Über ¿w-Exklamativsätze¿ im Deutschen 3484304294, 9783484304291

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Über ¿w-Exklamativsätze¿ im Deutschen
 3484304294, 9783484304291

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Einleitung
2. Exklamative und Einbettung: Braucht man einen semantischen Typ E(xclamative) für die semantische Selektion?
3. Zu w-Sätzen mit einleitendem w-Pronomen und der Bedeutung von erstaunt sein
4. W/e+Adjektiv Phrasen und we/c/i-Phrasen mit nominalem Intensivierer
5. Ob-Sätze und exklamative Prädikate
6. Zu selbständigen w-Sätzen und Exklamationen
7. Zusammenfassung und Fazit
Literatur

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Linguistische Arbeiten

429

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese

Franz-Josef d'Avis

Über >w-Exklamativsätze< im Deutschen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2001

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Avis, Franz-Josef /d': Über >w-Exklamativsätze< im Deutschen / Franz-Josef d'Avis. - Tübingen : Niemeyer, 2001 (Linguistische Arbeiten ; 429) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-484-30429-4

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag G m b H , Tübingen 2001 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck G m b H , Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand zum größten Teil im Projekt A3 des Sonderforschungsbereichs 340 "Sprachtheoretische Grundlagen für die Computerlinguistik"; der DFG sei Dank und ebenfalls Prof. Dr. H. Vater und Prof. Dr. H. Altmann für die Aufnahme in die Reihe Linguistische Arbeiten. Die Fertigstellung und Überarbeitung erfolgte im Rahmen meiner jetzigen Stelle als Forschungsassistent am Germanistischen Institut der Universität Lund. Das Vorwort als Endpunkt einer Arbeit ist der natürliche Platz, Dank abzustatten, was ich von Herzen tue: Meinen ehemaligen Kollegen, besonders Uli Lutz und Jürgen Pafel; den Mitgutachtern Arnim von Stechow, Bernhard Drubig und Jörg Meibauer. Besonderer Dank gilt meiner Mutter Brigitte D'Avis-Berninger, durch deren aufmerksame Unterstützung mein Studium der Linguistik erst möglich wurde, und meiner Doktormutter Marga Reis, nicht nur für ihre behutsame Betreuung der Arbeit selbst, sondern auch für ihre vorbildhafte Art, Linguistik als argumentierende Wissenschaft zu vermitteln. Ich habe mich bemüht, dem zu entsprechen. Natürlich danke ich auch meinen Töchtern Josephine und Eifa, die Gedanken zwar nicht lesen, aber sehr wohl zu beeinflussen wissen, und meiner Frau Stefanie für viel mehr. Ihr ist auch diese Arbeit gewidmet.

Lund, den 17. Juli 2000

Franz-Josef d'Avis

Inhalt

1. Einleitung 2. Exklamative und Einbettung: Braucht man einen semantischen Typ für die semantische Selektion? 2.1. Einleitung: Semantische Selektion 2.2. Braucht man den Typ E(xclamative)! 2.3. Probleme bei Grimshaw (1979) 2.4. Vergleich mit entsprechenden Daten im Deutschen 2.5. Zusammenfassung Kap. 2

1 E(xclamative) 12 12 16 19 23 29

3. Zu w-Sätzen mit einleitendem w-Pronomen und der Bedeutung von erstaunt sein... 3.1. Einleitung 3.2. Vergleich von w-Sätzen mit einleitendem w-Pronomen 3.3. Zur Bedeutung von w-Sätzen und dem Zusammenhang mit erstaunt sein 3.4. Exklamative Prädikate: Bezug zu einem'Emotionalen System' 3.5. Zusammenfassung Kap. 3

30 30 30 32 38 42

4. Me+Adjektiv Phrasen und wefc/i-Phrasen mit nominalem Intensivierer 4.1. Einleitung 4.2. wie+Adjektiv-Phrasen 4.2.1. Weitere Kontraste 4.2.2. Zu bestimmten Adjektiven 4.2.2.1. Gradadjektive 4.2.2.2. Zur Bedeutung von groß, klein und riesig 4.2.3. Zwei Lesarten von Sätzen mit wie groß 4.2.4. Der Effekt von bestimmten Appositionen zu w-Phrasen 4.2.5. Zur Bedeutung von wie riesig 4.2.6. Komplexe w/e-Phrasen unter Frageprädikaten 4.2.7. Komplexe vw'e-Phrasen in Mehrfach-w-Sätzen 4.2.8. Komplexe wi'e-Phrasen und partielle w-Bewegung 4.2.9. Zusammenfassung 4.2 4.3. Welch- Phrasen mit nominalen Intensivierern 4.3.1. Weitere Kontraste 4.3.2. We/c/z-Phrasen mit nominalen Intensivierern: Eine Deutung 4.3.3. We/cA-Phrasen mit nominalen Intensivierern unter Frageprädikaten... 4.3.4. We/c/i-Phrasen mit nominalen Intensivierern in Mehrfach-w-Sätzen .. 4.3.5. We/c/i-Phrasen mit nominalen Intensivierern und partielle w-Bewegung 4.3.6. Zusammenfassung 4.3 4.4. Bezug zu einer Norm 4.4.1. Bezug zu einer Norm: Komplemente mit einleitendem w-Pronomen... 4.4.2. Bezug zu einer Norm: wie-Komplemente 4.5. Zur Anbindung der Präsupposition an die Sprecherwelt 4.6. Zusammenfassung von Kap. 4

45 45 47 47 48 48 49 56 59 61 66 68 70 71 71 71 72 74 74 75 75 76 77 79 82 84

Vffl 4.7. Anhang 1: Zu Höhle (1996) 4.8. Anhang 2: Ausdruck einer extremen Bewertung und exklamativer Effekt

84 86

5. Ob-Sätze und exklamative Prädikate 5.1. Einleitung 5.2. Zur Bedeutung von ob-Sätzen 5.3. Bewertungsprädikate 5.4. Zusammenfassung Kap. 5

88 88 96 99 103

6. Zu selbständigen w-Sätzen und Exklamationen 6.1. Einleitung 6.2. Arten von nicht-eingebetteten Verbletzt-Sätzen 6.3. W-Sätze in Rosengren (1992) 6.4. Probleme bei Rosengren (1992) 6.5. Zum Zusammenhang zwischen w-Satz und Frage/Exklamation 6.6. Interrogativ-Sätze, die nicht als Fragen verwendet werden können, aber als Exklamationen 6.7. Zur Nicht-Einbettbarkeit von w-Sätzen mit wie in Distanzstellung 6.7.1. Vergleich mit w-Sätzen mit expletivem was 6.7.1.1. Mehrfach-w-Sätze 6.7.1.2. Was in-situ 6.7.1.3. Extraktion aus finiten Komplementsätzen 6.7.1.4. Koordination satzinitialer w-Phrasen 6.7.1.5. Nicht-Einbettbarkeit von was 6.7.1.6. Wie in Distanzstellung 6.7.2. Vergleich mit bestimmten Äquativkonstruktionen 6.7.3. Vergleich mit evaluativen Satzadverbien 6.8. Interrogativ-Sätze, die nicht als Exklamationen verwendet werden können, aber als Fragen 6.9. Zusammenfassung Kap. 6 6.10. Anhang: Zu verschiedenen Fragen

104 104 107 112 116 120 125 132 133 133 134 135 135 136 138 140 141 142 146 148

7. Zusammenfassung und Fazit

150

Literatur

155

1.

Einleitung

Im Deutschen ist der nicht-lexikalische Ausdruck einer emotionalen Einstellung zu einem Sachverhalt mit Hilfe der Äußerung verschiedener Arten finiter Sätze möglich, vgl. (1). (1)

a. b. c. d. e. f.

Ist die groß! Die hat vielleicht schöne Beine! Hat der nicht einen tollen Wagen Der kann aber schnell rennen! Daß Maria so schöne Beine hat! Daß die immer zu spät kommt!

Eine Äußerung der Sätze in (la-d) drückt etwas wie Verwunderung über die Größe der Gemeinten (la), 1 bezüglich ihrer Beine (lb), seines Wagens (lc) oder seiner Fähigkeit zu rennen (ld) aus. Es handelt sich um Sätze mit Erst- bzw. Zweitstellung des finiten Verbs, die keine w-Phrase enthalten. Die Sätze in (le, f) sind selbständige Verbletzt-Sätze mit der Konjunktion daß als einleitendem Element, mit denen ebenfalls eine bestimmte emotionale Einstellung zu dem durch die Proposition des Satzes beschriebenen Sachverhalt ausgedrückt werden kann.2 Daneben gibt es die Möglichkeit, die gleiche Art der emotionalen Einstellung durch die Äußerung bestimmter w-Sätze auszudrücken, vgl. (2). Dient die Äußerung eines Satzes dem Ausdruck einer emotionalen Einstellung, werde ich auch davon sprechen, daß der Satz als Exklamation verwendet wird. Großschreibung zeigt den Hauptakzent des Satzes an. (2)

1 2

a. b. c.

Wen DIE alles eingeladen hat! Wen DIE geheiratet hat! Wem PETER immer hilft!

d. e. f. g.

Wen hat DIE alles eingeladen! Wen hat DIE nicht alles eingeladen! Wie RIESIG Maria ist! Wie schnell DIE laufen kann!

h. i.

Wie überaus GROSS Marias Füße sind! Welchen BOMBENERFOLG das neue Stück hatte!

j. k. 1.

Wie DIE groß geworden ist! Wie ist DIE groß geworden! Was DIE gewachsen ist!

Aber nicht ausschließlich, s. Fn. 3. Siehe zu selbständigen Verbletzt-Sätzen im Deutschen: Weuster (1983), Reis (1985: 282ff.), Meibauer (1989), Oppenrieder (1989), Winkler (1989).

2 Mit Äußerungen der Sätze in (2) wird eine emotionale Einstellung zu einem Sachverhalt zum Ausdruck gebracht, wobei dieser Sachverhalt von bestimmten Normvorstellungen des Sprechers abweicht, vgl. Fries (1988), Rosengren (1992, 1994, 1997). Die Grundeinstellung des Sprechers kann dabei mit Verwunderung oder Erstaunen umschrieben werden, vgl. Altmann (1987), (1993). 3 Zum Beispiel drückt (2a) Verwunderung bezüglich der Menge der Eingeladenen aus, wobei diese nicht den Normvorstellungen des Sprechers entspricht. (2b) etwa drückt die Verwunderung, das Erstaunen des Sprechers darüber aus, daß der Referent von die jemand bestimmten geheiratet hat, wobei die Normvorstellung des Sprechers so ist, daß dieser Referent jemand anderen hätte heiraten sollen. Es können sowohl w-V2-Sätze als auch selbständige w-Verbletzt-Sätze als Exklamationen verwendet werden, s. auch Altmann (1987, 1983). Das wird auch durch eine Auswahl von Grammatiken des Deutschen bestätigt, vgl. Erben ( 1 1 1972), Heidolph/Flämig/Motsch (1981: 771), Duden 4 (1984: 560), Engel ( 2 1991: 233), Flämig (1991: 212), wobei allerdings nicht von Exklamation sondern von Ausruf oder Ausrufesatz die Rede ist. In Eisenberg ( 2 1989: 410) wird der Ausrufesatz als markierte Satzart bezeichnet und im Duden 4 (1984: 560) als Aussagesatz klassifiziert. Einigkeit besteht in der Charakterisierung des Ausrufesatzes als Ausdruck einer inneren Bewegung oder Gefühlsbewegung. Im Bereich abhängiger sententialer w-Konstruktionen findet sich eine Klasse von Prädikaten, die als Teil ihrer lexikalischen Bedeutung dem Matrixsubjekt eine emotionale Einstellung mit damit verbundener Normabweichung zuschreibt. Zu dieser Klasse kann man etwa erstaunt sein, verblüfft sein, verwundert sein, bemerkenswert finden u.a. rechnen, vgl. Kap. 3. Der Zusammenhang mit den Sätzen in (2) besteht darin, daß die Matrixprädikate bestimmte mögliche Einstellungen, die dem Sprecher bei selbständiger Verwendung zugeordnet werden können, als Teil ihrer Bedeutung in bezug auf das Matrixsubjekt propositionalisieren. Diese Prädikate nehmen als Komplemente neben daß-Sätzen auch w-Sätze zu sich, vgl- (3). (3)

a. b. c. d. e.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

findet es erstaunlich, wen Maria geheiratet hat. ist verblüfft, wie überaus groß Marias Füße sind. ist erstaunt, wen Maria alles eingeladen hat. findet es bemerkenswert, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. ist verwundert darüber, wen Maria geheiratet hat.

Der Punkt der Normabweichung ist auch in diesen Fällen gegeben, wenn man sich überlegt, daß Heinz nur dann über einen Sachverhalt erstaunt, verblüfft sein kann, einen Sachverhalt bemerkenswert findet oder bezüglich eines Sachverhalts verwundert ist, wenn dieser nicht seinen Normvorstellungen entspricht. Die Ähnlichkeiten haben dazu geführt, auch die eingebetteten Sätze in (3) Exklamativsätze zu nennen. Ähnlichkeiten finden sich aber nicht nur zwischen der Beschreibung dessen, was Äußerungen von (2) ausdrücken können, und Bedeutungsbestandteilen der Matrixprädikate in (3), sondern auch bezüglich der w-Sätze, die in diesen Kontexten vorkommen können.

3

Dazu, daß 'Verwunderung' die möglichen emotionalen Einstellungen nicht in ihrer ganzen Breite umfassen kann, siehe Rosengren (1992, 1994, 1997) und unten Kap. 6.

3 Davon betroffen sind die satzeinleitenden Elemente. Auf der einen Seite können nicht alle w-Phrasen, die einen selbständigen w-Satz einleiten, der als Exklamation verwendet wird, auch w-Sätze einleiten, die als Fragen verwendet werden, vgl. (4). (4)

a. b. c. d.

Wie überaus groß Maria ist! *Wie überaus groß ist Maria? Welchen Bombenerfolg das neue Stück doch hatte! *Welchen Bombenerfolg hatte das neue Stück?

Auf der anderen Seite kann der Komplementierer ob zwar einen Satz einleiten, der als Frage verwendet wird, aber keinen, der als Exklamation gebraucht wird, vgl. (5). (5)

a. b.

Ob Peter Maria (wohl) geheiratet hat? *Ob Peter Maria geheiratet hat!

Denselben Kontrast findet man in bezug auf die Einbettungsmöglichkeiten unter Prädikaten wie erstaunt sein, verwundert sein, die ich auch exklamative Prädikate nennen werde, und unter Prädikaten wie fragen oder wissen-wollen, die ich auch Frageprädikate nennen werde, vgl. (6) und (7).4 (6)

a. b. c. d.

Heinz ist erstaunt, wie überaus groß Maria ist. *Heinz möchte wissen, wie überaus groß Maria ist. Heinz ist verwundert darüber, welchen Bombenerfolg das neue Stücke hatte. *Heinz fragt sich, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte.

(7)

a. b.

Heinz fragt sich, ob Maria geheiratet hat. *Heinz ist verblüfft, ob Maria geheiratet hat.

Es besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, einen durch eine bestimmte w-Phrase eingeleiteten Satz als Exklamation zu verwenden, und der Grammatikalität der Einbettung eines solchen Satzes unter exklamativen Prädikaten. Es ist zu klären, ob diese Sachlage dazu zwingt, neben dem w-Interrogativsatz, der als Satztyp wohl etabliert ist, für w-Sätze einen weiteren Satztyp, w-Exklamativsatz, anzunehmen, der als syntaktische Basis für eine exklamative Interpretation dient, die im weiteren Auswirkungen auf die Selektion und die Verwendungsmöglichkeiten dieser w-Sätze hat. Es ist also notwendig, sowohl eingebettete als auch nicht-eingebettete w-Sätze zu betrachten. Ich werde dieses Problem wie folgt angehen: Wenn es einen vom w-Interrogativsatztyp unterschiedlichen Satztyp w-Exklamativsatz gibt, sollten w-Sätze dieses Typs eine andere grammatisch determinierte Bedeutung haben als w-Interrogativsätze. Daraus könnte man die unterschiedlichen Distributionseigenschaften bezüglich bestimmter Klassen von Matrixprä-

4

Das sind intensionale Prädikate, die ein w-Komplement zu sich nehmen, i.S.v. Groenendijk/Stokhof (1982), im Gegensatz zu extensionalen Prädikaten wie wissen oder herausfinden.

4 dikaten i.S.v. semantischer Selektion ableiten. 5 Zusätzlich könnte eine exklamative Bedeutung Grundlage für die Ableitung der exklamativen Verwendungsweise bei selbständigen wSätzen sein. Wenn man allerdings zeigen kann, daß sich diese Distributionsunterschiede sowie die Möglichkeit exklamativer Verwendung bei selbständigen w-Sätzen auch dann erklären lassen, wenn man für diese w-Sätze keine besondere 'exklamative' Bedeutung annimmt, sondern dieselbe Bedeutung wie bei w-Interrogativsätzen auch, ist die Annahme eines w-Exklamativsatztyps überflüssig. Bei dieser Herangehensweise wird deutlich, daß man bei der Analyse der Daten in (2) bis (7), die den empirischen Kernbereich der Arbeit bilden, ganz verschiedene Bereiche in die Betrachtung mit einbeziehen muß: Den Begriff der Exklamativität und seine Verortung im Sprachsystem, die Bedeutung bestimmter Prädikate bzw. konstitutive semantische Eigenschaften bestimmter Prädikatsklassen, die Bedeutung von w-Sätzen mit der Auswirkung bestimmter Elemente auf die kompositionale Berechnung dieser Bedeutung, die Auswirkung bestimmter Bedeutungsbestandteile von w-Satzkomplementen im Zusammenhang mit den Selektionseigenschaften von Matrixprädikaten bzw. mit der Möglichkeit verschiedener Verwendungen. Bei Exklamativität geht es um die Frage, wo sie sich manifestiert. (a) Ist Exklamativität eine Eigenschaft von Phrasen, d.h. gibt es exklamative w-Phrasen? So etwa: Gallmann (1997), Höhle (1996), Reis (1991), Zaefferer (1991). (b) Ist Exklamativität eine Eigenschaft von Sätzen, d.h. gibt es exklamative w-Sätze, einen w-Exklamativsatztyp? So fürs Englische Elliott (1971, 1974), Grimshaw (1979, 1981), fürs Deutsche: Altmann (1987, 1993), Batliner (1988), Näf (1987, 1996), Oppenrieder (1988), Schwabe (1992), Zaefferer (1983, 1984), fürs Französische: Alter (1993), Obenauer (1994). (c) Ist Exklamativität eine Eigenschaft von einbettenden Prädikaten, d.h. gibt es exklamative Prädikate? S. Huddieston (1993). (d) Ist Exklamativität eine Eigenschaft der Verwendung von w-Sätzen? S. Fries (1988), Rosengren (1992, 1994, 1997). Auf die Punkte (a) und (b), die dabei eng verbunden sind, sei näher eingegangen: Unter der Annahme, daß sich satztypkonstituierende Eigenschaften an der linken Peripherie eines Satzes manifestieren, s. etwa BRRZ (1992), Reis (1991), im Rahmen einer Konzeption wie Chomsky (1986) etwa im Bereich der funktionalen Satzkategorien IP und CP, hängt die Annahme eines w-Exklamativsatztyps mit der Annahme einer exklamativ ausgezeichneten wPhrase eng zusammen. Parallel zu den Überlegungen der Saturierung eines Satztypmerkmals +w im Kopf des Satzes durch eine +w ausgezeichnete w-Phrase in der Spezifiziererposition des Satzes, etwa i.S.v. Trissler/Lutz (1992), läßt sich die Saturierung eines exklamativen Satztypmerkmals im Kopf des Satzes durch eine exklamativ ausgezeichnete w-Phrase denken. Eine solche Auszeichnung könnte zum einen durch eine bestimmte semantische Interpretation motiviert sein, die einen exklamativen w-Satz von einem interrogativen w-Satz unterscheidet, und zum anderen durch eine dadurch ermöglichte (syntaktische) Unterschei-

5

Für die Notwendigkeit der Annahme von semantischer Selektion als Zugriff auf einen bestimmten semantischen Typ zusätzlich zu syntaktischer Subkategorisierung i.S.v. Chomsky (1973), s. Grimshaw (1979, 1981).

5 dung, die sich im Zusammenhang mit Subkategorisierungsanforderungen eines Matrixprädikats auswirken könnte.6 Die Annahme exklamativer w-Phrasen wird über die Distribution bestimmter w-Phrasen in bestimmten Kontexten verständlich, i.d.S. daß die satzeinleitende w-Phrase eines w-Exklamativsatzes eine exklamative w-Phrase ist. Dabei muß natürlich ein Begriff von w-Exklamativsatz vorausgesetzt werden. Zur Klassifizierung von w-Sätzen als exklamative w-Sätze gibt es verschiedene Überlegungen: Zu eingebetteten w-Sätzen: Nach Zaefferer (1983) sind diejenigen eingebetteten w-Sätze w-Exklamative, die unter Prädikaten vorkommen, die keine ob-Sätze zu sich nehmen, vgl. Zaefferer (1983: 474). Damit ist der eingebettete w-Satz in (8a) ein exklamativer w-Satz und der eingebettete w-Satz in (8b) nicht, da (8c) möglich ist, aber nicht (8d). (8)

a. b. c. d.

Heinz ist erstaunt, wen Maria geheiratet hat. Heinz möchte wissen, wen Maria geheiratet hat. Heinz möchte wissen, ob Maria geheiratet hat. *Heinz ist erstaunt, ob Maria geheiratet hat.

Welche Eigenschaften den eingebetteten w-Satz in (8a) als Exklamativsatz nun von dem in (8b) unterscheiden, ist dabei allerdings nicht klar, und es ergibt sich aus der Analyse von Zaefferer (1983) auch nicht, da die Bedeutung nur im Zusammenhang mit der Bedeutung des einbettenden Prädikats berechnet wird. Was den eingebetteten w-Satz in (8a) inhärent zu einem w-Exklamativsatz macht, bleibt damit offen. Zu selbständigen w-Sätzen: Für Altmann (1987, 1993) sind w-Exklamativsätze eine Klasse von w-Sätzen mit angebbaren formalen Eigenschaften, die eine gemeinsame Funktion haben, nämlich den Ausdruck einer Verwunderungseinstellung. Formale Eigenschaften sind das Vorhandensein eines w-Ausdrucks in satzeinleitender Position, Spaltungsmöglichkeiten bei wie+Adjektiv-Phrasen, (s.o. (2j, k)), Möglichkeit eines Exklamativakzents, Einschränkung der Verbmorphologie auf nichtimperativische Verbalformen.7 Mit einem solchen Zuordnungsansatz, dem auch Batliner (1988), Oppenrieder (1988), Näf (1987) zugerechnet werden können, sind zum einen Probleme ganz genereller Art verbunden. Es wird nicht deutlich, aus welchem Grund gerade die angegebenen Formmerkmale den angestrebten Effekt hervorrufen. Man möchte wissen, wie die relevanten Eigenschaften zusammenwirken und auf welcher Ebene der Organisation des sprachlichen Systems das der Fall ist. In bezug auf die Klassifikation von w-Sätzen bleibt aber zum anderen bei einem solchen Ansatz ein wichtiger Zusammenhang unbeachtet: der zwischen selbständigen und eingebetteten w-Sätzen, da der Ausdruck einer bestimmten Sprechereinstellung im Fall von eingebetteten Sätzen nicht zugrundegelegt werden kann.

6

7

Im Fall einer Theorie der semantischen Selektion, vgl. Grimshaw (1979), fallen die beiden Punkte zusammen. Zudem Ausschluß von Plusquamperfekt und Futur II und seltenes Auftreten von konjunktivischen Formen.

6 Bei der Frage nach der Existenz eines Satztyps w-Exklamativsatz ist es evident, daß damit sowohl selbständig verwendbare als auch eingebettete sententiale Strukturen erfaßt werden müssen. Eine solche Forderung ist für das Deutsche um so suggestiver, als gerade im Bereich exklamativer Äußerungen selbständige w-Verbletzt-Sätze völlig unmarkiert sind, vgl. (2). Wenn man nicht davon reden will, daß es sich bei selbständig verwendeten w-VerbletztSätzen bezüglich des Satztyps um andere Objekte handelt als bei den eingebetteten Varianten, sollten sie denselben Satztyp haben. Eine solche Zusammenfassung scheint aber unter einem Zuordnungsansatz nicht möglich. Eine Klassifikation von w-Sätzen als w-Exklamative, die selbständige und eingebettete w-Sätze umfaßt, findet sich in Grimshaw (1979). Grimshaw (1979) geht von der Beobachtung aus, daß eine bestimmte Art von w-Sätzen im Englischen nur als Exklamationen verwendet werden können. Dazu gehören w-Sätze, die von what a + Nomen eingeleitet werden, vgl. (9). (9)

What a bastard he is!

Ohne auf weitere besondere Eigenschaften dieser selbständigen w-Sätze einzugehen, 8 ist die Argumentation vereinfacht wie folgt: 9 w-Sätze, die von what a + Nomen eingeleitet werden, können selbständig nur als Exklamationen verwendet werden. Daraus wird gefolgert, daß es sich um w-Exklamativsätze handelt.10 Sätze dieser Art können Komplemente von Prädikaten wie be amazed, be surprised at sein. Diese Prädikate nehmen keine whether-Sätzc zu sich. Whether-Sätze werden als reine Interrogativsätze angesehen. Der Schluß ist, daß w-Komplemente von Prädikaten wie be amazed oder be surprised at immer w-Exklamativsätze sind. Das betrifft auch w-Sätze, die sich von w-Komplementen von Prädikaten wie ask oder wonder nicht unterscheiden. Weiterhin geht Grimshaw (1979) davon aus, daß sich w-Interrogative und w-Exklamative syntaktisch nicht unterscheiden, aber eine unterschiedliche semantische Deutung erhalten, die zu unterschiedlichen semantischen Typen führt." Dabei wird nicht klar, worauf die Zuweisung unterschiedlicher Bedeutung beruht. Die Klassifikation von w-Sätzen als w-Exklamativsätze beruht bei Grimshaw (1979) also zum einen darauf, daß sie als Exklamationen verwendet werden können, und zum anderen darauf, daß sie Komplemente von bestimmten Prädikaten sein können. Dabei wird aber weder im selbständigen Fall, genausowenig wie bei den Zuordnungsansätzen, noch im eingebetteten Fall, genausowenig wie bei Ansätzen wie Zaefferer (1983), expliziert, was den wSatz inhärent als exklamativ auszeichnet und zu einer semantischen Interpretation führt, die sich von der grammatisch determinierten Bedeutung von w-Interrogativsätzen unterscheidet. Wenn man also davon ausgeht, daß es sich bei Exklamativität um den Ausdruck einer emotionalen Einstellung zu einem Sachverhalt handelt, dann ist klar, daß auch bei den genannten Ansätzen, die von der Existenz eines w-Exklamativsatztyps ausgehen, Exklamativität nur in Verbindung gebracht werden kann mit der Verwendung eines w-Satzes oder mit lexikalischen Eigenschaften eines einbettenden Prädikats. Wenn man über Exklamativität re-

8 9 10 11

Sie kommen immer ohne Subjekt-Auxiliar-Inversion vor. Für eine ausführlichere Darstellung und Kritik von Grimshaws (1979) Ansatz vgl. Kap. 2. Dieser Schluß wurde schon von Elliott (1971, 1974) gezogen. S. Kap. 2.

7 den will, kann man es m.E. nur im Zusammenhang mit der Bedeutung von bestimmten Prädikaten oder mit einer bestimmten Verwendung von selbständigen Sätzen tun. Natürlich läßt sich der Begriff w-Exklamativsatz auch losgelöst von einer inhaltlichen Bindung an den Begriff der Exklamativität betrachten, etwa als ein Klasse von w-Sätzen, die sich durch eine Merkmalsauszeichnung +exklamativ von anderen w-Sätzen, etwa w-Interrogativsätzen unterscheidet. Dann erwartet man interne Unterschiede zwischen Vertretern dieser Klassen. Bis jetzt haben wir nur gesehen, daß es für w-Sätze verschiedene Einbettungs- und Verwendungsmöglichkeiten gibt, abhängig von der Art des satzeinleitenden Elements. So kann im Englischen what a + Nomen selbständig nur als Exklamation verwendet werden und eingebettet nur unter einer bestimmten Klasse von Prädikaten vorkommen, zu der etwa to be amazed und to be surprised at gehören. Whether-Sätze kommen als Komplemente dieser Prädikate nicht vor. Zudem gibt es bestimmte modifizierende Element innerhalb von wPhrasen, die nur in w-Phrasen vorkommen, die w-Sätze in diesen Kontexten einleiten, sogenannte Intensivierer wie etwa very.n Wie oben gezeigt, (4) - (7), trifft eine solche Unterscheidung im Deutschen ebenfalls zu: w-Phrasen mit Intensivierern wie überaus oder nominalen Intensivierern wie Bombenerfolg kommen nur in w-Sätzen vor,13 die als Exklamationen verwendet werden, oder eingebettet unter Prädikaten wie erstaunt sein oder verblüfft sein. Ob-Sätze können, obwohl sie selbständig vorkommen, nicht als Exklamationen verwendet werden und kommen auch als Komplemente der genannten Prädikate nicht vor. W-Phrasen mit solchen intensivierenden Elementen wären also gute Kandidaten für eine Auszeichnung mit +exklamativ. In diesem Sinn könnte man auch die Überlegungen von Grimshaw (1979) verstehen. Es ist allerdings überhaupt nicht klar, wie die Anwesenheit eines intensivierenden Elements zu einer exklamativen Auszeichnung der w-Phrase führt und im weiteren zu einer zu explizierenden exklamativen Bedeutung des w-Satzes. Ebenso gibt es keinen Vorschlag, wie die Bedeutung von ob bzw. whether zu beschreiben ist, so daß im Falle eines ob-Satzes eine exklamative Bedeutung unmöglich gemacht wird. Die Lösung dieser Probleme scheint mir aber grundlegend für die Etablierung eines Satztyps w-Exklamativsatz zu sein.14 Ich werde versuchen, den Unterschieden in Einbettungs- und Verwendungsmöglichkeiten bestimmter w-Sätze auf der Grundlage einer einheitlichen interrogativen Bedeutung gerecht zu werden. Grundannahmen sind dabei im Rahmen eines generativen Grammatikmodells die satztypkonstituierende Auszeichnung von Interrogativsätzen durch ein syntaktisches Merkmal +w, vgl. Reis (1991), BRRZ (1992), Trissler/Lutz (1992), die semantische Deutung dieses Merkmals als Interrogativator i.S.v. v. Stechow (1993), die darauf aufbauende Bedeu-

12 13 14

Cf. Elliott (1971, 1974), Grimshaw (1979). Siehe zu dem Begriff 'nominaler Intensivierer' van Os (1989). Auf den ersten Blick scheint es verlockend, für w-Elemente einen zusätzlichen Lexikoneintrag anzunehmen mit einer +exklamativ Auszeichnung. Zumindest für das Englische bekommt man aber sofort Probleme, da man erwarten würde, daß es uneingebettete w-Sätze der Art (i) gibt, die als Exklamationen verwendet werden können. (i) *Whom she married! Nach Grimshaw (1979) gibt es diese nicht.

8

tung von w-Interrogativsätzen als Menge von Propositionen i.S.v. Karttunen (1977) und bestimmte Antwortkonzepte i.S.v. Heim (1994). Einprägsamer formuliert, werde ich folgende Hypothese überprüfen: (10)

Hypothese (I): Sogenannte 'w-Exklamativsätze' haben dieselbe satzgrammatische Bedeutung wie w-Interrogativsätze.

