Beschäftigungswirkungen von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen: Eine sektorale und gesamtwirtschaftliche Untersuchung [1 ed.] 9783428474592, 9783428074594

141 28 18MB

German Pages 205 Year 1993

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Beschäftigungswirkungen von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen: Eine sektorale und gesamtwirtschaftliche Untersuchung [1 ed.]
 9783428474592, 9783428074594

Citation preview

DEUTSCHES INSTITUT FOR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG

HEFT 138 ·1993

Gustav A. Horn

Beschäftigungswirkungen von Forschungsund Entwicklungsaufwendungen Eine sektorale und gesamtwirtschaftlIche Untersuchung

DUNCKER & HUMBLOT . BERLIN

083 Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, KOnigin-Luise-Str. 5, 0-1000 Berlin 33 Telefon (0 30) 82 99 10 - Telefax (0 30) 82 99 12 00 Verlag: Duncker & Humblot GmbH, earl-Heinrich Becker-Weg 9, 0-1000 Berlin 41. Alle Rechte vorbehalten Druck: 1993 bei ZIPPEL-Druck, Oranienburger Str. 170. 0-1000 Berlln 26 Prlnted In Germany ISBN 3-428-07459-9

INHALT Seite 1

Einleitung

2

Forschung und Entwicklung als weiterer Produktionsfaktor

2.1

7

11

Techn~cherVVandelund

einzelwirtschaftliche Faktomachfrage

11

2.2

Forschung und Entwicklung als exogener Produktionsfaktor

14

2.3

Forschung und Entwicklung als endogener Produktionsfaktor

16

2.4

Die Diffusion von Forschungsund Entwicklungsergebnissen

18

2.5 2.5.1 2.5.2

Empimche Analysen Indikatoren des

techn~chen

VVandels

23 23

Die Produktivitätswitkungen von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen

27

2.5.3

Die Diffusion von Forschungsund Entwicklungsaufwendungen

32

2.6

Kritik der Anwendung üblicher Produktionstheorien

38

3

Forschung und Entwicklung als Motor der Kapitalintensivierung und der Produktionssteigerung

42

3.1

Der produktions theoretische Ansatz von Böhm-Bawerk

42

3.2

Eine Hypothese zur Entwicklung der Ptoduktionsumwege

48

3.3

Zur zeitlichen Entwicklung der Schlüsselgrößen nach Sektoren

3.3.1

Die Entwicklung der Kapitalintensität

51 51 3

Seite

3.3.2

Zur Entwicklung der Erwerbspersonenproduktivität

55

3.3.3

Zur Entwicklung der Forschungsund Entwicklungsaufwendungen

58

3.4

Ökonometrische Analyse der Hypothesen

60

3.4.1 3.4.2 3.4.3

Methodisches Vorgehen

60

Das Schätzmodell Die Schätzresultate

69

3.5

Analyse eines neoklassischen Ansatzes

83

3.6

Stabilitätstests

88

3.7

Intersektorale Diffusion von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen

96

3.7.1 3.7.2

Auswirkungen auf Produktionsumwege

96

Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen nach Nachfragekomponenten

97

3.7.3

Der Schätzansatz

99

3.7.4

Die Schätzergebnisse

102

4

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Forschung und Entwicklung

109

4.1

Eine gesamtwirtschaftliche Sicht

109

4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

Ein Modell zur Analyse des Strukturwandels

110 110 111

Der Innovationsimpuls Die Nachfrage

64

Das Angebot

113 115

4.3

Die Auswirkungen höherer Forschungsund Entwicklungsauswirkungen

117

4.3.1 4.3.2

Die Preisänderungen

117

Die Folgen für die sektorale Produktion und Beschäftigung

120

Die Folgen für die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung

124

4.3.3

4

Die gesamtwirtschaftliche Budgetbeschränkung

Seite

5

Eine Simulationsstudie über die Wirkungen höherer FuE-Aufwendungen

5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.1.6 5.1.7

Ein ökonometrisches Modell als Grundlage

5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.3.6 5.3.7

Möglichkeiten und Grenzen Die Grundstruktur Das Angebot Die Lohnbildung Die Preisbildung Die Nachfrage Der gesamtwirtschaftliche Rahmen Der Simulationsautbau Die Einteilung der Sektoren Simulation eines temporären Innovationsschubs Folgen eines temporären Innovationsschubs Nur geringe Größenordnung Nominallöhne reagieren nur schwach Preisentwicklung auf niedrigerem Pfad Höhere Wertschöpfung in allen Sektoren Marktanteile der Innovatoren nehmen zu Beschäftigung in innovativen Bereichen nimmt ab Strukturveränderungen als Folge von Innovationen im Überblick

5.3.8

Die gesamtwirtschaftlichen Folgen

5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3

Folgen eines permanenten Innovationsschubs Der Simulationsautbau Folgen für die sektorale Entwicklung Die sektorale Umsetzung des Produktivitätszuwachses

129 129 129 131 133 135 136 140 142 142 142 145 147 147 160 161 163 166 167 172 177 178 178 184

5.4.4

Die gesamtwirtschaftlichen Folgen

184 185

6

Zusammenfassung und Schlußfolgerung

191

Literaturverzeichnis

199 5

1

Einleitung

Veränderungen der Produktions technologie und ihrer ökonomischen Folgen stehen seit Adam Smith immer wieder im Blickfeld der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung. Die wesentliche Ursache hierfür ist, daß technologische Weiterentwicklungen als wesentliche Quellen des wirtschaftlichen Wachstums und der gesellschaftlichen Fortentwicklung anzusehen sind. Kein Wunder, daß bis vor kurzem die Bezeichnung dieser Veränderungen als "Fortschritt" allgemein akzeptiert war. Erst in jüngster Zeit gewinnt die Ambivalenz dieser Entwicklung Konturen, daß nämlich die technologischen Weiterentwicklungen der Vergangenheit ihren Preis vor allem in der Ausbeutung, ökonomischer formuliert in der Abnutzung, der natürlichen Umwelt haben. Folglich setzte sich zunehmend die wertfreiere Bezeichnung technischer "Wandel" durch. Von ihr soll auch in dieser Arbeit Gebrauch gemacht werden. Der Wandel in der Bewertung technischer Veränderungen ändert nichts an der überragenden Bedeutung, die ihnen für die wirtschaftliche Entwicklung zukommt. Folgt man Schumpeter, so ist technischer Wandel eine aus marktwirtschaftlichen System nicht wegzudenkende Erscheinung, da sich die Unternehmen vor allem über neue, produktivere Herstellungsverfahren am Markt zu halten vermögen. Somit entsteht technologischer Wandel als Folge unternehmerischer Entscheidungen. Zugleich beeinflußt er aber über die sich durch ihn verändernden Produktionsbedingungen das Marktverhalten der Unternehmen. Trotz dieser unbestrittenen Schlüsselstellung des technischen Wandels hat es in der ökonomischen Forschung zahlreiche Phasen gegeben, in denen andere Themen im Vordergrund des Interesses standen. So bestand über lange Zeit hinweg kaum eine inhaltliche Verbindung zwischen den Erklärungsansätzen, die technischen Wandel analysieren, und eher kurzfristig orientierten makroökonomischen Theorien, die sich vornehmlich mit konjunkturellen Phänomenen beschäftigen und für die technologischer Wandel allenfalls eine exogene Größe ist. Diese Trennung bat seit Beginn der siebziger Jahre erheblich an Bedeutung verloren. Die Ursache für die hierfür besteht in neueren Entwicklungen in der Makroökonomie. So standen die siebziger Jahre in der ökonomischen Forschung im Zeichen einer Renaissance der neoklassischen makroökonomischen Theorien und der Antworten der neukeynesianischen Theorie auf diese Herausforderung. Die Debatten führten im Ergebnis zu einer verstärkten

7

Aufmerksamkeit für die angebotsseitigen Marktverhältnisse und drängten nachfrageorientierte Ansätze in den Hintergrund. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn die Suche nach Bedingungen für eine möglichst hohe Produktivitätszunahme mit Beginn der achtziger Jahre in der Folge dieser Debatten an Bedeutung gewonnen hat. Dabei spielt vor allem eine Größe eine Rolle, auf die große Hoffnungen als Motor für den Produktivitätsfortschritt gesetzt werden: die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen. Zahlreiche Untersuchungen sind im Verlauf der achtziger Jahre durchgeführt worden, die die Darstellungen der Wirkung von Forschung und Entwicklung auf die Produktivität zum Gegenstand haben. Um diesen an sich etwas schillernden Begriff Forschung und Entwicklung zu quantifizieren, werden gleichsam als monetärer Ausdruck dieser Bemühungen die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen herangezogen. Diese Größe steht daher im Mittelpunkt der entsprechenden theoretischen und vor allem empirischen Untersuchungen. Dies schlägt sich auch in den wirtschaftspolitischen Diskussionen der letzten Jahre nieder, in denen vielfach die Forderung nach Programmen erhoben wurde, die die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung nachhaltig erhöhen. Das Personalkostenzuschußprogramm für den Einsatz von Arbeitnehmern im Forschungs- und Entwicklungsbereich ist ein hervorragendes Beispiel für die staatliche Förderung von technischem Wandel. Die Forderung nach Verbesserung der Angebotsbedingungen, die von vielen Ökonomen als wesentlich für die Überwindung auch von konjunkturellen Krisen angesehen wurde, konkretisierte sich dabei in der Forderung nach verstärkten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Am Beginn dieser Arbeit steht die Auseinandersetzung mit den Ansätzen, die die Analyse der Produktivitätseffekte von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zum Ziel haben. In der Regel beruhen sie auf einem neoklassischen Produktionsmodell, das neben Arbeit und Kapital die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen als eigenständigen Produktionsfaktor enthält. Die theoretische und empirische Aussagekraft derartiger Ansätze wird in Kapitel 2 untersucht. Ziel der Überlegung in diesem Kapitel ist es festzustellen, inwieweit die vorliegenden Ansätze zur Erklärung der Produktivitätsentwicklung beitragen können. Das Schwergewicht liegt dabei auf Ansätzen aus den Vereinigten Staaten, da dort bisher die größte Zahl von Untersuchungen über einen langen Zeitraum hinweg durchgeführt wurde. In Kapitel 3 wird ein eigener Modellansatz vorgestellt, der den Rahmen neoklassischer 8

Produktionsmodelle verläßt. Er beruht im wesentlichen auf den Überlegungen von BöhmBawerlc. In diesem Modell sind Forschung und Entwicklung wie auch Kapital keine eigenständigen Produktionsfaktoren. Sie sind vielmehr letztendlich aus Arbeitseinsatz abgeleitete Größen. Das erste Ziel der Untersuchung in diesem Kapitel ist festzustellen, wie weit ein solcher Einsatz die theoretischen Schwächen des neoklassischen Produktionsmodells vermeiden kimn. Der zweite Schwerpunkt besteht im empirischen Test dieses Modells. Mittels ökonometrischer Verfahren soll sowohl im Längsschnitt über die Zeit als auch im Querschnitt über verschiedene Sektoren der Volkswirtschaft der empirische Erklärungsgehalt dieses Ansatzes untersucht werden. Die Analysen erfolgen dissagregiert, wobei 51 Sektoren Berücksichtigung finden. Dieses Vorgehen erscheint vielversprechend, weil auf diese Weise der Vielfalt der in einer Volkswirtschaft anzutreffenden Produktionsstrukturen Rechnung getragen wird. Häufig trifft man gerade bei Analysen, die sich mit dem technischen Wandel beschäftigen, auf das Problem, daß sich ökonometrische Schätzungen über verschiedene Perioden hinweg als nicht robust erweisen, da sich die Verhaltensweisen mehr oder weniger ändern. Um solche Strukturbrüche zu entdecken, sind in Kapitel 3 die Ergebnisse entsprechender Tests be.. schrieben. Abschließende Hypothesentests sollen zeigen, ob der in diesem Kapitel vorgestellte Ansatz eine im Vergleich zu den vorher dargestellten überlegene Erklärung der Produktivitätsentwicklung leistet. Die in den Kapiteln 2 und 3 beschriebenen Ansätze beschränken sich auf die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Produktivitätsentwicklung und Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und bleiben damit bei einer partiellen, hier einer angebotsseitigen, Analyse stehen. Ein solches Vorgehen erfaßt aber die Auswirkung von Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen lediglich in unvollständiger Weise. Sie vernachlässigen insbesondere die Interaktionen zwischen Angebot und Nachfrage. Schließlich führt eine z.B. höhere Produktivität in einer Firma oder in einem Sektor, sofern die Firmen in Wettbewerb miteinander stehen, zu einer gedämpften Preisentwicklung. Technischer formuliert bedeutet dies, daß sich die Angebotskurve nach rechts verschiebt. Dies hat aber auch Konsequenzen für die Nachfrage. Bei einem absolut oder relativ niedrigeren Preis für die Produkte dieser Firmen gewinnen sie einen größeren Anteil an der gesamten Nachfrage. Es finden somit Bewegungeil auf der Nachfragekurve für diese Produkte statt. Dann ist aber klar, daß die Konsequenzen dieser Produktivitätssteigerung nicht auf die einzelne Firma bzw. auf den einzelnen Sektor beschränkt bleiben. Alle anderen Sektoren und damit die Gesamtwirtschaft sind auch betroffen. 9

Um also alle Effekte eines Produktivitäts impulses, der durch höhere Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen entsteht, zu erfassen, ist es notwendig, ein gesamtwirtschaftliches Modell mit sektoraler Gliederung zu entwickeln. Dieses ist das erste Ziel der Überlegung in Kapitel 4. Als Grundlage wird dabei ein Modellansatz von Weitzmann verwendet. Anhand eines solchen Modells läßt sich zeigen, welche Produktions- und Beschäftigungseffekte in innovativen Sektoren zu erwarten sind und welche Konsequenzen dies für die gesamte Volkswirtschaft hat. Die Analyse derartiger Effekte ist gleichfalls Gegenstand der Überlegung in Kapitel 4. Gleichwohl muß ein solches theoretisches Modell im Abstrakten bleiben und kann lediglich erste Hinweise auf die zu erwartene Richtung der durch technischen Wandel verursachten Effekte geben. Eine realitätsnähere Einschätzung kann man durch eine Simulationsstudie gewinnen. Eine solche Untersuchung ist denn auch Gegenstand von KapitelS. Sie basiert auf den in Kapitel 3 ermittelten Produktivitätseffekten der Forschungs- .und Entwicklungsaufwendungen für 51 Sektoren. Diese Produktivitätsfunktionen bilden 0 und a = 0, so liegt ein ausschließlich kapitalvermehrender technologischer Wandel vor. Entsprechend ist er arbeitsvermehrend, falls b = 0 hingegen a > O. Falls a

= b > 0, so vermehrt er beide Produktionsfaktoren in gleicher

Weise. Unterstellt man in vereinfachender Weise, daß eine repräsentative Firma ihre Gewinne maximiert, wobei die Zielfunktion folgende Form aufweist:

(2-3)

pY-wL-cK=max!

mit p als Bezeichnung für den Absatzpreis, w für die Löhne und c für die Kapitalnutzungskosten, dann erhält man folgende mikroökonomische Faktornachfragefunktionen: (2-4)

d Y / d L (a(t), L, b(t), K) = w / p

(2-5)

d Y / d K (a(t), L, b(t), K)

12

=c / p

Die linke Seite von (2-4) und (2-5) stellen das Grenzprodukt des jeweiligen Produktionsfaktors dar. Im Gewinnmaximum muß dieses Grenzprodukt unter den genannten Voraussetzungen den jeweiligen realen Lohn- und Preisgrößen entsprechen.! Bildet man die reduzierten Formen von (2-4) und (2-5), wird die Faktornachfrage allein durch das relative Verhältnis von Lohn zu Kapitalnutzungskosten bestimmt. Es handelt sich hier letztendlich um das wohlbekannte Resultat, daß bei optimaler Faktorallokation der Grenzertrag gleich den Grenzkosten ist. Nur dann gibt es keinen Anreiz für eine weitere Änderung der Produktion. Damit ein solches Optimum überhaupt existiert, muß der Grenzertrag eines Produktionsfaktors zwar positiv, aber abnehmend sein. Dies entspricht der Vorstellung, daß mit dem Einsatz jeder zusätzlichen Einheit eines Produktionsfaktors dessen Produktivität sinkt. Anders formuliert, der produktivste Teil der Ressourcen an Produktionsfaktoren wird zuerst eingesetzt. Die konkrete Gestalt von (2-4) und (2-5) hängt dabei von der funktionalen Spezifikation der Produktionsfunktion ab. An den grundlegenden Zusammenhängen ändert sich hierdurch jedoch nichts. Unter den genannten Voraussetzungen gilt ferner: (2-6)

(d Y I L) I da> 0 und (d Y I K) I d b > 0

Technischer Wandel erhöht demnach das Grenzprodukt der Produktionsfaktoren. Wenn der Reallohnsatz unverändert bleibt, kann in diesem Fall z.B. die Beschäftigung des Unternehmens gesteigert werden, bis durch die zusätzlichen, unproduktiveren Arbeitskräfte das Grenzprodukt wieder auf das vorherige Niveau gesunken ist. Ebenso ist ein Anstieg der Reallöhne in Höhe des Produktivitätszuwaches bei gleicher Beschäftigung möglich oder Kombinationen beider Entwicklungen. Diese Beschreibung des technischen Wandels, wie sie auch in den meisten älteren Lehrbüchern zu finden ist, bleibt jedoch an der Oberfläche. Technischer Wandel ist - so suggeriert dieses Vorgehen - eine Funktion der Zeit und verändert die Produktionstechnologie mittels eines regelmäßigen Stroms von Erkenntnissen über neue Faktorkombinationsmöglichkeiten. Da die

1 Es muß ausdrücklich betont werden, daß (2-4) und (2-5) nur im Rahmen eines einzelwirtschaftlichen Ansatzes bei vollständiger KonkUlTenz und unendlicher Preis-Lohnflexibilität eine Kausalität darstellen, in einem breiteren Modellansatz handelt es sich um im Gewinnmaximum geltende Bedingungen.

13

einzige erklärende Variable damit die Zeit ist, bleiben die treibenden Kräfte für Innovationen letzendlich im dunkeln. Es gibt keine Hypothese, die eine Aussage über die Ursache jenes ständigen Stroms an neuem Wissen macht. Damit sind mit diesem Ansatz auch keine Erkenntnisse über Anreize zur Förderung des technischen Wandels oder Erkenntnisse über Hemmnisse verbunden. Seit längerem wird nun die Hypothese diskutiert, daß vor allem Aufwendungen für Forschung und Entwicklung eine Quelle des technischen Wandels sind. 2 Die zielgerichtete Suche nach neuen Produktionsverfahren oder Produkten sowie deren Entwicklung rückt damit in den Mittelpunkt des Interesses der Erforschung der Ursachen des technischen Wandels. Jener fällt nun nicht mehr gleichsam als "Manna vom Himmel", sondern ist das Ergebnis von Bemühungen um neue Erkenntnisse, deren Intensität sich in der Höhe der FuE-Aufwendungen niederschlägt. Technischer Wandel ist somit nicht mehr kostenlos. Vielmehr ist der Einsatz finanzieller Ressourcen erforderlich, um die elWÜnschten Erkenntnisse zu erhalten. Damit wird technischer Wandel Gegenstand ökonomischer Rationalitätskalküle. Es bleibt die Frage, in welcher Form sich die durch zusätzliche FuE-Aufwendungen gewonnenen Erkenntnisse auf die Menge der möglichen Faktorkombinationen auswirken.

2.2 Forschung und Entwicklung als exogener Produktionsfaktor Die meisten Studien, die sich mit den Auswirkungen von FuE-Aufwendungen beschäftigen, behandeln diese als exogen gegebenen Produktionsfaktor. 3 Neben dem Arbeits- und Kapitaleinsatz führen demnach auch die Forschungsanstrengungen zu einer Erhöhung des Outputs. Die Produktionsfunktion aus (2-1) erhält dann folgendes Aussehen: (2-7) R steht für den Produktionsfaktor FuE. Welche Auswirkungen hat dies nun auf die Faktornachfrage? Unter den gleichen Voraussetzungen wie oben erhält man nunmehr als

2 Einen Überblick über zahlreiche Ansätze liefert Nadiri (1980). Eine endogene Bestimmung von FuE wird in MohnenlNadirilPlUcha (1986), BernsteinlNadiri (1989) und laffe (1986) geleistet.

3

Siehe Nadiri (1980) und als typisches Beispiel Griliches (1986).

14

Grenzprodukt für Arbeit bzw. Kapital: (2-8) Einge gängige Annahme in den entsprechenden Untersuchungen ist, daß die FuE-Aufwendungen arbeitsvermehrenden technischen Wandel induzieren. Ob sie auch kapitalvermehrend wirken, ist hingegen strittig. 4 Für die Grenzprodukte gilt dann: (2-9)

d (Y/L)

< / d R < 0 und d (Y / K) / d R > 0

Die durch FuE-Anstrengungen gewonnenen Erkenntnisse erhöhen somit das Grenzprodukt des Arbeitseinsatzes, und erlauben somit in der einzelnen Firma bei gleichen relativen Lohnund Kostengrößen eine höhere Beschäftigung. Anders gewendet bedeutet dies, daß bei gleichbleibendem Arbeitseinsatz aus einzelwirtschaftlicher Sicht die Reallöhne steigen können. Diese Sichtweise der FuE-Wirkungen basiert auf der Überlegung, daß diese neben Arbeit und Kapital eigenständige Quellen des Wachstums sind. Forschung und Entwicklung dienen dann der Gewinnung von Wissen über neue Produktionsmöglichkeiten und verschieben, technisch gesprochen, auf diese Weise die Grenzen

~er

Produktions technologie für die einzelne Firma

weiter nach außen. Sie vermehren somit die Zahl möglicher Faktorkombinationen. Im Gegensatz zu jenen Beiträgen, in denen die Trendgröße diese Rolle übernimmt, erlaubt eine solche Vorgehensweise, Aussagen über Möglichkeiten zur Förderung des technischen Wandels zu machen oder Hemmnisse zu erkennen. Förderung von FuE-Aktivitäten wäre demnach ein Mittel, mit dem ein als unzureichend angesehenes Ausmaß an technischem Wandel zu steigern wäre. Allerdings enthält dieser Ansatz keine Aussagen über das optimale, Niveau der FuE-Aufwendungen, da diese Größe modellexogen bleibt. Dies läßt zwei Interpretationen zu. So kann dies bedeuten, daß das Ausmaß, in dem von den einzelnen Firmen Ressourcen für FuE zur Verfügung gestellt werden, nicht Gegenstand ökonomischer 4 Dieses Problem wird anhand der empirischen Untersuchungen im folgenden Kapitel ausführlicher behandelt.

15

Kalküle ist. Vielmehr ergibt sich das FuE-Budget aus Überlegungen, die z.B. soziologischen oder psychologischen Ansätzen entstammen. Diese Argumentation überzeugt im Rahmen einer ökonomischen Analyse selbstverständlich nicht. Eine etwas gehaltvollere Überlegung geht dahin zu unterstellen, daß die Festlegung von FuE-Programmen auf langfristig ausgerichteten Überlegungen basiert und daher nicht Gegenstand kurzfristiger Kalküle zur Bestimmung der optimalen Faktorkombination sein kann. Diese Aussagen sollen nun im folgenden Abschnitt eingehender analysiert werden.

2.3 Forschung und Entwicklung als endogener Produktionsfaktor In neueren Beiträgen wird nun eine Endogenisierung des Produktions faktors Forschung und Entwicklung versucht. 5 Dies bedeutet, daß die Firmen bei ihrer Gewinnmaximierung neben Lohn- und Kapitalkosten auch ihre Aufwendungen für Forschung und Entwicklung berücksichtigen. Die Gewinnfunktion (2-3) bedarf somit der Ergänzung und nimmt folgende Form an: (2-10) wobei q der Preis für Forschung und Entwicklung ist. 6 Forschung und Entwicklung gehen auf diese Weise in analoger Form wie Arbeit und Kapital in die Analyse ein. Man erhält daher im Rahmen des einfachen neoklassischen Produktionsmodells folgendes mit den Faktornachfragefunktionen aus (2-8) vergleichbare Ergebnis:

(2-11) Also auch hier gilt, daß die Faktornachfrage sich nach dem Grenzprodukt und dem relativen Preis des Produktionsfaktors bestimmt.

5

Siehe vor allem MohnenlNadirilPrucha (1986) und Schott (1978).

6 Die Berechnung eines Preisindex' für FuE ist alles andere als trivial, da hier die Preise für Investitionen und Personal im FuE-Bereich zusammengefaßt werden müssen. Vielfach behilft man sich mit einer Preisbereinigung mittels des Preisindex für das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Siehe hierzu auch Meyer-Krahmer (1989).

16

Es wäre allerdings verfehlt, die Ergebnisse aus (2-8) und (2-11) gleichberechtigt nebeneinander

zu stellen. Die Nachfrage nach Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von jener nach den übrigen Produktionsfaktoren. In den üblichen Ansätzen wird zumeist unterstellt, daß die Nachfrage nach einem Produktionsfaktor unabhängig von jener nach den übrigen ist; sie sind somit separierbar. Man kann demzufolge die Auswirkungen z.B. von Preis- und Lohnänderungen isoliert für jeden -einzelnen Produktionsfaktor analysieren. Ein solches Vorgehen ist aber im Fall der FuE-Aufwendungen nicht sinnvoll. Die Begründung für ihre Berücksichtigung als eigenständige Inputgröße beruht gerade darauf, daß sie dazu dienen, neue Möglichkeiten effizienter Faktorkombinationen zu erkennen. Dann aber beeinflussen sie Produktivität und Nachfrage nach allen Produktionsfaktoren. Mithin tangieren FuE-Leistungen auch die übrigen Inputgrößen, und die Annahme vollständiger Separierbarkeit ist für derartige Ansätze nicht adäquat. 7 Eine weitere Differenzierung gegenüber dem Standardmodel der Faktornachfrage erscheint sinnvoll. In neueren Beiträgen findet sich die Annahme, daß die Nachfrage nach FuEAufwendungen, wie auch die nach dem Einsatz von Kapital, eine geringere zeitliche Reagibilität aufweist als die Arbeitsnachfrage.8 FuE-Programme sind von ihrer Anlage her längerfristiger Natur. Aus diesem Grund wird FuE als ein "quasi fixer" Produktionsfaktor behandelt. Dies hat Folgen für die gewinnmaximierenden Entscheidungen der Firmen, die im Rahmen dieser Ansätze nicht mehr von einer unbeschränkten Flexibilität aller Produktionsfaktoren ausgehen; sie können ihre Nachfrage nicht mehr beliebig schnell ändern, ohne hohe Anpassungskosten in Kauf zu nehmen. Die Firmen bestimmen ihre Faktornachfrage daher unter Berücksichtigung der von ihnen bereits in der Vorperiode nachgefragten Inputmenge des entsprechenden Produktionsfaktors. Man erhält dann als Ergebnis für das gewinnmaximale Verhalten: (2-12)

= Wt / Pt d Y / d K (LI' ~-l' R t -l ) = ct / Pt d Y / d R (L.. Kt_l , R t-1) = qt / Pt

d Y / d L (L t , ~, R t)

7

Siehe hierzu auch MohnenlNadirilPtucha (1986).

8

Siehe u. a. MohnenlNadirilPlucha (1986). 17

Die aktuelle Nachfrage nach FuE wie auch nach Kapitalgütern ist, wie die Funktionsargumente in (2-12) zeigen, von jener der Vergangenheit abhängig und reagiert folglich auf laufende Veränderungen der relativen Faktorpreise nur mit Verzögerungen. Der Arbeitseinsatz ist hingegen als flexibler Produktionsfaktor ausschließlich von aktuellen Einflußgrößen abhängig. Das Gleichungssystem (2-12) kann nun unter Berücksichtigung einer expliziten Produktionsfunktion als Grundlage einer empirischen Untersuchung der Nachfrage nach Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen sowie ihrer Wirkung auf die Nachfrage nach anderen Produktionsfaktoren, insbesondere nach Arbeit dienen.

2.4 Die Diffusion von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen Die bisherige Analyse beschäftigte sich mit den Auswirkungen von FuE~Aufwendungen in der Firma oder dem Sektor, in der/dem sie auch getätigt werden. Dies ist aber unter Umständen nur der kleinere Teil der durch sie induzierten Effekte. Mindestens ebenso bedeutsam sind jene Impulse, die sie in anderen Firmen bzw. Sektoren, in denen keine oder andere FuEProgramme durchgeführt werden, auslösen. Empirische Untersuchungen sollten demnach auch die Diffusion von FuE-Aufwehdungen in irgendeiner Form berücksichtigen. Erst durch sie treten die Produktivitätswirkungen des technischen Wandels in einem Ausmaß auf, das für empirische Analysen. die über Fallstudien hinausgehen, meßbar ist. Ziel dieses Abschnitts ist es, die Ergebnisse verschiedener Studien zu dieser Thematik darzustellen und zu analysieren. Die entscheidenden Fragen der Diffusionsanalyse sind, wodurch die Vetbreitung technischen Wissens hervorgerufen wird und welche Faktoren sie fördern oder hemmen. Der Diffusionsprozeß ist, wie Stoneman mit Recht betont, das Ergebnis einer Interaktion von Nachfrage- und Angebotsreaktionen auf technischen Wandel. 9 In diesem Zusammenhang ist das Nachfrageverhalten von möglichen Nutzern neuer Produktionstechnologien und das Verhalten der Anbieter dieser Technologien, also der Produzenten von Kapitalgütern, von entscheidender Bedeutung. 10

9 Siehe Stoneman (1983), Kap. 5 - 9. Die Darstellung der Diffusionsprozesse folgt in weiten Teilen den von Stoneman diskutienen Ansätzen.

10

18

Beispielhaft ist dies in dem Beitrag von Stoneman/lreland (1983) verdeutlicht.

Neben der Unterscheidung zwischen Nachfragern und Anbietern neuer Technologien ist doch die Differenzierung zwischen Nachfrage- und Angebotseffekten neuerer Produktionsverfahren wichtig. Diese Effekte können jeweils auf beiden Marktseiten entstehen. Sie bestimmen den Verlauf der Verbreitung neuer Techniken im wesentlichen Umfang. In den meisten Ansätzen wird unterstellt, daß die Verbreitung neuer Technologien in Analogie zu der ansteckender Krankheiten verläuft. Daher verwenden fast alle Autoren sogenamite epidemische Ansätze zur Beschreibung der Diffusionsverläufe. Dieses Vorgehen gründet sich auf der Überlegung, daß die Kenntnis der Wirkungsweise einer Innovation deren Verbreitung fördertY Ist ein potentieller Anwender sich nicht über die Folgen eines Kaufes z.B. von einer neu entwickelten Maschine im Klaren" so wird er zögern. Kann er hingegen die Auswirkungen der neuen Technologie auf seine Produktion abschätzen, ist er, sofern er dies für gewinnbringend hält, bereit, die Innovation zu adaptieren. Aus diesen Überlegungen folgt, durch den Kontakt mit einer Innovation und dem Wissen über ihre Wirkungsweise kann ein potentieller Anwender zum Kauf und damit zur Verbreitung der Technologie veranlaßt werden. Zumindest steigt die Wahrscheinlichkeit der Diffusion. In der Anfangsphase einer Innovation tritt lediglich eine langsame Weiterverbreitung auf, da sie lediglich wenigen potentiellen Nutzern bekannt ist. Mit zunehmender Verbreitung wächst aber auch die Zahl der potentiellen Nutzer, die Kenntnis von der Innovation erhalten. Die Diffusion beschleunigt sich daher. Diese Beschleunigung hält an bis die Informationen vollständig verbreitet sind und die Zahl der potentiellen Nutzer, die aber noch nicht über die neue Technik verfügen, immer mehr abnimmt. Schließlich wird ein Sättigungspunkt erreicht, indem alle potentiellen Anwender die Technik auch nutzen. Eine zusätzliche Verbreitung ist dann nicht mehr möglich. Diese Erörterungen beschreiben zwar einen möglichen Diffusionsverlauf, erklären ihn aber noch nicht. Hierzu ist die Entwicklung ökonomischer Ansätze erforderlich. Die optimale Verbreitung neuer Erkenntnisse ist entsprechend üblichen produktionstheoretischen Ansätzen durch Rentabilitätsüberlegungen bestimmt. 12 Ein Sättigungspunkt ist demnach dann erreicht,

11

Siehe u. a. Chow (1967).

12

Siehe z. B. Griliches (1957) und Dixon (1980). 19

wenn alle potentiellen Nutzer, die sich von der neuen Technik eine Gewinnsteigerung versprechen, diese auch anwenden. Eine naheliegende Annahme ist nun, daß die Nachfrage nach Anwendung einer neuen Technik von dem Verhältnis ihres Preises zu dem der bisher angewandten Technik abhängt. Ergibt die Rentabilitätsüberlegung, daß die neue Technik bei gleicher Produktqualität im Vergleich zur alten preiswerter ist, so entscheidet sich die Firma für ihre Anwendung. Die Verbreitung einer neuen Technik entscheidet sich somit über ihren relativen Preis. Je niedriger dieser ist, desto eher wird sie in beiden Bereichen Anwendung finden. Ferner kann die Produktionsmenge als Erklärung dienen, wenn die Produktivitätseffekte der neuen Technik in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße auftreten. Firmen mit einem größeren Output könnten demnach z.B. höhere Produktivitätseffekte mit einer neuen Technik erzielen als jene, die lediglich geringe Mengen herstellen. Folglich werden die größeren Firmen eher bereit sein, die neue Technik auch anzuwenden. Neben der Bestimmung des Sättigungspunktes ist die Ermittlung der Diffusionsgeschwindigkeit von maßgeblicher Bedeutung, zum al diese je nach Technik und Wirtschaftszweig sehr verschieden sein kann. Romeo hat in einer Studie über die Verbreitung von Ne-Maschinen versucht, diese Unterschiede zu erklärenP Seine Hypothese lautet, daß die Diffusionsgeschwindigkeit nicht nur durch Rentabilitätsüberlegungen, sondern auch durch die Wettbewerbsstruktur auf den entsprechenden Märkten bestimmt wird. Je größer die Konkurrenz, desto eher sind demnach Firmen bereit, neue Techniken zu adaptieren, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Entscheidend für die schnellere Verbreitung einer Innovation ist in diesem Fall die Preisbildung auf den Wettbewerbsmärkten. Unternehmen, die in hartem Wettbewerb stehen, geben die Kostenvorteile, die sie durch die Produktion ihrer Güter mit einer neuen Technologie erreichen, schneller und in größerem Umfang an ihre Kunden weiter als Monopolisten, deren Absatz relativ preisunelastisch ist. Innovationen bewirken somit auf wettbewerbsintensiven Märkten einen Anstieg der Nachfrage. Dieser Effekt, dessen Größe von der Preiselastizität abhängt, führt somit zu einer Ausweitung derjenigen Produktion, die mittels der neuen Technik entsteht und damit zu deren weiteren Verbreitung. In der bisherigen Diskussion dieses Kapitels ist die Diffusion einer neuen Technik im wesentlichen als das Ergebnis von Nachfrageänderungen nach der neuen Technik sowie nach

13

20

Siehe Romeo (1977).

den durch sie hergestellten Produkten beschrieben worden. Stoneman weist aber mit Recht darauf hin, daß sie auch durch Angebotseffekte tangiert wird. 14 Die älteren Ansätze, die diese beschreiben, basieren ebenfalls auf epidemischen Ansätzen. 15 Eine Weiterentwicklung dieser Überlegungen ist der Ansatz von Stoneman und Ireland, der zudem eine plausible Interaktion zwischen Angebots- und Nachfrageseite enthält. 16 Neben den bereits diskutierten Nachfragereaktionen berücksichtigen die Autoren folgende Angebotseffekte, die bei den Nachfragern neuer Technologien auftreten: Wettbewerbsintensität "Learning by doing"-Effekte Abdiskontierung erwarteter Gewinne Die Wettbewerbsintensität spielt eine entscheidende Rolle bei der Überwälzung der Kostenvorteile durch neue Technologien mit den bereits diSkutierten Nachfrageeffekten für die entsprechenden Produkte. Die Lerneffekte bei der Anwendung neuer Techniken führen zu einer Reduzierung der Produktionskosten im Zeitablauf, die auf wachsende Kenntnisse im Umgang mit ihr zurückzuführen sind. Folglich besteht eine Tendenz zur Preissenkung, je länger eine Technik angewandt wird und damit steigt auch der Absatz der durch sie hergestellten Produkte. Die Abdiskontierung der Gewinne ist, so weisen Stoneman und Ireland nach, ebenfalls von entscheidender Bedeutung für die Diffusion. Sind die Anbieter eines Produktes indifferent im Hinblick auf die Periode, in der sie ihre Gewinne realisieren, produzieren sie mit der für den jeweiligen Zeitpunkt kostenminimalen Faktorkombination. Präferieren sie allerdings einen Gewinn in der Gegenwart gegenüber einem gleich hohen Gewinn in der Zukunft, verlagern sie einen Teil ihrer Produktion, den sie im ersten Fall erst in der Zukunft durchgeführt hätten, in die Gegenwart. Sie produzieren also zu höheren Kosten, da sie auf die Ausnutzung von

14

Siehe Stoneman (1983), Kap. 9.

15

Siehe z. B. Mansjield (1968).

16

Siehe Stoneman und Ireland (1983). 21

Lerneffekten verzichten und darüber hinaus möglicherweise steigende Grenzkosten zu berücksichtigen haben. Aufgrund ihrer zeitlichen Gewinnpräferenzen produzieren die Anbieter dann bei Einführung der neuen Technik mit relativ hohen Kosten. Folglich geht die weitere Verbreitung nur langsam voran. Die Lerneffekte führen schließlich aber zu einer Verbilligung der Produktion und damit zu Preissenkungen, die die Diffusion beschleunigen. Die Lerneffekte lassen im Zeitablauf nach, so daß von einem bestimmten Zeitpunkt an keine weiteren Kostensenkungen auftreten und somit keine zusätzliche Nachfrage mobilisiert wird. Da auch die Zahl der potentiellen Anwender, die noch nicht über die neue Technik verfügen, abnimmt, sind in einer späten Phase det Diffusion sogar Absatzrückgänge zu verzeichnen. Die Diffusion ist dann abgeschlossen. Wie können diese Überlegungen nun in ein produktionstheoretisches Modell integriert werden, das zudem empirisch überprütbar ist? Die meisten der Überlegungen aus den vorgestellten Ansätzen leiden unter dem für empirische Untersuchungen gravierenden Nachteil, daß sie nicht eindeutig quantifizierbar sind. Folglich müssen Umwege beschritten werden. Bernstein und Nadiri haben hierzu einen hilfreichen Beitrag geliefertP Ihre Untersuchung erstreckt sich über vier Wirtschaftszweige 18 in den Vereinigten Staaten. In der von ihnen gewählten Produktionsfunktion haben neben den in einem Sektor geleisteten auch jene FuE-Aufwendungen Einfluß auf den technischen Wandel, die in den übrigen Wirtschaftsbereichen getätigt werden. Ihre Produktionsfunktion für einen Sektor j nimmt daher folgende Gestalt an: 19 (2-13)

mit Mit R kj sind jene FuE-Aufwendungen bezeichnet, die im Sektor k getätigt werden, aber für den Produktionsprozeß im Sektor j ebenfalls von Bedeutung sind. Der Parameter c bestimmt

17

Siehe BernsteinlNadiri (1989).

18 Dies sind die Chemische Industrie, die Mineralölverarbeitende Industrie, der Maschinenbau und der InstlUmentebau. 19 Aus

22

Vereinfachungsgründen vernachlässigen wir im folgenden den Zeitindex.

das Ausmaß, zu dem die so erworbenen Kenntnisse von Nutzen sind; falls c gleich Eins, sind sie vollständig und, falls c gleich Null ist, überhaupt nicht für die Produktion im Sektor j verwendbar. Der Parameter c enthält nun alle Informationen über das Ausmaß, in dem Firmen von den Erkenntnissen, die durch FuE-Aktivitäten anderer Firmen gewonnen wurden, Gebrauch machen. Diese Größe ist zwar nicht beobachtbar, aber sie kann mittels ökonometrischer Ansätze geschätzt werden. Unter Berücksichtigung von (2-13) können somit auch die Wirkungen von differenziertem technischem Wandel erfaßt werden.

2.5

Empirische Analysen

2.5.1

Zur Messung des technischen Wandels

Zur Durchführung einer ökonometrischen Analyse ist die Entwicklung eines Meßkonzeptes zur Bestimmung des technischen Wandels erforderlich. Dessen Quantifizierung wird seit Jahrzehnten in der ökonomischen und ökonometrischen Literatur ausführlich behandelt. Ergebnisse aus älteren empirischen Studien zeigen, daß sich das Outputwachstum nicht ausschließlich aus dem Wachstum der Inputfaktoren erklären läßt und folglich technischer Wandel von Bedeutung ist. 20 Es ergibt sich nämlich ein nicht durch die Inputfaktoren erklärtes Wachstum von mindestens einem Prozentpunkt. 21 Man neigt dazu, diese Abweichung als sogenanntes residuales Wachstum zu bezeichnen, und diese Größe als Maßstab für technischen Wandel zu nehmen. Zu Recht nennt Nelson das Residuum aber "a measure of our ignorance".22 Schließlich enthält es auch sämtliche Einflüsse, die aus Fehlspezifikationep und Meßfehlern herrühren. Es erscheint daher verfehlt, seinen numerischen Wert ausschlicl3lich auf technischen Wandel zurückzuführen. Zahlreiche empirische Beiträge enthalten daher, wie die entsprechenden theoretischen

20

Siehe Nelson (1981).

21

Siehe Terleckyj (1980).

