Eigenleistungen privater Haushalte in der Bauproduktion. Der Anteil des Bauhauptgewerbes an der Produktion aller Wirtschaftsbereiche belief sich 1993 auf 2,7 %. Dieser Anteil war rückläufig; er betrug 1980 noch 3,3 %. Gegenüber 1980 ist der Produktionswert im Bauhauptgewerbe nominal um 42 % gewachsen, in der Gesamtheit der Wirtschaftbereiche dagegen um 76 %. Der Produktionswert des Ausbaugewerbes hat sich von 1980 bis 1993 nominal fast verdoppelt (auf 137 Mrd. DM), ist also deutlich schneller gestiegen als im Bauhauptgewerbe mit 42 %. Demzufolge hat sich 103

der Anteil des Bauhauptgewerbes am Baugewerbe insgesamt in diesem Zeitraum von 65 % auf 57 % verringert. Dieser Trend hält seit Beginn der siebziger Jahre an. Grob gesagt: Der Ausbau ist für die Bauwirtschaft schon fast so wichtig geworden wie der Rohbau. Tab. 2.26

Entwicklung des Produktionswertes im westdeutschen Baugewerbe 1970 bis 1993 Baugewerbe

Bauhauptgewerbe

Ausbaugewerbe

Jahr Mrd. DM in jeweiligen Preisen

Anteil Bauhauptgewerbe am Produktionswert des Baugewerbes

1980 = 100 in Preisen von 1991

Baugewerbe

1970

96

66

30

69%

87

1980

196

127

69

65%

100

1982

189

120

70

63%

91

1984

202

126

75

62%

94

1986

199

122

78

61 %

90

1988

215

128

86

60%

94

1990

262

156

106

60%

104

1991

287

167

119

58%

107

1992

316

182

133

58%

111

1993

317

180

137

57%

108

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Schaltet man Preissteigerungen aus, ergibt sich von 1980 bis 1993 für das Baugewerbe statt eines nominalen Zuwachses von 62 % lediglich ein Zuwachs des realen Produktionswertes von 8 %. Die Hauptkomponente der Zunahme des Produktionswertes ist folglich eine Preissteigerung um 54 % für die vom Baugewerbe produzierten Waren und Dienstleistungen. Der ziemlich geringe reale Produktionszuwachs seit 1980 fällt - wie schon beim Umsatz zu beobachten - in die Jahre ab 1990. Erst seitdem konnte nach dem starken Produktionsrückgang zu Beginn der achtziger Jahre das Niveau von 1980 wieder überschritten werden.

104

2.1.3.3 Bruttowertschöpfung Im Produktionswert sind auch die von den Bauunternehmen bezogenen Vorleistungen enthalten. Die Bedeutung eines Sektors für die Güterversorgung der Gesamtwirtschaft kann man deshalb nur erkennen, wenn der Verbrauch an Gütern und Dienstleistungen - einschließlich der von Subunternehmen erbrachten Bauleistungen - von dessen Produktionswert abgezogen wird. Dies führt zur Bruttowertschöpfung und damit zum Beitrag eines Sektors zum Bruttoinlandsprodukt in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Das westdeutsche Baugewerbe hat 1994 eine nominale Bruttowenschöpfung von 163 Mrd. DM erbracht, fast zwei Drittel mehr als 1980 mit 100 Mrd. DM. Im Ausbaugewerbe stieg der Index (1980 = 100) deutlich stärker an als im Bauhauptgewerbe (vgl. Abb. 2.12). Der Anteil des Baugewerbes an der gesamten Bruttowertschöpfung der Volkswirtschaft (Bruttoinlandsprodukt) betrug damit 5,5 %; im Jahre 1980 lag diesen Anteil noch bei 6,8 %. Abb.2.12

Nominale Bruttowertschöpfung Im westdeutschen Baugewerbe - 1970 bis 1994; Index 1980 = 100 -

200~---------------------------------------------,

180 160 140 120

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1991 -

Quelle:

Baugewerbe

*

1992 1993 1994

Bauhauptgewerbe ... Ausbaugewerbe

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1 .3; Berechnungen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

105

Mit 766 Mrd. DM hat das verarbeitende Gewerbe 1994 fast das Fünffache der Bruttowertschöpfung des Baugewerbes erzielt (1993 das neunfache der Bruttowertschöpfung des Bauhauptgewerbes). Der Anteil des Bauhauptgewerbes an dieser Wertschöpfung ist langfristig rückläufig: Obwohl das Bauhauptgewerbe von 1980 bis 1993 seine (nominale) Wertschöpfung um 31 % auf 85 Mrd. DM steigern konnte, ist sein Anteil an der Wertschöpfung des Baugewerbes (1993: 153 Mrd. DM) von 66 % auf 56 % gesunken. Entsprechend hat der Anteil des Ausbaugewerbes zugenommen. Auch wenn man die Preisentwicklung berücksichtigt, ist ein - wenngleich deutlich geringerer -Anteilsverlust des Bauhauptgewerbes festzustellen. In Preisen von 1991 ist die (reale) Bruttowertschöpfung im Bauhauptgewerbe von 1980 bis 1993 um 8 % gesunken, im Ausbaugewerbe dagegen um 5 % gestiegen. Der Anteil des Bauhauptgewerbes an der realen Bruttowertschöpfung des Baugewerbes ist von 61 % auf 57 % zurückgegangen. Der reale Anteilsverlust war damit geringer als der nominale. Reale Strukturverschiebungen im Baugewerbe wurden also durch unterschiedliche Preissteigerungsraten verstärkt.

2.1 .3.4 Index der Nettoproduktion Im produzierenden Gewerbe wird die für ein Basisjahr ermittelte Bruttowertschöpfung mit der mengenmäßigen Entwicklung ausgewählter Erzeugnisse im Index der Nettoproduktion (Produktionsindex) fortgeschrieben, um eine Vorstellung von der realen Produktionsleistung einer Branche zu vermitteln. Von 1980 bis 1993 ist die im Prinzip ebenso berechnete Produktionsleistung gestiegen im

-

-

Baugewerbe insgesamt Bauhauptgewerbe Hochbau Tiefbau Ausbaugewerbe verarbeitenden Gewerbe

um um um um um um

7% 9% 13 % 4% 0% 14 %.

Das 1980 realisierte Produktionsniveau im Bauhauptgewerbe konnte erst 1990 wieder erreicht werden. Die bisher höchsten Werte erreichte der Produktionsindex im Jahre 1992. Mit Ausnahme des Hochbaus ergaben sich für 1993 rezessionsbedingt bereits wieder niedrigere Werte (vgl. Tab. A 2.3.2 im Anhang).

106

Ein genauerer Blick auf die Entwicklung der Produktionsleistung im Baugewerbe und im zum Vergleich herangezogen verarbeitenden Gewerbe zeigt allerdings, daß die niedrigere Wachstumsrate des Baugewerbes im wesentlichen auf die Schwächephase in der ersten Hälfte der achtziger Jahre zurückzuführen ist, die erst um die Wende zu den neunziger Jahren überwunden werden konnte. Im großen und ganzen gilt diese Aussage gleichermaßen für den Rohbau (Hoch- und Tiefbau) sowie auch für das Ausbaugewerbe. Im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe wird die ·Schere" zwischen Industrieproduktion und Bauproduktion deutlich (vgl. Abb. 2.13). Diese Schere hat sich zu Beginn der achtziger Jahre wegen der Produktionsschwäche im Bausektor immer mehr geöffnet und bis zum Beginn der neunziger Jahre nur geringfügig verringert; erst 1992 und vor allem 1993 sorgte der Produktionsrückgang im verarbeitenden Gewerbe zu einer erneuten Annäherung der Produktionskurven. Abb.2.13

Nettoproduktion im Bauhauptgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe Westdeutschlands 1980 bis 1994 1980=100 130r-----------------------------------------------,

120~------------------------------~C-------~----~

110~------------------------~~----------~~~~

10~~------------~----------------~------------~

90~~~----~=_r_----------~~-------------------

___ L_ _~~L__L_ __ L_ _L_~_ __ L_ _~_ _L_~_ __L~ 1980 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94

80L-~

-

Quelle:

Bauhauptgewerbe

+

verarbeitendes Gewerbe

Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch (Ifd.); Berechnungen des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

107

Vergleich der Entwicklung der Meßgrößen Wegen der unterschiedlichen Meßkonzepte ist ein Vergleich der absoluten Werte der vorstehend behandelten Outputgrößen nicht sinnvoll. Dagegen kann ihre Entwicklung im Bauhauptgewerbe im Zeitraum 1980 bis zur letzten verfügbaren Angabe anhand verschiedener Outputmeßgrößen verglichen werden (vgl. Abb. 2.14). Bis 1993 ergaben sich die folgende prozentualen Veränderungen: -

baugewerblicher Umsatz (nominal): Produktionswert (nominal): Produktionswert (real/im Baugewerbe): Bruttowertschöpfung (nominal): Bruttowertschöpfung (real): Index der Nettoproduktion (real):

+ 54 + 42 + 8 + 31

% % % %

+ 9

%.

8%

Abb.2.14

Produktion Im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 1980 = 100 180~-----------------------------------------------'

140~------------------------------------~~-------4

120~--------------------------------~------------~

100--==~--------------------~~--~~~~----------

80L-~---L--~--~~~-L--~--~~~~---L--~--L-~

198081

-

82

NettoproduktIon

83

84

'* baugewerblIcher Umsatz nominal

Quelle:

85

86

87

*' Produktionswert

88

89

~

90

91

92

93

94

Bruttowertachöpfung

. . b.ugeworbllcher Umsatz real

Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch (Ifd.), Fachserie 18, Reihe 1.3, und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft (Ifd.); Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Die genannten Meßgrößen erlauben folgende Aussage: Das Prbduktionsniveau des Bauhauptgewerbes war zu Beginn der neunziger Jahre real gesehen etwa so hoch wie um die Wende der siebziger zu 108

den achtziger Jahren. In den Zwischenjahren ergab sich jedoch zunächst eine beträchtliche AbschwlJ.chung der Produktionstätigkeit, die erst gegen Ende der achtziger Jahre überwunden werden konnte. Das Bauhauptgewerbe hat folglich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im gesamten Zeitraum nicht Schritt halten können. Sein Anteil an der volkswirtschaftlichen Produktionstätigkeit und an der Wertschöpfung, d.h. an der Deckung der volkswirtschaftlichen Bedürfnisse und an der Entstehung der dazu erforderlichen Einkommen, ist relativ geringer geworden.

2.1.4 Produktivitätskennziffern Eine isolierte Betrachtung des Einsatzes der einzelnen Produktionsfaktoren bzw. des Produktionsergebnisses läßt noch nicht erkennen, wie der Faktoreinsatz in einer Branche wirtschaftlich zu beurteilen ist. Dies erfordert eine Gegenüberstellung von Output und Input der einzelnen Produktionsfaktoren sowie - und noch aussagekräftiger - der Gesamtheit der Produktionsfaktoren. Dies erfolgt anhand der Meßziffern der Faktorproduktivitäten bzw. der TotalproduktivitlJ.t. Da unter wirtschaftlichen Aspekten der Einsatz an Vorleistungen einen "durchlaufenden Posten" darstellt und nur interessiert, welche Wertschöpfung oder welche Nettoproduktion zu Einkommen für die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital führt, wird die Produktivitätsanalyse auf diese beiden Produktionsfaktoren bezogen. Schließlich ist bei der Unterschiedlichkeit, mit der die statistischen Meßgrößen konzipiert sind, ein Niveauvergleich wenig sinnvoll; vielmehr kommt es darauf an, die Entwicklung der ProduktivitlJ.t im Zeitablauf zu betrachten. Arbeitsproduktivität

Mit einer Bruttowertsch6pfung je Erwerbstätigen von 70 000 DM lag das Bauhauptgewerbe 1993 klar unter dem Niveau des verarbeitenden Gewerbes mit 86 000 DM. Eine zutreffendere Vorstellung von der ProduktivitlJ.t des Produktionsfaktors Arbeit vermittelt jedoch der auf die tatsächlich auf der Baustelle geleisteteten Arbeitsstunden bezogene Output (vgl. Abb. 2.15). Je nachdem, welche Outputgr6ße gewählt wird, ergeben sich unterschiedliche Resultate für den Fortschritt der ArbeitsproduktivitlJ.t (vgl. Bartholmai 1994; Spiliner/Rußig 1995). In jeweiligen Preisen hat sich der baugewerbliche Umsatz je Baustellen-Arbeitsstunde von 1980 bis 1994 etwas mehr als verdoppelt. Gemessen am Index der Nettopro-

109

duktion ist die Produktivitätskennzahl in diesem Zeitraum nur um 43 % gestiegen. Abb.2.15

Arbeitsproduktivität im westdeutschen Bauhauptgewerbe: Produktion je geleisteter Arbeitsstunde 1980 bis 1994 1980=100 220r---------------------------------------------, 200~------------------------------------_.~~~ 180~----------------------------------~------~ 160~------------------------------~----------~

140~----------------------~~~----_=~~~~

10~~~~~~~------------------~ 80L-~--~~---L--~~---L--~~---L--~~---L~

198081

-

82

83 84

Nettoproduktion

Quelle:

85 86 87

-+- Bauvolumen

88 89 90 91

92 93 94

"* baugewerblicher Umsatz

Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch (Ifd.) und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; Berechnungen des ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Weil die Zunahme dieser Meßziffer der realen Produktivität ziemlich gleichförmig - also unabhängig von den konjunkturellen Turbulenzen - verlief, ist es sinnvoll, den jährlichen Produktivitätsfortschritt zu berechnen: Er betrug im Bauhauptgewerbe zwischen 1980 und 1994 durchschnittlich 2,8 %. Diese Rate entspricht ziemlich genau dem Durchschnittswert des verarbeitenden Gewerbes, das im gleichen Zeitraum eine Steigerung der Nettoproduktion je - von allen Beschäftigten - geleisteter Arbeitsstunde um rund 43 % erzielt hat. Bezogen auf das vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung berechnete Bauvolumen ergab sich für 1980 bis 1994 ein durch-

110

schnittlicher jährlicher Produktivitätsfortschritt von 2,9 %.1 Mit der Bauleistung bzw. dem Umsatz werden einerseits Outputsteigerungen erlaßt, die strukturellen Veränderungen zuzurechnen sind (z.B. steigende Subunternehmerleistungen) und die beim Bauvolumen herausgerechnet werden; andererseits gehen in das - verwendungsseitig auf das gesamte Bauwerk ausgerichtete - Bauvolumen auch Leistungen anderer Wirtschaftszweige ein, deren Bereichsproduktivität etwas langsamer zugenommen haben dürfte (z.B. private und staatliche Dienstleistungen) . Kapitalproduktivität

Die KapitalproduktiviUit - gemessen als Verhältnis von Output zu ausgelastetem Brutto-Anlagevermögen in konstanten Preisen - ist langsamer gestiegen als die Arbeitsproduktivität. Bezogen auf die Nettoproduktion hat sie sich von 1980 bis 1994 im Bauhauptgewerbe um 20 % erhöht (vgl. Abb. 2.16). Dies entspricht einer jahresdurchschnittlichen Zunahme um 1,3 %. Bezogen auf das unkorrigierte (vgl. oben) Bauvolumen ergibt sich eine entsprechende jährliche Fortschrittsrate von 1,0 %. Die Jahresbauleistung in jeweiligen Preisen hat im Verhältnis zum ausgelasteten Kapitalstock von 1980 bis 1994 wesentlich stärker, nämlich um insgesamt 78 % zugenommen. Das Bauhauptgewerbe hat seine reale Kapitalproduktivität - gemessen an der Nettoproduktion - also jährlich im Durchschnitt um 1,3 % steigern können. Der Kehrwert der Kapitalproduktivität - der Kapitalkoeffizient - ist dementsprechend gesunken: Je Einheit realer Bauleistung wurde im Beobachtungszeitraum weniger Sachkapital - gemessen in konstanten Preisen - eingesetzt. Im verarbeitenden Gewerbe ist dagegen die Kapitalproduktivität (Nettoproduktion zu ausgelastetem Kapitalstock in konstanten Preisen) zwischen 1980 und 1994 um rund 2 % gesunken. Das im Bauhauptgewerbe langsamere Wachstum der Kapitalproduktivität im Vergleich zur Arbeitsproduktivität erklärt sich rechnerisch aus der Zunahme der Kapitalintensität (vgl. Anhang A 2.4). Nur ein Teil

Hierbei ist allerdings nicht berücksichtigt, daß ein Teil des ostdeutschen Bauvolumens von Betrieben mit Sitz in Westdeutschland und von den hier erfaßten Arbeitskräften erstellt wurde; der in Abb. 2.15 nachgewiesene, ohne Korrektur um diesen Transfersaldo berechnete Produktivitätsanstieg markiert also eine untere Grenze der tatsächlichen Entwicklung. 10 Bauwirtschaft

111

der Investitionen dient ja der kapazitativen Erweiterung; ein Teil wird verwendet um - ohne Änderung der Kapazität - Arbeitskräfte durch Geräte zu ersetzen. Abb.2.16

Kapitalproduktivität im westdeutschen Bauhauptgewerbe: Produktion zu ausgelastetem Kapitalstock 1980 bis 1994 1980=100 200~-----------------------------------------------.

180r-------------------------------------~~~~

160~------------------------------------~--------~

140~----------------------------~~~------------~

10~~-L--J---L-~---L--J---L-~L-~---L--J---L-~--~

198081 -

Quelle:

82

83 84 85 86 87

Nettoproduktion

+

88 89 90

Bauvolumen

*

91

92

93

94

Jahresbauleistung

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3, Statistisches Jahrbuch (lfd.) und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft (Ifd.); Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung; ifo Konjunkturtest; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Im verarbeitenden Gewerbe hat die dort viel stärkere Kapitalintensivierung - deren Wachstumsrate beträgt etwa das Dreifache der im Bauhauptgewerbe beobachteten Wachstumsrate (vgl. nochmals Abb. 2.9 in Abschnitt 2.1.2) - die positive Wirkung des Fortschritts der Arbeitsproduktivität auf die Kapitalproduktivität überkompensiert. Im Bauhauptgewerbe hat die nur langsam steigende Kapitalintensität dagegen nur einen Teil davon kompensieren können.

112

Totalproduktivität

Die Zunahme sowohl der Arbeitsproduktivität als auch der Kapitalproduktivität hat im Bauhauptgewerbe gemeinsam eine positive Wirkung für die Tota/produktivität gehabt. Als Meßziffer der Totalproduktivität, die die Entwicklung beider Faktorproduktivitäten kombiniert, also auch die Veränderung im Einsatzverhältnis von Arbeit und Kapital berücksichtigt, gilt ein Ansatz, der auf den Anteilen der Produktionsfaktoren an der realen Bruttowertschöpfung aufbaut (vgl. erneut Anhang A 2.4). Für das Bauhauptgewerbe errechnet sich für den Zeitraum 1980 bis 1994 nach diesem Ansatz eine Zunahme der Tota/produktivität von 41 % (vgl. Abb. 2.17). Im Durchschnitt hat das Bauhauptgewerbe also die Produktivität seiner Produktionsprozesse insgesamt um jährlich 2,5 % gesteigert. Diese Rate ist ein "gewogener Mittelwert" aus der Steigerung der Arbeitsproduktivität um 2,7 % und der Steigerung der Kapitalproduktivität um 1,6 % pro Jahr. Im verarbeitenden Gewerbe ergab sich nach der gleichen Vorgehensweise im Zeitraum 1980 bis 1994 eine Zunahme der Totalproduktivität um insgesamt 42 %. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Zunahme von rund 2,5 %. Das Bauhauptgewerbe hat damit eine ebenso starke Steigerung seiner Tota/produktiviUit erzielen können wie das verarbeitende Gewerbe. Dies war ihm möglich, weil eine praktisch gleich starke Steigerung der ArbeitsproduktiviUit nicht wie im verarbeitenden Gewerbe durch eine überproportionale Zunahme der Kapitalintensität "erkauft" werden mußte. Das Bauhauptgewerbe hat die Leistungsfähigkeit seiner Produktionsprozesse offenbar stärker durch einen rationelleren Einsatz seiner Arbeitskräfte gesteigert als das verarbeitende Gewerbe durch vermehrte Ausstattung der Arbeitskräfte mit Sachkapital. Ersteres ist der ökonomisch vorteilhaftere Weg. Kostenstruktur

Außer im Produktivitätsfortschritt, der die produktionstechnische Entwicklung widerspiegelt, können das kombinierte Zusammenwirken der Produktionsfaktoren einerseits und dessen Ergebnis andererseits durch die Gegenüberstellung von Kosten und Erträgen sichtbar gemacht werden. Diese Gegenüberstellung spiegelt die Entwicklung der Rentabilität wider (vgl. Tab. 2.27).

10'

113

Abb.2.17

Produktivitätsentwicklung: Nettoproduktion, Arbeitsvolumen und ausgelasteter Kapitalstock 1980 bis 1994 Im westdeutschen Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe ueO=100

1i80=100

's.f---------------j ,•• I - - - - - - - - - - - - - j - - i

13.I--------------,4--:/-l

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"

1 •• 0.1 .2 13 . . . . . .1 • • • '0 '1 12 .3 14

Bauhauptgewerbe

Quelle:

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10 '1 12 .3 14

verarbeitende. Gewerbe

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3, Statistisches Jahrbuch (Ifd.) und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft (Ifd.); Ifo Konjunkturtest; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Die Summe aus allen betrieblichen Erträgen stellt die produktionswirtschaftliche Gesamtleistung der Unternehmen dar. Sie entspricht dem Bruttoproduktionswert (ohne Mehrwertsteuer). Die Differenz der Summe aller betrieblicher Aufwendungen zum Bruttoproduktionswert ergibt als Jahresüberschuß (vor Steuern auf Einkommen und Vermögen) den betrieblichen (Brutto-)Gewinn bzw. Verlust der Unternehmen. Die Anteile der einzelnen Kosten- und Ertragsarten am Bruttoproduktionswert geben somit Aufschluß über die Einsatzstruktur der Produktionsfaktoren, über die LeistungsstrUktur sowie über die relative Bedeutung von Gewinn bzw. Verlust.· Das Bauhauptgewerbe ist erkennbar weniger vorleistungsintensiv, dafür aber stärker lohnintensiv als das verarbeitende Gewerbe. Der Anteil der von den Unternehmen von jeweils anderen Unternehmen bezogenen Vorleistungen an den Gesamtkosten ist zwar von 1980 bis 114

1993 von 50 % auf 57 % gestiegen, er liegt aber weiterhin deutlich unter dem entsprechenden Anteil im verarbeitenden Gewerbe (hier: plus Bergbau) von 65 %. Der Anteil der Personalkosten (Bruttolöhne und -gehälter, gesetzliche und sonstige Sozial kosten) liegt dagegen im Bauhauptgewerbe mit 36 % (1993) unverändert relativ hoch im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe mit 27 %. Die Kapitalkosten (Abschreibungen auf Sachanlagevermögen und Fremdkapitalzinsen) machen im Bauhauptgewerbe konstant 4 % und im verarbeitenden Gewerbe 5 % des Bruttoproduktionswertes aus. Tab. 2.27

Kostenstruktur Im Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1993 - Anteile am Bruttoproduktionswert In %; nur Westdeutsch land -

Kostenarten (nur Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten) Vorleistungen

Bauhauptgewerbe 57

Verbrauch an Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffen

Verarbeitendes Gewerbe 65

23

38

1

11

Kosten für Fremd- und Nachunternehmerleistungen

24

2

Kosten für sonstige industrielle/handwerkliehe Dienstleistungen

2

2

Mieten und Pachten

2

2

Sonstige Vorleistungen

5

10

Einsatz an Handelsware

Kostensteuern abzüglich Subventionen Personalkosten

1

3

36

27

Bruttolohnsumme

20

12

Bruttogehaltsumme

7

10

Gesetzliche Sozial kosten

6

4

Sonstige Sozial kosten

3

1

Kapitalkosten

4

5

Fremdkapitalzinsen

1

1

Abschreibungen

3

4

Jahresüberschuß (vor Steuern) Bruttoproduktionswert (ohne MwSt.)

2

0

100

100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.3, und Fachserle 4, Reihe 4.3.1; Berechnungen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

115

Kostenstruktur In den WIrtschaftszweigen des Bauhauptgewerbes In den verschiedenen Wirtschaftszweigen des Bauhauptgewerbes zeigen sich teilweise beträchtliche Unterschiede in der Kostenstruktur: Am materialintensivsten sind Zimmereien und Dachdeckereien mit einem Anteil des Verbrauchs an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen am Bruttoproduktionswert von 37 %, am wenigsten materialintensiv sind der Hoch- und Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt mit 16 % und der sogenannte übrige Hoch- und Tiefbau mit rund 18 %. Die Weitergabe von Aufträgen (Nachunternehmerleistungen) hat die größte Bedeutung im Hoch- und Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt mit einem Anteil von einem Drittel, während sie umgekehrt bei Zimmereien und Dachdeckereien mit 9 % nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Anteil der Personalkosten ist mit 44 % am höchsten im "übrigen" Hoch- und Tiefbau und am geringsten - mit 26 % - im Fertigteilbau im Hochbau. Auch bei den Abschreibungen auf Sachanlagen erreicht der übrige Hoch- und Tiefbau mit fast 6 % den höchsten Anteil, bei den Stukkateuren, Gipsereien und Verputzereien entfallen hierauf nur 2 %. Fremd- und Nachunternehmerleistungen Charakteristisch für das Bauhauptgewerbe ist sein im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe niedrigerer Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen einerseits und seine höhere Inanspruchnahme von Fremd- und Nachunternehmerleistungen (im verarbeitenden Gewerbe: Kosten für durch andere Unternehmen ausgeführte Lohnarbeitenandererseits. Letztere haben im Anteil deutlich zugenommen und machen fast schon ein Viertel der gesamten Kosten des Bauhauptgewerbes aus. Hierin kommen die im Bauhauptgewerbe übliche Weitergabe von Aufträgen und die Praxis der Generalunternehmertätigkeit bei größeren Aufträgen zum Ausdruck (vgl. Tab. 2.28). Die Aufwendungen für das "Nachunternehmertum" sind in der Bauwirtschaft weit verbreitet. Hierbei handelt es sich um Entgelte für Leistungen, die von den Unternehmen weitervergeben worden sind. Beispielhaft sind hier Stahlbiege- und Isolierungsarbeiten, Schreiner-, Malerund Montagearbeiten, aber auch die Anmietung von speziellen Maschinen zu nennen. Diese Leistungen von Nebenunternehmen stellen beim Hauptunternehmer nur durchlaufende Posten dar. Grundsätzlich gilt als Ziel der Vergabe von Aufträgen an Subunternehmer die bessere Nutzung von Spezialwissen oder Spezialgeräten; der 116

Hauptauftragnehmer kann sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Außerdem muß er einen geringeren Bestand an "festen" Arbeitskräften ("Stammbe/egschaften") vorhalten und kann auch den - gesellschaftlich kritisch betrachteten - Einsatz von ausländischen Niedrig/ohnarbeitskräften auf Dritte verlagern. Tab. 2.28

Anteile der Kostenarten Im westdeutschen Bauhauptgewerbe In % des Bruttoproduktionswertes 1980 bis 1993

Jahr

Personalkosten

Materi!l) kosten

Nachunternehmerleistungen

sonst. Kosten

Jahresüberschuß 2l

Bruttoproduktionswert

1960 1965 1966 1993

37,7 41,5 39,2 36,1

26,0 26,6 25,6 23,2

14,4 16,7 19,1 23,9

13,0 13,5 13,2 13,7

6,9 - 0,3 2,9 3,1

100 100 100 100

1) Inklusive Einsatz an Handelsware. 2) Rechnerisch, vor Steuern.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

In den letzten Jahren ist aber ein weiterer Hauptgrund immer gewichtiger geworden: Die zunehmende Komplexität von größeren Bauvorhaben läßt es den Bauherren wünschenswert erscheinen, mit nur einem Ansprechpartner, dem Genera/unternehmer, verhandeln zu müssen. Zwar wird diese vielfach sehr umfangreiche Koordinierungsfunktion auch häufig von speziellen Planungs- und Projektleitungsunternehmen übernommen, die großen Bauunternehmen haben aber im Laufe der Zeit aus den von ihnen realisierten Großbauten nicht nur Sachkompetenz gewonnen, sondern sie verfügen dadurch auch über entsprechend geSChultes Personal, das sie befähigt, als Generalunternehmer zu fungieren und diese Spezialisten auch besser auszulasten. Hierfür spricht auch der deutliche Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und dem Einsatz von Nachunternehmen. Insbesondere mit der Öffnung der Grenzen im Europäischen Binnenmarkt sowie nach Osten hat aber auch noch ein anderes Motiv für die Vergabe von Unteraufträgen an Bedeutung gewonnen. Es werden nämlich Nachaufträge an solche ausländischen Unternehmen vergeben, die sich nicht (so sehr) durch ein Spezialkönnen profiliert haben, sondern sich durch niedrige Preise auszeichnen. Es kommt dabei zur

117

Einbeziehung reiner Lohnarbeitskolonnen, für die tarifliche Löhne oder außertarifliche Leistungen nicht gezahlt werden müssen. Dies kann im Extremfall, wie zahlreiche Beispiele zeigen, zur ·ungesetzliehen Ausbeutung' (ausländischer) Arbeitskräfte führen (vgl. hierzu auch Kapitel 4). Insgesamt ist festzuhalten, daß der rückläufige Anteil der Materialkosten am Produktionswert des Bauhauptgewerbes nicht apriori auf einen sparsameren Einsatz von Baustoffen hindeutet. In Teilbereichen, wie am Beispiel des Stahlverbrauchs dargestellt, kann dies durchaus der Fall sein. Dem steht jedoch ein Mehreinsatz in qualitativer und quantitativer Hinsicht gegenüber: Verwendung wertvollerer Materialien, vor allem im Ein- und Zweifamilienhausbau, sowie bessere Isolierung gegen Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und andere Umwelteinflüsse. Der (relative) Rückgang der Materialquote kann zudem recht gut durch den gestiegenen Rückgriff auf Fremdund Nachunternehmensleistungen erklärt werden. Die Strategie, größere Aufträge aufzuteilen, erlaubt es, die Vorteile der Spezialisierung zu nutzen, Geräte- und Personalkapazitäten besser auszulasten und die Bauzeiten zu verringern. In solchen organisatorischen Maßnahmen, die keine Investitionen erfordern, dürfte einer der Gründe dafür zu suchen sein, daß das Bauhauptgewerbe eine günstigere Entwicklung der Totalproduktivität aufzuweisen hat als das verarbeitende Gewerbe. Im Zuge dieser Entwicklung werden Teile des Wertschöpfungsprozesses von der Baustelle weg 'ins Büro" verlagert, weil der Umfang der Planungs- und Koordinierungsarbeiten zunimmt. Die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden sind dann jedoch immer weniger geeignet, den Arbeitseinsatz der Bauunternehmen zu messen. Personalkosten

Ein konstanter Personalkostenanteil trotz gestiegener Arbeitsproduktivität ist die Folge der steigenden Löhne und Gehälter. So sind beispielsweise die tatsächlichen durchschnittlichen Stundenverdienste der Arbeiter von 1980 bis 1994 im Bauhauptgewerbe nominal um 75 % gestiegen, in der Gesamtindustrie sogar noch etwas stärker, nämlich um 84 %. Im Durchschnitt ergaben sich also jährliche Verteuerungen des Produktionsfaktors Arbeit um 4,1 % bzw. 4,5 %. Diese Steigerungsraten des Lohnsatzes lagen deutlich über der Fortschrittsrate der realen Arbeitsproduktivität, die für beide Bereiche mit 118

rund 2,8 % errechnet wurde (Nettoproduktion je geleisteter Arbeitsstunde). Der Ausgleich erfolgte über steigende Stückkosten bzw. -erlöse (vgl. zum Zusammenhang: Anhang A 2.4). Weil die zur Verfügung stehenden statistischen Daten nicht miteinander kompatibel sind - Personalkosten laut Kostenstrukturerhebung bezogen auf alle Unternehmensbeschäftigte, Arbeitsvolumen laut Totalerhebung bezogen nur auf Baustellenbeschäftigte, Lohnsatz bezogen auf Arbeiterstunden - kann die Rechnung über die formalen Zusammenhänge zwar nicht exakt "aufgehen", sie verdeutlicht jedoch, daß über den Fortschritt der Arbeitsproduktivität hinausgehende Lohnsatzsteigerungen stets Stückkostensteigerungen bzw. Baupreissteigerungen bewirken. Diese Fragen könnten empirisch nur in Spezialuntersuchungen weiter verfolgt werden. Erlösstruktur und Rentabilität

Im Zeitablauf ist die Zusammensetzung der Erlöse im Bauhauptgewerbe ziemlich konstant geblieben. Die Jahresbauleistung macht rund 96 % des Bruttoproduktionswertes aus. Etwa 2 % entfallen auf Umsätze aus sonstigen eigenen industriellen Erzeugnissen und Dienstleistungen (z.B. Verkauf von Produktionsrückständen wie Schrott, Erlöse für Instandhaltungen) und 2 % auf Umsatz aus Handelsware und aus sonstigen nicht-industriellen Tätigkeiten (z.B. Vermietung und Verpachtung von Geräten, Lohnfuhren, Architekten- und Ingenieurleistungen, Gutachtertätigkeit, Erlöse aus auf eigene Rechnung betriebenen Kantinen). Die Kernfrage der wirtschaftlichen Tätigkeit ist, ob sie sich rentiert. Wie Rentabilitilt empirisch gemessen werden kann, hängt von den verfügbaren statistischen Daten ab. Im Bereich des produzierenden Gewerbes läßt sich aus den Daten der Kostenstrukturerhebungen der Anteil des Jahresüberschusses (vor Steuern auf Einkommen und Vermögen) am Bruttoproduktionswert berechnen. Der Jahresüberschuß stellt dabei die Differenz von Gesamterlösen und Gesamtkosten aus der betrieblichen Tätigkeit der Unternehmen dar. Die Meßziffer selbst entspricht weitgehend der in der betrieblichen Praxis viel verwendeten Umsatzrentabilitilt, die jedoch die in Bestandsveränderungen der Erzeugnisse und in selbsterstellte Anlagen eingehenden Kosten außer acht läßt. Mit Ausnahme der Jahre 1984 bis 1987 lag der Anteil des Jahresüberschusses am Bruttoproduktionswert im Bauhauptgewerbe im Untersuchungszeitraum (1980 bis 1993) immer über dem des verarbeitenden 119

Gewerbes (vgl. Abb. 2.18). Im letzten Jahr, tür das Daten verfügbar sind (1993), betrug die Rentabilität im Bauhauptgewerbe 3,1 %. Im verarbeitenden Gewerbe stürzte der rechnerische Jahresüberschuß nach den statistischen Angaben von rund 2,1 % Anfang der neunziger Jahre 1993 in die Verlustzone (- 0,6 %) ab. Abb.2.18

Rentabilität im westdeutschen Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1980 bis 1993 - Jahresüberschuß In % des Bruttoproduktionswertes in %

7r-----------------------------------------------, 6~----------------------------------------------~ 5~~--------------------------------------------~

3~--~~--------------------~~~r_~~~------~

_1

__ __ ___ L_ _J __ _ 1960 81 62 83 64 85 86 L-~

~

-

Quelle:

~

~_ _~_ _L_~_ _~_ _~_ _~_ _~

87

88

89

90

91

92

93

Bauhauptgewerbe oB- verarbeitendes Gewerbe

Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1, und Fachserle 4, Reihe 4.3.1; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Die stärkeren Schwankungen der Meßziffer "Rentabilität" im Bauhauptgewerbe sind teilweise sicherlich auch darauf zurückzuführen, daß sich im größeren Aggregat des verarbeitenden Gewerbes sektorale Schwankungen eher ausgleichen können; generell ist aber auf die größere Konjunkturempfindlichkeit des Bauhauptgewerbes gegenüber vielen anderen Branchen hinzuweisen. In den einzelnen Wirtschaftszweigen des Bauhauptgewerbes erweisen sich die "sekundären" Zweige - Stukkateure, Gipsereien, Verputzereien sowie Zimmereien und Dachdeckereien - mit 10 % bzw. 4 % Jahresüberschuß als die ·rentabelsten". Dabei ist allerdings zu berücksichtigten, daß dort vielfach der Arbeitslohn des in einer Einzelfirma oder Personengesellschaft tätigen Inhabers nicht als Personalkosten

120

erfaßt wird, sondern im Jahresüberschuß enthalten ist. In den eher großbetrieblichen und als Kapitalgesellschaft betriebenen Unternehmen der "primären" Zweige des Bauhauptgewerbes ist dieser Arbeitslohn dagegen zumeist als Gehalt des angestellten Geschäftsführers in den Personalkosten enthalten.

2.2

Entwicklungstendenzen im Baugewerbe der ehemaligen DDR bis zum Strukturbruch 1989/90

Entwicklung und Struktur der Bauwirtschaft (sowie der ganzen Volkswirtschaft) der DDR waren bis 1989/90 den spezifischen Gegebenheiten, politischen Zielen und Bedürfnissen des damaligen Systems angepaßt. Mit der "DDR-Wende" und der Wiedervereinigung war der weitgehende Zusammenbruch dieses Systems verbunden, was eine völlige Neuorientierung (nicht nur) der Bauwirtschaft erforderte. Brauchbare Informationen über die VOlkswirtschaft, speziell den Bausektor, der DDR sind nicht immer erhältlich, da zum Teil völlig andere Merkmale relevant waren als in der Bundesrepublik Deutschland und außerdem aus politischen Gründen Daten "geschönt" wurden. Es soll hier dennoch der Versuch unternommen werden, einzelne Merkmale bis zu diesem Umbruch 1989 zu verfolgen, um - die Intensität des Bruches zu verdeutlichen, - die Besonderheit der Entwicklung der ostdeutschen Bauwirtschaft nach der Wiedervereinigung hervorzuheben, - im Rahmen dieses "Branchenbildes Bauwirtschaft" die wohl letzte Gelegenheit wahrzunehmen, eine knappe "ökonomische" Aufarbeitung der Daten zur DDR-Bauwirtschaft vorzulegen. Wegen der fundamentalen Unterschiede im zugrundeliegenden Wirtschaftssystem ist es nicht möglich, alle Daten aus der ehemaligen DDR in Definition und Abgrenzung den westdeutschen Daten vergleichbar zu machen, weshalb die Vergleichbarkeit eingeschränkt bleiben muß (dies gilt oft gerade bei scheinbarer Begriffsgleichheit). Es werden daher "unkorrigiert" die jeweiligen Variablen und Begriffe in ihrer DDR-Abrenzung verwendet; so weit wie möglich wird auf Entsprechungen bzw. Unterschiede zur westdeutschen Abgrenzung hingewiesen.

121

2.2.1 Begriffsbestimmungen und Zuordnungen Wie bereits in Kapitell dieser Studie dargestellt, wurde der Teil der Volkswirtschaft, der sich mit der Erstellung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken befaßt, in der DDR begrifflich anders abgegrenzt als in Westdeutschland; die Unterteilung in Bauhaupt- und Ausbaugewerbe gab es nicht. Je nach Verfügbarkeit der Daten werden als beobachteter Bereich der DDR-Volkswirtschaft folgende drei Abgrenzungen verwendet (vgl. Abb. 2.19): Abb.2.19

Zusammenhänge der Gliederung nach Bauwesen, Bauindustrie und Bauwirtschaft in der ehemaligen DDR mit Beschäftigtenangaben für 19891)

Bauwesen (546,1)

Baubetriebe der Landwirtschaft

Bauh~t werk

Bauindustrie

Baumaterialienindustrie

übrige Einrichtungen des Ba~'fesens

(56,2)

(95,9)

(424,0)

(106,2)

(15,9)

Bauwirtschaft (576,0)

1) Angaben in 1 000 Berufstätigen (ohne Lehrlinge). 2) Produkktionsgenossenschaften und private Bauhandwerksbetriebe. 3) Z.B. Baumechanisierung, Baumaterialienhandel, Bauakademie, Projektierungsbetriebe und wirtschaftsleitende Organe des Bauwesens. Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Unter "Bauwirtschaft" ist derjenige Teil der Volkswirtschaft der ehemaligen DDR zu verstehen, der sich - unabhängig von seiner organisatorischen Einordnung - mit der Errichtung, Rekonstruktion und Instandhaltung von baulichen Anlagen, einschließlich von deren Planung und der Bauüberwachung, befaßte. Im Gegensatz zum "Bauwesen" sind hier die Baumaterialienindustrie und die Baumechanisierung nicht inbegriffen.

122

Das "Bauwesen" steht als Oberbegriff für alle Betriebe und Einrichtungen, die dem Ministerium für Bauwesen bzw. den örtlichen Bauämtern unterstellt waren, d.h. auch die Baumaterialienindustrie, Baumechanisierung, wirtschaftsleitende Organe etc. zählten dazu. Im Gegensatz zur Bauwirtschaft fehlen hier z.B. die Baubetriebe der Landwirtschaft sowie die produktionsgenossenschaftlichen und privaten Bauhandwerksbetriebe. Die "Bauindustrie" steht für die volkseigenen Kombinate und Betriebe, deren Bauproduktion vorwiegend mittels industrieller Fertigung ausgeführt wurde. Die Bauindustrie ist als Teilbereich sowohl in der "Bauwirtschaft" als auch im "Bauwesen" enthalten. Die Unterschiede in der sektora/en Abgrenzung sowie bei den Niveaus der verschiedenen Variablen sind also beträchtlich. Man muß deshalb sehr genau angeben, welche Definition zugrundegelegt wird, damit sich nicht Fehlbeurteilungen einschleichen. 2.2.2 Produktionsstätten 2.2.2.1 Organisationsformen Die Produktionsstätten zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken waren in der Bauindustrie der DDR als örtliche Baubetriebe in den jeweiligen Kombinaten zusammengefaßt. Daneben existierte das Bauhandwerk in der Form von Produktionsgenossenschaften und als privates Bauhandwerk. Schließlich wurde auch noch von zwischengenossenschaftlichen Bauorganisationen der Landwirtschaft und den sog. Meliorationsgenossenschaften Bauleistungen erbracht. Volkseigene Betriebe: Die volkseigenen Betriebe waren ökonomisch und rechtlich selbständige Einheiten, die einem wirtschaftsleitenden Organ (Rat des Bezirks, des Kreises bzw. der Stadt) unterstellt waren. 1972 wurden viele private und halbstaatliche handwerkliche Produktionsgenossenschaften in volkseigene Betriebe umgewandelt. Sie unterstanden seitdem dem örtlich geleiteten volkseigenen Bauwesen. Kombinate: Kombinate waren die Zusammenfassung volkseigener (Bau-)Betriebe mit entweder zentraler (Ministerium für Bauwesen) oder örtlicher (Räte der Bezirke, Kreise, Städte) Unterstellung; vielfach waren "bau leistungsfremde" Aufgaben (z.B. Kindergärten) einbezogen.

123

Zu den durch das Ministerium für Bauwesen zentralgeleiteten Kombinaten der Bauwirtschaft gehörten die Bau- und Montagekombinate (BMK) und Spezialbaukombinate (SBK). Die innere Gliederung erfolgte je nach Produktionsaufgaben z.B. in territorialen Industriebau, Montage, Erdbau und Ausbau, eine Spezialisierung je nach Bauteilen oder Bauwerken. Die BMK projektierten und erstellten als Hauptauftragnehmer Bauten und bauliche Anlagen selbst, banden aber auch Nachauftragnehmer mit ein und übten die erforderlichen Leitungsund Koordinierungsfunktionen aus. Zum organisatorisch weiter gefaBten Bauwesen zählten auf zentralgeleiteter Ebene noch die Kombinate der Baustoffindustrie und der Baumechanisierung. Zu den 6rtlich geleiteten Kombinaten der Bauwirtschaft gehörten die Wohnungs- und Gesellschaftsbaukombinate (WBK), die Verkehrsund Tiefbaukombinate (VTK) und die Baureparaturen (KBR). Sie unterstanden dem Bezirksbauamt des jeweiligen Rates des Bezirkes und erhielten ihre Aufgaben durch das Ministerium für Bauwesen. Die WBK (Wohnungs- und Gesellschaftsbaukombinate) waren Generalauftragnehmer für komplette Bauvorhaben an Einzelstandorten und gliederten sich in Betriebe der Produktionsvorbereitung, der Vorfertigung (Plattenwerke), der Mechanisierung und des territorial orientierten Wohnungsbaus. Produktionsgenossenschaften (PG) des Handwerks: Die PG des Handwerks bildeten sich durch ZusammenschluB von Handwerkern, die genossenschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln hielten und ihre Arbeit genossenschaftlich organisierten. Sie waren dem örtlich geleiteten Bauwesen unterstellt und führten insbesondere Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an der Wohnbausubstanz durch. Teilweise arbeiteten sie aber auch als Nachauftragnehmer der Kombinatsbetriebe. 2.2.2.2 Betriebsgrößen Die Gr6ße der bauwirtschaftlichen Betriebe wurde in der DDR von deren jeweiligen Aufgaben bestimmt. Jeder Baubetrieb hatte nicht nur ein weitgehend festgelegtes (und starres) Produktionsprofil, sondern auch ein genau eingegrenztes lokales oder regionales Territorium, in dem er tätig werden konnte. Neben den extrem groBen Kombinaten mit durchschnittlich weit mehr als 10 000 Berufstätigen (Erwerbstätigen), bestehend aus Betrieben mit bis zu, teilweise sogar über 3 500 Beschäftigten, gab es vor allem

124

im Bereich des Bauhandwerks eine Vielzahl kleiner und kleinster Betriebe (vgl. Tab. 2.29). Tab. 2.29

Kombinate und Betriebe der Bauwirtschaft In der DDR 1989 Anzahl der wirtschaftlichen Einheiten

darin Berufstätige

durchschnitt. Betriebsgröße

(1 ) zentralgeleitete Bau- und Montagekombinate

7 Kombinate (=42 Betriebe)

91 401

2176

(2)

zentralgeleitete Spezialbaukombinate

6 Kombinate (=47 Betriebe)

52282

1 112

(3)

örtlich geleitete Wohnungsbaukombinate

15 Kombinate (=27 Betriebe)

94867

3514

(4)

örtlich geleitete Tiefbaukombinate

15 Kombinate (=16 Betriebe)

49542

3096

(5)

sonstige örtl. Baubetriebe

354 Betriebe

135954

384

(6)

Produktionsgenossenschaften des Bauhandwerks

1055 Betriebe

50570

48

(7)

privates Bauhandwerk

14528 Betriebe

45321

3

(8)

zwischengenossenschaftliche Bauorganisationen der Landwirtschaft

216 Betriebe

40531

188

(9)

Meliorationsgenossenschaften

160 Betriebe

15619

98

485 Betriebe

424046

1068

16356 Betriebe

576087

35

(1 )-(5)

Bauindustrie gesamt

(1 )-(9)

Bauwirtschaft gesamt

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990; Informationen des LBFI.

Während die Bauindustrie in der DDR also eine großbetriebliche Struktur aufwies, erfolgte im privaten Handwerk per staatlicher Vorgabe eine Beschränkung auf maximal 10 Beschäftigte. In 36 % der privaten Bauhandwerksbetriebe waren nur der Betriebsinhaber bzw. noch mithelfende Familienangehörige tätig. Bei diesen Betrieben erreichte der Anteil der Arbeiter und Angestellten an den Berufstätigen nur 60 %. Hieraus erklärt sich die große Zahl der Betriebe bei niedrigem Anteil (26 %) an den insgesamt Berufstätigen.

125

Im Hinblick auf den nach 1990 eingetretenen Bruch erscheint es zweckmäßig, bei der Darstellung der Betriebsgrößen nicht die Kombinate als ganzes, sondern deren Betriebe einzeln zu betrachten. Für die Bauindustrie, die über 70 % der Beschäftigten (Berufstätigen) auf sich vereinte, liegt eine Gliederung nach Betriebsgrößengruppen vor (vgl. Tab. 2.30), wonach 57 % der Betriebe sich in den mittleren Größengruppen, das heißt in den Kategorien 250 bis 2 000 Arbeiter und Angestellte, konzentrierten; 34 % der Betriebe hatten weniger als 250 und rund 9 % über 2 000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Tab. 2.30

Berufstätige der Produktionsbetriebe der DDR-Bauindustrie nach Betriebsgr6ßengruppen 1989 Betriebsgröße 1 ) bis

Anzahl Industriebetriebe

darin Arbeiter2~nd Angestellte

50

24

847

51

bis

150

67

6665

151

bis

250

72

14511

251

bis

500

137

49085

501

bis 1 000

86

60893

1 001

bis 2000

55

81 521

2001

bis 4000

25

69282

4001

bis 7000

13

66512

über

7000

6

52965

485

402281

Gesamt 1) Nach der Zahl der Beschäftigten. 2) Ohne Lehrlinge.

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Gemessen an der Arbeiter- und Angestelltenzahl behaupteten allerdings die Großbetriebe ihr Gewicht: 1989 waren 47 % der Arbeiter und Angestellten in Betrieben mit 2 000 und mehr Arbeitern und Angestellten tätig, ebenso viele in der Betriebsgrößenklasse zwischen 251 und 2 000. Lediglich 6 % der Arbeiter und Angestellten waren in Betrieben der Größenklassen bis 250 Beschäftigte tätig.

126

2.2.3 Produktionsfaktoren 2.2.3.1 Arbeit Anzahl der Berufstätigen bzw. Beschiftlgten Berufstätig waren in der DDR alle "im Arbeitsprozeß stehenden Personen" ohne die Lehrlinge. Sie untergliederten sich in - Arbeiter und Angestellte - Mitglieder von Produktionsgenossenschaften - Selbständige Erwerbstätige - mithelfende Familienangehörige.

Waren die Lehrlinge in die Betrachtung mit einbezogen, sprach man auch von "Beschäftigten". 1989 waren 576 087 Personen in der (dort breiter abgegrenzten) Bauwirtschaft der DDR "berufstätig" (erwerbstätig). Bei einer Gesamtzahl der Berufstätigen von 8 547 000 (Einwohnerzahl 16 614 000) entsprach dies einem Anteil von weniger als 7 %. Während die Zahl der Berufstätigen in der Gesamtwirtschaft zumindest bis 1988 von Jahr zu Jahr gestiegen war, nahm die Zahl der Berufstätigen in der Bauwirtschaft seit 1985 beständig ab. Der Anteil der in der Bauwirtschaft insgesamt Berufstätigen war seit 1978 (7,11 %) leicht rückläufig und betrug 1989 nur noch 6,74 %. Rund 70 % der Berufstätigen waren dabei der Bauindustrie zuzuordnen, die anderen verteilten sich gleichmäßig auf die Handwerks- und sonstigen Betriebe (vgl. Abb. 2.20). Der Rückgang des Handwerks in Produktionsgenossenschaften nach 1970 ist auf dessen Eingliederung in die volkseigenen Betriebe 1972 zurückzuführen. Die Abnahme der Beschäftigtenzahl in der Bauwirtschaft seit 1985 resultiert zum Großteil aus dem Rückgang in der Bauindustrie (424 046 Berufstätige 1989 sind rund 20 000 weniger als 1985), der auch durch eine Zunahme von um 5 000 bei den Berufstätigen im privaten Handwerk nicht kompensiert werden konnte. Struktur der Beschiftlgten In der Bauindustrie der DDR Da der Großteil der im Sektor Bauwirtschaft der DDR Beschäftigten (also Berufstätige und Lehrlinge) der Bauindustrie zuzuordnen war,

11 BauwIrtschaft

127

wird die Betrachtung der Struktur und auch der Qualifikation der Beschäftigten an hand der Daten der Bauindustrie vorgenommen. Abb.2.20

Berufstätige in der Bauwirtschaft der DDR 1970 bis 1989 700 , - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - , 600 500 400 300 200 100 1970 1980 1982 1984 1985 1986 1987 1988 1989

~ Bauindustrie

D

Privates Handwerk



Handwerk in PGH's

mSonstige

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Die Anzahl der Beschäftigten in der Bauindustrie hatte in der DDR seit Mitte der achtziger Jahre relativ kontinuierlich abgenommen (vgl. Tab. 2.31), obwohl die Bauaufgaben sicherlich nicht weniger geworden sind. Die im Zusammenhang mit diesem Beschäftigtenrückgang erfolgte Verschiebung der Anteils werte zwischen den drei Arbeitskräftegruppen Angestellte, Arbeiter und Lehrlinge ging insbesondere auf Kosten der Nachwuchsausbildung, zeigte sich jedoch auch in einer relativ stärkeren Zunahme des Angestelltenanteils zwischen 1985 und 1989 (trotz gleichfalls rückläufigem Absolutwert). Mit rund 33 % erreichte der Angestelltenanteil 1989 eine ungewöhnliche Höhe, die zum Teil mit einer ineffektiven Verwaltungsorganisation, aber auch mit zunehmenden Aufgaben in der sozialen Betreuung der Belegschaften sowie mit der ebenfalls dort ausgeführten Projektierung, Organisation und Bauüberwachung begründet wird (schätzungsweise 10 % der Angestellten wurden für letztere eingesetzt).

128

Tab. 2.31

Struktur der Arbeitskräfte In der Bauindustrie der DDR 1980 bis 1989

1000

Produktionsarbeiter ohne Lehrlinge 1000

1980

153,3

1981 1982

Jahr

1 000

Arbeiter und Angestellte ohne Lehrlinge 1000

292,8

56,6

446,1

154,1

291,5

54,6

445,6

154,8

290,8

50,8

445,6 446,7

Angestellte

Lehrlinge

1983

154,8

291,9

41,1

1984

154,6

291,3

42,4

445,9

1985

154,5

288,5

39,7

443,0

1986

153,4

282,8

36,9

437,2

19871)

152,9

281,9

36,7

434,8

19881)

151,7

279,6

34,8

431,3

1989

149,1

274,9

32,9

424,0

1) Aufteilung in Angestellte und Arbeiter interpoliert.

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Der Anteil der Lehrlinge ist im Zeitraum 1980 bis 1989 von 11,3 % auf 7,2 % zurückgegangen. Bei der Betrachtung der Lehrlingsausbildung in der Bauindustrie muß berücksichtigt werden, daß die Bauberufe wegen der Schwere der Arbeit auch in der DDR eine hohe Fluktuation zu verzeichnen hatten. Deshalb ist das Verhältnis der Lehrlinge zu den übrigen Beschäftigten von 1 : 11 (1985) auf 1 : 13 (1989) zurückgegangen. Auch im Bauhandwerk wurden in der DDR immer viele Lehrlinge ausgebildet, allerdings nur in einem Verhältnis von 1 : 20. Das ständige Abwandern von ausgebildeten Baufacharbeitern in andere Berufe oder Wirtschaftszweige in der jüngeren DDR-Vergangenheit könnte auch heute noch eine gewisse Reserve für die dynamische Entwicklung der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern darstellen, soweit sich diese Arbeitskräfte - trotz größtenteils unverändert wenig attraktiver Arbeitsbedingungen - reaktivieren lassen.

11'

129

Qualifikation der Beschäftigten

Die Bauindustrie in der DDR hatte hochqualifizierte Beschäftigte: Fast 90 % der Beschäftigten hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung, jeder achte davon - mit in den letzten Jahren anhaltend steigender Tendenz - konnte sogar einen Hoch- oder Fachschulabschluß vorweisen (vgl. Abb. 2.21). Abb.2.21

Anteil der Hoch- und Fachschulabsolventen an den Berufstätigen in der Bauindustrie der DDR 1970 bis 1988 - Angaben je 1 000 Berufstätige 160r----------------------------------------------, 140 120 100 80 60 40 20 O~--~--~----~---L--~----~--~--~~--~--~

1970 -

75

80

81

Hochschulabsolv.

82

-r-

83

84

85

Fachschulabsolv.

86

87

88

'*' insgesanlt

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Dabei muß zusätzlich berücksichtigt werden, daß etwa 3.500 Hochund Fachschulabsolventen, die zum wissenschaftlichen Potential der Bauwirtschaft zu rechnen waren, in diesen Zahlen nicht enthalten sind, da ein großer Teil der bauwirtschaftlichen Forschung und Entwicklung in zentralisierten Einrichtungen erfolgte. In den Baubetrieben befanden sich nur kleinere Entwicklungsabteilungen. Allerdings sind die Beschäftigten der Projektierung in den Werten enthalten. Bei einer Betrachtung der Anteile von Facharbeitern einerseits und Meistern und Polieren andererseits (vgl. Abb. 2.22) - ein Verhältnis von immerhin fast 10 : 1 - muß die besondere Organisation der Bauproduktion in der DDR berücksichtigt werden: Die Produktionsarbeiter 130

waren in der Regel in Brigaden zusammengefaßt, die mit etwa 10 bis 15 Arbeitern das kleinste Arbeitskollektiv im Betrieb darstellten; die Leiter (Brigadier) dieser Brigaden wurden von erfahrenen Facharbeitern gestellt, deren Qualifikation der von Meistern und Polieren durchaus vergleichbar war und deren Leistung als "Erste unter Gleichen" durch einen "Brigadierzuschlag" vergütet wurde. Abb.2.22

QualIfikationsstruktur In der Bauindustrie der DDR 1989 Fachschulabsolventen 9 %

Hochschulabsolventen 4 %

Meister und Poliere 7 %

Angelerntel ohne Beruf 13 %

Lehrlinge 8 %

Facharbeiter 59 % Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Die Zahl der hochqualifizierten Brigadeleiter aus der Gruppe der Facharbeiter kann auf 5 000 bis sogar 6 000 geschätzt werden, was die in der Abbildung 2.22 angegebenen Anteile etwas relativiert. 2.2.3.2 Sachkapital Über das im Produktionsprozeß der DDR-Bauwirtschaft eingesetzte Sachkapital geben einerseits die getätigten Investitionen als Bewegungs- oder Stromgrößen und andererseits das Anlagevermögen als Bestandsgröße Aufschluß. Um über die tatsächlich verfügbaren Produktionsmittel Informationen zu erhalten, muß jedoch auch der Verschleiß der Anlagen berücksichtigt werden.

131

Grundmittelbestand ( = Bruttoanlagevermögen) Als Grundmittel wurden in der DDR alle "Arbeitsmittel" bezeichnet, deren normative Nutzungsdauer ein Jahr überschreitet und die einen Bruttowert von mindestens 2 000 Mark hatten. Der GrundmitteIbestand ist bedingt mit dem Bruttoanlagevermögen in der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen, mit dem Unterschied, daß Grund und Boden, Dauerkulturen und Nutzvieh nicht dazugezählt wurden. Er gliedert sich ebenfalls in zwei Hauptpositionen: "Gebäude/bauliche Anlagen" und "Ausrüstungen". Bereits auf Null abgeschriebene Grundmittel konnten durch (gelegentlich stattfindende) Umbewertungen wieder einen Wert erhalten. Der durchschnittliche Grundmittelbestand (im Gegensatz zur Angabe "je Beschäftigtem") in der gesamten Volkswirtschaft der DDR hatte 1989 einen Wert von 1 745000 Mii/. Mark (in Preisen von 1986). Über 70 % davon entfielen auf das Produzierende Gewerbe, lediglich 29 400 Mill. Mark oder weniger als 2 % waren der Bauwirtschaft zuzuordnen (vgl. Abb. 2.23). Abb.2.23

Anteil der Sauwirtschaft am Sruttoanlagevermögen der gesamten Volkswirtschaft der DDR (in %) 1955 bis 1989 2,00

~

....,.....~ ....,..... ,.... ~ ....

1,80

1,60 1,40 1,20 1,00 0,80

0,60 0,40

~:~tr 1955

i I

1900

1965

1970

1975

1980

1985

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Der durchschnittliche Grundmittelbestand in der Bauwirtschaft hatte seit den fünfziger Jahren lange Zeit stärker zugenommen als in der Gesamtwirtschaft der DDR, so daß der Anteil des bauwirtschaftlichen Grundmittelbestands am gesamtwirtschaftlichen Grundmittelbestand von 0,88 % im Jahre 1960 bis 1983 auf 1,78 % ansteigen konnte. Danach allerdings wurden die Mittelzuweisungen für die Bauwirtschaft 132

bereits wieder gekürzt, so daß der Anteil des bauwirtschaftlichen Grundmittelbestandes absank; er belief sich 1989 nur noch auf 1;68 %. Trotz der anerkannten und nachdrücklich proklamierten großen Bedeutung der Bauwirtschaft reichte die insgesamt mögliche Kapitalbildung (zumal nach den Preisrevisionen im RGW) also nicht mehr aus, um diesen wichtigen Sektor auch nur proportional an der volkswirtschaftlichen Kapitalbildung partizipieren zu lassen. Der Anteil der baulichen Anlagen und Gebäude am GrundmitteIbestand der DDR-Bauwirtschaft lag 1989 mit 43,8 % höher als 1975 mit 40,7 %. Im Vergleich dazu hat der gesamte produzierende Bereich einen Anteil der baulichen Anlagen und Gebäude von 46,3 %. Kapitalintensität

Die Bauwirtschaft der DDR konnte 1989 - bei abgeflachtem Anstieg eine Ausstattung mit Grundmitteln in Höhe von 52 754 Mark je Berufstätigem aufweisen (vgl. Abb. 2.24); 56 % davon waren den Ausrüstungen zuzurechnen. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Grundmitteibestand von über 185 000 Mark je Berufstätigem in den produzierenden Bereichen insgesamt ist diese Ausstattung erwartungsgemäß eher niedrig. Die BautiWgkeit war also auch in der DDR weniger kapitalintensiv als andere Bereiche. Abb.2.24

Durchschnittlicher Grundmitteibestand in den produzierenden Bereichen der DDR-Volkswirtschaft 1970 bis 1989 - Angaben in 1 000 Mark je Berufstätigen 300,--------------------------------------------, 250 200 150 100

oL---~--~--~----~--~--~----~--~--~--~

1970 -

1975

Produz. Borelche

~ Land-/Forstwlrtsch.

1980

19851986198719881989

-+- Industrie

"* Sauwirtschaft

~ Vorkehr/Post/Fornrn.

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

133

Bei der Beurteilung sämtlicher Größen, die den Grundmittelbestand der DDR mit einbeziehen, sollten allerdings zusätzliche Aspekte berücksichtigt werden: - Zum einen spielte der Wert von Grundstücken im Anlagevermögen der Staatsform entsprechend keine Rolle, - zum anderen verfälschte der aufgeblähte Verwaltungsapparat mit seiner vergleichsweise geringwertigen Büroausstattung die Ausstattung des Produktionspersonals mit Maschinen und Geräten bei der Berechnung pro Berufstätigem, - schließlich enthält dieser Grundmittelbestand einen hohen Anteil an verschlissenen oder sehr alten Anlagen, die wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll zu nutzen, gleichwohl aber nicht auf Null abgeschrieben waren. Unter Einbezug der ersten beiden Aspekte müßte das Anlagevermögen in der Bauwirtschaft, aber auch in den übrigen Wirtschaftsbereichen der DDR höher als in der amtlichen Statistik angesetzt werden, unter Beachtung der Verschleißes wiederum etwas niedriger. Investitionen der Bauwirtschaft

Unter Investitionen (Bruttoanlageinvestitionen) sind hier Neu- und Ersatzinvestitionen einschließlich selbsterstellter Anlagen zu verstehen, allerdings - im Gegensatz zur westdeutschen Abgrenzung - ohne die werterhöhenden Großreparaturen sowie ohne Grundstücke. Allerdings sind Ausgaben für dauerhafte Ausrüstungen für militärische Zwecke enthalten. Zeichen bzw. Ursache der zunehmenden DDR-"Mangelwirtschaft" insbesondere in den achtziger Jahren waren auch die geringen Investitionen. Sie lagen in den Jahren 1983 bis 1987 sogar unter den Abschreibungen, es kam also zu einer Desinvestition (vgl. Tab. 2.32). Darüber hinaus ließen sich technische Weiterentwicklungen im Maschinenbau, die zu höherer Leistung und/oder zu geringeren Kosten hätten beitragen können, nicht realisieren. Die größte Diskrepanz zwischen Abschreibungen einerseits und Investitionen andererseits war 1983 festzustellen, als die Abschreibungen um fast 50 % über den Investitionen lagen, die mit 802 Mill. DM (Preisbasis 1985) einen Tiefstand erreicht hatten, der nur noch 1985 unterboten wurde. Die Abschreibungen, welche nur linear erfolgten, werden in dieser Betrachtung als "Einnahmen" mit den Mieten, Pach-

134

ten und Nutzungsentgelten zusammengefaßt und den Investitions"ausgaben" gegenübergestellt. Tab. 2.32

Abschreibungen und Investitionen In der DDR-Bauwlrtschaft - In Mill. Mark; Preisbasis 1985; 1970 bis 1989 -

Jahr

Abschreibungen, Mieten, Pachten und Nutzungsentgelte

Investitionen

Verhältnis Abschreibungen zu Investitionen in Prozent

1970

607

1 477

41,10

1980

1 166

1 706

68,35

1981

1 184

1 513

78,26

1982

1 188

1234

96,27

1983

1 170

802

145,89

1984

1 149

865

132,83

1985

1 122

726

154,55

1986

1 136

816

139,22

1987

1 075

983

109,36

1988

1 100

1448

75,97

1989

1 160

1 291

89,85

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Der starke Rückgang der Investitionen bis 1983 ist auch in der Gesamtwirtschaft zu beobachten gewesen, was mit einer Umschichtung von Investitionen für Energieträger im Rahmen der Ölkrisen zusammenhing. Der sprunghafte Wiederanstieg der Investitionen 1988 entstand aus einer erneuten Umschichtung von Investitionen aus anderen Bereichen, diesmal um das Bauwesen vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Der Anteil der Gebäude und baulichen Anlagen an den Investitionen der Bauwirtschaft lag 1989 bei etwas über 25 %. Dieser Wert ist aufgrund der Eigenheit der Bauwirtschaft, in der Regel vor Ort zu produzieren, relativ niedrig, er lag aber wohl über dem Anteil in Westdeutschland (12 %). Die graphische Darstellung der Zeitreihen zeigt deutlich (vgl. Abb. 2.25), daß die Investitionen der DDR-Bauwirtschaft in Bauten und Aus135

rüstungen bereits seit 1977 kontinuierlich zurückgegangen sind, wobei der Anteil der Bauten bis etwa 1981 stark geschrumpft ist. Abb.2.25

Investitionen der Bauwirtschaft in der OO-R 1975 bis 1987: Ausrüstungen und Bauten (in Mill. Mark) 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 C 1975

1977

1979

1981

1983

1985

1987

IID Ausrüstungen • Bauten Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Der Anteil der Bauwirtschaft an den gesamtwirtschaftlichen Bruttoanlageinvestitionen lag in der DDR bei knapp 2 % (1989), was zwar der Größenordnung in Westdeutschland (1 %) entspricht, aber doch auf eine höhere Bedeutung und/oder auf Nachholbedarf hinweist. Berechnet man die Investitionen je Beschäftigten in der Bauwirtschaft, so lag dieser Sektor in der DDR mit 2 200 Mark je Berufstätigem 1989 vermutlich unter der Investitionsintensität in Westdeutschland mit 7 000 DM je Beschäftigtem. Allerdings ist der Vergleich der Investitionsintensitäten nur bedingt möglich, da zum einen ein Wechselkurs von 1:1 nicht als realistisch unterstellt werden kann, und zum anderen in der DDR die Arbeitsproduktivität niedriger war und deshalb mehr Arbeitskräfte eingesetzt werden mußten. In der DDR war die Investitionsintensität der Bauwirtschaft 1980 mit 2 900 Mark je Berufstätigem auf ihrem Höchststand, den sie auch 136

nach Überwindung des Tiefs 1985 (1 200 Mark) nicht mehr erreichte. Im Jahre 1989 war sie mit 2 200 Mark gegenüber dem Vorjahr (2 500 Mark) erneut zurückgegangen. 2.2.3.3 Geräte- und Materialeinsatz, Forschung und Entwicklung Bestand und Einsatzfähigkeit von Geräten Einer der wichtigsten Gründe für die niedrige Arbeitsproduktivität im Bausektor der DDR war der durchweg quantitativ und qualitativ unzureichende Bestand an wichtigen Baumaschinen; das niedrige technische Niveau und die geringe Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Ausbaumaterialien kamen hinzu. Beispielhaft hierfür steht der Vergleich des. Bestands an Baumaschinen je Beschäftigen in der DDR im Jahr 1986 mit dem Bestand in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Abb. 2.26): Bei vielen wichtigen Apparaten erreichte die Ausstattung in der DDR nur ein Siebtel oder ein Achtel der Westwerte (vgl. Ostwald 1990). Abb.2.26

Bestand an wichtigen Baumaschinen Je 10 000 Beschäftigten In der DDR und In der BRD 1986 Stück Transp . -betonm Ischer

Verputz ./ Mörtel pu m p.