'W-Exklamativsatz' ist als deskriptiver Terminus zu verstehen und bezeichnet w-Sätze, die unter exklamativen Prädikaten wie erstaunt sein oder verwundert sein eingebettet sind bzw. als Exklamation verwendet werden. Zur Überprüfung dieser Hypothese behandele ich die folgenden Punkte: (i) Ist für semantische Selektion die Annahme eines semantischen Typs E(xclamative) notwendig? Dazu werde ich in Kap. 2 auf den Ansatz von Grimshaw (1979, 1981) und die Modifikationen von Pesetsky (1982) eingehen und zu dem Schluß kommen, daß diese Annahme nicht nötig ist, wenn man die folgenden Punkte in (ii) bis (vii) klären kann. (11) Wie kann man exklamative Prädikate beschreiben und deren Zusammenhang mit interrogativen Komplementen? In Kap. 3 werde ich zu dieser Frage das Verhalten von w-Sätzen mit einleitenden w-Pronomen unter exklamativen Prädikaten und Frageprädikaten in bezug auf bestimmte Konstruktionen untersuchen. Es wird dafür argumentiert, daß es nicht sinnvoll scheint, von verschiedenen Typen von w-Sätzen auszugehen. Darauf folgen Überlegungen zur Bedeutung von erstaunt sein und darauf aufbauend zu einer Charakterisierung einer Klasse von exklamativen Prädikaten. (iii) Wie kann man erklären, daß bestimmte w-Interrogative nicht unter Frageprädikaten vorkommen? Dazu werde ich in Kap. 4 zwei Klassen von Sätzen besprechen, die aufgrund ihrer Distribution gegen die Hypothese (I) zu sprechen scheinen. Es geht dabei um die Kontraste in (11) und (12).15 (11) a. b.

Heinz ist erstaunt, wie riesig Maria ist. *Heinz fragt sich, wie riesig Maria ist.

(12) a. b.

Heinz ist erstaunt, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte, *Heinz fragt sich, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte.

15

Dafür, daß (IIb) zwei Lesarten hat, wobei nur eine unter Frageprädikaten schlecht ist, s. Kap. 4.

9 Ich werde dafür argumentieren, daß dieses Verhalten zurückzuführen ist auf die Einwirkung bestimmter Eigenschaften von Adjektiven wie riesig bzw. von Nomen wie Bombenerfolg und daß diese Daten nicht für eine exklamative Bedeutung des w-Satzes sprechen. (iv) Wie kann man erklären, daß ob-Sätze nicht unter exklamativen Prädikaten vorkommen, vgl. (13)? (13)

*Heinz ist erstaunt, ob Maria geheiratet hat.

Dazu werde ich in Kap. 5 eine Modifikation der Karttunen-Bedeutung von Entscheidungsinterrogativen vorschlagen, die in Verbindung mit bestimmten Eigenschaften von exklamativen Prädikaten die Ungrammatikalität von Sätzen wie (13) erklärbar macht. In Kap. 6 behandele ich selbständige w-Sätze im Deutschen, die als Exklamationen verwendet werden können. Dabei geht es um die folgenden Fragen: (v) Wie kann man eine exklamative Verwendung eines Interrogativsatzes herleiten? (vi) Wie beschreibt man, daß bestimmte Interrogative nicht als Fragen verwendet werden können, aber als Exklamationen? (vii) Wie beschreibt man, daß bestimmte Interrogative nicht als Exklamationen verwendet werden können, aber als Fragen? ad (v): Das betrifft zunächst die Daten in (14). (14) a. b. c. d. e. f. h. i. jk. 1. m. n. o.

Wen die geheiratet hat! Wen die alles eingeladen hat! Wen hat die alles eingeladen! Wem der alles geholfen hat! Wer da alles 'rumläuft! Wie riesig die ist! Wie riesig ist die! Wo die überall gewesen ist! Womit der sich alles auskennt! Wovon die immer träumt! Was der alles eingekauft hat! Was für einen Mann die geheiratet hat! Was die für einen Mann geheiratet hat! Welchen tollen Mann die geheiratet hat! Wann die immer einkaufen geht!

Ich werde versuchen, die Möglichkeit der exklamativen Illokution bei der Äußerung von wSätzen mit einer interrogativen Bedeutung als direkte Realisierung der Illokution i.S.v. BRRZ (1992) zu beschreiben. ad (vi): Zu dieser Frage werde ich für w-Sätze mit wie in Distanzstellung, vgl. (15a, b), für w-Sätze mit unflektiertem welch, vgl. (15c - f). für w-Sätze mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht, vgl. (15g, h), und für w-Sätze, eingeleitet

10 durch eine vw'e-Phrase mit Intensivierer oder eine we/c/i-Phrase mit nominalem Intensivierer Lösungen vorschlagen. Die w-Sätze in (15) können nämlich nicht als Fragen verwendet werden, vgl. (16). (15) a. b.

Wie ist DIE groß geworden! Wie DIE groß geworden ist!

c. d. e. f.

Welch Welch Welch Welch

g. h.

Wen DIE nicht alles kennt! Wen KENNT die nicht alles!

i. j.

Wie ÜBERAUS GROSS Marias Wohnung ist! Welchen BOMBENERFOLG das neue Stück hatte!

(16) a. b.

einen TOLLEN Mann die geheiratet hat! TOLLE Männer die eingeladen hat! einen TOLLEN Mann hat die geheiratet! TOLLE Männer hat die eingeladen!

*Wie ist die groß geworden? 16 * Wie die wohl groß geworden ist?

c. d. e. f.

*Welch *Welch *Welch *Welch

einen tollen Mann die wohl geheiratet hat? tolle Männer die wohl eingeladen hat? einen tollen Mann hat die geheiratet? tolle Männer hat die eingeladen?

g. h.

*Wen die wohl nicht alles kennt? *Wen kennt die nicht alles?

i. j.

*Wie überaus groß Marias Wohnung wohl ist? * Welchen Bombenerfolg das neue Stück wohl hatte?

ad (vii): Zu diesem Punkt werde ich selbständige ob-Sätze betrachten, die zwar als Fragen gut sind, jedoch nicht gut als Exklamationen verwendet werden können, vgl. (17). (17) a. b.

Ob die riesig i s t ? / * ! Ob das neue Stück einen Bombenerfolg hatte? / *!

In diesem Zusammenhang werden auch VI-Sätze wie (18) besprochen.

16

Hier ist nicht die Lesart mit modalem wie gemeint, etwa i.S.v. (i). (i) Wie ist die aufgewachsen? Diese Lesart ist in Ordnung.

11 (18) a. b. c. d.

Ist DIE nicht ÜBERAUS GROSS!? Hatte das neue Stück nicht einen BOMBIGEN ERFOLG! ? Ist DIE (aber/vielleicht) riesig! Hat DIE (aber/vielleicht) einen komischen Kerl geheiratet!

In Kap. 7 werde ich die Arbeit zusammenfassen und zu dem Schluß kommen, daß mit den Lösungen, die ich für die Punkte (ii) bis (vii) vorschlagen werde, die Hypothese (I) im Prinzip bestätigt ist.

2.

Exklamative und Einbettung: Braucht man einen semantischen Typ E(xclamative) für die semantische Selektion?

2.1. Einleitung: Semantische Selektion Um den Zusammenhang zwischen einem Prädikat und seinem Komplement sinnvoll beschreiben zu können, sind neben syntaktischen Restriktionen auch Restriktionen semantischer Art in Betracht zu ziehen. So argumentiert Grimshaw (1979, 1981) dafür, daß neben der syntaktischen Subkategorisierung an einem Prädikat auch zu markieren ist, welchen semantischen Typ das Komplement hat. Eine syntaktische Kategorie kann verschiedene semantische Typen haben, vgl. (1). (1)

a. b. c.

John believes [cp that Mary is tall] John wonders [cp whether Mary is tall] John is amazed [cp how very tall Mary is]

Die Prädikate believe, wonder und amazed nehmen ein Komplement der Kategorie CP zu sich, unterscheiden sich aber in bezug darauf, welchen semantischen Typ das Komplement hat. Grimshaw (1979) unterscheidet als semantische Typen: Proposition (P), vgl. (la), Question (Q), vgl. (lb), und Exclamation (E), vgl. (lc). Ein semantischer Typ kann auch durch verschiedene syntaktische Kategorien realisiert werden, vgl. (2) (2)

a. b.

John asked me [cp what the time was] John asked me [NP the time]

Der semantische Typ Q kann durch CP, vgl. (2a), oder NP, vgl. (2b),1 realisiert sein. Daß nicht immer jeder für eine syntaktische Kategorie mögliche semantische Typ auch tatsächlich bei jeder Einbettung gegeben ist, zeigen (3) bis (5). (3)

a. b. c.

John believes [ c p that Mary is tall] *John believes [ c p whether Mary is tall] *John believes [ c p how very tall Mary is]

(4)

a. b. c.

John wonders [CP whether Mary is tall] *John wonders [CP that Mary is tall] *John wonders [cp how very tall Mary is]

1

Dabei handelt es sich um 'concealed questions', vgl. Grimshaw (1979: 297ff.).

13

(5)

a. b. c.

John is amazed [ c p that Mary is tall] John is amazed [cp how very tall Mary is] *John is amazed [cp whether Mary is tall]

Umgekehrt sind nicht für jedes Prädikat, das einen bestimmten semantischen Typ verlangt, in (6) ist das Q, auch Komplemente der Kategorie NP und CP möglich, vgl. (6a,b) vs. (6c, d). (6)

a. b. c. d.

John asked me [cp what the time was] John asked me [NP the time] John wondered [cp what the time was] *John wondered [NP the time]

Grimshaws (1979) Überlegung ist nun, daß diese unterschiedliche Komplementverteilung dadurch erfaßt werden kann, daß ein Verb in seinem Lexikoneintrag sowohl eine Markierung für die syntaktische Kategorie seines Komplements als auch eine Markierung für den semantischen Typ seines Komplements hat, vgl. (7).2 (7)

a. b. c. d. e.

believe amazing wonder ask findout

[_CP], [ _ P ] [_{CP, NP3}], [ _ {P, E}] [ CP], [ Q] [_{CP, NP}], [ Q] [ {CP,NP}], [ {P,Q,E}]

Grimshaw argumentiert also dafür, daß syntaktische Subkategorisierung und semantische Selektion unabhängig voneinander sind und gemeinsam die Art des Komplements bestimmen. In Grimshaw (1981) wird eine Erweiterung der Theorie eingeführt, die die Generalisierung für das Englische erfaßt, daß es keine Prädikate gibt, die semantisch Q oder E selegieren, aber nur NPs aber keine CPs zu sich nehmen, s. auch Pesetsky (1982: 184). Der Grundgedanke ist, daß es eine bestimmte Funktion gibt, die semantischen Typen bestimmte syntaktische Kategorien zuordnet als ihre Canonical Structural Realization (CSR). Die CSR von Q etwa ist CP: CSR(Q)=CP. Der Effekt der CSR auf die Realisierung von Komplementen wird über das Context Principle sichergestellt: wenn ein Prädikat einen semantischen Typ T selegiert, dann subkategorisiert es syntaktisch für ein Kategorie CSR(T). Damit soll erreicht werden, daß kein Kind beim Spracherwerb aufgrund von Input wie (8a) auf die Idee kommt, daß ask nur NP als Komplement nimmt, was dem Lexikoneintrag (8b) für ask entsprechen würde.

2 1

Grimshaw (1979) benutzt statt CP S'. Eine NP, die als Exklamation realisiert wird, ist eine 'concealed exclamation', vgl. (i) (= Grimshaw 1979: 299). (i) John couldn't believe [NP the height of the building]

14 (8)

a. b.

John asked the time. ask [ NP], [

Q]

Die CSR von Q als CP fügt automatisch die Kategorie CP als weitere mögliche Realisierung von Q ein, vgl. (9). (9)

ask

[ _ { C P , NP}], [

Q]

Pesetsky (1982: 190ff.) kritisiert an dieser Vorgehensweise, daß dadurch redundante Information im Lexikon vermerkt wird. Die semantische Selektion von ask stellt zusammen mit dem Context Principle schon sicher, daß das Komplement als CP realisiert werden kann. Er schlägt statt dessen vor, ganz auf syntaktische Subkategorisierung zu verzichten und die Distribution von Komplementen nur über semantische Selektion, das Context Principle und die Kasustheorie, vgl. Chomsky (1981), zu steuern. Die Annahme dabei ist, daß die CSR von P,Q, und E NP oder CP ist, s. Pesetsky (1982: 191).4 Den Kontrast zwischen wonder und ask, daß nur ask concealed questions der Kategorie NP zu sich nimmt, wird durch die Einwirkung der Kasustheorie sichergestellt. Der Gedanke ist, daß nur ask aber nicht wonder seinem Komplement Kasus zuweisen kann. In (10) erhält die NP the time damit keinen Kasus und wird durch den Case Filter ausgeschlossen. 5 (10)

*John wonders the time.

Der Lexikoneintrag von ask unterscheidet sich von dem von wonder dadurch, daß vermerkt wird, daß ask Kasus zuweisen kann, vgl. (11), s. Pesetsky (1982: 192). (11) a. b.

ask wonder

[ [

Q] [+Case] Q] [-Case]

Ein weiteres Faktum, daß Pesetsky (1982) durch die Annahme von Lexikoneinträgen wie (11) herleiten kann, ist, daß bei Prädikaten, die ihrem Objekt keinen Kasus zuweisen können, die Einfügung einer 'dummy'-Präposition, die Kasus zuweisen kann, dazu führt, daß concealed questions und concealed exclamations möglich sind, vgl. (12), (= Pesetsky 1982: (295c, d)). (12) a. b.

Bill wondered *(about) John's whereabouts. Lucy exclaimed *(about) the incredible fool she'd been.

Dieser Effekt bei der Einfügung einer Präposition läßt sich im Deutschen etwa bei erstaunt sein auch beobachten, vgl. (13). 6 4 5 6

Auch Pesetsky (1982) nimmt noch die Kategorie S' statt CP an. Vgl. die Formulierung des Case Filter in (i) (= Pesetsky 1982: 49). (i) *NP, if NP has phonetic content and has no case. Ob es sich im Deutschen tatsächlich um eine 'semantisch leere' Präposition handelt, kann ich hier nicht diskutieren.

15 (13) a. b.

*Heinz ist erstaunt die unglaubliche Höhe des Turms. Heinz ist erstaunt über die unglaubliche Höhe des Turms.

Daß der semantische Typ des Komplements im Lexikoneintrag eines Prädikats vermerkt ist, ist zwar eine plausible Annahme, aber nicht ganz ohne Probleme. Es wird immer wieder bemerkt, daß die Selektionseigenschaften von Verben sich in Verbindung mit Modalverben und Negation verändern können, s. Elliott (1971, 1974), Zaefferer (1983), Fortmann (1994), d'Avis (1996), Dipper (1997), vgl. (14). Auch Grimshaw (1979: 299) und Pesetsky (1982: 184) geben solche Beispiele. (14) a. b. c. d. e. f.

*Du wirst glauben, wie überaus groß Maria ist. Du wirst nicht glauben, wie überaus groß Maria ist. *Sie glauben, welchen Ärger wir hatten. Sie glauben nicht, welchen Ärger wir hatten. *Ich glaube nicht, wie Maria sich verändert hat. Ich kann gar nicht glauben, wie Maria sich verändert hat.

Das Verb glauben nimmt normalerweise kein w-Komplement zu sich, vgl. (14a, c, e). In Verbindung mit der Negation wie in (14b, d) oder mit der Negation und dem Modalverb können wie in (14f) ist das möglich. Wenn diese Selektionsmöglichkeiten aber abhängig sind von der Umgebung des Verbs im Matrixsatz, kann eine Markierung am Verb selbst diesen nicht direkt gerecht werden. Es ist nicht offensichtlich, wie man dieses Problem am besten löst. Ich werde dazu nichts sagen, möchte aber noch auf eine Parallele im Bereich der Wortbildung hinweisen. Das Adjektiv unglaublich mit dem negierenden Derivationspräfix un- erlaubt ebenfalls w-Komplemente, vgl. (15). (15) a. b.

Es ist unglaublich, wie überaus groß Maria ist. Es ist unglaublich, welchen Ärger wir hatten.

Die un-Präfigierung scheint hier denselben Einfluß auf die Selektionseigenschaften des zugrundeliegenden Verbs glauben zu haben, wie die syntaktische Negation nicht in einigen Fällen in (14). Ich werde hier auch nichts zu der Frage sagen, ob semantische Selektion zurückgeführt werden kann auf unabhängige Eigenschaften des Prädikats, aus denen die Selektionseigenschaften ableitbar wären (so wie Pesetsky 1982 auf syntaktische Subkategorisierung zugunsten eines unabhängig motivierten Moduls, der Kasustheorie, verzichten konnte). Siehe zu diesem Problem Dipper (1997). Mir geht es um folgenden Punkt: Ist es notwendig, unter der Annahme, daß Prädikate einen bestimmten semantischen Typ selegieren, neben einem Typ Q für w-Komplemente noch einen Typ E anzunehmen, wie Grimshaw (1979) und ihr folgend Pesetsky (1982) das tun, oder reicht die Annahme eines Typs Q aus? Ich werde die Argumente von Grimshaw (1979) zu diesem Problem rekapitulieren und zu dem Schluß kommen, daß ein Typ Q ausreicht, wenn man die problematischen Daten in Kap. 1 anders erklären kann.

16 2.2. Braucht man den Typ

E(xclamative)?

Im folgenden bespreche ich die Daten, die nach Grimshaw (1979) dafür sprechen, daß man zwei semantische Typen Q und E für w-Sätze braucht. Die Darstellung folgt der Argumentation in Grimshaw (1979: 281ff.). Es gibt im Englischen selbständige Sätze, die von einer w-Phrase, what a+Nomen, eingeleitet werden und nur als Exklamation und nicht als Frage verwendet werden können, vgl. (16a), (die Zahlen nach den Beispielen geben die Numerierung in Grimshaw (1979) an). (16) a. b.

What a fool he is! *What a fool is he?

(=(2a)) (=(3a))

Ein einer Frage zugrundeliegender w-Satz kann nicht mit what a+Nomen eingeleitet werden, vgl. (16b). What a+Nomen eingeleitete eingebettete Sätze sind möglich als Komplemente von amazing oder be surprised at, aber nicht als Komplemente von ask oder wonder, vgl. (17). (17) a. b.

It's amazing/ I'm surprised at what a fool he is. *John will ask/1 wonder what a fool he is.

(vgl.(4)) (vgl. (5))

Von whether eingeleitete Sätze sind nur möglich als Komplemente von ask oder wonder, nicht als Komplemente von amazing oder be surprised at, vgl. (18). (18) a. b.

Fred will ask/1 wonder whether he is a fool. *It's amazing/1 was surprised at whether he is a fool.

(vgl. (6)) (vgl. (7))

Es gibt Prädikate, wie know oder find out, die whether und what a+Nomen eingeleitete Komplemente zulassen, vgl. (19). (19) a. b.

John knows/ found out whether he is a fool. John knows/ found out what a fool he is.

(vgl. (8)) (vgl. (8))

Aus der Distribution von durch what a+Nomen und whether eingeleiteten Sätzen schließt Grimshaw (1979), daß es zwei Klassen von w-Sätzen gibt: exklamative und interrogative. What a+Nomen leitet einen Exklamativ ein und whether einen Interrogativ. Prädikate wie amazing und be surprised at selegieren Exklamative, Prädikate wie ask und wonder selegieren Interrogative und Prädikate wie know und find out selegieren beide. Neben den Beispielen, in denen sich die w-Sätze overt, durch die einleitende w-Phrase, unterscheiden, gibt es solche, die sich overt nicht unterscheiden, vgl. (20). Trotzdem muß nach dem Gesagten der eingebettete w-Satz in (20a) ein Exklamativ sein, der eingebettete wSatz in (20b) ein Interrogativ. (20) a. b.

It's amazing/ I'm surprised at how tall John is. Fred will ask/is wondering how tall John is.

(vgl. (9)) (vgl. (10))

17 Eingebettet unter know oder find out gibt es Ambiguitäten, vgl. (21). (21)

Fred knows/ found out how tall John is.

(vgl. (11))

Grimshaw (1979) findet hier einen Interpretationsunterschied i.d.S. daß in der exklamativen Lesart John ungewöhnlich groß sein müsse. Eine solche Implikation sei in der interrogativen Lesart nicht vorhanden.7 Dies sei vergleichbar dem Unterschied zwischen (22a) und (22b). (22) a. b.

How tall John is! How tall is John?

(vgl. (12)) (vgl. (13))

Exklamative erlauben die Modifikation des Adjektivs in Phrasen wie how tall durch einen Intensivierer wie very. In Interrogativen ist dies nicht möglich, vgl. (23). (23) a. b.

It's amazing how very tall John is. *Fred is wondering how very tall John is.

(= (14a)) (=(15b))

Die Einfügung von very desambiguiere bei der Einbettung unter know und find out in Richtung der exklamativen Lesart, vgl. (24). (24)

Fred knows/ found out how very tall John is.

(vgl. (16))

Unter Verweis auf Elliott (1971, 1974) sagt Grimshaw (1979), eine Desambiguierung in die andere Richtung sei ebenfalls möglich. Exklamative seien als Komplemente mit Unwissenheit des Sprechers unverträglich, vgl. (25a). Für Interrogative gilt diese Einschränkung nicht, vgl. (25b). (25) a. b.

*I don't know what a fool Bill is. I don't know whether Bill is a fool.

(=(18)) (= (19))

Folglich sei auch eine Modifikation durch very in diesen Kontexten nicht möglich, vgl. (26). (26)

I don't know/ haven't found out how (*very) tall John is. (vgl. (20))

Für eine Theorie, die Selektion auf einer semantischen Ebene zusätzlich zu Subkategorisierung annimmt, ergibt sich ein Argument aus diesen Daten auf folgende Weise: Exklamative und Interrogative unterscheiden sich syntaktisch nicht, "[t]hey do not differ in syntactic form in any systematic way .[...] [A]ll the available evidence indicates that the two complement

7

Daß John 'ungewöhnlich' groß sein muß, halte ich für fraglich. Zumindest ist erklärungsbedürftig, was ungewöhnlich in diesem Zusammenhang heißt.

18 types have the same constituent structure, and are derived by the same rules." 8 (Grimshaw 1979: 283). Auf unterschiedlichen kategorialen Status kann also Selektion nicht aufbauen. Der Kontrast in der Distribution ergibt sich dann aus den unterschiedlichen semantischen Eigenschaften von Exklamativen und Interrogativen. Diesen semantischen Unterschied versucht Grimshaw (1979) mit dem Begriffspaar indeterminacy/determinacy (Nicht-Determiniertheit/Determiniertheit) zu fassen. 9 Der Gedanke ist, daß in Interrogativen der Wert der Variablen, die durch das w-Wort repräsentiert wird, nicht determiniert ist. Eine Modifikation durch very macht den Wert der Variablen determiniert, "the value of the wh is made determinate by the presence of very",'0 deswegen ist (23b) ungrammatisch. In Exklamativen hingegen ist der Wert der Variablen determiniert, weswegen (23a) grammatisch ist. Die Unterscheidung determiniert/nicht-determiniert zieht Grimshaw (1979) auch heran, um den Kontrast (27) vs. (28) zu erklären. (27) a. b. (28) a. b.

John wondered who, Tom or Harry, had gone to the movies. (vgl. (25a)) John was surprised at who, (namely) Tom and Harry, had gone to the movies. (vgl. (25b)) *John wondered who, (namely) Tom and Harry, had gone to the movies. (vgl. (26a)) *John was surprised at who, Tom or Harry, had gone to the movies. (vgl. (25b))

In Interrogativen ist nur eine disjunktive Apposition möglich, in Exklamativen nur eine konjunktive." Als Erklärung gibt Grimshaw (1979) an, daß in (27a) die Nicht-Determiniertheitsbedingung erfüllt sei, da der aktuelle Wert der Variablen nicht spezifiziert sei. In (28a) dagegen sei der Wert der Variablen durch die konjunktive Apposition voll spezifiziert und somit die Nicht-Determiniertheitsbedingung nicht erfüllt. Der Kontrast (27b) vs. (28b) er-

8

9

10 11

In selbständigen w-Sätzen scheint es dagegen einen Unterschied zu geben, auf den Grimshaw (1979) allerdings nicht eingeht. Die Daten von einer Tischvorlage von H.G. Obenauer (1997) (ursprünglich in Obenauer 1994) zeigen, daß ein Zurücklassen der Präposition in w-Sätzen, die einer Exklamation zugrundeliegen, im Englischen obligatorisch ist, vgl. (ia,b), nicht aber in w-Sätzen, die einer Frage zugrundeliegen, vgl. (ic). (i) a. *In what a house they live! b. What a house they live in! c. In which house do they live? Einen ähnlichen Kontrast stellt Obenauer (1994) für das Französische fest, das ebenfalls unterscheidet, ob mit bestimmten w-Phrasen eingeleitete w-Sätze einer Exklamation oder einer Frage zugrundeliegen können, vgl. (ii) mit adnominalen Präpositionalphrasen. (ii) a. *?[Les taxes sur [combien de produits]] ils ont décidé d'augmenter! b. *?[Un moteur de [quelle puissance]] il a fait monter dans sa voiture! c. [Les taxes sur [combien de produits]] ils ont décidé d'augmenter? d. [Un moteur de [quelle puissance]] il a fait monter dans sa voiture? Den Begriff 'indeterminacy' führt Grimshaw (1979) auf Bresnan (1972) zurück. Bresnan (1972) charakterisiert damit den Einfluß des Komplementierers WH in w-Sätzen auf einen Determinierer. "For X such a déterminer [wie: some, so, that, then, there. FJD], WH(X) means 'reference ofX is undetermined'. "(Bresnan 1972: 62). Grimshaw (1979: 284). Zu Unterschieden in der Datenbeurteilung zu (13b) siehe Grimshaw (1979: fn. 4).

19 gebe sich aus der Erfüllung der Determiniertheitsbedingung für Exklamative in (27b) und aus ihrer Verletzung in (28b). Aus dem auf diese Weise beschriebenen semantischen Unterschied zwischen Exklamativen und Interrogativen schließt Grimshaw (1979) nun, daß w-Sätze dieser verschiedenen Klassen zu verschiedenen semantischen Typen gehören. Zur Ableitung der verschiedenen Bedeutungen nimmt sie an, daß es zwei Interpretationsregeln gibt, die auf der Oberflächenstruktur Anwendung finden und Sätze mit einleitender w-Phrase entweder als Interrogative oder Exklamative deuten. Der Zusammenhang mit den Selektionseigenschaften von Prädikaten, die für w-Sätze subkategorisieren, liegt darin, daß im Lexikoneintrag durch getypte Variablen vermerkt wird, welchem semantischen Typ das Satzkomplement entsprechen muß. Ist E eine Variable, die über Exklamativen rangiert, und Q eine Variable, die über Interrogativen rangiert, so vermerken die Lexikoneinträge von amazing und be surprised at, daß das Satzkomplement vom Typ E sein muß, die Lexikoneinträge von ask und wonder, daß das Satzkomplement vom Typ Q sein muß, und Prädikate wie know und find out lassen beide Möglichkeiten zu. Ein solcher Lexikoneintrag spezifiziert die Kategorie des syntaktisch zu subkategorisierenden Komplements, im Fall der w-Satz-Komplemente also die entsprechende Satzkategorie, etwa CP, und den semantischen Typ des Komplements, der sich nach Anwendung einer Interpretationsregel ergibt.12

2.3. Probleme bei Grimshaw (1979)

In den beiden folgenden Abschnitten werde ich Probleme besprechen, die ich im Ansatz von Grimshaw (1979) sehe. Das betrifft nur den Komplex der w-Sätze. 13 Eine what a-Phrase kann keinen w-Satz einleiten, der Komplement von wonder oder ask ist oder der einer Frage zugrundeliegt. Wenn w-Sätze syntaktisch gleich sind, sollte man annehmen, daß der Grund für dieses Verhalten darin liegt, daß diese w-Sätze nicht vom Typ Q sein können. Soweit ich das sehe, kann dafür nur die Anwesenheit von what a+Nomen in entsprechenden w-Sätzen verantwortlich gemacht werden. Das heißt: daß i.S.v. Grimshaw (1979) nur die Interpretationsregel Erfolg hat, die zu einer Deutung als Exklamativ führt, sollte an what a liegen. Welchen Grund kann das haben? Einmal könnte man annehmen, daß what a eine besondere Auszeichnung trägt, die diese Phrase etwa von who unterscheidet. Das sollte dann aber eine Auszeichnung sein, die syntaktisch zumindest nicht sichtbar ist, da diese what a-Sätze sonst von w/io-Sätzen syntaktisch unterscheiden würde. Das wäre gegen Grimshaws Grundannahme. Ein Ausweg wäre, daß what a+Nomen eine Deutung erhält, die mit einer Interpretation des gesamten w-Satzes

12

Zu den Erweiterungen in Grimshaw (1981) und den Modifikationen in Pesetsky (1982) s.o.

11

Concealed questions/exclamations werden hier also nicht diskutiert.

2.1.

20 als Objekt vom Typ Q nicht verträglich ist. Es würde nur diejenige Interpretationsregel zum Erfolg führen, die ein Objekt vom Typ E liefert. An dieser Stelle muß man sich noch einmal klar machen, wozu der Unterschied im semantischen Typ bezüglich Selektion eigentlich dient. Was durch ihn erklärt werden soll, sind Unverträglichkeiten von Matrixprädikaten mit bestimmten w-Sätzen. In bezug auf die Bedeutung heißt das Unverträglichkeiten der Bedeutungen bestimmter Matrixprädikate mit den Bedeutungen bestimmter w-Sätze.14 Dafür sind aber möglicherweise zwei Interpretationsregeln zur Deutung von w-Sätzen gar nicht nötig: Angenommen, es steht für die Interpretation von w-Satzkomplementen nur eine Regel zu Verfügung. Abhängig von der Bedeutung der w-Phrase in satzeinleitender Position ergeben sich Satzbedeutungen, die zwar typgleich sind, nicht notwendigerweise aber alle dieselben semantischen Eigenschaften aufweisen. Wenn nun diese semantischen Unterschiede für die Distributionsunterschiede verantwortlich gemacht werden können, kann man es vielleicht bei einem Typ für die Bedeutung von w-Sätzen belassen. Unverträglichkeiten zwischen bestimmten w-Sätzen und bestimmten Matrixprädikaten müßten sich dann aus der Zusammenwirkung von Prädikatsbedeutung und w-Satzbedeutung ableiten lassen.15 W-Sätzen, die von what a+Nomen eingeleitet werden, stehen in ihrem Distributionsverhalten whether eingeleitete Sätze gegenüber. Um eine besondere syntaktische Auszeichnung zu vermeiden, müßte auch hier das Besondere in der Bedeutung von whether gesucht werden.16 Die Probleme mit what a+Nomen und whether weisen auf ein grundsätzliches Problem in Grimshaws Argumentation für zwei verschiedene semantische Typen E und Q hin. Sie versucht den Unterschied zwischen Exklamativen und Interrogativen begrifflich mit Determiniertheit vs. Nicht-Determiniertheit zu fassen. Dies scheint zwar eine intuitiv zugängliche Unterscheidung, i.d.S. daß im exklamativen Fall der Wert der Variablen bekannt ist und im interrogativen Fall eben nicht, aber im Detail ergeben sich Unklarheiten zum einen in bezug auf die genauere Bestimmung der Begriffe, zum anderen in bezug auf den Ursprung der Eigenschaften der Gesamtsätze, die einen dazu führen, im exklamativen Fall den Wert der Variablen als bekannt zu denken, im interrogativen Fall als unbekannt. Betrachten wir zum ersten Problem, der näheren Bestimmung von Determiniertheit/ Nicht-Determiniertheit, noch einmal die Beispiele (27) und (28), hier angegeben als (29) und (30), und die Besprechung dieser Daten in Grimshaw (1979: 284f.). (29) a. b. (30) a. b.

14 15

16

John wondered who, Tom or Harry, had gone to the movies. (vgl. (25a)) John was surprised at who, (namely) Tom and Harry, had gone to the movies. (vgl. (25b)) *John wondered who, (namely) Tom and Harry, had gone to the movies. (vgl. (26a)) *John was surprised at who, Tom or Harry, had gone to the movies. (vgl. (25b))

Etwa i.d.S. daß ich schlecht über etwas erstaunt sein kann, was ich nicht weiß. Im Zusammenwirken mit allgemeineren Bedingungen. Ich werde unten, Kap. 4, für w-Sätze einen Vorschlag machen, die von w-Phrasen eingeleitet werden, die ein intensivierendes Element enthalten. Vgl. Kap. 5 für ofc-Sätze.