22

Nelson (1981), S. 1035. 23

Ansätze, zusätzlich eine Trendgröße zur Erfassung der Technologieveränderungen. 23 Man unterstellt auf diese Weise eine gleichsam historisch bedingte Veränderung der Technologie, die stetig und unabhängig von der sonstigen ökonomischen Entwicklung abläuft. Dieses Vorgehen ist für die Analyse 'der Nachkriegsentwicklung bis Mitte der siebziger Jahre nicht völlig unplausibel. Geringe Wachstumsschwankungen und eine fast ununterbrochene Aufwärtsentwicklung ließen die "Theorie des Trends nicht als bloßes Marktexperiment, sondern als brauchbare Beschreibung der Realität (erscheinen)."24 Implizit unterstellt ein solches Vorgehen, daß allein technische Entwicklungen entscheidend, für die ökonomischen Folgewirkungen sind2S und nicht die auf ökonomischen Zielen basierenden Überlegungen von Anbietern und Nachfragern. Die Trendvariable verhindert aufgrund ihres gleichförmigen Verlaufs die Erfassung von unregelmäßig auftrenden Innovationsschü~n. Bei einer solchen ModelIierung kann technischer Wandel selbstverständlich nicht als eine Erklärung z.B. für Schwankungen des Produktivitätswachstum dienen. Andere, adäquater erscheinende ModelIierungen sind hierfür erforderlich. Neuere empirische Veröffentlichungen berücksichtigen daher die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) als Indikator für die Intensität des technischen Wandels. 26 Die laufenden Aufwendungen können allerdings kaum ein Bild von der Wirksamkeit der FuE-Anstrengungen liefern, da FuE-Programme ihrer Natur nach längerfristig orientiert sind. In den theoretischen Modellansätzen wurden daher die FuE-Aufwendungen zum Teil als ein träger oder quasi ftxer Produktionsfaktor behandelt. In den empirischen Analysen schlägt sich diese Überlegung in der Berücksichtigung des Kapitalstocks der FuE-Aufwendungen in den verschiedenen Schätzansätzen nieder. Dieser errechnet sich durch Kumulation der Aufwendungen in den verschiedenen Jahrgängen. Eine strittige Frage bei dieser Berechnungsmethode ist, ob Abschreibungen auf den Kapitalstock, die für das "Veralten" technischen Wissens stehen, vorgenommen werden sollen oder nicht. Die meisten Autoren sprechen sich

23

Siehe Nelson (1981).

24

Bombach (1986), S. 6.

2S

Blattner (1986), S. 182, schreibt in diesem Zusammhang von "technischen Regimes".

26

Siehe Terleckyj (1980).

24

für Abschreibungen aus. 27 Allerdings. wählen sie die Abschreibungsrate sehr unterschiedlich. Die Raten variieren zwischen 8 vH und 15 vH. Ersteres findet sich in BernsteinINadiri; letztere in Patel/Soete. 28 Die Festlegung erfolgt zumeist auf der Grundlage von Fallstudien über das "Veralten" von technologischem Wissen. In ihrer Untersuchung über die FuE-Aufwendungen der japanischen Industrie errechnen Goto und Suzuki29 sogar sektoral verschiedene Abschreibungsraten. Sie ermittelten einen Wert von 26,6 vH für die Hersteller von optischen Präzisionsgeräten und 6,0 vH für das Nahrungsmittelgewerbe. In diesen Raten zeigt sich die sektoral doch sehr variierende Geschwindigkeit des technischen Wandels. Es gibt nun eimge bedenkenswerte Einwände gegen die Berücksichtigung von FuEAufwendungen als Indikator des technischen Wandels. Diese Größe erfaßt nicht alle Phasen des technischen Wandels gleich. So werden zwar die Anstrengungen während der Phase der Erforschung und experimentellen Entwicklung neuer Produktionsverfahren oder Produkte abgebildet, jedoch fallen bei deren Markteinführung zusätzliche Kosten für Produktgestaltung und Marketing an, die in der FuE-Größe nicht berücksichtigt werden. 3O Ferner sind nicht nur eigene FuE-Aufwendungen der einzelnen Firmen von Bedeutung, sondern neue Erkenntnisse verbreiten sich auch über den Kauf von Investitionsgütern, die aber in den Ausgangsdaten keine Berücksichtigung finden. Die Größe ist somit relativ "marktfern" und man darf daher keine allzu enge Korrelation zu den jeweils aktuellen Marktentwicklungen erwarten. 31 Nelson führt einige noch gravierendere Einschränkungen des Erklärungsgehalts von FuEAufwendungen an. 32 Hierzu gehören die hohe Unsicherheit im Hinblick auf den Erfolg von Forschungsprojekten, die bei einem Mißerfolg den Einsatz von FuE-Aufwendungen als ineffizient erscheinen läßt, obwohl ohne sie schon apriori keine neuen Erkenntnisse hätten gewonnen werden können. Ferner gibt es zumeist mehrere Entwicklungsprojekte, die zur

27

Eine Ausnahme bildet Griliches (1980).

28

Siehe Bernstein/Nadiri (1989) und Patel/Soete (1987).

29

Siehe Goto/Suzuki (1989).

30

Siehe Scholz (1987).

31

Siehe Nadiri (1980).

32

Siehe Nelson (1981), S. 1045 ff. 25

gleichen Zeit das gleiche Forschungsziel haben. Aber lediglich das Projekt, welches am schnellsten zu positiven Ergebnissen kommt, weist produktive FuE-Anstrengungen auf, weil durch die Patentierung die übrigen Wettbewerber von der Nutzung ausgeschlossen werden. Für die übrigen erscheinen die Aufwendungen wiederum als Verschwendung, obwohl ohne die Konkurrenz kein oder erst später ein positives Ergebnis erreicht worden wäre. Das bedeutet, diese "private Verschwendung" von Ressourcen ist aufgrund der durch sie hervorgerufenen externen Effekte ein öffentliches Gut. Schließlich ist nicht jede Entscheidung gegen Ausgaben für FuE auch eine Entscheidung gegen Produktivitätsfortschritt. In einigen Bereichen läßt sich die Produktivität stärker durch learning by doing steigern, so daß fuE-Aufwendungen in diesem Fall tatsächlich eine Vergeudung von Ressourcen sind, da der gleiche Effekt mit geringerem Mitteleinsatz erzielt werden kann. Die FuE-Aufwendungen sollten daher ohne einen normativen Anspruch zur Beurteilung ihres FuE-Einsatzes verwendet werden. Neben den am "Innovationsinput" orientierten FuE-Aufwendungen verwenden einige Autoren auch die Zahl der angemeldeten Patente, also eine Outputgröße, als Indikator für Innovationsanstrengungen. 33 Da jedoch lediglich ein geringer Teil der FuE-Anstrengung zu Patentanmeldungen führt, besteht die Vermutung, daß diese Größe die tatsächlichen Innovationsaktivitäten weit unterschätzt. 34 Um eine genauere Messung der tatsächlich geleisteten Innovationsaufwendungen zu ermöglichen, hat das Ifo-Institut einen Innovationstest entwickelt. Auf der Grundlage von Befragungen ermittelt das Institut seit einigen Jahren den gesamten Aufwand, der mit der Markteinführung neuer Produkte und Produktionsverfahren verbunden ist. Diese Größe enthält nicht nur die Aufwendungen, die für FuE anfallen, sondern auch z.B. Kosten für Marketing, Design und Produktionsvorbereitung. Weiterentwicklungen in diesen Bereichen können, auch wenn kein neues Produkt oder Produktionsverfahren entwickelt wurde, eine 'Innovation auf dem entsprechen'-fen Markt sein. Da die vom Ifo-Institut befragten Firmen jeweils Auskunft über eigene und von anderen Firmen bezogene FuE-Aufwendungen geben, erweist sich die Aggregation dieser Daten auf Sektorebene als schwierig, da die einfache Summation über beide Formen von FuE-Aufwendungen Mehrfachzählungen zur Folge hat.

33

Siehe z. B. PakeslGriliches (1984) und Jaffe (1986).

34

Siehe hielzu auch KromphardtlTeschner (1987).

26

Aus diesem Grunde ist auf die VeIWendung dieser Daten verzichtet worden.

2.5.2

Die Produktivitätswirkungen von FuE-Aufwendungen

In diesem Abschnitt sollen die Ergebnisse jener Studien vorgestellt werden, in denen die Produktivitätswir~ungen

von FuE-Aufwendungen ermittelt werden, wobei Forschung und

Entwicklung als exogener Produktionsfaktor verstanden wird. Es handelt sich somit hier entweder um Schätzungen von Produktionsfunktionen wie sie in (2-7) beschrieben sind oder um Schätzungen der Produktivitätsentwicklungen, die sich aus der Faktornachfrage entsprechend (2-8) berechnen lassen. Nachdem sich bereits während der sechziger und siebziger Jahre zahlreiche ökonometrische Studien mit der Beziehung zwischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und der Produktivitätsentwicklung beschäftigten, gewannen diese Ansätze zu Beginn dieses Jahrzehnts erheblich an Bedeutung. 35 Der Grund hierfür besteht in dem Nachlassen des Produktivitätswachstums während der siebziger Jahre vor allem in den USA: Man erhoffte sich, daß mangelnde Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten eine Erklärung und damit auch Hinweise für eine Therapie liefern würden. Empirisch gründet sich diese Hypothese auf die parallele Entwicklung des Produktivitätswachstums und der

Veränderung~n

der realen FuE-Auf-

wendungen. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Stundenproduktivität sank von 3,2 vH in den Jahren 1960 bis 1973 auf 1,4 vH im Zeitraum von 1973 bis 1979 in den Vereinigten Staaten. 36 Seither ist wieder ein Anstieg auf 3,1 vH zu verzeichnen. Die durchschnittliche Wachstumsrate der FuE-Aufwendungen betrug von 1953 bis 1961 14 vH bei den staatlich geförderten Programmen und 7,1 vH bei den privat finanzierten. Von 1967 bis 1975 gingen diese Wachstumsraten auf ca. 3 vH bzw. 1,8 vH zurück. 37 Es stellt sich nun die Frage, ob diese Koinzidenz in den Daten mit einer Kausalität im Hinblick auf die Produktivitätsentwicklung verbunden ist.

Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang vor allem Terleckyj (1980), Griliches (1980) und als theoretische Kritik Nelson (1980).

35

36

Siehe Griliches (1988), S. 11.

37

Siehe Nadiri (1980). 27

Die empirischen Analysen kommen trotz ähnlicher theoretischer Ansätze zu sehr unterschiedlichen Resultaten, wobei festzustellen ist, daß im wesentlichen drei Phasen zu verzeichnen sind. Die ersten Studien Ende der sechziger und zu Beginn der siebziger Jahre zu dieser Thematik gelangten zu recht positiven Einschätzungen über die Wirksamkeit von FuEAufwendungen. Jene Beiträge hingegen, die Ende der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre entstanden, zeichnen sich durch Skepsis im Hinblick auf die früheren Resultate aus. In neueren Veröffentlichungen seit 1985, die zumeist auf sehr differenzierten Ansätzen basieren, gelangen die Autoren wieder zu positiveren Schlußfolgerungen. Diese Entwicklungen geben zu der - nicht unbegründeten -Vermutung Anlaß, daß der Erklärungsbeitrag der FuEAufwendung zur Produktivitätsentwicklung sehr stark mit dem Schätzzeitraum variiert. In einem der ersten grundlegenden Beiträge kommt Mansfield zu dem Ergebnis, daß FuEAufwendungen einen substantiellen Beitrag zum Wachstum der Produktivität leisten. 38 Auch Kendrick, Gollopy/Jorgensen und Leonhard weisen eine eindeutige Kausalitätsbeziehung von FuE-Aufwendungen in Richtung Produktivitätswachstum nach. 39 Zudem weist Leonhard die Hypothese eines in Gegenrichtung verlaufenden Zusammenhangs von Produktivitätswachstum zur FuE-Entwickiung zurück. Nadiri, der eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion unter Einbeziehung des Produktionsfaktors FuE schätzt, erhält einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Output-und FuE-Entwickiung für den Zeitraum von 1958 bis 1975. In diese Schätzung geht der Arbeitseinsatz entsprechend der Konstruktion der Produktionsfunktion gleichfalls als exogene Variable ein; folglich impliziert dieses Ergebnis einen positiven Zusammenhang zur Produktivitätsentwicklung. 40 Die geschätzten FuE-Elastizitäten der Produktivitätsentwicklung für den Arbeitseinsatz bewegen sich zwischen 0,05 und 0,2. 41 Diese positiven Resultate kontrastieren auffällig mit den Ergebnissen von Studien, die zu

38

Siehe Mansfield (1972).

39

Siehe Leonhard (1971).

40 Siehe Nadili (1980). Ahnliche Untersuchungen sind auch für Frankreich und Japan durchgefühlt worden. Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht im Hinblick auf die Signifikanz der FuE-Aufwendungen, sondern lediglich im Hinblick auf die Höhe der FuE-Elastizität der Produktivität. Siehe hierzu den Überblick von Mairesse/Sassenou (1989). 41

28

Siehe Mairesse/Sassenou (1989).

einem späteren Zeitpunkt durchgeführt wurden. Terleckyj überprüft mit aktualisierten Daten für 1973 und 1978 die Ansätze von Kendrick und Gollop/Jorgenson auf ihre Aussagekraft für die Entwicklung während der siebziger Jahre. 42 Seine Querschnittsanalysen führen zu relativ ernüchternden Ergebnissen. Während auch er für weiter zurückliegende Jahrgänge einen signifikant positiven Zusammenhang, der sich durch den entsprechenden Elastizitätswert darstellen läßt, zwischen privat finanzierten FuE-Aufwendungen und der totalen Faktorproduktivität feststellen kann, gilt dies für spätere nicht mehr. Auch Griliches, der lediglich Aufwendungen für angewandte Forschung und Entwicklung verwendet, kommt zu keinem eindeutigen, den Zusammenhang bestätigenden Resultat. 43 Lediglich für das Wachstum der Arbeitsproduktivität zwischen 1958 und 1964 kann er einen Zusammenhang nachweisen. Die Elastizität der Arbeitsproduktivität in bezug auf FuE-Aufwendungen ist signifikant positiv. Für die späteren Perioden und die totale Faktorproduktivität gelingt dies nicht. 44 Diese Ergebnisse führen somit zu der Erkenntnis, daß es für mangelnde Forschungs- und Entwicklungstätigkeit als Ursache für das nachlassende Produktivitätswachstum keine eindeutigen empirischen Belege gibt. Insbesondere drängt sich angesichts der widersprüchlichen Schätzergebnisse die Vermutung auf, daß Mitte der siebziger Jahre offensichtlich im Zusammenhang mit dem Ölpreisschock und der in der Folge einsetzenden rezessiven Entwicklung entweder in den Ansätzen ein wesentlicher Erklärungsfaktor vernachlässigt wird, oder eine Veränderung der Wirksamkeit von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen festzustellen ist. Eine Reihe von Autoren sucht die Lösung in einer differenzierten ModelIierung. Insbesondere wird dabei zwischen verschiedenen Arten von FuE-Aufwendungen unterschieden und somit die Annahme fallen gelassen, daß diese sich unabhängig von ihrer Ausrichtung und ihrer Finanzquelle in gleicher Weise auf die Produktivität auswirken. Unterscheidet man z.B. zwischen Aufwendungen, die staatlich, und solchen, die bzw. privat finanziert sind, erscheint

42

Siehe Terleckyj (1980).

43

Siehe Griliches (1980).

44 In ihrer Untersuchung über die japanische Industrie erhalten Goto und Suzuld signifikante Schätzergebnisse. Die entsprechenden Elastizitätswerte schwanken je nach Wirtschaftszweig zwischen 0,23 (Pharmazie) und 0,81 (Chemie). Siehe Goto/Suzu!d (1989).

29

vielen Autoren auf den ersten Blick die Hypothese plausibel, daß staatlich finanzierte Aufwendungen die Produktivität in geringerem Umfang steigen lassen als privat finanzierte FuE-Programme. Hinter dieser Hypothese steckt die Vermutung, daP- Subventionen in der Regel zu einem vergleichsweise ineffizienten Mitteleinsatz führen. 4s Die empirischen Resultate hierzu sind nicht eindeutig. Griliches (1979) findet einen signifikant negativen Einfluß des Anteils an staatlich finanzierten FuE-Mitteln auf die Produktivität. Ein höherer Anteil an privaten Mitteln bei der Finanzierung von FuE-Programmen würde demnach zu einem höheren Produktivitätswachstum führen. Da die staatlichen FuE-Aufwendungen in den USA stärker als die privaten gestiegen sind, läßt sich aus diesem Ergebnis auch eine Ursache für den Rückgang des Produktivitätswachstums herauslesen: es ist der mittlerweile "zu hohe" Anteil staatlicher Forschungsförderung. Zu einer gegenteiligen Schlußfolgerung gelangt hingegen Evans (1976) in seiner Studie über die Produktivitätswirkungen des Anteils von staatlich finanzierten FuE-Programmen bei der NASA Er errechnet, daß eine Erhöhung des Anteils der staatlichen Förderung für NASAProgramme für sich genommen zu höheren Steigerungen des Produktivitätswachstums führt. Er schließt daraus, daß insbesondere die staatlich finanzierten Aufwendungen produktivitätssteigernd sind. Mit Recht weist Nadiri (1980) auf die Besonderheit des von Evans betrachteten Bereichs hin, in dem neben den Rüstungsindustrien das Gros der staatlich finanzierten FuEMittel in den USA anzutreffen ist und die daher kaum als typisch für die gesamte USWirtschaft anzusehen sind. Insofern ist Skepsis gegenüber der Wirksamkeit der FuESubventionen durchaus angebracht. Zwei neuere Untersuchungen bestätigen diese Vermutung. Nadiri kommt in seiner Analyse von Produktionsfunktionen zu dem Ergebnis, daß privat finanzierte FuE-Aufwendungen im Hinblick auf Output - und Produktivitätswachstum staatlich finanzierten eindeutig überlegen sind. 46 Für privat finanzierte FuE-Aufwendungen erhält er eine Outputelastizität von ca. 0,9. Für letztere ergeben sich in allen untersuchten Sektoren Werte in der Nähe von Null.

4S

Siehe vor allem Griliches (1979).

46

Siehe Nadiri (1980).

30

Dieses Resultat findet man in einer Untersuchung von Griliches bestätigt47 , die die Wertschöpfungsentwicklung im Querschnitt der Industriesektoren als abhängige Variable enthält. Als Inputfaktoren verwendet er Arbeit und Kapital und den nicht im Kapitalstock erfaßten unverkörperten technischen Wandel. Die möglicherweise unterschiedliche Wirkungsweise verschiedener FuE-Ausgabenarten berücksichtigt er, indem er den Anteil der FuE-Aufwendungen für Grundlagenforschung und den Anteil der privat finanzierten Aufwendungen in die Untersuchung einbezieht. Diese Spezifikation erlaubt Rückschlüsse auf die partielle Produktivitätsentwicklung, da Arbeits- und Kapitaleinsatz als exogene Variablen im Modell enthalten sind. Griliches überprüft diesen Zusammenhang, indem er auch noch explizite Produktivitätsschätzungen vornimmt, die die Ergebnisse der Wertschöpfungsanalyse im wesentlichen bestätigen. Der Ansatz unterscheidet sich von den vorhergehenden zudem durch eine umfangreichere Stichprobe, und die adäquater erscheinende Berücksichtigung verschiedener FuE-Ausgabenarten. 48 Griliches schätzt diesen Ansatz im Querschnitt für 1%7, 1972 und 1977. Nunmehr zeigt sich in Abweichung auch zu seinen eigenen früheren Resultaten durchgehend ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Wertschöpfung und den gesamten FuE-Aufwendungen, wobei sich der Koeffizient für die verschiedenen Jahrgänge kaum unterscheidet. Der Anteil der FuE-Aufwendungen für Grundlagenforschung erweist sich ebenso wie der Anteil der privat finanzierten Aufwendungen vor allem in der Produktivitätsschätzung als signifikant. Aus diesen Ergebnissen zieht Griliches folgende Schlußfolgerungen: 1.

FuE-Aufwendungen steigern die Arbeitsproduktivität.

2.

Sie sind besonders wirksam, wenn sie auf Grundlagenforschung ausgerichtet sind und privat finanziert werden.

3.

Da der Koeffizient unabhängig vom Jahrgang der Schätzung relativ konstant ist, ist kein Rückgang der Produktivitätswirkungen der FuE-Aufwendungen festzustellen.

47

Siehe z. B. Griliches (1986) und Baily/Chakrabarti (1985).

Die Stichprobe um/aßt die 1000 größten Unternehmen des produzierenden Gewerbes in den USA. Siehe Griliches (1986), S. 141.

48

31

Aus diesen Ergebnissen schließt Griliches, daß der Rückgang des Produktivitätswachstums während der siebziger Jahre nicht auf die Erschöpfung technischer Möglichkeiten von Innovationen zurückgeführt werden kann. Dem ist aus zwei Gründen zu widersprechen. Zum einen kann ein Rückgang des Anteils privat finanzierter FuE-Aufwendungen, der Mitte der siebziger Jahre in den USA zu beobachten war, die Produktivitätsentwicklung sehr wohl auf einen niedrigeren Wachstumspfad bringen. Zum anderen kann ein allgemeiner Rückgang der FuE-Tätigkeit, der durchaus mit einer Konstanz ihrer marginalen Wirksamkeit. und nur die repräsentiert der geschätzte Koeffizient, einhergeht, zu einem absoluten Rückgang des Produktivitätswachstums beitragen. Diese Gedanken greifen Baily und Chakrabarti auf. 49 In ihrer Studie, die zwei Branchen, die Chemische und die Textilindustrie, umfaßt, weisen sie nach, daß während der siebziger Jahre ein deutliches Nachlassen der Innovationstätigkeit zu verzeichnen ist. Ihre Befragungen ergeben, daß sowohl Prozeß- als auch Produktinnovationen während dieses Zeitraums im Vergleich zu anderen Perioden zurückgegangen sind. Insbesondere sind jene Innovationen, denen laut eigener Einschätzung der befragten Unternehmen eine große technische Bedeutung zukommt, während dieser Jahre rückläufig. Die Autoren zeigen ferner, daß auch das Produktivitätswachstum in beiden Branchen zu den gleichen Zeitpunkten nachgelassen hat. Dies ist zumindest ein deskriptiver Hinweis auf mögliche Zusammenhänge. Allerdings muß die Frage nach den Kausalitäten offen bleiben, da die Autoren lediglich eine Korrelationsanalyse vornehmen. 50

2.5.3

Die Diffusion der Wirkungen von FuE-Aufwendungen

Die Diskussion der empirisch gemessenen Wirkungen von FuE konzentrierte sich bisher auf die direkten Effekte. die von jenen FuE-Aufwendungen ausgehen, die in einer Firma oder in einem Sektor getätigt werden. Dies zeigte sich daran, daß die ökonometrischen Anlysen lediglich die Wirkungen der sektoralen FuE-Aufwendungen im gleichen Sektor zum Gegenstand hatten. Damit werden aber unter Umständen erhebliche Folgen von Forschungs49

Siehe Baily/Chakrabarti (1985).

50 Die Autoren führen somit weder eine äkonometrische Analyse der behaupteten Zusammenhänge durch, noch leiten sie ihre Schlußfolgerungen anhand eines expliziten theoretischen Modells ab.

32

und Entwicklungsprogrammen vernachlässigt. Schließlich können die Produktivitätseffekte, die durch Aufwendungen neuer Techniken entstehen, z.B. über den Kauf der entsprechenden Investitionsgüter, auch in anderen Sektoren erzielt werden, ohne daß dort eigene FuEprogramme durchgeführt werden. In einigen Beiträgen wird nun versucht, auch die indirekten Effekte, die als spillovers von FuE-Aktivitäten in anderen Firmen oder Sektoren zu verstehen sind, zu erfassen. In der Regel geschieht dies über die Schätzung von Faktornachfragefunktionen, die sich aus Ansätzen wie sie in (2-13) dargestellt wurden, ergeben. Die Spillover-Effekte verursachen ein Auseinanderfallen von privatem und sozialem Nutzen der FuE-Aufwendungen. 51 Ersterer läßt sich durch jene Produktivitätswirkungen messen, die im innovierenden Sektor auftreten. Berechnet man die sozialen Folgewirkungen, müssen auch die indirekten Effekte noch berücksichtigt werden. Diese bedeutsame Differenzierung hilft unter Umständen die Kausalität zwischen Innovation und Produktivität für empirische Analysen adäquater abzubilden. Erst bei Berücksichtigung der Diffusionseffekte lassen sich fundiertere Schlußfolgerungen im Hinblick auf die Wirksamkeit z.B. verschieden finanzierter FuE-Aufwendungen ziehen. So liegt z.B. die Vermutung nahe, daß staatlich finanzierte Forschungsausgaben Ergebnisse zeigen, die in einem geringerem Ausmaß privat angeeignet werden können als privat finanzierte. Folglich ist zu erwarten, daß die Erkenntnisse in stärkerem Ausmaß diffundieren. Dann aber können ihre Produktivitätswirkungen stärker ausfallen, als dies in den oben geschilderten Schätzungen, die die Diffusion nicht berücksichtigen, zum Tragen kommt. Wie vor allem Scherer (1982) zeigt, ist der Unterschied zwischen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die in der Firma selbst geleistet werden, und jenen, die gleichsam in geronnener Form durch den Kauf von Vorleistungs- und Investitionsgütern von anderen Firmen bezogen werden, von großer Bedeutung für die zu erwartenden Produktivitätswirkungen. Im Rahmen seiner Querschnittsuntersuchung kommt er zu dem Ergebnis, daß letztere einen mindestens ebenso großen Einfluß aufweisen wie erstere. Dies entspricht den Ergebnissen von Mansfield52 und Terleckyj53, der den spillover-Effekt sogar mit dem

51

Siehe BernsteinlNadiri (1988).

52

Siehe Mansfield et al. (1977).

53

Siehe Terleckyj (1974). 33

dreifachen Wert des direkten Effekts quantifiziert. Die Resultate implizieren, daß das Produktivitätswachstum nicht nur dann zurückgehen kann, wenn die firmen- oder brancheneigene Innovationstätigkeit nachläßt, sondern auch, falls Käufe von z.B. Investitionsgütern aus anderen Firmen oder Branchen zurückgehen. Da die Investitionen im Verlauf der siebziger Jahre rückläufig waren, ist auch dies ein Indiz für eine Ursache nachlassenden Produktivitätswachstums. Jaffe (1986) versucht eine Analyse der spillover-Effekte mittels einer Cluster Analyse, die die Firmen nach ihrer "technologischen Nachbarschaft" (technological vicinity) gruppiert und der dann die Hypothese testet, daß FuE-Aufwendungen bei technologisch benachbarten Firmen sich positiv auf deren Produktivität auswirken. Seine Analyse führt zu dem Ergebnis, daß die Produktivität von Firmen steigt, wenn Konkurrenten, die ähnliche Produktionsprozesse anwenden, ihre FuE-Aufwendungen erhöhen. Auch der Absatz dieser Firmen steigt, so daß die Absatzsteigerungen durch Verbilligung der Produktion sogar den negativen Effekt, der durch den zumeist vorhandenen technologischen Vorsprung der Konkurrenten entsteht, mehr als aufwiegen. Die Ergebnisse von Scherer und Jaffe liefern allerdings aufgrund ihres Querschnittscharakters nur einen ersten Hinweis dafür, daß sich ein Nachlassen des Produktivitätswachstums in einem Sektor über Spill-over-Effekte in anderen Sektoren verstärken kann. Dieser ist noch keine Bestätigung für die Hypothese eines nachlassenden Produktivitätswachstums als Folge geringerer Innovationsaktivität. Hierzu wäre eine Analyse der ProdlJktivitätsentwicklung im Längsschnitt erforderlich, da nur auf diese Weise die Entwicklung der Produktivität im Zeitablauf erklärt werden kann. An dieser Stelle seien drei Längsschnittuntersuchungen mit vergleichbaren Ansätzen zu diesem

Themenbereich aus der Bundesrepublik, den USA und, kürzer, aus Japan diskutiert. Ziel einer vom Bundesministerium für Forschung und Technologie in Auftrag gegebene Studie über die Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien war es, die Produktivitätswirkungen von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in der Bundesrepublik quantitativ zu ermitteln. 54 54 Eine ausführliche Darstellung findet sich in Meyer-Krahmer (1989). Einzelergebnisse sind in Erber/Horn (1989) und Horn (1989) aufgeführt.

34

Als Erklärungsansatz dient ein auf Optimierungsverhalten basierendes Produktionsmodell, das von Diewert enwickelt wurde. 55 In dessen Rahmen lassen sich die Auswirkungen von FuEAufwendungen, die als Kapitalstock in das Modell integriert sind, für 47 Sektoren über den Zeitraum von 1960 bis 1983 untersuchen. Dabei wird zwischen Aufwendungen unterschieden, die im gleichen Sektor geleistet werden, und jenen, die durch die Käufe von Investitionsgütern bezogen werden. 56 Dieses Vorgehen unterscheidet sich daher von jenem in (2-13) dargestellten, da nunmehr nicht alle FuE-Aufwendungen anderer Sektoren apriori gleicher Bedeutung sind. Vielmehr werden sie mit dem Anteil der Investitionsgüterkäufe, die von dem jeweiligen Sektor bezogen werden, gewichtet. Auf diese Weise erhalten FuE-Aufwendungen, die in Wirtschaftszweigen mit einem großen Anteil an Investitionsgüterlieferungen getätigt werden, ein vergleichsweise höheres Gewicht. Die ökonometrischen Schätzungen der Arbeitsnachfrage führen in der Regel nicht zu einer Zurückweisung der Hypothese, daß FuE-Anstrengungen ceteris paribus eine Reduzierung des Arbeitsvolumens und damit eine Steigerung der Arbeitsproduktivität zur Folge haben. Insbesondere rufen aber die Käufe von Investitionsgütern mit höherem FuE-Gehalt arbeitssparende Effekte hervor. 57 Zwar werden die Wirkungen aufgrund des Trendcharakters des FuE-Kapitalstocks möglicherweise überzeichnet. Die Wirkungsrichtung ist jedoch in den Fällen, wo der geschätzte Koeffizient statistisch signifikant ist, eindeutig negativ. Die überwiegende Mehrzahl der signifikanten Schätzungen ist in den Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes zu beobachten. Im Handel und bei den Kreditinstituten ist der arbeitssparende Effekt von FuE-Aufwendungen augenscheinlich relativ gering. Folglich sind Produktivitätswirkungen von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen vor allem in den Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes zu erwarten. Aufgrund der Verschiedenheit der einzelnen Sektoren ist es daher nicht verwunderlich, daß in vielen Querschnittsanalysen, z.B. für die USA, lediglich eine schwache Beziehung zwischen FuE-Aufwendungen und 55 Siehe Diewen (1971). Eine ausführliche Darstellung des im DIW eingesetzten Modells findet sich in Nakamura (1986) und Horn (1988).

Die Diffusion über den Handel mit Vorleistungsgütern erwies sich im Rahmen dieser Untersuchung als nicht signifikant.

56

Leider stehen getrennte Datensätze für sektoreigene und bezogene Aufwendungen lediglich für fünf Sektoren zur Veifügung. 57

35

Produktivität konstatiert wird. Im Unterschied zu den Ergebnissen von Scherer zeigt sich in dieser Untersuchung, daß eigene und bezogene FuE-Aufwendungen zumeist in unterschiedliche Richtungen wirken. 58 Mit Ausnahme des Sektors Maschinenbau haben die Bezüge von FuE-Leistungen über die Investitionsgüterkäufe Arbeitseinsparungen zur Folge. Der Kauf dieser technologisch hochwertigen Güter dient somit eindeutig der Rationalisierung. Die sektoreigenen Aufwendungen ziehen hingegen in der Regel für sich genommen einen verstärkten Arbeitseinsatz nach sich. Hier spielt mit Sicherheit gerade der Personalbedarf für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in den Unternehmen eine Rolle. Die Verstärkung dieser Tätigkeiten zieht auch eine erhöhte Beschäftigung in diesem Bereich nach sich, die nicht ohne weiteres durch Versetzung von Mitarbeitern anderer Abteilungen erreicht werden kann, da hierfür zumeist hochspezialisierte Fachkräfte erforderlich sind. Dieses Ergebnis sollte man aber nicht dahingehend interpretieren, daß die sektoreigenen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen produktivitätssenkend wirken. Das Personal in diesen Abteilungen beschäftigt sich schließlich nicht nur mit der Entwicklung neuerer eigener Techniken, sondern auch mit der Absorption von technischen Weiterentwicklungen anderer und den für ihre Anwendung erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse. Höhere sektoreigene Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen machen demnach die Übernahme von neuen Techniken, die in anderen Sektoren bzw. Firmen entwickelt werden, leichter. Folglich sind sie die Voraussetzung dafür, daß die erwarteten Produktivitätssteigerungen, die man sich von: der Übernahme einer neuen Technik verspricht, auch eintreten. Folglich hängt Ausmaß der Kostenersparnis, daß durch den Kauf höherwertiger Investitionsgüter erreicht werden· kann, auch von den Anstrengungen der Unternehmen zu deren Absortion und damit eben den eigenen F- und EAufwendungen ab. 59 Dem Sektor Maschinenbau kommt in dieser Betrachtung als dem bedeutendsten Investitionsgüterlieferanten selbstverständlich eine besondere Rolle zu. Die auf den ersten Blick im Rahmen dieser Untersuchung gewonnenen widersprüchlichen Ergebnisse in diesem Sektor 58

Dieses Ergebnis deckt sich mit den Vennutungen von Flaig und Stadler. Siehe FlaiglStadler

(1987).

Siehe hienu auch CohenlLevinthal (1989), die erhebliche Lemeffekte durch FuE-Aufwendungen ermitteln.

59

36

lassen sich mit dieser besonderen Funktion erklären. 60 Die eigenen Aufwendungen dienen hier den Verbesserungen von Investitionsgüterprodukten, die, wenn sie im Sektor Maschinenbau eingesetzt werden, Rationalisierungen zur Folge haben. Daher ist das negative Vorzeichen dieser Größe durchaus mit den vorgestellten Überlegungen vereinbar. Die Bezüge aus anderen Sektoren haben hier dann nicht mehr Rationalisierung zum Ziel, sondern die Produktverbesserung. Beispiel hierfür sind Steuerungen als Bezug aus der Elektrotechnik und Werkzeuge aus der EBM-Herstellung. Dies ist ein Indiz dafür, daß Rationalisierungsinvestitionen vor allem durch Käufe von Investitionsgütern des Maschinenbaus vonstatten gehen. Bernstein und Nadiri, die eine Längsschniuanalyse für die USA durchgeführt haben, kommen zu einem etwas abweichenden Resultat. 61 Auch sie konstatieren bedeutsame produktivitätserhöhende Effekte von FuE~Aufwendungen aus anderen Sektoren, wobei diese Autoren deren Bedeutung nicht nach Lieferbeziehungen differenzieren. In allen von ihnen untersuchten Bereichen ist der geschätzte Koeffizient der FuE-Aufwendungen jeweils anderer Wirtschaftszweige positiv. Allerdings wirken bei ihnen auch die sektoreigenen Aufwendungen, wenngleich in geringerem Ausmaß, produktivitätserhöhend. Der direkte und der spillover Effekt sind hier im Gegensatz zu der vorher diskutierten Studie somit gleichgerichtet. In jedem Fall liefern die indirekten oder spillover Effekte von FuE-Anstrengungen eine weitere Erklärung für den Produktvitätsrückgang Mitte dersiebziger Jahre. Sie verstärken schließlich die hemmenden Folgen eines Rückgangs der FuE-Aufwendungen in einem Wirtschaftszweig, indem sie sie auch auf andere Sektoren ausstrahlen lassen. Auch Goto und Suzuki (1989) kommen in ihrer Untersuchung für Japan zu dem Schluß, daß die über Vorleistungs- und Investitionsgüterkäufe bezogenen FuE-Leistungen wie auch die im gleichen Sektor getätigten Aufwendungen in die gleiche Richtung wirken. Sie stellen gleichfalls fest, daß erstere einen größeren Einfluß auf das Produktivitätswachstum ausüben. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die empirischen Untersuchungen zur Bedeutung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendung für das Produktivirätswachstum zu keinem

60 Höhere FuE-Aujwendungen im Maschinenbau führen zu einer höheren Arbeitsproduktivität. Die Elastizität des Arbeitseinsatzes in bezug auf die sektoreigenen FuE-Aujwendungen ist negativ. 61

Siehe Bernstein/Nadiri (1989) und Bernstein/Nadiri (1988). 37

eindeutigen Resultat kommen. So bilanziert Griliches (1968, S.l) - auch seine eigenen Forschungsergebnisse mit folgenden Worten:

"R & D is probably not the major culprit in the recent productivity slowdown ... The main mechanism is the overall macro one anti that is still where economists must go looking Jor a solution."

2.6 Kritik der Anwendung üblicher Produktionstheorien Die Ernüchterung über die Bedeutung von FuE-Aufwendungen basiert aber nicht nur auf der relativ geringen oder sogar widersprüchlichen Erklärungskraft der neoklassischen Modelle. Vielmehr wird die gesamte analytische Beschreibung des technischen Wandels mittels mikrotheoretisch fundierter Produktionsfunktionen in der neueren Literatur zunehmend in Frage gestellt. 62 Die Kritik bezieht sich insbesondere auf die Annahmen, die zur Herleitung von Faktornachfragefunktionen erforderlich sind. Insbesondere wenn relativ einfache, empirischer Überprüfung zugängliche Ansätze entwickelt werden, basieren sie weitgehend auf unrealistischen Annahmen über die Funktionsweise des Märktesystems oder sind partialanalytischer Natur, so daß lediglich eng begrenzte Aussagen möglich sind. Es gibt alternative Ansätze zur Beschreibung des technischen Wandels, die von realistischeren Annahmen ausgehen. Beispiele für problematische Annahmen, die in diesen Ansätzen gemacht werden, sind die Unterstellung vollständiger Konkurrenz auf Faktor- und Produktmärkten sowie die Entlohnung der Produktionsfaktoren nach ihrem Grenzprodukt. Geht man von steigenden Skalenerträgen aus, wie dies in der Theorie insbesondere bei der Analyse von endogenem technischen Wandel geschieht, muß diesen Ansätzen sogar Inkonsistenz vorgeworfen werden. Bei steigenden Skalenerträgen verfügen große Firmen über einen Kostenvorteil in der Produktion, der dazu führt, daß sie alle kleineren Firmen vom Markt verdrängen. Dann aber entstehen zumindest Oligopole. für die das unterstelle Preisnehmer-Verhalten nicht mehr gültig ist. Die Berücksichtigung von Wettbewerbs formen monopolistischer Konkurrenz kompliziert aber die Analyse beträchtlich und macht die Ansätze für die empirische Analyse aufgrund von

62 Siehe Nelson (1981) und (1984) sowie Jaeger (1986). Kritische Würdigungen der in der neueren Literatur vertretenen Ansätze finden sich auch in Bombach (1986) und Blattner (1986).

38

Identifikationsproblemen unbrauchbar. Erstaunlicherweise basieren insbesondere die neoklassischen Ansätze auf Annahmen über Preis- und l..ohnfle . . ibilität, die in der modemen Makroökonomie in entscheidender Weise relativiert worden ~ind.63 Verläßt man aber den analytischen Rahmen eines perfekt funktionierenden Auktionsmarktes, ist auch die Grenzproduktivitätstheorie zur Herleitung der Faktornachfragegleichung nicht mehr haltbar.64 Es enstehen "Ungleichgewichte" oder "Gleichgewichte mit Mengenrationierung" auf den Märkten, in denen Löhne und Preise nicht mehr allein und nicht unmittelbar durch Überschußnachfrage determiniert sind. Folglich sind dann auch die Transaktionsmengen nicht mehr allein durch die Preis- und l..ohngrößen bestimmt, sondern auch durch die Art der Mengenrationierung. In diesem Rahmen z.B. ist die Beschäftigungsnachfrage der Unternehmen nicht mehr ausschließlich vom Reallohnsatz abhängig,65 sondern unter ~ normalen -Umständen auch vom Absatzmangel auf den Gütermärkten. Die Beschäftigungshöhe hängt dann aber nicht mehr vom Grenzprodukt des Faktors Arbeit ab,66 sondern die Auswirkungen der technischen Veränderungen auf die Absatzerwartungen spielen dann ebenfalls eine Rolle. Ein weiterer grundlegender Kritikpunkt bei der Verwendung herkömmlicher produktionstheoretischer Ansätze wird von Nelson (1980) in die Diskussion eingebracht. Diese gehen von der Annahme aus, daß die Firmen die Menge ihrer Produktionsmöglichkeiten kennen und die für sie optimale Faktorkombination aus dieser Menge auswählen. Nelson bestreitet die Gültigkeit dieser Annahme für weite Bereiche der Wirtschaft. Fundierte mikroökonomische Studien haben vielmehr gezeigt, mit welch großen Unsicherheiten technischer Wandel für die

Für die neuklassische Theorierichtung siehe BaITo (1976) und für einen Überblick McCallum (1980). Die neukeynesianischen Ansätze finden sich u. a. in Malinvaud (1980) und Benassy

63

(1975).

64 Selbstverständlich werden die Unternehmen den Beschäftigten nicht mehr als deren Grenzprodukt zahlen. 65 Diese Annahme gilt eh nur bei vollständiger Konkurrenz, da die Firmen ansonsten Einfluß auf den Absatzpreis ausüben und dann die Reallohnhöhe selbst festlegen können. 66

Die Argumentation läßt sich analog auf alle Produktionsfaktoren übertragen. 39

Firmen verbunden ist.67 Die Firmen wählen demnach nicht aus einer wohldefinierten Informationsmenge ihrer theoretischen Möglichkeiten die für sie optimale Inputmenge, und sie kennen darüber hinaus auch nicht die optimale Veränderung ihrer Produktionsmöglichkeiten durch technischen Wandel. Bekannt sind ihnen lediglich die Wirkungen bereits erprobter Techniken. 68 Dies sind nicht notwendigerweise die von ihnen selbst angewandten, sondern es können auch Kenntnisse über die Produktions prozesse ihrer Konkurrenten sein. Jede Anwendung bislang nicht erprobter Techniken ist aber mit Unsicherheiten verbunden, die um so größer sind, je geringer die Ähnlichkeit mit den bekannten Verfahren ist. Diese Überlegungen implizieren aber, daß den Firmen der durch (2-1) beschriebene effiziente Rand ihrer Technologie nicht in seiner vollen Länge bekannt ist. Sie kennen nur den Punkt, an dem sie sich gerade befinden und jene, an denen sie sich früher einmal befunden haben. Hinzu kommen unter Umständen noch Informationen über entsprechende Punkte der Produktions technologie ihrer Konkurrenten. Diese Unsicherheiten implizieren aber, daß auch die Veränderungen ihrer Produktionstechnologie durch technischen Wandel von der gerade verwendeten Faktorkombination abhängen,69 da die Firmen die produktivitätssteigernden Effekte des technischen Wandels nur abschätzen können, wenn die neue Technologie von der bisherigen nicht sehr verschieden ist. In Erweiterung dieser Überlegungen führt Nelson aus, daß selbst dann wenn zwei Firmen über die gleiche Informationsmenge über ihre Produktionsmöglichkeiten verfügen, unterschiedliche optimale Faktorkombinationen sinnvoll sind. Besonders in Unternehmen, in denen die Produktion sehr stark von persönlichen Leistungen abhängig ist und der Maschinenleistung eine geringere Bedeutung zukommt, hängt das Produktionsergebnis auch von der spezifischen Begabungsstruktur der beschäftigten Arbeitnehmer ab. Dementsprechend ist es für zwei Firmen, die das gleiche Produkt mit gleichem Kenntnisstand herstellen, unter Umständen dennoch optimal, entsprechend der unterschiedlichen Begabung ihrer jeweiligen Mitarbeiter

67

Ein Überblick findet sich u. a. in Nelson (1981).