~m@[tzzi'!!i!l27J!l.!J.ZW'liill1~=Z:=:?z;~~~?Z[l

75

Turmdrehkrane

Lkw / Zugmaschinen

~~~~~~ E 4 5.5 _ _ _ _ __ ---L._~ o



50 DDR

D

100

150

BundesrepublIk

auelle: Ostwald 1990.

Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Ausstattung der Bauwirtschaft in der DDR mit den verschiedensten Apparaten ist ihre 137

Einsatzfähigkeit für die Produktion. Die Einteilung der Maschinen und Geräte in Altersgruppen bzw. auf Null abgeschriebene Maschinen ermöglicht es, darüber eine Aussage zu machen: So waren 1989 in den Industriebaukombinaten 47,7 % der Maschinen auf Null abgeschrieben, in den Wohnungsbaukombinaten 58,9 % und in den Tiefbaukombinaten sogar 67,8 %. Der Anteil der Ausrüstungen, die jünger als fünf Jahre sind, war in der DDR-Bauwirtschaft seit 1980 (47 %) kontinuierlich auf 21,5 % (1987) gesunken und nur in den letzten zwei Jahren bis 1989 wieder leicht auf 24,7 % angestiegen. Besonders hohe Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit wiesen die sogenannten produktionsbestimmmenden Maschinen auf (vgl. Tab. 2.33). Der Anteil dieser für die Erbringung von Bauleistungen besonders wichtigen Maschinen, die älter als 10 Jahre sind, hat sich zwischen 1980 und 1989 bei manchen Maschinenarten weit mehr als verdoppelt und machte 1986 im Durchschnitt bereits über zwei Drittel aller Maschinen aus. Tab. 2.33

Entwicklung des Anteils produktion bestimmender Maschinen, die älter als 10 Jahre sind, In der Bauwirtschaft der DDR Maschinenart Zwangsmischer Universalbagger 0,6 - 2,0 m 3 Lader Nutzkraftwagen gesamt darunter über 5 t Autodrehkrane Tieflader

-

Anteil an der jew. Maschinengruppe (%) 1980 1985 1987 46 20 32 21 13 40 40

51 42 61 51 67 58 55

65 69 79 69 84 74 66

Quelle: Zentralverwaltung für Statistik der DDR: Baumaschinen und Geräteerfassung 1988.

Verschleiß der Maschinen und Anlagen Als Meßzahl tür den Verschleiß von Baumaschinen und -geräten wird die Verschleißquote verwendet; sie gibt das Verhältnis des wertmäßigen Verschleißes der Grundmittel (als Summe der vorgenommenen 138

Abschreibungen} zum Bestand an Grundmitteln an. Besonders in den achtziger Jahren nahm der Verschleiß der Maschinen und Anlagen in der DDR stark zu. Bei einem Verschleiß des Grundmittelbestands der Bauwirtschaft insgesamt (also inklusive der Bauten und baulichen Anlagen) von 51,2 % (1989) lag die Verschleißquote bei den Ausrüstungen in diesem Jahr bereits bei 69 %. Der Verschleiß bei den Ausrüstungen ist seit 1975 um 30 % gestiegen, der Verschleiß bei den Grundmitteln insgesamt um rund 23 %. Um die Produktion überhaupt aufrecht erhalten zu können, mußten alte Maschinen immer wieder mit hohem Aufwand instandgesetzt werden. Die instandsetzungsbedingten Ausfallzeiten wuchsen als Folge fehlender Ersatzteile und hohen Verschleißes auf mehr als zwei Stunden pro Arbeitstag. Ein bis zu einem Drittel höherer Bestand an mobiler Technik als üblich mußte vorgehalten werden, um die Produktionsstörungen in der Folge von Maschinenausfällen einzuschränken. So waren die Baubetriebe gezwungen, einen hohen Bestand an Ausrüstungen zu halten, der jedoch nicht voll produktivitätswirksam werden konnte. Im Gegenteil, die häufigen Maschinenausfälle und der außerordentlich hohe Aufwand für die Reparatur der Maschinen senkten die Arbeitsproduktivität und erhöhten die Kosten. Vergleichende Analysen ergaben, daß der ProduktiviUltsrückstand der DDR-Bauwirtschaft zum Niveau der westdeutschen Bundesländer zu rund einem Drittel in der mangelhaften Ausrüstung begründet war. Darüber hinaus hatte die hochgradig verschlissene Ausrüstung erheblichen Einfluß auf die Qualität der Produktion. Wegen des Verschleißes an den Gußformen war es z.B. nicht mehr möglich, Betonfertigteile für den Wohnungsbau in den erforderlichen Maßtoieranzen zu produzieren. Viele Mängel im Plattenbau haben hier ihre Ursache. Materialverbrauch und Reststoffverwertung

Der Reststoffverwertung (Recycling) wurde bauspezifisch auf dem Gebiet der DDR bis 1990 keine Beachtung geschenkt. Seitens der Bauakademie wurde allerdings 1989 verstärkt auf die Notwendigkeit der Schaffung eines Abbruchmassenrecyclings hingewiesen, da Baurestmassen, darunter Abbruchmassen, eine wesentliche Komponente des Müll- und Abfallaufkommens der DDR darstellten und in den neunziger Jahren zu einer unzumutbaren Expansion der Deponienzahl und -fläche geführt hätten.

139

Darüber hinaus wurden Abbruchrnassen als eine echte Rohstoffreserve erkannt, die zu einer wesentlichen Entspannung der Situation bei verknappendem Aufkommen an Sand und Kies in siedlungsnahen Bereichen geführt hätte. So wurde von Krehl (1990) beim Rohkiesbedarf 1991 von einem maximalen Substitutionspotential durch Recyclingprodukte von 56 % ausgegangen. In der gesamten Volkswirtschaft der DDR wurde der Aufbereitung von Rest- und Abfallstoffen als sogenannte Sekundil.rrohstoffe ("Sero"), die primär aus Gründen des Mangels erfolgte, eine große und rasch steigende Beachtung geschenkt. In diesem Bereich kann (was sonst selten genug möglich erscheint) von einer gewissen Vorbildfunktion für das vereinte Deutschland gesprochen werden. Für die Eigenproduktion an metallischen Werkstoffen waren die Sekundärrohstoffe - aus Mangel an primären Ressourcen - sogar die Hauptquelle. So wurden 1988 folgende beachtlich großen Mengen an Sekundärrohstoffen eingesetzt: Stahlschrott

4770 kt

Gußbruch

415 kt

Kupferschrott

41 kt

Aluminiumschrott

58 kt

Bleischrott

33 kt

Zinkschrott

15 kt

Quelle: OBtwald 1990.

Forschung und Entwicklung In der Bauwirtschaft der DDR wurden 1989 knapp 173 Mill. Mark für Wissenschaft und Technik eingesetzt, das entspricht 0,5 % der gesamten Bauproduktion. Im Vergleich zu anderen produzierenden Wirtschaftsbereichen wie Industrie oder Verkehr sind die Mittel im Bausektor seit 1980 nicht so stark aufgestockt worden, 1989 erfolgte sogar eine Kürzung (vgl. Abb. 2.27). Die Bauwirtschaft war aber hier im Zeitablauf aufs Ganze gesehen auch nicht schlechter gestellt als andere Wirtschaftsbereiche.

140

Abb.2.27

Entwicklung des Mitteleinsatzes für Wissenschaft und Technik in den Wirtschaftsbereichen der DDR 1971 bis 1989 1980 = 100

250.------------------------------------------,

200

150

100 50 oL-~

1971

+

__

75

Sauwirtschaft

~

__

80

~

___ L_ _

81

"* Verkehr

82

~

83

_ _~_ _~_ _~_ _L_~~~

84

85

-- Post/Fernmeldewesen

86

87

"* Handel

88

89

-+ Industrie

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR t 990.

2.2.4 Produktion 2.2.4.1 Organisatorische Besonderheiten

Entwicklung und Organisation der Bauproduktion richteten sich auch in den achtziger Jahren nach den speziellen Bedürfnissen der DDRWirtschaft. Eine statistische Zuordnung der Betriebe zum Bauhauptbzw. Ausbaugewerbe wurde daher nicht vorgenommen. Im Jahre 1989 wurde die nominale Bauproduktion in Höhe von 48 181 Mill. Mark (entspricht 47603 Mill. Mark in Preisen von 1985) von folgenden Quellen erstellt: . -

Bauindustrie Bauhandwerk Baubetriebe der Landwirtschaft Baukapazitäten außerhalb der Bauwirtschaft

60% 12 % 6% 22 %.

Die Betriebe des Bauhandwerks führten fast ausschließlich weniger umfangreiche Arbeiten vor allem des Ausbaugewerbes durch, das heißt Baureparaturen, Um- und Ausbauten; sie wären deshalb relativ 141

einfach zuzuordnen gewesen. Bei einem insgesamt zunehmenden Anteil der Baureparaturen an der Bauproduktion (25,5 % im Jahre 1989) stieg auch der Anteil der Baureparaturen an den Leistungen des Bauhandwerks 1989 auf fast 80 %. Dagegen verfügten die volkseigenen Baubetriebe über eine mehr oder weniger stark ausgeprägte komplexe Produktionsstruktur und über eigene Kapazitäten des Ausbaugewerbes, um komplette Bauwerke errichten zu können. Die zunehmende Konzentration mehrerer Fertigungsstufen in einem Betrieb, also die immer stärkere vertikale Integration, war eine charakteristische Entwicklung in der Organisation der Bauproduktion der DDR in den achtziger Jahren, um dem Zwang zur Verstärkung der Bauproduktion, insbesondere im Wohnungsbau, nachzukommen. Besonders ausgeprägt war diese Entwicklung in den Kombinaten, die dem Ministerium für Bauwesen direkt unterstellt waren. 1989 handelte es sich bei nur noch 64 % der in den Baukombinaten erbrachten Produktion um Bauleistungen. Die restlichen Produktionsaktivitäten bezogen sich überwiegend auf eine Vielzahl von Erzeugnissen, die der eigentlichen Bauproduktion vorgelagert waren oder ihr dienten, also in direktem Zusammenhang mit dem Bauen standen (eine ähnliche Entwicklung, wenn auch in nicht so ausgeprägter Weise, hat es in der westdeutschen Bauwirtschaft in den achtziger Jahren gegeben). Die Nicht-Bauproduktion der DDR-Bau kombinate erstreckte sich insbesondere auf -

die Herstellung von Betonfertigteilen, die Vorfertigung von Bewehrungse/ementen, die Gewinnung von Kies aus eigenen Kiesgruben, den Transport von Baustoffen, insbesondere von Betonfertigteilen aus eigener Fertigung, die Reparatur von Baumaschinen, die Herstellung von Ersatzteilen für Baumaschinen, den Bau von Rationalisierungsmitteln und Vorrichtungen, die Projektierung der Bauvorhaben sowie Forschung und Entwicklung.

Zu den nicht-industriellen Leistungen der Bauindustrie sind Projektierung sowie Forschung und Entwicklung zu rechnen, während die übrigen Leistungen eines Baubetriebes, die nicht Bauproduktion sind, sich unter dem Begriff "industrielle Warenproduktion" subsummieren lassen. In der Leistungspalette nicht erfaßt sind soziale Einrichtungen

142

wie Ferienheime, Betriebsarztpraxen und die teilweise vorhandenen Kindertagesstätten. In den dem Ministerium für Bauwesen direkt unterstellten Baukombinaten setzte sich 1989 die Gesamtleistung wie folgt zusammen: - . Bauproduktion - industrielle Warenproduktion - nicht-industrielle Leistungen

64 % 32%

4%.

Diese hohe vertikale Konzentration, die sich vor allem in den Jahren nach 1970 herausbildete, ergab sich aus ganz pragmatischen Gründen: Die Planwirtschaft war zunehmend nicht mehr in der Lage, die vielfältigen Verflechtungen der Produktion in ausreichendem Maße zu beherrschen. Jeder Betrieb war deshalb angehalten - und auch selbst daran interessiert -, die für sein Überleben bzw. die Planerfüllung notwendigen Leistungen selbständig zu organisieren bzw. in eigener Regie zu erbringen. Diese typischen Probleme der Planwirtschaft traten nicht nur im Bauwesen, sondern auch in vielen anderen Branchen auf. Deshalb wurden in anderen Bereichen der Volkswirtschaft in beträchtlichem Umfang ebenfalls Bauleistungen für den eigenen Bedarf erbracht. Diese "nicht-bauwirtschaftlichen Bauleistungen" beschränkten sich jedoch im allgemeinen auf Reparaturen sowie auf Um- und Ausbauten. So unterhielten beispielsweise die kommunalen Wohnungswirtschaftsbetriebe große Bauhöfe, mit deren Hilfe sie den überwiegenden Teil der anstehenden Reparaturen an den Wohngebäuden realisierten. Auf diese Weise wurden 22 % der Bauproduktion außerhalb der Bauwirtschaft erbracht. 2.2.4.2 Niveau, Entwicklung und Struktur der Bauproduktion

Der Begriff "BauprOduktion" umfaßte in der DDR sämtliche Arbeiten an Gebäuden und baulichen Anlagen, die als Neubau, Rekonstruktionsbau, Baureparaturen und Abbruch von Bauwerken ausgeführt wurden (aufgeführt in der Erzeugnis- und Leistungsnormenklatur (ELN) unter Nr. 29). Bestandteile der Bauproduktion waren auch die verarbeiteten Materialien (selbsthergestellte und bezogene), sofern sie nicht zur technologischen Ausrüstung gehören. Nicht enthalten sind die Bauleistungen der Bevölkerung, Projektierungsleistungen und die Bauleistungsimporte.

12 Bauwirtschaft

143

Das "Bauaufkommen" dagegen beinhaltete auch die letztgenannten Bauleistungen, wird allerdings als Terminus der Baubilanzierung dem Baubedarf gegenübergestellt und hier erst bei der Betrachtung der Verwendungsseite des Bausektors näher erläutert (vgl. Kapitel 3). Die in der Statistik ausgewiesene Bauproduktion beinhaltet also die Bauleistungen der Betriebe der Bauwirtschaft und der Betriebe anderer Wirtschaftsbereiche, ohne die Eigenleistungen der Bevölkerung. In dieser Abgrenzung wurden 1989 rund 48,2 Mrd. Mark (in jeweiligen Preisen) Bauleistungen erbracht. Zwischen 1988 und 1989 konnte die Bauproduktion der gesamten Volkswirtschaft nur noch um weniger als 1 % gesteigert werden; die Vorjahresrate betrug 3,2 %, die Produktionssteigerung zwischen 1986 und 1987 belief sich auf rund 2,4 % (vgl. Abb. 2.28). Abb.2.28

Entwicklung der DDR-Bauproduktion nach Bereichen - 1970 bis 1989; Index 1980 = 100 •

200r-------------------------------------~

150

- - - - - - - - - - - - - - - ~-_-:._:_--~ - - - - - - - - - -

100

- - - -

50

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

o~----~----~----~~----~----~----~

1970

+

1980

1985

Bauw. I"gesamt .... Bauindustrie

1986

1987

"* Bauhandwerk

1988

1989

PG's ~ Bauhandwerk prlv.

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Die deutlich überproportionale Zunahme der Bauproduktion von privatem und genossenschaftlichem Bauhandwerk seit 1980 gegenüber der Bauproduktion der Bauindustrie bzw. der gesamten Bauwirtschaft dokumentiert ganz klar die Zunahme des Reparaturbedarfs an den Bauwerken. Ab 1988 begann die Produktion der Bauwirtschaft sogar zu stagnieren bzw. abzunehmen, wohingegen die Produktion des privaten Bauhandwerks (welches ja zu 80 % mit Reparaturen befaßt war) weiter zunahm. 144

Selbst anhand der graphischen Darstellung der Struktur der Bauproduktion in der Bauindustrie läßt sich erkennen, daß die Reparaturen dort gegen Ende der achtziger Jahre einen immer größeren Teil ausmachten (vgl. Abb. 2.29). Auch der Wohnungsbau nahm eine zunehmend wichtigere Stellung in der Bauproduktion ein, wogegen die öffentlichen Bauten in den achtziger Jahren eher stagnierten. Abb.2.29

Struktur der Produktion der Bauindustrie In der DDR - Absolutwerte (in Mrd. Mark), kumuliert; 1980-bls 198930.-----,----.----~----,_--~----~----~--~~

25 20

20

15

15

10

10

5

5

o

1960

1961

1962

~ Gewerbliche Bauten

0

1963

1964

1965

1966

1967

o

1966

Öffentliche Bauten. Wohnungsbau ~ Baureperaturen

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Für den Versuch eines Vergleichs mit der Bauproduktion in der alten Bundesrepublik Deutschland sollen hier noch Daten zur Bauproduktion je Einwohner herangezogen werden, wobei allerdings die Fragwürdigkeit eines solchen Vergleichs wegen der unterschiedlichen sektoralen Abgrenzungen in beiden Ländern sowie wegen der Bewertungs- und Zuordnungsprobleme gar nicht deutlich genug betont werden kann. In Kenntnis dieser Einschränkungen kommt Ostwald (1990) in seinen Berechnungen für 1986 auf 2 057 Mark je Einwohner für die DDR, im Vergleich zu 3 462 D-Mark je Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland. Das Niveau der DDR-Bau produktion erreichte im Durchschnitt seit 1960 pro Kopf knapp 50 % der Bauproduktion der Bundesrepublik Deutschland, allerdings mit steigender Tendenz in den achtziger Jahren (72 % des BRD-Niveaus 1986).

12'

145

2.2.4.3 Produktionswert, Wertsch6pfung und Nettoproduktion Der Produktionswert wurde in der DDR als Summe der in der Volkswirtschaft (hier im Sektor Bauwirtschaft) produzierten Güter und Dienstleistungen berechnet, ohne Einbeziehungder Leistungen von freiberuflich Tätigen und Hausangestellten. Unterschiede bei der Berechnungspraxis im Vergleich zu Westdeutschland gab es auch noch bei den Einnahmen aus Vermietung von gewerblichen Räumen und sonstigen Anlagen, die im Produktionswert in der DDR nicht enthalten waren (vgl. Kapitel 1). Die Zusammensetzung des Produktionswerts der Bauleistungen läßt sich am Beispiel des Jahres 1987 erläutern (Absolutwerte in Mill. Mark und Anteilswerte in %): 29001

60,21 %

Abschreibungen

1 687

3,50 %

Individuell angeeignetes Produkt (= Einkommen aus unselbständiger Arbeit)

8562

17,80 %

Mehrwert (= Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen)

8913

18,50 %.

Vorleistungen

Die Bruttowertschöpfung der Bauwirtschaft wurde in der DDR entsprechend der westdeutschen Abgrenzung aus dem Produktionswert durch Abzug der Vorleistungen ermittelt. Sie unterscheidet sich dennoch durch die unterschiedliche Methodik bei Erfassung und Berechnung von der Bruttowertschöpfung in Westdeutschland (vgl. erneut Kapitel 1). Neben Unterschieden in der Abgrenzung des Produktionswerts (siehe oben) sind auch bei den Vorleistungen einige Besonderheiten aus der Festlegung zur Nationaleinkommensrechnung zu beachten. Nicht enthalten sind z.B. Ausgaben für Ausrüstungen für militärische Zwecke, Dienstreisekosten, bezogene Handelsware sowie Ausgaben für Mieten von gewerblichen Räumen und Anlagen. Die Bruttowertschöpfung der DDR-Bauwirtschaft betrug im Jahre 1989 rund 20800 Mill. Mark (in Preisen von 1985). Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate belief sich in den achtziger Jahren auf um die 5 %, mit Ausnahme eines Einbruchs 1981 (0,2 %). Seit 1985 (mit 6,3 %) war die jährliche Zuwachsrate allerdings rückläufig: über 3,9 % (1988) auf 0,6 % (1989).

146

Der Anteil der Bruttowertschöpfung der Bauwirtschaft am gesamtwirtschaftlichen Bruttoinlandsprodukt der DDR in Höhe von 353 240 Mill. Mark betrug 1989 5,89 %; er ist seit 1980 (5,83 %) nur geringfügig gestiegen. Den niedrigsten Anteil hatte die Bauwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 1982 und 1983 mit 5,74 %. Im (wie mehrfach betont: hochgradig problematischen) Vergleich dazu lag der Anteil des Baugewerbes am Bruttoinlandsprodukt in Westdeutschland 1989 bei 5,8 %; 1980 wurden dort jedoch noch 6,8 % nachgewiesen. Die Nettoproduktion (in der DDR als 'Nettoprodukt' bezeichnet) ergibt sich durch Abzug der Abschreibungen und der Vorleistungen vom Produktionswert (Bruttoprodukt) bzw. durch Abzug der Abschreibungen von der Bruttowertschöpfung. Abweichend vom SNA-Konzept z.B. der westlichen Industrieländer (SNA = System of National Accounts der UN) enthielt die Abschreibungssumme in der DDR auch die Abschreibungen tür Straßen und Straßen brücken sowie für dauerhafte Ausrüstungen tür militärische Zwecke. 1989 wies die Bauwirtschaft in der DDR eine NettoprOduktion in Höhe von 20 560 Mill. Mark auf. Die Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr betrug nur noch 0,5 %; die jährlichen Raten nahmen seit 1985 ab.

2.2.5 Produktlvltitskennzlffern Aus methodischen Gründen und wegen der Qualität der Basisdaten kann zur Produktivitlit in der DDR-Bauwirtschaft (wie in der gesamten DDR-Volkswirtschaft) nur schwer eine aussagekräftige, für Quervergleiche geeignete Kennziffer ermittelt werden. Anhand der vorhanden Daten kann eine vergleichbare Kapitalproduktivitlit (Nettoproduktion zu ausgelastetem Bruttoanlagevermögen) nicht sinnvoll berechnet werden, da zum einen das Bruttoanlagevermögen in der DDR definitorisch enger abgegrenzt war als in Westdeutschland und zum anderen der Auslastungsgrad des Anlagevermögens nicht nachgewiesen wurde bzw. nicht zu ermitteln ist. Die versuchsweise Berechnung einer realen Kapitalproduktivitlit (= deflationierter Output pro Kapitaleinsatz) erfolgt hier an hand der Nettoproduktion und des Grundmittelbestandes. Die Veränderung dieser Kennziffer über die Jahre soll folgender Index beschreiben:

147

Reale Kapltalproduktlvltit: Index 1980 = 100

Die so berechnete Kapitalproduktivitlit ist also in den achtziger Jahren zunächst wieder angestiegen, allerdings wird für 1989 bereits ein neuerlicher Rückgang nachgewiesen. Für die Berechnung der realen Arbeitsproduktivitlit wird dementsprechend der Quotient aus der deflationierten Nettoproduktion und den Berufstätigen der Bauindustrie gebildet (Jahresbauleistung je Beschäftigtem 1988: 64 400 Mark) und entsprechend auf der Basis 1980 = 100 indexiert: Reale Arbeitsproduktivität: Index 1980

= 100

Für die Arbeitsproduktivitlit ergibt sich rein rechnerisch also ein wesentlich stärkerer, bis zuletzt anhaltender Anstieg. Über die tatsächliche, mit derjenigen der BRD vergleichbare Produktivität in der Bauwirtschaft der DDR ist damit jedoch wenig ausgesagt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW, Berlin) ging in seinen Berechnungen zum Bericht zur Lage der Nation 1987 von einer Produktion je Arbeitskraft in der DDR-Volkswirtschaft von rund 50 % des Niveaus der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Berechnungen erfolgten aufgrund von Angaben zur Leistung je Beschäftigtem für einzelne Produkte und Zweige, mit jeweiligen Preisen der Bundesrepublik Deutschland bewertet, bzw. aufgrund von Berechnungen und Schätzungen von produzierten Mengen. Dabei blieb nach wie vor das Problem der verschiedenen Sortimente und der Qualitätsunterschiede. Für 1989 dürfte sich nach diesen Berechnungen der Produktivitlitsrückstand verringert haben Getzt 60 % des Westniveaus), wobei jedoch die Streuung innerhalb der betrachteten Wirtschaftsweige beträchtlich war (Cornelsen/Kirner 1993). Ursächlich für den hohen Produktivitätsrückstand und die geringe Effizienz der gesamten Volkswirtschaft, speziell aber auch des Bausektors in der DDR waren vordergründig bzw. in erster Linie der unzureichende Bestand und das niedrige technische Niveau von Bauma148

schinen und -geraten sowie mangelnde Verfügbarkeit und Qualität der Baumaterialien. Die bei formal hoher Qualifikation beachtliche potentielle Leistungsfähigkeit der Bauarbeitskrafte konnte sich schon allein deshalb bei weitem nicht voll entfalten. Hinzu kamen - als grundlegender, nicht reparabler "Systemfehle,. - fehlende oder nicht ausreichende Leistungsanreize materieller, aber auch inmaterieller Art.

2.3

Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in den neuen Bundesländern und in Gesamtdeutschland seit 1990

Umbruch und Wiedervereinigung bedeuteten wirtschaftlich gesehen 1989/90 einen Strukturbruch für beide Teile Deutschlands, wobei in der ehemaligen DDR zudem eine Umorganisation und Neuorientierung der Tätigkeit in sämtlichen Wirtschaftszweigen erfolgen mußte. Aus diesem Grund kann auch die Entwicklung der Leistungserstellung in der Bauwirtschaft, bzw. nach westdeutscher Abgrenzung durch das Baugewerbe, dort nicht nahtlos weiterverfolgt werden. Selbst wenn man "baustatistisch" das Jahr 1990 als Neuanfang betrachtet, bleibt ein "Erbe" aus dem alten DDR-Wirtschaftssystem bestehen, das bezüglich seines Umfangs nur schwer abgeschätzt werden kann. Dieses Erbe besteht zum einen aus einer unbestimmten Zahl noch funktionsfähiger Produktionsstätten und -faktoren, zum anderen aber auch aus "Altlasten" in Form von zu übernehmenden Schulden, veralteten Produktionsstätten und ungeklärten Eigentumsfragen. Zudem konnten die statistischen Erhebungsverfahren in den neuen Bundesländern teilweise erst mit Verzögerung eingeführt werden; lange fehlten wichtige Basisdaten bzw. Totalerhebungen zur Aufschätzung von Einzelangaben bzw. zur Berechnung aussagefähiger aktueller Kennziffern. Für die Beurteilung der gesamtdeutschen Entwicklung erscheint der zurückliegende Zeitraum von drei Jahren gerade für den Bausektor ebenfalls zu kurz, als daß bereits eindeutige gesamtdeutsche Tendenzen ausgemacht werden könnten. Die Kennziffern für Deutschland, die aufgrund ihrer Zusammensetzung derselben Problematik unterliegen wie die ostdeutschen Kennziffern, gehen deshalb in diesen Abschnitt über die neuen Bundesländer mit ein. Sie sind ohnehin nur mit dem Hinweis auf die getrennten Beiträge von Ost- und Westdeutschland interpretationsfähig. 149

2.3.1 Anzahl und Größenstruktur der Baubetriebe Da die Bauwirtschaft in der DDR entsprechend den dortigen Systemanforderungen und Bedürfnissen anders organisiert war als in Westdeutschland (vgl. Abschnitt 2.2), mußte nach 1990 eine komplette Neustrukturierung erfolgen. Die rund 15 000 (zumeist sehr kleinen) privaten und produktionsgenossenschaftlichen Betriebe des Bauhandwerks der DDR führten Tätigkeiten aus, die nach westdeutscher Abgrenzung weitgehend dem Ausbaugewerbe zuzuordnen sind. Da sie aber auf maximal 10 Beschäftigte beschränkt waren, fallen die meisten Betriebe durch das Raster der jährlichen Zusatzerhebung im Ausbaugewerbe, welche nur Betriebe ab 10 Beschäftigten berücksichtigt. Aus diesem Grunde wurden 1991 im Bauhauptgewerbe mit der Totalerhebung knapp 7 000 Betriebe erfaßt, wohingegen nur knapp 2 000 Betriebe im Ausbaugewerbe der neuen Bundesländer registriert wurden (vgl. Tab. 2.34). Es ist jedoch davon auszugehen, daß die meisten der handwerklichen Betriebe von ihren ostdeutschen Besitzern weitergeführt wurden. Tab. 2.34

Anzahl der Betriebe Im deutschen Baugewerbe 1991 bis 1994 1991

Hoch-fTiefbau Spezialbau Stukkat./ Gips.Nerputz. Zimmerei/ Dachdeckerei Bauha~ptgei)

werbe Insg.

Ausbau~wer-

be insg.

1992

1993

nBL

Dtl.

4721

39563

448

8654

634

9522

87

7412

123

7714

nBL

Dtl.

6016 40753

nBL

Dtl.

nBL

Dtl.

7554 42013

9472 44261

1002 10625

1478 12267

198

7871

2289 16810

310

8321

1 739 16201

1 970 16457

6995 71 830

8743 74446 11 043 77 319 13914 82226

1982 16026

2745 16909

3841

1) Alle Betriebe. 2) Betriebe ab 10 Beschäftigten.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1

150

1994

18021

2654 17377

5029 19325

Die Kombinate der DDR-Bauindustrie mit ihren rund 500 Großbetrieben wurden unter der Leitung der Treuhandanstalt der Privatisierung zugeführt. In der Regel wurde das Kombinat zunächst als ganzes unter einer Holding zusammengefaßt, wobei zahlreiche einzelne Betriebe ausgegliedert wurden oder geschlossen werden mußten. Viele derjenigen Kombinatsbetriebe, die zu DDR-Zeiten keine Bauproduktion im eigentlichen Sinne durchführten, konnten sich noch am leichtesten, z.B. unter der Leitung der bisherigen Geschäftsführer, selbständig machen; zu nennen sind hier vor allem Planungs- und Architekturbüros (vgl. Rußig/Deutsch 1995). Die verbleibenden Betriebe wurden als GmbHs einzeln an die früheren Geschäftsführer oder an externe Interessenten verkauft, zumeist aber in größere westdeutsche Bauunternehmen eingegliedert. Über die Zahl der sich heute in westdeutscher Hand befindenden Betriebe liegen keine exakten Angaben vor, es dürfte aber bei den mittleren und großen Betrieben weit mehr als die Hälfte sein. Entwicklung der Anzahl der Betriebe

Ausgehend von diesem "Grundstock" an Betrieben des Baugewerbes in den neuen Bundesländern konnte in den darauffolgenden Jahren in allen Bereichen des Bauhauptgewerbes und im Ausbaugewerbe eine hohe Nettozunahme an Betrieben beobachtet werden (vgl. erneut Tab. 2.34). Diese Zunahme in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung erklärt sich jedoch nur zu einem Teil durch Neugründungen, vielmehr enthalten die Zahlen auch Zugänge durch Betriebsaufspaltungen sowie eine Reihe von verspäteten Ersterfassungen, die durch die verzögerte Einführung bzw. Durchführung der Totalerhebung im Bauhauptgewerbe und der jährlichen Erhebung im Ausbaugewerbe in den neuen Bundesländern verursacht wurde. Auffällig ist die kräftige Zunahme der Betriebe im Hoch- und Tiefbau seit 1991 (um rund 100 %), die 1993 aus gesamtdeutscher Sicht sogar den Rückgang in den alten Bundesländern kompensierte. Der Anteil der Betriebe im Hoch- und Tiefbau am Bauhauptgewerbe insgesamt war in den neuen Bundesländern 1994 mit 68 % wesentlich höher als in den alten Bundesländern (52 %). Die Anzahl der Betriebe im Spezialbau hat sich seit 1991 mehr als verdreifacht, dennoch spielt diese Branche des Bauhauptgewerbes mit einem Anteil von 11 % in den neuen Bundesländern noch keine so große Rolle wie in Gesamtdeutschland mit 15 % (und damit auch 151

wie in den alten Bundesländern). Vergleichsweise wenig Betriebe sind auch im Bereich Stukkateure, Gipserei, Verputzerei tätig; sie machten 1994 lediglich 2 % der Betriebe des Bauhauptgewerbes aus, gegenüber 10 % in Gesamtdeutschland. Die Zahl der Betriebe im gesamtdeutschen Ausbaugewerbe hat sich ebenfalls mehr als verdoppelt. Bei nahezu stagnierender Betriebszahl in den alten Bundesländern ist die Zunahme der gesamtdeutschen Zahl fast ausschließlich auf die Neugründungen bzw. sonstige Zugänge in den neuen Bundesländern zurückzuführen. Wegen des immer noch hohen Sanierungsbedarfs, möglicherweise aber auch wegen einer hohen Zahl an aus der DDR übernommenen Betrieben, spielt das Ausbaugewerbe in den neuen Bundesländern insgesamt eine größere Rolle als im übrigen Deutschland: 26 % aller Baubetriebe sind dort dem Ausbaugewerbe zuzuordnen, gegenüber 17 % in den alten Bundesländern (wobei allerdings die Abschneidegrenze bei der Erfassung zu berücksichtigen ist). Betriebsgrößenstruktur

Bei der Betrachtung der Größe der Baubetriebe in den neuen Ländern fällt auf, daß sich die kleinbetriebliche Struktur der alten Bundesländer scheinbar nicht ohne weiteres auf die neuen Bundesländer übertragen hat. Sowohl im Bauhauptgewerbe als auch im Ausbaugewerbe ist der Anteil der Betriebe mit unter 20 Beschäftigten deutlich geringer als in Gesamtdeutschland bzw. in den alten Bundesländern (vgl. Tab. 2.35). Zu bedenken ist allerdings, daß im Ausbaugewerbe die Betriebe mit unter 10 Personen in den Erhebungen überhaupt nicht erfaßt werden; in den alten Bundesländern machen diese Betriebe bereits etwa die Hälfte aller Betriebe aus. In der ehemaligen DDR waren rund 90 % aller Baubetriebe dem Handwerk zuzuordnen, und nahezu 40 % dieser handwerklichen Betriebe wurden als Familienbetriebe ohne Angestellte geführt (vgl. Abschnitt 2.2). Die Vielzahl dieser ganz kleinen Betriebe, die heute in den neuen Bundesländern noch vorhanden sind, werden von der Statistik nicht erfaßt; sie könnten ein noch größeres Gewicht haben als in Westdeutschland. Für das Bauhauptgewerbe besteht zudem das Problem, daß aufgrund erheblicher Verschiebungen innerhalb der Betriebsgrößenklassen während eines Jahres die Aufschätzung der monatlichen Ergebnisse der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten auf alle Betriebe für die 152

neuen Bundesländer nur eingeschränkt möglich ist. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, daß die hier verwendeten Ergebnisse für das Jahr 1993 zu niedrig angesetzt sind (vgl. Statistisches Bundesamt 1994). Tab. 2.35

Baubetriebe 1994 nach Beschiftigtengr6ßenkiassen • AnteIlswerte (In %) und Absolutwerte (Anzahl) • 1-19

20-49

50-99

100-199

200+

Anzahl der Betriebe

82226

Bauhauptgewerbe Gesamt-D

79%

14 %

4%

2%

1%

nBl

59%

25%

9%

5%

2%

13914

aBl

83%

11 %

4%

2%

1%

68312

19325

Ausbaugewerbe Gesamt-D

57 %

34%

7%

2%

1%

nBl

51 %

36%

10 %

3%

1%

5029

aBl

58%

34%

6%

2%

1%

14296

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts fOr WIrtschaftsforschung.

Geht man von der Bauberichterstattung mit der Abschneidegrenze im Bauhauptgewerbe bei 20 Beschäftigten aus, so ergibt sich: Einen deutlich höheren Anteil haben im West-Ost-Vergleich die Betriebe mit 20 bis 50 Beschäftigten, aber auch Betriebe mit 50 bis 100 Beschäftigten sind in den neuen Bundesländern noch deutlich häufiger vertreten als in Gesamtdeutschland. Der relativ große Anteil der Betriebe in den mittleren und höheren Größenklassen (ab 50 Beschäftigte) läßt sich ebenfalls als "Erbe" aus der DDR-Zeit erklären: In der Bauindustrie der DDR gab es zuletzt 99 Betriebe mit mehr als 1 000 Mitarbeitern, weitere 43 % der Betriebe hatten zwischen 250 und 1 000 Beschäftigte. Im Zuge der Privatisierung hat sich nicht nur die Zahl der extrem großen Betriebe, sondern auch die Zahl der Beschäftigten in diesen Betrieben drastisch verringert. Die verbleibenden, "reduzierten" Betriebe sind im Vergleich aber immer noch größer als die Betriebe in den alten Bundesländern.

153

2.3.2 Anzahl und Qualifikation der Baubeschäftigten Vergleicht man (mit der gebotenen Vorsicht) die zuletzt für die DDR erhältliche Anzahl der "Berufstiitigen" (ohne Lehrlinge) in der Bauwirtschaft von rund 580 000 Personen (vgl. Abschnitt 2.2) mit dem Stand von rund 405 000 Beschäftigten im Baugewerbe der neuen Bundesländer 1991, so hatte der Strukturbruch dort zunächst den Verlust von rund 30 % der Arbeitsplätze im Bausektor zur Folge gehabt (vgl. Tab. 2.36). Tab. 2.36

Erwerbstätige Insgesamt und Beschäftigte Im Baugewerbe 1991 bis 1994 - Absolutzahlen und Anteil (In %) des Baugewerbes Erwerbstätige insgesamt 1 000

Beschäftigte im Baugewerbe 1000

Anteil des Baugewerbes %

Deutschland

1991 1992 1993 1994

36564 35858 35213 34953

1822 1 880 1 945 2049

4,98 5,24 5,52 5,86

neue Bundesländer

1991 1992 1993 1994

7590 6725 6533 6629

405 433 489 583

5,34 6,44 7,49 8,79

alte Bundesländer

1991 1992 1993 1994

28974 29130 28680 28324

417 445 455 465

4,89 4,96 5,07 5,17

1 1 1 1

Quelle: Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und Fachserle 4, Reihe 5.1 j Berechnungen des Ifo Instituts.

Die Zahl der im Baugewerbe Beschiiftigten ist jedoch trotz der insgesamt bis 1993 weiter gesunkenen Zahl von Erwerbstätigen in den neuen Bundesländern bereits seit 1992 wieder angestiegen. Dies hatte eine Erhöhung des Anteils der im Baugewerbe Beschäftigten an den Erwerbstätigen insgesamt auf 8,8 % (1994) zur Folge - gegenüber einem Anteil von 5,2 % in den alten Bundesländern und 5,9 % in Deutschland. Die starke Zunahme der Beschäftigten im ostdeutschen Baugewerbe korrespondiert mit dem derzeit noch anhaltenden "Boom" des Baugewerbes; ob die zweistelligen Wachstumsraten mit der entsprechen154

den Nachfrage nach Arbeitskräften allerdings langfristig zu halten sind, wird sich erst noch zeigen müssen. Was die Verteilung der Arbeitskräfte innerhalb des Baugewerbes betrifft, so ist der Anteil der im Ausbaugewerbe Beschäftigten mit 25 % etwa genauso hoch wie in den alten Bundesländern. Die Tatsache, daß der Anteil der Betriebe im Ausbaugewerbe jedoch in den alten Bundesländern deutlich geringer ist als in Ostdeutschland (siehe oben), zeugt von der überwiegend kleinstbetrieblichen Struktur im ostdeutschen Ausbaugewerbe. Innerhalb des Bauhauptgewerbes der neuen Länder sind gemäß dem hohen Anteil der Betriebe im Hoch- und Tiefbau auch deutlich mehr Personen in diesem Wirtschaftszweig beschäftigt. Dort arbeiten 86 % aller im Bauhauptgewerbe beschäftigten Personen, im Vergleich zu 79 % in Deutschland und nur 76 % in den alten Bundesländern (vgl. Tab. 2.37). Tab. 2.37

Beschäftigte Im deutschen Baugewerbe Im Juni 1994 Deutschland Anzahl

%

neue Bundesländer Anzahl

%

alte Bundesländer Anzahl

%

1 208535

79

374411

86

834124

76

Spezial bau

82809

5

18060

4

64749

6

Stukkat./Gipserei/ Verputzerei

61248

4

5136

2

56112

5

181 113

12

37158

8

143955

13

1 533705

100

434765

100

1 098940

100

Bauinstallation

331 341

64

94665

64

236676

65

Ausbau ohne Bauinstallation

183723

36

53654

36

130069

35

Ausbaugew. insg. 2 )

515064

100

148319

100

Hoch-fTiefbau

Zimmerei! Dachdeckerei Bauhauptg. insg. 1 )

Baugewerbe Insg.

2048769

583048

366745 100 1 465685

1) Alle Betriebe. 2) Betriebe ab 10 Beschäftigten. Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5_1 ; Berechnungen des ifo Instituts filr WIrtschaftsforschung.

155

Ein entsprechend geringer Teil der Beschäftigten des ostdeutschen Bauhauptgewerbes ist in den anderen Baubereichen bzw. Fachzweigen tätig; am größten ist die Abweichung im Bereich Spezialbau, wo lediglich 4 % der Beschäftigten tätig sind, aber 11 % aller Betriebe registriert wurden. Qualifikation der Baubeschäftigten Als positives Erbe aus der DDR-Vergangenheit ist die (zumindest formal) gute Qualifikation der in der Bauwirtschaft Beschäftigten hervorzuheben: Nahezu 90 % der Baubeschäftigten konnten eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen, davon fast 60 % einen Facharbeiterabschluß und 13 % einen Fach- oder Hochschulabschluß. In den neuen Bundesländern scheint es gelungen zu sein, diese Kräfte erneut in den Produktionsprozeß des Bauhauptgewerbes einzubinden bzw. dort zu halten (vgl. Tab. 2.38), wobei jedoch nicht übersehen werden darf, daß zahlreiche Arbeitskräfte auch aus westlichen Bundesländern angeheuert wurden (zum Teil aber weiterhin dort erfaßt werden). Trotzdem wird die Arbeitsproduktivität dort noch wesentlich niedriger eingeschätzt als in Westdeutschland. Tab. 2.38

Qualifikation der Beschäftigten Im Bauhauptgewerbe 1994 • Absolutwerte und Anteil (In %) der Qualifikationen -

Deutschland I % Tätige Inhaber, unbezahlt mithelfende Angehörige

neue BL I

%

alte BL I

%

61 078

4,0

8414

1,9

52664

4,8

Kaufmänn. Angestellte

135604

8,8

30427

7,0

105177

9,6

Technische Angestellte

104455

6,8

28721

6,6

75734

6,9

Poliere, Schachtmeister und Meister, Vorarbeiter etc.

144548

9,4

35711

8,2

108537

9,9

Maurer, Betonbauer, Zimmerer, übrige Facharbeiter

632003

41,2

196368

45,3

435635

39,6

Baumaschinenführer, geprüfte Berufskraftfahrer

112995

7,4

30612

7,0

82383

7,5

Fachwerker, Werker, an~elernte Arb. m. Spezialtä .

269346

17,6

74886

17,2

194460

17,7

Azubisp Umschüler, Anlernlinge, raktikanten

73676

4,8

29626

6,8

44050

4,0

1 533705

100

434765

100

1 098940

100

Insgesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

156

Der Anteil der Maurer, Betonbauer, Zimmerer und übrigen Facharbeiter ist im Bauhauptgewerbe der neuen Länder mit über 45 % wesentlich höher als im ehemaligen Bundesgebiet 'mit knapp 40 %. Im Gegensatz zu der als zu umfangreich beklagten Verwaltung vor 1989 gibt es in den neuen Bundesländern derzeit aber deutlich weniger tätige Inhaber sowie kaufmännische und technische Angestellte. Der ·Oberbau· scheint mit einem Anteil von insgesamt 15,5 % sogar wesentlich ·schlanker" als in den alten Bundesländern (21,3 %) zu sein; vielfach werden derzeit gerade Planungs- und Abrechnungsleistungen sowie z.B. Verhandlungen mit Subunternehmen (noch) von den westdeutschen oder ·westlichen· Zentralen durchgeführt. Relativ hoch war zunächst in den neuen Bundesländern der Anteil der Auszubildenden, Praktikanten und Anlernlinge; er erreichte mit 7,5 % 1993 mehr als das Doppelte des westdeutschen Anteils. 1994 haben sich die Anteile in bei den Teilen Deutschlands bereits wieder etwas angenähert (6,8 % und 4,0 %).

2.3.3 Meßziffern der Bauproduktion Als Meßziffer für die Produktion des Bausektors in den neuen Bundesländern wird aus Gründen der Verfügbarkeit von Daten zunächst der baugewerbliche Umsatz des Bauhauptgewerbes verwendet. Es handelt sich dabei um die steuerbaren Beträge für Bauleistungen; diese beinhalten die Vorleistungen anderer Wirtschaftszweige, nicht aber den Wert von selbsterstellten Anlagen und von Beträgen für Nicht-Bauleistung. Für Aussagen über die Produktion des gesamten Baugewerbes wird anschließend die Bruttowertschöpfung herangezogen, welche vom Umsatz durch den Abzug der Vorleistungen und das Hinzurechnen des Wertes der selbsterstellten Anlagen errechnet wird. BaugewerblIcher Umsatz

1994 wurde rund ein Viertel der gesamtdeutschen Umsätze des Bauhauptgewerbes von Unternehmen in den neuen Bundesländern erwirtschaftet (vgl. Tab. 2.39), bei einem Anteil von 28 % der Beschäftigten (vgl. oben). In den neuen Bundesländern waren die Umsatzsteigerungen der letzten Jahre mit 20 % und zuletzt 34 % äußerst hoch, sie konnten im gesamtdeutschen Ergebnis sogar die negative Wachstumsrate der alten Bundesländer im Rezessionsjahr 1993 mehr als kompensieren. 1994 157

stiegen die gesamtdeutschen Umsätze um knapp 12 %, wobei auch die alten Bundesländer mit 6,1 % wieder zu diesem Wachstum beitragen konnten. Tab. 2.39

BaugewerblIcher Umsatz des Bauhauptgewerbes 1991 bis 1994

- Absolutwerte (In Mrd. DM, gerundet) und Verinderungsraten (In %, gerundet) -

Mrd. DM

1991

1992

1993

1994

218

220

246

Veränderung zum Vorjahr in %

1992/93 Deutschland neue Bundesländer alte Bundesländer

155

1993/94

0,7

12,0

39

47

63

20,0

33,8

179

173

183

- 3,5

6,1

Quelle: Statistisches Bundesamt, Monatsberichte Bauhauptgewerbe; Berechnungen des ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Von den westdeutschen Umsatzzuwächsen dürfte ein nicht zu vernachlässigender Teil in den neuen Bundesländern erwirtschaftet worden sein, da die Umsätze der Betriebe stets am Standort des Basisunternehmens erfaßt werden. Das bedeutet im Gegenzug auch, daß die vor Ort von Betrieben in den neuen Bundesländern erzielten Umsätze vermutlich höher sind, als in der Statistik wiedergegeben wird (vgl. Spiliner/Rußig 1995). Die Verteilung der Umsätze auf die drei großen Bausparten läßt noch deutliche Unterschiede zwischen ·Ost· und ·West· erkennen. Während 1994 in den alten Bundesländern 40 % der Umsätze des Bauhauptgewerbes auf den Wohnungsbau entfallen, sind es in den neuen Bundesländern erst 28 %. Die Tendenz ist hierbei allerdings steigend, wie ja auch die Investitionen in Wohnungsbauten in den letzten zwei Jahren stärker zugenommen haben (vgl. Abschnitt 3.4). Auf gesamtdeutscher Ebene ergibt sich als gewogenes Mittel ein Umsatzanteil von 36 % für die Wohnungsbauumsätze. Der gewerbliche Bau hält in den neuen Bundesländern bis zum letztverfügbaren Nachweis mit 40 % noch den größten Anteil an den Umsätzen des Bauhauptgewerbes, im Vergleich zu bloß 32 % in den alten Bundesländern. Auch der Anteil der Umsätze aus dem öffentlichen Bau, der aufgrund des Nachholbedarfs im Infrastrukturbereich anfangs stark über Transferzahlungen forciert wurde, liegt in den

158

neuen Bundesländern rund 4 Prozentpunkte höher als in den alten Bundesländern (28 %). Baugewerblicher Umsatz je Beschäftigtem Aufgrund der kontinuierlichen Rationalisierung und Spezialisierung in den Betrieben bei rasch steigenden Umsätzen konnte die Arbeitsproduktivität im ostdeutschen Baugewerbe in den vier Jahren seit 1990 erheblich gesteigert werden. Gemessen am baugewerblichen Umsatz je Beschäftigtem in Preisen von 1991 lag die Produktivität im Baugewerbe der neuen Länder 1991 trotzdem erst noch auf einem Niveau von etwa 55 % der alten Länder. Nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (vgl. Loose 1995) dürfte sich das Produktivitätsniveau im Vergleich mit den alten Bundesländern im Jahre 1994 bereits auf 80 % im Bauhauptgewerbe bzw. auf 75 % im Ausbaugewerbe erhöht haben (vgl. Abb. 2.30). Auch wenn dem Rechenansatz wegen der Verwendung des (unbereinigten) Umsatzes als Outputgröße mit Skepsis zu begegnen ist, so kann doch davon ausgegangen werden, daß die Angleichung rasch weiter vorankommen wird. Abb.2.30

Umsatz pro Beschäftigten Im ostdeutschen Baugewerbe 1991 bis 1994 alte Bundesländer =

100

100,-----------------------------------------------,

40 20

o

1991 •

1992 Bauhauptgewerbe

1993

0

1994

Ausbaugewerbe

Quelle: Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.

13 BauwIrtschaft

159

Bruttowerlschöpfung des Baugewerbes Das Baugewerbe trägt in den neuen Bundesländern mit einem Anteil von inzwischen fast 17 % (1994) in beträchtlichem Umfang zum dortigen Bruttoinlandsprodukt bei. In den alten Bundesländern lag der Beitrag des Baugewerbes in den letzten vier Jahren dagegen konstant um die 5,2 %. In Gesamtdeutschland liegt der Beitrag entsprechend höher; dort wurden zuletzt 6,2 % des Bruttoinlandsprodukts von der Bauwirtschaft erbracht (vgl. Tab. 2.40). Tab. 2.40

Bruttowerlschöpfung des Baugewerbes 1991 bis 1994 - Absolutwerte (In Preisen von 1991) und Anteile (In %) am Bruttoinlandsprodukt Mrd. DM

Deutschland neue Bundesländer alte Bundesländer

1991

1992

161,51

172,45

24,26

31,88

137,25

140,57

1993

Anteil am BIP in %

1994

1992 1993 1994

5,7

5,9

5,9

6,2

43,27 11,8

14,4

14,8

16,8

5,2

5,1

5,2

170,51 182,87 35,24

1991

135,27 139,60

5,2

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Betrachtet man in diesem noch kurzen Zeitraum den Anteil der neuen Bundesländer an der Bruttowertschöpfung der gesamtdeutschen Bauwirtschaft (hier definiert als Bauhaupt- und Ausbaugewerbe), so läßt sich eine Steigerung von 15,0 % (1991) auf 23,7 % (1994) feststellen. Der Anteilswert bei der Bevölkerung, aber auch bei den gesamten Erwerbstätigen wird also im Bausektor mittlerweile kräftig übertroffen.

3 Umfang und Nutzung der Bauwerksbestände sowie Stand und Entwicklung der Bautätigkeit zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken Vorbemerkungen

Da es sich beim Baugewerbe um ein "Bereitstellungsgewerbe" handelt (vgl. Kapitel 1), sind die von Bauhaupt- und Ausbaugewerbe, aber auch von anderen Zweigen des produzierenden Gewerbes sowie von privaten und staatlichen Dienstleistern oder durch die Eigenleistung aller Sektoren erbrachten Bauleistungen in hohem Maße von Veränderungen der Nachfrage nach Leistungen zur Errichtung und (Substanz-)Erhaltung von Bauwerken abhängig. Durch verändertes Nachfrageverhalten war in den siebziger und achtziger Jahren eine Verschlechterung der Ausgangsbedingungen für die westdeutsche Bauwirtschaft eingetreten, wodurch besonders im Bauhauptgewerbe ein intensiver Strukturwandel ausgelöst wurde. Der erneute Aufschwung seit Ende der achtziger Jahre bestätigt die Bedeutung von Nachfrageveränderungen, z.B. im Wohnungsbau durch den plötzliChen Bevölkerungszustrom, oder speziell auch des Verhaltens des Staates. Letzterer wirkt sowohl direkt durch seine Investitions- und Instandhaltungstätigkeit als auch indirekt durch seine Wohnungs- und Gewerbepolitik in erheblichem Maße auf die Bautätigkeit ein. Nachdem im vorigen Kapitel 2 die Seite bestimmter Produzenten von Bauleistungen bzw. Gebäuden in Ausschnitten betrachtet worden ist, steht nun also der Bedarf an Bauwerksnutzungen bzw. die Verwendung der mit diesen Bauleistungen errichteten oder erhaltenen Hochund Tiefbauten im Vordergrund. Nach der - gegenüber der ursprünglichen, sehr breiten Abgrenzung von "Bauwirtschaft" (vgl. Abschnitt 1.2) - einengenden Betrachtung des Bau(haupt)gewerbes in Kapitel 2 werden jetzt also wieder die kompletten Bauwerke (und das "Drumherum") und die zu diesen beitragenden Leistungen sämtlicher Wirtschaftszweige betrachtet. Beim Baubedarf handelt es sich streng genommen nicht um einen Bedarf an Bauwerken als solchen, vielmehr geht es um den Bedarf an den periodenbezogenen Leistungen, den die langlebigen Wirtschaftsgüter "Bauwerke" kontinuierlich abgeben, also um die Bauwerksnutzungen pro Konsumperiode.

13'

161

Beim Baubedarf muß zudem je nach Bauherr bzw. Nutzer (das sind nach der Unterteilung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) die privaten Haushalte, die Unternehmen und die staatlichen Institutionen) nach den verschiedenen angestrebten Nutzungszwecken und Zielen unterschieden werden, die wiederum von den speziellen Motiven und Zielen der Bauwerksnutzer abhängen. Erst hieraus ergeben sich Art, Lage, Qualität und Quantität der angestrebten Bauwerksnutzung und die entsprechenden Anforderungen an die zu erstellenden Bauleistungen (vgl. die schematischen Darstellungen in Anhang A 3.1.1 und A 3.1.2). Die von den Bauherren letztendlich gewünschte Zahl und Art von Bauwerken bzw. deren Nutzung wird - ausgehend von einem gegebenen Bestand (hier referiert anhand des Anlage- bzw. Bauvermögens und des Wohnungsbestandes) - zum Ausgangszeitpunkt ermittelt, wobei auch die Art der Nutzung und die Besitzverhältnisse sowie deren gegenwärtiger Zustand (z.B. Alter) von großer Bedeutung sind. Aus der Gegenüberstellung und Saldierung der individuellen und gesellschaftlichen Vorstellungen über eine optimale oder Mindestversorgung der Bevölkerung mit Bauwerksnutzungen ergibt sich der Bedarf an Substanzerhaltung und -anpassung sowie an Umbau- und Neubautätigkeit. Je nach den unterschiedlichen Wünschen und vor allem der Finanzkraft der Nachfrager (vgl. hierzu auch Kapitel 5) wird schließlich eine bestimmte Nachfrage nach Bauleistungen realisiert (die jedoch nicht zwingend zur Bedarfsdeckung führt). Diese Nachfrage nach Bauwerken und deren Nutzung von privaten Haushalten und Unternehmen sowie vom Staat erfaßt sowohl werterhöhende Reparaturen als auch die Neubaumaßnahmen, welche den drei Bausparten Wohnungsbau, Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau zugeordnet werden können. Diese Bauinvestitionen werden hier als hauptsächliche Kennziffer für die Verwendung von Bauleistungen und für die Veränderung der Bauwerksbestände herangezogen. Auch das vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) berechnete Bauvolumen wird häufig zur Messung der Bautätigkeit verwendet, wobei die Berechnung auf der Basis der Leistungen der verschiedenen Produzenten (also von der "Angebotsseite" her) erfolgt. In der Gesamtsumme unterscheidet sich das Bauvolumen lediglich durch den Wert der Militärbauten und der nicht werterhöhenden Reparaturen, die zusätzlich enthalten sind, von den Bauinvestitionen. Wegen der (bei den Bauinvestitionen in dieser Form nicht verfügbaren) Untergliederung in Hoch- und Tiefbau sowie wegen der feineren 162

Differenzierung im öffentlichen Bau wird das Bauvolumen im folgenden zur Verdeutlichung von strukturellen Anteilsverschiebungen herangezogen, ansonsten werden aber zur Wiedergabe der wertmäßigen Bautätigkeit ausschließlich die Bauinvestitionen verwendet. Gewissermaßen als Uährlich festgehaltenes) Ergebnis der Investitionen in Bauwerke stehen am Ende dieser (Gedanken-)Ketten die fertiggestellten oder modernisierten Wohn- und Nichtwohngebäude sowie die Tiefbauten als Bestandsgröße "Bauwerksbestände". Die in den Fertigstellungsstatistiken vorhandene Unterteilung nach Bauherren, Gebäudearten, Nutzungsart und Qualität der fertiggestellten Gebäude bietet dabei weitere nützliche Zusatzinformationen darüber, welche Art von Bauwerken von wem wofür verwendet wird. Da in diesen Statistiken nicht zu Marktpreisen, sondern zu veranschlagten Baukosten bewertet wird, sollen diese Informationen über die Wertentwicklung der Bautätigkeit ebenfalls nur zur Darstellung von Strukturanteilen und -entwicklungen herangezogen werden.

3.1

Niveau und Veränderung von Bauvermögen und Bauwerksbeständen in Westdeutschland

Den Ausgangspunkt für die Nachfrage nach Bauleistungen jeglicher Art bildet also der zum jeweiligen Zeitpunkt vorhandene Bestand an Bauwerken: Erst aus dem Saldo zwischen einerseits den vorhandenen Bauwerken und andererseits den Nutzungswünschen von potentiellen Bauherren bzw. Nutzern ergibt sich u.U. ein zusätzlicher Bedarf an Neu- bzw. Anpassungsbauleistungen. Da der Bauwerksbestand lediglich für Wohngebäude separat erfaßt und fortgeschrieben wird (vgl. Abschnitte 1.3.3 und 3.1.2), muß für Aussagen über den Bestand an Nichtwohngebäuden auf die Anlagevermögensrechnung zurückgegriffen werden, die das Ausrüstungsund das Bauvermögen der gesamten Volkswirtschaft nach Sektoren und Wirtschaftszweigen ausweist. 3.1.1 BruHoanlage- und -bauvermögen 3.1.1.1 Niveau und Struktur des Anlagevermögens Wie bereits in Kapitel 1 erläutert (vgl. Abschnitt 1.3.1), wird das Anlageverm6gen auch für die amtlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) auf dem Umweg über die Aufsummierung der 163

Investitionen vergangener Perioden unter Berücksichtigung von Verschleiß und Abgängen errechnet. Die ifo Anlageverm6gensrechnung weist gegenüber den Berechnungen in den VGR zusätzlich zum Eigentümerkonzept das Ausrüstungsund Bauvermögen auch nach dem Benutzerkonzept aus; auf letzteres wird hier vornehmlich zurückgegriffen. Da seit geraumer Zeit, vor allem aufgrund des finanziellen Risikos, das Leasing von Anlagen gegenüber dem Kauf an Bedeutung gewonnen hat, erscheint der Nachweis der Anlagen auf der Seite der Eigentümer den realen Kapital bedarf der einzelnen Wirtschaftszweige und Unternehmen immer weniger korrekt wiederzugeben (vgl. Tab. 3.1). Tab. 3.1

BruHoanlagevermögen In Westdeutschland 1994 nach Sektoren sowie nach Elgentümer- und Benutzerkonzept Eigentümerkonzept

Benutzerkonzept

Abweichung in%

Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei

360729

362738

0,6

Energie/Wasserversorgung

568048

643531

13,3

61 872

65882

6,5

1 570120

1 772877

12,9

Baugewerbe

100037

122544

22,5

Handel

516058

757540

46,8

Verkehr/Nachrichtenübermittlung

838764

873653

4,2

Bergbau Verarbeitendes Gewerbe

KrediWersicherung

256652

274519

7,0

Sonstige Dienstleistungen

1 342633

724493

·46,0

Staat/private Organisationen ohne Erwerbszweck

1 242717

1 259764

2,4

Insgesamt (ohne Wohnungsvermietung)

6857631

6857541

-

Quelle: ifo Anlagevermögensrechnung (Müller 1994).

Gerade Rezessionsjahre scheinen für die Leasingbranche Wachstumsjahre (gewesen) zu sein. 1993 erhöhte sich die gesamtwirtschaftliche Leasingquote aufgrund der fast 40-prozentigen Zunahme des Immobilien-Leasing von 10,7 % auf 11,4 %. Mit der Zunahme der ge164

samtwirtschaftlichen Investitionen ging diese Quote 1994 wieder auf 10,9 % zurück; das immer noch expandierende Immobilienleasing konnte die Verluste beim Ausrüstungsleasing also nicht mehr vollständig kompensieren (vgl. Städler 1995). Der Handel und das verarbeitende Gewerbe, aber eben auch das Baugewerbe sind die Bereiche, in denen die größten Abweichungen zwischen Eigentümern und Nutzern bestehen. In diesen Branchen werden deutlich mehr Bauten und Ausrüstungen verwendet als errichtet oder gekauft, d.h. sie werden mit hohen Anteilen gemietet oder geleast. Unter den sonstigen Dienstleistungen sind vor allem die Vermieter solcher Anlagen zusammengefaßt, daher kommt die große Diskrepanz zwischen Eigentum und Nutzung in diesem Bereich. Im folgenden wird, wenn nicht anders genannt, das Anlagevermögen stets nach dem Benutzerkonzept als Bruttoanlagevermögen zu Preisen von 1991 angegeben. Die Angabe zu konstanten Preisen hat gegenüber der Angabe zu Wiederbeschaffungspreisen den Vorteil, daß eine inflationäre Überhöhung vermieden wird und die Vergangenheitsentwicklung mit aussagekräftigen Werten nachgewiesen werden kann. Auf die Darstellung des Nettoanlage- oder -bauvermögens (d.h. des Wertes der Anlagen oder Bauwerke abzüglich der jährlichen Absetzungen für Abnutzung) wird verzichtet; stattdessen wird solange mit dem vollen Neuwert der Anlagen oder Bauwerke (also "brutto") gerechnet, bis diese altersbedingt völlig aus dem Bestand ausscheiden. Das gesamte reale Bruttoanlagevermögen aller Wirtschaftszweige (ohne Wohnungsvermietung) hat sich in Westdeutschland seit 1970 von 3 161 Mrd. DM auf 6 858 Mrd. DM im Jahre 1994 mehr als verdoppelt. Der Anteil des Bauvermögens der genannten Wirtschaftszweige am Bruttoanlagevermögen (welches übrigens der Konvention nach meist ohne den öffentlichen Tiefbau ausgewiesen wird) schwankte dabei stets um die 60 %; er lag Anfang der siebziger Jahre etwas darunter und stieg danach leicht, aber kontinuierlich an bis auf 62,5 % (1990). Bis 1994 war erneut ein leichter Rückgang auf 62,0 % zu verzeichnen. Bezieht man den zu einem hohen Prozentsatz aus (vielfach die Wohnungen selbstnutzenden) Privathaushalten bestehenden Sektor Wohnungsvermietung in die Betrachtung der Wirtschaftszweige mit ein, so kommt man auf einen Anteil des Bauvermögens am Anlagevermögen von knapp 80 %. In diesem hohen Anteilswert findet die Langlebigkeit aller Kategorien von Bauwerken ihren meßbaren Niederschlag - auch dies kann als ein Ausdruck für die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Bauwirtschaft angesehen werden. 165

3.1.1.2 Entwicklung und Zusammensetzung des Bauvermögens Das gesamtwirtschaftliche Bruttobauvermögen ist seit 1970 (4 524 Mrd. DM) trotz der zwischenzeitlich kräftigen Schwankungen in der Investitionstätigkeit beständig angestiegen und hatte zuletzt (1994) in Preisen von 1991 einen Wert von 9 573 Mrd. DM. Zu diesem Anstieg haben die einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich beigetragen (vgl. Abb. 3.1): Die prozentual stärkste Zunahme war bei den Unternehmen zu beobachten, die schwächste beim Staat. Das größte Bauvermögen liegt nach wie vor beim Sektor Wohnungsvermietung; auch dort fand zwischen 1970 und 1994 eine Verdoppelung statt. Abb.3.1

Bruttobauvermögen der drei großen Sektoren 1970 bis 1994 - Reale Absolutwerte nach dem Benutzerkonzept Mrd, DM In Preisen von 1991 (Tausend)

5

4

3

2

L'_,,-,,-"-"-"-'-"-'------'-"-"-"-"i' Staat

1

Quelle: ifo Anlagevermögensrechnung (Maller 1994).

Aussagekräftigere Informationen über intra- und intersektorale Verschiebungen beim Ballvermögen gibt die Untersuchung der einzelnen Wirtschaftszweige. Letztere werden dazu - in Abweichung von der sonst üblichen Vorgehensweise - so aggregiert, daß eine Entsprechung der betrachteten Sektoren mit den drei Bausparten gewährleistet ist: Der Wirtschaftszweig "Wohnungsvermietung", der sowohl Eigennutzer (also private Haushalte) als auch gewerbliche Wohnungsvermieter umfaßt, entspricht der Bausparte "Wohnungsbau·; dafür werden die Unternehmen ohne Wohnungsvermietung als "ge166

werblicher Bau" bzw. "Wirtschaftsbau" ausgewiesen. Die sonst mit dem Staat zusammengerechneten "privaten Organisationen ohne Erwerbszweck" werden hier bei den Unternehmen, also beim gewerblichen Bau erfaßt, die Gebietskörperschaften und die Sozialversicherung bilden die Sparte "öffentlicher Bau". Gewerblicher Sektor (Unternehmen ohne Wohnungsvermietung)

Das gesamte unternehmerische Bauvermögen belief sich 1994 brutto auf 3 166 Mrd. DM, nachdem sein Niveau vom gewählten Ausgangszeitpunkt 1970 (etwa 1 400 Mrd. DM) kontinuierlich gestiegen war. Es wies somit von allen Bausparten das höchste Wachstum auf. Sein Anteil am gesamtwirtschaftlichen Bauvermögen stieg dementsprechend von etwa 30 % (1970) auf rund 33 % (1994). Innerhalb des so abgegrenzten Sektors sind die Subsektoren"Landund Forstwirtschaft, Fischerei", "Energie- und Wasserversorgung, Bergbau" und das "verarbeitende Gewerbe" mit einem Anteil von 1 447 Mrd. DM oder 47 % als die "waren produzierenden" Wirtschaftszweige vertreten (vgl. Abb. 3.2); auf das "Baugewerbe" entfallen weitere 56 Mrd. DM oder 2 %, so daß der aufsummierte Anteilswert rund 49 % erreicht. Das Bauvermögen des primären Sektors (d.h. insbesondere der Land- und Forstwirtschaft) betrug 1994 etwa 215 Mrd. DM; es ist im analysierten Zeitraum kaum noch gestiegen. Bei Betrachtung des gesamten Anlagevermögens ist sogar ein Anteilsverlust des primären Sektors festzustellen, der den allgemeinen Bedeutungsverlust speziell der Landwirtschaft widerspiegelt. Das verarbeitende Gewerbe dagegen steigerte in diesem Zeitraum seinen Anteil am Bauvermögen von etwa 400 Mrd. DM auf über knapp 750 Mrd. DM, wobei dieser Anstieg ab Mitte der achtziger Jahre etwas abflachte. Die im Subsektor "Energie- und Wasserversorgung, Bergbau" zusammengefaßten Wirtschaftszweige konnten ihr Bauvermögen von ursprünglich 162 Mrd. DM (1970) bis 1994 mehr als verdoppeln (482 Mrd. DM). Der tertiäre Sektor mit den Subsektoren "Handel", "Verkehr und Nachrichtenübermittlung", "KreditinstituteundVersicherun gsunternehmen" und den "sonstigen Dienstleistungen" hatte 1994 nach dem Nutzerkonzept mit 1 663 Mrd. DM oder 53 % den größeren Anteil am unternehmerischen Bauvermögen. Das Eigentümerkonzept weist zum Vergleich einen Anteil des tertiären Sektors am Bruttobauvermögen von immerhin 59 % aus. Auffälligerweise ist aber das Bauvermögen in diesem Sektor selbst nach dem Benutzerkonzept seit 1970 wesentlich 167

stärker gestiegen als im waren produzierenden Gewerbe; 1970 hatte sein Anteil erst 44 % betragen. Abb.3.2

Bruttobauvermögen des warenproduzierEmden Gewerbes 1970 bis 1994 Mrd. DM in Praisan von 1991 8DD.---------------------------------~----------~

ver.rb.'tendend •• Gewerb.

600

- - - - - -

400

- - - - - - - - -

L.nd- und Foratwlrtach./Flschere'

200~~~__~==~--------~-----~-~-~-~---~-~-~-~-~-~-~-~-~-~

O~L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-L-~

70

72

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

Quelle: 110 Anlageverm6gensrechnung (Müller 1994).

Sowohl der Subsektor Handel als auch der Subsektor Verkehr haben ihr Bruttobauvermögen seit 1970 bis 1994 auf jeweils über 500 Mrd. DM mehr als verdoppeln können (vgl. Abb. 3.3), wobei das Bauvermögen des Handels in den letzten Jahren merklich rascher zugenommen hat als das des Subsektors Verkehr/Nachrichtenübermittlung. Die "sonstigen Dienstleistungen" haben ihr Bruttobauvermögen sogar von 123 Mrd. DM auf 386 Mrd. DM mehr als verdreifacht. Diese Tatsache kann mit der generellen Expansion der Dienstleistungen und der entsprechenden Zunahme an Bürogebäuden erklärt werden, die Entwicklung war aber auch von Ausgliederungen beeinflußt. Die Immobilienfonds und Leasinggesellschaften, die in diesem Subsektor enthalten sind und die bei Berechnungen nach dem EigenWmerkonzept für dessen starke Expansion verantwortlich sind, haben nach dem hier verwandten Benutzerkonzept ein Bauvermögen von (fast) Null.

168

Abb.3.3

Bruttobauvermögen des tertiären Sektors 1970 bis 1994 Mrd. DM in Preisen von 1991

600r---------------------------------------------, 500 400 300 200 100 OL-~~~~~~~~~~~_L_L_L_L_L_L_L_L_L_L_L~

70

72

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

Quelle: 110 Anlagevermögensrechnung (Mlllier 1994).

Staat (Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) Das öffentliche Bruttobauvermögen ist im Beobachtungszeitraum wesentlich schwächer angewachsen als das der Unternehmen oder der Wohnungsvermietung (vgl. nochmals Abb. 3.1), ein Resultat der nachlassenden öffentlichen Investitionstätigkeit bei gleichzeitig zunehmendem Alter des Bauvermögens. Dessen Wert betrug 1994 rund 850 Mrd. DM, was einem Anteil von 9 % des gesamtwirtschaftlichen Bruttobauvermögens entspricht; der Anteilswert hat sich seit 1970 nicht wesentlich geändert. Läßt man den Wohnungsbau aus der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung heraus, so käme für den Staat ein ebenfalls etwa gleichbleibender Anteil von 20 % zustande. Zum Bruttobauvermögen des Staates zählen allerdings auch noch Gebäude und Tiefbauten aus der Zeit des regen Infrastrukturausbaus in den sechziger und siebziger Jahren. Ein Vergleich mit dem Nettobauvermögen, welches bereits 1987 weniger als 70 % des Bruttowertes betragen hatte, bescheinigt dem öffentlichen Bauvermögen einen deutlichen "Modernitätsverlust" (vgl. Vogel 1988). 169

Wohnungssektor (einschließlich Eigennutzung) Ein vergleichsweise kräftiger Anstieg des Bruttobauvermögens war in der Sparte Wohnungsbau zu verzeichnen. Seit 1970 fand praktisch eine Verdoppelung des Bruttobauvermögens auf rund 5 300 Mrd. DM statt. Der Wohnungssektor konnte seinen Anteif am gesamtwirtschaftlichen Bauvermögen seit 1970 (etwa 58 %) dennoch nicht weiter ausbauen, vielmehr büßte er bis 1994 etwa drei Prozentpunkte gegenüber dem insgesamt noch stärker expandierenden Unternehmenssektor ein. 3.1.1.3 Altersstruktur des Bruttobauvermögens Die Angaben über das westdeutsche Bauvermögen im vorigen Abschnitt sind für eine detaillierte Analyse des Bestandes an Bauwerken an sich noch zu global. Die amtliche Statistik stellt allerdings außer der Untergliederung nach Sektoren und Wirtschaftszweigen kaum weitergehende Daten über das Bauvermögen zur Verfügung. Während im Wohnungssektor noch eine Bestandsfortschreibung mit Angaben über die Anzahl der Gebäude sowie Raumzahl, Größe, Alter und räumliche Verteilung der Wohnungen existiert (vgl. Abschnitt 3.1.2), fehlen entsprechende Angaben über den Bestand an Nichtwohnbauten. Lediglich die Altersstruktur des Bauvermögens kann weiteren Aufschluß geben über den Zustand dieser Gebäude und Tiefbauten sowie über den eventuell daraus abzuleitenden Bedarf an Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen (vgl. Abb. 3.4). Bei den Unternehmen (ohne Wohnungsvermietung) ist der Anteil der neuen Gebäude (Alter 0 bis 5 Jahre) von 24 % (1970) zunächst bis auf 16,8 % (1990) zurückgegangen, er stieg dann 1994 vorübergehend bis auf 17,3 % an und betrug am Jahresanfang 1995 wieder 16,7 %. Der Anteil der über 30-jährigen Bauwerke lag 1970 noch bei 20,9 %, sank bis 1980 auf 13,4 % (der Anteil der 20- bis 30-jährigen Bauwerke war 1970 kriegsbedingt besonders niedrig, daher der niedrige Wert der über 30-jährigen Bauten in den achtziger Jahren) und stieg seitdem wieder kontinuierlich bis 22,7 % (1995) an. Das Durchschnittsalter der Bauwerke hielt sich insgesamt etwa zwischen 20 und 21 Jahren (zuletzt etwas ansteigend). Unter den betrachteten drei Sektoren haben die Unternehmen somit das "jüngste" Bauvermögen. Im Wohnungssektor war der Anteil der Gebäude unter 5 Jahren stets etwas geringer als bei den Unternehmen. Angefangen von 22,6 % (1970) fiel der Anteil relativ stark auf 15,9 % (1980) und weiter bis auf 170

11,8 % (1990). Danach machte sich die lebhafte Neubautätigkeit seit Ende der achtziger Jahre schließlich auch in einer erneuten Zunahme dieses Anteils bemerkbar; er belief sich Anfang 1995 auf 13,2 %. Abb.3.4

Altersaufbau des Bruttobauvermögens in Westdeutschland nach Sektoren 1970, 1984 und 1994 Unternehmen (ohne Wohnung.vermietung)

3.r-----------------------------, Prozent

UIDD ,.70

_ ..84 0 ....

WOhnung.vermletung

0-'

5-10

10-20

UIDD 1970

_

1984

20-30

0

uber 30

19 ••

Staat (OhM CUf. Tiefbau)

Promnt 40r==-----------------------~

C5-10

10-20

mm 1970 m HI84

20-30

uber 30

01996

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3.

171

Der Anteil der über 30-jährigen Bauten war dagegen im Wohnungssektor stets wesentlich höher als bei den gewerblichen Bauten (Wohnungen werden anscheinend doch eher "für die Ewigkeit" gebaut): Angefangen von 27,5 % (1970) sank der Anteil zunächst bis 1980 auf 18,7 % (30 bis 40 Jahre zuvor, also während des Krieges, hatte sich die Neubautätigkeit zwangsläufig auch hier auf niedrigem Niveau bewegt). Danach stieg der Anteil der über 30-jährigen Bauten jedoch kontinuierlich und stark an bis auf 31,8 % im Jahre 1995. Auch das Durchschnittsalter ist bei den Wohnungen entsprechend höher als bei den gewerblichen Bauten: Nach einer Abnahme von 25,6 Jahren (1970) auf 24,3 Jahre (1980) stieg es auf 26,7 Jahre Anfang 1995. Die vergleichsweise ungünstigste Altersstruktur unter den drei großen Sektoren weisen die öffentlichen Bauten (hier - wie meist - ohne Tiefbauten; mit dieser Bauwerkskategorie wäre das Durchschnittsalter der staatlichen Bauwerke bestimmt noch höher) auf. Der Anteil der unter 5-jährigen Bauten sank von 24,4 % (1970) auf 10,5 % (1995). Der relativ hohe Anteil der über 30-jährigen Bauten war zunächst noch länger als in den anderen Sektoren rückläufig (von 35,8 % in 1970 auf 23 % in 1984), stieg dann aber bis 1995 wesentlich stärker an (30,4 %). Das Durchschnittsalter ist hier mit 27,7 Jahren (1995) am höchsten. Insgesamt läßt sich also eine - unterschiedlich ausgeprägte - Tendenz zur Überalterung des Bauwerksbestandes in Westdeutschland oder zumindest zu einer Zunahme der älteren Bauten erkennen, was auf einen erhöhten zukünftigen Bedarf an Instandhaltungs- und/oder Modernisierungsbauleistungen hinweist.

3.1.2 Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen Der Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen wird - im Gegensatz zum Bestand an Nichtwohngebäuden - von amtlicher Seite durch die jährliche Fortschreibung von in größeren Abständen durchgeführten Gebäude- und Wohnungszählungen (GWZ) festgehalten (vgl. Abschnitt 1.3.1 in Kapitel 1). Auch wenn die "Qualität" der (hochgeschätzten) Daten mit diesen Totalerhebungen nicht vergleichbar ist, so können doch aus den Gebäude- und Wohnungsstichproben nützliche Zusatzinformationen über die Wohnungsbestände und deren Entwicklung gewonnen werden. Dies gilt nicht nur wegen der größeren Aktualität, vielmehr sind häufig auch mehr Erhebungstatbestände aufgenommen bzw. in stärkerer Differenzierung nachgewiesen.

172

3.1.2.1 Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung 1987 Bis zur jüngsten, mit Stichtag 25.4.1987 durchgeführten Gebäudeund Wohnungszählung wurde der Wohnungsbestand auf der Basis der Zählung aus dem Jahre 1968 aus dem jeweiligen Bestand in der Vorperiode, den im laufenden Jahr insgesamt bzw. "brutto· fertiggestellten Wohnungen und den amtlich erlaBten Abgängen fortgeschrieben. Die 1987 im ehemaligen Bundesgebiet durchgeführte Tota/erhebung ergab einen Bestand von fast 12,4 Mill. Gebauden mit Wohnraum und bewohnten Unterkünften (vgl. Tab. 3.2). In diesen Gebäuden waren insgesamt knapp 26,6 Mill. Wohneinheiten vorhanden. Darunter befanden sich 26,3 Mill. Wohnungen (d.H. Wohneiheiten mit Küche/Kochnische), von denen 25,8 Mill. bewohnt waren, folglich rund 0,5 Mill. oder knapp 2 % (mehr oder weniger vorübergehend) aus unterschiedlichen Gründen leer standen (vgl. Knop 1989). Tab. 3.2

Wohngebäude und Wohnungen In Westdeutsch land 1987 - Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung; Anzahl In 1 000 davon

Gebäude mit Wohnraum und Unterkünfte

Wohngebäude

12365

11 928

Wohnheime

bäude mit Wohnraum

Unterkünfte

395

36

6

Wohnungen in ...

Wohnungen und sonstige Wohnei~hei-

Wohngebäuden

Wohnheimen

26595

25541

152

ten

Sonsti~~ Ge-

Gebäuden mit Wohnraum

sonstig~

586

Sonstige Wohneinheiten

316

1) In Gebäuden mit Wohnraum und Unterkünften. 2) Inkl. Wohngebäude mit 1 oder 2 Freizeitwohnungen.

Quelle: Statltlstsches Bundesamt, Fachserle 5, Heft 1 (1989).

Mit den Ergebnissen dieser Gebäude- und Wohnungszählung 1987 wurde bestätigt, daB die Abgange wegen nicht erlaBter Umwandlungen oder Zusammenlegungen in den amtlichen Fortschreibungen des 173

Wohnungsbestandes immer zu niedrig eingeschätzt worden waren (vgl. Hartmann 1992; Görhely/Rußig 1994). Der Wohnungsbestand war 1987 durch die Kumulation dieser Untererfassung der Abgänge seit 1968 um etwa 1,3 Mill. Wohneinheiten zu hoch nachgewiesen worden. Eine Korrektur der Vergangenheitsentwicklung beim Wohnungsbestand ist aufgrund möglicher Inkonsistenzprobleme bei Rückrechnungen auf kleinere räumliche Einheiten durch die amtliche Statistik nicht erfolgt. Beim Nachweis der Entwicklung von Wohngebäuden und Wohnungen bleibt also eine "SprungsteIle" bestehen. Dasselbe Problem hatte sich im übrigen auch aus Anlaß der Zählung 1968 und davor ergeben (vgl. Abb. 3.5). Abb.3.5

Entwicklung des Wohnungsbestandes in Westdeutschland 1962 bis 1994 Wohnungen in Mill.

29

- - - - - - - - - - -

27

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

25 23 21

19 17~-L~~~~~-L~~-L~-L~~-L~~-L-L~~-L~

62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserle 5, Reihe 3; Berechnungen und Schätzungen des i10 Instituts.

Das Statistische Bundesamt ging davon aus, daß die im Zeitraum 1968 bis 1987 insgesamt 1,3 Millionen nicht erfaßten Abgänge zu etwa 30 % aus Umwandlungen (z.B. von Wohnraum in Arztpraxen oder Kanzleien) entstanden sind, was etwa 22 000 Wohnungen pro 174

Jahr entspricht. Die übrigen nicht erfaßten, durch Zusammenlegungen (z.B. von ·unechten" Zweifamiliengebäuden) bedingten Abgänge, die rückgerechnet etwa 51 000 Wohneinheiten pro Jahr ergaben, werden in den laufenden Fortschreibungen des Wohnungsbestandes gleichfalls nicht einmal über Schätzwerte berücksichtigt. Das ifo Institut geht dagegen auch nach 1987 von anhaltend hohen, mit dem Wohnungsbestand tendenziell weiter steigenden, vermutlich aber zyklisch schwankenden Wohnungsabgängen aus; es unterstellt in seiner langfristig angelegten Fortschreibung eine jahresdurchschnittliche Anzahl von insgesamt 105 000 erfaßten und nicht erfaßbaren Wohnungsabgängen. Die Diskrepanz zwischen der amtlichen Fortschreibung und der ifo Schätzung macht sich am aktuellen Rand schon wieder bemerkbar: Für 1992 lag die amtliche Angabe bei 27,5 Mill. Wohnungen, das ifo Institut ermittelte demgegenüber einen Bestand von 27,0 Mill. Wohnungen. Für 1994 wird vom ifo Institut ein Wohnungsbestand von 27,8 Mill. WE ausgewiesen (vgl. nochmals Abb. 3.5).

3.1.2.2 Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 Die in unregelmäßigen Abständen (zuletzt mit Stichtag am 30.9.1993) durchgeführten Wohnungsstichproben werden in der Regel nicht zur Korrektur der laufenden Fortschreibung des Wohnungsbestandes verwendet. Auch die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungsstichprobe vom September 1993 sind aus grundsätzlich-methodischen Gründen sowie wegen unterschiedlicher Abgrenzung der Untersuchungsmerkmale nur begrenzt mit dem Ergebnis der aktuellen Fortschreibung zu vergleichen, sie geben aber gleichwohl wichtige aktuelle Aufschlüsse. Von den aus der Hochrechnung der Stichprobe ermittelten Gebäuden (13,1 Mill.) entfielen fast sämtliche auf Gebäude mit Wohnraum, von denen wiederum knapp 97,5 % Wohngebäude und nur etwa 2,5 % sonstige Gebäude mit Wohnraum (z.B. Nichtwohngebäude) oder Wohnheime waren (vgl. Abb. 3.6). In diesen Gebäuden befanden sich fast 28 Mill. Wohneinheiten (WE), von denen zum Zählungsstichtag (September 1993) knapp 27 Mill. bewohnt waren (darunter etwa 26,6 Mill. bewohnte Wohnungen). Nach den hochgeschätzten Stichprobenangaben standen im Herbst 1993 (also zu einer Zeit erhöhten Wohnungsbedarfs) deutlich über 800 000 oder fast 3 % Wohneinheiten leer, wobei allerdings die Defini14 Bauwirtschaft

175

Abb.3.6

Gebäude- und Wohnungsbestand In Westdeutschland 1993 - Ergebnisse der 1 %-Gebäude- und Wohnungsstichprobe; Anzahl (In 1 000) und Anteile (In %) -

Gebäude: 13 129,8 Gebäude mit Wohnraum (99,9 %)

13149,8 Gebäude mit Wohnraum und bewohnte Unterkünfte

-

12 784,8 Wohnr - gebäude (97,4 %)

~

~

.

.

20,0 bewohnte Unterkünfte (0,1 %)

345,0 sonstige Gebäude mit Wohnraum und Wohnheime (2,6 %)

Wohnemhelten: 26626,5 bewohnte Wohr - - nungen in Gebäuden mit

~ohnr~)m 98,7%

r - - 26965,9 be-

wohnte Wohneinheiten (96,4 %)

27 961,4 Wohneir~ heiten insgesamt

132,7 Ferien-/ Freizeitwohneinheiten (0,5 %)

44,6 Wohneinf - - heiten ausländischer Streitkräfte u.ä. (0,2 %)

r--

-

r--

''--

818,2 leerstehende Wohneinheiten (29%)

112,2 sonstige Wohneinheiten in Gebäuden mit Wohnraum (0,4 %)

23,7 Wohneinheiten in(t Unterkünften 0,1 %)

203,5 Wohneinheiten in Wohnheimen (0,8 %)

1) In Gebäuden mit Wohnraum, Wohnheimen und bewohnten Unterkünften. Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Heft 1 (1995).

176

tionen beachtet und die Ursachen erst genauer untersucht und bewertet werden müßten. Die Größe "Wohnungen" (also bewohnte und leerstehende WE), wie sie in der Fortschreibung des Wohnungsbestandes verwendet wird, ist auch dieser Stichprobe nicht exakt abzulesen. Sie dürfte jedoch etwa bei 27,6 Mill. WE liegen (= Wohneinheiten ohne Ferienwohnungen, Unterkünfte und Wohnheime), wodurch die aktuelle ifo Schätzung für den verfügbaren Wohnungsbestand eindrucksvoll bestätigt wird (vgl. Görhely/Rußig 1994). 3.1.2.3 Determinanten und Entwicklung der Wohnungsversorgung Der mit den korrigierten Abgängen ermittelte Bestand an Wohnungen bzw. Wohngebäuden steht zum jeweiligen Zeitpunkt einem aus den individuellen Bedürfnissen und Normvorgaben aggregierten Gesamtbedarf an Wohnungsnutzungen gegenüber. Letzterer kann nur als eine normative Gesamtgröße verstanden werden, die sich am Wohlstandsniveau der Gesellschaft orientiert. Diese Norm wird in Deutschland auf der ersten Stufe in der Regel mit "pro Haushalt eine Wohnung" angegeben (vgl. z.B. Behring u.a. 1989). Da sowohl der Wohnungsbestand (bezüglich der nur geschätzten Absolutzahl, insbesondere aber wegen der Nichtverfügbarkeit von Ferien- und Zweitwohnungen u. dgl.) als auch die Zahl der Privathaushalte (etwa wegen der vielen unverheirateten Paare und den Wohngemeinschaften) ziemlich unsichere statistische Größen sind, stoßen aggregierte Niveauvergleiche auf beträchtliche Widerstände und auf Skepsis. Hinzu kommt, daß wegen der ausgeprägten Kleinräumigkeit von Wohnungsmärkten die Gegenüberstellung von Globalzahlen nur von bedingtem Aussagewert ist. Bleibt man bei räumlich aggregierten Betrachtungen, so läßt sich die Entwicklung der Qualität der Wohnungsversorgung anhand der Veränderung der Haushaltszahl und dem (Netto-)Zugang an Wohnungen ablesen, wobei allerdings die Datenprobleme nur scheinbar überwunden und über die personelle und regionale Verteilung der Wohnungen noch nichts ausgesagt ist. Auch temporäre Leerstände sind oft lokal begrenzt oder konjunkturell bedingt und schließen eine (langfristige) Unterversorgung andernorts nicht aus. Um die erwähnten Meßprobleme bei Haushaltszahl und Wohnungsbestand zu mildern, gehen in den vom ifo Institut berechneten Wohnungsversorgungsindikator nur die absoluten Veränderungen ab dem 14'

177

gewählten Stichjahr, hier also 1980, ein (vgl. Abb. 3.7). Nach Maßgabe dieses Indikators hat sich die Versorgungs/age mit Wohnungen in Westdeutschland seit 1980 bis Anfang der neunziger Jahre permanent verschlechtert - mit einer zusätzlichen Beschleunigung zwischen 1990 und 1992, die vor allem durch den explosionsartig ansteigenden Einwohnerzuwachs verursacht war. Durch die rasch gestiegene Wohnbautätigkeit seit dem Tiefpunkt 1987 hat sich die Situation inzwischen schon wieder leicht verbessert; zum Versorgungsniveau vom Anfang der achtziger Jahre fehlen nach diesen Berechnungen derzeit aber immer noch etwa fast 1,5 Mill. Wohnungen. Abb.3.7

Wohnungsversorgung In Westdeutschland 1980 bis 1999: Bestimmungsgrößen und Entwicklung in Tsd.

500

-500

.

-- .--

. . . . .. . . . .

........

....

..",.

---

., .....

:-.

....

500

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -500

-1000

- - - - - - - - - - - -

- - - - - -1000

-1500

- - - - - - - - - -

-----~- -1500

-2000r-+-+-~~-r-r-+-+~~~r-r-+-+-~~-r-r-1-2000

80

82

84

86

88

90

92

94

96

98

Quelle: Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts

3.2 Werte und Mengen der Bautätigkeit in Westdeutschland Die Bauwerksbestände (vorhandene Gebäude und Tiefbauten) werden durch Leistungen des Baugewerbes sowie ausgewählter Teilbereiche des verarbeitenden Gewerbes und privater und staatlicher Dienste sowie durch Eigenleistungen erhalten oder substanziell ver178

ändert und vermehrt. Subsummiert man alle diese Leistungen unter dem (breiter als üblich abgegrenzten) Begriff BauUitigkeit, so lassen sich folgende Zuordnungen vornehmen: - Die VGR-Bauinvestitionen umfassen den Teil der Bautätigkeit, der die Bauwerksbestände nach Anzahl und/oder Qualität bzw. Wert vergrößert oder Abgänge ersetzt (Neuerrichtung und Modernisierung von Bauwerken); - beim DIW-Bauvolumen sind zusätzlich auch die von (fremden) Unternehmen erbrachten werterhaltenden Leistungen (Reparaturen, Instandhaltung) einbezogen; - mit den Fertigstellungen werden insbesondere mengenmäßige Veränderungen der (Brutto-)Bestände (durch Neubau und Bestandsmaßnahmen) nachgewiesen. Mit diesen Aspekten der westdeutschen "Bauwirtschaft" beschäftigt sich der folgende Abschnitt. 3.2.1 VGR-Baulnvestltlonen Bauinvestitionen bezeichnen in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen denjenigen Teil der Anlageinvestitionen, der auf Gebäude, mit Gebäuden fest verbundene Teile, sonstige bauliche Anlagen sowie werterhöhende Reparaturen verwendet wird. Wenngleich es sich bei den Investitionen um ein verwendungsseitiges Aggregat handelt, werden sie in der Regel aus Vereinfachungsgründen nach der Commodity-flow-Methode berechnet (vgl. Kapitel 1).

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß in die Bauinvestitionen über Schätzungen auch Werte eingehen, die durch Schwarzarbeit und Eigentätigkeit der Investoren (z.B. der privaten Haushalte, aber auch der Unternehmen) entstehen. Dagegen sind Reparaturen, die den Anlagenwert nicht wesentlich erhöhen, sowie (eher aus Konvention denn mit inhaltlicher Begründung) Militlirbauten in diesem Aggregat nicht enthalten. Die Investitionen von Bahn und Post wurden hier schon vor den (Teil-)Privatisierungen - anders als beim DIWBauvolumen - dem Unternehmenssektor zugerechnet. 3.2.1.1 Anlage- sowie Ausrüstungs- und Bauinvestitionen Von den westdeutschen realen Anlageinvestitionen entfielen 1994 (von insgesamt nur noch rund 510 Mrd. DM) rund 199,4 Mrd. DM 179

oder etwas über 39 % auf Ausrüstungsinvestitionen (also Maschinen, Computer, Fahrzeuge u. dgl.), der Rest, also etwa 311 Mrd. DM oder fast 61 %, auf Bauinvestitionen; um diesen Bruttobetrag hat sich also das Bauvermögen 1994 erhöht (vgl. Abb. 3.8). Abb.3.8

Bruttoinvestitionen (Ausrüstungen und Bauten) In Westdeutschland 1994 - In Mrd. DM In Preisen von 1991 -

Bruttoinvestitionen 530,3

Anlageinvestitionen 510,4

Bauten 311,0 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3.

Der Anteil der Bauinvestitionen an den Anlageinvestitionen der westdeutschen Volkswirtschaft ist seit 1970 mit 65,3 % bis 1991 (53,1 %) kontinuierlich gesunken. Erst in den letzten Jahren stieg er verhältnismäßig rasch wieder an, und zwar bis 1994 auf fast 61 %. Der Anteilsrückgang vor allem in den siebziger Jahren hat eine wichtige Ursache in der Zunahme von Rationalisierungsinvestitionen, die mit überdurchschnittlich hohen Anteilen Ausrüstungsinvestitionen sind; Bauinvestitionen sind eher den Erweiterungsinvestitionen zuzurechnen. Der technische Fortschritt ermöglichte zum einen in vielen Fällen eine Verkleinerung der Produktionsmittel (z.B. Mikroprozessoren), zum anderen konnte durch neue Produktionsverfahren und Organisationsformen auch die Raumausnutzung bestehender Gebäude verbessert werden (Stichwort "Optimierung der Gebliudenutzung" durch Real estate bzw. Facility management; vgl. Kapitel 4), so daß die Investitionsausgaben für Bauwerke zugunsten der Ausrüstungsinvestitionen reduziert werden konnten. Bei der Betrachtung der Anteile der einzelnen Bausparten an den Bauinvestitionen wird deutlich, daß der Bedeutungsverlust der Bauinvestitionen außerdem auf eine gestiegene Zurückhaltung der 180

staatlichen Investoren beruht. Der Anteil der staatlichen Bauinvestitionen ist (gegenüber 1975 noch 26,5 %) besonders ab Beginn der achtziger Jahre stark geschrumpft; er betrug 1993 nur noch 15,8 % (vgl. Abb. 3.9). Abb.3.9

Anteile der Bausparten an den westdeutschen Bauinvestitionen 1970 bis 1994 in % 60~-------------------------------------------'

Wohnung8bau

50 40

- - - - - - - - - - - - -

30

- - - - - - - - - - - - St • • t

20 10

- - - - - - - - - - -

o~~~~~~~~-L-L-L-L~~~~~~L-L-L-~~

70

72

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fach.erle 18, Reihe 1.3.

Diese Zurückhaltung des Staates dürfte anfänglich auf eine andere Prioritätensetzung in der Ausgabenpolitik nach der Wirtschaftskrise 1973/74 zurückzuführen sein. Im weiteren Verlauf besann man sich zum einen wieder stärker auf eine Eindämmung der Staatstätigkeit und auf eine Drosselung der staatlichen Ausgaben, zum anderen schien der Ausbaustand der Infrastruktur in Einzelfällen eine langsamere Ausweitung zuzulassen, und schließlich erfolgte eine bewußte und in breitem Konsens beschlossene Verlagerung von Finanzmitteln für Baumaßnahmen in den neuen Bundesländern. Somit wurde direkt und indirekt der finanzielle Spielraum der westdeutschen Kommunen eingeengt; die Gemeinden sind die mit Abstand wichtigsten Träger der staatlichen Bautätigkeit. Der Wohnungsbau konnte dagegen seinen Anteil an den Bauinvestitionen seit den siebziger Jahren weitgehend halten und zu Beginn 181

der neunziger Jahre mit dem bis 1994 anhaltenden "Boom" sogar wieder über 50 % hinaus ausbauen. Er bleibt somit nicht nur die politisch bedeutsamste, sondern auch die wertmäßig mit großem Abstand wichtigste Bausparte in Westdeutschland. Dazu steht nicht in Widerspruch, daß der Wohnungsbau im Beobachtungszeitraum besonders starke zyklische Schwankungen aufzuweisen hatte und daß die Trendkurve mehr als eine Dekade lang (etwa von Mitte der siebziger bis über die Mitte der achtziger Jahre) abwärtsgerichtet war (vgl. Kapitel 5, Abschnitt 5.1.2). Auch der Unternehmenssektor (einschließlich Organisationen 0.E.) konnte seinen Anteil an den westdeutschen Bauinvestitionen seit 1970 (28,1 %) etwas erhöhen. Den höchsten Anteil erreichte der Wirtschaftsbau 1990 mit knapp 34 %; nach einem vorübergehenden Rückgang auf 30,4 % (1993) lag der Anteil 1994 wieder bei 34,5 %. Diese Bausparte hat sich vergleichsweise kontinuierlich aufwärts entwickelt (vgl. Abschnitt 5.1.2). Innerhalb der Bautätigkeit des Unternehmenssektors haben sich seit den siebziger Jahren deutliche Strukturverschiebungen vollzogen. So stieg der Anteil der Bauinvestitionen des tertiären Sektors von 69,4 % (1970) auf 74 % (1993; vgl. unten Abb. 3.12). Allerdings muß hierbei berücksichtigt werden, daß die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) nach dem Eigentümerkonzept verbuchen, wodurch die tatsächliche Nutzung der Investitionsgüter nicht korrekt wiedergegeben wird (vgl. oben Abschnitt 3.1). Die Aufblähung des Anteils des Dienstleistungsbereichs entsteht nämlich zum Teil (z.B. auch durch "outsourcing") durch eine größer werdende Zahl von produktionsorientierten Dienstleistungen (Immobilienleasinggesellschaften etc.), welche in diesem Sektor zusammengefaßt sind. Die von derartigen Unternehmen errichteten oder erworbenen Bauten werden zu nicht geringen Teilen anderen Wirtschaftszweigen zur Nutzung überlassen. Auf der anderen Seite steht dann natürlich ein entsprechender Rückgang der Bauinvestitionen bei den Mietern bzw. Nutzern dieser Bauten. Ein Blick auf die zeitliche Entwicklung der realen Absolutniveaus der westdeutschen Bauinvestitionen seit 1970 (vgl. Abb. 3.10) läßt in der geläufigen Spartendifferenzierung erkennen, daß sich diese nach dem konjunkturellen Tief 1975 zumindest im Wohnungsbau und im gewerblichen Bau (= Unternehmen ohne Wohnungsvermietung) zunächst bis 1980 wieder nach oben entwickelt haben. Von dem erneuten Einbruch Mitte der achtziger Jahre haben sich die öffentlichen 182

Abb.3.10

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Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3.

183

Bauinvestitionen nicht mehr erholt, der Wohnungsbau und der gewerbliche Bau setzten ihre Aufwärtsentwicklung weiter oder wieder fort. Allerdings wurde das hohe reale Bauinvestitionsniveau von 1972 nach den erneuten konjunkturellen Rückschlägen Mitte der achtziger Jahre insgesamt erst 1990 wieder übertroffen. Im öffentlichen Bau wurde dieses Niveau seitdem nicht mehr erreicht; der Abwärtstrend ist auch in der Graphik deutlich zu erkennen. Um die Ursachen dieser unterschiedlichen Entwicklungen in den drei Bausparten genauer untersuchen zu können, werden die einzelnen Sektoren nachfolgend in etwas stärker disaggregierter Form betrachtet (vgl. hierzu auch Kapitel 5). 3.2.1.2 Entwicklung der Bauinvestitionen im Wirtschaftsbau Bei privatwirtschaftlichen Unternehmen steht hinter jeder (Investitions-)Ausgabe als "letztes Ziel" die kurz- oder längerfristig orientierte Gewinnmaximierung (vgl. Anhang A 3.1.2). In Abstimmung mit den mittel- bis langfristigen unternehmerischen Zwischenzielen und den verfügbaren Bauwerksnutzungen wird hiernach zunächst ein Bedarf an weiteren Bauwerken bzw. deren Nutzung ermittelt. Bauinvestitionen werden in erster Linie als Ersatz- bzw. Erweiterungsmaßnahmen angesehen, im Gegensatz zu Ausrüstungsinvestitionen, bei denen häufig Rationalisierungsziele stärker im Vordergrund stehen. Diese Gewichtung der Motive darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch die Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen regelmäßig bauliche Veränderungen erfordert - sei es an und in bestehenden Gebäuden oder Tiefbauten, sei es sogar durch Neuerrichtung von Bauwerken. Außerdem muß die finanzielle Situation der Unternehmen berücksichtigt werden: Hier fließen Überlegungen zu Abschreibungsmöglichkeiten, Kapitalbeschaffungskosten, Opportunitätskosten und Renditen sowie zu möglichen staatlichen Zuschüssen ein. Nicht zuletzt muß eine Abstimmung mit abgebotsseitigen Einflußfaktoren vorgenommen werden. Als Alternative zu Modernisierung und/oder Neubau im Falle einer Abweichung des Ist-Zustands vom Wunsch-Zustand bieten sich allerdings zunehmend auch Anmietung oder Umnutzung von Bauwerken, die Anpassung durch Eigenleistung bzw. der Zukauf von Bauwerken oder auch die Produktionsverlagerung (z.B. ins Ausland) bzw. der Zukauf von Teilen (Verringerung der Fertigungstiefe) an.

184

Innerhalb des gewerblichen Baus haben sich die einzelnen Subsektoren oder Wirtschaftszweige bezüglich ihrer realen Bauinvestitionen recht unterschiedlich entwickelt. Von den 53 Wirtschaftszweigen, die in den amtlichen VGR ausgewiesen werden, sollen hier nur die wichtigsten Subsektoren herausgegriffen werden: Die warenproduzierenden Wirtschaftsbereiche umfassen den Primärsektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) und den Sekundärsektor mit den großen Subsektoren "Energie- und Wasserversorgung, Bergbau· und ·verarbeitendes Gewerbe'; auf das Baugewerbe entfällt weniger als 1 % der unternehmerischen Bauinvestitionen, so daß diese hier vernachlässigt werden sollen; auch auf die gesonderte Darstellung der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (Anteil etwa 5 %) wird verzichtet. Auf die beiden großen Subsektoren des warenproduzierenden Gewerbes entfielen 1994 knapp 28 Mrd. DM an Bauinvestitionen, was etwa 27 % der unternehmerischen Bauinvestitionen entspricht. Rund 2,0 Mrd. DM oder etwa 2 % der unternehmerischen Bauinvestitionen (ohne Wohnungsvermietung) wurden 1994 im Subsektor "Land- und Forstwirtschaft, Fischerei' getätigt (vgl. Abb. 3.11). Von einem relativ niedrigen Niveau aus, welches allerdings erst nach einer Halbierung der Bauinvestitionen in den sechziger Jahren erreicht wurde, stiegen die Investitionen von 1970 bis Ende der siebziger Jahre auf einen Zwischen-Höchststand von knapp über 3 Mrd. und pendelten sich danach (bei leicht fallender Tendenz) bei etwa 2,5 Mrd. DM im Durchschnitt der folgenden Jahre ein. Vom Subsektor 'Energie- und Wasserversorgung, Bergbau· wurden 1994 rund 13,3 Mrd. DM in Neue Bauten (der Begriff ist leicht irreführend; er umschließt auch die Modernisierungs- und werterhöhenden Instandhaltungsmaßnahmen!) investiert, was 13,1 % aller unternehmerischen Bauinvestitionen entspricht (vgl. erneut Abb. 3.11). Der größte Teil davon wird in der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung getätigt. Diesem Bereich, und dort speziell den verstärkten Investitionen im Kernkraftwerksbau, ist auch der steile, seit Ende der sechziger Jahre bis etwa 1980 anhaltende Anstieg der Bauinvestitionen in diesem Subsektor zuzuschreiben. Nachdem 1980 ein Spitzenwert von über 13 Mrd. DM erreicht worden war, war bis zum Ende der vorigen Dekade wieder ein vorübergehender leichter Rückgang zu verzeichnen. Hier machen sich das Umschwenken auf den Energiesparkurs nach der 2. Ölkrise, woraufhin 185

Abb.3.11

Bauinvestitionen im warenproduzierenden Gewerbe1 ) - Absolutwerte 1960 bis 1994 (In Mill. DM; In Preisen von 1991) _ UND

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1) Privatunternehmen ohne Baugewerbe.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3.

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94

eine Korrektur des zukünftigen Strom bedarfs nach unten erfolgte, sowie der erreichte Ausbaustand der Energieversorgung und die Unklarheiten bezüglich der zukünftigen Energiepolitik bemerkbar. Nach einem erneuten Anstieg der Bauinvestitionen ab 1991 wurde bereits 1993 sowie 1994 der Höchstwert von 1980 wieder übertroffen. Auf das verarbeitende Gewerbe entfielen 1994 nur noch 12,8 Mrd. DM der unternehmerischen Bauinvestitionen; das entspricht einem Anteil von 12,6 % am realen Wirtschaftsbau (vgl. wiederum Abb. 3.11). Aus diesem, insgesamt aus 32 sehr unterschiedlichen Wirtschaftszweigen bestehenden Subsektor stechen allenfalls die chemische Industrie sowie Maschinenbau und Straßenfahrzeugbau mit einem etwas größeren Anteil an den gewerblichen Bauinvestitionen hervor. Im betrachteten Zeitraum ab 1960 ist eine ausgeprägte Zyklik der Bauinvestitionstätigkeit zu erkennen. Nach dem rapiden Rückgang in der Rezession 1973/74 auf etwa 12 Mrd. DM wurde das zuvor sehr hohe Niveau von über 23 Mrd. DM seitdem nicht wieder erreicht. Diese Investitionsflaute des verarbeitenden Gewerbes in den achtziger Jahren wird zum Teil mit einem allgemein vorherrschenden Attentismus bezüglich der Investitionen erklärt (vgl. Goldberg 1991), zum Teil dürfte sich hier in den nach Eigentümern nachgewiesenen Bauinvestitionen bereits die Verschiebung zugunsten des tertiären Sektors bemerkbar machen (Ausgliederung von Unternehmensteilen bzw. Zukauf von Dienstleistungen; Immobilienleasing). Der weitaus größere Teil, nämlich 79,3 Mrd. DM oder zwei Drittel der Bauinvestitionen von gewerblichen Unternehmen, wurde 1994 im tertiären Sektor vorgenommen (vgl. Abb. 3.12). Hierzu zählen die Subsektoren "Handel", ·Verkehr und Nachrichtenübermittlung·, "Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen· und ·sonstige Dienstleistungen· sowie die ·privaten Organisationen ohne Erwerbszweck", nicht jedoch die Wohnungsvermietung. Im Subsektor Handel wurden 1994 etwa 12,2 Mrd. DM durch Bestands- und Neubaumaßnahmen investiert, das entspricht 12 % aller von Unternehmen getätigten Bauinvestitionen und ist etwa genauso viel wie im gesamten verarbeitenden Gewerbe. Nach dem konjunkturellen Einbruch Mitte der siebziger Jahre auf rund 6 Mrd. DM schwankten die Bauinvestitionen zwischen 1975 und 1985 um 7 bis 8 Mrd. DM; sie setzten ab 1985 zu einem regelrechten Höhenflug bis auf über 15 Mrd. DM an. In den letzten Jahren bis 1994 machte sich wieder eine konjunkturelle Abschwächung bemerkbar.

187

Abb.3.12

Bauinvestitionen Im tertiären Sektor

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- Absolutwerte 1960 bis 1994 (in Mill. DM; in Preisen von 1991) HANDEL

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1) Ohne Staat (Gebietskörperschaften, Sozialversicherung) sowie ohne private Organisationen ohne Erwerbszweck.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3.

188

Einen völlig anderen Verlauf nahm die Bautätigkeit des Subsektors Verkehr und Nachrichtenübermittlung, der mit Bauinvestitionen in Höhe von 15 Mrd. DM 1994 einen etwas größeren Anteil (14,8 %) erreichte als der Handel (vgl. erneut Abb. 3.12). In diesem Subsektor dominieren die Bauinvestitionen der ehemaligen Bundespost mit einem Anteil von etwa der Hälfte, gefolgt von der Bundesbahn Getzt: Deutsche Bahn AG), deren Anteil ein weiteres Viertel beträgt. Nach einem noch aus den sechziger Jahren andauernden langen Anstieg erreichten die Bauinvestitionen 1972 mit über 17 Mrd. DM eine vorübergehende Spitze, nach einem anschließenden Rückgang um rund 3 Mrd. blieben sie bis 1982 auf dem dann erreichten Niveau. Gegen Ende der achtziger Jahre schien sich der Anstieg zunächst weiter fortzusetzen (19,5 Mrd. DM 1987), doch waren die Bauinvestitionen seit diesem Zeitpunkt wieder rückläufig; dies dürfte eng mit der vereinigungsbedingten Schwerpunktverlagerung gerade der Bauinvestitionen dieses Sektors in die neuen Bundesländer zusammenhängen. Der Subsektor Dienstleistungen (ohne Wohnungsvermietung) umfaßt neben Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen auch Zweige wie das Gastgewerbe und das Gesundheitswesen sowie die "übrigen Dienstleistungen", unter denen auch die Vermieter von gewerblichen Bauten und Leasingfirmen zusammengefaßt sind. Auf die übrigen Dienstleistungen entfielen 1993 fast zwei Drittel der gesamten Bauinvestitionen dieses Subsektors, welcher zusammen rund 43 % der insgesamt rund 102 Mrd. DM unternehmerischer Bauinvestitionen auf sich vereinigte. In diesem Subsektor war seit Beginn des betrachteten Zeitraums - abgesehen von leichten Schwankungen - ein bemerkenswert kontinuierlicher Anstieg der Bauinvestitionen zu verzeichnen; das Niveau hat sich seit 1960 mehr als vervierfacht (vgl. wieder Abb. 3.12). Hier macht sich allerdings auch die bereits angesprochene Verzerrung der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse aufgrund des Nachweises nach dem Eigentümerkonzept bemerkbar. 3.2.1.3 Entwicklung der Bauinvestitionen Im öffentlichen Bau Für die Bausparte öffentlicher Bau, in der die Neubau- und Modernisierungsinvestitionen von Gebietskörperschaften und Sozialversicherung zusammengefaßt werden, sind völlig andere Motive bestimmend als beim Unternehmenssektor. Ausgehend von einem oft nicht präzise bestimmbaren Bedarf an Bauwerksnutzungen findet hier die Entscheidung über den angestrebten Versorgungsstand der Wirtschaftssubjekte durch ein Kollektiv statt. Nach einem Vergleich des bestehenden Versorgungsgrades mit dem nach Maßgabe der zu erwartenden Entwicklung von Bevölkerung und Wirtschaft gewünSChten oder benötig189

ten Versorgungsstand wird über die zusätzliche Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen entschieden, wobei hier hauptsächlich politische Motive und normative Vorgaben von Bedeutung sind (vgl. Anhang A 3.1.1). Beschränkender Faktor für die staatliche Baunachfrage ist dann letztlich der finanzielle Spielraum, der sich aus der jeweiligen Einnahmenund Ausgabensituation des. Staatssektors ergibt. Schließlich muß nach einer Freigabe von der finanziellen Seite unter den vielfältigen Aufgaben des Staates eine Priorität zugunsten von Ausgaben für Bauinvestitionen gesetzt sowie über deren Ort, Kategorie und Zeitpunkt entschieden werden. Läßt man die Sozialversicherung außer Betracht (was bei einem Anteil von etwa 2 % an den öffentlichen Bauinvestitionen zulässig erscheint), so geht der größte Teil der Baunachfrage der Gebietskörperschaften auf die Gemeinden zurück. Diese konnten ihren Anteil am öffentlichen Bau seit 1970 (64 %) kontinuierlich bis auf 70 % ab Ende der achtziger Jahre ausbauen. Etwa 17 % der Bauinvestitionen kommen von den Ländern (1970 waren es noch 19 %), die restlichen 14 % (1970 noch 17 %) vom Bund. Die Abschwächung der in den sechziger Jahren rasch ausgeweiteten Bauinvestitionen der Gebietskörperschaften, die seit den siebziger Jahren zu beobachten war (vgl. auch Abschnitt 5.1.2), hat ihren Grund in der überproportionalen Zunahme anderer öffentlicher Ausgaben (z.B. Sozialtransfers und Personalkosten) bei gleichzeitiger beträchtlicher Abschwächung des Wirtschaftswachstums, was wiederum weniger Steuereinnahmen zur Folge hatte. Zudem war nach der Niveauanhebung der öffentlichen Bautätigkeit in den sechzig er Jahren vielfach bereits eine Infrastrukturausstattung erreicht, die hohe laufende Folgekosten (z.B. beim Personal) verursachte. Bis Mitte der achtziger Jahre war ein weiterer Rückzug des Staates aus der Investitionstätigkeit im Bau zu beobachten, der vor allem mit der konstatierten Notwendigkeit einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte einherging. Erst die anschließende konjunkturelle Aufwärtsentwicklung bis zum Beginn der neunziger Jahre verlieh auch den öffentlichen Investitionen wieder größeren Schwung. Für den weiteren Verlauf dieser Dekade stehen allerdings wieder Konsolidierungserfordernisse im Vordergrund, verstärkt durch die Forderungen des Maastrichter Vertrages und die hinzugetretene Verschuldung durch die Finanzierung des Aufholprozesses in Ostdeutschland.

190

Betrachtet man die gesamten Bruttoanlageinvestitionen (getrennte Angaben zu den Bauinvestitionen liegen hier leider nicht vor) nach staatlichen Aufgabengebieten, so läßt sich ein markanter StrukturwandeI erkennen, der auch einen Wandel in der Nachfrage nach den verschiedenen Arten von Bauleistungen bedeutet (vgl. Abb. 3.13): Abb.3.13

Öffentliche Bruttoanlageinvestitionen nach Aufgabengebieten 1970 und 1990

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Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3.

Der Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung hat zwischen 1970 und 1990 (wohl auch aufgrund von Aufgabenverlagerungen) mit einem Rückgang von 40 % auf 28 % erheblich an Bedeutung verloren, ebenso das Unterrichtswesen, dessen Anteil sich von 24 % auf 13 % fast halbierte. Dagegen wurde für Stadt-/Landesplanung, Gemeinschaftsdienste und Umweltschutz (worin der Umweltschutz das größte Aufgabengebiet ist) 1990 bereits ein doppelt so großer Anteil der öffentlichen Bruttoinvestitionen verwendet (25 %) wie 1970. 3.2.1.4 Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen Die Bauinvestitionen im Subsektor Wohnungsbau werden in der Klassifikation der Wirtschaftszweige in den VGR als ·Wohnungsvermietung" ausgewiesen. Die Investoren im Wohnungsbau lassen sich in zwei Gruppen mit hochgradig unterschiedlichen Investitionsmotiven einteilen: Bei den Selbstnutzern von privatem Wohneigentum steht die Befriedigung des aktuellen eigenen Bedarfs im Vordergrund, in der 15 Bauwirtschaft

191

Regel zusammen mit dem Erwerb einer wertbeständigen Anlage, weIche z.B. auch als Ergänzung der Alterssicherung dient. Die Investoren im Mietwohnungsbau haben dagegen primär ein Interesse an Renditeerzielung durch Vermietung ihrer Objekte; die Wertbeständigkeit bzw. Wertsteigerungserwartungen und Steuersparmöglichkeiten spielen zusätzlich eine wichtige Rolle. Außerdem ist der Wohnungsbau aufgrund der herausgehobenen gesellschaftlichen Bedeutung der Wohnungsversorgung und der Eigentumsbildung in größerem Maße als andere Bausparten von Änderungen der staatlichen Wohnungspolitik betroffen (vgl. Kapitel 5). Die realen Bauinvestitionen im Wohnungsbau machten 1994 (in Preisen von 1991) mit rund 157 Mrd. DM knapp über 50 % der gesamtwirtschaftlichen Bauinvestitionen aus; sie waren allerdings in den letzten 20 Jahren großen zyklischen Schwankungen ausgesetzt (vgl. nochmals oben Abb. 3.10). Nach einer kurzfristigen, aus Inflationsängsten gespeisten Spitze 1972/73 mit Bauinvestitionen in Höhe von 147 Mrd. DM folgte im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Rezession bis 1975 ein rapider Rückgang um 35 Mrd. DM oder fast 15 %. Der Sektor erholte sich jedoch gegen Ende der siebziger Jahre wieder und erlebte den nächsten markanten Rückgang erst Mitte der achtziger Jahre, bedingt durch die Bündelung einer ganzen Reihe hemmender Einflußfaktoren (vgl. Abschnitt 5.1.2). Hohe Bestände an unvermieteten und unverkauften Wohnungen schienen seinerzeit eine ·globale· Sattigung des Wohnungsmarktes anzukündigen. Die Wertsteigerungserwartungen hinsichtlich des Wohnungseigentums als langfristigem Anlageobjekt gingen - unterstützt durch die damals gestellten Prognosen rückläufiger Bevölkerungsentwicklung - fast schlagartig zurück. Nicht bei den Wertgrößen, aber bei den Fertigstellungen wurden 1987 ein Nachkriegstief erreicht (vgl. Abschnitt 3.2.3). Der sich jedoch bald anschließende, bis 1994 und damit ungewöhnlich lange anhaltende Aufschwung stand zunächst mit der gesamtwirtschaftlichen Expansion seit etwa Mitte der achtziger Jahre in Zusammenhang. Zudem führte eine steigende Nachfrage von immer mehr Kleinhaushalten mit höheren Einkommen sowie später von einer sprunghaft wachsenden Zahl von Zuwanderern zu verbesserten Renditeaussichten für Investoren im Wohnungsbau. Die sich rasch verschärfenden Wohnungsversorgungsprobleme (vgl. oben Abb. 3.7) und der trotz allmählich steigender Fertigstellungs192

zahlen anschwellende Nachfrageüberhang, besonders nach billigem oder wenigstens bezahlbarem Wohnraum initiierte zudem neue Fördermaßnahmen der Wohnungspolitik (Aufstockung des Sozialwohnungsbaus; Verbesserung der Eigentumsförderung, z.B. durch den befristeten Schuldzinsenabzug; ab 1996: Eigenheimzulage und erhöhtes Baukindergeld; vgl. Abschnitt 5.1.2).

3.2.2 DIW-Bauvolumen Um auf der VGR-Verwendungsseite bei der Darstellung und Analyse der Vergangenheitsentwicklung der Bautlitigkeit neben den Bauinvestitionen nicht noch eine andere Wertgröße zu verwenden (und damit in dieser Überblicksdarstellung für zusätzliche Verwirrung zu sorgen), wird in diesem Abschnitt auf die Verwendung der Absolutwerte des DIW-Bauvolumens verzichtet. Da manche Differenzierungen aber nur mit diesen Variablen möglich sind, muß doch wenigstens auf die Strukturanteile zurückgegriffen werden.

3.2.2.1 Umfang und Zusammensetzung des Bauvolumens Das DIW-Bauvolumen unterscheidet sich von den VGR-Bauinvestitionen zum einen durch die Miteinbeziehung der Militlirbauten, zum anderen durch die Berücksichtigung der nicht werterhöhenden Reparaturen und Instandhaltungsleistungen (vgl. Kirner/Noack 1973). Außerdem sind einige Unterschiede in der Abgrenzung und Struktur der Bausparten zu beachten (z.B. bei der Zuordnung der Bauleistungen von Bahn und Post zum öffentlichen Sektor), die bei detaillierter Untergliederung nach Bausparten den direkten Vergleich mit den Bauinvestitionen nicht mehr zulassen. Allerdings bietet das Bauvolumen als zugleich bzw. primär entstehungsseitig zu berechnendes Konzept der Outputmessung im Bausektor durch die Aufschlüsselung nach Produzentengruppen die Möglichkeit, eine Verbindung mit den in Kapitel 2 dargestellten entstehungsseitigen "Quellen" von Bauleistungen herzustellen (vgl. Tab. 3.3). Deshalb und wegen der zusätzlichen Unterscheidung nach Hoch- und Tiefbau (welche für die Bauinvestitionen nicht gegeben ist), sowie wegen der getrennten Ausweisung der Bestandsmaßnahmen (Altbauerneuerung) als Teil des Wohnungsbauvolumens soll auf diese nützliche Zusatzinformation nicht verzichtet werden.

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193

Tab. 3.3

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Sonstige Bauleistungen (11 ,4)

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(71,7)

Ausbauleistungen von anderen Bereichen des (3,5) verarb. Gewerbes Industrielle Stahl- und Holzkonstruktion, Fertighausbau, Betonfertigteile Architekten- und amtliche Gebühren einschI. Grundstücksübertragungskosten

Sonstige Wirtschaftszweige (einschI. Eigenleistungen der Unternehmen und der privaten (28,3) Haushalte)

Außenanlagen, Eigenleistungen der Investoren (einschI. Leistungen von Privatpersonen)

(= 100)

(= 100)

Quelle: Deutsches Institut fOr WIrtschaftsforschung (Klrner/Noack 1973; Bartholmal 1994).

3.2.2.2 Anteile der Produzentengruppen am Bauvolumen Die Bauinvestitionen werden vom Statistischen Bundesamt nicht nach Produzentengruppen ausgewiesen (obwohl das von der Berechnung her möglich wäre), da in der Regel nur die Investitionen, d.h. die Verwendung von Bauleistungen, von Interesse sind. Um einen Bogen zu der in Kapitel 2 dargestellten Produzentenseite zu spannen, werden die Anteile, die die Produzenten an den erfaßten Bauleistungen erbracht haben, an hand des Bauvolumens erläutert. Entsprechend der Schwerpunktsetzung sind in dieser Studie vor allem die Leistungen des Bauhauptgewerbes und des Ausbaugewerbes von Bedeutung, die zusammen über zwei Drittel der Bautätigkeit ausmachen. Die nicht unbedeutenden Beiträge des verarbeitenden Gewerbes, des Montagebaus, der Architekten und sonstiger Dienstleistungen werden als eine "Restgröße" zusammengefaßt (vgl. Bartholmai 1994).

194

Das westdeutsche Bauhauptgewerbe hat bei der Errichtung und (Substanz-)Erhaltung von Bauwerken seit 1970 stark an Bedeutung verloren. Der ursprüngliche Anteil von 50 % (1970) am Bauvolumen verminderte sich kontinuierlich bis auf 42 % (1994). Eine Anteilszunahme konnten sowohl das Ausbaugewerbe (von knapp 27 auf 30 %) als auch die Nicht-Bauproduzenten (von 22 auf 28 %) verbuchen; diese beiden Bereiche haben von der Zunahme des Instandhaltungsund Modernisierungsbedarfs profitiert (vgl. Abb. 3.14) . Abb.3.14

Anteile der Produzentengruppen am westdeutschen Bauvolumen - Anteilswerte kumuliert (in %); 1970 bis 1994 -

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Die strukturellen Verschiebungen beim Bauvolumen zwischen Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe ergeben sich zum Teil durch unterschiedliche Veränderungen der Nachfrage in den verschiedenen Bausparten. Das Bauhauptgewerbe hat im öffentlichen Bau einen sehr großen Anteil (man denke z.B. an den öffentlichen Tiefbau), nur relativ wenige Arbeiten werden in diesem Bereich vom Ausbaugewerbe durchgeführt. Der Anteilsrückgang des Bauhauptgewerbes hängt also mit dem generellen Rückgang der öffentlichen Baunachfrage (vgl. Abschnitt 3.2.1) zusammen.

195

Das Ausbaugewerbe ist dagegen besonders stark im Wohnungsbau vertreten, und sein Anteil entwickelte sich dieser Bausparte entsprechend: Er nahm z.B. mit der Expansion des Wohnungsbaus zwischen 1975 und 1980 sowie seit 1987 zu; der Rückgang zwischen 1979 und 1984 korrespondierte mit der Flaute im Wohnungs(neu)bau. Die nicht dem Baugewerbe zuzurechnenden Produzenten von "Bau-"Ieistungen verdanken ihren Anteilszuwachs ebenso hauptsächlich dem Zuwachs im Wohnungsbau, wo besonders die Eigenleistungen der Investoren (und die Schwarzarbeit) sowohl beim Neubau als auch bei Modernisierungen eine zunehmende Rolle spielten.

3.2.2.3 Differenzierung des Bauvolumens nach Bausparten Aufgrund der erwähnten Abgrenzungsunterschiede zu den Bauinvestitionen soll die Entwicklung des Bauvolumens in den einzelnen Bausparten hier nicht im Detail dargestellt werden, da deren Abgrenzung nicht mehr derjenigen der Bauinvestitionen entspricht. Die Unterscheidung in Hoch- und Tiefbau scheint jedoch im Hinblick auf diese Problematik noch vertretbar zu sein und gleichzeitig eine zusätzliche Information zu bieten. Ungefähr drei Viertel der Leistungen zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken werden für Hochbauten (öffentliche und gewerbliche Hochbauten sowie Wohngebäude) nachgefragt, ein Viertel der Bauleistungen für Tiefbauten, d.h. Straßen und sonstige öffentliche Tiefbauten sowie gewerbliche Tiefbauten. Die genannten Anteile waren im betrachteten Zeitraum nur geringfügigen Schwankungen unterworfen, die im Hochbau weitgehend mit den Schwankungen der Investitionstätigkeit im Wohnungsbau (der auch den größten Teil der Hochbauten ausmacht) korrelierten. So sank der Hochbau-Anteil nach der Rezession 1973/74 von zuvor 80,7 % bis auf 78,2 %, stieg bis 1983 wieder auf 80,6 % an (was aber auch mit dem starken Rückgang des öffentlichen Tiefbaus in diesen Jahren zusammenhängt) und sank 1986 auf 78,0 %. Mit dem zuletzt beobachteten langen und steilen "Boom" im Wohnungsbau erhöhte sich auch der Hochbau-Anteil wieder leicht auf 82 % (1994); der Anteil des Tiefbaus sank komplementär dazu auf 18 % ab.

3.2.2.4 Struktur des Wohnungsbauvolumens Ausgehend von 1965 kann man beim DIW-Wohnungsbauvolumen bis 1987/88 von einer gegenüber dem Wohnungsneubau tendenziell 196

steigenden Bedeutung der Alterbauerneuerung sprechen (vgl. Abb. 3.15). Darunter fallen in dieser Abgrenzung alle Aufwendungen für MOdernisierung, Renovierung, Instandhaltung, Verschönerung, aber auch sämtliche An-, Aus- und Umbauten, soweit diese Leistungen von gewerblichen Unternehmen erbracht werden. Abb.3.15

Strukturveränderungen Im DIW-Wohnungsbauvolumen 1965 bis 1995 %

Struktur des Wohnungsbauvolumens in Westdeutschland Anteile in % kumuliert. in jeweiligen Preisen

%

100 "~~~~~:rw~~.,-w""""'""""""'''''''''''''''''"'"'''l~~""""""","",''''''''''''''''",,",",,~,,,,,""-''- 100 90

90

80

80

70

70

60

60

50

50

40

40

30

30

20

20

10

10

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'1

65666768 69 70 71 727374757677 78 79 80 81 82838485868788899091 92 93 94'~52~l)

0

Vo~äufig .

2 Geschälzt

Quelle:

Bauvolumensrechnung des DIW (BartholmaI1995); Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Nach ziemlich kontinuierlichem Anstieg hatte die Altbauerneuerung im Wohnungssektor 1987 erstmals die 50-%-Marke überschritten, ab 1989 begann sich der Anteil der Bestandsmaßnahmen aufgrund der intensiveren Neubautätigkeit wieder zu reduzieren; er lag 1994 nur noch bei etwa 40 %, wird aber 1995/96 wieder etwas ansteigen. Mehrere Ursachen sind für diesen tiefgreifenden Strukturwandel (der übrigens auch in den anderen Bausparten eingetreten sein dürfte, dort aber mangels geeigneter Daten nicht (so klar) aufgezeigt werden kann) verantwortlich. Mit kontinuierlicher Neubautätigkeit steigt der Bestand an Wohnungen, dessen Alter nimmt zu, und die Nutzerwechsei häufen sich. Somit werden in zunehmendem Maße Erhaltungs197

maßnahmen erforderlich. Zeitweilig fördert(e) der Staat bestimmte Erneuerungs- und Bestandsvorhaben (z.B. Dachgeschoßausbau, Isolierungsmaßnahmen), zum Teil ändern sich die Wünsche und Vorstellungen über die Verwendung und Erhaltung von älteren Bauwerken. Umweltschutz, Altstadtsanierung und Denkmalschutz genießen heute einen höheren Stellenwert, insbesondere Gutverdienende steilen höhere Ansprüche an die Qualität der Wohnungen und Wohngebäude. Die starke (absolute und relative) Zunahme der Bestandsmaßnahmen an und in vorhandenen Wohngebäuden erfolgte lange Zeit vor allem zu Lasten des Geschoßwohnungsbaus, der Anteil des Eigenheimbaus war insgesamt aber ebenfalls etwas zurückgegangen. Durch die Renaissance und die - ab Ende der achtziger Jahre - überaus kräftige Expansion des Geschoßwohnungsbaus, auf den 1987/88 nur noch rund 10 % des Wohnungsbauvolumens entfallen waren, wurde der Anteilswert der Altbauerneuerung stark zurückgedrängt. 1994 übertraf der Geschoßwohnungsbau bereits wieder deutlich die 25 %-Marke; es zeichnet sich ab, daß die relative Bedeutung der frühen Boomjahre des Wohnungs(neu)baus Anfang der siebziger Jahre demnächst erreicht oder sogar übertroffen wird. 3.2.3 Fertigstellungen Im Wohnungs- und NIchtwohnbau

Mit einiger zeitlicher Verzögerung geben die in der BauUJ.tigkeitsstatistik nachgewiesenen Fertigstellungen - bildlich gesprochen - das Ergebnis der Investitionen in den Wohnungs- und Nicht-Wohnbau wieder (vgl. Kapitel 1). Eine direkte Gegenüberstellung von VGR-Bauinvestitionen und Angaben der Bautätigkeitsstatistik ist allerdings nicht möglich, denn in der Bautätigkeitsstatistik - werden nur Gebäude, aber keine Tiefbauten erfaßt, - sind nur die zustimmungsbedürftigen und/oder tatsächlich genehmigten Hochbauten berücksichtigt, - kann die Zuordnung und die zeitliche Verteilung der tatsächlichen Leistungserstellung nicht nachvollzogen werden, weil nach dem Stichtagsprinzip nachgeweisen wird, und - verhindert die bei den Fertigstellungen übliche Bewertung zu den "veranschlagten Baukosten" zum Zeitpunkt der Genehmigung den Vergleich mit den zu (ggf. konstant gehaltenen) Marktpreisen bewerteten Bauinvestitionen (wie auch mit dem DIW-Bauvolumen).

198

Wichtige zusätzliche Informationen können dennoch aus der Bautätigkeitsstatistik durch eine (um Mißverständnisse zu vermeiden: allein auf Mengenangaben gestützte) Darstellung der Anteils- und Niveauverschiebungen zwischen den Bauherren bzw. Gebäudearten gewonnen werden. Im Nicht-Wohnbau legen wir dabei die Nutzflächen zugrunde, im Wohnbau die Anzahl der fertiggestellten Wohneinheiten. 3.2.3.1 Entwicklung der Fertigstellungen Im Nicht-Wohnbau

Gemessen an der Nutzfläche der neu errichteten Gebäude weisen die nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäude mit zuletzt etwa 60 % den höchsten Anteil an den Fertigstellungen auf. Darunter fallen Fabrikund Werkstattgebäude, Handels- und Lagergebäude sowie Hotels und Gaststätten (vgl. auch Anhang A 1.1.2). Bezogen auf das Niveau von 1970 hatte die Nutzfläche der Fertigstellungen in dieser Gebäudekategorie bis 1986 abgenommen und nach dem folgenden Wiederanstieg erst 1991 das Ursprungsniveau wieder annähernd erreicht; danach wurde ein erneuter Rückgang registriert (vgl. Abb. 3.16). Abb.3.16

Entwicklung der Nutzfläche von fertiggestellten NIchtwohnbauten - 1970 bis 1994; Index 1970 = 100 250.-----------------------------------------~

200 150 10 50 O~~~~_L~~L_~~~~~_L~~L_~~~_L~

70

72

74

76

-

Anstaltsgebäude

-

Nlcht-Iandw. Betriebsgebäude

78

80

82

84

86

88

90

92

94

+ BOro/Verwaltungsgeb. . . LandwirtachattI. if- Sonatlge Gebäude

Betrlebsgeb3ude

Quelle: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung der Bautätigkeitsstatistik.

Stark zugenommen hat der Anteil der Büro- und Verwaltungsgebäude: von knapp 10 % im Durchschnitt der siebziger Jahre auf fast 20 % 199