21 Grimshaws Beschreibung der Nicht-Determiniertheit des Wertes der w-Variablen in (29a) ist, daß zwar mögliche Werte der Variablen spezifiziert sind, der aktuelle Wert der Variablen aber nicht. 17 In (30a) hingegen sei der Wert der Variablen voll spezifiziert, und die Nicht-Determiniertheitsbedingung sei nicht erfüllt. 18 Daß der Wert der Variablen nicht determiniert, bestimmt ist, scheint also in einem zu bestimmenden Sinn damit zusammenzuhängen, daß es nicht möglich sein darf, die wahren Belegungen der Variablen anzugeben. Das ist dann bei w-Sätzen unter exklamativen Prädikaten möglich, vgl. (29b), wobei Grimshaw (1979) dann eben sagt, daß der Wert der Variablen determiniert sei. Was determiniert vs. undeterminiert allerdings genau bedeutet, wird nicht gesagt. Zudem bleibt völlig unklar, wie diese Eigenschaften von Gesamtsätzen mit einer unterschiedlichen Typenzuweisung für w-Komplemente zusammenhängen. 19 Dasselbe Problem gibt es bei w-Phrasen mit dem Intensivierer very. Grimshaw (1979) erklärt die Ungrammatikalität von w-Sätzen mit einleitenden w-Phrasen, in denen very ein Adjektiv oder ein Adverb modifiziert, unter Prädikaten wie wonder oder ask damit, daß der Wert der Variablen durch die Anwesenheit von very determiniert gemacht wird. Es ist nicht klar, wie das funktioniert. Ein weiteres Problem ist, daß w-Sätze, die mit Pronomen wie who oder what eingeleitet sind, als Matrix-Exklamationen nicht möglich sind, vgl. (31), (vgl. Grimshaw 1979: 282, fn.3). (31) a. b.

*Who John saw! *What John saw!

Zwar vermerkt Grimshaw in dieser Fußnote, der Grund dafür sei nicht bekannt, aber dennoch weist genau dieses Verhalten auf ein Problem hin, daß sich aus einer Klassifizierung von wSätzen ergibt, die im Prinzip ohne Bezug auf die Art der einleitenden w-Phrase auskommen will, denn es scheint, daß gerade die Art der einleitenden w-Phrase (what a + N o m e n , /jow+Adjektiv vs. who oder what) hier im Englischen einen Unterschied macht. Das Verhalten von Sätzen wie in (31) ist völlig unerwartet, wenn es sich bei w-Sätzen, die durch who eingeleitet werden, im Prinzip genauso um Exklamative handelt wie bei durch what a eingeleiteten, mit denselben Eigenschaften. Das ist es, was Grimshaw (1979) behauptet, wenn sie sagt, daß w-Sätze unter Prädikaten wie amazing oder be surprised at Exklamative sind. Who eingeleitete Sätze sind als Komplemente dieser Prädikate möglich, wie Grimshaw in der angegebenen Fußnote zeigt, vgl. (32) (= Grimshaw 1979: 282, fn.3, (ia)). (32)

It's amazing who/what John saw.

Das Problem mit w/io-Sätzen kommt wieder, wenn wir die Einbettung unter Prädikaten wie know oder find out betrachten. Die vorgeschlagenen Selektionseigenschaften dieser Prädika17

18

19

"[...] the two possible values of wh are specified, the actual value of wh is not." Grimshaw (1979: 284), (H.i.O.). "In the interrogative in (26a), the value of wh is fully specified, and the indeterminacy requirement is not met." Grimshaw (1979: 285). Weiter unten, Kap. 4, wird der Kontrast (14) vs. (15) unter Beibehaltung eines einheitlichen Typs auf eine andere Weise hergeleitet.

22 te, nämlich Komplemente vom Typ E und Komplemente vom Typ Q zu sich nehmen zu können, sagen systematische Ambiguitäten bei Sätzen wie (33) voraus, weil w-Sätze eingeleitet von who vom Typ E und vom Typ Q sein können. (33) a. b.

John knows who went to the movies. John found out who went to the movies.

An der Zulässigkeit von disjunktiven oder konjunktiven Appositionen läßt sich das nicht genau entscheiden, vgl. (34). (34) a. b. c. d.

John John John John

knows who, (namely) Tom and Jerry, went to the movies. found out who, (namely) Tom and Jerry, went to the movies. knows who, Tom or Jerry, went to the movies. found out who, Tom or Jerry, went to the movies.

(34a, b) sind in Ordnung, würden also einem Komplementsatz vom Typ E entsprechen. Das Problem mit (34c, d) ist, daß die disjunktiven Appositionen auch bei Prädikaten wie amazing und be surprised at nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind, vgl. Grimshaw (1979: 284, fn. 4). Das heißt, eine Beurteilung als grammatisch sagt nichts über den Status als Komplement vom Typ E oder vom Typ Q aus. (Verglichen mit entsprechenden deutschen Daten, s.u. 2.4., ist die Voraussage systematischer Ambiguitäten in diesen Fällen nicht belegbar.) 20 Wenn man jetzt genauer wüßte, was Determiniertheit heißt, ließe sich besser eine Entscheidung treffen. Nehmen wir einmal an, daß der Wert der Variablen im w-Komplement determiniert ist, wenn folgender Schluß durchgeht, vgl. (35).21 (35)

John is amazed who Bill saw. Bill saw Mary. John is amazed that Bill saw Mary.

Johns Erstaunen bezieht sich also auf das, was in der wirklichen Welt der Fall ist, also auf den aktuellen Wert der Variablen. Wenn das nun eine Folge der Determiniertheit der Variablen ist, erwarten wir, daß der Schluß in (35) durchgeht, da es sich um ein exklamatives Komplement handelt. Für w-Komplemente unter know würden wir nun erwarten, daß es eine Lesart gibt, in der ein paralleler Schluß durchgeht, vgl. (36). (36)

John knows who Bill saw. Bill saw Mary. John knows that Bill saw Mary

Das ist soweit in Ordnung. Wie würde sich jetzt aber eine Lesart mit einer Deutung des Komplementsatzes vom Typ Q verhalten? Würde in diesem Fall der Schluß nicht durch-

20 21

Siehe dazu auch Huddieston (1993). Vgl. zu dieser Art von Schlüssen Groenendijk/Stokhof (1982).

23 gehen? Der Punkt ist, daß es keine Lesart der ersten Prämisse von (36) gibt, in der der Schluß in (36) nicht durchgeht. Das kann natürlich damit zusammenhängen, daß dieses Verhalten mit Determiniertheit überhaupt nichts zu tun hat, was ich aber, gegeben die kurzen Erläuterungen von Grimshaw (1979) zum Verständnis von Determiniertheit, bezweifle. Auf jeden Fall werfen Schlüsse dieser Art ein Licht auf das Verhalten von w-Komplementen, das zeigt, daß Grimshaws Klassifizierung möglicherweise zu kurz greift. Betrachten wir nämlich das Verhalten von whether-SäLzen in dieser Art von Schlüssen, scheint es, als könne man auch hier von einer Art Determiniertheit sprechen, die eigentlich für Komplemente dieser Art nicht vorgesehen ist, vgl. (37). (37)

John knows whether Bill saw Mary. Bill saw Mary. John knows that Bill saw Mary.

Auch in diesem Fall könnte man davon sprechen, daß die richtige Alternative bekannt ist, also möglicherweise determiniert. Darin unterscheiden sich Sätze mit whether-Komplementen unter Prädikaten wie know von Sätzen mit w/zei/jer-Komplementen unter Prädikaten wie ask oder wonder. Warum w/jei/zer-Komplemente unter exklamativen Prädikaten nicht möglich sind, ergibt sich daraus nicht. Ich denke, daß die genannten Probleme Schatten auf das Bild der sauberen Trennbarkeit von exklamativen und interrogativen w-Komplementen werfen. Daß sich diese Art von Klassifizierung in den von Grimshaw (1979) besprochenen Daten ergeben kann, liegt nach meiner Meinung daran, daß die Diskussion der schwierigen Fälle verschoben wird.

2.4. Vergleich mit entsprechenden Daten im Deutschen

Für das Englische zeigen die Daten in Grimshaw (1979), daß es nur zwei Arten von w-Phrasen gibt, die einen selbständigen w-Satz einleiten, der einer Exklamation zugrundeliegen kann, what a+Nomen und /zow+Adjektiv, vgl. (38). 22 (38) a. b.

What a fool he is! How tall John is!

(= (2a)) (s. Grimshaw 1979: 320)

In eingebetteten w-Sätzen unter exklamativen Prädikaten kommen auch w-Pronomen wie who and what an satzeinleitender Position vor, vgl. (32) hier wiederholt als (39). (39)

It's amazing who/what Bill saw.

Für das Deutsche scheint eine solche Einschränkung nicht zu gelten, d.h. w-Phrasen, die an satzeinleitender Position in eingebetteten w-Sätzen unter exklamativen Prädikaten vorkom22

Zur fehlenden Subjekt-Auxiliar-lnversion

in diesen Fällen sagt Grimshaw (1979) nichts.

24 men können, können auch selbständige w-Sätze einleiten, die einer Exklamation zugrundeliegen. 23 Das gilt für einfache w-Pronomen, vgl. (40), wie für komplexere w-Phrasen, vgl. (41).24 (40) a. b. c. d.

Heinz ist überrascht, wen Maria alles eingeladen hat. Wen Maria alles eingeladen hat! Heinz findet es erstaunlich, was die gekauft hat. Was die gekauft hat!

(41) a. b. c. d.

Heinz ist überrascht, wie überaus groß Maria ist. Wie überaus groß Maria ist! Heinz findet es erstaunlich, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. Welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte!

In diesem Sinn verhalten sich w-Exklamativsätze im Deutschen konsistenter als im Englischen. Wenn der Kontrast im Englischen für Grimshaw (1979) ein Problem darstellt, könnte man sagen, daß dieses Problem im Deutschen entfällt. Worin sich englische und deutsche Daten jetzt wieder gleichen, ist, daß es bestimmte wPhrasen gibt, die gerne einen Exklamativsatz einleiten, mit Fragen oder eingebettet unter Frageprädikaten aber gewisse Schwierigkeiten haben. Dazu gehören zum einen insbesondere w;e+Adjektiv-Phrasen, die in eine der folgenden Klassen gehören: (i) das Adjektiv ist das markierte Element in einem antonymen Paar von Adjektiven, z.B. klein in groß-klein oder kurz in lang-kurz, (ii) das Adjektiv bezeichnet einen extremen Wert auf einer Skala, z.B.: riesig, pfeilschnell, etc., (iii) das Adjektiv ist durch einen Intensivierer wie überaus, extrem, verdammt, tierisch etc. modifiziert, vgl. (42). 25 Der Asterisk in Klammern zeigt an, daß es durchaus Möglichkeiten gibt, einen Kontext zu finden, in dem die gesternten Sätze akzeptabel sind. Mit maximalem Fokus, out of the blue, sind sie nicht in Ordnung. 26 (42) a. b. c. d. e. f. 23

24

25 26

Heinz ist erstaunt, wie klein Maria ist. (*)Heinz fragt (sich), wie klein Maria ist. Heinz ist überrascht, wie riesig die Mittagsspitze ist. (*)Heinz fragt (sich), wie riesig die Mittagsspitze ist. Heinz findet es erstaunlich, wie überaus groß Maria ist. (*)Heinz fragt (sich), wie überaus groß Maria ist.

Eine Ausnahme scheint was in Sätzen wie (i) zu sein. (i) Was Maria gewachsen ist! Sätze dieser Art lassen sich nicht gut einbetten, vgl. (ii). (ii) *Heinz findet es erstaunlich, was Maria gewachsen ist. Diesen Kontrast findet man auch in Fragen vs. war-Sätzen unter Frageprädikaten wieder. Ich mache dafür den Expletivstatus von was verantwortlich, s.u. Kap. 6 und d'Avis (2000). In diesen Beispielen kommen nur selbständige w-Sätze mit Endstellung des finiten Verbs vor. Es gibt auch die Möglichkeit der V2-Stellung bei w-Sätzen, die Exklamationen zugrundeliegen, s.o. Kap. 1. Auf diesen Bereich werde ich unten, Kap. 6, zu sprechen kommen. Vgl. die Einteilung in Rehbock (1997). Darauf werde ich in Kap. 4 zu sprechen kommen.

25 Zum anderen gehören dazu we/c/z-+Nomen-Phrasen, bei denen das Nomen einen extremen Wert auf einer Skala bezeichnet, z.B. Bombenerfolg, Bärenhunger, vgl. (43). (43) a. b. c. d.

Heinz ist erstaunt, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. *Heinz fragt sich, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. Heinz ist überrascht, welchen Bärenhunger Maria hat. *Heinz fragt sich, welchen Bärenhunger Maria hat.

Beispiele dieser Art und für die folgenden selbständigen Fälle habe ich in Kap. 1 schon gegeben. Zu den w-Sätzen, die nicht als Frage aber als Exklamation verwendet werden können, gehören (44). (44) wie in Distanzstellung: a. Wie ist DIE groß geworden! unflektiertes welch: . b. Welch einen TOLLEN Mann die geheiratet hat! c. Welch TOLLE Männer die eingeladen hat! quantifizierendes alles im Skopus von nicht: d. Wen KENNT die nicht alles! intensivierendes Element in der w-Phrase: e. Wie ÜBERAUS GROSS Marias Wohnung ist! f. Welchen BOMBENERFOLG das neue Stück hatte! Der Punkt in Grimshaw (1979) ist, daß sich aus solcher unterschiedlicher Distribution bzw. Verwendungsmöglichkeit ein Argument für die Annahme von verschiedenen semantischen Typen ergäbe. Die eingebetteten Sätze in den grammatischen Beispielen in (42) und (43) und die w-Sätze in (44) sollten von daher nur vom Typ E sein können. Wenn man aber zeigen kann, daß sich die Unverträglichkeit mit bestimmten Matrixprädikaten und bestimmten Verwendungsweisen aus anderen Eigenschaften bestimmter w-Sätze ergibt, kommt man in bezug auf semantische Selektion ohne den Typ E aus. Das betrifft die Punkte (iii) und (vi), die ich in Kap. 1 als zu lösende Probleme for die Hypothese (I) aufgeführt habe. Auf der anderen Seite kann auch das Pendant von whether im Deutschen, ob, keinen Exklamativsatz einleiten, weder eingebettetet noch selbständig, vgl. (45).27

27

Auf die Probleme mit den w-Phrasen warum, wieso, inwiefern, inwieweit kann ich nicht eingehen, vgl. den Kontrast in (i). (i) a. *Heinz ist erstaunt, warum/inwieweit/inwiefern Maria recht hat. b. Heinz fragt sich, warum/inwieweit/inwiefern Maria recht hat. Das hat einen guten Grund. Zur Semantik von inwieweit und inwiefern gibt es so gut wie überhaupt nichts und bei warum gibt es Probleme. Normalerweise könnte man denken, daß aus welchem Grund mit warum gleich zu behandeln ist. Dafür sprechen auch die folgenden Gemein-

26 (45) a. b.

*Heinz ist überrascht, ob Maria recht hat. Ob Maria noch kommt?/*!

Überträgt man Grimshaws Überlegungen zu whether-Sätzen auf o¿»-Sätze, sollten diese ausschließlich vom Typ Q sein können, d.h. Sätze, die nur unter Frageprädikaten vorkommen, nicht aber unter exklamativen Prädikaten, und der Nicht-Determiniertheitsbedingung genügen. Im Hinblick auf who- und whether-Säizt habe ich oben, 2.3., schon darauf hingewiesen, daß es problematisch ist, wenn man davon ausgeht, daß Prädikate wie wissen (to know) oder herausfinden (tofind out) sowohl w-Komplemente vom Typ Q als auch solche vom Typ E zu sich nehmen. Dieses Problem kommt in den deutschen Fällen wieder. In den Beispielen (46) sehe ich, mit meinem Verständnis von Grimshaws Determiniertheit/NichtDeterminiertheit-Unterscheidung, keinen Grund, eine Ambiguität bei w-Sätzen unter Prädikaten wie wissen oder herausfinden anzunehmen. (46) a. b.

Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat. Heinz hat herausgefunden, wem Maria geholfen hat.

Es sollte sich bei dem, was Heinz weiß oder herausgefunden hat, immer um die wahre, aktuelle Belegung der Variablen handeln. Mir scheint, daß dies auch deutlich wird, wenn man die Möglichkeit von konjunktiven oder disjunktiven Appositionen betrachtet, vgl. (47). 28

28

samkeiten, die warum und aus welchem Grund gemeinsam mit wieso und weshalb von anderen w-Phrasen unterscheiden, siehe Geilfuß-Wolfgang (1996: 88). (ii) replazive Negation (gut bei warum etc.): a. ?Wer hat nicht grüne, sondern rote Strümpfe gekauft? b. ?Wem kauft er nicht ein kleines Eis, sondern ein großes? c. Wieso/weshalb/warum/aus welchem Grund kauft er nicht gelbe, sondern rote Strümpfe? (iii) jemals (schlecht bei warum etc.): a. Wer hat denn jemals den Yeti gesehen? b. Wann konnte man jemals Clyde tanzen sehen? c. *Wieso/* weshalb/* warum/*aus welchem Grund hat Clyde jemals geraucht? (iv) nachgestelltes so (Nicht-Exhaustivitätsmarkierung) (schlecht bei warum etc.): a. Wer ist denn gestern so gekommen? b. Wann sind denn die Klempner so gekommen? c. * Wieso/* weshalb/* warum/*aus welchem Grund ist Bert denn so gekommen? In bezug auf exklamative Prädikate verhalten sich warum und aus welchem Grund allerdings verschieden, vgl. (v). (v) a. *Heinz findet es erstaunlich, warum Peter geheiratet hat. b. Heinz findet es erstaunlich, aus welchem Grund Peter geheiratet hat. Der Kontrast in (v) spricht dafür, daß man sich die Bedeutung von warum sehr genau anschauen muß, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt, daß es dabei um einen kausalen Interrogativsatz geht, sondern auch mit einer Neubewertung des Verhältnisses zu der ansonsten durchaus einleuchtenden Paraphrase aus welchem Grund. Als Argument gegen Hypothese (I) ist der Kontrast in (i) m.E. nur dann verwertbar, wenn man zeigen kann, daß es keinen Grund gibt, warum anders zu behandeln als etwa aus welchem Grund. Ich will damit nicht sagen, daß die Möglichkeit von konjunktiven oder disjunktiven Appositionen wirklich etwas über den Status der eingebetteten w-Sätze aussagt. Da es aber um die Pro-

27 (47) a. b.

Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat, (nämlich) Karl und Peter, ?Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat, Karl oder Peter.

Daß eine konjunktive Apposition möglich ist, zeigt nun nach Grimshaw (1979), daß das wKomplement vom Typ E ist, der Wert der Variablen ist determiniert. Daß eine disjunktive Apposition möglich ist, wenn sie in (47b) möglich ist, zeigt nach meiner Meinung nicht, daß das w-Komplement vom Typ Q ist, wenn es überhaupt etwas zeigt. Die Frage ist nämlich, ob Heinz in diesem Fall wirklich weiß, wen Maria eingeladen hat. Betrachten wir dazu den Dialog in (48). (48) A: B: B':

Weißt du, wen Maria geheiratet hat? #Ja, ich weiß, daß sie Karl oder Peter geheiratet hat. Nein, ich weiß nur, daß sie Karl oder Peter geheiratet hat.

Die Antwort (48B) ist in diesem Zusammenhang unangemessen. Das zeigt aber doch, daß ein vollständiges Wissen um die wahre Belegung der Variablen in diesen Fällen nötig ist. Diese Überlegungen werden deutlicher, wenn man sich ob-Sätze unter wissen oder herausfinden anschaut. Die Nicht-Determiniertheit für den ob-Satz kann man sich so vorstellen, daß Heinz in (49) weiß oder herausgefunden hat, daß eine der Propositionen daß Maria zu Hause ist bzw. daß Maria nicht zu Hause ist wahr ist, aber nicht welche. (49) a. b.

Heinz weiß, ob Maria zu Hause ist. Heinz hat herausgefunden, ob Maria zu Hause ist.

Dieses Wissen von Heinz, daß eine Proposition oder ihre Negation zutrifft, ist allerdings tautologisch, und kann, im Fall, daß es eben nur diese beiden Möglichkeiten gibt, als Nichtwissen bezeichnet werden. Was man etwa für (49a) erwartet, ist, daß Heinz dann, wenn Maria zu Hause ist, weiß, daß Maria zu Hause ist, und wenn Maria nicht zu Hause ist, weiß, daß Maria nicht zu Hause ist. In dem Sinn, daß dies der aktuelle Zustand der Welt ist, sollte man aber denken, daß ob-Sätze unter wissen oder herausfinden die Determiniertheitsbedingung i.S.v. Grimshaw (1979) erfüllen. 29 Das hieße aber, daß ofc-Sätze unter wissen

29

bleme von Grimshaws Argumentation im Deutschen geht, werde ich ihre Argumente aufs Deutsche anwenden und sehen, was dabei herauskommt. Diesen Punkt kann man sich noch einmal mit den Überlegungen zu möglichen Appositionen verdeutlichen. In gewissem Sinn geben die Erweiterungen mit ja oder nein in (i) die aktuelle Belegung für die Variable im ob-Satz an. Die Übereinstimmung ist nicht ganz astrein, aber es wird klar, daß die disjunktive Erweiterung in (ib) der Lesart von (ii) entspricht, in der das, was Heinz weiß, die Wahrheit der Disjunktion betrifft, ohne daß er genau weiß, welches Disjunkt wahr ist, vgl. (iib). Die zweite Lesart von (ii), vgl. (iic), entspricht aber (iii), und das ist die, die man mit determiniert beschreiben kann. (i) a. Heinz weiß, ob Maria kommt, nämlich ja. b. (*)Heinz weiß, ob Maria kommt, nämlich ja oder nein. (ii) a. Heinz weiß, daß Maria kommt oder daß Maria nicht kommt. b. Heinz weiß, daß Maria kommt oder daß Maria nicht kommt, aber nicht was von beiden.

28 oder herausfinden vom Typ E sind. Mir scheint das darauf hinzudeuten, daß die Unterscheidung determiniert/nicht-determiniert kein geeignetes Kriterium für eine Klassifikation für wSätze unter den verschiedenen Prädikatsklassen ist.30 Zudem zeigt es, daß die von Grimshaw (1979) geforderte Möglichkeit für wissen oder herausfinden, sowohl w-Komplemente vom Typ E als auch solche vom Typ Q zu sich nehmen zu können, nicht ganz den Daten entspricht. Außerdem sollten exklamative Prädikate, wenn sie E-Komplemente selegieren, auch ob-Sätze zu sich nehmen können, die die Determiniertheitsbedingung erfüllen, was nun nicht geht. Wenn man zeigen kann, daß sich die Ungrammatikalität von ob-Sätzen unter exklamativen Prädikaten und die nicht mögliche Verwendung als Exklamation aus bestimmten Eigenschaften von ob ergibt, die den semantischen Typ des Satzes nicht betreffen, kommt man auch hier in bezug auf semantische Selektion ohne die Annahme eines Typs E aus. Das betrifft die Punkte (iv) und (vii), die in Kap. 1 als Probleme für die Hypothese (I) angegeben wurden. Neben den Unterschieden in Distribution und möglichen Verwendungsweisen von wSätzen sieht Grimshaw (1979: 320) ein weiteres Argument für die Annahme eines semantischen Typs E darin, daß bei exklamativer Verwendung eines w-Satzes der propositionale Gehalt des Satzes als wahr vorausgesetzt wird. Das sieht sie als inhärente Eigenschaft dieser wSätze an. Das kann bei eingebetteten Exklamativen nicht gezeigt werden, da diese i.S.v. Kiparsky/Kiparsky (1970) immer von faktiven Prädikaten eingebettet werden. Das macht es unmöglich, den Effekt des Matrixprädikats von der inhärenten Eigenschaft des w-Komplements zu trennen. Wenn man jetzt, so Grimshaws Argumentation, allerdings zeigen kann, daß selbständige Exklamationen ihren propositionalen Gehalt präsupponieren, kann man daraus schließen, daß alle Exklamativsätze diese Eigenschaft haben. Daß bei der Verwendung von selbständigen w-Sätzen als Exklamationen der propositionale Gehalt präsupponiert und nicht assertiert wird, zeigt Grimshaw (1979) mit Dialogen der Art wie in (50). (50) a. b. c.

Question: Response: Response:

How tall is John? How extremely tall John is! John is extremely tall.

(vgl. (150)) (vgl. (153))

Zwar läßt sich aus (50b) leicht schließen, daß John extrem groß und nicht etwa klein ist, trotzdem ist diese Erwiderung als Antwort auf die Frage nicht geeignet. (50c) hingegen, das

30

c. Heinz weiß, daß Maria kommt, wenn Maria kommt, und daß Maria nicht kommt, wenn Maria nicht kommt. (iii) Heinz weiß, ob Maria kommt. Vielleicht muß man es so formulieren: wissen läßt zwar eine nicht-determinierte Lesart eines ob-Satzes zu, aber ein solcher Satz ist möglicherweise immer falsch, da es nicht der Bedeutung von wissen entspricht. Das würde heißen: (iii) mit einer nicht-detetminierten Lesart des obSatzes ist genau dann wahr, wenn (iv) wahr ist. (iv) Heinz weiß nicht, ob Maria kommt. Auch wenn das so ist, bleibt, daß ob-Sätze unter wissen eine Lesart haben, die man mit determiniert beschreiben kann. Das heißt in diesem Fall: exklamative Prädikate, Frageprädikate und Prädikate wie wissen und herausfinden.

29 diesen Sachverhalt assertiert, ist eine angemessenen Antwort auf (50a). Diese Fälle sieht Grimshaw (1979) parallel zu solchen wie in (51). (51) a. b.

Question: Response:

Is there a king of france? The king of France was sitting next to me. (= (155))

Daß die Dialoge in (50) und (51) nicht wohlgeformt sind i.d.S. daß (50b) und (51b) keine angemessenen Antworten auf (50a) und (51a) sind, führt Grimshaw (1979) nun auf ein allgemeines Prinzip zurück, daß besagt, daß die Erwiderung auf eine Frage die Antwort nicht nur präsupponieren, sondern assertieren sollte, wenn die Erwiderung eine Antwort auf die Frage sein soll.31 Wenn man jetzt zeigen kann, wie der Effekt zustande kommt, daß bei der exklamativen Verwendung eines selbständigen w-Satzes der propositionale Gehalt des w-Satzes präsupponiert wird, ohne dies als inhärente Eigenschaft des Satzes selbst anzusehen, ergibt sich daraus kein Argument mehr für die Annahme eines semantischen Typs E. Das betrifft den Punkt (v) der für die Überprüfung der Hypothese (I) in Kap. 1 angegebenen Fragestellungen.

2 . 5 . Z u s a m m e n f a s s u n g Kapitel 2

Ich habe den Ansatz von Grimshaw (1979, 1981) und die Modifikationen von Pesetsky (1982) im Hinblick auf semantische Selektion besprochen. Ich teile die Grundannahme, daß im Lexikoneintrag eines Prädikats der semantische Typ des Komplements vermerkt ist, trotz der ungelösten Probleme, die damit in bezug auf Veränderung der Selektionseigenschaften eines Prädikats durch Modalverben und Negation verbunden sind. Allerdings gehe ich davon aus, daß im Deutschen die Annahme eines semantischen Typs E für w-Sätze nicht nötig ist. Ich habe argumentiert, daß man für semantische Selektion auf einen Typ E verzichten kann, wenn man die Punkte (iii) bis (vii), die ich in Kap. 1 aufgeführt habe, lösen kann. Ich werde zu diesem Zweck weiterhin davon ausgehen, daß auch exklamative Prädikate, die einen w-Satz zu sich nehmen, den semantischen Typ Q selegieren. Im Sinne von Karttunen (1977) ist das ein Element vom Typ < s , « s , t > t » .

31

(51b) etwa präsupponiert durch die definite Nominalphrase die Existenz eines Königs von Frankreich nur. Es wird nicht assertiert, daß es einen König von Frankreich gibt.

3.

Zu w-Sätzen mit einleitendem w-Pronomen und der Bedeutung von erstaunt sein

3.1. Einleitung

In diesem Kapitel geht es zunächst um w-Sätze unter einem Prädikat wie erstaunt sein, die von einem w-Pronomen eingeleitet werden. Es wird argumentiert, daß w-Sätze unter Prädikaten wie erstaunt sein denselben Typ haben wie unter Frageprädikaten. Zuerst werde ich zeigen, daß sich w-Sätze mit einleitendem w-Pronomen in bezug auf bestimmte Konstruktionen unter exklamativen Prädikaten wie unter Frageprädikaten gleich verhalten. Die besprochenen Konstruktionen sind von daher von Interesse, weil dieses gleiche Verhalten nicht für alle Arten von w-Sätzen gilt. Zu zwei Problemklassen komme ich in Kap. 4. Dann werde ich etwas zur Bedeutung von w-Sätzen i.S. von Karttunen (1977) und der darauf aufbauenden Sichtweise von Heim (1994) sagen, vor allem im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen erstaunt sein und der Bedeutung des eingebetteten w-Satzes. Zum Schluß des Kapitels werde ich versuchen eine Charakterisierung einer Klasse von exklamativen Prädikaten zu geben, die darauf aufbaut, daß für diese Prädikate ein Zusammenhang zwischen zwei bestimmten Propositionen grundlegend ist. Es wird also der Punkt (ii) zur Überprüfung der Hypothese (I) behandelt: Wie kann man exklamative Prädikate beschreiben und deren Zusammenhang mit interrogativen Komplementen?

3.2. Vergleich von w-Sätzen mit einleitendem w-Pronomen

In diesem Abschnitt werde ich darauf eingehen, daß sich w-Sätze mit einleitenden w-Pronomen wie wer, was, wessen, wem, wen, wann, wo, wie, womit, wonach, woher, wohin etc. in bezug auf bestimmte Phänomene nicht unterscheiden, egal ob sie unter exklamativen oder Frageprädikaten eingebettet sind. Dieses Verhalten stützt zum einen die Annahme von Grimshaw (1979), daß sich die w-Sätze, die sie w-Exklamative nennt, und die w-Sätze, die sie w-Interrogative nennt, syntaktisch nicht unterscheiden. Zum anderen ist es aber auch von daher von Interesse, weil es w-Sätze gibt, die sich in den zu besprechenden Konstruktionen anders verhalten. Zu diesen werde ich in Kap. 4 kommen. Zuerst werde ich etwas zu w-Sätzen mit einleitenden w-Pronomen unter exklamativen und unter Frageprädikaten sagen, dann zu Mehrfach-w-Sätzen und was-w-Bewegung. W-Sätze mit w-Pronomen können sowohl von exklamativen als auch von Frageprädikaten eingebettet werden, vgl. (1) und (2).1 1

Unter Frageprädikaten verstehe ich nicht alle Prädikate, die außer exklamativen Prädikaten wSätze zu sich nehmen, sondern solche, die i.S.v. Groenendijk/Stokhof (1982) intensionale

31 (1)

a. b. c. d. e. f. g. h. i. j. k. 1.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

findet es erstaunlich, wer das Rennen gewonnen hat. findet es erstaunlich, wessen am 4. April gedacht wird. ist verblüfft, wen Maria geschlagen hat. ist darüber erstaunt, wem Maria geholfen hat. findet es verblüffend, was Peter gewonnen hat. findet es erstaunlich, wie Maria heute aussieht. ist verblüfft, womit Karl den Hund wäscht. findet es erstaunlich, wonach Maria sich sehnt. ist verblüfft, woher Peter sein ganzes Geld hat. findet es erstaunlich, wohin Karl verreist ist. findet es erstaunlich, wann Maria ihre Hausaufgaben macht. ist verblüfft, wo Karl sein Geld versteckt.