68

Siehe Nelson (1980).

69

Siehe Nelson (1980).

40

eine divergierende Faktorkombination einzusetzen. 7o Folglich muß die Palette der angewandten Technologien umso breiter sein, je stärker die Produktion von den individuellen Fähigkeiten der Beschäftigten abhängt. Dies hat Folgen für den technischen Wandel, da durch unterschiedliche und möglicherweise wechselnde Begabungsstrukturen ein zusätzliches Element der Unsicherheit auftritt. Veränderungen der Produktionstechnologie und deren produktivitätssteigernde Effekte werden daher in diesen Wirtschaftsbereichen in geringerem Umfang zu beobachten sein als in jenen, die sich mehr durch Maschineneinsatz auszeichnen. Die in diesem Abschnitt angeführten Überlegungen führen zu der Schlußfolgerung, daß die herkömmliche Produktionstheorie zur Analyse des technischen Wandels nicht geeignet ist und daß andere Wege beschritten werden müßten. Im folgenden Kapitel sollen die FuEAufwendungen daher im Rahmen eines nicht-neo klassischen theoretischen Gedankengebäudes analysiert werden. Zum einen schlägt sich dies in deutlich abweichenden Annahmen über Faktorsubstitution nieder. Zum anderen sollen makroökonomische Gesichtspunkte in stärkerem Ausmaß als in den dargestellten Ansätzen Berücksichtigung finden und damit der partialanalytische Charakter einer derartigen Analyse mindestens zum Teil überwunden werden.

70

Siehe Nelson (1980). 41

3

FuE als Motor der Kapitalintensivierung und der Produktivitätssteigerung

Wegen der Zweifel am Vorgehen und der widersprüchlichen Ergebnisse der bislang vorgestellten Ansätze soll im folgenden Kapitel ein eigenes Modell entwickelt und empirischen Tests unterwgen werden. & basiert in seinem theoretischen Kern auf den Überlegungen von Böhm-Bawerk. Dieser behauptet, daß Forschung und Entwicklung kein weiterer eigenständiger Produktionsfaktor sei.

3.1

Der produktionstheoretische Ansatz von Böhm-Bawerk

Die Berücksichtigung von Forschung und Entwicklung als weiterem Produktionsfaktor, wie dies im Rahmen neoklassischer Ansätze geschieht, die im vorigen Kapitel vorgestellt wurden, wirft Fragen auf, die im Hinblick auf den Arbeits- und Kapitaleinsatz bereits vor der Jahrhundertwende von Böhm-Bawerk mit aller Schärfe gestellt wurden.71 & geht um die Entscheidung, ob ein Produktionsfaktor originär ist, d. h. sich nicht mehr auf Leistungen anderer Inputs zurückführen läßt. Für Böhm-Bawerk gibt nun "das Kapital keinen selbständigen Anstoß, sondern pflanzt nur einen von originären Produktionskräften gegebenen Anstoß fort, so wie ein gestoßener Ball die Bewegung einem anderen miUeilt".72 Prosaisc~er formuliert bedeutet dies, daß das Kapital in seinen Augen kein eigenständiger Produktionsfaktor ist, sondern lediglich eine Brücke zwischen dem Einsatz der seiner Auffassung nach originären Produktionsfaktoren Arbeit und Naturkräfte zum eigentlichen Produktionsziel der Herstellung von "Genußgütern" schlägt. Diese Funktion sei an dem auch von Böhm-Bawerk gewählten Beispiel des Fischfangs verdeutlicht. Das Genußgut, welches seiner Meinung nach das Ziel der Produktion ist, besteht hier aus den zum Verzehr geeigneten Seetieren. Die Anbieter dieses Gutes können nun ihre Produktion

z.B. durch das Sammeln aller an den Strand gespülten Tiere herstellen. Hierfür ist allein der Einsatz von Natur, die für die Aufzucht der FISChe sorgt, und Arbeit, nämlich das Sammeln, erforderlich. In diesem Fall handelt es sich um eine Produktion ohne Kapitaleinsatz, die von 71

Siehe Böhm-Bawerk (1961).

72 Böhm-Bawerk (1961), S. 129. 42

Böhm-BawerJc auch als direkt bezeichnet wird. & liegt auf der Hand, daß eine solche Produktionsweise von großen Ertragsschwankungen und

von geringer Produktivität gekennzeichnet ist. Diese Mängel können aber durch eine veränderte Herstellungsweise zumindest gemildert werden, wenn die Anbieter zunächst wiederum durch den Einsatz von Arbeit und Naturproduktion - Boote und Netze herstellen, und dann erst den Fischfang, nun aber mit höherer Produktivität unter Nutzung der Boote und Netze aufnehmen. Die Produktion des Gutes Seetiere vollzieht sich nunmehr in zwei Stufen. In der ersten werden in unserem Beispiel Boote und Netze in direkter Produktion hergestellt. In der zweiten werden hingegen neben den Produktionsfaktoren Arbeit und Natur zusätzlich Boote und Netze eingesetzt. Dies bezeichnet Böhm-Bawerk als indirekte oder kapitalistische Produktion. Welche Funktion besitzen nun Boote und Netze in der zweiten Produktionsstufe? Böhm-Bawerk sieht in ihrer Herstellung einen Produktionsumweg, der dazu führt, daß die Erfüllung des eigentlichen Produktionszieles hinausgezögert, dann aber mit höherer "Ergiebigkeit" erreicht wird: Sie sind somit "Werkzeuge", für die Produktion des Genußgutes. Diese Werkzeuge sind Zwischenprodukte im Zuge des gesamten Produktionsprozesses und stellen das Kapital dar, mit dessen Hilfe die Erfüllung des letztendlichen Produktionszieles erreicht werden soll.73 Aus dieser Beschreibung des Produktionsprozesses folgt, daß der Kapitaleinsatz ein - wie Böhm-Bawerk es nennt - Symptom von Produktionsumwegen ist, die eine höhere Produktivität zum Ziel haben, nicht jedoch ein elementarer Produktionsfaktor, da auch Kapitalgüter das Ergebnis von Arbeitsleistung und dem Wirken von Naturkräften sind. Daher gelangt er zu folgendem Fazit: "Leicht und sicher beantwortet sich endlich die viel bestrittene Frage, ob dem Kapital eine selbständige Produktivkraft innewohnt, oder, wie man auch die Frage zu formulieren pflegt, ob das Kapital neben Arbeit und Natur ein selbständiger Produktionsfaktor ist? Diese Frage ist auf das entschiedenste zu verneinen."74 Von vielen Autoren, die gleichwohl die neoklassische Produktionstheorie ablehnen, wird diese

73 Siehe Böhm-Bawerk (1961), S. 111. 74

Böhm-Bawerk (1961), S. 131. 43

Klassifizierung der Produktionsfaktoren bestritten.75 Zum einen sei Arbeit nicht homogen, sondern je nach Qualifikationsgrad differenziert zu betrachten. Dann sind aber auch Aufwendungen für Ausbildung erforderlich, um Arbeit einer bestimmten Qualifikation zu erhalten. Mithin ist diese Art von Arbeitseinsatz kein originärer Produktionsfaktor mehr, da sie erst durch Ausbildung "hergestellt" werden muß. Bis zu einem gewissen Grad gelten diese Überlegungen auch für den Produktionsfaktor "Natur", der auch teilweise nur durch Aufwendungen erhalten werden kann. Wenn man jedoch den Begriff originärer Produktionsfaktor in der Weise interpretiert, daß er sich auf jene Faktoren bezieht, die sich wie potentielles Arbeitsangebot und Natur nur in geringem Ausmaß aus ökonomischen Gründen verändern erscheint die Böhm-Bawerksche Klassifizierung mit einer' allerdings veränderten Interpretation weiterhin als sinnvoll.76 Es bleibt jedoch die Frage, ob damit die Liste der originären Produktionsfaktoren vollständig

ist, da gerade im Zusammenhang mit den Energie- und Umweltproblemen der Gegenwart die Analyse nicht erneuerbarer Ressourcen, worunter vor allem Bodenschätze verstanden werden, an Bedeutung gewonnen hat. Im folgenden seien diese jedoch unter den Naturfaktoren subsumiert und werden daher nicht weiter gesondert behandelt. Als weiterer originärer Produktionsfaktor wird häufig "Wartezeit" genannt. 77 Darunter ist

jener Verzicht auf sofortige Konsumtion von Ressourcen zu verstehen, durch den über den Spar- und Investitionsprozeß z.B. neue Maschinen entstehen. Diese Betrachtungsweise erscheint jedoch fragwürdig, da die Entscheidung für Konsumverzicht definitorisch mit der Entscheidung über Konsum verbunden ist. Damit ist aber der Produktionsfaktor "Wartezeit" im Widerspruch zur Definitiob im vorigen Abschnitt innerhalb eines sehr weiten Rahmens aus

ökonomischen Überlegungen heraus veränderbar. 78 Im Gegensatz zu Arbeit und Natur gibt es auch keine vorhandene Ausstattung an "Wartezeit", die in die Produktion fließt. Diese

75

Siehe Blaug (1968).

76

Siehe Blaug (1968).

77 Marshall nennt diesen Faktor "Waiting", wobei damit das Warten auf die Konsumtion gemeint ist, die durch die Investition von Ressourcen induziert wird. Siehe Blaug (1968). 78 Selbstverständlich ist er nicht zu verändern, wenn die Bevölkenmg auf dem Subsistenzniveau lebt. Dann kann diese Leistung "Verzicht" nicht erbracht werden.

44

Größe ist vielmehr das Ergebnis von Entscheidungen über die Aufteilung des Budgets, nicht aber ein originärer Inputfaktor. Daher sollen im folgenden - trotz der zu beachtenden Einschränkungen - Arbeit und "Natur" als einzige originäre Produktionsfaktoren behandelt werden, wobei der Faktor Arbeit im Mittelpunkt des Interesses steht. Die Beschreibung des Produktionsprozesses bei Böhm-Bawerk ist insbesondere für eine modeme Volkswirtschaft nicht unumstritten.79 Ein wesentlicher Kritikpunkt richtet sich gelen Böhm-Bawerks Hypothese, daß die Produktionsperiode fortwährend zunimmt. Darum bemerkt Blaug, "the term 'period of production' has been u.sc;d in 8 bewildering variety of senses...so Zunächst ist vor allem der Unterschied zwischen einer Produktionsperiode im BöhmBawerkschen Sinn und dem Produktivitätsbegriff zu betonen. Ersteres wird nicht in Zeiteinheiten, sondern in der Länge eines Produktionsumweges, also der Zahl der Produktionsstufen zwischen erstem Einsatz eines originären Produktionsfaktors und der Herstellung des Endproduktes,81 gemessen. Dies kann, muß aber nicht einhergehen mit einer zeitlichen Ausdehnung des Produktionsprozesses. Die Produktivität ist das Verhältnis von Output zu Faktoreinsatz in einer gegebenen Zeiteinheit. Die Böhm-Bawerkschen Überlegungen sind nur dann schlüssig, wenn sowohl die Produktionsumwege als auch die Produktivität zunehmen. Nur in diesem Fall erbringt der Verzicht auf die sofortige Herstellung eines Konsumgutes einen wirtschaftlichen Vorteil, da seine Herstellung zwar nach einem Umweg, dann aber zu geringer~n

Kosten pro Stück erfolgt.

Ob eine verlängerte Produktionsperiode auch eine zeitliche Ausdehnung erfährt, hängt davon ab, in welchem Verhältnis der Rückgang des Zeitaufwandes je produziertes Stück, der wegen der verlängerten Produktionswege eintritt, zu dem zusätzlichen Zeitaufwand steht, der durch die Verlängerung der Produktionsumwege, d. h. durch die Produktion von Kapitalgütern, entsteht. In unserem Beispiel würde die entsprechende Frage also lauten: Bekomme ich eine bestimmte Menge Fisch schneller, wenn ich versuche, sie mit der Hand zu fangen, oder wenn

79

Siehe Blaug (1968).

80

Siehe Blaug (1968), S. 516.

81 Blaug definiert sie als "the time elapsing between the first application 01 primary lactors and the emergence 01 the final consumer good lor which these lactors were responsible." Siehe Blaug (1968), S. 517.

45

ich zunächst Boote baue und dann erst mit dem Fischfang beginne? Die Frage verrät bereits, daß die Antwort auch von der Menge des gewünschten Endproduktes abhängt. Solange es nur um einen Fisch geht, ist Handarbeit mit Sicherheit schneller. Von einer bestimmten Menge an wird jedoch der Umweg über Kapitalgüter zu einem rascheren Ergebnis führen. In der Tendenz zeigt sich, daß ein höherer mengenmäßiger Bedarf an Gütern schneller durch eine Verlängerung der Produktionsumwege zu befriedigen ist. Die meisten Güter würde es ohne diesen Umweg sogar überhaupt nicht geben. In unserem Beispiel entsteht das Gut "Seetransport" erst durch die Umwegproduktion. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist klar, daß die Böhm-Bawerksche Hypothese nicht zwangsläufig eine zeitliche Ausdehnung des Produktionsprozesses impliziert. Daher greifen auch die Einwände, die auf die vermeintliche und in der Tat unplausible Zunahme des "Zeitkonsums der

Produktion~

(Blaug) bei Böhm-

Bawerk abzielen, zu kurz. Eine weitere erforderliche Differenzierung besteht darin, daß zwischen absoluter und durchschnittlicher Produktionsperiode unterschieden wird. Erstere ist - jedenfalls unter der Annahme, daß die Warenproduktion nicht zu irgend einem Zeitpunkt vollständig eingestellt wird - unendlich. Dies läßt sich leicht an unserem Fischerei-Beispiel erläutern.82 Die auf der zweiten Stufe des Produktionsprozesses konstruierten Boote lassen sich nicht nur zum Zwecke des Fischfangs, sondern z.B. auch zum Personentransport einsetzen. Auch dieser ist noch kein Endprodukt, sofern er nicht ausschließlich touristischen Zwecken dient. Vielmehr können die transportierten Personen z.B. Händler sein, die andere Produkte verkaufen wollen. Folglich endet die Produktionsperiode nicht mit dem Fischfang, sondern

~rlängert

sich, da die

Kapitalgüter für die Herstellung sehr verschiedener Güter weiter eingesetzt werden können. Selbst wenn der Fischfang also aufhörte, ist daher die Produktionsperiode nicht zu Ende. Es liegt auf der Hand, daß das Beispiel beliebig ausgeweitet werden kann, so daß man letztendlich zur Schlußfolgerung gelangt, daß der Produktionsprozeß unendlich dauert. Die Böhm-Bawerksche Hypothese einer ständigen Zunahme der Umwegproduktion kann sich somit nicht auf die absolute Produktionsperiode beziehen. Dies gilt umso mehr, als in einer modemen Industriegesellschaft die Verästelungen der Produktionswege, die ständig zur Herstellung neuer und zum Verschwinden nicht mehr nachgefragter Güter führen, nicht mehr

82

46

Siehe Teschner (1969).

überschaubar sind. Die klare Hierarchie der Güter entsprechend der Länge des Produktionsumweges verliert sich unter diesen Umständen. Blaug nennt dies treffend die "whirlpool structure of production" (S. 521). Die Messung der Länge einer absoluten Produktionsperiode, die sich immer auf ein Gut beziehen müßte, ist demnach sinnlos. Relevant für eine Analyse der Produktionsumwege ist damit nur die durchschnittliche Produktionsperiode. Ein solcher Durchschnittswert errechnet sich durch die Relation des Bestandes an Kapital zum Strom des laufenden Arbeitseinsatzes für eine Periode.83 Böhm-Bawerk behauptet nun, daß technischer Wandel sich in seinem Modell in einer ständigen Verlängerung der Produktionsumwege niederschlägt.84 Längere Produktionsumwege sind bei positiven Zinssätzen nur dann ökonomisch sinnvoll, wenn hierdurch zugleich eine Steigerung der Produktivität erzielt werden kann, die diese zusätzliche Produktion gleichsam "finanziert". So muß, um zu dem eingangs gewählten Beispiel des Fischfangs zurückzukehren, der zusätzliche Ertrag, der durch die Nutzung von Netzen und Booten erzielt wird, den zusätzlichen Aufwand an Arbeitsstunden, der zur Erstellung der Boote und Netze erforderlich ist, mindestens aufwiegen. Die Erhöhung des Kapitaleinsatzes im Verhältnis zur Arbeit muß daher immer im Kontext mit der Produktivitätsentwicklung analysiert werden.

83

Siehe Doifmann (1959).

84

Siehe Böhm-Bawerk (1961). 47

3.2

Eine Hypothese zur Entwicklung der Produktionsumwege

Aus den Überlegungen des vorherigen Kapitels folgt, daß die empirische Analyse sowohl die Entwicklung der Kapitalintensität als auch die der Produktivität umfassen muß. Mittels letzterer Größe soll die durchschnittliche Länge der Produktionsperiode abgebildet werden. Folglich muß sich die Produktivitätsgröße als der Strom sämtlicher Güter in bezug auf den Bestand der Arbeit definieren. Die erstere Größe wird durch die Bruttowertschöpfung, der Arbeitseinsatz durch die Zahl der Erwerbspersonen repräsentiert. Da die Analyse sektoraler Natur ist, definiert sich somit die Arbeitsproduktivität als das Verhältnis von sektoraler Wertschöpfung zu sektoralem Arbeitsvolumen in Personen.8S Im Rahmen der empirischen Analyse sollte sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen Kapitalintensität und Arbeitsproduktivität zeigen. Längere Produktionsumwege führen - so lautet dann die Hypothese - zu einer höheren Arbeitsproduktivität. Diese Überlegungen im vorigen Abschnitt zur Rolle des Kapitaleinsatzes lassen sich auf die Bedeutung von FuE im Produktionsprozeß übertragen. Folgt man dieser Argumentation, so fällt auch die Entscheidung, ob Forschung und Entwicklung eigenständige Produktionsfaktoren darstellen, leicht. Die Aufwendungen bestehen zum weitaus größten Teil aus Investitionen in Güter, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke genutzt werden, sowie aus Personalkosten der entsprechenden Abteilungen.86 Die oben explizierten Überlegungen zum Kapitaleinsatz gelten selbstverständlich auch für FuE-Investitionen. Fast trivial ist die Argumentation im Hinblick auf die Personalkosten; schließlich dienen die Aufwendungen in diesem Fall der Bezahlung von Arbeitskräften und damit des Produktionsfaktors Arbeit. Folglich ist er auch die eigentliche Quelle der Forschungsanstrengungen. Aufgrund dieser Argumentation erscheint folglich die Behandlung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen als eigenständige Produktionsfaktoren, wie dies in der neoklassischen Produktionstheorie geschieht, nicht gerechtfertigt.

Die hier angeführte Definition enthält sämtliche produzierenden Güter, nicht nur diejenigen, die zum Konsum bestimmt sind. Letzere sind zwar das eigentliche Ziel der Produktion. Zur Berechnung der durchschnittlichen Produktionsperiode müssen freilich alle Güter auch diejenigen, die nur Zwischenstufen zum En-eichen des Produktionsziels darstellen, berücksichtigt werden. 85

86

48

Siehe hierzu u. a. Echterhoff/Severitt (1986).

In der folgenden Analyse kommt ihnen daher eine gegenüber üblichen neoklassischen Beiträgen veränderte Rolle im Wirtschaftsgeschehen zu. Es wäre selbstverständlich auch verfehlt, FuE-Aufwendungen mit den übrigen für Kapital- oder Arbeitseinsatz gleichzusetzen, da sie im Gegensatz zu anderen Inputgrößen primär dazu dienen, zusätzliches Wissen über Produkte- und Produktionsprozesse zu erlangen.87 Wie aber wirkt sich dieses Wissen auf die Produktion aus? In dieser Arbeit soll in diesem Kapitel folgende Hypothese aufgestellt und empirisch analysiert werden:

. Aufgnmd des durch Forschung und Entwicklung gewonnenen WISsens verlängert sich die durchschnittliche Produktionsperiode, d. h. die Relation von Kilpital- zu Arbeitseinsatz im Produktionsprozeß steigt.88 Zugleich nimmt die Arbeitsproduktivität zu. Diese Hypothese gründet auf der Überlegung, daß zusätzliches Wissen entweder in neuen Kapitalgütern oder in Konsumgütern, die nur auf längeren Produktionsumwegen hergestellt werden können, umgesetzt wird. Im ersten Fall, der auch als eine Prozeßinnovation als Folge von Forschungsergebnissen angesehen werden kann, stehen neue Maschinen, "Werkzeuge" Böhm-Bawerk'scher Terminologie am Ende des Forschungs- und Entwicklungsprozesses. Im zweiten sind es Produktinnovationen im Bereich der Konsumgüterherstellung, die aber im Vergleich zu den bisher gehandelten Gütern lediglich mit einem größeren Kapitaleinsatz produziert werden können. Es sind somit mehr Werkzeuge zu ihrer Herstellung erforderlich. Die Ursache besteht in den Zielen von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Firmen. FuE-Anstrengungen sind auf die Entdeckung und Entwicklung von Produkten oder Produktionsverfahren gerichtet. Das Ergebnis eines solchen Projektes besteht somit immer in vorgetaner Arbeit.89 Damit erhöht sich durch FuE das Angebot an vorgetaner Arbeit, das zur weiteren Nutzung im Produktionsprozeß zur Verfügung steht. Die entscheidende Frage ist, ob sich durch dessen Nutzung die durchschnittliche Produktionsperiode verlängert, wie dies unsere 87 Siehe z. B. BemsteinlNadiri (1989) und Nelson (1981). Zudem weisen Bernstein und Nadiri zu Recht darauf hin, daß FuE-Investitionen im Gegensatz zu den übrigen Investitionen spillovers zu anderen Firmen hervorrnfen, ohne daß diese hierfür bezahlen müßten. Siehe BernsteinlNadiri

(1989).

Die durchschnittliche "Länge" des Produktionsumweges wird hier damit durch die Relation der "Werkzeugnutzung" zum elementaren Produktionsfaktor Arbeit abgebildet.

88

89 Ob diese weitere Verwendung im Produktionsprozeß findet, ist dann Gegenstand der ökonomischen Rentabilitätsüberlegungen.

49

Hypothese postuliert. Man könnte annehmen, daß eine solche Hypothese impliziert, daß die Nutzungsdauer für Maschinen infolge technischer Weiterentwicldungen zunehmen müßte. Dies ist aber nicht notwendigerweise so und dürfte in der Realität auch kaum zu beobachten sein. Hinreichend für unsere Behauptung ist bereits, daß die Zahl der Maschinen bei gleicher oder gar geringerer Lebensdauer entsprechend zunimmt.90 Ein Beispiel hierfür wäre, daß eine Maschine mit einer Lebensdauer von zehn Jahren durch zwei Maschinen mit einer Lebensdauer von jeweils nur sechs Jahren ersetzt würde. Unsere Hypothese enthält allerdings eine implizite Aussage über Art und Richtung des Forschungs- und Entwicldungsprozesses. Sie unterstellt, daß dieser - zunächst unabhängig davon, ob das Ergebnis;wirtschaftlichen Erfolg verspricht - immer das Ergebnis hat, menschlichen Arbeitseinsatz zu verringern. Die hier skizzierte Behandlung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen impliziert auf der theoretischen Ebene erhebliche Unterschiede zu jenen herkömmlichen Analysen, die auf einer neoklassisehen Produktionstheorie aufbauen. Im Rahmen einer Theorie der Produktionsumwege spielt Substitution zwischen den Produktio~faktoren Arbeit und Kapital keine Rolle. Die Zunahme des Kapitaleinsatzes im Vergleich zur Arbeit ist nicht die Folge z.B. eines steigenden Reallohns bzw. relativen Lohnniveaus, sondern das Ergebnis erfolgreicher Suche nach immer produktiveren Herstellungsverfahren, also gleichsam eine ökonomisch-historische Entwicklungstendenz. Die hier aufgestellte Hypothese besagt nun, daß diese Tendenz durch Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen vorangetrieben wird. FuE-Aufwendungen spielen somit die Rolle eines Motors, der die Entwicklung zu einer immer kapitalintensiveren Produktion antreibt Diese Aussage impliziert, daß die Bewegung der Kapital-Arbeits-Relation immer nur in Richtung auf diese Erhöhung geht und nicht, wie in neoklassischen Ansätzen unterstellt, reversibel ist. Allenfalls kurzfristige konjunkturelle Störungen können diese Tendenz aufhalten, aber nicht umkehren. Diese historisierende bzw. evolutionäre Sichtweise des technischen Wandels ist, wenngleich in anderer Ausprägung, von Nelson und Winter in die jüngere Diskussion eingebaut worden.91 Auch die Unterscheidungen zwischen faktorgebundenem und faktorungebundenem

90

Siehe auch Blaug (1968).

91 Siehe Nelson/Winter (1982). Ein Modell dieser Kategorie findet sich auch in Stoneman (1983). Siehe auch Teschner (1969).

50

technischem. Wandel ist in unserem Ansatz wenig hilfreich. Diese Begriffe müßten für ihn anders als in neoklasssichen produktionstheoretischen Ansätzen interpretiert werden. Die einzigen Produktionsfaktoren sind in unserem Kontext Arbeit und Natur. Allein, falls sich die Qualität des Arbeitseinsatzes ändert und hierdurch Produktivitätssteigerungen hervorgerufen werden, kann daher von faktorgebundenem technischen Wandel die Rede sein. Forschung und Entwicklung tragen zwar über den Kapitaleinsatz zu einer höheren Produktivität bei, da dieser jedoch kein eigenständiger Produktionsfaktor ist, scheint es sinnvoll, diese Art von technischem Wandel faktorungebunden zu nennen. Im Rahmen eines neoklassischen Ansatzes müßte er hingegen aufgrund der Rolle des Kapitals als eigenständigen Produktionsfaktor als faktorgebunden definiert werden.

3.3

Zur zeitlichen Entwicklung der Schlüsselgrößen nach Sektoren

3.3.1

Die Entwicklung der Kapitalintensität

Es gilt nun, die These zu untermauern, daß modeme Volkswirtschaften als Folge der Entdeckung immer ergiebigerer Produktionsumwege durch eine fortschreitende Erhöhung des Verhältnisses von Kapital- zu Arbeitseinsatz gekennzeichnet sind.92 Um der Vielfalt der Produktionsprozesse auch nur annähernd gerecht zu werden, ist eine sektorale Analyse dieser Größe notwendig. Wirft man daher - im ersten Schritt - einen Blick auf die entsprechenden Zahlenwerte für 51 Sektoren in der Bundesrepublik, so zeigt sich, daß von 1965 bis 1985 tatsächlich in allen Sektoren ein Anstieg zu beobachten war. Damit ist zwar nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, daß das Einsatzverhältnis der Produktionsfaktoren reversibel wäre, aber es findet sich kein empirischer Beleg dafür, daß dieser Fall jemals eingetreten ist. Damit ist seine ökonomische Irrelevanz hinreichend gekennzeichnet.

92 Diese Größe errechnet sich als das Verhältnis von realem Ko.pitalbestand an Ausrüstungsvermögen zu Erwerbstätigen des jeweiligen Sektors. Aufdie Analyse des Ko.pitalbestandes an Bauten wird wegen dessen Besonderheiten an dieser Stelle verzichtet.

51

Tabelle 1

Sektorale Kapitalintensititen in TDMlErwerbstitige Durchschnittliche WachstunIsraten

Absolute Werte 1965 Energieversorgung

1970

1975

1980

1985

1970/ 1965

1975/ 1970

19801 1975

1985/ 1980

247,2

278,0

365,0

419,2

494,4

2,4

5,6

2,8

3,4

Verarbeitendes Gewerbe

26,8

36,9

53,8

60,3

74,8

6,6

7,8

1,3

4,4

Grundstoffe

50,7

73,6

105,2

115,8

142,2

7,7

7,4

2,0

4,2

Investitionsgüter

17,9

23,9

35,5

42,8

55,1

6,0

8,2

3,8

5,2

Konsumgüter

15,7

22,6

35,5

40,5

52,1

7,6

9,5

2,7

5,2

Bauindustrie

12,4

17,0

23,7

21,6

24,3

6,5

6,9

-1,8

2,3

Dienstleistungen, Handel, Verkehr

23,8

30,4

40,6

51,5

66,5

5,1

5,9

4,9

5,3

Unternehmen ohne Wohnungsvermietung

26,7

36,0

50,4

59,1

73,3

6,2

7,0

3,2

4,4

Diese Aussage gilt sowohl für den gesamten Zeitraum als auch für fast alle Subperioden. Folglich ist es zulässig, von einer fortwährenden Zunahme auszugehen. Jedoch weisen die einzelnen Sektoren zum Teil beträchtliche Unterschiede sowohl in den Niveaus als auch in den Wachstumsraten auf. Das Spektrum reicht dabei von den sehr kapitalintensiven Bereichen der Energieversorgung, der Verkehrswirtschaft sowie der Mineralöl- und Tabakindustrie bis zu Sektoren mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz wie der Leder- und Bekleidungsindustrle und dem Ausbaugewerbe, dessen Kapitalintensität nur ca. ein Achtzigstel des Wertes im Sektor Straßenverkehr aufweist. In einem der folgenden Kapitel soll mittels einer Querschnittsanalyse eine Erklärung dieser doch beträchtlichen Differenzen versucht werden. Hierbei ist

52

insbesondere die Rolle von Forschung und Entwicklung von Interesse. & soU überprüft werden, inwieweit verstärkte Anstrengungen auf diesem Gebiet zur Entwicklung der sektoralen Unterschiede beigetragen haben. Auch die Wachstumsraten sind sektoral sehr unterschiedlich. Sie reichen je nach Periode von 13 vH (Dienstleistungen) bis zu leicht negativen Werten in der Bauindustrie. Auf einem höher aggregierten Niveau, fallen interessante Unterschiede auch im zeitlichen Verlauf noch deutlicher auf. Nimmt man die Werte für alle Unternehmen ohne Wohnungsvermietung als Referenzentwicklung, läßt sich feststellen, daß von 1965 bis 1975 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 6 bis 7 vH zu verzeichnen waren. Von 1975 bis 1980 ist die Zunahme nur noch weniger als halb so groß. Seit 1980 sind die Wachstumsraten wieder leicht gestiegen. Diese Durchschnittswerte verbergen jedoch aufschlußreiche Unterschiede in den einzelnen Sektoren. So lagen die Wachstumsraten der Kapitalintensität im verarbeitenden Gewerbe bis 1975 über

dem Durchschnitt aller Unternehmen. Von 1980 bis 1985 waren sie niedriger. Seither sind sie in etwa auf dem Durchschnittsniveau. Anders verlief die Entwicklung in den Sektoren des Handels, der Verkehrswirtschaft und den Dienstleistungen. Bis 1975 lagen sie deutlich unter dem Durchschnitt, seither darüber. Diese Tendenzen, wie auch der Verlauf innerhalb der einzelnen Sektoren, lassen auf den ersten Blick die Vermutung entstehen, daß die Veränderungen der Kapitalintensität sehr stark mit dem Produktionswachstum zusammenhängen, ohne daß in diesem Stadium irgendetwas über Kausalitäten und die relative Bedeutung dieses Zusammenhangs ausgesagt werden kann. Gestützt wird diese Vermutung durch die Entwicklung z.B. in den Grundstoffindustrien, deren Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Produktion ständig abnimmt, und deren Kapital-Arbeits-Relation ebenfalls nur noch mit weniger als durchschnittlichen Raten zunimmt.

53

Tabelle 1

Sektorale Kapitalintensitäten in TDM/Erwerbstätige

Durdlaclalllldidle W.~"lh"""

AbIoIute Werte

LandwirUcbaft ElcktrizitalSYCrsorguoS Gasversorgung WlISSCI"CI'IOI'guns KobIebergbau Übriger Bergbau Cbemie MiDeralOlverarbeituos KUll5lSlolfverbeituns GummiYerarbeituns Steine/Erdeo Feinkeramik Glas Eisen NE-Metalle Gießereieo Ziehereien Stahlbau Maschinenbau BM/ADV Straßenfahrzeugbau Schiffbau Luftfahrzeugbau Elektrotechnik Feinmechanik EBM·Waren Musikinstrumente Holzbearbeitung Holzverarbeitung Zellstoff Papierverarbeitung Druck Textil Leder Bekleidung &nahrung Tabak Bauhauplgcwcrbe Ausbau Großhandel Einzelhandel Eisenbalmcn Schiffahn Straßenverkehr Bundespost Kreditinstitute Versicherungen Wohnungsvermielung Sonstige Dienstleistungen Staat

19701

1975/

19Iti

lt15/ UIO

10,2 6,9 10,5 4,2 10,4 8,S 5,9 9,4 7,7 9,2 6,9 71J 8,9 3,6 6,2 3,4 10,0 2,6 3,4 7,1 4,1 8,3 6,9 6,4 9,8 12,1 4,3 9,2 7,1 9,8 4,5 6,6 5,9 6,8 5,0 13,2 71J 6,1 4,1 7,0 3,4 8,0 5,5 5,9 4,1 3,9

7,5 6,1 6,7 -0,4 2,8 5P 6,5 8,6 10,5 12,4 8,8 7,0 13,1 5,6 13,6 91J 4,1 5,4 6,0 18,6 8,2 2,1 5,6 9,9 7,1 10,7 10,2 8,1 8,2 9,4 12,5 7,8 8,8 7,6 8,4 5,6 11,3 8,4 5,5 2,8 5,4 0,8 11,0 2,6 11,1 7,0 8,3

5' 3,4 -9,4 5,4 3,4 3,8 2,7 1,9 1,3

1,3 2,8

684,7 91,3 81,1 '2»,2 12,1

82,9 529,9 175,3 '2»7,8 116,8 389,7 134,0 608,7 61,7 53,1 IlS,2 40,1 96,8 173,3 124,7 62,1 47,4 39,8 46,8 164,8 74..1 51,8 44,0 45,8 30,8 51,6 41,9 84,0 33,2 159,4 70,2 65,7 61,7 '2»,2 14,5 70,7 148,3 30,5 9,6 31,2 17,3 161,8 860,6 98,0 116,1 34,9 19,8

4,0 1,6 1,1 3,6 3,2 12,2 0,9 7,9 3,9 6,3 2,6 3,2 3,8 3,5 1,0 2,3 4,4 6,6 1,7 -0,2 2,4 0,7 5,7 -1,6 0,7 0,8 1,7 4,1 4,7 2,5 3,9 7,1 9,2

2,9 6,2 3,9 1,6 2,7 1,1 5,8 3,2 2,3 6..~ 4,4 9,4 5,3 7,9 3,1 5,2 1,5 3,1 0,5 4,1 5,0 1,5 3,4 2,6 1,6 8,1 0,3 4,6 1,2 1,4 1,5 4,7 1,4 7,4 5,9 10,4

54,9 IS,7

77,8 17,7

13,7 2,9

11,9 3,5

12,1 3,6

7,2 2,4

1965

1970

1975

1910

1985

24,5 272,1 170,4 119,7 58,2 141,9 56,7 247,7 19,7 21,2 45,1 17,5 22,1 63,9 41,8 24,3 29,5 12,0 22,4 30,0 24,9 21,0 11,8 11,7 9,7 14,2 9,3 36,0 11,8 62,8 16,0 'JIJ,7 lS,l 11,6 5,4 37,9 24,0 15,4 4,2 'JIJ,1 8,1 99,9 219,6 54,3 29,7 10,8 4,3

40,6 289,6 237,8 196,7 71,3 232,6 SS,5 329,3 30,8 30,7 70,1 24,5 31,0 98,0 49,9 32,8 34,8 19,4 lS,5 35,4 35,0 lS,7 17,6 16,3 13,2

58,3 390,1 328,1 192,8 81,7 296,8 117,0 496,4 SO, 55,0 106,8 34,4 57,2 128,6 94,5

16,5 44,4 18,4 88,7 lS,6 lS,7 34,5 15,5 7,6 48,3 44,5 21,6 5,6 24,7 11,4 118,1 322,5 71,1 39,7 13,2 5,2

42,6 lS,2 34,2 82,9 51,9 28,6 23,2 '2»,2 18,6 37,8 '2»,9 65,5 27,2 139,1 46,1 37,4 52,6 22,4 11,3 63,3 76,2 32,4 7,4 28,3 14,8 122,8 543,2 SO,7 67,0 18,6 7,8

77,6 461,7 199,8 lSO,7 96,7 356,9 133,9 546,8 54,2 55,0 112,4 35,3 71,8 143,0 115,0 54,4 45,0 30,1 40,0 147,5 54,2 41,8 28,0 35,5 21,1 44,3 32,5 78,0 28,6 155,7 57,3 51,5 57,2 22,1 12,7 6S,5 100,6 30,0 7,6 29,4 16,1

9,2 9,2

17,6 11,1

31,0 13,2

22,8

50,4

150,5

1!165

1,3

1970

1975

-op

1,0 0,2 4,6

2,2

Die Kapilalinlensit8t ist definien als Kapitalstock des Ausrilstungsvermösens (real) bezogen auf die Zahl der E.rwerbstatigen.

54

-2,6

1,3 3,8 1,8

OIJ

2,2

2,6 -0,7

2,2

Die deskriptiven Betrachtungen der sektoralen Relationen in diesem Abschnitt sind mit der Hypothese zu vereinbaren, daß das Produktivitätswachstum vor allem mittels neuer, ergiebigerer Produktionsumwege gesteigert werden kann. Eine höhere Kapital-Arbeits-Relation wäre demnach Ausdruck erfolgreicherer Neuerungen der Produktionsweise, die über eine gesteigerte Produktivität zu verbesserten Absatzmöglichkeiten führt. Somit wird wiederum der enge Zusammenhang zwischen dieser Größe und der Produktivität sichtbar, auf den eingangs dieses Kapitels bereits hingewiesen wurde. Der folgende Abschnitt dient daher einer kurzen deskriptiven Betrachtung der Entwicklung der sektoralen Erwerbspersonenproduktivität.

3.3.2

Zur Entwicklung der Erwerbspersonenproduktivität

Wie folgende Tabelle zeigt, haben die Wachstumsraten der Erwerbspersonenproduktivität93 von 1965 bis 1984 in der Tendenz deutlich abgenommen. Zwar weisen von 1965 bis 1970 fast alle betrachteten Sektoren positive Zuwachsraten auf, aber in einigen, für die Gesamtwirtschaft sehr wichtigen, Bereichen nehmen sie im Verlauf recht deutlich ab. In der chemischen Industrie, die zwischen 1970 und 1965 noch durchschnittliche Wachstumsraten von 8,9 vH aufwies, nahm die Produktivität zwischen 1984 und 1980 durchschnittlich nur noch um 1,1 vH zu. Ähnlich verläuft die Entwicklung im Maschinenbau (2,8 vH bzw. 0,5 vH) und im Straßenfahrzeugbau (4,4 vH bzw. 0,6 vH). Bei der Produktivitätsentwicklung läßt sich eine besonders deutliche prozyklische Entwicklung feststellen. Eine Aufgabe der empirischen Analyse wird es sein, zu erhellen, welche Bedeutung der fortwährenden Zunahme des Verhältnisses von Kapital- zu Arbeitseinsatz in Zusammenhang mit konjunkturellen Einflußfaktoren für die Erklärung dieser Produktivitätsentwicklung zukommt. In Analysen, in denen FuE-Aufwendungen als eigenständiger Produktionsfaktor einbezogen sind, ist dieser Bestandteil der Produktivitätsgleichung. Damit wird eine unmittelbare Wirkung von FuE auf die Produktivität zumindest suggeriert. Nach unserer Eingangshypothese wirken hingegen Forschung und Entwicklung indirekt über eine höhere Kapital-Arbeits-Relation der Produktion auf die Produktivität ein. Sie gehen daher hier nicht unmittelbar in die

93 Diese Größe errechnet sich aus dem Verhältnis von realer Bruttowertschöp!ung zur Zahl der Erwerbspersonen im jeweiligen Sektor.

55

Ubriger Bergbau Chemie Mineralölverarbcitung KunststoITverarbeitung Gummiverarbeitung Steine, Erden Feinkeramik Glas Eisen NE-Metalle Gießereien Ziehcreien Stahlbau Maschinenbau BM/ADV Straßenfahrzeugbau Schiffbau Luftfahrzeugbau Elektrotechnik

~ohlebergbau

Landwirtschaft Elektrizitätsversorgung Gasversorgung Wasserversorgung

Tabelle 3

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Sektorale Erwerbstätigenproduktivität in TDM pro Erwerbstätigen

1970 16,4 113,4 73,5 112.0 48.5 1423 52.0 523.3 39.3 39.1 50.1 32.3 40,4 48.2 48.3 42,8 36,2 43.0 45.2 46,1 46.2 41.7 52.2 39,4

1975

1984

1975/70

5,1 3,7 15,2 1,5 2,6 -4,9 5,2 5,4 4,2 4,1 3,8 4,0 5,4 2,0 4,1 1,8 2,7 4,2 2,1 13,2 2,7 -1,1 2,1 4,6

1980/75

5,1 -1,1 -2,9 1,1 -2,8 2,6 1,1 -1,1 2,5 1,9 0,1 2,1 3,6 1,3 5,4 1,1 -0.1 -0.1 0,5 11,0 0,6 6,8 6,0 4,2

1984/79

VVachsturnsraten

1980

5,3 6,7 -1,9 -0,3 -2,1 -4,0 3,0 2,6 3,6 1,3 3,3 0,7 2,0 3,3 10,0 2,4 -0,1 2,0 1,0 11,3 1.8 7,4 5,2 5,1 58,0 49,4

19,4

21,1 136.2 149.5 120.8 55.2 110.5 67,2 682.3 48.3 48.1 60,6 39.5 52.6 53.2 5a (T-K)l/2

+

2a (t-k) (T-IQ-I/2

Mittels des geschilderten Verfahrens sind nun Stabilitätstests der heiden Schätzgleichungen durchgeführt worden. 119 In folgender Tabelle sind die Jahre ausgewiesen, für die der CUSUM-Test einen Strukturbruch in den einzelnen Sektoren diagnostiziert. Es zeigt sich, daß keinesfalls in allen Sektoren ein Strukturbruch vorliegt. In der Mehrzahl

erweisen sich die Schätzungen der Kapital-Arbeits-Relation sogar als stabil. In diesen Fällen muß die Hypothese eines Rückgangs der marginalen Wirksamkeit von FuE-Aufwendungen zunickgewiesen werden. In einigen wichtigen Bereichen zeigt der CUSUM-Test jedoch Strukturbrüche an. Es handelt sich um die Sektoren Maschinenbau, Büromaschinen/ADV und Elektrotechnik. In allen diesen Se!ctoren weist der CUSUM-Test Mitte der siebziger Jahre (1976n7) signifikante Veränderungen der Parameter aus. Es liegt daher nahe, zu vermuten,

daß diese im Zusammenhang mit den durch Ölpreisschocks ausgelösten Rezessionsentwicklungen 1974n5 stehen. Die Ergebnisse in den übrigen Sektoren liefern für diese Vermutung allerdings keine eindeutigen Hinweise. Betrachtet man den Verlauf der rekursiv geschätzten Koeffizienten im Sektor Maschinenbau, fällt vor allem der starke Rückgang der FuE-Elastizität ins Auge. Ergibt die Schätzung von 1964 bis 1973 noch einen Wert von 0,34, erhält man für den Zeitraum von 1964 bis 1981 nur noch 0,15; also weniger als die Hälfte des ursprünglichen Wertes. Bereits bei der Interpretation der FIML-Schätzresultate war der relativ niedrige Wert Tabelle 11 in diesem Sektor aufgefallen. 119 Leider sind die Tests nur [ur Einzelgleichungen durch[uhrblll: Daher beziehen sie sich auch nur auf die Schätzung mit dem OLS- Verfahren.