(1993). Diese Anteilszunahme spiegelt den steilen Anstieg der fertiggestellten Nutzfläche in Büro- und Verwaltungsgebäuden seit Mitte der achtziger Jahre wider (auf weit über 200 Indexpunkte bis 1993). Nachdem sich inzwischen partielle Sättigungserscheinungen bemerkbar gemacht haben, ist der Anteil bereits 1994 wieder auf 17,4 % zurückgegangen. Das relative Gewicht der sonstigen Nichtwohngebäude, darunter Schulen, Sportanlagen, Kulturgebäude, Kirchen etc., entwickelte sich lange Zeit entgegengesetzt; der kontinuierlich rückläufige Anteil von ursprünglich über 20 % (1974 bis 1978) liegt seit 1985 unter 10 %, bei den Absolutniveaus scheint aber eine Stabilisierung eingetreten zu sein. Auch die Nutzfläche der fertiggestellten landwinschaftlichen Gebäude hat seit etwa 1983 Anteilspunkte verloren (1994 gut 10 %). Der an sich schon geringe Anteil der Anstaltsgebäude ging gegenüber seinem Hochpunkt 1977 ebenfalls noch um 3,5 Prozentpunkte zurück (1994 nur noch 3,1 %), was wiederum mit dem absoluten Rückgang der Nutzfläche in dieser Kategorie korrespondiert. Aus der mit der Bautätigkeitsstatistik möglichen Gegenüberstellung der Fenigstellungen von einerseits Neubauten, andererseits Fertigstellungen, die durch Baurnaßnahmen an bestehenden Gebäuden entstanden, läßt sich näherungsweise die Bedeutung der Instandhaltung und Modernisierung im Nichtwohnbau erkennen; diese hat erstmals 1978 markant zugenommen: Über 14 % der ausgewiesenen Nutzfläche war 1978 durch Bestandsmaßnahmen entstanden, gegenüber 10 bis 11 % in den Vorjahren. Nach diesem vorübergehenden Hoch schrumpfte ihr Anteil wieder bis unter 10 % (1982) und stieg anschließend wieder auf 14,6 % (1987) an. Mit 16,1 % wurde 1994 der bisher größte Anteil für Bestandsmaßnahmen realisiert. Diese Angaben über die feniggestellten Nutzflächen geben allerdings die Bedeutung der Altbauerneuerung im Nichtwohnbau nicht exakt wieder, da hier nur die genehmigten Baurnaßnahmen erfaßt sind, die einen (saldierten) Flächeneffekt haben.

3.2.3.2 Struktur der Fertigstellungen Im gewerblichen Hochbau Die nichtlandwinschaftlichen Betriebsgebäude sind naturgemäß die Domäne des gewerblichen Baus; sie werden zu 95 % von Bauherren aus dem Unternehmenssektor erstellt. Ihr Anteil an allen fertiggestellten Nutzflächen für Unternehmen erreicht (unter Einbeziehung der 200

privaten Haushalte und der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck) mit zuletzt 63 % ebenfalls den höchsten Wert (vgl. Abb. 3.17). Der Anteil der nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäude an den insgesamt fertiggestellten Nutzflächen hatte Anfang der siebziger Jahre sogar über 73 % betragen; er ist seitdem aber (mit Ausnahme eines kurzfristigen Wiederanstiegs auf 70 % 1989) insgesamt tendenziell rückläufig. Abb.3.17

Index-Anteile der Gebäudearten an der Nutzfläche der Fertigstellungen Im gewerblichen Bau 1970 bis 1994 1970

= 100

80,--------------------------------------------,

60

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

40

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

72

74

76

-

Anstaltsg .. bäud ..

-

Nicht-Iandwirtschaftl. B .. tri .. bsgebäud ..

78

+

80

82

84

86

88

90

92

94

Büro/Verwaltungsg .. b ..... Landwirtschaftlich .. Betriebsg .. bäude

-2f- Sonstig .. G .. bäude

Quelle: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung der BautätigkeitsstatIstik.

Hierbei spielt unter anderem eine Anteilsverschiebung zugunsten der (für Unternehmen errichteten) Büro- und Verwaltungsgebäude eine Rolle, denn letztere konnten ihre Nutzfläche zwischen 1986 und 1993 mehr als verdreifachen (vgl. erneut Abb. 3.16). Da zwischen 80 % und 90 % der Bürogebäude von Bauherren aus dem Unternehmenssektor erstellt werden, schlug sich der absolute Anstieg der fertiggestellten Nutzfläche in dieser Gebäudeart im Beobachtungszeitraum in einer Erhöhung des Anteils an den gewerblichen Fertigstellungen von 10 % auf fast 20 % nieder. Die Büro- und Verwaltungsgebäude schoben sich damit bedeutungsmäßig vor die landwirtschaftlichen Betriebsgebäude, die seit 1988 nur 201

noch die drittwichtigste Gebäudeart bei den gewerblichen FertigsteIlungen sind: Jeweils 1978 und 1983 entfiel noch 20 % der Nutzfläche auf fertiggestellte landwirtschaftliche Gebäude, 1994 unterschritt der Anteil beinahe die 10 %-Marke. Dieser Anteilsverlust geht einher mit einem absoluten Rückgang der Fertigstellungen für die Landwirtschaft (vgl. nochmals Abb. 3.16 und Abb. 3.17). Relativ geringe Bedeutung haben innerhalb des gewerblichen Baus die sonstigen Nichtwohngebliude, obwohl sie heute zum größten Teil (über 50 %) vom Unternehmenssektor gebaut werden (d.h. vor allem von den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck), nachdem sich die öffentlichen Bauherren, die zwischen 1970 und 1977 noch über 80 % dieser Gebäude errichten ließen, aus dieser Gebäudekategorie sehr stark zurückgezogen hatten. Doch die Fertigstellungen von sonstigen Nichtwohngebäuden waren seit 1975 insgesamt stark rückläufig, so daß deren Anteil an den gewerblichen Fertigstellungen nie mehr als 9 % (1979) erreichte und seitdem sogar weiter sinkt (auf nur noch 5,0 % in 1994). Ähnlich präsentiert sich die EntwiCklung bei den Anstaltsgebliuden: Auch hier haben die öffentlichen Bauherren ihr Engagement zugunsten gewerblicher Bauherren zurückgefahren. Zwischen 1971 und 1976 entfielen erst 15 bis 20 % der fertiggestellten Anstaltsgebäude auf gewerbliche Bauherren, seit 1992 sind es bereits fast 70 %. Dies hat allerdings sowohl wegen der insgesamt vergleichsweise geringen Bedeutung dieser Gebäudeart als auch wegen der seit Mitte der siebziger Jahre geringer werdenden Fertigstellungszahl bei Anstaltsgebäuden für den Anteil an den gewerblichen Fertigstellungen kaum einen Effekt. Der genannte Anteil schwankte im Beobachtungszeitraum zwischen 0,7 % (1978) und rund 3,1 % (1982).

3.2.3.3 Struktur der FertIgstellungen Im öffentlichen Hochbau Im öffentlichen Hochbau sind die sonstigen Nichtwohngebliude - hier gemessen an der Nutzfläche der fertiggestellten Neubauten (vgl. erneut Anhang A 1.1.2) - anteilsmäßig nach wie vor die wichtigste Gebäudeart, ihr Anteil an den Fertigstellungen ist allerdings von zuvor über 70 % seit 1980 rapide gesunken (vgl. Abb. 3.18); er bewegte sich in den achtziger Jahren etwa bei 40 % und reichte erst 1992 wieder an 50 % heran; 1994 wurden sogar knapp 53 % erreicht. Erklären läßt sich diese Entwicklung zum Teil durch den Rückzug der öffentlichen Bauherren aus diesem Bereich (was im übrigen von gewerblichen Bauherren nicht voll kompensiert wurde, so daß ein ab202

soluter Rückgang der fertiggestellten sonstigen Nichtwohngebäude eintrat), zum Teil aber auch durch eine Verdrängung der sonstigen Nichtwohngebäude durch andere Gebäudearten wie zum Beispiel die nichtlandwirtschaft/ichen Betriebsgebäude. Letztere rangierten bei den öffentlichen Bauherren anteilsmäßig noch während der siebziger Jahre unterhalb von 5 %, entwickelten sich aber ab 1980 fast sprunghaft nach oben und waren bereits ein Jahr später die zweitwichtigste Gebäudeart für öffentliche Bauherren. Der Anteil reichte mit seinem Spitzenwert 1989 (32,4 %) fast an denjenigen der sonstigen Nichtwohngebäude heran, nahm jedoch danach wieder etwas ab. Abb.3.18

Index-Anteile der Gebäudearten an der Nutzfläche der Fertigstellungen im öffentlichen Hochbau 1970 bis 1994 1970

= 100

80r--------------------------------------------,

60

- - - - - - - - - - - - - -

20

- - - -

O~~~~~~------~~~--------~ 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 -

Anstaltsgebäude

-

Nlcht-Iandwirtschaftl. Betriebsgebäude

+

Büro/Verwaltungsgeb. -- Landwirtschaftliche

*" Sonstige Gebäude

Betriebsgebäude

Quelle: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung der Bautätigkeitsstatistik.

Ein beachtlicher Bedeutungszuwachs war auch bei den Nutzflächen der für öffentliche Bauherren fertiggestellten Büro- und Verwaltungsgebäude zu beobachten, deren Anteil von 6 bis 7 % in den siebziger Jahren ebenfalls ab 1980 stark angestiegen ist und 1993 erstmals die 20 %-Marke überschritten hat. Dieser relative Zuwachs rührt allerdings nicht von einer absolut zunehmenden Fertigstellungszahl für öffentliche Bauherren, denn diese haben sich aus der Bautätigkeit in dieser Gebäudekategorie in den 203

letzten 20 Jahren eher zurückgezogen: Statt über 20 %, wie in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre, werden seit 1991 weniger als 10 % aller Büro- und VerwaltungsgebEiude von öffentlichen Bauherren fertiggestellt. Vielmehr ergibt sich der Anteilszuwachs zwangsläufig aus dem starken Rückgang anderer Gebäudearten (wie z.B. der sonstigen Nichtwohngebäude). Nachdem die Fertigstellung von Büro- und Verwaltungsgebäuden 1994 insgesamt eingebrochen ist, verringerte sich deren Anteil an den Fertigstellungen für öffentliche Bauherren ebenfalls schlagartig auf die Hälfte (vgl. nochmals Abb. 3.18). Die AnstaltsgebEiude, die in den letzten fünfzehn Jahren zunehmend auch für private Bauherren errichtet und fertiggestellt werden und nur noch zu etwa einem Drittel von öffentlichen Instanzen, verloren ebenfalls einige Prozentpunkte. Seit Ende der siebziger Jahre sank ihr Anteil von vormals 20 % auf knapp über 10 % (1993). Die Bedeutung der landwirtschaftlichen Betriebsgebäude ist mit einem Anteil von unter einem Prozent bei den öffentlichen Bauherren erst recht zu vernachlässigen. 3.2.3.4 Niveau und Struktur der Fertigstellungen Im Wohnungsbau Die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten hatte sich - ausgehend von ihrem Höchststand 1973 mit rund 675 000 Wohneinheiten (WE) bis 1979 ziemlich genau auf 333 000 Wohneinheiten halbiert. Nach einem konjunkturellen Zwischenanstieg auf 360 000 Wohneinheiten 1984 wurde 1988 ein neues Rekordtief erreicht (bloß noch 184 000 WE). Bis 1990 erfolgte ein nur sehr zögerlicher Anstieg, eine Wende zu rascher steigenden Fertigstellungszahlen trat erst 1991 ein. Zuletzt (1994) wurde die 500 OOOer Marke wieder knapp übertroffen, ein nochmaliger Anstieg um etwa 40 000 ist aufgrund vorangegangener reger Baugenehmigungen für 1995 zu erwarten (vgl. Abschnitt 5.1.2). Die Nachfrage nach Wohngebäuden und Wohnungen wird ganz wesentlich von Art und Intensität sowie von Änderungen der staatlichen Wohnungspolitik beeinflußt. Die staatlichen Maßnahmen trugen dabei insgesamt nicht zu einer Verstetigung der Nachfrage bei; sie betreffen die privaten Nutzer von Eigenheimen und die gewerblichen Investoren im Mietwohnungsbau in unterschiedlicher Weise: Die privaten Investoren müssen in erster Linie die langfristigen Kapitalkosten und - speziell bei Selbstnutzung - ihre eigene Einkommenssituation berücksichtigen, können aber auch von - teilweise zeitlich befristeten - staatlichen Fördermaßnahmen profitieren. Gewerbliche 204

Investoren, die letztlich mit der Absicht der Renditeerzielung bauen,

können prinzipiell auch alternative Anlageformen zum Wohnungsbau in Betracht ziehen. Sie werden durch Änderungen von Abschreibungsmöglichkeiten in ihrer Entscheidung ebenso beeinflußt wie durch die staatliche Förderung des sozialen Wohnungsbaus, durch den regelmäßig beträchtliche Mitnahmeeffekte ausgelöst werden. Der ganz überwiegend auf die Selbstnutzung gerichtete Eigenheimbau hatte im Beobachtungszeitraum sein letztes Fertigstellungshoch 1980 erreicht, also im Anschluß an die vorangegangene Niedrigzinsperiode (vgl. Abb. 3.19). Der darauf folgende, konjunkturell bedingte Rückgang im Zusammenhang mit allgemein sinkenden Einkommen wurde 1984 kurzzeitig unterbrochen. Für diese kurzfristige Zunahme der Fertigstellungen dürfte die Einführung eines befristeten Schuldzinsenabzugs im Vorjahr mit verantwortlich sein. Abb.3.19

EntwiCklung der Wohnungsfertigstellungen nach Gebäudearten - 1970 bis 1994j Index 1970 = 100 -

200r--------------------------------------------,

150

- - - -

100

50

O~~~mu~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

70 -

72

74

76

78

80

82

in 1 u2-Fam.gebäuden -

WlJl Wohnungsbau

84

86

88

90

92

94

in Mehrfam.gebäuden

insg.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 1.

Erst ab 1989 erfolgte wiederum eine leichte Zunahme bei den Eigenheimen, die unter anderem durch die Erhöhung der Abschreibungsbeträge und die Einführung des Baukindergeldes 1987 beeinflußt war. Trotz dieses Anstieges der Absolutwerte ging der Anteil der 205

Eigenheime an allen Wohnungsfertigstellungen schon ab 1989 zurück (vgl. Abb. 3.20). weil die Zunahme von der wesentlich rascheren Expansion im Geschoßwohnungsbau überkompensiert wurde. Abb.3.20

Anteil der fertiggestellten Wohneinheiten in Ein- und ZweifamIliengebäuden an allen Wohnungsfertigstellungen 1970 bis 1994 Prozent

100 ,-------------------------------------------,

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- - - - - - - - - - - - - - - .. - . - . - - - .. - -

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78

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94

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 1.

Die Fertigstellungen in Mehrfamiliengebäuden (sowohl zur Selbstnutzung als auch als Mietwohnungsbau). welche im Durchschnitt etwas mehr als die Hälfte aller Fertigstellungen ausmachten. waren im Beobachtungszeitraum wesentlich stärkeren Schwankungen unterworfen als die Fertigstellungen von Wohnungen in Ein- und Zweifamiliengebäuden (vgl. nochmals Abb. 3.19). Nach dem - konjunkturell bedingten bzw. als Reaktion auf die vorherige Übertreibung einzustufenden lang anhaltenden Rückgang der Fertigstellungen ab 1974 hat die allgemeine Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten sowie die Einführung der degressiven Abschreibung 1982 und 1983 schließlich mit zu einem leichten Wiederanstieg geführt. Der erneute Rückgang der Fertigstellungen auch im Geschoßwohnungsbau wurde durch mehrere zeitgleich wirkende und gleichgerichtete Faktoren verursacht. Zum einen wurde 1985 der Abschreibungs206

zeitraum für Gewerbeimmobilien halbiert, was die relative Attraktivität dieser Anlagen erhöhte. Zum anderen wurde allgemein eine globale Sättigung des Wohnungsmarktes behauptet, und der folgende weitgehende Ausstieg des Staates aus dem Sozialwohnungsbau ließ ab 1986 eine wichtige Quelle für Fördermittel versiegen. Mit dem erhöhten Bedarf seit dem Ende der achtziger Jahre, mit der durch Einkommen und Vermögensübertragungen wieder rascher zunehmenden Kaufkraft und mit dem erfolgten massiven Wiedereinstieg des Staates in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ab etwa 1990 sowie durch sinkende "opportunites cost" gingen die Fertigstellungen in Mehrfamiliengebäuden wieder steil nach oben (vgl. Abschnitt 5.1.2). Da die Fertigstellungen im Geschoßwohnungsbau bis 1979 und dann auch wieder bis 1988 wesentlich stärker zurückgegangen waren als die Fertigstellungen in Ein- und Zweifamiliengebäuden, war der Anteil des Eigenheimbaus zu diesen Zeitpunkten jeweils auf 70 % bzw. 67 % angestiegen (vgl. erneut Abb. 3.20). Seit dem letzten Anstieg der Wohnungsfertigstellungen nehmen auch die Fertigstellungszahlen im Geschoßwohnungsbau wieder stärker zu und drängen den Anteil der fertiggestellten Wohnungen in Ein- und Zweifamiliengebäuden kräftig auf derzeit unter 40 % zurück. Weitere, ebenfalls nach Angaben der Bautätigkeitsstatistik errechnete Kennzahlen verdeutlichen die unterschiedliche Entwicklung im Geschoßwohnungsbau und im Eigenheimbau: Im Eigenheimbau ist sowohl beim umbauten Raum als auch bei der Wohnfläche je Wohnung nach der bis Mitte der achtziger Jahre anhaltenden Abwärtsbewegung wieder ein Trend zur Größe zu beobachten. Gegen Mitte der neunziger Jahre scheint sich die Größe der Eigenheime auf dem erhöhten Niveau einzupendeln (vgl. Abb. 3.21). Die offenbar in (West-)Deutschland besonders stark ausgeprägte Präferenz der Eigenheimbesitzer für komfortables, großflächiges Wohnen läßt die Frage offen, ob sich "kosten- und flächensparendes Bauen" tatsächlich durchsetzen wird (vgl. z.B. Töpfer 1995; BMBau 1994). Daß die Anzahl der Wohnungen je Gebäude im Eigenheimbau seit 1983 wieder rückläufig war, dürfte damit zusammenhängen, daß sich nach dem Wegfall von Steuervergünstigungen das Zweifamilienhaus wieder geringerer Beliebtheit erfreute; ein leichter Wiederanstieg ist erst seit 1989 zu beobachten, dieser hält aber an und könnte auf erhöhtes Kostenbewußtsein hindeuten.

16 Sauwirtschaft

207

Abb.3.21

Ausgewählte Kennziffern für den westdeutschen Wohnungsbau - 1970 bis 1994; Index 1970

= 100 -

EIGENHEIMBAU - - UMBAUTER RAUM JE WOHNUNG - - - WOHNFLAECHE JE WOHNUNG -- -- ANZAHL DER WOHNUNGEN JE GEBAEUDE 131

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GESCHOSSWOHNUNGSBAU - - UI1I1AUTER RAU/1 JE WOHNUNG - - - WOHNFLAECIiE JE WOHNUNG -- -- ANZAHL DER WOHNUNGEN JE GEBAEUDE 131

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94

Statistisches Bundesamt, Fachserle 5, Reihe 1, und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft; Berechnungen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung,

Im Geschoßwohnungsbau dagegen nahmen Wohnfläche und umbauter Raum je Wohnung bis etwa 1977 kaum zu, machten kurz darauf einen Sprung nach oben und entwickelten sich seit Anfang der achtziger Jahre wieder zurück. Die durchschnittliche Wohnfläche war 1994 kaum mehr größer als 1970 - wohl eine Reaktion auf die gesunkene Haushaltsgröße und "schmale Geldbeutel" vieler (Erst-)Nachfrager nach Wohnraum. Die Anzahl der Wohnungen je Gebäude war in dieser Gebäudekategorie zunächst im Rahmen des "Mietkasernenbaus" der späten sechziger bis frühen siebziger Jahre rapide angestiegen und dann gegen Ende der siebziger Jahre ebenso rasch wieder auf das Ausgangsniveau zurückgefallen. Seitdem ist eine tendenzielle Abnahme der Zahl der Wohnungen je Gebäude zu beobachten gewesen, bis 1992 ein erneuter leichter Anstieg einsetzte. Denkbar erscheint heute eine Fortsetzung dieses Anstiegs, da zur Behebung von Engplissen auf den westdeutschen Wohnungsmärkten wieder größere Wohnblocks errichtet werden. Die Bautätigkeit im sozialen Wohnungsbau verlief - über den längeren Zeitraum seit 1950 betrachtet - absolut und realtiv wesentlich glatter als im freifinanzierten Wohnungsbau (vgl. Abb. 3.22). Allerdings scheint sich die ziemlich kontinuierlich abgebaute öffentliche Förderung insoweit parallel zur Entwicklung im übrigen Wohnungsbau verändert zu haben, als auch hier 1988 der absolute Tiefpunkt bei den Fertigstellungen erreicht wurde (vgl. Expertenkommission Wohnungspolitik 1994/95). Der gesamte Verlauf der Genehmigungen und Fertigstellungen im sozialen Wohnungsbau demonstiert jedenfalls deutlich den im Prinzip seit Beginn der sechziger Jahre betriebenen Rückzug des Staates aus der Objektf6rderung im Wohnungsbau. Dabei ist die verstärkte Verlagerung der sozialen Komponente der Wohnungspolitik auf das Wohngeld vom Prinzip her weniger, bezüglich Höhe, Ausgestaltung, Anpassung und Treffsicherheit aber sehr wohl umstritten.

3.3

Bauvermögen und Bauwerksbestände sowie Bautätigkeit in der DDR

3.3.1 Determinanten von Niveau und Struktur der Bauleistungen In der DDR wurden bis 1989/90 - entsprechend dem planwirtschaftlichen System - der Baubedarf und die Baunachfrage nicht als effekti-

16'

209

ve marktwirksame Nachfrage nach Bauwerken oder Bauwerksnutzungen ermittelt, vielmehr wurden der (anders definierte) Baubedarf und das zu dessen Befriedigung erforderliche Bauaufkommen in sogenannten Baubilanzen für das jeweilige Jahr nach politischen Gesichtspunkten geplant und festgelegt. Abb.3.22

Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit in Westdeutschland insgesamt sowie im sozialen Wohnungsbau 1950 bis 1994 W~O_hn_U_n~ge_n_i_n_TOO __. ____________________________________-, 800 r-

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1950

Quelle:

1955

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 1; Berechnungen und Schätzungen des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU).

Die Verwendung des Bauaufkommens wurde entsprechend der jeweiligen Zielsetzung der staatlichen Politik für die Bedarfspositionen von der Regierungsebene über die Räte der Bezirke bis zu den Räten der Kreise hierarchisch von oben nach unten festgelegt. Die größten Disproportionen zwischen Baubedarf und Bauaufkommen entstanden demnach auf der untersten Ebene, da die übergeordneten Ebenen zuerst ihre Prioritäten durchsetzten und Ressourcen und Material auf keinen Fall für sämtliche Bedarfsanmeldungen ausreichten. Der Entscheidungsspielraum z.B. der Kreise war nur noch minimal. Dies betraf sowohl den Industriebau als auch den Wohnungsbau sowie die Reparaturen und Modernisierungsmaßnahmen am gesamten Bestand der baulichen Anlagen. 210

Von einer der westdeutschen vergleichbaren Entscheidungskette, die in großen Teilen auf den Bedürfnissen und Präferenzen sowie auf den kaufkraftgestützten Entscheidungen von Individuen basiert, konnte also in der DDR keine Rede sein. Die Festlegung von Niveau und Struktur der benötigten Bauwerksnutzungen und der zu deren Bereitstellung zu erbringenden Bauleistungen war vielmehr ganz überwiegend zentralistisch-kollektiv gesteuert. Dementsprechend muß aber auch die Verantwortung für (Fehl-)Entwicklungen ganz überwiegend an der Spitze von Einheitspartei und Regierung festgemacht werden. 3.3.2 DDR-Bauvermögen und -Bauwerksbestinde 3.3.2.1 Grundmitteibestand

Als Grundmittel wurden in der DDR solche "Arbeitsmittel" bezeichnet, deren normative Nutzungsdauer ein Jahr überschreitet und die einen Bruttowert von mindestens 2 000 Mark hatten. Der GrundmitteIbestand ist in etwa mit dem Bruttoanlagevermögen in der alten Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen, allerdings mit dem Unterschied, daß Grund und Boden, Dauerkulturen und Nutzvieh nicht dazugezählt wurden (vgl. Abschnitt 1.2). Der Grundmittelbestand gliederte sich in der DDR in zwei (den Westbegriffen vergleichbare) Hauptpositionen: "Gebäude/bauliche Anlagen" und "Ausrüstungen". Der durchschnittliche Grundmittelbestand in der Volkswirtschaft lag 1989 bei 1 745 Mrd. Mark (Preisbasis 1986). Der bereits seit 1970 gestiegene Anteil des Produzierenden Bereichs erreichte 1989 über 70 %. Der größte Teil davon war im Bereich Industrie zu finden, mit deutlichem Abstand gefolgt von der Land- und Forstwirtschaft. Innerhalb des Nicht-Produzierenden Bereichs hielten Wohnungsbestand und -bewirtschaftung den größten Anteil. Die Anteilswerte der hier vor allem interessierenden Größe des Bauvermögens haben sich bis 1989 ziemlich stetig entwickelt (vgl. Tab. 3.4). Besonders in der Industrie sowie bei Verkehr, Post und Fernmeldewesen, im Binnenhandel und in den sonstigen produzierenden Zweigen ist der Anteil der Gebäude und baulichen Anlagen am gesamten Grundmittelbestand seit 1980 weitgehend kontinuierlich zurückgegangen. Die für die "Nachhaltigkeit" von Produktionsprozessen erforderlichen Kapitalgüter hatten also in der DDR an relativer Bedeutung eingebüßt.

211

Tab. 3.4

Anteile (In %) des Bauverm6gens am gesamten durchschnittlichen Grundmitteibestand der DDR nach WIrtschaftsbereichen 1980 bis 1989 1980

1985

1986

1987

1988

1989

Produzierende Bereiche

51,8

49,3

48,4

47,9

47,2

46,3

davon: Industrie

47,3

44,3

43,5

42,9

42,1

41,2

·

Produzierendes Handwerk

32,7

32,3

32,3

32,3

32,2

32,1

·

Bauwirtschaft

43,7

45,5

45,2

44,9

44,4

43,8

·

Land- und Forstwirtschaft

69,4

68,6

68,4

68,1

67,6

67,2

Verkehr, Post, Fernmeldewesen

44,4

42,3

41,1

40,5

39,9

39,4

Binnenhandel

72,1

71,1

70,5

70,4

69,6

68,9

·

-

Sonstige Produktionsbereiche

Nicht-produzierende Bereiche

78,8

77,3

75,0

73,3

71,8

70,3

94,S

94,2

94,1

93,9

93,7

93,4

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Da auf die Industrie innerhalb der Produzierenden Bereiche mehr als die Hälfte des Grundmittelbestands entfiel, lohnt sich ein Blick auf die Verteilung des anteiligen Bauvermögens auf die verschiedenen Industriezweige: Den höchsten Anteil an Bauvermögen hatte die Wasserwirtschaft mit über 90 % ihres Grundmittelbestands. Der Anteil des Bauvermögens betrug in der Lebensmittelindustrie 51,1 %, im Maschinen- und Fahrzeugbau 45,5 %, in der Leichtindustrie und in der Textilindustrie runde 43 %; in den anderen Bereichen lagen die Anteilswerte noch niedriger (Stand 1988). 3.3.2.2 Wohnungsbestand und Wohnungsversorgung Bei den Angaben über Niveau und Struktur des Wohnungsbestandes beruft sich die DDR-Statistik auf eine Wohnraum- und Gebäudezählung von 1981. Der durch die (schier all-)mächtige Einheitspartei SED ausgeübte Druck auf einen möglichst hohen Bestandsnachweis dürfte aber zu stets überhöhten Ergebnisangaben der Fortschreibung durch die Kommunen geführt haben. Manzel (1990) geht von einer Überhöhung um etwa 2 bis 5 % aus, was bei dem offiziell angegebenen Wohnungsbestand von rund 7 Mill. Wohnungen für 1989 eine Größenordnung von 150 000 bis 350 000 Wohnungen ausmacht. 212

Hinzu kommt, daß aufgrund von bauaufsichtlichen Sperrungen von baufälligen Gebäuden eine schwer zu ermittelnde Anzahl von Wohnungen leer stand. Die Anzahl betrug bereits zum Datum der Zählung rund 200 000. In dieser Größenordnung ist also eine weitere Korrektur des Wohnungsbestandes nach unten erforderlich, wenn damit lediglich die bewohnbaren Wohnungen nachgewiesen werden sollen. Da über die Hälfte der bestehenden Wohnungen sich in Gebäuden befindet, die vor 1945 errichtet wurden, und da die Baureparaturen mit dem fortschreitenden Verschleiß zu keinem Zeitpunkt mithalten konnten, hat der Leerstand von Wohnungen seit der letzten Zählung mit Sicherheit rapide zugenommen. Laut offiziellen DDR-Angaben (vgl. Statistisches Jahrbuch der DDR 1990) belief sich der fortgeschriebene Bestand an Wohnungen 1989 auf etwas über 7 Mill. Wohneinheiten (vgl. Tab. 3.5). Die Differenzierung nach Eigentümerkategorien zeigt, daß der Anteil der als "volkseigenen" deklarierten Wohnungen (nicht immer entsprach diese Zuordnung auch dem Stand der Grundbucheintragungen!) zwar ziemlich rasch von 37,2 % (1981) über 38,8 % (1985) auf 41,3 % (1989) geklettert war, aber selbst am Ende der "DDR-Geschichte" gehörten noch fast ebenso viele Wohnungen privaten oder sonstigen Eigentümern. Tab. 3.5

DDR-Wohnungsbestand 1981, 1985 und 1989, Insgesamt sowie nach EIgentümerkategorien darunter: insgesamt

Volkseigene Wohnungen

Genossenschaften

Private/Sonstige Eigentümer

1989

7002539

2889348

1 230445

2882746

1985

6830882

2649011

1 125858

3056013

1981

6562467

2447182

974635

3140650

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Rechnet man mit den offiziellen Zahlen, so ergibt sich für das Jahr 1989 ein Versorgungsgrad von 108 WOhnun~en je 100 Haushalte bei einer Wohnfläche je Einwohner von 27,6 m . Dieser eine im Durchschnitt sehr gute Wohnungsversorgung anzeigende, aber sicherlich überhöhte Wert liegt zum einen noch immer unter dem in der "alten" 213

Bundesrepublik Deutschland (ohne "künstliche" Aufschläge) erreich: ten Wert von etwa 35 m2 je Einwohner, zum anderen besteht eben zwischen der für die DDR ausgewiesenen und der tatsächlich verfügbaren Anzahl von Wohnungen und Wohnflächen eine erhebliche Differenz. Die Anzahl von rund 780 000 vorliegenden Wohnungsanträgen im Jahre 1989, darunter 470 000 von Antragstellern ohne eigene Wohnung, dürfte für sich sprechen (vgl. Zimmermann 1990). In engem Zusammenhang mit dem hohen Anteil an Altbausubstanz steht die teilweise mangelhafte Ausstattung der Wohnungen mit Bad/ Dusche bzw. Innen-WC (vgl. Abb. 3.23). Abgesehen von den beträchtlichen Flächendefiziten gab es also in der DDR große und sich verschärfende Probleme mit der Wohnungsqualität. Abb.3.23

Struktur des Wohnungsbestandes der DDR 19891 )

/

~

/

.......

27.6 qm je EW

.......

33%

67% Mehrfamilienhäuser

Gebäudeart

Eigentumsform

Baualter

Ausstattung Bad/Dusche Innen-WC

4700 23% 19 % privat lQenossen 900

21 % ohne 1000

87% privat

58%

!Schaft Iich

1350 17%

1- u. 2-Familienhäuser 2300

staatlich

1 100 14% 28% vor 1919 1919-

ohne 800

I

Gesamtbestand 7 002 426 Wohnungen je 1000 EW

2700 58% ab 1946

1945

2700 83%

650

mit 3900 79% mit 3700

13 %

Igt'·~

200 2000 49% 30% 21 % vor 19H 1919- ab 194€ 1 100 22% ohne

500 35% ohne 800

1945

520 680 78% mit 1800 65% mit 1500

1) Absolutwerte in 1 000 Wohnungen.

Quelle: Zimmermann 1990; Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Besonders in den Ein- und Zweifamilienhäusern, von denen sich 1989 noch ein größerer Teil (87 %) in privater Hand befand, war die Ausstattung mit Bad/Dusche und Innen-WC vergleichsweise schlecht und im Durchschnitt schlechter als in den Mehrfamilienhäusern. Der Grund dürfte darin liegen, daß Erhalt und Modernisierung privater 214

Wohnhäuser in keiner Weise vom Staat gefördert wurden und daher noch weniger Geld zur Sanierung zur Verfügung standen als z.B. bei den Mehrfamilienhäusern, die sich vorwiegend in staatlichem bzw. genossenschaftlichem Besitz befanden (insgesamt zu 81 %). Die Ausstattung der Wohnungen wies in der DDR in starkem Maße regionale Unterschiede auf. Rückständigkeiten gab es besonders im Land Sachsen, und dort wiederum speziell in den ehemaligen Bezirken Dresden und Chemnitz, auf die sich z.B. 41 % aller DDR-Wohnungen ohne Innen-WC konzentrierten. Die staatlich geförderten bzw. gelenkten Investitionen für den volkseigenen und genossenschaftlichen Wohnungsbau wurden nach strengen Planvorgaben hinsichtlich Wohnungsgröße und -verteilung getätigt. Um den Investitionsaufwand möglichst gering zu halten, wurden häufig Baumaterialien von niedriger Qualität verwendet; auch die "Plattenbauweise" hat hierin ihre Begründung. Der "billigen" Bauweise entsprechend waren regelmäßig die anschließenden Betriebs- und Instandhaltungskosten um ein vielfaches höher als zum Beispiel in Westdeutsch land (vgl. Abb. 3.24), weil die Normnutzungsdauer (NND) vieler Bauteile oder -materialien z.T. deutlich unter dem (stets als Maßstab verwendeten) Weststandard lag. Abb.3.24

Vergleich der Qualität ausgewählter Bautelle - Dauerbeständigkeit ~DDR

B1l

Bundesrep.lFrankrek:hlUSA

NND (Jahre) Dachbeläge

Außenwände und Fugen im Fertigteilbau

_ ; , 3 0

~;'30

Fußbodenbeläge

HeizungsinstallatIon

Sanit~rinstallation

;,35

~;'30 ~;'30

Quelle: Zimmermann (1990).

215

Es ist also zu konstatieren, daß die Kosteneinsparungen beim Neubau in der DDR durch einen stark erhöhten Unterhaltungsaufwand "erkauft" und letztendlich wohl überkompensiert wurden. (Diese Form des kostensparenden Bauens sollte also bestimmt nicht als Mode" für notwendige und entschiedener anzustrebende Entwicklungen in (West-)Deutschland herangezogen werden.) 3.3.2.3 Modernlslerungsbedarf

Die in der DDR systematisch vorgenommene, allerdings nicht bis zum "letzten" Rand fortgeschriebene Kategorisierung des Wohnungsbestandes nach den Bauzustandsstufen I - IV (sehr gut, gut, stark geschädigt, unbrauchbar) ergibt rund 4,5 Mi". Wohnungen, die sich 1990 in sehr guten, gutem oder wenigstens noch weiter nutzbarem Zustand bis zur Stufe "I befanden; dies entspricht fast zwei Dritteln des Wohnungsbestandes. Viele Wohnungen müssen im Verlauf der neunziger Jahre mindestens einmal gründlich instandgesetzt und modernisiert werden (was mittlerweile in vielen Fä"en bereits geschehen ist; vgl. Abschnitt 5.2). Zusammen mit dem Ersatzwohnungsbau als Ausgleich für Abgänge und Aussonderungen sowie dem Erweiterungswohnungsbau zum Ausgleich von Flächendefiziten und wegen der rasch steigenden Haushaltszahlen läßt sich hieraus per Ende des DDR-Regimes ein enorm hoher Baubedarf zur Anpassung des Wohnungsbestandes an Norm- und Zielvorste"ungen ermitteln (vgl. Tab. 3.6; vgl. Dienemann 1990 sowie Gluch u.a. 1992). Andere Que"en (vgl. Zimmermann 1990) gingen per Vereinigungsstichtag bzw. für den Zeitraum 1991 bis 2000 sogar von einem noch höheren Bedarf für den Wohnungsbau aus: - A"ein 700 000 bis 800 000 Ersatzwohnungen für verschlissene bzw. abrißreife Substanz, - dazu eine Erweiterung des Wohnungsbestandes um rund 200 000 Einheiten (wie oben), - 6 Mrd. Mark für die Instandsetzung der Plattenbauten - sowie zusätzlich noch Instandsetzung bzw. Ausbau und Erweiterung der sozialen und technischen Infrastruktur, wofür noch einmal jeweils 70 bis 90 Mrd. Mark veranschlagt wurden. Noch nicht berücksichtigt sind bei dieser Betrachtung (wie genere" in der vorliegenden Studie) räumliche Aspekte bzw. siedlungsstrukturelle Erfordernisse. Die Altwohngebiete in den Stadtzentren sind zu 216

DDR-Zeiten zugunsten der großen Neubauwohngebiete im Plattenstil an den Stadträndern stark vernachlässigt worden. Nach dem Umbruch war daher in vielen Städten mit historischen Zentren und denkmaigeschützten Wohngebäuden eine komplette und kostspielige Erneuerung und Modernisierung erforderlich geworden. Tab. 3.6

Höhe und Zusammensetzung des Baubedarfs zur Anpassung des DDR-Wohnungsbestandes an die Normvorgaben 1990 Anzahl der Wohneinheiten

Höhe des Baubedarfs

Ersatzwohnungsbau für verschlisse ne Substanz

600 000 bis 630 000 Wohneinheiten

90 - 95 Mrd. Mark

Erweiterungswohnungsbau

200 000 bis 300 000 Wohneinheiten

50 - 75 Mrd. Mark

Instandsetzung und Modernisierung historisch wertvoller Substanz

500 000 bis 600 000 Wohneinheiten

Art der Bauleistungen

40 Mrd. Mark

Instandhaltung der Wohnbausubstanz

7000000 Wohneinheiten

40 Mrd. Mark

Energieökonomische Sanierung der Bausubstanz

2000000 Wohneinheiten

40 Mrd. Mark

Summe

-

260 - 290 Mrd. Mark

Quelle: Dlenernann 1990.

3.3.3 Investitionen und Bauinvestitionen

In der DDR gehörten zu den Investitionen (Akkumulation) die Gesamtheit aller materiellen und finanziellen Aufwendungen für die betriebliche Rationalisierung durch Rekonstruktion und technische Neuausrüstung sowie der Ersatz (es handelt sich hier also um die Bruttoinvestitionen), die Erweiterung und Neuanschaffung von Grundmitteln. Reparaturen jeglicher Art gehörten nicht dazu, ebensowenig wie der Erwerb von Grund und Boden (in der BRD zählen größere werterhöhende Reparaturen sowie bei sektoraler Differenzierung auch Landerwerb dazu). Dafür wurden Ausgaben für dauerhafte Ausrüstungen und Bauten tür militärische Zwecke hinzu gezählt.

217

3.3.3.1 Investitionen Insgesamt sowie Niveau und Struktur der Bauinvestitionen

Die gesamten DDR-Investitionen gliederten sich nach den Bereichen - Bau (die für die Investitionen erforderliche Bauproduktion) - Ausrüstungen (Maschinen, Fahrzeuge, GerSte etc.) - Sonstiges (Lizenzgebühren, Projektierungsleistungen, Eigentümerentschädigungen, etc.).

Die Investitionen der Volkswirtschaft der DDR sind von 43 707 Mill. Mark 1970 (in Preisen von 1985) auf 77 053 Mill. Mark 1989 gestiegen. Einen Einbruch in der Investitionstätigkeit gab es lediglich in den Jahren 1982 bis 1984; seinerzeit gingen - rezessionsbedingt - die Investitionen um 5,1 % bzw. 0,3 % bzw. 4,9 % gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zurück. In den Jahren 1987 und 1988 beobachtete man Wachstumsraten um die 8 %, 1989 von nur noch 1 %. Der prozentuale Anteil der Bauinvestition an den Gesamtinvestitionen ist seit 1970 (45,4 %) kontinuierlich zurückgegangen; 1989 betrug er nur noch 37,2 %, gegenüber 57,1 % Ausrüstungsinvestitionen. Die hohen gesamtwirtschaftlichen Investitionen der Jahre 1987 und 1988 kamen also nicht den Bauten und baulichen Anlagen zugute, sondern flossen in Ausrüstungen. Die verbleibenden 5 bis 8 % der Investitionen waren jeweils dem Bereich ·Sonstiges·, d.h. Lizenzgebühren, Projektierungsleistungen etc., zuzuordnen. Der Anteil der Bauinvestitionen an der inländischen Verwendung des Bruttoinlandsprodukts der DDR betrug 1989 rund 8,4 %, gegenüber immerhin 11,5 % im früheren Bundesgebiet (bei allerdings massiv eingeschränkter Vergleichbarkeit). Betrachtet man die sektorale Zusammensetzung der Bauinvestitionen, so fällt auf, daß im größten der produzierenden Bereiche, der Industrie, aber auch in der Landwirtschaft die Bauinvestitionen zwischen 1980 und 1986 abgenommen haben und erst gegen Ende des Beobachtungszeitraumes wieder etwas gestiegen sind (vgl. Abb. 3.25). Die Bauinvestitionen im Wohnungsbau dagegen sind im selben Zeitraum beständig angestiegen und hielten bis 1989 knapp ihr Niveau. Der Grund dartür dürfte in der großen politischen Bedeutung des Wohnungsbaus in der DDR liegen: Gerade hier wurde unter hohem Einsatz versucht, möglichst rasch ·Westniveau· zu erreichen und die

218

sogenannte ·Wohnungsfrage" rasch zu einer (vermeintlich) dauerhaften und abschließenden Lösung zu führen. Abb.3.25

DDR-Bauinvestltionen nach WIrtschaftsbereichen 1970 bis 1989 Mrd. Mark

2

ot=~==~~~~~~~~~==~~==~~

1970

7S

"'Industrle

80

81

82

83

84

8S

~Bau

86

87

88

89

"* Land/Forstwirtschaft

... Verkehr/Post/Fernm ..... Wohnungsbau

Quelle: Statistische Jahrbllcher der DDR 1988 und 1990.

Auf den Bereich Verkehr/Post/Fernmeldewesen entfielen (vielleicht etwas überraschend) mit deutlich unter 2 Mrd. Mark nur vergleichsweise geringe und dann ab Mitte der achtziger Jahre auch noch fallende Beträge. Die Bauinvestitionen des Bausektors bleiben (kaum überraschend) vernachlässigbar klein. 3.3.3.2 Verwendung des Bauaufkommens In der Statistik der DDR-Wirtschaft wurde das Bauvolumen in der Form, wie es das DIW für das Bundesgebiet berechnet und bereitstellt (vgl. Abschnitt 3.2.2), nicht ermittelt. In der Baubilanzierung der DDR taucht jedoch in der Gegenüberstellung zum Baubedarf der Begriff Bauaufkommen auf. Zum (in der DDR weit verbindlicheren bzw. "realisierungsnäheren") Baubedarf zählten - die Bauinvestitionen der gesamten Volkswirtschaft sowie die Rekonstruktion bestehender Gebäude und baulicher Anlagen

219

- die Baureparaturen in allen Bereichen der Volkswirtschaft sowie die Modernisierung im Wohnungsbau und - die Bauaufgaben im Rahmen des RGW (also der östlichen Wirtschaftsvereinigung) und Exportverpflichtungen. Dem standen zur Verwendung als Bauaufkommen gegenüber - die Bauproduktion der volkseigenen Kombinate und Betriebe sowie der Einrichtungen, Genossenschaften und privaten Handwerksbetriebe aller Bereiche der Volkswirtschaft - die Bauleistung der Bevölkerung (Eigenleistungen) und - die Bauleistungsimporte, die in Verantwortung des Bauwesens durchgeführt wurden. Sowohl der Kreis der Produzenten als auch der Verwendungsaspekt des Bauaufkommens lassen es gerechtfertigt erscheinen, dieses Aggregat als dem Bauvolumen vergleichbare Größe für die Analyse der Verwendung der Bauleistungen in der DDR heranzuziehen. Das Bauaufkommen in der DDR belief sich 1988 auf 50 804 Mill. Mark (nominal), die Eigenleistung der Bevölkerung hatte daran einen Anteil von 5,7 %. Gegenüber dem Vorjahr war eine Steigerung um 3,6 % zu verzeichnen gewesen, zwischen 1986 und 1987 um 3,4 % und zwischen 1985 und 1986 um 2,1 %. Nimmt man den Außenhandel aus der Betrachtung heraus, so läßt sich das von der Bauwirtschaft und der übrigen Wirtschaft (ohne Eigenleistung der Bevölkerung) erbrachte Bauaufkommen nach den zwei Arten von inlii.ndischen Verwendungen in Investitionen und Reparaturen aufgliedern. Das Bauaufkommen wurde danach 1988 zu fast zwei Dritteln für Bauinvestitionen verwendet (vgl. Abb. 3.26); auf den (überwiegend in Eigenleistung erbrachten) Eigenheimbau entfiel lediglich 1 %. Der Anteil der Baureparaturen am gesamten Bauaufkommen war seit 1985 von 34,8 % bis 1988 auf 36,9 % gestiegen, der Anteil der Investitionen entsprechend gesunken. Für Reparaturen und Modernisierungen des Wohnungsbestandes wurden 1988 zusammen bloß etwa 13 % bereitgestellt - kein Wunder also, daß die Wohnbausubstanz in den achtziger Jahren schneller verfiel als mit dem Bestandszuwachs durch den stark forcierten Neubau ausgeglichen werden konnte.

220

Abb.3.26

Verwendung des Bauaufkommens der DDR 1988

63 %

Reparaturen 24 % 1%

Wohnungsreparaturen 11 %

Wohnungsodernisierung 2 %

Quelle: Krehl 1990.

3.3.4 Wohnungsfertigstellungen In der DDR Ähnlich der Erfassung des Wohnungsbestandes erfolgte auch bei den Angaben über die Fertigstellung von Wohngebäuden und Wohnungen gemäß Beschlüssen des SED-Politbüros und des Ministerrats der DDR ein überhöhter Nachweis. Diese überhöhten Angaben resultierten aus folgenden rechnerischen "Tricks": - Modernisierte Wohnungen wurden ebenfalls (neben den Neubauten) als fertiggestellte Wohnungen ausgewiesen; rund 1 042 000 Wohnungen waren im Zeitraum von 1971 bis 1989 davon betroffen. - Gemeinschaftsunterkünfte wurden in den Wohnungsneubau miteinbezogen; jeder einzelne Heimplatz wurde demzufolge als Wohneinheit geplant und abgerechnet. Rund 68 000 Wohneinheiten sind im genannten Zeitraum auf diese Weise entstanden. Allerdings konnte im Statistischen Jahrbuch der DDR 1990 erstmals aufgrund von internen Fortschreibungen ein "realer" Nachweis des Wohnungsbaus geführt werden (vgl. Tab. 3.7). Für den Zeitraum von 1971 bis 1988 ergeben sich als realistisch erscheinende Neuschätzung (vgl. Manzel 1991) insgesamt 1 950 179 gebaute Wohnungen, davon 1 725 942 Neubauten. Der überhöhte 221

Nachweis entsprechend der Festlegung der Planabrechnung hatte bei 3 059 792 "fertiggestellten Wohnungen", davon 1 915959 in Neubauten, gelegen (vgl. auch Statistisches Jahrbuch der DDR, verschiedene Jahrgänge). Tab. 3.7

Gebaute und fertiggestellte Wohnungen In der DDR - Absolutwerte (Anzahl) und selektive AnteIlswerte (In %) für ausgewählte Jahre (1970 bis 1990) -

Insgesamt

Neubau

(Anzahl)

(Anzahl)

davon: Anteile (in %) Genossenschaften

Eigenheime

Umbau, Ausbau (Anzahl)

RekonstruktionsWohnungen (Anzahl)

1970

76020

65786

20,6

--

10302

1975

107347

95133

38,5

11,8

12214

1980

111 933

102209

38,3

12,7

9724

1985

115722

99129

30,4

12,8

3432

13161

1986

116545

100067

29,5

11,8

3367

13 111

1987

109754

91 896

28,3

12,8

3302

14556

1988

104666

93472

25,8

12,6

2747

8447

1989

92347

83361

26,5

13,5

2374

6612

1990

625001)

1) Zahl 1990 aus Manzel 1990.

Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Als Tendenz lassen sich tür den Wohnungsbau der DDR in den achtziger Jahren erhöhte Anstrengungen besonders in den Jahren 1981 bis 1986 feststellen. Die Zahl der Fertigstellungen lag in diesen sechs Jahren im Durchschnitt rund 5,6 % über demjenigen der sechs Jahre davor (1975 bis 1980). Gegen Ende der letzten Dekade nahmen die Fertigstellungen jedoch rapide ab. Gegenüber der Höchstzahl von rund 121 000 gebauten Wohnungen 1981 wurden 1989 etwa ein Drittel weniger Wohnungen fertiggestellt. Zusammen mit dem raschen Verfall großer Teile der bestehenden Wohnbausubstanz präsentierten sich zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung doch deutliche RückstEinde auf dem Gebiet des Wohnungsbaus und der Wohnungsversorgung. Dies gilt auch für die übrigen 222

Bauwerksbestände, doch lassen sich die Defizite bei der Infrastruktur sowie bei den Bauten für Produktions- und Verwaltungszwecke nicht so leicht mit amtlichen Statistiken belegen (vgl. z.B. Gluch u.a. 1992; vgl. auch Abschnitt 5.2).

3.4

Bauwerksbestände und Verwendung der Bauleistungen in den neuen Ländern und in Gesamtdeutschland

Sucht man für die alten wie für die neuen Bundesländer nach Angaben zum vorhandenen Bestand an Bauwerken und den daraus ableitbaren Bauwerksnutzungen als Ausgangspunkt für Baubedarfsschätzungen und alle Bauaktivitäten, so wird rasch klar, daß die heruntergewirtschafteten Infrastruktureinrichtungen und Produktionsstätten der ehemaligen DDR einen fast völligen Neuaufbau der Industrie und eines funktionsfähigen Dienstleistungssektors sowie den Ausbau der dazugehörigen Infrastruktur erfordern. In vielen Fällen kann dabei auf bestehende Bauwerke nicht mehr zurückgegriffen werden. Selbst die Wohnungsversorgung, der in der DDR stets hohe politische Priorität eingeräumt wurde, läßt in der Realität der heutigen "neuen Länder" viel zu wünschen übrig. Der Wohnungsbau steht immer noch vor großen Aufgaben, denn die auf dem Papier gute Versorgungslage der DDR erwies sich aufgrund der oft mangelhaften Ausstattung und der erheblichen baulichen Mängel als Fehleinschätzung. Sowohl der enorme (Nachhol-)Baubedarf als auch die hohe, kräftig von Transferleistungen gestützte effektive Nachfrage nach Bauwerksnutzungen und Bauleistungen in den neuen Bundesländern nach dem Umbruch haben die Bauwirtschaft zur wichtigsten Antriebsfeder der dortigen wirtschaftlichen Entwicklung werden lassen. Auf Ausgangslage und Entwicklung der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern soll nachfolgend von der Verwendungsseite her eingegangen werden (vgl. zur zukünftigen Entwicklung Abschnitt 5.2). Die statistischen Angaben und Kennziffern zur gesamtdeutschen Entwicklung des Bausektors werden ebenfalls in diesem Abschnitt dargestellt; eine separate Behandlung der gesamtdeutschen Entwicklung erschien uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht sinnvoll. Die beiden Teilaggregate "Ost" und "West" stellen sich nämlich bezüglich Niveau, Struktur und Entwicklung der Bautätigkeit noch so unterschiedlich dar, daß eine sinnvolle Interpretation des gesamtdeutschen Aggregates unseres Erachtens nicht möglich ist, ohne nicht gleich wieder

17 Sauwirtschaft

223

auf die Verschiedenheit der Beiträge aus und der Verläufe in Ost- und Westdeutschland hinweisen zu müssen.

3.4.1 Anlagevermögen: Schitzverfahren und Entwicklung Der "Grundmittelbestand" der DDR-Volkswirtschaft betrug im Jahre 1989 knapp 1 800 Mrd. Mark (vgl. Abschnitt 3.3.2). Zur Bestimmung einer mit der westdeutschen vergleichbaren und insofern realistischen Basis für das ostdeutsche Anlagevermögen müßte zum einen eine Umbewertung in DMark erfolgen, zum anderen die Frage nach der tatsächlichen Nutzbarkeit, Nutzungsdauer und Qualität sowie der Mengenstruktur dieses Kapitalstockes beantwortet werden.

3.4.1.1 Berechnung des Kapitalstocks der neuen Linder Lückenlose Zeitreihen, mittels derer mit der "Perpetual-inventory-Methode" das Anlagevermögen der neuen Länder berechnet werden könnte, liegen ebenfalls nicht vor. Das ifo Institut hat daher versucht, diese Probleme in einem Simulationsmodell mit mikroökonomischem Ansatz ähnlich dem des "Capital-vintage-Modells" zu lösen (vgl. hierzu Müller 1994). Dabei wird in Kombination mit einer speziellen Produktionsfunktion bei einem als fest unterstellten Arbeitseinsatz eine Bedingung für die Verschrottung von Anlagen abgeleitet bzw. ein lohnkostendeckender Anfangskapitalbestand für 1990 bzw. 1991 ermittelt. Aufbauend auf dem so gescMtzten Kapitalstock des Jahres 1990 konnte mit den Investitionen der Jahre 1991 bis 1993 das Bruttoanlagevermögen in den neuen Bundesländern, wie es hier dargestellt wird, berechnet werden. Entsprechend der in Abschnitt 3.1 vorgeschlagenen Konvention werden auch hier die Jahreswerte zu Preisen von 1991 nach dem Benutzerkonzept wiedergegeben. Die genannte Schätzung aus der ifo Anlagevermögensrechnung für die neuen Bundesländer beziffert den jahresdurchschnittlichen Anfangsbestand an Anlagen (Kapitalstock) dieses Gebietes auf etwa 947 Mrd. DM für alle Unternehmen, wovon 552 Mrd. DM (also etwa 60 %) den Unternehmen ohne Wohnungsvermietung zugerechnet werden. Der Anteil des Bauvermögens an diesen 552 Mrd. DM machte mit 394 Mrd. DM rund 71 % aus. Ausgehend von diesem geringen Anfangskapitalbestand läßt die rege Investitionstätigkeit vor allem im gewerblichen Bau, zunehmend aber auch im Wohnungsbau, in Ostdeutschland sehr rasch ein relativ neues Anlagevermögen entstehen. Dieses dürfte sich in seiner Zusam224

mensetzung langsam demjenigen in den alten Bundesländern annähern, allerdings mit dem entscheidenden Vorteil, daß es wesentlich jünger und moderner ist. Mittelfristig wird daher auch der Aufwand zur Bestandserhaltung geringer sein können als in den alten Bundesländern, so daß die Neuanschaffungen weiterhin ein größeres Gewicht haben werden und sich insgesamt ein deutlicher Standonvorteil für die neuen Bundesländer herausbilden dürfte. 3.4.1.2 Bauvermögen der Unternehmen und der Wohnungsvermietung Das in den ifo Schätzungen erstmals für den Jahresanfang 1992, und auch nur für die Unternehmen (also nicht für die Sektoren Staat und private Haushalte) ausgewiesene Bruttoanlageverm(jgen hatte ohne den Subsektor Wohnungsvermietung eine Höhe von 605 Mrd. DM (vgl. Tab. 3.8). Der Anteil des Bauverm(jgens daran belief sich auf 412 Mrd. DM oder rund 68 %; das sind rund 8 Prozentpunkte mehr als im früheren Bundesgebiet. Tab. 3.8

Bruttoanlagevermögen In den neuen Bundesländern: Absolutwerte 1992 bis 19941) nach Sektoren und Arten - Geschitzte Absolutbetrige (In Mrd. DM; In Preisen von 1991) 1992 Anlagen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

1993

Bauten

1994

Anlagen

Bauten

Anlagen

Bauten

70,30

51,02

70,45

51,11

70,64

51,21

Prod. Gewerbe

263,40

160,25

296,32

171,55

332,24

183,77

HandeiNerkehr

171,30

123,53

199,02

136,39

227,27

150,26

Dienstleistungsunternehmen

506,36

483,47

527,60

501,01

558,93

527,65

405,90

405,90

422,40

422,40

445,62

445,62

605,46

412,37

670,99

437,66

743,47

467,28

860,06 1 189,08

912,89

dar.:

Wohnungsvermietung

Unternehmen (ohne Wohnungsverm.) Unternehmen insg.

1 011,36

818,27 1 093,39

1) Jeweils Jahresanfangswerte.

Quelle: Müller 1994 (Ifo Anlagevermögensrechnung) .

1r

225

Durch die äußerst rege gewerbliche Investitionstätigkeit der letzten drei Jahre mit jeweils zweistelligen Zunahmen von 1992 auf 1993 und von 1993 auf 1994 wurde ein Bruttoanlagevermögen von zuletzt 743,5 Mrd. DM aufgebaut. Der Anteil des Bauvermögens daran ging bis 1994 auf 63 % (467,3 Mrd. DM) weiter zurück, womit eine Annäherung an den Anteil in den alten Bundesländern erfolgte. Mit etwas über 340 Mrd. DM entfielen Anfang 1994 knapp 46 % des Anlagevermögens der Unternehmen auf die privatwirtschaftlichen Dienstleistungen (ohne Wohnungsvermietung; außerdem bleiben Staat und Privathaushalte ausgeklammert). Das produzierende Gewerbe brachte es auf rund 45 % (vgl. erneut Tab. 3.8). Außer im Subsektor Wohnungsvermietung (dort definitionsgemäß zu 100 %) entfiel auch bei den sonstigen Dienstleistungen (mehr als 72 %) und bei HandeiNerkehr (etwa 66 %) der weit überwiegende Teil der Anlagen auf Bauten; selbst im produzierenden Gewerbe waren es noch über 55 %. Den stärksten Anstieg des Bauwerksbestandes im ostdeutschen Unternehmenssektor hatte zwischen 1992 und 1994 der Bereich HandeiNerkehr zu verzeichnen (+ 21,6 %), gefolgt vom produzierenden Gewerbe (+ 14,7 %). Demgegenüber blieben die privaten Dienstleistungen (ohne Wohnungsvermietung) mit einer Zunahme um knapp 6 % deutlich zurück; dies könnte darauf zurückzuführen sein, daß hier (z.B. von Banken und Versicherungen) die 'größten Brocken' schon zuvor investiert worden sind. Der geschätzte Anfangsbestand 1991 der Anlagen im Subsektor Wohnungsvermietung hatte einen Wert von 395 Mrd. DM, der sich definitionsgemäß ausschließlich aus Bauten zusammensetzt. Für 1992 wurde ein Bauvermögen von 406 Mrd. DM errechnet, welches sich bis 1993 um 4,1 % und bis 1994 nochmals um 5,5 % erhöhte und Anfang 1994 rund 445 Mrd. DM erreichte. Am gesamten unternehmerischen Bauvermögen Ostdeutschlands hatte der Wohnungsbestand 1994 einen Anteil von knapp 49 %, was geringfügig weniger ist als in den alten Bundesländern. Mit der beschleunigten Ausweitung des Wohnungsneubaus dürfte dieser Anteilswert aber rasch weiter zunehmen (vgl. Abschnitt 5.2).

226

3.4.2 Höhe und Entwicklung des Wohnungsbestandes

Erste verläßliche (wenn auch bloß hochgerechnete) Angaben über den aktuellen Wohnungsbestand in West- und Ostdeutschland liegen mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Wohnungsstichprobe 1993 vor (vgl. Statistisches Bundesamt 1995). Die 1995 in den neuen Bundesländern durchgeführte Gebäude- und Wohnungszählung dürfte nach der Auswertung exakte Angaben (auch mit regionaler Differenzierung) über die Zahl der tatsächlich vorhandenen Wohnungen wie auch - als angestrebter Nebeneffekt - über die genauen Fertigstellungszahlen seit 1990/91 bringen. Vor dieser Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993 stammten die Angaben zum Wohnungsbestand auf dem Gebiet der ehemaligen DDR letztlich vom Statistischen Amt der DDR, welches seine letzte Zählung (Totalerhebung) 1981 durchgeführt hatte. Die amtliche Fortschreibung des Wohnungsbestandes erfolgte auf dieser Basis bis 1989. Demzufolge war für 1990 von einem "Anfangsbestand" von rund 7 Mill. Wohneinheiten auszugehen, der allerdings zum einen aus den oben genannten Gründen (vgl. Abschnitt 3.3) deutlich überhöht gewesen sein dürfte und der zum anderen auch einen nicht genau bestimmten Teil sehr alter, sanierungsbedürftiger, mangelhaft ausgestatteter oder (nach westdeutschen Maßstäben) gar nicht mehr bewohnbarer Wohneinheiten enthielt. Das ifo Institut hat daher in verschiedenen Untersuchungen (vgl. z.B. Behring/Thanner 1993) mittels Schätzungen reduzierte "realistischere" Wohnungsbestandsziffern verwendet. Das hochgerechnete Ergebnis der Gebäude- und Wohnungsstichprobe vom September 1993 bestätigt nun tatsächlich eine deutliche Überhöhung des bis dahin auf der Basis der DDR-Zählung von 1981 fortgeschriebenen Wohnungsbestandes. Die Differenz zwischen dem amtlich für 1993 festgelegten Bestand an Wohneinheiten und den durch die Stichprobe ermittelten Wohnungen beträgt immerhin rund 420000 WE (vgl. Tab. 3.9). Die Fortschreibung des Wohnungsbestandes für die neuen Länder war bis dahin anhand der Bautätigkeitsstatistik (erfaßte Fertigstellungen minus gemeldete Abgänge) erfolgt. Damnach hatte die Zahl der Wohneinheiten zwischen 1989 und 1993 in den neuen Ländern jährlieh um 0,2 % bzw. um 0,4 % (1993) zugenommen (vgl. nochmals Tab. 3.9). Der fortgeschriebene Wohnungsbestand nahm um 68000 WE zu. Die Differenz zwischen dem Stichprobenergebnis 1993 und 227

der letzten amtlichen Zahl von 1989 ergibt sich also nicht allein aus den in der Zwischenzeit erfolgten Abgängen. Tab. 3.9

Wohnungsbestand In den alten und neuen Bundesländern sowie In Gesamtdeutschlfp'd 1989 bis 1993 - Anzahl der Wohneinheiten In 1 000 ; amtliche Fortschreibung sowie hochgerechnete Stichprobenergebnisse -

1989

1990

1991

1992

1993

GWS 2 l 1993

Gesamtdeutschland

33601

33856

34174

34547

34989

34295

neue Bundesländer

7003

7017

7034

7046

7071

6551

26598

26839

27138

27501

27918

27784

alte Bundesländer

1) Ohne Wohnheime und Ferienwohnungen. 2) Ergebnis der Gebäude- und Wohnungsstichprobe 1993.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 5, Heft 1 (1995).

Die im Vergleich zum westdeutschen Bestand (der mit Raten zwischen 0,9 % und 1,5 % jährlich zunahm) nur moderate Zunahme des ostdeutschen Wohnungsbestands ist zum einen durch eine hohe Zahl an amtlich erfaßten Abgängen zu erklären (die tatsächlichen Abgänge sind wohl noch höher zu veranschlagen), andererseits bestanden die nach der Wiedervereinigung vermehrt getätigten Bauinvestitionen anfangs zu einem Großteil aus (werterhöhenden) Maßnahmen an bestehenden Gebäuden. Die rasch gestiegenen und noch weiter steigenden Genehmigungen werden erst im laufenden und in späteren Jahren als höhere Fertigstellungen von neuen bzw. von zusätzlichen Wohnungen zu Buche schlagen; sie gehen natürlich noch nicht in die Wohnungsbestände der Jahre 1990 bis 1993 ein. In den alten Bundesländern hatte der ·offizielle·, auf den amtlichen Fortschreibungen basierende Wohnungsbestand zwischen 1989 und 1993 um 320 000 Wohneinheiten (also um 1,2 %) auf über 27,9 Mill. Wohnungen zugenommen. Die realistischere Schätzung des ifo Instituts geht nur von etwa 27,75 Mill. Wohnungen aus; die Abweichung betrug also schon 1993 (erst sieben Jahre nach der letzten Totalerhebung) bereits wieder 150 000 WE (vgl. Görhely/Rußig 1994). Die Gebäude- und Wohnungsstichprobe von 1993 bestätigt diese Einschätzung des ifo Instituts (und anderer Institutionen). 228

Der gesamtdeutsche Wohnungsbestand erhöhte sich in diesem Zeitraum nach der Fortschreibung von 33,601 Mill. (1989) bis auf 34,989 Mill. bzw. - laut Stichprobe - auf 34,3 Mill. Wohneinheiten. Auch die addierten "offiziellen" Wohnungsbestände sind also zu hoch nachgewiesen. Ausschlaggebend für die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum ist zudem die regionale Verteilung dieses Bestandes in Relation zur regionalen Verteilung der Bevölkerung. 3.4.3 Niveau, Verinderung und Struktur von Bauinvestitionen und Bauvolumen Der rasche Aufbau von Infrastruktur und Produktionsstätten sowie des Wohnungsbestandes in den neuen Bundesländern vollzieht sich durch eine besonders rege Investitionstlitigkeit. Sowohl das Entstehen eines leistungsfähigen Dienstleistungssektors als auch die Neuerrichtung von gewerblichen Betrieben und vor allem die Verbesserung der Infrastruktur sorgen dabei für einen besonders hohen Anteil an Bauinvestitionen an der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Auch für Gesamtdeutschland hat dies bereits zu einer veränderten Zusammensetzung der Anlageinvestitionen geführt. Der Anteil der Bauinvestitionen an den Anlageinvestitionen lag in den neuen Bundesländern 1991 zunächst bei knapp 55 %; er ist seither kontinuierlich gestiegen. Mit 67 % lag er 1994 um fast 8 Prozentpunkte über dem Anteil im früheren Bundesgebiet. Für Gesamtdeutschland ergibt sich - gegenüber dem früheren Bundesgebiet eine Steigerung des Anteils der Bauinvestitionen um über drei Prozentpunkte auf 62,4 %. Bedingt durch den niedrigen Anfangsbestand an Bauvermögen, den hohen Bedarfsdruck und die rasch "von außen" angehobene (und insofern "geliehene") Kaufkraft wurden in Ostdeutschland zunächst ungewöhnlich hohe jährliche Steigerungsraten bei den Bauinvestitionen realisiert. Die gesamten Bauinvestitionen in den neuen Bundesländern nahmen 1991 gegenüber dem Vorjahr um über 45 % auf 72,5 Mrd. DM zu. Die jährliche Steigerung in den letzten zwei Jahren halbierte sich dann bereits, sie ist aber mit 20 % immer noch beachtlich hoch (vgl. Tab. 3.10). Die Struktur der ostdeutschen Bauinvestitionen unterscheidet sich noch immer deutlich von der in den alten Bundesländern: Die Quote der staatlichen Investoren liegt erwartungsgemäß (mit zuletzt 19,1 %) höher als in den alten Bundesländern, da das vorrangige Ziel des

229

wirtschaftlichen Aufbaus der neuen Bundesländer besondere öffentliche Zuwendungen aus diversen Sonderfonds zur Folge gehabt hat. Tab. 3.10

Reale Bauinvestitionen In den neuen Bundesländern 1991 bis 1994

- Absolutwerte (in Mrd. DM In Preisen von 1991) und Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahr (In %) Absolutwerte (in Mrd. DM)

Veränderungsraten gegenüber Vorjahr (in %)

1991

1992

1993

1994

insgesamt

49,9

72,5

87,2

105,6

45,4

20,3

21,0

darunter: Wohnungsbau

16,7

23,0

29,5

40,6

37,3

28,6

37,5

Wirtschaftsbau

21,7

32,1

40,0

44,8

47,7

24,9

11,9

öffentlicher Bau

11,5

17,5

17,7

20,2

52,6

1,0

14,3

-

1992/91 1993/92 1994/93

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3.

Auffällig hoch ist auch der Anteil der gewerblichen Investoren; 1992 und 1993 belief er sich auf etwa 45 %, 1994 war erstmals ein leichter Anteilsverlust um 3,5 Prozentpunkte zu beobachten, doch blieben die Unternehmen durch die nach wie vor erhöhten Anstrengungen beim Aufbau der (in relevantem Umfang privat errichteten und finanzierten) Infrastruktur und bei der Errichtung von neuen Produktionsstätten "auf der grünen Wiese" noch vor dem Wohnungsbau die wichtigste Bausparte. Die jährlichen Zuwachsraten sind hier allerdings von anfangs 46 % auf nunmehr 11,6 % bereits stärker rückläufig (vgl. nochmals Tab. 3.10). Eine weitere Annäherung an die Bauspartenstruktur des früheren Bundesgebietes ist also bereits in Umrissen erkennbar. Der Wohnungsbau ist in den neuen Bundesländern mit einem durchschnittlichen Anteil von 32 % in den ersten drei Jahren seit der Wiedervereinigung lediglich die zweitwichtigste Bausparte gewesen (gegenüber einem Anteil von jetzt wieder über 50 % in den alten Bundesländern). Die Bauinvestitionen im Wohnungsbau hatten jedoch zuletzt mit 37,5 % die höchste Zuwachsrate zu verzeichnen; sie konnten ihren Anteil dadurch 1994 auf über 38 % (und danach noch weiter) erhöhen. Mit einem Anhalten dieser Tendenzen (hohe Zuwachsraten und deshalb Anteilsgewinne; vgl. auch Abschnitt 5.3) ist zu rechnen.

230

Die rege Investitionstätigkeit in den neuen Bundesländern hatte - trotz des anfänglich niedrigen Gewichtes - auch Einfluß auf die gesamtdeutsche Investitionsentwicklung: Der Anteil der Bauinvestitionen in den neuen Bundesländern machte 1991 erst 14,3 % aus; er stieg bis 1994 ziemlich kontinuierlich auf 25,3 % (vgl. Tab. 3.11). Tab. 3.11

Reale Bauinvestitionen In Gesamtdeutschland und In den neuen Bundesländern 1991 bis 1994 - Absolutwerte (In Mrd. DM In Preisen von 1991) und AnteIlswerte (In %) 1991 Absolutwerte (in Mrd. DM) - Gesamtdeutschland

1992

1993

1994

349,2

383,1

386,4

416,6

- neue Bundesländer

49,9

72,S

87,S

105,6

Anteil der neuen Bundesländer (in %)

14,3

18,9

22,6

25,3

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen des Ifo Instituts für Wlrtschaft.forschung.

Entsprechend ihrem rasch wachsenden Gewicht sorgten die hohen Investitionen in den neuen Bundesländern für einen Ausgleich der phasenweise nur relativ schwach expandierenden Bauinvestitionen in den alten Bundesländern. Selbst eine negative Veränderungsrate in Westdeutschland von - 3,7 % (1993) konnte überkompensiert werden, so daß auch in diesem Rezessionsjahr noch eine Zunahme der gesamtdeutschen Bauinvestitionen um 0,9 % verzeichnet werden konnte. Der hohe Baubedarf und die durch Transferzahlungen und verdiente Einkommen rasch expandierende effektive Nachfrage dürften in den neuen Bundesländern weniger einen Abzug von Investitionen aus anderen Gebieten (Substitutionseffekt) verursachen, vielmehr ergeben sich zusätzliche Impulse an die Gesamtwirtschaft (Anstoßeffekt). Die Bedeutung von Altbausanierung und -erneuerung kann auch für die neuen Bundesländer nur anhand der Struktur des Wohnungsbauvolumens, nicht aber für die beiden Nichtwohnbausparten, deutlich gemacht werden. Im DIW-Wohnungsbauvolumen sind sämtliche Modernisierungen, An- und Umbauten sowie Sanierungen einschließlich der werterhöhenden Eigenleistungen der Investoren enthalten.

231

Wenngleich nach wie vor verläßliche Daten fehlen und deshalb erst sehr grobe Schätzungen möglich sind, so hat das DIW doch in seiner Bauvolumensrechnung überschlagsmäßig aus den veranschlagten Baukosten für genehmigte Wohngebäude eine Struktur des Wohnungsbauvolumens in der Differenzierung nach Neubau und Altbauerneuerung ermittelt (vgl. Tab. 3.12; vgl. Barthölmai 1995). Tab. 3.12

Struktur des DIW-Wohnungsbauvolumens In den neuen Bundesländern: Neubau- und Bestandsmaßnahmen - 1991 bis 1994; Anteile In % 1991

1992

1993

1994

Neubaumaßnahmen

20,0

23,2

35,8

45,8

Altbauerneuerung 1 )

80,0

76,8

64,2

54,2

1) Modernisierung und gewerbliche Sanierung sowie Um-, An- und Ausbau von bestehenden Wohngebäuden.

Quelle: Bartholmal 1995 (DIW-Bauvolumensrechnung).

Nach diesen Berechnungen und Schätzungen ist der Anteil der Neubaumaßnahmen in Ostdeutschland seit 1991 (wo er lediglich 20 % ausmachte) kontinuierlich gestiegen; dieAltbauerneuerung hat jedoch auch 1994 noch ein höheres Gewicht als der Neubau, ein Ausgleich erscheint erst für 1996 denkbar. Im früheren Bundesgebiet dagegen lag der Anteil der Bestandsmaßnahmen am Wohnungsbauvolumen zwar kurzfristig auch über 50 % (1987 und 1988), er pendelte sich aber zuletzt aufgrund der wieder rapide gestiegenen Neubautätigkeit bei rund 40 % ein. 3.4.4 Fertigstellungen Im Wohnungs- und NIchtwohnbau Über die Zahl der Fertigstellungen im Wohnungs- und Nichtwohnbau lagen anfangs für die neuen Bundesländer amtlicherseits nur unvollständige Angaben vor, was durch erhebliche Anlaufschwierigkeiten der erst 1991 neu eingerichteten Bauaufsichtsbehörden bedingt ist. Die verfügbaren Angaben sind daher für die Anfangsjahre nur eingeschränkt aussagefähig, vielmehr ist von einer deutlichen Untererfassung der Bautatigkeit bei den Mengengrößen auszugehen. Aus diesem Grunde wird hier darauf verzichtet, die west- und ostdeutschen

232

Fertigstellungen schon jetzt zu einer gesamtdeutschen Fertigstellungszahl zu addieren. Fertigstellungen Im NIchtwohnbau

Um auch hier nicht durch unterschiedliche Wertangaben ("veranschlagte Baukosten") unnötige Verwirrung zu stiften (vgl. oben Abschnitt 3.2.3), wird für die neuen Bundesländer und für Gesamtdeutschland ebenfalls nur die Anteilsverteilung der Gebäudearten, gemessen an der Nutzfläche neu errichteter NichtwohngebiJude, angegeben. Zu beachten ist ferner, daß die Angaben nach GebiJudearten für die Jahre 1991 und 1992 Berlin-Ost noch nicht enthalten, woraus sich für 1993 natürlich ein erheblicher Niveausprung ergibt: Die fertiggestellte Nutzfläche hat sich demnach von 1991 auf 1992 verfünffacht und sie ist bis 1993 nochmals um 200 % gestiegen. Was die Vollständigkeit der Erfassung betrifft, dürften erst die Angaben ab 1993 ein einigermaßen realistisches Bild der Fertigstellungen widergeben, wenngleich das Statistische Bundesamt auch für das Jahr 1993 noch von einer unvollständigen Erfassung ausgeht. Gemessen an den für private und staatliche Bauherren fertiggestellten Nutzflächen waren die nicht-landwirtschaftlichen BetriebsgebiJude in den neuen Bundesländern nach der Bautätigkeitsstatistik ebenfalls die bei weitem wichtigste Gebäudeart (vgl. Tab. 3.13); der Anteil von rund 72 % übersteigt trotz des Rückganges nach wie vor deutlich denjenigen in den alten Bundesländern (60 %). Die Büro- und VerwaltungsgebiJude spielten dagegen in den ersten Jahren in Ostdeutsch land noch nicht dieselbe Rolle wie im früheren Bundesgebiet; sie waren dort bis 1993 lediglich mit einem Anteil von unter 10 % vertreten. 1994 macht sich die Aufholentwicklung des Dienstleistungssektors auch bei den Fertigstellungen bemerkbar: Der Anteil der Büro- und Verwaltungsgebäude erreicht in Ostdeutschland mit 16,9 % fast genau das gleiche Niveau wie in den alten Bundesländern (17,3 %). Anteile von jeweils deutlich unter 10 % entfallen derzeit auf die sonstigen NichtwohngebiJude (darunter z.B. Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Museen, aber auch Sportanlagen u.dgl.) und die landwirtschaftlichen BetriebsgebiJude; im früheren Bundesgebiet liegen die Anteile in diesen Gebäudekategorien etwas höher. Die Anstalts233

geblJude spielen mit einem Anteil von 1,8 % in den neuen Bundesländern ebenfalls keine große Rolle. Tab. 3.13

Anteile der Gebiudearten an der fertiggestellten Nutzfläche aller neuerrichteten Nlchtwohngebiude In den neuen Bundeslindern 1991 bis 1994

Gebäudearten

Anteilswerte (in %) 1993

1994

1,3

1,5

1,8

11,2

8,9

10,4

16,9

5,3

4,8

4,9

3,5

Nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude

70,0

79,8

78,7

72,2

Sonstige Nichtwohngebäude

13,0

5,2

4,5

5,6

Anstaltsgebäude Büro- und Verwaltungsgebäude Landwirtschaftliche Betriebsgebäude

1991

1992

0,6

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bautätigkeitsstatistik (Sondertabelle HB7).

Fertigstellungen Im Wohnungsbau Die Fertigstellungen im Wohnungsneubau Ostdeutschlands waren in den Jahren 1992 und 1993 zunächst stark eingebrochen; 1994 fand erstmals ein nennenswerter Anstieg auf rund 60 000 WE statt. Die Entwicklung der Baugenehmigungen deutet auf eine weiterhin rasant steigende Wohnungsnachfrage hin (vgl. Abb. 3.27): 1994 wurden mit rund 111 000 WE etwa ein Drittel mehr Baugenehmigungen erteilt als im Vorjahr; 1995 dürften es geschätzte 150 000 WE gewesen sein. Überraschend hoch ist angesichts der eher noch unterdurchschnittlichen Einkommen und Vermögen in den neuen Bundesländern der Anteil der Eigenheime, der derzeit etwa die Hälfte der Fertigstellungen ausmacht. Vermutlich wird diese Gebäudeart aber hauptsächlich von Haushalten gebaut, die bereits über Grundbesitz verfügten oder die aus dem verwandtschaftlichen Umfeld finanzielle Unterstützung erhalten; die Präferenz für die Wohnform scheint aber auch in Ostdeutschland stark ausgeprägt zu sein. Bei den MehrfamiliengeblJuden waren bisher noch hauptsächlich westdeutsche Kapitalanleger aktiv, die durch die hohen Sonderabschreibungen aus dem Fördergebietsgesetz und Mietsubventionen 234

der Länder, oft aber auch durch zusätzliche Versprechungen (nicht immer ganz seriöser) Bauträger (z.B. bezüglich Mietpreisgarantien) angelockt werden. Das Auslaufen der hohen Sonderabschreibung Ende 1996 dürfte daher die Nachfrage von dieser Seite etwas abflachen lassen. Abb.3.27

Genehmigungen und Fertigstellungen im Wohnungsbau der neuen Bundesländer: Wohnungen in neuen Wohngebäuden Tausend

160,--------------------------------------------. 140 120 100 80 60 40 20 oL-------~--------~-------L--------~------~

1990 Quelle:

1991

1992

1993

1994

1995

Statistisches Bundesamt, Bautätigkeitsstatistik; Statistisches Amt der DDR; Berechnungen und Vorausschätzungen des i10 Instituts.

Bei den Wohnungsbaugesellschaften der neuen Bundesländer sind die entsprechenden Mittel noch nicht in diesem Maße vorhanden, zudem erfordert der Erhalt und die Sanierung der bestehenden Wohngebäude bereits einen beträchtlichen finanziellen Aufwand (vgl. Behring/Britschkat 1995). Auf mittlere Sicht sind von dieser Investorengruppe jedoch ebenso zusätzliche Impulse zu erwarten wie von solchen Selbstnutzern aus den neuen Ländern, für die sich ein Eigenheim als unerschwinglich erweist und die deshalb (zunächst) auf eine Eigentumswohnung ausweichen. Soweit die Datenlage für die neuen Bundesländer eine abschließende Aussage über die Entwicklung der Bautätigkeit in den letzten vier Jahren erlaubt, kann zusammenfassend eine rasante Aufholjagd konsta235

tiert werden. Sie macht sich im gewerblichen Bereich vor allem durch hohe Investitionen in neue Bauwerke bemerkbar, beim Wohnungsbau auch durch erhebliche Anstrengungen bei Modernisierungen und Instandhaltungen. Die Bauwirtschaft kann also zu Recht als der entscheidende Motor des Aufschwungs in den neuen Bundesländern bezeichnet werden. Deren rasch gewachsener Beitrag hat sich wiederum positiv auf die gesamtdeutschen Bauleistungen und damit auch günstig auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausgewirkt. Die weiteren Perspektiven der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern und in Gesamtdeutschland werden in Kapitel 5 erörtert.

4 Ausgewählte internationale und nationale Aspekte der Strukturdynamik auf der Produktions- und Nachfrageseite des deutschen Bausektors Vorbemerkungen

Insgesamt und speziell in den bisherigen Kapiteln 1 bis 3 konzentriert sich das "Branchenbild Bauwirtschaft" auf die Vergangenheitsentwicklung dieses Sektors, wobei in Kapitel 2 die Angebotsseite des Bauleistungsmarktes, in Kapitel 3 - mit wesentlich breiterer Abgrenzung die Verwendungsseite im Mittelpunkt stehen. Jeweils wurde dabei versucht, unter Beschränkung auf ausgewählte ökonomische Variable und auf diese bezogene Zusammenhänge möglichst nahe an den aktuellen Rand heranzukommen. Bevor in Kapitel 5 auf die Zukunftsperspektiven des deutschen Bausektors eingegangen werden soll, wird dieses Kapitel 4 quasi dazwischengeschaltet, in dem es darum geht, von den vielfältigen Umstrukturierungsprozessen, die aus unterschiedlichen internen und externen Gründen derzeit in West- und Ostdeutschland mit erhöhter Dynamik ablaufen, einige herauszugreifen und deren Entwicklungslinien nachzuziehen. Neben vom Inland bestimmten und bauökonomischen sollen auch internationale Aspekte sowie Fragen der Bautechnik und der Organisation von Bauunternehmen angesprochen werden. Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, vor allem die Auswirkungen auf die deutsche Bauwirtschaft, also auf die Unternehmen bzw. Betriebe und Beschäftigte des Baugewerbes sowie auf die Bauwerke und die Bauwerksnutzungen im Inland, darzustellen. Auch wenn diese Vorgabe eine gewisse Orientierung bietet, so bleibt die Auswahl angesichts der Themen- und Stoffülle doch ein gravierendes Problem. Auch in diesem Kapitel kann daher nicht Vollständigkeit angestrebt werden, vielmehr wird stark selektiv vorgegangen. Auswahlkriterium ist die jeweilige Relevanz für die aktuelle Lage (Beschäftigung, Kapazitätsauslastung, Erträge usw.) , die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklungsaussichten des Bausektors in Deutschland. Auch nach diesen Kriterien können manche Entwicklungen nur angeschnitten werden; detailliertere Angaben und Analysen müssen Spezialaufsätzen und weiteren einschlägigen Forschungsarbeiten vorbehalten bleiben.

237

Der Versuch, die lange Liste der danach wichtig erscheinenden Themen und Aspekte etwas zu ordnen, ergibt drei Unterpunkte, nämlich - Ansätze und Weiterentwicklungen zur Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft (Abschnitt 4.1), - Veränderungen auf der Produktions- bzw. Angebotsseite der Bauleistungsmärkte (Abschnitt 4.2), - Nachfrageseitige Veränderungen bei Auftraggebern, Bauherren und Einflußfaktoren (Abschnitt 4.3), wobei jeweils mannigfache Querbeziehungen bestehen und (zumindest implizit) zu berücksichtigen sind. Es wird auffallen, daß in den folgenden Abschnitten auf die sonst nach wie vor sinnvolle oder sogar notwendige Unterteilung nach West- und Ostdeutschland weitgehend verzichtet wird. Hierauf kann verzichtet werden, weil bei den ausgewählten Aspekten von Strukturveränderungen in der Bauwirtschaft die Probleme und Risiken sowie die Chancen und Perspektiven vielfach schon einen "gesamtdeutschen" Charakter angenommen haben.

4.1

Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft

Die Bauwirtschaft ist ein teils aus Tradition, teils aus "objektiven" Gründen stark auf die Binnenmarkte orientierter Wirtschaftszweig. Das hängt damit zusammen, daß Bauwerke generell regional oder sogar lokal gebunden sind und daß (demzufolge oder aus anderen Gründen) sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager sowohl von Bauwerksnutzungen als auch von Bauleistungen nur einen eng begrenzten Absatzradius oder einen kleinen Einzugsbereich haben (vgl. Kapitel 1; vgl. z.B. Rußig/Menkhoff/Dullinger/Russ 1994). Historisch gesehen und im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen haben daher weder Exporte noch Importe von Produkten oder Leistungen für Marktversorgung und Konkurrenzsituation eine größere Rolle gespielt, weil typischerweise eben nicht die (halb-)fertigen Produkte aus- oder eingeführt werden können, sondern die Leistungen ganz überwiegend an Ort und Stelle durch Einsatz und Kombination der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit, Kapitalgüter und Materialien erbracht werden müssen. Allenfalls der Zustrom der "Gastarbeiter" in den sechziger und siebziger Jahren, von denen sehr viele (zunächst) im Baugewerbe eine

238

Beschäftigung fanden, brachte ein frühes, bis heute fortwirkendes Element der Internationalisierung in diesen wichtigen Sektor der (west-)deutschen Volkswirtschaft. Hier sind jedoch vor einigen Jahren tiefgreifende Veränderungen in Gang gekommen, zu denen sowohl deutsche Personen und Unternehmen durch Aktivitäten im Ausland als auch ausländische Unternehmen, Arbeitskräfte und sonstige Personen mit Aktivitäten im Inland beigetragen haben. Dabei würde man den Rahmen zu eng ziehen, wenn man nur an Baufirmen und deren Beschäftigte bzw. die übrigen Bauarbeitskräfte dächte. Auch Kapitalanleger sowie Bauträger und Developer, Makler, Architekten u.a.m. haben zu diesen rasch intensivierten grenzüberschreitenden Verflechtungen der Baumärkte in Deutschland beigetragen, doch sollen diese sonstigen Akteure und Zusammenhänge hier ausgeklammert bleiben. Bei diesen Entwicklungen handelt es sich (von den besonderen "Niveau- und Beschleunigungseffekten" der ostdeutschen Baumärkte vielleicht abgesehen) um kein spezifisch deutsches Phänomen, weshalb dieses Attribut in der Abschnittsüberschrift nicht zufällig in Klammern gesetzt wurde. Allein schon wegen der "Spiegelbildlichkeit" sind auch andere Länder betroffen, aber generell zeigen sich viele der hierzulande beobachteten Phänomene und Aktivitäten auch anderswo in Europa oder weltweit. In einer Auswahl und Eingrenzung werden hier Informationen zum deutschen Auslandsbau und zur Entwicklung bei den verschiedenen Formen wechselseitiger Kapitalverflechtungen zusammengestellt; auf aktuelle Aspekte der Internationalisierung des Bauarbeitsmarktes wird im nächsten Abschnitt eingegangen. Breite und Tiefe der Veränderungen rechtfertigen U.E. die getrennte Behandlung der beiden erstgenannten Aspekte, obwohl natürlich die vielfältigen Berührungspunkte zum gesamten deutschen Bausektor nicht übersehen werden dürfen. Umgekehrt sollte mit der knappen Auflistung deutlich geworden sein, daß sich die Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft auf sehr unterschiedliche Arten vollzieht.

4.1.1 Entwicklung, Struktur und Effekte des (west-)deutschen Auslandsbaus Auf der Ebene der produzierenden (Bau-)Unternehmen erfolgt eine Internationalisierung der deutschen Bauwirtschaft

18 Sauwirtschaft

239

- entweder durch die Erteilung von Auftrligen zur Errichtung von Bauwerken im Ausland an deutsche Bauunternehmen (= "Export" von Bauleistungen; mit dem Pendant der "Importe"), - oder über Direktinvestitionen deutscher Bauunternehmen im Ausland (Gründung von Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen, Erwerb von Beteiligungen an bestehenden oder neugegründeten Unternehmen = T +B), wobei bei der zweitgenannten Form die Ströme ebenfalls in der umgekehrten Richtung fließen können und (in steigendem Umfang) geflossen sind (vgl. Abschnitt 4.1.2).

4.1.1.1 Zuordnungen, Abgrenzungen und Datengrundlagen Ersteres wird im allgemeinen als Auslandsbau im traditionellen Sinne bezeichnet und ist statistisch einigermaßen umfassend und detailliert erfaßt. In diesen Fällen erhält also in der Regel ein (ggt. an einem internationalen - Konsortium beteiligtes) deutsches Bauunternehmen von einem ausländischen, privaten oder staatlichen Auftraggeber bzw. Bauherren direkt den Auftrag zur Errichtung eines Bauwerkes. Ins Ausland gehende Ströme von Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte, Maschinen und Material) sowie zurückkehrende Zahlungsströme und im Unternehmen entstehende Erträge werden im Inland erfaßt und ausgewiesen; Überwachung und Abrechnung des Auftrages erfolgen in Deutschland. Im Falle der Erteilung ausländischer Aufträge an Tochtergesellschaften oder an ausländische Unternehmen, an denen deutsche Firmen Beteiligungen erworben haben, müssen die entsprechenden Ströme nicht über das deutsche Bauunternehmen fließen; sie sind deshalb statistisch auch viel schwieriger zu erfassen. Das gleiche gilt für ausländische Bauunternehmen, die entweder in Deutschland direkt tätig werden oder Beteiligungen bzw. Tochtergesellschaften in den alten oder neuen Bundesländern haben. Die für die deutsche Bauwirtschaft in beiden Betätigungskategorien gleichermaßen relevanten und interessanten, wenngleich mit unterschiedlichen Methoden bearbeiteten internationalen Baumlirkte lassen sich unter regionalen Aspekten grob zwei Kategorien zuordnen: - Die Märkte in Industriellindern mit einer eigenen leistungsfähigen Bauwirtschaft werden fast ausschließlich durch direkte Prlisenz (Tochtergesellschaften und Beteiligungen) zugänglich. Die Konkurrenz der eingesessenen Unternehmen mit ihrem Vorsprung an 240

Spezialkenntnissen der jeweiligen Gegebenheiten und Vorschriften und mit ihren gut ausgebauten Kontakten ist für den traditionellen Auslandsbau deutscher Baufirmen in der Regel zu stark. Deutsche Firmen können auf diesen Märkten höchstens durch Spezialkenntnisse Vorteile erlangen, aber auch selbst von der Vermittlung solcher Spezial kenntnisse profitieren. Die Finanzierung der öffentlichen, vor allem aber auch der privaten Baunachfrage dürfte wegen der im allgemeinen in diesen Staaten hohen Wirtschaftskraft und funktionsfähiger Finanzmärkte wenig problematisch sein. Die Konkurrenz durch Unternehmen aus Drittländern, ob über direkte Bauaufträge oder über Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, unterliegt prinzipiell den gleichen Bedingungen. - Die Märkte in Entwicklungslll.ndern sowie in Transformations- und Schwellenländern, die sich u.a. durch einen außerordentlich hohen Baubedarf zur angestrebten weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und zur besseren Versorgung charakterisieren lassen, weisen üblicherweise keine eigene, ausreichend leistungsfähige Bauwirtschaft auf. Baunachfrage kann in diesen Staaten nur höchst selten ohne finanzielle Hilfe von außen entfaltet werden. Auf diesen Märkten konkurrieren um den traditionellen Auslandsbau eine Vielzahl ausländischer Bauunternehmen aus vielen Industriestaaten. Die Auftragsvergabe dürfte auch davon bestimmt sein, welche Institutionen sich zu Finanzierungen bereitfinden und ob intelligente Vorschläge zur Finanzierung (neuerdings offensichtlich immer häufiger unter Einbezug privater Mittel) vorgelegt werden können. Nicht zuletzt hängt die Auftragserteilung davon ab, welche tradierten Beziehungen zwischen den beteiligten Staaten bzw. zwischen Staat und Unternehmen bestehen und wie intensiv diese (auch) durch "nützliche Aufwendungen" gepflegt wurden. Die statistische Erfassung des deutschen Auslandsbaus und erst recht die der Aktivitäten in Tochter- und Beteiligungsgesellschaften stößt mangels Meldepflicht auf erhebliche Schwierigkeiten, die Datengrundlagen sind dementsprechend reichlich "brüchig". Von einem Export von Waren im üblichen Sinne kann nicht gesprochen werden, weil die Leistung im Ausland ganz überwiegend mit ausländischen Arbeitskräften und häufig auch mit ausländischen oder auf Drittmärkten beschafften Maschinen, Geräten und Baustoffen erbracht wird. Exportiert werden also eher Dienstleistungen, deren monetäre Äquivalente nur teilweise in die Zahlungsbilanz Deutschlands eingehen (vgl. Behring/Gluch/ Rußig 1982). 18'

241

In der amtlichen deutschen Statistik finden sich über den traditionellen Auslandsbau ausschließlich Daten zur "im Ausland erbrachten Jahresbauleistung" von Unternehmen des Bauhauptgewerbes mit 20 und mehr Beschäftigten und zur Anzahl der damit befaßten Unternehmen. Differenziert sind diese Daten nach Beschäftigtengrößenklassen und Wirtschaftszweigen, die jedoch nicht durchgängig mit der für Deutschland üblichen Zuordnung zu Bausparten und Bauwerkskategorien übereinstimmen. Leistungen von Subunternehmen sind enthalten, Tochtergesellschaften und Beteiligungen deutscher Firmen werden dagegen nicht berücksichtigt; eine Aufteilung nach Auftraggeberländern wird nicht vorgenommen. Die Daten des Statistischen Bundesamtes sind nicht kompatibel mit der vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie geführten Auslandsbaustatistik (vgl. zur Erfassungsmethode Bollinger 1991). Die dort erhobenen Daten beziehen sich auf die Auftragseinglinge der deutschen Bauindustrie. Erfaßt wird der (nominale) Auftragswert - einerseits von gemeldeten Aufträgen, die ein deutsches (Bau-)Unternehmen direkt von einem ausländischen Auftraggeber erhalten hat bzw. die an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften sowie an Arbeitsgemeinschaften in Entwicklungsländern vergeben wurden dabei handelt es sich also um den Auftragseingang im traditionellen Auslandsbau, - andererseits von Aufträgen, die an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften der deutschen Bauindustrie in den Industrieländern erteilt wurden, und zwar hier nicht die kompletten Aufträge, sondern die mit dem jeweiligen Beteiligungsverhältnis gewichteten Auftragszugänge. Da die Erhebung dieser Daten bei den Mitgliedsfirmen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie auf freiwilliger Basis erfolgt, ist Vollstlindigkeit nicht gewährleistet; Subunternehmerleistungen sind jedoch auch hier enthalten. Eine Aufgliederung nach Auftraggeberländern wird sehr fein durchgeführt, aber die Zuordnung nach Fachzweigen unterbleibt. Es bestehen zwar eine ganze Reihe gravierender Einwände gegen die Verwendung einer Statistik der Auftragseinglinge, z.B. wegen der nur schwer interpretierbaren starken Schwankungen. Wegen der Einbeziehung der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, aber auch wegen der regionalen Differenzierung der Auftraggeberländer - beides Sachverhalte, die die Entwicklung der Internationalisierung der deutschen Bauwirtschaft aktuell weitgehend zu prägen scheinen -, 242

konzentriert sich die folgende Darstellung trotzdem auf die Auslandsbaustatistik des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Aktivitäten ausländischer Bauunternehmen in Deutschland sind weder dort noch in der amtlichen Statistik erfaßt. Der Auslandsbau ausländischer Firmen in Deutschland dürfte früher keine große Rolle gespielt haben. Ausländische Tochter- und Beteiligungsgesellschaften haben allerdings nach Expertenmeinung in den letzten Jahren rasch an Bedeutung zugenommen, insbesondere nach der Wiedervereinigung durch den Einstieg in ostdeutsche Unternehmen. Auch durch die direkte Teilnahme an Ausschreibungen und die Zuschlagserteilung haben sich ausländische Bauunternehmen, zumal aus EU-Nachbarländern (aus Dänemark, Frankreich, Niederlande; in Zukunft wohl auch aus Österreich) inzwischen nicht nur Respekt verschafft, sondern auch Märkte erobert. 4.1.1.2 Entwicklung von Umfang, regionaler Verteilung und Finanzierung des traditionellen Auslandsbauvolumens

Der deutsche Auslandsbau im klassischen Sinne wird durch die Leistungen einiger weniger Großunternehmen geprägt (rund 35 Firmen), die das Gesamtvolumen zu fast 90 % abdecken. Der Rest der im Ausland erbrachten Bauleistungen entfällt auf etwa 200 kleinere Unternehmen der Branche, die entweder als Subunternehmen auf den großen Baustellen oder mit eigenen Aufträgen als Spezialbaufirmen bzw. im sogenannten "kleinen Grenzverkehr" im nahen europäischen Ausland, speziell im Grenzgebiet tätig sind. Nach Expertenmeinung hat dieser kleine Grenzverkehr in den letzten Jahren in beiden Richtungen, vor allem aber nach Deutschland herein, rasch an Gewicht gewonnen, und zwar parallel zur abnehmenden Bedeutung der einzelstaatlichen Grenzen mit der Vollendung des Binnenmarktes bzw. dem Zusammenwachsen der Europäischen Union. In der amtlichen Statistik waren für das Jahr 1993 im traditionellen Auslandsbau insgesamt 249 Unternehmen des deutschen Bauhauptgewerbes mit ihrer im Ausland erbrachten Jahresbauleistung ausgewiesen (vgl. Tab. 4.1); in den Vorjahren hatten sich noch signifikant mehr Unternehmen beteiligt. Nach den Jahren mit überaus hoher Auslandsbauleistung - bis einschließlich 1985 betrug der Anteil an der gesamten Jahresbauleistung

243

des (west-)deutschen Bauhauptgewerbes immerhin rund 10 % - ging der traditionelle Auslandsbau ziemlich abrupt zurück. Tab. 4.1

Auslandsbau des deutschen Bauhauptgewerbes1) 1980 bis 1993

Jahr

Jahresbauleistung im Inland (in Mil!. DM)

Zahl der Unternehmen im Ausl~rdsbau

Jahresbauleistung im Ausland (in Mil!. DM)

Anteil Auslandsbauleistung an insgesamt (in %)

1980

94823

231

9987

9,5

1981

90758

255

11 055

10,9

1982

86647

255

10777

11,1

1983

88993

224

11 342

11,3

1984

85794

263

9949

10,4

1985

80594

233

7864

8,9

1986

85774

254

3965

4,4

1987

85474

242

2852

3,2

1988

89988

242

2631

2,8

1989

97945

235

2378

2,4

1990

110630

213

2202

2,0

1991

118920

251

2358

1,9

19923 )

167813

268

2778

1,6

19933 )

179565

249

2635

1,5

1) Nur Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. 2) Unternehmen mit im Ausland erbrachter Jahresbauleistung. 3) Unternehmen aus West- und Ostdeutschland.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts fOr WIrtschaftsforschung.

Das Absacken des deutschen Auslandsbaus von einem Volumen von mehr als 10 Mrd. DM auf nur noch gut 2 Mrd. DM ist zu einem großen Teil durch den Zusammenbruch der hohen Baunachfrage aus den OPEC-Staaten als Folge des Verfalls des Rohölpreises sowie der bewaffneten Auseinandersetzungen verursacht worden. Hierfür konnte kein Ersatz in anderen Regionen gefunden werden.

244

Aus der trotzdem ungefähr konstanten Anzahl der im Ausland tStigen Bauunternehmen läßt sich auf eine kräftige Reduktion der Auftragsvolumina pro Unternehmen zurückrechnen. Diese Vermutung läßt sich aus den Daten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie erhärten, worin die Zahl der Aufträge den Auftragswerten gegenüberstellt wird (vgl. Tab. 4.2). Tab. 4.2

Erteilte Aufträge Im traditionellen Auslandsbau 1980 bis 1994

Jahr

Zahl der Aufträge

Auftragswert (deutscher Bauanteil) . (in Mill. DM)

Durchschnittlicher Wert pro Auftrag (in Mill. DM; gerundet)

1980

303

10107

33

1981

367

12096

33

1982

359

8349

23

1983

341

3604

11

1984

379

4681

12

1985

393

2672

7

1986

362

1 720

5

1987

321

1 853

6

1988

367

1 730

5

1989

358

1 911

5

1990

231

2577

11

1991

210

4320

21

1992

293

2770

9

1993

238

2811

12

1994

278

3819

14

Quelle: Bolllnger 1993/94/95 (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie).

In den neunziger Jahren scheint sich der traditionelle Auslandsbau deutscher Firmen auf einen Anteil von rund 2 % an der gesamten Jahresbauleistung einzupendeln. Seine quantitative Bedeutung für die deutsche Bauwirtschaft und für die gesamte deutsche Volkswirtschaft ist also tendenziell eher kleiner geworden, auch wenn sich die Zahlen

245

am aktuellen Rand wieder etwas nach oben bewegt haben (vgl. Bollinger 1993, 1994 und 1995). In der regionalen Verteilung des traditionellen Auslandsbaus der westdeutschen Bauwirtschaft haben sich seit Beginn der achtziger Jahre erhebliche Veränderungen ergeben. Wurden noch 1981/82 mehr als 70 % der Auslandsbauaufträge (am Auftragswert gemessen) in Asien, vor allem in den OPEC-Staaten, durchgeführt, so sank dieser Anteil 1984/85 auf rund 56 % und dann - relativ kontinuierlich - weiter auf gut 20 % (vgl. Tab. 4.3). Der steile Wiederanstieg des gesamten asiatischen Anteils in den Jahren 1992 bis 1994 verdeckt die Verschiebung der Auftragsländer vom Mittleren Osten auf das asiatische Festland (vor allem VR China und Thailand) sowie auf Hongkong und Taiwan. Tab. 4.3

Geographische Auftellung des traditionellen Auslandsbaus (west-) deutscher Bauunternehmen 1984 bis 1994 • AnteIlswerte (In %) an den Auftrageingängen • Europa Jahr

1984

insgesamt

darunter EU-Länder

Afrika

Asien

Amerika

4,2

(2,9)

34,2

55,7

5,9 0,4

1985

5,5

(1,7)

37,5

56,4

1986

14,2

(4,2)

40,3

36,5

5,2

1987

10,2

(5,0)

44,1

34,3

10,4

1988

19,9

(12,7)

48,5

27,5

3,6

1989

14,9

(9,9)

61,3

21,9

1,9

1990

26,6

(13,2)

46,5

23,4

3,1

1991

47,2

(16,8)

24,3

26,4

2,1

1992

25,4

(3,1)

26,1

45,9

2,7

1993

44,8

(5,6)

13,6

37,9

0,6

7,2

(4,2)

11,0

65,8

11,5

1994

Quelle: Bollinger 1993/94/95 (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie)_

In Zukunft wird der pazifische Raum insgesamt, also einschließlich Singapur und Malaysia, sowie mit einer langsamen Öffnung der Märk246

te auch Japan und zunehmend China, als Gravitationsfeld der Weltwirtschaft erwartet. Die am aktuellen Rand bereits beachtlich hohen Anteilswerte signalisieren, daß in dieser Region in Zukunft mit einer hohen und steigenden Baunachfrage zu rechnen sein dürfte, so daß - bei entsprechendem Engagement der deutschen Bauwirtschaft - der Anteil des asiatischen Raumes am traditionellen Auslandsbau Deutschlands vergleichsweise hoch bleiben dürfte. Allerdings ist bei dem hohen Anteil Asiens (1994 fast zwei Drittel des Auftragsvolumens am traditionellen Auslandsbau) zu berücksichtigen, daß das Auslaufen der Wohnungsbauprogramme in den GUS-Staaten und die überaus niedrigen Auftragseingänge aus dem Nicht-EU-Europa diesen Anteilswert - bei zudem steigenden Absolutwerten - kurzzeitig emporschnellen ließ. Insgesamt kann der deutsche Auslands bau jedoch im asiatischen Raum (wie anderswo) die Rolle eines "Türöffners" für andere Wirtschaftszweige übernehmen. Der afrikanische Kontinent verliert demgegenüber anteilsmäßig erheblich an Relevanz. Dabei blieb die absolute Höhe der in Afrika vergebenen Aufträge, nach einer Halbierung der Gesamtauftragswerte im Jahr 1985, abgesehen von kleineren Schwankungen, bis 1991 nahezu konstant bei etwa 1 Mrd. DM pro Jahr. Sie sank jedoch in den letzten beiden nachgewiesenen Jahren auf unter 0,5 Mrd. DM ab (vgl. hierzu auch Tab. 4.6 in Abschnitt 4.1.2). Die Veränderung der regionalen Nachfrage nach Auslandsbauleistungen zeigt sich - neben der Entwicklung in Asien - auch an den Anteilswerten der aus Europa an deutsche Firmen vergebenen Aufträge, die bis zum Beginn der neunziger Jahre absolut nur eine eher marginale Rolle gespielt hatten. Zwar haben sich schon Mitte der achtziger Jahre die Anteilswerte Europas am Auslandsbau kräftig erhöht, jedoch ist diese relative Zunahme an den starken Einbruch des gesamten deutschen Auslandsbaus seit 1985 gekoppelt. Erst seit 1990 wird verstärkt Auslandsbau im europäischen Ausland betrieben. Allerdings ist diese Steigerung am aktuellen Rand vermutlich weniger auf zunehmendes Bauen in den EU-Llindem, sondern eher auf eine Sonderentwicklung in Osteuropa zurückzuführen, nämlich auf die von Deutschland finanzierten Wohnungsbauprogramme in der Ukraine und im europäischen Teil Rußlands. Aus diesem Bedeutungsanstieg des Bauens in Europa sollte also nicht auf einen Trend für die Zukunft geschlossen werden.

247

Zwar besteht in allen osteuropäischen Staaten ein ungeheuer großer Baubedarf, aber die Finanzierungsfragen sind nicht geklärt. Ein stärkerer Zugang dieser Länder zu den internationalen Entwicklungshilfeund sonstigen Unterstützungsprogrammen ist zwar geplant, aber solange die politische Stabilität nicht gewährleistet ist, wird es hier zu weiteren Verzögerungen kommen; die ersten F"olgen zeigen sich bereits 1994 mit dem steilen Absturz des Anteilswertes. Der Anteil der Bauauftrlige an deutsche Unternehmen aus den EULlindern schwankt im Zeitablauf sehr stark; eine klare Tendenz für den traditionellen Auslandsbau ist hierfür nicht ablesbar. Für die Zukunft stehen jedoch mit dem weiteren Zusammenwachsen der EUStaaten eine ganze Reihe großer Bauvorhaben an (z.B. Ausbau der transeuropliischen Netze; vgl. Knechtel 1992). Im Zuge der immer enger werdenden Verflechtungen wird es zunehmend schwieriger werden, eine klare Trennung und Zuordnung nach Einzelstaaten vorzunehmen. Im traditionellen Auslandsbau stammen die finanziellen Mittel zu einem beträchtlichen Teil aus internationalen bzw. entsprechenden einzelstaatlichen Programmen, insbesondere seitdem die Eigenfinanzierung der OPEC-Staaten extrem stark geschrumpft ist. Die Mittel der in Frage kommenden Finanzierungsinstitute sind weitgehend konjunkturunabhängig und deshalb nicht ähnlichen zyklischen Schwankungen unterworfen wie die Bautätigkeit in Industrieländern. Stattdessen werden sie in hohem Maße politisch bestimmt, so daß es dadurch zu (nicht weniger heftigen) Schwankungen kommen kann. Die weitaus höchste Bedeutung im Rahmen der Finanzierung von Entwicklungshilfeprojekten kommt der Weltbank und ihrem Schwesterinstitut, dem Internationalen Währungsfonds, zu. Sehr viel weniger Finanzierungsmittel können von den regionalen Entwicklungsbanken in Lateinamerika, Asien und Afrika zur Verfügung gestellt werden. Sowohl von der Weltbank als auch von einzelnen Geberländern werden seit längerem Überlegungen darüber angestellt, wie man eine Mischung aus staatlichen und privaten Mitteln besser instrumentieren könnte, um die Entwicklungshilfe insgesamt zu erhöhen oder die vorhandenen Mittel effizienter einzusetzen. Damit kommt auf die am Auslandsbau interessierten deutschen (Bau-)Unternehmen eine weitere Anforderung zu, nämlich diese Arten von Finanzierungsmöglichkeiten zu kennen und den Zufluß zu organisieren. Im Rahmen dieser Aktivitäten erhält der deutsche Auslandsbau (wie auch andere Exportaktivitäten) die - geWOllte oder ungewollte 248

Funktion, gewissermaßen zum "Recycling" von deutschen Entwicklungshilfegeldern bzw. Fondsbeteiligungen beizutragen. Die EU-Kommission finanziert über eine sehr differenzierte Fondsund Institutionenstrukturdie unterschiedlichsten Entwicklungsprojekte in Europa. Im Rahmen all dieser Institute und Fonds werden auch Bauleistungen in den wirtschaftsschwachen europäischen Staaten gefördert. In den letzten Jahren wurden die zur Verfügung stehenden Mittel teilweise erheblich aufgestockt, so daß auch in Europa die (Auslands-)Baunachfrage zumindest nicht zurückgehen dürfte. 4.1.1.3 Bedeutung des Auslandsbaus für die deutsche Bauwlrtschaft Wie schon vor über einer Dekade in umfassenden Analysen u.a. des ifo Instituts nachgewiesen (vgl. Behring/Gluch/Rußig 1982; vgl. z.B. auch Schneider/Thoenes/Trageser 1982), hat der deutsche Auslandsbau nur wenig zur Auslastung der deutschen Produktionsfaktoren des Bausektors in konjunkturellen Baisse-Zeiten beigetragen. Umgekehrt hatte der scharfe Rückgang der Baukonjunktur Mitte der achtziger Jahre dazu geführt, daß in den Planungsabteilungen und bei der Bauleitung großer Bauunternehmen beträchtliche freie Kapazitäten entstanden waren. Diese haben in einer Phase ohnehin tendenziell rückläufiger Baunachfrage auf die heimischen Baumärkte gedrückt und es mittelständischen Bauunternehmen noch schwerer gemacht, die schwere Struktur- und Anpassungskrise zu überstehen. Deutsche Bauunternehmen engagieren sich nicht primär aus Gründen der Auslastung heimischer Kapazitäten im Ausland. Ihr Interesse liegt offensichtlich eher in einer Stabilisierung oder Verbesserung der Ertragslage sowie im Wachstum des deutschen Unternehmens und auch darin, Know how zu erwerben oder zu erhöhen. Zu diesen Effekten zählen auch die vorteilhaften Rückwirkungen auf die heimische Bauwirtschaft:

- Technische und organisatorische Kenntnisse werden gewonnen und erweitert, - ein konjunktureller Rückgang in Deutschland kann finanziell unbeschadet überstanden werden, - es besteht die Möglichkeit, ein Ertrags"polster" anzulegen. Die Forcierung der internationalen Verflechtung über den traditionellen Auslandsbau sowie über Gesellschaften und Beteiligungen im 249

Ausland und durch Drittländer in Deutschland führt zu einer Verstärkung der einheimischen Konzentrationsprozesse einerseits, aber auch zu einem verstärkten Wettbewerb auf dem deutschen Binnenmarkt. Nicht zuletzt erwerben Großunternehmen dadurch oft einen besseren Ruf, was den Zugang zu qualifiziertem Personal und attraktiven Finanzierungsquellen angeht (vgl. Behring/Gluct1/Rußig 1982). Aus einer stärker gesamtwirtschaftlichen Perspektive sind - in einer Zwischenbilanz - bezüglich des deutschen Auslandsbaus und der "Gegenstrom"-Aktivitäten folgende (teils positive, teils negative) Wirkungen hervorzuheben (wobei diese Aussagen analog auch für die Aktivitäten der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften gelten; vgl. Abschnitt 4.1.2): - Anders als beim·"normalen" Export und Import von Gütern ergeben sich nur relativ geringe Effekte auf die inländische Beschäftigung, sowohl direkt (nur wenige qualifizierte Baufachkräfte gehen ins Ausland), als auch indirekt, weil die benötigten Baumaschinen meist auf dem weltweiten Markt, also nicht gezielt oder überproportional in Deutschland beschafft werden und weil kaum Baumaterial "mitgenommen" wird. - Die der Bautätigkeit ansonsten so gerne zugeschriebenen hohen Multiplikatoreffekte entfallen für das Inland also weitgehend; die Wertschöpfung entsteht in hohem Maße in Form von Dienstleistungen (Planung, Finanzierung, Management und Überwachung von (großen) Bauprojekten). - Im Zuge der angestrebten Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung und der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit kann dem deutschen Auslandsbau, z.B. in Osteuropa und in Asien/Fernost, die Rolle eines "Türöffners" zukommen, wobei auch die Rückführung von direkten Entwicklungshilfegeldern bzw. die Beteiligung an den mittels internationaler Kredite finanzierten Bauprojekten als "Recycling" von finanziellen Engagements Deutschlands (z.B. bei Weltbank bzw. IMF) eine Rolle spielen. - Das mit der generellen Öffnung von Grenzen und Märkten verbundene Hereinströmen von ausländischen Wettbewerbern, v.a. aus EU-Staaten, wirkt auf den deutschen Baumärkten tendenziell preisdämpfend. Wechselseitig kann es zu Erweiterungen der Marktgebiete und zu stärkerer Spezialisierung (mit ebenfalls positiven Preiswirkungen) kommen. Eine Konsequenz hieraus wird aber

250

auch ein verstärkter Lohndruck und eine tendenzielle Angleichung der Lohnniveaus in Europa sein. 4.1.1.4 Auslandsbau der ehemaligen DDR und der neuen Bundesländer Auch die Bauwirtschaft der DDR hat Bauleistungen im Ausland erbracht, allerdings nicht in Form von unternehmerischen Aktivitäten und Angeboten auf ausländischen Baumärkten, sondern im Rahmen von Regierungsabkommen über staatlich ausgehandelte Kompensationsgeschäfte mit den RGW-Ländern (vgl. zu diesem Unterabschnitt v.a. Bollinger 1991). Auf diese Weise konnte sich die DDR langfristige Lieferungen von Rohstoffen und Energieträgern sichern. Diese Regierungsabkommen hatten in der DDR eine hohe Priorität. Die zentrale staatliche Planung übernahm die Verantwortung für die termingerechte Fertigstellung der Vorhaben und beauftragte die für die benötigten Leistungen zuständigen Kombinate und Betriebe der Bauwirtschaft mit der Durchführung. Im Gegensatz zu den internationalen Gepflogenheiten im marktwirtschaftlichen Auslandsbau wurden dabei üblicherweise alle Leistungen aus DDR-einheimischen Ressourcen erbracht, d.h. mit DDR-Arbeitskräften, -Materialien und -Maschinen der Bauindustrie und anderer Wirtschaftszweige, der Beschäftigungseffekt war also wesentlich größer. Innerhalb des RGW-Gebietes (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) konzentrierte sich der DDR-Auslandsbau auf die (damalige) UdSSR. Auch in "befreundeten" Entwicklungsländern hat die DDR-Bauwirtschaft jedoch im Laufe der Jahre etliche Projekte ausgeführt. Sofern die Leistungsverträge auf Regierungsabkommen beruhten, genossen sie nach der Wiedervereinigung Deutschlands Vertrauensschutz, d.h. sie sind bis zur Fertigstellung auszuführen. In der Zeit nach der "DDR-Wende" wurden die Baustellen deshalb in der bisherigen Form weitergeführt. Für die Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern ergab sich aus den laufenden Arbeiten der positive Partialeffekt einer übergangslosen Weiterbeschäftigung von Baukapazitäten. Darüber hinaus haben die Bauunternehmen in Ostdeutschland im Rahmen des 1991 einsetzenden Wohnungsbaus in der Ukraine und in Rußland einige neue Auslandsbauaufträge erhalten. Weitergehende eigene Aktivitäten von Baufirmen der neuen Bundesländer, auf den 251

internationalen Baumärkten unter marktwirtschaftlichen Bedingungen direkt oder über Beteiligungen Aufträge zu erhalten, sind kaum bekannt geworden. Dazu dürfte die hohe Inlandsnachfrage ebenso beigetragen haben wie die Tatsache, daß häufig die westdeutschen Muttergesellschaften sich diese Geschäfte vorbehalten haben. Zwar wird allgemein erwartet, daß sich der immens hohe Baubedarf in Oste uropa sowie in den zentralasiatischen Staaten, wenn nicht aktuell, so doch mittelfristig zu einer verstllrkten Baunachfrage entwickelt, aber wie lange diese Entwicklung dauern könnte, ist nicht abzusehen. Die politischen Instabilitäten verhindern teilweise sogar die Nutzung international bereitgestellter Mittel für Bauaufträge. Und aus eigener Wirtschaftskraft dürften über einen längeren Zeitraum gesehen kaum Bauaufträge nach draußen vergeben werden. Derzeit besteht in vielen osteuropäischen Staaten ein hohes Interesse an einer Zusammenarbeit mit der (ost-)deutschen Bauwirtschaft, dieses beschränkt sich aber aus den genannten Gründen auf die Übermittlung von Know how und Technologie sowie auf die Entsendung von (billigen) Arbeitskrllften nach Deutschland. Dennoch sollte man wohl davon ausgehen können, daß die tradierten Beziehungen zwischen den neuen Bundesländern und osteuropäischen Staaten der ostdeutschen Bauwirtschaft einen, wenn auch nicht zu hoch zu veranschlagenden, Vorteil bei einsetzenden Projektvergaben verschaffen werden, wenn die Verzögerungen nicht allzu lange anhalten. 4.1.2 Auslandsbautätigkeit von Tochter- und BeteIlIgungsgesellschaften deutscher Firmen 4.1.2.1 Umfang und regionale Verteilung der Auftragswerte von Tochtergesellschaften und aus Beteiligungen Außer im traditionellen Auslandsbau (vgl. Abschnitt 4.1.1) sind deutsche Bauunternehmen in den Industrieländern vor allem über dort gegründete Tochtergesellschaften und über Beteiligungen an Bauunternehmen aktiv; die (in Europa an Bedeutung gewinnende) Einrichtung von Zweigniederlassungen ist hierbei als Grenzfall anzusehen, weil diese einerseits mehr sind als ·permanente Auslandsbaustellen·, sie andererseits aber oft nicht ganz selbständig auf den Auslandsmärkten agieren und Aufträge bei der ·Mutter· verbucht werden. Weltweit nehmen gerade derartige Verflechtungen der Bauwirtschaft zu, denn die direkte Prllsenz in einem Markt hat sich als wirksamstes Mittel erwiesen, dort zu vergebende Bauaufträge zu erhalten. Über

252

Tab. 4.4

Verflechtungen der europäischen Bauwirtschaft 1991/92 - Zahl der Beteiligungen an und von europäischen Bauunternehmen; Stichtag Jeweils Juni Zahl der erfaßten Beteiligungen in anderen Ländern

Österreich Belgien Bulgarien Tschechoslowakei Tschechische Republik l ) Dänemark Estland Finnland Frankreich Griechenland Deutschland Ungarn Irland Italien Lettland Luxemburg Niederlande Norwegen Polen Portugal Rumänien Rußland Slowakische Republik l ) Spanien Schweden Schweiz Türkei Ukraine Großbritannien Insgesamt

1991

1993

1994

23 6

77 17

15

aus anderen Ländern 1991

1993

1994

57

18

17

47 1 2

32 65 1 23

19

18

14

18

20 120

45 223

19 227

6 40

6 50

32 14 3 10 39

63

102

111

51

144

3 142

12 5 9

23 4 21

7 40 15 2 29

23 50 14 4 47

39 74

27 4 8 3 20 48 7 7 42 3 6 10

21

47

27

51 1

51

60

12

26 49 10

19 49 11

65 6 15 3

91 9 26 4

56

83

68

49

78

41 5 23 2 1 70

437

749 2 )

683

437

749 2 )

683

42 7

1) Bis 1993 unter Tschechoslowakei zusammengefaßt. 2) Die angegebene Summe weicht von der Addition ab, weil erste Beteiligungen z.B. in Estland und Griechenland nicht einzeln angegeben wurden.

Quelle: Eie, Mergers & Acqulsltlons (1993 und 1994).

253

die Beteiligungen und Tochtergesellschaften liegen allerdings nur für die europäischen Staaten relativ ausführliche Materialien vor; sie werden zu bestimmten Stichtagen durch eine Unterorganisation des Verbandes der europäischen Bauwirtschaft erhoben. Auf diese Datenbasis stützen sich die folgenden Ausführungen (vgl. Eie 1995). Innerhalb Europas hat die Verflechtung der Bauwirtschaft im Zuge der Vollendung des Gemeinsamen Binnenmarktes kräftig zugenommen. Allein zwischen 1991 und 1992 wurde ein Anstieg um rund 40 % auf 749 Beteiligungen registriert (vgl. Tab. 4.4). Französische Unternehmen haben nach diesen Erhebungen bis Anfang der neunziger Jahre mit Abstand die meisten Beteiligungen erworben und diese Politik seitdem noch erheblich forciert. Allerdings gilt ähnliches, wenn auch auf einem geringeren Niveau, auch für Österreich, Belgien, Finnland, Deutschland, Italien und weitere Länder, die in dem betrachteten Zeitraum die Beteiligungszahl in vielen Fällen mehr als verdoppelten. Die Zielländer, die offensichtlich in den Augen der sich beteiligenden (Bau-)Unternehmen die relativ interessantesten Märkte darstellen, streuen wesentlich stärker als die Ausgangsstaaten. Unter ihnen befinden sich auch Staaten, die noch kaum über eine eigene entwickelte Bauwirtschaft verfügen, insbesondere in Osteuropa. Der größte Teil der Beteiligungsvorgänge hat sich in dem betrachteten Zeitraum allerdings auf Deutschland konzentriert und erfolgte in erster Linie über ostdeutsche Baufirmen. Der Hauptverband der deutschen Bauindustrie erhebt und veröffentlicht seit einigen Jahren auch die anteiligen Akquisitionsergebnisse der "Töchter und Beteiligungen" (= T +B) der deutschen Unternehmen im Ausland, und zwar ebenfalls über die Auftragseingänge (vgl. zuletzt Bollinger 1995). Der Anteil der T+B-Auslandsaufträge ist in den letzten zehn Jahren unter Schwankungen gestiegen; er hat mittlerweile ein beachtlich hohes Niveau erreicht (vgl. Tab. 4.5). Ein dabei entstehendes Problem scheint uns allerdings ungelöst zu sein: Die Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, die sich ganz überwiegend in hochentwickelten Industriestaaten mit einer leistungsfähigen Bauwirtschaft befinden, erhalten auch direkt Auslandsbauaufträge, die eigentlich dem traditionellen Auslandsbau zuzuordnen wären. Da aber keine Einzelaufträge erfaßt werden können, muß diese Differenzierung unterbleiben, so daß eine Verzerrung in der Abgrenzung entsteht. Darüber hinaus führt auch die regionale Zuordnung im Falle von Auslandsbauaufträgen aus "Drittländern" an die Tochterund Beteiligungsgesellschaften zu Verzerrungen, weil nur der 254

Standort dieser Gesellschaften und nicht auch der Auftraggeber erfaßt und nachgewiesen wird. Tab. 4.5

Auslandsaufträge der deutschen Bauindustrie an Mutter- sowie an Tochter- und BeteIlIgungsgesellschaften 1984 bis 1994 - Absolutbeträge (in Mrd. DM) und

~ntellswerte

(In %) -

Jahr

direkt1 1

T+B 2 l

Summe

Anteil T+B an insgesamt

1984

4,7

5,8

10,5

55

1985

2,7

5,9

8,6

69

1986

1,7

5,2

6,9

75

1987

1,8

4,0

5,8

69

1988

1,7

5,8

7,5

77

1989

1,9

6,1

8,0

76 73

1990

2,6

7,1

9,7

1991

4,3

7,0

11,3

62

1992

2,8

7,2

10,0

72

1993

2,8

8,8

11,6

76

1994

3,8

10,1

13,9

73

1) Vergabe an Muttergesellschaften in Deutschland. 2) Vergabe an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften im Ausland. Quelle: Bollinger 1995 (Hauptverband der deutschen Bauindustrie).

Im Durchschnitt über mehrere Jahre erreichen die an diese Verflechtungs-Gesellschaften erteilten Aufträge einen Anteil von rund 70 % an den gesamten Auslandsbauaufträgen der deutschen Bauwirtschaft. Damit überflügeln sie bei weitem den traditionellen Auslandsbau. Erklärlich wird diese Verteilung daraus, daß Auslandsbau der hergebrachten Art vorwiegend in Staaten stattfindet, die keine eigene leistungsfähige Bauwirtschaft aufzuweisen haben und die - vor allem nach dem Wegfall der finanzkräftigen Baunachfrage der OPEC-Staaten - weitgehend auf internationale Finanzhilfe angewiesen sind. Trotz der kräftigen Zunahme der internationalen Verflechtung ist aber zumindest für die deutsche Bauwirtschaft in jüngster Zeit keine durchgängige Zunahme des Auftragsanteils der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften feststell bar. Die absoluten Auftragswerte haben sich 19 Bauwirtschaft

255

zwar seit 1987 bei den "T + B" relativ gleichmäßig erhöht, aber der traditionelle Auslandsbau hat zuletzt eine ganz ähnliche Steigerung erreichen können. Differenziert man die erteilten Bauaufträge an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften nach Staaten, so ergibt sich - dem Zuordnungsund Erhebungsmodus des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie entsprechend - eine Konzentration auf die Erdteile mit hochindustrialisierten Staaten (vgl. Tab. 4.6). Tab. 4.6

Zusammengefaßte Auslandsaktivitäten der deutschen Bauindustrie 1985 bis 1992 - absolutes Auftragsvolumen (In Mrd. DM) -

Tradltlone"er

Auslandsbau

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

1992 1993 1994

Europa

0,2

0,2

0,2

0,3

0,3

0,7

2,0

0,7

1,3

0,3

Asien

1,5

0,6

0,7

0,5

0,4

0,6

1,1

1,3

1,1

2,5

Afrika

1,0

0,7

0,8

0,8

1,2

1,2

1,1

0,7

0,4

0,4

Amerika

0,0

0,1

0,2

0,1

0,0

0,1

0,1

0,1

0,0

0,4

Australien

0,0

0,1

0,0

0,0

-

0,0

0,0

0,0

0,0

0,2

Summe

2,7

1,7

1,9

1,7

1,9

2,6

4,3

2,8

2,8

3,8

Europa

0,3

0,4

0,6

0,7

1,0

2,1

3,0

3,1

4,5

4,8

USA + Kanada

4,6

4,0

2,8

4,0

4,0

4,1

3,0

3,1

3,2

3,1

Australien

1,1

0,7

0,6

1,1

1,1

0,9

1,0

1,0

1,1

2,2

Summe

6,0

5,1

4,0

5,8

6,1

7,1

7,0

7,2

8,8

10,1

Europa

0,5

0,6

0,8

1,0

1,3

2,8

5,0

3,8

5,8

5,0

Asien

1,5

0,6

0,7

0,5

0,4

0,6

1,1

1,3

1,1

2,5

Afrika

1,0

0,7

0,8

0,8

1,2

1,2

1,1

0,7

0,4

0,4

Amerika

4,6

4,1

3,0

4,1

4,0

4,2

3,1

3,2

3,2

3,6

Australien

1,1

0,8

0,6

1,1

1,1

0,9

1,0

1,0

1,1

2,4

Summe

8,7

6,8

5,9

7,5

8,0

9,7

11,3

10,0

11,6

13,9

T+B1)

Gesamt

1) Tochter- und Beteiligungsgesellschaften.

Quelle: Bollinger 1995 (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie).

256

Die Bedeutung Europas für das Auslandsgeschäft der deutschen Bauwirtschaft - das zeigt sich an diesen Zahlen noch einmal sehr deutlich - hat in den Jahren ab 1990 erheblich zugenommen und die leicht sinkenden Auftragswerte aus den USA und Kanada inzwischen übertroffen. Beteiligungen in Australien spielen - trotz des Anstieges 1994 - demgegenüber zwar eine untergeordnete, aber offensichtlich im Zeitablauf verläßliche Rolle. Zieht man nun, wie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, sowohl direkt erteilte als auch aus Beteiligungen erhaltene zu den gesamten Auslandsbauauftragen zusammen, so verändert sich durch die Dominanz der zweiten Kategorie die regionale Verteilung der gesamten Auslandsaktivitäten der deutschen Bauwirtschaft gegenüber dem traditionellen Auslandsbau ganz erheblich. 1994 konzentrierten sich die Aufträge zu über sechs Zehnteln auf Europa und Amerika: Europa Asien Afrika Amerika Australien

36% 18 % 3% 26% 17 %.

Das im traditionellen Auslandsbau (vgl. Abschnitt 4.1.1) 1994 mit einem Anteil von fast zwei Dritteln so attraktive Asien, in dem bisher wohl kaum Tochtergesellschaften gegründet bzw. Beteiligungen erworben werden konnten, fällt in dieser Betrachtung auf einen Anteil von nur 18 % und damit ganz erheblich zurück.

4.1.2.2 Internationaler Wettbewerb um Auslandsbauauftrige In den beiden Teilsegmenten der internationalen Bautatigkeit herrschen also unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen, wobei der Baumarkt der Industrie/ander einen rein privat-gewerblichen Einsatz der Bauunternehmen durch Gründung von Tochtergesellschaften bzw. Erwerb von Beteiligungen fordert, also prinzipiell keine staatliche Unterstützung erfährt. Dort erhöhen heftige Konjunkturschwankungen das Risiko gerade für ausländische Akteure. Demgegenüber wird die Konkurrenz im traditionellen Auslandsbau in Entwicklungsländern durch staatliche Förderung mitbestimmt. Zwar dürften im Wettbewerb um Bauaufträge aus den Entwicklungsländern - wie bei jedem Bauauftrag - Unternehmensqualitäten (Know how, Bauausführungsqualität, Zuverlässigkeit, Organisation von Produktionsfaktoren und Baustelle) eine wichtige Rolle spielen, aber eine 19'

257

staatliche Förderung des Auslandsbaus bzw. oft auch nur die Absicherung der damit verbundenen Risiken erlaubt natürlich eine entsprechend günstige Preisgestaltung und verschafft dadurch Wettbewerbsvorteile. In einigen Fällen dürfte sogar die Vergabe von Mitteln aus der Entwicklungshilfe eines Staates an den Bauauftrag gekoppelt sein. Die deutsche Bauwirtschaft wird von derartigen Wettbewerbsvorteilen vergleichsweise wohl nur wenig begünstigt. Für einen Vergleich des Auslandsbaus verschiedener Länder steht nur eine leidlich zuverlässige Quelle zur Verfügung, nämlich die Statistik von European International Contractors (EIC), die jedoch ausschließlich europäische Länder in die Datenerhebung einschließt. Darüber hinaus erfaßt eine japanische Statistik den japanischen Auslandsbau in vergleichbarer Weise (vgl. Tab. 4.7). Tab. 4.7