(2)

a. b. c. d. e. f. g. h. i. j. k. 1.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

möchte wissen, wer das Rennen gewonnen hat. fragt sich, wessen am 4. April gedacht wird. möchte wissen, wen Maria geschlagen hat. überlegt, wem Maria geholfen hat. möchte wissen, was Peter gewonnen hat. möchte wissen, wie Maria heute aussieht. überlegt, womit Karl den Hund wäscht. möchte wissen, wonach Maria sich sehnt. fragt sich, woher Peter sein ganzes Geld hat. überlegt, wohin Karl verreist ist. möchte wissen, wann Maria ihre Hausaufgaben macht. fragt sich, wo Karl sein Geld versteckt.

Sowohl exklamative als auch Frageprädikate erlauben einen Mehrfach-w-Satz als Komplement, vgl. (3) und (4). (3)

a. b. c. d. e.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

findet es erstaunlich, wer welches Rennen gewonnen hat. ist verblüfft, wen Maria wann zum Essen eingeladen hat. ist darüber erstaunt, mit wem Maria wo ihre Zeit verbringt. findet es erstaunlich, wann wer seine Hausaufgaben macht. ist verblüfft, wo Karl welches Bild gekauft hat.

(4)

a. b. c. d. e.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

möchte wissen, wer welches Rennen gewonnen hat. fragt sich, wen Maria wann zum Essen eingeladen hat. möchte wissen, mit wem Maria wo ihre Zeit verbringt. möchte wissen, wann wer seine Hausaufgaben macht. fragt sich, wo Karl welches Bild gekauft hat.

Prädikate sind. Wissen oder herausfinden gehören i.d.S. nicht zu den Frageprädikaten. Wie in Kap. 2 angesprochen können sich Selektionseigenschaften von Verben durch Verbindung mit Modalverben ändern. Das ist auch im Fall von wissen-wollen und wissen-möcht(en) so, die ich als komplexe Frageprädikate ansehe.

32 Diese Möglichkeit, Mehrfach-w-Sätze unter exklamativen Prädikaten haben zu können, nimmt etwa Karttunen (1977) zum Anlaß, keine Unterscheidung zu machen, was die Bedeutung von w-Sätzen unter exklamativen und Frageprädikaten betrifft, vgl. Karttunen (1977: Fn.3). Sowohl in w-Sätzen unter exklamativen als auch unter Frageprädikaten ist die was-wKonstruktion möglich, vgl. (5) und (6). (5)

(6)

a. b. c. d. e.

Heinz findet es erstaunlich, was Karl glaubt, wer das Rennen gewonnen hat. Heinz ist verblüfft, was Karl glaubt, wen Maria geschlagen hat. Heinz ist darüber erstaunt, was Karl glaubt, mit wem Maria ihre Zeit verbringt. Heinz findet es erstaunlich, was Karl glaubt, wann Maria ihre Hausaufgaben macht. Heinz ist verblüfft, was Maria glaubt, wo Karl sein Geld versteckt.

a. b. c. d. e.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

möchte wissen, was Karl glaubt, wer das Rennen gewonnen hat. fragt sich, was Karl glaubt, wen Maria geschlagen hat. möchte wissen, was Karl glaubt, mit wem Maria ihre Zeit verbringt. möchte wissen, was Karl glaubt, wann Maria ihre Hausaufgaben macht. fragt sich, was Maria glaubt, wo Karl sein Geld versteckt.

Aufgrund der Daten (1) bis (6) bin ich mit Grimshaw (1979) der Ansicht, daß man w-Sätze unter exklamativen und unter Frageprädikaten syntaktisch nicht unterscheiden sollte, denke aber im Gegensatz zu ihr, daß man sie auch nicht vom semantischen Typ her unterscheiden sollte. Wie ich mir die Bedeutung von w-Sätzen mit einleitenden w-Pronomen im Zusammenhang mit Prädikaten wie erstaunt sein vorstelle, darauf werde ich jetzt eingehen.

3.3. Zur Bedeutung von w-Sätzen und dem Zusammenhang mit erstaunt

sein

Ich werde von einer Karttunen-Bedeutung für w-Sätze ausgehen und systematische operationelle Erweiterungen nutzen, die Heim (1994) eingeführt hat. Karttunen (1977) folgend ist die Intension von (7) (7'). (7) (7')

wen Maria eingeladen hat Xw Ap [3x pers(x)(w) & p = Aw'. eingl(m,x)(w') & p(w)]

Angewendet auf die wirkliche Welt @ erhalten wir (7"), die Menge der Propositionen der Form A,w'. eingl(m,x)(w'), die in @ wahr sind. (7")

Ap [3x pers(x)(@) & p = A,w". eingl(m,x)(w') & p(@)]

Betrachten wir die Bedeutung eines Satzes mit wissen und einem w-Komplement.

33 (8)

Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat.

(8) ist wahr, wenn Heinz alle Propositionen aus (7") weiß. Ein Problem, das sich aus dieser Bedeutung ergibt und das auch von Groenendijk/Stokhof (1982) als Kritikpunkt aufgegriffen worden ist, ist, daß nicht folgt, daß das Wissen von Heinz bezüglich der wahren Propositionen abgeschlossen ist. Angenommen, Heinz nimmt korrekt an, daß Maria Karl und Peter eingeladen hat, d.h. zu seinen Glaubenswelten gehören nur diejenigen, in denen wahr ist, daß Maria Karl und Peter eingeladen hat. Das sagt aber nichts darüber aus, ob Heinz etwa fälschlicherweise annimmt, daß Maria auch Anna eingeladen hat, d.h. in seinen Glaubenswelten könnten nur die enthalten sein, in denen wahr ist, daß Maria Karl, Peter und Anna eingeladen hat, da in diesen Welten auch die Proposition, daß Maria Karl und Peter eingeladen hat, wahr wäre. Was Heinz wissen sollte, ist, daß Maria Karl und Peter und nur die eingeladen hat. Das ist genau der Unterschied, den wir zwischen (9) und (10) sehen können. (9)

Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat.

(10)

Heinz weiß, daß Maria Karl und Peter eingeladen hat.

Die Intuition ist, daß Heinz in (9) genau die weiß, die Maria eingeladen hat, wohingegen (10) über mögliche weitere Gäste nichts sagt. Groenendijk/Stokhof (1982) lösen dieses Problem, indem sie wissen mit w-Komplement als eine Relation zwischen einem Individuum und einer Proposition analysieren. Das ist für (8) die Proposition, daß Maria nur die eingeladen hat, die sie in der wirklichen Welt eingeladen hat. Dabei erhält das w-Komplement eine Interpretation, die von (7") abweicht. Während (7") nur schwach exhaustiv ist, ist die Bedeutung, die von Groenendijk/Stokhof (1982) gegeben wird, stark exhaustiv. Heim (1994) löst das entstandene Problem unter Beibehaltung der Karttunen-Analyse durch die Einführung von zwei Antwort-Konzepten, Antwortl und Antwort2. Die Bedeutung von verschiedenen Prädikaten mit w-Komplement läßt sich dann mit Bezug auf diese beschreiben. Die Antwortl zu einem w-Satz in der Welt @ ist in (11) gegeben. (11)

ans 1 (w-Satz, @) = n [[ w-Satz]] (@)

'[[ w-Satz]] (@)' ist die Intension des w-Satzes angewendet auf die Welt @. Der Schnitt über dieser Menge von Mengen von Welten gibt uns die Menge von Welten, in denen alle p e [[ w-Satz]] (@) wahr sind; die Proposition, die durch die Konjunktion der in @ wahren Antworten ausgedrückt werden kann. Die Antwort2 zu einem w-Satz in @ ist nun die Menge der Welten, in denen die Antwortl zu w-Satz dieselbe ist wie in @, das ist die Proposition, daß die wahren Antworten die wahren Antworten sind, vgl. (12). (12)

ans2(w-Satz, @) = Xw [ ansl( w-Satz, w) = ansl( w-Satz, @) ]

34 Wenn wir wissen als Beziehung zwischen dem Matrix-Subjekt und der Antwort2 betrachten, erhalten wir in etwa dasselbe wie Groenendijk/Stokhof (1982).2 Die Frage ist nun, was die Beibehaltung der schwächeren Karttunen-Bedeutung und die Einführung der Antwort-Konzepte Antwort 1 und Antwort2 rechtfertigt. Für wissen scheint ja genau die stärkere Bedeutung von Groenendijk/Stokhof (1982) maßgebend zu sein. Relevant sind in dieser Hinsicht Punkte, an denen ein Rekurs etwa auf Antwortl notwendig ist. Neben anderen Phänomenen sagt Heim (1994), daß bei Prädikaten wie erstaunt sein ein solcher Punkt gegeben sei. Sie macht die Annahme, daß man -ip erwartet hat, wenn man in einer erstaunt-sein Beziehung zu einer Proposition p steht. Wenn diese Proposition bei einem w-Komplement nun die Antwort2 ist, so sollte man bei dieser Annahme die Negation von Antwort2 erwartet haben. Daß dabei unerwünschte Voraussagen gemacht werden, zeigt Heim (1994) an einem Beispiel wie dem folgenden. Nehmen wir an, Maria und Peter sind die einzigen Studenten, die angerufen haben. Wenn ich jetzt erstaunt bin, welche Studenten angerufen haben, sollte ich etwas anderes erwartet haben, nämlich die Negation der Proposition, daß die einzigen Studenten, die angerufen haben, Maria und Peter sind. Das wäre die Menge der Welten, in der die Menge der Studenten, die angerufen haben, eine andere ist. Unter anderem kann dazu auch eine Welt w' gehören, in der Maria, Peter und Paul Studenten sind, die angerufen haben. Wenn ich aber erwartet habe, daß Maria, Peter und Paul Studenten sind, die angerufen haben, kann ich dann wirklich erstaunt sein, welche Studenten angerufen haben, oder bin ich nicht, wie Berman (1994), eher erstaunt, welcher Student nicht angerufen hat? Heim sieht das als Indiz dafür an, daß man nicht die Negation von Antwort2, sondern die Negation von Antwortl erwartet hat.3 Was heißt das nun? Antwortl ist in unserem Beispiel die Menge der Welten, in der alle Studenten angerufen haben, die auch in der wirklichen Welt angerufen haben. Das Komplement dieser Menge ist nun die Menge der Welten, in denen nicht alle Studenten angerufen haben, die in der wirklichen Welt angerufen haben. Das scheint für unser Beispiel die bessere Lösung zu geben, da ich in diesem Fall nicht erwartet haben konnte, daß die Studenten, die angerufen haben, angerufen haben plus zusätzlicher. Die Wahrheitsbedingungen für 'x ist erstaunt, w-Satz' könnten wie (14) aussehen. (14)

erstaunt (x) ([[w-Satz]]) (@) gdw. erwartet (x) (--ans 1 (w-Satz,@)) (@).

Es gibt einen anderen wichtigen Unterschied zwischen Prädikaten wie wissen und Prädikaten wie erstaunt sein. Erstere lassen folgendes Argument zu.4

2 3

4

Zu Problemen und Nebenwirkungen, siehe Heim (1994). Soweit ich sehen kann, sind diese allerdings im behandelten Zusammenhang nicht relevant. Antwortl ist aber, wenn Antwort2 die Bedeutung des w-Satzes wäre, nicht mehr rekonstruierbar. Wenn ich nur die Menge der Welten habe, in denen genau Maria und Peter angerufen haben, kann ich daraus nicht die Menge der Welten ableiten, in denen neben Maria und Peter noch jemand anders angerufen hat, aber umgekehrt. Vgl. Groenendijk/Stokhof (1982).

35 (15) ->

Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat. Maria hat niemanden eingeladen. Heinz weiß, daß Maria niemanden eingeladen hat.

Prädikate wie erstaunt sein hingegen setzen voraus, daß es eine Belegung der w-Variablen gibt, die die Proposition des eingebetteten Satzes wahr macht. Das parallele Argument mit erstaunt sein geht nicht durch, d.h. schon die beiden Prämissen können nicht gleichzeitig wahr sein, vgl. (16). (16) -/->

Heinz ist erstaunt, wen Maria eingeladen hat. Maria hat niemanden eingeladen. Heinz ist erstaunt, daß Maria niemanden eingeladen hat.

Wissen und erstaunt sein gehören zwar beide zur Klasse der faktiven Prädikate, 5 indem sie die Wahrheit der Proposition eines von ihnen eingebetteten daß-Satzes präsupponieren, aber sie unterscheiden sich in Hinsicht auf die Auswirkung auf ein w-Komplement. Im Gegensatz zu wissen präsupponiert erstaunt sein mit einem w-Komplement, um den Begriff von Grimshaw (1979) zu verwenden, den propositionalen Gehalt seines Komplements. Das wird auch deutlich durch die Konstanz dieser Präsupposition unter Negation. Sowohl aus (17a) als auch aus (17b) folgt, daß es jemanden gibt, den Maria geheiratet hat. 6 ' 7 (17) a. b.

Heinz ist erstaunt, wen Maria eingeladen hat. Heinz ist nicht erstaunt, wen Maria eingeladen hat.

Möglicherweise wird bei erstaunt sein, neben der Existenz einer Belegung für die w-Variable, die die Proposition des w-Komplements wahr macht, auch das Wissen des Matrix-Subjekts um die Belegung dieser Variablen präsupponiert, d.h. daß aus (17) auch folgt, daß Heinz weiß, wen Maria geheiratet hat. Auf jeden Fall erscheint es mir sinnvoll, das zu überlegen, wenn man bedenkt, daß es sich bei erstaunt sein um ein Prädikat handelt, daß eine emotionale Einstellung des Matrixsubjekts angibt, die auf einen bestehenden Sachverhalt gerichtet ist. Da sollte man annehmen können, daß das Matrixsubjekt um diesen Sachverhalt weiß. Der wichtige Punkt scheint mir aber, daß ein Prädikat wie erstaunt sein mit einem wKomplement nicht erlaubt, daß die Menge der Antworten zum eingebetteten w-Satz leer sei, denn das hieße ja, daß es keine Belegung der w-Variablen in der wirklichen Welt gibt, die die Proposition des w-Satzes wahr macht. Es gibt also bis jetzt zwei wichtige Punkte, die zu beachten sind. Einmal setzt erstaunt sein voraus, daß etwas die Proposition wahr macht, und zum anderen gibt es eine bestimmte Proposition, die vom Matrixsubjekt als Alternative zur wahren Antwort erwartet wurde. Betrachten wir (18). 5 6

7

Vgl. Kiparsky/Kiparsky (1970). Das folgt bei (i) und (ii) nicht. (i) Heinz weiß, wen Maria eingeladen hat. (ii) Heinz weiß nicht, wen Maria eingeladen hat. Siehe auch Rehbock (1997).

36 (18)

Heinz ist erstaunt, wen Maria geheiratet hat.

So, wie es in (14) formuliert ist, kann Heinz erwartet haben, daß Maria jemand anderen geheiratet hat oder daß Maria niemanden geheiratet hat. Wenn die Antwort 1 zum eingebetteten w-Satz die Proposition ist, daß Maria Karl geheiratet hat, ist die Negation von Antwort 1, das Komplement dieser Menge von Welten, die Menge von Welten, in denen Maria jemand anderen geheiratet hat, vereinigt mit der Menge von Welten, in denen Maria nicht geheiratet hat. Denn sowohl auf die erste als auch auf die zweite Menge von Welten trifft nicht zu, daß Maria in diesen Karl geheiratet hat. Ich denke, daß man die Erwartung von Heinz noch mehr spezifizieren kann, i.d.S. daß man die Menge der Welten, die die Proposition ausmachen, die Heinz erwartet hat, noch mehr einschränken kann. Stellen wir uns nun vor, Maria, Karl und ein katholischer Pfarrer sind auf einer einsamen Insel gestrandet. Nach einiger Zeit beschließen Maria und Karl zu heiraten, und der Pfarrer traut sie, ausnahmsweise ohne Trauzeugen. Kurz darauf werden die drei dann doch noch von einem Schiff gerettet, dessen Kapitän sie dann ihre Geschichte erzählen. Kann Käptn Blaubär, eingeweiht in die Restriktionen des katholischen Priesterstandes, (19) äussern? (19)

Ich bin erstaunt, wen Maria geheiratet hat.

Ich bin der Meinung, daß diese Äußerung in der gegebenen Situation nicht möglich ist. Wenn ich erstaunt bin, wen Maria geheiratet hat, habe ich erwartet, daß sie jemand anderen heiratet, der in diesem Fall nicht zu Verfügung steht, und nicht etwa, daß sie niemanden heiratet. Folgender Kontrast macht das möglicherweise noch deutlicher, vgl. (20a) und (20b). (20) a. b.

Heinz findet es erstaunlich, WEN Maria geheiratet hat, aber nicht, DASS sie (jemanden) geheiratet hat. *Heinz weiß, WEN Maria geheiratet hat, aber nicht, DASS sie (jemanden) geheiratet hat.

Diese Beispiele zeigen, daß eine Einstellung wie erstaunt sein zwar für das Zutreffen der Proposition auf die aktuelle Belegung der w-Variablen gelten kann, damit aber nicht für das Zutreffen der Proposition auf eine beliebige Belegung der Variablen gelten muß. Das ist bei wissen anders. Wenn nun aber für den ersten Teil von (20a) zu der Proposition, die Heinz erwartet hat, auch die Welten gehören, in denen Maria niemanden geheiratet hat, sollte er auch erstaunt sein, daß Maria überhaupt jemanden geheiratet hat. Durch den zweiten Teil von (20a) wird aber deutlich gemacht, daß das nicht der Fall sein muß. Ich nehme das als Hinweis dafür, daß die Welten, in denen Maria niemanden geheiratet hat, ausgeschlossen werden müssen aus der Proposition, die Heinz erwartet hat, so daß die Proposition, die er erwartet hat nur Welten enthält, in denen Maria jemand anderen geheiratet hat. Die Eigenschaften von erstaunt sein mit einem w-Komplement lassen sich also so beschreiben, daß erstens präsupponiert wird, daß es eine Belegung für die w-Variable gibt, die den propositionalen Gehalt des w-Satzes wahr macht und die dem Matrixsubjekt bekannt ist,

37

und zweitens, daß erstaunt sein auf ein Subjekt und einen w-Satz nur dann zutreffen kann, wenn es eine Alternativproposition gibt, die das Subjekt erwartet hat. Diese Alternativproposition steht in einem bestimmten Zusammenhang zur Bedeutung des w-Satzes. Sie ist eine Teilmenge der Menge von Welten, die das Komplement zu Antwort 1 ausmachen, und die Bedeutung des w-Satzes in diesen Welten ist nicht leer,8 vgl. (21). (21)

erstaunt (x) ([[w-Satz]]) (@) gdw. 3p c iansl(w-Satz,@) & V w e p [[w-Satz]](w) 9t { } & erwartet (x) (p) (@)

Das Nichtzutreffen der Bedingung, daß es eine Alternative zur wahren Antwort mit den angegebenen Eigenschaften gebe, kann durchaus ein Grund dafür sein, daß erstaunt sein auf ein Subjekt und einen w-Satz nicht zutrifft, d.h. man kann die Nichtexistenz einer Alternative als Grund dafür angeben, daß erstaunt sein nicht zutrifft, vgl. (22). (22)

Ich bin nicht erstaunt, wen Maria geheiratet hat, aus dem einfachen Grund, weil sie keine Alternative hatte.

Für eine Situation, in der die Leute, die gekommen sind, zwar von mir erwartet wurden, allerdings nicht alle von denen gekommen sind, die ich erwartet habe, haben wir gesehen, daß ein Satz wie (23) schlecht ist, (23)

Ich bin erstaunt, wer gekommen ist.

da keine passende Proposition herleitbar ist, die ich erwartet haben kann. Das gilt auch noch dann, wenn ich eine Proposition erwarte, die nur auf eine Teilmenge der Welten zutrifft, auf die die Negation von Antwortl zutrifft. Wie verhält es sich nun, wenn zu den Leuten, die ich erwartet habe, noch einige dazukommen, wenn ich also nur für einen Teil der Leute, die gekommen sind, erwartet habe, daß sie kommen? In diesem Fall macht (21) die richtige Voraussage, daß (23) in Ordnung ist. Nehmen wir an, daß Heinz und Maria gekommen sind, erwartet habe ich aber nur Heinz. Die Menge der Welten, in denen nur Heinz kommt, liegt in der Negation von Antwortl, so daß die Proposition, daß nur Heinz kommt, durchaus eine ist, die ich erwarten haben kann, womit (23) in dieser Hinsicht akzeptabel ist. Wenn ich erstaunt bin, wer gekommen ist, kann das also daran liegen, daß ich (i) von ganz anderen erwartet habe, daß sie kommen, oder auch (ii), daß ich nur von einem Teil der Gekommenen erwartet habe, daß sie kommen. Der relevante Punkt neben der erwähnten Präsupposition ist, daß es eine alternative Proposition gibt, die in einem systematischen Bezug zu dem steht, was der Fall ist, wie es in (21) unter Ausnutzung des Antwort-Konzeptes Antwortl beschrieben ist.

8

Sonst könnte Heinz ja erwartet haben, daß Maria niemanden heiratet.

38

3.4. Exklamative Prädikate: Bezug zu einem 'Emotionalen System'

Wie läßt sich die Intuition beschreiben, daß man es bei einem Prädikat wie erstaunt sein mit einer emotionalen Einstellung des Matrix-Subjekts zu einem Sachverhalt zu tun hat? 9 Im Prinzip enthält die Beschreibung von erstaunt sein in (21) schon einen großen Teil dessen, was man benötigt, um dem exklamativen Effekt gerecht zu werden. Es gibt eine Proposition, die den Sachverhalt beschreibt, der außerhalb der Norm liegt, nämlich die wahre Antwort zum eingebetteten w-Satz, und es gibt eine Proposition, die die Norm setzt, nämlich das, was das Matrixsubjekt erwartet. Was fehlt, ist die Einordnung der beiden Propositionen in ein System emotiver Einstellungen und der Bezug der beiden in diesem System.10 Nehmen wir an, bestimmte Sachverhalte, zu denen ich eine Einstellung habe, die sich als Erstaunen bezeichnen läßt, bzw. Propositionen, die diese Sachverhalte beschreiben, sind auf einer Skala geordnet, wobei ein Sachverhalt s l , den ich für weniger erstaunlich halte als ein Sachverhalt s2, auf dieser Skala einen niedrigeren Zahlenwert erhält als s2. Wie wäre das Verhältnis von p (der wahren Antwort) und p' (der Proposition, die ich erwartet habe) auf dieser Skala? Der Proposition p' würde der Anfangswert, der Normwert auf dieser Skala zugeordnet. Eine Funktion f, die einer Proposition q bezüglich der Erstaunensskala E s einen Wert zuordnet, ergibt für p': f(p',E s ) = 0. Die wahre Antwort p würde einen Wert erhalten, der höher liegt, wenn p eine Proposition ist, zu der meine Einstellung eine des Erstaunens ist: f(p',E s ) < f(p,E s ). Solche Skalen kann man sich vorstellen als Repräsentationen eines Teils des Emotionalen Systems, in dem emotive Einstellungen zu Sachverhalten enthalten sind. Benötigt wird noch eine Funktion F, die die Propositionen p und p' dem Emotionalen System des Matrixsubjekts x zuordnet, so daß sie als Wert eine bestimmte Skala oder einen Ausschnitt davon gibt; etwa die Skala E s von x, die Erstaunenseinstellungen repräsentiert: F(x,p,p') = E s . Ein interessanter Punkt ist nun, daß p' gar keine Proposition mehr ist, die ich erwartet hätte, sondern eine Proposition, die den Normwert einer Skala erhält. Im Falle einer Erstaunensskala besagt das praktisch dasselbe, da der Normwert einer Skala, auf der Propositionen bezüglich ihrer Erstaunlichkeit geordnet sind, gut damit beschrieben werden kann, daß das die Proposition ist, die das Matrix-Subjekt erwartet hat. Bei anderen emotiven Einstellungen muß das nicht der Fall sein. Wenn ich bedauerlich finde, wen Maria geheiratet hat, kann meine Einstellung zu einer alternativen Proposition durchaus eine des Hoffens sein, obwohl ich das Gegenteil davon erwartet habe. Die Setzung der Alternativproposition als die mit dem Normwert auf einer entsprechenden Skala entspricht der Intuition, die man mit Exklamativität verbindet, daß es um etwas geht, das nicht der Norm entspricht. Eine entsprechend modifizierte Beschreibung von erstaunt sein ist (24).

9

10

Fries (1988) z.B. macht bei Exklamationen mit wie- oder wos-eingeleiteten w-Sätzen die lexikalischen Eigenschaften dieser Wörter i.S. einer intensivierenden Funktion dafür verantwortlich. Siehe für Überlegungen zum emotionalen System Fries (1994).

39 (24)

erstaunt (x) ([[w-Satz]]) (@) gdw. 3 p c --ans 1 (w-Satz,@) & V w e p [[w-Satz]](w) * [ } 3F F(x,ans2( w-Satz, @),p) = E s , 3f f(p,E s ) = 0, f(ans2(w-Satz,@),E S ) > f(p,E s ).

Betrachten wir dazu (25). (25)

Heinz ist erstaunt, wer kommt.

Angenommen, Maria kommt und Heinz hat mit Peter gerechnet. Wenn Heinz weiß, daß nur Maria kommt (=q), daß Peter kommt (=p) auf seiner Skala der erstaunlichen Propositionen aber den Normwert erhält ( f(p,E s ) = 0), der Wert von q größer ist ( f(q,E s ) > 0), dann scheint mir das eine hinreichende Formulierung für die Bedingung der Wahrheit von (25)." Bei dieser Formulierung der Bedeutung von erstaunt sein muß man auf Repräsentationen eines Teils des emotiven Systems rekurrieren. Das scheint mir aber nicht unplausibel. Stellen wir uns vor, daß Heinz ein durch und durch kooler Typ ist, ein richtiger Eiszapfen. In dem Fall kann (25) falsch sein, aber nicht etwa aus dem Grund, daß Heinz nicht erwartet hätte, daß jemand anders, etwa Peter, kommt, sondern einfach aus dem Grund, daß eine emotionale Einstellung des Erstauntseins nicht gegeben ist, womit diese auch kein Abbild in einer Erstaunensskala findet. Das heißt aber, daß die Funktion F in (24) keinen Wert liefert. Die rechte Seite von (24) ist nicht vollständig erfüllt, und (25) ist falsch. Es geht hier nicht nur um das Prädikat erstaunt sein. Dieser Bezug auf Skalen, die einen Teil des emotionalen Systems des Matrixsubjekts repräsentieren und auf denen die wahre Proposition und eine Normproposition eingeordnet sind, kann man für folgende Prädikate annehmen: (26) erstaunt sein, verblüfft sein, überrascht sein, verwundert sein, fasziniert sein, erschrocken sein, komisch, unerhört, seltsam, verrückt, unglaublich, nicht normal, überraschend, erstaunlich, verblüffend, erschreckend, bemerkenswert finden Daß es hier um emotionale Einstellungen zu einem Sachverhalt geht, macht vielleicht folgende Überlegung deutlich. Es gibt Prädikate, die als Teil ihrer Bedeutung die Behauptung einer Nicht-Existenz einer emotionalen Einstellung zu einem bestimmten Sachverhalt haben, z.B. egal sein, nicht jucken. Es ist von daher auch nicht verwunderlich, daß diese Prädikate nicht gleichzeitig mit einem von den obigen für ein bestimmtes Subjekt und ein bestimmtes w-Komplement wahr sein können, vgl. z.B. (27).12

11

12

Einbezogen die relevanten Präsuppositionen: daß es eine wahre Antwort gibt und daß das Matrixsubjekt diese kennt. Siehe Fries (1988) für diesen Zusammenhang bei Exklamationen mit selbständigen w-Sätzen.

40 (27) *Heinz findet es erstaunlich/verblüffend/bemerkenswert/unglaublich/überraschend/ erschreckend, mit wem Maria ihre Zeit verbringt, aber es ist ihm egal/ es juckt ihn nicht. Ich nenne die Prädikate in (26) exklamative Prädikate. Sie präsupponieren mit w-Komplementen die Existenz einer Belegung für die w-Variable im eingebetteten Satz und das Wissen des Matrixsubjekts darüber. Sie benötigen eine zur wahren Proposition q in systematischer Beziehung stehende Alternativproposition p. Diese beiden Propositionen werden auf einer Skala, die den relevanten Ausschnitt des emotionalen Systems repräsentiert, so in Bezug gesetzt, daß p der Normwert ist und q einen höheren Wert bekommt. Dabei muß man nicht davon reden, daß sie 'exklamative' Komplemente selegieren. Man muß den entsprechenden exklamativen Effekt also nicht in der Bedeutung des eingebetteten w-Satzes kodieren. Aber es ist notwendig, die Bedeutung der w-Komplemente in diesen Fällen so schwach zu haben, daß eine Herleitung der Alternativpropositiön über das Konzept der Antwort 1 möglich ist. Bei exklamativen Prädikaten handelt es sich um eine Teilklasse der Prädikate, die w-Exklamativsätze zu sich nehmen, wobei w-Exklamativsätze ein deskriptiver Terminus ist, um diejenigen w-Sätze zu bezeichnen, die nicht unter Frageprädikaten wie wissen-wollen, sich fragen, überlegen vorkommen. Man erinnere sich an die typischen Beispiele mit Intensivierern aus Kap. 1, vgl. (28). (28) a. b.

*Heinz möchte wissen, wie überaus klug Maria ist. *Heinz fragt sich, welchen Bombenerfolg das Stück hatte.

Die eingebetteten Sätze in (28) können jedoch unter mehr Prädikaten vorkommen, bei denen etwa der Vergleich zu einer Norm wie bei exklamativen Prädikaten nicht gegeben ist, s. die Beispiele aus Rehbock (1997), vgl. (29)-(31). (29)

Heinz genießt es/freut sich darüber/fürchtet sich davor/ärgert sich darüber, wie überaus klug Maria ist.

(30)

Heinz ist zufrieden damit/traurig darüber/verärgert darüber/gekränkt davon/ verbittert darüber/begeistert davon/gefrustet davon/beunruhigt davon/genervt davon, wie überaus klug Maria ist.

(31)

Deine Begeisterung darüber/Belustigung darüber/Freude darüber/Wut darüber, wie überaus klug Maria ist, ist völlig unangebracht.

Dazu kommen noch Beispiele wie (32). (32)

Heinz weiß/erinnert sich/hat herausgefunden/hat vergessen/ hat zur Kenntnis genommen/ hat endeckt/ hat mir gezeigt/hat keine Ahnung davon/ist es egal/hat mir geschildert, wie überaus klug Maria ist.

41 Die Prädikate in (29) - (31) unterscheiden sich von denen in (32) darin, daß sie keine obKomplemente zu sich nehmen. 1 3 Was sie (fast alle) gemeinsam haben, ist, daß es sich um faktive Prädikate i.S.v. Kiparsky/Kiparsky (1970) handelt, d.h. mit einem daß-Komplement präsupponieren sie die Wahrheit der Proposition des da/J-Satzes. 14 Für schildern trifft das nicht zu, da es keinen daß-Satz zu sich nimmt, vgl. (33). (33) a. b.

Heinz hat seiner Frau geschildert, wo Peter wohnt. *Heinz hat seiner Frau geschildert, daß Peter in Hamburg wohnt.

Im Gegensatz zu exklamativen Prädikaten und den Prädikaten in (29) bis (31) präsupponiert schildern auch nicht den propositionalen Gehalt seines Komplements. Sicher muß die Schilderung von Heinz den tatsächlichen Wohnort von Peter betreffen, aber das gehört zu den Wahrheitsbedingungen von schildern. Unter Negation sagt schildern im Gegensatz zu erstaunt sein nichts über das Zutreffen des propositionalen Gehalts des w-Komplements oder das Wissen des Matrixsubjekts darüber aus, vgl. (34). (34) a. b.

Heinz hat seiner Frau nicht geschildert, wo Peter wohnt, Heinz ist nicht erstaunt darüber, wo Peter wohnt.