91

Tabelle 11

Strukturbruch KapItal/ArbeIts-

Verhältnis

01

02

03

04

05

06

07 08 09

10 11

12 13 14 15 16 17 18 19

20

21 22

23

24 25

26

27

28

29 30 31 32 33 34

35 36 37 38

39

40

41 42 43 44

45

46

47 48

49

Landwirtschaft Elektrizitatsversorgung Gasversorgung Wasserversorgung Koblebergbau Olemie MineralOlverarbeitung KunststotrYerarbeitung Gummiverarbeitung Steine, Erden Feinkeramik Glas

Eisen NE-Metalle Gießereien Ziebereien Stahlbau Mascbinenbau BM/ADV Straßenfabrzeugbau Schiffbau Luftfabrzeugbau Elektrotechnik Feinmechanik EBM-Waren Musikinstrumente Holzbearbeitung Holzverarbeitung Zellstoff Papierverarbeitung Druck Textil Leder Bekleidung

1979-84

1982-84 1980-84 1979-84

1980-84 1974-78 1974-84

1981-84

1981-84 1978-84 1982-84 1975-84 1976

1976-77 1980-84 1984

1980-84

1981-84 1977 1984

Emahrun~

Tabak Bauhauptgewerbe Ausbau Großhandel Einzelhandel EiSenbahnen Schiffabrt Straßenverkehr Bundespost Kreditinstitute Versicherungen Wohnungsvermletung Sonstige DienstleIStungen Staat

Produktivität

1982-84 1976-84 1982-84

1979-84

1977-84 1983 1981-84

1979-84

1979-84 1978-84 1979-84 1974-84

Die Jahreszahlen geben jenen Zeitraum an, in dem die Residuen laut CUSUM-Test außerhalb der für Strukturkonstanz zulässigen Grenzen liegen.

92

Hier zeigt sich nun, daß dies eine Folge des nachlassenden Zusammenhangs zwischen FuEAufwendungen und der Kapital-Arbeits-Relation seit 1976 ist. Um zu einer präziseren Einschätzung der Folgen des Strukturbruchs zu gelangen, ist eine erneute FIML-Schätzung für zwei Teilperioden des ursprünglichen Beobachtungszeitraums durchgeführt worden. Die erste Periode reicht von 1964 bis 1975 und die zweite Periode von 1976 bis 1984. Diese Unterteilung ist durch die Diagnose über den Zeitpunkt des Strukturbruchs bestimmt. Die Ergebnisse sind

in folgender Tabelle aufgeführt. Tabelle 12

Vergleich von FIML Schätzungen vor und nach einem Strukturbruch Koeffizienten

RDS

Sektor I

Maschinenbau Büromaschinen/ADV Elektrotechnik Textilindustrie Ernährungsgewerbe

RDS CUTL

CUTL 11

0,59 (5,7) 0,97 (5,6) 1,04 (5,5)

0,11 (0,8) 0,76 (4,5) 0,78* (7,8)

0,13 (2,9)

0,21 * (4,9)

I

11

-0,70 (-6,3) -1,56 ( -4,8) -1,13 (-4,8) -0,51 (-2,9) -0,62 (-3,7)

-0,40 (-5,3) -1,58 ( -6,8) -0,93* (-6,5) -0,34* ( -4,6) -0,84* (-5,2)

FuE-Kapitalstock Kapazitätsauslastung

Die Spalte I enthalt den Wert bis zum Zeitpunkt des Strukturbrucbs, die Spalte 11 für denjenigen für die Folgeperiode. • Die Schätzung bezieht sich auf die Gesamtperiode.

Die Ergebnisse für die kürzere Schätzperiode beruhen lediglich auf neun Beobachtungen. Daher sind weder hohe Signifikanzniveaus noch stabile Ergebnisse zu erwarten. Betrachtet man jedoch die Elastizitätswerte für die beiden Perioden im Sektor Maschinenbau, zeigt auch die FIML-Schätzung zwischen den beiden Teilperioden eine deutliche Abnahme der Elastizität der 93

FuE-Aufwendungen. Gleichfalls nimmt aber auch die Reagibilität des Kapital-Arbeitseinsatzverhältnisses im Hinblick auf die Kapazitätsauslastung ab. Daher liegt die Schlußfolgerung nahe, daß beides, der Konjunktureinbruch Mitte der siebziger Jahre und die Abnahme der Effektivität von FuE-Anstrengungen, ursächlich für den Strukturbruch in diesem Sektor sind. Im Wirtschaftszweig Büromaschinen/ADV zeigt der CUSUM-Test ebenfalls einen Struktur-

bruch im Jahre 1976 an. Die apriori Vermutungen sind somit die gleichen wie im Maschinenbau. Der Koeffizientenverlauf der rekursiven Schätzung weist ebenfalls in die gleiche Richtung. In den Jahren 1975n6 durchläuft der geschätzte Koeffizient für die Kapazitätsauslutung zunächst einen sprunghaften Anstieg, um dann sogar unter das vorherige Niveau zurückzufallen. Bis 1984 steigt er dann in etwa wieder auf das Ausgangsniveau an. Ähnlich entwickelt sich auch die geschätzte FuE-Elastizität; sie nimmt zwischen 1976 und Anfang der achtziger Jahren von 0,8 auf 0,5 ab und steigt dann bis zum Ende des Schätzzeitraums wieder auf 0,65 an. Dieser Befund stützt die Vermutung, daß auch in diesem Sektor die konjunkturellen Schwankungen und die Abnahme der Wirksamkeit von FuE-Aufwendungen einen Strukturbruch ausgelöst haben. Im Unterschied zu der Analyse der Residuen im Sektor Maschinenbau liegen im Wirtschaftszweig Büromaschinen/ADV die Residuen allerdings nur 1977 außerhalb der Toleranzgrenze. Dieses Ergebnis weist darauf hin, daß der Zusammenhang hier wesentlich stabiler ist. Diese Vermutung wird durch die Entwicklung der Koeffizienten, die wieder auf ihr Ausgangsniveau zurückkehren, unterstützt. Auch für den Sektor Büromaschinen/ADV wurde eine FIML-Schätzung für die Teilperioden von 1964 bis 1975 und 1976 bis 1984 durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen ebenfalls einen Rückgang der FuE-Elastizität an, die in beiden Teilperioden einen größeren Wert als im Sektor Maschinenbau annimmt. Damit bleibt auch hier die Schlußfolgerung, daß die konjunkturelle Entwicklung in der Mitte der siebzi&er Jahre zu einer Abnahme der Produktivität von FuE-Anstrengungen geführt haben. Im Sektor Elektrotechnik liefert der CUSUM-Test ein diffuseres Bild Die Koeffizientenverläufe lassen keine eindeutigen Sprünge erkennen. Dennoch zeigt die Residuenentwicklung, daß 1976n7 ein Strukturbruch auftritt. Zudem ergibt die FIML-Schätzung von 1964 bis 1976120

Für eine Schätzung über die zweite Teilperiode von 1977 bis 1984 reicht die Zahl der noch zur Verfügung stehenden Beobachtungen nicht aus.

120

94

eine höhere FuE-Elastizität als für den Gesamtzeitraum. Auch der KoeffIzient für die Kapazitätsauslastung ist größer. Damit kann wiederum in diesen beiden Größen die Quelle der Instabilität vermutet werden. In den übrigen, hier nicht gesondert diskutierten, Wirtschaftszweigen bietet sich im Grunde fast immer das gleiche Bild. Die Instabilitäten treten Mitte oder Ende der siebziger Jahre, also in etwa zeitgleich oder leicht verzögert mit den Ölpreisschocks, auf. Sie sind in der Regel durch einen Rückgang der FuE-Elastizität gekennzeichnet. In einigen Sektoren sinkt auch die Konjunkturreagibilität der Relation von Kapital- zu Arbeitseinsatz. Dies läßt darauf schließen, daß die rezessiven Entwicklungen in der Folge der Ölpreisschocks nicht in dem vorher üblichen Umfang zu einer Steigerung der Kapitalintensität geführt haben, da die Investitionen und damit die Kapitalbildung durch die Schocks ebenfalls drastisch zurückgegangen waren. Zudem legen die Ergebnisse im Gegensatz zu den Befunden von Griliches für die USA die Vermutung nahe, daß auch die Umsetzung von Erkenntnissen aus dem Forschungs- und Entwicklungsprozeß durch diese Entwicklung negativ beeinflußt wurde. Sie scheint während dieses Zeitraums nachzulassen. Zum Teil wird sie offenbar zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt, wie die Zunahme der entsprechenden Elastizitätswerte für die Jahre seit 1982 andeutet. Folglich ist die Wirksamkeit von FuE-Programmen offenbar in nicht zu vernachlässigendem Umfang durch die allgemeine Wirtschaftslage mitbestimmt. Die Stabilitätsanalyse der Produktivitätsgleichung führt in einer weitaus geringeren Zahl von Sektoren als bei der Analyse der Gleichung für die Kapital-Arbeits-Relation zur Diagnose eines Strukturbruchs. Lediglich in einigen Sektoren des verarbeitenden Gewerbe erweist sich der Schätzzusammenhang als instabil. Hier sind insbesondere die Sektoren Mineralölverarbeitung, für den ein Strukturbruch im Jahr 1975 diagnostiziert wird, die Druck- und Textilindustrie sowie das Ernährungsgewerbe, in denen zu Beginn der achtziger Jahre Strukturbrüche auftreten, zu nennen. In allen den genannten Fällen ist eine recht deutliche Abnahme der Elastizität der Produktivität im Hinblick auf die Kapital-Arbeits-Relation zu beobachten. Folglich ist während dieses Zeitraums die Ergiebigkeit der Produktions umwege in den genannten Sektoren stark zurückgegangen. Wie die Zeitpunkte der Strukturbrüche vermuten lassen, kann auch hier die Ursache der Instabilitäten in den Folgen der Ölpreisschocks gesehen

95

werden. 121 Im allgemeinen weisen die Analysen der beiden Schätzgleichungen hingegen auf eine große Stabilität der unterstellten Zusammenhänge hin, wenngleich, in Übereinstimmung mit unserer Ausgangshypothese, auch eine Tendenz zur Abnahme der Effektivität von Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen festzustellen ist.

3.7

Intersektorale DitTusion von FuE-Aufwendungen

3.7.1

Auswirkungen auf Produktions umwege

Um die Wirkungen von FuE-Aufwendungen auf die Produktions umwege in anderen Sektoren als jenen, in denen sie getätigt werden, zu beschreiben, sei nochmals an das etwas archaische Fischfangbeispiel von Böhm-Bawerk erinnert. Die Innovation besteht in diesem Beispiel in der Einführung von Netzen und Booten zum Zwecke des Fischfangs. Netze und Boote sind zuvor nicht existierende Kapitalgüter, die zur Verlängerung der Produktionsumwege im Sektor "Fischerei" beitragen. Die Wirkungen bleiben jedoch vernünftigerweise nicht auf diesen Sektor beschränkt. Die Güter "Netze" und "Boote" lassen sich auch in anderen Bereichen der Wirtschaft produktiv einsetzen. Die Netze können auch bei der Jagd nach bestimmten Landtieren hilfreich sein und Boote können selbstverständlich auch zur erwerbsmäßigen Personenbeförderung eingesetzt werden. Folglich verändern sich, falls sich die generelle Nützlichkeit von Kapitalgütern herausstellt und auch allgemein entdeckt wird, in anderen Sektoren die Produktionsverfahren. In unserem Beispiel wären dies die Sektoren Jagd und Personenverkehr. Ein moderneres Beispiel mag den Zusammenhang zu FuE-Aufwendungen verdeutlichen. Wenn z.B. im Sektor Maschinenbau Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen mit dem Ziel produktiverer Herstellungsverfahren erfolgreich getätigt werden, entstehen möglicherweise neue Produkte, die auch zur Verbesserung der Produktionsverfahren in anderen Wirtschaftszweigen beitragen können. Die KapitalArbeits-Relation steigt in diesem Beispiel dann nicht nur im Sektor Maschinenbau, in dem der Aufwand für Forschung und Entwicklung anfällt, sondern auch in all jenen Sektoren, die die

121 Diese Vennutungen werden durch andere Untersuchungen zur Produktivitätsentwicklung Mitte der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre erhärtet. Siehe Franz (1983) und Franz (1985).

96

für ein neues Produktionsverfahren benötigten Maschinen erwerben. Diese Erhöhung ist aber nicht zwangsläufig mit größeren Anstrengungen für Forschung und Entwicklung in den kaufenden Sektoren verbunden. Folglich läßt sich dort ein höherer relativer Kapitaleinsatz beobachten, ohne daß sich gleichzeitig der FuE-Einsatz erhöht hätte. Rationalisierungen im Verwaltungsbereich der Dienstleistungssektoren durch Computereinsatz wären ein Beispiel hierfür. Diese Überlegungen führen zu dem Schluß, daß Herstellung und Nachfrage von Investitionsgütern in nicht zu vernachlässigendem Umfang zu einer Verbreitung der durch FuE-Aufwendungen gewonnenen Kenntnisse über die Gesamtwirtschaft beitragen. Auch neu entwickelte Vorleistungsprodukte, z.B. neuartige Materialien, können zu einer Verlängerung der Produktionsumwege in nachfragenden Wictschaftszweigen beitragen. Unsere Ausgangshypothese über die Produktionsumwege verlängernde Wirkung von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bedarf daher einer Ergänzung:

FuE-Anstrengungen erhöhen nicht nur die Kapitalintensität im aufwendenden Sektor, sondern über LiefelUngen von Investitions- und Vorleistungsgütern auch die Kapital-Arbeits-Relation in jenen Bereichen, die diese Produkte nachfragen. Diese Hypothese beschreibt auch die Wirkung von sogenannten Schlüsseltechnologien, die in einem Sektor entstehen, und dann als Investitions- bzw. Vorleistungsprodukte ihre produktivitätssteigernde Wirkung in zahlreichen anderen Sektoren entfalten.

3.7.2

Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen nach Nachfragekomponenten

Die Messung der intersektoralen Effekte von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen wirft einige Probleme auf. Es stellt sich z.B. die Frage, auf welchem Wege die Aufwendungen eines Sektors auf die Kapital-Arbeits-Relation des anderen ausstrahlen. In der theoretischen Argumentation wurden die Käufe von Investitions- und Vorleistungsgütern genannt. Um dies empirisch testbar zu modellieren, ist die Messung jenes Forschungs- und Entwicldungsaufwands eines Sektors erforderlich, der für Lieferungen an die Investitionsgüter- bzw. Vorleistungsgüternachfrage anfällt. Im Rahmen einer neueren Untersuchung sind Konzepte zur Messung des FuE-Aufwandes

97

nach den Komponenten der Endnachfrage wie auch der Vorleistungen entwickelt worden. l22 Grundlage der Berechnungen bilden Input-Output-Matrizen, die Informationen über Lieferverflechtungen enthalten. Diese beziehen sich auf den Handel mit Investitions-, Vorleistungs- und Konsumgütern sowie auf die Lieferungen an den Export. Die Input-OutputMatrizen liegen allerdings nur für Stichjahre vor, so daß die folgenden Überlegungen derzeit lediglich für ausgewählte Jahrgänge in exakter Weise durchzuführen sind. Die Anwendung von Längsschnittanalysen ist in diesem Fall problematisch, da man zu weitreichenden Annahmen über die Konstanz der Lieferstruktur gezwungen ist. Es ist aber nicht realistisch, anzunehmen, daß z.B. die Verflechtungsstruktur von 1960 derjenigen von 1980 entspricht. Daher beschränkt sich die folgende Analyse auf drei ausgewählte Jahrgänge. Dies sind die Jahre 1978, 1980 und 1982. Für diese Jahrgänge ist nun jene Größe zu berechnen, die den "FuE-Gehalt" der Investitions-, bzw. der Vorleistungsgüterkäufe in den einzelnen Sektoren adäquat erfaßt. Bekannt sind sowohl die absoluten Werte als auch die Anteile an Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen, die aus jedem Sektor an die Komponenten der Endnachfrage so wie die Vorleistungen fließen. l23 In unserem Zusammenhang sind jedoch nur die Lieferungen an die Vorleistungen bzw. an die Investitionsgüternachfrage von Interesse. Nicht bekannt ist jedoch, wie hoch die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen sind, die die Firmen eines Sektors über ihre Nachfrage nach Investitionen- oder Vorleistungsgütern aus anderen Wirtschaftszweigen empfangen. Daher muß zur Berechnung einer halbwegs geeigneten Variable ein Umweg eingeschlagen werden. Dieser besteht darin, daß man für jeden einzelnen Sektor die potentiellen Bezüge von Innovationen berechnet. Dies geschieht, indem man alle FuE-Aufwendungen, die an die Investitions- bzw. Vorleistungsgüternachfrage fließen, mit Ausnahme jenes des betrachteten Sektors, aufsummiert. Diese Größe stellt dan die maximal möglichen Bezüge an FuELeistungen über Vorleistungs- bzw. Investitionsgüterkäufe für den analysierten Wirtschaftszweig dar. Die Variable enthält alle im Prinzip zur Verfügung stehenden Ressourcen an Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die nicht im betrachteten Sektor erbracht

122

Siehe WesseIs (1989).

123

Siehe WesseIs (1989).

98

werden. Aus diesem "Topf' fließt nun der Anteil, der für die Produktion im betrachteten Sektor benötigt wird. Da über diesen Anteil keine vertrauenswürdigen Informationen vorliegen, wird die Variable wie berechnet in die ökonometrische Schätzung integriert, so daß allein der geschätzte Koeffizient Anhaltspunkte liefert, in welchem Ausmaß in den einzelnen Sektoren von dem Angebot an FuE-Leistungen aus anderen Bereichen Gebrauch gemacht wird. Die hier gewählte Berechnungsform potentieller FuE-Transfers impliziert, daß Sektoren wie z.B. dem Maschinenbau, aus dem ein relativ hoher Anteil der Lieferungen an die Investitions-

güternachfrage stammt, ein vergleichsweise niedriger Betrag aus allen anderen Sektoren zur Verfügung steht. Dies resultiert aus ihrem hohen Anteil an den gesamten Lieferungen, der die verbleibenden zum Transfer zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend sinken läßt. Hingegen ist das Potential für FuE-Übertragungen an Sektoren, die selbst nur einen geringeren Anteil an den Lieferungen aufweisen, entsprechend höher. Dieses Vorgehen erlaubt eine Unterscheidung zwischen Bereichen, in denen die eigenen Forschungsanstrengungen einen relativ hohen Stellenwert haben, und solchen Wirtschaftszweigen, in denen statt dessen die Übernahme von Technologien eine größere Bedeutung hat.

3.7.3

Der Schätzansatz

Da die Aufteilung nach Nachfragekomponenten nur für das Jahr 1980 in exakter Form vorliegt, steht eine ökonometrische Analyse der eingangs des Kapitels aufgestellten Hypothese vor einem großen Problem. Wenn die Veränderungen der Kapital-Arbeits-Relation als Folge von Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen betrachtet werden soll, muß die Güterverflechtung im Grunde für jedes Jahr der gesamten Schätzperiode vorliegen. Dies ist aber nicht der Fall. Man behilft sich zuweilen mit der Interpolation zwischen den bekannten Verflechtungen von mindestens zwei Jahrgängen. Aber auch diese Vorgehensweise hat den entscheidenden Mangel, daß strukturelle Änderungen der Lieferverflechtung als Folge, zum Beispiel des technischen Wandels, vernachlässigt bleiben, obwohl diese in der Realität auftreten. Aus diesem Grund sei hier ein anderer Weg eingeschlagen. Die Unwägbarkeiten nicht bekannter Änderungen der Verflechtungsstruktur sind vermeidbar, wenn von vornherein auf eine Längsschnittanalyse verzichtet wird. Vielmehr dienen Querschnittsanalysen für Stichjahre, für die hinreichend Informationen vorliegen, der Überprüfung der in der Hypothese genannten 99

Zusammenhänge. Dieses Vorgehen bedingt allerdings, daß der Schätzansatz als Querschnittshypothese formuliert werden muß, was einige Änderungen gegenüber dem im vorigen Kapitel dargestellten Modell nach sich zieht. Die Analyse erstreckt sich über alle Unternehmen ohne Wohnungsvermietung und Energieversorgung. Da es sich hier aber, bedenkt man beispielsweise die Unterschiede zwischen Wirtschaftszweigen der Grundstoffindustrien und den Dienstleistungssektoren, um einen sehr heterogenen Bereich handelt, sind auch Schätzungen ausschließlich für das homogenere verarbeitende Gewerbe durchgeführt worden. Zwar braucht man im Fall der Querschnittsanalyse nicht die Annahme, daß der strukturelle Zusammenhang im Zeitablauf stabil sein muß. Stattdessen muß nun die Annahme gelten, daß es keine Strukturbrüche zwischen den Sektoren gibt. Dies ist angesichts deren Heterogenität selbstverständlich problematisch. Ein solches Vorgehen hat aber den Vorteil, daß die sektoralen Wirkungen von FuE-Transfers zumindest für einzelne Jahrgänge ermittelt werden können. Da die Informationen über die Verteilung des FuE-Aufwands für

da~

Jahr 1978 und für die

Verflechtungsstruktur für das Jahr 1980 vorliegen, sind Schätzungen für diese beiden Jahrgänge sowie als Test für das Jahr 1982 durchgeführt worden. Der Schätzansatz enthält auch in der Querschnittsanalyse selbstverständlich die Relaton von Kapital- zu Arbeitseinsatz des jeweiligen Sektors als endogene Variable. Dieser erklärt sich zum einen aus dem Kapitalstock der im gleichen Sektor geleisteten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. Diese Modellierung entspricht unserer Hypothese für den Längsschnittansatz. Ferner spielen nunmehr die potentiellen Forschungs- und Entwicklungsübertragungen durch die Investitionsgüternachfrage eine Rolle. Je höher demnach der Forschungsaufwand bei den Investitionsgüterproduzenten ist, desto stärker müßten sich auch die Produktionsumwege in jenen Sektoren erhöhen, die diese technisch höherwertigen Güter beziehen. Auch diese Größe geht, um verzögerte Wirkungen zu erfassen, als Kapitalstock in die Analyse ein. l24 Die gleichen Überlegungen gelten für die Vorleistungslieferungen. Höhere Aufwendungen bei den Lieferanten für Vorleistungsgüter müßten sich in längeren Produktionsumwegen bei den Käufern dieser Güter niederschlagen. Daher geht auch der Kapitalstock der potentiellen FuE-Bezüge über Vorleistungsgüterkauf als erklärende Variable in die Schätzung ein. Für heide Kapitalstockgrößen sind die theoretisch zu erwartenden Vorzeichen positiv. 124 Diese wird auf die gleiche Weise, d. h., auch mit der gleichen Abschreibungsrate, berechnet, wie der Kapitalstock der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen im vorigen Kapitel.

100

Im Verlauf der Untersuchung zeigte sich, daß die Technologievariablen zwar eine wichtige, aber keinesfalls die bedeutendste Ursache für unterschiedliche Kapital-Arbeits-Relationen in den einzelnen Sektoren sind. Als äußerst relevant für den Erklärungsgehalt der Schätzungen erwies sich die Überlegung, daß Sektoren, welche sich bereits durch eine holte Produktivität auszeichnen, eine Tendenz zu längeren Produktionsumwegen aufweisen. BI besteht IIOmit im intersektoralen Vergleich eine Interdependenz zwischen der Produktivitätsentwicklung und der Länge der Produktionsumwege. Längere Produktionsumwege erhöhen die Produktivität. Die erhöhte Produktivität steigert darüber hinaus den Anreiz, die Produktionsumwege Weiter zu verlängern. Als Motoren dieser Entwicklung kommen sowohl die Gewinn- alS lUCh die Lohnentwicklung in Frage. Die Firmen eines Sektors mit vergleichsweise hoher PtOOilktivität können ihre Preise senken und damit ihren Anteil an der gesamtwirtschaftlicben Produktion und, wenn sonst alles gleich bleibt, auch ihre Gewinne erhöhen. Die höheren Gewinne stehen damit als Ressourcen für weitere produktivität.~rhöhende Investitionen zur Verfügung und werden bei entsprechenden Absatzerwartungen auch hierfür eingesetzt. Ferner ist auch der Zusammenhang zwischen Produktivitäts- und Lohnentwicklung relativ eng, da die Produktivitätsänderungen von den Tarifparteien als Grundlage für die Aushandlung von Lohnänderungen verwendet werden. Mithin ist in jenen Sektoren, die sich durch hohe Produktivität auszeichn.en, in der Regel auch das Reallohnniveau relativ hoch. Folglich besteht für die Firmen in diesen Bereichen ebenfalls ein relativ starker Anreiz, den Einsatz des originären Produktionsfaktors Arbeit zugunsten längerer Produktionsumwege zu vermindern. Auf diese Weise tritt eine vergleichsweise starke Ersparnis an Lohnkosten ein. Damit besteht auch hier eine Tendenz zu einer erhöhten Kapital-Arbeits-Relation. Man beachte, daß der hier beschriebene Mechanismus nicht mit Substitution von Arbeit durch Kapital gleichzusetzen ist. Substitution in neoklassischen Produktionsmodellen impliziert einen relativ höheren Kapitaleinsatz je Outputeinheit. Weder ist hier die Produktionsmenge zwangsläufig unverändert, noch kann die Veränderung der Relation von Kapital- zu Arbeitseinsatz in beliebiger Richtung vonstatten gehen; sie muß, um zu einer höheren Produktivität zu führen, immer ansteigen. Diese Entwicklung ist auch durch erheblich niedrigere Reallöhne nicht reversibel. In diesem Fall würden sich bei gleichem Produktivitätsniveau die Gewinne erhöhen, die dann wiederum zu einer Verlängerung der Produktionsumwege eingesetzt würden. Der Anstieg der Kapital-Arbeits-Relation setzt sich dann fort.

101

Die Berücksichtigung von Gewinnen und Löhnen in der Schätzung erwies sich nicht als hilfreich; beide Größen zeigten für sich genommen einen geringeren Einfluß als die Produktivität, die auf beide Variablen einen entscheidenden Einfluß ausübt. Daher ist auch letztere anstelle der Löhne und Gewinne als erklärende Variable velWendet worden. Die gewählte Spezifikation beinhaltet somit einen Produktivitätszirkel, der dazu führt, daß Sektoren mit hoher Produktivität einen starken Anreiz haben, ihren Produktivitätsvorsprung weiter auszudehnen. Demnach müßten sich Produktivitätsunterschiede zwischen den Sektoren beständig erhöhen. Als eine weitere Variable ist der Anteil des jeweiligen Sektors an der gesamtwirtschaftlichen

Produktion in die Schätzung eingegangen. Damit soll die Hypothese überprüft werden, ob in einem "großen" Sektor die Relation von Kapital- zu Arbeitseinsatz höher ist als in "kleinen" Sektoren. Hinter dieser Modellierung steckt die Überlegung, daß in gesamtwirtschaftlich wichtigen Bereichen eher Kenntnisse über produktivere Herstellungsverfahren Verbreitung finden als in unbedeutenderen Bereichen. Dabei spielen Synergieeffekte und die Überschreitung von Schwellenwerten für die zur Verfügung stehenden Mittel zu Forschungs-und Entwicklungszwecken eine nicht unbedeutende Rolle. Nennenswerte Produktivitätseffekte durch Forschung und Entwicklung sind demnach erst ab einem bestimmten absoluten Niveau der Aufwendungen hierfür zu erwarten. Die Produktivitätsgleichung unterscheidet sich nicht von der in der Längsschnittanalyse velWendeten. Die intersektoralen Produktivitätsunterschiede erklären sich demnach aus unterschiedlichen Kapital-Arbeits-Relationen in den jeweiligen Sektoren sowie aus unterschiedlichen Wachstumsraten während dervergangenen vier Jahre. Die Schätzgleichungen weisen auch in der Querschnittsf;lnalyse eine log-lineare Form auf.

3.7.4

Die Schätzergebnisse

Um auch bei der, Querschnittsanalyse die Informationen aus beiden Schätzgleichungen zu nutzen, wurden Schätzungen mittels OLS und FIML durchgeführt. Die Heterogenität der Sektoren überforderte jedoch das Maximum-Likelihood-Verfahren. Nur in wenigen Fällen trat

102

eine Konvergenz der Likelihood-Funktion auf. l2S Dieser Befund läßt vermuten, daß erhebliche Sprünge in den jeweiligen Datensätzen für die einzelnen Sektoren zu verzeichBen sind. Aus diesem Grund muß sich die empirische Analyse an dieser Stelle auf die Schätzungen mittels OLS beschränken, das selbstverständlich kein optimales Verfahren zur Analyse rekursiver Modelle ist. Die Schätzergebnisse, die in folgenden Tabellen aufgeführt sind, weisen kaum !Unterschiede zwischen den verschiedenen Jahrgängen auf, so daß man sogar von einer relativen Robustheit der Schätzergebnisse im Zeitablauf ausgehen kann. Für die Schätzungen über alle Sektoren ist das BestimmtheitsmaB mit ca. 0,3 gerade noch akzeptabel, wenngleich man berücksichtigen muß, daß die Erklärungskraft von Querschnittsanalysen fast immer erheblich geringer ist als diejenige von Längsschnittsanalysen, die sich nur auf einen einzigen, homogenen Sektor beziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Bestimmtheitsmaße bei den Schätzungen für das verarbeitende Gewerbe sogar als gut zu bezeichnen, da sie ungefähr 50 vH der Varianz der Kapital-Arbeits-Relation zwischen den Sektoren erklären. Die eingangs aufgestellten Hypothesen über die Diffusion der FuE-Aufwendungen lassen sich aufgrund der Schätzergebnisse nicht uneingeschränkt aufrecht erhalten. Die Forschungsaufwendungen, die über die Lieferungen von Vorleistungsgütem in andere Sektoren fließen, weisen in der Schätzung nicht den theoretisch erwarteten Einfluß auf. Es konnte kein signifikanter Effekt im Hinblick auf eine Verlängerung der Produktionsumwege festgestellt werden. In einigen Schätzungen ist das Vorzeichen sogar negativ, wenn auch nicht signifikant. Die Schlußfolgerung aus diesem Ergebnis lautet, daß die Verbreitung von technischem Wandel über den Handel mit Vorleistungsprodukten nicht von großer Bedeutung sein kann. Ein höherer Forschungs- und Entwicklungsgehalt der Vorleistungsgüter hat keinesfalls eine Verlängerung der Produktionsumwege zur Folge und trägt infolgedessen nicht zu einer Steigerung der Produktivität bei. Da die Hauptlieferanten für Vorleistungsprodukte im Bereich der chemischen Industrie zu finden sind, bedeutet dies, daß u. a. neue Materialien aus diesen Sektoren zumindest in den untersuchten Jahrgängen keine meßbaren Produktivitätseffekte 125 Als Kriterium wurde eine geringere Erhöhung der Likelihood als 0,01 nach bis zu 500 Iterationen vorgegeben.

103

......

i

0,18 (2,0)

0,13 (1,3)

0,15 (1,7)

0,13 (1,2)

0,14 (1,6)

1978

1980

1980

1982

1982

K/L WY

2,07 (1,3).

1,88 (1,7)

2,28 (1,4)

2,02 (1,2)

2,73 (1,7)

2,48 (1,4)

RDSI

-1,19 (-0,5)

-1,12 (-0,5)

-0,71 (-0,3)

RDSV

KapltalintensltAt

-0,14 (-1,0)

-0,16 (-1,1)

-0,12 (-0,8)

ANTEIL

0,34 0,32

0,75 (3,6)

0,33

0,35

0,34

0,35

R2

0,78 (3,7)

0,76 (4,6)

0,80 (3,8)

0,79 (3,7)

0,82 (3,7)

PROD

- Alle Bereiche -

Querschnlttsanalyse (OLS)

FuE-KapitaJstock im gleichen Sektor FuE-KapitaJstock in anderen Sektoren; berechnet anhand der InvestitionsgOterverOechtung FuE-Kapitalstock in anderen Sektoren; berechnet anhand der VorleistungsverflechtuRg Anteil des Sektors an der gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktion Produktivitlt des Afbeitseinsatzes Kapital-Arbeits-Relation DurchschnittUches Wachstum der Bruttoproduktion für eine Periode von vier Jahren

0,17 (1,6)

1978

RDS RDSI RDSV ANTEIL PROD

RDS

Jahr

Tabelle 13

0,33 (3,8)

0,34 (3,9)

0,33 (3,8)

K/L

0,03 (1,6)

0,05 (1,9)

0,03 (1,1)

W,

ProduktlYltAt

0,33

0,33

0,28

R2

0 01

...

1,81 (1,5) 1,91 (1,6) (1,5)

1.77

1,86 (1,6) 1,43 (1,2)

0,09 (1,1)

0,0 (0,0)

0,03 (0,4)

-0,Ql (-0,1)

0,08 (1,0)

1978

1980

1980

1982

1982

-1,17 (-0,7)

-1,24 (-0,7)

-1,03 (-0,6)

RnSV

KapUaUnlen!iltßI

0,16 (1,2)

0,14 (1,1)

0,12 (0,9)

0.13 (1,0)

ANTlm.

0,55

0,55 0,51

0,72 (4,6) 0,71 (4,6) 0,74 (4,9)

K/L WY

RDS RDSI RDSV AN1EIL PROD

0,56

0,52

0,81 (5,1) 0,72 (4,6)

0,55

R2

0,76 (4,6)

I'ROD

- Vernrbeltendes Ge'Il'erbe -

QuerschniUllana'yse (01 .•.1,)

FuE-Kapilalstock im gleichen Sektor FuE-Kapitalstock in anderen Sektoren; berechnet anhand der InvcstitionlögOtervernechtung FuE-Kapicalstock in anderen Sektoren: berechnet anhand der Vorleistung!ivernechtung Anteil des Sektors an der gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktion ProduktlvitAt des Arbeitseins8tzcs Kapital-Arbeits-Relation Durchschnittliches Wachstum der Bruttoproduktion für etAe Periode von vier Jahren

, Zuslltzllch zu den genannten Variablen wurden auch noch konstante Terme berOcksichtigt_

2,20 (1,7)

0,03 (0,3)

1978

RDSI

RDS

Jahr

Tabelle 14

0,61 (5,2)

0,61 (5,1)

0.60 (5,1)

KJL

0,02 {1.0)

0,02 (0.8)

0,01 (n,3)

W,

Preclukthitlt

0,51

0,51

0,48

R2

induziert haben. Am aktuellen Rand mögen aufgrund neuester Entwicklungen Unterschiede zu den hier dargestellten Ergebnissen auftreten. Allerdings kam eine andere mit schlechter fundierten Daten durchgeführte Längsschnittanalyse, die bis 1984 reichte, zu einem ähnlichen Ergebnis. l26 Auch die Größe eines Sektors spielt für die Höhe der Kapitalintensität nur eine untergeordnete Rolle. In der Regel sind die geschätzten Koeffizienten nicht signifikant. Somit erfährt auch diese Hypothese eine Zurückweisung durch die Schätzung. Diese Resultate erfordern eine Änderung des Schätzansatzes. Aus der Schätzgleichung für die Kapital-Arbeits-Relation wurden alle problematischen Variablen entfernt. An der Produktivitätsgleichung sind hingegen keine Veränderungen durchgeführt worden. Es zeigt sich, daß die verbleibenden Variablen alle das gewünschte Vorzeichen aufweisen,

obwohl zum Teil Insignifikanzen zu verzeichnen sind. Die Bestimmtbeitsmaße liegen nur unwesentlich unter denen der früheren Schätzungen. Auch hieraus läßt sich auf die geringe Bedeutung der nunmehr weggelassenen Variablen schließen. Die in einem Sektor geleisteten FuE-Aufwendungen führen, das bestätigt nunmehr auch die Querschnittsanalyse, zu einem relativ höheren Kapitaleinsatz im gleichen Sektor. Allerdings sind die ermittelten Elastizitäten im Vergleich zur Längsschniuanalyse eher klein. Zudem sind sie in der Schätzung für das verarbeitende Gewerbe statistisch wesentlich schlechter abgesichert als in der Schätzung über alle Sektoren. Dieser Befund ist ein Hinweis, daß der Zusammenhang zwischen der absoluten Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in einem Sektor und der Höhe der Kapitalintensität insbesondere im verarbeitenden Gewerbe sehr schwach ist. Die Ursache läßt sich bereits aufgrund deskriptiver Beobachtungen erkennen. Betrachtet man einmal die Sektoren, die eine sehr hohe Kapitalintensität aufweisen (Mineralölverarbeitung und Steine/Erden), so gehören die Firmen in diesen Bereichen keinesfalls zu denen mit den höchsten Forschungsaufwendungen. Umgekehrt ist die KapitalArbeits-Relation in jenen Sektoren, die einen hohen Anteil der FuE-Aufwendungen leisten, nicht notwendigerweise überdurchschnittlich hoch, so z.B. in den Sektoren Maschinenbau,

126

106

Siehe Meyer-Krahmer (1989).

Elektrotechnik und Straßenfahrzeugbau. Eine Ausnahme bildet der Sektor Büromaschinen!ADV. Hier trifft man sowohl auf relativ hohe FuE-Aufwendungen als auch eine vergleichsweise hohe Kapital-Arbeits-Relation. Insgesamt ist aber der Einfluß der sektoreigenen Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen im Querschnitt aller Sektoren recht schwach ausgeprägt. Diese Ergebnisse ergänzen die Befunde der Längsschnittanalyse. Die Steigerung von Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen führt demnach für sich genommen sowohl

im Zeitablauf als auch - wenngleich wesentlich schwächer ausgeprägt - im Vergleich zu anderen Sektoren zu einer höheren Kapital-Arbeits-Relation . Bedeutsamer für die hier aufgeworfenen Fragen nach Diffusionswegen der Erkenntnisse aus dem Forschungs- und Entwicklungsprozeß ist der Effekt, den die Variable der potentiellen Bezüge auf die Investitionsgüternachfrage ausübt. Die Schätzungen zeigen einen durchweg positiven Einfluß an, der allerdings nicht immer gut gegen Null abgesichert ist. In der Tendenz gilt aber, daß ein hoher FuE-Aufwand der Investitionsgüterlieferanten den Kapitaleiosatz im Verhältnis zur Arbeit in aUen Sektoren steigert. Damit zeigt sich, daß der Kauf von Investitionsgütern einer der bedeutsamsten Diffusionskanäle für Erkenntnisse aus Forschungsund Entwicklungsprozessen ist. Es fällt auf, daß die geschätzten Elastizitätswerte alle in der Nähe von Zwei liegen. Der Einfluß von Forschung in den Investitionsgüterindustrien schlägt sich damit sogar überproportional bei den Käufern nieder. Die Forschung und Entwicklung in den Investitionsgüterindustrien trägt damit zu einem Auseinanderfallen der Kapital-ArbeitsRelation zwischen den Sektoren bei. Der Kauf von Investitionsgütern mit hohem FuE-Gehalt führt demnach zu einer Verlängerung der Produktionsumwege, ohne daß die Investitionsgüter kaufenden Wirtschaftszweige selbst hohe FuE-Aufwendungen aufbringen müßten. Dies kann sogar eine im Vergleich zu eigenen Forschungsaktivitäten überlegene Strategie zur Gewinnung von Informationen über produktivere Herstellungsverfahren sein,127 wenn der Aufbau eigener Forschungs- und Entwicklungskapazitäten teurer ist als der Kauf höherwertiger Investitionsgüter. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn auch Sektoren mit relativ niedrigen eigenen FuE-Aufwendungen aber einem hohen Anteil an Investitionsgüterkäufen eine hohe Kapital-Arbeits-Relation aufweisen. Ein extremes Beispiel hierfür ist wiederum der Sektor der mineralölverarbeitenden

127

Siehe hierzu auch die Anmerkungen von Nelson (1981). 107

Industrie, in dem die Produktion mit einer relativ hohen Kapitaleinsatz vonstatten geht, in dem aber relativ geringe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung geleistet werden. Als eine weitere wichtige Einflußgröße erweist sich das verzögerte Produktivitätsniveau in

diesen Schätzungen. Die ElastiZitäten nehmen Werte um 0,8 an. Damit.kann die Hypothese, daß Lohn- und Gewinnentwicklung entscheidende Anreize für die Verlängerung der Produktionsumwege bieten, nicht zurückgewiesen werden. Die Produktivitätsschätzung zeigt, daß der Einfluß der Kapital-Arbeits-Relation dominierend für die Erklärung der Produktivitätsunterschiede zwischen den einzelnen Sektoren ist. Es bestätigt sich somit die Schlußfolgerung aus der Längsschnittanalyse auch im Querschnitt. Es zeigt sich jedoch, daß das Ausmaß des Einflusses unterschiedlich ist, je nachdem, ob man alle Sektoren berücksichtigt oder sich auf das verarbeitende Gewerbe konzentriert. Im ersten Fall beträgt der entsprechende ElastiZitätswert ungefähr 0,3, im zweiten ist er mit 0,6 doppelt so groß. Folglich werden die Produktionsprozesse im verarbeitenden Gewerbe in wesentlich stärkerem Umfang durch die Länge der Produktionsumwege beeinflußt als es z.B. in den Dienstleistungsbereichen der Fall ist. Dies legt die Interpretation nahe, daß Erkenntnisgewinne im Hinblick auf den Produktionsprozeß dort weniger Ergebnis des Einsatzes neuer Kapitalgüter sind. In diesen Bereichen sind vielmehr die Lerneffekte aufgrund langanhaltender Wachstumsentwicklungen von größerer Bedeutung. Insgesamt betrachtet führt die Querschnittsanalyse nicht zu einer Zurückweisung unserer Hypothese, daß die Diffusion von FuE-Aufwendungen über den KaUf von höherwertigen Gütern zu einer Erhöhung der Kapital-Arbeits-Relation, und damit der durchschnittlichen Produktions umwege, beiträgt.