Auslandsbauauftrige wichtiger Industrlelinder 1988 bis 1994 - Absolutwerte der Auftragsvolumlna (In MIII. US$) -

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

Deutschland

4257

4257

6008

6805

6473

7035

8601

Frankreich

7800

5500

9000

6994

12230

10450

9540

Großbritannien

4117

3641

5663

3858

5065

4916

5856

Italien

1 460

2585

3471

3983

3072

3031

2401

Niederlande

1 747

2352

2873

2816

3673

3937

3043

Japan

6168

7178

7240

7910

6737

7167

9177

Quelle: Bollinger 1995 (EIC - European International Contractors).

Die ausgewiesenen Auftragswerte schließen die über Töchter und Beteiligungen erhaltenen Aufträge mit ein; leider lassen sich für die außerdeutschen Länder beide Arten von Auslandsbauaktivitäten nicht trennen. Eine Abschätzung des relativen Erfolgs der Länder auf den oben unterschiedenen Märkten ist deshalb nicht möglich. Setzt man die Summe der ausgewiesenen Auftragsvolumina gleich 100 und prozentuiert man den Anteil der einzelnen Länder, so zeigt sich für 1994 folgende europäische Rangfolge (im Prinzip, aber nicht bei den Zahlen ähnlich Marktanteilen an der globalen "Auslandsbaunachfrage"): - Frankreich - Japan

258

25 %

24 %

-

Deutschland Großbritannien Niederlande Italien

22 % 15 %

8% 6%.

Zieht man zu diesen Daten die Entwicklung der jeweils erworbenen Beteiligungen hinzu, so lassen sich über die Relevanz der beiden Marktkategorien für die europäischen Staaten folgende Überlegungen anstellen (vgl. nochmals Tab. 4.4): In einer vorsichtigen Schlußfolgerung könnte man den steigenden Anteil Deutschlands einem vergleichsweise besseren Stand im traditionellen Auslandsbau in Entwicklungsländern zurechnen, wohingegen deutsche Bauunternehmen sehr viel weniger zusätzliche Beteiligungen erworben haben als z. B. die französischen Firmen. Ähnliches gilt für die Niederlande. Allerdings könnte es - zumindest theoretisch - auch sein, das die Unternehmen, an denen sich französische Baufirmen beteiligten, beim Akquirieren von Auslandsbauaufträgen weniger erfolgreich waren als die, an denen die deutschen Bauunternehmen Anteile erworben haben. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie betont allerdings, daß sich keine verläßlichen Informationen über die Erfolge der Beteiligungspolitik der Unternehmen finden lassen. In der Auswahl von am Auslandsbau beteiligten Staaten - in der einige wichtige, wie z.8. USA und Südkorea, gänzlich fehlen - behauptet Deutschland immerhin eine obere und recht stabile Position. 4.1.2.3 Bewertung und Effekte der Auslandsaktivitäten von Tochter- und BeteilIgungsgesellschaften

Es ist ein bemerkenswertes Ergebnis der hier ausgewerteten aktualisierten Datensammlungen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie bzw. von European International Contractors, daß die Bedeutung der Beteiligungen für die deutschen Bauauslandsaktivitäten den traditionellen Auslandsbau (vgl. Abschnitt 4.1.1) bereits um Längen hinter sich gelassen hat. Die Tendenz zu einer weiteren Internationalisierung der deutschen wie der europäischen und generell der weltweiten Bauwirtschaft wird auch in Zukunft stärker von Zweigniederlassungen (vor allem in Europa) sowie von Kapitalverflechtungen getragen werden. Hieran partizipieren fast ausschließlich die großen Baukonzerne, wohingegen die Vielzahl kleinerer und mittlerer Bauunternehmen entweder auf die Nachunternehmerrolle oder sogar und in hohem Maße auf die natio-

259

nalen Märkte beschränkt bleiben wird; die "Marktspaltung" auf der Angebotsseite wird sich also verstärken. Innerhalb Europas, speziell zwischen den EU-Staaten, wird es jedoch rasch zu einer sehr viel weitergehenden wechselseitigen Marktdurchdringung kommen, für die dann weniger die Grenzen als vielmehr die auch im Inlandsgeschäft relevanten Absatzradien von Relevanz sind. Hierbei werden sowohlDirektaufträge als auch gemischt-nationale Partnerschaften und kapitalmäßig verflochtene Unternehmen nebeneinander ihren Platz haben. Die Konsequenzen für die WettbewerbsintensiUU auf den deutschen Bauleistungsmärkten, also Druck auf die Preise und verstärkte Tendenzen zur Lohnangleichung (vgl. oben Abschnitt 4.1.1), werden hierdurch gegenüber den Effekten aus dem traditionellen Auslandsbau verstärkt auftreten. Die dann in noch größerem Umfang auf dem deutschen Baumarkt agierenden ausländischen Unternehmen, z.B. aus Portugal, werden dann aber häufig deutsche Eigentümer oder zumindest Anteilseigner haben (vgl. Abschnitt 4.2).

4.2

Veränderungen auf der Produktions- bzw. Angebotsseite der Bauleistungsmärkte

Bereits mit der Darstellung der Auslandsaktivitäten deutscher Bauunternehmen (vgl. Abschnitt 4.1) wurde auf der Angebotsseite der internationalen Märkte für Bauleistungen angeknüpft. Insofern erfolgt die separate Behandlung nicht so sehr aus systematischen Gründen als vielmehr in der Absicht, einen gerade auch für die zukünftige Entwicklung der deutschen Bauleistungsmärkte wichtigen Teilaspekt besonders hervorzuheben. Die Diskussion im folgenden Abschnitt konzentriert sich auf den inländischen Baumarkt, läßt allerdings ausländische Akteure explizit zu und reflektiert auch die Rückwirkungen, die sich aus den unterschiedlichen Formen von Auslandsaktivitäten deutscher Bauunternehmen (und umgekehrt) ergeben. Entsprechend der Gesamtsystematik dieser Studie erfolgt jetzt wieder eine Einengung auf das Baugewerbe, speziell auf das Bauhauptgewerbe, als Anbieter von Bauleistungen (vgl. Kapitel 1). Im Mittelpunkt der BetraChtungen steht wiederum die Strukturdynamik der hier relevanten Variablen und Zusammenhänge. Zunächst wird nach den in diesen Märkten agierenden Unternehmen sowie nach

260

deren Produktpalette gefragt, anschließend geht es um die eingesetzten Produktionsfaktoren, also um Arbeitskräfte und Kapitalgüter, und schließlich wird die Kombination des Faktoreinsatzes angesprochen.

4.2.1 Struktur, Herkunft und Produktpalette der Bauleistungen anbietenden Unternehmen Nur rund 150 Betriebe im deutschen Baugewerbe sind Großbetriebe mit über 500 Beschäftigten (vgl. Kapitel 2), die große Masse der Betriebe hat weniger als 20 Mitarbeiter; je nach Fachzweig liegt der Anteil dieser Betriebe zwischen knapp 70 % (Hoch- und Tiefbau) und über 90 % (Teilbereiche des Ausbaugewerbes). Trotz ausgesprochen kleinbetrieblicher Struktur des Baugewerbes hat der Marktanteil der Großunternehmen bzw. der ganz großen Betriebe am Gesamtumsatz tendenziell zugenommen; dies gilt insbesondere für die ein bis zwei Dutzend Baukonzerne und Großunternehmen, deren relatives Gewicht im Zuge der Ausweitung der Generalunternehmertätigkeit überproportional gestiegen ist. Aus dieser Tendenz zur Konzentration resultiert eine (relative) Reduzierung der ·regulären· oder Stammbelegschaften, weil mit den Leistungen auch Beschäftigung auf die Subunternehmer verlagert wird (vgl. unten). Die Tätigkeit als Subunternehmer bietet allerdings auch mittelständischen Bauunternehmen die Möglichkeit, am Markt zu überleben, es müssen dabei jedoch Abstriche bezüglich der Eigenständigkeit hingenommen werden. Aber nicht nur dadurch wird die mittelständische Struktur des Baugewerbes gestärkt (wobei die größeren Mittelbetriebe immer stärker zwischen die ·Mühlsteine· zu geraten drohen), hinzu kommt die Tendenz zur Fragmentierung durch Ausgliederung von Unternehmensteilen und zur Zerlegung von Unternehmen in selbständige Einheiten (z.B. für Bauhöfe, Transportaktivitäten, spezielle Gewerke wie Eisenbiegerei sowie von EDV-Abteilungen; vgl. Syben 1995). Da außerdem die örtlichen Einheiten von Großunternehmen (z.B. Zweigniederlassungen) ein immer größeres Maß an Selbständigkeit im operativen Geschäft haben, ergibt sich eine ·Dekonzentration in der Konzentration" (Syben 1995) des deutschen Baugewerbes. Diese Entwicklungen haben an den nationalen Grenzen nicht Halt gemacht. Immer mehr ausländische Unternehmen konkurrieren im Inland um Bauaufträge (vgl. Abschnitt 4.1), wobei zu unterscheiden ist zwischen der ·regulären· Beteiligung von Auslandsunternehmen 261

(ggf. in Arbeitsgemeinschaften mit deutschen Bauunternehmen) an Ausschreibungen und - im Falle des Zuschlages - an der Ausführung einerseits, gezielt auf die Vorteile niedrigerer Lohnkosten abstellenden Subunternehmertätigkeiten andererseits. Die große Attraktivität der zweitgenannten Kategorie, also der Vergabe von Unteraufträgen an (formal) selbständige Unternehmen, wird dazu führen, daß deutsche Unternehmen derartige Gesellschaften in Niedriglohnländern (z.B. in Portugal) gründen oder - mit dem Vorteil einer "verdeckten" Transaktion - solche Firmen übernehmen oder sich an ihnen beteiligen (vielfach sind diese EntwiCklungen schon in vollem Gang). Die Verhältnisse in Ostdeutschland haben manche dieser Tendenzen wesentlich beschleunigt und verstärkt: Die Zerlegung der Baukombinate förderte die Dekonzentration (gleichwohl liegt die durchschnittliche Betriebsgröße in den neuen Ländern noch weit über der in Westdeutschland; vgl. Kapitel 2); Art, Lage und Struktur der rasch wachsenden Bautätigkeit begünstigte andererseits die Großbetriebe; die schnelle Expansion ließ "reguläre" Auslandsunternehmen zum Zuge kommen, erhöhte aber auch - zusammen mit den nahen Grenzen zu den osteuropäischen Nachbarstaaten - die Anziehungskraft für Unternehmen und Bauarbeitskräfte aus dem Ausland. Sind bereits bei Zahl, Größe und Herkunft der in Deutschland Bauleistungen anbietenden Unternehmen gravierende Umstrukturierungsprozesse im Gange, die noch weiter anhalten werden, so verstärkt sich dieser Eindruck, wenn außer nach dem "wer?" produziert auch die Frage nach dem "was?" wird hergestellt, also nach der Produktpalette, gestellt wird. Auch im Bereich der "klassischen" Bau- und Ausbauleistungen haben sich die Zukunftsperspektiven in West-, vor allem aber in Ostdeutschland deutlich verbessert (vgl. Kapitel 5). Zumal in Spezialsegmenten, zu denen man auch das kostengünstige und fIlichensparende Bauen zählen sollte, stehen erfolgsträchtige Felder offen, die von vielen Unternehmen inzwischen auch mit einer aktiven Marktpolitik "beackert" werden. Verstärkt gehen aber (gerade auch mittelständische) Bauunternehmen auf die Suche nach ergänzenden oder zusätzlichen Aktivitlitsbereichen, wozu sie durch die angesprochene Konkurrenz aus dem Ausland bzw. durch ausländische Subunternehmer sicher noch ver-

262

stärkt animiert oder gezwungen werden dürften. Grundsätzlich kommen hierfür vor-, neben- und nachgelagerte Leistungen in Frage: - Vorgelagerte Aktivitäten: Die traditionelle Abstinenz der sich selbst gerne als "Bereitstellungsgewerbe" verstehenden Bauunternehmen von Planung, Projektierung, Erschließung sowie Bauträger- oder Developerfunktionen und von der Baufinanzierung wird inzwischen vielfach aufgegeben; es werden also häufig zusätzliche Dienst/eistungsfunktionen in Bauunternehmen integriert oder unter "einem Dach" angeboten. - Parallelaktivitäten: Neben dem traditionellen Geschäft mit Bauund Ausbauleistungen für Einzelobjekte (Neubau und Bestandsmaßnahmen) werden - gewissermaßen auf der gleichen Fertigungsstufe oder nahe daran - zunehmend Genera/unternehmerfunktionen übernommen und/oder Fertigteilbau- bzw. SF-Aktivitäten hinzugefügt; die Ausweitung in Richtung Baumaterialien hat demgegenüber eine längere Tradition mit gemischten Erfahrungen. - Nachgelagerte Tätigkeiten: Traditionell endet das "Geschäft" von Bauunternehmen - außer im "unglücklichen" Fall der Inanspruchnahme aus Gewährleistungen - mit der Übergabe des fertigen Projektes an den Bauherren oder mit Abschluß und Abnahme der Teilleistung. Abgesehen von der Übernahme einer geplanten periodischen Nachsorge (Überwachungs- und Instandhaltungsverträge zur systematischen Bestandserhaltung) gehen Bauunternehmen häufig noch einen Schritt weiter, indem sie den Betrieb von Bauwerken (z.B. Parkhäuser, Kläranlagen) übernehmen oder sich professionell um das gesamte Geblludemanagement ("facility management"), also z.B. auch um Vermietung, Raumpflege und Bewachung, kümmern.

So interessant derartige Markterweiterungen für Bauunternehmen zur langfristigen Existenzsicherung sein können, so sehr muß doch auch auf die Risiken hingewiesen werden, weil es sich häufig doch um ganz andersartige Tätigkeiten handelt und in größerem Umfang Kapital benötigt oder gebunden wird, das möglicherweise in "angestammten" Aktivitätsfeldern eine höhere und sicherere Rendite bringen könnte. Es kann wohl nicht als sinnvolles Ziel für jedes mittelständische Bauunternehmen angesehen werden, daß es sich zum "Gemischtwarenladen" entwickelt.

263

4.2.2 Zusammensetzung, Herkunft und Qualifikation der Bauarbeitskräfte sowie Ansätze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Bausektor 4.2.2.1 Akteure bei der Erbringung von Bauleistungen Auf den Baustellen in West- und Ostdeutsch land sind seit jeher ganz unterschiedlichen Gruppen zurechenbare Akteure mit der Neuerrichtung oder Erhaltung von Bauwerken befaßt (vgl. Abb. 4.1; vgl. Spillner/Rußig 1995): Außer dem großen "Brocken" der regulär sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und den tätigen Inhabern mit ihren Familienangehörigen (diese beiden Gruppen werden in der Regel auch von der Bauberichterstattung erfaßt; vgl. die entsprechenden Abschnitte über West- und Ostdeutsch land in Kapitel 2) zählen auch noch die Beschäftigten von als Hauptauftragnehmer oder als Subunternehmer agierenden ausländischen Unternehmen, einschließlich der verkürzt als "Werkvertragsarbeitnehmer" bezeichneten Personen, zu den legalen Akteuren auf den deutschen Bauleistungsmärkten. Abb.4.1

Sozlalverslcherungspfllchtlg Beschäftigte der Betriebe des deutschen Baugewerbes (Bauhaupt- und Ausbaugewerbe) • • •

Deutsche und Ausländer Wohnsitz im In- oder Ausland Differenzierung nach Alter und Qualifikation

Tätige Inhaber + unentgeltlich mitarbeitende Familienangehörige

sonstige legale Akteure • Beschäftigte ausländischer Unternehmen • Kontingf~t-Arbeit­ nehmer·

Illegal tätige Personen • inländische Schwarzarbeiter • ausländische SC2rinselbständige • Touristen

1) Bei ausländischen Werkvertrags-Unternehmen (v.a. Mittelost- und Osteuropas) aufgrund zwischenstaatlicher Kontingentvereinbarungen tätige Bauarbeitskräfte. 2) Ein-Mann-Firmen, v.a. aus Großbritannien.

Quelle:

264

SpillnerIRußig 1995.

Während der Bausektor schon immer in großem Umfang mit dem Problem Schwarzarbeit konfrontiert war, haben zwei weitere Gruppen von illegal tätigen Personen erst in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der zunehmenden Freizügigkeit im Europäischen Binnenmarkt sowie mit den Grenzöffnungen nach Osten quantitative Bedeutung erlangt: Bei den Scheinselbstlindigen handelt es sich um bloß formal, also zur Umgehung von Steuer- und Sozialvorschriften, tätige EinMann-Firmen oder Kleinstunternehmen vorwiegend aus Großbritannien ("self employed people"), aber auch aus anderen EU-Staaten; mit Touristenvisa kommen vielfach Personen aus osteuropäischen Nachbarstaaten (häufig ehemalige Werkvertragsarbeitnehmer) vor allem in die neuen Bundesländer, wo sie sich ohne ordentliche Einstellung kurzzeitig, aber möglicherweise wiederholt zur Erbringung von Bauleistungen verdingen. Die Schlitzungen zur Höhe dieser "sonstigen", legal sowie der illegal auf deutschen Baustellen tätigen Personen gehen so weit auseinander und sind (bewußt?) so wenig transparent, daß man am besten überhaupt keine Quantifizierungen der Gesamtzahl vornehmen sollte. Während die Zahl der Werkvertragsnehmer in letzter Zeit deutlich rückläufig war (1994 schon unter 30 000 Personen), sind bei den "regulär" Beschäftigten ausländischer Unternehmen sowie bei den illegal tätigen Scheinselbständigen und "Touristen" nach übereinstimmender Beobachtung von Experten deutliche, vielleicht sogar sprunghafte Zunahmen zu verzeichnen gewesen, die diesen Rückgang allem Anschein nach deutlich überkompensiert haben. Der hier ansatzweise erkennbare Strukturwandel auf dem deutschen Bauarbeitsmarkt wird aller Voraussicht nach weitergehen. Bei der Frage, "welche Produktionsfaktoren" eingesetzt werden, könnte eine anhaltend hohe Dynamik die nächste Dekade bestimmen. Hieraus resultieren schon heute und dann verstärkt in Zukunft Konsequenzen für die Outputmessung und Probleme für die Berechnung der (z.B. Arbeits-)Produktivitlit, weil es schwieriger und unsicherer wird, Zähler und Nenner (also Output und Arbeitseinsatz) in genau der gleichen Abgrenzung zu erhalten. Diese Strukturdynamik ergibt sich nicht nur durch Einflüsse von außen, vielmehr haben etliche organisatorische Vorgänge in den Betrieben oder Unternehmen, z.B. bei der Ausgliederung und Verselbständigung von Betriebsteilen (vgl. auch die Abschnitte 4.2.1 und 4.2.4), schon bislang in die gleiche Richtung gewirkt. Auch innerhalb von Deutschland bzw. bei den (hierbei wohl etwas breiter als üblich abgegrenzten) Stammbelegschaften sind dadurch Lücken entstanden und

265

es haben sich ·Scheinselbständigkeiten· (z.B. Ein-Mann-Bagger- oder Fuhrparkunternehmen mit permanenter Subunternehmerschaft zu einem oder ganz wenigen Generalunternehmen) gebildet. Dies könnte sich auch in Zukunft auf die Qualifikationsstruktur der in Bauberichterstattung bzw. Sozialversicherungsstatistik erfaßten Bauarbeitskräfte auswirken. Die über lange Jahre erkennbare Tendenz zu Anteilsgewinnen bei den höher qualifizierten Baubeschäftigten (nicht so sehr Facharbeiter als vielmehr Poliere und Schachtmeister sowie Bauleiter und kaufmännische/technische Angestellte) scheint sich im letzten steilen Konjunkturaufschwung nicht fortgesetzt zu haben. Zwei Ursachenkomplexe könnten hierfür verantwortlich sein: - Bei fallendem Trend des Bauvolumens bzw. in rezessiven Phasen der Baukonjunktur werden als ·Kernbelegschaft· vor allem die höher qualifizierten (und jüngeren) Arbeitskräfte behalten; mit anziehender Nachfrage nach Bauleistungen müssen die Belegschaften erst wieder aufgefüllt werden, wodurch der Anteil der Höherqualifizierten ·automatisch· zurückgeht. - Der überaus steile Anstieg der Baunachfrage (in Westdeutsch land vom Tiefpunkt Mitte der achtziger Jahre, in Ostdeutschland nach der "DDR-Wende" und Vereinigung ab Anfang der neunziger Jahre) machte eine so rasche Ausweitung der Beschäftigten notwendig, daß die proportional benötigte Anzahl von höherqualifizierten Bauarbeitskräften kurzfristig weder aus der "Reserve· entnommen noch durch Maßnahmen zur Ausbildung oder internen Höherqualifizierung bereitgestellt werden konnte.

4.2.2.2 Status quo-Prognose der Baubeschäftigung Generell ist allerdings davon auszugehen, daß sich innerhalb der ·Stammbelegschaften· der im Inland insgesamt sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bauarbeitskräfte sowie der tätigen Inhaber die Tendenz zur Höherqualifizierung langfristig fortsetzen wird. Vieles hängt bei diesen Einschätzungen von den Vorstellungen über die Beschäftigtenstruktur auf deutschen Baustellen weit jenseits des Jahres 2000 ab: Es existiert bereits seit einiger Zeit die von manchen als ·Horror-Vision" empfundene Vorstellung, wonach in (vielleicht gar nicht so ferner) Zukunft nur wenige qualifizierte ·Inländer" (Deutsche und ständig hier lebende Ausländer sowie Grenzgänger unterschiedlicher Nationalität) eine große Zahl un- oder angelernter ·Werker" (·Kulis· aus

266

Niedriglohnländern) einweisen und beaufsichtigen; die eine oder andere Baustelle, zumal in den neuen Bundesländern und im Großraum Berlin, ist von diesem "Leitbild" schon heute gar nicht so weit entfernt. In zunehmendem Maße werden an den Sub unternehmen , die diese Arbeitskräfte in Niedriglohnländern anheuern, dann aber deutsche Bauunternehmen maßgeblich beteiligt sein; die Funktion von Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften ist hierfür aus naheliegenden Gründen nicht so gut geeignet. Die ungewöhnlich große Unsicherheit bei der Erfassung und Abgrenzung (bezüglich Niveau und Struktur) der derzeitigen Baubeschliftigung erschwert naturgemäß alle Vorausschätzungen zu diesen wichtigen Variablen. In einer für den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erstellten Spezialstudie hat das ifo Institut Model/rechnungen zur langfristigen (Trend-)Entwicklung des (west- und ost-)deutschen Bauarbeitsmarktes bis zum bzw. im Jahre 2004 vorgelegt (vgl. Spillner/Rußig 1995), die sich auf das Bauhauptgewerbe konzentrierten und bei denen - zur Vereinfachung bzw. weil sonst gar keine quantitativen Aussagen ableitbar erscheinen - von einer konstanten "sonstigen" legalen und illegalen Baubeschäftigung ausgegangen wurde. Diese Prämisse ist sicherlich sehr restriktiv und sie könnte vielleicht als "unerlaubt" realitätsfern angesehen werden. Angesichts der erwähnten Erfassungsschwierigkeiten bleibt aber wohl gar keine andere Wahl. Man erhält mit dieser strengen "Status quo Annahme" immerhin bezifferte Anhaltspunkte über ein wichtiges Teilaggregat der in Zukunft (potentiell) in Deutschland Bauleistungen erbringenden Arbeitskräfte und kann mit abweichenden Setzungen zu Umfang und Struktur der "sonstigen" Baubeschäftigten die Gesamtdimension der sich abzeichnenden bzw. möglichen Problemschärfe besser abgreifen. Die Modellrechnungen für den Bauarbeitsmarkt erfolgten in einem "klassischen Dreischritt", getrennt für West- und Ostdeutsch land (vgl. auch Rußig/Spiliner 1995): - Nachfrageseite: Niveau und Struktur der zu erbringenden (Roh-) Bauleistungen sowie - unter Einbezug von Produktivitätsentwicklung und Jahresarbeitszeit - daraus abgeleiteter Bedarf an Bauarbeitskräften (Anzahl und Qualifikation). - Angebotsseite: Mittels eines auf die Altersstruktur der derzeit Beschäftigten angewandten Übergangsquotenverfahrens fortge-

267

schriebener Bestand an Bauarbeitskräften (was methodisch einigermaßen 'sauber' nur für Westdeutschland möglich ist, weil nur hier die benötigten langen Zeitreihen zur Verfügung stehen; für Ostdeutschland wurden noch stärker vereinfachende Grobschätzungen verwendet). - Saldierung zwischen dem Bedarf an bzw. der unterstellten Nachfrage nach Bau (stellen) beschäftigten und dem weiterhin vorhandenen bzw. neu 'zuwachsenden' Angebot an Bauarbeitskräften, zunächst getrennt für West- und Ostdeutsch land und dann für Deutschland insgesamt. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Modellrechnungen lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. Abb. 4.2; zu Details der Berechnungen und zu Differenzierungen der Aussagen sei auf die Originalquellen und speziell auf die Prlimissen verwiesen): Abb.4.2

Bedarf und Angebot an Bauarbeitskräften im (west- und ost-)deutschen Bauhauptgewerbe 2004 Tausend 1600

1500 1390

1380

Ost

Ost

(430)

(410)

1400 -

1200 -

Ost

(420)

1000 -

BOO -

600 -

West

West

West

(960)

(970)

(1080)

Arbel tskr3Ueangebo t

Arbel tskr3ftenachfrage 2004

400 -

200 -

0 2004

Quelle:

268

Splllner/Rußlg 1995.

BeSCh~!iltigtensland

1994 (Isl)

- Westdeutschland: Trotz bloß moderatem Trendanstieg des Rohbauvolumens ergibt sich ein leichter Nachfrageüberhang, weil das fortgeschriebene Arbeitskräfteangebot deutlich absinkt. - Ostdeutschland: Der unterstellte kräftige Anstieg der Nachfrage nach Rohbauleistungen wird unter den getroffenen Annahmen nicht ganz ausreichen, um das "überbesetzte" Arbeitskräfteangebot vollständig beschäftigen zu können. - Deutschland insgesamt: Aus der Aggregation ergibt sich ein rechnerisch nahezu ausgeglichener Bauarbeitsmarkt (die ausgewiesene Differenz liegt im "Unschärfebereich" der Annahmen und Berechnungen). Unter den bewußt "extrem" vereinfacht gesetzten Prämissen, insbesondere bezüglich der "sonstigen" Akteure auf den Bauarbeitsmärkten (v.a. ausländische Arbeitskräfte in Subunternehmen) ergibt sich also, daß das deutsche Bauhauptgewerbe ein großer Wirtschaftszweig mit "potentiell" hoher Beschäftigung bleiben wird. Über die "normalen", also die alters- und fluktuationsbedingten Abgänge hinaus müßten also keine bzw. nicht in größerem Umfang Arbeitskräfte durch (Massen-)Entlassungen freigesetzt werden, wenn die getroffenen Annahmen tatsächlich realisiert werden. Da dies als wenig wahrscheinlich anzusehen ist, müssen mehr oder weniger deutliche Abweichungen von den Ergebnissen dieser Modellrechnung nach oben oder - aus heutiger Sicht wohl eher - nach unten erwartet oder befürchtet werden (vgl. unten Unterabschnitt 4.2.2.3). Mit diesen Einschätzungen konnten gegenüber älteren Modellrechnungen deutliche Korrekturen vorgenommen werden. Wurde z.B. noch in den achtziger Jahren die Besorgnis geäußert, daß die seinerzeit schon bestehende bzw. sich abzeichnende ungünstige Altersstruktur der (west-)deutschen Baubeschäftigten die Einbeziehung einer steigenden Zahl jüngerer ausländischer Arbeitskräfte fördern oder sogar erzwingen könnte (vgl. z.B. Gluch/Mürdter/Rußig 1983), so hat sich die Situation nach den neueren Untersuchungen und Modellprojektionen (vgl. Spiliner/Rußig 1995) deutlich entspannt: - In Westdeutschland zeigt die Altersstruktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bauhauptgewerbe für 1994 eine klar "zweigipfelige" Struktur mit einer starken Besetzung der Altersklassen zwischen 52 und 57 Jahren sowie - breiter und noch stärker besetzt - der 25- bis 35-jährigen (vgl. Abb. 4.3); während die älteren Jahrgänge bis 2004 großenteils aus dem Berufsleben aus269

scheiden, werden die stark besetzten jüngeren Jahrgänge dann im "besten Baualter" sein; auch die nachrückenden Jahrgänge sind voraussichtlich wieder ausreichend besetzt, so daß sich eine ausgesprochen günstige Altersstruktur einstellen könnte. Abb.4.3

Altersstruktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Im west- und ostdeutschen1 ) Bauhauptgewerbe 1994 - Beschäftigte Insgesamt nach Altersjährgängen Alter In Jahren

65+x 64 63 62 61 60 59 56 57 56 55

~

54 53

52 51 50

49 48

47 46

45 44

43

o

39 38 37 36

~ Ostdautschland

42 41 40

Weatdeutschland

35

34 33 32 31

30 29

28 27 26 25 24

23 22 21

20 19 18

17

16 ~ c-

15

o

I

I

I

10

20

30

40

Anzahl der BeSChäftigten (Tausend)

1) Für die Beschäftigten im ostdeutschen Bauhauptgewerbe wurde hier hilfsweise die nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit ermittelte Altersstruktur auf die entsprechende Anzahl laut Bauberichterstattung übertragen.

Quelle:

270

Bundesanstalt für Arbeit; Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 5.1; Spiliner/Rußig 1995.

- Die Altersstruktur der Baubeschäftigten in Ostdeutschland ist noch ziemlich stark "in Fluß"; beim Querschnitt 1994 war die Verteilung auf die einzelnen Jahrgänge noch gleichmäßiger als im Westen (vgl. erneut Abb. 4.3), woraus sich eine ebenfalls noch bessere Langfristperspektive ableiten läßt (was allerdings nicht mittels Jahrgangsfortschreibungsmodellen möglich ist, weil die Zeitreihen hierfür noch bei weitem zu kurz sind; vgl. auch Rußig/Spiliner 1995). - Nur in der Tendenz bzw. mit Einschränkungen läßt sich die Aussage bezüglich der heute bzw. in der nächsten Dekade günstigen Altersstruktur auch bezüglich der höherqualifizierten Fach- und Führungskrlifte treffen: Zwar hat sich die Lage in Westdeutschland auch hier entspannt, und in Ostdeutschland liegt das Durchschnittsalter wiederum niedriger; aber jeweils ist die Jahrgangsbesetzung so stark nach "oben" verschoben, daß der Hinweis auf das notwendigerweise höhere Alter von hochqualifizierten Arbeitskräften nicht ausreicht, um alle Befürchtungen bezüglich zukünftig zu erwartender Engpiisse zerstreuen zu können. 4.2.2.3 Alternativ-Szenarien zur Entwicklung der Belegschaften Im Bauhauptgewerbe Diese Aussagen und Langfristprojektionen basieren auf der Annahme, daß sich bei den (legalen und illegalen) "sonstigen Beschiiftigten" keine gravierenden Veränderungen, also weder ein steiler oder gar sprunghafter Anstieg, aber auch kein signifikanter oder plötzlicher Rückgang einstellen werden (vgl. Unterabschnitt 4.2.2.2). Diese - nach den jüngsten Erfahrungen und den aktuellen Entwicklungen möglicherweise für ziemlich rigoros gehaltene - Priimisse ist notwendig, weil Lage und zukünftige Entwicklungen derzeit viel zu unsicher und unübersichtlich sind, als daß fundierte Prognosen mit anderen Annahmen möglich erscheinen könnten. Gibt man diese Voraussetzung der weitgehenden Konstanz des Umfanges der "sonstigen Bauarbeitskräfte" auf, so lassen sich mit den heute verfügbaren Informationen lediglich idealtypisch zwei gegensätzliche Szenarien unterscheiden und darstellen (vgl. wiederum Spillner/Rußig 1995 sowie XY/Z 1995): Szenario 1: "Freier EU-Arbeitsmarkt" Unterstellt man für den einen "Extremfall" eine zunehmende internationale Verflechtung der (europäischen) Arbeitsmärkte und eine in recht20 Sauwirtschaft

271

licher und faktischer Hinsicht immer weniger eingeschränkte Freizügigkeit (relevant ist diese Annahme zunächst vor allem für den westeuropäischen Arbeitsmarkt), so wird sich angesichts der Größe des ausländischen Arbeitskräftepotentials und der teilweise noch deutlichen Lohndifferenzen von der Angebotsseite her ein rasch oder sogar sprunghaft ansteigender Druck auf den deutschen Bauarbeitsmarkt einstellen. Die konkurrierenden Arbeitskräfte-Potentiale dürften zwar vor allem im Bereich der weniger qualifizierten Bauarbeitskräfte stark vertreten sein und dort zu großen Substitutionseffekten führen, jedoch muß unter den Annahmen dieses Szenarios - wenn auch in geringerem Umfang - auch bei den Facharbeitskräften mit stärkeren Freisetzungstendenzen inländischer Arbeitskräfte gerechnet werden. Mit den verfügbaren Informationen erscheint es kaum möglich, auch nur eine Größenordnung für die dann noch verbleibenden (breiter als sonst abgegrenzten) ·Stammbelegschaften" anzugeben. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist aber eine ganz gravierende Reduktion der in Deutschland sozialversicherungspflichtigen bzw. in der Sozialversicherung erfaßten Bauarbeitskräfte zu erwarten, die an die derzeit "kursierenden" Schätzungen für die ·sonstigen· Baustellenbeschäftigten (niedrige sechsstellige Ziffern; vgl. Rußig/Spiliner 1995) durchaus heranreichen oder diese sogar übertreffen könnten. Szenario 2: "EU-Entsenderichtlinie" oder nationales "Arbeitnehmer-Entsendegesetz" :

Umgekehrt ist auch eine (wiederum.extreme) Konstellation mit einem wesentlich stärker als derzeit reglementierten (Bau-)Arbeitsmarkt bei einer Entlohnung nach den im jeweiligen Land der Leistungserstellung üblichen Konditionen (nachdem - stark simplifizierenden Schlagwort "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit auf derselben Baustelle") denkbar, wenn nicht sogar (zumindest für einen längeren Übergangszeitraum) wahrscheinlich. Eine solche Konstellation würde durch die Etablierung der vorgeschlagenen EU-Entsenderichtlinie oder durch entsprechende nationale Regelungen, also das unlängst beschlossene "Arbeitnehmer-Entsendegesetz·, geschaffen. Wenn derartige Bestimmungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch effektiv durchgesetzt und überwacht werden, so könnten sich auf dem deutschen Gesamtarbeitsmarkt kurzfristig größere Nach272

frageüberhänge nach Arbeitskräften, speziell auch mit gehobener Qualifikation, einstellen, wobei allerdings ausländische Kräfte bei entsprechender Entlohnung prinzipiell noch verfügbar wären. Diese dürften jedoch aufgrund der im internationalen Tauschprozeß bestehenden Probleme (Sprache, teilweise fehlende Kenntnisse bei bautechnischen Vorschriften, Transport und Unterbringung etc.) nachfrageseitig gegenüber inländischen Kräften als weniger attraktiv eingeschätzt werden und somit erst bei starken Diskrepanzen innerhalb des inländischen Arbeitsmarktes zum Einsatz kommen.

Die Eintreffenswahrscheinlichkeit dieser Szenarien ist derzeit - wie gesagt - nicht zuverlässig abzuschätzen. Die "EU-Entsenderichtlinie" blieb - nach Einsprüchen von Partnerstaaten - im Entscheidungs"Dschungel" hängen. Zwar wurde das "Arbeitnehmer-Entsendegesetz" verabschiedet, aber die zu seiner Umsetzung erforderliche Allgemeingültigkeitserklärung der entsprechenden Tarifverträge steht noch aus; im "ersten Anlauf" haben einige Verbände der Arbeitgeberseite die erforderliche Zustimmung verweigert. Wahrscheinlich wird es zu Kompromissen kommen, aber es kann nicht vorausgesagt werden, wo diese liegen werden. Mit Blick auf die deutsche Bauwirtschaft einerseits, andere Wirtschaftszweige bzw. die Gesamtwirtschaft andererseits müssen bezüglich der Präsenz ausländischer Unternehmen und Arbeitskräfte in Deutschland die jeweiligen wirtschafts-, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Auswirkungen im Inland sowie die Effekte auf die deutschen Außenbeziehungen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden: Einerseits sind hier vor allem die gerade für eine stark exportabhängige Volkswirtschaft eminent wichtigen Vorteile einer weiteren Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung, insgesamt und damit auch - direkt oder indirekt - für den deutschen Bausektor, zu berücksichtigen. Dabei ist auch der Aspekt der mit einer strengen Reglementierung einhergehenden Verfestigung des Lohnkostenniveaus und einer daraus möglicherweise resultierenden Tendenz zu höheren Baupreissteigerungen und - als direkte Wirkung - Nachfragerückgängen im Inland einzubeziehen. Andererseits müssen die Konsequenzen eines völlig oder doch wesentlich stärker als derzeit unreglementierten Zustandes für den heimischen Arbeitsmarkt mit der Möglichkeit eines beträchtlichen Anstieges der ohnehin hohen Arbeitslosenzahlen und den möglicherweise drohenden sozialen Konflikten im Blick behalten werden. Probleme ergeben sich auch für die Qualität der Bauwerke ("Pfusch am Bau") 20'

273

und für die Gewährleistungspflichten sowie bezüglich der Motivation von Unternehmen, ihre Ausbildungsanstrengungen zu verstärken, und der Bereitschaft von jungen Leuten, sich hierauf einzulassen. Bei einer Entscheidung für den völlig unreglementierten oder doch weitgehend "freien" Arbeitsmarkt ist dann jedoch ein erhöhtes Augenmerk auf die Arbeitsbedingungen der im Inland agierenden "sonstigen" Bauarbeitskriifte zu richten. Neben der Einhaltung der bestehenden Arbeitsschutzvorschriften müssen die Bestrebungen auch darauf gerichtet sein, für nur zeitweise tätige Arbeitskräfte menschenwürdige Verhältnisse (z.B. bei der Unterbringung) nach unseren Maßstäben zu gewährleisten. Die strikte Bekämpfung jeglicher Form von illegaler BeschEiftigung und von Schwarzarbeit, die im Bausektor wohl ein besonders hohes Gewicht haben, muß ohnehin ein dauerhaftes Ziel der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik bleiben, um einer weiteren Freisetzung von Arbeitskräften durch ein verstärktes Vordringen der Schattenwirtschaft zu begegnen. Die Lasten des Systems der sozialen Sicherung müssen möglichst gerecht auf die "Schultern" jener verteilt werden, die davon direkt oder indirekt profitieren, weil sonst die Suche nach "Vermeidungsstrategien" noch mehr gefördert wird. 4.2.2.4 Bestrebungen zur saisonalen Elnkommensverstetlgung und zur Flexlbillsierung des Arbeitseinsatzes Die außergewöhnlich hohe Abhängigkeit der Bauwirtschaft von witterungsbedingten Einflüssen und die damit verbundenen starken Auslastungsschwankungen im Jahresverlauf stellen die Branche mit ihren Beschäftigten vor weitere Probleme in Bezug auf Arbeitseinsatz und Entlohnung. Daher haben die Baubetriebe natürlich ein großes Interesse an möglichst flexibler Gestaltung beim Einsatz ihrer Arbeitskräfte (vgl. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie 1995), was ohne ausgleichende Regelungen in vielen Fällen einfach in die Arbeitslosigkeit von Baubeschäftigten in den auslastungsschwachen Wintermonaten münden würde. Gleichzeitig besteht jedoch erfahrungsgemäß eine starke Präferenz der Arbeitnehmer für eine Abkehr vom Saisongewerbe und für eine durchgängige Beschäftigung bzw. eines ganzjährig gesicherten Einkommens (vgl. IG-Bau-Steine-Erden 1994). Auch mit Blick auf die Belastung der Sozialsysteme durch starke Beschäftigungsschwankungen und nicht zuletzt auf die ohnehin geringe Attraktivität der Bau-

274

berufe zielen die Bestrebungen schon seit längerer Zeit auf eine Verstetigung der Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung ab. Die wesentlichsten Instrumente, die auf der Grundlage des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe geschaffen wurden, um saisonalen Beschäftigungsschwankungen bei witterungsabhängigen Arbeitsplätzen zu begegnen, waren der Ausgleich für Lohnausfall im sogenannten Lohnausgleichszeitraum vom 24. Dezember bis 1. Januar (bzw. doppelter Lohn bei Arbeit in diesem Zeitraum), das Kündigungsverbot aus Witterungsgründen in der Schlechtwetterzeit von November bis einschließlich März, die Zahlung eines sogenannten Wintergeldes in Höhe von 2 DM je geleistete Arbeitsstunde in der Zeit von Dezember bis März üedoch nicht im Lohnausgleichszeitraum) und die Zahlung des Schlechtwettergeldes bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall in der Schlechtwetterzeit (bemessen nach den Sätzen des Arbeitslosenbzw. Kurzarbeitergeides). Mit dem Auslaufen der durch die Bundesanstalt für Arbeit getragenen Schlechtwettergeldregelung zum 1.1.1996 entstand eine Lücke in dem beschäftigungssichernden Konzept der Bauwirtschaft, welche nur auf tariflichem Weg geschlossen werden konnte. Hierbei wurde gleichzeitig versucht, durch neue Regelungen zur stärkeren Arbeitszeitflexibilisierung den Erfordernissen des im Jahresverlauf schwankenden Bedarfs an Arbeitsleistung zu entsprechen. Die bedeutendsten Änderungen waren: - Die Reduzierung des Lohnausgleichszeitraumes auf die Zeit vom 24. bis 26. und den 31. Dezember (die dazwischenliegenden Tage gelten nunmehr als Arbeitstage), - die Zahlung eines Überbrückungsgeldes für die ersten 150 witterungsbedingt ausgefallenen Arbeitsstunden in der Schlechtwetterzeit (anstatt des Schlechtwettergeldes) in Höhe von 75 % des hypothetisch erzielbaren Einkommens der Betroffenen durch den Arbeitgeber, allerdings jetzt unter Anrechnung von bis zu fünf Urlaubstagen der Arbeitnehmer und mit einer Erstattung an die Arbeitgeber in Höhe von 20 % des Zwei-Drittel-Anteils durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ab der 151. Stunde gewährt die Bundesanstalt für Arbeit ein Winterausfallgeld in Höhe des bisherigen Schlechtwettergeldes), - die Verkürzung des Anspruchszeitraumes auf Wintergeld Getzt vom 15. Dezember bis Ende Februar), wobei als neue gesetzliche Leistung jedoch bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall ein Zuschuß

275

von ebenfalls 2 DM je Arbeitsstunde zum Überbrückungsgeld gezahlt wird. Mit dieser Regelung dürfte es nun zumindest im Grundsatz gelungen sein, den Wegfall des Schlechtwettergeldes als wesentliche Stütze der Beschäftigungs- und Einkommensverstetigung zu kompensieren. Interessant ist dabei auch die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Finanzierung (via Urlaubsverzicht) . Vor der immer schwieriger zu handhabenden Barriere hoher Lohn- und Lohnnebenkosten ist hier im Ansatz eine neue Tendenz erkennbar, die alle betroffenen Gruppen direkt an den Kosten der Arbeitsmarkt-Risiken beteiligt und dies nicht in den Aufgabenbereich einer einzelnen Institution verweist. Allerdings zeigen die lange Verhandlungsdauer und die großen Schwierigkeiten und Differenzen, die bis zu dieser Lösung zu überwinden waren, zugleich auch an, wie eng die Spiel räume für solche Absicherungssysteme in der Bauwirtschaft sind - und künftig wohl auch bleiben werden -, insbesondere sofern die Finanzierungsbeiträge für branchenspezifische Regelungen aus den allgemeinen, solidarischen Sicherungssystemen entfallen oder reduziert werden. In dem eingeengten Spielraum zwischen auftragsabhängig wechselnder, aber möglichst effektiv zu gestaltender Auslastung, Beschäftigungs- und Kostenaspekten sowie Arbeitnehmerinteressen kann als weiterer entscheidender Schritt bei diesen Neuregelungen auch die höhere Flexibilisierung der Arbeitszeit gesehen werden. Durch die Schaffung von großzügigeren Ausgleichszeiträumen und einer saisonal gespaltenen Wochenarbeitszeitregelung dürfte nun ein nützliches Instrument geschaffen worden sein, um besser auf wechselnde Witterungs- und Auftragslagen reagieren zu können. Dies ist im Grundgedanken nicht ganz neu, da schon früher die Möglichkeit bestand, einen Ausgleichszeitraum von zwei Monaten per Betriebsvereinbarung zu schaffen, in welchem die regelmäßig an einem Werktag ausgefallenen Arbeitsstunden an anderen Werktagen ohne Mehrarbeitszuschlag nachgeholt werden konnten; der Samstag konnte bzw. kann hierbei jedoch nicht einbezogen werden (vgl. IG Bau-Steine-Erden 1995). Durch die Spaltung der wöchentlichen Regelarbeitszeit (37,5 Std. im Winterzeitraum, d.h. in der 1. bis 12. und der 44. bis 52. Woche des Jahres, und 40 Std. im Sommerzeitraum, also von der 13. bis zur 44. Woche; insgesamt wird im Jahresdurchschnitt somit eine 39-Std. Woche beibehalten) und die Möglichkeit, im voraus einen Ausgleichszeitraum von nun acht Monaten zu vereinbaren, dürfte sich die Flexi276

bilität beim Arbeitseinsatz jedoch sicherlich verbessern lassen. Mögliche Einkommensschwankungen durch eine Verlagerung von Arbeitsstunden sind dabei durch eine untere Grenze von mindestens 152 Arbeitsstunden pro Monat begrenzt (bei Unterschreitung dieser Marke ist trotzdem eine dieser Stunden leistung entsprechende Lohnund/oder Überbrückungsgeldzahlung vorgesehen). Ob in der Praxis tatsächlich die Erfolge erzielt werden können, welche konzeptionell mit diesen neuen Regelungen anvisiert wurden, ist schwer zu beurteilen, da noch keinerlei Praxiserfahrungen vorliegen. Trotz der verfahrenstechnisch recht aufwendigen Ausgestaltung (z.B. verbindliche Arbeitszeitplanung bei Nutzung des Ausgleichszeitraumes, individuelle Zeitpläne für jeden Arbeitnehmer und Arbeitsentgeltbzw. Verrechnungskonten für jeden Beschäftigten bei Unterschreitung der Mindestarbeitszeit von 152 Stunden) dürften diese Vereinbarungen jedoch zumindest in der Tendenz den Anforderungen an moderne und flexible Arbeitsplanung gerecht werden, ohne dabei allzu einseitige Belastungen für Betriebe oder Belegschaften zu schaffen. Derartige Maßnahmen werden auch mit Blick auf die Konkurrenz durch ausländische Unternehmen, die häufig mit weniger Reglementierungen arbeiten können, künftig an Bedeutung gewinnen. Nicht zuletzt können die als Ersatz für das ausfallende Schlechtwettergeld vereinbarten, einkommenssichernden und -verstetigenden Regelungen auch unter dem Aspekt der Arbeitsplatzattraktivität in der Bauwirtschaft positive Akzente setzen und dazu beitragen, die mit den Bauberufen einhergehenden Nachteile auszugleichen.

4.2.3 Einsatz von langlebigen Kapitalgütern und Baugeräten sowie von neuen Bautechniken Das vorliegende "Branchenbild Bauwirtschaft" konzentriert sich zwar auf ökonomische Aspekte, gleichwohl sollen wichtige EntwiCklungen auf anderen, das Baugeschehen ebenfalls prägenden Sachgebieten nicht völlig unter den Tisch fallen. Bewußt wurde deshalb auch schon in den Vorkapiteln ·über den Tellerrand" hinaus geblickt (vgl. z.B. die Ausführungen zu Baumaterialien und Baurestmassen in Kapitel 2). Ein wesentlicher Teil und ein wichtiger Impulsgeber des dynamischen Strukturwandels im Bausektor wird nachfolgend mit selektiven Hinweisen zu EntwiCklungen der Bautechnik und der Informationsverarbeitung angesprochen. Obwohl kurzfristig wohl keine spektakulären Durchbrüche zu erwarten sind (vgl. BMFT 1993) und eher eine engere Vernetzung vorhandener Aggregate innerhalb der gesamten "Bauket277

te" angestrebt wird, bleiben doch wichtige Neu- oder Weiterentwicklungen anzusprechen. Dies erfolgt auch deshalb im Rahmen dieser Studie, weil es ausgesprochen schwierig ist, aus der Literatur einen (zumal auch für "Nichttechniker" verständlichen) kompakten Überblick zu extrahieren. Je nach Wirtschaftszweig entfallen heute im Bauhauptgewerbe zwischen 80 % (z.B. Erd- und Tiefbau) und 4 % (z.B. Hochbau) der Baukosten auf Nutzungsentgelte für Baumaschinen. Seit Anfang der achtziger Jahre ist die Baumaschinenentwicklung allerdings von der Mechanisierungsphase in eine Optimierungsphase mit zunehmender Anwendung der Schlüsseltechnologie Mikroelektronik übergegangen. Die Größe "Baumaschinenbestand je Baustellen-Beschäftigtem" ist inzwischen kein umfassender aussagekräftiger Indikator für die Beurteilung neuerer Entwicklungen mehr. Neue Technologien wie die Mikroelekronik werden dabei in die Bauproduktion weniger im Sinne eines geschlossenen Konzeptes eingeführt, vielmehr dienen elektronische Komponenten zur Ergllnzung oder Modifizierung der hergebrachten Technik. Da die Betreiber vielfach noch Vorbehalte hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Lebensdauer mikroelektronischer Elemente haben, ist häufig noch die Möglichkeit vorgesehen, die jeweilige Maschine auch konventionell, d.h. ohne Elektronik, betreiben zu können. Kommen Informationstechnik und Mikroelektronik zum Einsatz, steht nicht in erster Linie die Erhöhung der Mengenleistung im Vordergrund. Die Ziele bestehen eher in der Verbesserung von Arbeitsplatzgestaltung, Lebensqualität und Umweltverträglichkeit, in der Energieeinsparung und in der Qualitätssicherung (vgl. zu den Ausführungen in dieSem Unterabschnitt auch Poppy 1995). 4.2.3.1 Anwendung der Mikroelektronik In Baumaschinen Spezifische Betriebsbedingungen In der Bauwirtschaft

Das Produktspektrum der in der Bauwirtschaft tätigen oder an sie liefernden Wirtschaftsbereiche reicht von Massengütern (Baustoffe, Betonwaren), die in großen Mengen unter weitgehend gleich bleibenden Bedingungen erzeugt werden, über die Einzelfertigung von Bauteilen und Bauwerken bis zu Instandhaltung, Sanierung und Recycling von Bauwerken und Baustoffen unter nur sehr ungenau planbaren Bedingungen. Entsprechend varrieren der Einsatz der Produktions-

278

techniken und der Automatisierungsgrad der Bauproduktion ganz beträchtlich (vgl. Tab. 4.8). Während standortgebundene (stationäre) Maschinen und Anlagen in der Regel teil- und vollautomatisiert arbeiten, müssen mobile Maschinen, die ihren Standort während des Einsatzes ständig verändern, ausnahmslos von Fahrern bedient werden (z.B. Radlader und Straßenfertiger). Die Bedienung der Vielzahl verschiedener, auf Baustellen eingesetzter Maschinen und Anlagen ist mit hohen physischen und psychischen Belastungen und Beanspruchungen verbunden: - Häufig wechselnde Arbeitsstandorte, überwiegend im Freien, - autonome Energieversorgung, - Kontakt mit Baustoffen (Boden, Beton, Asphalt) und damit verbundene Schmutzbelastungen, - Fahren auf unbefestigten Baustraßen und im Gelände, - Einwirkung regional und jahreszeitlich wechselnder Witterungsund Klimabedingungen (Temperaturen, Niederschläge), - Bedienung durch sehr unterschiedlich qualifiziertes Personal, - unbewußte und bewußte Überlastung, - Gefährdung von Menschen und Maschinen durch Unachtsamkeit, Leichtsinn und Überforderung sowie - Instandhaltung unter Baustellenbedingungen durch sehr unterschiedlich qualifiziertes Personal und mit eingeschränkter Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Instandhaltungshilfsmitteln (Diagnosegeräte, Werkstätten, Werkzeuge, Prüfeinrichtungen). Diese Bedingungen machen verständlich, daß der als höchst empfindlich eingeschätzten Mikroelektronik von vielen Anwendern noch immer mit Zurückhaltung begegnet wird. Dies um so mehr, als die konventionellen Maschinen als weitgehend ausgereift und zuverlässig gelten und der Nutzen der Mikroelektronikanwendung nicht immer als deutliche Betriebskostensenkung oder Leistungssteigerung nachweisbar ist, die die höheren Investitionskosten rechtfertigen. Eine wesentliche Entwicklungsaufgabe besteht deshalb im Nachweis, daß gerade die Mikroelektronik Möglichkeiten bietet, den schwierigen Einsatzbedingungen mit technischen Lösungen zu begegnen. Anforderungen an und Aufgaben für den Einsatz von Mikroelektronik in der Bauwirtschaft

Die Weiterentwicklung der Maschinen und Anlagen für den Bausektor muß vor allem folgenden personellen, technischen, technologischen und wirtschaftlichen Anforderungen entsprechen:

279

wie (6) (überwieniedrig gend kleine Maschinen

Beton, Mörtel, Asphalt

Pflastersteine, Rohre, Mauer-steine, Dachsteine

Wand-/Deckenelemente, Treppen, Stützen, Träger

Schutt, Abfälle, Schrott

Sekundär-Baustoffe

Rohrleitungen

Boden, Sekundärbaustoffe

Serienfertigung standardisierter Betonwaren

Vorfertigung großformatiger Fertigteile

Baustellenfertigung von Bauwer- Gebäude, Brücken, ken aller Art Tunnel, Leitungsnetze, Verkehrsanlagen

wie (6)

Mischen von Baustoffen

Instandhaltung und Erneuerung von Bauwerken aller Art

Abbruch von Bauwerken aller Art

Recycling von Baustoffen

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(8)

(9)

(10) Sanierung von Abwasserkanälen

(11) Sanierung kontaminierter Böden und Baustoffe

Quelle: Poppy 1995.

stationär, semimobll, mobil

Sand, Kies, Splitt, Schotter

Gewinnung und Aufbereitung mineralischer Baustoffe

semlmobll, mobil

mobil

stationär, semlmobll, mobil

mobil

stationär

stationär

stationär, semimobll, mobil

stationär, semimobll, mobil

mittel

hoch

niedrig

niedrig

niedrig

niedrig

hoch

hoch, mittel, niedrig

niedrig

sehr hoch

(2)

stationär

Zement, Kalk, Gips, Keramik

Herstellung von Baustoffen

(1)

Automatisierungsgrad

Produkte

Teilgebiete der Bauproduktion

Maschinen- und Anlagenart

hoch

niedrig

mittel

niedrig

hoch

mittel

niedrig

hoch

hoch

hoch

hoch

mittel

mittel

mittel

gering

Entwicklungsbedarf

niedrig

niedrig

niedrig

mittel

mittel, niedrig, niedrig

gering

hoch

Mikroelektronikanwendung

Kapitaleinsatz sowie Automatisierungsgrad und MIkroelektronikanwendung bei verschiedenen Produktionsstufen im Bausektor

Tab. 4.8

- Kompensation des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften bzw. der hohen Kosten für deren Rekrutierung und Einsatz, - wirksame Humanisierung nahezu aller Bauarbeiten, - Anpassung an gestiegene Anforderungen bezüglich der Qualität der Bauausführung, - Erleichterung der Ausführung von Arbeiten in gefährlichen und unzugänglichen Bereichen, - Leistungssteigerungen und Kostensenkungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung, - Beiträge zur Deckung des anhaltend hohen Baubedarfs, vor allem auch in den neuen Bundesländern, sowie - Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Bau- und Baumaschinenmärkten. Der Einsatz von Mikroelektronik hat neben den standardmäßigen Zielen jeder neuen Maschinen- und Verfahrenstechnik (Sicherheit, Entlastung der Bediener, Optimierung und Flexibilisierung des Arbeitsablaufs, Kostensenkung, Minimierung von Emissionen und Fehlbedienungen, etc.) in der Bauwirtschaft spezielle Aufgaben zu erfüllen, die sich aus den genannten spezifischen Betriebsbedingungen in dieser Branche ergeben. Der Mikroelektronikeinsatz ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn konventionelle Lösungen nicht zur Verfügung stehen oder ungeeignet sind. Das gilt - bei besonderen QualiUitsanforderungen, die zuverlässig eingehalten werden müssen, z.B. bei der Baustoffherstellung, - bei komplexen Bedien- und Überwachungsaufgaben, die den Bediener überfordern könnten, z.B. bei der Betonförderung mit einem fünfgliedrigen Verteilermast, dessen sechs Freiheitsgrade (einschI. Schwenken) durch Einzelbetätigung der Mastzylinder nicht beherrschbar sind, - bei Maschinen, deren störungsbedingter Stillstand und Ausfall aus bautechnischen bzw. wirtschaftlichen Gründen unbedingt verhindert oder abgekürzt werden muß, z.B. bei Tunnelvortriebsmaschinen oder Großbaggern, - bei unzugänglichen Arbeitsbereichen, z.B. in Mikrotunneln, sowie - bei Arbeiten in für Menschen unzumutbaren oder für sie gefährlichen Bereichen, z.B. bei Dekontaminierungen oder bei Ab- und Einsturzgefahr. . Die technische Lösung dieser Probleme verursacht zwar mitunter hohe Kosten, doch häufig ergibt sich für die Gesamtentwicklung eine Signal- und Schrittmacherwirkung. Das hat zum Beispiel bei der Entwicklung der Hydraulikbagger zu einem erfolgreichen Transfer zahl281

reicher Neuerungen geführt, die nach der Erprobung in Großgeräten in die kleineren Standardmaschinen übernommen worden sind. Bei sehr großen Maschinen kommt hinzu, daß die Kosten für die Mikroelektronik im Verhältnis zu den Gesamtkosten weniger ins Gewicht fallen als bei kleinen Aggregaten. Schwerpunkte und Hindernisse des zukünftigen Mikroelektronikeinsatzes auf Baustellen

Hohe und häufig extreme Belastungen und Beanspruchungen der Baumaschinen erfordern die Verwendung äußerst robuster elektronischer Komponenten, die kostengünstig und langlebig (Iow cost/heavy duty) zur Verfügung stehen müssen. Diese Komponenten (z.B. Sensoren, Aktuatoren, Mikroprozessoren, Bus-Systeme, Ein- und Ausgabeeinheiten) müssen mit Rücksicht auf sehr unterschiedlich zusammengesetzte Maschinenparks in den Bauunternehmungen weitgehend standardisiert werden, um für die Baumaschinen-Hersteller ein größeres Angebot kostengünstiger Serienprodukte der Komponentenlieferanten zu schaffen und für die Baumaschinen-Betreiber eine einfachere Ersatzteil- und Instandhaltung zu ermöglichen. Spielraum für qualitäts- und preis bestimmenden Wettbewerb bleibt bestehen, weil sich spezielles Know How in der Entwicklung kundenspezifischer Lösungen niederschlagen kann. Anleihen bei der Fahrzeug- und Anlagentechnik sind nur sehr begrenzt möglich, weil Baumaschinen eine deutlich höhere Störstabilität und Lebensdauer erfordern. Eine einfache Rechnung verdeutlicht die Zusammenhänge: Wenn ein Sensor in einem Kraftfahrzeug eine übliche Lebensdauer von 100 000 km erreicht, dann vergehen dazu bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h etwa 2 000 Stunden in fünf bis sieben Jahren. Gut ausgelastete Baumaschinen hätten dagegen mit 2 000 Betriebsstunden nur wenig mehr als die Gewährleistungszeit überstanden. Eine wichtige Rolle spielen die Serienbedingungen der Baumaschinenproduktion. Für die einschlägigen Komponenten- und Technologie-Anbieter stellt der Bedarf der Baumaschinenhersteller kein wirtschaftlich interessantes Volumen dar, das spezielle Entwicklungen rechtfertigt. So haben Zulieferer der Automobilindustrie die Entwicklung eines Ultraschallsensors für die Rückraumsicherung von Baumaschinen abgelehnt, weil sie ihrer Planung nur einen jährlichen Bedarf von 80 000 Stück hätten zugrunde legen können.

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Die bis heute eher punktuelle Entwicklung von Insellösungen beginnt - wenn auch noch zögernd und erst vereinzelt - in die Gestaltung grundlegend neu konzipierter Systeme überzugehen, in denen bereits entstandene und noch entstehende Lösungsinseln verknüpft werden. Über die maschinentechnischen Aspekte hinaus sind auch die Belange der Bauverfahrenstechnik und der Arbeitsprozeßgestaltung einzubeziehen. Schwerpunkte der Entwicklung waren bisher und werden vorerst weiterhin sein: - Die Optimierung der Maschinen (Antriebe und Arbeitseinrichtungen) und ihres Einsatzes, - Sicherheitstechnik und -systeme, - Überwachungs-, Diagnose- und Instandhaltungssysteme, - Bedienerinformations- und -führungssysteme sowie - Maschinen- und Betriebsdatenerfassungs- sowie diesen zugeordnete -auswertungssysteme. Da vor allem kleinere und mittlere Hersteller von Baumaschinen vielfach noch nicht über die Voraussetzungen für den aktiven Einstieg in diese neue Technologie verfügen, bietet sich die Konfigurierung modularer Systeme an, die alle für eine Meß-, Steuer- oder Regelaufgabe erforderlichen Mikroprozessoren, Sensoren und Aktuatoren umfassen. Derartige Teilsysteme können baukastenartig maschinenart- und fabrikatspezifisch zu unterschiedlichen Gesamtsystemarchitekturen kombiniert und mit Hilfe eines ebenfalls standardisierten Datenbussystems verknüpft werden (verteilte Intelligenz). Die Ausgestaltung solcher Gesamtsysteme läßt vielfältigen Spielraum für technischen und wirtschaftlichen Wettbewerb. Daß sich die Entwicklung zu einer verstärkten Mikroelektronikanwendung auch im Bausektor noch immer vergleichsweise verhalten vollzieht, ist auf die damit verbundenen Kosten, auf ungelöste technische Probleme aufgrund der besonderen Einsatzbedingungen im Bauwesen, wesentlich aber auch auf zögernde Akzeptanz von Seiten der Betreiber sowie des Bedienungs- und Instandhaltungspersonals zurückzuführen. 4.2.3.2 Automatisierung und Roboterlslerung Im Bauwesen Der Übergang von handwerklichen Arbeitsweisen zum Maschineneinsatz ist in den einzelnen Bausparten sehr unterschiedlich verlaufen, so daß die Voraussetzungen für die Automatisierung und für den Einsatz von Robotern erheblich variieren. Die für die EntwiCklung und Anwendung der Mikroelektronik maßgebenden personellen, techni283

sehen, technologischen und wirtschaftlichen Randbedingungen geIten auch für die Automatisierung und Roboterisierung der Baumaschinen und Anlagen. Herstellung von BetonfertigteIlen und Betonwaren

Ein hoher Automatisierungsgrad ist seit Jahren bei den stationären Anlagen zum Mischen von Baustoffen (Beton und Asphalt) und bei der Serienfertigung standardisierter Betonwaren (Pflastersteine, Rohre usw.) erreicht. Die Vorfertigung großformatiger Stahlbetonfertigteile hat dagegen in Deutschland eine wechselvolle Entwicklung durchlaufen. Nach einer allmählichen Zunahme des Automatisierungsgrades bis in die frühen siebziger Jahre bewirkte die damals einsetzende Konjunkturflaute eine weitgehende Rückkehr zum konventionellen Bauen. Zahlreiche Fertigteilwerke mit höherem Automatisierungsgrad mußten stillgelegt werden. Die vorhandene Technik konnte nicht mehr genutzt werden. Vor einigen Jahren hat jedoch ein neuer Entwicklungsschub eingesetzt, der in einzelnen Fällen bereits zum computerunterstützten Fertigen (CAM) und in Ansätzen auch schon zum computerintegrierten Fertigen (CIM) von Betonfertigteilen geführt hat. Für die Qualitätskontrolle bei automatisierten Fertigungsabläufen wurden Meßroboter entwickelt. Auch die früher in der DDR verbreitet angewendete Großserien-Plattenbauweise war von einem relativ hohen Automatisierungsgrad begleitet. Seit der politischen Wende ist diese Produktionsart jedoch nicht mehr anwendbar. Mauermaschinen und Mauerroboter

Die Mechanisierung der Mauerwerkstechnik gewinnt seit Mitte der achtziger Jahre in Deutschland zunehmende Bedeutung. Die Vorliebe der Deutschen für gemauerte Wohnhäuser einerseits und die hohe Witterungsabhängigkeit dieser Bauweise andererseits haben zu zahlreichen parallelen Entwicklungen geführt. Mit stationiiren Mauermaschinen können deutlich höhere Produktionsleistungen erzielt werden. Außerdem führen sie zu erheblichen Arbeitserleichterungen und zur Einsparung von Arbeitskräften. Als Arbeitshilfen beim Mauern auf Baustellen werden einfache Handhabungshilfen (z.B. Kleinkrane) und höhenverstellbare Arbeitsbühnen verwendet, die die Maurer vom Heben und Versetzen der schweren Ziegel oder Bausteine entlasten. Ihr Einsatz stieß bei vielen Bauunternehmen zunächst auf Zurückhaltung, weil sie den Arbeitsplatz eines

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Maurers um ein Vielfaches verteuern. Inzwischen werden diese Geräte jedoch zunehmend als notwendige und auch nützliche bzw. rentable Investition angesehen. Auf dem Wege zur Praxiserprobung befindet sich der Mauerroboter "Rocco", der an der Universität Karlsruhe gemeinsam mit verschiedenen Industriepartnern entwickelt worden ist. Trotz verbreiteter Skepsis haben verschiedene Unternehmer Interesse bekundet, diesen Roboter zu erproben. Bei einem Preis von mehreren hunderttausend Mark könnte das als bemerkenswerter Pioniergeist gewertet werden, vor allem in Anbetracht der von den Verbänden der Bauwirtschaft kürzlich gemeldeten deutlichen Zunahme der Maurerlehrlinge, die zu einer wirksamen Entspannung bei den seit Jahren beklagten Nachwuchsproblemen in den Bauberufen geführt hat. Die traditionell handwerkliche Tätigkeit des Maurers wird trotzdem auf Dauer von einer umfassenden Mechanisierung nicht ausgeschlossen bleiben. Das eigentliche Ziel der "Rocco"-Entwickler offenbart die Langfassung dieser Abkürzung: "Robot Assembly System for Computer Integrated Construction". Dieser Roboter soll nur der erste Schritt zu einer neuen Bauphilosophie und Bautechnik sein. Der hohe Anteil lohnintensiver Arbeiten im Hochbau eröffnet große Spielräume für derartige Entwicklungen. Die eher verhaltene Entwicklungsgeschwindigkeit und -bereitschaft im Bauwesen scheint viele dieser Spiel räume allerdings dauerhaft zu verengen. Überwachung und Steuerung mobiler Maschinen

Die mobilen Maschinen für die Baustellenfertigung sind bisher weniger durch Automatisierung und Roboterisierung gekennzeichnet als durch eine zunehmende Durchdringung mit mikroelektronischen Komponenten und Systemen (siehe Abschnitt 4.2.3.1). Je nach Ausbaustufe sind die Maschinen einzelner Hersteller bereits mit Systemen ausgestattet, die den Bediener laufend über den Maschinenzustand informieren, unzulässige Veränderungen optisch und akustisch anzeigen und bei Ausfällen mit einfachen wissensbasierten Systemen Handlungsanweisungen für das Beheben von Störungen geben können. Zu derartigen Systemen gehören auch Regeleinrichtungen, die den Einsatz der Maschinen an die jeweiligen Betriebsbedingungen anpassen und optimieren. Erst in Einzelfällen ist der nächste Entwicklungsschritt gegangen worden, der darin besteht, Arbeitsvorgiinge teilweise oder vollständig zu automatisieren oder zu roboterisieren und dadurch Arbeiten in 285

unzugänglichen Räumen, z.B. in Mikrotunneln, und in unangenehmen, unzumutbaren und gefährlichen Bereichen zu ermöglichen, z.B. bei schädlicher Einwirkung von Temperaturen, Stäuben, Dämpfen, Gasen, Flüssigkeiten oder Radioaktivität sowie bei Ab- und Einsturzgefahren. Die eigentlichen Arbeitsablaufe der meisten Maschinen müssen bisher noch manuell gesteuert werden. Eine wesentliche Entwicklungsentscheidung besteht künftig darin, Steuerungsaufgaben sinnvoll zwischen Mensch und Technik aufzuteilen. Das gilt in besonderem Maße für Maschinen, bei denen die Bewegungen der Arbeitseinrichtungen ständig einem veränderlichen Arbeitsverlauf angepaßt werden müssen, z.B. Hydraulikbagger und Betonpumpen mit Verteilermasten. Um einen Betonverteilermast zu einem Manipulator mit großer Reichweite weiterzuentwickeln, werden die Auslegerkinematik und der Antrieb modifiziert sowie eine Robotersteuerung und ein komplexes Sensorsystem installiert. Bemühungen verschiedener Baumaschinenhersteller zur Entwicklung roboterisierter Bagger ruhen gegenwärtig, weil steuerungs- und einsatztechnische Probleme nicht befriedigend gelöst und dem beträchtlichen Aufwand angemessene Leistungssteigerungen nicht erzielt werden konnten. Aus heutiger Sicht ist auch langfristig für menschenleere Maschinen-("Geister"-)Baustellen weder ein Bedarf noch eine diskussionswürdige Realisierbarkeit zu erkennen. Tunnel- und Mikrotunnelbau

Das unterirdische Bauen, d.h. der Vortrieb von Tunneln mit begehbaren und nicht begehbaren Querschnitten, hat seit Jahren zunehmende Bedeutung gewonnen. Die zur Sicherung von Tunnelwänden angewendete Spritzbetontechnik stellt an das Bedienungspersonal höchste Anforderungen. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Spritztechnik wurde ein Roboter entwickelt, mit dem auch die Arbeitsqualität erheblich gesteigert werden konnte. In dichtbesiedelten Ballungsgebieten können Leitungsarbeiten immer seltener in offenen Graben ausgeführt werden. Für den Mikrotunnelbau mit nichtbegehbaren Querschnitten wurden deshalb graben los arbeitende lasergesteuerte Vortriebsmaschinen entwickelt. Ein besonderes Problem stellen in vielen deutschen (Groß-)Städten die Kanalisationsnetze dar, die bereits im 2. Weltkrieg erhebliche Schäden davongetragen haben und die jetzt zunehmend auch das

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Ende ihrer normalen Lebensdauer erreichen. Akuter Bedarf besteht sowohl für Roboter zum Inspizieren der unterirdischen Kanäle als auch zum Sanieren der Schäden in geschlossener Bauweise. Entwickelt wurden verschiedene Roboter, die die alten Rohre beschichten oder neue Produktrohre einbauen. Internationale Entwicklungen

Gegenüber vergleichbaren Wirtschaftszweigen besteht im deutschen Bauwesen trotz verschiedener Automatisierungsbeispiele und Roboteranwendungen ein erheblicher technologischer Rückstand. Die Haltung vieler Baumaschinen-Hersteller und -Betreiber ist hierzulande eher von Abwarten und Zögern als von dem Bestreben gekennzeichnet, diesen Rückstand mit Nachdruck aufzuholen. Das liegt vielfach an der fehlenden Bereitschaft, Entwicklungen aufzunehmen, die in die Zukunft gerichtet sind und noch nicht nachfragegerecht erscheinen. Die Hersteller rechtfertigen ihre Zurückhaltung mit dem Hinweis, daß der Markt, also die Bauwirtschaft, nicht nach High-Tech-Lösungen verlange. Die jährlich stattfindenden "Internationalen Symposien für Automatisierung und Roboter im Bauwesen" - das nächste im Juni 1996 in Tokio/Japan - machen aber seit Jahren deutlich, daß weltweit - mit Schwerpunkten in Japan und in den USA - erhebliche Anstrengungen unternommen werden, die Vorteile der Automatisierung und des Robotereinsatzes in allen Bereichen des Bauwesens zu nutzen. In Japan werden Automatisierung und Roboterisierung seit Jahren zielstrebig und auf breiter Front im Zusammenwirken von Bauunternehmen, Herstellern, Forschungsinstituten und staatlichen Behörden (MITI = Ministry of International Trade and Industry) betrieben. Als Ergebnis sind automatisierte Bautechniken und Roboter für alle Bereiche des Bauwesens vom Hoch-, Erd- und Tiefbau bis zu Anwendungen in Kernkraftanlagen und in der Meerestechnik entstanden. Vielfach wurden schon Roboter der dritten und vierten Generation vorgestellt, die jeweils bemerkenswerte Entwicklungsfortschritte erkennen ließen. Als Begründung für diese Aktivitäten werden weltweit gültige Standardargumente genannt, z. B. Facharbeitskräftemangel, Arbeitserleichterung, Qualitätssteigerung, Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Produktivitätsverbesserung. Ein sehr wichtiger Grund ist für die japanischen Unternehmen jedoch auch die Imageverbesserung der Baubranche, die als Low-Tech-Industrie nur wenig Ansehen genießt. 21 Bauwirtschaft

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Die Entwicklungen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre zeigen, daß die japanische Bauwirtschaft mit diesem Bestreben bemerkenswerte Erfolge erzielt hat. Eindrucksvolle Beispiele sind vollautomatische Hochbausysteme, mit denen die Firmen Obayashi, Shimizu, Taisei und Takenaka seit 1992 Bauwerke in Japan errichten (vgl. auch Hilpert 1993). Die Tatsache, daß die Japaner ihre Bauroboter auf den maßgebenden Baumärkten der Welt noch nicht offensiv anbieten, ist kein Beweis für deren gern vermutete Untauglichkeit. Auch die vollautomatischen Hochbausysteme lassen sich nicht mit der Behauptung abtun, ihr wirtschaftlicher Einsatz setze die Serienfertigung voraus. Die Japaner beweisen das Gegenteil, indem sie - wie auch in Europa und Amerika üblich - mit ihren Systemen Unikate bauen. Diese Beispiele machen in alarmierender Weise deutlich, welchen Vorsprung an Grundlagen- und Anwendungswissen die Japaner mit Hilfe ihrer vielfach belächelten Bauroboter bereits erarbeitet haben. Daß dieser Vorsprung ohne weiteres aufgeholt werden kann, muß bezweifelt werden. Andere Branchen sind im Wettbewerb mit japanischen Konkurrenten bekanntlich trotz heftiger Gegenwehr auf der Strecke geblieben. Im Bauwesen außerhalb Japans ist bisher keine ernsthafte Gegenwehr erkennbar. Die Mehrheit der deutschen Baumaschinenhersteller und -betreiber begleitet diese Aktivitäten mit nur mäßigem Interesse. Denn solange keine erheblichen Leistungssteigerungen und Kostenreduzierungen durch die Roboterisierung oder Automatisierung des Bauverfahrens absehbar sind, steht auch das kommerzielle Interesse der Industrie nicht hinter solchen Entwicklungen. Auch Personalmangel bildet - außer in Japan mit seinen restriktiven Einreisebestimmungen für Gastarbeiter - derzeit und für die absehbare Zukunft keinen zwingenden Grund für eine Beschleunigung derartiger Entwicklungen. Da es sich um einen sehr forschungs- und entwicklungsintensiven Teil des künftigen Baugeschehens handelt, besteht schon jetzt die Gefahr, daß dieser Markt mit seinen langfristigen und aller Voraussicht nach existentiellen technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten weitgehend widerstandslos an ausländische Wettbewerber verloren geht.

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4.2.3.3 Informationstechnologie für Saustellenorganlsatlon und Projektmanagement Informationsverarbeitung In der Sauwirtschaft

In der (auch hierfür breiter abgegrenzten) Bauwirtschaft erstreckt sich die Informationsverarbeitung über alle Stationen, die beim Entstehen eines Bauwerks zu durchlaufen sind: Idee - Planung - Entwurf - Ausschreibung - Angebot Vergabe - Ausführung - Abnahme - Nutzung - Instandhaltung - Sanierung - Abbruch - Recycling. Beinahe jede dieser Stationen hat ihren speziellen "Betreuer": Bauherr - Planer - Architekt - Konstrukteur - Bauunternehmer - Nutzer - Instandhalter - Sanierer - Recycler. Bezogen auf ein bestimmtes Bauwerk können zwischen der Idee und dem Abbruch 50 bis 100 oder mehr Jahre liegen. An eine einheitliche Informationsverarbeitung über einen so langen Zeitraum kann - zumindest aus heutiger Sicht - nicht gedacht werden. In einem engen zeitlichen Zusammenhang ist deshalb die parallele Informationsverarbeitung für verschiedene Bauwerke zu betrachten. Unternehmensspezifische Anwendungen von Informationstechniken und -methoden berücksichtigen bisher fast nie die erforderliche Integrationsfähigkeit bei der Bildung logistischer Systeme über mehrere Unternehmen, z.B. für die Partner von Bauarbeitsgemeinschaften oder für Hersteller und Betreiber von Baumaschinen. Mangelnde Konsistenz und Durchgängigkeit des Informationsbestandes sowie fehlende Kommunikationstechniken zum effizienten Informationsaustausch zwischen kooperierenden Unternehmen erweisen sich jedoch zunehmend als Hürden für eine effiziente und kooperative Geschäftsabwicklung. Ergebnis ist eine geradezu "babylonische Sprachverwirrung", die eine erhebliche Störung des Informationsflusses und erhöhten Aufwand für die mehrfache Datenaufnahme zur Folge hat, auf der viele Qualitätsmängel bei Bauvorbereitung und -ausführung beruhen. Ein dringender Bedarf für einheitliche Kommunikations-Standards wurde bereits vor Jahren erkannt. Die Vielfalt der Initiativen zur Lösung dieser Aufgabe birgt jedoch die Gefahr, daß die Insellösungen nicht beseitigt, sondern nur ausgeweitet werden. Keine spezielle Lösung für einen Teilbereich hat eine realistische Chance, sich als all21'

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gemeingültiger Standard durchzusetzen. Branchen-Lösungen können nur unter Berücksichtigung der stets vorhandenen Verknüpfungen mit zahlreichen Nachbarbranchen entwickelt werden. Konsequenz dieser Gegebenheit ist die Einsicht, daß nur ein weltweit akzeptiener Schnittstellen-Standard alle Anforderungen auf Dauer erfüllen kann. Der Weg dorthin muß - wenn überhaupt Aussicht auf Realisierung bestehen soll - mit flankierenden Maßnahmen aller Beteiligten und Betroffenen vorbereitet werden. Baumaschinentechnische Informationsverarbeitung

Baumaschinen sind als Produkte Bestandteil der Bauwirtschaft und dadurch in das zugehörige Informationsverarbeitungsnetz eingebunden. Für die Abstimmung der Maschinen auf den Bauablauf ist eine genaue Auswahl und Einsatzplanung erforderlich. Für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Maschineneinsätzen müssen maschinenspezifische Informationen mindestens zwischen folgenden Stationen ausgetauscht werden: (1) Angebotsbearbeitung/Kalkulation - maschinentechnische Abteilung - Maschinenhersteller (2) Baustelle - maschinentechnische Abteilung - Maschinenhersteller. In diesen Informationsketten spielt die maschinentechnische Abteilung (MTA) einerseits für die Vorbereitung und andererseits für die Abwicklung des Maschineneinsatzes eine zentrale Rolle - innerhalb der Bauunternehmung ebenso wie in enger Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern. Bereitzustellen und auszutauschen sind maschinenbezogene Informationen sehr unterschiedlicher Art: - "Statische" Daten: Das sind in erster Linie die technischen Prospektdaten der Maschinen, z.B. Abmessungen, Antriebsleistungen, Maximalgeschwindigkeiten, Nutzlasten, Füllmengen sowie Ersatzteillisten. - "Dynamische" Daten: Das sind die einsatz-, zustands- und betriebszeitabhängigen Daten, die sich von Baustelle zu Baustelle und im Laufe der Zeit erheblich verändern können, z.B. Fahrgeschwindigkeiten, Energieverbrauch, Abnutzung und Lebensdauer.

Seit Anfang der achtziger Jahre bieten die Maschinenhersteller Systeme an, mit denen maschinenspezifische ("dynamische") Daten während des Betriebs erfaßt, verarbeitet und ausgewertet werden, z.B.:

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-

Maschinendatenerfassungssysteme Betriebsdatenerfassungssysteme Fahrerführungs- und -informationssysteme Diagnose- und Instandhaltungssysteme Antriebsmanagmentsysteme Sicherheitssysteme Leistungserfassungssysteme Qualitätsüberwachungs- und -sicherungssysteme.

Die bisherige Entwicklung der genannten Systeme ist durch herstellerspezifische Lösungen gekennzeichnet. Vielfach entwickeln Hersteller mehrere Systeme für ihre Maschinen, die - oft zunächst als Option - unabhängig voneinander eingebaut werden und nicht miteinander kommunizieren können. Erst vereinzelt werden System/äsungen konzipiert, die aufeinander abgestimmt und mit Daten-Bussystemen funktional verbunden werden. Für die Betreiber der Baumaschinen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, sich auf die jeweiligen Informationssysteme und -angebote der verschiedenen Maschinenprodukte und -fabrikate einzustellen und sich mit dem jeweils notwendigen Zubehör (Hard- und Software) auszurüsten - für Bauunternehmungen mit großen Maschinenparks auf vielen Baustellen eine technisch und wirtschaftlich kaum befriedigend lösbare Aufgabe. Technische Vereinfachungen und nennenswerte Kostenminderungen lassen sich für alle Beteiligten erzielen, wenn die Maschinenhersteller Standards vereinbaren, mit denen die Systemvielfalt reduziert und die Seriengrößen der verwendeten Bauelemente erhöht werden. Vielversprechende Konzepte enthalten bereits konkrete Vorschläge für Aufbau, Inhalt und Umfang eines firmen-, branchen- und länderübergreifenden /nformationsaustauschs für Baumaschinen. Nahziel sollte ein standardisiertes Informationspaket sein, das die "statischen" Daten der Maschine bei Lieferung enthält, das die "dynamischen" Daten während der Einsatzzeit aufnehmen und verarbeiten kann und aus dem die in einer bestimmten Abteilung der Bauunternehmung jeweils benötigten Informationen bedarfsgerecht entnommen werden können. Dazu sind grundlegende Untersuchungen und umfangreiche Entwicklungen im Rahmen einer Gemeinschaftsinitiative erforderlich, die von Forschungsarbeiten an einschlägigen Instituten begleitet und deren Ergebnisse anschließend herstellerspezifisch umgesetzt werden können. 291

Standardisierungsaufgaben für das Bauwesen

Mit dem Ziel, informationstechnische Verbund/äsungen zu entwickeln, wurden bereits verschiedene Aktivitäten aufgenommen. Auf einen kurzen Nenner gebracht, lauten die Vorgaben für diese Bemühungen: - Entwicklung offener Systeme für Baubetriebssoftware mit vereinheitlichten Schnittstellen, - Einbeziehung aller bau-, baustoff- und maschinentechnischen Informationsangebote, - Qualitätssicherung für die Software-Produkte und - Zusammenarbeit mit Behörden und Normungsinstituten. Mit diesen Vorgaben sollen Ziele erreicht werden, die einen /nformationsaustausch zwischen allen am Bauen direkt und indirekt Beteiligten ohne Schnittstellenprobleme ermöglichen: - Förderung und Durchsetzung von EDI-Anwendungen (Electronic Data Interchange - s.u.) unter einem einheitlichen, auf die bauwirtschaftlichen Erfordernisse abgestimmten Standard, - Standardisierung des Informationsaustauschs (Geräte- und Ersatzteildaten) zwischen Maschinenherstellern und -betreibern, - Standardisierung der von elektronischen Systemen in Baumaschinen generierten Daten und Informationen sowie deren Verarbeitung mit vereinheitlichten Schnittstellen. Einbezogen bzw. noch einzubeziehen in diese Bemühungen sind möglichst viele Unternehmen der Bauwirtschaft, Bauproduktenhersteller und -lieferanten, Hersteller von Baumaschinen und Komponenten, öffentliche Bauverwaltungen, private Auftraggeber, Archtitektur- und Planungsbüros, Software-Entwicklungsunternehmen und Beratungsunternehmen sowie die nationalen Normungsinstitute und die Verbände und Interessenvertretungen aller Beteiligten. Nur dann kann gewährleistet werden, daß allgemein akzeptable Lösungen entstehen, die schnell und mit Erfolg in die Baupraxis einführbar sind. Standardisierungsinitiativen anderer Branchen

Die Standardisierung der Informationsverarbeitung beginnt ein kennzeichnendes Merkmal für die Qua/Wit des /nformationsaustauschs zwischen Geschäftspartnern aller Art zu werden. In verschiedenen Branchen und Bereichen wird der Informationsaustausch über vereinheitlichte Schnittstellen seit Jahren weltweit und von den Grenzen einzelner Wirtschaftszweige unabhängig angestrebt und unter Beteiligung

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nationaler und internationaler Normungsinstitutionen vorangetrieben. Diese Initiativen sollen die Entstehung von Lösungen und Systemen verhindern, die nur auf die Belange einer bestimmten Branche zugeschnitten sind. Als für die Bauwirtschaft wegweisende Initiativen sollen hier nur einige Systeme beispielhaft genannt werden: - EDI (Electronic Data Interchange): System des papierlosen Informationsaustauschs zwischen Geschäftspartnern; speziell für das Bauwesen wird daraus das System EDIBAU entwickelt; - EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport): International einheitliches Regelwerk zur Normierung des branchenübergreifenden Datenaustauschs, dokumentiert in ISO-Normen, überwacht durch die Europäische Wirtschaftskomission der UNO (ECE, Genf); - STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data): Schnittstelle für den Datenaustausch zwischen CAD/CAM-Systemen; in Deutschland seit 1993 unter der Bezeichnung ProSTEP von der Automobilindustrie genutzt. An diesen weltweiten Standardisierungsinitiativen muß das Bauwesen sich orientieren, um abgegrenzte Branchenlösungen auszuschließen, Doppelarbeit zu vermeiden und bewährte Lösungen schnell nutzen zu können. Die Bauwirtschaft hat sich dieser Entwicklung bisher aber erst zögernd und noch nicht mit dem gebotenen Nachdruck angeschlossen. 4.2.3.4 Technologlen des Baustoff-Recyclings Der Gesamtprozeß des Baustoff-Recyclings umfaßt die Teilprozesse Gewinnen der Baureststoffe, Trennen, Zerkleinern und Klassieren. Je nach Materialart und -beschaffenheit werden für diese Teilprozesse unterschiedliche Maschinen, Anlagen und Verfahren eingesetzt. Ein geschlossener Kreislauf vom Abbruch eines Bauwerks bis zur Wiederverwendung der Recyclingprodukte kann bisher in nur wenigen Fällen erzielt werden. Ein in dieser Hinsicht besonders fortgeschrittener Stand der Entwicklung konnte bisher nur beim Asphaltrecycling erreicht werden (vgl. Unterabschnitt 2.1.2.4 in Kapitel 2). Anforderungen an die Gewinnung von Baureststoffen Für alle Belange der Gewinnung und Verarbeitung von Baureststoffen, der Errichtung und des Betriebs von Einrichtungen für das Baustoff293

Recycling sowie für die Weiter- und Wiederverwendung der Recyclingprodukte gilt in Deutschland ein umfassendes Regel-, Vorschriften- und Gesetzeswerk. Erfaßt werden technische Gegebenheiten und - vor allem - die Anforderungen, die zur Gewährleistung eines wirksamen Umweltschutzes sowie einer möglichst sicheren und ökologieverträglichen Gestaltung und Durchführung aller Teilprozesse des Baustoff-Recyclings zu erfüllen sind. Kontaminierten Baureststoffen und ihrer Dekontamination bzw. gefahrlosen Entsorgung gelten besondere Regelungen. Baureststoffe werden in Deutschland nach verfahrenstechnisch weitgehend einheitlichen Grundschemata aufbereitet. Wahl und Anordnung der Maschinen sowie Gestaltung des Materialflusses richten sich

- nach Art und Beschaffenheit der Aufgabegüter im Einzugsgebiet der Anlage, - nach der Menge der aufzubereitenden Baureststoffe, - nach den Anforderungen an die Recyclingprodukte und - nach den örtlichen Gegebenheiten, z.B. Platzgröße, Verkehrsanbindung, Umwelt- und Anliegerbelange. Für die Aufbereitung von Baureststoffen werden prinzipiell die gleichen technischen Einrichtungen verwendet, die auch bei der Aufbereitung mineralischer Stoffe üblich sind, z.B. in Steinbrüchen und Kiesgruben sowie im Erz- und Kohletagebau. Die Aufbereitung von Bauschutt und Baustellenabfällen erfordert jedoch Modifizierungen der herkömmlichen Maschinen und Anlagen, die sowohl die Aufbereitungstechnik als auch den Anlagenbetrieb betreffen. Unerwartet hohe Verschleiß- und Energiekosten, Konflikte mit Umweltschutzauflagen, unbefriedigende Zerkleinerungs- und Aufbereitungsergebnisse, Probleme bei der Erzeugung sortenreiner Recyclingprodukte und Einschränkungen bei der Verwendbarkeit dieser Produkte bilden die Grundlage anhaltender Bemühungen zur Verbesserung des gesamten Baustoff-Recyclings. Technische Veränderungen beschränken sich vor allem auf das Umsetzen von Erfahrungswissen. Organisatorische Veränderungen tragen zur besseren Trennung der Bauschutt- und Baustellenabfallarten bei. Grundlage für die Gestaltung von Baustoff-Recyclinganlagen sind weniger systematische Forschungs- und Entwicklungsarbeiten als vielmehr die häufig von regionalen Besonderheiten geprägten Einsatzerfahrungen der Anlagenhersteller und -betreiber. Im Gesamtpro-

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zeß vom Bauwerksabbruch über das Sortieren und Zerkleinern bis zum Klassieren werden die Merkmale und Eigenschaften der Recyclingprodukte vor allem beim Zerkleinern mit Hilfe von Brechern unterschiedlicher Bauart beeinflußt. Für die Sanierung kontaminierter Böden und Baustoffe - in Deutschland wird mit 70 000 bis 100 000 Altlasten-Standorten gerechnet wurden automatische Reinigungsanlagen entwickelt, deren Einrichtungen für die Regelung und Überwachung der Reinigungsprozesse einschließlich der Kontrolle aller Anlagenemissionen allerdings noch nicht den gebotenen Anforderungen entsprechen. Entwicklungsbedarf und -tendenzen beim Baustoff-Recycling

Von einem konsolidierten Stand der Technik kann bisher auf keinem Teilgebiet des Baustoff-Recyclings die Rede sein - weder bei Gewinnung und Aufbereitung der verschiedenen Baureststoffe, noch bei der Maschinentechnik, noch bei der Qualität und Verwendung der Recyclingprodukte. Waren alle Anstrengungen bisher vorwiegend auf empirische Entwicklungen und aus der Praxis hervorgehende Verbesserungen gerichtet, so werden jetzt zunehmend baustoff-, prozeß-, verfahrens- und maschinentechnische Grundlagen und Zusammenhänge des Baustoff-Recyclings erforscht. Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Baustoff-Recyclings werden wesentlich von den Betriebs- und Instandhaltungskosten der Aufbereitungsanlagen bestimmt. Besondere Beachtung erfordert die Verminderung des Verschleißes der Zerkleinerungswerkzeuge. Umfangreiche Verschleißuntersuchungen an Prall- und Schlagwalzenbrechern von Baustoff-Recyclinganlagen haben mit Hilfe konstruktiver und werkstofftechnischer Veränderungen der Verschleißteile bereits erhebliche Standzeitverlängerungen ermöglicht. Die betriebsabhängige Regelung der Brecher bzw. kompletter Bauschutt-Recyclinganlagen beginnt Gegenstand einzelner Herstellerentwicklungen zu werden. Ziel ist die Entwicklung vollautomatischer Recyclinganlagen, deren Regelung sich nicht nur auf die Korngrößenverteilung nach der Siebung bezieht, sondern auf alle Anlagenteiie und Vorgänge im Brecher und in seiner unmittelbaren Umgebung, also auf - die Materialzufuhr (Stetigförderer!Trichterfüllung), - den Durchsatz (Produktionsleistung pro Zeiteinheit),

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- die Produkteigenschaften (Kornform, Korngröße/Überkorn, Korngrößenverteilung) , - den Stahlanteil (Kapazität des Magnetabscheiders), - die Verstopfungsgefahr (Verluste durch Stillstand), - den Energieverbrauch (Kosten), - die Belastung der Antriebskomponenten (Lebensdauer), - den Verschleiß (Standzeiten, Kosten), - die Emissionen (Lärm, Staub, Schwingungen) usw.. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wird deshalb die Regelung der Gesamtanlagen angestrebt. Erfahrungen müssen allerdings zunächst bei Hartzerkleinerungsanlagen mit kontinuierlichem Betrieb und weitgehend einheitlichem Aufgabematerial gesammelt werden sowie bei großen stationären Recyclingzentren, die bessere Überwachungsmöglichkeiten als mobile oder semimobile Anlagen bieten.

4.2.4 Kombination des Einsatzes der Produktionsfaktoren und Organisation von Baustellen und Baubetrieben Vieles von dem, was heute unter dem Schlagwort "Iean management" als (vie"eicht schon nicht mehr ganz) neues Organisationsprinzip für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes wie auch der Dienstleistungsbereiche propagiert wird, hat in der Bauwirtschaft eine lange Tradition: Die dezentrale Produktionsweise auf räumlich getrennten Bauste"en verlagerte sehr viel Verantwortung "vor Ort" und ließ Gruppenarbeit als allein sinnvoll erscheinen. Diese Organisationsprinzipien wurden und werden bei der Erbringung von Bauleistungen verstärkt durchgesetzt, wobei die Großunternehmen immer stärker auf selbständig und ergebnisverantwortlich am Markt operierende Niederlassungen setzen. Quer durch die Betriebsgrößenklassen gewinnen der Einsatz von Subunternehmern mit der dadurch möglichen größeren Spezialisierung und das Herauslösen von einzelnen Betriebsteilen (outsourcing z.B. von Fuhrpark, Erdaushub, Eisenbiegerei) an Bedeutung (vgl. Abschnitt 4.2.1); die neuen Betriebe binden sich dann häufig mehr oder weniger eng als Subunternehmer an ihre alten "Muttergese"schaften". Das notwendige Gegenstück zu dieser stärkeren Dezentralisierung bilden stark verbesserte Planungs- und Kontrollsysteme, die ohne massiven Computereinsatz in dieser Intensität und Wirkungsbreite gar nicht denkbar wären. Dominierte hierbei bislang noch die Vorplanung in der Zentrale mit fa"weiser Rückkoppelung und Korrektur, so schieben sich synchrone oder Parallelverfahren immer mehr in den

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Vordergrund: Durch die Vernetzung von Baustellen mit den PlanungssteIlen in den Unternehmenszentralen und beim Architekten sowie von dort direkt zum Lieferanten von Materialien und Fertigteilen (in Zukunft vielleicht sogar einmal zum Arbeitsvermittler oder zu den Arbeitskräften von Subunternehmern) werden die Entscheidungswege und Reaktionszeiten weiter verkürzt. Damit diese Abläufe sich nicht zu einer hübschen, aber nutzlosen ·Spielerei" entwickeln und ein Eigenleben entfalten, müssen sie in ein - generell zu forderndes und sicherlich noch auszubauendes - Kostenmanagement- und Controlling-System jeder einzelnen Baustelle wie der Baubetriebe und -unternehmen eingebunden werden. Gerade bei der Abwehr von Schwarzarbeit oder bei den mit dem Einsatz von Subunternehmern aus Niedriglohnländern operierenden Billiganbietern kommt der Kontrolle der Bauqualitlit eine überragende Bedeutung zu. Um die Begriffe "Qualität" und "Qualifizierung" haben sich auch im Bausektor in letzter Zeit dementsprechend viele (oft nur scheinbare) Wortneuschöpfungen gebildet, was aber nicht von der Wichtigkeit der dahinterstehenden Zusammenhänge ablenken darf (vgl. z.B. auch Rußig/Menkhoff/Dullinger/Russ 1994). Sowohl erhöhte Spiel räume als auch größere Verantwortung und Risiken sind mit der Erweiterung der Produktpalette eines Bauunternehmens in Richtung Deve/opinglBautrliger verbunden: Einerseits lassen sich die Vorteile einer systematischen Planung, der Spezialisierung und des Einsatzes von Subunternehmern dann noch früher und breiter ausnutzen (zu einem hohen Prozentsatz wird über die Endkosten von Bauwerken bereits in der Planungsphase entschieden), andererseits kommen - völlig neu für ein sich traditionell als Teil eines Bereitstellungsgewerbes verstehendes Bauunternehmen - spekulative Elemente beim Bodenerwerb und bei der Vermarktung hinzu, und es wird mehr Kapital gebunden (dessen Einsatz man durch Beiziehung von Subunternehmern und Leasing von Maschinen und Fahrzeugen gerade reduzieren wollte). Wenn bei der Erfindung und Anwendung neuer Techniken kurzfristig nicht von bedeutenden Produktivitätssprüngen und Kostensenkungen ausgegangen wird, so sehen viele Experten (speziell unter den seriösen Unternehmensberatern; vgl. Rußig/Menkhoff/Duliinger/Russ 1994) im breiten Feld der Faktorkombination und der Organisation von Baustellen und Baubetrieben noch erhebliche Einsparpotentiale (die z.T. auf 30 % und mehr geSChätzt werden). Hier besteht also noch beträchtlicher Aufklärungs- und Umsetzungsbedarf, auch wenn das tra-

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dierte und ·wohlgepflegte" Vorurteil vom "typischen" Bauunternehmer auch insoweit zunehmend Risse bekommen hat.

4.3

Nachfrageseitige Veränderungen bei Auftraggebern, Bauherren und Einflußfaktoren

Mit dem Übergang zur Frage, wer welche Bauleistungen wofür nachfragt, erweitert sich die Betrachtung automatisch wieder auf die kompletten Bauwerke, weil es ja um deren Nutzung geht (vgl. Kapitel 1). Auch auf der Nachfrageseite der deutschen Baumärkte spielen Aspekte der Internationalisierung durch - produzierende und hierfür investierende Unternehmen (verarbeitendes und Dienstleistungsgewerbe) - ausländische Kapitalanleger (z.B. Pensionsfonds von Großunternehmen) und - erschließende und planende Institutionen (Developer und Bauträger, entwerfende und - an der Nahtstelle zur Angebotsseite - bauüberwachende Architekten) eine herausgehobene Rolle, wobei jeweils auch die Gegenrichtung (mindestens) genauso relevant ist (vgl. Abschnitt 4.1). In der exemplarischen Behandlung dieser Zusammenhänge soll ausführlich auf den Spezialaspekt "Privatisierung" in West- und Ostdeutschland (Unterabschnitte 4.3.1 und 4.3.2) sowie anschließend auf Verschiebungen bei der Bauherrenstruktur (4.3.3) und auf Veränderungen bei Rahmenbedingungen und Determinanten der Bautätigkeit (4.3.4) eingegangen werden, wobei auch hier bestehende Überlappungen und Interdependenzen "künstlich" zerlegt werden. Jeweils muß nicht nur an die Eigentümer und Bauherren von Hoch- und Tiefbauten, sondern auch an die Bauwerksnutzungen nachfragenden Institutionen und Personen(gruppen) gedacht werden.

4.3.1 Privatisierung und private Finanzierung öffentlicher Infrastruktureinrichtungen Der Staat wirkt nicht nur durch gesetzliche Vorgaben auf Niveau sowie zeitliche und räumliche Verteilung der Bautätigkeit ein, sondern er tritt selbst in beträchtlichem, aber stark schwankendem Umfang als Nachfrager nach Bauleistungen auf. Die Wirkung der gesetzlichen Vorgaben auf die Bautätigkeit ist hier nicht Gegenstand der Diskus-

298

sion, vielmehr soll der Einfluß des Staates als Nachfrager betrachtet werden, wobei sich diese Nachfrage auf die verschiedensten Bauwerke erstreckt Neben der Förderung des sozialen Wohnungsbaus sind es vor allem die Bauwerke der materiellen Infrastruktur und jene Gebäude, in denen öffentliche Einrichtungen oder Behörden untergebracht sind, die größere Bauinvestitionen erfordern. Die Bauwirtschaft ihrerseits ist zwar (nach eigener Einschätzung) mangels geeigneter Möglichkeiten einer offensiven Angebotspolitik in hohem Maße vom Verhalten der Nachfrager nach Bauleistungen abhängig, im Prinzip spielt es aber keine Rolle, wer im einzelnen die Nachfrager sind. Entscheidend ist vielmehr die Art und Weise, in der die Nachfrage erfolgt: Die Finanzmittel müssen langfristig gesichert sein, die Vergabe der Aufträge soll möglichst stetig erfolgen sowie räumlich und zeitlich gleichmäßig verteilt sein. Der seit eineinhalb Dekaden beobachtete tendenzielle Rückzug des Staates aus der Bauinvestitionstätigkeit sowie sich abzeichnende Finanzierungsschwierigkeiten deuten daraufhin, daß der Staat als zuverlässiger Nachfrager nicht mehr unbedingt in Betracht kommt. Die Lasten der Wiedervereinigung und das Erfordernis einer Konsolidierung der Staatshaushalte stehen einem zwar modifizierten, insgesamt aber wachsenden Bedarf an Infrastruktur gegenüber. Dieser resultiert vornehmlich aus dem zunehmenden Verkehrsaufkommen, dem erforderlichen Ausbau der Kapazitäten vieler Anlagen in den neuen Bundesländern, den ökonomischen EntwiCklungen im Zusammenhang mit der Vollendung des EU-Binnenmarktes und den gestiegenen Anforderungen des Umweltschutzes im Hinblick auf die staatlichen Verund Entsorgungsaufgaben (vgl. Kapitel 5).

4.3.1.1 Definition und Grenzen sowie Vorteile der Privatisierung Vor diesem Hintergrund wird seit einiger Zeit über die Beteiligung Privater an der Finanzierung oder Durchführung öffentlicher Aufgaben nachgedacht. Diese Überlegungen gehen allerdings über rein finanzielle Aspekte hinaus. Im Rahmen einer generellen Deregulierung des öffentlichen Sektors stehen auch Planung, Durchführung, Management und/oder Betrieb bestimmter Projekte zur Diskussion. Das vielzitierte Schlagwort "Privatisierung" ist ideologisch besetzt, weshalb es mitunter zu Mißverständnissen kommt. Es handelt sich um die "Verlagerung bisher staatlicher Aktivitäten in den privaten Sektor, um die Allokation der Ressourcen durch den Markt erfolgen zu lassen" (vgl. Handbuch der Wirtschaftswissenschaften).

299

Die Begründungen für eine derart definierte Privatisierung können sowohl ökonomischer als auch politischer Art sein. Sie reichen vom Wunsch nach Begrenzung des Staatsanteils an der. Volkswirtschaft über finanzielle Aspekte (z.B. Reduzierung der staatlichen Verschuldung) bis hin zu Fragen der Effizienz. Im einzelnen können aus ökonomischer Sicht folgende Gründe und Ziele angeführt werden: - Senkung der Staatsquote und Entlastung der öffentlichen Haushalte aus grundsätzlichen und pragmatischen Gründen - Kombination der staatlichen Aufgabenerfüllung und Planungskompetenz mit privatwirtschaftlichem Know-How und Gewinnstreben - Nutzung der größeren FlexibiliUit privater Unternehmen sowie "Einkauf von Zeit": Investitionen können vorgezogen bzw. beschleunigt werden - Entlastung der Gebietskörperschaften im personellen und organisatorischen Bereich - Nutzer sollen die vollen Kosten tragen (z.B. externe Effekte im Umweltbereich: Zurechnung nach den Verursacherprinzip) - privatwirtschaftliche Unternehmen arbeiten effektiver: Effizienzvorteile im Hinblick auf Kosten, Produktivität und Qualität. Selbst bei unbestritten höherer Effizienz des Marktes bzw. privater Anbieter steht der Privatisierung öffentlicher Aufgaben vielfach deren Kategorisierung als "öffentliche Güter" entgegen, für deren Bereitstellung die primäre oder ausschließliche Zuständigkeit beim Staat liegt; sie zeichnen sich vor allem durch zwei Eigenschaften aus: a) b)

Der Konsum durch mehrere Personen gleichzeitig ist ohne gegenseitige Beeinträchtigung möglich (NichtrivaIiUit). Nutzer, die keinen Beitrag zur Erstellung oder Finanzierung des Gutes leisten, können nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden (Nichtausschlußprinzip).

Sind diese Eigenschaften eines Gutes gegeben, entsteht die klassische Situation des Marktversagens: Infolge der mangelnden individuellen Zahlungsbereitschaft für das Gut (denn dessen Nutzung ist auch möglich, ohne zu zahlen) kommt es nicht zu einer Bereitstellung durch private Anbieter (die nur bei "voller" Bezahlung auf ihre Kosten kommen), obwohl eigentlich Bedarf bestünde. Die Bereitstellung dieses Gutes wird daher dem Staat übertragen. Viele gemeinhin und traditionell als öffentliche Güter bezeichnete Güter haben allerdings nicht beide Eigenschaften in gleich ausgeprägter Form, so daß über eine privatwirtschaftliche Bereitstellung 300

durchaus nachgedacht werden darf. Dies trifft zum Beispiel auf große Teile der materiellen Infrastruktur zu. Allgemein versteht man unter Infrastruktur den öffentlichen Kapitalstock, der die Grundlage für alle wirtschaftlichen Aktivitäten bildet. Der Begriff der materiellen Infrastruktur steht, im Gegensatz zur institutionellen und personellen Infrastruktur, insbesondere für alle baulichen Anlagen für die allgemeine Verwaltung, im Ver- und Entsorgungsbereich, im Verkehrswesen, für Freizeiteinrichtungen sowie für das Bildungs- und Gesundheitswesen. Bei der Abwasserentsorgung, der Energieversorgung oder generell der punktförmigen Verkehrsinfrastruktur (z.B. Flughäfen, Güterumschlagplätze) ist zwar das Merkmal der allgemeinen Konsumierbarkeit gegeben, der Ausschluß von Zahlungsunwilligen wäre aber technisch und ökonomisch sinnvoll zu bewerkstelligen. Prinzipiell wäre hier also auch die Übernahme oder zumindest eine Beteiligung an der Bereitstellung durch private Unternehmen möglich, sei es am Eigentum, an der Finanzierung, am Management oder am Betrieb. Einer solchen Beteiligung werden dort Grenzen gesetzt, wo das Ausschlußprinzip aus technischen Gründen oder ökonomisch bedingt nicht sinnvoll angewendet werden kann (vgl. Scheele 1993). Staatliche Allokation wird zudem als erforderlich erachtet, wenn - entstehende externe Effekte internalisiert werden müssen, z.B. positive Effekte durch die erhöhte Standortqualität bei guter Verkehrsanbindung oder negative Effekte wie Lärmbelästigung oder Umweltverschmutzung, - oder wenn spezifische Kostenstrukturen unter Wettbewerbsbedingungen ein natürliches Monopol konstituieren würden, d.h. wenn die Summe der Produktionskosten für Teile des Gutes höher ist als die Produktionskosten bei Erstellung des Ganzen aus einer Hand. Dies ist unter Umständen bei netzf(jrmiger Infrastruktur der Fall, also etwa bei einem innerstädtischen Straßennetz. Die komplette Privatisierung und Bereitstellung solcher Güter nach den Regeln des freien Wettbewerbs kommt dann also nicht in Frage. Auch bei bestimmten Aufgaben in den Bereichen Justiz, Militär und innere Sicherheit mag - schon aus rechtlichen Gründen - der Gedanke widerstreben, deren Erfüllung privaten Investoren zu überlassen. Doch obwohl diese Aufgaben allein in der Verantwortung des Staates liegen und daher als solche nicht zur Disposition stehen, spricht aus ökonomischer Sicht nichts dagegen, z.B. das Bauwerk für ein Gefängnis oder Rathaus von einem privaten Unternehmen errichten zu 301

lassen und dann zu mieten oder zu leasen. Soweit die eigentliche Aufgabe und die Planungshoheit beim Staat bleiben, besteht ein großer Spielraum für die Beteiligung privater Investoren bei Bau, Finanzierung oder Betrieb der dafür benötigten Bauwerke. Nachdem also die grundsätzliche Möglichkeit für die Einbeziehung privater Investoren in die Erfüllung staatlicher Aufgaben gegeben ist, stellt sich die Frage nach den wirtschaftlichen Vorteilen für die Bauwinschaft einerseits und die Gesamtwinschaft andererseits. Aus bauwirtschaftlicher Sicht sind vor allem folgende Fragen relevant: - Wirkt sich die Beteiligung privater Investoren wen- oder mengenmäßig auf das Niveau der BauUWgkeit aus und wann tritt dieser Effekt ein? - Erfähn die Nachfrage nach Bauleistungen tatsächlich die erhoffte Verstetigung? - Ist die Sicherheit der Finanzierung langfristig gewährleistet? Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist zudem von Bedeutung, - ob die dem Markt bzw. privaten Anbietern zugeschriebene höhere Effizienz tatsächlich zum Tragen kommt, - ob die Defizite in der Infrastrukturausstattung (und welche) rascher abgebaut werden können, - ob sich für die Nutzer der Infrastruktur eine Kostenersparnis ergibt bzw. wie die zu tragenden Kosten veneilt werden, - welche Effekte die Beteiligung Privater auf den nationalen und internationalen Wettbewerb hat, - welche langfristigen Auswirkungen sich für die Kapitalmärkte ergeben (Zinssätze, Kapitalströme, Volatilität der Wechselkurse). 4.3.1.2 Formen der Privatisierung und Vertragsbeziehungen Wenn die Möglichkeit einer Übernahme von bislang staatlichen oder "staatsnahen" Aufgaben durch Private prinzipiell bejaht wird, bleibt die Auswahl eines geeigneten Privatisierungsmodells die entscheidende Voraussetzung für die praktische Bewältigung konkreter Probleme. Der Erfolg einer Privatisierung bzw. der Beteiligung privater Investoren an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hängt daher von dieser Auswahl ab. Um eine Beuneilung des Erfolgs einer Privatisierung vornehmen zu können, werden zunächst die verschiedenen Modelle kurz erläutert (vgl. Abb. 4.4).

302

Bei der formellen Privatisierung ändert sich nur die Rechtsform des Betriebes, wobei der sachliche Zugriff des Staates erhalten bleibt. Unterschieden wird die rein rechtliche Privatisierung mit Einführung einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung und die finanzwirtschaftliche Privatisierung, bei der private Geldgeber zugelassen werden (z.B. Umwandlung der Deutschen Bundesbahn in eine AG). Abb.4.4

Formen der Privatisierung öffentlicher Aufgaben

rechtlich

finanzwirtschaftIich

Quelle: Schema nach Hamer 1981.

Bei den verschiedenen Formen der materiellen Privatisierungen gehen auch materielle Kompetenzen und Verpflichtungen auf den privaten Träger über. Das Gegenstück zur rein rechtlichen Privatisierung ist die funktionale Privatisierung, bei der der private Träger die vollständige Funktion des Leistungsträgers übernimmt, ohne weitere Kompetenzen und Kontrollmöglichkeiten von seiten des Staates. Die wohl gebräuchlichsten und auch meistdiskutierten Modelle sind Mischformen der erstgenannten Extremformen von Privatsierung, die unter dem Oberbegriff organisatorische Privatisierung zusammengefaßt werden. Sie ergeben sich aus Variationen in der Zuordnung der Teilfunktionen Eigentum, Planung, Finanzierung, Bau, Management und Betrieb auf die Beteiligten staatlichen und privaten Träger. Bei der Mehrzahl dieser Beteiligungsformen wird die Kontrollfunktion beim staatlichen Träger belassen und es erfolgt auch kein Eingriff in die Beziehung zwischen Staat und Leistungsempfänger (vgl. Abb. 4.5): Die öffentliche Hand bleibt Vertragspartner der Nutzer und regelt per privatwirtschaftlichem Vertrag die Kompetenzverteilung zwischen sich und dem privaten Leistungsersteller. 22 Sauwirtschaft

303

Abb.4.5

Leistungsströme und Vertragsbeziehungen bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben

Vertrag öffentliche Hand

Entgelt

privates Unternehmen

Nutzer

Leistung

Die einfachste Form dieser Zusammenarbeit besteht in der Gründung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen zum Zwecke der gemeinsamen Abwicklung eines einzelnen Projekts oder auch zur langfristigen Erfüllung einer kommunalen Aufgabe. Diese Form von Zusammenarbeit wird, nach dem US-amerikanischen Vorbild der frühen achtziger Jahre, auch ·Private-Public-Partnership· genannt. Die Vorteile dieser rechtlich selbständigen Organisationsform liegen - in Abgrenzung zum öffentlichen Regiebetrieb - in der Vereinfachung der Entscheidungsstrukturen, im betriebswirtschaftlichen Personalmanagement und in der dynamischeren Organisation sowie in der Unabhängigkeit von haushalts rechtlichen Vorschriften (vgl. Heinz 1993). Diese Vorteile müssen allerdings in nicht wenigen Fällen durch entsprechend höhere Gebühren erkauft werden. Offen erscheint auch die Frage, ob sich die öffentlichen Interessen, besonders von kleineren Kommunen, bei der Vertragsgestaltung mit den privaten Trägern ausreichend durchsetzen können. Zudem besteht die Gefahr, daß sich die Kommunen auf der Suche nach privatem Kapital zu größeren Zugeständnissen bewegen lassen, als der Sache dienlich sind. Nach dem dargestellten Grundmodell wird auch beim Immobilienleasing verfahren, welches bisher hauptsächlich beim Bau öffentlicher Einrichtungen wie Rathäusern, Bibliotheken o.ä. angewandt wurde. Eigentum, Bau und Finanzierung sind hier an einen privaten Träger delegiert, Planung, Kontrolle und Betrieb erfolgen durch den Staat. Dieser entrichtet an den privaten Träger die zu zahlenden Leasingraten. Nach Ablauf des Leasingvertrages besteht in der Regel eine Option auf Eigentumsübertragung auf den Staat.

304

Obwohl der "Einkauf von Zeit" durch das Vorziehen einer kommunalen Investition auf diese Art (sowie ähnlich auch durch das "Fondsleasing") möglich wird, haben sich diese Modelle in der Praxis nur begrenzt durchgesetzt: Zum einen ist die für die Anteilseigner vorteilhafteAbschreibungsmöglichkeit nur bei bestimmten Bauwerken gegeben. Zum anderen ergeben sich durch die Steuervorteile wiederum Einnahmeausflille beim Staat, der zudem Anteile seines Budgets durch den Leasingvertrag langfristig gebunden hat und sie so der Haushaltskontrolle des zuständigen Parlaments entzieht. Kostenvergleiche belegen die höheren Aufwendungen für das Leasing im Vergleich zur traditionellen Kreditaufnahme, wobei der Staat prinzipiell als der "bessere Schuldner" leichteren Zugang zu Finanzmitteln bzw. zum Kapitalmarkt haben dürfte. Schließlich können rechtliche Regelungen (z.B. bei der Vergabe des notwendigen Erbbaurechts) sogar zu Verzögerungen des Baubeginns führen. Eine weitere Form der Vertragsgestaltung ist die Vergabe einer Konzession an den privaten Träger. Hierbei handelt es sich um ein Vorfinanzierungsmodell, bei dem der private Träger die Bauleistung erbringt und auch finanziert. Das Eigentum an Grund und Boden sowie Planung und Betrieb bleiben in den Händen des Staates, der die Kosten des Projektes nach seiner Fertigstellung in "Mietraten" erstattet. Ausschreibung, Bau und Vergabe der Maßnahme können - anders als beim Leasing - auch abschnittsweise erfolgen, so daß die Kontrolle über den genauen Ablauf und das Bautempo bestehen bleibt. Die Realisierung bzw. Abwicklung derartiger Modelle weist vergleichsweise geringe organisatorische Probleme auf; die kürzere Bauzeit, die Erfahrungsvorteile der privaten Partner und die Qualität der Arbeit werden als weitere Vorteile genannt. Auch der gesamtwirtschaftliche Mulitiplikatoreffekt, der durch die zusätzlichen oder vorgezogenen Investitionen entsteht, ist nicht zu unterschätzen. Bei einigen Projekten ist jedoch eine beträchtliche Kostenüberschreitung festgestellt worden, und die langfristige Kapitalbindung entzieht sich ebenso wie beim Leasing der Kontrolle durch die Parlamente. Ein anderes Modell, das des öfteren in die Privatisierungsdiskussion (z.B. bei der Abwasserentsorgung) eingebracht wird, ist das Betreibermodell. Dieses Modell kommt in der Kompetenzverteilung fast schon einer funktionalen Privatisierung gleich, mit dem Unterschied, daß nach Ablauf der vertraglich geregelten Laufzeit das Bauwerk an die öffentliche Hand fällt. Eine private Gesellschaft plant, finanziert, baut und betreibt das Projekt und erhebt auch die Gebühren, die zum 22"

305

Unterhalt und Betrieb des Projekts notwendig sind (vgl. Abb. 4.6; vgl. Heinz 1993). Dieses Modell wird zumeist für die Durchführung von Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturvorgeschlagen, wie es z.B. in Frankreich für Autobahnen geschieht. Das bekannteste europäische Beispiel für diese Art der Projektfinanzierung ist der Kanaltunnel zwischen England und Frankreich. Abb.4.6

Betreibermodell: Leistungsströme und Rechte Leistung öffentliche Hand

Bau- und Nutzungsrecht

privater Träger

Nutzer Gebühr

Beim Betreibermodell steht die organisatorische Entlastung der öffentlichen Hand als Vorteil im Vordergrund. Zudem wird hier der Gedanke, nur die eigentlichen Nutzer für die Kosten (d.h. auch die durch externe Effekte verursachten Kosten) aufkommen zu lassen, am weitestgehenden verwirklicht. Von der Anwendung eines reinen Preismechanismus werden Anreize zum effizienteren Umgang mit den Infrastruktureinrichtungen erwartet. Ein möglicherweise gravierendes Finanzierungsproblem entsteht beim Betreibermodell jedoch, wenn die Gebühren zwar zum Unterhalt und Betrieb, nicht aber zur Kapitalrückzahlung ausreichen, und wenn dazu wiederum staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden soll. Es ist durchaus plausibel anzunehmen, daß potentielle Nutzer angesichts der zusätzlich zur normalen Steuerbelastung zu entrichtenden Zahlung auf gebührenfreie Alternativen ausweichen (vgl. Büschgen/Ergenzinger 1993). Diese relativ weitgehende Variante der Privatisierung scheint derzeit wegen dieser Probleme und Nachteile (auch der Gebührenerhebung) in Deutschland politisch nicht durchsetzbar zu sein und findet praktisch kaum Anwendung (vgl. aber die Erfahrungen mit der Wasserverund Abwasserentsorgung in Rostock). Besonders im Zusammenhang mit Investitionen in das Verkehrsnetz wird von öffentlicher Seite auch immer wieder auf die Notwendigkeit einer europäischen Lösung hingewiesen (vgl. Bundesminister der Finanzen 1992).

306

4.3.1.3 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und auf die Bauwirtschaft sowie Wertung von Privatisierungsmaßnahmen Diese Auswahl an Privatisierungsmodellen sollte bereits soweit einen Überblick gewährt haben, daß eine vorläufige Beurteilung der Zweckmlißigkeit von Privatisierungen im Infrastrukturbereich vorgenommen werden kann. Wenngleich die vorgestellten Modelle zum Teil sehr unterschiedliche Vorzüge und Nachteile aufweisen, lassen sich doch ein paar allgemeine Aussagen zu Vor- und Nachteilen der Beteiligung privater Investoren an der Erstellung von baulicher Infrastruktur machen. Angesichts der Tatsache, daß Kapital derzeit knapp ist und wohl noch auf längere Sicht knapp bleiben wird, wäre eine Entlastung der Kapitalmlirkte ein wünschenswerter Effekt. Dieser ist zunächst bei Privatisierungen nach dem Betreibermodell oder durch Fondsleasing gegeben, da hier der Staat nicht mehr als Kapitalnachfrager auftreten muß. Je nach Attraktivität des Projekts wäre sogar eine Rückgewinnung von ins Ausland abgeflossenem Kapital oder eine zusätzliche Mobilisierung von Ressourcen denkbar. Andererseits darf nicht vergessen werden, daß die privaten Investoren je nach Fremdkapitalbedarf ebenfalls die Kapitalmärkte beanspruchen. Unklar bleibt dabei, inwieweit lediglich eine Substitution privater Abschreibungsobjekte gegen das öffentliche Projekt stattfindet oder tatsächlich zuslitzliche Investitionen getätigt werden. Beim Leasing oder den Mietkauf-Varianten tritt streng genommen nur eine kurzfristige Entlastung auf, da in diesen Fällen die öffentliche Kreditaufnahme lediglich in die Zukunft verschoben wird. Grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kapital dürften bei privaten Investoren eher auftreten als beim Staat. Ein weiteres Argument, welches vor allem gegen das Fondsmodell spricht, ist die Tatsache, daß die geWährten Abschreibungsmöglichkeiten, die den Kauf von Fondsanteilen für Anleger erst interessant machen, beim Staat für Steuerausfälle sorgen. Hier handelt es sich jedoch allenfalls um einen Aufschub von Steuerzahlungen, welche dann später bei der Ausschüttung der Gewinne fällig werden. Durch die Bereitstellung von privatem Kapital können notwendige Investitionen unabhängig von der momentanen Haushaltslage getätigt werden. In Zeiten akuten Bedarfs und gleichzeitig angespannter Finanzlage bietet diese Möglichkeit des Zeitgewinns große Vorteile. Die kurzfristige Problemlösung sollte jedoch nicht über die langfristigen

307

Aspekte solcher Investitionen hinwegtäuschen. Bei den meisten Privatisierungsmodellen (mit Ausnahme des Betreibermodells) handelt es sich lediglich um eine private Vorfinanzierung, die Last der Ausgabe wird für den staatlichen Träger nur auf mehrere Jahre gestreckt. Dies mag zwar als Finanzierungsform der Langlebigkeit des Investitionsgutes "Bauwerk" eher gerecht werden, doch steht das auf diese Art verplante Geld während des gesamten Zeitraumes auch für andere Projekte nicht mehr zur Verfügung. Die langfristige Bindung der Haushaltsmittel bringt zudem ein gravierendes rechtliches Problem mit sich: Das langfristig verplante Budget ist der Kontrolle und Haushaltshoheit der zuständigen Parlamente entzogen. Andererseits darf der im wesentlichen durch den Zeitvorteil ausgelöste Multiplikatoreffekt nicht unterschätzt werden (vgl. Büschgen/Ergenzinger 1993). Durch die Zeitersparnis bei Bau und Planung können die positiven Effekte einer guten Infrastrukturausstattung früher realisiert werden. Das zusätzlich mobilisierte Kapital und die getätigten Investitionen ziehen Folgeinvestitionen nach sich, steigern die Standongunst und induzieren Wachstum, Beschäftigung und steigende Einkommen in weiteren Wirtschaftsbereichen. Es bleibt die Frage nach der vielzitierten höheren Effizienz der privaten Anbieter. Bei der Anwendung verschiedener Modelle konnte die QualiUU der Bauwerke und das bessere Know-How der privaten Unternehmer bestätigt werden. Eine organisatorische Entlastung wäre an sich nur beim Betreibermodell zu erwarten, da alle anderen Varianten nicht nur die staatliche Planung, sondern vor allem auch die Vergabe, Vertragsgestaltung und teilweise den Betrieb durch staatliche Institutionen beinhalten. Der "wunde Punkt" nahezu aller Formen der Beteiligung von Privaten liegt allerdings bei den Kosten. Das unternehmerische Management und die betriebswirtschaftliche Abwicklung haben bei den bisher erprobten Projekten stets zu - mitunter erheblichen - Kostenüberschreitungen geführt, die sich allein durch die Qualität und die Zeitersparnis nicht rechtfertigen lassen. Ein weiterer Bonus, der der Erbringung von öffentlichen Leistungen nach Marktkriterien zugeschrieben wird, ist die Existenz von sogenannten Lenkungspreisen, welche die wahren Kosten (incl. der Kosten negativer externer Effekte) eines Gutes widerspiegeln und im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zur Bereitstellung der tatsächlich benötigten Menge des Gutes führen sollen. Als solche Preise können die im Betreibermodell zu entrichtenden Gebühren aufgefaßt werden: Sie entsprechen den Kosten, die für Erstellung und Unterhalt der Infrastruktur (z.B. einer Autobahn) anfallen und werden 308