Aus (34b) folgt, daß Heinz weiß, wo Peter wohnt, und daß Peter tatsächlich irgendwo wohnt und nicht etwa obdachlos ist. Das folgt aus (34a) nicht. Daraus folgen drei Dinge: Erstens liegt es an den Eigenschaften von bestimmten Prädikaten, etwa exklamativen Prädikaten oder denen in (29) bis (31), daß mit einem w-Komplement dessen propositionaler Gehalt präsupponiert wird. Grimshaws (1979) Annahme, daß die w-Sätze in diesen Fällen selbst dafür verantwortlich sind, ist nur eingeschränkt richtig, denn zweitens muß man zeigen, warum w-Komplemente wie wie überaus klug Maria ist anscheinend doch in der Lage sind diese Präsupposition selbst auszulösen, vgl. (35). (35)

Heinz hat seiner Frau nicht geschildert, wie überaus klug Maria ist.

Wie das bei w-Komplementen wie dem eingebetteten Satz in (35) passiert, darauf gehe ich in Kap. 4 ein. Drittens ist Faktivität, wenn man sie bei Prädikaten mit w-Komplementen als Präsupposition des propositionalen Gehalts beschreibt, keine notwendige Voraussetzung für die Lizenzierung eines Exklamativkomplements, was (35) ebenfalls zeigt. Wie die Beziehung zwischen Subjekt und Bedeutung des Komplements auch i.S. der Antwortkonzepte von Heim (1994) genau zu beschreiben ist, muß im Einzelfall geklärt werden, so wie es in Heim (1994) für wissen getan wurde und oben für exklamative Prädikate.

13 14

In (32) gibt es zwei Ausnahmen: zur Kenntnis nehmen und schildern. Zum ersten habe ich nichts zu sagen, auf schildern werde ich auch noch einmal in Kap. 5 zurückkommen. Rehbock (1997: 8) nennt Prädikate wie in (29) bis (31) eine "... 'affektive' Teilklasse der von Kiparsky/Kiparsky (1970) 'emotive factive' genannten Prädikate."

42 3 . 5 . Z u s a m m e n f a s s u n g Kap. 3

Ich habe gezeigt, wie man sich eine Bedeutung von erstaunt sein im Zusammenhang mit w-Komplementen vorstellen kann, die von einer Bedeutung der w-Komplemente ausgeht, wie sie Karttunen (1977) vorgeschlagen hat. Dabei habe ich bestimmte Überlegungen zu Antwortbegriffen in Heim (1994) benutzt. Die Benutzung dieser Antwortkonzepte in Heim (1994) und darauf aufbauend auch in Beck (1996) ist nicht dadurch motiviert, daß sich auf technische Weise der Zusammenhang zwischen einem Individuum und der Bedeutung eines w-Komplements auf der Basis einer Karttunen-Bedeutung modellieren läßt. Der Grundgedanke ist, daß verschiedene Prädikate, die ein w-Komplement zu sich nehmen, Relationen beschreiben zwischen einem Individuum und verschiedenen Aspekten der grundlegenden Bedeutung des Interrogativsatzes. So beschreibt wissen im exhaustiven Fall die Beziehung zwischen einem Individuum und der vollständigen, wahren Antwort. Das heißt aber nicht zwangsläufig, daß dann die Bedeutung des Interrogativsatzes selbst eine Proposition sein muß, die diese Antwort beschreibt. Daß eine flexiblere Gestaltung der Beziehungen zwischen Subjekt und Komplementbedeutung möglich sein muß, zeigen eben exklamative Prädikate, bei denen eine Bezug zur Antwort 1 als einer schwach exhaustiven Antwort zum eingebetteten w-Satz möglich sein muß. Weitere Argumente für diese Sichtweise auf den Zusammenhang zwischen Subjekt und w-Komplementbedeutung finden sich in Beck (1996: 172ff.). Dort wird auch für die Annahme eines weiteren Antwortkonzeptes argumentiert, das zur Analyse von existentiellen Lesarten dient, die auch bei manchen Einbettungen möglich sind, vgl. (36), s. auch Reich (1997). (36)

Heinz weiß, wo man eine Frankfurter Rundschau kaufen kann.

(36) hat eine Lesart, in der es genügt, daß Heinz eine der Stellen kennt, an denen man eine FR kaufen kann. Er muß nicht alle kennen, d.h. (36) ist auch dann wahr, wenn wissen in diesem Fall keine Relation zwischen Heinz und einer exhaustiven Antwort beschreibt. Beck (1996: 181f.) analysiert diesen Fall mit Hilfe des Antwortkonzeptes Antwort3 (answer3), vgl. (37), so daß (36) wahr ist, wenn Heinz eine wahre Antwort zum eingebetteten w-Satz in (36) kennt, vgl. (38). 15 (37)

answer3 (Q)(w) = A,P [3p [ P(w)(p) & Q(w)(p) & p(w)]]

(38)

answer3 (Q)(w) (kw'A,p'[weiß(Heinz,p',w')]) gdw. XP [3p [ P(w)(p) & Q(w)(p) & p(w)]] (Aw9ip'[weiß(Heinz,p>')]) gdw. 3 p [ weiß(Heinz,p,w) & Q(w)(p) & p(w)]

Dabei ist Q = (39).

15

Für eine Kritik an dieser Analyse s. Reich (1997: 39ff.).

43 (39)

lw'X,p[3x

[Ort(x)(w') & p = A,w [ man kann die FR an x in w kaufen]]

In bezug auf exklamative Prädikate stellt sich die Frage, ob auch hier eine existentielle Lesart möglich ist, vgl. (40). (40)

Heinz ist erstaunt, wen Maria eingeladen hat.

Kann Heinz erstaunt sein, wenn er nur eine Antwort zum eingebetteten w-Satz kennt? Angenommen, Maria gibt ein Party und Heinz entdeckt den verhaßten Ex-Mann von Maria. In bezug auf diesen kann (40) wahr sein, auch wenn Maria noch zwanzig weitere Gäste eingeladen hat. Es ist also nicht immer notwendig, daß Heinz die exhaustive Antwort zum w-Satz kennt. Man kann also für exklamative Prädikate nicht immer voraussetzen, daß das Matrixsubjekt jede wahre Belegung der w-Variablen kennt. Es muß mindestens eine kennen, auf die sich der Ausdruck der emotionalen Einstellung bezieht. Solche nicht-exhaustiven Interpretationen können auch durch bestimmte Elemente im wKomplement erzwungen werden. Beck (1996: 182) gibt für das Deutsche so an, vgl. (41a) und für das Niederländische zoal, vgl. (41b). (41) a. b.

Hans will wissen, wer so auf dem Fest war. Jan wil weten wie er zoal op het feest waren. 'Jan will wissen wer da so auf dem Fest war'

(= Beck 1996: (122)) (= Beck 1996: (121))

In (41a) will Hans keine exhaustive Antwort, eine Auswahl der Gäste genügt. Trotz der Möglichkeit einer existentiellen Lesart bei exklamativen Prädikaten halte ich die Partikel so in (42) für schlecht. (42)

Heinz ist erstaunt, wen Maria (*so) eingeladen hat.

M.E. spricht (42) für die Annahme von Reich (1997: 88), daß Partikellesarten, wie sie etwa bei so, aber auch bei den anderen Quantifikationspartikeln alles, allein, außer (...), genau, exakt, ungefähr, zum Beispiel, überall, sonst, s. Reis (1992a), vorliegen, von existentiellen und universellen Lesarten getrennt werden müssen. Wenn so etwas wie Vagheit ausdrückt, s. Reich (1997: 88), dann ist eine solche Intepretation mit (42) auch nicht zu erwarten, da sich das Erstaunen von Heinz auf etwas Bestimmtes richtet. Dem würde aber mit so widersprochen. Das spricht aber nicht gegen einen Ansatz wie Heim (1994) und Beck (1996), den Bezug zu verschiedenen Aspekten der Interrogativsatzbedeutung zu ermöglichen, wie er auch hier im Zusammenhang mit exklamativen Prädikaten vertreten wurde. In bezug auf die Bedeutung von erstaunt sein war das Ergebnis, daß zwei bestimmte Propositionen relevant sind: (i) die bzw. eine wahre Antwort zum w-Satz, (ii) eine aus der Negation der Antwortl abgeleitete Proposition. Letztere habe ich als Normproposition interpretiert i.d.S. daß diese vom Matrixsubjekt erwartet wurde. Diese Überlegungen habe ich zur Grundlage gemacht, um eine Klasse von exklamativen Prädikaten zu beschreiben. Dazu war es nötig, den Bezug zu einem emotionalen System herzustellen, das in bezug auf bestimmte

44 Einstellungen von einer Skala repräsentiert wird, auf der die Proposition, die für die wahre Antwort steht, und die Normproposition, als Grundwert, eingeordnet werden.

4.

W/e+Adjektiv Phrasen und we/c/i-Phrasen mit nominalem Intensivierer

4 . 1 . Einleitung

Wenn man davon ausgehen will, daß w-Sätze unter exklamativen Prädikaten und Frageprädikaten von demselben semantischen Typ sind, muß man etwas dazu sagen, daß es bestimmte w-Sätze gibt, die unter Frageprädikaten wie sich fragen und wissen-wollen schlecht sind. Das betrifft also den Punkt (iii) der Probleme, die zur Rechtfertigung der Hypothese (I) in Kap. 1 aufgeführt wurden: Wie kann man erklären, daß bestimmte w-Interrogative nicht unter Frageprädikaten vorkommen? Eine erste Klasse von Problemfällen sind w-Komplemente mit einleitenden wie+Adjektiv-Phrasen. 1 (1)

a. b. c. d e. f.

Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz Heinz

ist erstaunt, wie überaus groß Maria ist. ist verwundert, wie enorm breit der Eßtisch ist. ist verblüfft, wie pfeilschnell der neue Wagen ist. ist erstaunt, wie saukalt es heute ist. findet es erstaunlich, wie riesig Maria ist. ist erstaunt, wie winzig das neue Haus ist.

(2)

a. b. c. d e. f.

*Heinz *Heinz *Heinz *Heinz *Heinz *Heinz

fragt sich, wie überaus groß Maria ist. möchte wissen, wie enorm breit der Eßtisch ist. fragt sich, wie pfeilschnell der neue Wagen ist. möchte wissen, wie saukalt es heute ist. fragt sich, wie riesig Maria ist. möchte wissen, wie winzig das neue Haus ist.2

Sätze mit bestimmten wi>+Adjektiv-Phrasen sind zwar unter exklamativen Prädikaten möglich, vgl. (1), nicht jedoch unter Frageprädikaten, vgl. (2).3 1 2

1

Ich beschränke mich hier auf w/e+Adjektiv-Phrasen in prädikativer Verwendung. Ein Wort zur Beurteilung der Daten: Es geht um eine bestimmte Lesart, die nicht möglich ist, vgl. 4.2.3. Ich habe diese Daten mit den verschiedensten Leuten getestet und die Beurteilung ist nicht immer eindeutig. Zu Gründen, die diese Variationen haben können werde ich weiter unten etwas sagen. Sie reduzieren sich m.E. zum Großteil auf lexikalische Eigenschaften der beteiligten Adjektive, so daß eine Variation durchaus zu erwarten ist. Im übrigen auch nicht in Fragen, vgl. (i) (i) a. *Wie überaus groß ist Maria? b. *Wie enorm breit ist der Eßtisch? c. *Wie pfeilschnell ist der neue Wagen? d •Wie saukalt ist es heute? e. *Wie riesig ist Maria? f. *Wie winzig ist das neue Haus?

46 Im Sinne der Hypothese (I) gehe ich davon aus, daß es sich bei wie auch in (2) um ein interrogatives Fragewort handelt, wie es in Sätzen wie (3) und (4) möglich ist. (3)

a. b.

(4)

Heinz möchte wissen, wie groß Maria ist. Heinz fragt sich, wie breit der Eßtisch ist. Heinz wollte wissen, wie Maria so ist.

Das Problem scheint durch die Adjektivphrasen innerhalb der w/e-Phrasen zu entstehen. Bevor ich auf die obigen Beispiele näher eingehe, möchte ich kurz etwas zu einer zweiten Klasse von Fällen sagen, die sich ebenso verhalten. Es handelt sich um bestimmte w-Sätze, die mit we/c/z-+Nomen-Phrasen eingeleitet sind. (5)

a. b. c. d.

Heinz Heinz Heinz Heinz

ist erstaunt, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. findet es verblüffend, welche Bullenhitze im Kino herrscht. ist verblüfft, welchen Affenzahn Maria draufhat. ist verwundert, welchen Bärenhunger Karl mitgebracht hat.

(6)

a. b. c. d.

*Heinz *Heinz *Heinz *Heinz

wollte wissen, welchen Bombenerfolg das neue Stück hatte. fragt sich, welche Bullenhitze im Kino herrscht. möchte wissen, welchen Affenzahn Maria draufhat. will wissen, welchen Bärenhunger Karl mitgebracht hat.

Auch hier gibt es einen Kontrast zwischen exklamativen Prädikaten auf der einen Seite, vgl. (5), und Frageprädikaten auf der anderen Seite, vgl. (6). 4 Parallel zu den w/e-Phrasen scheint die Ungrammatikalität von (6) mehr mit den Nomen innerhalb der welch-Phrasen zusammenzuhängen, als mit welch- selbst, 5 das selbstverständlich einen w-Satz unter einem Frageprädikat einleiten kann, vgl. (7). (7)

a. b.

Heinz fragt sich, welche Temperatur heute im Kino herrscht, Heinz möchte wissen, welches Tempo Maria am liebsten fährt.

Der Versuch muß jetzt sein, diese Kontraste sinnvoll so herzuleiten, daß sich argumentieren läßt, daß der semantische Typ der eingebetteten w-Sätze nicht ihre Ursache ist. 4

5

Auch hier sind die entsprechenden w-Sätze als Fragen nicht möglich, vgl. (i). (i) a. *Welchen Bombenerfolg hatte das neue Stück? b. *Welche Bullenhitze herrscht im Kino? c. *Welchen Affenzahn hat Maria drauf? d. ^Welchen Bärenhunger hat Karl mitgebracht? Anders verhält es sich bei unflektiertem welch. Unflektiertes welch leitet w-Sätze unter exklamativen Prädikaten ein, aber nicht unter Frageprädikaten, vgl. (i). (i) a. Heinz ist erstaunt, welch einen Mann Maria geheiratet hat. b. *Heinz wollte wissen, welch einen Mann Maria geheiratet hat. Hier scheint eher die w-Phrase selbst für die unterschiedliche Distribution verantwortlich zu sein. Auf unflektiertes welch komme ich im Zusammenhang mit selbständigen w-Sätzen zurück, vgl. Kap. 6.

47 4.2.

wie+Adjektiv-Phrasen

4.2.1. Weitere Kontraste Ich werde mit den Kontrasten beginnen, die sich bei wie+Adjektiv-Phrasen zeigen. Die wi'e-Phrasen, um die es hier geht (komplexe w/e-Phrasen), können in den angegebenen Beispielen nicht nur keine w-Sätze unter Frageprädikaten einleiten, sie verhalten sich damit auch anders als vw'e-Phrasen, die nur groß, breit, schnell u.a. enthalten (einfache wiePhrasen), bzw. anders als w-Pronomen wie wen usw. Diese w-Phrasen sind in w-Sätzen unter Frageprädikaten völlig unmarkiert, vgl. (8) und (9). (8)

a. b.

(9)

Heinz möchte wissen, wie groß Maria ist. Heinz fragt sich, wie breit der Eßtisch ist. Heinz will wissen, wen Maria eingeladen hat.

Neben diesem Unterschied, der für die Hypothese (I) wohl das Hauptproblem darstellt, gibt es weitere. Wie bereits oben, Kap. 3, gezeigt wurde, sind Mehrfach-w-Sätze unter exklamativen Prädikaten durchaus möglich. Allerdings scheinen sich die komplexen w/e-Phrasen dem zu widersetzen, vgl. (10) und (11). (10) a. b. c. d.

Heinz Heinz Heinz Heinz

ist erstaunt, wen Maria wo getroffen hat. ist verblüfft, wem Maria wann geholfen hat. ist erstaunt, wie groß welcher Spieler ist. ist verblüfft, wie breit welcher Fluß ist.

(11) a. b. c. d.

*Heinz *Heinz *Heinz *Heinz

ist verblüfft, wie überaus breit welcher Fluß ist. findet es erstaunlich, wie pfeilschnell welcher Wagen ist. ist erstaunt, wie riesig welcher Spieler ist. ist verwundert, wie überaus groß welches Mädchen ist.

Der nächste Unterschied betrifft partielle w-Bewegung oder auch was-w-Konstruktion. Im Gegensatz zu w-Pronomen oder einfachen vw'e-Phrasen können die komplexen w/e-Phrasen nur schwer die einleitende Position im zutiefst eingebetteten Satz einnehmen, vgl. (12) und (13). Dieser Kontrast wurde zuerst in Höhle (1996) dargestellt. (12) a. b. c. d.

Heinz Heinz Heinz Heinz

ist erstaunt, was Karl glaubt, wen Maria eingeladen hat. ist verblüfft, was Karl meint, wem Maria geholfen hat. ist erstaunt, was Karl glaubt, wie groß Maria ist. ist verwundert, was Karl glaubt, wie lang der Ob ist.

48 (13) a. b. c. d.

*?Heinz *?Heinz *?Heinz *?Heinz

ist erstaunt, was Karl glaubt, wie enorm breit der Ob ist. ist verblüfft, was Karl glaubt, wie pfeilschnell der neue Wagen ist. ist erstaunt, was Karl glaubt, wie riesig Maria ist. findet es erstaunlich, was Karl glaubt, wie überaus groß Maria ist.

Ich werde jetzt zuerst etwas dazu sagen, was die komplexen vWe-Phrasen von den einfachen w/'e-Phrasen unterscheidet, und dann noch einmal auf die genannten Unterschiede zurückkommen.

4.2.2. Zu bestimmten Adjektiven 4.2.2.1. Gradadjektive Da es hier nur um den Zusammenhang zwischen wie und verschiedenen Adjektiven geht und um dessen Auswirkung auf die Möglichkeit, in bestimmten Kontexten aufzutreten, wird nicht die Bedeutung von Adjektiven als solche im Vordergrund stehen. Ich werde nur auf die Teilbereiche eingehen, von denen ich denke, daß sie für den zu behandelnden Zusammenhang relevant sind. 6 Es gibt Adjektive, die graduierbar sind, und solche, die es nicht sind. Graduierbarkeit kann man so umschreiben, daß die Eigenschaft, die ein Adjektiv denotiert, auf verschiedene Weise zutreffen kann. Das gilt z.B. für die Adjektive in (14) aber nicht z.B. für die in (15). (14)

groß, breit, schnell, schön

(15)

wahr, falsch, tot, verheiratet

Verschiedene Grade etwa von groß können durch Maßangaben wie 2m, 30 cm usw. kenntlich gemacht werden, aber auch umschrieben werden durch sehr, so groß wie x, größer als x. Im Gegensatz dazu treffen die Adjektive in (15) entweder zu oder nicht. Etwas ist wahr oder nicht, aber nicht sehr wahr oder wahrer als etwas anderes.7 Für Gradadjektive wie in (14) kann man annehmen, daß sie implizit ein Gradargument enthalten. 8 Für (16) heißt das, daß es einen Grad gibt, zu dem Maria groß bzw. dick ist. (16) a. b.

6

7

8

Maria ist groß, Maria ist dick.

Für mehr zu Adjektiven siehe: v. Stechow (1984), Bierwisch (1989), Klein (1991) und dort angegebene Literatur, Varnhorn (1993). Auf die Möglichkeit tatsächlich so etwas wie (i) sagen zu können, werde ich nicht eingehen, siehe aber Bierwisch (1989). (i) Das ist sehr wahr. Es ist klar, daß damit nicht gemeint sein kann, daß etwas in einem hohen Maß wahr ist, sondern eher, daß es an der Wahrheit keinen Zweifel gibt. Siehe z.B. v. Stechow (1984), Bierwisch (1989).

49 Dieser Grad ist durch eine Maßangabe spezifizierbar, vgl. (17), allerdings nicht für alle Adjektive, vgl. (18). (17) a. b. c.

Maria ist 2m groß. Der Ob ist 150m breit. Der Wagen ist 150km/h schnell.

(18)

Maria ist (*drei Punkte/ *10 Strich/ *2m) dick.

Der Grund scheint, daß es für bestimmte Adjektive Maßskalen gibt, auf die sie sich beziehen können, und für andere nicht.9 Bei den komplexen w'e-Phrasen, die wir in 4.1 betrachtet haben, ist eine Spezifikation nicht möglich. Keines dieser Adjektive bzw. modifizierten Adjektive, wenn man etwa enorm breit oder überaus groß als solche ansieht, erlaubt eine Maßphrase, vgl. (19). (19) a. b. c. d e. f.

Maria ist (*2m) riesig. Die neue Wohnung ist (*20qm) winzig. Der neue Wagen ist (*220km/h) pfeilschnell, Das Wasser ist (*5°C) saukalt. Maria ist (*2m) überaus (*2m) groß. Der Eßtisch ist (* 1,50m) enorm (* 1,50) breit.

Das scheint zum einen verwunderlich, weil man durchaus annehmen kann, daß auch hier mitverstanden wird, daß die Adjektive zu einem bestimmten Grad zutreffen, und zum anderen, weil groß, breit oder schnell alleine ja bezüglich eines Maßes spezifizierbar sind.

4.2.2.2. Zur Bedeutung von groß, klein und riesig Betrachten wir einmal, wonach in Sätzen mit einem Maßadjektiv in einer w/e-Phrase gefragt wird, vgl. (20). (20) a. b.

Wie groß ist Marias neue Wohnung? Wie breit ist der Ob?

Diese Fragen lassen sich paraphrasieren durch (21). (21) a. b.

9

Für welches x gilt: Marias neue Wohnung ist x-groß. Für welches x gilt: der Ob ist x-breit.

Auf die Möglichkeit, für verschiedenste Adjektive solche Maßskalen zu konstruieren, so daß es bestimmte Werte gibt, die dann diese Adjektive spezifizieren können, gehe ich hier nicht ein, siehe aber Bierwisch (1989).

50 Erfragt wird eine Spezifizierung des Grades, der für die Größe von Marias neuer Wohnung bzw. für die Breite des Ob gilt. Antworten, die einen solchen Grad spezifizieren sind möglich, vgl. (22). (22) a. b.

Marias neue Wohnung ist 50qm groß, Der Ob ist 150m breit.

Allerdings sind etwa für (20a) auch Antworten wie (23) möglich. (23)

Marias neue Wohnung ist riesig/enorm groß/winzig/unglaublich groß.

Das könnte man als eine andere Art, die Größe von Marias Wohnung zu beschreiben, ansehen, die dennoch in gewissem Sinn dem Informationsbedürfnis des Fragenden Rechnung trägt. Was vielleicht verwunderlich scheint, ist, daß (28) ebenfalls eine mögliche Antwort auf die Frage (24a) ist. (24)

Marias neue Wohnung ist groß.10

Hier wird mit der Verwendung des Positivs nur gesagt, daß die Größe von Marias Wohnung über einem bestimmten Wert liegt, ab dem der Antwortende eine Wohnung als groß ansieht." Ich denke, daß die möglichen Antworten für eine Analyse von groß in Sätzen wie (20a) sprechen, die erlaubt, daß nach Spezifikationen der Größe von etwas gefragt wird, die zwar verschieden aussehen können, aber dieselbe Funktion erfüllen und darüber hinaus vom gleichen semantischen Typ sind. Betrachten wir einmal, wonach man mit wie fragen kann, vgl. (25). (25) a. b. c. d.

Wie Wie Wie Wie

ist Maria nach Frankfurt gefahren? hat Maria das Fest gefallen? hat Maria die Aufgabe gelöst? ist Maria (denn so)?

In (25a) wird mit wie nach der Art und Weise gefragt, in der Maria nach Frankfurt gefahren ist, etwa mit dem Auto oder mit dem Zug. (25b) fragt nach dem Grad, zu dem Maria das Fest gefallen hat. (25c) erlaubt zwei Interpretationen: einmal als Frage nach der Art und Weise, zu der Maria die Aufgabe gelöst hat und zum anderen als Frage nach dem Grad, zu dem sie die Aufgabe etwa gut oder schlecht gelöst hat. 12 (25d) ist eine Frage nach Eigen-

10

Man muß sich darüber im Klaren sein, daß hier die Hauptbetonung auf groß liegt. Das ist auch für die entsprechenden Elemente in (22) und (23) der Fall. " Groß in diesem Sinn ist für Bierwisch (1989) der Grund anzunehmen, daß es beim Positiv einen Grad gibt, zu dem etwas größer ist als ein durch kontextuelle Parameter bestimmter Normwert. 12 Auf welche Skala die Frage nach dem Grad Bezug nimmt und auf welche Art diese ins Spiel gebracht wird, dazu kann ich hier nichts sagen. Das betrifft auch (25b).

51 Schäften, die auf Maria zutreffen.13'14 Interessant scheint mir in unserem Zusammenhang besonders (25d). Man kann mit wie also nach einer Eigenschaft fragen. Die Bedeutung läßt sich darstellen wie (26b). (26) a. b.

Wie ist Maria? Xp [ 3P Eigenschaft (P) A p = Ä,w. P (m) (w) ]

Das ist die Menge der Propositionen A,w. P(m) (w), so daß P eine Eigenschaft ist, die in w auf Maria zutrifft. Die Kopula ist in diesem Fall semantisch leer. Für wie groß ist Maria könnte man nun annehmen, daß nach einer Eigenschaft gefragt wird, die auf Marias Größe zutrifft.15 Man kann natürlich fragen, warum nicht nach einer Eigenschaft gefragt werden sollte, die auf Maria direkt zutrifft. Nehmen wir einmal an, 1,70m sei eine solche Eigenschaft, und betrachten wir die Frage-Antwort-Sequenz (27). (27) a. b. c.

A: B: B:

Wie groß ist Maria? Maria ist 1,70m. Maria ist 1,70m groß.

Man könnte sagen, A frage nach einer Eigenschaft, die ein Größenmaß ist und auf Maria zutrifft. In diesem Sinn wäre die Antwort (27b) vollständig. Ich denke aber, daß nur (27c) eine vollständige Antwort ist, und das Adjektiv groß in (27b) nur aufgrund vollständiger Rekonstruierbarkeit aus dem Kontext weggelassen werden kann.16 Wenn Rekonstruierbarkeit nämlich nicht gegeben ist, kann das entsprechende Adjektiv nicht weggelassen werden. Das kann man an Beispielen sehen, wo der Bezug zur Dimension explizit gemacht werden muß, da die Antwort ansonsten unangemessen ist, möglicherweise sogar ungrammatisch. Wenn wir eine Frage nach zwei Graden haben, die zwar zu verschiedenen Dimensionen gehören, aber dieselbe Maßskala benutzen, haben wir einen solchen Fall, vgl. (28). (28) a. b. c. d.

A: B: B: B:

Wie lang und wie breit ist das Spielfeld? *Das Spielfeld ist 110m und 60m. Das Spielfeld ist 110m lang und 60m breit. Das Spielfeld ist 110m auf 60m.

Wenn man annimmt, daß wie lang nach der Eigenschaft, die eine Länge ist und auf das Spielfeld zutrifft, fragt und wie breit nach einer Eigenschaft, die eine Breite ist und auf das Spielfeld zutrifft, ist nicht klar, warum (28b) nicht in Ordnung ist. Man könnte sagen, das

14

15 16

Hier gibt es sicher einer kontextuelle Restriktion, etwa der Art wie sie in (i) explizit gemacht ist (hervorgehobener Teil), (i) Wie ist Maria denn so als Chefin. Dafür, daß man verschiedene Lexikoneinträge für wie annehmen muß, s. auch Zimmermann (1991, 1995). Wobei es um die maximale Größe geht. Wie das z.B. auch bei Fällen von Topikdrop im Deutschen der Fall ist, vgl. (i). (i) a. A: Was ist mit dem Bier? b. B: Habe ich schon geholt.

52 habe keinen grammatischen, hier keinen semantischen Grund, da das Informationsbedürfnis durch die fehlenden Dimensionsangaben nicht erfüllt sei. Dann sollte aber auch (28d) nicht in Ordnung sein. (28d) ist zwar keine Antwort i.d.S. daß es zur Menge der Propositionen gehört, die die Interpretation von (28a) sind, aber es ist eine Erwiderung, die die Information liefert, die A wünscht. Das Fehlen der Dimensionsangaben stört hier allerdings nicht.17 Ich nehme das als Indiz dafür, daß mit Phrasen wie wie groß tatsächlich nach der Eigenschaft einer Größe gefragt wird und nicht nach einer Eigenschaft, die eine Größe ist. Das heißt auch, daß dabei ein Teil der Bedeutung von wie groß rekonstruiert wird, und zwar groß. In Wie groß ist Maria wird groß dabei übersetzt als die Größe d, vom Typ , die auf Maria zutrifft, vgl. (29). (29) a. b.

Wie groß ist Maria? Xp [ 3P< e ,t> Eigenschaft (P) A p= Xw. 3d Größe w (d)(m) A P(d)]

Das ist die Menge der Propositionen A,w. 3 d Größe w (d)(m) A P(d), für die es eine Eigenschaft gibt, die auf Marias Größe zutrifft. Eigenschaften, die auf Marias Größe zutreffen, sind z.B. Maße wie 1,70m. Die Übersetzung von 1,70m muß also eine Eigenschaft sein, die auf eine Größe zutrifft. Für einen Satz wie (30a) hätten wir die Übersetzung (30b).18 (30) a. b.

Maria ist 1,70m groß. 3d Größe (d)(m) A Einssiebzig(d)

Vergleichen wir (30a) mit (31). (31)

Maria ist groß.

Ich denke, daß es sich hier um ein anderes groß handelt als in (30a). Auch wenn man die Eigenschaft, die auf Marias Größe in (30a) zutrifft, existentiell abbindet, erhält man nur eine Bedeutung, die soviel heißt wie, daß Maria eine Größe hat, vgl. (32). (32)

3 P Eigenschaft(P) A 3d Größe (d)(m) A P(d)

Trotzdem hätte man natürlich gerne, daß groß mit einer Maßangabe {groß]) mit groß in (31), {groß2), irgendwie zusammenhängt. 19 Ich stelle mir den Zusammenhang so vor, daß

17

18

19

Zur Not ist es möglich, sie zuzuordnen, was bei (28b) auch möglich sein sollte, den Satz als solchen aber nicht rettet. Die Wahrheitsbedingungen für 'Einssiebzig'sind dann (i). (i) Einssiebzig(d) d = 1, 70m. Bierwisch (1989) z.B. geht im Prinzip nicht von zwei verschiedenen Einträgen für groß aus, sondern sieht den Unterschied darin, daß es bei Anwesenheit eines Maßausdrucks um die Differenz zu einem Nullpunkt geht, und beim Positiv wie in (31) um die Differenz zu einem Normwert. Gesteuert wird die unterschiedliche Belegung der Bezugsparameter über bestimmte Bedingungen seiner semantischen Repräsentation.

53 die Bedeutung von groß\ ein Teil der Bedeutung von groß2 ist. (33a) ist die Bedeutung von groß1 und (33b) die von groß2.20 (33) a. b.

[[groß) ]]: XP XX 3d Größe (d)(x) A P(d) [[groß 2 ]]: A,x 3d Größe (d)(x) A GROSS(d)

Die Idee dabei ist, daß groß\ noch ein Argument zu sich nehmen muß, eine Maßeinheit, bevor es das Subjekt zu sich nimmt. Bei groß2 ist die Eigenschaft, die die Größe von x besitzt schon lexikalisch spezifiziert. 'GROSS' ist dabei eine Eigenschaft der Größe von x, die genau dann zutrifft, wenn d > Normwert. Dieser Normwert hängt von kontextuellen Parametern ab, z.B. Art des Subjekts oder Vergleichsgrößen, vgl. Bierwisch (1989). Das Antonym zu groß, klein, ist jetzt nicht der Widerpart von groß\ sondern von großiDie Bedeutung von klein ist (34a), mit der Wahrheitsbedingung (34b) für 'KLEIN'. (34) a. b.