108

4

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Forschung und Entwicklung

4.1

Eine gesamtwirtschaftliche Sicht

Beschränkte sich die Untersuchung bisher auf die Folgen von FuE-Aktivitäten für den Produktionsprozeß in den einzelnen Sektoren, soll nunmehr der Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen und insbesondere auf die Nachfrageseite gerichtet werden. Dies geschieht zunächst anhand eines einfachen theoretischen Modells, das gleichwohl eine Reihe von Fragen, die sich in diesem Kontext stellen, zu beantworten vermag. Eine der in neueren empirischen Arbeiten am intensivsten untersuchten Fragen ist die nach den positiven oder negativen Beschäftigungseffekten einer abgelaufenen oder zu erwartenden strukturellen Veränderung, wie sie z.B. durch den FuE-Prozeß ausgelöst werden können. 128 Diese Arbeiten sind wichtig, weil auf diese Weise Erkenntnisse über die Dynamik des Strukturwandels gewonnen werden. Hierauf eine Antwort zu finden ist auch das Ziel diese.i Beitrages. Ein wesentlicher Gesichtspunkt dabei ist das von der ökonomischen Theorie insbesondere seit Beginn der siebziger Jahre aufgestellte Postulat der Konsistenz von mikro- und makroökonomischer Betrachtung. In der ökonomischen Theorie gibt es erstaunlich wenige befriedigende Versuche, Modelle zu entwickeln, die es erlauben würden, die Frage nach den Beschäftigungswirkungen von technischem Wandel unter Einbeziehung aller Märkte zu klären. 129 Dies ist deshalb wichtig, weil nur in einem solchen Kontext unerläßliche Anforderungen an eine vollständige Analyse des technischen Wandels zu erfüllen sind. Einmal ermöglicht erst die Berücksichtigung aller Märkte, positive Beschäftigungseffekte auf einem Markt oder in einer Firma hierdurch möglicherweise bedingten negativen Auswirkungen auf anderen Märkten bzw. in anderen Firmen entgegenzustellen. Mit anderen Worten: Erst durch ein solches Vorgehen kann die Summe aller Beschäftigungseffekte des technischen Wandels überhaupt ermittelt werden. Zum zweiten stellt die Konsistenz zwischen mikro-und makroökonomischer Ebene sicher, daß einzelwirtschaftliche und gesamtwirtschaftliche Budgetrestriktionen eingehalten

128

Siehe u.a. Meyer-Krahmer (1989) und Bayer (1985).

129 Eine Ausnahme ist Katsoulacos (1985). Die meisten Ansätze wie z. B. Bayer (1985) gehen jedoch nicht über eine pal1ielle Analyse hinaus.

109

werden. Dies gilt im übrigen unabhängig davon, ob diese monetärer oder güterwirtschaftlicher Natur sind. Schließlich läßt sich bei der Konsistenz von mikro- und makroökonomischer Ebene das

gesa~twirtschaftliche

Gleichgewicht auf die individuellen Präferenzen der Anbieter und

Nachfrager zurückführen. Die ökonomischen Gegebenheiten sind folglich aus einzelwirtschaftlich rationalem Handeln zu begründen. Die Überlegungen des folgenden Kapitels erfüllen die genannten Anforderungen, wenngleich der Modellcharakter eine vereinfachte und abstrakte Form bedingt, die selbstverständlich nicht alle Facetten der ökonomischen Folgen eines Innovationsschubs zur Geltung kommen läßt.

4.2

Ein Modell zur Analyse des Strukturwandels

4.2.1

Der Innovationsimpuls

In ihren wesentlichen Teilen beruht die hier beabsichtigte Analyse auf dem Ansatz von Weitzman 13O, der lediglich zum Zweck der Anwendung auf die Probleme des Strukturwandels modifiziert wurde. Dessen Modell besitzt die geforderte Konsistenz zwischen mikro- und makroökonomischer Ebene. Es enthält hingegen keine Analyse der konjunkturellen Schwankungen, die durch einen Innovationsschub ausgelöst werden können. Dienrgebnisse sind somit unabhängig von der jeweiligen konjunkturellen Lage zu interpretieren. Die logis..;he Struktur der Auswirkungen des technischen Wandels läßt sich vereinfachend am Beispiel zweier Sektoren j = 1,2 aufzeigen, in denen jeweils ein Gut

J hergestellt wird.

Die

beiden Produkte sind wechselseitig substituierbar. Die Sektoren gelten hier als die kleinste betrachtete Einheit. 131 Die mikroökonomische Fundierung der ökonomischen Verhaltensweisen geschieht folglich auf dieser Ebene. Die Zusammenhänge, die im Rahmen dieses Modells hergeleitet werden, sind daher als jene einer durchschnittlichen Firma im betreffenden Wirtschaftszweig zu interpretieren. Die Zahl der Firmen in den Sektoren muß allerdings hinreichend groß sein, damit sie gesamtwirtschaftliche Entwicklungen als von ihnen nicht beeinflußbar und damit als exogen auffassen. 132

130

Siehe Weitzman (1985). Auf die Analyse der Geldnachjrage wurdt' verzichtet.

131 Sie lassen sich somit auch als Branchen oder Firmen interpretieren. Diese Begriffe werden im folgenden synonym ve/Wendet. 132

110

Siehe hienu auch die Anmerkungen von Weitzmann (1985), S. 941.

Der Sektor eins ist hier der innovierende Sektor, in dem durch FuE-Aktivitäten eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität erreicht wird. Im Sektor zwei bleibt sie hingegen unverändert. Auf diese Weise läßt sich die Interaktion zwischen Innovatoren und Nicht-Innovatoren exemplarisch darstellen. Vereinfachend ist hier somit unterstellt, daß die typische Firma des Sektors 1 innovativ ist, während jene des Sektors 2 keine technischen Neuerungen anstrebt. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Sektoren besteht somit im Innovationsverhalten der ihnen zugehörigen Firmen. Unterstellt man eine prozentuale Veränderung des Kapitalstocks der FuE-Aufwendungen in Höhe von s, die z.B. durch neue Erkenntnisse für eine effizientere Gestaltung des Produktionsprozesses entstanden sein könnten, gilt: (4-1)

A RD1

- - - =$

RD1

RD bezeichnet den Kapitalstock der FuE-Aufwendungen und

den diskreten Differenzen-

operator. I33 Geht man zudem von dem im Kapitel 3 untersuchten log-linearem Zusammenhang zwischen Produktivität und FuE-Kapitalstock aus, erhält man für die Produktivität: Ant

A

~

- - =b's>Omitb< lwuJ-- =0 III ~

4.1.2

Die Nachfrage

Die Güter Yj , die in den beiden Sektoren hergestellt werden, seien nicht von dauerhafter Natur, und können folglich nicht gelagert werden. Auf die Analyse von Lagerhaltungsinvestitionen wird somit verzichtet. Da es hier nicht um eine Beurteilung von Politikvarianten geht, wird der Staatssektor nicht explizit behandelt. Im Mittelpunkt des Interesses steht vielmehr die Verwendung privater Ressourcen. Daher ist im folgenden der Staat nicht extra aufgeführt und damit implizit unterstellt, daß er sich nicht anders als die privaten Nachfrager verhält. Die Nachfrager weisen alle die gleichen Nutzenvorstellungen im Hinblick auf Güter und Geld

133 Also

giltAX:= X, - X,.l . 111

auf. l34 Ihre Nutzenvorstellungen seien durch folgenden funktionalen Zusammenhang beschrieben.

(4-3)

Diese CES Form impliziert eine konstante Substitutionselastizität zwischen den einzelnen Gütern mit dem Wert E. Um die Konkavität von (4-3) zu gewährleisten, muß E > 1 sein. Für die Isonutzenlinie bedeutet dies, daß, wenn Gut 1 im Güterbündel um 1 Prozent abnimmt, Gut 2 um mehr als 1 Prozent zunehmen muß, damit das Güterbündel den gleichen Nutzen für den Konsumenten aufweist. Die konkave Form der Nutzenfunktion führt somit zu einem relativ hohen Nutzenniveau für "gemischte" Güterbündel, in denen heide Güter in etwa gleichem Umfang enthalten sind. Das aggregierte Preisniveau in (4-3) ist entsprechend der Formel von Dixit und Stieglitz135 für die hier verwendete Nutzenfunktion wie folgt definiert: (4-4)

. _\12. (~~PJ.1-E)]~

P . -

J

Das Nutzenmaximierungsprogramm für den Haushalt i läßt sich damit so darstellen:

(4-5)

Max. U (>'I' Y2) s.t.I: PJ • YJ = B' J

für alle HilIlShaIU

i

Die finanzielle Budgetbegrenzung ist mit B bezeichnet. Die Lösung dieses MaximierungsI

ansatzes läßt sich unter Berücksichtigung der spezifISchen Gestalt der Nutzenfunktion in (4-3) für den Haushalt wie folgt darstellen: (4-6) 134 Die Substitution zwischen Gütern und Geld kann als Entscheidung zwischen sofortigem und zukünftigem Konsum interpretiert werden.

135

Siehe Dixit/Stieglitz (1977).

112

Durch (4-6) ist die Nachfrage des Einzelbaushaltes nach den einzelnen Gütern auf der Basis der Nutzenfunktion beschrieben. Diese Beziehungen stellen somit die mikroökonomiscbe Grundlage für die private Nachfrageseite dar. Die gcsamtwirtschaftliche reale Nachfrage ist dann

(4-7) Mit Rilfe der Budgetrestriktion aus (4-5) lassen sich nunmehr einige wichtige Beziehungen herleiten. Die gesamte nachgefragte Menge der Güter muß durch die Ressourcen an Geld B finanziert sein, wobei B die Summe der Finanzressourcen aller privaten Haushalte und des Staates ist. y~ = B

(4-8)

p

Setzt nan (4-8) in (4-6), erhält man den Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach dem Gut j lind der Gesamtnachfrage Y, aus dem sich dann sofort der Anteil der einzelnen Produkte an der Gesamtnachfrage ablesen läßt:

d

(4-9)

Yj

=

Yj [ j-E • Y - Y

1 Pj 2 P

d

:=

Ij

1 [ p.

="2 ;

j-E

Man gelangt somit zu dem für substitutive Güter üblichen Ergebnis, daß der Marktanteil der einzelnen Produkte durch ihren relativen Preis und die Präferenzen der Nachfrager bestimmt wird.

4.2.3

Die gesamtwirtschaftliche Budgetbeschränkung

Die gesamtwirtschaftliche Budgetbeschränkung läßt sich durch Summation über die Budgetrestriktion der Einzelhaushalte in (4-5) unter Berücksichtigung ihres Budgets gewinnen.

(4-10)

P .Y

=B

113

Das gesamtwirtschaftliche Budget definiert sich entsprechend der Quantitätsgleichung als das Produkt aus Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit. Man erhält also: (4-11)

py=M·V

Zur vollständigen Festlegung der makroökonomischen Rahmenbedingungen ist es erforderlich, Annahmen über die Geldpolitik zu treffen. Für die Analyse von Innovationsimpu1sen stellt sich somit die Frage, wie die Bundesbank auf sektorale Produktivitätsänderungen reagiert. Aus zwei Gründen wird im folgenden unterstellt, daß die Bundesbank in diesem Fall keine geldpolitische Kursänderung vornimmt. Einmal wäre ein solches Vorgehen durch ihr Hauptziel, Stabilisierung des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus, Preisstabilität und Stabilisierung der Wechselkurse nicht abgedeckt. Des weiteren würde eine klare Interpretation der Ergebnisse erschwert. Die Resultate weisen dann nämlich nicht nur auf die Konsequenzen z.B. eines Produktivitätsschocks hin, sondern enthalten auch die Auswirkungen z.B. einer akkommodierenden Geldpolitik. Auf diese Weise vermischen sich aber die originären Effekte des Strukturwandels mit jenen der geldpolitischen Vorgaben. Aus diesem Grund ist im folgenden die vollständige Inaktivität der geldpolitischen Instanzen unterstellt, d.h. die Geldmenge bleibt auch angesichts von Produktivitätsänderungen konstant. Auch für die Umlaufgeschwindigkeit wird angenommen, daß sie unverändert bleibt und somit z.B. eine im Vergleich zum Bestand höhere Geldnachfrage nicht durch entsprechende Geldschöpfungsaktivitäten des privaten Sektors befriedigt wird, durch den der verfügbare Bestand entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen angepaßt würde. Veränderungen der Umlaufgeschwindigkeit sind nämlich zu einem Teil Trendphänomene, die aus langfristig orientierten Veränderungen der Finanzinstitutionen resultieren, und zu einem anderen Teil konjunkturell bedingt. Beide Faktoren sind nicht Gegenstand dieser Analyse und werden folglich nicht zur Erklärung der Innovationsfolgen herangezogen. Durch Auflösung nach Y erhält man dann die reduzierte Form der gesamtwirtschaftlichen Nachfragefunktion in Abhängigkeit von der realen Geldmenge: (4-12)

114

M Y = y.p

Veränderurigen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage treten demzufolge in unserem Modellrahmen ausschließlich aufgrund von Änderungen des aggregierten Preisniveaus auf, denn falls eine geldpolitische Neutralität bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit besteht, also

.d V =AM = 0, muß wegen (4-11) gelten: (4-13)

4.2.4

Ay = -Ap -

Y

P

Das Angebot

Die Produktion in den einzelnen Sektoren sei durch eine lineare Produktionsfunktion in Abhängigkeit von dem Produktionsfaktor Arbeit bestimmt Unterstellt man weiter vereinfachend, daß keine von der Produktionsmenge unabhängige Arbeit zu leisten ist, erhält man: (4-14)

Yjp

.-

.-

nj . Lj

Geht man - keynesianisch .. davon aus, daß die Produktions menge der effektiven Nachfrage nach dem jeweiligen Produkt entspricht, also YPj = ydj, dann läßt sich aus (4-17) die Beschäftigung errechnen: (4-15)

tl

L = YJ 'j ll. J

Diese Beziehung gilt, sofern das potentielle Arbeitsangebot L· noch nicht ausgeschöpft ist, was aus Vereinfachungsgründen im folgenden angenommen sei. Ferner sei unterstellt, daß die Firmen im Sektor j einen für sie exogen gegebenen Geldlohnsatz wj zahlen. Das Modell beschreibt somit eine "Lohnökonomie" (wage economy), in der die Nominallöhne nicht marktendogen bestimmt werden. Zwischen den Lohnsätzen der heiden hier betrachteten Sektoren bestehe folgende Beziehung: (4-16)

115

Der Parameter h kann als ein Maß für die sektora1e LohndifIerenzierung gelten. Je näher sein Wert an Eins liegt, desto weniger divergieren die NominaUohnsätze zWischen den Sektoren. Falls h gleich Eins ist, gibt es keine Lohnunterschiede. Die mikroökonomische Gewinnmaximierung läßt sich nun unter Berücksichtigung von (4-15), (4-16) und (4-17) wie folgt beschreiben:

(4-17)

Dabei ist unterstellt, daß die Frrmen im einzelnen Sektor die aggregierte Nachfrage yd als exogen auffassen. Produktion, Beschäftigungsnachfrage und Preisbildung aus (4-17) stellen dann die mikroökonomische Angebotsseite unseres Modells dar. Während die Gewinnmaximierung für das Güterangebot und die Arbeitsnachfrage zu aus (414) und (4-15) sofort ablesbaten Ergebnissen führt, ist die gewinnmaximale Preisbildung komplexerer Natur. Im Gewinnmaximum muß gelten, daß der Grenzertrag einer zusätzlichen Produktionseinheit gleich ihren Grenzkosten ist. Der Grenzertrag bei einem Preis Pj läßt sich unter Berücksichtigung der Nachfragefunktion (4-9) herleiten:

(4-18) -1 p. - _ • ...l..y+p

E

=

YJ

p. (1 I

::: (E - 1)

E

116

J

.!) E . Pj

j

Die Grenzkosten ergeben sich bei der unterstellten Exogenität der Nominallöhne unmittelbar aus der Produktionsfunktion (4-16). (4-19) Damit folgt aus der Gleichheit von Grenzertrag und Grenzkosten für die Preisbildung: (4-20)

P • E-l =

wj

jEn

_

p

1

=

[E-I] w

j

jEn

1

Diese Preisbildungsregel entspricht einem Mark up Ansatz mit einem Zuschlagsatz, der durch die Präferenzen der Nachfrager gegeben ist. Sie läßt sich auch als gewinnmaximale Regel im Rahmen eines Nash Gleichgewichts interpretieren, da die Firmen in monopolistischer und nicht-kooperativer Konkurrenz stehen und die Reaktionen ihrer Wettbewerber bei der Preisbildung entsprechend berücksichtigen. l36

4.3

Die Auswirkungen höherer FuE-Auswirkungen

4.3.1

Die Preisänderungen

Der durch die zusätzlichen FuE-Aufwendungen bewirkte Produkti\1itätszuwachs im Sektor 1 führt, wenn sonst alles gleichbleibt, zu einer Preissenkung für die Produkte dieses Wirtschaftszweiges. Unter Berücksichtigung des Innovationsschubs aus (4-1) und (4-2) sowie der Preisbildungsregel (4-21) erhält man: (4-21) Der Wettbewerbsdruck zwingt die innovierenden Firmen, die Reduzierung der Grenzkosten

in Form niedrigerer Preise an die Kunden weiterzugeben. Ausgelöst wird dieser Prozeß zunächst, indem der Grenzerlös für jede zusätzliche Produkteinheit nach Realisierung des Produktivitätsfortschritts über den Grenzkosten liegt. Folglich können die Unternehmen ihren Gewinn durch zusätzlichen Absatz steigern. Dies ist nur durch niedrigere Preise zu erreichen. 136

Siehe Weitzman (1985). 117

Die Ausdehnung der Produktion ist daher mit sinkenden Grenzerläsen verbunden. Die Differenz zwischen den GrenzerlÖ5en und den Grenzkosten verringert sich somit im Laufe des Anpassungsprozesses. Sobald beide Größen wieder gleich sind, besteht kein Anreiz mehr für eine weitere Produktionserhöhung; ein neues Gleichgewicht mit niedrigeren Preisen und höheren Absatzmengen für den innovierenden Sektor ist entstanden. Die Auswirkungen bleiben nicht auf den innovierenden Sektor beschränkt, sondern berühren auch die gesamtwirtschaftlichen Größen. Unmittelbar einsichtig sind die Folgen für das aggregierte Preisniveau, das bei Änderung auch nur eines Preises nicht unverändert bleiben kann. Unter Berücksichtigung der Definition in (4-4), läßt sich folgender Effekt berechnen:

= _

[

PII-E

1• b • S

~~-E + p~-j

< 0

Die Gleichung (4-23) läßt sich weiter vereinfachen. Berücksichtigt man, daß entsprechend der Definition in (4-4) gelten muß: ( 4-23)

P

1 - 2

l-,E _

(p 1l-E

+

P l-E 2

)

r.

läßt sich (4-23) auch schreiben als: (4-24)

;

= -~ (:;

b •S

Nimmt man ferner an, daß zum Ausgangszeitpunkt folgende Relation zwischen den Produktivitätsniveaus beider Sektoren besteht: (4-25) und berücksichtigt man zudem die entsprechende Lohnrelation aus (4 -16), läßt sich (4-24) wie folgt umformen:

118

a • W1

(4-26)

Ap

p

1

=

2

n. (*:-E p;-j)t=i

l-E •b •s

1

+

.

E

mtt a:= - E-l -E ::;:

-

•b •S

-E = -

W[

a.1 + n 1

= -

[1

1

+

(:r]l~

(~rl· b

• b •S

. s :- -v • b . s

Entscheidend für das Ausmaß der aggregierten Preissenkung als Folge der Innovation ist somit neben dem Zuschlagsatz das Verhältnis von Lohnsatz zu Produktivitätsniveau d. i. der Produktlohnsatz. Insbesondere ist das Verhältnis des Produktlohnsatzes im innovierenden in bezug zum nicht innovierenden Sektor von Bedeutung. Diese Relation läßt sich an der Größe h/g ablesen. Ist der Produktlohn in beiden Bereichen vor der Innovation gleich, also h/g = I, sind die Preise bei einem gleich hohen Zuschlagsatz ebenfalls gleich, und damit auch die Marktanteile. In diesem Fall schlägt sich der Produktivitätszuwachs als Folge der Innovation mit dem Faktor Y2 auf das aggregierte Preisniveau nieder. Ist derProduktlohn im innovierenden Sektor vor der Innovation höher als im nicht innovierenden,' also h/g < I, liegt aufgrund der Substitutionselastizität von größer als Eins sein Marktanteil unter dem des zweiten Wirtschaftsbereichs. Entsprechend geringer ist auch der Einfluß auf das aggregierte Preisniveau. Daher besitzt dann auch eine Preissenkung, die als Folge der Innovation auftritt, ein geringeres Gewicht.

119

Insgesamt führen diese Überlegungen zu dem Ergebnis, daß die Zunahme des FuE-Aufwandes bei der unterstellten Konstanz der nominalen Geldmenge ein höheres Realeinkommen in der Gesamtwirtschaft zur Folge hat und damit auch zu einem Anstieg der Nachfrage führt.

4.3.2

Die Folgen für die sektorale Produktion und Beschäftigung

Aus den Berechnungen des vorigen Abschnitts lassen sich Aussagen über die Entwicklung der Marktanteile der einzelnen Sektoren in der Folge des Innovationsschubs gewinnen. Bildet man das totale Differential von Gleichung (4-9), in der die Beziehung von relativen Preisen zum Marktanteil aufgezeigt ist, erhält man:

=

E[I1P - APt] P

PI

Berücksichtigt man, daß die spiegelbildlich zu der Produktivität verlaufenden sektoralen Preisänderungen und die Änderungen des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus aus (4-26), gilt:

(4-28)

Ant

= E [(1-v)] -

nl

= E [(1-v)]· b • s > 0

dav< 1 jürh.g>o

Damit ist ersichtlich, daß der Anteil des innovierenden Sektors an der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage steigt. Ursächlich hierfür sind die durch die geringeren Kosten und den Wettbewerbsdruck hervorgerufenen absoluten und relativen Preissenkungen. Dieses Ergebnis führt auch zu der Schlußfolgerung, daß in diesem Modellrahmen Innovationen für ein dauerhaftes 120

U>erleben der Firmen une~läßlich sind, da der Marktanteil von Nicht-Innovatoren ständig abnimmt. Die Produktionsänderung im ersten Sektor ergibt sich nun unmittelbar aus der definitorischen Beziehung zum Marktanteil: (4-29)

l1Yl l1/1 l1y l111 l1p -=-+-=---

Y1

=

/1

Y

/1

E (I-v) • b .

= [E

(I-v)

+

P

+ v • b •S

S

v] . b '.

S

> 0

Da sowohl der Marktanteil als auch die gesamtwirtschaftliche Produktion zunehmen, muß auch die Produktion im innovierenden Sektor ansteigen. Weniger offensichtlich ist der Zusammenhang im zweiten Sektor, da hier die gegenläufigen Effekte eines abnehmenden Marktanteils und eines Anstiegs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage aufeinandertreffen. (4-30)

l1 / 1 l1 Y l1 / 1 l1 P ---+--=-----/1 Y /1 P = -

E (I-v) b

S

+ l' • b . S

= [v - E (I-v)] • b • S Das Ergebni:; in (4-31) ist genau dann gl'ößer als Null, wenn (4-31)

E

v - E (1 - v) > 0

l+E

[1 (~r +

[1

+

f> 1~

(;r

E

]


0

Da v < 1 ist, und eine Substitutionselastizität von größer als Eins unterstellt wurde, folgt aus (4-32), daß die Beschäftigung im innovativen Sektor zunimmt. Von entscheidender Bedeutung erweist sich dabei die Annahme über die Höhe der Substitutionselastizität, deren Einfluß auf die Modellergebnisse einer eingehenderen Erläuterung bedarf. Eine Substitutionselastizität von größer als Eins wie sie für die mikroökonomische Fundierung dieses Modells erforderlich ist, impliziert eine hohe Bereitschaft der Nachfrager, die beiden Produkte gegeneinander auszutauschen. Die Folge ist, daß die Nachfrage eine hohe Preiselastizität aufweist und die Anbieter nur über eine geringe Monopolmacht verfügen..

122

Letzteres hat zur Konsequenz, daß der Zuschlag auf die Lohnstückkosten, den die Firmen erheben, relativ gering ausfällt, da Unternehmen nur so ihre Konkurrenzfähigkeit erhalten können. Der Zuschlag fäUt umso geringer aus, je höher die Substitutionselastizität ist. Die Substituionselastizität übernimmt folglich die Funktion eines Scharniers bei der Übertragung der Produktivitäts fortschritte auf das Märktesystem. Die Veränderungen der Preise, des Absatzes und der Beschäftigung als Folge eines Innovationsschubes hängen entscheidend von der Flexibilität "b, mit der die Nachfrager auf die Impulse reagieren. Dies wird deutlich, wenn man in Abweichung von der hier gewählten Vorgehensweise annimmt, daß anstelle der kombinierten CES Funktion in (4-3) die Nutzenfunktion eine reine Cobb-Douglas Form aufweist, in der eine Substitutionselastizität von genau Eins unterstellt wird. 137 Aus (4-31) und (4-32) läßt sich unschwer ablesen, daß die Beschäftigung dann in beiden Sektoren unverändert bleibt. Im ersten Sektor ist der Absatzzuwachs gerade ausreichend, um den Beschäftigungsverlus:, der durch die höhere Produktivität entsteht, auszugleichen. Im zweiten reicht der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage gerade aus, um den Verlust durch die Nachfrageverschiebung zum ersten Sektor hin zu kompensieren. Bei einer Substitutionselastizität von kleiner als Eins, erhält man sogar Ergebnisse, die zu denen der bisherigen Analyse im Widerspruch stehen. Dies wird deutlich, wenn man in (4-31) und (4-32) E gleich Null setzt. l38 Man unterstellt in diesem Fall, daß es keine Substitution zwischen den Gütern gibt bzw. keine gewünscht wird. Die Nutzenvorstellungen der Nachfrager lassen sich unter diesen Voraussetzungen mittels einer Art Leontief-Funktion beschreiben. In diesem Umfeld nimmt die Beschäftigung im innovierenden Sektor ab und im nicht-innovierenden zu. Die Preissenkuogen führen nicht zu einer Steigerung des Marktanteils der entsprechenden Produkte. Damit wirken sich die höheren Realeinkommen für beide Sektoren in gleicher Weise auf die Nachfrage aus. Dies führt bei innovierenden Firmen aufgrund der

Dieses Vorgehen macht eigentlich eine erneute mikroökonomische Herleitung der Angebotsund Nachfragefunktionen erforderlich, da es sich hier nicht um einen Spezialfall der bisherigen Analyse handelt. Eine Herleitung findet sich in FlassbecklHorn (1991), so daß an dieser Stelle hierauf verzichtet wird. 137

138 Aufdie Schwierigkeiten einer mikroökonomischen Fundiemng dieser Zusammenhänge soll hier nicht eingegangen werden.

123

nunmehr höheren Produktivität zu einer verringerten Bescbäftigungsnachfrage und in den Bereichen, in denen das Produktivitätsniveau konstant bleibt, steigt die Zahl der Arbeitsplätze als Folge der höheren gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dann sogar an. Diese sektoralen Zusammenhänge determinieren auch die Auswirkungen eines Innovationsschubes auf die gesamtwiruchaftliche Beschäftigung.

4.J.J

Die Folgen für die gesamtwirtschaftliche Beschlftigung

Die Veränderung gesamtwiruchaftlicher Beschäftigung ergibt sich aus dem definitorischen Beziehungen von Nachfrage, Produktion und Produktivität: (4-33)

ÄL

ÄY

T::O: y

Ä n - TI

Während die Veränderung der Produktion aufgrund der Budgetbeschränkung allein durch die Preisänderungen determiniert ist, erfordert die Ermittlung der Produktivitätsänderungen weitere Berechnungen. Durch Aggregation des sektoralen Preisniveaus erhält man: (4-34)

a.w

p= __ Il

a·w -n=p

Berücksichtigt man, daß die Substitutionselastizität und damit der Zuschlagsatz konstant bleibt, gilt: (4-35)

Äll_ÄW -'---II w

ÄP

P

Setzt man (4-35) in (4-33) ein, ergibt sich: ÄW

(4-36)

w

Äll

Äll

Il

Il

Aw

+-----=--w

Folglich lautet die Bedingung für eine unveränderte oder positive gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsentwicklung: (4-37)

w 124

Entscheidend ist somit, ob sich das gesamtwirtschaftliche Lohnniveau als Folge der Innovationen ändert. Diese Bedingung mag auf den ersten Blick überraschen, widerspricht sie doch einer weitverbreiteten Vermutung, daß das Produktivitätsniveau im innovierenden Sektor entscheidend für den gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungseffekt ist. Diese Wahmehmungwird durch die Überlegung begründet, daß ein Anstieg der Produktivität in einem Sektor mit bereits hoher Produktivität weniger Arbeitsplätze gefährdet als eine Innovation in einem arbeitsintensiven Bereich. Daß dem nicht so ist und daß eine derartige Überlegung wesentliche Interaktionen in der Gesamtwirtschaft vernachlässigt, verdeutlichen (4-35) und (4-36). Die Annahme einer für die Gesamtwirtschaft unveränderten nominalen Geldmenge impliziert, daß Steigerungen des Aktivitätsniveaus ausschließlich durch Preissteigerungen möglich sind. Diese gesamtwirtschaftlichen Preisänderungen sind ihrerseits letztendlich das Resultat aus Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und der Löhne. Damit ist aber klar, daß sich auf der aggregierten Ebene der beschäftigungsmindernde Anstieg der Produktivität und der Teil der beschäftigungsfördernden Preissenkungen, der durch eben diesen Produktivitätsanstieg hervorgerufen wird, ausgleichen. Die Produktivitätsveränderungen haben mithin keinen unmittelbaren Einfluß mehr auf das Beschäftigungsniveau. Veränderungen der Beschäftigung sind damit allein Folge der aggregierten Lohnänderungen. Ein Anstieg der Beschäftigung ist folglich nur dann möglich, wenn die gesamtwirtschaftlichen Geldlohnsätze sinken. Erst dann ergeben sich gesamtwirtschaftliche Preissenkungen, die über den Produktivitätsanstieg hinausgehen. Erst dann entsteht auch über die entsprechend höheren Realeinkommen ein Nachfrageschub, der die Beschäftigungseinbußen, die durch die Produktivitätszuwächse verursacht werden, mehr als ausgleicht. Dies ist aber nur auf einen mittelbaren, über die Löhne wirkenden, Einfluß des Produktivitätsimpulses zurückzuführen. Da die sektoralen Geldlohnsätze qua Annahme konstant sind, können Veränderungen des Lohnaggregats lediglich als Folge der veränderten Beschäftigungsanteile auftreten. Sie basieren somit ausschließlich auf Strukturveränderungen, die durch die Verlagerung der Nachfrage hervorgerufen werden. Geht man von der Definition des gesamtwirtschaftlichen Lohnniveaus aus:

125

(4-38)

LI

.- T

W .-

=

•W

1

n

YI Y • nI.

+

L2

T· W 2

WI +

I

nj

YI· 1 - Y nI

• W2

läßt sich das totale Differential von dieser Größe wie folgt bilden: (4-39)

Die Gleichung (4-39) zeigt, daß die Differenz der Produktlöhne zwischen Sektoren eine entscheidende Rolle für die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung spielt Dies erklärt sich mit ihrer Bedeutung für die Preisentwicldung. Die Firmen bilden ihre Preise - sieht man einmal vom hier konstanten Zuschlagsatz ab - auf der Basis der Lohnstückkosten. Diese ergeben sich aus den Produktlohnsätzen und nicht aUeine aus den NominaUohnsätzen. Die Differenz der Produktlöhne in (4-39) bildet somit den Einfluß ab, den die Verlagerung der Nachfrage zwischen Sektoren unterschiedlicher sektoraler Produktlohnsätze auf das aggregierte Lohnniveau ausübt Berücksichtigt man die Produktlohnsätze und die Zusammenhänge aus (4-16), (4-25) sowie (435), erhält man nunmehr mittels einiger einfacher Umformungen von (4-39) die Bedingung für eine positive Beschäftigungsentwicklung:

126

(4-40)

l:t.L~O L

Dabei ist (1-h/g) die Differenz zwischen den sektoral,en Produktlohnsätzen. Mittels weiterer Umformungen läßt sich (4-40) weiter vereinfachen: (4-41)

Setzt man für das aggregierte Preisniveau und die aus der mikroökonomischen Analyse gewonnenen Ergebnisse aus (4-26) und (4-27) ein, erhält man: (4-42)

[1 _

~] [CE g

1)

v + v] ~

l:t. II} II t

Die Ungleichung (4-42) ist nun die zentrale Bedingung für die Beantwortung der wesentlichen Frage dieses Kapitels nach den gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungseffekten eines Innovationsschubes. Aus ihr lassen sich die für diese Analyse relevanten Schlußfolgerungen ziehen. Aus (4-42) ist unmittelbar ersichtlich, daß ein positiver Beschäftigungseffekt dann auftritt, wenn h/g> 1 ist. Wenn somit der Produktlohn im innovierenden Sektor niedriger ist als im nicht innovierenden, steigt die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung. Diese hinreichende Bedingung läßt sich leicht erklären. Die Preissenkungen, die als Folge des Produktivitätszuwachses auftreten, führen unter den genannten Voraussetzungen zu einem Anstieg der Nachfrage und damit der Beschäftigung in einem Sektor mit einem relativ niedrigem Lohnsatz. Dies läßt das aggregierte Lohnniveau sinken und hat folglich eine über den Produktivitätsimpuls hinausgehende Zunahme

de.~

Realeinkommens zur Folge: Die Beschäftigung nimmt zu.

127

Um auch eine notwendige und hinreichende Bedingung für eine Zunahme der Beschäftigung zu erhalten, seien einige Umformungen von (4-42) unter der Voraussetzung, daß h/g < 1 ist, und unter Berücksichtigung der Definition von v durchgeführt.. (4-43)

Aus (4-43) läßt sich ablesen, daß der Produktlohnsatz des innovierenden Sektors im Ausgangszeitpunkt begrenzt über dem des nicht innovierenden Sektors liegen darf. Damit keine gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerungen auftreten, muß die Differenz kleiner sein a1s die Abnahme des Produktlohnsatzes, die durch die Zunahme der Produktivität in diesem Sektor entsteht. Dann ist der Produktlohn im ersten Sektor nach Auftreten des Innovationsschubes niedriger als in det nicht-innova,tiven Branche, und die Zunahme seines Anteils an der Beschäftigung, der durch die Verlagerung der Nachfrage entsteht, wirkt nicht in Richtung eines höheren aggregierten Lohnniveaus. Es bleibt somit Raum für einen zusätzlichen Impuls in Richtung eines niedrigeren gesamtwirtschaftUchen Preisniveau und damit auch für eine höhere Nachfrage und Beschäftigung.

128

5

Eine Simulationsstudie über die Wirkungen höherer FuE-Aufwendungen

5.1

Ein ökonometrisches Modell als Grundlage

5.1.1

Möglichkeiten und Grenzen

Eine Simulationsstudie zu den Beschäftigungswirkungen von Forschungs-und Entwicklungsaktivitäten, wie sie im Mittelpunkt dieses Kapitels steht, dient zum einen der Quantifizierung der durch einen Innovationsschub ausgelösten Effekte. Des weiteren soll anband eines disaggregierten Modells die Verarbeitung eines Innovationsimpulses im komplexen Geflecht der sektoralen Beziehungen aufgezeigt werden. Von besonderem Interesse sind seine Verbreitung über die Sektoren und ihr Verlauf. Mit diesem Vorgehen lassen sich Antworten auf Fragen nach der Diffusion von neuem technischem Wissen im Märktesystem sowie nach sektorspezifischen Folgen für die Beschäftigungsentwicklung finden. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, weil die theoretische Analyse zeigte, daß die Richtung der sektoralen Beschäftigungsentwicklung sowohl von den Präferenzen der Nachfrager für das entsprechende Gut als auch von den sektorspezifischen Zuschlagsätzen der Firmen abhängig ist und daher aus der theoretischen Sicht nicht von vorneherein eindeutig feststeht. Der wesentliche Grund hierfür ist, daß ein theoretisches Modell, das auf vereinfachte Beziehungen beschränkt sein muß, kein vollständiges Bild liefern kann. Wesentliche in der Realität anzutreffende Zusammenhänge bleiben, schon aufgrund der geringen Zahl der betrachteten Sektoren, unberücksichtigt. Folglich muß eine Klärung zahlreicher Fragen offen und damit einer empirischen Analyse vorbehalten bleiben. Deshalb sollte das hier verwendete disaggregierte Simulationsmodell nicht als eine umfassende empirische Beschreibung der Folgen von Innovationsaktivitäten angesehen werden, da die Modellstruktur doch relativ "grob" ist. Insbesondere fehlt die Aufspaltung der Nachfrage in einzelne Komponenten. So kennt das Modell keine Unterscheidung z.B. zwischen Inlandsabsatz und Exporten. Damit bleiben aber außenwirtschaftliehe Einflüsse, die sich z.B. über Veränderung der Wechselkurse im wirtschaftlichen Geschehen bemerkbar machen, unberücksichtigt. Folglich sind Aussagen über Veränderungen der WeUbewerbsfähigkeit auf Weltmärkten, als Folge von Innovationen anband des vorliegenden Ansatzes, nicht möglich. Ferner wird der Arbeitseinsatz im Modell als eine homogene Größe behandelt und nicht nach Qualifikation unterschieden. Qualifikationsspezifische Beschäftigungsentwicklungen finden

129

demnach gleichfalls keine Berücksichtigung. Diese Beschränkungen sind im Hinblick auf eine vollständige empirische Analyse sicherlich gravierend; allerdings nicht im gleichen Maße für eine Simulationsstudie, die nur die wesentlichen Zusammenhänge zeigen will Schließlich kommen die Impulse von Innovationen auf sektorale Produktivität, Preise, Löhne, Absatz und Beschäftigung im Rahmen des Modells in vollem Umfang zum Tragen. Auch können nicht alle Typen von Innovationen mittels einer solchen Analyse erfaßt werden. So sind Produktinnovationen, die nicht mit Veränderungen der Technologie einhergehen, bei der gewählten Vorgehensweise nicht berücksichtigt. Primär gelten die folgenden Überlegungen somit für Prozeßinnovationen. 139 Das im folgenden velWendete Simulationsmodell erfaßt wie die partielle Analyse der FuEWirkungen in Kapitel 3 alle Sektoren einschließlich des Staates und privaten Haushalte. Die Koeffizienten der Verhaltensgleichungen sind mittels ökonometrischer Verfahren geschätzt und mittels der üblichen Teststatistiken abgesichert. Die. Simulationsperiode umfaßt 10 Jahre. Ausgangsbasis ist die Entwicklung von 1975 bis 1984 wie sie durch die ökonometrischen Schätzungen erfaßt wird. Die sogenannte "baseline" dient als Referenzpfad für die Impulse, die von höheren FuE-Aufwendungen ausgehen. l40 Die Simulation basiert auf der Vorgabe eines "Schocks" im Vergleich zum Referenzpfad höherer FuE-Aktivitäten. Die Abweichungen der modellendogenen Variablen zeigen dann Richtung und Ausmaß der Effekte eines Innovationsschubs auf. Diese Abweichungen sind ausschließlich das Ergebnis des anfänglichen Schocks unter der Voraussetzung, daß das Verhalten der Marktteilnehmer im Vergleich zum Ausgangszustand unverändert bleibt. 141 Selbstverständlich ist die Vorgabe eines isoliert auftretenden Innovationsimpulses rein hypothetischer Natur. In der Realität dürften die zusätzlichen FuE-Anstrengungen nur im

139 Die Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozeßinnovationen ist zudem allenfalls auf Firmenebene trennscharf. So können z. B. Investitionsgüter sowohl als Prozeßinnovationen, wenn sie im Herstellerbetrieb eingesetzt werden als auch Produktinnovationen gelten, wenn sie an andere Firmen veräußert werden. 140 Schätz/ehler des Modells gehen somit bereits in die baseline ein, und 'Jeeinftussen folglich die Beurteilung der Effekte höherer FuE-Aufwendungen nicht. 141

Auch diese Voraussetzung wird kritisiert. Siehe hierzu die bekannte Kritik von Lucas (1976).

130

Kontext mit anderen Einflüssen zu beobachten sein. Bedenkt man jedoch, daß es hier lediglich um die isolierte Darstellung der Wirkungen eines Innovationsschocks geht, erscheint diese abstrahierende Vorgehensweise gerechtfertigt. Eine derartige Analyse darf allerdings nicht als vollständiges Abbild der Wirklichkeit oder gar als Prognose verstanden werden. Sie ist lediglich ein Gedankenexperiment auf der Basis empirisch zu beobachtender Zusammenhänge.

5.1.2

Die Grundstruktur

Die Grundstruktur des disaggregierten Simulationsmodells ist in nachstehender Übersicht dargestellt. Die einzelnen Modellteile und die Beziehungen zwischen ihnen werden in den folgenden Abschnitten erläutert. Die Verhaltensweisen sind in möglichst enger Anlehnung an den theoretischen Ansatz des vorigen Kapitels modelliert. Ein wichtiges Merkmal besteht folglich in der Einbettung der strukturellen Effekte, wie sie z.B. in Änderungen der sektoralen Beschäftigungsstruktur zum Ausdruck kommen können, in einen konsistenten makroökonomischen Rahmen. Nur auf diese Weise läßt sich der häufig anzutreffende Fehler vermeiden, positive Beschäftigungseffekte in einem Sektor der Volkswirtschaft, die als Folge z.B. eines Innovationsschubs entstehen, als Gesamtergebnis zu interpretieren und dabei zu übersehen, daß möglicherweise negative Effekte als Konsequenz eben dieses Impulses in anderen Sektoren auftreten. Erst durch die umfassende Berücksichtigung der Auswirkungen in allen Sektoren erhält man ein zutreffendes Bild von Beschäftigungswirkungen. Aus diesem Grund enthält das Modell Restriktionen, die die makroökonomische Konsistenz gewährleisten. Insbesondere ist, wie im theoretischen Modell des vorigen Kapitels, die nominale Endnachfrage exogen vorgegeben. Dies kann als gesamtwirtschaftliche monetäre Budgetbeschränkung interpretiert werden, innerhalb der sich die strukturellen Änderungen vollziehen. Auf diese Weise entsteht ein für die weitere Analyse wesentlicher Zusammenhang zwischen der gesamtwirschaftlichen und der sektoraten Ebene. So müssen z.B. Veränderungen der Ausgaben für die Produkte eines Sektors bei gleichbleibendem gesamtwirschaftlichen Budget in der Summe zu ausgleichenden Veränderungen der Ausgaben für das Angebot zumindest in einem der übrigen Wirtschaftszweige führen. Über die gesamtwirtschaftlichen Restriktionen ergeben sich somit Wechselwirkungen zwischen den Sektoren.