ausschließlich von den Nutzern selbst getragen. Ob die Internalisierung der negativen externen Effekte tatsächlich bereits im Preis enthalten ist, bleibt fraglich. Zudem werden prinzipiell für die Bereitstellung von öffentlichen Gütern bereits von allen Bürgern gleichmäßig Steuern erhoben. Daher läßt es sich nur schwer rechtfertigen, daß einige Bürger noch zusätzlich eine Gebühr für die Nutzung von öffentlicher Infrastruktur bezahlen sollten. Neben der bereits angesprochenen Ausweichmöglichkeit auf kostenfreie Alternativen ergibt sich, besonders im Hinblick auf die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen in den neuen Bundesländern, ein weiteres Hindernis für diese Form der Bereitstellung: Da der Bedarf an neu zu errichtender Infrastruktur in Ostdeutschland wesentlich größer ist als in den alten Bundesländern, würden sich bei privater Erstellung von Neubauten die maut- oder gebührenpflichtigen Einrichtungen dort viel stärker konzentrieren, ohne daß Ausweichmöglichkeiten gegeben wären. Abgesehen von dem klaren Standortnachteil, der sich für diese Regionen ergibt, läßt auch die angestrebte Angleichung der Lebensbedingungen eine solche Ungleichbehandlung nicht zu. Bei allen Überlegungen zur Finanzierung von Gütern, die bisher von öffentlicher Hand bereitgestellt wurden, bleibt die wichtigste Aufgabe die Bereitstellung selbst. Es soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, daß es sich um notwendige Investitionen in öffentliche Einrichtungen der Daseinsfürsorge und Gegenstände des Gemeingebrauchs handelt (z.B. Infrastruktur), deren Bereitstellung nicht allein durch Marktmechanismen erfolgen kann. Selbst wenn man voraussetzt, daß die eigentliche Aufgabe in staatlicher Hand bleibt, besteht bei manchen Formen der Beteiligung, namentlich den Private-Public-Partnerships, die Gefahr, daß um der Finanzierung willen die ursprünglichen Ziele zugunsten der Vorstellungen des privaten Geldgebers modifiziert werden. Das unternehmerische Denken, das oft als Argument für die Beteiligung Privater angeführt wird, führt schließlich auch zu Renditeüberlegungen, die nicht unbedingt dem öffentlichen Interesse entsprechen. Ein letzter gesamtwirtschaftlicher Aspekt der Privatisierung öffentlicher Infrastruktur ergibt sich im Zusammenhang mit der Vollendung des Europliischen Binnenmarktes. Werden bestimmte Projekte für die Beteiligung privater Investoren freigegeben, so beinhaltet dies, zumindest für größere Projekte des Bundes, die europaweite öffentliche Ausschreibung. Abgesehen von der Verschärfung des Wettbewerbs für die einheimischen Anbieter müßte geklärt werden, ob bestimmte Aufgaben überhaupt an ausllindische Unternehmen vergeben werden 309

sollen, ob die Bereitstellung der Infrastruktur für die breite Öffentlichkeit weiterhin gesichert ist oder wie bei multinationalen Partnerschaften die Eigentumsfrage und andere Probleme vertraglich geregelt werden können. Obwohl die Privatisierung bzw. private Finanzierung von öffentlichen Aufgaben bereits verschiedentlich erprobt wird, lassen sich allein aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Modelle, die häufig auf sehr individuelle Fragestellungen zugeschnitten sind, die Vor- oder Nachteile nicht generell entscheiden. Die Frage, ob die Bauwirtschaft von einer vermehrten Privatisierung profitieren könnte, ist zudem besonders schwierig zu beantworten, da für die konstante Erbringung von Bauleistungen vor allem langfristige Aspekte eine Rolle spielen. Durch die Möglichkeit, Projekte des akuten Bedarfs unabhängig von der momentanen Haushaltslage der betreffenden Gebietsköperschaft durchführen zu lassen, würden möglicherweise eine Reihe von Bauauftriigen kurzfristig vorgezogen. Bleiben nachfolgende Aufträge aber später aus, könnten eher noch größere zeitliche Schwankungen für die Bautätigkeit entstehen. Eine Verstetigung der Nachfrage nach Bauwerken tritt erst dann ein, wenn die Auftragsvergabe langfristig und gleichmäßig erfolgt. Davon kann auch deshalb nicht generell ausgegangen werden, weil für private Investoren Renditeüberlegungen entscheidend sind: Wenn alternative Projekte einen höheren Ertrag versprechen, kommt ein Auftrag für die Erstellung eines Infrastrukturprojekts möglicherweise nicht zustande. Andererseits entfällt bei der privatwirtschaftlichen Bereitstellung in der Regel die politische Motivation einer angestrebten Wiederwahl, wodurch zumindest eine Verstetigung der Planung über den Vier-Jahres-Zeitraum einer Legislaturperiode hinaus gegeben wäre. Was die kontinuierliche Finanzierung der Projekte betrifft, so unterliegt die private Bereitstellung von Mitteln nicht der Budgetkontrolle eines öffentlichen Haushalts. Können private Investoren für eine Aufgabe gewonnen werden, ist zumindest die Vorfinanzierung und damit der Bauauftrag gesichert. Unabhängig vom praktizierten Modell ist hier also entscheidend, ob das Projekt für die Geldgeber finanziell attraktiv gestaltet werden kann. Die anschließende langfristige Rückzahlungsverpflichtung des staatlichen Trägers könnte dann allerdings weitere und zukünftige öffentliche Aufträge blockieren. Es bleibt die Frage, inwieweit die Menge der nachgefragten Bauleistungen von einer Projektübernahme durch private Investoren beeinflußt wird. Man kann zunächst davon ausgehen, daß sich die Zahl der 310

benötigten Bauwerke in erster Linie am langfristigen Bedarf orientiert und daß über diesen Bedarf hinaus keine Bauleistungen nachgefragt werden. Der Vorzieheffekt, der sich durch die sofortige Verfügbarkeit von privatem Kapital einstellt, hat zwar unmittelbare Multiplikatorwirkungen auf die Gesamtwirtschaft, doch ist noch völlig ungeklärt, inwieweit auf diese Weise zukünftige Bauaufträge nur vorweggenommen werden, die dann zu einem späteren Zeitpunkt ausbleiben. Denkbar ist aber, daß bei ausreichender finanzieller Attraktivität der Projekte ein vermehrtes Interesse der Investoren geweckt wird und dadurch insgesamt mehr Bauaufträge vergeben werden. Die Einbindung privater Investoren in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben darf - so könnte hier das Fazit lauten - sicherlich kein Tabuthema sein. Sie findet derzeit in verschiedensten Bereichen mit unterschiedlichen Modellen statt. Das endgültige Ausmaß und die bestgeeigneten Formen der Einbindung privater Träger wird sich nach den weiteren Erfahrungen mit den verschiedenen Projekten richten. Die (nachhaltige) Wirkung auf das Niveau der BauUUigkeit ist noch weitgehend unbestimmt und wird sich erst langfristig zeigen. Zunächst einmal sollte man sich also von der Privatisierung bislang traditionell öffentlicher Infrastruktureinrichtungen weder Wunderdinge versprechen noch einfach mit der (ebenso einseitig interessengesteuerten) ·Verteufelung" fortfahren. Es gilt vielmehr, nüchtern die Vor- und Nachteile abzuwljgen und fallweise die angemessene Entscheidung zu treffen. Vielfach wird sich - außer der statistischen Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Bau - gar nicht so viel ändern; insbesondere für die Nutzer könnte sich der Unterschied auf die Angabe einer anderen Kontonummer (hoffentlich nicht mit einem höheren Betrag) reduzieren.

4.3.2 Stand und Entwicklung der Privatisierung von Wohnungen und Unternehmen In den neuen Bundesländern Während in den alten Bundeslljndern eine eher theoretische Diskussion über die Privatisierung bislang öffentlicher Einrichtungen im Gange ist, stellt sich in den neuen Bundeslljndern die Privatisierung des Volkseigentums und des genossenschaftlichen Besitzes aus der ehemaligen DDR-Planwirtschaft als praktische Aufgabe. Dabei stehen dort weniger theoretische Überlegungen, sondern das Bedürfnis nach möglichst schnellen und praktikablen Lösungen im Vordergrund.

311

Privatisierung von Wohnungen Aus politischen Gründen (vgl. das "Altschuldenhilfe-Gesetz"; vgl. auch Behring/Britschkat 1995), wohl aber auch aus der Sicht der Wohnungs- sowie der Bauwirtschaft, bleibt die Privatisierung des umfangreichen volkseigenen bzw. genossenschaftlichen Wohnungsbestandes der ehemaligen DDR eine vorrangige Aufgabe. Die Vermietung dieses Wohnungsbestandes kann aufgrund der hohen Altschulden der vormals kommunalen Wohnungsunternehmen häufig nicht kostendekkend durchgeführt werden, und die Gemeinden bzw. die (oftmals weiterhin kommunalen) Wohnungsunternehmen und -genossenschaften erhoffen sich zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf, um Schulden tilgen und andere Ausgaben finanzieren zu können. Generell kamen für die Eigentumsübertragung der im kommunalen Besitz befindlichen Wohnungen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Als wichtigste Form der Privatisierung wird der Verkauf von Wohnungseigentum direkt an die jeweiligen Mieter betrieben. Es kann aber auch eine Übertragung an Genossenschaften, Wohnungsbaugesellschaften oder private Investoren (auch als "Zwischenerwerbermodelle") erfolgen. Ausgehend von den letzten Angaben des Statistischen Amts der DDR über Bestand und Zustand an Wohnungen (vgl. auch Abschnitt 3.3) schätzte das ifo Institut (vgl. Behring/Thanner 1993) zunächst den sanierungsfähigen Wohnungsbestand insgesamt (vgl. Tab. 4.9). Tab. 4.9

Sanierungsfähiger Wohnungsbestand In den neuen Ländern 1990 nach EIgentumsformen - Absolutwerte (In MIII. WE) und AnteIlswerte (In %) -

Wohnungen In

privat

kommunal

genossenschaflilch

Insgesamt

Mehrfamilienhäusern

0,85

2,32

0,91

4,08

Ein- und Zweifamilienhäusern

1,70

0,20

0,13

2,02

Insgesamt

2,55

2,52

1,03

6,10

41,80

41,31

16,39

Anteile der Eigentumsformen (in %)

Quelle: Behrlng/Thanner 1993.

312

100

Auf diesen (durch die hochgerechneten Ergebnisse der Wohnungsstichprobe 1993 mittlerweile bestätigten) Bestandsschätzungen aufbauend wurde das Privatisierungspotential an Wohnungen der ostdeutschen Kommunen ermittelt, welches sich 1990 unter Berücksichtigung von Restitutionsansprüchen auf ca. 400 000 Wohneinheiten in älteren Mehrfamilienhäusern und ca. 1,4 Mill. Wohneinheiten in Plattenbauten belief. Der Sanierungsbedarf wurde bei beiden Gebäudearten, vor allem aber bei den Plattenbauten, als beträchtlich hoch eingestuft. Bei den restlichen rund 700 000 Wohneinheiten waren Rückübertragungsansprüche der ursprünglichen Eigentümer geltend gemacht worden. Um für den angestrebten raschen Verkauf der Wohneinheiten an die Mieter sinnvolle Lösungsansätze zu finden, wurden zunächst diverse staatlich geförderte Model/vorhaben initiiert. Insgesamt 30 Projekte (mit zusammen 6 500 Wohnungen) wurden ausgewählt und zwischen Sommer 1991 und Februar 1992 auf den Weg gebracht. Die staatliche Finanzierungshilfe umfaßte Erwerbszuschüsse und die Förderung der Instandsetzung und Modernisierung durch das Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost, Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie eigenständige Privatisierungsförderungen und sonstige Wohnungsbaufördermittel der Länder. Soweit aus diesen Modell-Projekten zur Wohnungsprivatisierung in den neuen Ländern bereits Schlüsse gezogen werden können, haben sich folgende Erkenntnisse herauskristallisiert: - Die Unerfahrenheit der ostdeutschen Bevölkerung mit dem Wohnungseigentumsrecht erfordert intensive Beratung und Betreuung; der notwendige Hinweis auf mögliche Risiken beim Kauf kann dabei abschreckende Wirkung haben, so daß das zunächst hohe Kaufinteresse bald absinkt. Die anfangs noch extrem niedrigen Mieten boten zudem wenig Anlaß, eine Wohnung zu kaufen. - Bei der Festsetzung der Verkaufspreise müssen die Kommunen verschiedene Aspekte berücksichtigen: Sanierungskosten, Altschulden und Erträge sollen abgedeckt werden, gleichzeitig ist eine soziale Komponente für die Käufer zu berücksichtigen; beides ist gleichzeitig kaum zu verwirklichen. - Hohe Altschulden hatten sich insbesondere bei Plattenbauten angehäuft, die volle Abwälzung auf alle Käufer (also auch auf diejenigen von Ein- und Zwei-Familienhäusern) ließ sich nicht durchsetzen; auch heute noch ergeben sich hier gravierende Hemmnisse. 313

- Die staatliche Förderung ist sowohl im Wohnungsneubau als auch (wenngleich weniger ausgeprägt) bei der Wohnungsmodernisierung anhaltend zu stark auf steuersparende West-Investoren ausgerichtet; die ostdeutschen Mieter verfügen vielfach noch nicht über die entsprechend hohen Einkommen, die steuerliche Aspekte erst greifen lassen. - Die Bereitschaft zu einer hohen Fremdfinanzierung war sowohl bei den Bürgern als auch bei den Banken sehr ausgeprägt. - Zahlreiche rechtliche Fragen im Bereich der Risikohaftung, des Mieterschutzes und der kommunalen Selbstverwaltung müssen berücksichtigt bzw. individuell geklärt werden. Die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes lassen zudem eine Sanierung der Wohnungen vor dem Verkauf ratsam erscheinen. Soweit die Erfahrungen mit diesen Modellprojekten überhaupt auf andere Privatisierungsprojekte im ostdeutschen Wohnungsbestand zu übertragen sind, sollen auf diese Weise in den nächsten zehn Jahren bis zu 15 % des (ehemals) kommunalen Wohnungsbestandes privatisiert werden. Der Solidarpakt vom Frühjahr 1993 sah im Gegenzu~ vor, daß über die Schuldenbegrenzung auf maximal 150 DM je m etwa 31 Mrd. DM der kommunalen Altschulden auf den Bund übergehen. Da bis 1995 erst einige Zehntausend Wohnungen auf diesem Wege neue Eigentümer gefunden haben, bleibt die Privatisierung des zu DDR-Zeiten kommunalen Wohnungsbestands noch auf längere Zeit wichtige und oftmals eine brisante Aufgabe. Mit dem gleichzeitigen Neubau von (häufig allerdings überteuerten) Wohngebäuden sinkt natürlich die relative Attraktivität von Altwohnungen für Käufer kontinuierlich ab. Wenn die Mietbelastungsquoten aus politischen Gründen weiterhin niedrig gehalten werden sollen, entfällt auch dieses wichtige Stimulanz zum Wechsel in Wohneigentum. Privatisierung von Unternehmen Die restlichen zur Privatisierung vorgesehenen Vermögensgegenstände, darunter vor allem die Unternehmen und Betriebe der ehemaligen DDR, wurden der eigens dafür gegründeten, inzwischen aber schon wieder aufgelösten Treuhandanstalt übergeben. Die zu privatisierenden Unternehmen wurden, soweit möglich, dazu in eigenständige Gesellschaften umgewandelt. Die Ausschreibung zur 314

Privatisierung erfolgte dann häufig unter der Bedingung von Arbeitsplatzgarantien und Investitionszusagen.

Die Unternehmen, die der Bauwirtschaft zuzuordnen waren, verkauften sich dabei etwas besser als die der restlichen Wirtschaftszweige, wie sich an hand der Bestandsveränderung des Treuhand-Portfolios erkennen läßt (vgl. Tab. 4.10). Vom ursprünglichen Bruttobestand aller Unternehmen unter Treuhandverwaltung waren Ende September 1994 noch 354 Unternehmen oder 2,9 % als Nettobestand übrig. Über ein Drittel davon, mit der Hälfte der insgesamt verbleibenden 97 000 Mitarbeiter, steht derzeit noch im Angebot. Im Vergleich dazu machte der Nettobestand an Unternehmen des Bauhauptgewerbes zu diesem Zeitpunkt nur noch 0,6 % des ursprünglichen Bruttobestandes aus, die Unternehmen des Ausbau- und Bauhilfsgewerbes waren sogar vollständig privatisiert. Tab. 4.10

Bestandsentwicklung der Im Treuhand-Portfollo befindlichen Unternehmen Insgesamt und Im Baugewerbe 1990 bis 1994 Sonstige

Bruttobestand

Privati. sierun~) Insges.

Reprivatisierung

tionen

Insgesamt

12363

6464

1 571

3661

313

34

Bauhauptgewerbe

1020

694

191

113

16

6

211

120

68

19

4

0

Ausbau-/Bauhilfsgewerbe

LiqUid~

Bes~and~-)

abgange

Nettobestand

1) Ohne Unternehmensteile. 2) Mehrheitlich noch in Bearbeitung. 3) Kummunalisierung und Besitzeinweisung.

Quelle: Treuhandanstalt, Monatsinformation vom September 1994.

Da die Treuhandanstalt Ende des Jahres 1994 aufgelöst wurde, kann bereits eine (vorläufige) Abschlußbilanz gezogen werden. Zwischen dem 1.7.1990 und dem 30.9.1994 wurden insgesamt 14 576 Privatisierungen von Unternehmen vorgenommen: Vollständige Privatisierung mehrheitliche Privatisierung

6236 228

315

7629

Betriebsteile

483

Bergwerksrechte insgesamt

14 576

Unternehmen.

Von den ursprünglich knapp 3 Millionen Beschäftigten in den Treuhand-Unternehmen erhielt etwa die Hälfte eine Arbeitsplatzzusage (vgl. Abb. 4.7). Hiervon sind 137 000 Personen oder 4,7 % noch in dem verbleibenden Restbestand der Treuhand-Unternehmen. Die restlichen Arbeitskräfte sind entweder arbeitslos, in Altersrente oder in unbestimmtem Verbleib bzw. befinden sich in Arbeitsbeschaffungsund Umschulungsmaßnahmen. Abb.4.7

Verbleib der Beschäftigten aus den Treuhandunternehmen 1991 bis 1994

1.1.91

EI

1.7.91

1.7.92

1.1.92

Eintritte In Arbeitslosigkeit

ll1l Fluktuation zwischen

Unternahmen, Altersrente, unbekannter Verbleib

o Übergang In arbeitsmarktpolItIsche

1.1.93

1.7.93

IIllugeslcherte ArbeitsplAtze durch Privatisierung

o Beschliftlgte In Unternehmen I. L •

Beschliftlgte des Nellobestandes

Maßnahmen (ABS. ABM . FuU)

Quelle: Treuhandanstalt, Monatsinformation vom September 1994.

316

1.1.94 H .94

Auswirkungen auf den Strukturwandel des Bausektors

Während die Privatisierung der Bauunternehmen also als weitgehend abgeschlossen gelten kann und die Umstrukturierungsprozesse in den privatisierten Unternehmen weitergehen, ist die Übertragung des von der Politik angestrebten großen Teiles des ostdeutschen Wohnungsbestandes an Private (also an Privatpersonen - bevorzugt derzeitige Mieter - und privatwirtschaftliche Unternehmen, aber gegebenenfalls auch an Genossenschaften) noch längst nicht abgeschlossen. Gemessen an den hohen Ziel- und Zeitvorgaben ist sie sogar noch gar nicht so richtig in Gang gekommen. Für die Investitionstätigkeit der (kommunalen) Wohnungsgesellschaften, aber auch aller übrigen Investorengruppen dürfte hieraus noch auf Jahre hinaus ein erhöhtes Maß an Unsicherheit resultieren, was - partiell betrachtet - nicht zu "mutigen" Investitionsentscheidungen für die Neuerrichtung von Wohnungen oder die Modernisierung bzw. Instandhaltung des Wohnungsbestandes führen dürfte. 4.3.3 Verschiebungen sowie Quervergleiche bel der Bauherrenund Gebäudestruktur Im Wohn- und NIchtwohnbau

Die Angaben der Bautlitigkeitsstatistik ermöglichen eine differenzierte Auswertung der nachgefragten Bauleistungen sowohl nach Bauherrenkategorien als auch nach Gebliudearten. Über die Feststellungen zum tendenziellen Rückzug des Staates vom gesamten Baugeschehen in Westdeutschland hinaus (vgl. Abschnitt 4.3.1) können dadurch Strukturverschiebungen auf der Nachfrageseite des Bauleistungsmarktes sichtbar gemacht und analysiert werden. Da die Basisdaten für diese Auswertungen - wie gesagt - aus der Bautätigkeitsstatistik stammen, unterliegen sie bezüglich Umfang, Abgrenzung und Bewertung den hierdurch vorgegebenen Restriktionen (z.B. Bewertung zu veranschlagten Baukosten bei Genehmigung und nicht zu Marktpreisen; Angaben nur für Hochbauten). Aus der Fülle des Datenmaterials werden hier lediglich zwei Auswertungen herausgezogen (vgl. die Tabellen A 4.1.1 und A 4.1.2 im Anhang dieser Studie), wobei zunächst der gesamte (private und öffentliche) Nichtwohnbau zugrundegelegt wird. Da zeitliche Entwicklungen betrachtet werden sollen, muß man sich hierbei auf Westdeutschland beschränken. Anschließend wird noch eine Spezialauswertung zur Bedeutung der "Bauträger u.ä." wiedergegeben, bei der auch Quervergleiche zu Ostdeutsch land vorgenommen werden. 317

Bauherrenstruktur der Gebiudearten Im westdeutschen NIchtwohnbau (Hochbau) Nach den Fertigstellungsergebnissen der Bautätigkeitsstatistik für Westdeutschland werden Anstaltsgebiiude überwiegend von öffentlichen Bauherren in Auftrag gegeben, deren Anteil sich allerdings 1992 plötzlich verminderte, als vermehrt private Unternehmen des tertiären Sektors in diesen Markt eindrangen. Unter leichten Schwankungen wird rund ein Viertel dieser Gebäude von (privaten) Organisationen ohne Erwerbszweck errichtet. Mit klarem Abstand dominieren die Unternehmen des tertiären Sektors den Bereich Büro- und Verwaltungsgebiiude (Anteilswerte um 60 %). Der Anteil öffentlicher Bauherren ist bei dieser Gebäudekategorie tendenziell rückläufig, was mit der Gesamtentwicklung im öffentlichen Hochbau übereinstimmt. Die privaten Haushalte halten hier einen relevanten, zuletzt beachtlich ausgeweiteten Anteil. Überspringt man die quantitativ völlig unbedeutenden landwirtschaftlichen Betriebsgebäude, so überrascht bei den gesamten nicht/andwirtschaftlichen Betriebsgebiiuden nicht so sehr die klare Dominanz der privaten Unternehmen (rund 85 %) als vielmehr das Übergewicht des tertiären über den sekundären Sektor sowie die doch beachtlich hohen Anteile der Privathaushalte. Beides rührt von der Bauherrenstruktur bei den Handels- und Lagergebiiuden her, wo die Tertiärbetriebe (wie erwartet) eindeutig dominieren; bemerkenswert viele dieser Gebäude werden (zumindest in der Bauphase) aus dem Privatportefeuille heraus finanziert und errichtet. Demgegenüber kann die klare Dominanz der Unternehmen des sekundären Sektors in der Subkategorie Fabrik- und Werkstattgebiiude (Anteilswerte um 90 %) in keiner Weise überraschen. Ähnliches läßt sich bezüglich der fast 80 % sagen, die bei den Hotels und Gaststiitten anteilig auf den Dienstleistungssektor entfallen, obwohl doch auffällt, daß sich auch öffentliche Bauherren (z.B. 1988: 13 %) sowie Privathaushalte (1991: fast 11 %; 1993: über 9 % Anteil) in dieser Gebäudekategorie "tummeln". Die sonstigen Nichtwohngebiiude (also Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Museen, Bibliotheken u.dgl.; vgl. die Übersicht in Anhang A 1.1.2), sind mit Anteilswerten um 60 % eindeutige Domäne der öffentlichen Bauherren, neben denen aber auch die Organisationen ohne Erwerbszweck beachtliche, 1993 sprunghaft (auf fast 25 %) gestiegene Anteile auf sich vereinen. Zwischen 10 und 318

15 % schwankte hier der Anteil des Tertiärsektors, wohingegen es sich bei den 10 % Anteil (1991) der Unternehmen im warenproduzierenden Sektor wohl um einen "Ausrutscher" handelt. Für keinen der Bauherrentypen läßt sich hier im Beobachtungszeitraum eine klare Aufwärts- oder Abwärtstendenz der Anteilswerte ausmachen. Gebiudestruktur Im westdeutschen NIchtwohnbau (Hochbau) für die Bauherrenkategorien

Bewußt wurde die Anordnung der Spalten und Zeilen für die zu diesen Entwicklungen und Strukturen zusammengestellte Tabelle (vgl. Anhang A 4.1.2) beibehalten, um die Orientierung und Kreuzvergleiche zu erleichtern. Für die hier interessierende Fragestellung werden jetzt die Spalten in der Vertikalen betrachtet; für jede Bauherrenkategorie summieren sich die Anteilswerte der Gebäudearten dabei zu 100 %. Die öffentlichen Bauherren haben den Schwerpunkt ihrer Hochbauaktivitäten eindeutig bei den sonstigen Nichtwohngebäuden, auf die sich - mit beachtlicher Schwankungsbreite - rund 35 bis 50 % der veranschlagten Baukosten konzentrieren. Um die 20 % entfallen auf die nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäude, wobei auffällt, daß z.B. 1993 nur etwa 10 % den drei separat ausgewiesenen Subkategorien (vgl. die Angaben im vorigen Unterabschnitt) zuzurechnen war, also rund 7 % auf andere Nichtwohngebäude, insbesondere auf Verkehrsgebäude sowie Unterhaltungsgebäude, entfallen sind. In der Spanne zwischen 20 und 25 % bewegte sich hier der Anteil der Büro- und Verwaltungsgebäude, wo bis 1993 ebenfalls noch keine Stättigungserscheinungen und nicht einmal klare Rückschläge zu verzeichnen waren. Der Schwerpunkt der Hochbautätigkeit für private Unternehmen liegt in der Gesamtbetrachtung eindeutig bei den nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäuden, auf die in der Spitze (1989/90) fast zwei Drittel der veranschlagten Baukosten entfielen. Bei den Subkategorien erreichen Fabrik- und Werkstattgebäude sowie Handels- und Lagergebäude etwa die gleiche Größenordnung. Während aber die erstere Gebäudekategorie ganz stark auf die Unternehmen im sekundllren Sektor konzentriert ist (dort aber auch Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Handels- und Lagergebäude auf knapp 20 % Anteil kommen), bauen die Tertillrbetriebe zu je 30 bis 50 % Anteil sowohl Büro- und Verwaltungsgebäude als auch Handels- und Lagergebäude. Die übrigen Gebäudekategorien spielen bei den privaten Unternehmen jeweils nur eine untergeordnete Rolle. 23 Bauwirtschaft

319

Private Haushalte konzentrieren ihre Nichtwohnbautätigkeit (soweit sie dabei selbst als Bauherren auftreten, also nicht bloß Geldgeber sind) zu etwa gleichen Teilen, allerdings bei heftigen Ausschlägen (Anteilswerte zwischen 20 und 40 % bzw. zwischen 25 und unter 40 % schwankend) einerseits auf Büro- und Verwaltungsgebäude mit klar steigender Anteilstendenz, andererseits auf Handels- und Lagergebäude (deutliche Anteilsverluste); aber auch die sonstigen Nichtwohngebäude sowie Hotels/Gaststätten und Fabrik- und Werkstattgebäude bringen es auf relevante Anteile. Insgesamt sind die Privathaushalte immerhin mit rund 5 % bei steigender Tendenz am hier erfaßten und so bewerteten Nichtwohnbau (Hochbau) beteiligt.

Erneut Anteile hinzugewonnen haben zuletzt die (privaten) Organisationen ohne Erwerbszweck, die ihre Anlagemittel vor allem in Anstaltsgebäude (rund 25 bis 35 %) sowie in sonstige Nichtwohngebäude (rund 45 bis 55 %) stecken; sowohl Büro- und Verwaltungsgebäude (mit einem Ausreißer 1991 bei 11 %) als auch Hotels und Gaststätten (mit 2 bis 3 %) fallen demgegenüber kaum ins Gewicht. Bei den sonstigen Nichtwohngebäuden dürfte es sich bei dieser Bauherrenkategorie insbesondere um die Neuerrichtung oder Modernisierung von Freizeit- und Gemeinschaftshäusern, Sporthallen und Heilbäder sowie von Kirchen und sonstigen Kultgebäuden handeln. Marktvolumen und Marktstruktur der "Bauträger"

Aus dem gleichen Datenmaterial läßt sich durch eine näherungsweise "Negativabgrenzung" der nachgewiesenen Bauherrenkategorien (einschließlich der sektoralen Untergliederung bei den Unternehmen) ermitteln, in welchem Umfang "Bautrllger" und ähnliche Institutionen zum Baugeschehen beigetragen haben. Obwohl diese Auswertungen deutliche Abstriche bei der "Trenngenauigkeit" erfordern, erhält man doch auf diese Weise interessante Einblicke, insbesondere mit Zeitreihenvergleichen, in einen besonders wichtigen und dynamischen Teilbereich, der sonst verschlossen bleiben müßte. Dabei gibt es klare Hinweise darauf, daß gerade das Spezifikum von Bautrllgern, nämlich die Errichtung von Bauwerken zur Nutzung durch "Dritte", speziell im Nichtwohnbau, aber auch in bestimmten Teilsegmenten des Wohnungsbaus, mit steigenden Marktanteilen tendenziell zu einer (noch) höheren Konjunkturreagibilitllt der Bautätigkeit führen könnte. In anderen europäischen Ländern dürfte sich die höhere Volatilität in bestimmten Teilsegmenten des Nichtwohnbaus hierauf zurückführen lassen (vgl. Gluch 1996).

320

Beginnt man die Betrachtung auch hier beim Nichtwohnbau, so zeigt sich für 1993 ein weiterer Anstieg der für "Bautrliger u.Ii." erbrachten Bauleistungen auf über 18 Mrd. DM (bewertet zu veranschlagten Baukosten; vgl. Tab. 4.11); gegenüber 1992 bedeutet dies einen Anstieg um fast 10 % (zuvor: mehr als + 22 %). Tab. 4.11

Marktvolumen 1 ) und Marktstruktur der "Bautriger u.i" In den alten Bundeslindern 1991 bis 1993 Veranschlagte Baukosten 2 ) Struktur'mteile in%

in Mrd. DM

Gebäudeart

1991

1992

1993

1992

1993

0,42 5,15 5,24 0,82 0,63 1,26

0,59 5,86 6,16 1,09 1,11 1,75

0,88 7,35 5,66 1,32 1,21 1,72

3,5 35,4 27,2 6,6 6,7 10,6

4,8 40,5 31,3 7,2 6,7 9,5

13,52

16,56

18,14

100,0

100,0

4,78 0,72 8,35

4,85 0,83 12,29

4,94 0,87 12,32

27,0 4,6 68,4

27,2 4,8 68,0

Summe Wohngebäude

13,85

17,97

18,13

100,0

100,0

Wohn- und Nichtwohngebäude, insgesamt

27,37

34,53

36,27

Anstaltsgebäude Büro- und Verwaltungsgebäude Handels- und Lagergebäude Fabrik- und Werkstattgebäude 4 ) Hotels und Gaststätten übrige Nichtwohngebäude Summe Nichtwohngebäude Einfamilienhäuser Zweifamilienhäuser Mehrfamilienhäuser

-

-

1) Veranschlagte Baukosten der fertig gestellten Wohn- und Nichtwohngebäude für ausgewählte Bauherrentypen (= 'Bauträger u.ä.'). 2) Nur genehmigungspflichtige und genehmigte Baumaßnahmen. 3) Anteile der Gebäudearten am gesamten Nichtwohn- bzw. Wohnungsbau für 'Bauträger u.ä. '. 4) Einschließlich landwirtschaftliche Betriebsgebäude. Quelle:

Statistisches Bundesamt; Sonderauswertungen der BautätIgkeItstatIstik; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Mit Abstand der höchste Anteil entfiel dabei 1993 auf Büro- und Verwaltungsgebäude (über 40 % nach etwa 35 %), wohingegen die Handels- und Lagergebäude nach strukturellen Anteilsverlusten immer noch auf über 31 % kommen (1992: Spitzenreiter mit 37 %). In den übrigen Gebäudearten des Nichtwohnbaus sind Bauträger nur vergleichsweise schwach engagiert.

23'

321

Beim Wohnungsbau wird für 1993 ein fast genau gleich hoher Absolutbetrag den "Bauträgern u.ä." zugerechnet, der Zuwachs war allerdings gegenüber dem Vorjahr nur noch geringfügig (weniger als + 1 %). Sowohl 1992 als auch 1993 entfielen hiervon deutlich mehr als zwei Drittel auf Wohnungen in Mehrfamiliengebäuden, also vor allem auf Eigentumswohnungen; im Eigenheimbau konnten sich Bauträger noch keine vergleichbar starke Marktposition erobern. Diese Aussage wird bestätigt, wenn man die Marktanteile der Bauträger betrachtet (vgl. Tab. 4.12): Bei den Mehrfamiliengebliuden waren es 1993 noch immer 40 %, obwohl gegenüber den Vorjahren Geweils rund 50 %) deutliche Anteilsverluste eingetreten sind; andere Bauherrentypen haben ihre Nachfrage nach Wohnungsbau leistungen im Geschoßwohnungsbau also zuletzt deutlich rascher ausgeweitet. Tab. 4.12

Marktantell 1) der Bauträger an den Hochbaufertigstellungen In den alten Bundesländern 1991 bis 1993 Gebäudeart

Marktanteil in %

1991

1992

1993

Anstaltsgebäude Büro· und Verwaltungsgebäude Handels· und Lagergebäude Fabrik· und Werkstattgebäude 2 ) Hotels und Gaststätten übrige Nichtwohngebäude

23,2 57,1 64,4 10,6 70,4 13,3

33,1 59,7 67,7 13,7 78,7 13,9

27,6 54,5 66,2 16,0 79,8 14,3

Summe Nichtwohngebäude

38,3

42,7

40,8

Einfamilienhäuser Zweifamilienhäuser Mehrfamilienhäuser

18,4 9,2 49,3

17,4 9,2 50,5

15,6 8,0 40,5

Summe Wohngebäude

26,9

29,0

24,8

Wohn· und Nichtwohngebäude, insgesamt

31,5

34,3

30,9

1) Anteil ausgewählter Bauherrentypen (= 'Bauträger u.ä.') an den zu veran·

schlagten Baukosten bewerteten Fertigstellungen nach Gebäudekategorien; nur genehmigte Neubauten. 2) Ohne landwirtschaftliche Betriebsgebäude.

Quelle:

322

Statistisches Bundesamt, Sonderauswertungen der Bautätlgkeltsstatlstlk; Berechnungen des ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Die höchsten Marktanteile unter den Gebäudearten des westdeutschen Nichtwohnbaus erreichen die "Bautrliger u.li." bei den Hotels und Gaststätten, die sie zu 80 % dominieren. Auch bei den HandeIsund Lagergebäuden werden konstant rund zwei Drittel für diese Bauherrenkategorie fertiggestellt; deutlich über die Hälfte ist es bei den Büro- und Verwaltungsgebäuden, bei den übrigen Gebäudearten sind es beachtliche und häufig steigende Marktanteile, die auf diese Bauherrenkategorien entfallen. Wenn sich die hier erkennbare Tendenz bestätigt und verfestigt, könnte dies mit der bewußten "Auslagerung" derartiger Aktivitäten aus den Produktions- und Dienstleistungsunternehmen auf die Spezialisten in diesem Geschäft zusammenhängen. West-Ost-Querverglelch der Marktanteile von "Bauträgern

u.ä.

U

Das nach dem gleichen Verfahren wie für Westdeutschland berechnete Marktvolumen der "Bauträger u.ä.· in den neuen Bundesllindern ergibt für 1993 über 5 Mrd. DM im Nichtwohnbau, aber nur deutlich unter 1 Mrd. DM im Wohnungsbau (vgl. Tab. 4.13). Mit klarem Abstand entfielen auf die Handels- und Lagergebäude die höchsten Anteilswerte bei den Nichtwohngebliuden (fast 60 %), wohingegen es die Büro- und Verwaltungsgebäude nur auf knapp 18 % brachten; diese beiden Gebäudearten waren aber auch in Ostdeutschland die "Domäne" der Bauträger. Im Wohnungsbau gilt dies für Mehrfamiliengebäude (fast 60 % Anteil), überraschend groß war aber auch die relative Bedeutung der Einfamilienhäuser. In der bei diesen Darstellungen verwendeten Abgrenzung bringen es die "Bauträger u.ä" in Ostdeutschland auf einen an den veranschlagten Baukosten der fertiggestellten Hochbauten gemessenen Marktanteil von insgesamt knapp 45 %; etwas weniger als 55 % waren es 1993 im Nichtwohnbau, lediglich etwas über 20 % im Wohnungsbau (vgl. erneut Tab. 4.13). Ein West-Ost-Vergleich der jeweiligen Marktanteile zeigt (vgl. Tab. 4.12 und Tab. 4.13), daß die "Bauträger u.li." üenseits von zuordnungsbedingten Unschärfen und nach dem zugrundeliegenden Bewertungskonzept) im Nichtwohnbau der neuen Llinder eine wesentlich größere Bedeutung erlangt haben, wohingegen sie im Wohnungsbau wohl doch etwas unter dem Westwert geblieben sind. Insgesamt haben die in dieser Gruppe zusammengefaßten Bauherrenkategorien in West- wie Ostdeutschland einen beachtlichen Einfluß auf das gesamte Hochbaugeschehen gewonnen (im Tiefbau dürfte -ihre Bedeutung wesentlich kleiner sein, doch fehlen hierzu jegliche 323

statistische Basisdaten). Es gibt Anzeichen dafür, daß die bei an Bauherrenkategorien erkennbare Strukturdynamik sich fortsetzen wird mit Konsequenzen für die Bauunternehmen ("professionelle" und spezialisierte Auftraggeber mit "harten Bandagen"), für die Immobilienerwerber (Hoffnung auf niedrigere Baukosten und geringere Risiken, Sorge vor abgeschöpften Vorabgewinnen und Wertsteigerungen) und für die Schwankungsintensitlit der Bautätigkeit (größere Anfälligkeit gegen Nachfrageschwankungen). Tab. 4.13

Markt1 ) der Bautriger In den neuen Lindern 2 ) 1993 - Marktvolumen und -struktur sowie Marktanteile Marktvolumen - veranschlagte Baukosten Gebäudeart

Marktanteile4 ) der 'Bauträger u.ä.'

absolut (Mrd. DM)

Anteile 3 ) (in %)

(in %)

Anstaltsgebäude Büro- und Verwaltungsgebäude Handels- und Lagergebäude Fabrik- und Werkstattgebäude 5 ) Hotels und Gaststätten übrige Nichtwohngebäude

0,21 0,91 2,97 0,31 0,31 0,36

4,1 17,9 58,7 6,1 6,1 7,1

69,6 62,9 78,9 15,0 81,0 29,6

Summe Nichtwohngebäude

5,07

100,0

54,4

Einfamilienhäuser Zweifamilienhäuser Mehrfamilienhäuser

0,29 0,05 0,48

35,4 6,1 58,5

11,3 11,1 50,5

Summe Wohngebäude

0,82

100,0

20,7

Wohn- und Nichtwohngebäude, insgesamt

5,89

-

44,3

1) Veranschlagte Baukosten der fertig gestellten Wohn- und Nichtwohngebäude für ausgewählte Bauherrentypen ('Bauträger u.ä'); nur genehmigungspflichtige und genehmigte Baumaßnahmen. 2) Einschließlich Ost-Berlin. 3) Anteile der Gebäudearten am gesamten Nichtwohn- bzw. Wohnungsbau für 'Bauträger u.ä.'. 4) Anteil der ausgewählten Bauherrentypen (= 'Bauträger') an den zu veranschlagten Baukosten bewerteten Fertigstellungen nach Gebäudekategorien; nur genehmigte Bauten. 5) Einschließlich landwirtschaftliche Betriebsgebäude.

Quelle:

324

Statistisches Bundesamt, Sonderauswertungen der BautätIgkeItsstatIstik; Berechnungen des Ifo Instituts fOr WIrtschaftsforschung.

4.3.4 Systematische und nachhaltige Verinderungen bel Rahmenbedingungen und Determinanten der Nachfrage nach Bauleistungen und Bauwerksnutzungen

Die tiefgreifenden Umwälzungen, die in der abgelaufenen Dekade in Europa mit der Vollendung des Gemeinsamen Binnenmarktes im Westen sowie mit Systemzusammenbrüchen und Grenzöffnungen im Osten stattgefunden haben, werden die ökonomische (und gesellschaftliche) Entwicklung in Deutschland auf absehbare Zeit in allen Sektoren entscheidend weiterprägen (vgl. auch Kapitel 5). Bezüglich der Konsequenzen, die sich hieraus für die deutsche Sauwirtschaft ergeben, ist festzuhalten, daß die Einschnitte zu tief waren, als daß man sie auf der Ebene "normaler" zyklischer Schwankungen oder bloßer Trendfortschreibungen von Entwicklungen abhandeln könnte. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß sich durch die Strukturbrüche die Zusammenhänge zwischen den übergeordneten und/ oder sektorspezifischen Einflußfaktoren geändert und daß sich Gewichte nachhaltig verschoben haben. Bei den Rahmenbedingungen hat sich für die in (West-)Deutschland ansässigen oder auf diesen Markt orientierten Nachfrager nach Bauleistungen und Bauwerksnutzungen die Zahl der Alternativen sprunghaft vergrößert; für nicht unbedingt ortsgebundene Aktivitäten sind neue Standorte in (potentiell) großer Zahl und mit zum Teil fundamental unterschiedlichen Gegebenheiten hinzugekommen. Dies könnte z.B. über den Einfluß niedriger Bodenpreise in dünner besiedelten und/oder weniger entwickelten Gebieten Europas gemeinsam mit anderen Vorteilen zu Verlagerungen von Produktionsstandorten oder zu einer Verlangsamung des Aufbautempos beitragen. Für Unternehmen richten sich die Absatzerwartungen (wenngleich nicht direkt meßbar, so doch die ~ohl wichtigste Determinante für deren Baurnaßnahmen) jetzt auf ein deutlich vergrößertes Markt- und Absatzgebiet mit abweichenden Anforderungen an die Produktpaletten und an die Vertriebswege. Da auch die übrigen Faktorpreise an vielen der neu oder einfacher zugänglichen Standorten z.T. wesentlich niedriger sind, werden neue Überlegungen zur optimalen Anordnung von Produktionsstandorten und Vertriebsnetzen erforderlich. Die produktionsnahen (vom Staat, zunehmend aber auch von Privaten bereitgestellten) Infrastruktureinrichtungen müssen sich diesen geänderten Gegebenheiten und Zuständigkeiten möglichst rasch anpassen. Dies ist innerhalb von Deutschland mit der Schwerpunktver325

lagerung in die neuen Bundesländer bereits in hohem Maße geschehen, befindet sich in Westeuropa mit der Diskussion um die "transeuropäischen Netze" in der Diskussion und wird mit Blick auf Osteuropa wohl gerade erst angedacht; bis zum Anlaufen und Umsetzen werden noch etliche Jahre vergehen. Zwar zeichnen sich die Wohnstandorte auch der deutschen Bevölkerung durch ein hohes Beharrungsvermögen aus (weshalb - nebenbei bemerkt - die auf eine kräftige, mobilitäts-induzierte Nachfrage nach Wohnraum und Wohnungsbauleistungen setzende Erwartung steilerer Trendentwicklungen für den Wohnungsbau in Westdeutschland schon immer auf "wackeligen Beinen" stand). Trotzdem sind systematische Veränderungen insoweit zu erwarten oder zumindest nicht auszuschließen, als die Zusatznachfrage hochgradig mobil sein kann und sich die Kapitalanleger regional schon längst neu orientiert haben. Mit diesen wenigen Anmerkungen sollte ein Anreiz gegeben werden, über systematische Veränderungen bei den Zusammenhängen und Gewichten der Einflußfaktoren verstärkt nachzudenken. Für konkrete Prognosen der Bautätigkeit (Wert- und Mengenvariablen) mit Planungsrelevanz, wie sie im nächsten Kapitel 5 zusammen mit den zugrundegelegten Annahmen dargestellt werden, kommt man um klare und einfache Prämissen nicht herum, weil die Bandbreite möglicher Entwicklungen sonst enorm anschwillt. Die "lineare" Extrapolation von Beobachtungen der Vergangenheitsentwicklung kann aber andererseits dazu führen, daß die Vorausschätzungswerte zwar - wie gefordert - als Punktschätzungen abgegeben werden, dann aber "punktgenau falsch" sind. Gerade im Bereich der stärker mit Szenariotechniken arbeitenden Vorausschätzungen sehen wir auch im Bausektor noch beträchtlichen Forschungsbedarf.

5 Mittel- und längerfristige Perspektiven für die Bauwirtschaft in (West- und Ost-)Deutschland Vorbemerkungen zu EInordnungen und Inhalten

Die Schwerpunkte der Studie "Branchenbild Bauwirtschaft" liegen eindeutig bei den Darstellungen zur Vergangenheitsentwicklung dieses Wirtschaftsbereiches, wobei einerseits auf der Entstehungsseite (Kapitel 2), andererseits auf der Verwendungsseite (Kapitel 3) angesetzt wird. Bereits mit dem Versuch, in einem knappen Überblick auf aktuelle Probleme des Strukturwandels im deutschen Bausektor einzugehen (Kapitel 4), wird dieser enge Rahmen jedoch verlassen. Nach unserem Verständnis wäre ein "Bild der deutschen Baubranche", gerade in der zugrundegelegten breiteren Abgrenzung, unvollständig, wenn die in manchen Erklärungsansätzen (z.B. in Kapitel 3 zu Bauinvestitionen oder Fertigstellungen) aufgezeigten Entwicklungslinien nicht wenigstens ansatzweise in die Zukunft verlängert würden. Dabei sind die strukturellen Veränderungen natürlich zu berücksichtigen; von den unterschiedlichen Akteuren auf den Immobilien- und Baumärkten sind hieraus Konsequenzen durch Abwägen von neuen Chancen und Risiken abzuleiten (vgl. Kapitel 6). Entsprechend der Konzeption der Studie kann es bei diesem "Blick voraus" nicht darum gehen, die im Bausektor besonders heftigen konjunkturellen Ausschläge im Zuge von zyklischen Schwankungen in Kurzfristprognosen vorzustellen. Hier geht es vielmehr darum, mitteIund längerfristige Tendenzen oder zukünftige Durchschnittsentwicklungen für längere Zeiträume aufzuzeigen. Auoh derartige Aussagen sind nicht "ungefährlich", weil Trendbrüche und Gewichtsverlagerungen durchaus schon im überschaubaren Zeitrahmen zu gravierenden Abweichungen führen können; sie sind aber erfahrungsgemäß nicht ganz so "kurzlebig" wie Konjunkturprognosen, die beim Erscheinen in Buchform häufig schon von der Realität widerlegt sind. Angestrebt werden also Aussagen über Zyklen wegglättende Trendschätzungen der Entwicklungen im (west- und ost-)deutschen Bausektor mit einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren. Dabei muß wiederum eine Auswahl getroffen werden; Vollständigkeit kann auch hier kein Ziel sein. Einschränkungen ergeben sich auch dadurch, daß auf vorliegende Prognosen zurückgegriffen werden muß, weil eigenständige Vorausschätzungen den vorgegebenen Rahmen gesprengt hätten. Deshalb werden nur Zielvariable der Verwendungsseite her-

327

angezogen, weil zu entstehungsseitigen Größen derzeit keine aktuellen Langfristprojektionen verfügbar sind. Für Westdeutschland (vgl. unten Abschnitt 5.1) stützen wir uns weitgehend auf die Analysen und Prognosen der "ifo Bauvorausschätzung" als sowohl vollständigem als auch differenziertem System von langfristigen Projektionen für den Bausektor (vgl. Rußig/Görhely u.a. 1995). Damit ergibt sich aber zugleich des Problem, daß dort als umfassendere Wertgröße das DIW-Bauvolumen verwendet wird. In den großen Linien (auf die es hier ankommt) dürften die Abweichungen zu den VGR-Bauinvestitionen nicht allzu gravierend sein; auf abgrenzungsbedingte Unterschiede soll jeweils hingewiesen werden. Auch wenn auf regionale Differenzierungen in diesem Prognosekapitel ebenso weitgehend verzichtet werden soll wie in den ex post-Analysen, so empfiehlt es sich doch, die Unterteilung in West- und OstDeutschland beizubehalten. Da für die neuen Bundesländer zunächst noch keine Bauvolumensrechnungen zur Verfügung standen, wird in der entsprechenden, hier zugrundegelegten ifo Studie mit den VGRBauinvestitionen gearbeitet (vgl. Abschnitt 5.2; vgl. Gluch 1995). Für die nachfolgenden Aussagen gilt: Prognosen (der Art, wie sie hier präsentiert werden) basieren auf Annahmen über Rahmenbedingungen und Einflußfaktoren. Hierzu müssen adäquate Zukunftswerte bereitgestellt werden, sei es aus anderen Prognosen oder durch eigene Setzungen. Der Transparenz über die unterstellten Zusammenhänge, Gewichte und Variablenwerte der Determinanten wird dabei ein hoher Stellenwert zugemessen (auch wenn das in der hier nötigen Komprimierung nicht so deutlich werden kann). Schwierigkeiten ergeben sich dadurch, daß die Einflußfaktoren oft nicht voneinander unabhängig sind; dies gilt z.B. bezüglich der Entwicklung der Bevölkerung in den alten und neuen Bundesländern, wodurch die separate Darstellung ein gewisses Maß an "Künstlichkeit" erhält. Fraglos ergibt sich ein - prinzipiell allerdings niCht "sauber" lösbares Problem, wenn aus Projektionen für unterschiedliche Variablen mittels eines "Mischverfahrens" eine Tendenzvorausschätzung für Gesamtdeutschland abgeleitet werden soll. Die Versuche hierzu (vgl. Abschnitt 5.3) sind mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren.

328

5.1

Trendprognosen für Bausparten und Baubereiche in Westdeutschland

Mit der Verwendung des DIW-Bauvolumens für die alten Länder wird wieder auf der Verwendungsseite angesetzt und eine weite Abgrenzung von "Bauwirtschatr verwendet (vgl. Kapitel 1). Den Anspruch, möglichst die Gesamtheit aller Leistungen zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken zu erfassen, vermag allerdings auch das Bauvolumen - obgleich umfassender definiert als die VGR-Bauinvestitionen nicht zu erfüllen. Die Entscheidung für diese Zielvariable (neben den Fertigstellungen) ist - wie erwähnt - stark pragmatisch eingefärbt: Nur hierzu existieren konsistente und sektoral differenzierende Trendprognosen; auf Abweichungen zu den VGR-Bauinvestitionen wird jeweils hingewiesen (soweit möglich mit Quantifizierungen). Bevor die Trendprojektionen für die drei Bausparten und (durch Zerlegung oder Zwischenaggregation) für ausgewählte Baubereiche vorgestellt werden, sind in einem knappen Überblick die wichtigsten Determinanten der Bautätigkeit abzuhandeln. 5.1.1 Rahmenbedingungen und EInflußfaktoren der Bautätigkeit 5.1.1.1 Übergeordnete Einflüsse und Entscheidungsketten sowie Bedarf an Bauwerksnutzungen Der Bausektor ist ein integraler Bestandteil und ein Teilaggregat der (west-)deutschen Volkswirtschaft; mit seiner Wertschöpfung trägt er entstehungsseitig zum Bruttoinlandsprodukt bei, wobei es vielfältige Interdependenzen zu allen anderen Wirtschaftsbereichen gibt. Daher sind sämtliche Rahmenbedingungen und sektor-übergreifend relevanten, sowohl ökonomischen als auch meta-ökonomischen Einflußfaktoren, die die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt und in anderen Subsektoren mit bestimmen, mehr oder weniger unmittelbar auch für Niveau und Struktur der Bautätigkeit relevant. Im Zuge der Konzentration auf die direkter wirksamen Einflußfaktoren werden diese durchaus bedeutsamen "indirekten" Determinanten hier ausgeklammert (vgl. Rußig/Görhely u.a. 1995; Görhely/Rußig u.a. 1995). Für eine Auflistung der Variablen und Zusammenhänge, die Höhe und Struktur der Leistungen zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken beeinflussen, empfiehlt es sich, die Entscheidungsketten nachzuvollziehen, in der Eigentümer von Bauwerken oder Bauherren

329

zu ihren Handlungen motiviert bzw. veranlaßt werden. Letztlich entscheidend für Umfang und Art der erbrachten Bauleistungen sind die Nutzer der Bauwerke, die als "letzte Nachfrager" die vom baulichen Kapitalstock abgegebenen Leistungen für ihre verschiedenen Zwecke benötigen (vgl. die schematischen Darstellungen in Anhang A 3.1.1). Die Nachfrage nach den Bauwerken selbst, also nach den langlebigen Wirtschaftsgütern (Errichtung und Erhaltung), ist also - ökonomisch betrachtet - stets abgeleitete Nachfrage. Bei der auszugsweisen Behandlung wichtiger Einflußgrößen der (zukünftigen) Bautätigkeit soll nicht streng an der "Logik" dieser (nach Eigentümern bzw. Bauherren zu differenzierenden) Entscheidungsketten entlang "gehangelt" werden, es wird vielmehr stärker enumerativ und selektiv vorgegangen. Wichtig bleibt die Feststellung, daß das Vorhandensein von Bedarf an zusätzlichen und/oder verbesserten und/oder zu erhaltenden Bauwerksnutzungen notwendige Voraussetzung dafür ist, daß überhaupt oder in steigendem Maße gebaut wird. Mit dieser Feststellung wenden wir uns ganz bewußt gegen eine gewisse Diffamierung oder doch Abwertung des Begriffes "Baubedarf", die hier und da erkennbar geworden ist, jedoch nicht ohne gleich anzufügen, daß man bei Bedarfsanalysen natürlich nicht stehen bleiben darf, weil Baubedarf nur eine notwendige, aber noch längst keine hinreichende Bedingung oder Erklärung für Niveau und Struktur der Bautätigkeit im Zeitablauf ist (vgl. Behring u.a. 1989). In dieser "Begriffswelt" ergibt sich der Bedarf an Bauwerksnutzungen entweder direkt aus dem Ziel, bestimmte Bedürfnisse von EinzeIpersonen oder von mehr oder weniger großen Gruppen oder Gemeinschaften durch Inanspruchnahme der Nutzungen aus Bauwerken zu befriedigen; oder es handelt sich in einem weiteren Sinne insofern um eine abgeleitete Größe, als die Bauwerksnutzungen erst dazu dienen sollen, Güter (Waren und Dienstleistungen) für die Bedürfnisbefriedigung herzustellen oder bereitzuhalten. Der Baubedarf bezieht sich dann auf diejenigen Leistungen von Baugewerbe und anderen Wirtschaftszweigen sowie vom Staat, die erforderlich sind, um die gewünschten Bauwerksnutzungen bereitstellen zu können. Wenn man in einer Kategorisierung der Einflußfaktoren der Bautätigkeit demnach mit der Ordnungsziffer (1) Baubedarf und demographische Entwicklungstendenzen belegt (letztere wegen der - gleich noch zu begründenden - engen Beziehung zum Bedarfskonzept), so müssen also noch weitere Deter330

minanten einbezogen werden, die sich wiederum folgenden Gruppen zuordnen lassen: (2) Kaufkraft und relative Zahlungsbereitschaft (3) Preise für Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen (4) Staatseinflüsse (steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen) .

5.1.1.2 Baubedarf und demographische Entwicklungstendenzen Da Baubedarf teils aus der direkten Bedürfnisbefriedigung abgeleitet wird (wobei wiederum zwischen Individual- und Kollektivbedürfnissen zu unterscheiden ist), teils eher als "Mittel zum Zweck" angesehen werden muß, ergeben sich für die Bauwerkskategorien bzw. die Bausparten Wohnungsbau, Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau unterschiedliche Berechnungsansätze. In den Grundlinien läßt sich jedoch ein einheitliches Berechnungsschema anwenden (vgl. Abb. 5.1), nach dem zunächst aus der Multiplikation von Zielvorgaben oder bereichsspezifischen Bedarfsnormen (z.B. Wohnungen pro 1 000 Haushalte) mit der Anzahl der zugeordneten Bedarfsträger (hier also: Anzahl der Privathaushalte) die gewünschten oder benötigten Bauwerksnutzungen ermittelt werden. Die Gegenüberstellung und die - ebenfalls nach Menge, Art, Lage und Qualität vorzunehmende - Saldierung mit dem Leistungs- und Nutzungspotential der vorhandenen Bauwerksbestände führt direkt zu drei Kategorien von Baubedarf (wobei der Abriß von Bauwerken bzw. der "Rückbau· hier und nachfolgend vernachlässigt wird): Sämtliche Hoch- und Tiefbauten, die an ihrem Standort und in ihrer jetzigen (gg1. auch besseren oder schlechteren) Qualität auch weiterhin benötigt werden, müssen laufend instandgehalten und periodisch modernisiert werden; hierfür entsteht Erhaltungsbedarf, der mittels Erfahrungswerten (z.B. über Instandhaltungskoeffizienten) durch Einzelschätzungen ermittelt werden kann. - Diejenigen Bauwerke, die zwar weiterhin benötigt werden, die aber im Zuge des Alterungsprozesses ausscheiden, sind zu ersetzen; bei diesem Ersatzbedarf handelt es sich also in der Regel um Bedarf zur Errichtung neuer Bauwerke. - Ergibt die Saldierung ein Defizit an Bauwerksnutzungen und damit an verfügbaren, die gewünSChten Leistungen abgebenden Gebäuden und Tiefbauten (nach Art, Lage und Qualität), so besteht Erweiterungsbedarf, der wiederum - wenn er nicht durch Umnutzun331

gen "überflüssiger" Bauwerke befriedigt werden kann - durch Neubau von Hoch- und Tiefbauten zu decken wäre. Abb.5.1

Berechnungsschema zur Ermittlung des Baubedarfs für die Erweiterung und Erhaltung des baulichen Kapitalstocks Mulitplikation von und

~

Bedarfsnorm (Zielwert)

r- Anzahl der Bedarfsträger 1 )

Aufsummierung zu

gewünschte Bauwerksnutzungen (Menge, Art, Lage, Qualität)

Gegenüberstellung

und Saldierung mit

Nutzungspotential der vorhandenen Bauwerke (Menge, Art, Lage, Qualität

I I Abriß

Defizite beim Bauwerksbestand

l

Erweiterungsbedar1 (Neuerrichtung von Hochund Tiefbauten)

weiterhin benötigte Bauwerke

L~ Ersatzbedar1 (Neubau)

Erhalt~1gs-

bedarf

1) Z.B. Einwohner, Privathaushalte, Schüler und Studenten, aber auch Kraftfahrzeuge oder (indirekt) Produktionsmengen. 2) Ermittelt z.B. durch Multiplikation von Bestandswert und diversen Instandhaltungskoeffizienten; ggf. einschließlich einer Modernisierungskomponente zur 'q ualifizierten Substanzwertsicherung' . Quelle: Baubedarfsschätzungen des ifo Instituts.

Natürlich wird mit diesen Angaben ein stark vereinfachtes Berechnungsverfahren vorgestellt, in dem mit den Hinweisen auf die Über-

332

einstimmung von Menge, Art, Lage und Qualität der Bauwerke die vielfältigen Probleme nur angedeutet werden. Fundierte Schatzungen des Baubedarfs müssen denn auch in stark disaggregierter Form nach Funktionsbereichen, möglichst aber auch mit regionaler Untergliederung, vorgenommen werden. Für Westdeutschland liegen aktuelle empirische Baubedarfsschätzungen derzeit nicht vor. Ausgehend von der Situation des Jahres 1988 (mit Preisbasis 1980) hatte das ifo Institut zuletzt 1989 sachlich stark untergliederte Berechnungen und Schätzungen mit dem Zeithorizont 2000 vorgelegt (vgl. Behring u.a. 1989). Aus der Differenzierung nach zehn Funktionsbereichen ergab sich durch Aufsummierung ein Baubedarf von rund 3,7 Bill. DM (vgl. Tab. 5.1); mit über 1,9 Bill. DM wurde dabei ein deutliches Übergewicht des Erhaltungsbedarfs gegenüber dem Neubaubedarf (knapp 1,8 Bill. DM für Ersatz- und Erweiterungsbauten) ermittelt. Tab. 5.1

Baubedarf In den alten Bundesländern bis zum Jahr 2000

- Absolutwerte (In Mrd. DM; In Preisen von 1980) und AnteIlswerte (In %) -

Funktionsbereich

Erhaltungsbedarf Mrd. DM

%

Erweiterungsbedarf Mrd. DM

%

Baubedarf insgesamt Mrd. DM

%

Umweltschutz

112

6

129

7

241

6

Überregionaler Verkehr

91

5

131

7

222

6

Regionaler Verkehr

163

8

100

6

263

7

Wirtschaft

276

14

415

23

691

18

Sozio-kulturelle Infrastruktur

172

.9

70

4

242

7

Wohnen

985

51

805

45

1 790

48

Kommunikation

39

2

26

2

65

2

Energie

46

2

60

3

106

3

Wasser

18

1

10

1

28

1

Sonstiges

39

2

31

2

70

2

1 941

100

1777

100

3718

100

Summe

Quelle: Behrlng u.a. 1989 (Baubedarfsschätzungen des Ifo Instituts).

333

Fast die Hälfte dieses Betrages entfiel auf den Funktionsbereich Wohnen (48 %); faßt man die überregionale und die regionale Komponente zusammen, so folgt der Verkehr (13 %) nach dem Bereich Wirtschaft (18 %); daß auf den ganzen Umweltbereich lediglich ein Anteil von 6 % entfällt, ist wohl damit zu erklären, daß viele hierher zählende Aktivitäten in den alten Bundesländern schon frühzeitig in die übrigen Funktionsbereiche "eingebaut" worden sind. Um diesen Riesenbetrag etwas "handlicher" zu machen und um Konsequenzen für die handelnden Akteure deutlicher aufzeigen zu können, wurden seinerzeit (methodisch nicht unproblematische) Durchschnittsberechnungen für Einzeljahre durchgeführt und dem Niveau der Bautätigkeit gegenübergestellt. Für den Zeitraum 1980 bis 2000, also für insgesamt 13 Jahre, ergab sich danach ein durchschnittlicher Baubedarf von rund 286 Mrd. DM (vgl. Abb. 5.2); demgegenüber hatte das Bauvolumen nach mehreren Jahren mit tendenziellem Rückgang im Jahre 1987 (in Preisen von 1980) nur noch etwas über 210 Mrd. DM betragen. Die Differenz zwischen beiden Größen belief sich also auf rund 36 %. Abb.5.2

Bauvolumen 1980 bis 1987 und durchschnittlicher Jährlicher Baubedarf 1988 bis 2000 In Westdeutschland - Absolutwerte In Mrd. DM In Preisen von 1980 350

Milliarden DM

300

l

--------------------durchschnittlicher Baubedarf

Bauvolumen 250

200

1980

1987 1988

Quelle: Behrlng u.a. 1989 (Baubedarfsschätzungen des Ifo Instituts).

334

An diesen Ergebnissen kann der Tatbestand, daß der Baubedarf das aktuelle Niveau der Bautätigkeit übersteigt, eigentlich nicht weiter überraschen. Für wachsende oder sich dynamisch verändernde Volkswirtschaften mit hohem Sozialstandard muß es vielmehr als durchaus typisch angesehen werden, wenn Normen und Ziele so hoch angesetzt werden, daß sie in der Realität nicht ganz erreichen werden. Eher könnte die Größe des Abstandes sowie seine Zusammensetzung (hohes Defizit beim Wohnen) nachdenklich stimmen. Seit Durchführung dieser Berechnungen und Schätzungen zum westdeutschen Baubedarf hat sich vieles einschneidend verändert. Sicherlich wäre es interessant, die aktuelle Situation im Lichte dieser Veränderungen überprüfen zu können. Aus den oben dargelegten Gründen läßt sich dies jedoch nicht "auf die Schnelle" bewerkstelligen. Die Versuche, durch Umbasierung und lineare Fortschreibung zu Aussagen mit der Preisbasis 1990 und einem Zeithorizont bis 2005 zu gelangen (vgl. Julitz 1992), um so eine Aggregation mit dem ostdeutschen zu einem gesamtdeutschen Baubedarf (vgl. Abschnitte 5.2 und 5.3) zu ermöglichen, können hierbei allenfalls eine erste Hilfsorientierung abgeben. Auf die insbesondere interessierende Frage, ob die in den alten Ländern einige Jahre lang expandierende Bautätigkeit den vor allem durch den sprunghaften Bevölkerungsanstieg ebenfalls rapide gestiegenen Baubedarf auffangen konnte oder ob dieser heute sogar (speziell im staatlichen Bereich, also bei den vielfältigen Infrastruktureinrichtungen; vgl. Rußig 1995) nicht wesentlich höher liegt, kann man auf diesem Wege keine Antworten erwarten; hier müßte mit wiederum aufwendigen Recherchen neu gerechnet und geschätzt werden. Signifikant verändert hat sich in der letzten Dekade die Entwicklung der westdeutschen Bevölkerung, die mit dem Niveau und mit verschiedenen Strukturmerkmalen in die Berechnung des Baubedarfs eingeht und damit direkte Determinante der Bautätigkeit wird. Bis über die Mitte der achtziger Jahre hinaus war die Einwohnerentwicklung tendenziell abwärts gerichtet; 1986 wurde der (vorläufig letzte) Tiefpunkt mit nur noch etwa 61,1 Millionen Einwohnern erreicht. Schon vor der "DDR-Wende" setzte ein deutlicher Umschwung ein, weil der Außenwanderungssaldo der Ausländer ab 1985 wieder zunehmend positiv wurde und bis 1993 auf über 600 000 Personen anstieg. 1989 und 1990 schnellte die Zahl der Übersiedler aus der DDR ganz plötzlich in die Höhe Oeweils über 600 000 Personen); hier ist mittlerweile zwar eine "Normalisierung" eingetreten, der Wanderungs24 Bauwirtschaft

335

saldo Westdeutschlands blieb aber bis zuletzt auf einem deutlich erhöhten Niveau, weil weiterhin Aussiedler, aber auch Asylbewerber in großer Zahl ins Land kommen. Auch in früheren Phasen hatte sich gezeigt, daß die Zuwanderung sehr eng mit dem Wirtschaftswachstum zusammenhängt.

Die Tendenzumkehr bei der Bevölkerungsentwicklung wurde lange Zeit nicht richtig wahrgenommen, wie ja auch schon davor insbesondere die "offizielle" Politik von unrealistisch niedrigen Zuwanderungswerten ausgegangen war. Die Bundesrepublik Deutschland sollte nämlich ("ex definitione") nicht als Einwanderungsland erscheinen (was sie in der Nachkriegszeit - jenseits von definitorischen "Klimmzügen" - in der weit überwiegenden Zahl der Jahre de facto gewesen ist). Andere Stimmen wurden - weil inopportun - einfach überhört bzw. nicht zur Kenntnis genommen. Inzwischen liegen die Annahmen über die zukünftigen Einwanderungssaiden in den Bevölkerungsvorausberechnungen oder -prognosen zwar immer noch beträchtlich auseinander (vgl. Tab. 5.2), selbst die amtlichen koordinierten Bevölkerungsprognosen gehen aber jetzt von wesentlich höheren (und damit wohl realistischeren) Werten für den Außenwanderungssaldo aus. Im Spektrum der derzeit "gehandelten" Bevölkerungsprognosen für die alten Bundesländern liegt das ifo Institut mit dem erwarteten Anstieg auf knapp 69 Millionen Einwohner bis 2010 auf einem guten Mittelplatz (vgl. Abb. 5.3). Die erst kürzlich vorgestellte Vorausschätzung der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR 1995) weist allerdings deutlich höhere Werte aus. Nur in wenigen Fällen geht die Gesamtbevölkerung in Berechnungen des Baubedarfs ein, viel häufiger werden Teilgruppen als Bedarfsträger anzusehen sein (z.B. Zahl der Kinder für Kindergärten und Schulen, der Studenten für Hochschulen, der Alten für Senioren- und Pflegeheime). Eine herausragende Bedeutung ist hierbei der Altersstruktur der Bevölkerung zuzumessen. Die altersmäßige Zusammensetzung der Bevölkerung Westdeutschlands hat sich in dem Sinne fast permanent verschlechtert, als das Durchschnittsalter und vor allem Zahl und Anteilswert der ganz Alten permanent zugenommen haben. Im Zuge der verstärkten Zuwanderung kam es zwar phasenweise zu einer leichten Abschwächung dieser Tendenz, für den zukünftigen Alterungsprozeß hat sich aber grundlegend nichts geändert. Es ist also von einer weiteren Zunahme der Zahl und des Anteils älterer 336

Einwohner auszugehen; diese fragen z.B. pro Kopf (weil häufig alleinstehend und in den bisherigen Wohnungen verbleibend) überdurchschnittlich viel Wohnraum nach. Der Eintritt von Erbfällen verschiebt sich nach hinten, weshalb die nachrückende Generation häufig selbst Wohneigentum erwirbt. Tab. 5.2

Annahmen ausgewählter Bev61kerungsprognosen für die alten Bundesländer Lebenserwartung (Männer/Frauen)

Geburten Stat. Bundesamt 1994

Deutsche: konstante Werte auf dem schon länger stagnierenden Niveau von 1992: 1,4 Kinder/Frau Ausländer: Annäherung des noch wesentlich höheren Durchschnitts der Geburtenhäufigkeit an die der Deutschen bis 2010

Insgesamt: Anstieg von 73,2 bzw. 79,6 im Jahre 1992 um ca. 1,5 Jahre auf 74,7 bzw. 81,1 bis zum Jahr 2000, danach konstant

B. Hof (iw) 94

konstante Werte auf dem Niveau von 1,4 Kindern/Frau

Anstieg von 73,2 bzw. 79,6 im Jahre 1992 auf 74,1 bzw. 80,8 bis zum Jahr 2000, danach konstant

BfLR 95

konstante Werte auf einem leicht höheren Niveau als dem arithmetischen Mittel aus den Jahren 1985 - 1989 von rund 1,4 Kindern/Frau

Anstieg bis 2000 auf 73,9 bzw. 80,5 Jahre, bis 2010 auf 74,9 bzw. 81,2 Jahre

DIW93

Deutsche:

konstante Werte auf Niveau von 1,32 Kindern/Frau (1987)

Deutsche: Anstieg um 3 Jahre bis 2010

Ausländer:

Absinken bis auf 1,7 (1995) und 1,6 (2000) Kinder/Frau und anschließend konstante Werte

Ausländer: Lebenserwartung des Zeitraumes 1984/86 konstant

ifo 93

Annahmen wie BfLR 92 und 94, aber Einbeziehung von Berlin (West)

Annahmen wie BfLR 92 und 94, aber Einbeziehung von Berlin (West)

Quelle: Zusammenstellung de. 110 Institut. (110 Bauvorau.schitzung).

24·

337

Die gestiegene und noch weiter steigende Lebenserwartung, vor allem der Frauen, ist nur ein Faktor, der die Zahl der kleinen Privathaushalte stark und überproportional ansteigen ließ und lassen wird; hinzu kommen die hohen Scheidungsraten, das (allerdings konjunktur- und einkommensabhängige) relativ frühe Lösen der jungen Erwachsenen vom Elternhaus und die große Zahl allein lebender Ausländer. Abb.5.3

Bevölkerungsprognosen tür die alten Bundesländer bis 2010 Bevölkerung In Millionen

72

72 71

71

70

70

69

69

68

68

67

67

66

66

65

65

64

64

63

63

62

62 61

61 60 1970

1980

1990

2000

60 2010

1) Variante 2. Quelle: Zusammenstellung und Vorausschätzungen des ifo Instituts.

Im Zusammenspiel dieser Faktoren mit dem Altersstruktureffekt der "Baby-Boom-Generation" hat sich die durchschnittliche HaushaltsgröBe, die in den vorigen Jahrzehnten ebenfalls schon markant und ziemlich gleichmäßig zurückgegangen war, weiter verringert (vgl. Abb. 5.4). In der Vorausschau bis 2010 erwartet das ifo Institut eine zwar abgeflachte, sich aber doch deutlich fortsetzende Schrumpfungstendenz auf unter 2,1 Personen pro Haushalt; im Gegensatz dazu unterstellt das Statistische Bundesamt nur noch eine schwache Reduzierung des Durchschnittswertes (vgl. Bretz/Niemeyer 1992). Die unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung der Ourchschnittsgröße haben natürlich Auswirkungen auf die Prognose der Privathaushalte (wobei die Entwicklungen am aktuellen Rand eher die Annah338

men des ifo Instituts zu bestätigen scheinen); hieraus ergeben sich dann Konsequenzen für die Abschätzung des Baubedarfs, z.B. des Bedarfs an (zusätzlichen) Wohnungen. Abb.5.4

Durchschnittsgröße der Privathaushalte in (West- und Ost-)Deutschland 1950/1980 bis 2010 Personen pro Haushalt

3c---------------------------------------------, 2,9 2,8 2,7 2,6 2,5 2,4 2,3 2,2 2,1 2 1950 Quelle:

1960

1970

1980

1990

2000

2010

Bretz/Nlemeyer 1992 (Statistisches Bundesamt) j Berechnungen und Vorausschätzungen des 110 Instituts.

Während das Statistische Bundesamt (auch aufgrund der noch immer etwas niedrigeren Bevölkerungsprognosen) von einem Anstieg der Privathaushalte bis 2010 auf rund 28,95 Millionen ausgeht, kommt man mit den Annahmen des ifo Instituts auf einen Anstieg auf über 33,5 Mill. Privathaushalte (vgl. Tab. 5.3). Danach nimmt die Zahl der Haushalte bis 2010 gegenüber 1990 beim Statistischen Bundesamt nur um knapp 800 000, beim ifo Institut dagegen um fast 5 % Millionen zu. Dahinter steckt auch der Tatbestand, daß sich ein um z.B. 0,2 Personen kleinerer Durchschnittswert bei der Haushaltsgröße (z.B. von 2,3 auf 2,1 Personen sinkend) bei rund 66,5 Mill. Einwohnern bereits ohne weitere Bevölkerungszunahme in einem Anstieg der Haushaltszahl um rund 3 Millionen niederschlägt, weil hierzu ja die gesamte Bevölkerung als Bezugsgröße herangezogen wird. 339

Tab. 5.3

Entwicklung der Privathaushalte In den alten Bundeslindern 1980 bis 2010 - Anzahl In 1 000Statistisches Bundesamt (1992)

ifo (1993)

Haushalte

Haushalte

Jahr! ) mit deutscher Bezugsperson

mit ausländischer Bezugsperson

insgesamt

1980

23238

1 573

24811

1985

24716

1 651

26367

1990

26317

1 858

28175

28175

29496

29496

1993

insgesamt

1995

26281

2367

29187

29973

2000

26673

2606

29279

31659

2005

26327

2794

29121

32885

2010

25979

2964

28943

33579

1) 1980, 1985 und 1990 Ergebnisse des Mikrozensus.

Quelle: PaulNolgt/Hammer 1992 (Statistisches Bundesamt); Berechnungen und Vorausschitzungen des 110 Instituts.

Wie direkt und kräftig die Annahmen zur Entwicklung der Privathaushalte auf die Bedarfsschiitzungen als wichtigen Determinanten des Wohnungsbaus durchschlagen, läßt sich auch an Berechnungen zur Wohnungsversorgung ablesen. Um dem (wenig weiterführenden) Disput über die angemessenen Niveauangaben für die bei den - aus unterschiedlichen Gründen jeweils ·ungenauen" - Gesamtgrößen etwas aus dem Wege zu gehen, wird dabei nur mit den Verlinderungen der Zahl der Privathaushalte und des Bestandes an Wohnungen (Bruttozugänge durch Fertigstellungen minus - vom ifo Institut geschätzte - Abgänge) gearbeitet. Ausgehend von der Situation im Jahre 1980 ergibt sich dabei aus der Kumulation der Jahresdifferenzen ein bis 1993 auf rund -1,8 Millionen Wohnungen sinkender Wohnungsversorgungsindikator; erst ab 1994, dann aber bis voraussichtlich 1999 und darüber hinaus anhaltend, hat sich die Wohnungsversorgung in Westdeutschland gemessen an diesem Indikator wieder allmählich verbessert (vgl. Abb. 3.7 in Abschnitt 3.1.2.3 dieser Studie). 340

Auch wenn man den "globalen" Aussagegehalt dieses einfachen Rechenansatzes nicht überbewerten sollte, so kann man wohl doch konstatieren, daß unter Bedarfsaspekten sicher nicht mit einem Rückgang des Wohnungsbaus gerechnet werden muß. Auch in den anderen (sowohl privaten als auch primär "öffentlichen") Funktionsbereichen kann aufgrund der Entwicklung von Niveau und Struktur der Bevölkerung bzw. der Privathaushalte oder der ansonsten relevanten Bedarfsträger davon ausgegangen werden, daß Sllttigungserscheinungen beim Baubedarf kaum zu erwarten sind. 5.1.1.3 Kaufkraft und relative Zahlungsbereitschaft Das Vorhandensein eines hohen, im Zuge der veränderten Bevölkerungstendenzen und der anhaltenden demographischen Strukturverschiebungen weiter steigenden Baubedarfs garantiert nicht automatisch auch eine hohe oder sogar im Trendverlauf zunehmende Bautlltigkeit. Zu diesen notwendigen Voraussetzungen müssen weitere Bedingungen bzw. stützende Faktoren hinzukommen; diese lassen sich im nächsten Schnitt ganz summarisch als Kaufkraft umschreiben, wobei es sowohl um die - in Konkurrenz zu anderen Anforderungen und zu alternativen Ausgaben stehende - Zahlungs bereitschaft als auch um die Zahlungsfähigkeit geht. Die relative Zahlungsbereitschaft von Personen und Haushalten, Unternehmen sowie staatlichen Institutionen bezüglich der Errichtung neuer und der Erhaltung vorhandener Bauwerke ergibt sich indirekt aus deren Bedürfnissen oder den gesteckten Zielen. Da die Bedürfnisse als prinzipiell unendlich angenommen werden und zur Zielerreichung in der Regel alternative Möglichkeiten offen stehen, findet stets ein Abwägungs- und Auswahlprozeß statt. Hierbei kommt es außer auf die relative Stärke von Präferenzen oder die Dringlichkeit der Ziele vor allem auf die Preisniveaus bzw. die Preisverhältnisse an (vgl. Unterabschnitt 5.1.1.4). Als Quellen für die grundsätzlich limitierte Zahlungsfähigkeit sind für die drei unterschiedlichen Nachfragergruppen auf den Bauleistungsmärkten folgende Größen in Betracht zu ziehen (wobei die Organisationen ohne Erwerbszweck und die "staatsnahen" Unternehmen jeweils "dazwischen" anzusiedeln sind und Kreditbeziehungen die Periodenzuordnung beeinflussen können): - Privathaushalte: Einkommen aus Arbeit und Vermögen sowie vorhandene oder zu übertragende Vermögen (Geld- oder Sachwerte) und Bauspardarlehen oder Hypothekarkredite; 341

- Wirtschaftsunternehmen: Umsatzerlöse bzw. Erträge sowie Kapitalaufnahme, Bestandsumschichtungen und/oder Kredite; - staatliche Institutionen: Einnahmen aus Steuern, Abgaben und Gebühren sowie Kreditaufnahme und/oder Verkäufe von Vermögensgegenständen bzw. Beteiligungen. Die aus der Wirtschaftstätigkeit in der laufenden Periode stammenden Zuflüsse hängen bei allen potentiellen Nachfragern nach Bauleistungen heute wie in Zukunft aufs Engste mit dem Niveau der wirtschaftlichen Aktivitäten und deren Veränderungen, also mit dem Wirtschaftswachstum, zusammen. Die Trendwachstumsrate des westdeutschen Bruttoinlandsproduktes, die sich in den achtziger Jahren infolge externer Ereignisse und interner Überforderungen spürbar verringert hatte, könnte bis zum Jahre 2000 wieder ansteigen (Trendrate etwas über 2 %) und erst danach wieder von einem moderateren Wachstum abgelöst werden (vgl. Abb. S.S). Abb.5.5

Wirtschaftswachstum in Westdeutsch land bis 2005 • Konjunkturwerte und Trendanstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (in Mrd. DM In Preisen von 1991) 1960 bis 2005 In halblogarithmischem Maßstab· 3800

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Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen; Berechnungen und Vorausschätzungen des ifo Instituts.

Die verfügbaren Einkommen der Privathaushalte dürften voraussichtlich etwas langsamer steigen, weil zwar bei der Steuerbelastung auch tendenziell von einem leichten Rückgang ausgegangen werden kann, die Sozialbeiträge aber eher noch kräftiger ansteigen werden. Diese Aussage gilt auch schon für das Gesamtniveau, verstärkt aber für die Werte pro Einwohner oder (noch stärker) pro Haushalt. Die im Bausektor vor allem auf den Wohnungsbau gerichtete kaufkräftige Nachfrage der privaten Haushalte wird also als ein (noch) steileres Trendwachstum beschränkender Faktor wirken. Diese Aussage gilt, obwohl zu beachten ist, daß sich der Einkommensanstieg auch in Zukunft wohl sehr ungleich verteilen wird. Die Einkommensverteilung hat sich auch in der letzten Dekade spürbar verschoben (vgl. Abb. 5.6): Die Selbständigen-Haushalte konnten ihr ohnehin schon viel höheres Einkommen zwischen 1980 und 1993 verdoppeln, wohingegen der Anstieg bei den Arbeitnehmer- und Nichterwerbstätigen-Haushalten viel flacher ausfiel. Auch innerhalb der Arbeitnehmerhaushalte dürften die Bezieher relativ hoher Einkommen tendenziell stärker profitiert haben. Abb.5.6

Verfügbare Einkommen In Westdeutschland 1980 bis 1991 - Absolutwerte Je Privathaushalt (In DM pro Monat) nach zusammengefaBten Haushaltsgruppen DM/Monat (Tau • • nd)

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Quelle:

Nach Zwiener 1993.

Was die Umsatzerlöse und Erträge der privaten Unternehmen als wichtigen Determinanten des Wirtschaftsbaus anbelangt, so wurde 343

zwar - entsprechend dem moderaten Trendanstieg des Bruttoinlandsproduktes - von einer kontinuierlichen Ausweitung und einem tendenziell weiter steigenden Niveau ausgegangen. Die hinter diesen Annahmen stehende Einschätzung, daß der Standort Deutschland auch längerfristig für PrivatuntEnnehmen des produzierenden Gewerbes wie des Dienstleistungssektors attraktiv bleiben wird, bleibt aber umstritten und muß permanent hinterfragt werden. Schließlich werden die Unternehmen aller Sektoren durch den im Zuge der internationalen Arbeitsteilung noch verschärften Wettbewerb gezwungen sein, auch bei der Entscheidung über den Erhalt, die Modernisierung oder die Neuerrichtung von Verwaltungs- und Betriebsgebäuden die Kostenseite und alternative Standorte im Auge zu behalten. Für die staatlichen Institutionen ergibt sich das Dilemma, daß jedes Drehen an der Steuer- und Abgabenschraube mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Einnahmesituation und damit ihrer "Kaufkraft" für Bauleistungen auf der Seite der Zahlungspflichtigen (Unternehmen und/oder Privathaushalte) einen Kaufkraftentzug bedeutet; es ist unklar, wie die saldierte Wirkung dieser gegenläufigen Effekte auf die Baunachfrage ausfallen wird. Die Konsolidierungserfordernisse in den Staatshaushalten erscheinen derzeit (in der Einschätzung der verantwortlichen Politiker und unter dem Eindruck der "Maastricht-Kriterien") so groß, daß wohl eher eine verhaltene Linie bei Steuereinnahmen, Abgaben und Gebühren unterstellt werden sollte. Das bedeutet aber im Umkehrschluß, daß (wenn überhaupt) nur mit einem geringen Anstieg der staatlichen Baunachfrage gerechnet werden kann, wenn man nicht unterstellen will, daß die konsumtiven Staatsausgaben und/oder die Transferleistungen, gerade auch in die neuen Bundesländer sowie in die EU-Kassen, deutlich und nachhaltig zurückgeschraubt werden. Bezüglich der Kaufkraftquelle "Vermögen" ist bei den Privathaushalten darauf hinzuweisen, daß zwar die Zahl der Erbfälle mit steigenden Werten zune_hmen wird, daß aber häufig eine zeitliche, räumliche und/oder sachliche Inkongruenz besteht, weil z.B. die Erben schon Wohneigentum erworben haben und jetzt andere Präferenzen im Vordergrund stehen. Andererseits könnte aber bereits die Aussicht auf ein größeres Erbe und die deshalb abgeschwächte Notwendigkeit zur eigenständigen Vorsorge durch Ersparnis- und Rücklagenbildung zu "mutigeren" Entscheidungen bei der Wohneigentumsbildung führen.

344

Auch für Unternehmen besteht die (durchaus auch genutzte) Möglichkeit, durch den Verkauf von Sachanlagen oder Beteiligungen oder durch die Hereinnahme von (zumal ausländischen) Partnern den Spielraum für Aktivitäten zu erweitern; damit verbunden ist dann in der Regel eine erhöhte Nachfrage nach Bauleistungen. Sowohl der Bund als auch einzelne Uinder, aber auch Kommunen sind bereits den Weg gegangen, sich durch die Veräußerung von Beteiligungen und die Zweckbindung der Erlöse für standortsichernde Zukunftsinvestitionen größere finanzielle Spielräume auch oder gerade für Baumaßnahmen zu schaffen; dieser Lösungsweg wird allerdings auf "natürliche" Weise durch die vorhandenen und veräußerbaren Beteiligungen bzw. Sachwerte beschränkt. Eine andere Möglichkeit stellt die Privatisierung von bislang staatlich erbrachten Leistungen dar (vgl. oben Abschnitt 4.3), wodurch Kapital frei wird und/ oder fixierte Ausgaben reduziert werden können.

5.1.1.4 Preise für Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen Wenn sowohl Baubedarf als auch ausreichende bzw. steigende Kaufkraft (Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit) für Bauleistungen vorhanden sind, dann geht es noch darum, - wieviel Bauwerksnutzungen oder Bauleistungen man sich bei den herrschenden Faktorpreisen "real" kaufen kann und welche Bedürfnisse oder Ziele mit dieser oder alternativen Verwendungen der Finanzmittel befriedigt werden können, - wie hoch die Ertrage sind, die aus einer Kapitalanlage in neue oder vorhandene und zu modernisierende bzw. zu erhaltende Bauwerke in Deutschland - wiederum im Vergleich zu alternativen Anlagen zu erzielen sind. Bei der großen Zahl der eingesetzten Produktionsfaktoren und angesichts der schier unbeschränkten Zahl der Alternativen muß also "im Prinzip" eine kaum übersehbare Zahl von Einzelpreisen sowie Preisverhältnissen im Auge behalten werden; es ist klar, daß hier nur ein kleiner Ausschnitt angesprochen werden kann, wobei primär aus der Sicht des Bauherren bzw. Investors, also von der Nachfrageseite her, argumentiert wird. Neue Bauwerke werden auf Grundstücken errichtet; sie brauchen zu ihrer Verwirklichung also langfristig abgesicherte Nutzungsrechte am Boden. Daher spielen Verfügbarkeit und Preis von Bauland für die

345

Entwicklung der Bautätigkeit in allen Sparten und Teilbereichen eine herausgehobene Rolle.

Baugrundstücke sind im relativ dicht besiedelten (West-) Deutschland knapp und demzufolge teuer. Dazu trägt bei, daß der Staat bei der Umwandlung von Boden in Bauland eine MonopolsteIlung einnimmt. In der Vergangenheit hat das Abwägen zwischen den unterschiedlichen Interessen, vor allem bei den Gemeinden (z.B. zwischen Flächenausweisung und Umweltaspekten oder Budgetüberlegungen), vielfach zu - gemessen an den Anforderungen des Wohnungs- oder Gewerbebaus - nicht ausreichend großen Bauflächenausweisungen geführt. Im Gesamtdurchschnitt sind die Kaufwene für Bauland in Westdeutschland bis zum Jahre 1995 auf der Basis 1970 = 100 auf über 400 Indexpunkte (= IP) gestiegen. Der Preisanstieg war damit rund doppelt so stark wie beim Privatverbrauch (Preisindex 1994: rund 200 IP) und auch wesentlich steiler als bei den Bauleistungen im Wohnungsbau (1994: etwa 330 IP; vgl. Abb. 5.7). Abb.5.7

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Statistisches Bundesamt (VGR sowie Bauland· und Baupreisstatistik); Gutachterausschuß der Landeshauptstadt München; Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

Der Charakter der Bau- und Immobilienmärkte als ausgeprägt regionalen Miirkten (vgl. Kapitel 1) hängt in hohem Maße mit der engen Bindung an konkrete Standorte bzw. an ein bestimmtes Grundstück zusammen. Daher ist es unumgänglich, an dieser Stelle wenigstens kurz auf die riiumliche Differenzierung der Baulandpreise einzugehen. Am Beispiel der dynamisch gewachsenen Großstadt München wird aufgezeigt (vgl. erneut Abb. 5.7), daß der Anstieg der Grundstückspreise an bestimmten Standorten wesentlich kräftiger ausgefallen ist als im Gesamtdurchschnitt (München 1994: rund 650 IP auf Basis 1970 = 100). Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch für andere Großstädte und Ballungsgebiete belegen; umgekehrt hat sich Bauland in ländlichen oder peripheren Gebieten und in Problemregionen weit weniger stark verteuert. In den letzten Jahren wurden in (West-)Deutschland verstärkte Anstrengungen unternommen (z.B. mit dem Investitionserleichterungsund Wohnbaulandgesetz), um den raschen Anstieg der Bodenpreise wenigstens etwas zu dämpfen. Da die EntwiCklung von anderen, z.B. konjunkturellen, Einflüssen überlagert wird, kann zum Erfolg dieser Maßnahmen noch kein abschließendes Urteil abgegeben werden. Generell war es in der Vergangenheit hierzulande so, daß die Bodenpreise einen "Treppenanstieg" aufwiesen: In Phasen hoher und steigender Nachfrage kletterten die Preise für Bauland bzw. Grundstücke steil nach oben; bei abflauendem Nachfragedruck erfolgte jedoch keine entsprechende Korrektur nach unten, der Bodenpreisanstieg legte vielmehr nur eine ·Pause" ein (sogenannter "ratchet-Effekt"). Da eine grundlegende Neuorientierung der Bodenpolitik mit klarem Vorrang für die Baulandausweisung auch mittel- und längerfristig nicht zu erwarten ist, wird für die Trendprognosen der Bautätigkeit unterstellt, daß das in der Vergangenheit beobachtete Bewegungsmuster der Bodenpreise im Prinzip, wenn auch vielleicht gedämpft, erhalten bleibt. Damit werden Verfügbarkeit und Preis von Bauland voraussichtlich aber auch in Zukunft stark restringierende Faktoren für die Bautätigkeit bleiben. Etwas größere Flexibilität kann bei den Preisen für Bauleistungen unterstellt werden. Zwar war auch hier der Preisanstieg in der Vergangenheit steiler als in der Gesamtwirtschaft (abzulesen etwa am Vergleich mit dem Preisindex des Privatverbrauchs; vgl. nochmals Abb. 5.7), aber schon im letzten steilen Aufschwung des Wohnungsbaus blieben die Preissteigerungsraten vergleichsweise moderat. Hierzu dürfte der Einsatz "billigerer" Arbeitskräfte (sicherlich zum Leid347

wesen der betroffenen "Inlandsbeschäftigten") ebenso beigetragen haben wie der intensivierte Wettbewerb; ob auch gezielte, an ausländischen Erfahrungen orientierte Bemühungen um "kostensparendes Bauen" sich bereits meßbar niedergeschlagen haben, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Bauwerke sind extrem langlebige Wirtschaftsgüter. Gleichgültig, ob ausschließlich oder mit hohen Anteilen an Eigenkapital gebaut wird (für das dann die Erträge bzw. "opportunity cost" der alternativen Anlagen ins Kalkül zu ziehen sind), oder ob in größerem Umfang Fremdkapital eingesetzt wird - stets spielen die Kreditzinsen und die Tilgungsmodalitäten für die Entscheidung, zu bauen oder Immobilien zu erwerben, eine herausgehobene Rolle. Die Höhe der (Hypotheken-)Zinsen schwankt relativ stark mit den Konjunkturzyklen. Da der Zusammenhang mit der Bautatigkeit stets von anderen Einflußgrößen, etwa von den Einkommens- bzw. den Umsatz- und Ertragserwartungen, überlagert wird, darf es nicht überraschen, daß nicht durchgängig eine strenge Gegenläufigkeit der Entwicklungen beobachtet werden kann. Gleichwohl ist unstrittig, daß hohe Zinsen die Bautätigkeit tendenziell dämpfen und umgekehrt niedrige Kapitalkosten stimulierend wirken. Dies gilt insbesondere für den Wohnungsbau und dort vor allem für selbstnutzende Bauherren; demgegenüber hat man dem Staat gelegentlich eine geringere Zinsempfindlichkeit oder sogar auch hierbei ein prozyklisches Verhalten nachgesagt. Wenn der Staat durch sein Verhalten zu einem hohen Zinsniveau beiträgt, verursacht er dadurch - partiell gesehen - eine Dämpfung der Baunachfrage auch der übrigen Sektoren. Bei den Preisen für Bauwerksnutzungen, also bei den Mieten und Pachten, grundsätzlich aber auch bei den Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten der privaten und öffentlichen Haushalte sowie der Unternehmen, ist jedoch die Doppelfunktion als Kostengröße und Einnahmequelle zu beachten. Im Wohnungsbau signalisieren hohe und rasch steigende Mieten weiterhin gute Renditechancen und gleichzeitig verschieben sie (ceteris paribus) beim Vergleich mit den Wohnkosten bei Eigennutzung die Relation zugunsten des Baus oder Erwerbs von Wohneigentum zur Selbstnutzung. Ähnliche Überlegungen können auch für die anderen Investorenoder Bauherrengruppen angestellt werden. Für die Langfristprognose der Bautatigkeit wird davon ausgegangen, daß die Mieterträge sich 348

auch in Zukunft beschleunigt nach oben bewegen, daß aber die bewußtere Bewirtschaftung des vorhandenen Bestandes an Gebäuden und Tiefbauten (vgl. Kapitel 4) auch hier als "Bremse" wirkt. 5.1.1.5 Staatseinflüsse: Steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen Angesichts der hohen Beträge und der langen Bindungsfristen des Kapitals spielen bei der Errichtung und Erhaltung von Bauwerken natürlich alle Arten von staatlichen Handlungen für die Entscheidungen von Eigentümern oder Bauherren eine herausgehobene Rolle. Der Staat beeinflußt die Investitionstätigkeit aber nicht nur durch seine allgemeine Einnahmen- und Ausgabenpolitik (die ihrerseits weder im zeitlichen noch im internationalen Quervergleich völlig "neutral" bezüglich Niveau und EntwiCklung der Bautätigkeit ist), vielmehr haben gezielte Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt gerade in Deutschland eine lange Tradition. Direkte Konsequenzen ergeben sich durch staatliches Handeln aus den Entscheidungen über die Höhe der Staatsquote und die Struktur der Einnahmen und Ausgaben in den Budgets der Gebietskörperschaften. Hiervon, speziell von der Aufteilung auf die verschiedenen staatlichen Ebenen, wird vor allem der öffentliche Bau tangiert, wobei sich Festlegungen bezüglich Neubau oder Bestandsmaßnahmen sowie bezüglich der unterschiedlichen Hoch- und Tiefbaukategorien direkt auf die Zusammensetzung der Bauleistungen auswirken.

Von der allgemeinen Steuergesetzgebung, speziell aber von den Abschreibungsmodalitäten, wird der Wirtschaftsbau beeinflußt, wobei hier die Vergleiche zwischen den inländischen (bzw. westdeutschen) Regionen, vor allem aber zum benachbarten Ausland oder zu entfernteren Liefer- und Absatzmärkten (z.B. USA, Asien-Pazifik-Raum) von Bedeutung sind. Die Mitte der achtziger Jahre beschlossene Verkürzung des Abschreibungszeitraumes für Wirtschaftsgebäude auf 25 Jahre hat zwar einerseits die Nachfrage von selbstnutzenden Unternehmen und Kapitalanlegern stimuliert, sie hat aber andererseits die Renditerelationen zuungunsten des Wohnungsbaus verschlechtert und so dessen "Absturz" auf das Nachkriegstief 1987/88 verstärkt. Die höchste Intensität an Staatseingriffen wird im Wohnungsbau erreicht. Dort intervenieren Bund, Länder und Gemeinden mit einer oft verwirrend großen, längst nicht mehr systematisch geordneten und daher häufig widersprüchlichen Vielfalt von Instrumenten, bei denen die Abgrenzung zwischen der "Regel" und den - dann als Subvention 349

oder Transfer zu bezeichnenden - Abweichungen oft schwer fällt (z.B. bei den steuerlichen Regelungen für den Mietwohnungsbau); es drängt sich fast der Eindruck auf, daß dies häufig beabsichtigt ist, weil dann "Erbhöfe" leichter verteidigt werden können. Direkt greifen staatliche oder vom Staat beauftragte Institutionen mit eigenen Wohnbauten, aber vor allem mit dem Sozialwohnungsbau in das Marktgeschehen ein. Es ist hier nicht der Ort, auf die vielfältige Kritik an den Kosten und an der Treffgenauigkeit dieses Instrumentes breiter einzugehen (vgl. hierzu speziell Expertenkommission Wohnungspolitik 1995). Für die Analyse und Prognose der Wohnungsbautätigkeit ist ein Blick auf die zeitliche Entwicklung von vorrangigem Interesse: Konnte hierzu im langjährigen Überblick (vgl. Abb. 3.22 in Abschnitt 3.2.3) von einem vergleichsweise glatten Verlauf gesprochen werden, so zeigt eine ausschnittsweise Maßstabsvergrößerung (vgl. Abb. 5.8), daß der Ende der siebziger Jahre einsetzende und dann Mitte der achtziger Jahre forcierte Ausstieg des Staates aus der Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit dem durch die Ereignisse erzwungenen anschließenden massiven Wiedereinstieg ein hohes Maß an Unstetigkeit in diesen gewichtigen Teilbereich des Wohnungsbaus gebracht hat. Abb.5.8

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Statistisches Bundesamt; Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.

Es erscheint zwar als eine etwas zugespitzte, aber auch im Rahmen einer solchen Studie wohl durchaus zulässige Aussage, wenn man

350

konstatiert: Mit seinen doppelten Kurswechsel im Sozialwohnungsbau und den dahinter stehenden (Fehl-)Einschätzungen hat der Staat nicht nur die zyklischen Schwankungen im Wohnungsbau verschärft, er hat sie vielmehr entscheidend mit ausgelöst. Mit unterschiedlichen Instrumenten fördert der Staat die Bildung von Wohn eigentum zur Selbstnutzung: Außer über Zuschüsse und Darlehen im Sozialwohnungsbau auch mit Sonderausgabenabzügen im Rahmen der Einkommensteuer (bis 1995) bzw. mit der Wohneigentumszulage (ab 1996) sowie mit dem ab 1996 nochmals erhöhten Baukindergeld. Die verbilligte Bereitstellung von Bauland, aber auch die (noch immer) fortbestehende Begünstigung von Grund- und Immobilienbesitz im Rahmen der Vermögen- und Erbschaftsteuer können ebenfalls hier angeführt werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1995 macht hier allerdings Änderungen notwendig, von denen sich auch Rückwirkungen auf die (relativen) Renditen ergeben könnten. Ob die mit der Neuregelung der Wohneigentumsförderung, speziell mit der Konzentration auf Schwellenhaushalte, angestrebte Effizienzsteigerung überhaupt oder im erwarteten Umfang eintritt, ist noch hochgradig offen, da es hierfür auf die Saldierung der Reaktionen von eher negativ oder gezielt positiv betroffenen potentiellen Bauherren ankommt. Als das treffgenaueste Instrument zur Erreichung von Versorgungszielen kann das Wohngeld bezeichnet werden, für das inzwischen pro Jahr hohe Milliardenbeträge aufgewandt werden. Auch wenn richtig ist (was von manchen Seiten immer wieder hervorgehoben wird), daß mit dem Wohngeld nicht direkt neue Wohnungen gebaut werden, so ist doch darauf zu verweisen, daß die auf den Wohnungssektor gelenkte Zusatznachfrage - möglicherweise zeitversetzt und nicht immer genau zuordenbar - auch Reaktionen auf der Angebotsseite auslöst; es kommt also (als indirekte Wirkung des Wohngeldes) in aller Regel zu einer Ausweitung des Wohnungsbaus und zu einer beschleunigten Vergrößerung des Wohnungsbestandes. Mit diesem knappen Überblick konnte die Vielfalt der Instrumente, die der Staat zur zielorientierten Beeinflussung der Bau- und Immobilienmärkte einsetzt, nur gestreift werden. Für die Trendvorausschätzungen der Bautätigkeit in Westdeutschland wird bezüglich der Staatseingriffe unterstellt,

25 Bauwirtschaft

351

- daß die "leeren Kassen" des Staates tendenziell diimpfend sowohl auf die direkten Etatansätze als auch auf die breite Palette der Fördermaßnahmen und Transferzahlungen wirken werden, - daß aber die Wohnungsversorgung und der (kostengünstigere) Wohnungsbau ihren hohen Rang in der gesellschaftlichen Prioritätenskala behalten werden, die Mittelverwendung allerdings treffgenauer und generell effizienter erfolgt wird; - und daß zur (weiteren) Sicherung der Qualität des "Standortes Deutschland" keine einschneidenden Verschlechterungen, sondern eher oder per Saldo weitere Verbesserungen bei den Abschreibungsmodalitäten oder adäquaten Regelungen vorgenommen und Unternehmenssteuern gesenkt werden.

5.1.2 Perspektiven der westdeutschen Bautltlgkelt nach Sparten Die langfristigen Trendvorausschiitzungen des Bauvolumens und der Fertigstellungen, wie sie in den Teilstudien der "ifo Bauvorausschiitzung" erarbeitet und vorgestellt werden, basieren auf den vorstehend im Überblick und ausschnittweise dargestellten Annahmen. Abweichungen bei diesen Prämissen, bei denen wir uns generell bemüht haben, absehbare bzw. wahrscheinliche oder doch plausible Entwicklungen zu unterstellen, müssen dementsprechend zu mehr oder weniger stark abweichenden Trendverläufen führen. Obwohl die Untergliederung insbesondere bei den Wertgrößen teilweise noch feiner ist, beschränken wir uns in den nachfolgenden Darstellungen stark auf die traditionellen Bausparten, also auf Wohnungsbau, Wirtschaftsbau und öffentlichen Bau, wobei auf zyklische Ausschläge nur am Rande und zur Erläuterung eingegangen wird. Auf die sich aus der Saldierung von eher stimulierenden bzw. stützen oder eher dämpfenden Einflüssen ergebenden Gesamtwirkungen wird jeweils einleitend hingewiesen.

5.1.2.1 Wohnungsbau: Bauvolumen und Fertigstellungen Der durch den nach oben geschnellten, auch längerfristig noch vergleichsweise hoch positiven Außenwanderungssaldo, aber auch durch die "intern verursachte" Zunahme der Privathaushalte enorm hohe Bedarfsdruck auf den westdeutschen Wohnungsmärkten stellt das Hauptstimulanz für den prognostizierten, vergleichsweise steilen Trendanstieg des Wohnungsbauvolumens bis 2005 dar. Demgegenüber ist bei der Kaufkraft allenfalls mit einer für die angestrebte rasche Verkleinerung der Bedarfslücke nur knapp ausreichen352

den Ausweitung zu rechnen. Der Einkommensanstieg wird nämlich ebenso eher den (unter Wohnungsversorgungsaspekten) "falschen" Bevölkerungsgruppen zugute kommen wie die Übertragung von Vermögen durch Erbschaften oder Schenkungen. Vor allem in den Brennpunkten der Wohnungsengpässe, also in den attraktiven Ballungsgebieten, werden die Bodenpreise sowie die Kosten bei Neubau oder Bestandserwerb von Wohngebäuden - sei es zur Selbstnutzung oder zur Vermietung - ebenfalls tendenziell dämpfend wirken. Innerhalb dieser Variablengruppe können aber einerseits die Verschiebung der Belastungsrelation zuungunsten der Mietwohnungen und zugunsten selbstgenutzten Wohneigentums, andererseits die renditesteigernd rascheren Mietanhebungen und die (antizipierten) hohen Wertsteigerungserwartungen als partiell stimulierende Faktoren angesehen werden. Von den vielfältigen Eingriffen des Staates werden nicht (so sehr) durch generelle Niveauanhebungen als vielmehr von effizienzsteigernden Umstrukturierungen zumindest schwache Impulse erwartet. Speziell die neu strukturierte Wohneigentumsf6rderung dürfte zusammen genommen (also Fördergrundbetrag plus erhöhtes Baukindergeld plus verbesserte Bausparförderung plus Öko-Zulage) mittel- bis längerfristig expansiv wirken. Beim "Blick zurück" erkennt man: Der Trend im Wohnungsbau war in Westdeutsch land über eine Dekade lang leicht nach unten gerichtet (vgl. Abb. 5.9). Ursächlich hierfür war allein die Entwicklung beim Neubau, der selbst in der die Extremwerte wegglättenden Durchschnittsbetrachtung zwischen 1974 und 1987 real um weit über 35 Mrd. DM oder rund 30 % zurückgegangen war. Demgegenüber wirkte die Altbauerneuerung, zu der im DIW-Bauvolumen alle Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen von gewerblichen Unternehmen sowie die Leistungen beim Um-, An- und Ausbau von bestehenden Wohngebäuden zusammengefaßt werden, im Trendverlauf bis zuletzt stark expansiv. Bei der Altbauerneuerung wird für den Prognosezeitraum bis 2005 von einem anhaltenden, sich aber doch deutlich abflachenden Trendanstieg ausgegangen Gahresdurchschnittliche Wachstumsrate: von 2 % auf 1 % fallend). Demgegenüber wird für das Neubauvolumen in dieser Sparte nach dem tür 1987/88 errechneten Richtungswechsel zunächst mit einem deutlich beschleunigten Wachstum (auf eine Jahres rate von über 3 % ansteigend) und erst ab etwa Ende dieser Dekade wieder mit einer spürbaren Verlangsamung gerechnet. 25'

353

Abb.5.9

Westdeutsches Wohnungsbauvolumen: Konjunktur und Trend bei Neubau und Altbauerneuerung 1975 bis 2005 - Absolutwerte (in Mrd. DM. in Preisen von 1994) -

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Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)j Berechnungen und Vorausschätzungen des ifo Instituts (OOifo Bauvorausschätzung OO ).

Das gesamte Wohnungsbauvolumen nimmt nach diesen Berechnungen und Trendvorausschätzungen mit einer zunächst auf über 3 % steigenden, dann aber wieder auf etwa 1 % am Ende des Prognosezeitraumes fallenden Jahresrate zu. Im Zieljahr dieser Langfristprognose (2005) liegt das Trendniveau demnach um fast 22 % höher als 1994 (dem letzten Jahr, für das Istwerte vorlagen). Auch bei den Wohnungsfertigstellungen wird im Vorausschätzungszeitraum die Tendenzwende nach oben vollzogen. Während jedoch im Eigenheimbau (Wohnungen in neu errichteten Ein- und Zweifamiliengebäuden) die fallende Tendenz trotz konjunkturell wieder steigenden Werten mit abnehmenden Raten noch bis 1996 anhält, dürfte der tiefste Punkt der Trendkurve im Geschoßwohnungsbau bereits Ende der achtziger Jahre erreicht worden sein. Der anschließende Trendanstieg erreicht in der zuletzt genannten Gebäudekategorie - hochgradig atypisch - zeitweilig zweistellige Zuwachsraten, die allerdings bis zum Ende des Prognosezeitraumes auf nur noch wenig über 1 % Jahreswachstumsrate zurückgehen. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen im Eigenheimsektor wird allerdings selbst in der "Spitze" nur Jahreszuwachsraten von rund 1 % erreichen; hier ist also eher mit Stagnation auf dem derzeitigen Trend- (und gleichzeitig Konjunktur-)Niveau zu erwarten. Dieses langfristige Trend- oder Durchschnittsniveau, das die "nachhaltig" zu erwartenden, von konjunkturellen Übertreibungen nach oben wie nach unten bereinigten Fertigstellungszahlen angibt, - liegt im Eigenheimbau derzeit noch etwas unter 150 000 Wohneinheiten (= WE) und steigt nur ganz langsam auf fast 160 000 WE (2005); - bleibt im Geschoßwohnungsbau am aktuellen Rand mit rund 175 000 WE ganz klar hinter dem konjunkturell "explodierten" Wert (1994: über 255 000 WE) zurück, steigt aber im Trendverlauf bis 2005 auf fast 260 000 WE an. Zusammen mit den sowohl konjunkturell als auch in der langjährigen Tendenz kräftig gestiegenen "sonstigen" Fertigstellungen (Wohnungen durch Um-, An- und Ausbau sowie in neuen Nichtwohngebäuden) ergibt sich die Gesamtzahl der pro Jahr brutto fertiggestellten Wohnungen. Die für die unterschiedlichen Gebäudekategorien aus den Vergangenheitswerten und den Vorausschätzungen jeweils für die Trendwerte ermittelten Strukturanteile zeigen bemerkenswert kräftige Verschiebungen (vgl. Tab. 5.4): Der Anteil der Wohnungen im 355

Eigenheimbau geht ziemlich kontinuierlich von über 54 % (1985) über knapp 53 % (1990) und knapp 36 % (2000) bis auf nur noch unter 35 % (2005) zurück; spiegelbildlich dazu gewinnt der Anteil des Geschoßwohnungsbaus fast 20 Prozentpunkte hinzu (56 % im Jahre 2005); während der Anteil der Wohnungen in Nichtwohngebäuden im steigenden Gesamttrend leicht zurückfällt (von 3,5 % auf 3 %), können die durch Bestandsmaßnahmen (wohlgemerkt: per Saldo) hinzukommenden Wohnungen zwischenzeitlich sogar leichte Anteilsgewinne verbuchen, aber nicht ganz halten. Tab. 5.4

Struktur der Wohnungsfertigstellungen In Westdeutschland 1 ) - Trendantenswerte (In %, gerundet) der Gebäudekategorien an allen Fertigstellungen für ausgewählte Jahre 1985 bis 2005 -

Gebäudeart2 )

1985

1990

1995

2000

2005

Ein- und Zweifamiliengebäude

54,1

52,7

41,3

35,8

34,8

Mehrfamiliengebäude

36,4

36,9

48,7

54,8

56,0

Nichtwohngebäude

3,5

4,1

3,5

3,1

3,0

Um-, An- und Ausbaumaßnahmen

6,0

6,4

6,5

6,3

6,2

1) Alte Bundesländer einschließlich West-Berlin. 2) Ausgangswerte: Jeweils Anzahl der Wohnungen (Trendwerte) in diesen Gebäuden bzw. (saldiert) durch derartige Baurnaßnahmen. Quelle: Statistisches Bundesamt (Bautätigkeitsstatistik); Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschätzung").

Kehrt man bei den Wohnungsfertigstellungen von den Strukturanteilen zu den Absolutwerten der Trendprognosen zurück, so ist nach der Aggregation der Einzelschätzungen aus dem Verlauf für alle Wohnungskategorien (vgl. Abb. 5.10) - der Tiefpunkt im Jahre 1989 festzumachen (also um ein Jahr zeitversetzt gegenüber dem tatsächlich realisierten Minimum), - mit einem zunächst beschleunigten (maximale Jahresrate: rund 4,5 % für 1994), dann aber abflachenden Anstieg zu rechnen (Jahresrate am Ende des Prognosezeitraumes: etwas über 1 %). Wie schon bei der Darstellung der Wertgrößen (vgl. oben Abb. 5.9), so wird auch hier - trotz beschränktem Zeitausschnitt (1980 bis 2005) - durch die Aufnahme sowohl der realisierten bzw. prognostizierten Konjunkturwerte als auch der berechneten und bis 2005 verlängerten Trendschiitzungen der Zusammenhang zwischen diesen 356

Größen deutlich: Die "glatten" Durchschnittskurven blenden die Extremwerte der konjunkturellen Entwicklung aus und ermöglichen so den Blick auf die "nachhaltig" zu erwartenden Fertigstellungszahlen. Abb.5.10

Fertiggestellte Wohnungen In Wohn- und NIchtwohnbauten in den alten Bundesländern mit West-Berlin 1980 bis 2005 - Anzahl der Wohneinheiten (in 1 000); Konjunktur- und Trendwerte -

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Statistisches Bundesamt (Bautitlgkeltsstatlstlk); Berechnungen und Schitzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschitzung").

Mit dem "phönixgleichen" Wiederanstieg des Wohnungsbaus vom Tiefpunkt 1988 hat Westdeutschland im internationalen Vergleich wieder Anschluß an die mit der Einwohnerzahl normierten Fertigstellungsniveaus anderer europäischer Länder gefunden (vgl. Abb. 5.11). Bemerkenswert bleibt, daß Schweden Ende der achtziger Jahre noch höhere Werte zu verzeichnen hatte und daß außer im (damaligen) Bundesgebiet Anfang der siebziger Jahre auch in Frankreich Spitzenwerte von mehr als 1.0 Wohnungen pro 1 000 Einwohner erreicht worden sind. Bemerkenswert scheint außerdem die Beobachtung (die nicht nur für die in die Abbildung aufgenommenen Länder gilt), daß der Wohnungsneubau in Europa seinen Höhepunkt wohl überschritten hat. Dies hängt mit den mittlerweile erreichten Versorgungsniveaus und den stagnierenden oder nur noch verlangsamt wachsenden Einwohnerzahlen zusammen; aus der Tendenzumkehr bei der zuletzt ge357

nannten Größe resultiert im wesentlichen die abweichende Entwicklung in (West-) Deutschland auch im Prognosezeitraum. Abb.5.11

Wohnungsfertigstellungen im internationalen Vergleich - Anzahl der fertiggestellten Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden je 1 000 Einwohner in ausgewählten Ländern 1965 bis 1994 Wohnungen

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Statistisches Bundesamt (Bautätigkeitsstatistik und Statistisches Jahrbuch); EUROCONSTRUCT; Berechnungen des Ifo Instituts ("ifo Bauvorausschätzung").

5.1.2.2 Wirtschaftsbau (Hoch- und Tiefbau)

Zentrale Bestimmungsgrößen für die inländische Bautätigkeit der Unternehmen sind die Umsatzentwicklung und die Absatzerwartungen (vgl. Rußig/Söffner/ Stock 1993). Obwohl es für verschiedene Dienstleistungszweige (z.B. Banken, Versicherungen) nicht so einfach möglich ist, relevante Teile ihrer Wertschöpfung ins Ausland zu verlagern, rückt damit der ·Standort Deutschland" für Produktion und Absatz in den Mittelpunkt des Interesses. Die Umwälzungen der letzten Dekade haben zwar vielfach völlig neue Wettbewerbsbedingungen geschaffen, aber bislang hat sich die westdeutsche Wirtschaft doch als so flexibel erwiesen, daß sie mit vielen der im Inland produzierten Waren international konkurrenzfähig geblieben ist. In steigendem Maße wurden aber auch Produktionen ins Ausland verlagert oder die Fertigungstiefe dadurch reduziert, daß der Anteil 358

importierter Teile erhöht wurde. Dieser Prozeß wird einerseits weitergehen, ohne daß jeweils ein Ausgleich durch Produktionserweiterungen an anderen Stellen - sei es durch inländische Unternehmen, sei es durch Produktionsaufnahmen oder -erweiterungen ausländischer Anbieter - unmittelbar oder nur leicht zeitverzögert als Kompensation zu erwarten ist. Da auch in vielen Zweigen des tertiären Sektors eher eine Konsolidierungsphase ansteht, bleiben nur relativ wenige Bereiche übrig, die einen Beschäftigungsaufbau bewirken und hierzu in vermehrten Umfang Bauleistungen nachfragen könnten. Andererseits sind die vielfach aufgezählten und hochgelobten Standortvoneile (z.B. leistungsfähige Infrastruktur, gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte, geringe soziale Spannungen sowie mannigfache "weiche" Faktoren) nicht von heute auf morgen verschwunden. Die im Inland produzierenden Unternehmen werden auch darauf achten, daß das hier in Fabriken, Verkaufsräumen, Bürogebäuden usw. gebundene Kapital nicht entwertet wird, was bereits dann (über die "Normalabschreibungen" hinaus) der Fall sein kann, wenn substanzerhaltende oder -sichernde Bestandsmaßnahmen zeitweilig nicht im notwendigen Umfang durchgeführt werden. Es bleibt aber festzuhalten, daß sich die Standonkonkurrenz allein schon innerhalb Deutschlands, dann innerhalb der erweiterten Europäischen Union, darüber hinaus gegenüber den Transformationsländern Ostmittel- und Osteuropas sowie für viele Unternehmen sogar im Weitmaßstab verschlirft hat. "Automatisch" oder ohne besonderes Zutun und weitsichtige Entscheidungen werden sich Investitionen oder Modernisierungsmaßnahmen in Westdeutsch land im Vergleich mit den attraktiven Alternativen nicht als vorteilhaft erweisen. Für die langfristigen Trendvorausschlitzungen des Bauvolumens der Unternehmen (hier noch ohne Bahn und Post, aber mit den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck) wurde davon ausgegangen, daß die Anpassungsfähigkeit der im westlichen Bundesgebiet produzierenden Unternehmen und die Flexibilität der Beschäftigten wie der staatlichen Institutionen ausreichend groß sein werden, um den Standon Westdeutschland im "Konzert" die konkurrierenden Standorte bestehen zu lassen; die dämpfenden Effekte (auch aus relativ hohen Realzinsen und Steuerbelastungen sowie durch Umweltschutzauflagen) können aber nicht vollständig kompensiert werden. Trotzdem ergeben unsere Trendprognosen des Winschaftsbaus (in der DIW-Abgrenzung, "theoretisch" also inklusive der von gewerblichen Unternehmen ausgeführten nicht werterhöhenden Bestands-

359

maßnahmen) bis 2005 einen beachtlichen Anstieg mit Jahreswachstumsraten, die von rund 2,0 % am Anfang des Prognosezeitraumes auf knapp 1,0 % (2005) zurückgehen. Am Ende des Prognoseastes liegt das Trendniveau um rund 17 % über dem Trendwert von 1994. Der Wirtschaftsbau expandiert also im gesamten Zeitraum (nicht unbedingt in jeder Phase) deutlich langsamer als der Wohnungsbau (vgl. Abschnitt 5.1.2.1). Im langfristigen Vergleich mit dem Bruttosozialprodukt ergibt sich auf der Basis 1985 = 100 (vgl. Abb. 5.12) ein klar unterdurchschnittlicher Anstieg des Wirtschaftsbaus (hier aus Konsistenzgründen dargestellt nach Übertragung der Trendwachstumsraten auf die Bauinvestitionen des Unternehmenssektors). Vom stark reduzierten Niveau aus deutlich stärker ausgeweitet werden die Ausrüstungsinvestitionen, die allerdings auch in Zukunft zu eher noch kräftigeren zyklischen Ausschlägen neigen könnten als der - alles in allem - doch recht moderat expandierende Wirtschaftsbau. Abb.5.12

Trendentwicklung des westdeutschen WIrtschaftsbaus1) Im Vergleich mit Bruttosozialprodukt und AusrQstungslnvestltlonen 2) - 1980 bis 20053 ); Index 1985 = 100; Ausgangswene In Preisen von 1991 -

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1) Bauinvestitionen des Unternehmenssektors. 2) Mit gleicher sektoraler Abgrenzung. 3) 1995/96 geschätzt; 1997 bis 2005 Trendvorausschätzung.

Quelle:

360

Statistisches Bundesamt (Volkswlnschaftllche Gesamtrechnungen); Deutsches Institut für Wlnschaftsforschung (Bauvolumensrechnung); Berechnungen und Vorausschätzungen deslfo Instituts ("ifo Bauvorausschätzung").

Die für die Trendprognosen verwendeten Angaben zum DIW-Wirtschaftsbauvolumen ermöglichen die Differenzierung nach Hoch- und Tiefbau: Während der Wirtschaftshochbau bis zum Ende des Prognosezeitraumes mit von 2,0 % auf 0,9 % fallenden Jahresraten expandiert, erreicht der Wirtschaftstiefbau marginal niedrigere Wachstumsraten. Diese geringen Entwicklungsunterschiede, die in der Vergangenheit viel ausgeprägter waren, führen dazu, daß der Wirtschaftshochbau im Prognoseendjahr 2005 fast genauso schnell expandiert wie der Wirtschaftstiefbau (bei den Trendwerten 2005 gegenüber 1994: knapp über bzw. etwas unter + 17 %). Sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau des Unternehmenssektors werden hochgradig unterschiedliche Bauwerkstypen errichtet sowie modernisiert und erhalten. Zwar konnten für ausgewählte Gebiiudearten Auswertungen der Bautiitigkeitsstatistik in die Analysen der Vergangenheitsentwicklung aufgenommen werden (vgl. Abschnitt 3.2.3), Vorausschätzungen mit derartigen Differenzierungen erscheinen jedoch nicht als sinnvoll, weil es an konsistenten Basisdaten in langen Reihen fehlt. Immerhin gibt es Hinweise darauf, daß die Büro- und Verwaltungsgebäude stärkere konjunkturelle Schwankungen aufzuweisen haben als z.B. die Fabrik- und Werkstattgebäude und daß dies (auch im internationalen Vergleich; vgl. Gluch 1996) mit dem Grad der Selbstnutzung bzw. mit dem Anteil der Kapitalanleger oder der für Drittnutzung bauenden Developern zusammenhängt. 5.1.2.3 Öffentlicher und Verkehrsbau

Die Spartenbezeichnung bedarf hier zunächst einmal einer Erläuterung: In der DIW-Bauvolumensrechnung werden zu diesem Baubereich außer den Bauausgaben für Neubauten und Bestandsmaßnahmen des Staates (= Gebietskörperschaften und Sozialversicherung) auch die Bauausgaben von Bahn und Post einbezogen (was nach der Privatisierung dieser Unternehmen sicherlich überprüft werden muß, im Falle von Änderungen aber nicht zu Inkonsistenzen führen darf); im Unterschied zu den VGR-Bauinvestitionen enthält das Bauvolumen auch Militärbauten. Die langfristige Trendentwicklung des öffentlichen Baus wird bestimmt durch das Spannungsverhältnis zwischen den prinzipiell (und häufig auch in der Praxis) schier unbegrenzten Bedarfsanmeldungen der verschiedenen Aufgabenbereiche einerseits, den Finanzierungsmöglichkeiten andererseits (wobei für Bahn und Post schon jetzt andere Entscheidungsgründe und -ketten bestimmend sind).

361

Der Bedarf an Baumaßnahmen zur Erweiterung sowie zur Erhaltung und Modernisierung der Infrastruktur (die hier mit der Abgrenzung des öffentlichen und Verkehrsbaus gleichgesetzt werden soll) bleibt auch in Westdeutschland hoch. Allenfalls in kleinen Teilsegmenten und in engen regionalen Versorgungsgebieten (z.B. Hallenbäder in "reichen" Gemeinden) kann von partiellen Sätfigungserscheinungen ausgegangen werden. Generell wirkt der hohe unbefriedigte Baubedarf als nachhaltige Stimulanz für diese Bausparte. Dessen angemessen schnelle Befriedigung (auch hier wird keiner erwarten können, daß "alles sofort" gebaut oder gemacht wird) scheint mit der jetzt für die alten Länder absehbaren Bereitstellung von Finanzmitteln nicht gewährleistet. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Geld - zumal von den Kommunen - allenfalls in dem Maße bereitgestellt werden kann, wie es zur Aufrechterhaltung der jetzigen Niveaus der staatlichen Bautätigkeit erforderlich ist. Damit scheint ein auch nur annähernd bedarfsgerechter Ausbau der Infrastruktur in Westdeutsch land nicht mehr möglich; er wird wohl gar nicht mehr ernsthaft angestrebt. Die für die Qualität des Standortes Deutschland eminent wichtige Komplementarität zwischen Niveau und Entwicklung der privatwirtschaftlichen Produktionseinrichtungen und der vom Staat oder in dessen Auftrag bereitzustellenden Infrastruktureinrichtungen droht damit verloren zu gehen (vgl. Rußig 1995). Entsprechend diesen Annahmen und Zusammenhängen ergibt sich als Trendprognose des Bauvolumens im öffentlichen und Verkehrsbau nicht einmal ganz Stagnation auf dem zuletzt erreichten Niveau. Bei Trendwachstumsraten von - 0,4 bis 0,0 % liegt der Trendwert 2005 um mehr als 2 % niedriger als 1994 (vgl. Abb. 5.13). Selbst dieser nur leichte reale Rückgang wird von vielen schon als optimistische Übertreibung angesehen. Es sollte jedoch auf längere Sicht nicht so einfach davon ausgegangen werden, daß die Extremsituation der letzten Jahre unverändert in die Zukunft fortzuschreiben ist; vielmehr kann erfahrungsgemäß von gewissen Erfolgen der Konsolidierungsbemühungen der verschiedenen staatlichen Ebenen und demzufolge von sich wieder erweiternden Spielräumen für Baumaßnahmen ausgegangen werden. Eine beträchtliche "Durststrecke" dürfte dazu allerdings noch zu überwinden sein. Auch beim öffentlichen und Verkehrsbau wird aus der graphischen Darstellung deutlich, daß die Konjunkturwerte am aktuellen Rand und dann noch weiter unter die Trendfunktion fallen werden. Die anschlie362

ßend unterstellte zyklische Erholung ist Voraussetzung dafür, daß die "glatte" Komponente bzw. die projizierte Durchschnittsentwicklung das eingezeichnete Niveau wenigstens knapp halten und auf ganz lange Sicht wieder ein wenig aufstocken kann. Abb.5.13

Konjunktur- und Trendentwicklung des Bauvolumens Im öffentlichen und Verkehrsbau Westdeutschlands - Absolutwerte 1980 bis 2005 In Mrd. DM, In Preisen von 1994 -

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Die Entwicklung der drei Teilsparten des öffentlichen und Verkehrsbaus wird auch in Zukunft recht unterschiedlich verlaufen, was hier an den Anteilswerten aufgezeigt werden soll (vgl. Tab. 5.5): Bei deutlich rückläufigem Anteil des gesamten öffentlichen und Verkehrsbaus am Bauvolumen verliert bis 2005 insbesondere der öffentliche Hochbau an Bedeutung; während der Straßenbau seinen deutlichsten Anteilsverlust schon in den siebziger bis neunziger Jahren hinnehmen mußte und deshalb bis 2005 nur noch unterdurchschnittlich schrumpft, konnte der sonstige Tiefbau bis Mitte der achtziger Jahre sogar mit der Gesamtentwicklung des Bauvolumens voll mithalten, er

363

verliert aber im Prognosezeitraum doch deutlich (wenngleich etwas weniger als die gesamte Bausparte) den Anschluß. Tab. 5.5

Öffentlicher und Verkehrsbau: Anteile (In %) der Tellsparten am Bauvolumen1) 1976 bis 2005 1975

1985

1995

2005

10,2

9,3

7,2

6,1

Straßenbau

6,4

5,6

4,6

4,1

Sonstiger Tiefbau

7,7

8,4

7,2

6,2

24,3

23,3

19,0

16,4

Öffentlicher Hochbau

Öffentlicher Bau insgesamt

1) Anteilswerte aus den 'glatten' Durchschnitts- oder Trendfunktionen; Abweichungen durch Rundung der Werte.

QueUe: DIW-Bauvolumensrechnung; BerechnungenundVorausschitzungendes 110 Instituts ("110 Bauvorau.schitzung").

5.1.3 Aggregation und räumliche Differenzierung der Trendvorausschätzungen des Bauvolumens Die BautlJ.tigkeit entwickelte sich in Westdeutsch/and im Zeitablauf und in den zunächst unterschiedenen drei "klassischen" Bausparten stark unterschiedlich (vgl. Abb. 5.14). Daher schien es notwendig, für die Vorausschätzungen ebenfalls zumindest nach diesen drei Teilbereichen zu untergliedern, in der Erwartung, dadurch die Anpassungsqualität der Trendfunktionen verbessern zu können. Während man nämlich beim Wohnungsbau im Anschluß an den steilen Anstieg bis zum frühen Gipfel (1973) eine Phase mit deutlich fallendem Bauvolumen zu konstatieren hatte, die dann allerdings von einem rasanten, ungewöhnlich langen Aufschwung abgelöst wurde, "paßt" auf den Wirtschaftsbau als langjähriges Verlaufsmuster zwar ebenfalls eine flach geschwungene "S-Kurve" am besten, aber weder waren die Anstiege - absolut genommen - vergleichbar steil, noch gab es von Mitte der siebziger bis zur Mitte der achtziger Jahre einen tendenziellen Rückgang, vielmehr lediglich eine Wachstumsschwäche mit stagnierendem Bauvolumen. Der 6ffentliche und Verkehrsbau war in den sechziger Jahren recht kräftig ausgeweitet worden; seitdem dominiert ein tendenzieller Rückgang. 364

Die Entwicklung des gesamten Bauvolumens verdeckt in der Vergangenheit wie für die Zukunft diese Unterschiede (die sogar eine noch stärkere Untergliederung angezeigt erscheinen lassen könnten); gleichwohl ergibt sie wichtige Informationen. Dies gilt auch bezüglich der regionalen Differenzierung, die natürlich für alle (Teil-)Sparten erfolgen müßte (was hier nicht nur aus Platzgründen, sondern auch wegen fehlender Basisprognosen unterbleiben muß; vgl. unten). Abb.5.14

Vergangenheitsentwicklung des Bauvolumens 1960 bis 1996 In den Sparten Wohnungs-, Wirtschafts- und öffentlicher Bau 1 ) - Absolutwerte In Mrd. DM In Preisen von 1991; halblogarithmischer Maßstab _

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1) Genaue Bezeichnung: Öffentlicher und Verkehrsbau.

Quelle:

DIW-Bauvolumensrechnung; Berechnungen und Schätzungen des 110 Instituts ("110 Bauvorausschitzung").

5.1.3.1 Vergleich der Bausparten und zusammengefaßte Trendprognosen des Bauvolumens Stellt man zunächst die Trendentwicklungen der drei Bausparten in einer indizierten Darstellung zusammen (1994 = 100; vgl. Abb. 5.15), so werden die bereits getroffenen Aussagen bestätigt: Wohnungsbau

365

und Wirtschaftsbau expandieren bis 2005 zwar unterschiedlich stark, aber der öffentliche und Verkehrsbau bleibt doch klar zurück. Abb.5.15

Trendentwicklung der westdeutschen

Baus~arten

im Vergleich

- 1985 bis 2005; Index 1994 = 100; Ausgangswerte 1 in Preisen von 1994 _

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1) 1995 bis 2005 geschätzt.

Quelle:

DIW-Bauvolumensrechnung; Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschätzung").

Entsprechend dem unterschiedlichen Verlauf der Trend- oder Durchschnittskurven für die drei Bausparten (und für weitere Unterbereiche) ergeben sich für die Struktur des Bauvolumens starke Anteilsverschiebungen (vgl. Tab. 5.6): Der Wohnungsbau (mit Abstand die größte Bausparte), der zwischenzeitlich zwar Trendanteile verloren hatte, aber stets über 50 % geblieben war, gewinnt bis 2005 noch einmal über 2 Prozentpunkte hinzu; auch der Wirtschaftsbau profitiert vom Zurückbleiben des öffentlichen und Verkehrsbaus sowie von seiner stetigen Dynamik (Anteilsgewinn bis 2005: knapp % Prozentpunkt). Der gesamte private Bau vereinigt im Prognoseendjahr demnach fast 84 % des Bauvolumens auf sich; nur noch wenig über 16 % entfallen auf den öffentlichen und Verkehrsbau, dessen Trendanteil noch 1975 bei fast einem Viertel und selbst 1985 erst wenig darunter gelegen hatte. 366

Tab. 5.6

Trendantelle 1) der Baubereiche und -sparten am westdeutschen Bauvolumen 1975 bis 2005 1975

1985

1995

2005

75,7

76,7

81,0

83,6

Wohnungsbau

(52,0)

(50,1)

(53,1)

(55,4)

Wirtschaftsbau

(23,8)

(26,6)

(27,9)

(28,2)

24,3

23,3

19,0

16,4

Privater Bau darunter

-

Öffentlicher und Verkehrsbau

1) Anteilswerte (in %), ermittelt aus den Trendfunktionen.