[[klein]]: X x 3d Größe (d)(x) A KLEIN(d) KLEIN(d) gdw. d < Normwert

Daraus ergibt sich auch, warum klein keinen Maßausdruck zu sich nimmt, vgl. (35). (35)

Maria ist (*2m, *50cm) klein.

Marias Größe hat schon die Eigenschaft KLEIN, und ein weiteres Argument des entsprechenden Typs ist im Lexikoneintrag von klein nicht vorgesehen. Zudem läßt sich sowohl aus der Bedeutung von Maria ist klein als auch aus der von Maria ist groß ohne weiteres ableiten, daß Maria eine Größe hat, was man ja auch erwarten würde. Für Adjektive wie riesig oder winzig möchte ich dieselbe Analyse vorschlagen. Es handelt sich auch hier um eine lexikalische Spezifizierung einer Eigenschaft, die auf eine Größe zutrifft, vgl. (36). (36) a. b. c. d.

[[riesig]]: X x 3d Größe (d)(x) A RIESIG(d) RIESIG(d) gdw. d [Xw. (ansl(ws,w) = ansl(ws,@)) (w1)] = Q, => w' g ans2(ws,@). (Widerspruch zu (i)) wenn es ein w" ans2(ws,@) gibt, dann ist [Xw. (ansl(ws,w) = ansl(ws,@)) (w")] = 0, [ansl(ws,w") * ansl(ws,@)] = 1, => da ansl(ws,@) = Xw. regnen(w), ist ansl(ws,w") = A,w. ->regnen(w), nach Def. von Antl gilt dann: ->regnen(w") = 1, => w" 4 ansl(ws,@). (Widerspruch zu (ii)).

98 Für ob es regnet erhalten wir für die Welt @ die Bedeutung in (18). (18)

A.p [ p = Xw. regnen(w) & p(@)]

Wenn es in @ regnet, ist das die Menge mit der Proposition Xw. regnen(w) und wenn es in @ nicht regnet, die leere Menge. Jetzt müssen wir noch zeigen, daß wir nichts an Information verlieren, d.h. daß wir über die Antwortkonzepte Antwort 1 und Antwort2 dieselbe Information behalten können, wie bei der Originalanalyse. Bleiben wir bei obigem Beispiel ob es regnet (= obs). Wenn es in @ regnet, ergeben beide Analysen als Bedeutung in @ (19a), als Antwortl (19b) und als Antwort2 (19c). (19) a. b. c.

[[obs]](@) = {A,w. regnen(w)} ans 1 (obs, @) = X,w. regnen(w) ans2(obs, @) = Xw. (ans 1 (ws,w) = ans 1 (ws, @))

Dabei sind Antwortl und Antwort2 die Menge aller Welten, in denen es regnet. Der interessante Fall ist nun, wenn es nicht regnet in Die Originalanalyse gibt uns dann für die Bedeutung von ob es regnet in @ (20a), als Antwortl (20b) und als Antwort2 (20c). (20) a. b. c.

[[obs]](@) = {A.w. -iregnen(w)}, ans 1 (obs, @) = Xw. -iregnen(w) = die Menge der Welten, in denen es nicht regnet ans2(obs,@) = Xw. (ansl(ws,w) = ansl(ws,@)) = die Menge der Welten, in denen es nicht regnet.

(20b) und (20c) sind jeweils die Menge der Welten in denen es nicht regnet. Legen wir aber die Bedeutung in (18) zugrunde, erhalten als Bedeutung von ob es regnet in @ (21a) und als Antwortl (21b). (21) a. b.

[[obs]](@)={ }, ansl(obs,@) = { }.

Die Frage ist, was jetzt die Antwort2 ist. Das ist die Menge der Welten, in denen die Antwortl zu ob es regnet ebenfalls die leere Menge ist. Und das trifft zu genau in den Welten, in denen es nicht regnet, d.h. die Antwort2 zu ob es regnet in @ ist (21c), wenn es in @ nicht regnet. (21) c.

ans2(obs,@) = Xw. (ansl(ws,w) = ansl(ws,@)) = Xw. -iregnen(w)

Das heißt also: Dadurch, daß man (17) als Bedeutung von ob-Sätzen ansieht, verliert man nichts an Information, da durch die Antwortkonzepte Antwortl und Antwort2 diese ableitbar ist.

99 Wenn man z.B. wissen mit einem w-Komplement als Beziehung zwischen einem Individuum und der Antwort2 betrachtet, gehen auch bei der Bedeutung von ob-Sätzen wie in (17) die Schlüsse in (9) durch. Wenn Heinz weiß, ob es regnet wahr ist, wenn Heinz die Antwort2 zum ob-Satz weiß, dann weiß er auch bei der Bedeutung (17) daß es regnet, wenn es regnet, und daß es nicht regnet, wenn es nicht regnet. 12 Der Intuition, daß Heinz die wahre Alternative weiß, ist also auch mit dieser Bedeutung Genüge getan. Die Redundanz bei ob-Sätzen in bezug auf die Antwortkonzepte Antwort 1 und Antwort2 kann mit der Annahme der Bedeutung (17) für ob-Sätze beseitigt werden. Aber wie hilft das weiter bei dem Problem, daß ob-Sätze nicht unter exklamativen Prädikaten eingebettet werden können? Darauf werde ich jetzt eingehen.

5.3. Bewertungsprädikate

Exklamative Prädikate bilden eine Teilklasse der Prädikate, die Kiparsky/Kiparsky (1970) emotive Prädikate genannt haben, vgl. oben Kap. 3. Das sind "in general all predicates which express a subjective value of a proposition rather than knowledge about it or its truth value", Kiparsky/Kiparsky (1970: 363). Hier geht es nur um solche emotiven Prädikate, die w-Sätze zu sich nehmen, so daß etwa Prädikate, wie bedauern, beklagen oder bereuen, die zwar zu den Emotiven zählen, aber keine w-Komplemente zu sich nehmen, außer acht bleiben. 13 Der wichtige Punkt, den ich für exklamative Prädikate mit w-Komplementen in Kap. 3 angegeben habe, war, daß die wahre Antwort q zum w-Satz in einer bestimmten Beziehung zu einer Normproposition p steht, und zwar so, daß q auf einer Skala, die den relevanten Ausschnitt des emotionalen Systems repräsentiert, einen höheren Wert als p erhält. Nehmen wir an: (i) Heinz ist verwundert, wen Maria geheiratet hat. (ii) Maria hat Peter geheiratet (= q). (iii) Heinz' Normvorstellung war, daß Maria Klaus heiratet (= p). In diesem Fall erhält q auf der Skala, auf der die Propositionen geordnet sind, zu denen Heinz eine Einstellung der Verwunderung hat, einen Wert, der höher ist als der Normwert 0, der der Proposition p, daß Maria Klaus geheiratet hat, zugeordnet wird. Es gibt Prädikate, die man aufgrund der o.a. Beschreibung von Kiparsky/Kiparsky (1970) den emotiven Prädikaten zurechnen kann, bei denen aber nicht offensichtlich ist, ob das Moment der Normabweichung zutrifft, und die ich daher nicht als exklamativ bezeichnen würde, vgl. (22). 14

12 13

14

Ein Problem könnte sich etwa da ergeben, wo Prädikate nur auf die Antwortl zugreifen und dort die Information erwarten, die jetzt nur noch in Antwort2 zugänglich ist. Diese Einschätzung von bedauern, beklagen und bereuen entnehme ich der Liste von Dipper (1997: 81). Eisenberg (1986) gibt für bedauern und beklagen allerdings an, daß diese daßSätze und w-Interrogative, aber keine ob-Sätze zu sich nehmen könnten. Es ist im Einzelfall nicht immer klar, wie die Einteilung aussehen muß. Ich werde mich im weiteren auf Fälle beschränken, die ich für eindeutig halte. Es gibt sicher noch viel mehr Prädikate, die sich ähnlich verhalten, wie die unter (22), aber es geht hier nicht um vollständige Auflistung, sondern darum zu zeigen, daß exklamative Prädika-

100 (22)

zufrieden sein, toll finden, eklig finden, schön finden, schlecht finden

Diese Prädikate nehmen w-Interrogative zu sich, aber keine ob-Sätze, vgl. (23) und (24). (23) a. b. c. d. (24) a. b. c. d.

Heinz ist zufrieden damit, welcher Bewerber den Job bekommen hat. Heinz findet es schlecht, mit wem Maria ihre Zeit verbringt. Heinz findet es toll, wen Maria geheiratet hat. Heinz findet es eklig, wie Peter ißt. *Heinz *Heinz *Heinz *Heinz

ist zufrieden damit, ob Peter den Job bekommen hat. findet es schlecht, ob Maria mit Klaus ihre Zeit verbringt. findet es toll, ob Maria ihren besten Freund geheiratet hat. findet es eklig, ob Peter ißt wie ein Schwein.

Ich denke, daß man das Problem, daß exklamative Prädikate zwar w-Interrogative erlauben, aber keine Entscheidungsinterrogative, im Zusammenhang mit einer Eigenschaft betrachten muß, die sie mit emotiven Prädikaten wie denen in (22) gemeinsam haben In der Beschreibung für emotive Prädikate von Kiparsky/Kiparsky (1970), die oben angegeben ist, ist der wichtige Punkt, daß es sich um den Ausdruck einer subjektiven Bewertung einer Proposition handelt. Das trifft sowohl für exklamative Prädikate zu als auch für die in (22). Für eine Bewertung scheint mir grundlegend, daß es die Möglichkeit eines Bezugs zu einem relevanten Vergleichsobjekt gibt.15 Dieses Vergleichsobjekt ist bei exklamativen Prädikaten die Normproposition als die Antwort zum w-Satz, die den Normvorstellungen des Matrixsubjekts entspricht. Das trifft für Beispiele wie die in (23) nicht unbedingt zu. Trotzdem beinhalten diese Fälle ebenfalls einen Vergleich. Um mit etwas zufrieden zu sein, etwas schön, toll, eklig oder schlecht zu finden muß man zumindest eine Vorstellung davon haben, was der Fall sein muß, damit diese Prädikate nicht zutreffen. Das muß aber keine Norm betreffen. In bezug auf ein w-Komplement heißt das, daß das Matrixsubjekt eine Vorstellung davon haben muß, wie eine andere als die wahre Antwort aussehen könnte, d.h. es muß eine weitere mögliche Antwort zum w-Satz geben. Ich bezeichne exklamative Prädikate und solche in (22) als Bewertungsprädikate und formuliere folgende Bedingung: 16

15

16

te in bezug auf eine bestimmte Eigenschaft, s.u., zu einer größeren Gruppe von Prädikaten gehören. Dazu genügen die aufgeführten Beispiele. S. dazu Fries (1994) für die Beschreibung von Emotionen als Bewertungen von Sachverhalten oder Objekten in Relation zu den physischen und psychischen Bedürfnissen dessen, der sie zum Ausdruck bringt. Man könnte denken, daß Prädikate wie egal sein oder wurst sein ebenfalls in die Klasse der Bewertungsprädikate fallen. Sie nehmen aber »¿-Sätze zu sich, vgl. (i). (i) a. Mir ist es egal/wurst, ob Maria geheiratet hat. b. Mir ist es egal/wurst, wen Maria geheiratet hat. M.E. wird durch egal sein, wurst sein aber gerade ausgedrückt, daß man einen Sachverhalt nicht bewerten will. Man entzieht sich der Bewertung.

101 (25)

Eine Beziehung zwischen einem Individuum und einem w-Komplement, die durch ein Bewertungsprädikat angegebenen wird, ist nur dann wohldefiniert, wenn es zu dem w-Satz mindestens zwei mögliche Antworten gibt, die logisch voneinander unabhängig sind.

Eine technischere Beschreibung ist (26). (26)

Sei Prädbew ein Bewertungsprädikat, x ein Individuum und Q(w) die Karttunen Bedeutung eines Interrogativsatzes in w. Dann gilt: P r ä d b e w (x) (Q) (w) ist nur dann definiert, wenn 3 w j 3w2 : Q ( w j ) * Q(w2) * {}.

Die Frage ist jetzt, wie man mit dieser Bedingung den Kontrast in (23) vs. (24) und denselben Kontrast bei exklamativen Prädikaten, vgl. (27), herleiten kann, d.h. wie stellt diese Bedingung sicher, daß ob-Sätze als Komplemente von Bewertungsprädikaten nicht zugelassen sind. (27) a.

b.

c.

d.

Heinz ist erstaunt/verblüfft/überrascht davon/verwundert/fasziniert davon/ erschrocken darüber, wen Maria geheiratet hat. Heinz findet es komisch/unerhört/seltsam/verrückt/unglaublich/nicht normal/ überraschend/erstaunlich/erschreckend, wen Maria geheiratet hat. *Heinz ist erstaunt/verblüfft/überrascht davon/verwundert/fasziniert davon/ erschrocken darüber, ob es regnet. *Heinz findet es komisch/unerhört/seltsam/verrückt/unglaublich/nicht normal/ überraschend/erstaunlich/erschreckend, ob es regnet.

Dazu greife ich auf die modifizierte Bedeutung von ob-Sätzen zurück, die ich in 5.2. vorgeschlagen habe und für die ich dort unabhängig von dem Kontrast hier argumentiert habe.17 Die Bedingung in (26) wird modifiziert in (28).

17

Bei nicht egal sein wird zwar ausgedrückt, daß man eine wertende Meinung zu einem Sachverhalt hat, aber diese wird im Prädikat nicht ausgedrückt, der Sachverhalt somit nicht bewertet, vgl. (ii). (ii) a. Mir ist es nicht egal, ob Maria geheiratet hat. b. Mir ist es nicht egal, wen Maria geheiratet hat. Die Originalanalyse von Karttunen für ob-Sätze würde die Bedingung in (26) erfüllen: Sei Q die Karttunen-Intension von ob es regnet, d.h. Q = A,w'Xp [ (p = Xw. regnen(w) v p =A,w. -iregnen(w)) & p(w')]. Wenn es in wl regnet, dann ist Q(wl) ={Xw. regnen(w)} und Q(w2) kann {Ä,w. ->regnen(w)} sein. Wenn es in wl nicht regnet ist es umgekehrt.

102 (28)

Sei Prädbew ein Bewertungsprädikat, x ein Individuum und Q(w) die Karttunen Bedeutung eines w-Interrogativsatzes in w bzw. die modifizierte Bedeutung eines ob-Satzes in w. Dann gilt: Prädbew ( x ) (Q) ( w ) ist nur dann definiert, wenn 3 w i 3w2 : Q ( w j ) * Q(w2) * {}.

Betrachten wir ein Beispiel aus (27c), vgl. (29). (29)

*Heinz ist verwundert, ob es regnet.

Die Bedeutung von ob es regnet ist (30). (30)

Ä,w'Xp [ p = Ä.w. regnen(w) & p(w')]

Es gibt keine zwei möglichen Welten wl und w2, so daß die letzte Zeile aus (28), vgl. (31"), erfüllt ist mit Q = (30). (31)

3wi3W2:Q(WI)*Q(W2)*{}.

Angenommen Q ( w l ) = (A-w. regnen(w) }, d.h. es regnet in w l . Q(w2) kann nur {A,w. regnen(w) } oder {} sein. Im ersten Fall wäre Q(w2) = Q(wl) und im zweiten Fall wäre Q(w2) = {}. Beides widerspricht (31). Mit der Bedingung in (28) läßt sich herleiten, daß ein Bewertungsprädikat zwar mit einem w-Interrogativkomplement, nicht jedoch mit einem oft-Komplement wohlgeformt ist. Da das für exklamative Prädikate somit auch der Fall ist, ist das Ziel dieses Kapitels erreicht. Ich möchte noch kurz etwas zu zwei anderen Fällen sagen. Das Verb schildern wurde oben schon angeführt. Es nimmt ein w-Komplement zu sich, aber keinen ob-Satz, vgl. (32) (32) a. b.

Heinz schilderte mir, wo Peter wohnt. *Heinz schilderte mit, ob Peter in Hamburg wohnt.

Für schildern müßte man andere Bedingungen finden, die ein ¿»¿-Komplement ausschließen. Eine grobe Skizze könnte so aussehen: Wenn man betrachtet, was Heinz tut, wenn er mir den Ort schildert, an dem Peter wohnt, dann gibt Heinz bestimmte Eigenschaften an, die auf diesen Ort zutreffen, also Eigenschaften, die auf die wahre Belegung der w-Variablen in der Frage: Wo wohnt Peter zutreffen. Man könnte jetzt fragen, ob es sinnvoll ist, Eigenschaften anzugeben, die auf die wahre Belegung einer w-Variablen in einem oft-Komplement zutreffen. Wenn man das verneinen kann, hätte man eine Möglichkeit, eine Bedingung zu formulieren, die oft-Komplemente bei Verben wie schildern ausschließt. Die Verben der sequentiellen Abarbeitung von Schwarz (1993): Die Bedingung, die Schwarz (1993) angibt, schließt oft-Komplemente schon aus, da es in einer Welt w keine zwei verschiedenen wahren Propositionen in der Bedeutung eines ob-Satzes gibt.

103 5.4. Zusammenfassung Kap. 5

Ziel dieses Kapitels war es, eine Möglichkeit zu finden, ob-Sätze aus der Komplementposition eines exklamativen Prädikates auszuschließen, ohne die Grundannahmen aufgeben zu müssen, daß w-Sätze unter exklamativen Prädikaten w-Interrogativsätze sind, w-Interrogative und ob-Sätze denselben semantischen Typ haben und semantische Selektion auf diesen Typ zugreift. Dazu habe ich die Bedeutung von ob-Sätzen betrachtet, die man Karttunen (1977) entnehmen kann. In Verbindung mit den Antwortkonzepten Antwort 1 und Antwort2 von Heim (1994) ergaben sich Redundanzen, die durch eine Modifikation der Bedeutung für ob-Sätze beseitigt wurden (5.2.). Dann habe ich für eine Klasse von Prädikaten, die ich Bewertungsprädikate genannt habe und zu denen auch die exklamativen Prädikate gehören, eine Bedingung formuliert, die intuitiv besagt, daß ein Satz mit einem interrogativen Komplement eines Bewertungsprädikates nur dann semantisch wohlgeformt ist, wenn es mindestens zwei mögliche, logisch voneinander unabhängige Antworten zu diesem Interrogativkomplement gibt. Ob-Komplemente erfüllen diese Bedingung nicht, und damit ist ein Satz mit einem ob-Komplement eines Bewertungsprädikates nicht wohlgeformt. Es ist klar, daß die Bedingung, die ich für Bewertungsprädikate angegeben habe, nicht alle Prädikate betrifft, die w-Interrogative, aber keine Entscheidungsinterrogative zu sich nehmen. Das Ziel, eine mögliche Begründung für die Ungrammatikalität von o¿»-Komplementen unter exklamativen Prädikaten zu geben, ist zwar erreicht, aber man könnte meinen, daß eine allgemeinere Erklärung erstrebenswert wäre, die alle Prädikate umfaßt, die w-Interrogative, aber keine ob-Komplemente zu sich nehmen. Ob das tatsächlich sinnvoll ist, muß sich noch herausstellen, vor allem, wenn man bedenkt, daß die Unverträglichkeit mit ob-Komplementen bei verschiedenen Prädikaten durchaus verschiedene Gründe haben kann, die sich gar nicht auf natürliche Weise zusammenfassen lassen.

6.

Zu selbständigen w-Sätzen und Exklamationen

6.1. Einleitung Bis hierher habe ich gezeigt, wie man ohne eine besondere exklamative Bedeutung bei wSätzen unter exklamativen Prädikaten auskommt und wie bestimmte w-Sätze als Komplemente von Prädikaten wie fragen oder wissen-wollen ausgeschlossen werden können. Es konnte etabliert werden, daß es bei eingebetteten w-Sätzen ausreicht, von einem w-Interrogativsatz als zugrundeliegendem Satztyp auszugehen. Damit ist noch nicht geklärt, ob man vielleicht bei selbständigen w-Sätzen, die als Exklamationen verwendet werden, von einer exklamativen Bedeutung ausgehen muß. Das ist die Position, die etwa Zaefferer (1983, 1984), Altmann (1987, 1993), Batliner (1988), Oppenrieder (1988), Näf (1987, 1996), Schwabe (1992) vertreten. Bei diesen Ansätzen ist die Verwendung bestimmter w-Sätze als Exklamationen somit Folge ihrer exklamativen Bedeutung. Eine Gegenposition vertreten Fries (1988) und Rosengren (1992, 1994, 1997), die die Exklamation als Größe der Sprachverwendung ansehen. Die zugrundeliegenden Satztypen sind dabei Deklarativ- bzw. Interrogativsatztyp. Der Ansatz von Rosengren ist in unserem Zusammenhang von besonderem Interesse, da sie bei bestimmten w-Sätzen, die Exklamationen zugrundeliegen, davon ausgeht, daß es sich um w-Deklarativsätze handelt. Ich halte ihre prinzipielle Sichtweise, daß es keinen besonderen exklamativen Satztyp gibt, für richtig, werde aber gegen die spezielle Annahme argumentieren, daß ein w-Deklarativsatztyp für die Analyse von bestimmten w-Sätzen notwendig ist, die Exklamationen zugrundeliegen. Wenn man also die These aufrechterhalten will, daß auch selbständige w-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, w-Interrogativsätze sind, sind folgende Punkte zu klären: (i) Wie läßt sich der Zusammenhang zwischen w-Interrogativsatztyp, seiner interrogativen Bedeutung und der Verwendung als Exklamation beschreiben, d.h. wie läßt sich der Ausdruck einer emotionalen Einstellung zu einem gegebenen Sachverhalt einschließlich des Effekts der Normabweichung bei bestimmten selbständigen w-Sätzen ableiten? (ii) Wie läßt sich erklären, daß bestimmte w-Sätze als Exklamationen, aber nicht als Fragen verwendet werden können? (iii) Wie läßt sich erklären, daß bestimmte w-Sätze nicht als Exklamationen, aber als Fragen verwendet werden können? ad (i): W-Sätze, die wie in (1) als Exklamationen verwendet werden, können durch fast alle Typen von w-Phrasen eingeleitet werden. 1

1

Einzig kausale w-Phrasen wie warum und wieso scheinen ausgeschlossen, wie in w-Komplementen von exklamativen Prädikaten auch, s.a. Altmann (1993: 1027). Ebenso die notorisch eigenwilligen w-Phrasen inwieweit und inwiefern.

105 (1)

a. b. c. d. e. f. gh. i. jk. 1. m. n. o.

Wen DIE geheiratet hat! Wen DIE alles eingeladen hat! Wen hat DIE alles eingeladen! Wem DER alles geholfen hat! Wer DA alles "rumläuft! Wie RIESIG die ist! Wie RIESIG ist die! Wo DIE überall gewesen ist! Womit DER sich alles auskennt! Wovon DIE immer träumt! Was DER alles eingekauft hat! Was für einen tollen MANN die geheiratet hat! Was hat DIE für einen tollen Mann geheiratet hat! Welchen TOLLEN Mann die geheiratet hat! Wann DIE immer einkaufen geht!

Gemeinsam ist exklamativen Äußerungen der Sätze in (1), daß damit eine emotionale EinStellung des Sprechers zu einem bestimmten Sachverhalt ausgedrückt wird, der nicht den Normvorstellungen des Sprechers entspricht. Bei dieser Einstellung muß es sich nicht immer um Erstaunen oder Verwunderung handeln, wie z.B. Altmann (1987, 1993) annimmt. Es kann auch Erfreutsein, Verärgerung oder ähnliches sein, vgl. Rosengren (1992, 1994, 1997). (la) kann etwa Erfreutsein über die Wahl des Gatten ausdrücken, aber auch Verärgerung, Verwunderung, wobei aber deutlich ist, daß diese Wahl nicht den Normvorstellungen des Sprechers entspricht. Die genaue Beschreibung der Sprechereinstellung muß aus dem Kontext erschlossen werden. Die w-Sätze in (1) können auch als Fragen verwendet werden, wobei bei den Verbletzt-Varianten die Einfügung der Modalpartikel wohl obligatorisch scheint, vgl. Oppenrieder (1989). Allerdings unterscheiden sich exklamative Äußerungen von w-Sätzen von anderen Verwendungsweisen dadurch, daß sie einen nicht-fokussierenden Hauptakzent haben. Dieser liegt typischerweise auf dem Subjekt oder Subjektpronomen oder auf einem graduierbaren Element innerhalb der w-Phrase, z.B. auf dem Adjektiv riesig in (lf, g), dem Adjektiv tollen in (In) oder auf dem Nomen Mann in (11). Im letzteren Fall muß man davon ausgehen, daß das graduierbare Moment eine bestimmte, aus dem Kontext abzuleitende Eigenschaft von Mann ist. Ich werde auf diesen Akzent und seinen Einfluß bei der Ableitung der exklamativen Illokution in 6.5. eingehen. ad(ii): Die w-Sätze in (2) können als Exklamationen, aber nicht als Fragen verwendet werden. (2)

a. b.

Wie ist DIE groß! Wie DIE groß ist!

c. d. e. f.

Welch einen TOLLEN Mann die geheiratet hat! Welch TOLLE Männer die eingeladen hat! Welch einen TOLLEN Mann hat die geheiratet! Welch TOLLE Männer hat die eingeladen!

106 g. h.

Wen DIE nicht alles kennt! Wen KENNT die nicht alles!

(2a, b) sind Beispiele für w/e-Sätze mit sogenannter 'Distanzstellung' von wie. Diesem Begriff liegt der Gedanke zugrunde, daß wie aus einer Basisposition links-adjazent zum Adjektiv (riesig) in die Anfangsposition des Satzes bewegt wurde, vgl. Fries (1988), Schwabe (1992). Ich werde eine andere Analyse vorschlagen, aber den Begriff 'Distanzstellung' als deskriptiven Terminus beibehalten. Der relevante Punkt bei wi'e-Sätzen mit Distanzstellung ist, daß sie nicht als Fragen verwendet werden können. Daran ändert auch die Einfügung von fragetypischen Modalpartikeln, etwa wohl oder bloß, nichts, die in diesen Fällen zu Ungrammatikalität führt, vgl. (2'). (2') a. b.

*Wie ist die bloß riesig? *Wie die wohl riesig ist?

In (2c - f) wird der w-Satz durch eine w-Phrase mit unflektiertem welch eingeleitet. W-Phrasen mit unflektiertem welch können keinen w-Satz einleiten, der einer Frage zugrundeliegt, s. auch Fries (1988), Luuko-Vinchenzo (1988), Zaefferer (1991), Altmann (1993). Die Daten zu wie mit Distanzstellung und unflektiertem welch werde ich in 6.6. besprechen. Die Beispiele in (2g, h) unterscheiden sich von den übrigen in (2) dadurch, daß man hier den Effekt, daß sie nicht als Frage verwendbar sind, nicht an der w-Phrase festmachen kann, sondern dazu das Zusammenwirken von nicht und alles auf die Bedeutung berücksichtigen muß, vgl. Rosengren (1992), (1994). Darauf werde ich in ebenfalls in 6.6. kommen. ad (iii): Selbständige ob-Sätze können nicht als Exklamationen verwendet werden, vgl. (3). (3)

a. b.

*Ob DIE mal pünktlich kommt! *Ob DIE den Peter geheiratet hat!

Das liegt nicht etwa daran, daß sie überhaupt nicht selbständig verwendet werden könnten. Sie eignen sich sehr gut zur Realisierung einer bestimmten Art von Frage, sogenannten deliberativen Fragen, vgl. Oppenrieder (1989). Bei o¿»-Sätzen ist im Gegensatz zu den mit wPhrasen eingeleiteten w-Verbletzt-Sätzen zur Verwendung als Frage die Modalpartikel wohl fakultativ, vgl. (3'). (3') a. b.

Ob der (wohl) noch kommt? Ob Maria glücklich ist?

Daß ob-Sätze nicht als Exklamationen verwendet werden können, werde ich, genauso wie im eingebetteten Fall, auf ihre besondere Semantik als Entscheidungsfrage zurückführen, vgl. u. 6.7. Wenn man aber die gängige Annahme macht, daß VI-Entscheidungsinterrogativsätze dieselbe grammatisch determinierte Bedeutung wie ob-Sätze haben, scheinen die Beispiele in (4) Gegenbeispiele zu sein.

107 (4)

a. b. c. d.

Hat DIE aber lange Beine! Ist DIE aber süß! Hat die nicht lange Beine?! Ist die nicht süß?!

Es handelt sich um Vl-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden können. Allerdings ist damit nicht gesagt, daß es sich dabei auch um einen Vl-Entscheidungsinterrogativsatz handeln muß. Für (4a, b) läßt sich argumentieren, daß wir es hier mit VI-Deklarativsätzen zu tun haben, vgl. Rosengren (1992: 271ff.) und Önnerfors (1997: 170ff.). In (4c, d) handelt es sich um tendenziöse Fragen, vgl. Rosengren (1992: 275), die eine bestimmte Antworterwartung suggerieren, bei (4c), daß die lange Beine hat, und bei (4d), daß die süß ist. VI-Interrogative in dieser Verwendungsweise müssen als Spezialfall angesehen werden. Auf Vl-Sätze wie (4) werde ich im Zusammenhang mit dem Problem der selbständigen ofr-Sätze eingehen. In (1) bis (3) kann man sehen, daß sowohl w-V2-Sätze als auch selbständige w-VerbletztSätze als Exklamationen verwendet werden können, s. auch Erben (H1972), Heidolph/ Flämig/Motsch (1981: 771), Altmann (1987, 1983), Engel (21991: 233), Flämig (1991: 212). Dabei gelten für beide Verbstellungstypen dieselben Gesetzmäßigkeiten in bezug auf mögliche satzeinleitende w-Phrasen. Z.B. kann ein wi'e-Satz mit Distanzstellung von wie nicht als Frage verwendet werden, weder mit Verbletzt- noch mit V2-Stellung des finiten Verbs. Es ist aber nicht von vornherein klar, daß es sich bei selbständigen w-Verbletzt-Sätzen um dieselbe Art von Selbständigkeit handelt, wie man es für w-V2-Sätze annehmen kann. Diesen Punkt werde ich als ersten besprechen, s. 6.2. Darauf folgt die Darstellung von Rosengren (1992) mit einer Kritik an diesem Ansatz, s. 6.3., 6.4. Die Punkte (i) - (iii) zur Klärung der Frage, ob man für selbständige w-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, einen Satztyp w-Exklamativsatz annehmen muß, behandele ich in 6.5. mit den Ergebnis, daß das nicht nötig ist.

6.2. Arten von nicht-eingebetteten Verbletzt-Sätzen

Neben finiten Verbzweit-Sätzen können im Deutschen auch finite Sätze mit Endstellung des finiten Verbs uneingebettet vorkommen, vgl. (5). (5)

a. b. c. d.

Wen Maria alles eingeladen hat! Wen Heinz wohl geheiratet hat? Daß Karl schon wieder zu spät ist! *Ob Karl noch kommt!

Sätze mit einer einleitenden w-Phrase können dabei sowohl Träger einer Exklamation wie in (5a) als auch Träger einer Frage sein, siehe (5b). Daß-Sätze können in Exklamationen auftreten, ob-Sätze nicht.

108 Andere Verwendungsmöglichkeiten für uneingebettete Verbletzt-Sätze werden durch die Beispiele in (6) exemplifiziert. In (6a, b) handelt es sich um daß-Sätze, die der Realisierung eines direktiven Sprechaktes dienen können, in (6c, d) um wenn-Sätze, die dem Ausdruck eines Wunsches dienen. (6)

a. b. c. d.

Daß du mir ja nicht zu spät kommst! Daß du ja lieb ist! Wenn nur endlich die Preußen kämen. Wenn es nur schneien würde.