131

Übersicht Dissaggregiertes Simulationsmod-ell

Sektorale Kapitalintensität

Sektorale Vorleistungsproduktivität

Sektorale Produktivität

, I

,I

Sektorale Beschöfti gung

Sektorale Vorleistungen

+I Sektorale Preise

Gesam twirtschaf tliehe Pro du ktivitöt

,

... . . ,ilr

j

I

Sektorales Lohnniveau

~

Gesamtwirt-

r- schaftliches- ~

Preisniveau

t Arbeitslosigkeit

I

t

.~

Sektorale Nachfrage

·11

Vor leistungspreise . ( sektoral)

JiI'

" ~

t-

Gesamtwirtschaftl iche Nachfrage DIW 90

132

Höhere FuE-Aufwendungen führen zu Veränderungen der sektoralen Angebots- und Nachfrageseite sowie der Preisstruktur. Bei der Unterscheidung von angebots- und nachfrageorientierten Wirkungen ist zu berücksichtigen, daß, selbst wenn zunächst nur das Angebotsverhalten von Unternehmen tangiert wird, schließlich auch die Nachfrager aufgrund der Preiswirkungen eines veränderten Anbieterverhaltens reagieren. Letztendlich sind somit die Wirkungsketten nicht vollständig nach Marktseiten zu trennen: Innovationen betreffen immer das gesamte Marktgeschehen. Diesen Interdependenzen trägt das Modell Rechnung, in dem die Verbindungen sowohl zwischen beiden Marktseiten als auch 2Wischen den einzelnen Sektoren weitgehend berücksichtigt werden.

5.1.3

Das Angebot

Das sektorale Angebotsverhalten ergibt sich in seinem Kern aus den Verhaltensgleichungen ..

zur Bestimmung der sektoralen Kapitalintensität und Produktivität. Die entsprechenden Untersuchungen aus Kapitel 3 sind im Simulationsmodell berücksichtigt. Folglich gelten die Zusammenhänge, die durch die Gleichungen (3-2) rÜr die Kapitalintensität und (3-3) für die Produktivität in Kapitel 3 beschrieben werden. Man erhält als Gleichung für das Verhältnis von Kapital zu Arbeitseinsatz:

Die sektorale Arbeitsproduktivität ergibt sich aus (5-2) log (PROPP) = bD

+

b l log (PROPPt _ l ) + b2 log «K/L») + b, WY,

Die Koeffizienten in (5-1) und (5-2) entstammen den ökonometrischen Schätzungen der Gleichungen (3-2) und (3-3). In Anlehnung an das theoretische Modell aus Kapitel 4 wird im folgenden eine lineare Technologie im Hinblick auf den Arbeitseinsatz unterstellt. Daher ergibt sich die Beschäftigungsnachfrage definitol-isch aus (5-2): (5-3)

log Lj := log Yj - log TIj 133

Aus dem Gleichungssystem (5-1) bis (5-3) lassen sich Beziehungen herleiten, die für die Analyse der intersektoralen Folgen eines Innovationsschubs wesentlich sind. Einmal ergibt sich aus (5-3) durch Aggregation das gesamtwiru;chaftliche Beschäftigungsniveau, dessen Reaktion auf einen Innovationsschub von besonderem Interesse im Rahmen dieser Untersuchung ist. (5-4)

Mit Hilfe von (5-3) und' (5-4) lassen sich dann auch die sektoralen Beschäftigungsanteile ermitteln. (5-5)

log (LS) = log Lj

-

log L

Aus (5-5) kann man die Veränderungen der Beschäftigungsstruktur in der Folge eines Innovationsschubs ablesen. Ferner läßt sich mittels der Beschäftigungsanteile, die als Gewichte für die sektoralen Produktivitätsgrößen dienen, das gesamtwirtschaftliche Produktivitätsniveau errechnen: (5-6)

7t

:=

ELS j

j



llj

Bei der ProduktivitätsgröBe in (5-6) handelt es sich um die Beschäftigtenproduktivität. die für die gesamtwirtschaftliche Preis- und Beschäftigungsentwicklung von Bedeutung ist. Gewerkschaften und Unternehmen richten sich bei der Aushandlung des Lohnniveaus allerdings nach der Entwicklung der Stundenproduktivität. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Arbeitszeit WAj für den Sektor j läßt sich diese für jeden Sektor und die Gesamtwirtschaft aus folgender Definition ermitteln: (5-7)

134

log 1t~ := log llj - log ~

5.1.4

Die Lohnbildung

Der Ansatz zur Bestimmung der LohnentwicklungI42 ,.tr.ägt den quasi zentralisierten Lohnverhandlungen in der Bundesrepublik Rechnung. 143 Dies kommt vor allem in der Vorreiterrolle der Metallindustrie für die Lohnabschlüsse in allen übrigen Bereichen zum Ausdruck. Die ökonometrische Analyse zeigte denn auch, daß die Lohnentwicklung in den Sektoren Maschinenbau und Straßenfahrzeugbau, in denen die Gewerkschaft IG Metall die Arbeitnehmerseite vertritt, sehr stark auf die in den übrigen Sektoren ausstrahlt. Daher bietet sich ein zweistufiges Verfahren zur empirischen Analyse an. In einem ersten Schritt wird die Lohnentwicklung im "lohnführenden" Sektor analysiert. Die Auswahl hierfür fiel auf den Bereich Maschinenbau, da die Löhne in diesem Sektor die in den übrigen vergleichsweise stark beeinflussen. Der ökonometrischen Analyse in diesem Wirtschaftszweig liegt ein Ansatz zugrunde, der auf übliche makroökonomische Erklärungsgrößen zurückgreift. l44 Demnach sind vor allem die Inflationserwartungen und das Produktivitätswachstum von Bedeutung. Diese Größen spielen für den Verhandlungsspielraum der beiden Tarifparteien -eine entscheidende Rolle. Ein geringeres Gewicht hat hingegen die Arbeitslosenquote, die die Reaktion von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Ungleichgewichte am Arbeitsmarkt aufzeigen soll. Schließlich werden über die verzögerte endogene Variable noch Anpassl;lngsprozesse berücksichtigt. Die Lohnfunktion, die die effektiven Bruttostundenlöhne als abhängige Variable enthält, hat dann im Sektor Maschinenbau folgende Gestalt: (5-8) log (Wj(A)

= Co + Cl

log WMA

_1 +

(1 -

Cl)

log P

+ c 2 • UR + c 3

log nH

Mit UR ist die Arbeitslosenquote bezeichnet. Die Koeffizienten in (5-8) werden den FIML

142

Im theoretischen Modell waren die Löhne als modellexogene Größe behandelt worden.

143 Siehe hienu auch die ausführliche Darstellung dieses Modellansatzes in Flassbeck/Horn/Zwiener (1989). 144 Siehe hienu Grubb/Jackman/Layard (1983). Ökonometllsche Tests dieser Hypothese für die Bundesrepublik finden sich in A 'Walelu/Horn/Zwiener (1989).

135

Schätzungen dieser Lohnfunktion entnommen.145 In einem zweiten Schritt werden di~ Lohnni\'eaus in den übrigC;Jl Sektoren in Abhängigkeit von dem Lohnsatz im Sektor Maschinen bau an; llysiert. Neben diesem spielt die Abweichung des sektoralen Produktivitätsniveaus vou gesamtwirtschaftlichen in vielen Sektoren eine Rolle. Man kann davon ausgehen, und die empirische Analyse weist diese Hypothese nicht zurück, daß in jenen Wirtschaftszweigen, in denen eine vergleichsweise hohe Arbeitsproduktivität anzutreffen ist, auch die Löhne im gesamtwirtschaftlichen Vergleich hoch sind Schließlich verfügen die Unternehmen in diesem Fall über Spielraum für eine bessere Entlohnung ihrer Beschäftigten, ohne daß sie Gewinneinbußen im Vergleich zu Firmen in anderen Sektoren hinzunehmen hätten. Weiterhin enthält die Simulationsgleichung eine Trendgrö8e, die die "konventionellen" Lohnänderungen abbilden soll. Die Berücksichtigung der verzögerten Endogene dient wiederum der Analyse von Anpassungsprozessen. Die sektorale Lohngleichung, die für alle Sektoren außer dem Maschiner"au gilt, hat damit folgende Gestalt:

+

c2j log

wJlA.

Die Koeffizienten für ausgewählte Sektoren sind in Tabelle 15 aufgeführt.

5.1.5

Die Preisbildung

In ihrem Kern beschreibt die Simulationsgleichung für die Preisbildung ein mark up Verhalten, wie es in Kapitel 4 theoretisch hergeleitet wurde. Demnach schlagen die Firmen entsprechend der von ihnen angewandten Produktionstechnologie und den Wettbewerbsverhältnissen auf den belieferten Märkten einen bestimmten Satz auf die Lohnstückkosten auf und bieten dann zu diesem Preis ihre Produkte an.

145

136

Siehe F1assbeck / Horn / Zwiener (1991).

Tabelle 15 Lohngleichung

a

b

c

d

Chemie

0,26

0,69

0,01

0,01

Maschinenbau

0,36

Straßenthz.bau

0,10

0,77

0,10

0,01

Elektrotechnik

0,27

0,67

0,03

0,01

-0,23

1,20

-0,00

NE-Metalle

0,27

0,77

-0,00

Gießereien

0,05

0,02

0,10

-0,00

Stahlbau

0,40

0,65

0,02

-0,01

Textil

0,29

0,71

0,02

-0,00

Ernährung

0,38

0,54

-0,00

Banken

0,47

0,66

-0,02

Versicherungen

0,53

0,54

e

r

0,64

-0,02

Innovatoren 079 , 1)

Imitatoren

Eisen

Neutrale

0,13

-0,00

a

Verzögerte Endogene

b

Lohnsatz im Sektor Maschinenbau

c

Verhältnis von sektoraler zur gesamtwirtschaftlichen Produktivität

d

Trend

e

Preisniveau der Wertschöpfung

f

Arbeitslosenquote

1)

Gesamtwirtschaftliches Produktionsniveau

137

Da die Anpassung an neue Gegebenheiten auch bei der Preisbildung nicht unmittelbar erfolgt, enthält die Simulationsgleichung auch verzögerte endogene Variablen. Sie hat mithin folgendes Aussehen: (5-10)

log Pj = dOj + d1j log Pjt-l + ~ (log Wj - log ~)

In Tabelle 16 sind d:e aus OLS Schätzungen stammenden Koeffizientenwerte für ausgewählte Sektoren aufgeführt.

5.1.6

Die Nachfrage

Der Nachfrageteil des Simulationsmodells besteht aus zwei Gleichungen. Einmal dient eine Verhaltensgleichung der Analyse des Anteils eines Sektors an der gesamtwirtschatlichen Wertschöpfung, die gleichsam dem Marktanteil des Sektors entspricht. Zum zweiten ergibt sich das absolute Niveau der Wertschöpfung aus einer entsprechenden Definitionsbeziehung. Die Anteile erklären sich entsprechend den theoretischen Überlegungen aus den relativen Preisen, die hier als das Verhältnis von sektoralem zu gesamtwirtschaftlichem Preisniveau defmiert sind. Neben auch in diesem Zusammenhang aufretenden Anpassungsprozessen spielt noch das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung in vielen Wirtschaftszweigen eine Rolle. Dies läßt sich insbesondere an der landwirtschaftlichen Produktion verdeutlichen, deren Anteil an den Gesamtausgaben mit zunehmendem Einkommen ständig abnimmt. Der umgekehrte Fall ist für die Dienstleistungssektoren zu verzeichnen, deren Anteil fortwährend zunimmt. Diese Entwicklungen gründen sich nicht auf eine entsprechende Anderung der relativen Preise, sondern sind auf die sich mit veränderndem

Einko~en

variierenden

Präferenzen der Nachfrager zurückzuführen. Insgesamt hat damit die Simulationsgleichung für die Anteile folgendes Aussehen:

138

Tabelle 16 Preisgleichung

a

b

Chemie

0,20

0,71

Maschinenbau

0,58

0,42

Straßenthz.bau

0,77

0,24

Elektrotechnik

0,67

0,35

Eisen

0,37

0,76

NE-Metalle

0,13

1,13

Gießereien

0,53

0,50

Stahlbau

0,70

0,43

Textil

0,37

0,45

Ernährung

0,37

0,53

Banken

0,64

0,54

Versicherungen

0,21

1,04

Innovatoren

Imitatoren

Neutrale

a

Verzögerte Endogene

b

Lohnstückkosten

139

(5-11)

log (I) = gOJ + gv log (~ - 1) + g" (log PJ - log p) + g~ -log y

Durch Restriktionen wird sichergestellt, daß die Anteile sich zu Eins aufaddieren. Tabelle 17 enthält die aus einer OLS Schätzung stammenden Werte für die Koeffizienten ausgewählter Sektoren. Aus (5-11) ergibt sich definitionsgemäß das absolute Niveau der sektoralen Wertschöpfung. (5-12) Mit (5-11) und (5-12) ergibt sich die Verbindung zum Angebotsteil des Modells, da sowohl die sektorale als auch die gesamtwirtschaftliche Beschäftig~ngsnachfrage durch die Wertschöpfung mitbestimmt werden.

5.1.7

Der gesamtwirtschaftliche Rahmen

Die Modellierung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen folgt ebenfalls der theoretischen Analyse. Die aggregierte Wertschöpfung erhält man somit durch die Fishersche Verkehrsgleichung: (5-13)

140

- M Y = v·p

Tabelle 17 MarktaDteile

8

b

c 0,01

d

IDnovatoreD Chemie

0,13

-0,73

Maschinenbau

0,78

-0,26

Straßentbz.bau

0,26

0,34

Elektrotechnik

0,48

0,34

Eisen

0,47

-0,35

NE-Metalle

0,68

Gießereien

0,57

Stahlbau

0,22

-0,06

l.itatoreD -0,17

-0,12 ..fJ,27

-1,18

0,15

Neutrale Textil

0,86

Ernährung

0,41

-0,29

~0,32

Banken

0,80

-0,09

0,15

Versicherungen

0,71

-0,13

0,06

-0,20

a

Vewrzögerte Endogene

b

Relativer Preis (Sektroales Preisniveau der Wertschöpfung im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Preisniveau der Wertschöpfung)

c

Welthandelsvolumen

d

BSP

141

Hierbei ist v die Umlaufgeschwindigkeit und M die Geldmenge. Da diese beiden Größen im Rahmen des Modells exogen vorgegeben werden, können Veränderungen der realen gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung nur über aggregierte Preisänderungen auftreten. l46 Diese lassen sich mit Hilfe der Marktanteile, die als Gewichte für die sektoralen Preise verwendet werden, aus (5-11) berechnen: (5-14) Aus (5-13) und (5-4) läßt sich nun auch die Arbeitslosenquote berechnen, die für die Lohnbildung von Bedeutung ist. Geht man davon aus, daß das Arbeitsangebot L durch die hier untersuchten Schocks nicht tangiert wird, errechnet sich die Arbeitslosenquote wie folgt: (5-15)

UR := (I - L) L

Über die Lohngleichung für den lohnführenden Sektor Maschinenbau (5-8) wirken Veränderungen der Beschäftigungssituation dann auf das sektorale Lohn-Preis-Gefüge. Diese Wirkungskeue ist ein wesentliches stabilisierendes Element für das Simulations modell. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit führt über niedrigere Löhne und Preise, zu einer hohen realen Nachfrage, die sich wiederum senkend auf die Arbeitslosigkeit auswirkt. Es besteht somit ein wenngleich langsam wirkender Korrekturmechanismus, der eine fortdauernde Zunahme von Arbeitslosigkeit verhindert. Das Gleichungssystem (5-1) - (5-15) bildet das Gerüst für die Simulation eines Innovationsschubs, der durch höhere FuE-Aufwendungen ausgelöst wird.

S.2

Der Simulationsautbau

S.2.1

Die Einteilung der Sektoren

Das Simulationsmodell enthält die gleiche Einteilung der Gesamtwirtschaft nach 51 Sektoren die bereits der Analyse in Kapitel 3 zugrunde lag, wobei die Klassifizierung nach dem institutionellen Prinzip erfolgt. Das bedeutet, die Firmen sind jenem Wirtschaftsbereich

146

142

Konjunkturelle Effekte bleiben somit ausgeblendet.

zugeordnet, in dem sie überwiegend produzieren. Der Sektor "private Haushalte" kommt für eine Analyse des Innovationsverhaltens insbesondere auf der Anbieterseite nicht in Frage, da die Produktion von Gütern in diesem Bereich keine Rolle spielt. Aus diesem Grund bleiben die entsprechenden Größen exogen. Ihre Entwicklung bleibt damit qua Annahme auf dem Referenzpfad Gleiches gilt für den Sektor "Staat". Als Nachfrager weist er zwar einen erheblichen Einfluß auf das Wirtschaftsgeschehen auf, dabei stehen jedoch wirtschaftspolitische Determinanten im Vordergrund, die nicht Gegenstand dieser Analyse sein sollen. Als Anbieter ist er zudem im Hinblick auf Innovationen von untergeordneter Bedeutung. Folglich bietet sich auch hier die Annahme an, daß sich die staatliche Aktivität ebenfalls entsprechend dem Referenzpfad entwickelt. Da in den verbleibenden Sektoren, Forschungs-: und Entwicklungsaufwendungen von sehr unterschiedlicher Bedeutung sind, scheint eine weitere Klassifizierung sinnvoll, um dieser Heterogenität gerecht zu werden. Der Großteil der FuE-Aufwendungen ist in der Vergangenheit in den Bereichen Chemische Industrie, Maschinenbau, ADV, Straßenfahrzeugbau und Elektrotechnik geleistet worden. Daher erscheint es sinnvoll, diesen Sektoren für Szenarien verstärkter FuE-Aufwendungen, eine Schlüsselrolle zuzuweisen und anzunehmen, daß der Impuls für größere Innovationsanstrengungen von ihnen ausgeht. Diese Sektoren bzw. die diesen Bereichen zugeordneten Firmen werden daher im folgenden auch vereinfachend als "Innovatoren" bezeichnet. In den übrigen Wirtschaftszweigen des Verarbeitenden Gewerbes findet sich lediglich ein relativ geringer Anteil der FuE-Aufwendungen. Gleichwohl liegt er noch über jenem der Dienstleistungssektoren. Um dem Innovationsimpuls, der von diesen Bereichen ausgeht, gerecht zu werden, wird im folgenden angenommen, daß sich auch hier die FuE-Aufwendungen, erhöhen. Allerdings geschieht dies in anderer Form als bei den Innovatoren. Einmal ist unterstellt, daß für sie keine Kosten für verstärkte Innovationsanstrengungen entstehen, sondern daß sie neue Kenntnisse ohne großen Aufwand erlangen. Freilich erhalten sie diese zu einem späteren Zeitpunkt als die Innovatoren. Die derart beschriebenen Firmen kann man etwas plakativ auch als "Imitatoren" bezeichnen. Zu dieser Kategorie zählen hier die Sektoren Eisenschaffende Industrie, NE-Metalle, Gießereien und die Stahlindustrie. Diese Auswahl enthält sowohl Wirtschaftszweige, ~eren gesamtwirtschaftliche Bedeutung, gemesse~

143

an ihrem Beitrag zum Bruttosozialprodukt, in der Vergangenheit fortwährend abgenommen hat (Gießereien, Eisenschaffende Industrie) als auch mit der Stahlindustrie und den NEMetallen Bereiche mit vergleichsweise unveränderter bzw. wachsender Bedeutung. Auf diese Weise läßt sich zumindest für einzelne Sektoren dieser Kategorie ermitteln, ob sich der Niedergang schrumpfender Industriezweige durch Innovationen bzw. deren Imitation verhindern läßt. Gleichfalls läßt sich erkennen, inwieweit zusätzliches FuE-Kapital den Wachstums prozess von Wirtschaftszweigen unterstützt. Alle übrigen Sektoren gelten im folgenden als "Neutrale". Die dort ohnehin geringen FuEAufwendungen verbleiben auf ihrem Referenzpfad, so daß in diesen Bereichen unmittelbar keine innovativen Impulse auftreten. Sie fallen somit im Hinblick auf die Produktivitätsentwicklung im Vergleich zu den vorher genannten Bereichen zurück. Diese relative Verschlechterung der Kostenbelastung muß nicht zwangsläufig mit einem Verlust an Marktanteilen einhergehen, wenn der durch Produktivitätssteigerungen hervorgerufene Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sich vor allem in einer Zunahme der Nachfrage nach den Produkten aus diesen Sektoren niederschlägt. In diesem Zusammenhang ist vor allem die von Baumol und anderen aufgeworfene Frage von Interesse147, ob die Dienstleistungssektoren, auch wenn dort kaum Innovationen im ProduktiGnsprozeß stattfinden, dennoch vom technischen Wandel profitieren, da bei einer Zunahme der Realeinkommen ein Großteil des Zuwachses in die Nachfrage nach Dienstleistungen fließt. Zugleich liefert die Simulation auch Erkenntnisse darüber, ob andere Sektoren wie z.B. das Ernährungsgewerbe aufgrund ihres immer geringeren Anteils an der gesamtwirtschaflichen Nachfrage zu den "Verlierern" in einem innovativen Umfeld

gehö~en.

Um der breit gefächerten Palette der "neutralen" Sektoren annähernd gerecht zu werden, ohne daß zugleich die Übersicht verloren geht, beschränkt sich die Auswahl der präsentierten Ergebnisse für diese Kategorie auf vier Wirtschaftszweige. Dies sind die Textilindustrle, in der erhebliche Rationalisierungsanstrengungen vorgenommen wurden, deren Anteil am BSP aber trotz der Produktivitätssteigerungen während der letzten zwanzig Jahre deutlich abgenommen hat. Ferner das Ernährungsgewerbe, dessen Anteil am BSP ebenfalls gesunken ist. In diesem Bereich waren die Produktivitätszuwächse wesentlich geringer. Banken und Versicherungen

147

144

Siehe Baumol/Blackmann/Wolff (1985).

haben in den vergangenen Jahren ständig ihren Anteil am BSP erhöht, während die Zunahme der Produktivität unterhalb des gesamtwirtschaftlichen Durchschnitts blieb. Die Ergebnisse in diesen beiden Sektoren sind repräsentativ für die Auswirkung von Innovationen auf die Entwicklung im Dienstleistungsbereich.

5.2.2

Simulation eines temporären Innovationsschubs

Die Frage nach den Kosten von Innovationsanstrengungen, insbesondere wenn diese durch die Höhe der FuE-Aufwendungen gemessen werden, ist relativ schwierig. Höhere FuEAufwendungen sind für ein Unternehmen vor allem dann, wenn sie für Personal in FuEAbteilungen aufgewendet werden, zunächst einmal Kosten. In den empirischen Analysen - wie auch in dieser Arbeit - werden aber zumeist nicht direkt die FuE-Aufwendungen verwendet, sondern sie werden zu einem Kapitalstock mit unterstellter Abschreibungsrate kumuliert und als Produktionsfaktor behandelt. Damit wären sie aber zugleich eine Art von AnlagevefDlÖgen, gleichsam Innovationskapital und die FuE-Aufwendungen somit Investitionen gleichzusetzen. Folglich wären sie keine Kosten und könnten nicht entsprechend behandelt werden. Die Kosten bestehen lediglich in den Abschreibungen auf das FuE-Kapital. Es sind dann Überlegungen über Zeitraum und Höhe der Abschreibungen erforderlich. Um die Analyse nicht unnötig zu komplizieren, sind im folgenden zwei Annahmen hierzu gemacht worden. Einmal wird unterstellt, daß die Abschreibungen für die auslösenden FuE-Aufwendungen während des gesamten Zeitraums Null sind. In einem zweiten Szenario betragen sie 15 vH vom Kapitalstock. Die Unterschiede zwischen beiden Szenarien zeigen dann die Bedeutung derartiger Abschreibungen für Strukturveränderungen an. Der Schock selbst besteht in einer einmaligen Erhöhung der FuE-Aufwendungen in Preisen von 1980 um 30 vH. Dies geschieht im ersten Jahr der Simulationsperiode, so daß die Auswirkungen des Impulses über 9 Jahre hinweg beobachtet werden können. Ab dem zweiten Jahr des Simulationszeitraums bleiben die FuE-Aufwendungen auf dem Referenzpfad. So muß sich die Wirkung des temporären Schocks langfristig verlieren. Diese Vorgehensweise, auch wenn sie kein genaues Abbild der Realität zu liefern vermag, erlaubt dennoch einige wichtige Rückschlüsse auf die Verbreitung von Innovationen im sektoralen Wirtschaftsgefüge. Weil nur ein einziger Schock auftaucht, lassen sich sämtliche 145

Abweichung.!n der ökonomischen Größen von ihren Werten in der Basissimulation ausschließlich a1 s Folge dieses einen Impulses interpretieren, dessen Ausstrahlung auf diese Weise kenntlich wird. Der Schock tritt sowohl in den als Innovatoren als auch in den als Imitatoren bezeichneten Sektoren auf, wobei im ersten Simulationslauf (T-l) der Zeitpunkt, zu dem die Innovation wirksam wird, in beiden sektoralen Kategorien der gleiche ist. In einem zweiten Szenario (T-2) besteht dann allerdings eine Verzögerung von drei Jahren in der Anwendung der neuen technischen Erkenntnisse zwischen den innovierenden und den imitierenden Sektoren. Es wird damit unterstellt, daß die Imitation neuer Techniken erst nach drei Jahren möglich ist. Im Vergleich zwischen diesen beiden ersten Simulationsläufen, erschließt sich die Bedeutung dieser Verzögerung für die wirtschaftliche Entwicklung in den Wirtschaftszweigen. In einem dritten Szenario (T-3) sind schließlich die Kosten der Innovation berücksichtigt, die aus den Abschreibungen auf das zusätzliche F und E Kapital bestehen. Bei einer niedrigeren Abschreibungsrate wären dann auch die Kosten geringer, und das neu gefundene Wissen würde über einen längeren Zeitraum hinweg Anwendung finden. Die Abschreibungen schlagen sich in höheren Stückkosten der Produktion nieder, die sich wiederum auf die Höhe der Preise auswirken. Im Rahmen dieses Szenarios ist also mit vergleichsweise höheren Preisen für die Produkte aus den innovierenden Sektoren zu rechnen. Entscheidend für die Auswirkungen auf Beschäftigung und Produktion wird sein, in welchem Ausmaß die Kostenvorteile, die durch die höhere Produktivität entstehen, durch die Innovationskosten wieder verloren gehen. Alle Simulationen gehen von der Annahme aus, daß in den als Imitatoren bezeichneten Sektoren keine Kosten für Innovationen entstehen. Selbst wenn z.B. Zahlungen für Lizenzen und Patente anfallen würden, so wären diese doch im Vergleich zu den Beträgen, die für eigene Weiterentwicklung aufgewendet werden müßten, gering. Folglich läßt sich der Unterschied zwischen den Belastungen von Innovatoren und Imitatoren durch die genannte Annahme annähernd darstellen. Dem zeitlichen Rückstand bei der Anwendung neuer Techniken steht unter diesen Umständen der Vorteil geringerer FuE-Aufwendungen gegenüber. Die Simulationen sollen zeigen, in welcher Weise sich dies in der Entwicklung von Produktion und Beschäftigung niederschlägt. 146

In den als neutral bezeichneten Sektoren bleiben alle modellexogenen Variablen gegenüber

der Basissimulation unverändert, so daß hier Produktions- und Beschäftigungsänderungen ausschließlich von spillover Effekten aus anderen Bereichen herrühren können. Auch die gesamtwirtschaftlichen

Rahmenbedingungen

bleiben

unverändert;

akkomodierende

wirtschaftspolitische Maßnahmen sind somit nicht berücksichtigt.

5.3

Folgen eines temporären Innovationsschubs

5.J.l

Nur geringe Größenordnung

Betrachtet man die Größenordnung der Wirkung, die durch die Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen um immerhin 30 vH im ersten Jahr ausgelöst werden, muß man feststellen, daß selbst in den innovierenden oder imitierenden Sektoren in der Regel keine erheblichen quantitativen Effekte auftreten. Die technische Umsetzung und das Märktesystem dämpfeB deR Impuls erheblich ab. So findet man' in den innovativen Bereichen einen maximalen Produktivitätszuwachs von etwas über 2 vH im Vergleich zum Referenzniveau im Sektor Elektrotechnik. In'den übrigen Wirtschaftszweigen liegen die Abweichungen sogar nur bei etwa einem Prozent. Allein in den imitierenden Bereichen läßt sich in dem Sektor NEMetalle eine Steigerung der Produktivität gegenüber dem Referenzniveau von 4 vH feststellen. Mit dieser vergleichsweise heftigen Reaktion stellt dieser Sektor jedoch eine Ausnahme dar. Offensichtlich findet in diesem Bericht eine vergleichsweise ausgeprägte Umsetzung von durch FuE gewonnenen Erkenntnissen in neue Produktionsverfahren statt. Bei im allgemeinen derart geringen Produktivitätseffekten wundert es nicht, daß Produktion und Beschäftigung nur erheblich abgeschwächt auf den Schock reagieren, so daß die Differenz zum Referenzpfad in der überwiegenden Mehrzahl der Sektoren unter einem Prozent liegt. Wenn bereits auf der sektoralen Ebene die Effekte vergleichsweise bescheiden ausfallen, müssen die makroökonomisehen Folgen noch geringer sein. Dies zeigen dann auch die entsprechenden Resultate, die lediglich eine maximale Abweichung vom Referenzniveau von wenig mehr als einem halben Prozent ausweisen. Auch die zeitliche Ausdehnung des Prozesses ist erheblich. Wie z.B. das Szenario T-l zeigt, sind die maximalen Produktivitätseffekte erst nach drei bis fünf Jahren zu erwarten.

147

.....

~

co

-0.2 -0.1

Beschäftigungsan teil

0.1

Marktanteil

Besc häftigung

0.1

_ ._--

-0 . 1

1.0

1.0

0.0

10

-0.4

-0.5

0.3

0.7

-0.4

-0.4

0.2

0 .6

-0.2 -0.7 -0.6

Wertschöpfung

Preise

0.0 -0.1

Löhne

1.2

0.3

Produktivität

2.6

6.2

0.0

FuE-Kapitalstock

30.0

5

Periode

FuE-Aufwendungen

Chemie 1

Sektoren:

T-1

Innovatoren

Simulation:

0.6

1.0

0.0

10

O.€6 O.~2 -O . 3 ~

-O.~

0.5 0.2 -1.6 -1.5

0.1 0.0 -1.4

-1.3

0.5 0.2

0.5 0.1

0.1 0.0

0.0 0.0

-0.8 -0.7

-0 .6 0.3

0.3 -0.4

-0.3 -0.2

-0.4 -0.2

0.9

0 .7

-1.44

-2.0 -0.5 -0.1

0.1

-0.8

O.E 8

2.1

-0.9

O.~9

0 .(o

1Co

2 .5

0.0

5

-0.1

1.5

6.1

30 .0

1

0.0 -0.1

0.5

0.7

0.0

10

-0.1

1.2

2.1

0.0

5

Elektrotechnik

0.0

0.6

5.1

30.0

1

0.5

-0.8

-0.9

-0.2 -0.1

0.9

2 .7

0.0

5

Straßenfhz. bau

0.4

0.0

0.1

-0.2

0.0

0.5

6.2

30.0

1

Maschinenbau

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Sektor

TABELLE 18

~

.....

1

1.5

1.0

0.0

10

0.4

0.0 -0.2 -0.2

Marktanteil

2.1

2.4

-----

----------

-

-

-

-

-0.6 -1.7 -1.0 -1.7 -1.2

-0.7 -1.8 -0.9 -1.9 -1.3

0.5

0.1

0.5

0.2 -0.2 -0.5 -0.3 -0.2 0.1

-0.1

-0.4 -0.3 -0.1

0.6

1.4

0.1

0.0 -0.2 -0.2 1.4

0.2

0.2 0.0

0.1 1.7

1.7

1.2

1 ....'1

1.E8

2.~2

-1.~5

-0.7 -0.6 -0.2 -1.3

1.::2

0.(o

1Co

-0.1

2.7

0.0

5

0.0 -0.1 -0.1

0.4

5.1

30.0

1

O.~9

0.4

5.0

0.0

10

Stahl

1.2 0.7

1.8

0.0

5

0.0 -0.1

0.2

5.0

30.0

1

Gießereien

-0.5 -2.4 -1.6 -2.6 -5.0 -2.2 -0.1 0.1

Beschäftigungsan teil

3.8

2.9

0.0

5

I 0.0 -0.2 -0.1

2.4

7.4

30.0

1

NE - Metalle

0.0

Beschäftigung

T-1

Imitatoren

Wertschöpfung

Preise

0.0 -0.2 -0.1

1.1

Löhne

2.0

0.7

0.7

Produktivität

2.2

0.0

4.8

0.0

10

FuE- Kapitalstock

30.0

5

Periode 1

Eisen

FuE-Aufwendungen

Sektoren:

Simulation:

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Sektor

TABELLE 19

.....

01

o

T-1

0.0 0.0 -0.1 0.0 -0.1 0.1 0.0 0.0 0.2

Produktivität

Löhne

Preise

Wertsehöpfung

Marktanteil

Bese häftigu ng

Beschäftigungsan teil

0.0

-0.3

0.0

-0.1

-0.1

0.0

0.0

0.0

10

0.3 -0.1

0.2

-0.2

0.2

0.0

0.0

0.0

FuE-Kapitalstoek

0.0

0.0

FuE-Aufwendungen

5

Periode 1

Textil I

I

t

I

I

0.(o o.~3

0.3

0.0 -0.1

o...r.

0.0

0.3 0.4

0.0 0.1 0.0 0.1 0.2

0.4 0.1 0.4 0.4

0.4 0.1 0.4 0.5

0.1 0.0 0.1 0.2

0.0

0.0 -0.3 -0.3 0.0 0.1

0.0

0.0 0.0

0.1 0.2

0.1

0.0 -0.1

O.~

0.0 -0.2 -0.(2 0.0

0.(o

0.0

0.0

0.0

0.(o

0.(o

10

0.0

0.0

0.0

5

0.0

0.0

1

-0.1

0.0

0.0

10

-0.2

0.0

0.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

-0.1

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

10

Versieherunge n

0.0

0.0

0.0

0.0

5

Banken

0.0

0.0

0.0

0.0

1

Ernährung

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Neutrale

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 20

..... .....

0'1

TABELLE 21

0.2 0.0

-0.1

Produktivität

Löhne

Preise

Beschäftigung -0.1

0.1

1

0.1

-- - - - - - - - - - - - -

-0.1

-

0.3

-0.3

-0.1

0.2

10

0.3

-0.3

-0.1

0.4

5

- Abweichung vom Referenzpfad in vH

Periode

BSP (real)

T-1

Gesamtwirtschaft

Simulation:

.....

~

-0.1

1.0

1.0

0.0

10

0.9

2.7

0.0

5

0.0 -0.1

0.5

6.2

30.0

1

-0.1

0.6

1.0

0.0

10

0.1

0.6

5.1

30.0

1

-0.4

-0.3 -0.2

-0.4

0.4

-0.1

0.0

0.7

Beschäftigungsanteil

0.2

0.1

-0.4 -0.4 -0.3

0.4

0.6

-0.2 -0.5

0.1

Marktanteil

0.7

Beschäftigung

0.1

0.5

0.7

0.0

10

0.1

1.5

6.1

30.0

1

O.{8

O.~9

0.(o

l(

0.0 -0.11

2.1

2.5

0.0

5

Elektrotechnik

-O.~3 -O.~3

0.0 -1.4 -1.6

0.0 -1.3 -1.5 0.3 -0.5 -0.7

0.0 0.3 -0.6 -0.8

0.1

0.2

O.~2

0.0

0.1

0.1 0.5

0.4

O.~6

0.1

0.4 0.9

0.5

-0.9 -0.8 -0.5 -2.0 -1.44

0.0 -0.1

1.2

2.1

0.0

5

Straßenfhz.bau

-0.2 -0.7 -0.6 -0.2 -0.9 -0.8 -0.1

Wertschöpfung

Preise

0.0 -0.1

Löhne

1.2

0.3

Produktivität

2.6

6.2

0.0

FuE-Kapitalstock

30.0

5

1

Periode

Maschinen ba u

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Chemie

FuE-Aufwendungen

T-2

Innovatoren

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 22

(.,)

01

..

0.0 -0.1

Löhne

-0.1

1.7 -0.2

2.4

1.5

0.0

10

0.1

-1.3 -1.6

0.1

----

-

-2.0 -0.4

-0.4

0.0 -2.1

0.0 -1.4 -1.6

Beschäftigung

2.0 1.7

0.0

0.0 -0.2 -0.2

Marktanteil

1.1 0.8

0.0

0.1 0.1

-

3.2

5.3

30.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

0.2

0.1

-0.3 -0.8

0.9

0.9 0.0 -0.3 -0.1

l.E6 0.1 -0.2 -0.1

0.1

1.~9

0.4

0.0

0.0 0.1

0.0 -0.4 -0.7

0.0 -0.1

0.0

-0.1

0.9

-1.~5

0.6

-0.7 -0.6 -0.2 -1.3

1.€6

0.(o

1Co

-0.11

3.7

30.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

1

1.(o

1.5

0.0

10

Stahl

0.7

5.3

30.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

Gießereien

-0.5 -2.4 -1.6 -2.6 -5.0 -2.2 -0.1

1.5

1.4

0.0

10

0.0

Beschäftigungsanteil

Imitatoren

T-2

NE - Metalle

Wertschöpfung

Preise

0.0

Produktivität

4.3

0.0

FuE- Kapitalstock

30.0

0.0

5

Periode

FuE-Aufwendungen

Eisen 1

Sektoren:

Simulation:

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Sektor

TABELLE 23

~ .j>.

T-2

0.0 0.0 -0.1 0.0 -0.1 0.0 0.0 0.0 0.1

Produktivität

Löhne

Preise

Wertschöpfung

Marktanteil

Beschäftigung

Beschäftigungsanteil

0.3

0.2

-0.1

0.2

0.0

0.0

0.0

FuE-Kapitalstock

0.0

0.0

FuE-Aufwendungen

5

Periode 1

Textil

0.0

0.0

I

I

I

----1--

-0.3

0.0

-0.1

-0.2

0.0

0.0

0.0

10

0.0

0.0

0.0

5

0.1

0.0

-0.1

-0.1

0.0

0.0

0.0

10

-

0.1

0.0

~

0.0

0.0

-----------

0.2

0.1

0.0 -0.2 -0.3

0.0

0.0 -0.1

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

Ernährung

0.0

0.0

0.0

5

0.1

0.1

0.0

0.0

0.0

0.4

0.4

0.0

0.3

0.0

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

0.0

0.0

0.0

10

0.4

0.4

0.1

0.4

0.0

-0.2

Banken

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Neutrale

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 24

0.0

0.0

0.0

5

0.1

0.1

0.0

0.0

0.0

o....3r:

0.(o

-O.~2

0.(o

0.(

0.(

1C

0.4

0.3

0.2

0.3

0.0 -0.1

0.2

0.0

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

Versicherunge n

01 01

TABELLE 25

T-2

Beschäftigung

0.0 ____

-0.1

-0.1

---- L

0.4 0.3

0.0

BSP (real)

-0.4

-0.3

0.0

Preise

-0.1

0.0

Löhne

0.4

10

0.0

0.4

0.1

Produktivität ..

5

1

Periode

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Gesamtwirtschaft

Simulation:

~

.....

Innovatoren

T-3

0.2 -0.6 -0.6 -0.1

Preise

0.0

--

0.1

0.2 -0.5 -0.7

0.5

Beschäfligungsanteil 1-0.3 -0.5 -0.5 -0.3 -0.3

0.3

0.3

0.2 -0.6 -0.9

0.0

0.0

-0.5 -0.7 -0.5 -0.4 -0.4

0.2

0.8

Beschäftigung

0.3

0.5

-0.1

0.0

-0.1

0.5

0.7

0.0

10

0.1

1.5

6.1

30.0

1

O.f8

O.~

O.C

1C

0.0 -0.1

2.1

2.5

0.0

5

Elektrotechnik

0.0

--

-o.~ - - - - - - - - - ---

0.0 -1.4 -1.5

0.2

-O.~

O.f5

0.0 -1.5 -1.7

0.4

OJ2

0.0

0.1

0.5

-0.7 -0.7 -0.3 -1.7 -1J2

0.1

1.2

2.1

0.0

5

Marktanteil

0.5

0.1

0.6

5.1

30.0

1

-0.1 0.5

-0.1

0.6

1.0

0.0

10

-0.8 -0.7 -0.1

0.0 -0.1

0.9

2.7

0.0

5

Straßenfhz.bau

Wertschöpfung

0.0 -0.1

0.5

0.0

1.0

Löhne

1.2

6.2

30.0

1

0.3

1.0

0.0

10

Produktivität

2.6

0.0

5

Maschinenbau

6.2

30.0

1

Chemie

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Sektoren:

Simulation:

FuE- Kapitalstock

FuE-Aufwendungen

Periode

Sektor

TABELLE 26

U1

--....,

-0.1

0.0 -1.4 -2.3 0.1 -0 .2

0.0 -0.1

0.1

0 .0 0.0 -0.1 0.0 -1.4 -1.6

Löhne

Preise

Wertschöpfung

Marktanteil

Beschäftigung 0.1

1.7

1.5

0.0

-1.3 -1.6

1.4

Produktivität -

4.3

0.0

0.0

FuE- Kapitalstock

30.0

0.0

10

FuE-Aufwendungen

5

1

Periode

1.7

0.1

-2.0 -0.4

0.1 -0.3 -0.8

0.0 -0.5 -0.8

0.1

O.E

O.~9

0.0 -0.3

0.8

0.0 -2.2 -0.4

0.0

-0.1

1.f5

0.1 0.0

-0.2 0.0 -0.1

-

IJ9

0.0

0.4

0.9

0.0 0 .0

0.0

0.6

0.1 1.0

0.0

0.0

0.1

0 .0

-0.1

2.4

2.0

3.2

0.0 -0.1

0.0

-1.~4

1.E6

O.Co

1Co

0.0 -0.4

3.7

30.0

5

0.0 -0.4 -1.0

0.0

0.0

1

0.0 -3.9 -3.3

1.5

0.0

10

-0.11

5.3

30.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

1

0.0

1.5

0 .0

10

Stahl

1.(o

5.3

30.0

5

Gießereien

0.7

0.0

0.0

1

NE - Metalle

- Abweichung vom Referenzpfad in vH

Eisen

Beschäftigungsanteil

T-3

Imitatoren

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 27

~

Q)

U'I

0.0 0.0 -0.1

Produktivität

Löhne

0.0 0.1

Beschäftigung

Beschäftigungsan teil

0.3

_O.?