Quelle: DIW-Bauvolumensrechnung; Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschitzung").

Das aus den drei Einzelsparten bzw. den Untersparten aggregierte Bauvolumen wächst im Trendverlauf bis 2005 mit Jahresraten, die von etwas über 2 % auf knapp unter 1 % zurückgehen (vgl. Abb. 5.16). Im Endjahr der Langfristprojektion liegt das reale Bauvolumen (in Preisen von 1994) um fast 16 % über dem Trendwert des Jahres 1994. Wie die graphische Darstellung verdeutlicht, vollzieht die Trend- oder Durchschnittskurve den rasanten Konjunkturaufschwung nur verzögert nach; die vor allem vom Wohnungsbau verursachte Zwischenabschwächung 1996/97 "stört" die Langfristprognose umgekehrt aber auch nicht in ihrer glatten Aufwärtsbewegung. Insgesamt ergeben die (vom ifo Institut unter bestimmten Prämissen jährlich aktualisierten und fortgeschriebenen) Trendvorausschätzungen also ein beachtliches Wachstum des westdeutschen Bauvolumens. Auch wenn insbesondere durch den stark dämpfenden Einfluß des öffentlichen und Verkehrsbaus die Wachstumsdynamik des Bruttoinlandsproduktes auf lange Sicht nicht erreicht werden dürfte, so kann doch mit Blick auf die nächste Dekade nicht mehr (wie noch bis zum Beginn der achtziger Jahre) von einem "tendenziell schrumpfenden Sektor" gesprochen werden. Mit einer absoluten Trendzunahme des Bauvolumens um etwa 63 Mrd. DM (2005 gegenüber 1994) erhält das Inlandswachstum eine nicht zu vernachlässigende Stützung.

26 Sauwirtschaft

367

Abb.5.16

Konjunktur- und Trendentwicklung des aggreglerten westdeutschen Bauvolumens 1980 bis 2005 - Absolutwerte In Mrd. DM, In Preisen von 1994 -

IN PREISEN VON laa4. IN HRD. DH

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DIW-Bauvolumensrechnungj Berechnungen und Schltzungen des 110 Instituts ("110 Bauvorausschltzung").

5.1.3.2 Räumliche Differenzierung der Trendentwicklungen

Bau- und Immobilienmärkte sind aus einer ganzen Reihe von Gründen und sowohl für sich genommen als auch im sektoralen Quervergleich mit anderen Branchen stark ausgeprägt regionale Märkte (vgl. Kapitel 1; vgl. z.B. Rußig/Menkhoff/Dullinger/Russ 1994): - Die traditionell kleinbetrieblich organisierten Anbieter von Bauleistungen haben deshalb und wegen der hohen Transportkostenempfindlichkeit einen räumlich eng begrenzten Absatzradius, dafür aber (bislang) auch kaum Importkonkurrenz zu fürchten. - Die Nachfrager nach Bauleistungen müssen oder wollen hierauf in vielen Fällen Rücksicht nehmen, und sie wissen die ("saldierten") Vorteile der Ortskenntnisse zu schätzen.

368

- Durch die Standortgebundenheit der periodisch Leistungen abgebenden Bauwerke sind die Anbieter von Bauwerksnutzungen in ihren Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. - Aber auch die Nachfrager nach Bauwerksnutzungen (also Mieter oder Pächter, jedoch ebenso alle Selbstnutzer) haben eine hohe "Standort-Affinität", wollen oder können also ihren Wohn-, Amtsoder Geschäftssitz oder ihren regionalen und lokalen Bezugspunkt nicht so ohne weiteres ändern. Trotz dieser "starken Argumente" bleiben in der vorliegenden Studie vereinbarungsgemäß und aus Platzgründen rliumliche Differenzierungen bis auf die West-Ost-Untergliederung und ganz selektive Hinweise völlig ausgespart (vgl. Kapitel 1). Dieses doch sehr gravierende Defizit soll hier wenigstens mit wenigen exemplarischen Angaben etwas aufgefüllt werden. Hierzu kann auf die zweistufige räumliche Untergliederung Westdeutschlands in - 5 Großregionen (= Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sowie die Zusammenfassungen zu den Großregionen "Nord" und "Mitte") - 75 Raumordnungsregionen (= auf der Basis von Stadt- und Landkreisen gebildete, den Planungsregionen oder Oberbereichen der Bundesländer angepaßte Gebiete) in der Studie "ifo BauvorausschlitzunglRegionen in Westdeutsch/and" zurückgegriffen werden (vgl. Rußig/Görhely/Dullinger u.a. 1995). Entsprechend der Verfügbarkeit von ex post-Daten, dem Kenntnisstand über die Einflußfaktoren, der Stabilität der Zusammenhänge und dem verfügbaren Zeitbudget werden darin Trendvorausschlitzungen oder Tendenzschätzungen für unterschiedliche Zie/variab/e erstellt: Bei den Großregionen für die Wertgrößen Wohnungs- und Nichtwohnbauleistung sowie für verschiedene Mengenvariablen der "Fertigstellungen"; bei den Raumordnungsregionen bislang lediglich für die Durchschnittsentwicklung der Fertigstellungen (Anzahl Wohneinheiten nach Gebäudearten; Nutzfläche in Nichtwohngebäuden). Greift man für die fünf Großregionen die aggregierte Bau/eistung (sie entspricht in der Summe bei den ex post-Ursprungswerten dem DIWBauvolumen) heraus und konzentriert man sich in der Darstellung wiederum auf die langfristigen Durchschnittskurven, so zeigt sich in der /ndexberechnung (vgl. Abb. 5.17), daß die Trendkurven schon in der Vergangenheit und anhaltend im Prognoseast stark auseinander26"

369

laufen; die 'Schere' öffnet sich zwischen den Großregionen bis 1998 auf weit über 50 Indexpunkte. Während in dieser Indexdarstellung der Durchschnittskurven (aber auch bei den konjunkturellen Werten) GR 5: Bayern klar an der Spitze liegt und auch noch GR 3: Mitte und GR 4: Baden-Württemberg den Bundesdurchschnitt nach oben ziehen, bleiben die beiden anderen Großregionen, speziell aber GR 2: Nordrhein-Westfalen, doch deutlich zurück. Abb.5.17

Trendentwicklung der aggreglerten Bauleistung In den fünf westdeutschen Großreglonen1) 1979 bis 1998 - Index 1979 = 100; Ausgangswerte in Preisen von 1993 -

al

15.

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101

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141

13.

I GA 1: NORD

GR 2: NORDRHEIN·WESTF. GR3: MinE

GR"': BAOEN.WÜRTT,

131

12. 121

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1) Großregion 'Nord'

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Quelle:

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Schieswig-Hoistein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und West-Berlin. Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland.

DlW-Bauvolumensrechnung; Sozialproduktsberechnungen der Bundesländer; Berechnungen und Schätzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschätzung/Reglonen").

Die Trendentwicklung weist also für die gesamte Bauleistung (aber bestätigt durch andere Variable und auch bei den konjunkturellen Ausschlägen) auf der Ebene dieser fünf Großregionen ein ausgeprägtes 'Süd-Nord-Gefälle" nach. Ansätze zu einer Umkehrung dieser Auseinanderentwicklung sind nur mit 'Mühe und Wohlwollen" zu er-

370

kennen, allenfalls könnte man davon sprechen, daß sich das Tempo der Auseinanderentwicklung etwas verlangsamen könnte. Die weit feinere Untergliederung des ehemaligen Bundesgebietes nach 75 Raumordnungsregionen bestätigt die Beobachtung, daß die Intensität der Bautätigkeit (gemessen z.B. an den Fertigstellungen pro 1 000 Haushalte oder pro 1 000 Beschäftigte) im Süden systematisch, wenngleich nicht in jeder einzelnen Region, höher war als im Norden. Bei der Wohnungsbauintensität (definiert als insgesamt fertiggestellte Wohnungen pro 1 000 Haushalte) lagen die Indikatorwerte im Zeitraum 1988 bis 1993 in Bayern überwiegend bei 12 bis 20 WE, in Nordrhein-Westfalen dagegen bloß bei 5 bis 12 WE (Bundesdurchschnitt: rund 10,5 WE pro 1 000 Haushalte). Nach den Tendenzvorausschätzungen der Wohnungsfertigstellungen in den 75 Raumordnungsregionen wird sich diese Entwicklung zumindest bei den Ein- und Zweifamiliengebäuden allenfalls noch ganz schwach fortsetzen: Die relativen Veränderungen für den Zeitraum 1993 bis 1998 schwanken hier bei einer Nord-Süd-Betrachtung ziemlich gleichmäßig um den (leicht im Minus liegenden) Bundeswert. Dagegen kann für den Geschoßwohnungsbau erwartet werden, daß mit einem schwachen Übergewicht die südlichen Regionen etwas über dem Bundesdurchschnitt (Zunahme 1998/93 um fast 33 %), die nördlichen Regionen etwas darunter liegen werden. Die scharfen Zacken der Verbindungslinie mit den Werten benachbarter oder nahe beieinander liegender Raumordnungsregionen (vgl. Abb. 5.18) untermauern dabei nur die Aussage, daß Analysen und Prognosen der Bau- und Immobilienmärkte dringend eine "räumliche Dimension" benötigen, weil sonst wichtige Informationen und (planungs-)relevante Erkenntnisse unter der Aggregation "verschüttet" werden. 5.2 Projektion der Bautätigkeit In Ostdeutsch land bis 1999 Auch fünf Jahre der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten war in den neuen Bundesländern (einschließlich Ost-Berlin) vieles noch hochgradig "anders·. Dies gilt nicht nur für die Ausgangslage sowie für die Verfügbarkeit von Daten (speziell in langen Zeitreihen) und für Menge und Qualität der Informationen, sondern auch bezüglich der Einflußfaktoren (Art und Gewichtung; speziell: staatliche Sonderregelungen) und für Art und Stabilität der Verhaltensweisen und Zusammenhänge. Es ist klar, daß sich bei so viel Unterschiedlich-

371

Abb.5.18

Tendenzvorausschitzungen der FertIgstellungen In Mehrfamlllengebiuden In den 75 westdeutschen RaumordnungsregIonen

- Relative Veränderungen (in %) der Trendwertel) 1998 gegenüber 1993 _

o

25

50

75 01 Sc:hleawig 02 Mittalholttein 03 Oithmartchen 04 Ostholflein

05 Hamburg 75 e.rtin

06lunet»urv

07 Brememaven

oe Wilh.lmahaven 01 Ottfrielland 10 OldenburG 11 Em.land 12 o.nabnick 13 Braman

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Z

'4 Hannover

15 Braun.ct.w.ig 16 G6ttingen

17 Münet.,

18 Siele/.,d

,. PMferbom 20 Dortmund-Sauertand 21 Bochum

22E_

34_ 33_. . _· 23 Duiaburg

2. Krof.kI 25 M6nehenQladbach

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27 Dü...klOIf

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• Mittlerer Neck.,

r,52 g:;u-~';:f, Neckar-Alb

53 Schw-.rzw... S ••,.Haub. 54 Südlicher Obetrheln 55 Hochrheln-8odan ... 51 Bod"""'O... ""hw. 57 !!!'.Y...."., Unterm",n

=~ OMmanken-Walt f::r':k!':d Weet..'.Uttalfranken

10'''_.I>00I

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7~:~~~~S

9l8ndshut 70 München 1 Donay-mer (SV)

2 AlIgiu 73 Oberland

4 Sudost-Obarbayer"

o

25

50

75

1) Glatte Durchschnittswerte der Anzahl der fertig gestellten Wohneinheiten.

Quelle:

372

Statlstisc.h es Bundesamt (Bautätigkeitsstatistik) ; "i10 Bauvorausschätzung/Reglonen in Westdeutsch land".

keit auch für die zukünftige Entwicklung in der Gesamtwirtschaft sowie im Bausektor fundamental abweichende Perspektiven ergeben. Für Vorausschiitzungen der ostdeutschen Bautätigkeit muß man folglich völlig andere Methoden anwenden als in den alten Ländern. Alle zukunftsgerichteten Aussagen können gar nicht den Grad an Verläßlichkeit wie etwa für Westdeutschland erreichen, weil ganz einfach die Vorbilder und die Erfahrungen fehlen. Bei der Lektüre dieses Abschnittes sollte man sich also des scharfen Bruches, gerade zum vorigen Abschnitt 5.1, stets bewußt sein.

5.2.1 Baubedarf und weitere EInflußfaktoren der Bautätigkeit Prinzipiell unterliegt der Bausektor in den neuen Bundesländern natürlich den gleichen Einflüssen und Abhängigkeiten wie in Westdeutschland oder in anderen (Industrie-) Ländern. Es liegt daher nahe, die Determinanten der BauUitigkeit auch in diesem Abschnitt nach der bewährten Gliederung und Gruppenzuordnung zu behandeln (vgl. Abschnitt 5.1.1): (1) (2) (3) (4)

Baubedarf und demographische Entwicklungen Kaufkraft und relative Zahlungsbereitschaft Preise für Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen Staatseinflüsse (steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen).

Da einerseits weniger Informationen aus einer notgedrungen kürzeren Zeitperiode zur Verfügung stehen und andererseits Wiederholungen vermieden werden sollen, können die Ausführungen zu den neuen Ländern knapper gehalten werden.

5.2.1.1 Baubedarf und demographische Entwlcklung.tendenzen Bekanntlich konnte die DDR im "Wettlauf der Systeme" vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet mit der Bundesrepublik Deutschland und anderen westlichen Industrienationen nicht mithalten. Der Versuch, durch einen einseitig forcierten Neubau möglichst viele Erfolgsmeldungen zu produzieren (vgl. Abschnitt 3.3), führte zu einem raschen Verfall der Bauwerkssubstanz im Wohnungssektor, aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen. Gegen Ende der DDR-Epoche reichte der Bruttozugang durch Neubauten nicht mehr aus, um den Abgang bzw. die Wertminderung der

373

Bauwerksbestände auch nur zu kompensieren, geschweige denn das Netto-Bauvermögen zu erhöhen (vgl. Abschnitt 3.3).

Die skizzierte Ausgangslage war für die Baubedarfsschätzungen des ifo Instituts (wie anderer Institutionen; vgl. z.B. Dienemann 1990) für die neuen Bundesländer bestimmend. Verwendet wurde dabei prinzipiell der gleiche Berechnungsansatz wie für das ehemalige Bundesgebiet (vgl. Abb. 5.1 in Abschnitt 5.1.1.2) mit der Untergliederung in zehn Teilbereiche, so daß hier gleich die Ergebnisse präsentiert werden können (vgl. Tab. 5.7; vgl. Gluch u.a. 1992). Tab. 5.7

Baubedarf In den neuen Bundesländern 1991 bis 2005

- Absolutwerte (in Mrd. DM In Preisen von 1990) und AnteIlswerte (In %) -

Teilbereich

Erhaltungsbedarf Mrd. DM

Erweiterungsbedarf Mrd. DM

%

gesamter Baubedarf Mrd. DM

%

%

Wohnen

618

43

357

38

975

41

Überregionaler Verkehr

114

8

93

10

207

9

Regionaler Verkehr

134

9

62

7

196

8

56

4

118

12

174

7

267

19

195

20

462

20

Energie

50

4

16

2

66

3

Wasser

13

1

8

1

21

1

Kommunikation

10

1

40

4

50

2

Sozio-kulturelle I nfrastru ktu r

128

9

40

4

168

7

34

2

16

2

50

2

1 424

100

945

100

2369

100

Umweltschutz Wirtschaft

Sonstiges Summe

Quelle: Gluch u.a. 1992 (110 Baubedarfsschitzungen).

Größter Teilbereich des Baubedarfs war also auch in den neuen Bundesländern (wie im ehemaligen Bundesgebiet; vgl. Behring u.a. 1990) das Wohnen mit einem Anteil von über 40 %, und dies bei einem ganz klaren Übergewicht des Erhaltungsbedarfs (fast zwei Drittel). Als zweitwichtigster Bereich folgt mit etwa 20 % der Bereich Wirtschaft, 374

wo ebenfalls, aber weniger deutlich (Anteil unter 60 %), die Erhaltungsmaßnahmen dominieren. Faßt man überregionale und regionale Aspekte zusammen, so folgt mit 17 % der Verkehr, wo der Erweiterungsbedarf immerhin auf fast 38 % kommt. Diese drei großen Bedarfsbereiche vereinen knapp vier Fünftel des seinerzeit mit Blick auf das Jahr 2005 errechneten Baubedarfs. Bemerkenswert scheint hier und vielleicht sogar noch mehr als in Westdeutschland der relativ niedrige Bedarf im Umweltschutz. Hierzu ist anzumerken, daß in den neuen Ländern die effektivsten Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltqualität in der Stillegung älterer Fabriken und Anlagen sowie in der Modernisierung der Heizungsanlagen und in der Erneuerung der Kraftfahrzeugflotte bestanden. In allen diesen Fällen handelt es sich um "inkorporierten" Umweltschutz, der entweder in anderen Teilbereichen (Wirtschaft, Wohnen u. dgl.) oder gar nicht im Baubedarf erfaßt wird. Vom gesamten Baubedart in Höhe von knapp 2,4 Bill. DM (in Preisen von 1990) entfielen 60 % auf den Erhaltungs- und 40 % auf den Erweiterungsbedart. Nur im (wie oben gezeigt: sehr eng abgegrenzten) Bereich Umweltschutz sowie im Sektor Kommunikation, wo kaum weiterverwendbare Netze und Schaltzentren vorgefunden wurden, dominiert der Erweiterungsbedarf (vgl. Abb. 5.19). Besonders im Bereich Wohnen überragten - absolut gesehen - die Maßnahmen zur Substanzsicherung sowie zur Modernisierung und Instandhaltung bzw. zum Ersatz ausscheidender Gebäude die zur Erweiterung des Bestandes dienenden Bauinvestitionen bei weitem. Der kaum vorstellbare hohe Gesamtbetrag des ostdeutschen Baubedarts wird etwas "handlicher", wenn man ihn - methodisch nicht ganz unproblematisch - auf die Zahl der Jahre bis zum Zieljahr 2005, also auf eine Zeitspanne von 15 Jahren, umlegt. Dann ergibt sich ein • durchschnittlicher Baubedart von ca. 158 Mrd. DM pro Jahr; dieser Betrag kann dem tatsächlich • realisierten Bauvolumen 1990 mit ca. 43 Mrd. DM gegenübergestellt werden. Der auf Einzeljahre verteilte Baubedarf ist also fast dreimal so hoch wie die Summe der am Ausgangspunkt der Schätzungen erbrachten Bauleistungen.

375

Abb.5.19

Erhaltungs- und Erweiterungsbaubedarf In den neuen Ländern nach Teilbereichen 1991 bis 2005 - Absolutwerte (in Mrd. DM in Preisen von 1990) Milliarden DM

700,--------------------------------------------, 600 500 400 300 200 100 OUw,~~~~~~~~~~~~~~~~~u~nl_ .~~~~

D

kation

Erhaltung.bedarf (!ll.il Erwelterungabedarf

'n'r • • lr .

Quelle: Gluch u.a. 1992 (110 Baubedarfsschitzungen).

Auf den gesamten Zeitraum von 15 Jahren gerechnet, müßte das reale Bauvolumen mit einer Jahresrate von 15 % wachsen, um den ermittelten Baubedarf voll befriedigen zu können. Auch wenn man berücksichtigt, daß das Ausgangsniveau noch extrem niedrig war, erscheint ein so steiler und so lange anhaltender Aufschwung völlig unrealistisch. Die Zielvorgabe, wonach in den neuen Ländern bis 2005 in etwa die Versorgungsgrade und Ausstattungsniveaus Westdeutschlands erreicht werden sollten, war also offensichtlich zu hoch angesetzt (vgl. Abschnitt 5.2.2). Es bleibt aber die Schlußfolgerung, daß der enorme Baubedarf auf Jahre hinaus (also eher noch über 2005 hinaus) bei partieller Betrachtung als eine ganz starke Stimulanz für die zukünftige Entwicklung der Bautätigkeit in Ostdeutschland anzusehen ist. Auch hinter diesen Bedarfsschätzungen stehen als zentrale Einflußgrößen die verschiedenen Variablen der Bedarfstrligerzahlen, die sich überwiegend direkt oder indirekt aus den demographischen Entwicklungen entnehmen oder ableiten lassen.

376

Die Einwohnerzahl war schon zu DDR-Zeiten ziemlich stark rückläufig (von über 17 Mill. (1970) auf wenig mehr als 16,5 Mill. (1989); vgl. Abb. 5.20). Mit dem Systemzusammenbruch und der Grenzöffnung setzte ein Bevölkerungs-"Exodus" ein, der die Einwohnerzahl binnen kurzer Zeit um über eine Million schwinden ließ. Abb.5.20

Bevölkerungsentwicklung und -prognosen für Ostdeutschland 1970 bis 201 0 Bevölkerung in Mill .

. . . . . - - - - - . - . - . - - - -

17

16,5

16,5

16

16

15,5

15,5

15

15 14,5 1970

Quelle:

17

1980

1990

2000

14,5 2010

Statistisches Amt der DDR; Statistisches Bundesamt; Institut der deutschen Wirtschaft; Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung; Vorausschitzungen des Ifo Instituts.

Bezüglich der zukünftigen Entwicklung gehen die Expertenmeinungen deutlich auseinander: Während überwiegend von einem Anhalten des Schrumpfungsprozesses bis 2010 (und z.T. sogar darüber hinaus) ausgegangen wird, kommt das ifo Institut über seine Annahmen zur regionalen Verteilung der Außenwanderungssalden, zum Anstieg von gesamtwirtschaftlicher Leistung und Produktivität sowie zur Anpassung von durchschnittlicher Jahresarbeitsleistung und Erwerbsquoten (zumal der Frauen) zu dem Ergebnis, daß schon gegen Ende dieser Dekade der Tiefpunkt des Bevölkerungsrückganges erreicht wird (bei

377

rund 15,2 Mill. Einwohnern) und daß es dann schon wieder leicht bergauf geht (auf etwa 15,4 Mill. Einwohner bis 2010). Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß die Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR) in einer unlängst fertiggestellten Bevölkerungsvorausschätzung für Gesamtdeutschland mit regionalen Differenzierungen, darunter auch für die neuen Bundesländer, selbst unter Einbeziehung von West-Berlin weiterhin von einer längerfristig schrumpfenden ostdeutschen Einwohnerzahl ausgeht. Den oben zitierten Baubedarfsschätzungen lagen die Annahmen des ifo Instituts zur Entwicklung der ostdeutschen Bevölkerung zugrunde. Niedrigere Einwohnerzahlen hätten natürlich in den relevanten Bedarfsbereichen zu geringeren Bedarfsansätzen geführt, es ist aber an den Zusammenhang mit der westdeutschen Bevölkerung und an den dann dort u.U. noch stärker steigenden Baubedarf zu erinnern. Auch und gerade in Ostdeutschland wird sich die Altersstruktur der Bevölkerung verschlechtern, weil die Lebenserwartung steigt (sie liegt derzeit noch deutlich unter West-Niveau) und weil die Geburtenrate nach der "DDR-Wende" geradezu eingebrochen ist; ein Ausgleich durch zuwandernde Junge ist auch nicht entfernt zu erwarten. Die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt in den neuen Bundesländern zur Zeit noch bei 2,3 Personen pro Haushalt und damit etwas höher als in Westdeutschland (vgl. Abb. 5.4 in Abschnitt 5.1). Unterstellt man - wofür einiges spricht - eine rasche Angleichung an den weiter fallenden ·Westwert", so ist mit einem rasanten Anstieg der Haushaltszahlen in Ostdeutsch land um fast eine Million bis 2010 (gegenüber 1990) auf dann rund 7 % Millionen Haushalte zu rechnen.

5.2.1.2 Kaufkraft und relative ZahlungsbereItschaft Bei dieser Variablengruppe muß auch für die Bautätigkeit in den neuen Bundesländern nach Investoren bzw. Bauherren unterschieden werden. Jeweils bestehen jedoch enge Zusammenhänge zum Wirtschaftswachstum, das nach weitgehender Übereinstimmung aller Prognostiker zwar längerfristig rasch abflachen wird, das aber auch dann noch weit höhere Jahresraten aufweisen dürfte als dies im Trendverlauf für Westdeutschland erwartet werden kann. Daher werden auch die verfügbaren Einkommen (zumal pro Einwohner und sogar pro Haushalt) wesentlich stärker und in den nächsten 378

Jahren noch mit Raten von rund 5 % steigen. Da die Verteilung der Einkommenszuwächse sehr ungleich ausfallen dürfte, entsteht in den neuen Ländern (mit z.B. noch ganz kleiner Wohneigentumsquote) bei bestimmten Bevölkerungsgruppen ein hohes Potential an kaufkräftiger Baunachfrage. Noch werden die Entscheidungen über die (Bau-)Investitionen der ostdeutschen Wirtschaft mit hohen Anteilen in Westdeutsch land gefällt; dieser Mitteltransfer wird anhalten und erst allmählich von den auf "eigenen" Absatzerwartungen und steigenden Erträgen sowie auf verdiente Abschreibungen gestützten Baurnaßnahmen abgelöst. Ähnlich werden auch die staatlichen Institutionen (zumal nach den für sie vergleichsweise günstigen Regelungen des ab 1995 geltenden Länderfinanzausgleichs) zunehmend über eigene Mittel disponieren können, bei denen aber die Baurnaßnahmen in scharfer Konkurrenz zu anderen Ausgabenkategorien, gerade auch zu den rasch steigenden Folgekosten von Bauinvestitionen, und zu den auch dort notwendigen Konsolidierungsanstrengungen stehen werden. Die Vermögensbestände sind im Haushaltsdurchschnitt der neuen Länder zwar vergleichsweise klein, es werden aber bereits hohe und rasch steigende Ersparnisse (z.B. auch durch Bausparen) gebildet. Die Bereitschaft zu Vermögensumschichtungen und die Erwartungen bezüglich Erbschaften und Schenkungen können auch hier als stützend für die Nachfrage nach (Wohnungs-)Bauleistungen angesehen werden.

5.2.1.3 Preise für Faktoren und Nutzungen sowie Preisrelationen Ziemlich rasch haben sich die Baulandpreise in Ostdeutschland zumal in Ost-Berlin und in den übrigen attraktiven Großstädten - an das Westniveau angenähert, obwohl die Bevölkerungsdichte und auch (von Berlin abgesehen) der räumliche Konzentrationsgrad der übrigen Aktivitäten viel niedriger sind als im Westen. Hier wurde also viel "spekulative Luft" hineingeblasen, was die Risiken für Rückschläge erhöht und die (typischerweise als starke Stimulanz wirkenden) Erwartungen auf weitere Bodenpreissteigerungen gedämpft hat. Es ist davon auszugehen, daß sich der eine oder andere Bauträger oder Developer schon beim Grundstückseinkauf "überhoben" hat. Es wird aber nicht mit einem Einbruch der Baulandpreise (und damit auch der Immobilienpreise, etwa für Eigentumswohnungen) "auf brei-

379

ter Front" gerechnet, sondern eher eine allgemeine Stabilisierung bzw. ein punktuelles Abflachen der Preisentwicklung erwartet. Einige Jahre lang lag die Preissteigerungsrate bei den Bauleistungen in den neuen Ländern deutlich über der westdeutschen Rate, was mit den rasch gestiegenen Löhnen bei "nachhinkender" Produktivität erklärt wurde, aber wohl doch eine ganze Menge mit dem hohen und weiter steigenden Nachfrageniveau zu tun gehabt haben dürfte. Preiseinbrüche sind solange nicht zu erwarten, bis volle Lohnangleichung erreicht ist; bei gleich hoher oder sogar höherer pro-Kopf-Leistung wird die Nachfragekomponente dann noch stärker dominieren. Beim "Preis" für Kapital werden sich die Nominalzinsen zwischen den Teilgebieten wohl kaum unterscheiden; Unterschiede könnten aber beim Beleihungsgrad schon bestehen oder sich herausbilden. Außerdem ist darauf zu achten, daß - in einem "opportunity-cost-Ansatz· die Rendite alternativer Anlagen, z.B. bei Wohngebäuden im Vergleich zu Bürogebäuden, unterschiedlich hoch ausfallen kann. Im Wohnungssektor wird ab Anfang 1998 das Vergleichsmietensystem eingeführt, bis dahin können die Mieten gemäß Mietüberleitungsgesetz vom Juli 1995 bei bestehenden Verträgen zunächst nur begrenzt (um maximal 15 % je nach Ausstattung und ab 1.1.1997 um weitere 5 %) angehoben werden. Obwohl die ostdeutschen Mietbelastungsquoten anhaltend unter den westdeutschen liegen, macht sich starker Widerstand gegen raschere Mietanhebungen bemerkbar. Je stärker aber ins Bewußtsein tritt, daß Wohnungsnutzungen "ökonomische", also knappe Güter sind, die ihren (Markt-)Preis haben, desto mehr werden die Alternativen zur Mietwohnung, also selbstgenutzte Eigentumswohnungen oder Eigenheime, in den Vordergrund rücken. 5.2.1.4 Staatseinflüsse (steuerliche Regelungen, Fördermaßnahmen und Transferzahlungen) Noch gelten für die neuen Bundesländer steuerliche Sonderregelungen (z.B. Sonderabschreibungen), die zwar zum größten Teil in Kürze auslaufen, von denen aber auch einige um ein bis zwei weitere Jahre verlängert wurden. Die kräftige Stützung der Baunachfrage (häufig durch Westbürger) wird also etwas nachlassen; sie könnte durch die "Normalregelungen" abgelöst werden, deren Breiteneffekt ja überhaupt erst einsetzt, wenn sie z.B. mit steigender Wohnkaufkraft in Anspruch genommen werden können. 380

Die steuerlichen Fördermaßnahmen (Sonder-AfA nach dem Fördergebietsgesetz) bleiben also für den Wohnungsbau zunächst bis Ende 1996 erhalten, werden für Neubauten danach aber halbiert. Im gewerblichen Bau wird ihr Auslaufen zu einer Beruhigung in den vor allem betroffenen Bereichen (Gewerbeparks, Einkaufs- und Sportzentren usw.) beitragen. Generell werden die Transferzahlungen in die neuen Länder noch einige Jahre lang hoch bleiben (müssen) und auch die staatliche Baunachfrage auf einem hohen Niveau halten. Bei der direkten Förderung im Sozialwohnungsbau sind die Bewilligungen nach der Vereinigung in allen neuen Ländern von Jahr zu Jahr gestiegen (vgl. Abb. 5.21). Von einer Fortsetzung dieser Tendenz ist auszugehen, weil eine hohe Übernachfrage nach Wohnraum und beträchtliche Angebotsdefizite bestehen und weil zwar Belegungsrechte vorhanden sind oder beschafft werden könnten, die damit häufig verbundenen sozialen Härten für die jetzigen Nutzer aber vermieden werden sollen. Abb.5.21

Bewllllgungen Im sozialen Wohnungsbau der neuen Länder 1991 bis 1994 Tau • • nd Wohnungen

50.-----------------------------------------------, 45

40 35

30

25 20 15 10 5

o

Brand.nburg

BerII" (Oet)

.

Quelle:

1991

Mecklenburg. Vorpornmern

Sacheen.

Sacheen

rzzzzJ 1992 ~ 1 993

Thüringen

Anhalt

D

1 994

Statistisches Bundesamt; Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.

Zwiespältig sind die Effekte der Wohnungsprivatisierungen, vor allem durch die (vormals) kommunalen Wohnungsgesellschaften, zu betrachten. Im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes haben sich diese 381

Wohnungsbau unternehmen dazu verpflichtet, mindestens 15 % ihres Wohnungsbestandes bis zum Jahre 2003 zu veräußern, wobei ein mit Ablauf der Frist steigender Betrag an den Erblastenfonds des Bundes abgeführt werden muß. Dieser übernimmt im Gegenzug rund 31 Mrd. DM der aufgelaufenen DDR-Altschulden. Einerseits fließen den Gesellschaften durch die Wohnungsverkäufe Mittel zu, die reinvestiert werden können; deshalb und unter dem "Druck des Gesetzes· werden für die nächsten Jahre rasch steigende Privatisierungszahlen erwartet (vgl. Abb. 5.22). Andererseits hält diese Belebung des Bestandsmarktes möglicherweise potentielle Neubauinteressenten von der Verwirklichung ihrer Pläne ab, wenn der Bestandserwerb attraktiv genug ausgestattet wird. Eine genaue Saldierung dieser Effekte erscheint derzeit nicht möglich. Abb.5.22

Geplante Wohnungsprivatisierungen in den neuen Ländern 1994/95 sowie 1996 bis 2003 Tausend Wohnungen 50.-----------------------------------------------~

40

- - ... - . -

30

--

20

--

10

o

Berlln (Ost)

Brandenburg

MecklenburgVorpommern

~ 1 995

Sachsen

EJ 1996-2003

SachsenAnhalt

Thüringen

Quelle: Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW).

Als Stütze der Nachfrage nach Wohnungsnutzungen, damit aber indirekt auch der Wohnungsbautätigkeit, erweist sich im übrigen auch in den neuen Ländern das Wohngeld, das aufgrund von Sonderregelungen (z.B. Berechnung an hand der Warm- anstatt der Kaltmiete) wesentlich höher ausfällt als in den alten Ländern. 382

5.2.2 Entwicklungstendenzen der Bautätigkeit In den Sparten sowie Insgesamt

Im Unterschied zu den auf langjährigen Erfahrungen, formalisierten Modellen und vielfältigen Evaluierungen basierenden Prognosen für die westdeutsche Bautätigkeit sind die Projektionen für die neuen Länder weit schwächer abgesichert und dementsprechend mit breiteren Margen zu versehen. Aber auch ohne genaue Informationen über wichtige Tatbestände, ohne lange Zeitreihen, stabile Zusammenhänge und aufwendige Modelle gilt: Die Aussagen bauen auf den geschilderten Annahmen über Stand und Entwicklung der wichtigsten Einflußfaktoren auf; Abweichungen hiervon oder andere Prämissensetzungen führen zu unterschiedlichen Zukunftsperspektiven, auch wenn sich dies wegen der größeren Unschärfe der Aussagen oft nicht quantifizieren läßt. Die hier wiedergegebenen Projektionen basieren auf der jüngsten Ausgabe der ifo Studie "Entwicklung der Baumärkte in den neuen Ländern bis 1999" (vgl. Gluch 1995). Zur Erhöhung der Transparenz wurde die gesamte Bautätigkeit - als Wertgrößen zugrundegelegt wurden die VGR-Bauinvestitionen, nicht das DIW-Bauvolumen, das es mittlerweile aber ebenfalls gibt - weit stärker aufgegliedert, als hier zitiert werden soll; die regionale Untergliederung nach Bundesländern wird vollständig ausgeklammert. Der Vorausschätzungszeitraum reicht in dieser Studie derzeit nur bis 1999, die Verlängerung als "glatte Kurven" scheint allerdings zulässig (vgl. unten Abschnitt 5.3). Zwei generelle Aussagen zu den Determinanten der Bautätigkeit in Ostdeutschland seien hier vorangestellt, damit sie nicht bei jeder Bausparte wiederholt werden müssen: (1) Baubedarf ist in allen zehn Teilbereichen und damit für die drei Bausparten in so hohem Maße vorhanden, daß nicht nur mit keinen Sättigungserscheinungen gerechnet werden muß, vielmehr sich auf ganz lange Sicht starke Stimulanzeffekte ergeben. (2) Auch von der Angebotsseite des Bauleistungsmarktes, also von Unternehmen, Beschäftigten, Maschinen, Geräten usw., sind keine Beschränkungen für die Ausweitung der Bautätigkeit zu erwarten (vgl. z.B. Bartholmai/Melzer/Uecker 1991). 5.2.2.1 Wohnungsbau investitionen und -fertigstellungen

Nach dem bis 1991 dauernden Einbruch sind die Wohnungsbauinvestitionen bis 1994 bereits wieder auf über 40 Mrd. DM gestiegen, wobei im vorletzten Jahr mit + 37 % ein "Niveausprung" zu verzeich27 Sauwirtschaft

383

nen war. Auch 1995 dürfte noch eine zweistellige Zunahme realisiert worden sein, die Zuwächse werden aber ab 1996 einstellig. Wenn die Anschlußlösungen bei den Sonderabschreibungen nicht nahtlos greifen (wovon auszugehen ist), ist mit einer Zwischenabschwächung und kaum noch wachsenden oder sogar partiell schrumpfenden Investitionen zu rechnen. Ausgehend vom Basisjahr 1993 = 100 steigt der Index der realen Wohnungsbauinvestitionen (in Preisen von 1991) bis 1999 auf über 193 Indexpunkte (= IP). Das reale Niveau verdoppelt sich also nahezu innerhalb von nur fünf Jahren. Hatten im ersten Jahr nach der "DDR-Wende" die Bestandsmaßnahmen in und an Wohngebäuden mit 80:20 noch klar das Übergewicht, so fiel der Anteil der Altbauerneuerung 1994 bereits auf 60 % zurück; bis 1999 wird nahezu Parität mit dem Neubau vorausgeschätzt. Da die Meldeämter und Genehmigungsbehörden nach der Vereinigung großenteils erst geschaffen oder völlig umstrukturiert werden mußten, kam es anfangs zu gravierenden Untererfassungen der Wohnungsfertigstellungen; eine Differenzierung nach Gebäudearten war kaum möglich. 1993 wurden nach offiziellen Angaben nur rund 23600 Wohneinheiten (= WE) fertiggestellt; selbst bei Hinzuschätzung der Untererfassung dürften es nur rund 25 000 WE gewesen sein (vgl. Gluch 1995). Das verzögerte Einsetzen der Nachfrage nach Wohnungsneubauten (abzulesen an den "explodierten" Genehmigungszahlen) läßt jetzt aber die Fertigstellungszahlen rasch nach oben schnellen: für 1995 wurden bereits Bruttozugänge von knapp 100 000 WE erwartet und 1999 sollen 116 000 WE erreicht werden. Setzt man die gesamten Fertigstellungen gleich 100, so ist zu erkennen (vgl. Tab. 5.8), daß der Anteilswert der fertiggestellten Wohnungen in sonstigen Gebiiuden, also in Nichtwohngebäuden oder durch Um-, An- und Ausbau bereits vorhandener (Wohn-)Gebäude, von 14,3 % (1993) bis auf 9,9 % (1996) zurückgeht und sich danach bei etwa 12 % einpendelt. Dabei steigen die absoluten Fertigstellungszahlen auch hier deutlich an, die Zunahme fällt aber etwas schwächer aus als bei den neuerrichteten Wohngebiiuden. Bei den beiden Gebäudekategorien des Wohnungsneubaus gewinnen die Mehrfamiliengebiiude von einem niedrigen Anteilswert aus zunächst rasch an Gewicht; 1996 entfallen mehr als die Hälfte aller Fer384

tigstellungen auf diesen Gebäudetyp. Entsprechend den Beschlüssen zur Verlängerung der Sonderabschreibungen folgt 1997/98 ein scharfer Einbruch bei den Absolutzahlen und dementsprechend beim Anteilswert. Tab. 5.8

Struktur der Wohnungsfertigstellungen In Ostdeutschland 1993 und 1994 sowie 1995 bis 1999 (Prognosewerte) - AnteIlswerte (In %j gerundet) der Gebludearten -

Gebäudeart

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

Ein- und Zw~i1amiliengebäude

54,7

45,4

43,4

38,2

52,0

48,5

49,1

gebäude

31,0

42,1

45,5

51,9

35,3

39,6

38,8

Neuerrichtete Wohngebäude

85,7

87,5

88,9

90,1

87,3

88,1

87,9

Sonstige Gebäude 2 )

14,3

12,5

11,1

9,9

12,7

11,9

12,1

Mehrfam~~en-

Insgesamt

100 3 )

100

100

100

100

100

100

1) Anzahl der Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden.

2) Fertiggestellte Wohnungen in Nichtwohngebäuden sowie in bestehenden Ge-

bäuden (Um-, An- und Ausbau). 3) Nach den offiziellen Angaben.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Bautltlgkeltsstatlstlk)j Berechnungen und Vorausschltzungen des Ifo Instituts.

Spiegelbildlich dazu gewinnt in dieser Phase der Eigenheimbau rasch Anteilswerte hinzu, bleibt aber bis 1997 zunächst hinter der 50 %-Marke zurück, um diese dann mit einem Sprung zu übertreffen. In Anbetracht der in den neuen Ländern extrem niedrigen Eigentumsquote (zwischen 25 und 30 %) und bei auch dort stark ausgeprägter Präferenz für diese Wohnform wird sich die Errichtung von neuen Einund Zweifamiliengebäuden wohl auch in der längerfristigen Perspektive vergleichsweise stabil nach oben entwickeln. Pro 1 000 Einwohner könnten dann statt der jetzt 2 bis 2,5 WE (1995/96) durchaus 3,5 bis 4 WE (nach 1998) errichtet werden (Vergleichswert für Westdeutschland 1994: etwa 2,5 WE pro 1 000 Einwohner). 5.2.2.2 Bauinvestitionen der Unternehmen und des Staates In insgesamt realistischer Einschätzung der Bedeutung der Erweiterung von Marktgebieten und der darin liegenden Absatzchancen (in 27"

385

der Anfangsphase z.B. der Banken, Bausparkassen und Versicherungen), begünstigt aber auch durch Sonderabschreibungsregelungen und regionale Förderprogramme war der Wirtschaftsbau nach der "DDR-Wende" als erste Bausparte "aus den Startlöchern" gekommen. Sein Tiefpunkt lag schon 1989, danach ging es vier Jahre lang steil nach oben; von knapp 13 Mrd. DM (1989) wurde bis 1994 deutlich mehr als eine Verdreifachung auf fast 45 Mrd. DM erreicht. Bereits ab 1995 werden die Zuwachsraten ziemlich abrupt einstellig und bis 1999 wird nur noch ein Anstieg auf knapp 52 Mrd. DM erwartet (+ 15 % gegenüber 1994). Auf der Basis 1993 = 100 werden dann mehr als 128 Indexpunkte erreicht. Von Anfang an dominierte in dieser Bausparte der Neubau ganz klar über die Altbauerneuerung. Deren Anteil wird von rund 40 % (1989) weiter auf rund 30 % (1995/96) zurückgehen; erst danach könnten die Bestandsmaßnahmen allmählich wieder an Bedeutung zulegen, weil der beschleunigte Neuaufbau zunehmend abflaut. Manche Beobachter hatten - mit scheinbar durchaus guten Argumenten - erwartet, daß bereits im Jahre des Beitritts der neuen Länder zum Geltungsbereich des Grundgesetzes (also 1990) oder kurz danach vor allem der öffentliche Bau die Rolle des "Zugpferdes" für Bauund Gesamtwirtschaft übernehmen würde; es kam (wie inzwischen jeder weiß) ganz anders: Erst 1992 sprangen die Bauinvestitionen des Staates (Gebietskörperschaften und Sozialversicherung) um 50 % auf gut 17 Mrd. DM (zum Vergleich: Wirtschaftsbau 1992 = knapp 33 Mrd. DM, also nahezu doppelt so viel). Zwar folgte 1994 nach der Stagnation 1993 ein Jahr mit zweistelliger Zuwachsrate, die staatlichen Bauausgaben für investive Zwecke werden sich aber nicht zum Wachstumsträger von Bau- oder Gesamtwirtschaft entwickeln. Auf der Basis 1993 = 100 erreichen sie jedoch 1999 mit knapp 127 Indexpunkten immerhin fast denselben Wert wie der Wirtschaftsbau (der allerdings 1993 seine kräftigsten Sprünge nach oben bereits hinter sich hatte).

5.2.2.3 Gegenüberstellung der Bausparten und aggreglerte Bauinvestitionen Obwohl in Ostdeutsch land alle Zeitreihen, also auch die für die Bauinvestitionen in den drei klassischen Bausparten, 1989/90 einen Strukturbruch aufweisen, kann auch ohne genaue Daten von einem drastischen Einbruch ausgegangen werden. Anders als in vielen In386

dustriebranchen hat sich die Bautätigkeit aber rasch wieder erholt und mit "Niveausprüngen" den Einbruch relativ schnell wieder ausgeglichen. Wegen der unsicheren Datenlage und wegen der Lückenhaftigkeit der Informationen über diesen Zeitraum müssen solche Aussagen jedoch sehr vorsichtig formuliert werden. Zuerst hatte wohl der Wirtschaftsbau die Tendenzumkehr geschafft, für den schon für 1990 ein Plus von nahezu 30 % nachgewiesen wird; daß für diese Sparte in der Indexbetrachtung (1993 = 100) für 1990 bloß knapp 43 IP errechnet werden, zeigt an, wie steil es anschließend weiter noch oben ging (vgl. Abb. 5.23). Die schwache Zunahme bis 1999 auf 129 IP reflektiert auch die frühe "Explosion". Abb.5.23

Bauinvestitionen nach Sparten in den neuen Ländern 1989 bis 1994 und Projektion bis 1999 - Index 1993

= 100; Ausgangswerte In Preisen von 1991

-

200.-------------------------------------------~

1 50

- - - - - - - - - - - - - - - - - -

1 00

- - - - - - - - - - - - -

1~B9 _

Quelle:

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 199B 1999

Wohnungsbau -

Gawarblichar Bau -

Öffantlichar Bau

Statistisches Bundesamt; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; Berechnungen und Vorausschätzungen des ifo Instituts.

Die für den öffentlichen Bau verfügbaren Daten zeigen anfangs keinen Einbruch, sondern lediglich Stagnation (wohl wegen mancher "Überhänge" im Straßen bau und wegen der rasch angekurbelten Maßnahmen zur Sicherung der Bausubstanz). Bis 1993 wurde eine Verdoppelung gegenüber dem Ausgangsjahr ermittelt, 1999 werden es immerhin fast 127 IP , also genauso viel mehr wie im Wirtschaftsbau sein. 387

Der Wohnungsbau, der sein tiefstes Niveau 1991 erreichte, dürfte in den nächsten Jahren der mit Abstand dynamischste Träger des Bauwachstums in Ostdeutschland sein; für 1999 wird eine reale Verdoppelung gegenüber dem Basisjahr 1993 vorausgeschätzt. Zur Zunahme der gesamten Bauinvestitionen im Zeitraum 1993 bis 1999 von über 43 Mrd. DM wird der Wohnungsbau mit gut + 27 Mrd. DM deutlich über 60 % beisteuern. Die aus den drei Bausparten aufsummierten realen VGR-Bauinvestitionen (in Preisen von 1991), die sich nach den verfügbaren Schätzwerten zwischen 1989 und 1993 ungefähr verdoppelt hatten, werden bis 1999 voraussichtlich nochmals um über 50 % ansteigen. Die jährliche Veränderungsrate wird allerdings wohl nur noch 1995 zweistellig ausfallen. Von dem dann erreichten .beachtlich hohen Niveau geht es "nur" noch mit Zuwächsen um oder leicht unter 5 % weiter nach oben. Es wird also nicht mehr damit gerechnet, daß die Bauinvestitionen in jedem einzelnen Jahr beim Wachstum Spitzenreiter unter den Teilaggregaten des Bruttoinlandsprodukts sein werden. Interessante Aufschlüsse vermittelt die Gegenüberstellung der tatsächlichen bzw. bis 1998 projizierten und bis 2005 fortgeschriebenen Bauinvestitionen mit dem mittels konstanter Jahreswachstumsraten (15 % p.a.; vgl. oben Abschnitt 5.2.1) auf Einzeljahre verteilten Baubedarf (vgl. Abb. 5.24). Danach war die Erholung der realisierten Baunachfrage zunächst so kräftig, daß sie die am niedrigen Ausgangsniveau von 1990 ansetzenden Bedarfswerte bis 1997 sogar übertreffen wird; erst danach macht sich einerseits die exponentielle Kumulationswirkung des prozentual gleichbleibend hohen Bedarfszuwachses, andererseits die Abflachung des Wachstums (ab 1999: Annahme von konstant + 3 %) der Bauinvestitionen bemerkbar. Es bestätigt sich also auch mit diesen Berechnungen und Gegenüberstellungen die bereits eingangs in diesem Abschnitt aufgestellte These, daß selbst das (für viele sicherlich überraschend) hohe Wachstum der Bauinvestitionen in den neuen Ländern nicht ausreichen wird, um den mit Stichjahr 2005 ermittelten Baubedarf voll zu befriedigen. Die Baubedarfslücke wird sich voraussichtlich immer mehr öffnen, so daß nicht mehr einfach von "üblicherweise" höher angesetzten Norm- und Zielvorgaben ausgegangen werden kann. Es zeigt sich vielmehr, daß die politische Zielvorgabe "Angleichung der Versorgungs- und Ausstattungsniveaus bis 2005" ganz wesentlich zu ehrgeizig formuliert gewesen ist.

388

Abb.5.24

Hypothetischer Baubedarf und realisierte Bauinvestitionen In den neuen Ländern 1990 bis 2005 Mrd. DM

400

I Kumulierter

- d Baubedarf in den neuen Bundeslan ern 1991 - 2005: 2 500 Mrd. DM (In PreIsen von 1991).

300

~-...,...-.;_

100

o .

1990

o Baubedarf Quelle:

1995

..... . ............. 2000

2005

Prognose bis 1998 .• - Jährliche Zuwachs-

rate von 3%.

StatIstisches Bundesamt (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen); Gluch u.a. 1992 (110 Baubedarfsschltzungen) und Gluch 1995.

5.3 Zusammenfassung der Tendenzaussagen für West- und Ostdeutschland zu langfristigen Perspektiven für den gesamtdeutschen Bausektor Fünf Jahre nach der Vereinigung der deutschen Teilstaaten ist zwar auch in der Bauwirtschaft zwischen den alten und den neuen Bundesländern vieles sehr eng verzahnt; die Überlappungen und Austausch beziehungen haben in diesem - in der vorliegenden Studie bewußt sehr breit abgegrenzten - Sektor der Gesamtwirtschaft einen hohen Stand mit vielfältigen Ausprägungen erreicht. Gleichwohl bestehen zwischen beiden Gebieten gravierende Unterschiede fort; es ist weiterhin keineswegs so, daß Abweichungen von gesamtwirtschaftlichen Durchschnitten - sei es nach oben oder nach unten - an allgemeinen "gesamtdeutschen" Kriterien (z.B. Bevölkerungsdichte, Urbanitätsgrad, Industrie- und Dienstleistungsbesatz, historisch gewachsene Produktionsstrukturen, Wirtschafts- und speziell Subventionspolitik) festgemacht werden könnten. Die Differenzierung nach West- und Ostdeutschland hat vielmehr derzeit und wohl noch für einige Zeit einen besonders hohen Informationsgehalt. 389

Gesamtdeutsche Perspektiven erscheinen daher nur additiv sinnvoll. Dabei ergeben sich Probleme aus den häufig unterschiedlichen Zeithorizonten, z.B. bei den Baubedarfsschätzungen (Zieljahr 2000 bzw. 2005), wegen der abweichenden Zielvariablen in den Vorausschätzungen und Projektionen (für Westdeutschland: Trendprognosen des Bauvolumens, für die neuen Länder: Projektionen der Bauinvestitionen) sowie wegen der verschiedenen Basisjahre bei den Deflatoren. Auch die Leistungsabgrenzungen zwischen West- und Ostdeutschland scheinen im Bausektor noch nicht voll befriedigend gelungen ("Transfer" der von Westbetrieben in den neuen Ländern per Saldo erbrachten Bauleistungen mit der Möglichkeit eines "Kippens" dieses Saldos in späteren Jahren; vgl. Spiliner/Rußig 1995).

5.3.1 Annahmen zu Rahmenbedingungen und Einflußfaktoren Dementsprechend können auch die Determinanten der Bautätigkeit sowie die Verhaltensweisen und Zusammenhänge noch kaum gemeinsam für Gesamtdeutschland abgehandelt werden. Vieles muß sich erst noch "setzen" und (sicherlich nicht einfach auf den "alten" Weststandards) stabilisieren, ehe mit dann länger gewordenen Zeitreihen gesamtdeutsche Analysen und Prognosen der Bautätigkeit sinnvoll durchgeführt werden können. Die folgenden Hinweise zu den Prämissen sind daher ebenfalls additiv bzw. vergleichend angelegt; sie folgen der Zuordnung zu den vier Gruppen von Einflußfaktoren (vgl. Abschnitte 5.1 und 5.2), bleiben aber weit stärker selektiv. Mit der Vereinigung Deutschlands müssen auch die Normen und Zielvorgaben für die benötigten Bauwerksnutzungen neu bestimmt werden. Die EntwiCklung bei den Bedarfsträgern ist in Westdeutschland völlig anders verlaufen als noch vor sechs oder acht Jahren erwartet worden ist. Aktualisierte Berechnungen und Schätzungen zum Baubedarf in Deutschland liegen nicht vor. Den Versuchen, durch Umbasierungen und "lineare" Fortschreibungen von älteren Baubedarfsstudien zu "verlängerten" gesamtdeutschen Werten zu kommen, sollte mit Skepsis begegnet werden, weil dann die Umwälzungen, Strukturbrüche und Relativierungen gerade nicht ausreichend berücksichtigt werden können. Ausgehend von dem verschobenen Basisjahr 1990 und mit dem Zeithorizont 2005 kommt Julitz (1992) für Gesamtdeutschland mit solchen Methoden auf einen Baubedarf von 9 Bill. DM (in Preisen von 1990). Verteilt auf den 15-Jahres-Zeitraum ergeben sich Jahresbeträge von ungefähr 600 Mrd. DM, die für 1994 den tatsächlichen VGR-Bauinvestitionen von knapp 430 Mrd. DM bzw. dem etwas höheren DIW-Bau390

volumen (rund 470 Mrd. DM; jeweils in Preisen von 1991) gegenübergestellt werden könnten. Es zeigt sich dann - mit allen Vorbehalten, aber wohl eher mit einer Untertreibung - eine enorm große Bedarfslücke, die mit den prognostizierten Zuwachsraten der Bautätigkeit in Deutschland langfristig nicht geschlossen werden kann. Etwas solideren "Boden" hat man bei der Zusammensetzung des Baubedarfs "unter den Füßen", weil Bewertungs- und zeitliche Zuordnungsprobleme bei Strukturvergleichen geringeres Gewicht erhalten. Dabei überrascht die hohe Übereinstimmung der Anteilswerte zwischen den alten und den neuen Ländern (vgl. Tab. 5.9). Die große Abweichung zuungunsten Ostdeutschlands beim Wohnen erklärt sich vor allem durch die dort stark geschrumpfte und anhaltend sinkende Bevölkerung (und umgekehrt); die übrigen Anteilsabweichungen sind großenteils Folge dieser Diskrepanz. Tab. 5.9

Strukturvergleich des Baubedarfs in West- und Ostdeutsch land - Gegenüberstellung der AnteIlswerte (In %) der zehn Teilbereiche am ge.amten Baubedarf der alten und neuen Bundeslinder Baubedarfsstudie für die ...

Differenz

... alten Bundesländer (1987 - 2000)

... neuen Bundesländer (1991 - 2005)

(Prozentpunkte)

Wohnen

48

41

-7

Wirtschaft

18

20

+2

Überregionaler Verkehr

6

9

+3

Regionaler Verkehr

7

8

+ 1

Umweltschutz

6

7

+ 1

Sozio-kulturelle Infrastruktur

7

7

Energie

3

3

Kommunikation

2

2

Teilbereich

Sonstiges

2

2

Wasser

1

1

-

Summe

100

100

0

Quelle: 110 Baubedarfsschätzungen: Behrlng u.a. 1989 sowie Gluch u.a_ 1992.

391

Für die zukünftige Entwicklung der Bautätigkeit in Deutschland ergibt sich hieraus: (a) Der hohe Baubedarf und die großen Bedarfslücken wirken tendenziell als Nachfragestützen; (b) kräftige Impulse erhält von dieser Seite vor allem der Wohnungsbau, aber auch die Bereiche Wirtschaft und überregionaler/regionaler Verkehr behalten ihre überragende Bedeutung. . Neue Schiitzungen zum Baubedarf müßten diese Aussagen nach Niveau und Struktur bestätigen (oder widerlegen), damit wieder fundierte Planungsgrundlagen für private und staatliche Investoren zur Verfügung stehen. Die Umsetzung des Baubedarfs in kaufkräftige Nachfrage und in realisierte, Nutzungen bereitstellende bzw. Leistungen abgebende Bauwerke hängt dann ohnehin noch von anderen, insbesondere ökonomischen und politischen Faktoren ab.

Wesentlich bestimmt werden die Baubedarfsschätzungen von der Entwicklung der Bevölkerung. Aus der Addition der (nicht unabhängigen) Prognosen für West- und Ostdeutsch land ergibt sich für Deutschland insgesamt bis 2010 ein Anstieg auf etwa 84 bis 85 Millionen Einwohner (vgl. Abb. 5.25). Viele Anzeichen deuten darauf hin, daß sich der Bevölkerungsanstieg in Deutschland danach zunächst noch fortsetzen könnte. Wie für die alten und die neuen Länder, so ist auch für Gesamtdeutschland darauf hinzuweisen, daß sich die Altersstruktur der Bevölkerung weiter verschlechtern wird, wodurch sich z.T. Mehrnachfrage nach Bauwerksnutzungen ergibt (z.B. höhererWohnflächenkonsum, mehr Alten- und Pflegeheimplätze), sich z.T. aber Mehrbelastungen und damit Umlenkungen von Einkommensbestandteilen sowie verzögerte Vermögensübertragungen einstellen. Die Zahl der Privathaushalte in Deutschland nimmt noch weit schneller und auch länger zu als die Einwohnerzahl, weil nicht nur die per Saldo zuwandernden Personen in Haushalten zusammenleben, sondern weil sich die gesamte Bevölkerung in durchschnittlich immer kleineren Haushalten organisiert. Von knapp 35 Millionen (1990) wird sich die Zahl der Haushalte bis 2010 um über 7 % Millionen auf etwa 41 Millionen erhöhen. Die Durchschnittsgröße liegt dann unter 2,1 Personen pro Haushalt. Nach einer im breiten Konsens formulierten Norm sollte für jeden Haushalt eine adäquate Wohnung (ohne Ferienund andere Zweitwohnungen) vorhanden sein. Die Kaufkraft der in Deutschland lebenden Bevölkerung profitiert im Durchschnitt vom noch rascheren Wirtschaftswachstum in den neuen 392

Ländern. Die Fähigkeit und die Bereitschaft, Ersparnisse zu bilden und dann für eigene oder fremde investive Baumaßnahmen einzusetzen oder zur Verfügung zu stellen, wird zwar zunehmen; bei der scharfen Konkurrenz zu anderen (freiwilligen oder erzwungenen) Ausgaben werden die Beträge aber nicht ·in den Himmel· wachsen. Für die durch Erbschaft oder Schenkung übertragenen Vermögen gilt, daß sie teils den ·Falschen· zufließen, teils für andere Zwecke eingesetzt werden, also nur in beschränktem Umfang direkt die Nachfrage nach Bauleistungen (etwa im Wohnungsbau) ankurbeln. Abb.5.25

Bevölkerungsentwicklung und -prognosen für Deutschland 1970 bis 201 0 Bevölkerung In Mill. 86r-------------------------------------------~

86

85

85

84

84

83

83

82

82

81

81

80

80

79

79

78

78 77 2010

77~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

1970 Quelle:

1980

1990

2000

Statistisches Bundesamt; Statistisches Amt der DDR; Deutsches Institut fOr WIrtschaftsforschung; Vorausschitzungen des Ifo Instituts.

Die GrundsWckspreise werden - trotz gewisser Reaktionen auf Übertreibungen und trotz aller Appelle an die Kommunen zur verstärkten Flächenausweisung - relativ hoch bleiben und tendenziell (auch real) weiter steigen. Diese Aussage gilt vor allem für attraktive Großstädte mit Umland, aber gerade dort bestehen ja die (regional nicht ·verpflanzbaren") Versorgungsdefizite mit Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen. Damit behalten die Immobilienpreise ihre ·Bremserrolle", häufig entgegen gesellschaftlichen Versorgungsprioritäten und prohibitiv für manche Kategorie von Nachfragern. 393

Ein starker Anreiz für private Investoren im Wohnungsbau, aber gelegentlich auch im - zur Drittnutzung bestimmten - Gewerbebau waren stets die steuerfreien Wertsteigerungen und daher die Wertsteigerungserwartungen. Werden diese nachhaltig gebrochen, weil das Risiko von Rückschlägen bei den Boden- oder Immobilienpreisen für zu groß gehalten wird, so fällt ein wichtiger Stimulanzfaktor weg. Dies gilt (nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes) auch für den Wegfall der beträchtlichen Steuervorteile bei der Bewertung von Grundvermögen. Für gleich hohe Investitionen in diesem Teil des Wohnungsund Gewerbebaus muß dann erst ein Renditeausgleich angeboten oder erwartet werden können. Wegen der hohen und rasch gestiegenen Staatsverschuldung (vgl. Abb. 5.26) bleibt die Konsolidierung der öffentlichen Budgets eine vordringliche Aufgabe. Zunehmend und noch intensiver (wenn auch bislang nicht mit den angestrebten Erfolgen) wird über den Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen geredet. Die Wohnungsbauförderung wird allerdings (so wurde für die Prognosen angenommen) in der Gesamtsumme nominal nur wenig, real also zwar spürbar, aber doch ohne "brutale" Einschnitte gekürzt. Unterstellt ist des weiteren eine Verlagerung auf direkte und gezielt wirkende Instrumente, so daß der als konstant angestrebte Erfolg mit dem geringeren Mitteleinsatz erreicht werden kann (Effizienzsteigerung). Abb.5.26

Entwicklung der öffentlichen Verschuldung 1989 bis 1995 2500

Mrd. DM

2000 1500 1000 500 0

o Bund

[jJ

1989

1990

West-Länder und -Gemeinden

1991

1992

1994

1995

~ Ost-Länder und Ef) Sonstige. THA, Wohnungs-Gemeinden

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft (lW).

394

1993

wirtschaft (Ost)

5.3.2 Ansätze zur Einschätzung der Langfristentwicklung der Bautätigkeit Basierend auf diesen und weiteren, in den Abschnitten 5.1 und 5.2 teilweise noch etwas detaillierter aufgeführten Prämissen ergeben sich die aggregierten längerfristigen Projektionen für die gesamtdeutschen Bauinvestitionen bzw. für das Bauvolumen. In der direkten Zusammenstellung wird deutlich, daß dabei 1991 eine Sprungs teile entsteht (vgl. Abb. 5.27). Erkennbar wird schon an den bis zum aktuellen Rand reichenden Kurven die Beschleunigung des Bauwachstums durch die neuen Länder. Abb.5.27

Entwicklung der Bauinvestitionen nach Sparten in West- sowie In Gesamtdeutschland 1985 bis 1995 Mrd. DM in Preisen von 1991

_

alt_ Bund • • länder

_

G ....mtd.ut.chl.nd

Gewerblicher Bau

60

. . . . . . . . . Öffentlicher. Bau .

20L---~---L--~----~--~---L--~----~--~--~

1985

Quelle:

86

87

88

89

90

91

92

93

94

95

• alte Land. 1 saN: SChiltzung d • • Ito Inetltut

Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3; Vorausschätzungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Die stark unterschiedliche Dynamik der Bautätigkeit hat bereits 1993 und verstärkt 1994 dazu geführt, daß die Bauinvestitionen pro Einwohner in den neuen Ländern größer gewesen sind als im alten Bundesgebiet (vgl. Abb. 5.28). Während die investiven Baurnaßnahmen in Westdeutschland bis 1999 voraussichtlich nur relativ schwach expandieren und die pro-Kopf-Werte wegen der Bevölkerungszunahme bei knapp 5 000 DM verharren, werden sie sich in Ostdeutschland (bei 395

schrumpfender Einwohnerzahl) gegenüber 1993 um fast die Hälfte auf etwa 8 400 DM pro Einwohner erhöhen (vgl. Gluch 1995). Abb.5.28

BauinvestItionen je Einwohner in West- und Ostdeutsch land - 1991 bis 1999; Ausgangswerte (In 1 000 DM) In Preisen von 1991 -

1000 DM 10.-----------------------------------------------, 8 ~----------------------------------------~

6 ~------------------~

4

l - ---UI'////I.-----l

2

o

1991

1992

o Quelle:

1993

1994

n .. u .. Länd .. r

1995

1999

{7lJl alt.. Länd .. r

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Vorausschitzungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Für Aussagen zur längerfristigen Trendentwicklung der Bautätigkeit in Deutschland liegen - wie erwähnt - keine konsistenten Basisprognosen vor. Man muß sich also zunächst einmal derart mit Behelfslösungen begnügen, daß man die verfügbaren Prognosen bzw. Projektionen auf einheitlich definierte Größen (in konstanten Preisen) bezieht und sie dann im Zeithorizont einander anpaßt. Wegen der breiteren Abgrenzung der Basisdaten und wegen des weiteren Zeithorizontes der verfügbaren Vorausschätzungen soll hierfür das Bauvolumen zugrundegelegt werden, wobei tür die nachfolgenden Angaben die üblichen Maßstäbe an Herleitung und Transparenz sowie dementsprechend an Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Aussagen selbst gegenüber den bereits viel schwächer fundierten separaten Projektionen tür Ostdeutschland nochmals zurückgenommen werden müssen (vgl. Tab. 5.10):

396

Tab. 5.10

Projektionen des Bauvolumens1 ) nach Sparten 1995 bis 2005 In West- und Ost- sowie In Gesamtdeutschland - Margen der Jahresdurchschnlttllchen (Trend-)Verinderungsraten (In %) -

Bausparte

alte Länder

~eutschla~1

neue Länder 2l

Insgesamt

Wohnungsbau

von 3,0 % auf 1,0 % sinkend

von 23 % (über 2 %) auf 1,5 % sinkend

von etwa 7 % auf knapp 1,5 % sinkend

Wirtschaftsbau

von 2,0 % auf 0,8 % sinkend

von 4 % (über 3 %) auf 2 % sinkend

von rund 2,5 % auf etwa 1 % sinkend

Öffentlicher Bau

von rund - 0,4 % auf 0 % verbessernd

von 2 % (über 3 %) auf 1,5 % sinkend

von Stagnation leicht ins Plus verbessernd

1) Ausgangswerte in Preisen von 1991. 2) Mit Zwischenangaben für das Jahr 2000. 3) Gewichtete Aggregation aus den Trendraten der Bausparten.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen); Deutsches Institut ftlr WIrtschaftsforschung (Bauvolumensrechnung); Vorausschitzungen und Berechnungen des Ifo Instituts.

- Ab 1995 wird für den Wohnungsbau das mit Abstand kräftigste Trendwachstum erwartet. Da die Zuwachsraten bis zum Jahr 2000 in beiden Teilgebieten zunächst noch ziemlich stabil (aber unterschiedlich hoch) bleiben, flacht die Zunahme erst in der zweiten Hälfte des Prognosezeitraumes deutlicher ab, um gegen 2005 nur noch bei etwa 1,5 % p.a. zu liegen. - Mit einem niedrigeren "Dauerwachstum" wird für den Wirtschaftsbau gerechnet, der am Anfang des jetzigen Prognosezeitraumes seinen steilsten Anstieg schon eine Weile hinter sich hatte und deshalb "nur" mit etwa 2,5 % Jahreswachstumsrate startet. - Von dem praktisch stagnierenden Trendniveau des öffentlichen Baus in Westdeutschland wird natürlich die gesamtdeutsche Projektion in dieser Sparte ganz nachhaltig bestimmt; die Trendrate dürfte hier schon 1995 bei lediglich wenig über 0 % liegen, sich dann aber möglicherweise etwas "erholen". Da es sich bei diesen Bauspartenprojektionen für Westdeutschland um nicht lineare Trendschätzungen, für Ostdeutschland um eine nicht durchgängig linear oder auch nur "glatt" expandierende - Misch-

397

form einer Durchschnittsentwicklung handelt, könnten aggregierte Projektionen des Bauvolumens nur mit hohem Aufwand errechnet werden. Angesichts der bei Ausgangsgrößen, Preisbasis und Zeithorizont gegebenen Fehlermöglichkeiten erscheint ein solcher Aufwand unangemessen. Stattdessen wird hier versucht, mit einer eher schematischen denn an wirklichkeitsnahen Entwicklungen orientierten Darstellung einen Eindruck von den Verläufen, speziell von der zunehmenden "Spreizung" zwischen West- und Gesamtdeutschland, zu vermitteln. Danach hat die langfristige Durchschnittsentwicklung des Bauvolumens zwar auch in Westdeutschland ihre Struktur- und Anpassungskrise nachhaltig überwunden; bis 2005 ist eine beachtliche Expansion des Bauvolumens zu erwarten (vgl. Abb. 5.29). Abb.5.29

Trend-Entwicklung und -Projektion der Bautätigkeit in Westund Gesamtdeutschland 1980 bis 2005 bzw. 1991 bis 2005 - Wachstumspfade des deutschen Bauvolumens in Mrd. DM, in Preisen von 1991

65 0 60 0

55 0

50 0 45 0

/

40 0

35 0

-+--+-"

30'u

~

~

~

/

~

25 0 200 80

82

84

86

88

90

92

94

96

98

00

02

04

...... Westdeutsch land ... Deutschland

Quelle:

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Bauvolumensrechnung); Trendschätzungen und -projektionen des ifo Instituts.

Die weitaus größere Dynamik erhält die reale Bautätigkeit in Deutschland aber schon derzeit und in der längerfristigen Perspektive durch die "Addition" der vor allem am Anfang noch mit relativ hohen Raten expandierenden Werte der neuen Länder.

398

6 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse sowie Empfehlungen für die Wirtschafts- und Unternehmenspolitik Monographien vom Umfang und Differenzierungsgrad des vorliegenden "Branchenbildes Bauwirtschaft" werden in der Regel von den Adressaten nur "im Überblick" oder punktuell bzw. stark selektiv aufgenommen und verarbeitet, weil das Interesse sich nur auf ganz bestimmte Angaben, Entwicklungen oder Zusammenhänge richtet und die verfügbare Zeit begrenzt ist. Dieses Faktum ist zur Kenntnis zu nehmen. Als angemessene Reaktion hierauf wird versucht, in diesem zusammenfassenden Kapitel 6 der Studie wichtige Angaben und Aussagen kurz anzusprechen. Zwar können die - ihrerseits schon selektiven und komprimierten - Daten und Analysen nicht einfach noch einmal auf ein Zehntel ihrer Ausgangs länge zusammengedrückt werden; durch die Auswahl soll jedoch ein informativer, zum Nachschlagen an den entsprechenden Stellen der Langfassung anregender Kurzbericht entstehen. Die quantifizierten Angaben werden hierfür auf einen Kern reduziert; die als Wiederholung präsentierten Abbildungen sollen der Illustration und Auflockerung dienen. Die Gliederung dieses Kurzberichtes folgt ziemlich streng der Langfassung, wobei auch die zweite Stelle der Systematik beibehalten wurde, um so den Quereinstieg in die Analysekapitel zu erleichtern. Die Abschnittsüberschriften weichen in diesem Kapitel 6 jedoch teilweise von den ursprünglichen Formulierungen ab, wobei wichtig erscheinende inhaltliche Aspekte hevorgehoben werden.

6.1

Zielsetzungen dieses "Branchen bildes Bauwirtschaft" und gesamtwirtschaftliche Bedeutung des deutschen Bausektors

Die vorliegende Studie "Branchenbild Bauwirtschaft" behandelt Niveau und Entwicklung der Bauwerksbestände und der Bautätigkeit in Westund Ost- sowie in Gesamt-Deutschland. Sie steht in der langen Tradition der sektoralen Strukturuntersuchungen einzelner Branchen, die das Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gibt, sie setzt dabei aber - ausgehend von den Besonderheiten der Branche bzw. des Untersuchungsgegenstandes - eigenständige Akzente.

28 Bauwirtschaft

399

6.1.1 Reiz und Risiko einer Strukturuntersuchung des Bausektors an der Nahtstelle einschneidender Veränderungen durch Internationalisierung sowie auf der Angebots- und Nachfrageseite Kaum daß die westdeutsche Bauwirtschaft ihre tiefgreifende Strukturanpassungskrise bewältigt hatte, stellten sich ihr zwei neue, vielleicht noch größere Herausforderungen: Die Öffnung zum Europäischen Binnenmarkt und die Integration des ostdeutschen Bausektors. Die epochale Umbruchsituation, die alle Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft erfaßt hat, brachte mit den besonderen Ereignissen - Vollendung des EG-Binnenmarktes und EU-Erweiterung, - Systemzusammenbruch im Ostblock und ·sanfte" Revolution in der ehemaligen DDR, - Wiedervereinigung Deutschlands mit anhaltend hohen Transferleistungen und Zusatznachfrage sowie - Ausweitung der internationalen Arbeitsteilung mit einer Intensivierung des Wettbewerbs auf In- und Auslandsmljrkten auch die Bauwirtschaft entsprechend ihrer großen Bedeutung und ihren markanten Besonderheiten unter hohen Anpassungsdruck. Die Analyse und Darstellung der davor und danach ablaufenden Anpassungsprozesse ist Aufgabe der vorliegenden Studie, die dadurch besonders reizvoll wird, daß derzeit besonders "viel los" ist, die sich aber als riskant erweist, weil alle Feststellungen ganz schnell von der Realität überholt und widerlegt werden können. Durch die Vereinigung der deutschen Teilstaaten ergibt sich eine singulljre Situation, weil auch auf Entwicklungen in der ehemaligen DDR eingegangen werden soll. Dies erfordert eine Dreiteilung der Darstellungen, da sich Ausgangsbedingungen und Perspektiven zwischen West- und Ostdeutschland gravierend unterscheiden und auch auf den Bausektor in Deutschland eingegangen werden soll. Entsprechend der Zielsetzung konzentriert sich dieses "Bild" einer Branche bzw. eines Teilaggregates auf ökonomische Sachverhalte an der Nahtstelle der Umstrukturierungsprozesse. Der Strukturwandel der Bauwirtschaft wird gleichrangig, aber selektiv für folgende Aspekte dargestellt:

400

- Bestandsaufnahme und Problemanalyse mit dem Aufzeigen von längerfristigen Perspektiven - Strukturveriinderungen und Anpassungserfordernisse - West-Ost-Differenzierungen mit vergleichenden sowie integrativen Betrachtungen. Die Stoffülle macht dabei Abgrenzungen und eine kritische Auswahl der behandelten Sachverhalte erforderlich; auf weiterführende Fragestellungen und Forschungsbedarf wird hingewiesen.

6.1.2 Produktion des Baugewerbes und Veränderungen des Bauvermögens durch Bautätigkeit als Gegenpole eines wichtigen Sektors mit vielfältigen Besonderheiten Folgt man dem Sprachgebrauch, so ergibt sich zunächst ein höchst unscharfes Bild der Bauwirtschaft, wobei die Linien in der DDR bzw. in Ostdeutsch land anders verliefen und verlaufen als im ehemaligen Bundesgebiet bzw. in Westdeutschland. In Westdeutschland kommt der Begriff Bauwirtschaft in amtlichen Statistiken nicht vor. In der Studie angesprochen werden sowohl Bauwerksbesttinde und deren Veränderungen als auch die Bauproduktion bzw. die umfassendere Bautätigkeit. Es wird also nicht bloß auf einen bestimmten Wirtschaftszweig abgestellt, vielmehr geht es - auf der Entstehungsseite vor allem um die Leistungen des Baugewerbes (Bauhaupt- und Ausbaugewerbe), aber auch um die baurelevanten Beiträge anderer Wirtschaftszweige einschließlich privater und staatlicher Dienstleistungen, - auf der Verwendungsseite um die Bauwerksbestände, deren Erhaltung und Veränderung durch Abgänge, Bauinvestitionen bzw. Bauvolumen sowie um die Fertigstellungen, und außerdem um die (wechselnde) Nutzung dieser Bauwerke. Auch in der ehemaligen DDR, wo der Begriff Bauwirtschaft immerhin offiziell verwendet wurde (aber Vorsicht gerade bei scheinbaren Begriffsgleichheiten angezeigt ist), wurde ebenfalls eine ziemlich breite sektorale Abgrenzung zugrundegelegt, aber auch dort wurde (wie in West- und jetzt auch in Ostdeutschland) nicht die gesamte UBaukette" einbezogen. Die größere vertikale Integration ergibt für die DDR eine Aufblähung und jetzt zusätzliche Probleme bei Quervergleichen. Natürlich kommt auch diese Studie nicht ohne Definitionen und Abgrenzungen aus; nach dem Gesagten ist beides sogar besonders 28"

401

wichtig. Entsprechend den Untersuchungszielen und der AufgabensteIlung wird folgende breite Definition zugrundegelegt: • Bauwirtschaft bezeichnet den Teilbereich einer Volkswirtschaft, der sich - mit der Errichtung, Erhaltung und Nutzung von Bauwerken sowie - mit der Anpassung und Veränderung von Bauwerksbeständen durch Bautätigkeit befaßt. Im Rahmen dieser breiten Umschreibung von Bauwirtschaft (vgl. Schemaskizze in Abb. 6.1) sind sowohl Niveau als auch Struktur der einschlägigen Variablen und sowohl der aktuelle Stand als auch vergangene und zukünftige Entwicklungen von Interesse. Abb.6.1

Die deutsche Bauwirtschaft

l

Bauwerksbestände und Bauwerksnutzungen

-

I

Bestand an Wohnungen und Nichtwohngebäuden Verwendungskategorien der Bauwerke (Hoch- und Tiefbauten) Struktur der Nutzer von Bauwerken Nutzungswechsel und Eigentümerstruktur

r

I

Bauleistungen und Bautätigkeit

I

Bauproduktion Bauhaupt-\ Ausbaugewerbe gewerbe - Inputvariable - Outputvariable

Veränderung der Bauwerksbestände

Bauinvestltionen

I

Fertigstellungen Bauvolumen und Abgänge

Für die Ausarbeitungen im "Branchenbild Bauwirtschaft" sind weitere Eingrenzungen sowie Akzentsetzungen erforderlich:

402

- In regionaler Hinsicht wird zwar über die ehemalige DDR sowie des weiteren getrennt über West- und Ostdeutsch land berichtet, darüber hinausgehende räumliche Differenzierungen müssen jedoch auf wenige exemplarische Hinweise beschränkt bleiben. - Bei den sektoralen Differenzierungen wird vor allem auf das Bauhauptgewerbe abgestellt, das Ausbaugewerbe wird ebenso eher am Rande behandelt wie die übrigen Wirtschaftszweige. - Der Zeithorizont reicht überwiegend bis 1980 zurück, fallweise werden aber auch 1970 oder sogar 1960 einsetzende Zeitreihen herangezogen; bei der zukünftigen Entwicklung werden nicht kurzfristige konjunkturelle Schwankungen, sondern langjährige Durchschnitte und Trendverläufe vorgestellt. Durchgängig wird versucht, den vielfältigen Besonderheiten der Bauwirtschaft, die beispielhaft mit den Stichworten Einzelfertigung, Auftraggeberbindung, Bereitstellungsgewerbe, Standortvielfalt und Transportkostenempfindlichkeit sowie Kapitalbedarf, Witterungsabhängigkeit und Regulierungsdichte gekennzeichnet werden können, in besonderer Weise gerecht zu werden. 6.1.3 Verwirrende, aber zielführende Vielfalt an Systematiken und Datenquellen zur Erfassung und Analyse von Bauwerksbeständen und Bautätigkeit

Entsprechend den beiden Betrachtungsweisen der Bauwirtschaft (Bauwerksbestände und Bautätigkeit) und entsprechend der darüber weit hinausreichenden Vielgestaltigkeit des Sektors müssen zu seiner Darstellung und Analyse unterschiedliche primär- und sekundärstatistische Informationsquellen herangezogen werden. Für Westdeutschland kann bezüglich der Bauwerksbestände und ihrer Nutzung auf die Systematik der Bauwerke sowie auf Gebäude- und Wohnungszählungen und auf deren Fortschreibung, auf Wohnungsstichproben sowie auf amtliche und ergänzende Anlagevermögensrechnungen zurückgegriffen werden. Die Analyse der Bautätigkeit stützt sich entstehungsseitig vor allem auf die Unternehmens- und Investitionserhebungen sowie auf die Kostenstrukturstatistik und die Totalerhebung im Bauhauptgewerbe mit der Zusatzerhebung im Ausbaugewerbe; ergänzende Informationen liefert z.B. der ifo Konjunkturtest für das Bauhauptgewerbe. Schließlich werden Daten zu den Bestandsveränderungen und zur Altbauerneuerung aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Bauinvestitionen) entnommen und 403

im DIW-Bauvolumen bereitgestellt; die Bautätigkeitsstatistik liefert Angaben zu Fertigstellungen im Wohnungs- und Nichtwohnbau. In der ehemaligen DDR wurde die Bauproduktion in feiner Untergliederung zentral erfaßt; hier sowie bei den Mengengrößen aufgetretene systematische Überschätzungen wurden intern schon frühzeitig und offiziell im ·Statistischen Jahrbuch für die DDR 1990· korrigiert. Im Rahmen des ·Systems der materiellen Produktion" wurden sowohl entstehungs- als auch verwendungsseitige Äquivalente zum Bruttoinlandsprodukt und damit zu den Bauinvestitionen ermittelt. Als Systematik der Gebäudebestände stand die "Erzeugnis- und Leistungsnomenklatur" (ELN) zur Verfügung. Zur Erfassung von Bauwerken und Bautätigkeit in Ostdeutsch/and wurden sämtliche einschlägigen Statistiken der Bundesrepublik Deutschland eingeführt, es wird aber noch eine Weile dauern, bis die Daten den gleichen Qualitätsansprüchen genügen; auf längere Zeitreihen muß man notwendigerweise noch eine Weile warten. 6.1.4 "Schlüsselsektor" Bauwirtschaft und ökonomisches "Gesetz· vom fallenden Bauanteil am Bruttoinlandsprodukt Nicht nur wegen der hohen absoluten Zahlen bei Betrieben und Beschäftigten sowie bei den erbrachten Leistungen, sondern wegen der engen Verflechtungen und den hohen Multiplikatoreffekten kommt der Bauwirtschaft eine große Bedeutung zu; vielfach gilt sie als einer der Schlüsse/sektoren unserer Volkswirtschaft, mit Ausstrahlung weit über das Ökonomische hinaus ("gebaute Umwelt"). Geht man von den westdeutschen Wertschöpfungsanteilen des Baugewerbes aus, so wird dies mit den etwas über 5 % Anteil am Bruttoinlandsprodukt nicht so richtig deutlich. Bauhaupt- und Ausbaugewerbe waren daran zuletzt im Verhältnis 60:40 beteiligt (mit Anteilsgewinnen der Ausbaugewerke). Mit dieser Betrachtung wird die Bedeutung der Bauwirtschaft unterschätzt, weil es auf die ganzen Bauwerke und damit auf die Bauinvestitionen ankommt; letztere erreichten im alten Bundesgebiet 1994 über 11 % des Bruttosozialproduktes bei zuletzt leicht anziehender Tendenz, die aber wohl nicht wieder auf die noch Mitte der siebziger Jahre registrierten Anteilswerte (15 % und mehr) führen wird. Bezieht man die "bloß" unterhaltenden Baumaßnahmen mit ein, so ergeben sich jedoch deutlich höhere Anteile. Entsprechend der größeren Wachstumsdynamik liegen die Anteilswerte in Ostdeutsch/and derzeit wesentlich höher.

404

Unter teilweise heftigen konjunkturellen Schwankungen war der Anteil der Bauinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt hierzulande also tendenziell rückläufig. Mit dieser Entwicklung steht (West-)Deutschland allerdings keineswegs alleine da, es scheint vielmehr fast ein ökonomisches "Gesetz" zu geben, wonach die Bauanteile mit steigendem Entwicklungsstand der Volkswirtschaften tendenziell kleiner werden. In den meisten europäischen und amerikanischen Industrienationen hat sich der Anteilswert bei 10 bis 12 % eingependelt; im lange Zeit besonders wachstumsstarken Japan liegt der Wert deutlich höher.

6.2

Entwicklung und Stand der Leistungserstellung in den Betrieben des deutschen Baugewerbes (Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerbe)

Konzentriert man sich auf die entstehungsseitigen Kernbereiche des Bausektors, also für die alten Bundesländer vor allem auf das Bauhauptgewerbe sowie auf das Ausbaugewerbe, so engt man die Betrachtung gegenüber der breiten Ausgangsdefinition von Bauwirtschaft deutlich ein. Wegen der vorgefundenen und fortbestehenden Unterschiede wird in strenger West-Ost-Differenzierung berichtet, wobei die Quellenvielfalt zwar verwirrend, aber notwendig ist. 6.2.1 Dominanz der Kleln- und Mittelbetriebe Im westdeutschen Bauhauptgewerbe mit über einer Million Beschäftigten bel Schwerpunkt Im Hochbau mit anhaltenden Spezialisierungstendenzen und stark schwankender Rentabilität Produktionsstätten (Unternehmen, Betriebe, Arbeitsstätten)

Angaben zu den Produktionsstätten des deutschen Baugewerbes finden sich zwar sowohl in der Umsatzstatistik (1992: rund 219 000 Bauunternehmen, das sind etwa 10 % der registrierten Unternehmen bei nur 6 % Umsatzanteil; darunter 91 000 Unternehmen des Bauhauptgewerbes, zu knapp 2/3 im Hoch- und Tiefbau) als auch in der Jahreserhebung, am ergiebigsten ist aber wohl die Tota/erhebung im Bauhauptgewerbe mit der Zusatzerhebung im Ausbaugewerbe (1993: 68 000 Betriebe des Bauhauptgewerbes mit einem Rückgang im Hoch- und Tiefbau, aber steigender Zahl z.B. im Spezialbau durch Spezialisierung und Ausgliederung; durch die 14 000 Betriebe des Ausbaugewerbes mit über 10 Beschäftigten werden nur 1/6 der Betriebe mit der Hälfte der Beschäftigten erfaßt).

405

Die vollständigste Erfassung der Produktionsstätten gelingt mit den in größeren Abständen durchgeführten Arbeitsstättenzählungen, wobei 1987 rund 72 000 Arbeitsstätten im Bauhauptgewerbe und etwa 114000 im Ausbaugewerbe erfaßt wurden; gegenüber 1970 bedeutete dies Zunahmen um jeweils etwa 10 %. Das Ausbaugewerbe ist also noch weit stärker kleinbetrieblich strukturiert, aber auch im Bauhauptgewerbe dominieren die Klein- und Mittelbetriebe: • Produktionsstätten im Bauhauptgewerbe

1987: 72000 Arbeitsstätten 1992: 91 000 umsatzsteuerpflichtige Unternehmen 1994: 68000 Betriebe laut Tota/erhebung.

Die Auswertung der Totalerhebung zur Größenstruktur der Betriebe im Bauhauptgewerbe ergab 1994 rund 83 % mit unter 20 Beschäftigten (1980: erst 76 %); insgesamt meldeten 1994 nur etwa 100 Großbetriebe mit über 500 Beschäftigten zu dieser Statistik (vgl. Abb. 6.2). Zwischen den einzelnen Größenklassen laufen dynamische Verschiebungen ab, die die Frage nach den dabei entstehenden volkswirtschaftlichen Reibungsverlusten aufwerfen. Abb.6.2

Betriebsgrößenklassen Im westdeutschen Bauhauptgewerbe - Anteil an der Gesamtzahl der Betriebe In % 1-9 Beschäftigte 53%

1-9 Beschäftigte 62%

50 und mehr B.

50 und mehr B.

6%

9%

23%

15%

10-19 B. 21%

1980

11%

1994

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 5.1

Die Umsatzkonzentration ist im Baugewerbe im Quervergleich zu anderen großen Wirtschaftszweigen ziemlich gering; noch die stärkste Konzentration wurde 1991 im Hoch- und Tiefbau ohne ausgeprägten 406

Schwerpunkt und im Spezial bau gemessen, wo die sechs größten Unternehmen rund ein Drittel des Gesamtumsatzes auf sich vereinigen; im Hochbau erreichen die 100 größten Firmen nicht einmal ein Viertel. Eine Spitzengruppe umfaßt Ge nach Abgrenzung und Meßkonzept) etwa acht Bauunternehmen mit Umsätzen von über 3 Mrd. DM; selbst die größten dieser Firmen bzw. die beiden großen Konzerne (Walter GmbH und Holzmann AG) rangieren auf der "Hitliste" deutscher Großunternehmen nicht besonders weit vorne. Eine Spezifität des deutschen Bau(haupt)gewerbes stellen die Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) dar, deren Zahl - teilweise wegen statistischer Untererfassungen - rückläufig ist (1993 nur noch rund 120 ARGEn). Die beabsichtigte mittelstandspolitische Komponente wird wohl immer weniger effektiv, vielmehr schließen sich v.a. Großunternehmen aus marktstrategischen Gründen zu ARGEn zusammen. Bei den Insolvenzen erreicht das Baugewerbe weit überproportionale Werte (etwa 15 % Anteil bei nur rund 10 % aller Unternehmen). Dies hängt wohl mit der Eigenschaft als Bereitstellungsgewerbe zusammen (die hohe Kapazitätsvorhaltung macht "anfällig"), aber auch niedrige Marktzugangsbarrieren und der phasenweise scharfe Wettbewerb neuerdings auch aus dem Ausland - dürften eine wichtige Rolle spielen. Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte, Sachkapltal und Material)

Beim Bauen werden Inputs in Form von Boden, Arbeitsleistungen, Sachgütern (Gebäude, Fahrzeuge, Maschinen, Geräte), Baumaterial und Energie eingesetzt und kombiniert, damit neue Bauwerke entstehen oder vorhandene Gebäude und Tiefbauten erhalten und in ihrem Substanzwert gesichert werden können. Bezogen auf die GesamtbescMftigung bringt es das westdeutsche Baugewerbe auf einen Anteil von rund 4 %, wobei die in diesem Sektor besonders große Zahl der Schwarzarbeiter und der sonstigen illegal BescMftigten mangels Daten naturgemäß unberücksichtigt bleiben muß. Beim Produktionsfaktor Arbeit müssen wieder verschiedene Datenquellen herangezogen werden, damit aussagekräftige (differenzierte und aktuelle) Zahlen zur Verfügung stehen:

407

• Arbeitskräfteeinsatz Im westdeutschen Baugewerbe 1987

(Arbeitsstättenzäh/ung):

1,1 Mi/I. Beschäftigte im Bauhauptgewerbe

darunter ca. 10000 in Ein-Mann-Betrieben (1970: insgesamt knapp 1,6 Mi/I.) 1993

(Mikrozensus):

2,0 Mi/I. Erwerbstätige im Baugewerbe

- 1,1 Mi/I. im Bauhauptgewerbe

1994

(Tota/erhebung): darunter

0,9 Mi/I. im Ausbaugewerbe

1,1 Mi/I. Beschäftige im Bauhauptgewerbe

- fast 90 % in Betrieben unter 200 Beschäftigen - etwa 12 % Aus/änderanteil.

Bei den geleisteten Arbeitsstunden der 1994 etwa 855 000 Baustellenarbeitskräfte hat sich bis 1994 ein scharfer Rückgang auf nur noch 1 590 Stunden pro Jahr ergeben (1970 waren es noch 1 930 Stunden p.a.), aber das jetzt erreichte niedrige Niveau wird wohl in der nächsten Dekade beibehalten werden (müssen). Zusätzlich zu den oben genannten Beschäftigten kommen 1994 noch etwa 48 000 tatige Inhaber hinzu, die überwiegend eine höhere Qualifikation aufweisen. Im langjährigen Durchschnitt haben insbesondere die kaufmännischen und technischen Angestellten an relativem Gewicht gewonnen (vgl. Tab. 6.1); die Bedeutung der dispositiven Aufgaben und der Überwachungsfunktionen hat also zugenommen. Der Einsatz von Sachkapital kann wegen mangelhafter Angaben zu den Abgängen nur ungenau nachgewiesen werden. Die Investitionen des Bauhauptgewerbes erreichten zwar nominal zuletzt wieder die alte Höhe (nominal rund 6 Mrd. DM), in realer Betrachtung ist der Einbruch der achtziger Jahre aber noch nicht aufgeholt. Die Investitionsquote des Bauhauptgewerbes (als Verhältnis zum Umsatz) beträgt etwas über 4 %; im Ausbaugewerbe sind es nur 2 % % (zum Vergleich: verarbeitendes Gewerbe etwa 5 %). Auch bei der Investitionsintensitat erreichen Bauhauptgewerbe (1993 rund 8 200 DM pro Beschäftigten) und erst recht das Ausbaugewerbe (etwa 3 000 DM) nicht entfernt die Werte des verarbeitenden Gewerbes (ca. 11 800 DM). Beide Niveauangaben hängen im Bauhauptgewerbe mit

408

dem hohen und steigenden Anteil des Leasing zusammen, auf das knapp 10 % der Ausrüstungsinvestitionen entfallen. Tab. 6.1

Beschäftigte Im Bauhauptgewerbe nach Ihrer Stellung Im Betrieb - Antene (In %) an der Ge.amtzahl der Beschlftlgten 1970 bl. 1994 -

Stellung im Betrieb

1970

1980

1988

1994

Inhaber, mithelfende Familienangehörige

5

5

5

5

Angestellte einschI. kaufmänn./techn. Azubis

9

13

15

16

Facharbeiter, einschI. Poliere und Meister

56

54

58

57

Fachwerker und Werker

29

23

17

18

Gewerblich Auszubildende Beschäftigte insgesamt

2

6

4

4

100

100

100

100

Quene: Statistische. Bunde.amt, Fach.erle 4, Reihe 5.1 ; Bau.tatlstlsche. Jahrbuch; Berechnungen des 110 Instituts.

Die KapaziUitsauslastung des vorhandenen Sachkapitals lag im Bauhauptgewerbe lange Zeit unter dem Wert von 1980; erst ab Anfang der neunziger Jahre wurden wieder steigende, aber noch nicht gleich hohe Auslastungsgrade erreicht. Der Anstieg der Kapitalintensitat (Kapitaleinsatz je Erwerbstätigen) im Bauhauptgewerbe ergab sich nicht durch eine rasche Aufstockung beim Sachkapital, sondern durch eine beschleunigte Reduzierung der Beschäftigten; diese Entwicklung hat sich mittlerweile wieder umgekehrt (Absolutwert 1994 rund 67 000 DM, im verarbeitenden Gewerbe etwa 199 000 DM). Zwei Drittel der beim Rohbau eingesetzten Ausrüstungsgüter entfallen auf Gerate, wobei die partiellen Rückgänge mit Substitutionsprozessen im Zuge technischer und organisatorischer Entwicklungen zusammenhängen. Der niedrige Anteil der Großbetriebe bei den Geräten hat mit deren hohem Leasinganteil und dem gestiegenen Einsatz von Sub- und Nachunternehmern zu tun. Auch wenn der gesamte Bausektor nur ein ganz kleiner Energieverbraucher ist, so waren doch auch bei diesem vergleichsweise unbedeutenden Kostenfaktor nach den Ölpreiskrisen deutliche Einsparbemühungen zu beobachten.

409

Zum Anstieg der Arbeitsproduktivität im Bau(haupt)gewerbe haben auch technische Neuerungen und die erhöhte Kapitalintensität beigetragen, der Bausektor rangiert jedoch mit seiner Innovationsintensität erst an 16. Stelle von 21 Wirtschaftsbereichen. Vor allem Großunternehmen betreiben Forschung und Entwicklung, aber auch bei ihnen wird zu geringer Mitteleinsatz und Doppelarbeit beklagt. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist die Produktion im Baugewerbe relativ wenig materialintensiv. Obwohl die Nachunternehmerleistungen kräftig ausgeweitet wurden, blieb die Vorleistungsquote nahezu unverändert. Zulieferungen kommen vor allem aus dem Bereich Steine und Erden sowie aus der Stahl- und Holzindustrie. Etwas überraschen könnte der vergleichsweise geringe Anteil des Fertigteilbaus, der zudem in letzter Zeit kaum mehr zugenommen hat bzw. sogar wieder zurückgegangen ist (vgl. Abb. 6.3). Abb.6.3

Anteil des Fertigteilbaus an den Baugenehmigungen - In Kubikmetern umbauten Raumesj nur Westdeutschlandj 1970 bis 1994 %

60

%

llUJ

_Wohnungsbau

Ei'Z2l Wohn-

NIchtwohnbau

40 _.

40

,

,

I

20

o

20

I

11, 70

Quelle:

60

und NIchtwohnbau Insgesamt

72

74

11

76

11

78

, 11

11 80

82

84

I1

86

11

88

, 11 90

11 , 92

94

0

Statistisches Bundesamt, Fachserle 5, Reihe 1 und AusgeWählte Zahlen zur Bauwirtschaft (Ifd.)j Berechnungen des Ifo Instituts filr WIrtschaftsforschung.

Hierzu ist auf die Nachfragestruktur sowie auf den Zusammenhang zum Einsatz von Fertigteilelementen zu verweisen. Die Differenzierung nach Bausparten und weiter nach Gebäudearten legt erhebliche Unterschiede offen; die Entwicklung im Wohnungsbau ist z.B. ohne die 410

Struktureffekte zwischen Eigenheimen und Mehrfamiliengebäuden sowie bei letzteren im Zuge des Rückganges der Großsiedlungen kaum zu verstehen. Als potente Substitutionskonkurrenz erweist sich auch das schlüsselfertige Bauen, das nicht nur im Wohnungsbau, sondern auch im Nichtwohnbau an Bedeutung gewonnen hat. Umweltschutz und Reststoffverwertung Im Bausektor

Umweltaspekte gewinnen auch in der (west-)deutschen Bauwirtschaft an Bedeutung. Dabei hat Bauen ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu Umwelt und Natur, die sie einerseits beansprucht und (teilweise massiv) verändert; andererseits hilft es, Schäden zu beseitigen oder Beeinträchtigungen zu vermeiden.

Unter den Baurestmassen kommt den Baustellenmischstoffen wegen ihrer heterogenen, die Wiederverwertung massiv "störenden" Zusammensetzung eine besondere Rolle zu. Von den gesamten Baurestmassen werden immerhin bereits etwa 20 % wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt. Das zunehmende Recycling von Baustellenabfällen geschieht aber beileibe nicht nur aus "Liebe zur Umwelt" oder wegen des Drucks verschärfter Umweltgesetze; ganz entscheidend haben Kostengründe und Verknappungstendenzen dazu geführt, daß Bauunternehmen bzw. Zulieferanten ein wachsendes Interesse an der "Gewinnung" von Sekundärrohstoffen haben. In vielerlei Hinsicht stellt der verschärfte Umweltschutz für den Bausektor also ein Nachfragestimulanz und ein Kostensenkungsinstrument dar. Es eröffnen sich Marktchancen in neuen Aufgabenfeldern, z.B. beim Gewässer- und Lärmschutz, bei der Beseitigung und Deponierung von Abfällen sowie bei der Luftreinhaltung. Vielfach können hierbei tradierte Techniken und bewährte Bauverfahren direkt oder mit vergleichsweise geringfügiger Modifikation eingesetzt werden. Meßgrößen der Bauproduktion

Für die Erfassung des Outputs von Bauhaupt- und Ausbaugewerbe stehen ebenfalls verschiedene Konzepte zur Verfügung. Der bau gewerbliche Umsatz des Bauhauptgewerbes belief sich 1994 auf nominal rund 183 Mrd. DM (was knapp 165 IP bei 1980 = 100 entspricht); das Ausbaugewerbe brachte es (bei noch "schärferen" Abschneidegrenzen) auf 40 Mrd. DM. Heftige Strukturveränderungen nach Sparten und Zweigen ergaben sich bis zum Tiefpunkt 1987, der folgende Aufschwung verlief dagegen weitgehend parallel.

411

Da der VGR-Produktionswert die Vorleistungen nicht ausklammert, sollte man besser mit der Bruttowertschöpfung arbeiten. Das Baugewerbe brachte es 1993 auf nominal 163 Mrd. DM und damit auf fast 6 % des BIP. Das Ausbaugewerbe hat auch bei dieser Größe rascher expandiert, der Anteil des Bauhauptgewerbes war folglich rückläufig. Wegen der unterschiedlichen Meßkonzepte und der abweichenden Jahre ist ein Vergleich der Absolutwerte wenig sinnvoll. Die Indexbetrachtung zeigt (vgl. Abb. 6.4), daß der Output des Bauhauptgewerbes Anfang der neunziger Jahre real erst wieder das Niveau vom Anfang der achtziger Jahre erreicht und bis 1994 nur wenig überschritten hatte. Die dazwischenliegende gravierende Abschwächung hat dazu geführt, daß die Expansion deutlich hinter dem Anstieg der Gesamtwirtschaft zurückblieb. Abb.6.4

Produktion Im westdeutschen Bauhauptgewerbe 1980 bis 1994 1980 = 100 160r---------------------------------------------~

140~----------------------------------~--------~

120~------------------------------~------------~

100~~r_------------------~~--~~~~--------~

80~~--~--~~--~--~~--~--~~--~--~~--~

198081

-

82

Nettoproduktion

83

84

'* baugewerblicher Um• •tz nomina'

Quelle:

85

86

87

*' Produktlon.wert

88

89

90

91

92

93

94

. . Bruttowertechöpfung

. . beugewerblicher Umeatz real

Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch (Ifd.), Fachserle 18, Reihe 1.3, und Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft (Ifd.); Berechnungen desifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

Produktivitätskennziffern und Kostenstruktur

Betrachtungen zur Effizienz des Faktoreinsatzes müssen den (Netto-) Output und die Inputs gegenüberstellen. Die Arbeitsproduktivität (Out412

put pro Erwerbstätigen) betrug im Bauhauptgewerbe 1993 rund 70 000 DM (verarbeitendes Gewerbe: 86 000 DM); pro BaustellenArbeitsstunde ergab sich ein jahresdurchschnittlicher Anstieg um etwa 2,8 % (wie im verarbeitenden Gewerbe) bzw. von 2,9 % mit dem nicht um Transferleistungen korriegierten Bauvolumen, das zwar Subunternehmerleistungen herausrechnet, dafür aber Leistungen anderer Sektoren einbezieht. Das Verhältnis zwischen Nettoproduktion des Bauhauptgewerbes und ausgelastetem Bruttoanlagevermögen, also die Kapitalproduktivitlit, ist langsamer gestiegen (1,3 bzw. 1,0 % p.a.); dadurch ist im Bauhauptgewerbe der Kapitalkoeffizient gesunken, es wurde also weniger Sachkapital pro Einheit Bauleistung eingesetzt. Die Totalproduktivitlit faßt diese beiden Effekte zusammen; sie stieg im Bauhauptgewerbe mit 2,5 % p.a. rascher als im verarbeitenden Gewerbe (nur 2,3 %), weil der Anstieg der Arbeitsproduktivität nicht durch eine höhere Kapitalintensitlit "erkauft", sondern durch organisatorische u.a. Änderungen erreicht wurde. Beim Vergleich der Kostenstrukturen zwischen Bauhauptgewerbe und verarbeitendem Gewerbe fällt die geringere Vorleistungs- und die größere Lohnintensität der Bauproduktion auf (vgl. Tab. 6.2). Ursächlich hierfür sind die Art der zu erbringenden Leistungen und die immer noch starke handwerkliche Ausrichtung. Tab. 6.2

Kostenstruktur Im Bauhaupt- und verarbeitenden Gewerbe 1993 - Anteile am Bruttoproduktlon.wert In %; nur We.tdeutschland -

Kostenarten

Bauhauptgewerbe

verarbeitendes Gewerbe

Vorleistungen

57

65

Kostensteuern

1

3

Personalkosten

36

27

Kapitalkosten

4

5

Jahresüberschuß

2

0

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.3 und Fachserle 4, Reihe 4.3.1; Berechnungen des Ifo Instituts fÜr WIrtschaftsforschung.

Der Anteil der Nachunternehmerleistungen ist im Bausektor schon heute wesentlich höher und im weiter Steigen begriffen, was mit der 413

Tendenz zum Generalunternehmer (mit höherem Planungs- und Koordinierungsaufwand), mit niedrigeren Löhnen der Subunternehmer und mit der zunehmenden Spezialisierung zusammenhängt. Der Personalkostenanteil blieb trotz gestiegener Arbeitsproduktivität konstant, weil die Löhne kräftig angehoben wurden (durchschnittlich um 4,1 % p.a.). Die Rentabilität im westdeutschen Bauhauptgewerbe liegt im Durchschnitt etwas über der im verarbeitenden Gewerbe, aber auch die Konjunkturempfindlichkeit ist stärker ausgeprägt. 6.2.2 Wenige Kombinate mit Großbetrieben und starker vertikaler Integration sowie formal hochqualifizierten Arbeitskräften, aber gleichwohl niedriger Produktivität prägten die DDRBauwirtschaft Vor dem Zusammenbruch des DDR-Regimes war auch die Bauwirtschaft voll auf dieses System ausgerichtet. Nach dem tiefen Einbruch sind kaum Ansatzpunkte für eine Kontinuität zu finden, aber die Personen sind vielfach die gleichen geblieben. Mit der folgenden Darstellung sollen die Intensität des Bruches verdeutlicht und Besonderheiten der DDR-Bauwirtschaft hervorgehoben werden. Begriffe, Abgrenzungen und Zuordnungen Selbst (oder erst recht) bei scheinbarer Begriffgleichheit muß man sich die jeweiligen Inhalte gen au ansehen. Zentrale Begriffe waren in der DDR die Bauwirtschaft (Errichtung, Rekonstruktion und Instandhaltung von Bauwerken mit Planung und Überwachung der Bautätigkeit) und das eher institutionell abgegrenzte Bauwesen, das auch die Baumaterialien einbezog (vgl. Abb. 6.5). Kern war also jeweils die Bauindustrie mit ihren Kombinaten und Großbetrieben, der das genossenschaftliche und private Bauhandwerk gegenüberstand. Entsprechend "polarisiert" waren auch die Betriebsgrößen: In den über 40 Kombinaten hatten die mehr als 130 Betriebe meist über 1 000, teilweise deutlich über 3 000 Berufstätige; die Baukombinate vereinten jeweils über 10 000 Berufstätige. Demgegenüber brachten es die rund 19 000 Betriebe des privaten Handwerks durchschnittlich nur auf drei Berufstätige, so daß der Gesamtdurchschnitt auf 35 Berufstätige pro Betrieb gedrückt wird. Über 1 000 Berufstätige hatten etwa 100 Betriebe (also weit mehr als in Westdeutschland; vgl. Abschnitt 6.2.1); fast die Hälfte der Beschäftigten war in Betrieben mit über 2 000 Personen tätig.

414

Abb.6.5

Zusammenhänge der Gliederung nach Bauwesen, Bauindustrie und Bauwirtschaft in der ehemaligen DDR - mit Angaben zur Beschäftigtenzahl 19851) -

Bauwesen (546,1)

Baubetriebe der Landwirtschaft

Bauhart werk 2

Bauindustrie

Baumaterialienindustrie

übrige Einrichtungen des Ba~fesens

(56,2)

(95,9)

(424,0)

(106,2)

(15,9)

Sauwirtschaft (576,0)

1) Angaben in 1 000 Berufstatigen (ohne Lehrlinge). 2) Produktionsgenossenschaften und private Bauhandwerksbetriebe. 3) Z.B. Baumechanisierung, Baumaterialienhandel, Bauakademie, Projektionsbetriebe und wirtschaftsleitende Organe des Bauwesens. Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Betrachtet man bei den Produktionsfaktoren zunächst den Einsatz von Arbeitskriiften (= Berufstätige; ohne Lehrlinge = Beschäftigte), so ergeben 1989 die fast 580 000 Personen einen Anteil an der Gesamtwirtschaft von etwas unter 7 %. Der Anteilswert war seit 1985 gesunken, wobei auch die Ausbildungszahlen zurückgegangen sind; die Abwanderung in andere Wirtschaftszweige könnte heute eine gewisse Reserve darstellen. Der hohe Anteil (33 %) der Angestellten ist einerseits Ausdruck der starken vertikalen Integration, andererseits aber ein Zeichen für baufremde Leistungen und ausgeprägte Ineffizienz. Die Qualifikation der Bauarbeitskräfte war in der DDR formal sehr hoch; rund 90 % hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung (vgl. Abb. 6.6). Durch die Organisation in Brigaden sind weitere Personen dem Führungspersonal zuzurechnen. Bei der Erfassung des Einsatzes von Sachkapital (wo der "Grundmitteibestand" in etwa dem westdeutschen Bruttoanlagevermögen entspricht) bereitet der Nachweis des hohen Verschleißes beträchtliche Probleme. Nur 2 % des DDR-Grundmittelbestandes waren der Bauwirtschaft zugeordnet; dieser Anteilswert ist ab 1984 gesunken. In der

29 Bauwirtschaft

415

Gesamtwirtschaft, speziell aber im Bausektor reichten also Kapitalbildung und -zuweisung immer weniger zur angemessenen Aufgabenerfüllung aus. In der Bauwirtschaft wurden lediglich etwas über 50 000 Mark pro Berufstätigen an Sachkapital eingesetzt, die Kapitalintensität der Bauwirtschaft war also wesentlich niedriger (produzierende Bereiche: 185000 Mark). Abb.6.6

Qualifikationsstruktur der Baubeschäftigten in der DDR 1989 Fachschulabsolventen 9 %

Hochschulabsolventen 4 %

Lehrlinge 8 %

Facharbeiter 59 % Quelle: Statistisches Jahrbuch der DDR 1990.

Die Investitionen waren in den achtziger Jahren in der.DDR rückläufig, im Bausektor kam es 1983 bis 1987 sogar zu Desinvestitionen (Abschreibungen größer als Bruttoinvestitionen). Auf die Bauwirtschaft entfiel mit 2 % aller Investitionen im Durchschnitt aber wohl doch ein höherer Anteil als im früheren Bundesgebiet (rund 1 %). Ursächlich für den Produktivitätsrückstand und die geringe Effizienz (auch) der DDR-Bauwirtschaft waren vordergründig bzw. in erster Linie der unzureichende Bestand und das niedrige technische Niveau von Baumaschinen und -geräten sowie die schlechten Baumaterialien; die formal hoher Qualifikation beachtliche potentielle Leistungsfähigkeit der Bauarbeitskräfte konnte sich deshalb, aber auch wegen - als ·Systemfehler" - mangelnder Leistungsanreize nicht entfalten. Im Jahre 1989 waren 50 bis 60 %, teilweise sogar 70 % der Maschinen auf Null abgeschrieben, aber im Produktionsprozeß weiterhin eingesetzt und als Sachkapital bewertet. Die Verschleißquote der 416

Ausrüstungen hatte während der achtziger Jahre stark zugenommen und bedingte einen hohen Aufwand für Instandsetzungen, wofür Austal/zeiten von häufig zwei Stunden pro Arbeitstag anzusetzen waren. Bei manchen Baumaterialien konnte man in der DDR 'aus der Not eine Tugend' machen, indem man die Baurestmassen als Rohstoffreserve (Schätzungen reichten bis zu 50 % Anteil) betrachtete und die 'Sero-Wirtschaft" mit SekundlJ.rrohstoffen ausbaute. Manche dieser Ansätze könnten heute - ungewöhnlich genug - für Deutschland und darüber hinaus Vorbild sein. Andererseits erreichten Forschung und Entwicklung in der DDR nur einen Anteil von 0,5 % der Bauproduktion. Kennziffern der Produktion und der Produktivität Die DDR-Bauwirtschaft kannte "statistisch" nicht den Unterschied zwischen Rohbau- und Ausbauleistungen . Anteilig entfielen von der • DDR-Bauproduktlon 1985 (48 Mrd. Mark)

60 %

auf die Bauindustrie

12 %

auf das Bauhandwerk

6% und

22 %

auf Baubetriebe der Landwirtschaft auf Baukapazitäten außerhalb der Bauwirtschaft,

wobei die Dominanz der Bauindustrie und der hohe Anteil der 'außerhalb'-Leistungen auffällt; letztere ergeben sich aus der starken vertikalen Integration auch der übrigen Wirtschaftszweige, wie umgekehrt die Baubetriebe viel 'Nichtbauleistungen' aufzubringen hatten. Die Bauproduktion der DDR stieg 1989 nur noch um 1 %, wobei der rasche Anstieg im Bauhandwerk mit dessen (realtiver) Effizienz und mit dem hohen Reparaturbedarf zusammenhängt. Pro Einwohner wurden über 2 000 Mark Bauproduktion erreicht (was mit den rund 3 500 DM Bauleistung pro Einwohner im alten Bundesgebiet nicht verglichen, sondern nur nebeneinander gestellt werden sollte). Aus dem Produktionswert der DDR-Bauwirtschaft läßt sich mit den verfügbaren Strukturangaben folgende Zusammensetzung errechnen: Vorleistungen Abschreibungen 29·

60 % 4%

417

individuell angeeignetes Produkt (= Löhne und Gehälter) Mehrwert (= Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen)

18 % 18 %.

Der Anstieg der Bruttowertschöpfung, der in den achtziger Jahren noch bei 5 % p.a. lag, erreichte 1985 nur noch 0,6 %; zum Bruttoinlandsprodukt trug die DDR-Bauwirtschaft knapp 6 % bei. Zur Produktivitäts entwicklung sind kaum zuverlässige Angaben und speziell keine Quervergleiche möglich. Auf der Basis 1980 = 100 war die reale Kapitalproduktivität 1989 auf etwa 108 Ip, die reale Arbeitsproduktivität auf 148 IP gestiegen. Die Jahresbauleistung pro Beschäftigten erreichte zuletzt 65 000 Mark. Nach DIW-Schätzungen lag die Pro-Kopf-Leistung in der DDR-Bauwirtschaft nur bei etwa 50 % des Westniveaus (zu den Ursachen vgl. oben in diesem Abschnitt).

6.2.3 Trotz hoher Angleichungsdynamik im Osten immer noch beträchtliche Unterschiede bel den über 100 000 Betrieben sowie bei über 2 Millionen Beschäftigten und steigenden Umsätzen des gesamtdeutschen Baugewerbes Der Zusammenbruch des DDR-Regimes und die Wiedervereinigung bedeuteten einen Strukturbruch auch im Bausektor für beide Teilstaaten. In Ostdeutschland war eine totale Umorganisation notwendig, es verblieben aber (buchstäblich und übertragen) große "Altlasten". Ein gesamtdeutscher Baumarkt ist erst im Entstehen. Die Zeit ist noch zu kurz, als daß die Anpassungsprozesse - trotz beachtlicher Dynamik schon abgeschlossen sein könnten; man muß sich also mit additiven Angaben (West- und Ostdeutschland) begnügen.

Anzahl und Größenstruktur der Baubetriebe . Das ostdeutsche Bauhandwerk besteht überwiegend aus Kleinstbetrieben, die von der amtlichen Statistik des Ausbaugewerbes wegen der Abschneidegrenze gar nicht erfaßt werden (Schätzung für Westdeutschland: etwa die Hälfte der Betriebe hatte weniger als 10 Beschäftigte). Da außerdem Kombinate und Großbetriebe geteilt wurden, war der Baumarkt stark in Bewegung, was Analysen naturgemäß kolossal erschwert. Die Zahl der Baubetriebe in Deutschland hat 1994 (trotz Anschneidegrenze) den Wert 100 000 überschritten (vgl. Tab. 6.3); der rasche 418

Anstieg resultiert dabei aus den neuen Ländern. Zunahmen konnten vor allem der Hoch-/Tiefbau sowie das Ausbaugewerbe verzeichnen. Bei der Größenstruktur ergibt sich für Deutschland eine "Mischung", wobei die Durchschnittswerte in den neuen Ländern noch deutlich über den westdeutschen Werten liegen und noch nicht genau abzuschätzen ist, ob bzw. wann es zu einer vollständigen Angleichung kommen wird. Tab. 6.3

Betriebe Im deutschen Baugewerbe 1994

Bauhauptgewerbe 1 )

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Deutschland

68312

13914

82226

Hoch-fTiefbau

34789

9472

44261

Spezialbau

10789

1 478

12267

8011

310

8321

14723

2654

17377

Ausbaugewerbe 2 )

14296

5029

19325

Baugewerbe insgesamt

82608

18943

101 551

-

Stukkateure usw. Zimmerei/Dachdeckerei

1) Alle Betriebe. 2) Betriebe ab 10 Beschäftigten.

Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1 ; Berechnungen des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

Zahl und Qualifikation der Baubeschäftigten

Der scharfe Strukturbruch führte dazu, daß in Ostdeutschland zunächst ein Drittel weniger Personen in der Bauwirtschaft beschäftigt wurden als zu DDR-Zeiten (was auch mit geänderten Zuordnungen zusammenhängt). Bezogen auf alle Erwerbstätigen erhält man als • Anteile der Bauarbeitskräfte 1994 alte Bundesländer

4Y2%

neue Bundesländer

7 Y2 %

Deutschland

etwa

5

%.

419

Zwischen Bauhaupt- und Ausbaugewerbe hat sich in Ostdeutschland ein Verhältnis von rund 75:25 herausgebildet (ungefähr wie in den alten Ländern). 1994 waren im gesamtdeutschen Baugewerbe trotz Abschneidegrenze über 2 Millionen Menschen beschäftigt (vgl. Tab. 6.4). Tab. 6.4

Beschäftigte Im deutschen Baugewerbe 1994 - Anzahl der Bauarbeltskrifte (In 1 000; gerundet) alte Bundesländer

neue Bundesländer

Deutschland

1 099

435

1 534

834

374

1 209

Spezial bau

65

18

83

Stukkateure usw.

56

5

61

144

37

181

367

148

515

Bauinstallation

237

95

331

andere Fachzweige

130

94

184

1 466

583

2049

Bauhauptgewerbe 1 )

-

Hoch-ffiefbau

Zimmerei/Dachdeckerei

Ausbaugewerbe 2 )

-

Baugewerbe Insgesamt 1) In allen Betrieben. 2) In Betrieben ab 10 Beschäftigten.

Quelle: Statistisches Bundes.mt, Fachserle 4, Reihe 5.1.

Im Baugewerbe der neuen Länder konnten die Hochqualifizierten gehalten werden, so daß ein höherer Anteil an Facharbeitern sowie an Polieren und Schachtmeistern nachgewiesen wird (nicht immer sind West-Ost-Vergleiche ohne Probleme möglich). Das "overhead" an technischen und kaufmännischen Angestellten ist wesentlich kleiner, weil deren Funktionen häufig noch von den West-Zentralen übernommen werden. Meßziffern der Bauproduktion und der Produktivität Der baugewerliche Umsatz des Bauhauptgewerbes erreichte 1994 in Deutschland knapp 250 Mrd. DM, wovon etwa 25 % (bei 28 % der Beschäftigten) auf die neuen Bundesländer entfielen; allerdings gilt auch hier weiterhin: AChtung bei Vergleichen wegen der Abgren420

zungs- und Zuordnungsprobleme. Die Zuwl1.chse sind in Ostdeutschland auch beim Umsatz deutlich höher. Gewerblicher und öffentlicher Bau halten daraus größere Anteile, wohingegen der Wohnungsbau noch zurückbleibt, am aktuellen Rand aber rasch aufholt. Zwar sind Angaben zum und Vergleiche mit dem baugewerblichen Umsatz wegen der "Aufblähung" durch Subunternehmerleistungen höchst problematisch, aber andere Meßziffern der Arbeitsproduktivitl1.t stehen aktuell kaum zur Verfügung. Die Angabe von 80 % des Westniveaus beim Umsatz pro Beschäftigten dürfte für die neuen Länder als Maß der Arbeitsproduktivitl1.t überhöht sein (zumal Transferleistungen zu berücksichtigen sind); vermutlich wurden noch nicht einmal 70 % erreicht, aber die Angleichung macht rasche Fortschritte. Die BruttowertschOpfung des Baugewerbes bringt es in Ostdeutschland auf einen Anteil von 15 % am Bruttoinlandsprodukt (alte Länder: nur 5 bis 6 %), womit schon etwa ein Fünftel des westdeutschen Absolutniveaus und damit deutlich mehr als der Bevölkerungsanteil erreicht werden.

6.3

Höhe und Nutzung der Bauwerksbestände sowie Niveau und Entwicklung der Bautätigkeit zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken

Die verbreitete Selbsteinschätzung des deutschen Bausektors als "Bereitstellungsgewerbe" signalisiert, welche überragende Bedeutung Nachfrageeinflüssen zukommt, weshalb an den gewünSChten Bauwerksnutzungen und den kompletten Bauwerken angeknüpft werden muß. Der aus individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Normen abgeleitete Baubedarf ist eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für eine hohe Nachfrage nach Leistungen derjenigen Wirtschaftszweige, mit denen Gebäude und Tiefbauten errichtet und erhalten werden; außerdem ist hierfür noch die Gegenüberstellung mit dem vorhandenen Bauwerksbestand notwendig. Wie schnell festgestellte Diskrepanzen dann durch die bestandsverändernden Bauinvestitionen oder durch bestandserhaltende Baumaßnahmen (zusammen also durch das Bauvolumen) beseitigt werden, hängt von einer Reihe weiterer Einflußfaktoren ab (vgl. Abschnitt 6.5).

421

6.3.1 Hohes und stetig wachsendes, aber rasch alterndes Bauvermögen bei Eigentümern und Nutzern von Gebäuden und Tiefbauten sowie anhaltend große Wohnungsdefizite trotz Rekordniveau des Wohnungsbestandes (28 Millionen) in Westdeutschland Die Erfassung des Bauwerksbestandes dient auch zur Saldierung mit den Nutzungswünschen der Bedarfsträgergruppen. Eine mengenmäßige Erfassung erfolgt nur für Wohngebäude, weshalb ansonsten auf Wertangaben zurückgegriffen werden muß.

Bruttoanlage- und -bauvermögen in den alten Ländern Hohe Diskrepanzen zwischen Eigentümer- und Nutzerkonzept weisen beim eingesetzten Kapitalstock die Bereiche Handel und Bau auf, wo Leasing doch eine beträchtliche Rolle spielt. Ohne die Wohnungsvermietung betrug das Bruttoanlagevermögen 1994 rund 6,9 Bill. DM (in Preisen von 1991). Auf das Bauvermögen entfielen davon rund 60 %; nimmt man die Wohnungsvermietung hinzu, so waren es sogar 80 %. Diese Angaben reflektieren die Langlebigkeit von Bauwerken. Das westdeutsche Bruttobauvermögen üetzt einschließlich Wohnungsvermietung, aber ohne öffentliche Tiefbauten) betrug 1994 rund 9,6 Bill. DM, was gegenüber 1970 mehr als eine Verdoppelung bedeutet. Auf die gewerblichen Unternehmen entfielen deutlich über 3 Bill. DM (Anteil: 33 %), hier war der Anstieg am steilsten (1970: 1,4 Bill. DM). Der Sektor Staat bringt es nach einem schwachen Anstieg nur auf 0,9 Bill. DM (Anteil: ziemlich konstant 9 %), wohingegen die Wohnungsvermietung mit jetzt 5,3 Bill. DM ihr Bauvermögen ebenfalls verdoppelt hat (Anteil: etwas über 55 %). Bei der Altersstruktur des Bauvermögens ergeben sich beachtenswerte Unterschiede: Am niedrigsten ist das Durchschnittsalter bei den Unternehmen (20 bis 21 Jahre, aber leicht steigend), wohingegen die Wohnungsvermietung (knapp 27 Jahre) sowie erst recht der Staat (fast 28 Jahre) doch deutlich höhere Werte erreichen. Es ist also eine gewisse Tendenz zur Überalterung der Bausubstanz festzustellen, allerdings sollte nicht übersehen werden, daß der Erhaltungszustand der Bauwerksbestände in Westdeutschland durch hohe Bestandsmaßnahmen insgesamt sehr gut ist.

422

Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen Der Wohnungsbestand wird in größeren Abständen (zuletzt 1987) in den Vollerhebungen "Gebäude- und Wohnungszählung" (GWZ) erfaßt und dann jährlich fortgeschrieben. In kürzeren Abständen durchgeführte Wohnungsstichproben (zuletzt 1993) liefern zusätzliche und aktuellere Informationen. 1987 gab es im alten Bundesgebiet 12,4 Mill. Gebäude mit Wohnraum und darin etwa 26,6 Mill. Wohneinheiten. Mit 1,8 % war die Leerstandsrate seinerzeit relativ gering, nach der Wohnungsstichprobe mit 3 % deutlich höher. In der amtlichen Fortschreibung werden die Wohnungsabgänge systematisch unterschätzt, weshalb der Bestand vor der GWZ 1987 um 1,3 Mill. WE zu hoch ausgewiesen wurde. Mit eigenen Abgangsschätzungen berechnet und prognostiziert das ifo )nstitut einen korrigierten Wohnungsbestand (vgl. Abb. 6.7), der 1994 bereits wieder um 0,5 Mill. WE niedriger war als die amtliche Fortschreibung; diese ifo Schätzung wurde von den hochgerechneten Stichprobenergebnissen eindrucksvoll bestätigt. Abb.6.7

Entwicklung des Wohnungsbestandes In Westdeutschland Wohnungen In Mill.

29

- - - - - - - - - - -

27

25 23 21 19 17~-L~-L~~~~-L~~-L~-L~~-L~~-L~-L~

62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 Quelle:

Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 3; Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts.

423

Vor allem infolge der sprunghaften Bevölkerungszunahme und der "heruntergeredeten" Fertigstellungen hat sich die durchschnittliche Wohnungsversorgung im ehemaligen Bundesgebiet in den letzten Jahren zunächst weiter verschlechtert. Der ifo Wohnungsversorgungsindikator, der die Nettozugänge der Haushalte und des Wohnungsbestandes gegenüberstellt, ist bis 1993 auf - 1:8 Mill. Wohneinheiten gesunken; erst am aktuellen Rand zeigen sich leichte Besserungstendenzen (Prognose für 1999: rund - 1,4 Mill. WE), es bräuchte aber von heute an noch 10 Jahre lang Fertigstellungszahlen von rund 500 000 WE, um das Niveau von 1980 wieder zu erreichen. 6.3.2 Heftige konjunkturelle Schwankungen der westdeutschen Bautätigkeit und der Wohnungsfertigstellungen überlagern Trendverluste des öffentlichen Baus, der Wohnungsneubau verzeichnete aber zuletzt einen kräftigen NIveausprung

Durch die Bautätigkeit nicht nur des Baugewerbes, sondern auch anderer Bereiche sowie durch Eigenleistungen, werden Bauwerksbestände verändert (= Bauinvestitionen und Fertigstellungen) sowie erhalten und verbessert (= Erweiterung zum Bauvolumen). BauinvestitIonen nach Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Die gesamten (Brutto-)Anlageinvestitionen erreichten 1994 in Westdeutschland etwa 510 Mrd. DM, wovon 61 % auf die VGR-Bauinvestitionen entfielen und somit das Bruttobauvermögen erhöhten. Der Anteil der Bauinvestitionen ist nach 1970 tendenziell gesunken und erst ab 1990 wieder spürbar nach oben gegangen. Auf den Staat (Gebietskörperschaften und Sozialversicherung) entfielen zuletzt nur noch 15 % (vgl. Abb. 6.8; früher 25 %). Zu zwei Dritteln werden die öffentlichen Bauinvestitionen von Kommunen bestritten, die von Zuweisungen von Bund und Ländern abhängig sind. Die "Finanzklemme" durch einerseits Grenzen bei Staatsquote und Steuerbelastung und Belastungen durch den Konjunktureinbruch, andererseits sonstige Aufgaben (Personal- und Sozialaufwand, Transfer in die neuen Länder) und Konsolidierungsbemühungen bei hohem Bedarf dürfte weiterhin bestimmend bleiben. Aufstockungen (z.B. bei Umweltmaßnahmen) sind nur durch Umschichtungen möglich. Auf den Wirtschaftsbau entfallen inzwischen fast 35 % der Bauinvestitionen bei tendenzieller weiterer Zunahme und vergleichsweise kontinuierlicher Entwicklung. Die einzelnen Wirtschaftszweige haben sich allerdings recht unterschiedlich entwickelt; speziell das verarbeitende 424

Gewerbe kennzeichnet eine ausgeprägte Zyklik (mit Investitionsflaute in den achtziger Jahren), wohingegen die unternehmensorientierten tertiären Bereiche, teilweise durch Auslagerungen, deutlich überproportional expandiert haben. Abb.6.8

Anteile der Bausparten an den westdeutschen Bauinvestitionen 1970 bis 1994 in % 60~-------------------------------------------.

Wohnungsbau

50 40

- - - - - - - ..... .

30

_ ........... . Staat

20 10

oL-L-~~~~~~-L-L-L-L~~~~~~~~L-L-~

70 Quelle:

72

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

Statistisches Bundesamt, Fachserle 18, Reihe 1.3; Berechnungen des Ifo Instituts für WIr1schaftsforschung.

Unterschiedliche Motive und Verhaltensweisen sind im Wohnungsbau für Selbstnutzer oder Kapitalanleger kennzeichnend. Nach einem "phönixgleichen" Wiederanstieg liegt der Anteil jetzt wieder klar über 50 %, aber zwischenzeitlich gab es eine Phase mit fallendem Trend. Der hohe pOlitische Stellenwert des Wohnens konnte die Fehleinschätzung von vermeintlichen Sättigungserscheinungen Mitte der achtziger Jahre nicht verhindern. Danach kam es aber zu einem steilen und langen Anstieg (1987 bis 1994) in dessen Verlauf neue Rekord marken erreicht wurden. Bauvolumen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

Auch das DIW-Bauvolumen ist - trotz Berechnung über die Beiträge der Produzentengruppen - ein verwendungsseitiges Teilaggregat, es 425

ist allerdings breiter abgrenzt, wobei die Abgrenzungsunterschiede und häufig abweichende Wertangaben verwirren können. Daher erfolgt hier die Beschränkung auf Strukturvergleiche. Die Untergliederung nach Produzentengruppen ergibt für das Bauhauptgewerbe 1994 einen Anteil von nur noch 42 % (1970 noch etwa 50 %), wohingegen das Ausbaugewerbe leicht auf 30 % zulegen konnte (1970: 27 %) und die Leistungen der sonstigen Bereiche sogar von 22 auf 28 % geklettert sind. Diese Verschiebungen hängen mit dem schwankenden Anteil der Bausparten, aber auch mit der Relation Neubau zu Bestandsmaßnahmen zusammen. Über vier Fünftel des Bauvolumens entfallen derzeit auf den Hochbau, weniger als ein Fünftel bleibt also für den Tiefbau. Das Wohnungsbauvolumen kann nach Neubau und Altbauerneuerung aufgespalten werden: Lange Zeit war der Neubauanteil, v.a. wegen des stark vom Staat beeinflußten Geschoßwohnungsbaus, tendenziell deutlich gesunken, erst seit Ende der achtziger Jahre ist eine Umkehr zu beobachten, die bis 1994 zu einem Anteil von fast 60 % führte. Die Altbauerneuerung verlief insgesamt wesentlich stetiger; sie erreichte gegen Ende der achtziger Jahre zeitweilig über 50 % des Wohnungsbauvolumens. Auf lange Sicht werden vermehrt Bestandsmaßnahmen anfallen, weil die Bestände wachsen und altern, Präferenzen für Altbauten vorherrschen, Nutzerwechsel zunehmen, die Substanzerhaltung groß geschrieben wird und auch Geld für diese Zwecke vorhanden ist. Fertigstellungen Im Wohnungs- und NIchtwohnbau

In vielfacher Hinsicht sind die Informationen und Daten aus der BauUitigkeitsstatistik hochgradig nützlich, der Quervergleich zu den Wertgrößen ist jedoch nicht unproblematisch, weil nur genehmigungspflichtige Hochbauten erfaßt und nur zu einem Stichtag mit den veranschlagten Baukosten bewertet wird. Daher erfolgt hier eine Konzentration auf die Mengengrößen. Im Nichtwohnbau entfallen von den fertiggestellten Nutzflächen etwa 60 % auf nicht landwirtschaftliche Betriebsgebäude, 20 % auf Büround Verwaltungsgebäude (1970 erst 10 %) und 10 % auf (überwiegend staatliche) sonstige Nichtwohngebäude (1970: noch 20 %). Auch hier haben die Bestandsmaßnahmen steigende Bedeutung erlangt (aber es gibt keine verläßlichen Daten oder Zeitreihen).

426

Die Wohnungsfertigstellungen hatten ihren Höchststand bereits 1973 mit 675 000 WE (vgl. Abb. 6.9); bis 1975 erfolgte eine schroffe Halbierung und 1988 wurde mit nur noch 184 000 WE ein Nachkriegstief erreicht; nach steilem Wiederanstieg konnte 1994 die 500 OOOer-Marke erneut übertroffen werden. Die starken Schwankungen kommen überwiegend vom Geschoßwohnungsbau und hängen außer mit Einkommen und Zinsen mit der Wohnungspolitik (diese wirkte nicht verstetigend), mit wechselnden Bedarfseinschätzungen, unsteten Erwartungen der Investoren (Inflationsrate, Renditen und Steuern) sowie mit Variationen bei alternativen Anlagemöglichkeiten zusammen. Abb.6.9

Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit In Westdeutschland Insgesamt sowie im sozialen Wohnungsbau 1950 bis 1994

Wohnungen in Tsd.

800 ~--~-------------------------------------------, 700 ~------------------~~-a

__--------------------~

600