Ich werde mich im Rahmen des Themas auf w-Sätze beschränken, verweise aber auf Weuster (1983), Winkler (1989) und Oppenrieder (1989). Um welche Art von Selbständigkeit handelt es sich bei den Sätzen in (5)? Man kann mindestens drei verschiedene Arten von nicht eingebetteten w-Verbletzt-Sätzen unterscheiden:2 (i) w-Verbletzt-Sätze, bei denen sich aus dem Kontext genau ein passendes Matrixprädikat rekonstruieren läßt, (ii) w-Verbletzt-Sätze, die im Prinzip einbettbar sind, (iii) w-VerbletztSätze, die überhaupt nicht einbettbar sind. ad (i): Es gibt overt nicht-eingebettete w-Verbletzt-Sätze, bei denen sich aber aufgrund des Kontexts genau ein passendes Matrixprädikat rekonstruieren läßt, vgl. (7). (7)

a. b. c.

A: B: A:

Mir ist egal, wen Maria heiratet. Was ist Dir egal? Wen Maria heiratet.

Das Matrixprädikat egal sein kann von der vorhergehenden Frage (7b) rekonstruiert werden, d.h. es muß sogar rekonstruiert werden, da (7c) gar nicht anders verstanden werden kann, als (7d). (7)

d.

A:

Mir ist egal, wen Maria geheiratet hat.

(7c) verhält sich hier wie eine Konstituentenantwort auf eine Frage, vgl. (8). (8)

a. b. c.

A B A B A B

Wen hat Maria geheiratet? Karl. Warum hat Maria geheiratet? Weil sie unsterblich verliebt ist. Was erstaunt Dich am meisten? Daß Maria Karl geheiratet hat.

(8aB) ist eine Nominalphrase als Belegung für das erfragte direkte Objekt, (8bB) ein Kausalsatz zum erfragten Kausaladverb und (8cB) ein daß-SdXz zum erfragten propositionalen Ob-

2

Vgl. dazu die Typen I, III, und IV in Oppenrieder (1989).

109 jekt in (8cA). Ein wichtiger Punkt dabei ist, daß es sich in (8cB) genausowenig um eine Exklamation handelt, obwohl der daß-Saiz ein passender Trägersatz wäre, wie es sich in (7c) um eine Frage handelt. Diese Beispiele sind in der Hinsicht eindeutig, daß eine Interpretation der Äußerung das im Vorgängersatz gegebene Prädikat einbeziehen muß. Interessant sind in diese Zusammenhang Fälle wie in (9) und (10). 3 a. b. c.

A: B: A:

Wen hat Maria geheiratet? Was? Wen Maria geheiratet hat.

(10) a. b. c.

A: B: A:

Hat Maria geheiratet? Häh? Ob Maria geheiratet hat.

(9!) a. b. c.

A: B: A:

Wen hat Maria geheiratet? Was? Wen hat Maria geheiratet?

(10') a. b. c.

A: B: A:

Hat Maria geheiratet? Häh? Hat Maria geheiratet?

(9)

Es ist festzustellen, daß weder in (9) noch in (10) ein passendes Matrixprädikat aus einem Vorgängersatz ersichtlich ist. Trotzdem scheint offensichtlich, daß die Sätze in (9c) und (10c) in einem bestimmten Verhältnis zu denen in (9a) und (10a) stehen. Daß es sich nicht um eine reine Wiederholung der Fragen in (9a) und (10a) handelt wie etwa in (9') und (10') wird klar, wenn man sich überlegt, um welche Art von Frage es sich handeln kann. (9a) und (10a) können durchaus so verstanden werden, daß A die richtige Antwort von B wissen will. Diese Art von Fragen, investigative Fragen, 4 können m.E. nur mit w-V2-Sätzen bzw. mit Vl-Sätzen realisiert werden. 5 Wenn das so ist, kann es sich in (9c) und (10c) aber nicht um eine bloße Wiederholung handeln, da Verbletzt-Sätze keine Trägersätze für investigative Fragen sind. Ein Ausweg scheint zu sein anzunehmen, daß B aus (9a) bzw. (10a) zumindest erkannt haben muß, daß es sich um eine an ihn gerichtete Frage handelt, auch wenn ihm ihr Inhalt nicht verständlich war. Dieser wird ihm dann durch (9c) bzw. (10c) gegeben. Daß dies plausibel ist, kann man sich durch folgende Überlegung klar machen: Nehmen wir an, daß B nur erkannt hat, daß A etwas geäußert hat, nämlich (IIa). Daraufhin entwickelt sich der Diskurs weiter wie ab (IIb).

3 4 5

Beispiele dieser Art gibt es schon in Reis (1985). Fragen, bei denen es darum geht, daß der Sprecher von einem bestimmten Adressaten die Antwort haben will, also im Prinzip Informationsfragen. S. zum Einfluß der Verbstellung auf die Art der Frage 6.10.

110 (11) a. b. c. d. e. e'.

A B A B A A

'Bla bla...' Wie bitte? Wen Maria alles eingeladen hat. Was ist damit? Das möchte ich gerne von Dir wissen. Das erstaunt mich total.

Daß sowohl (1 le) als auch (1 le') als Antwort möglich ist, zeigt, daß (1 lc) nicht auf eine Interpretation als Frage, geschweige denn als investigative Frage, was ohnehin nicht möglich ist, festgelegt werden kann. Je nachdem, ob (1 la) eine Frage, (1 l'a), oder eine Exklamation, (1 l'b), war, ist (1 le) oder (1 le') sinnvoll. (11') a. b.

A: A:

Wen hat Maria alles eingeladen? Wen hat MARIA alles eingeladen!

Wir haben es bei (9) und (10) wohl mit einer besonderen Art der Kontextgebundenheit zu tun, bei der, anders als in (11), nicht ein bestimmtes Matrixprädikat aus einer Vorgängeräußerung rekonstruiert werden muß, sondern eine bestimmte Illokution. (9c) und (10c) sind eben in diesem Sinn nicht als selbständig anzusehen, da sie nur die Wiederholung des Inhalts einer vorgegebenen Äußerung darstellen. Nicht overt eingebettete Sätze dieser Art betrachte ich als im satzgrammatischen Sinn nicht-selbständig, vgl. Reis (1985). (ad ii): Die zweite Art uneingebetteter w-Verbletzt-Sätze sind solche, die sich in bezug auf Kontextabhängigkeit, etwa im Sinne von möglicher Diskursinitialität nicht von w-V2-Sätzen unterscheiden. Oppenrieder (1989) beschreibt sie als ein Typ, bei dem Einbettung zwar im Prinzip möglich ist, dazu aber nur eine Klasse von einbettenden Prädikaten gefunden werden kann. Eine mögliche Einbettung für (12) ist etwa: Ich frage mich, ich überlege mir... (12)

Ob Maria noch kommt?

Der Unterschied zu w-Verbletzt-Sätzen der ersten Art besteht genau in dieser fehlenden Verpflichtung, eine Abhängigkeit aus dem Kontext rekonstruieren zu müssen. Bevor ich Näheres zu diesen Sätzen sage, kurz eine Beschreibung der dritten Art. Das sind solche w-Verbletzt-Sätze, die sich überhaupt nicht einbetten lassen, auch nicht im Prinzip. Dazu gehören vor allem Sätze wie in (13aB) und (13bB). (13) a. b.

A: B: A: B:

Ist Karl zu Hause? Und OB Karl zu Hause ist. Karl hat ja gar niemanden eingeladen. Und WEN Karl alles eingeladen hat.

111 Auf Beispiele dieser Art werde ich in dieser Arbeit nicht eingehen, 6 s. aber Oppenrieder (1989), d'Avis (1995). Von Interesse sind für uns hier die Sätze der zweiten Art. Mit 'prinzipieller Einbettbarkeit' kann nur gemeint sein, daß der der Äußerung zugrundeliegende Verbletzt-Satz einbettbar ist. Wenn ich eine Situation, in der Pippin (14) äußert, beschreiben will, kann ich das etwa mit (15) tun. (14)

Wen Karl wohl geheiratet hat?

(15)

Pippin fragt sich, wen Karl wohl geheiratet hat.

(15) beschreibt partiell eine Situation, von der eine Äußerung von (14) Bestandteil ist. (14) kann Trägersatz einer deliberativen Frage sein, wodurch (15) den Sprechakt korrekt beschreibt. Allerdings ist in (15) nicht etwa die deliberative Frage eingebettet, sondern der Satz, der der Äußerung von (14) zugrundeliegt. Da es sich um einen w-Verbletzt-Satz handelt, ist das Ergebnis der Einbettung grammatisch. Wenn man also von der prinzipiellen Möglichkeit der Einbettung von selbständigen Verbletzt-Sätzen redet, betrifft das eben nur den zugrundeliegenden Satz; die Äußerung selbst, ebenso wie der Sprechakt der Frage, ist natürlich genausowenig einbettbar unter ein Matrixprädikat wie bei einem w-VerbzweitSatz, vgl. (16) und (17). (16)

Wen hat Karl bloß geheiratet?

(17)

*Pippin fragt sich, wen hat Karl bloß geheiratet.

(16) kann durchaus in dem Sinn als deliberative Frage gedeutet werden, als man sagen kann, daß Pippin sich überlegt oder sich fragt, wen Karl bloß geheiratet hat. Das weist darauf hin, daß diese Art der Einbettung im besten Fall als Beschreibung des Sprechakts anzusehen ist; aber nicht, daß es sich bei diesen w-Verbletzt-Sätzen um eingebettete Strukturen handelt. Die Beschreibung des Sprechakts in (15) hat in etwa denselben Status wie eine Beschreibung des Sprechakts, der mit (16) realisiert wird, vgl. (18). (18)

Pippin fragt sich: Wen hat Karl bloß eingeladen?

Die Sätze in (5) betrachte ich in dem Sinn als selbständig, als sie Träger einer Illokution sind. 7 W-Verbletzt-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, sind damit in bezug auf Selbständigkeit genauso zu behandeln wie w-V2-Sätze.

6 7

In d'Avis (1995) habe ich dafür argumentiert, daß es sich bei Sätzen wie (13aB) und (13bB) nicht um Exklamativsätze handelt. Beispiele wie (7c), (9c) und (10c) sind dann natürlich nicht mehr als selbständig zu betrachten, da entweder ein Matrixprädikat und mit diesem wohl auch die relevante Illokution oder bloß letztere zu rekonstruieren ist.

112

6.3. W-Sätze in Rosengren (1992)

Wir kommen jetzt zu dem Problem der Herleitung einer exklamativen Illokution bei selbständigen w-Sätzen. Dazu werde ich zuerst den Ansatz von Rosengren (1992) besprechen. Ihre Grundannahme ist, daß es keinen exklamativen Satztyp gibt, sondern daß Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, entweder Deklarativ- oder Interrogativsätze sind. Die mögliche Verwendung als Exklamation ist auf andere als satztypkonstituierende, grammatische Eigenschaften der zugrundeliegenden Sätze zurückzuführen, nämlich prosodische, syntaktische und lexikalische, vgl. Rosengren (1992: 265f.). Das halte ich für richtig, sehe aber gerade für die w-Sätze, die hier von Interesse sind, Probleme. Für bestimmte w-Sätze geht Rosengren (1992) nämlich davon aus, daß es sich nicht um w-Interrogativsätze, sondern um w-Deklarativsätze handelt. Ich werde versuchen zu zeigen, daß diese Annahme nicht nötig ist. Ich werde mich hier auf die Besprechung der Teile von Rosengren (1992) beschränken, in denen es um Sätze geht, die durch eine w-Phrase eingeleitet werden, vgl. Rosengren (1992: 282ff.). Rosengren (1992) unterscheidet in ihrer Analyse zwischen w-Sätzen, die nicht enthalten, und solchen ohne nicht. Das wird im Zusammenhang mit der quantifizierenden Partikel alles betrachtet. 8 Zuerst geht es um w-Sätze, die weder nicht noch alles enthalten, vgl. (19). (19) a. b. c. d.

Wen der eingeladen hat! Was der geschafft hat! Wo der gewohnt hat! Womit der sich beschäftigt!

Für w-Sätze, die mit w-Phrasen wie in (19) eingeleitet werden, stellt Rosengren (1992) fest, daß sie als Exklamationen obligatorisch Verbletzt-Sätze sind.9 Rosengren (1992) analysiert w-Sätze wie in (19) als w-Deklarativsätze. Als Motivation für diese Annahme führt sie die Unverträglichkeit dieser Exklamationen mit Modalpartikeln wie auch, etwa, bloß, nur an, die in rhetorischen Fragen auftreten können, weiterhin die Korrespondenz der vorkommenden w-Phrasen mit d-Phrasen "[...] in daß-Sätzen, was.das, wer:die, wo:dort, womit:damit", (Rosengren 1992: 283) und die Übereinstimmungen mit freien Relativsätzen anhand der Beispiele in (20), (= Rosengren 1992: (188) und (189)). (20) a. b.

(Erstaunlich) die Leute, die er umgebracht hat! (Unglaublich) das Geld, das er immer ausgibt!

Die Idee ist dann, daß in w-Sätzen wie in (19) die einleitende w-Phrase "[...] das zu erwartende Korrelat sozusagen inkorporiert hat und sich daran kein Attributsatz anschließt bzw. der w-Satz selbst kein Attribut ist." (Rosengren 1992: 283). Unter dieser Annahme würde sich 8

9

Es handelt sich dabei um eine nicht flektierende Partikel alles. Reis (1992a) zeigt an einer Reihe von Unterschieden, daß man diese im Gegensatz zu dem 'floating quantifier' alle(s) analysieren sollte, möglicherweise als w-Phrasen Klitikum. Das umfaßt nicht alle Daten, vgl. 6.1. (1).

113 eine Analyse anbieten, die folgende Eigenschaften hat: (i) die w-Phrase steht in der Spezifiziererposition des Satzes, die mit (-w) ausgezeichnet ist,10 (ii) die w-Phrase ist mit (-w, -rel, +def) ausgezeichnet, (iii) das satztyprelevante Merkmal des Satzkopfes ist (-w). Nach der Satztypologie von BRRZ (1992) handelt es sich somit um einen Deklarativsatz. Die Auszeichnung der w-Phrase als definit schlägt sich in der Bedeutung als definite Beschreibung nieder, so daß die Bedeutung von (21a) i.S.v. BRRZ (1992) wie (21b) wiedergegeben werden kann." (21) a. b.

Wenderkennt! 3x [ V y [[PERSON Y] [x = y]] A [3 e [ e INST [ DER' KENNT x]]]]

Eine Paraphrase von (21a) ist dann (22). (22)

Der kennt dasjenige x, das eine Person ist.

Rosengren (1992) geht weiterhin auf w-Sätze ein, die mit wie+Adjektiv Phrasen eingeleitet sind, vgl. (23). (23) a. b. c.

Wie groß ist er geworden! Wie groß er geworden ist! Wie ist er groß geworden!

Auch für diese wird angenommen, daß es sich um Deklarativsätze handelt. Ein Unterschied zu den w-Sätzen in (19) sei, daß vw'e+Adjektiv eingeleitete w-Sätze auch mit VerbzweitStellung als Exklamationen taugen. Im Zusammenhang mit w-Sätzen, die nicht und alles enthalten, bespricht Rosengren (1992) zuerst solche, die nur alles enthalten, vgl. (24) (= Rosengren 1992: (238) - (240)). (24) a. b. c.

Was du alles machst! Wen alles der (schon) getroffen hat! Wo der alles gewohnt hat!

Es handelt sich dabei um das in Reis (1992a) als eigene quantifizierende Partikel identifizierte I-alles.12 Eine Generalisierung, die Reis (1992a) für l-alles findet, ist, daß "[...] only indefinite SpecC Operator phrases occur as antecedents of l-alles." (Reis 1992a: 471). Das sollte Fälle wie (24) ausschließen. Reis (1992a) weist aber daraufhin, daß der Begriff von Definitheit, den sie zugrundelegt, nicht dem von Rosengren (1992) entspricht.13 Der relevan-

10 11 12

13

Die obligatorische Verbletzt-Stellung weise auf eine CP/IP-Struktur i.S.v. BRRZ (1992) hin. Ich lasse das Subjektpronomen unübersetzt. Im Gegensatz zu flektiertem alle(s), das Reis (1992a), da es in 'Quantifier Floating' Fällen vorkommt, QF-alles nennt. Reis (1992a) versteht Definitheit i.S.v. Hawkins, "[...] by which a definite expression denotes a set that is identical to an 'antecedent set' independently given via discourse or situation [...]", (Reis 1992a: 471).

114 te Punkt scheint aber, daß es sich bei alles in (24) um dasselbe alles handelt, das man in Interrogativsätzen findet, vgl. (25). (25)

Wen hat Maria alles eingeladen?

Während der Effekt in Fragen allerdings der ist, daß man eine exhaustive Antwort haben möchte, vgl. Reis (1992a), wozu noch bestimmte andere Implikaturen kommen, 14 hat Ialles in Exklamationen nur den Effekt, "als verstärkendes Element zu wirken. Mit einer Äußerung mit alles wird zu verstehen gegeben, daß jemand (außerordentlich) vieles macht, viele Menschen getroffen, an vielen Orten gewohnt hat. [Das bezieht sich auf die Beispiele in (24). FJD] Alles unterstützt also die exklamative Interpretation.", 15 Rosengren (1992: 291). Rosengren (1992) nimmt an, daß es sich auch bei w-Sätzen mit alles wie in (24) um Deklarativsätze handelt. l-alles kann in deklarativen Satztypen vorkommen, vgl. unten (29), wo es sich um einen restriktiven Relativsatz handelt. Das Beispiel, das Rosengren (1992) angibt, halte ich für problematisch, vgl. (26). (26)

Er hatte wieder einmal sein Bett nicht gemacht, nicht aufgewaschen und darüber hinaus nicht eingekauft, was alles (zusammen) seine Frau in Rage versetzt.

Es läßt sich nicht unterscheiden, ob es sich um die invariable Form I-alles handelt, oder um das mit seinem Antezedenz kongruierende QF-alle(s), dessen Form hier ebenfalls alles wäre. 16 Ein Beispiel wie (27) macht deutlich, daß es sich eher um QF-alles handelt. (27)

?Er hatte wieder einmal sein Bett nicht gemacht, nicht aufgewaschen und darüber hinaus nicht eingekauft, welche Verfehlungen alle/*alles (zusammen) seine Frau in Rage versetzt.

Betrachtet man die Einschränkungen für zugelassene Antezedenten für I-alles in Reis (1992a) würde man wohl auch gar nicht erwarten, daß l-alles in (26) und (27) möglich ist, da es sich nicht um restriktive Relativsätze handelt, die I-alles erlauben, sondern um weiterführende Relativsätze. Was in (26) entspricht der Definition von Definitheit, die Reis (1992a) zugrundelegt, s. oben, so daß man (26) und (27) eher mit einem appositiven Relativsatz wie in (28) vergleichen kann. 14

15

16

"Thus, in universally quantifiying over the variable expression in unembedded wh-interrogatives, I-alles gives also rise to the implicature that the answer must be exhaustive, and, furthermore, that there should be more than one true answer. This automatically excludes that the negative answer is among them. As a consequence, wh-questions containing I-alles always do not only implicate that there is an x fulfilling the interrogative proposition, but that there is more than one (which in most contexts is strengthened to 'many')." Reis (1992a: 481f.). Ich bin auch der Meinung, daß alles in einem gewissen Sinn die Deutung als Exklamation in diesen Fällen unterstützt, denke aber, daß das auf einem Umweg geschieht. Die Behauptung, daß es um ein außerordentliches Maß in bezug auf etwas geht, muß man darauf einschränken, daß diese Abweichung bezüglich der Norm des Sprechers gilt. S. oben Kap. 4 zum Unterschied zwischen Normabweichung und Ausdruck eines hohen Maßes. Zur invarianten Form von I-alles s. Reis (1992a).

115 (28)

Diese vier Studenten, die (übrigens) den Test alle/*alles nicht bestanden haben,... (vgl. Reis 1992a: (20)/(20')>

Da in der Satztypologie von BRRZ (1992) aber auch restriktive Relativsätze zum deklarativen Satztyp gerechnet werden, kann man den Punkt, daß I-alles auch in einem Deklarativsatz vorkommen kann, mit (29) machen, (= Reis 1992a: (24)). (29) a. ?Diejenigen Studenten, die alles den Test nicht bestehen, müssen ihn wiederholen, b. ?Such die Ingenieure raus, die alles Cahuilla sprechen. Bei w-Sätzen mit alles, die einer Exklamation zugrundeliegen, spricht Rosengren (1992) also von Deklarativsätzen. Das betrifft auch Sätze mit nicht, bei denen nicht hinter alles steht, vgl. (30), (= Rosengren 1992: (245), (246)). (30) a. b.

Was du alles nicht willst! Wen der alles nicht leiden kann!

Hier ist der Grund der Exklamation das, was der Adressat nicht will, bzw. die, die jemand nicht leiden kann. Anders verhält es sich jetzt bei Exklamationen, bei denen der zugrundeliegende w-Satz nicht alles in dieser Reihenfolge enthält, vgl. (31). (31) a. b.

Wen hat Peter nicht alles getroffen! Wen der nicht alles getroffen hat!

(= Rosengren 1992: (271))

Rosengren (1992: 294ff.) geht davon aus, daß es sich bei solchen w-Sätzen um Interrogativsätze handelt, wobei die Verwendung als Exklamation "auf eine rhetorische Uminterpretation auf der illokutiven Ebene zurückzuführen ist", (Rosengren 1992: 295). Die Idee ist, daß (31a) die Implikatur hat: Peter hat nicht viele getroffen. Die rhetorische Uminterpretation betrifft diese Implikatur. Daraus resultiert: Es ist nicht der Fall, daß Peter nicht viele getroffen hat = Peter hat viele getroffen. Das sei die Bedeutung der Exklamation in (31a). Es handelt sich also um eine indirekte Assertion, s. Rosengren (1992: 295). Das gilt auch für Sätze wie (32). (32)

Was DER nicht schafft!

(= Rosengren 1992: (247))

Die rhetorische Uminterpretation führt auch hier zu einer indirekten Assertion, die dann Grundlage der Exklamation ist. Bemerkenswert ist, daß man damit einen Zugang hat zu dem Problem, daß Sätze wie (31) mit nicht alles nicht als Frage verwendet werden können. Auch für die Sätze in (33) nimmt Rosengren (1992) zum einen an, daß es sich um Exklamationen handeln kann, und zum anderen, daß es sich dann um eine rhetorische Umdeutung eines Interrogativsatzes handelt.

116 (33) a. b. c. d. e.

Warum der immer so früh aufsteht! Warum den die Mutter am meisten liebt! Wieso der das nie lassen kann! Wozu die sich immer so schön macht! Wann der wieder einmal nachhause gekommen ist! Wann der wieder mal auftaucht! (= Rosengren 1992: (281) - (286))

Dazu sagt sie, da es sich um eindeutige Interrogativphrasen handelt, seien diese Sätze nicht in faktive Matrixsätze einbettbar. Die mit diesen Interrogativsätzen verbundene Implikatur sei, da es sich um freie Adjunkte handelt: es gibt einen Grund für p, es gibt einen Zeitpunkt für p. Bei rhetorischer Umdeutung: es gibt keinen Grund für p, es gibt keinen Zeitpunkt für PRosengren (1992) gibt nur für (33e) einen Hinweis, wie die Interpretation einer exklamativen Äußerung der Sätze in (33) aussehen könnte, nämlich, daß der Sprecher "über den ungewöhnlichen Termin erstaunt ist", (Rosengren 1992: 297). Nach meiner Meinung muß man (33e, f) von den übrigen Sätzen in (33) unterscheiden, da bei ihnen keine rhetorische Uminterpretation vorliegt. W-Sätze mit kausalen satzeinleitenden w-Phrasen verhalten sich anders. Im selbständigen Fall scheint eine direkte Verwendung als Exklamation nicht möglich zu sein. Man muß annehmen, daß hier eine rhetorische Uminterpretation vorliegt, wobei diese zur Assertion einer bestimmten Proposition führt, etwa für (33a), daß es keinen Grund gibt, so früh aufzustehen, vgl. Rosengren (1992: 296). Erst diese ist dann die Grundlage der Exklamation. Die Möglichkeit der rhetorischen Uminterpretation erklärt auch, warum kausale w-Phrasen wie warum oder wieso, die nicht unter exklamativen Prädikaten vorkommen, trotzdem in manchen Fällen als Exklamationen verwendete w-Sätze einleiten können, da eine rhetorische Umdeutung im eingebetteten Fall nicht möglich ist. Zusammenfassend: Rosengren (1992) geht davon aus, daß es sich bei w-Sätzen, die einer Exklamation zugrundeliegen, entweder um w-Deklarative oder um w-Interrogative handelt. Bei w-Interrogativen kommt die exklamative Interpretation über eine rhetorische Umdeutung zustande. Die Frage, ob es einen exklamativen Satztyp gibt, ist damit mit nein beantwortet.

6.4. Probleme bei Rosengren (1992)

Sätze wie (34) werden also als w-Deklarative angesehen, Sätze wie (35) als w-Interrogative. (34) a. b.

Wen der (alles) kennt! Wen die (alles) (nicht) eingeladen hat!

(35) a. b.

Wen die nicht alles eingeladen hat! Wen der nicht kennt!

117 Eine Motivation für die Analyse als w-Deklarativsatz für Sätze wie (36a) wurde in der Übereinstimmung mit freien Relativsätzen wie in (36b) gesehen. (36) a. b.

Wen der eingeladen hat! Wen Heinz eingeladen hat, werde ich auch einladen.

Ich denke, daß die Ähnlichkeit mit w-Phrasen in w-Interrogativen größer ist, besonders wenn man sich das Verhalten bei partieller w-Bewegung, I-alles und Mehrfach-w-Sätzen anschaut: W-Phrasen in w-Sätzen, die Fragen und Exklamationen zugrundeliegen, erlauben die wasw-Konstruktion, vgl. (37) und (38). In freien Relativsätzen ist das nicht möglich, vgl. (39).17 (37) a. b.

Was glaubst du, wen Maria eingeladen hat? Was glaubst du, wem Heinz helfen würde?

(38) a. b.

Was der glaubt, wen Maria eingeladen hat! Was die glaubt, wem Heinz helfen würde!

(39) a. c.

*Ich werde einladen, was Heinz glaubt, wen Maria eingeladen hat. *Ich werde helfen, was Karl glaubt, wem Maria geholfen hat.

Bei I-alles scheinen die Daten ebenfalls klar. In Fragen und Exklamationen ist I-alles in Ordnung, vgl. (40) und (41), in freien Relativsätzen nicht, vgl. (42). (40) a. b.

Wen hat Maria alles eingeladen? Wem hat der alles geholfen?

(41) a. b.

Wen Maria alles eingeladen hat! Wem der alles geholfen hat!

(42) a. b.

*Ich werde einladen, wen Maria alles eingeladen hat. *Ich werde helfen, wem Karl alles geholfen hat.

17

Hier gibt es wohl einen Unterschied zu langer w-Bewegung, die auch in freien Relativsätzen akzeptabel scheint, vgl. (i), (ii) und (iii). (i) a. Wen der glaubt, daß Maria eingeladen hat! b. Wem die glaubt, daß Heinz helfen würde! (ii) a. Wen glaubst du, daß Maria eingeladen hat? b. Wem glaubst du, daß Heinz helfen würde! (iii) a. ?Ich werde einladen, wen Heinz glaubt, daß Maria eingeladen hat. b. ?Ich werde helfen, wem Karl glaubt, daß Maria geholfen hat. Auch in restriktiven Relativsätzen scheint, so meine Informanten für einen süddeutschen Dialekt (Ostfränkisch), lange Bewegung nicht ausgeschlossen, vgl. (iv). (iv) Die Leute, die Heinz meint, daß ich einladen soll, sind ziemlich blöd.

118 Ich bin mir nicht sicher, wie das mit der Analyse in Reis (1992a) zusammengeht, die freie Relative nicht behandelt, l-alles in restriktiven Relativsätzen, vgl. (43), wird dort mit einem Fragezeichen bewertet. (43) a. b.

?Ich werde die einladen, die Maria alles eingeladen hat. ?Ich werde denen helfen, denen Maria alles geholfen hat.

Mehrfach-w-Sätze können Fragen und Exklamationen zugrundeliegen, vgl. (44) und (45). Für die Exklamationen habe ich einen weiteren Kontext angegeben, um das Verständnis zu erleichtern. (44) a. b.

Wen hat der Chef für was eingeteilt? Wen läßt die Lehrerin mit wem arbeiten?

(45) a.

Wen der heute für was eingeteilt hat! [Den Buchhalter zum Kaffeekochen und den Hausmeister für die Gehaltsabrechnung] Wen die wieder mit wem arbeiten läßt! [Karl mit Maria und Peter mit Susi, anstatt die Mädchen miteinander und die Jungs miteinander]

b.

Freie Relative können keine weitere Relativphrase im selben Satz haben, vgl. (46). (46) a. b. c. d.

Wen du zum Putzen eingeteilt hast, teile ich zum Kochen ein. Wen du mit den Mädchen spielen läßt, lasse ich alleine spielen. *Wen du für was eingeteilt hast, teile ich zum Kochen ein. *Wen du mit wem spielen läßt, lasse ich alleine spielen.

Wenn man was und wem in (46c, d) als Indefinita ansieht, kann man diesen Sätzen vielleicht noch einen Sinn entlocken. Da das aber hier nicht intendiert ist, sind (46c, d) ungrammatisch. Diese Daten scheinen eher dafür zu sprechen, daß es eine Ähnlichkeit von w-Sätzen, die Exklamationen zugrundeliegen, mit w-Sätzen gibt, die Fragen zugrundeliegen. Ein weiterer Punkt, wenn man die einleitenden w-Phrasen in Sätzen wie (47) als -iw i.S.v. BRRZ (1992) auszeichnet, ist, daß man erwarten würde, daß es auch w-Verbzweit-Deklarative gibt. (47)

Wen hat DER (alles) eingeladen!

Für w-Sätze mit einleitender wie+Adjektiv-Phrase nimmt Rosengren (1992) an, daß es auch deklarative w-V2 Varianten gibt, vgl. (48). (48)

Wie groß ist er geworden!

(= Rosengren 1992: (199))

Für die anderen w-Deklarative nimmt sie an, daß sie nur mit Verbletzt-Stellung vorkommen. Soweit ich sehen kann, widerspricht das sowohl ihren eigenen Voraussagen als auch den Daten. Sätze wie (49) sind als Exklamationen sicher möglich, wobei sie aber als solche

119 interessanterweise markierter sind als die Verbletzt-Variante.18 Eine Betonung des Subjekts ist obligatorisch, möglicherweise in bestimmten Fällen auch die quantifizierende Partikel alles. (49)

Wen hat DER alles eingeladen!

Das Problem mit der Analyse in Rosengren (1992) ist aber, daß auch Sätze, die als Exklamationen nicht so gut sind, durch die Analyse nicht ausgeschlossen werden, vgl. (50), (= Rosengren 1992: (186) und (187)). (50) a. b.

?*Wen kennt der! ?* Womit beschäftigt der sich!

Ich bin mir nicht sicher, ob sich mit der Annahme, daß es sich auch bei w-Sätzen, die Exklamationen zugrundeliegen, um Interrogative handelt, für dieses Problem eine Lösung finden läßt. Es gibt auch noch ein Problem, das sich auf die möglichen Illokutionen von w-Deklarativen bezieht. Schauen wir uns noch einmal (51) (= Rosengren 1992: (199)) an. (51)

Wie groß ist er geworden!

Auch wenn man annimmt, daß wie in (51) einen hohen Grad ausdrückt, vgl. Rosengren (1992: 286), versteht man, unter der Annahme, daß es sich um einen Deklarativsatz handelt, eigentlich nicht, warum (51) immer zu einer Exklamation führen soll.19 Ich denke, man würde erwarten, daß mit (51) auch eine Assertion möglich sein sollte, etwa derart: Es ist sehr groß geworden. Gerade der Zusammenhang zwischen Deklarativsatz und Assertion als sein Defaultfall i.S.v. BRRZ (1992) legt das eigentlich nahe. Das ist aber nicht möglich. Zusammenfassend: Die Annahme, daß es sich in bestimmten Fällen von w-Sätzen, die Exklamationen zugrundeliegen, um w-Deklarativsätze handelt, bringt Probleme mit sich, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob man diese Annahme machen sollte. Besonders der zuletzt gemachte Punkt, daß eine assertive Illokution nicht möglich ist, ist eigentlich unerwartet.