0.0

-0.3

0.0 -0.1

Marktanteil 0.1

0.0

0.1

0.0

Wertschöpfung

0.0 -0.1

0.0

-0.1

0.0

0.0

0.0

10

Preise

0.0

0.0

0.0

FuE- Kapitalstock

0.0

0.0

FuE-Aufwendungen

5

Periode

0.1 0.4

0.0 0.0

0.2

0.0

0.0

0.0

0.3 0.1

0.0

0.0

0.0 -0.2 -0.3

0.4

0.4

0.3

0.4

0.0 0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

10

-0.2

0.0

0.0

0.0

5

Banken

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

0.0 0.0

0.0 -0.1

-0.1

0.0

0.0

0.0

10

0.0

0.0

0.0

jo-,-~ __

;

0.0

0.0

0.0

5

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

Ernährung

Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Textil 1

T-3

Neutrale

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 28

0.0

0.0

0.0

5

0.1

0.4

0.2

0.3 0.2

0.0

O.~3

0.0 -0.1

0.2

0.0

0.(o

-O.~2

0.(o

0.(o

0.(

10

0.0

0.0

0.0

0.0 -0.1

0.0

0.0

0.0

1

Versicherunge n

..... U1 co

TABELLE 29

T-3

0.0

-0.3 0.3 -0.1

0.0 0.0 -0 .1

Preise

BSP (real)

Beschäftigung

0.4

0.0

0.0

Löhne

-0.4

-0.1

0.4

0.4

0.1

Produktivität.

10

5

1

Periode

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Gesam twirtschaft

Simulation:

AIs erste Schlußfolgerung ergibt sich somit, daß ein temporärer Innovationsschub, selbst wenn er ein erhebliches Ausmaß aufweist, lediglich geringe quantitative Effekte, und diese erst nach einer längeren Zeitspanne, hervorzurufen vermag. Damit sind von Politikstrategien, die von einer Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen ausgehen, auf kurze Sicht keine nennenswerten Produktions- und Beschäftigungseffekte zu erwarten.

5.3.2

Nominallöhne reagieren nur schwach

In allen Simulationen läßt sich nur eine geringfügige Lohnreaktion feststellen. Die Ursache liegt in mehreren gegenläufigen Einflüssen auf die Lohngrößen. Die Produktivitätssteigerungen führen über die Lohnverhandlungen in lohnführenden Sektoren zu einem Impuls in Richtung höhere Nominallöhne, da die Gewerkschaften bei einer höheren gesamtwirtschaftlichen Produktivität auch ihre Lohnforderungen nach oben anpassen. Dies gilt insbesondere für Sektoren, in denen besonders hohe Produktivitätssteigerungen auftreten, und in denen dann im gesamtwirtschaftlichen Vergleich höhere Löhne durchgesetzt werden können. Aufgrund der weitgehenden Anpassung an die Lohnentwicklung in der Metallindustrie sind freilich höhere Lohnabschlüsse in fast allen Bereichen zu erwarten. Da die Preise sich als Folge der Produktivitätssteigerung hingegen auf einem niedrigeren Entwicklungspfad bewegen, steht den lohnsteigemden Impulsen freilich auch ein lohnsenkender gegenüber. Dieser besteht in den nunmehr niedrigeren Inflationserwartungen, die zu entsprechend niedrigeren Lohnforderungen der ·Gewerkschaften führen. In die gleiche Richtung wirkt auch die höhere Arbeitslosenquote in den Simulationen, da die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften bei einer höheren Arbeitslosenquote abnimmt und sie sich daher mit niedrigen Lobnabschlüssen zufriedengeben müssen. Die Produktivitätssteigerungen lösen somit gegenläufige Lohnreaktionen aus, die sich im Ergebnis fast vollständig aufheben. Diese Überlegungen zur sektoralen Lohnbildung machen deutlich, daß keine nachhaltige Beeinflussung der Nominallöhne auf gesamtwirtschaftlichem Niveau zu erwarten ist. Es bleibt allerdings festzuhalten, daß sich die Reallöhne als Folge des Innovationsschubs dennoch erhöhen, da die Preisentwicklung nunmehr einem niedrigeren Entwicklungspfad folgt.

160

5.3.3

Preisentwicklung auf niedrigerem Pfad

Generell läßt sich festhalten, daß der Wettbewerb die Firmen zwingt, die Kostenvorteile der produktiveren Herstellungsverfahren über die Preise an die Kunden weiterzugeben. Dies geschieht freilich in unterschiedlichem Ausmaß und als Folge unterschiedlicher Impulse. Am einfachsten ist der Zusammenhang bei jenen Firmen, die neue Techniken aBwenden. Hier realisieren sich die Produktivitätserhähungen unmittelbar und, falls sich sonst nichts ändern würde, hätten die Unternehmen einen Anstieg ihrer Gewinne zu verzeichnen. Aufgrund des Wettbewerbs um Marktanteile geben sie aber zumindest einen Teil der Kostenvorteile weiter. Das Ausmaß in dem dies geschieht, hängt von dem Zuschlagssatz auf die Stückkosten der Poduktion ab, dessen Höhe durch die Marktrnachtsunternehmen und die technologischen Rahmenbedingungen bestimmt wird. Hier zeigen sich doch einige Unterschiede in den verschiedenen innovativen Bereichen. So weichen etwa in der Chemischen Industrie die Preise geringer vom Referenzniveau ab als in den Sektoren Maschinenbau und Sraßenfahrzeugbau, obwohl die Produktivitätssteigerungen in diesen Wirtschaftszweigen ungefähr gleich sind. Dieses Ergebnis spricht fur eine relativ starke Monopolisierung im Bereich der Chemischen Industrie. Die Elastizität der Preisbildung im Hinblick auf die Produktivitätsentwicklung gibt Auskunft darüber, in welchem Ausmaß die Produktivitätserhöhung tatsächlich durch Preissenkung weitergegeben wird. In der Chemischen Industrie ist diese Elastizität auch in Szenario T-1, das die Kosten von Innovationen nicht berücksichtigt, immer kleiner als 1. Da die Löhne sich kaum verändern, impliziert dies eine Gewinnsteigerung als Folge des Innovationsschocks in diesem Sektor. In den übrigen innovativen Wirtschaftszweigen liegt die entsprechende Elastizität in Szenario T-l zu Beginn des Simulationszeitraumes ebenfalls unter 1 aber gegen Ende über 1. Daraus folgt, daß sich die üblichen Vermutung bestätigt, die Innovatoren würden unmittelbar nach dem Innovationsschub Gewinnsteigerungen erzielen, die aber im Laufe der Zeit durch den Wettbewerb mit anderen Firmen immer stärker abgebaut werden. Berücksichtigt man auch Innovationskosten (Szenario T-3), verringern sich selbstverständlich die Elastizitätswerte. Sie liegen jetzt insbesondere unmittelbar nach dem Innovationsschub zum Teil erheblich unter 1. Die Produktivitätserhöhungen sind im Rahmen dieses Szenarios mit höheren Kosten verbunden. Folglich ist ein geringerer Anstieg zu erwarten. Aufgrund der

161

gerade zu Beginn hohen Abschreibungen sinken die Stückkosten der Produktion daher wenn überhaupt nur in einem geringen Ausmaß. In der Chemischen Industrie liegen sie zu Beginn des Simulationszeitraums sogar oberhalb des Referenzniveaus. Die Abschreibungen sind in diesem Fall im Vergleich zu den Produktivitätsgewinnen so hoch, daß die Innovationen zunächst keine Kostenentlastungen bewirken. Folglich überwälzen die Firmen zumindest einen Teil der erhöhten Kosten auf ihre Kunden. Im Laufe der Zeit, wenn die Realisierung der Produktivitätsgewinne zunimmt, während die Abschreibungen zurückgehen, nehmen dann auch die Stückkosten der Produktion ab und die. Finnen verlangen entsprechend niedrigere Preise. Gegen Ende des Simulationszeitraumes liegt die Elastizität der Preisbildung in bezug auf die Produktivitätsentwicklung dann über 1. Damit gilt auch hier, daß die Gewinne, die durch die Innovation entstanden sind, im Laufe der Zeit abgebaut werden. Die Preisentwicklung in den imitierenden Sektoren hängt selbstverständlich auch von dem Zeitpunkt ab, zu dem sie die Innovation übernehmen. Aus diesem Grund bestehen Unterschiede zwischen einem Szenario einer unverzüglichen Nachahmung (T-1) und jenen, in denen eine neue Technik erst nach drei Jahren zur Anwendung kommt (T-2 und T-3). In den beiden letztgenannten Simulationen treten die Preiseffekte folglich auch erst nach drei Jahren auf. l48 Sie folgen dann aber dem bereits für die Innovatoren geschilderten Muster. Unmittelbar nach Einführung der neuen Technik werden die Produktivitätseffekte nur sehr verzögert über die Preisentwicklung weitergegeben. Auch innerhalb der Gruppe der Imitatoren bestehen erhebliche Unterschiede in dem Ausmaß, in dem Kostensenkungen weitergegeben werden. In den Sektoren der Eisenschaffenden Industrie und NE-Metalle findet sich eine stark ausgeprägte Preisreaktion, wo hingegen die Preiselastizität im Hinblick auf die Produktivität im Sektor Gießereien lediglich in etwa 1 beträgt. In der Stahlindustrie ist eine besonders verzögerte Preisreaktion zu beobachten. Etwa zwei Jahre nach Übernahme der neuen Technik liegt die Elastizität bei etwas über 1/2 (Szenario T-2). Nach sieben Jahren beträgt der entsprechende Wert immerhin 1,4. Die Gewinnsteigerungen unmittelbar nach der Innovation und die Weitergabe der Kostenvorteile im Zeitverlauf sind hier besonders ausgeprägt.

148 Da für die Imitatoren laut Annahme keine Kosten der Innovation entstehen, bestehen zwischen den Szenarien T-2 und T-3 für die Imitatoren keinerlei Unterschiede.

162

In jenen Sektoren, die für diese Analyse als neutral bezeichnet wurden, sind aufgrund der fehlenden Produktivitätsgewinne kaum Preisreaktionen zu erwarten. Die dort auftretenden geringfügigen Abweichungen im Vergleich zum Referenzszenario beruhen ausschließlich auf den etwas geringeren Lohnkosten. In den Dienstleistungssektoren ist die Preisreaktion kaum meßbar, so daß hier leichte Gewinnsteigerungen in Folge der niedrigeren Lohnkosten auftreten. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß die Preise in jenen Sektoren, in denen eine neue Technik entwickelt oder nachgeahmt wird, nachgeben. Allerdings schlägt sich die Wirkung der höheren Produktivität erst nach einigen Jahren nieder. Unmittelbar nach Anwendung der Innovationen steigen somit die Gewinne sowohl in innovierenden als auch in imitierenden Firmen.

5.3.4

Höhere Wertschöpfung in allen Sektoren

Der niedrigere Entwicklungspfad für die Preise löst einen positiven Impuls für Produktion und Absatz aus. Dies gilt insbesondere für die innovierenden und imitierenden Firmen. Die Preiselastizität der Nachfrage liegt freilich in fast allen diesen Sektoren unter 1. Dabei muß man bedenken, daß die sektorale Nachfrage nicht nur auf die nachlassenden sektoralen Preise reagiert, sondern auch auf den Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Die ausgewiesene Absatzreaktion resultiert somit aus diesen beiden Effekten, die die Reaktion insgesamt stärker ausfallen lassen als wenn nur der direkte Preiseffekt betrachtet würde. Dies läßt sich am Beispiel der Stahlindustrie und den Dienstleistungssektoren verdeutlichen.

In beiden Bereichen liegt die Preiselastizität der Nachfrage in Abweichung von den meisten Sektoren über 1. Im Fall der Stahlindustrie resultiert das Ergebnis ausschließlich aus der flexiblen Reaktion der Nachfrage auf die sektorale Preisentwicklung. Aus diesem Grund führen Innovationen in der Stahlindustrie zu einem ausgeprägten Nachfragezuwachs dort. In den Dienstleistungssektoren, in denen im Rahmen unseres Szenarios keine technischen Weiterentwicklungen auftreten, beruht der Anstieg der Wertschöpfung fast ausschließlich auf dem Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, von der ein relativ großer Teil in diese Bereiche fließt. Die hohe Preiselastizität resultiert daher in diesem Fall aus den sich ändernden Präferenzen der Nachfrager, die mit steigendem Wohlstand vergleichsweise mehr Dienst163

leistungen nachfragen. Die Ergebnisse zeigen, daß vor allem die Dienstleistungsbereiche von diesen Änderungen profitieren. Innovationen zeigen somit selbst in jenen Bereichen, in denen vielleicht technisch weniger innovative Betriebe angesiedelt sind, positive Effekte. Der durch die Innovationen ausgelöste Anfangsimpuls ist somit als Folge der gesamtwirtschaftlichen Verflechtungen letztendlich in allen Bereichen der Volkswirtschaft spürbar. In den innovierenden Wirtschaftszweigen steigt der Absatz primär, weil sich das Angebot aufgrund der produktivitätserhöhenden Innovationen verbilligt. Auch hier ist ein zeitliches Entwicklungsmuster erkennbar, das mit der Preisentwicklung in unmittelbarem Zusammenhang steht. Die relativ geringen Preisnachlässe in der Anfangsphase schlagen sich in entsprechend geringen Absatzzuwächsen in diesem Zeitraum nieder. Im Laufe der Zeit, mit der entsprechend stärker werdenden Weitergabe der Kostenvorteile, liegt das Absatzniveau dann auch deutlich über dem des Referenzszenarios. Eine für die Beschäftigungsentwicklung wichtige Frage ist, in welchem Ausmaß sich die Produktivitätssteigerungen in höherem Absatz niederschlagen. Dies läßt sich durch die Elastizität der Wertschöpfung in bezug auf die Produktivitätsentwicklung ausdrücken. Diese Größe zeigt an, welche prozentuale Absatzänderung in einem Sektor auftritt, wenn sich die Produktivität um 1 Prozent erhöht. Nimmt diese Elastizität einen Wert von größer als 1 an, dann gleicht der Absatzzuwachs den Beschäftigungsverlust, der durch die höhere Produktivität entsteht, mehr als aus. Ist der Wert hingegen kleiner als 1, überwiegt der Beschäftigungsverlust. Die Ergebnisse zeigen, daß unmittelbar nach Einführung einer neuen Technik diese Elastizität zum Teil erheblich unter 1 in der innovierenden Sektoren liegt. So ist z.B. die Wertschöpfung im Sektor Elektrotechnik nur um 0,1 vH über dem Referenzpfad (Szenario T-1, erste Periode) während die Produktivität um 1,5 vH im Vergleich zum Referenzniveau gestiegen ist. Gegen Ende des Simulationszeitraumes ändert sich das Verhältnis. Die Wertschöpfung verläuft um 0,6 vH oberhalb des Referenzpfades und der entsprechende Wert für die Produktivität beträgt 0,8 vH. Damit nähert sich die Elastizität allmählich dem Wert 1. Berücksichtigt man auch die Innovationskosten (Szenario T-3), verläuft die Wertschöpfungsentwicklung zu Beginn auf dem Referenzpfad während die Produktivität wieder um 1,5 vH über dem Referenzniveau liegt.

164

Nach 10 Jahren betragen die entsprechenden Werte 0,5 vH für die Wertschöpfung und 0,8 vH für die Produktivität. Die Diskrepanz zwischen der Wertschöpfungs- und Produktivitätsentwicklung ist dann sogar noch größer und der Elastizitätswert mithin kleiner. Die Beschäftigungsentwicklung ist unter diesen Umständen negativ, da der Produktivitätseffekt überwiegt. Alle Simulationsszenarien zeigen aber, daß die Elastizität im Zeitablauf gegen 1 konvergiert. WähreAd sich die Produktivitätsentwicklung langsam wieder an das Referenzniveau nähert, nimmt die Wertschöpfung im Vergleich zur Basissimulation ständig zu. Im Sektor Maschinenbau ist die Zunahme der Produktivität am Ende des Simulationszeitraumes sogar geringer alB die der Wertschöpfung. Diese Entwicklung resultiert vor allem aus der vergleichsweise geringen Marktmacht der einzelnen Unternehmen in diesem Bereich. Dieser Umstand, der aus einer relativ hohen Preiselastizität der Nachfrage resultiert, veranlaßt die Unternehmen zu einer möglichst "schnellen" Preisreaktion. Sie geben dann die durch die Produktivitätserhöhung gewonnenen Kostenvorteile möglichst zügig und vollständig an ihre Kunden weiter. Damit unterscheidet sich dieser Sektor insbesondere von der Chemischen Industrie, in der die Preisreaktion relativ schwach ausfällt. Daher nimmt hier die Wertschöpfung ebenfalls nur in einem geringen Umfang im Vergleich zum Referenzszenario zu. Auch in den als Imitatoren bezeichneten Wirtschaftszweigen treten bemerkenswerte Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren auf. Während in der Stahlindustrie und im Sektor NE-Metalle eine ständige Zunahme der Wertschöpfung festzustellen ist, bleibt sie in der Eisenschaffenden Industrie und den Gießereien fast auf dem Referenzniveau. Ein positiver Effekt ist hier kaum nachweisbar. Die Ursache für die positive Entwicklung in der Stahlindustrie besteht in der relativ hohen Preiselastizität der Nachfrage. Im Sektor NE-Metalle ist zum einen die Kosteneinsparung aufgrund der verstärkten FuE-Aktivitäten erheblich. Zudem werden die geringeren Kosten in fast vollständigem Umfang an die Kunden weitergegeben. Dies spricht für eine schnelle Umsetzung technischer Neuerungen, somit eine hohe FuEProduktivität, und einen ausgeprägten Wettbewerb in diesem Sektor. In den beiden übrigen imitierenden Sektoren liegt die Ursache für die geringen Auswirkungen der Aktivitäten vor allem in der geringen Preiselastizität der Nachfrage. & kommt hinzu, daß die Sektoren Eisenschaffende Industrie und Gießereien nur in sehr geringem Umfang von dem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage profitieren. Die hier produzierten Güter werden bei steigendem Einkommen in vergleichsweise geringerem Umfang gewünscht. Selbst die durch

165

Innovationen erzeugten Preisreduktionen lösen für diese Sektoren keine positiven Nachfrageimpulse aus. Der Strukturwandel zu ihren Lasten läßt sich somit nicht durch Innovationen aufhalten. In den hier als neutral bezeichneten Sektoren sind für die Textilindustrie und das Emährungsgewerbe im Gegensatz zu den Dienstleistungsbereichen kaum positive Nachfrageeffekte von Innovationen nachzuweisen. Dies liegt einfach daran, daß die Textilunternehmen und die Firmen im Bereich des Ernährungsgewerbes aufgrund der nur geringfügigen Kostenentlastung, die als Folge von nur geringfügigen Lohnsenkungen auftritt, ihre Preise kaum verändern. Hinzu kommt, daß auch der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sich in diesen Bereichen kaum niederschlägt. Produktion und Absatz in diesen beiden Sektoren bleiben somit von dem Innovationsschub anderenorts fast völlig unberiihrt. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß Innovationen zu einer Verlagerung der Nachfrage auf die Innovatoren, einen Teil der Imitatoren so wie die Dienstleistungsbranchen führen.

5.3.5

Marktanteile der Innovatoren nehmen zu

Die Beschreibung der Nachfrageeffekte von Innovationen lassen unmittelbar Schlußfolgerungen für die Entwicklung der entsprechenden Marktanteile zu, die hier als der Anteil der sektoralen an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung definiert wurden. Es zeigt sich, daß selbst im Szenario-T-3, das die Innovationskosten berücksichtigt, die Innovatoren zumindest auf längere Sicht einen höheren Marktanteil als auf dem Referenzpfad erreichen. Dies gilt insbesondere für den Sektor Maschinenbau. Die Nachfrage nach dessen Produkten reagiert besonders stark auf die Preissenkung. Aber auch in den übrigen hier aufgeführten Wirtschaftszweigen nimmt der Marktanteil im Zeitablauf zu. Der Strukturwandel vollzieht sich also in Richtung innovativer Bereiche. Innovationen lohnen sich also für Innovatoren. In den imitierenden Sektoren fällt die Entwicklung der Marktanteile nicht so eindeutig aus. Wie nach der Nachfragesituation zu erwarten, nimmt der Marktanteil der Firmen in den Sektoren NE-Metalle und Stahlbau im Vergleich zum Referenzpfad zu. Die Sektoren Eisen166

schaffende Industrie und Gießerei verlieren hingegen an Gewicht. Damit läßt sich die eingangs gestellte Frage beantworten, ob Innovationen schrumpfende Industriezweige "retten" können. Die Antwort lautet, daß dies in der Regel nicht der Fall sein wird. Wenn die Präferenzen der Nachfrager sich in Richtung von Produkten anderer Sektoren verschieben, helfen auch Innovationen und die damit verbundenen Preisreduktionen nicht, den Marktanteil zu sichern. In den neutralen Bereichen ergeben sich ebenfalls unterschiedliche Entwicklungen. Die Dienstleistungssektoren gewinnen Marktanteile. Die Textilindustrie und das Ernährungsgewerbe verlieren im Vergleich zum Referenzpfad. Damit zeigt sich hier, daß der Dienstleistungsbereich in jedem Fall von Innovationen profitieren wird. Treten auch in Dienstleistungssektoren Innovationen auf, verstärkt sich diese Entwicklung noch.

5.3.6

Beschäftigung in innovativen Bereichen nimmt ab

Die Beschäftigungsentwicklung ist die Resultante aus den Produktivitätssteigerungen und der Zunahme der sektoralen Nachfrage. Ist die Produktivitätsentwicklung ausgeprägter als die der Nachfrage, nimmt die Beschäftigung ab. Im umgekehrten Fall reicht der Nachfrageanstieg aus, um den Abbau von Arbeitskräften, der durch die höhere Produktivität verursacht wird, auszugleichen. Für die innovativen Bereiche läßt sich nun feststellen, daß auch zehn Jahre nach Auftreten des Innovationsschubes die Beschäftigung zumeist unterhalb des Referenzpfades liegt. Die Nachfrageentwicklung hält, obwohl sich der Abstand im Zeitablauf vermindert, nicht mit dem Produktivitätszuwachs Schritt. Eine Ausnahme bildet lediglich der Sektor Maschinenbau, in dem gegen Ende des Simulationszeitraums der Nachfragezuwachs über dem der Produktivität liegt. Folglich nimmt hier danach die Beschäftigung im Vergleich zum Referenzpfad zu.

167

Graphik 1

Wertschopfung (Maschinenbau) Abweichune Ttlm lleferlllnnmario in TB

J

0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4·

0.3 0.2

0.1 0

2

168

3

4-

5

7

B

9

JO

Graphik 2

Produktivitot (Maschinenbau) J

Abweichune TOm llef..-enznenuiD in TB

0.9

0.& 0.7 0.6 0.5 0.4-

0.3 0.2 0.1

o

169

Graphik 3

Beschoftigung (Maschinenbau) .A.bweic:hunc Tom Reflrenzszmario in TB

0.3 0.2 O.i

0 -O.i

-0.2 -0.3 -0.4 -0.5 -0.6

-0.7 i

170

2

3

5

jO

Die Entwicklung in diesem Sektor entspricht damit fast den Idealvorstellungen über die Wirkungsweise des technischen Wandels. Nach einer Phase der Realisierungen von Produktivitätsfortschritten, die zwangsläufig mit Beschäftigungseinbu8en einher gehen, gleicht schließlich der Nachfrageanstieg den beschäftigungssenkenden Impuls aus und führt endlich zu einem mindestens gleich hohen Beschäftigungsniveau wie vor dem Innovationsschub bei gestiegenem Realeinkommen. Dieser Verlauf einer Innovationsentwicklung ist aber nur dann möglich, wenn die Produktivitätsentwicklung und die Preise relativ rasch reagieren und damit einen entsprechenden Impuls auf die Nachfrage übertragen. Wenn zudem die Präferenzen der Nachfrager bei höheren Realeinkommen sich zugunsten der Güter verändern, die in den innovierenden Sektoren produziert werden, sind die Voraussetzungen für eine solch ideale Entwicklung gegeben. Dies ist im Sektor Maschinenbau der Fall. Eine solche Aussage gilt aber nicht, oder nur in sehr abgeschwächter Form, in den übrigen innovativen Bereichen. Die Umsetzung des höheren Produktivitätsniveaus in niedrige Preise dauert hier länger, und die Nachfrage reagiert zudem schwächer. Dies führt dazu, daß in einem zelm Jahre wirkenden InnovationsscRub (noch) keine positiven Beschäftigungseffekte festzustellen sind. Die Umsetzung der Innovation in Marktsignale dauert damit zu lange, um für wirtschaftspolitische Überlegungen, die auf die gezielte Förderung von Innovationen ausgerichtet sind, relevant zu sein. Dies zeigt sich auch in den Ergebnissen für die Sektoren, in denen Imitationen neuer Technologien stattfinden. Lediglich im Sektor Stahlbau, wo eine flexible Preis- und Nachfragereaktion anzutreffen ist, bleibt ein positiver Beschäftigungseffekt. In allen übrigen Bereichen liegt die Beschäftigung unterhalb der des Referenzpfades. Die Simulationsanalyse kommt damit zu einem anderen Ergebnis als die theoretische Untersuchung im vorigen Kapitel. Im Rahmen des theoretischen Modells nahm die Beschäftigung bei den Innovatoren auf jeden Fall zu. Der Unterschied rührt daher, daß die für die Preisfunktion geschätzten Koeffizienten, die im Simulationsmodell verwendet wurden, eine wesentlich langsamere Anpassung an das niedrigere Kostenniveau implizieren. Ferner wird die Absatzmenge im Simulationsmodell nicht nur durch die relativen Preise bestimmt, sondern auch durch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Allein aus diesem Grund ist wahrscheinlich, daß die Preiselastizität der Nachfrage geringer als eins ist, so daß der Nachfrageeffekt niedrigerer Preise kurzfristig geringer ausfällt als im theoretischen Modell postuliert. Erst auf längere Sicht, wenn sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöht, sollten die Nachfragereaktionen in beiden Modellen übereinstimmen.

171

Anders ist die Entwicklung in neutralen Bereichen. Den positiven Nachfrageeffekten für die Beschäftigung stehen keine negativen

du~h

ein höheres Produktivitätsniveau entgegen.

Folglich nimmt die Beschäftigung hier zu. Aufgrund der stärkeren Nachfragereaktionen ist dies besonders in den Dienstleistungsbereichen der Fall. Blickt man auf die sektoralen Beschäftigungsanteile, werden diese Tendenzen noch deutlicher. Die Beschäftigungsanteile fast aller Sektoren, in denen Innovation stattfindet, nehmen ab. Eine Ausnahme bilden lediglich der Maschinenbau und die Stahlindustrie, in denen die Beschäftigungsentwicklung oberhalb des Referenzpfades verläuft

Im Ergebnis läßt sich somit feststellen, daß Innovationen tendenziell zu einer Verlagerung der Beschäftigung aus innovierenden Bereichen in Dienstleistungssektoren führen. Dieses Ergebnis ist in seinem Kern eine Bestätigung der Baumol-Hypothese, die ebenfalls eine Verlagerung der Beschäftigung in weniger produktive Bereiche postuliert.149

5.3.7

Strukturverinderungen als Folge von InnovationeD im Überblick

In folgender Tabelle sind die Veränderungen der Marktanteile bzw. der Beschäftigungsanteile für alle 49 untersuchten Sektoren im Überblick aufgeführt. Dabei bietet sich das bereits beschriebene Bild, daß Innovatoren zumindest auf Dauer Marktanteile hinzugewinnen, während sie für die Beschäftigung zumeist an Bedeutung verlieren. Diese Entwicklung ist, wenn überhaupt, erst auf lange Sicht umkehrbar, wenn der Produktivitätsimpuls sich zunehmend in einer höheren Nachfrage niederschlägt. Bei den Imitatoren nehmen die Marktanteile solange ab, wie sie die neue Technik nicltt anwenden können. Danach verläuft die Entwicklung ähnlich wie bei den Innovatoren.

149

Siehe BaumollBlackmanlWolff (1985).

172

'übusicht 1 StruktunerlJlderungen als Folge von Innovationen Innovatoren

Marktanteil

Sektor Puiode

1

Beechaftigunsanteil

6

10

Chemie

-

+

+

Maschinenbau

+0

+

+

BM/ADV

+

+

+

StraJen!ahrzeugbau

+0

+

+.

Elektrotechnik

+0

+

+

1

-

-

-

6

-

10

+

-0

-

Die Vorzeichen entstammen der Simulation T - S. die Koden von InnoTII.tionen berückeichügt und in der eine neue Technik erst nacb S ~ahren imitiert werden kann. + / - bedeuten poeitive bzw. negative prozentuale Abweichung vom Refuenzpfad. IBt eine 0 hinzugefügt liegt die Abweichung unter 0.1 Prozent.

173

-..,j ~

--.

-0 -0 -0

Gielereien

Ziehereien

Stahlbau

-+

-+

-0

-

-0

-+

-+

..

-+

-

-+

-+

-+

-+

-

-

5

1

10

Beschafügunsanteil

Die Vorzeichen entstammen der Simulation T - 3, die Kosten Ton ID.IlOTationen berücksicl1ügt und in der eine neue Technik erst nach 3 Jahren imitiert werden kann. -+ / - bedeuten positiTe bz'W. negative prozentuale Abweich11I1l Tom Referenzpfad. Ist eine 0 hinzugefügt liegt die Abweichun« unter 0.1 Prozent.

-0

NE-Metalle

-

-

-0

10

6

Periode 1

Marktanteil

Imitatoren

als Folge Ton Innovationen

StrukturTeranderungen

Sektor

Eisen

lJbersicht 2

Vbereicht S StruktUJ"Terl.nderungen ale Folge 'Yon InnoTationen Neutrale Sektor Periode 1an4wirtechaft l3e~litatsYereorg.

Ga8Teraorgung WaseerTeraorgung Kohlebergbau Obriger Bergbau MilleralOlverarbeit. KunstatoffTerar beit. GummiTerarbeitune Steine, Erden Feinkeramik Glas Schiffbau Luftfahrzeugbau Feinmechanik EBM-Waren Musikinstrumente Bobbearbeitung Hol z:verarbeitung Zellstoff Pa3>ierTerarbeitung Druck Textil Leder Beldeidung Ernahrung Tabak Bauhauptgewerbe Auebau Gro!lhandel Einzelhandel Eisenbahnen Schiffahrt Stra.1lenverkehr Bunde6~ost

Krediünsütute Versicherungen Sonstige Di ensU ei st.

-0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 +0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 -0 +0 -0 -0 +0 +0 +0 -0 +0

6

-0 + -

+ -0

-

-

+0 -

+0 +0 +0 -0 +0

,

Beacbafügunaanteil

Marktanteil 1

10

+ -

-0 -... -0

-

-

-

+0 -

+ + +

-

+

1

+ +

...

+

...

+

... +

+

... +

... + + + + +

+

+ + + + + + + +

...

+ + + + + + + + + + +

-

+ + + +0 + + +

-

+ + + + + + + + +0 -0 +0 + +0 +

-

-

10

+ -

-0

...

+ -0

-+

+0 + +0 + + +

-

+0

-

+0

-

+0

+ +0 + + + +

+0 + -0 +

-0 + + + + +

+ + + + +

-

-

-

175

In all jenen Sektoren, in denen im Rahmen der Simulation keine Innovationen auftreten, nimmt bis auf einige Ausnahmen der Marktanteil ab. Dieses Ergebnis zeigt die Bedeutung relativer Preisnachteile in diesen Sektoren. Ausnahmen sind die Kunststoffindustrie und der Raumfahrzeugbau. Im erst genannten Sektor spielt der Anstieg der relativen Preise keine überragende Rollie im Vergleich zu den Wirkungen, die von der gestiegenen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage für die Produkte dieses Sektors ausgehen. Die Kunststoffindustrie gewinnt im Zuge des Strukurwandels an Bedeutung. Der Sektor Raumfahrzeugbau bildet allein deshalb schon eine Ausnahme weil die Nachfrage nach seinen Produkten im wesentlichen von den Subventionen des Staates abhängen. Daher ist es nicht verwunderlich, daß relative Preisentwicklungen hier kaum eine Rolle spielen und die Veränderungen der Wertschöpfungen

im wesentlichen von den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen abhängen. Wie nicht anders zu erwarten, stellen die Dienstleistungsscktoren die bedeutsamste Ausnahme von oben geschilderter Regel dar. Die Entwicklung in diesen Branchen zeigt deutlich, daß die Firmen in diesen Sektoren in erheblichem Ausmaß den Zuwachs an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage absorbieren. Im Zuge des gesamtwirtschaftlichen Wachstums werden somit zunehmend Dienstleistungen nachgefragt. Dies schlägt sich dann auch in entsprechend höhereren Beschäftigungsanteilen nieder. Die Beschäftigungsanteile in den innovierenden Sektoren nehmen zu Beginn des Innovationszeitraums ab. Der Trend kehrt sich erst im Laufe der Zeit um. Das liegt auch daran, daß auf längere Sicht der Produktivitätsanstieg in diesen Sektoren aufgrund des vorübergehenden Charakters der Innovationen wieder verloren geht. Daher vermindert sich dann auch der Beschäftigungsabbau und die Beschäftigungsanteile kehreD: auf das Referenmiveau zurück. Als zusammenfassendes Ergebnis dieser Simulationsstudien über die Wirkungen eines

Innovationsschubes läßt sich somit feststellen, daß Innovationen zwar den Strukturwandel in Richtung auf eine Dienstleistungsgesellschaft beschleunigen. Sowohl Absatz als auch Beschäftigung nehmen in diesen Bereichen eindeutig zu. Es gilt aber auch, daß die innovativen Bereiche im Hinblick auf ihre Marktanteile ebenfalls von den Innovationen profitieren.

176

5.3.8

Die gesamtwirtschaftlichen Folgen

Die Darstellung der sektoralen Folgen eines temporären Innovationsschubs läßt in vielerlei Hinsicht auch Schlußfolgerungen für die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen zu. Da bereits die sektorale Nominallohnreaktion nur sehr schwach ausfällt, kann es nicht weiter überraschen, daß auf der gesamtwirtschaftJichen Ebene bei dieser Größe kaum Effekte feststellbar sind. Wesentlich bedeutsamer sind die Konsequenzen für das Realeinkommen. Die Preise liegen fünf Jahre nach Eintreten des Innovationsschubes in allen Simulationsläufen etwa 0,3 vH unterhalb des Referenzpfades. Bei etwa gleichen Nominallöhnen bedeutet dies, daß die Reallöhne gestiegen sind. Daraus folgt, daß über die nunmehr höheren Realeinkommen ein Wachstumseffekt von gleicher Größe induziert wird. Dieser entspricht somit nur etwa 1 vH des ursprünglichen Impulses in den innovierenden Sektoren. Das zeigt, daß bei einem temporären Innovationsschub, der zudem auf einige Sektoren beschränkt bleibt, keine erheblichen gesamtwirtschaftlichen Effekte zu erwarten sind. Die Beschäftigung nimmt in allen Szenarien in der Phase der Realisierung von Produktivitätszuwächsen ab. Dieser Zeitraum dauert immerhin länger als fünf Jahre. In der Simulation-T-l liegt die Beschäftigung nach acht Jahren dann allerdings über dem Referenzpfad. Freilich ist in dieser Simulation unterstellt, daß die Imitatoren die neue Technik zum gleichen Zeitpunkt wie die Innovatoren zur Verfügung haben. Geht man realistischerweise, wie in den Simulationen T-2 und T-3 unterstellt, davon aus, daß dies erst mit Verzögerung geschieht, verschiebt sich auch der positive Beschäftigungseffekt. Denn in diesem Fall beginnt bei den imitierenden Firmen die Realisierung der Produktivitätszuwächse ebenfalls erst später. In den Simulationen T-2 und T-3 wird daher erst nach neU9 bzw. zehn Jahren ein Beschäftigungsniveau erreicht, das über dem Referenzpfad liegt. Berücksichtigt man wie in T-3 auch die Kosten der Innovationen, so fällt der Preisrückgang etwas geringer als in T-2 aus. Damit ist der entsprechende Wachstumsimpuls im Rahmen dieser Simulation entsprechend niedriger. Die Ergebnisse zeigen erneut, daß die Übertragung von Innovationsimpulsen auf das Märktesystem einen erhebliche Zeit beansprucht. Es dauert bereits vier bis fünf Jahre, bis der maximale Produktivitätseffekt wirksam wird. Und erst nach weiteren drei Jahren ist der maximale Preisund Nachfrageeffekt zu beobachten. Die Dimension "Zeit", die in einem theoretischen und komparativ-statischen Modell nicht erfaßt werden kann, erweist sich somit im Hinblick auf die 177

Verbreitung von Innovationen als sehr bedeutsam. Eine der wichtigen Eingangsfragen der Analyse war, ob sich die Produktivitätssteigerungen als Folge der Innovationen eher in einen Beschäftigungsrückgang bei relativ unveränderter Nachfrage oder bei unveränderter Beschäftigung bei einer vergleichsweise hohen Nachfrage realisieren. Aus dem theoretischen Modell läßt sich herleiten, daß letzteres der Fall sein wird, wenn die Verlagerung der Beschäftigung als Folge der Strukturverschiebung gesamtwirtschaftlich nicht zu höheren Produktlöhnen führt. Diese Bedingung ist offensichtlich erfüllt, da die Nominallöhne sich kaum ändern, hingegen das Produktivitätsniveau sogar gestiegen ist. Die Simulationsergebnisse zeigen denn auch, daß die Entwicklung auf eine über dem Referenzpfad liegende Beschäftigung hinweist. Dies wird bereits in der Simulation T-l deutlich, in der die Entwicklungen aufgrund der unverzägerten Anwendung der neuen Techniken bei Imitatoren unter Vernachlässigung der Innovationskosten schnell abläuft. Während die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht nur ständig über dem Referenzpfad liegt, sondern dieser positive Abstand im Verlauf der Simulationsfälle ständig zunimmt, erreicht der negative Beschäftigungsimpuls der höheren Produktivität nach sieben Jahren sein Maximum. Danach konvergiert die Beschäftigung wieder in Richtung auf den Referenzpfad. Aufgrund der temporären Natur des hier hergestellten Innovationsschubes lassen sich allerdings noch keine endgültigen Schlußfolgerungen ziehen. Schließlich geht bei dieser Modellierung der Produktivitätsimpuls auf Dauer wieder verloren. Der anfängliche Produktivitätsanstieg über das Referenzniveau ist somit mit einem Produktivitätsrückgang gegen Ende des Simulationszeitraums verbunden. Diese Art von Simulation ist somit eher dazu geeignet, Auskunft über die zeitliche Dimension des Diffusionsprozesses zu geben. Eine endgültige Antwort auf die Frage nach dauerhaften Beschäftigungseffekten bedarf einer Simulation, die von permanenten Produktivitätssteigerungen ausgeht.

5.4

Folgen eines permanenten Innovationsschubs

5.4.1

Der Simulationsaufbau

Der Simulationsaufbau bleibt im Hinblick auf die sektorale Kategorisierung unverändert. Lediglich der Impuls höherer FuE-Aufwendungen ist nunmehr etwas anders konstruiert. Der Anstieg bleibt über die gesamte Simulationsperiode erhalten. Folglich dauert der Impuls an und

178

der FuE-Kapitalstock wie auch das Produktivitätsniveau kehren gegen Ende der Simulationsperiode nicht mehr auf das Referenzniveau zurück, sondern liegen ständig darüber. Um Konvergenzprobleme zu vermeiden, beträgt der unterstellte Anstieg der Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen nicht mehr 30 vH. sondern lediglich 10 vH gegenüber dem Referenzniveau. Daher ist in der ersten Periode der Impuls schwächer als in den vorigen Simulationsläufen. Im Zeitablauf ist er hingegen aufgrund der dauerhaften Einwirkungen auf das Produktivitätsniveau erheblich stärker. Bei den Simulationen wird wiederum zwischen Innovatoren und Imitatoren unterschieden, wobei die Imitatoren die neuen Techniken wiederum um drei Jahre verzögert anwenden. In einigen der Simulationsläufe sind die Kosten für die Innovationen berücksichtigt. Die Unterschiede zwischen den Resultaten in den verschiedenen Simulationen entsprechen denen, die bei Simulationen von temporären Innovationsschüben auftreten. Daher beschränkt sich die Darstellung in diesem Abschnitt auf jene Simulation, bei der die Imitatoren die neue Technik verzögert anwenden und bei der die Kosten für Innovationen berücksichtigt sind. Die Simulation trägt die Bezeichnung P-l und entspricht von ihrem Aufbau her der Simulation T-3 des vorherigen Abschnitts. Die Dauerhaftigkeit des Innovationsschubs führt zu einem deutlich höheren Produktivitätsniveau bei Innovatoren und Imitatoren. So liegt das Produktivitätsniveau im Sektor Elektrotechnik nach zehn Jahren um 5 vH über seinem Referenzniveau. Im Sektor Maschinenbau beträgt der Abstand immerhin noch 2,3 vH zum Referenzpfad. Bei den Imitatoren vollzieht sich der Anstieg in ähnlichen Größenordnungen. Damit geht in dieser Simulation ein dauerhafter Impuls von der Produktivitätsentwicldung auf das Märktesystem aus.