~~~~~7---~~~--~~~--------------------~

500

~~----~----------~~--~~-----------------4~

400 J.?----A-

300

~e-~~~~~------------------------~--~~---4

200

~------~~--~~~~------------------~~----~

o

1950

Quelle:

1955

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

Statistisches Bundesamt, Fachserie 5, Reihe 1; Berechnungen und Schätzungen des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU).

Geringere Ausschläge hatte der Eigenheimbau aufzuweisen, bei dem die leichte Abwärtstendenz aus dem Gegensatz zwischen ausgeprägten Präferenzen und "latentem" Bedarf einerseits, den Einkommen und Preisen sowie relativ niedrigen Mieten in Ballungsgebieten ande427

rerseits resultiert. Zeitweilig lagen mehr als zwei Drittel der fertiggestellten Wohnungen in Ein- und Zweifamiliengebäuden, derzeit erreicht dieser Anteilswert keine 40 %. Kennziffern des Wohnungsneubaus signalisieren, daß die Wohngebäude und z.T. auch die Wohnungen wieder größer wurden; das flächen- und kostensparende Bauen hat es also hierzulande offenbar sehr schwer, sich durchzusetzen. Die langfristig glatte Abwärtstendenz im sozialen Wohnungsbau spiegelt den Rückzug des Staates aus der Objektförderung; im Detail sind dabei große, vom Staat (mit) verursachte Ausschläge zu erkennen, die häufig zyklenverstärkend gewirkt haben.

6.3.3 Trotz überhöhtem Nachweis blieben Bauvermögen und BauInvestitionen sowie Wohnungsbestand und -fertigstellungen In der DDR welt hinter den Bedarfsanforderungen bzw. dem zur Substanzerhaltung notwendigen Umfang zurück Die Betrachtung von DDR-Bauwerksbeständen und -Bautätigkeit erfordert gedankliche Umstellungen, weil andere Ziele mit unterschiedlichen Instrumenten verfolgt wurden und keine auf Individuen oder Kleingruppen gestützten Entscheidungsketten bestimmend waren. DDR-Bauvermögen und -Bauwerksbestände Der in etwa dem Bruttoanlagevermögen entsprechende GrundmitteIbestand der DDR betrug 1989 rund 1,75 Bill. Mark. Auf das Bauvermögen entfiel der größte Teil hiervon: Im produzierenden Bereich etwa die Hälfte, in den übrigen Bereichen sogar über neun Zehntel. Offiziell lag der Wohnungsbestand 1989 bei 7 Mill. Wohneinheiten, aber dieser Wert war um 5 bis 10 % überhöht nachgewiesen; 1989 gehörten immerhin noch 40 % der Wohnungen Privateigentümern. Außer quantitativen gab es erhebliche qualitative Probleme bei der nur "rechnerisch" guten Wohnungsversorgung (108 WE pro 100 Haushalte), weil die Bestände überhöht ausgewiesen wurden, die Haushalte sehr groß waren und Wohnungen in schlechtem Zustand mit mieser Ausstattung genutzt werden mußten. Der Modernisierungsbedarf ist also anhaltend hoch und wird bis über 2000 hinaus mehrere "Weilen" auslösen; nicht nur wegen der niedrigen Wohnflächen pro Kopf besteht aber auch erheblicher Neubaubedarf.

428

Bauinvestitionen und Wohnungsfertigstellungen in der DDR

Der Anteil der Bauinvestitionen an den gesamten DDR-Anlageinvestitionen lag 1989 bei 37 %; 1970 waren es noch 45 %. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt entsprach dies etwa 8 Y2 % (zum - problematischen - Vergleich: Westdeutschland rund 11 Y2 %). Das gesamte Bauaufkommen belief sich 1989 auf etwa 51 Mrd. Mark, wovon mit steigender Tendenz 37 % auf Baureparaturen entfielen; der Anteil der investiven Verwendung der Bautätigkeit war also rückläufig. Auch die Wohnungsfertigstellungen wurden in der DDR systematisch überhöht ausgewiesen (intern gab es allerdings "echte" Zahlen). Nach einer Schätzkorrektur ergeben sich für den Zeitraum 1971 bis 1988 knapp 2 Millionen Wohneinheiten, darunter in Neubauten etwa 1,7 Millionen WE. Die Wohnungsbauproduktion lag zuletzt bei etwas unter 100 000 fertiggestellten Neubauwohnungen; dieser Wert dürfte in den neuen Ländern demnächst deutlich übertroffen werden. 6.3.4 Obwohl zunehmend verläßliche Datengrundlagen verfügbar sind oder geschaffen werden, entsteht erst langsam das Bild eines gesamtdeutschen Baumarktes mit Tempobestimmung, aber wachsenden Risiken, durch die neuen Länder

Daß mit der Wiedervereinigung Deutschland 1990 zwei hochgradig ungleiche Teile zusammengefügt wurden, wird auch und gerade bei der "beiderseitigen" Bausubstanz besonders deutlich. Der schlechte Zustand der Bauwerke in den neuen Ländern war aber Anreiz zum Handeln und Grundlage für den Aufschwung, der allerdings die Unterschiede nicht so schnell beseitigen kann. Anlageverm6gen: Schätzverfahren und Entwicklung

Der gesamte Kapitalstock mußte nach der DDR-Wende bereinigt und neu bewertet werden. Das ifo Institut hat hierzu umfangreiche Schätzungen für das Basisjahr 1990 durchgeführt und diese dann fortgeschrieben. Danach ergibt sich für 1990 ein Anlagevermögen von knapp 950 Mrd. DM, wovon auf das Bauvermögen (ohne den Sektor Wohnungsvermietung) etwa 400 Mrd. DM entfallen. Als Schätzwert für den Unternehmenssektor (noch nicht für den Staat) ergibt sich für 1994 ein Kapitalstock von etwa 1,2 Bill. DM, davon 450 Mrd. DM in der Wohnungsvermietung. Drei Viertel entfallen auf das Bauvermögen, davon wiederum fast die Hälfte auf die Wohnungsvermietung. In Ostdeutsch land entstehen also in raschem 429

Wachstum relativ junge und moderne Anlagen, speziell Bauwerke, die langfristig Grundlage für eine hohe Nutzungsqualität und für sogar höhere Produktivitätsniveaus sein könnten. Niveau, Struktur und Entwicklung von Wohnungsbestand, Bautätigkeit und Fertigstellungen Über den Wohnungsbestand der neuen Länder gab es lange Zeit keine verläßlichen Daten; gewisse Aufschlüsse liefert die Wohnungsstichprobe 1993, aber ansonsten muß man wohl auf die Auswertung der Gebäude- und Wohnungszählung 1995 waren. Die amtlich fortgeschriebenen Bestandsziffern von 7 Mill. Wohneinheiten sind um 5 bis 10 % überhöht. Da die Abgangsschätzungen unvollständig sind, vergrößert sich die Diskrepanz laufend. Nach offiziellen Angaben gibt es in Deutschland derzeit 35 Millionen Wohnungen, doch dürfte dieser Wert bereits um bis zu 1 Million WE überhöht sein. Die inzwischen ziemlich rege Bautätigkeit in den neuen Ländern ergab dort einen hohen Bauanteil am BIP und stützte die konjunkturelle EntwiCklung im gesamten Bundesgebiet. Die ostdeutschen Bauinvestitionen erreichten 1994 real rund 109 Mrd. DM, was etwas über ein Viertel des gesamtdeutschen Wertes ausmachte. Der Anteil des Wohnungsbaus war bislang kleiner als in Westdeutschland (rund ein Drittel zu über die Hälfte), er steigt aber rasch an, wobei auch die Altbauerneuerung (Anteil am Wohnungsbauvolumen derzeit noch 55 %) kontinuierlich zurückgedrängt wird. Nach der Wende wurden die Fertigstellungen im Wohnungs- und Nichtwohnbau der neuen Länder zunächst nur unvollständig erfaßt, inzwischen dürfte der Standard aber angeglichen worden sein. Bei den fertiggestellten Nutzflächen im Nichtwohnbau dominieren überraschend klar die nichtlandwirtschaftlichen Betriebsgebäude (80 % gegenüber 60 % in den alten Ländern); die Büro- und Verwaltungsgebäude brachten es nur auf 10 %, was den Gesamtanteil für Deutschland ebenfalls herunterdrückt. Die Wohnungsfertigstellungen werden durch den anziehenden Neubau in Ostdeutschland steil ansteigen: Nach fast 70000 WE im Jahre 1994 werden dort für 1995 bereits 90 000 WE erwartet. Damit nimmt der gesamtdeutsche Wohnungsbestand in diesem Jahr und darüber hinaus pro Jahr "brutto" um über 600 000 WE zu; der Nettozuwachs dürfte nur wenig unter Y2 Million Wohnungen p.a. und damit über dem Anstieg der Privathaushalte liegen. 430

6.4

Ausgewählte internationale und nationale Aspekte der Strukturdynamik auf der Produktions- und Nachfrageseite des deutschen Bausektors

Dieser Abschnitt behandelt (wie Kapitel 4) Themen "am Übergang" zwischen Vergangenheits- und Zukunftsbetrachtung der deutschen Bauwirtschaft. Es sollen selektiv kritische Punkte angesprochen werden, an denen in Sachen Strukturwandel derzeit "etwas los" ist, wozu auf die verstärkten Tendenzen zur Internationalisierung sowie - bei teilweisen Überschneidungen - auf angebots- und nachfrageseitigen Aspekte eingegangen wird. Dabei wird nicht mehr (so streng) nach West- und Ostdeutschland untergliedert. 6.4.1 Die Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft vollzieht sich auf der Angebots- und Nachfrageseite der Bau(leistungs)märkte in unterschiedlichen Formen und durch verschiedene Akteure mit dem Nebeneffekt von "Türöffnern" und des "Finanz-Recyclings"

Auch und gerade in Deutschland war (und ist) die Bauwirtschaft hochgradig binnenorientiert; daran haben auch die Gastarbeiter und der zeitweilig hohe, inzwischen wieder zunehmende Auslandsbau nichts geändert. Weltweit und zumal in Europa sind hier tiefgreifende Veränderungen in Gang, die von Unternehmen und Baubeschäftigten, aber auch von Investoren, Nachfragern und Nutzern auf den Märkten für Bauleistungen und Bauwerksnutzungen ausgehen und sich wechselseitig verstärken. Begriffe und Zuordnungen sowie Datengrundlagen

Konzentriert man sich zunächst auf die (Bau-)Unternehmen und die Bautätigkeit auf Auslandsmärkten, so sind zwei Begriffspaare wichtig: - Auftragnehmende Bauunternehmen: Direktaufträge oder Aufträge über Tochter- und Beteiligungsgesellschaften (T +B); - Auslandsbaumärkte: Industrieländer sowie Entwicklungs-, Transformations- oder Schwellenländer.