179

o

(J)

-4

Sektoren:

P-1

Innovatoren

Simulation:

0.0 0.0

Wertschöpfung

Marktanteil 0.2

0.4

i

0.0

2.3

8.7

10.0

10

0.0

0.0

-0.7 -1.4 -0.1

0.0

0.3

0.1

-3.~9

0.1

-0.6 -0.5 -0.2 -1.4 -2.2 -0.5 -2.8

0.0

0.44

1.~3

0.3

0.0 0.3

1.0 0.0

-4J2

0.8

1'.5

O.~2

5.~4

8.~9

10.(o

10

-1.9 -4.(o

0.1

3.5

6.7

10.0

5

-0.1

0.5

2.0

10.0

1

0.0 -0.8 -2.1

3.5

8.9

10.0

10

0.0

0.2

2.0

6.5

10.0

5

Elektrotechnik

0.3 0.0

0.2

1.7

10.0

1

Straßenfhz.bau

-0.8 -0.8 -0.2 -1.7 -2.5 -0.5 -3.1

0.3

0.5

0.0 -0.7 -1.8

-1.7 -0.1

0.6

1.3

-0.5 -1.4

-0.1

0.1

Preise

0.0

I 0.0

0;0:

0;0

Beschäftigungsan teil

0.0

Löhne

6.5

10.0

5

1.3

2.1

10.0

1

Maschinenbau

0.2

3.1

8.8

10.0

10

1.4

-0.2 -1.0

0.1

Produktivität

6.7

10.0

5

Beschäftigung

2.1

10.0

1

Chemie

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

FuE-Kapitalstock

FuE-Aufwendungen

Periode

Sektor

TABELLE 30

Q)

.-

.-

P-l

0.3 -0.4

0.0 0 .0 -0.7 -4.7 0.1

0.0

0.0 0.0 -0.1

Löhne

Preise

Wertschöpfung

Marktan teil

Beschäftigung

Beschäftigungsan teil

0.5 0.0 -1.1 0.1 0.0 -0.9 -2.8

0.0 -0.4 -3 .7

0.0

0.:2

0.0 -0.2 0.0 -0.2 -1,4 -3.1 0.0 -1.1

0.0 -0 .7 -4.0

- - -

1.44 0 .0 -0.1 -0.3 0.0 -0.1

0.0

0.0 2.8

0.5 0.3

0.0

0.0

2.1

0.(o 0.0

0.1

1.~9

0.3

0.3

0.0

0.1 0.0

6.~7

10.(

1C

2.3

10.0

5

0.1

0.0

0.0

0.0

8,4 1.8

0.0

1

10.0

10

0.3

4.1

10.0

5

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

1

3.5

0.0

6.8

7.7

10.0

10

Stahl

0.0 -0.2 -Li7

0.0

0.0

1.7

3.4

10.0

5

Gießereien

0.0 -0.2 -1,4

0.0

4.4

0.0

0.0

1

NE - Metalle

0.0 -2.0 -8.1

0 .0

0.8

7.8

Produktivität

3.3

0.0

10.0

FuE- Kapitalstock

10.0

0.0

10

FuE-Aufwendungen

5

Periode 1

Eisen

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Imitatoren

Simulation: Sektoren:

Sektor

TABELLE 31

......

(X) I\)

0.0 -0.1 -0.4

Marktan teil

0.0

0.0

Wertschöpfung

O('schMtignngsanleil

0.0

Preise

0.0

0.0

Löhne

Beschäftigung

0.0

0.'1

0.1

0.1

0.0

0.0

0.0

0.6

0.2

0.2

0.0

0.0

0.0

0.0

Produktivität

0.0

0.0

0.0

10

FuE- Kapitalstock

0.0

5

0.0

1

Textil

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

5

0.1

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

10

0.0

0.0

0.3

0.0

-

0.4

0.1

0.0 -0.2 -0.6

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

1

Ernährung

---

0.1

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

1

0.5

0.2

0.0

0.2

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

5

Banken

- Abweichung vom Referenzpfad in vH -

Neutrale

Simulation: P-l Sektoren:

FuE-Aufwendungen

Sektor Periode

TABELLE 32

1.1

0.8

0.1

0.8

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

10

0.0

0.0

0.4

0.2

O.~

O.~6

0.0 -0.1

0.0

O.€6

0.(o

-O·.~2

0.(o

0.(o

0.(o

10

0.2

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

5

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

0.0

1

Versicherunge n

(,.)

(X)

....

TABELLE 33

P-l

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

Produktivität

Löhne

Preise

BSP (real)

Beschäftigung

I

1

Periode

I I

0.7 -0.3 -0.3

-0.7 -0.2 0.2

0.0

1.0

10

0.0

0.5

5

- Abweichung vom Referenzpfad in vH

Gesam twirtschaft

Simulation:

5.4.2

Folgen für die sektomle Entwicklung

Trotz des relativ großen Impulses bleibt die Lohnentwicklung schwach, da sich die gegenläufigen Tendenzen aus dem Anstieg des Produktivitätsniveaus, niedrigerer Intlationserwartung und der höheren Arbeitslosigkeit wiederum fast gegenseitig aufheben. Es bestehen allerdings einige bemerkenswerte sektorale Unterschiede. Während das Lohnniveau in der überwiegenden Mehrzahl aller Branchen kaum meßbare Reaktionen zeigt, ist in den Sektoren Straßenfahrzeugbau und Elektrotechnik ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Denn in diesen Bereichen dominiert auf Dauer der dort vergleichsweise hohe sektorale Produktivitätsanstieg. Die Tarifparteien schließen für diese Industrien höhere Tarifverträge ab, deren Finanzierung durch die Unternehmen aufgrund des höheren sektoralen Produktivitätsniveaus möglich ist. Damit wird in diesen Bereichen ein Teil der Kostenvorteile in höhere Löhne umgesetzt. Die Preisentwicklung weist im Prinzip die gleichen Effekte wie bei den Simulationen des vorherigen Abschnitts auf. Die Abweichungen vom Referenzniveau fallen allerdings aufgrund des höheren Produktivitätszuwachses entsprechend höher aus. Folglich zeigen auch Absatz und Beschäftigung stärkere Reaktionen.

5.4.3

Die sektorale Umsetzung des Produktivitätszuwachses

Das wesentliche Ziel dieser Simulation ist es, festzustellen, ob und wann das Beschäftigungsniveau durch Innovationen erhöht werden kann. In den innovierenden Sektoren weisen die Ergebnisse allerdings fast eindeutig auf ein vermindertes Beschäftigungsniveau hin. Auch nach zehn Jahren schlägt sich der Anstieg der Produktivität insbesondere in den Sektoren Straßenbau und Elektrotechnik in einer reduzierten Beschäftigung nieder. Die Nachfrage nimmt hier in nur unzureichendem Umfang zu. So liegt das Produktivitätsniveau im Sektor Elektrotechnik nach zehn Jahren um 5,4 vH über dem Referenzniveau. Die Beschäftigung liegt zum gleichen Zeitpunkt 4,2 vH unter dem Referenzpfad und die Wertschöpfung hat lediglich um 1,3 vH zugenommen. Der Anstieg der Produktivität schlägt sich damit zu 80 vH in einer verminderten Beschäftigung nieder, und nur 20 vH in einer Steigerung der Wertschöpfung.lm Sektor Straßenfahrzeugbau beträgt die entsprechende Relation ebenfalls mehr als zwei Drittel. In der Chemischen Industrie, in der die Preise rascher auf den Produktivitätsanstieg reagieren, führt die Erhöhung der Produktivität zu einem fast gleichen Beschäftigungsrückgang und Nachfrageanstieg. Einzig im Sektor Maschinenbau, in dem eine besonders flexible Nach184

fragereaktion zu beobachten ist, überwiegt der Anstieg der Wertschöpfung. Daher liegt die Beschäftigungsentwicklung in diesem Sektor in vergleichsweise geringem Umfang unterhalb ihres Referenzpfades. Diese Resultate unterstreichen die Bedeutung einer flexiblen Reaktion der Nachfrage auf Preissenkungen.

In den imitierenden Sektoren, in denen der Produktivitätszuwachs ein Jahr später einsetzt, ist ein positiver Beschäftigungseffekt allein im Stahlbau festzustellen, dessen Kunden gleichfalls flexibel auf eine Preissenkung reagieren. In allen übrigen Sektoren dieser Kategorie nimmt die Beschäftigung im Vergleich zum Referenzszenario ab. Die Simulationen weisen allerdings nicht nur Beschäftigungsverminderungen auf. In jenen Sektoren, in denen keine Innovationen auftreten, entstehen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge als Folge von Innovationen zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten. Zwar verlieren diese sogenannten neutralen Wirtschaftszweige zum Teil Marktanteile, da der relative Preis für ihre Produkte steigt. Der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und dessen Auswirkungen auf das sektorale Wertschöpfungsniveau gleichen diesen Effekt aber mehr als aus. Die Ursache besteht darin, daß insbesondere die Dienstleistungsbereiche einen Großteil des gesamtwirtschaftlichen Nachfragezuwachses absorbieren. Da das Produktivitätsniveau zugleich unverändert bleibt, bedeutet diese Entwicklung einen Beschäftigungszuwachs.

5.4.4

Die gesamtwirtschaftlichen Folgen

Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene führt die sektorale Beschäftigungsentwicklung zu einem Rückgang im Vergleich zum Referenzniveau, und zwar für die Dauer des gesamten Simulationszeitraums. Es lassen sich allerdings einige wichtige Tendenzen feststellen, die darauf hindeuten, daß der Rückgang nicht von Dauer ist. Die Produktivität steigt während der gesamten zehn Jahre in stärkerem Umfang als auf dem Referenzpfad. Das bedeutet, daß der Impuls sich fortwährend verstärkt. Gleichwohl hat der Beschäftigungsrückgang seinen Höhepunkt offensichtlich nach sieben bis acht Jahren erreicht, da kaum noch Änderungen der Abweichung zum Referenzpfad festzustellen sind. Seither entwickelt sich somit die Beschäftigung entsprechend der Basissimulation. Falls der Nachfragezuwachs anhält, und darauf deuten die Resultate hin, wird die Beschäftigung somit im Zeitablauf wieder gegen den Referenzpfad

185

konvergieren. Da die Lohnreaktion zudem recht schwach ausfällt und das Produktivitätsniveau zugleich steigt, führt der Innovationsschub zu einer dauerhaften Senkung der Produktlöhne. Folgt man dem theoretischen Modell, so ist zu erwarten, daß letztendlich sogar eine positive Beschäftigungsentwicklung entsteht. Das niedrigere Preisniveau, die gestiegenen Realeinkommen und die dadurch höhere Nachfrage gleichen den Beschäftigungsruckgang unter diesem Umständen mehr als aus. Damit ist die Tendenz für die weitere Entwicklung vorgegeben. Die Innovationen führen letztendlich zu keinem nachhaltigen Beschäftigungsabbau, sondern erschließen Wachstumspotentiale. Die Anpassungsprobleme dürfen freilich nicht unterschätzt werden. Diese Schlußfolgerungen stehen im Gegensatz zum Pessimismus jener, die durch Innovationen einen dauerhaften Beschäftigungsrückgang erwarten. Die Simulationen zeigen, daß eine solche Entwicklung allenfalls kurzfristig zu erwarten ist. Gleichwohl muß betont werden, daß die Umsetzung des Innovationsimpulses in höhere Beschäftigung einen erheblichen Zeitraum erfordert und daher eine Politik, die Innovationen fördert, nicht als kurzfristig ausgerichtete Beschäftigungspolitik geeignet ist.

186

Grapbik4

Reales BSP (Szenario P-1) ~ichunc

1

TUm R.fulIDuzenuio in TB

0.9 0.8

0.7 0.6 0.5 0.40.3 0.2 0.1 0

2

3

5

6

'1

8

9

JO

187

Graphik 5

BeschOftigung (Szenario P-1) J.bwwicbunc TOm Retennuzenario in TB

0 -0.02 -O.M

-O.OtJ -0.08 -O.J -0.J2 -0.14 -0.J6 -0.18 -0.2 -0.22 -0.24-0.26

-0.28 -0.3 -0.32 -0.34 J

188

.,

8

9

SO

Graphik 6

Reales BSP (Szenario P-2) .thweichunC TOm Rerermuzmario in TB

j

0.11 0.8 0.7 0.11

0.5 o.~

0.3 0.2 0.1 0 j

189

Graphik 7

BeschOftigung (Szenario P-2) ~ ichune

0

TOm ltefermulmario in TB

-0.02

-0.04-0.08 -0.08 -0.1 -0.12 -0.14-0.16 -0.18 -0.2 -0.22 -0.24-0.26 -0.28 -0.3 -0.32 -0.341

190

5

.,

8

JO

6.

Zusammenfassung und Schlußfolcerung

Die neueren empirischen Studien zur Wirksamkeit von Forschung und Entwicklung gehen von der Hypothese aus, daß Aufwendungen für Forschung und Entwicklung Kenntnisse über effiziente Produktionsverfahren oder qualitativ wertvollere Produkte vermehren. Daher ist weit&ehend unumstritten, daß Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen nur auf längere Sicht wirksam sein können. Folglich ist nicbt zu erwarten, daß eine enge Bindung zwischen laufenden FuE-Aufwendungen und der Produktivitätsentwicldung besteht. Vielmehr scheint die Berechnung eines FuE-Kapitalstocks sinnvoll, der sich aus den kumulierten Aufwenduagen der Vergangenheit zusammensetzt. Zudem läßt sich mit der Berechnung einer Abschreibungsrate dem Veralten technischen Wissens Rechnung tragen. Gegenstand der Untersuchung ist somit die Frage, ob sich ein Anstieg des FuE-KapitalstOcks in einer Produktivität niederschlägt. Mittels einer solchen Vorgehens ist u.a. beabsichtigt, Erkenntnisse über eine mögliche Ursache des zu Beginn der 80er Jahre beobachteten Rückgangs des Produktivitätswachstums zu gewinnen. Im Zuge der verstärkten Aufmerksamkeit für die Angebotsbedingungen kommt den Befunden eine erhebliche Bedeutung für wirtschaftspolitische Maßnahmen zu. Methodisch basieren die Untersuchungen auf der Anwendung ökonometrischer Schätzverfahren. Geschätzt wird zumeist die Elastizität der Produktivitätswachstumsraten im Hinblick auf den FuE-Kapitalstock. Aus dieser Größe läßt sich ablesen, um wieviel Prozent sich die Produktivität. bei einer Änderung des FuE-Kapitalstocks um 1% verändert. Je größer der Wert dieser Elastizität, um so bedeutungsvoller ist der FuE-Kapitalstock für die Bestimmung der Produktivitätsentwicklung. Die Ergebnisse der empirischen Studien sind allerdings in dieser Hinsicht keinesfalls eindeutig zu nennen. Während die älteren Studien zu einem positiven Zusammenhang zwischen FuEEntwicklung und der Produktivität kommen, zeigen einige jüngere Untersuchungen keine Signifikanz des unterstellten Zusammenhangs mehr an. Dies überrascht insofern als die meisten Ansätze aneinander sehr ähnlich sind. Unterschiedliche theoretische Konzepte dürften daher kaum die Ursache für diese Diskrepanz darstellen. Vielmehr erweckt dieser Befund Zweifel an der Strukturkonstanz des gewählten Zusammenhangs. Dabei spielt eine Rolle, daß die

191

meisten Untersuchungen Branchen bzw. Firmen im Querschnitt für bestimmte Jahrgänge untersuchen. Spezifische Entwicklungen in den betreffenden Jahren können eine erhebliche Variation der Ergebnisse zur Folge haben. Dem wäre allerdings durch veränderte Ansätze Rechnung zu tragen, in denen die Besonderheiten der jeweiligen Jahrgänge Berücksichtigung finden. Jüngste Untersuchungen schlagen daher einen anderen Weg ein. Sie berücksichtigen nicht mehr pauschal die FuE-Aufwendungen, sondern differenzieren sie nach der Art der Finanzierung und der Art ihrer Anwendung. Aus diesen Ansätzen erhält man das Ergebnis, daß Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen insbesondere dann zu einer Steigerung der Produktivität beitragen, wenn sie privat finanziert und auf Grundlagenforschung ausgerichtet sind. Eine wichtige Rolle, die in den Untersuchungen noch viel zu wenig Berücksichtigung fmdet, spielen die sogenannten "spill-over-Effekte", also die über die eigentlichen Ursprungsbereiche hinausgehenden Wirkungen von FuE-Aufwendungen. Jene Untersuchungen, die deren quantitative Ermittlung z~m Ziel haben, zeigen, daß diese Übertragungen erhebliche Produktivitätseffekte in Branchen zeigen, in denen die FuE-Aufwendungen an sich sehr niedrig sind. Diese Art von Diffusion von FuE-Effekten geschieht vor allem durch den Kauf von Investitionsgütern. Die Weiterentwicklung einer Maschine durch FuE-Anstrengungen führt nicht nur zu einer höheren Produktivität bei dem Innovator, sondern bei allen Anwendern, auch wenn diese selbst keine Forschungsanstrengungen unternehmen. Die empirischen Untersuchungen zeigen häufig an, daß die "spill-over-Effekte" höher ausfallen als die primären Produktivitäts impulse bei den Innovatoren. Die diesen empirischen Analysen zugrundeliegenden Produktionstheorien, die zumeist neoklassischer Natur sind, sind erheblicher Kritik ausgesetzt Diese bezieht sich zum einen auf die unendlich hohen Substitutionsmöglichkeiten zwischen Kapital und Arbeit. Insbesondere ist eine Substitution in beide Richtungen also auch von Kapital zu Arbeit möglich. Eine solche Möglichkeit wird von vielen als unrealistisch, weil nicht den technischen Entwicklungen entsprechend, angesehen. Ein zweiter Kritikpunkt ist die partialanalytische Ausrichtung der meisten Ansätze, die allenfalls die Impulse, die von höheren FuE-Aufwendungen ausgehen, erfassen können. Eine umfassende Beurteilung der Effekte erfordert aber eine gesamtwirt-

192

schaftliche Analyse, die die Auswirkungen der Impulse in allen Sektoren der Volkswirtschaft berücksichtigt. Um diesen Einwendungen Rechnung zu tragen, wurde eine Analyse mittels eines nichtneoklassischen Ansatzes, der keine reversible Substitution zwischen Arbeit und Kapital zuläßt, durchgeführt. Er basiert in seinem Kern auf den Überlegungen vom Böhm-Bawerk und geht von nur einem originären Produktionsfaktor, nämlich Arbeit, aus. Die Hypothesen, die aus diesem Ansatz folgen, wurden zunächst im Längsschnitt für die Bundesrepublik Deutschland getestet. Demnach sollte die Kapitalintensität vor allem als Folge höherer Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen ständig zunehmen. Diese Hypothese steht im Gegensatz zur neoklassischen Auffassung, daß das Kapitalarbeitsverhältnis im wesentlichen eine Folge der Entwicklung von relativen Lohn- und Preisgrößen ist. Beide Hypothesen wurden gegeneinander getestet. Im Ergebnis zeigte sich eine Überlegenheit des Böhm-Bawerkschen-Ansatzes. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zeigten in fast allen Sektoren einen signifikant hohen Einfluß auf die Kapitalintensität. Aus dem theoretischen Ansatz folgt, daß eine höhere Kapitalintensität auch mit einer höheren Arbeitsproduktivität verbunden sein muß. Nur auf diese Weise kann der verstärkte Kapitalsatz im Zuge des technischen Wandels finanziert werden. Diese Hypothese wurde auf sektoraler Ebene getestet und konnte nicht zurückgewiesen werden. Damit ergibt sich für die Bundesrepublik das Ergebnis, daß höhere FuE-Aufwendungen auch im Rahmen einer nicht neoklassischen Produktionstheorie produktivitätssteigernd wirken. In amerikanischen Untersuchungen ist vielfach behauptet worden, daß die produktivitätssteigernd~n

Wirkungen von FuE-Aufwendungen seit Mitte der 70er Jahre nachgelassen

hätten und hierin einer der Gründe für den Rückgang des Produktivitätswachstums zu sehen sei. Um diese Aussage auch für die Bundesrepublik zu untersuchen, sind die Schätzgleichungen Stabilitätstests unterzogen worden. In einigen wichtigen Sektoren z.B. Maschinenbau zeigte sich in der Tat, daß sich die Strukturen in der Folge der Ölpreisschocks verändert haben. Die Elastizität der Produktivitätsentwicklung im Hinblick auf den FuE-Kapitalstock hat dort seit Mitte der 70er Jahre abgenommen. Dieser Befund spricht für die These, daß zumindest in einigen wichtigen Bereichen die Wirksamkeit von Forschung-und Entwicklungsanstrengungen aufgrund allgemein wirtschaftlicher Entwicklungen gelitten hat.

193

Ein weiterer Teil der empirischen Analyse befaßt sich mit der Diffusion der FuE-Auf-

wendungen über die Vorleistungs- bzw. Investitionsverflechtung. Da die Güterverflechtung lediglich für einige Stichjahre bekannt ist, beschränkt sich die Analyse auf eine Untersuchung der sektoralen Querschnitte für diese Jahrgänge. Es zeigt sich, daß die Ausgangshypothese auch hier nicht

zurückgewiese~

werden kann. Der Diffusionsprozeß von technischen

Neuerungen verläuft offensichtlich über die Käufe und Verkäufe von Investitionsgütern. Der Handel mit Vorleistungsprodukten spielt hingegen eine geringere Rolle; hier konnte kein signifikanter Einfluß auf die Produktivität festgestellt werden. Eine wichtige Frage, die bei der Analyse von den Produktivitätswirkungen der FuEAnstrengungen immer wieder aufgeworfen wird, ist die nach den Wachstums- und Beschäftigungseffekten. Um zu gültigen Aussagen zu kommen, muß der partialanalytische Rahmen, der üblicherweise den Analysen von Produktivitätseffekten zugrunde liegt, verlassen werden. Vielmehr ist eine Einbettung in ein gesamtwirtschaftliches Modell erforderlich. Erst auf diese Weise lassen sich alle positiven und negativen Impulse, die z.B. durch die Verlagerung von Nachfrage zwischen den Sektoren entstehen, hinreichend berücksichtigen. Die theoretische Analyse zeigt, daß die Reaktion der gesamtwirtschaftlichen Geldlohnsätze auf die Innovationen ein entscheidendes Kriterium für die Beschäftigungsentwicklung ist. Steigen sie als Folge des Produktivitätszuwachses an, vermindert sich der preissenkende Effekt der Innovationen. In diesem Fall können die Arbeitsplatzverluste, die durch die Zunahme des Produktivitätsniveaus entstehen, nicht mehr durch einen Anstieg der Nachfrage ausgeglichen werden. Bleibt das Lohnniveau nominal unverändert, gleichen sich die Wirkungen der arbeitssparenden Innovationen und der beschäftigungsfördemden Zunahme der Nachfrage genau aus. Die Beschäftigung bleibt dann unverändert. Im Rahmen der theoretischen Analyse wurde unterstellt, daß die Geldlohnsätze in den einzelnen Sektoren unverändert bleiben. Änderungen des gesamtwirtschaftlichen Lohnniveaus entstehen dann ausschließlich über Veränderungen der Beschäftigungsanteile der einzelnen Sektoren. Unter dieser Voraussetzung hängt die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Lohnniveaus von dem Verhältnis der Produktlöhne, die in die Relation zwischen Lohnhöhe und Produktivität passen, zwischen den Sektoren ab. Innovationen führen dann zu positiven Beschäftigungseffekten, wenn die Produktlöhne bei den Innovationen niedriger sind als in den nichtinnovierenden Branchen. Dies ist deshalb so, weil sich durch Innovationen und die mit

194

ihnen verbundenen Verbilligungen von Produkten Ausgaben in den innovierenden Sektor verlagern. Folglich steigt dort Absatz und Beschäftigung an. In den nichtinnovierenden nehmen Bereichen hingegen beide Größen ab. Ohne das sich die sektoralen Lohnsätze ändern würden, ergibt sich nunmehr ein niedrigeres gesamtwirtschaftliches Lohnniveau. Dies ist allein Folge der Veränderung der Absatz- und Beschäftigungsanteile, die sich nunmehr zugunsten des innovierenden Sektors, in dem der Produktlohnsatz laut unserer Annahme niedriger ist, verändert haben. Ein niedrigeres gesamtwirtschaftliches Produktlohnniveau bedeutet aber, daß auch das gesamtwirtschaftliche Preisniveau gesunken und die gesamtwirtschaftlichen Realeinkommen gestiegen sind. Dieser Anstieg ist mit einer Erhöhung von Nachfrage, Produktion und Beschäftigung verbunden. Es zeigt sich somit, daß unter den genannten Voraussetzungen Innovationen nicht nur Arbeitsplätze vernichten, sondern über den Anstieg der Realeinkommen sogar mehr zusätzlich schaffen können. Um ein realistischeres Bild von der Diffusion zu gewinnen, als dies anhand einer theoretischen Analyse möglich ist, sind Simulationsstudien für 49 Sektoren der Volkswirtschaft mittels eines disaggregierten Modells durchgeführt worden. Die dem Modell zugrunde liegenden Verhaltensbeziehungen sind empirisch getestet. Hier zeigt sich nun, daß jene Sektoren, die im Rahmen dieses Modells als Innovatoren bezeichnet werden, weil hier ein Großteil der FuE-Aufwendungen geleistet wird, durch die Innovation Marktanteile gewinnen. Dies gilt für Imitatoren, die die Innovation nur mit Verzögerung anwenden, nur bedingt. Ob das Ergebnis positiv ausfällt hängt im wesentlichen von der Preiselastizität der Nachfrage nach den Produkten dieser Bereiche ab. Ist diese niedrig, so gewinnen sie kaum zusätzliche Absatzmöglichkeiten aufgrund ihres nunmehr billigeren Angebots. In den übrigen Bereichen, von denen selbst keine Impulse in dieser Innovation ausgehen, können Veränderungen des Absatzes allein durch die Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage hervorgerufen werden. Die Simulationen zeigen, daß insbesondere die Dienstleistungssektoren von dem Nachfragezuwachs aufgrund höherer Realeinkommen profitieren. Die sektoralen Beschäftigungseffekte ergeben sich als die Differenz zwischen den Änderungen des Absatzes und der Produktivität. Diese Impulse sind in den innovierenden Sektoren gegenläufig. Den beschäftigungssteigernden Absatzzuwachs steht der beschäftigungssenkende Produktivitätsimpuls entgegen. Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht nur je nach Sektor, sondern auch nach dem zeitlichen Abstand zum Beginn des Innovationsimpulses. Unmittelbar

195

nach Auftreten der Innovation ist der Beschäftigungseffekt eindeutig negativ, da der Produktionszuwachs den des Absatzes bei weitem übersteigt. Je preiselastischer die Nachfrage nach den Produkten des Sektors reagiert, desto schneller steigt nunmehr der Absatz an und kann daher der beschäftigungssenkende Effekt des Produktivitätsanstiegs gemildert und in einigen Sektoren sogar mehr als ausgeglichen werden. Dies ist insbesondere im Bereich Maschinenbau der Fall, in dem die Beschäftigung gegen Ende des Simulationszeitraums sogar zunimmt. In den meisten Wirtschaftszweigen bleibt sie allerdings unterhalb ihres Niveaus im Ausgangszustand. Die Simulationen zeigen, daß die Löhne gesamtwirtschaftliche lediglich geringfügig auf die durch Innovationen in einzelnen Sektoren hervorgerufenen Produktivitätssteigerungen reagieren. Folglich ist hiermit zu rechnen, daß sich das Beschäftigungsniveau gesamtwirtschaftlich kaum ändert. Allerdings ist auch hier zwischen verschiedenen Phasen die Entwicklung zu unterscheiden. Zu Beginn des Simulationszeitraums reicht der Nachfrageanstieg nicht aus, um die Beschäftigungsverluste, die durch den Anstieg der Produktivität hervorgerufen werden, auszugleichen. Gegen Ende strebt die Beschäftigung wieder gegen das Ausgangsniveau. So bestätigen zwar die Simulationsergebnisse die Erkenntnisse aus dem theoretischen Modell, allerdings erfordert die Umsetzung der Produktivitätssteigerung in höheres Wachstum und damit auch wieder eine höhere Beschäftigung einen erheblichen Zeitbedarf. Der Höhepunkt des Beschäftigungsabbaus ist meist erst nach sieben bis acht Jahren erreicht. Erst danach überwiegt der Wachstumsimpuls und das Beschäftigungsniveau konvergiert wieder in Richtung auf den Ausgangszustand. Aus den verschieden Analysen läßt sich die Schlußfolgerung ziehen, daß Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in einem nennenswerten Umfang zu Produktivitätssteigerungen führen. Sie trägt damit zu der Verbessserung der Angebotsbedingungen bei, die von ihnen erhofft wird, und lösen insofern auch einen Impuls in Richtung höheres Wachstum aus. Die an sie geknüpften BeschäftigungseIWartungen müssen allerdings gesenkt werden. Dies liegt nicht an einer mangelhaften Umsetzung höherer FuE-Aufwendungen in neue Technologien. Vielmehr führt eine konsistente Einsetzung der FuE-Effekte in einen makroökonomischen theoretischen Rahmen zu der Schlußfolgerung, daß nicht die durch sie ausgelösten Produktivitätseffekte entscheidend sind, sondern der Impuls den sie auf das gesamtwirtschaftliche Lohnniveau ausüben.

196

Die Analysen weisen freilich noch einige Schwachstellen auf. Zum einen ist der internationale Rahmen nicht hinreichend beschrieben. Impliziert wird davon ausgegangen, daß im Ausland keine vom Referenzpfad abweichenden Innovationsanstrengungen auftreten. Daher ist jener Teil der Wachstumseffekte, der allein auf einem technologischen Vorsprung gegenüber dem Ausland beruht, mit großer Vorsicht zu interpretieren. Weiter ist der intersektorale Diffusionsprozeß nur rudimentär analysiert worden. Anstelle der hier durchgeführten Querschnittsanalysen wären Längsschniuanalysen vorzuziehen. Davor ist aber eine erheblich genauere Modellierung der Übertragungswege von Innovationsimpulsen zwischen den Sektoren erforderlich. Abgesehen davon, daß die Datenbasis für eine empirische Analyse bislang hierzu noch nicht ausreicht, sind bei der Analyse dieser Zusammenhänge erhebliche strukturelle Änderungen im Zeitablauf zu erwarten, die insbesondere durch Produktinnovationen sich die Lieferbeziehungen erheblich ändern können. Wie immer bleiben also am Ende einer solchen Arbeit viele Fragen offen. Dies dürfte ein Anreiz für weitere Untersuchungen sein.

197

LITERATURVERZEICHNIS

A'Waielu, 0., Horn, G. A., ZwieDer, R. (1989): Zu den Stabilitätseigenschaften ausgewähltf.r ökonometrischer Schätzfunktionen; in: Vierteljahrsheft 2-89. Baumol, W. / BlachmaDD, S. / WoIff, E. (1'85): Unbalanced Grouth Raisited: Assymphotie Stagnancy Review vol. 25, 1985. Bally, M. F. / ehambarti, A. K. (1985): Innovation and Productivity; in: Brookings Papers on Economic Activity, 2: 1985

Barro, R. J. (1976): Rational Expectations and the Role of Monetary Policy; in: Journal of Monetary Policy, Vol. 1 Beaassy, J. (1975): Neo-Keynesian Disequilibrium Theory in a Monetary Economy; in: Review of Economic Studies, Vol. 42, pp. 503 - 523 Bernstein, J. / Nadiri, M. I. (1988): Interindustry R & D Spillovers, Rates of Return and Production in High-Tech Industries, in: American Economic Review, Papers and Proceedings 1988 Bernstein, J. / Nadiri, M. J. (1989): Research and Development and Intra Industry SpiUovers: An Empirical Application of Dynamic Duality; in: Review of Economic Studies, vol. 56, 1989 Blattner, N. (1986): Technischer Wandel und Beschäftigung: Zum Stand der Diskussion; in: Bombach, G./Gahlen, B./OU, A E.: Technologischer Wandel- Analyse und Fakten, Tübingen 1986. Böhm-Bawerk, E. (1961): Geschichte und Kritik der Kapitalzins-Theorien, MeisenheimlGlan 1961 Boyer, R. (1985): New Technologies and Employment in the Eighties, From Science and Technology to Macroeconomic Modelling, in: CEPREMAP CNRS Nr. 8526, 1985. Blaug, M. (1968): Economic Theory in Retrospective, London 1968 Bombach, G. (1986): Technologischer Wandel und Wachstum, in: Gahlen, B./ Du, A E. (Hrsg.): Technologischer Wandel - Analyse und Fakten, Tübingen 1986

199

Brown, R. I., Durbing, J., Evans, J. M. (1976) Techniques for Testing the Constancy of Regression Relationships over time, in: Journal of the Royal Statistical Society, Series B, 37, S. 149 - 163. . Chow, G. (1967): Technological Change and the Demand for Computers, in: American Economic Review vol. 57, 1967. Cohen, W. / Levinthal, D. (1989): Innovation and Learning: The Two Focus of R & D; in: Economic Journal, vol. 99, 1989 Diewert, W. E. (1971): An Application of the Shephard Duality Theorem: A Generalized Leontief Production Function; in: Journal of Political Economy, vol. 79, no. 3, 1971 Dmt, A. / Stieglitz, J. (1977): Monopolistische Competition and Optimum Product Diversity, in: American Economie Review vol. 67, 1977. Dixon, R. (1980): Hybrid Corn Revisited, in: Econometrica vol. 48, 1980 Dorfman, R. (1959): A Graphical Exposition of Böhm-Bawerk's Interest Theory; in: Review of Economic Studies, 1959 Echterhoff-Severitt, H. (1986): Forschung und Entwicklung (FuE) in der Wirtschaft 1983, Essen 1986 Erber, G. / Horn, G. A. (1989): Wirkungen von Forschung und Entwicklung auf Beschäftigung, Preise und Außenhandel; in: Schettkat, R./ Wagner, M. (Hrsg.) Technologischer Wandel und Beschäftigung, Berlin - New York 1989 Evans, M. (1976): The Economic Impact of NASA R & D Spending, Chase Manhattan Econometrics mimeo 1976 Flaig,OJStadler, M. (1987): BeschäftigungseffekteprivaterFuE-Aufwendungen;in:VolkswirtschaftlicheDiskussionspapiere der Universität Augsburg Nr. 28 Flassbeck, H. / Horn, G. A. / Zwiener, R. (1991): Flexible Mengen, Rigide Preise, Beiträge zur Strukturforschung (erscheint demnächst). Flassbeck, H. / Horn, G. A. (1989): Strukturwandel und Beschäftigung, in: DIW-Diskussionspapiere Nr. 1, 1989

200

Franz, W. (1983): The Past Decade's natural Rate and the Dynamics of German Unemployment, A case against Demand Policy? In: European Economic Review, Vol. 21, S. 51 - 76. Franz, W. (1985): Challenges to the German Economy 1973 - 1983. Supply Shocks, Investment Slowdown, Inflation Variability and the Underutilization of Labor; in: Zeitschrift für Wirtschafts-und Sozialwissenschaften 105, S. 407 - 430. Gerfm, Ho; Horn, G.; Siebeck, K. (1985): Zur Bewährung inflationstheoretischer Hypothesen: Empirische Befunde für die Bundesrepublik Deutschland, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 30. Jg. 1985.

Gollop, F. / Jorgenson, O. W. (1980): US Productivity Growth by Industry 1943 - 1973; in: Kendrick, J. W. / Va~ra, B. (eds.) New Developments in Productivity Measurement and Analysis, NBER Studies of Income and Wealth, vol. 44, New York 1980 Goto, A. I Suzuki, K. (1989): R & D Capital, Rate of Return on R & D Investment and Spillover of R & D in Japanese Manufacturing Industries; in: Review of Economics and Statistics, vol. LXXI 1989 Griliches, Z. (1957): Hybrid Corn: An Exploration in the Economcis of Technical Change, in: Econometrica vol. 25, 1957 Griliches, Z. (1979): Issues in Assessing the Contribution of Research and Development to Productivity Growth. In: Bell Journal of Economics, vol. 10, 1979 Griliches, Z. (1980): R & D and the Productivity Slowdown; in: American Economic Review, Papers and Proceedings, vol. 70, 1980 Griliches, Z. (1986): Productivity, R & D, and Basic Research at the Firm-level in the 1970's; in: American Economic Review vol. 76, 1986 Griliches, Z. (1988): Productivity Puzzles and R & D: Another Nonexplanation, in: Journal of Economic Perspectives, vol. 2, 1988 Grubb, 0.; Jackman, 0.; Layard, R. (1983): Wage Rigidity and Unemployment in OECD Countries; in: European Economic Review, März/April 1983, 21 (112), S. 11 - 39. Horn, G. I Möller, J. (1985): Keynesianische oder klassische Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland Empirische Überprüfung eines Mengenrationierungsmodells mittels Kaiman-Verfahren für den

201

Zeitraum 1970 - 1982; in: Ifo-Studien, 31. Jg., Heft 3, pp. 203 - 238 Horn, G. A. (1988): Technological Change and the Sectoral for Inputs. Manuscript 1988 Hom, G. A. (1989): Die Wirkungen von Forschung und Entwicklung auf die Faktornachfrage, Preise und Löhne; in: Meyer-Krahmer, F. (Hrsg.): Sektorale und gesamtwirtschaftliche Bescbäftigungswirkungen moderner Technologien, Berlin - New York 1989 Jaeger, K. (1986): Die analytische Integration des technischen Fortschritts in die Wirtscbaftstbeorie in: Bombach, 0.1 Gahlen, B.I Ott, A Technologischer Wandel. Analyse und Fakten, Tübingen 1986 Jaffe, A. (1986): Technological Opportunity and Spillovers of R & D: Evidence from Firms' Patents, Profits and Market Value; in: American Economic Review vol. 76, 1986 Katsoulacos, Y. (1986): The Employment Effect of Technical Change, Oxford, 1986. KeDdrick, J. W. (1973): Postwar Productivity Trends in the United States, 1948 - 1969, New York 1973 Kromphardt, J.{feschDer M. (1986): Neuere Entwicklungen der Innovationstheorie; in: DIW Vierteljahrshefte 4-86 LeoDarel, W. (1971): Research and Development ind Industrial Growth; in: Journal of Political Economy, vol. 79, 1971 Lipsey, R. G. (1981): Tbe Understanding and Control of Inflation: Is there a Crisis in Macroeconomics? In: Canadian Journal of Economics, XIV, No. 4, S. 545 - 516. Lucas, R. (1976): Economic Policy Evaluation: A Critique, in: Carnegie Mellon Conference Session, Public Policy 1. Mail-esse, J.I SasseDou, M. (1989): Recherche - developpement et productivite: Un panorama des etudes econometriques; in: OCDE note du Secretariate DSTIJSPR/89.7, 1989 MaliDvaud, E. (1980): Profitability and Unemployment. Cambridge University Press MaDsfield, E. (1968): Industrial Research and Technological Innovation: An Econometric Analysis, New York 1968

202

Mansfield, E. (1972): Contribution of R & D to Economic Growth in the United States, in: Science, vol. 175, 1972 Mansfield, E. et al. (1977): Social and Private Rates of Return from Industrial Innovations; in: Quaterly Journal of Economics, vol. 77, 1977 McCaUum, B. T. (1980): Rational Expectations and Macroeconomic Stabilization Policy: An Overview; in: Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 12, pp. 716 -746 Meyer-Krahmer, F. (Ursg.) (1989): Sektorale und gesamtwirtschaftliche Beschäftigungswirkungen moderner Technologien, Berlin, Heidelberg, New York 1989. Mohnen, P. / Nadiri, M. I. / Prucha, J. (1986): R & D, Production structure and Rates of Return in the U.S., Japanese and Gennan Manufacturing sectors, in: European Economic Review vol. 30, 1986 Nadiri, M. J. (1980): Contributions and Determinants of Research and Development Expenditures in the U.S. Manufacturing Industries, in: Fuerstenberg, G. M. (ed.) (1980): Capital Efficiency and Growth, Cambridge M A, 1980 Nakamura, S. (1986): A Dynamic Multisectoral Model of Production, Investment and Prices Based on Flexible Cost Functions; in: DIW-Vierteljahrsheft 3-86 Nelson, R. (1980): Production Sets, Technofogical Knowledge, and R & D: Fragile and Overworked Constructs for Analysis of Productivity Growth? In: American Economic Review Papers and Proceedings vol. 70, 1980 Nelson, R. (1981): Research on Productivity Growth and Productivity Differences: Dead Ends and New Departures; in: Journal of Economic Literature, vol. XIX (1981) Nelson, R., Winter, S. (1982): An Evolutionary Theory of Economic Change, Cambridge/Mass. 1982 Nelson, R. (1984): Incentives for Entrepreneurship and Supporting Institutions; in: Weltwirtschaftsliches Archiv Bd.4,1984 Pakes, A. / Griliches, Z. (1984): Patent and R & D at the Firm Level: A First Look in: Griliches, Z. (ed.): R & D Patents, and Productivity, NBER Conference Report - Chicago -London 1984 Pate), P./Soete, L. (1987):

203

The Contribution of Science and Technology to Economic Growth: A Critical Reappraisal of the evidence; in: OECD-working paper DSTI(SPR/87.18) Romeo, A. (1977): The Rate of Imitation of a Capital-Embodiect Process Innovation, in: Econometrica vol. 44, 1977

Samarov, A. (1988): Robuste rekursive Schätzungen und die Aufdeckung von Strukturbrüchen in Regressionsmodellen, in: RWI-Mitteilungen, Jg. 39, S. 239 - 251 Scherer, F. M. (1982): Inter Industry Technology Flows and Productivity Growth; in: Review of Economics and Statistics 1982 Schönfeld, P. (1969): Methoden oder Ökonometrie, Berlin - Frankfurt, 1969 Scholz, L. (1987): Schwachstellen des Technologietransfers im Innovationsprozeß; in Ifo-Schnelldienst 26/87 Schott, K. (1978): Relation between Industrial R & D and Factor Demand; in: Economic Journal, vol. 88, 1978 Stoneman, P. (1983): The Economic Analysis of Technological Change. Oxford 1983 Stoneman, P. / freland, N. (1983): The Role of Supply Factors i~ the Diffusion of New Process Technology, in: Economic Journal supplement, March 1983. Terleckyj, N. (1980): What Da R & D Numbers Tell Us about Technological Change? In: American Economic Review, Papers and Proceedings, vol. 70 Teschner, M. (1969): Kapitaltheoretische Betrachtung zur Wachstumstheorie, in: Konjunkturpolitik, Heft 2, 1969 Weitzmann, M. (1985): The Simple Macroeconomics of Profit Sharing, in: American Economic Review, vol. 25, 1985 Wesseis, H. (1989): Auswirkungen des Einsatzes von Industrierobotern und CNC-Werkzeugmaschinen, in: MeyerKrahmer, F. (Hrsg.) (1989): SektoraJe und gesamtwirtschaftliche Beschäftigungswirkungen moderner TechnoJogien, Berlin - New York, 1989

204