Dabei bestehen ziemlich klare Zuordnungen zwischen "T +B" und Industrieländern einerseits, dem traditionellen Auslandsbau in den übrigen Regionen andererseits.

30 Sauwirtschaft

431

Da keine umfassende bzw. ausreichend differenzierende Meldepflicht besteht, kann man nur auf beschränkt geeignete Datengrundlagen zurückgreifen: Die Jahresbauleistung im Ausland der amtlichen Statistik und die Statistik der Auslandsauftrlige des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie sowie die Angaben von EIC (European International Contractors). Weitgehend offen bleibt die Frage nach ausländischen Unternehmen, die in Deutschland direkt oder über "T +B" Bauauftrlige bearbeiten; deren Zahl und Bedeutung hat - insbesondere in den neuen Ländern - unter verschiedenen Bezeichnungen zugenommen und dürfte rasch weiter ansteigen. Entwicklung und Effekte des (west-)deutschen Auslandsbaus Rund 35 meist große Bauunternehmen dominieren zu rund 90 % den traditionellen Auslandsbau aus (West-)Deutschland. Weitere etwa 200 mittelständische Bauunternehmen sind daran außerdem als Subunternehmer, Spezialfirmen oder im kleinen Grenzverkehr beteiligt (vgl. Tab. 6.5). Bis 1985 hatte der Auslandsbau ein hohes Niveau erreicht und gehalten, er sank danach aber infolge der Ölpreiskrisen von über 10 auf nur noch 2 Mrd. DM. Die relative Bedeutung ging von 11 % auf unter 2 % der Jahresbauleistung zurück. Neuere Angaben signalisieren sowohl einen Niveau- als auch einen Anteilsanstieg. Tab. 6.5

EntwiCklung des traditionellen Auslandbaus des westdeutschen Bauhauptgewerbes1 ) 1980 bis 19932 )

Jahr

Jahresbauleistung im Inland (in Mrd. DM)

Zahl der Unternehmen im Ausla~~s-

bau

Jahresbauleistung im Ausland (in Mrd. DM)

Anteil 4l (in %)

1980

94,8

231

10,0

9,5

1985

80,6

233

7,9

8,9

1990

110,6

213

2,2

2,0

1993

179,6

249

2,6

1,5

1) 2) 3) 4)

Nur Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten. Ausgewählte Jahre; 1993: West- und Ostdeutschland. Unternehmen mit im Ausland erbrachter Jahresbauleistung. Anteil der Auslands- an der gesamten Jahresbauleistung (gerundet).

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.2; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

432

In der Untergliederung nach "Weltregionen" ergab sich für die OPECLänder ein scharfer Anteilsverlust (von 70 % auf 20 %), das "übrige" Asien hat aber etwas aufgeholt. Während Afrika kontinuierlich zurückfiel, konnte sich Europa - wenn man von den "Ausreißern" infolge des GUS-Wohnungsbauprogramms in Rußland und der Ukraine absieht unter Schwankungen stabilisieren. Hier läuft derzeit mehr über Tochter- und Beteiligungsgesellschaften und außerdem "stören" die häufig parallelen Zyklen. Fragt man nach Bedeutung und Effekten des traditionellen deutschen Auslandsbau, so ging es nie primär um Kapazitätsauslastung und Beschäftigungsstabilisierung im Inland. Da kaum Baumaschinen- und -materialexporte induziert werden, sind die Multiplikatoreffekte im Inland gering. Umgekehrt führte aber der Einbruch Mitte der achtziger Jahre zu freien Kapazitäten bei Großunternehmen, die auf die westdeutschen Baumärkte drängten und den in der Baukrise ohnehin großen Anpassungsdruck auf Mittelbetriebe verstärkten. Regelmäßig standen für die (großen Bau-)Unternehmen das Wachstum und die Marktposition, das Schaffen von finanziellen "Polstern" und Know how-Gewinnung im Vordergrund. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ging es um die Funktion als "Türöffner" für Exporte anderer Branchen und um das "Recycling" von Entwicklungshilfegeldern; deshalb ist die nach "Weltregionen" differenzierende Betrachtung wichtig (in Zukunft: Osteuropa, Zentralasien, Fernost). Auslandsbau der ehemaligen DDR und der neuen Länder

Auch die DDR erbrachte Bauleistungen im Ausland, nämlich in ihren RGW-Partnerländern, wobei relativ viel einheimische Faktoren und Ressourcen eingesetzt wurden. Mit diesen Kompensationsgeschäften wurden Energie und andere Rohstoffe eingetauscht. Da es sich um Regierungsabkommen handelte, wurde nach der "DDR-Wende" Vertrauensschutz gewährt und weitergebaut (was im Übergang Bauarbeitsplätze in den neuen Bundesländern sicherte). Neue Auslandsaktivitliten der ostdeutschen Baubetriebe sind kaum bekannt geworden, was mit der hohen Binnennachfrage und damit zusammenhängen dürfte, daß die "West-Mütter" diese Geschäfte selbst abwickeln; dies gilt auch für Ost-(mittel-)europa, wo zwar enorm großer Baubedarf besteht, aber noch auf Jahre hinaus kein Geld verfügbar sein wird, so daß eher dortige Baukapazitäten auf den deutschen Markt drängen.

30'

433

Auslandsaktivitäten von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften Neben und "über" dem traditionellen Auslandbaus haben die Auslandsaktivitäten der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften ("T +B") an Bedeutung gewonnen (1993: + 40 % auf 750 Fälle; 1994 waren es nur etwa 680 Fälle). Weltweit nehmen die Verflechtungen auch im Bausektor zu, wobei Deutschland allerdings eher als Zielland ausländischer (Sub-) Unternehmen attraktiv bleibt (relativ hohe Löhne und expandierende Baunachfrage). In Deutschland entfällt inzwischen ein weit größeres Auftragsvolumen auf "T + B" (1994: 10,1 Mrd. DM) als auf den traditionellen Auslandsbau (3,8 Mrd. DM). Der Anteil am gesamten Auslandsengagement der deutschen Bauindustrie reicht an 75 % heran; er ist zuletzt zwar nicht mehr gestiegen, aber langfristig dürfte dieser Teilbereich eher noch stärker zulegen. Die Erfassungs- und Abgrenzungsprobleme (was wird bei der "Mutter", was bei den "T +B" gebucht) führen zu Verzerrungen, worunter insbesondere auch die Angaben zur Verteilung auf Weltregionen leiden; bei "T +B" entfallen auf Europa (seit 1990 rasch steigend) und Amerika sieben Zehntel des Auftragsvolumens. Internationaler Bauleistungswettbewerb und Bewertung der Auslandsaktivitäten deutscher Bauunternehmen Für die Auslandsaktivitäten von deutschen und ausländischen Bauunternehmen gibt es zwei grundverschiedene Teilmärkte: - Die Industrieländer werden meistens über "T + B" und zunehmende Verflechtungen erschlossen; Aufträge werden hier im (mehr oder weniger fairen) Wettbewerb hereingeholt. - Die relative Bedeutung der Entwicklungsländer nimmt ab, weil Finanzmittel (von Weltbank, IMF, EBRD u.a.) knapp sind und Mißmanagement herrscht. An Aufträge kommt man dort häufig mit "Stützung" durch die heimische Regierung, wodurch ein "Recycling" von Entwicklungsgeldern entstehen kann. Insbesondere in Entwicklungs- sowie in Transformations- und Schwellenländern können Bauaktivitäten "Türöffner" für spätere Exporte anderer Branchen und für eine enge Zusammenarbeit sein. Über diesen Gesamtmarkt wie generell zum "Weltbaumarkt" gibt es keine brauchbaren Daten. Deutsche Bauunternehmen mischen zwar mit, aber wohl nicht ganz vorne; eher ist Deutschland als attraktives Ziel-

434

land anzusehen, wo Arbeitskräfte und ausländische Bauunternehmen (über Direktaufträge oder "T +B") ins Geschäft kommen wollen. Zumal in Europa dürfte die wechselseitige Marktdurchdringung weiter gehen. Beteiligt sind vor allem große Bauunternehmen, wodurch Konzentration und Marktspaltung tendenziell zunehmen. Ein erhöhter Wettbewerbsdruck sorgt für einen rascheren Produktivitätsanstieg, läßt aber auch das Insolvenzrisiko ansteigen. Wenn die Lohnangleichung in Europa vorankommt (vgl. Abschnitt 6.4.2) könnten von der Kostendämpfung die Preis- und Nachfrageentwicklung profitieren. Vielfach werden in Zukunft an ausländischen Subunternehmen aus Niedriglohnländern ohnehin deutsche Bauunternehmen als ("stille") Gesellschafter mehrheitlich beteiligt sein.

6.4.2 Dekonzentration In der Konzentration mit vielen "sonstigen" Arbeitskräften und anteilig mehr Hochqualifizierten bei "schlanken" Strukturen, weiterentwickelten Bautechniken, Mikroelektronikeinsatz und effizienten Vernetzungen kennzeichnen die Angebotsseite des Bauleistungsmarktes Anbietende Bauunternehmen: Struktur, Herkunft, Produkte Zwar bleibt in (West-)Deutschland die kleinbetriebliche Struktur des Bauhauptgewerbes (70 bis 90 % in Betrieben mit unter 20 Beschäftigten) erhalten, der Marktanteil der Großunternehmen steigt aber, die (im Branchenvergleich noch immer sehr geringe) Konzentration nimmt also zu. Gleichzeitig erfolgt eine Fragmentierung der Bauproduktion durch ·profit center", ausgelagerte Aktivitäten, Subunternehmer, Zweigniederlassungen und selbständige Bauträger; es ergibt sich also eine Dekonzentration in der Konzentration. In Ostdeutschland (mit höherer Durchschnittsgröße der Betriebe) werden diese Tendenzen zeitversetzt einsetzen und Anschluß finden. Die Verbreiterung oder Vertiefung der Produktpalette bietet vielfältige Vorteile, sie bindet aber (Führungs-)Kapazitäten und Kapital und sie birgt (deshalb) erhebliche Risiken. Diversifiziert werden kann in

- vorgelagerte (Planung, Projektierung, Bauträger), - parallele (Generalunternehmer, Fertigteil- und SF-Bau) und - nachgelagerte (Betreuung, Betrieb, Gebäudemanagement) Bereiche, wobei jeweils Existenzsicherung und (erhöhtes) Insolvenzrisiko nahe beieinander liegen. 435

Herkunft und Qualifikation der Bau(stellen)arbeltskräfte

Schon immer waren auf Baustellen außer den (erweiterten) 'Stammbelegschaften' (sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer sowie tätige Inhaber und Angehörige) auch 'sonstige' Akteure tätig, - teils legal (mit ausländischen Sub- oder Hauptunternehmen, speziell mit 'Werkvertragskontingenten') - teils illegal (Schwarzarbeiter, deutsche und ausländische Scheinselbständige und 'Touristen'), über deren in letzter Zeit wohl gestiegene Anzahl es allerdings keine verläßlichen Daten gibt. Die formale Qualifikation der Bauarbeitskräfte war in der DDR und ist in den neuen Ländern (anhaltend) besser als in Westdeutschland. Mit weiteren Anteilsgewinnen der Hochqualifizierten ist - nach der konjunkturell bedingten Unterbrechung am aktuellen Rand - zu rechnen, zumal eher weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte durch Niedriglohnarbeitnehmer verdrängt werden. Unter sehr restriktiven, wenn nicht unwahrscheinlichen 'Status quo'Anahmen über die 'sonstigen' Bauarbeitskräfte durchgeführte Modellrechnungen ergeben für 2004 einen mit knapp 1,4 Millionen Beschliftigten im Bauhauptgewerbe nahezu ausgeglichenen Bauarbeitsmarkt; Entlassungen wären hierzu nicht in größerem Umfang erforderlich. Die Altersstruktur der Bauarbeiter war 1994 in Westdeutschland besser als vor zehn Jahren und als seinerzeit prognostiziert; sie ist in Ostdeutschland sogar noch günstiger. Bis 2004 sind nach den Modellrechnungen weitere Verbesserungen abzusehen, aber bei Polieren/Schachtmeistern und Bauleitern kann es zu Engplissen kommen. Diese Aussagen zur Gesamtzahl sowie zur Altersstruktur stehen unter der 'Status quo-Prlimisse' bezüglich der 'sonstigen' Arbeitskräfte (ungefähr konstante Anzahl und Struktur). Alternativ dazu sind zwei (möglicherweise realistischere) Extremszenarien vorstellbar: - Szenario 1: 'Freier EU-Arbeitsmarkt": Das hohe Lohngefälle und die Gewinnchanchen erzeugen einen enormen Sog auf Arbeitnehmer und Unternehmen, was im Inland zu erheblichen (kaum seriös bezifferbaren) Freisetzungseffekten führen wird. - Szenario 2: "EU-Entsenderichtlinie" oder "Arbeitnehmer-Entsendegesetz": Wenn der deutsche Bauarbeitsmarkt streng und wirkungsvoll

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reglementiert wird, treten nachfragebedingt vermehrt Engpässe auf, was zu NeueinsteIlungen führen kann, denen allerdings preisbedingte Rückschläge und Negativeffekte in anderen Branchen gegenüberzustellen sind. Die Vor- und Nachteile derartiger Regelungen müssen zwischen den Prinzipien und Effekten der internationalen Arbeitsteilung einerseits, höheren Arbeitslosenraten, verschärften Sozialkonflikten und schlechterer Bauqualität andererseits sorgfältig abgewogen werden. Am Ende dürfte wohl ein sachlicher und terminlicher Kompromiß stehen, der z.B. auch mittelständischen Unternehmern sowie "Azubis· im Bausektor eine klare Perspektive bietet. Verstetigung der Einkommen und Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes

Die hohe Abhängigkeit der Bauwirtschaft von Witterungseinflüssen führt zu starken saisonalen Schwankungen der Auslastung und der Einkommen. Mit dem Auslaufen des Schlechtwettergeldes Ende 1995 ergab sich die Notwendigkeit, für dieses Instrument durch tarifvertragliehe Regelungen einen Ersatz zu schaffen und dabei - zusammen mit anderen Maßnahmen - eine Verstetigung der Einkommenzahlungen (Stichwort: Jahreseinkommen), gleichzeitig aber auch eine weitergehende Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes zu erreichen. Mit dem im September 1995 geschlossenen Tarifvertrag über eine Nachfolgeregelung für das Schlechtwettergeld und bauspezifische Regelungen der Arbeitszeit konnte beiden Zielen ein wesentlicher Schritt näher gekommen und ein beschäftigungssicherndes Konzept für die Bauwirtschaft vereinbart werden. Bemerkenswert scheint insbesondere zu sein, daß die Arbeitnehmer bereit waren, durch Urlaubsverzicht die neuen Regelungen mitzufinanzieren. Einsatz von Mikroelektronik in Baumaschinen und -geräten sowie FaktorkombinatIon und Bau(stellen)organisation

Da die Maschinen in der Bauwirtschaft typischerweise hohen Belastungen ausgesetzt sind und der Einsatz mit hohen Kosten verbunden ist, werden neue, nur wenig erprobte Techniken wie die Mikroelektronik stets nur zögernd eingesetzt. Haupteinsatzgebiete sind u.a. unzulängliche oder gefährliche Arbeitsgebiete (z.B. Mikrotunnel) , komplexe Bedienungs- oder Überwachungsaufgaben, bei besonders hohen Qualitätsanforderungen oder bei der Erfassung und Auswertung von Betriebs- und Maschinendaten.

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Die Voraussetzungen für den Einsatz von Robotern und Automatisierungstechnik sind im Bausektor je nach Wirtschaftszweig sehr unterschiedlich. Ein hoher Automatisierungsgrad ist allgemein bei stationären Anlagen erreicht; teilweise wird hier auch schon computerunterstützte bzw. -integrierte Fertigung praktiziert. Auch in der Mauerwerkstechnik werden seit Mitte der achtziger Jahre Arbeitsvorgänge automatisiert. Die neuen Arbeitshilfen reichen von einfachen Kleinkranen bis zur inzwischen erfolgten ersten Praxiserprobung des Mauerroboters "Rocco". Die vergleichsweise gute Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die Lohnkostenentwicklung haben jedoch den vollständigen Ersatz von Bauarbeitern durch Roboter bisher nicht attraktiv erscheinen lassen. Zukünftiges Einsatzgebiet für solche Roboter wird der Vortrieb von Mikrotunneln mit nicht-begehbaren Querschnitten sowie die Inspizierung und Sanierung von Kanalisationsnetzen sein. Auf internationaler Ebene befindet sich Deutschland - nicht zuletzt wegen mangelnder Akzeptanz neuer Entwicklungen bei BaumaschinenhersteIlern und -betreibern - in einem technologischen Rückstand. Besonders Japan sticht auf diesem Gebiet durch innovative Techniken hervor. Bauroboter kommen dort in allen Bereichen des Hochbaus (vollautomatische Hochbaussysteme), im Erd- und Tiefbau sowie in Kernkraftanlagen und in der Meerestechnik zum Einsatz. Die deutsche Bauindustrie ist auf diesen Gebieten wenig aktiv, da es sich um ein forschungs- und entwicklungsintensives Gebiet handelt und bisher keine erheblichen Kostenreduzierungen bzw. Leistungssteigerungen zu erwarten waren. Moderne Informationstechnologien werden heute in verschiedenen Teilbereichen der Bauproduktion eingesetzt. Ein Problem liegt allerdings in der mangelnden Koordination und Integration der in den zahlreichen Stufen von der Planung bis zum Abriß eines Bauwerks verwendeten Informationssysteme. Bisher werden in der Regel nur herstellerspezifische Lösungen für Teilbereiche angeboten. Die Vereinbarung von einheitlichen Standards für den firmen, branchen- und länderübergreifenden Informationsaustausch ist daher dringend erforderlich. Die inzwischen aufgenommenen Bemühungen können sich an bereits bestehenden Verbundsystemen und -initiativen orientieren. Technische Neuerungen auf dem Gebiet des Baustoffrecyclings werden zumeist aufgrund der individuell vor Ort gemachten praktischen Erfahrungen entwickelt. Die zur Aufbereitung von Bauschutt und -abfällen verwendeten Maschinen sind prinzipiell dieselben wie bei der regulären Aufbereitung mineralischer Stoffe. Die hohen Verschleiß438

und Energiekosten, variierende Umweltschutzauflagen sowie Probleme bei der Erzeugung sortenreiner Recyclingprodukte stellen jedoch weitaus höhere Anforderungen an die verwendete Technik. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sowie insbesondere zur Minimierung des Verschleißes sind noch erhebliche Fortschritte in der Maschinenentwicklung notwendig. Mit den dezentralen Baustellenentscheidungen, den selbständig operierenden Zweigniederlassungen und Subunternehmen sind "Iean management" und 'Iean production" am Bau einerseits ein "alter Hut", andererseits muß neues Nachdenken einsetzen. Planungs- und Kontrollsysteme sind auszubauen ("Baustellen-Controlling"), die Vernetzung zwischen Baustelle und Zentrale und Zulieferanten wird weitergetrieben. Qualifizierung und Qualitätskontrolle sind weitere Schlagworte, mit denen (zusammen mit den bautechnischen Neuerungen) dem von Bauunternehmensberatern behaupteten Kostensenkungspotential in Mittelbetrieben von 30 % und mehr "nachgejagt" werden kann. 6.4.3 Erhöhte Strukturdynamik auch auf der Nachfrageseite der Baumärkte durch die staatliche Finanzklemme und Privatisierungen von Aufgaben und Bauwerksbeständen sowie durch Auslagerungen auf Bauträger und die Folgewirkungen des west-östlichen Strukturbruches Bei den nachfrageseitigen Analysen von Strukturveränderungen interessieren wieder die kompletten Bauwerke und deren Nutzung. Enge Zusammenhänge bestehen zur Internationalisierung der (deutschen) Bauwirtschaft (vgl. oben Abschnitt 6.4.1). Privatisierung und private Finanzierung von Infrastruktur Mit dem finanzierungsbedingten tendenziellen Rückzug des Staates als Nachfrager nach Bauleistungen entsteht ein wachsender Widerspruch zum hohen und steigenden Baubedarf in vielen Infrastrukturbereichen. Mit dem deshalb, aber auch mit ordnungspolitischen Argumenten ("Deregulierung durch Privatisierung") verfolgten Ziel, vermehrt Privatunternehmen und Privatkapital zum Ausbau sowie zu Betrieb und Unterhaltung der baulichen Infrastruktur heranzuziehen, sollen Vorzieh- und Effizienzeffekte ausgelöst werden; außerdem will man die Staatsquote absenken und eine genauere Kostenzurechnung auf die Verursacher erreichen.

439

Beispiele für (manchmal nur vordergründig) gelungene Privatisierungen sind vor allem in den Bereichen Verkehr, Energieversorgung und Abwasserbeseitigung zu finden. Gewisse Grenzen ergeben sich in Fällen von Marktversagen, z.B. wenn das Nichtausschlußprinzip greift oder "natürliche" Monopole entstehen könnten; dagegen können Leistungen, die sinnvollerweise beim Staat bleiben sollten (z.B. Justiz, Polizei, Militär) durchaus in gemieteten oder geleasten Gebäuden erbracht werden.

Bei der Frage nach den Vor- und Nachteilen muß nach Bauwirtschaft (höhere Nachfrage, Verstetigung, Finanzierungssicherheit, Qualität der Bauwerke und Nutzungsangebote) und Gesamtwirtschaft (dauerhafte Kosten- und Effizienzvorteile, "Einkauf von Zeit" beim Infrastrukturausbau, Angebotssicherheit, Unabhängigkeit und Nichtdiskriminierung sowie Kapitalmärkte) unterschieden werden. Wie lange gelten welche Vorteile für wen und wer kontrolliert Leistungen und Effekte? Die Antworten hängen stark von der konjunkturellen Situation, konkret: von Kapazitätsauslastung und Kapitalmarktergiebigkeit, sowie davon ab, welche der inzwischen vielfältigen Formen von Privatisierung oder privater Finanzierung gewählt werden. Die Auswirkungen sollten (stärker als bisher) vorurteilsfrei nach ökonomischen und gesellschaftlichen Kriterien bewertet werden. Bei den Effekten auf die Gesamtwirtschaft ist daran zu denken, daß Kapitalmarktbelastungen oft nur (kurzzeitig) verschoben werden und daß der Staat generell als der "bessere Schuldner" gilt; beanspruchte Abschreibungen führen zu Steuerverlagerungen, aber die Zeitgewinne bei der Bereitstellung von Infrastruktur verbessern den "Standort 0" und führen zu (vielleicht nur zeitweiligen) Multiplikatoreffekten. Andererseits werden gesellschaftlich bestimmte Prioritliten in Richtung von Unternehmens- oder Anlegerinteressen verschoben und der Kontrolle durch Parlamente entzogen. Kosten- und Effizienzvorteile sind zwar empirisch vielfach belegt, häufig aber auch (eventuell verzögert) durch Preiserhöhungen ebenfalls "privatisiert" worden. Bei der Internalisierung externer Effekte ist zu fragen, warum dies nicht auch bei staatlicher Leistungserbringung möglich sein soll. Die Bauwirtschaft wird sich kritisch fragen (müssen), ob Privatisierungen tatsächlich dauerhafte Niveau- oder nur Vorzieheffekte haben, wenn die langfristige EntwiCklung letztlich vom Bedarf bestimmt wird. Ein Beitrag zur Verstetigung der Baunachfrage scheint zwar möglich, aber auch private Anleger reagieren oft hektisch auf (spekulative) Veränderungen der Renditerelationen. Mit Vorfinanzierungen könnten

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Lücken im Auftragsfluß weggeglättet werden, dann ergeben sich aber unerwünschte Druckpositionen gegenüber dem Staat. Privatisierung und private Finanzierung sollten nicht weiter oder wieder zum Tabuthema werden, aber eine generelle positive oder negative Wertung erscheint nicht angemessen, vielmehr muß eine Einzelfallprüfung der Projekte und Modelle erfolgen. Noch reichen die Erfahrungen nicht aus, aber "Wunderdinge" kann man wohl nicht erwarten.

Privatisierung von Wohnungen und (Bau-)Unternehmen In Ostdeutschland Angesichts der vorgefundenen Ausgangssituation scheint das Ziel einer nachdrücklichen Privatisierung von großen Teilen des Wohnungsbestandes in den neuen Ländern grundsätzlich richtig. Das Potential an (kurzfristig) privatisierbaren Wohnungen (nach ifo Schätzungen rund 400 000 WE in Altbauten und 1,4 Mill. WE in Plattenbauten) wurde aber überschätzt; umgekehrt hat man wohl die Probleme unterschätzt (Restritutionsansprüche und Altschuldenbelastung, Sanierungsaufwand, geringe Kaufkraft bei niedrigen Mieten, "Entwöhnung" von Privateigentum und Unerfahrenheit). Trotz breit angelegter Model/vorhaben, die gezeigt haben, daß Hilfe und "Anschub" in beträchtlichem Umfang nötig sind, konnten bislang nur einige Zehntausend Wohnungen privatisiert werden. Mit der lange umstritttenen, inzwischen aber fixierten Koppelung von Altschuldenerlaß und Wohnungsprivatisierung dürfte einiges rascher in Gang kommen. Die Vermögenswerte des Unternehmenssektors wurden zunächst an die (inzwischen wieder aufgelöste) Treuhandanstalt übertragen. Aus 12 000 Unternehmen bzw. Betrieben/Kombinaten wurden durch Aufspaltungen etwa 15 000 Privatisierungsfälle. Die Unternehmen des Bausektors (über 1 200 Unternehmen des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes) gingen dabei glatter "weg" als in anderen Branchen. Bauherren- und Gebiudestruktur Im Wohn- und NIchtwohnbau Aus der Bautätigkeitsstatistik erhält man differenzierte Daten zur Struktur der Bauherren und Geblludearten, die Analysen der Strukturverschiebungen ermöglichen, allerdings an die Restriktionen der Basisdaten (nur genehmigte Hoch-, keine Tiefbauten; Bewertung zu veranschlagten Baukosten) gebunden sind.

- Bauherrrenstrulctur nach Gebiudearten: Bei den Anstaltsgebäuden dominiert traditionell die öffentliche Hand, zunehmend treten 441

aber private Auftraggeber auf; auch bei den Büro- und Verwaltungsgebäuden, einer klaren Domäne von Tertiärunternehmen, ist der Staat auf dem Rückzug. Wegen der Handels- und Lagergebäude hat der Dienstleistungssektor (mit Leasing) bei den nicht landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden nach dem Eigentümerkonzept das Übergewicht. Neben dem Staat (60 %; für Bildung, Kultur usw.) erreichen die Organisationen ohne Erwerbszweck (25 %) bei den sonstigen Nichtwohngebäuden hohe Anteilswerte. - Gebäudestruktur nach Bauherrrenkategorien: Bei den öffentlichen Auftraggebern liegt der Schwerpunkt auf den sonstigen Nichtwohngebäuden (35 bis 50 %); auf Betriebsgebäude entfallen fast ebenso hohe Anteile wie auf Bürogebäude (20 bis 25 %). Zwei Drittel der Hochbauleistung für private Unternehmen entfallen auf nicht landwirtschaftliche Betriebsgebäude. Immerhin 5 % der aggregierten Baukosten werden bei den Nichtwohngebäuden direkt von Privathaushalten in Auftrag gegeben, wobei auf Büro- und Verwaltungs- sowie auf Handels- und Lagergebäude etwa gleich hohe Anteile entfallen. Die Organisationen ohne Erwerbszweck verzeichneten Anteilsgewinne (auf 10 bis 15 % des Gesamtwertes); sie konzentrieren sich auf Anstaltsgebäude (25 bis 35 %) sowie zu etwa der Hälfte auf sonstige Nichtwohngebäude. Marktvolumen und Marktstruktur der -Bauträger u.ä.-

Angaben zu den Bauaktivitäten von Bautriigern und ähnlichen (Zwischen-)Nachfragern erhält man aus der Bautätigkeitsstatistik nur durch "Negativausgrenzungen", womit man die Grenze sicher zu weit zieht, aber doch informative Ergebnisse erhält. Von Interesse sind diese Aussagen auch unter dem Aspekt der Konjunkturreagibilität und des höheren Risikos, weil diese Bauträger überwiegend zum Weiterverkauf bzw. zur Nutzung durch Dritte bauen; Analysen der Entwicklung in anderen europäischen Ländern deuten auf eine höhere Vo/atilitiit in diesem Marktsegment hin. In Westdeutschland entfielen im Nichtwohnbau auf die Kategorie "Bauträger u.ii." 1993 Baukosten von rund 18 Mrd. DM (Zunahme um 10 % miCh + 22 %), davon 40 % auf Büro- und Verwaltungsgebäude und über 30 % auf Handelsgebäude. Im Wohnungsbau gaben diese Bauherren 1993 ebenfalls 18 Mrd. DM in Auftrag (nur + 1 %), wobei der Schwerpunkt mit zwei Dritteln klar im Geschoßwohnungsbau lag; im Eigenheimbereich konnten sie noch kaum Fuß fassen. Bedingt durch die Ausgangsdaten müssen natürlich auch Angaben zu den Marktanteilen unter Vorbehalt gestellt werden. Bei Mehrfamiliengebäu442

den ergeben sich rechnerisch 40 % Marktanteil bei zuletzt leicht fallender Tendenz, und im Nichtwohnbau werden bei Hotels/Gaststätten sogar 80 % und auch bei Handelsgebäuden zwei Drittel dieser Kategorie zugewiesen. Die auch auf andere Beobachtungen gestützte These von einer zunehmenden Auslagerung von Baumaßnahmen auf "Spezialisten" könnte man dadurch weiter bestätigt sehen. In Ostdeutschland waren die Marktanteile 1993 bei Nichtwohngebäuden wesentlich höher (über 50 % gegenüber etwa 40 %), im Wohnungsbau blieben sie demgegenüber - vielleicht etwas überraschend - seinerzeit (noch) deutlich zurück (nur 20 %). Die aggregierten Marktanteile erreichen in den neuen Ländern rund 45 %, im alten Bundesgebiet sind es nur etwa 30 %. Die Bauherrenkategorie "Bauträger u.ä." hat also einen beachtlich großen und steigenden Einfluß auf das Hochbaugeschehen in Deutschland erlangt. Diese Strukturdynamik auf der Nachfrageseite hat Konsequenzen u.a. für Bauunternehmen (andere Auftraggeber), Investoren (neue "Zwischenhändler") und Kreditinstitute (Beleihungsgrenzen bei größerer Volatilität). Änderungen bei den Determinanten der Nachfrage nach Bauleistungen und Bauwerksnutzungen Bei vielen der tiefgreifenden Veränderungen der letzten Dekade handelt es sich um mehr als heftige Ausschläge oder besonders starke zyklische Schwankungen, vielmehr haben die Strukturbrüche wahrscheinlich auch im Bausektor Zusammenhänge und Gewichte verändert. Die neue Konstellation muß sich - vor allem in Ostdeutschland - erst ·setzen", ehe die Schätzmodel/e neu justiert werden können. Beispiele für solche Einschnitte in gewohnte Strukturen finden sich in den Bereichen internationale Arbeitsteilung, Verlagerung an alternative Standorte, Verschiebungen beim Infrastrukturausbau (in die neuen Länder, innerhalb der EU und nach Osteuropa) und Optimierung der Bauwerksnutzung. Zwar sind die Wohnstandorte ziemlich stabil, die Zusatznachfrage kann aber hochgradig flexibel reagieren. Noch ist vieles unübersichtlich und schwer abzuschätzen, es dürfte aber kaum bestritten sein, daß "lineare" (Trend-)Extrapolationen und Erklärungen heute und in Zukunft noch weniger angemessen sind. Hier (speziell bei Szenariotechniken) besteht im Bausektor noch beträchtlicher Forschungsbedarf.

443

6.5

Mittel- und längerfristige Perspektiven für die Bauwirtschaft in (West- und Ost-)Deutschland

Die Schwerpunkte des "Branchenbildes Bauwirtschaft" lagen zunächst auf der Vergangenheitsentwicklung und bei ausgewählten Aspekten des Strukturwandels. Im abschließenden Kapitel 5 der Studie wurde der Horizont nach vorne erweitert, indem Durchschnitts- oder Trendprognosen dargestellt und begründet wurden. Basis für Westdeutschland bildet hierbei die "ifo Bauvorausschätzung" und damit das DIWBauvolumen mit der breiteren Abgrenzung von "Bauwirtschaft"; für Ostdeutschland mußte auf die VGR-Bauinvestitionen zurückgegriffen werden, was Aggregationen für Gesamtdeutschland natürlich sehr erschwert. Obwohl über ausgeprägt regionale Märkte berichtet wird, wird auf räumliche Differenzierungen weitgehend verzichtet.

6.5.1 Sprunghaft gestiegener Baubedarf bel verlangsamter Einkommenszunahme, hohem Preisniveau und dämpfendem Staatseinfluß ergeben anfangs beträchtliche, dann nurmehr moderate Trendwachstumsraten des Bauvolumens und der Fertigstellungen In Westdeutschland Rahmenbedingungen und EInflußfaktoren der Bautätigkeit

Für den Bausektor als integralem Bestandteil der Gesamtwirtschaft sind indirekt alle Einflußgrößen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ebenfalls relevant. Die Entscheidungen über Niveau und Struktur der Bautätigkeit fallen in unterschiedlichen Entscheidungsketten nach Bauherrentypen und Arten der Bauleistungen. Vier große Gruppen von mehr oder weniger direkt wirkenden Einflußfaktoren lassen sich unterscheiden: Das Vorhandensein von Baubedarf ist eine notwendige, aber noch längst keine hinreichende Bedingung für Bauen. Für die Berechnung des Baubedarfs kann ein einfaches Grundschema für Erhaltungs-, Ersatz- und Erweiterungsbau verwendet werden, die Probleme liegen dann bei Daten und Details. Aktuelle Schätzwerte zum Baubedarf in Westdeutschland stehen nicht zur Verfügung, doch kann man aus älteren Untersuchungen und den zwischenzeitlichen Veränderungen den Schluß ziehen, daß Baubedarf in deutlich über den Jahreswerten des Bauvolumens liegendem Umfang vorhanden ist; von partiellen und punktuellen Ausnahmen abgesehen sind nirgends Sättigungserscheinungen in Sicht (wobei die notwendige Saldierung mit den jeweiligen Bauwerksbeständen schon berücksichtigt wurde). 444

In den meisten Bauwerkskategorien hängt die Zahl der Bedarfsträger eng mit der Bev61kerung zusammen. Bis 1986 ist die Einwohnerzahl in Westdeutsch land tendentiell bis auf 61 Millionen zurückgegangen; der anschließende Sprung nach oben ergab 1994 schon wieder etwa 66 Mill. Einwohner. (West-)Deutschland war, ist und bleibt ein Einwanderungsland, weshalb mit einem anhaltenden Bevölkerungswachstum bis auf rund 69 Millionen (2010) gerechnet wird. Die Altersstruktur wird sich weiter verschlechtern, das Durchschnittsalter steigt noch mehr an. Da sich die durchschnittliche Haushaltsgr6ße von derzeit 2,2 bis 2,3 Personen auf unter 2,1 Personen (2010) verringern dürfte (0,2 Personen pro Haushalt weniger ergeben 3 Mill. zusätzliche Haushalte), steigt die Zahl der Privathaushalte bis 2010 um nochmals 5 1.12 Millionen auf 33 1.12 Millionen. Der Wohnungsbestand konnte auf den plötzlichen Einwohneranstieg gar nicht sofort reagieren, die Wohnungsversorgung mußte sich also kurzfristig verschlechtern. Der ifo Wohnungsversorgungsindikator ergab bis 1993 rund - 1,8 Mill. Wohneinheiten (1980 war er noch leicht im Plus). Dies signalisiert bei hohem politischem Stellenwert bedarfsseitig eine kräftige Nachfragestütze für den Wohnungs- und den haushaltsnahen Infrastrukturausbau. Niveau von Kaufkraft und Zahlungsbereitschaft sind in Westdeutschland hoch, über die konkrete Verwendung der Mittel entscheiden dann aber Präferenz- und Preisrelationen mit Unterschieden für die einzelnen Bausparten und Baubereiche. Der Anstieg der verfügbaren Einkommen ist eng an das gesamtwirtschaftliche Wachstum (Trendrate etwas über 2 %) gekoppelt, wird aber wohl dahinter zurückbleiben, zumal wenn man die Pro-Kopf-Werte betrachtet. Eine ungleichere Verteilung der Einkommen könnte sogar eher stützend auf die Baunachfrage wirken. Die Absatzerwartungen der westdeutschen Unternehmen scheinen insgesamt nicht schlecht zu sein, die Frage ist aber, wo in Zukunft Produktionsstätten ausgebaut und erhalten bzw. modernisiert werden. Auch der Staat kann keine rasch steigenden Steuereinnahmen erwarten; zudem wirken hohe andere Ausgaben und Konsolidierungserfordernisse tendenziell dämpfend. Kaufkraft könnte auch aus den hohen Verm6gen und der durchaus vorhandenen Sparfähigkeit fließen, aber Schenkungen und Erbschaften erreichen - unter "Bauaspekten" - häufig die "falschen" Personen zum falschen Zeitpunkt. Verm6gensumschichtungen werden bei Pri-

445

vathaushalten, Unternehmen sowie staatlichen Instanzen (Privatisierungserlöse) eine zunehmende Rolle spielen. Über die erreichbaren Nutzen oder Gewinne bei alternativer Verwendung der verfügbaren Finanzmittel bestimmen die Preise für Produktionsfaktoren und Bauwerksnutzungen. Boden und Bauland bleiben vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten - knapp und teuer; als Prämisse wird also gesetzt, daß die vielfältigen Bauland-Initiativen hieran nichts Grundlegendes ändern werden, weil dem die (vielleicht sogar falsch beurteilte) Interessenlage der Kommunen und das Steuerrecht entgegenstehen. Bei den Bauleistungen war der Preisanstieg zuletzt stark gedämpft, was auch mit dem Einsatz von "Niedriglohnarbeitern" zusammenhängen könnte; wenn keine Entsenderichtlinie oder entsprechende nationale Regelungen kommen, könnte sich diese Entwicklung noch fortsetzen. Gleichwohl bleiben die Immobilienpreise bei Neubau und Bestandserwerb auf hohem Niveau. Demgegenüber weisen die Zinsen als Preis für Kapital stärkere Schwankungen auf, die jedoch häufig von anderen Einflüssen überkompensiert wurden. Unbestritten haben die Zinsen erheblichen Einfluß auf das Baugeschehen (auch als Ertrag für alternative Anlagen), aber die einzelnen Bauherrenkategorien sind unterschiedlich zinsreagibe/. Bei den Preisen für Bauwerksnutzungen sind beide Seiten im Auge zu behalten: Für Investoren und Anleger zählt der Renditeaspekt der zuletzt beschleunigt gestiegenen Mieten, für die Nutzer sind diese ein Kostenfaktor, aber die Relation zu den selbstnutzerischen Wohnkosten hat sich verschoben. Enorm breit gefächert, vielfältig und widersprüchlich sind die Staatseinflüsse auf die Bautätigkeit, wobei vielfach Traditionen einfach fortgeführt und Besitzstände zäh verteidigt werden. Oft genug hat der Staat, auf dessen "Instrumentenkasten" in dieser Zusammenfassung nicht im Detail eingegangen werden soll, eher zyklen-verstärkend denn verstetigend gewirkt. Der Einfluß des Staates auf die zukünftige Bautätigkeit dürfte wegen der leeren Kassen generell eher dlimpfend einzuschätzen sein, auch wenn Effizienzsteigerungen gelingen sollten und die Neuregelung der Wohneigentumsförderung (Zulage, Baukindergeld und Bausparförderung zusammen genommen) den Wohnungsbau stützen könnten.

446

Perspektiven der westdeutschen Bautätigkeit nach Sparten

Die vorstehend im Überblick dargestellte Prämissenkonstellation bildete die Grundlage für die Trendprognosen in der jüngsten Ausgabe der "ifo Bauvorausschätzung", wobei für die einzelnen Bausparten unterschiedliche Determinanten, Zusammenhänge und Gewichte zu beachten sind. Abweichungen bei den Annahmen müssen zu Divergenzen bei den Prognosen führen. Im Wohnungsbau dominierte bis Mitte der achtziger Jahre fast anderthalb Dekaden lang eine fallende Tendenz. Durch hohen Bedarfsdruck bei mäßiger Stützung durch die Kaufkraft und eher dämpfenden Einflüssen von Preisen und Staatsaktivitäten erwarten wir zunächst noch eine ziemlich steile (etwa wie der BIP-Trend), dann aber abflachende Aufwärtsentwicklung; im Prognoseendjahr wird der Trendwert um etwa 22 % höher sein als 1994. Nach dem steilen und langen konjunkturellen Anstieg ist klar, daß des tatsächliche Niveau derzeit über der Trendfunktion liegt. Es war der Neubau, der für den scharfen Rückgang verantwortlich war und der auch jetzt wieder für den "phönixgleichen" Anstieg sorgt; er hat den Anteil der stetiger aufwärts gerichteten Altbauerneuerung bereits wieder unter 50 % gedrückt. Auch bei den Wohnungsfertigstellungen wurde die Trendwende nach oben vollzogen, wobei im Geschoßwohnungsbau ein scharfer, im Eigenheimbau nur ein moderater Richtungswechsel erwartet wird. Das Trendniveau steigt im Neubau bis 2005 rasch auf über 400 000 WE, doch liegt auch hier der Konjunkturwert derzeit noch höher. Die aus den glatten Komponenten berechneten Strukturanteile ergeben für die Ein- und Zweifamiliengebäude bis 2005 einen weiteren Rückgang, für den konjunkturell heftiger schwankenden Geschoßwohnungsbau einen starken Anstieg der Trendanteile (vgl. Tab. 6.6). Im internationalen Vergleich rangiert Westdeutschland mit den jetzt wieder erreichten Konjunktur-, aber auch mit den erwarteten Trendwerten ziemlich weit vorne. Geht man - als betont optimistische Annahme - von weiterhin guten Absatz- und Ertragserwartungen, zumal in den westdeutschen Dienstleistungsbereichen, sowie von einem attraktiven "Standort West-ON und beschleunigtem Strukturwandel aus, so erhält man für den Wirtschaftsbau einen anfangs ebenfalls relativ steilen (wie der BIP-Trend), dann aber ebenfalls abflachenden Trendverlauf. In dieser Bausparte liegt der Trendwert 2005 um rund 17 % über dem entsprechend ermittelten Wert tür 1994.

31 Bauwirtschaft

447

Tab. 6.6

Struktur der Wohnungsfertigstellungen In Westdeutschland 1) - TrendanteIlswerte (In %, gerundet) der Gebiudekategorlen an allen Fertigstellungen für ausgewihlte Jahre 1985 bis 2005 Gebäudeart2 )

1985

1990

1995

2000

2005

Ein- und Zweifamiliengebäude

54,1

52,7

41,3

35,8

34,8

Mehrfamiliengebäude

36,4

36,9

48,7

54,8

56,0

Nichtwohngebäude

3,5

4,1

3,5

3,1

3,0

Um-, An- und Ausbaumaßnahmen

6,0

6,4

6,5

6,3

6,2

1) Alte Bundesländer einschließlich West-Berlin. 2) Ausgangswerte: Jeweils Anzahl der Wohnungen (Trendwerte) in diesen Gebäuden bzw. (saldiert) durch derartige Baumaßnahmen. Quelle: Statistisches Bundesamt (Bautltlgkeltsstatlstlk); Berechnungen und. Schltzungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschltzung")

Der öffentliche und Verkehrsbau entwickelt sich auch langfristig im Spannungsverhältnis zwischen einerseits hohem und steigendem Baubedarf zur Erhaltung und Erweiterung der Infrastruktur und andererseits engen Finanzrestriktionen, bei denen, speziell mit Blick auf die Baunachfrage, keine Lockerungen in Sicht sind. Bei Stagnation des Bauvolumens in dieser Sparte scheint es so, als würde ein bedarfsgerechter Ausbau der Infrastruktur gar nicht mehr ernsthaft angestrebt. Die KomplementaritSt zwischen Bauwerken und Ausrüstungen der Privathaushalte und der Unternehmen und der Infrastrukturausstattung gerät zunehmend in Gefahr, wenn der öffentliche und Verkehrsbau auch langfristig über Stagnation kaum hinauskommt. Aggregation und räumliche Differenzierung der Bauprognosen

Die großen Unterschiede in Niveau, konjunktureller Schwankungsintensität und Trendentwicklung der Bausparten sind Rechtfertigung für die getrennten SchätzanSätze. Ein Trendvergleich der Bausparten als Indexdarstellung (1994 = 100; vgl. Abb. 6.10) bestätigt die obigen Einzelaussagen: Wohnungs- und Wirtschaftsbau expandieren langfristig zwar unterschiedlich schnell (konjunkturell hatte der Wohnungsbau in den letzten Jahren die "Nase" klar vorn), der Wirtschaftsbau wächst aber ebenfalls überproportional, wohingegen der öffentliche und Verkehrsbau bei unter 100 IP "kleben" bleibt. Hieraus resultieren 448

weitere Anteilsverschiebungen: Die privaten Auftraggeber erreichen bis 2005 fast 84 % (Wohnungsbau über 55 %, Wirtschaftsbau mehr als 28 %), der Staat fällt auf wenig über 16 % zurück. Abb.6.10

Trendentwicklung der westdeutschen Bausparten im Vergleich - 1985 bis 2005; Index 1994 _

= 100; Ausgangswerte 1

in Preisen von 1994-

WOHNUNCSBAU

-----

~IRTSCHAFTsaAu

-

OEFFENTL.ICHER

-

BAU

121

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1) Trendschätzungen auf der Basis des DIW-Bauvolumens. Quelle:

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DIW-Bauvolumensrechnung; Berechnungen und Schätzungen des Ifo InstItuts ("Ifo Bauvorausschätzung").

Faßt man die Trendfunktionen der drei Sparten zu Langfristprojektionen für das gesamte Bauvolumen zusammen, so ergibt sich ein anfangs mit einer Jahresrate von etwa 2 % steigender, dann auf knapp unter 1 % Durchschnittswachstum pro Jahr abflachender Wachstumspfad (vgl. Abb. 6.11). Die Trendkurve biegt sich dabei gegenüber dem Konjunkturverlauf nur stark verzögert und wesentlich "vorsichtiger" nach oben um. Trotzdem liegt das Trendniveau 2005 um fast 16 % höher als im Basisjahr 1994. Der Bausektor ist also langfristig keine absolute Wachstumsbremse mehr, er trägt vielmehr beträchtlich zum realen BIP-Wachstum bei (Trendanstieg 2005/1994 absolut: rund 63 Mrd. DM), wenngleich die Zunahme leicht unterdurchschnittlich ausfällt. Dieses aggregierte Trendwachstum wird auch in Zukunft große regionale Unterschiede aufweisen. Die in Indexdarstellungen besonders

31'

449

gut erkennbare "Scherenentwicklung" dürfte sich kaum gebremst fortsetzen, das "Süd-Nord-Gefäl/e" der Bautätigkeit vergrößert sich also noch weiter. Kleinräumig treten auch in Zukunft stärkere Abweichungen von diesem Durchschnitt auf, die im Eigenheimbau sogar eine Verringerung der Spreizung bewirken könnten. Abb.6.11

Konjunktur- und Trendentwicklung des aggregierten westdeutschen Bauvolumens 1980 bis 2005 - Absolutwerte in Mrd. DM, In Preisen von 1994 -

IN PREISEN VON 1994. IN MRD. DH 4bl

- - - URSPRUNGSWERTE -- -- TRENDWERTE ----- MITTELFRISTIGE PROGNOSEWERTE

-

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421

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411

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19a1 - 2115

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1985 - 1889

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Quelle:

DIW-Bauvolumensrechnung; Berechnungen und SChätzungen des ifo Instituts (Uifo Bauvorausschätzung U).

6.5.2 Hoher Baubedarf wegen maroder Bausubstanz und niedrigem Ausgangsniveau sorgt zusammen mit enormen Transferzahlungen und rasch steigender Kaufkraft für dynamische Ausweitung der Bauinvestition in Ostdeutschland Mehr als fünf Jahre nach der Vereinigung ist vieles zwischen Ost- und Westdeutsch land immer noch hochgradig anders. Dies gilt auch für den Bausektor und gerade auch mit Blick auf die Zukunftsperspektiven, weshalb separate, weniger gut abgesicherte Schätzungen mit anderen Methoden durchgeführt werden. Auch hierbei sollen jedoch 450

die Annahmen explizit gemacht werden; prinzipiell sind die gleichen Determinanten von Bedeutung wie in Westdeutsch land. Baubedarf und weitere EInflußfaktoren der Bautätigkeit

Zum Baubedarf der neuen Länder liegen vom ifo Institut Schätzungen aus dem Jahre 1992 in der Differenzierung nach Erhaltungs-, Ersatzund Erweiterungsbedarf vor. Hiernach ergab sich pro Kopf ein noch höheres Bedarfsniveau; relativ zur seinerzeitigen Bautätigkeit war der Abstand noch wesentlich größer (158 zu 43 Mrd. DM). Die Bedarfsstruktur nach den zehn Funktionsbereichen war allerdings ziemlich ähnlich: Bereits vier Fünftel entfielen auf die Bereiche Wohnen, Wirtschaft und Verkehr; etwa 60 % des Gesamtbetrages waren Erhaltungsbedarf. Insgesamt ist in dieser Determinante ein ganz starker Stimulanzfaktor für eine rasche Ausweitung und ein nachhaltig hohes Niveau der Bauinvestitionen zu sehen. Diese Schätzungen basierten auf Annahmen des ifo Instituts zur Zahl der Bedarfsträger, die von anderen Prognosen etwas abweichen: Bei der Einwohnerzahl, die schon zu DDR-Zeiten stark rückläufig war und die nach der Wende um über 1 Million absackte, erwartet das ifo Institut schon gegen Ende dieser Dekade eine Stabilisierung und dann einen allmählichen Wiederanstieg. Da die Lebenserwartung rasch auf Westniveau ansteigen dürfte, verschlechtert sich die Altersstruktur. Auch die durchschnittliche Haushaltsgröße (derzeit noch 2,3 bis 2,4 Personen) paßt sich an, so daß für 2010 mit rund 7 % Mill. Privathaushalten (+ 1 Mill.) zu rechnen ist. Mit dem rasch, wenngleich mit kleiner werdenden Raten wachsenden Bruttoinlandsprodukt steigen auch die verfügbaren Einkommen mit beträchtlichem Tempo, aber zunehmend ungleicher Verteilung. Bei den ostdeutschen Unternehmen ist die Kaufkraft vielfach noch im Westen "geborgt", aber hier sind Änderungen abzusehen. Zwar profitieren die neuen Bundesländer vom Finanzausgleich, aber wegen der auch sonst steigenden Ausgabenbelastungen des Staates erscheint unsicher, ob sich die steigende staatliche Finanzkraft auch in entsprechend höheren Zuweisungen an die Kommunen (als den Hauptträgern der Baunachfrage) niederschlägt. Unter den für die Bautätigkeit relevanten Preisen und Preisrelationen kommt den Grundstückskosten eine besondere Bedeutung zu. Bauland hatte sich in Ostdeutschland rasch erheblich verteuert, wozu spekulative Ankäufe und planungs- sowie restitutionsbedingte Angebotsengpässe beitrugen; da sich diese auflösen, entsteht ein be451

trächtliches Rückschlagspotential. Die Bauleistungspreise stiegen lange Zeit schneller als im Westen, es zeichnet sich jetzt aber eine Angleichung ab. Bei den Zinsen dürfte es kaum Unterschiede geben, wohl aber bei Bonität und Beleihungsgrenzen. Die Einführung des Vergleichsmietensystems bringt größere Planungssicherheit und höhere Renditen und damit erweiterte Spielräume für Baurnaßnahmen. Bei den vielfältigen Staatseinflüssen auf die derzeitige und zukünftige Bautätigkeit ist den Sonderregelungen, speziell nach dem Fördergebietsgesetz, nach wie vor der häufig entscheidende Anreiz für eine Investition in den neuen Ländern zuzusprechen. Manche Effekte werden erst mit gestiegenen Einkommen so richtig wirksam (z.B. Steuervorteile aus Abschreibungsregelungen). Die Privatisierung von Wohnungsbeständen kam bislang nur schleppend voran, die Wirkung auf die Bautätigkeit bleibt zwiespältig und unsicher. Entwicklungstendenzen der ostdeutschen Bautätigkeit

Generell ergeben die Analysen der Einflußfaktoren der Bautätigkeit in den neuen Ländern zweierlei: Baubedarf ist fast "im Übermaß" vorhanden, von Siittigung keine Spur, dafür aber kräftige Stimulanzwirkungen; Angebotsengpiisse werden die Ausweitung der Bauinvestitionen nicht so schnell begrenzen. Differenzierter sind die Effekte von Kaufkraft, Preisen und Staatseinflüssen einzuschätzen. Der Wohnungsbau machte (erst) 1994 einen Niveausprung; 1995 folgte nochmals eine hoch zweistellige Zunahme, aber danach flacht der Anstieg auf dem inzwischen beachtlichen hohen Niveau doch deutlich ab. Bis 1999 werden (bei 1993 = 100 IP) fast 200 IP erreicht, wobei der Neubau zunehmend gewichtiger wird. Bei den Wohnungsfertigstellungen ist die anfängliche Untererfassung wohl überwunden. Nach langem Anlauf dürften neuerrichtete Wohnungen jetzt und in Zukunft in rasch steigender Zahl fertiggestellt werden (1995: knapp 100 000 WE, 1999: bereits wenig unter 120 000 WE), wobei sich aber lokal und segmentiell wachsende Rückschlagspotentiale ergeben. Gewinnen zunächst die Mehrfamiliengebiiude noch an Gewicht, so dürften längerfristig die Eigenheimanteile wieder zunehmen. Besonders früh gestartet war nach der "DDR-Wende" der Wirtschaftsbau, dessen rechnerischer Tiefpunkt wohl schon 1989 erreicht war. Getragen von Förderprogrammen, Appellen und Westunternehmen ging es anfangs steil, jetzt allerdings nur noch mit einstelligen Jahresraten weiter aufwärts. Für 1999 werden "nur" 128 IP vorausgeschätzt, aber das Niveau im Basisjahr 1993 war auch schon recht hoch. 452

Erst 1992 waren die Bauinvestitionen des Staates angesprungen. Auch in dieser Bausparte wird die Zweistelligkeit der Zuwachsraten nicht beibehalten werden können. Bis 1999 klettert der Index aber immerhin auf 127 IP und damit genau so schnell wie im Wirtschaftsbau. Der direkte Vergleich der Indexkurven für die drei "klassischen" Bausparten (vgl. Abb. 6.12) bestätigt diese Aussagen. Die Aggregation zu den gesamten Bauinvestitionen ergibt beim Vergleich 1999/93 einen nochmaligen Anstieg um über 50 %. Der Bausektor bleibt also in den neuen Ländern Wachstumsträger, aber nicht mehr ganz "einsame Spitze". Im Vergleich mit dem Baubedarf lagen die Bauinvestitionen anfangs ganz gut im Rennen, inzwischen haben sie längst den Kontakt verloren. Die Baubedarfs/ücke wird sich auch in Ostdeutsch land trotz relativ hoher und rasch steigender Bauinvestitionen zunächst weiter vergrößern. Abb.6.12

Bauinvestitionen nach Sparten In den neuen Ländern 1989 bis 1994 und Projektion bis 1998 - Index 1993 = 100; Ausgangswerte In Preisen von 1991 -

200.-------------------------------~----------~

1 SO

- - - - - - - - - - - - - - - - - -

100

- - - - - - .... - - -

50~---~~

O~--~--~----L---~--~--~~--~--~--~--~

198919901991 19921993199419951998199719981999 - - Wohnungsbau

Quelle:

-

ae_erbllcher Sau

- - Öffentlicher Sau

Statistisches Bundesamt; Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung; Berechnungen und Vorausschätzungen des ifo Instituts.

453

6.5.3 Nach überwundener Struktur- und Anpassungskrise wächst zwar das Bauvolumen in den alten Bundesländern wieder, aber aus den neuen Ländern kommen doch die entscheidenden Impulse für ein beachtlich hohes Trendwachstum des gesamtdeutschen Bauvolumens Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten ist zwar auch in der Bauwirtschaft die Verzahnung immer enger geworden, es bestehen aber gravierende Unterschiede fort. Eine weitere Stabilisierung der noch hochgradig "frischen" Situation scheint erforderlich, bevor von einem wirklich gesamtdeutschen Baumarkt gesprochen werden kann; noch läßt sich dieser nur durch - in vielerlei Hinsicht problematische - Additionen herstellen. Bis auf weiteres behält die West-Ost-Differenzierung also ihren hohen Informationsgehalt. Da sie schon für die beiden Teilgebiete fehlen, können aktuelle Baubedarfsschätzungen erst recht nicht für Gesamtdeutschland vorliegen. Die bloße Umbasierung, Fortschreibung und Addition stößt auf große Skepsis; Zahlen kann man daher nur unter Vorbehalt nennen: Umgerechnet auf Einzeljahre ergibt sich ein grober Schätzwert von durchschnittlich 600 Mrd. DM Baubedarf in Deutschland bei Bauinvestitionen 1994 von rund 430 Mrd. DM (in Preisen von 1991). Beim unterstellten Bevö/kerungsanstieg auf 84 bis 85 Millionen bis 2010 und den übrigen Annahmen zu Normen und Bedarfsträgern klafft also ein riesiges "Bedarfs/och". Entsprechend den prognostizierten Entwicklungen in den beiden Teilgebieten verschlechtert sich die Altersstruktur auch in Deutschland insgesamt. Die Zahl der Privathaushalte steigt bis 2010 um 7 % auf dann rund 41 Millionen; deren Durchschnittsgröße beträgt dann etwa 2,1 Personen. Das hohe ostdeutsche Wirtschaftswachstum wird vor allem für die Zunahme der Baukaufkraft bei Privathaushalten, privaten Unternehmen und staatlichen Institutionen verantwortlich sein, aber auch bei den (West-)Vermögen wirkt das große Umschichtungspotential tendenziell stützend. Bei den Faktorpreisen, insbesondere bei Grundstücken, erwarten wir zwar eine Beruhigung, aber keine anhaltenden Einbrüche. Wertsteigerungserwartungen können also weiterhin ebenso als stimulierender Einfluß unterstellt werden wie die noch eine zeitlang besonders hohen Steuervorteile in den neuen Ländern (von denen ausgehend aber mit einem plötzliChen Kippen der Baunachfrage gerechnet werden muß). Vom staatlichen Bau direkt dürften nur schwache Impulse ausgehen.

454

Fügt man die west- und ostdeutschen Bauinvestitionen der drei Sparten zusammen, so entsteht für Deutschland z.B. 1991 eine SprungsteIle, weil frühere Zeitreihenwerte nicht verfügbar sind. Mit den neuen Ländern geht es dann wesentlich steiler aufwärts, es fehlen aber konsistente Vorausschätzungen, so daß nur eine Addition unter Vorbehalt und mit Angaben breiter Margen möglich erscheint (vgl. Tab. 6.7). Der Wohnungsbau expandiert danach zunächst noch recht kräftig, der Anstieg flacht dann aber ebenso auf eine Jahresrate von etwa 1,5 % ab; im Wirtschaftsbau erreicht die Zunahme langfristig nur 1 % p.a., wohingegen der öffentliche Bau über Stagnation kaum hinauskommt. Tab. 6.7

Projektionen des Bauvolumens1 ) nach Sparten 1995 bis 2005 In West- und Ost- sowie In Gesamtdeutschland - Margen der Jahresdurchschnl11l1chen (Trend-)Veränderungsraten (In %) -

Bausparte

alte Länder

Deutschland insgesamt3 )

neue Länder 2 )

Wohnungsbau

von 3,0 % auf 1,0 % sinkend

von 23 % (über 2 %) auf 1,5 % sinkend

von etwa 7 % auf knapp 1,5 % sinkend

Wirtschaftsbau

von 2,0 % auf 0,8 % sinkend

von 4 % (über 3 %) auf 2 % sinkend

von rund 2,5 % auf etwa 1 % sinkend

Öffentlicher Bau

von rund - 0,4 % auf 0 % verbessernd

von 2 % (über 3 %) auf 1,5 % sinkend

von Stagnation leicht ins Plus verbessernd

1) Ausgangswerte in Preisen von 1991. 2) Mit Zwischenangaben für das Jahr 2000. 3) Gewichtete Aggregation aus den Trendraten der Bausparten.

Quelle: Statistisches Bundesamt (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen); Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung (Bauvolumensrechnung); Vorausschätzungen und Berechnungen des Ifo Instituts.

Eher in Form einer Schemaskizze zu den Verlaufsvorstellungen denn als Prognose der wahrscheinlichen Entwicklungen erhält man für die reale gesamtdeutsche Bautätigkeit eine Darstellung glatter Kurven, die zeigt (vgl. Abb. 6.13), daß zwar auch in Westdeutschland nach überwundener Niveau- und Strukturanpassungskrise die Entwicklung wieder deutlich aufwärts gerichtet ist (allerdings etwas unter dem BIP-

455

Wachstum bleibt), daß aber die entscheidende Dynamik für den Bausektor von den Entwicklungen in Ostdeutschland ausgeht. Für Deutschland insgesamt erhält man für die nächste Dekade ein beachtlich hohes Trendwachstum des Bauvolumens, wobei die heute schon weit über Westniveau liegenden Pro-Kopf-Werte der neuen Bundesländer (1994 rund 6 800 DM zu weniger als 5 000 DM) noch ganz erheblich zulegen werden; hieraus zeigt sich allerdings zugleich die Höhe des Rückschlagspotentials. Abb.6.13

Trend-Entwicklung und -Projektion der Bautätigkeit in Westund Gesamtdeutschland 1980 bis 2005 bzw. 1991 bis 2005 - Wachstumspfade des deutschen Bauvolumens In Mrd. DM, In Preisen von 1991

65 0

60 0 55 0

50 0 45 0

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40 0 35 0

30

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...

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-+- Westdeutschland "*" Deutschland Quelle:

6.6

Deutsches Institut für WIrtschaftsforschung (Bauvolumensrechnung); Trendschitzungen und -projektionen des Ifo Instituts.

Ansätze zu Konsequenzen und Empfehlungen an die Wirtschafts-, Verbands- und Unternehmenspolitk

Die im Rahmen des "Branchenbildes Bauwirtschaft" gewählte breite Abgrenzung hat ergeben, daß dieser wichtige Sektor der Volkswirtschaft auch in Westdeutschland nach Überwindung der Anpassungskrise wieder klar positive Wachstumsbeiträge liefert; in den neuen 456

LSndern wird er noch auf Jahre hinaus zu den entscheidenden WachstumstrSgern gehören. Die Einbettung in die erweiterte Europäische Union sowie in Gesamteuropa und die Beteiligung am WeItbaumarkt durch Auslandsbau sowie durch Töchter und Beteiligungen haben beachtliche Fortschritte gemacht.

Angesichts dieser Entwicklungen sollten von der Wirtschaftspolitik nicht "Schutzzäune" und höhere Subventionen, aber stabile und verläßliche Rahmenbedingungen sowie klare Entscheidungen statt vielfältiger "Hängepartien" erwartet werden. Dabei soll nicht verkannt werden, daß zum Beispiel bezüglich der BauarbeitsmSrkte mit der Entsenderichtlinie oder entsprechenden nationalen Regelungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) schwierige Abwägungsprozesse im Innern und mit den EU-Partnern notwendig sind. Wenn aber einerseits klar ist, daß die kurzfristigen Risiken einer völligen Liberalisierung wegen sozial inakzeptabler Konsequenzen gesellschaftlich nicht tragbar erscheinen, andererseits aber auch der Bauarbeitsmarkt sich auf Dauer nicht einfach "ausklinken" kann, wenn in Europa ein wirklicher Gemeinsamer Markt (und mehr) entstehen soll, müßten sich sachlich und zeitlich tragfähige Kompromisse formulieren lassen. Die Europaorientierung der deutschen Bauwirtschaft sollte dabei nicht nur auf der Angebotsseite der Bauleistungsmärkte betont, sondern auch aus dem Blickwinkel der Nachfrager nach Bauwerken und Bauwerksnutzungen betrachtet werden. Beträchtlich großes Unbehagen wird anhaltend mit Blick auf das zu niedrige Niveau und auf die große Unstetigkeit der staatlichen Baunachfrage wie auch der direkten und indirekten Staatseingriffe in die Baumärkte formuliert. Die Forderungen nach einer Verstetigung der Bautätigkeit des Staates sind allerdings wohl so alt und nutzlos wie die Eingriffe selbst. Die Frage, ob von Privatisierungen staatlicher Aktivitäten oder von verstärkter privater Finanzierung positive Effekte auf das Niveau und die Volatilität der Baunachfrage ausgehen, kann wohl nicht mit einem schnellen Ja oder Nein beantwortet werden. Aber die auf konkrete Projekte und Modelle bezogene Prüfung der Vor- und Nachteile für alle Beteiligten, speziell für die Nutzer, sollte vorurteilsfrei und ohne "ideologische Scheuklappen" erfolgen. Bestimmt wird sich selbst bei einem deutlich verstärkten Einsatz dieser Instrumente die Sorge um den komplementSren Ausbau und die substanzerhaltende und -verbessernde Modernisierung der Infrastruk-

457

tureinrichtungen nicht einfach "verflüchtigen". Hier wird wohl - unter der Prämisse, daß bei der Staatsquote eine Obergrenze erreicht oder sogar überschritten ist - über Umschichtungen nachgedacht werden müssen, wobei stets an die (dann ja gewollten) Folgekostenbelastungen zu denken ist. Die Unternehmen und Verblinde des deutschen Bausektors und der sonst zur Errichtung und Erhaltung von Bauwerken beitragenden Wirtschaftszweige haben die sich in Deutschland und in (West- und Ost-} Europa sowie im Weitmaßstab bietenden Chancen zu einer Neuorientierung insgesamt rasch und entschlossen wahrgenommen; daß es sich um Entscheidungen unter Risiko handelte, wird erst noch mit Verzögerung deutlich werden. Dies gilt auch oder gerade mit Blick auf "neue" Auftraggeber bzw. die geänderte Auftraggeberstruktur (mehr ausländische Investoren; mehr private Institutionen, speziell Bauträger u.ä.) und hinsichtlich des verschärften Konkurrenzdruckes durch hohe inländische Kapazitäten (mit beträchtlichen "Reserven") und immer mehr ausländische Mitbewerber. Manche "Schieflage" wird sich erst zeigen, wenn die Baunachfrage in Deutschland abflacht oder gar zurückgeht. Die deutschen Bauunternehmen konnten bei den Planungen und Umsetzungen zur Markterweiterung nach Ostdeutschland und zunehmend auch nach Westeuropa sowie ansatzweise nach Osteuropa in aller Regel auf (hier breiter verstandene) Stammbelegschaften und deren Interessenvertretungen setzen, die diese Entwicklungen selbst als Chance wahrgenommen haben. Viele der hierbei zu erfüllenden Funktionen lassen sich nicht auf kurzzeitig einbezogene "Niedriglohnarbeitskrlifte" übertragen, weshalb es trotz aller Unsicherheiten darauf ankommen wird, die Ausbildungsanstrengungen und die Bemühungen um eine erhöhte Attraktivitlit der Bauarbeitsplätze eher noch zu verstärken. Hierzu gehören klare Perspektiven für sichere Arbeitspllitze, die Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften gemeinsam mit der Wirtschaftspolitik schaffen müssen. Auf Seiten der Bauunternehmen kann hierzu auch eine Erweiterung der Produktpalette - sei es in vorgelagerte, parallele oder nachgelagerte Aktivitäten - beitragen, doch sollte man sich bewußt sein, daß dabei Kapital gebunden wird und daß "Gemischtwarenläden" schwer zu führen und nicht unbedingt am profitabelsten sind.

458

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Anhang

Anhang Seite A 1.1.1

Systematik der Bauwerke: Gruppe 75 - Tiefbauten sowie ausgewählte Untergruppen und Klassen

471

A 1.1.2

Gliederung der Nichtwohngebäude

472

A 1.2.1

Systematik der Wirtschaftszweige: WZ 79

473

A 1.2.2

Systematik der Wirtschaftszweige: WZ 93

474

A 1.3

Anlageinvestitionen und Bauinvestitionen

475

A 2.1

Unternehmen, Betriebe und Arbeitstätten sowie Beschäftigte des Baugewerbes

477

A 2.2

Bestand an ausgewählten Geräten und Baumaschinen im Bauhauptgewerbe 1970 bis 1994

478

A 2.3.1

Kostenstruktur im Bauhauptgewerbe nach Wirtschaftszweigen 1993

479

A 2.3.2

Produktionsindices für das Baugewerbe und das verarbeitende Gewerbe 1970 bis 1993

480

A2.4

Zusammenhang zwischen Arbeits- und Kapitalproduktivität sowie Kapitalintensität

481

A 3.1.1

"Letzte" Ziele und Entscheidungsprozesse für die Sparte "Öffentlicher Bau·

485

"Letzte" Ziele und Entscheidungsprozesse für die Sparte ·Wirtschaftsbau·

486

A 3.1.2 A 4.1.1

Bauherrenstruktur der Gebäudearten im westdeutschen Nichtwohnbau (Hochbau) 1990 bis 1994 487

A 4.1.2

Gebäudestruktur für die Bauherrentypen im westdeutschen Nichtwohnbau (Hochbau) 1990 bis 1994 488

470

Anhang A 1.1.1

Systematik der Bauwerke: Gruppe 75 • TIefbauten sowie ausgewählte Untergruppen und Klassen Untergruppe/Klasse

Tiefbauten für Verkehr und Nachrichtenübermittlung

751 7511

- Straßen und Wege

7512

- Park- und Abstellplätze

7513

- Bahnkörper u.a. Tiefbauten für Schienenbahnen

7514

- Tunnel

7515

- Brücken

7516

- Start- und Landebahnen für Flugzeuge

7517

- Wasserstraßen und Häfen

7519

- Fernmeldeleitungen und -maste usw.

7531

- Tiefbauten für die Elektrizitätsgewinnung

7532

- Tiefbauten für die Elektrizitätsverteilung

7533

- Rohrleitungen für den Transport von Erdöl usw.

7534

- Rohrleitungen für den Transport ... von Gas

7535

- Rohrleitungen für den Transport ... von Fernwärme

753

TIefbauten für die Energie- und Wasserwirtschaft

7536

- Unterirdische Kraftstofflager und Gasbehälter

7537

- Tiefbauten für Wasserversorgungsanlagen

7539

- Tiefbauten für Abwasseranlagen

7551

- Tiefbauten an nicht schiffbaren Gewässern

7553

- Küstenschutz-, Landgewinnungs- u.ä. Tiefbauten

755

Landeskulturbauten

7555

- Landwirtschaftliche Wasserbauten

7557

- Andere Landeskulturbauten

757

759

Bezeichnung l )

Sportplitze, Freibäder u.a. Tiefbauten für Sport- und Freizeitzwecke 7571

- Sportplätze, Freibäder u.a. Tiefbauten für Sportzwecke

7575

- Tiefbauten für andere Freizeitzwecke Sonstige TIefbauten, a.n.g.

1) Teilweise abgekürzte Bezeichnungen. Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Systematik der Bauwerke, Ausgabe 1978; Wiesbaden 1978.

471

Anhang A 1.1.2

Gliederung der Nlchtwohngebiude - Auszüge-

Anstaltsgebiude enthalten: Krankenhäuser Anstaltsgebäude für Behinderte Altenpflege und -krankenheime Heime für Säuglinge, Kinder usw. Erziehungsheime Müttergenesungsheime, Ferien- und Erholungsheime Heime von Unterrichtsanstalten Kasernen und Bereitschaftsgebäude Sonstige Anstaltsgebäude (z.B. Klöster, Justizvollzugsgebäude) Büro- und Verwaltungsgebiude Landwirtschaftliche Betrlebsgebiude NIchtlandwirtschaftlIche Betrlebsgebäude enthalten: Fabrik- und Werkstattgebäude Gebäude der Energiegewinnung und -verteilung Gebäude der Wassergewinnung und -verteilung Gebäude der Abwasserbeseitigung Gebäude der Abfallbeseitigung Schlachthöfe und -häuser Sonstige Fabrik- und Werkstattgebäude Handelsgebäude Markt- und Messehallen Einzelhandelsgebäude Andere Handelsgebäude Warenlagergebäude

Verkehrsgebäude Garagengebäude der Polizei u.ä. Garagengebäude von Bundesbahn und Bundespost Andere Garagengebäude Sonstige Verkehrsgebäude Hotels, Gasthöfe, Fremdenheime, Pensionen u.ä. Gaststättengebäude ohne Beherbergung, Kantinengebäude Filmtheater, Spielbanken und sonstige Gebäude für Unterhaltungszwecke Sonstige nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude Sonstige Nlchtwohngebiude enthalten: Kindertagesstätten Schulgebäude Schulgebäude von allgemeinbildenden Schulen Schulgebäude von kombinierten allgemein- und berufsbildenden Schulen Schulgebäude von nicht allgemeinund berufsbildenden Schulen, Volkshochschulgebäude Hochschulgebäude Gebäude für Forschungszwecke Museen, Theater, Opernhäuser, Bibliotheken, Kongreßhalien u.ä. Kirchen und sonstige an anderer Steile nicht genannte Kultgebäude Medizinische Behandlungsinstitute Gebäude für Heilbäder oder die Gesundheitspflege Sportgebäude Sporthallen (ohne Schwimmhallen) Schwimmhallen Sonstige Sportgebäude Sonstige Nichtwohngebäude, a.n.g. Freizeit- und Gemeinschaftshäuser für Jugendliche und Senioren Sonstige Freizeit-, Gemeinschaftsund Bürgerhäuser Sonstige Nichtwohngebäude

Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Systematik der Bauwerke, Ausgabe 1978; Wiesbaden 1978.

472

Anhang A 1.2.1

Systematik der WIrtschaftszweige: WZ 79 (SYPRO) Bauhauptgewerbe

72

7210 7220 7231 7233 7235 7237 7241 7242 7243 7244 7245 7249 7251 7255 73

7301 7302 7303 7304 7305

Hoch- und Tiefbau Hoch- und Tiefbau o.a.S. Hochbau (ohne Fertigteilbau) Herstellung von FT-Bauten aus Beton im Hochbau Montage von FT-Bauten aus Beton Jm Hochbau Herstellung von FT-Bauten aus Holz im Hochbau Montage von FT-Bauten aus Holz im Hochbau Erdbewegungsarbeiten, Landeskulturbau Wasser- und Wasserspezialbau Straßen bau Brunnenbau, nichtbergbauliehe Tiefbohrung Bergbauliehe Tiefbohrung, Aufschließung, Schachtbau Tiefbau a.n.g. Gerüstbau Fassadenreinigung

76

7610 7670 77

7710 7731 7734 7737 7751 7755 7771 7774 7777 7791 7799

Saulnsta"ation Klempnerei, Gas- und Wasserinstallation Elektroinstallation Ausbaugewerbe (ohne Saulnsta"at/on) Ausbaugewerbe o.a.S. (ohne Bauinstallation) Glasergewerbe Maler- und Lackierergewerbe Tapetenkleberei Bautischlerei Parkettlegerei Fließen-, Platten- und Mosaiklegerei Estrichlegerei sonstige Fußbodenlegerei und -kleberei (ohne Estrich) Ofen- und Herdsetzerei sonstiges Ausbaugewerbe (ohne Ofen- und Herdsetzerei)

Spezialbau Schornstein-, Feuerungsund Industrieofenbau Gebäudetrocknung Abdichtung gegen Wasser, Feuchtigkeit Abdämmung gegen Kälte, Wärme, Schall, Erschütterung Abbruch-, Spreng- und Enttrümmerungsgewerbe

74

Stukkateurgewerbe, Gipsere/, Verputzerei

75

Zimmerei, Dachdeckerel Zimmerei, Ingenieurholzbau Dachdeckerei

7510 7550

Ausbaugewerbe

Quelle: Statistisches Bundesamt, Systematik der WIrtschaftszweige mit Erläuterungen - Ausgabe 1979.

473

Anhang A 1.2.2

Systematik der Wirtschaftszweige: WZ 93 (NACE Rev. 1) 45

Baugewerbe

45.1 Vorbereitende Baustellen-

arbeiten

45.2 Hoch- und Tiefbau

45.11 45.12 45.21 45.22 45.23 45.24

45.3 Baulnstallatton

45.31 45.32 45.33

45.34

45.4 Sonstiges Baugewerbe

45.41 45.42 45.43 45.44 45.45

Abbruch, Spreng- und Enttrümmerungsgewerbe Test- und Suchbohrung Hochbau, Brücken- und Tunnelbau Dachdeckerei, Abdichtung und Zimmerei Straßen bau und Eisenbahnoberbau Wasserbau Elektroinstallation Dämmung gegen Wärme, Kälte, Schall und Erschütterung Klempnerei, Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation Sonstige Bauinstallation Stukkateurgewerbe, Gipserei und Verputzerei Bautischlerei Fußboden-, Fliesen- und Plattenlegerei, Raumausstattung Maler- und Glasergewerbe Baugewerbe a.n.g.

45.5 Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedlenungs-

persona/

Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Allgemeine Systematik der Wlrtschaftszwelge In den Europäischen Gemeinschaften, Revidiert NACE REV I, Fassung für nationale Zwecke, fünfstellig.

474

Anhang A 1.3

Anlageinvestitionen und Bauinvestitionen

Die Anlageinvestitionen umfassen den Wert von langlebigen Wirtschaftsgütern, die von inländischen Wirtschaftseinheiten erworben werden, um sie - länger als ein Jahr - im Produktionsprozeß einzusetzen. Dazu rechnen in sektoraler Disaggregation die Käufe neuer Anlagen (einschließlich selbsterstellter Anlagen) aus der inländischen Produktion und aus der Einfuhr sowie die Käufe abzüglich Verkäufe von gebrauchten Anlagen und Land. Nicht dazu zählen die Käufe dauerhafter Güter, die für militärische Zwecke bestimmt sind oder die in den privaten Verbrauch eingehen. Bei den Anlageinvestitionen wird zwischen Ausrüstungsinvestitionen und Bauinvestitionen unterschieden. Bauinvestitionen sind Anlageinvestitionen, welche Gebäude und sonstige Bauten betreffen, wie Straßen, Brücken, Tunnels, Eisenbahnstrecken, Flugplätze, Kanäle, Staudämme, Stahl- und Holzkonstruktionen (Montagebauten), Versorgungs- und Rohrfernleitungen, die Anlage von Sportplätzen, Parks u.ä., ferner Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erstanlage von Forsten, Weinbergen, Obstplantagen und dergleichen.

Einbezogen sind bei den Bauinvestitionen alle mit Bauten fest verbundene Einrichtungen wie Aufzüge, Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie außerdem gärtnerische Anlagen, die Umzäunung von Grundstücken und andere aus Baunebenleistungen stammende dauerhafte Werte.

475

~

"'"'""

1987

14

68

Betriebe In t 000

114

72

186

ArbeltsstlUen In 1000

754

1 097

1 852

367

1 099

392

1 168 777

Beschlftlgte In 1 000

17701 53 0 )

53

149

202

119

239

358

Umsatz In Mrd. DM

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihen 5.1 und 5.2, Fachserle 14, Reihe 8, Fachserie 2, Heft 11; Berechnungen des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

a) Abweichend von den übrigen Statistiken wird Berlin in der Umsatzsteuerstatistik 1992 voll den alten Bundesländern zugeschlagen (vgl. auch Text und Fußnoten in Abschnitt 2.1.1.1) . b) 1993.

Ausbaugewerbe

Bauhauptgewerbe

Baugewerbe

Alle

Betriebe mit mindestens 10 Beschäftigten

Arbeit.afittenzlhlung

Alle

BBuhauptgewerbe

Ausbaugewerbe

Totalerhebung In Betrieben

14

25

Ausbaugewerbe 1994

1993

128

91

219

Unternehmen In 1000

10

Unternehmen mit minde· stens 20 Beschäftigten (Ausbaugewerbe: 10 Beschäftigte und mehr)

1992

Jahr

BBuhauptgewerbe

Baugewerbe

Jahre •• rhebung In Unt.rnehmen

Ausbaugewerbe

Bauhauptgewerbe

Baugewerbe

Unternehmen mit mindestens 25 000 DM st~uerpflichtigem Umsatz a

Berichtskreis

- nach verschiedenen statistischen Quellen, früheres Bundesgebiet -

Unternehmen, Betriebe und Arbeltsstltten sowie Besehiftlgte des Baugewerbes

Umsatzsteuersfatlstlk

Quelle Bereich

Anhang A 2.1

co

--.J

~

Geräteart

4973

8099

830

Stand Ende Juni; alle Bundesländer. Bestand an eigenen Geräten; ab 1983 Bestand an verfügbaren Geräten. Bis 1982 in der Gesamtzahl der Lkwenthalten. Einschließlich Zugmaschinen mit Ladefläche.

55864

1460 40391

554 2274 3932 830

34591

34625 8431

1328 5306 4838 1460

15563

-

-

514 69850

573

340 1 392 3240 514

46396

46491 5132

4535

67603 18562

83191

19256

8887 1621

4067

7400 25996

88619 9429 1529

1991

63582

361 1 524 3193 573

40636

39431 5524

66324 64824 15086

101 556 13979

-

87174

-

17842

1529

9663

3719

8467 23865

89575 10558 1492

1988

-

17 337

14907 1823

3961

15482 27055

2357

118822 18839

1980

-

10036

2421

23416

2135

19049 21855

2719

138919 33659

1970

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.1.

a) b) c) d)

Kompressoren aller Art

StraBenbaumaschinen für Schwarzdecken - Mischanlagen - Gußasphallkocher - Fertiger für Betonstraßen - Fertiger und Verteiler

Ladegeräle

Hydraulikbagger Planierraupen

Transporter mit Pritschen- oder Kastenaufbau C) Lkwd ) mit Nutzlast bis einschließlich 12 I mit Nulzlasl über 12 I Seilbagger

Mörtelförder- und Verputzgeräte

Betonpumpen aller Art

Förderbänder

Mobil- und Autokrane

Turmkrane mit einem Nennlaslmoment unter 16 tm Nennlastmoment 16 tm und mehr

Transportmischer und Agitatoren

Betonmischer mit Trommelinhalt unter 250 I mit Trommelinhalt 250 I und mehr

Bestand an ausgewählten Geräten und Baumaschlnena)b) Im Bauhauptgewerbe 1970 bis 1994

Anhang A 2.2

73460

440

342 1 310 3154 440

49214

51252 4542

3997

67971 19990

96376

21207

1749

7816

4413

6851 28464

1 413

85116 8389

1994

"'.J CD

.j:>.

~

~

;!i.

~

!:!

4 1 36 22 5 6

2 4 1 33

17 7 5

Bruttolohnsumme

Bruttogehaltsumme

Gesetzliche Sozialkosten

Sonstige Sozialkosten

2 100

22 7 7

13 7 4

1 4 1 100

1 3 5 100

5

4

4

39

26

2

1

5

1

8

2 3

1

15

2

27

100

1

4

1

5

4

7

7

24

42

1

6

4

2

18

1

20

51

TBang

1

1

1 2 0 100

1

6 1 100

3 3

3 7

7

9 8

22

41

44 9

1

1 24

8

8

1 2

4

2

18

25

19

13

55

SpB

47

üHT

Wirtschaftszweige

2

3 1

100

10

2

100

4

2

1

3

6

7 3

6

22

36 6

26

42

1

5

4 1

2

1

9

2

37

56

ZD

2

1

13

0

24

44

SGV

100

2

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserle 4, Reihe 5.3; Berechnungen des Iro Instituts für WIrtschaftsforschung.

3

1

4

3

6

7

20

36

1

5

2

2

24

1

23

57

BHG

Legende: HToaS = Hoch-/Tiefbau ohne ausgeprägten Schwerpunkt; HB .. Hochbau ohne Fertigteilbau; FtB = Fertigteilbau; StrB = Straßenbau; TBang = Tiefbau anderweilig nicht genannt; üHT ., übriger Hoch-/Tlefbau; SpB = Spezialbau; SGV = Stukkateurgewerbe, Gipserei, Verputzerei; ZD = Zimmerei, Dachdeckerei; BHG = Bauhauptgewerbe insgesamt.

Bruttoproduktlonawert (ohne MwSt.)

Jahresüberschuß (vor Steuern)

3

1 2

1 3

Fremdkapitalzinsen

Abschreibungen

100

3 3

4

Kapitalkosten

3

Personalkosten

Kostensteuern abzügllch Subventionen

Sonstige Vorleistungen

1 2

2

Mieten und Pachten

24

33

1

1

1

Kosten für sonstige industrielle/handwerkliche Dienstleistungen

0

Kosten für Fremd- und Nachunternehmerleistungen

Einsatz von Handelsware

28

25

26

18

54

64

58

59

StrB

FTB

HB

HToaS

Kostenstruktur Im Bauhauptgewerbe nach WIrtschaftszweigen 1993

- Unternehmen mit 20 und mehr Beschlftlgten, AnteUe am Bruttoproduktionswert In % -

Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen

Vorle/atungen

Kostenarten

Anhang A 2.3.1

~

co o

105

108

104

108

121

125

132

128

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1991

1992

1993 142

141

132

129

111

104

118

111

126

118

Hochbau

122

130

123

119

110

109

99

102

117

109

Tiefbau

Quene: Baustatlstlsche Jahrbücher; Berechnungen des Ifo Instituts für WIrtschaftsforschung.

134

137

129

125

111

106

111

108

123

115

Bauhauptgewerbe

114

122

119

113

103

100

102

112

121

123

119

107

103

96

93

98 101

80

114

Gewerbe a

verarbelten~es

102

Ausbaugewerbe

Produktionsindices für das Baugewerbe und das verarbeitende Gewerbe 1970 bis 1993 • Index 1985 = 100·

a) Indax der Nettoproduktion.

111

120

1970

Baugewerbe

Jahr

Anhang A 2.3.2

AnhangA 2.4

Zusammenhang zwischen Arbeits- und Kapita/produktivität sowie Kapitalintensität

Als definitorische Beziehung gilt:

P K mit:

P A

1

K/A

P = Produktion (Output) A = Arbeitseinsatz K = Kapitaleinsatz

P/A

PIK

= Arbeitsproduktivität = Kapitalproduktivität

KlA = Kapitalintensität.

Die Kapitalproduktivität ist demnach definitionsgemäß im Vergleich zur Arbeitsproduktivität umso niedriger, je höher die Kapitalintensität ist. Tota/produktivität: Theoretisches Konzept und A/gorithmus

Der Produktivitäts fortschritt eines gesamten Produktionsprozesses zwischen den Perioden 1 und 0 läßt sich messen, wenn die Kosten der Faktoreinsatzmengen in der Periode 1 (A 1, K1) für den Output P1 den Kosten der Faktoreinsatzmengen der früheren Periode 0 (Ao' Ko) für den Output Po zu jeweils gleichen, also konstanten Preisen einer Basisperiode gegenübergestellt werden. Die Kosten eines Produktionsfaktors, d.h. sein Preis, bestehen in seinem Anteil am Produktionsergebnis, also in seinem Anteil an der Wertschöpfung im Produktionsprozeß. Der Anteil des Produktionsfaktors Arbeit (auch als Lohnquote bezeichnet) umfaßt die an ihn bzw. für ihn gezahlten Brutto-Löhne und -Gehälter sowie die gesetzlichen und sonstigen Sozialabgaben. Der Anteil des Produktionsfaktors Kapital besteht in Abschreibungen auf Sachanlagen, in Fremdkapitalzinsen und im Unternehmereinkommen (Eigenkapitalverzinsung, Unternehmerlohn für Unternehmertätigkeit sowie Gewinn). Beide Anteile zusammen ergeben die Bruttowertschöpfung (zu Faktorkosten). 33"

481

Im Bauhauptgewerbe verteilte sich die gesamte Bruttowertschöpfung nach der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes im Basisjahr 1980 zu 77 % auf den Faktor Arbeit und zu 23 % auf den Faktor Kapital. Der Index der Nettoproduktion als Meßgröße des Outputs entsteht durch Fortschreibung produzierter Mengen, jeweils gewichtet mit derjenigen Bruttowertschöpfung, die bei ihrer Produktion im Basisjahr erzielt wurde. Die genannten Einkommensanteile des Basisahres 1980 dürfen deshalb als konstante Faktorpreise von Arbeit und Sachkapital zur Preisbereinigung der Einsatzmengen herangezogen werden. Damit ergibt sich als Meßziffer der Tota/produktivität TP für das Bauhauptgewerbe in der Periode 1 im Vergleich zur Periode 0 (Bedeutung der übrigen Symbole wie oben):

TP

P1

= --------

0,77 . A 1

+

0,23 . K1

Durch Umformung entsteht hieraus:

TP =

1

Wenn der jeweilige Stand der Faktorproduktivitäten in der Periode 1 als Vielfaches der Produktivitäten in der Periode 0 definiert wird, stellt diese Gleichung eine mit den Einkommensanteilen der Produktionsfaktoren in der Periode 0 gewichtete Zusammenfassung von Arbeitsund Kapitalproduktivität dar. Diese Meßziffer gewichtet also die Fortschrittsraten der Arbeits- und der Kapitalproduktivität mit den jeweiligen Einkommensanteilen dieser beiden Faktoren im Basisjahr O.

482

Zusammenhang zwischen Personalkostenanteil (Lohnquote) sowie LOhnsatz, Arbeitsproduktivität und Stückkosten Zwischen dem Personalkostenanteil am Bruttoproduktionswert (Lohnquote) und den Entwicklungen von Lohnsatz, Arbeitsproduktivität und Stückkosten (Gesamtkosten je 1 Einheit Nettoproduktion) besteht der rechnerische Zusammenhang:

w. AV BPW

=w.

1

BPW

NP

1

NP AV

Dabei bezeichnen: = Stundenlohn w AV = Arbeitsvolumen NP = Nettoproduktion (real) BPW = Bruttoproduktionswert (nominal) w.AV = Personalkosten w.AV/BPW = Lohnquote BPW/NP = Stückkosten NP/AV = Arbeitsproduktivität.

483

Anhang A 3.1.1

-Letzte- Ziele und Entscheidungsprozesse für die Sparte "Öffentlicher Bau· Variable {Ziele, Determi~tnten und resultierende Leistungen

Einflußfak10ren (abhängig von/bestimmt durch)



Ver- und Entsorgunll.8Z/e/e ~ereitste"ung von offentliehen ütern; konsum nahe und/oder produktionsorientierte Infrastruktureinrichtungen; Niveau und Struktur)



Bedarf an Bauwerksnutzungen (nach Art, Qualität, Lage)





Bedarf an zusätzlichen (bzw. "anderen") Bauwerkanutzungen





Nachfrage nach Bauleistungen - Errichtung neuer Bauwerke - Erhaltung/Modernisierung der Bausubstanz - Umwidmung/Umbau bestehender Bauwerke - 'Rückbau' bzw. Abriß



- parlamentarische Mehrheitsverhältnisse - Präferenzen zwischen privaten und öffentlichen Gütern (Staatsquote) - Zuordnung zu privaten bzw. staatlichen Trägern - gesetzliche o.ä. Normen; internationale Absprachen - erwartete Bevölkerun~s- und wirtschaftliche En~ic lung {Niveau und Struktur

Ver- und Entsorgungsziele (angestrebter bzw. aufrecht zu erhaltender Versorgungsgrad) - räumliche Verteilun~ von Bevölkerun~ sowie wirtsc aftlichen und ö entliehen Aktivitäten - alternative Versorungskonzepte; regionaler {De-)Zentralisierungsgrad; Aufgabenverteilung auf die staatlichen Ebenen Bedarf an Bauwerksnutzun~en - Bestand an (öffentlichen) auwerken (potentielle Leistungsabgabe nach Art, Qualität, Lage) - Umnutzuna von Bauwerken Bedarf an zusätzlichen Bauwerksnutzungen - Angebot an Bauwerksnutzungen (Anmietung; Umbau oder Instandsetzung statt Neubau) - Kapazität der Regiebetriebe ~taatliche Eigenleistungen) - taatseinnahmen (Steuern, Ab~aben, Gebühren usw.) bzw. ommunale Zuweisungen - Staatsausgaben für andere Auf~abenbereiche

- inanzierungsmöglichkeiten und -konditionen - Kosten-Nutzen-Vergleiche •

Bautätigkeit/Bauproduktion - Neubau - Bestandsmaßnahmen/Altbauerneuerung



Nachfrage nach Bau/eistungen - Angebot an Bauleistungen (Kostenniveau und -struktur, Kapazitäten bzw. Auslastun9s9rad; Marktpolitik; Intensitat es Wettbewerbs usw.) - Marktausgleichsmechanismen (Preisniveau/-entwicklung)

Quelle: V. Rußig, F. SöHner und K. Stock, Elnflußfak10ren des WIrtschaftsbaus; Ifo Studien zur Bauwirtschaft Band 17; München 1993.

485

Anhang A 3.1.2

-Letzte- Ziele und Entscheidungsprozesse für die Sparte "Wirtschaftsbau" Variable



Elnflußfak1~)~m (abhängig von/be-

stimmt durch

- Absatzmöglichkeiten/-erwartun-

Umsatz-/Gewinn-/Beschäftlgungsund/oder MarktanteIlsziele (Niveau und Struktur)

gen bei Konsum- und/oder Inund/oder Zwischenpro ukten, Absatz mit * ~rivaten Endverbrauchern * taat u.ä. Institutionen * ausländischen Abnehmern - Eigentumsverhältnisse; Eigentümer- und Nutzerstruktur - Produktionsfunktionen, Kostenstruktur und -entwicklun~ - Intensität des Wettbewer s vestitions~ütern



Bedarf an Bauwerksnutzungen (nach Art, Qualität, Lage)



Umsatz-/Gewinn-/Beschäftigungs-/Marktanteilsziele - Grad der Arbeitsteilung bzw. Länge der Produktionsumwege; Pro uktionsrestriktionen (Gesetze, Normen, Aufla~en usw.) - Verfügbarkeit der roduktionsfaktoren - Sektoralstruktur - räumliche Verteilung von Produktion und Absatz



Bedarf an zusätzlichen [:zw. "anderen") Bauwerksnu ungen



Bedarf an Bauwerksnutzunsen - Bestand an vorhandenen auwerken (potentielle Leistun~sabgabe nach Art, Qualität, age usw.) - Anmietung bzw. Zukauf oder Verlagerung der Produktion - Umnutzung- von Bauwerken



Nachfrage nach Bauleistungen - Errichtung neuer Bauwerke - Erhaltun~/Modernisierung der Bausubs anz - Umwidmung/Umbau bestehender Bauwerke - "Rückbau' bzw. Abriß



Bedarf an zusätzlichen Bauwerksnutzungen - Ange ot an Bauwerksnutzungen (Anmietung; Umbau oder Instandsetzun~ statt Neubau) - Verfügbarkelt von Eigenmitteln; Verzinsun~ des eingesetzten Eigen- un Fremdkapitals; Erträge aus alternativen Anlagen; steuerliche Regelungen - Vergleich alternativer Produktions- bzw. Investitionsentscheidungen -(relative Preise)



Bautätigkeit/Bauproduktion - Neubau - Bestandsmaßnahmen/Altbauerneuerung



Nachfrage nach Bauleistungen - Angebot an Bauleistungen (Kostenniveau und -struktur; Kapazitäten bzw. Auslastungs~ad; Marktpolitik; Wettbewer )

-

~arktaUSgleiChSmechanli~)men

Preisniveau/-entwicklun

Quelle: V. Rußig, F. Söffner und K. Stock, Elnflußfak10ren des Wirtschaftsbaus; Ifo Studien zur Bauwirtschaft Band 17; München 1993.

486

~

CXl

-..J

- AnteIlswerte (In %) an den verschiedenen Gebiudekategorlen -

1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1994

Jahr

100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00

27,49 19,49 22,32 26,31 0,60 1,79 0,77 1,49 0,86 1,12 0,80 1,01 0,94 1,41 1,08 1,19 0,28 0,51 0,23 0,21 4,26 4,99 1,20 3,81 15,85 17,00 15,58 24,78 18,44

1,00 2,02 2,07 1,32 4,38 7,00 8,14 7,65 5,60 5.54 5,71 6,79 2,72 2,98 3,19 3,94 7,17 6,42 6,44 7,99 7,75 10,68 8,01 9,23 3,06 2,64 2,54 2,60 2,43

25,89 23,35 33,11 27,57 56,72 60,73 60,74 58,40 43,78 42,53 47,52 46,23 12,13 11,06 14,36 16,46 64,94 66,14 68,42 67,79 63,96 70,57 78,74 79,76 16,00 13,81 14,43 14,44 16,81

0,00 0,14 0,00 0,63 18,83 16,13 18,47 15,23 42,43 43,17 39,64 38,77 79,25 78,21 75,94 71,64 22,71 23,19 21,56 20,85 18,56 8,00 5,58 3,80 5,41 10,29 3,87 3,22 3,33

26,21 23,49 33,11 28,20 75,83 77,10 79,31 73,74 86,51 85,98 87,44 85,33 91,51 89,48 90,45 88,28 88,09 89,63 90,36 89,10 82,72 78,80 84,55 83,75 22,19 24,36 18,59 17,90 21,10

45,30 55,00 42,50 44,17 19,19 14,11 11,79 17,13 7,03 7,36 6,05 6,86 4,83 6,13 5,28 6,59 4,45 3,44 2,96 2,70 5,27 5,53 6,23 3,21 58,90 55,99 63,29 54,73 58,03

Insgesamt

darunter teritärer Sektor

Organisetionen ohne Erwerbszweck

Private Haushalte

darunter sekundärer Sektor

Unternehmen Insgesamt

Öffentliche Bauherren

Quelle: Statistisches Bundesamt (Bautitlgkeltsstatlstlk), Berechnungen des Ifo Instituts ("Ifo Bauvorausschitzung").

-----

Sonstige Nichtwohngebäude

Hotels und Gaststätten

Handels- und Lagergebiude

Fabrik- und Werkatattgebiude

Nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude

Büro- und Verwaltungsgebäude

Anstaltsgebäude

Bedinte Strukturanteile nach ebäudearten 1990 - 1994

Bauherrenstruktur der Gebäudearten Im westdeutschen NIchtwohnbau (Hochbau) 1990 bis 1994

Anhang A 4. f. f

CO CO

~

- Anten.werte (In %) an den ver.chledenen Bauherrenkategorien -

-

3,30 3,05 1,16 2,17 48,90 49,72 55,37 52,94 48,80

68,15 56,15 53,71 52,42 12,94 12,32 11,44 12,24 38,09 28,35 27,11 25,82 5,25 5,17 5,21 5,30 8,25 6,12 6,10 5,61 6,08

60,97 55,00 56,86 49,61 6,59 5,84 6,56 7,10 39,45 37,24 36,64 30,44 4,95 4,36 6,52 6,37 4,94 4,08 4,42 4,33 5,55

83,25 80,91 79,69 77,76 60,70 59,79 58,32 57,73 19,44 18,92 19,40 17,50 2,03 0,72 0,78 0,57 2,35 4,40 1,99 1,81 2,43

65,96 61,86 61,93 56,61 27,24 26,26 24,47 23,53 29,30 28,08 28,65 24,74 3,51 2,71 4,15 4,14 3,75 4,00 3,37 3,32 4,51

5,92 7,71 6,35 6,53 6,10 4,62 4,17 2,79 0,92 0,81 1,36 0,59 40,97 39,44 51,01 37,76 55,07

1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1994 ------

22,08 22,71 19,05 16,93

1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993 1990 1991 1992 1993

Fabrik- und Werkstattgebäude

Handels- und Lagergebäude

Hotels und Gaststätten

-

-

Sonstige Nichtwohngebäude

Quene: Statistisches Bunde.amt (Bautitlgkeltsstatlstlk), Berechnungen de. Ifo In.tltut. ("Ifo Bauvorausschitzung").

22,39 26,76 27,14 32,29

23,33 20,99 17,94 27,88

1990 1991 1992 1993

Nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude

3,24 11,07 5,17 7,50 11,94 14,36 11,05 7,74 5,11 7,38 5,72 3,65 1,72 2,82 1,46 0,67 20,67 34,21 36,94 39,00 30,59 37,88 35,11 41,36

14,31 14,58 17,95 20,16

1,86 1,66 2,07 2,93

13,21 16,65 11,84 17,06

Büro- und Verwaltungsgebäude

35,55 24,50 27,41 31,46

1,13 2,01 1,72 1,60

3,35 2,96 3,50 4,63

0,00 0,03 0,00 0,20

Insgesamt

1990 1991 1992 1993

darunter teritärer Sektor

Anstaltsgebäude

Organisationen ohne Erwerbs· zweck

Private Haushalte

Unternehmen darunter sekundärer Sektor

Öffentliche Bauherren

Jahr

Bedingte Strukturanteile nach Bauherrengruppen 1990 - 1994

Gebäudestruktur für die Bauherrentypen Im westdeutschen NIchtwohnbau (Hochbau) 1990 bis 1994

Anhang A 4.1.2

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