18

19

Siehe dazu aber Näf (1996), der im Rahmen einer Korpusuntersuchung auf eine größere 'Häufigkeit' von w-V2-Exklamationen verweist, wobei es sich allerdings zum größten Teil um wieSätze handelt, was selbst schon erklärenswert ist. Nicht berücksichtigt ist hier natürlich die Interpretation der Äußerung als Frage. Diese entfällt bei einer Analyse als Deklarativsatz sowieso, es sei denn als Echo-w-Frage, die hier nicht intendiert ist.

120 6.5. Zum Zusammenhang zwischen w-Satz und Frage/Exklamation

Wie ist der Zusammenhang zwischen w-Satz und Frage bzw. Exklamation, wenn man davon ausgeht, daß die zugrundeliegende Bedeutung des w-Satzes in beiden Fällen i.S.v. Karttunen (1977) eine Menge von Propositionen ist?20 Zuerst zur Frage. Ich orientiere mich an BRRZ (1992), wo die Frage als Darstellungshandlung klassifiziert wird, vgl. BRRZ (1992: 50ff.). Damit geht eine bestimmte Richtung der Beziehung von Wort und Welt einher: "Darstellungshandlungen haben 'Wort-zu-Welt' Ausrichtung, d.h. es geht darum, die Worte der Welt (d.h. dem im Augenblick der Äußerung relevanten Weltausschnitt) anzupassen [...]", (BRRZ 1992: 51). Gegen die Einteilung als direktiven Sprechakt werden monologische Fragen angeführt,21 wo "die für Direktiva geltende Ausrichtung auf eine Adressatenhandlung [...] nicht vorliegt", {BRRZ 1992: 51). Für eine unterschiedliche Welt-Wort-Beziehung wird auch mit den verschiedenen negativen Reaktionsmöglichkeiten auf Aufforderungen vs. Fragen, die somit keine Aufforderung zu antworten sind, argumentiert, vgl. (52) (= BRRZ 1992: (180) und (181)). (52) a. b.

Wer ist der beste Tennisspieler der Welt? Nenne mir den besten Tennisspieler der Welt!

Während in (52a) die negative Reaktion Das weiß ich nicht/Das kann ich dir nicht sagen ist, ist nur bei (52b) eine "direkte Verweigerung der erwünschten Handlung möglich" etwa durch Das kann ich nicht/ Das will ich nicht oder Nein, (BRRZ 1992: 52). Die für Aufforderungen konstitutive Welt-zu-Wort-Ausrichtung ist bei Fragen also nicht gegeben. Gegen die Einteilung als Direktiva spricht auch ein Typ von Fragen, bei dem es nicht offensichtlich ist, ob es überhaupt einen Adressaten gibt, und wenn ja, ist es in bestimmten Kontexten klar, daß dieser die Antwort gar nicht geben kann. Es geht um deliberative Fragen wie (53). (53) a. b.

Ob Maria wiederkommt? Mit wem ist Maria nur durchgebrannt?

Eine Äußerung etwa von (53) kann man sich durchaus vorstellen in einer Situation, in der Marias Vormund alleine in seinem Kämmerchen sitzt und über das Verschwinden seines Mündels nachdenkt. Ich bin mir nicht sicher, ob man hier sinnvollerweise behaupten kann, daß der Sprecher der Adressat der Frage ist. Wenn ja, sehe ich trotzdem keinen Sinn darin zu sagen, daß die Fragen in (53) Aufforderungen an den Adressaten sind, eine Antwort zu geben. Gegen eine Klassifizierung der Frage als Grundtyp wird in BRRZ (1992) geltend gemacht, daß damit in der Typologie die Nähe zwischen Frage und Assertion, die beide dieselbe Wort-zu-Welt-Ausrichtung haben, nicht berücksichtigt wird.

20 21

Eigentlich die Intension einer Menge von Propositionen. Etwa Vorlesungsfragen oder Zeitungsüberschriften, vgl. BRRZ (1992: 51).

121 Daß man auf eine Frage normalerweise eine Antwort erwartet, wird als generalisierte Implikatur hergeleitet: "Die Antworterwartung ergibt sich aus dem konstitutiven Moment, daß Fragen die Spezifizierungsbedürftigkeit der Proposition thematisieren", (BRRZ 1992: 52). Spezifizierungsbedürftigkeit ist ein konstitutives Merkmal der Frageillokution, vgl. BRRZ (1992: 64).22>" Wie läßt sich jetzt das Konzept der Spezifizierungsbedürftigkeit als konstitutives Merkmal der Frageillokution auf die Bedeutung eines w-Satzes i.S.v. Karttunen (1977) beziehen? Wenn ich einen w-Satz wie (54) äußere, gebe ich damit an, welche Bedingungen die Elemente einer bestimmten Menge von Propositionen erfüllen müssen, um als wahre Antworten zu gelten. (54)

Wen hat Maria eingeladen?

Was ich gerade nicht tue, ist, die Menge dieser Propositionen explizit anzugeben, genausowenig wie etwa die exhaustive Antwort, die dem Konzept der Antwort2 von Heim (1994) entspricht. Ich verweise auf die Existenz einer Menge von Propositionen, wobei deren Elemente den angegebenen Bedingungen genügen müssen. 24 Das Moment der Spezifizierungsbedürftigkeit könnte man ableiten aus der Divergenz zwischen dem Verweis auf die Existenz dieser Menge und damit auf die Existenz der daraus ableitbaren Antwort und dem Nichtangeben der wahren Antwort. 25 Die Antworterwartung könnte sich analog zu dem Vorschlag in BRRZ (1992: 52) als generalisierte Implikatur ergeben. Der Zusammenhang zwischen w-Satz und seiner Bedeutung und der exklamativen Illokution muß ein anderer sein. Konstitutiv für eine Exklamation ist eine emotionale Einstellung des Sprechers zu einem als existent vorausgesetzten Sachverhalt sowie die Abweichung dieses Sachverhalts von dem, was der Sprecher für die Norm hält. Der präsupponierte Sachverhalt, um den es bei einer Exklamation geht, der ein w-Satz zugrundeliegt, wird durch die Antwort2 beschrieben. Es wird vorausgesetzt, daß der Sprecher die exhaustive Antwort zum w-Satz kennt. Betrachten wir (55). (55)

22

23

24 25

Wen MARIA geheiratet hat!

"Bei der Äußerung von Interrogativsätzen wird entsprechend nicht auf existierende Sachverhalte referiert, sondern beim w-I[nterrogativ]S[atz] geht es um eine Referenz auf noch nicht identifizierte aber identifizierbare Objekte etc. [...] Dieser besondere Typ von Referenz ist die Brücke, die im Defaultfall vom Satzmodus mit seinem Offenoperator zu dem konstitutiven Merkmal der Frageillokution, der Spezifizierungsbedürftigkeit, führt", (BRRZ 1992: 64). Daß ein Adressat mit der Spezifizierungsbedürftigkeit, die mit der Frage ausgedrückt wird, im Normalfall auch gerne mitversteht, daß der Sprecher die Antwort nicht weiß, kann man auch an der Möglichkeit der negativen Reaktion (iB) auf die Frage in (iA) sehen. (i) A: Wen hat Maria geheiratet? B: Das weiß ich auch nicht. Daß auch in (iB) möglich ist, weist eben darauf hin, daß der Adressat davon ausgeht, daß der Sprecher die Antwort, so wie er selbst, nicht kennt. Diese Menge kann auch leer sein. Im Falle einer existentiellen Lesart, geht es um eine wahre Antwort, die nicht notwendigerweise exhaustiv sein muß.

122 Wenn Maria Heinz geheiratet hat, dann weiß der Sprecher, daß Maria Heinz geheiratet hat. Davon kann auch ein Hörer ausgehen, wenn er im Anschluß an (55) (56) äußert. (56)

Wen HAT Maria denn geheiratet?

Eine negative Antwort des Sprechers von (55) i.d.S. daß er die Antwort nicht weiß, raubt der Gültigkeit von (55) als Exklamation die Grundlage. Die Information, daß Maria Heinz geheiratet hat, ist aber gerade nicht in der Äußerung enthalten. Unter der Voraussetzung, daß der Sprecher von (55) die wahre Antwort kennt, sie aber zurückhält, muß die Relevanz der Äußerung in etwas anderem begründet sein. Das muß man bei Exklamationen so deuten, daß der relevante Aspekt der Ausdruck einer emotionalen Einstellung des Sprechers zu dem durch die wahre Antwort beschriebenen Sachverhalt ist. Den Bezug zu der Proposition, die die Sprechernorm beschreibt, kann man sich wie im eingebetteten Fall so vorstellen, daß sie eine Proposition aus der Negation der Antwort 1 ist. Der Sprecher hätte es etwa bezüglich (55) für normal gehalten, daß Maria jemand anderen heiratet. Wie aber kann aus der Äußerung eines w-Satzes die Deutung als Exklamation abgeleitet werden, d.h. der Ausdruck einer emotionale Einstellung des Sprechers zu einem präsupponierten Sachverhalt? Der relevante Faktor ist die Anwesenheit eines Exklamativakzents bei w-Sätzen, die als Exklamationen zu deuten sind, s. Rosengren (1994, 1997). Der Exklamativakzent läßt sich sowohl von Kontrastakzenten als auch von anderen Fokusakzenten akustisch wohl unterscheiden, s. Altmann (1993: 1018). Seine besonderen Merkmale sind größere Maxima bezogen auf die Grundfrequenz, größere Dauer im Zeitbereich und möglicherweise eine höhere Intensität, s. Oppenrieder (1987: 168), (1989: 219), Batliner (1988: 244). 26 Der wichtige Punkt dabei ist, daß es sich beim Exklamativakzent um einen vom fokussierenden Akzent zu trennenden Akzent handelt. Deutlich wird das, wenn man sich Beispiele wie (57) ansieht. (57) a. b. c. d.

Wem MaRIA ihr Haus geschenkt hat! Wem DIE ihr Haus geschenkt hat! Wen MaRIA gehéiratet hat! Wen DIE gehéiratet hat!

Neben dem Exklamativakzent auf dem Subjekt Maria bzw. dem Pronomen die liegt ein weiterer, schwächerer Akzent auf dem Fokusexponenten Haus bzw. dem Partizip geheiratet. Wenn die Fokus-Hintergrund-Gliederung in Interrogativsätzen dieselben Eigenschaften hat wie in Deklarativsätzen, vgl. Rosengren (1991), erwartet man bei diskursinitialen Äußerungen auch eine solche Markierung eines maximalen Fokus. Die Funktion des Exklamativakzents liegt im Gegensatz zum Fokusakzent nicht in der Hervorhebung von Alternati-

26

Zum Zusammenhang zwischen Exklamativakzent und emphatischem Akzent bei Deklarativsätzen s. Wingert (1996), zu den Betonungsverhältnissen innerhalb der w-Phrase bei w-Sätzen, die als Exklamationen verwendet werden, s. Bötz (1995).

123 ven. Es geht in (57) nicht darum Maria oder die im Gegensatz zu einer Alternative in bezug auf das Subjekt hervorzuheben. Rosengren (1994) beschreibt die Funktion des Exklamativakzents als ikonische Spiegelung der Sprecheremotionen, des Grades der Involviertheit des Sprechers, vgl. Rosengren (1994: 64). Wie läßt sich eine solche Funktion nun mit der Bedeutung eines w-Satzes zur Ableitung der exklamativen Illokution zusammenbringen? Bevor ich auf diesen Punkt eingehe, möchte ich noch etwas zur Notwendigkeit des Exklamativakzents in w-Sätzen sagen, die als Exklamationen verwendet werden. Wir haben gesehen, daß sowohl w-V2- als auch w-Verbletzt-Sätze als Exklamationen realisiert werden können, vgl. (58). (58) a. b. c. d.

Wen hat DIE alles eingeladen! Wen DIE alles eingeladen hat! Wie GROSS ist die geworden! Wie GROSS die geworden ist!

Was passiert, wenn bei Äußerungen dieser Sätze der Exklamativakzent fehlt? Der Effekt ist bei w-V2-Sätzen ein anderer als bei w-Verbletzt-Sätzen. Eine Äußerung von (58a, c) ohne Exklamativakzent wird als Frage interpretiert, vgl. (59). (59) a. b.

Wen hat die alles eingeladen? Wie groß ist die geworden?

Das Weglassen des Exklamativakzents in (58b, d) führt allerdings nicht zwangsläufig zu einer Frageinterpretation, vgl. (60). (60) a. b.

Wen die alles eingeladen hat Wie groß die geworden ist

Für eine Interpretation als Frage scheint bei einer Äußerung von w-Verbletzt-Sätzen eine Modalpartikel wie wohl oder bloß obligatorisch, s. Oppenrieder (1989: 183).27 Wenn aber die Sätze in (60) weder als Exklamation noch als Frage interpretiert werden, was bleibt dann? Es gibt für solche w-Sätze eine bestimmte Verwendungsweise, die in Oppenrieder (1989: 214) 'w-Schlagzeile' genannt wird. Das bezieht sich darauf, daß man dieses w-Verbletzt-Sätze typischerweise als Überschriften zu Zeitungsartikeln oder Bildern finden kann, s. auch Weuster (1983: 53f.), Altmann (1987: 28), Luuko-Vinchenzo (1988: 117f.). Andere Beispiele sind (61).

27

Das trifft für ob-Sätze nicht zu. Diese können auch ohne Modalpartikel als Frage interpretiert werden. Auf den genauen Zusammenhang zwischen Modalpartikeln und Illokution kann gehe ich hier nicht ein. Man könnte etwa annehmen, daß Modalpartikeln erst auf einer illokutionären Ebene relevant werden und daß wohl in einer engen Beziehung zur Frageillokution steht. Das ist offensichtlich eine viel zu grobe Beschreibung und läßt etwa ihre Bedeutung außer acht. Ich verweise aber auf die Diskussion in BRRZ (1992: 71 ff.) und dort angegebene Literatur, zudem auf Meibauer (1994) und Ormelius-Sandblom (1997).

124 (61) a. b. c.

Was Schneewittchen bei den sieben Zwergen erlebte (= Oppenrieder 1989: (171)) Wo Ökumene nicht nur ein frommer Wunsch ist (Frankfurter Rundschau vom 24.12.1997) Was alles nicht fehlt (TAZ vom 23.12.1997)

Bei solchen Überschriften scheint man immer etwas zu ergänzen wie hier lesen Sie, hier können Sie sehen oder auch lesen Sie, s. Oppenrieder (1989: 214). Der Zusammenhang dieser Verwendungsweise mit der interrogativen Bedeutung des w-Satzes ist nicht klar. Zumindest haben diese w-Sätze Eigenschaften, die typisch sind für w-Interrogativsätze: es gibt multiple Varianten, und lange w-Bewegung bzw. partielle w-Bewegung ist möglich. Sätze wie (62) sind durchaus als w-Schlagzeile vorstellbar. (62) a. b. c. d.

Wen der Kanzler wann bevorzugt hat Welche Schiedsrichter welches Stadion nicht mehr betreten dürfen Wen der Kanzler glaubt, daß Hannelore am meisten liebt Was der Kanzler glaubt, wen Hannelore am meisten liebt

Zudem gibt es auch ob-Varianten. Oppenrieder (1989: fn.40) gibt (63) an, vorstellbar als Überschrift bestimmter Abschnitte seines Aufsatzes. (63)

Ob Verb-Letzt-Sätze selbständig verwendet werden können

Der wichtige Punkt in unserem Zusammenhang ist, daß auch bei w-Verbletzt-Sätzen, genauso wie bei w-V2-Sätzen, bei der Verwendung als Exklamation ein Exklamativakzent notwendig ist. Wie arbeitet nun der Exklamativakzent mit der Bedeutung des w-Satzes zur Ableitung einer exklamativen Illokution zusammen? Wenn man den Exklamativakzent Rosengren (1994) folgend als Widerspiegelung der emotiven Involviertheit des Sprechers ansieht, braucht man einen Begriff von dem, was Emotionen in diesem Zusammenhang sind. Ich betrachte Emotionen im Rahmen von exklamativen Äußerungen i.S.v. Fries (1994: 5) als sprachlich ausdrückbare Einstellungen gegenüber Sachverhalten mit einer damit einhergehenden Bewertung dieser Sachverhalte. Eine Bewertung ist dann möglich, wenn es ein Vergleichsobjekt gibt. Der Ausdruck von Emotionen setzt in diesem Sinn also voraus, daß zuerst einmal ein bestimmter Sachverhalt besteht. Das erklärt bei der Benutzung eines Exklamativakzents bei der Äußerung eines w-Satzes, warum man den relevanten Sachverhalt als präsupponiert versteht.28 Da mit einem w-Satz kein bestimmter Sachverhalt ausgedrückt wird, die Existenz eines bestimmten Sachverhalts aber vorausgesetzt wird, muß man folgern, daß dieser Sachverhalt durch eine wahre Antwort zu dem geäußerten w-Satz beschrieben wird.

28

Die exklamative Illokution hat in bezug auf diese Präsupposition dieselbe Eigenschaft wie ein faktives Prädikat mit einem w-Komplement, s. o. Kap. 3. Vgl. auch Rosengren (1992: 302), die das allerdings nur für Exklamationen mit daß-Sätzen annimmt.

125 Zugleich braucht die Eigenschaft der Bewertung aber ein Vergleichsobjekt. Damit verlangt der Ausdruck einer Emotion nicht nur das Bestehen eines Sachverhalts, der durch die Proposition beschrieben wird, die der wahren Antwort entspricht, sondern eine weitere Proposition, die mit dieser verglichen wird. Diese ist mit der Antwort zum w-Satz gegeben, die den Normvorstellungen des Sprechers entspricht. Der auslösende Faktor für das Bestehen einer bestimmten Emotion ist die Diskrepanz zwischen der Proposition, die die wahre Antwort beschreibt, und der Proposition, die der Normvorstellung des Sprechers entspricht. Der Ausdruck einer Emotion bei der Äußerung bestimmter w-Sätze löst also einen komplexen Schlußmechanismus aus, der zu der Deutung führt, daß die wahre Antwort zum w-Satz nicht den Normvorstellungen des Sprechers entspricht.29 Im Prinzip entspricht das der Ableitung der exklamativen Illokution, die Rosengren (1994) angibt. Der Unterschied liegt darin, daß sie davon ausgeht, daß bei bestimmten wSätzen ein Deklarativsatztyp vorliegt, der zur Assertion eines Sachverhalts führt, s. Rosengren (1994: 63), der Grundlage der ausgedrückten Emotion ist. Wenn aber für den Ausdruck von Emotionen i.o.a.S. die Existenz eines Sachverhalts Voraussetzung ist, führt das im Fall einer Äußerung eines w-Satzes mit einem Exklamativakzent zu der Folgerung, daß es sich dabei um eine wahre Antwort zum w-Satz handelt. Die Annahme eines w-Deklarativsatztyps für diese Fälle ist damit nicht nötig. Der Zusammenhang zwischen w-Satz, seiner interrogativen Bedeutung und der exklamativen Illokution wird also über das notwendige Vorhandensein eines Exklamativakzents hergestellt. Die involvierten Eigenschaften sind aber nicht grundsätzlich solche des Exklamativakzents selber, sondern durch seine Funktion vermittelte Eigenschaften von Emotionen innerhalb des sprachlichen Systems i.S.v. Fries (1994).

6.6. Interrogativ-Sätze, die nicht als Fragen verwendet werden können, aber als Exklamationen

Der nächste Punkt, der zu klären ist, betrifft die Frage, warum bestimmte w-Sätze nur als Exklamationen, aber nicht als Fragen verwendet werden können, vgl. 6.1. Ich werde wie-Sätze mit Distanzstellung von wie, vgl. (64 a, b), w-Sätze, die mit einer w-Phrase eingeleitet sind, die unflektiertes welch enthält, vgl. (64 c, f), und w-Sätze mit der negierten quantifizierenden Partikel alles, vgl. (64 g, h), besprechen.

29

Es ist schwer zu entscheiden, ob es sich bei dieser Folgerung um eine Implikatur handelt und welcher Art diese dann wäre. Die Tatsache der Rekonstruierbarkeit spricht für eine konversationelle Implikatur. Auf der anderen Seite sehe ich keine Möglichkeit, Streichbarkeit oder NichtAbtrennbarkeit zu testen.

126 (64) a. b.

Wie ist DIE groß geworden! Wie die GROSS geworden ist!

c. d. e. f.

Welch einen TOLLEN Mann die geheiratet hat! Welch TOLLE Männer die eingeladen hat! Welch einen TOLLEN Mann hat die geheiratet! Welch TOLLE Männer hat die eingeladen!

g. h.

Wen DIE nicht alles kennt! Wen KENNT die nicht alles!

Zuerst zu Sätzen mit wie in Distanzstellung. Die emotionale Einstellung des Sprechers, etwa Erstaunen, richtet sich dabei auf den Grad, zu dem die groß ist. Der Grad der Größe entspricht nicht der Normvorstellung des Sprechers. Das entspricht der Lesart von w-Sätzen mit wj'e+Adjektiv-Phrase, bei der der Grad der vom Adjektiv denotierten Eigenschaft hervorgehoben ist, wie sie für eingebettete Sätze in Kap. 4 besprochen wurde, vgl. (65). (65) a. b.

Wie GROSS die geworden ist! Wie GROSS ist die geworden!

Daß Sätze wie (65) in einer exklamativen Verwendung zwei Lesarten haben, sieht man besser, wenn man ein Adjektiv wählt, daß keine neutrale Variante hat,30 vgl. (66). (66) a. b.

Wie RIESIG die ist! Wie RIESIG ist die!

In einer Lesart bezieht sich die emotionale Einstellung des Sprechers auf den Grad der Riesigkeit. Dabei ist die Normvorstellung des Sprecher, daß die zwar riesig ist, aber nicht zu dem Grad, wie es tatsächlich der Fall ist. In der anderen Lesart bezieht sich die emotionale Einstellung des Sprechers darauf, daß die vom Adjektiv denotierte Eigenschaft zutrifft, d.h. darauf, daß die riesig ist, und nicht etwa klein oder nur normal groß, vgl. für eingebettete Sätze Kap. 4. Bei wie-Sätzen mit Distanzstellung von wie liegt nur die erste Lesart vor, also etwa ein Erstaunen des Sprechers über den Grad der Riesigkeit, vgl. (67). (67) a. b.

Wie DIE riesig ist! Wie ist DIE riesig!

Im Gegensatz zu (66b) ist es aber nicht möglich, mit (67b) den Grad der Riesigkeit zu erfragen, vgl. (68). Eine Betonung auf wie in (68a) verdeutlicht die Lesart. (68) a. b.

10

WIE riesig ist die? *WIE ist die riesig?

S. oben Kap. 4.

127 Dabei stellt sich die Frage, ob es sich bei wie in (68a) um dasselbe wie handelt wie in (68). Dieser Gedanke, daß es sich um dasselbe wie handelt, scheint zugrunde zu liegen, wenn man die Distanzstellung von wie als Bewegung von wie aus einer Basisposition links-adjazent zum Adjektiv analysiert, s. Fries (1988), Schwabe (1992), die davon ausgehen, daß wie Teil der Adjektivphrase ist. Rosengren (1992) macht dagegen geltend, daß mit einer solchen Analyse Fälle wie (69a, b) nicht zu erfassen sind, da nur Distanzstellung möglich ist, vgl. (69c, d) im Gegensatz zu (66). (69) a. b. c. d.

Wie DIE geschrien hat! Wie ist DER gerannt! *Wie GESCHRIEN die hat! *Wie GERANNT ist der!

(= Rosengren 1992: (213))

Rosengren (1992) analysiert, Corver (1990) folgend, wie in Phrasen wie wie groß, wie schön als funktionalen Kopf Deg°, der eine Adjektivphrase als Komplement zu sich nimmt und zu einer Degree-Phrase projiziert, s. auch Rapp (1992). Für Fälle mit wie in Distanzstellung bzw. solche wie in (69) nimmt Rosengren (1992) dagegen an, daß wie direkt zu einer Degree-Phrase projiziert, die als Adjunkt zu VP basisgeneriert wird und von dort in die Spezifiziererposition des Satzes bewegt wird. Die Möglichkeit der Verwendung als Exklamation beruht dann auf der Auszeichnung von wie als ->w, woraus sich i.S.v. BRRZ (1992) ein w-Deklarativsatz ergibt. Dabei muß aber die Annahme dahingehend expliziert werden, daß es ein wie als Degree-Phrase nur in einer ->w-ausgezeichneten Variante gibt. Gäbe es eine +w-ausgezeichnete Version, sollte (68b) als Frage möglich sein. Ich folge Rosengren (1992) in der Annahme, daß es sich bei wie, das in Fällen mit Distanzstellung allein in der Spezifiziererposition des Satzes steht, um eine Degree-Phrase handelt. Das macht deutlich, warum es bei einer exklamativen Äußerung mit diesem wie um den Grad geht, zu dem eine im Rest des Satzes angegebene Eigenschaft zutrifft. Da ich aber davon ausgehe, daß es sich auch bei solchen Sätzen um w-Interrogativsätze handelt, kann ich die Annahme einer -w-Auszeichnung nicht machen. Trotzdem werde ich aber für die Unmöglichkeit einer Verwendung als Frage ebenfalls eine ganz spezielle Eigenschaft dieses wie, ab hier wieDegP> verantwortlich machen, nämlich, daß es eine Präsupposition auslöst, daß eine bestimmte Eigenschaft, die im Rest des Satzes angegeben ist, zu einem hohen Grad zutrifft. Betrachten wir ein Beispiel: (70)

Wie Maria groß geworden ist

Wenn man mit (70) eine Frage stellen könnte, würde man nach dem Grad fragen, zu dem Maria groß geworden ist. Die Antwort auf diese Frage ist aber durch die Eigenschaften von wiej)egp schon vorausgesetzt, daß es nämlich zu einem hohen Grad der Fall ist. Die Unmöglichkeit der Frage ergibt sich also wie bei bestimmten Fällen von eingebetteten w-Sätzen in Kap. 4 daraus, daß die Antwort schon gegeben ist. Betrachten wir Fälle, bei dem kein Adjektiv vorhanden ist, vgl. (71).

128 (71) a. b. c. d.

Wie ist DIE gerannt! Wie hat DIE geschrien! Wie DIE rennt! Wie DIE schreit!

Für die graduierbare Eigenschaft ist hier das Hauptverb verantwortlich. Das wird deutlich, wenn man vergleicht, daß man zwar sehr rennen oder sehr schreien kann, aber nicht *sehr gehen oder *sehr sprechen. Trotzdem gibt es auch wie-Sätze mit Prädikaten der letzteren Art, die als Exklamationen verwendet werden können, vgl. (72). (72) a. b.

Wie der gesprochen hat! Wie der gegangen ist!

Hier handelt es sich aber um das modale wie, das auch in einer Frage verwendet werden kann. Wie in (71) ist ambig: einmal in der Degree-Lesart, bei der die etwa sehr, als Ausdruck des hohen Grades, gerannt ist, und einmal in der modalen Lesart, bei der die etwa auf eine komische Art, z.B. wie eine Ente gerannt ist. Bei einer Frage kann wie, das allein in Spezifiziererposition des Satzes steht, nur modal verstanden werden. Auch wenn die speziellen Eigenschaften von w/q} e g p die eingeschränkte Verwendung als Exklamationen erklärbar machen, möchte man doch eine Motivation für diese Annahmen haben. Ich sehe diese Motivation in den Daten mit unflektiertem welch, die nahelegen, daß für welch eine ähnliche Analyse angebracht ist. Dabei handelt es sich um Sätze wie (73). (73) a. b. c. d.

Welch Welch Welch Welch

einen TOLLEN Mann die geheiratet hat! TOLLE Männer die eingeladen hat! einen TOLLEN Mann hat die geheiratet! TOLLE Männer hat die eingeladen!

Diese w-Sätze sind ebenfalls nicht als Fragen verwendbar. Die emotionale Einstellung des Sprechers richtet sich hier auf den Grad, zu dem der Mann, den die geheiratet hat, bzw. die Männer, die die eingeladen hat, toll sind. Man kann welch in diesen Fällen als Degree-Phrase ansehen, die in der Spezifiziererposition von DP steht, vgl. Gallmann (1997: 13ff.). Semantisch hat es dieselben Eigenschaften wie w/e^egP> nämlich daß präsupponiert wird, daß eine bestimmte Eigenschaft zu einem hohen Grad zutrifft. Das macht wie in Sätzen mit wieDegP e i n e Verwendung als Frage unmöglich. Im Gegensatz zu diesen vv/e[) e gp-Sätzen ist das graduierbare Element aber nicht in der VP enthalten, sondern Teil der Nominalphrase. Unflektiertes welch ist gleichsam ein Gegenstück zu wießsgp im nominalen Bereich: (i) welch und w/fiDegP sind beides maximale Degree-Elemente, DegP. (ii) Welch steht in der Spezifiziererposition der höchsten funktionalen Kategorie eines nominalen Komplexes, etwa DP; wi>Degp steht in der Spezifiziererposition der höchsten funktionalen Kategorie eines finiten Satzes, (iii) Das graduierbare Element, auf das welch sich bezieht, ist Teil einer lexikalischen Projektion, NP, die im Skopus von welch steht; das graduierbare Element, auf das w/eßegp sich bezieht, ist Teil einer lexikalischen Projektion, VP, die im Skopus von vW^DegP steht, (iii) welch und vWßDegP teilen dieselben relevanten lexikalischen Eigen-

129 schaften: sie lösen eine bestimmte Präsupposition aus, die dazu führt, daß von ihnen eingeleitete Sätze nicht als Fragen verwendet werden können. Die strukturelle Parallelität kann man sich in (74) verdeutlichen. (74) a. b-

[DP [DegP welch] [D1 D° [NP tolle Männer]]] [CP [DegP w i e l fC' c ° [VP die geschrien hat]]]

Man muß annehmen, daß welch und w/euegP jeweils eine bestimmte Auszeichnung haben, die ihre Distribution sicherstellt, da wiej)egp nicht in der Spezifiziererposition einer DP und welch nicht in der Spezifiziererposition eines Satzes auftreten kann, vgl. (75). (75) a. b.

*Wie einen TOLLEN Mann sie geheiratet hat! * Welch DIE geschrien hat!

Meiner Ansicht nach stellt diese Möglichkeit der parallelen Behandlung von unflektiertem welch und wieDegp eine starke Motivation für die angegebene Analyse dar, besonders da die Annahme einer präsuppositionsauslösenden Eigenschaft von welch und wiVoegP für sich genommen auch nicht nur für diesen speziellen Fall gemacht wurde, sondern als Eigenschaft einer bestimmten Konstruktion schon in Kap. 4 für bestimmte Lesarten eingebetteter Sätze gute Dienste leistete.-11 Die nächste Art von w-Sätzen, die nicht als Fragen verwendbar sind, aber als Exklamationen, wird exemplifiziert von (76). (76) a. b.

Wen DIE nicht alles kennt! Wen KENNT die nicht alles!

In diesen Sätzen steht die Quantifikationspartikel alles im Skopus der Negation nicht, vgl. Rosengren (1992: 294ff.), (1994: 52f.). Betrachten wie zuerst die Auswirkungen von alles in einer w-Frage, vgl. (77). (77)

Wen kennt Maria alles?

Reis (1992a) beschreibt diese Auswirkungen so, daß durch die Allquantifikation von alles über die w-Variable die Implikatur ausgelöst wird, daß die Antwort exhaustiv sein muß und daß es mehr als eine wahre Belegung für die w-Variable geben muß, die Antwortmenge also auch nicht leer sein kann. Für eine modelltheoretische Analyse der Auswirkungen von alles verweise ich auf Beck (1996), die annimmt, daß alles als Exhaustivitätsmarkierer auf der Bedeutung von Fragen operiert, und auf Reich (1997), der im Gegensatz dazu wie Reis (1992a) davon ausgeht, daß der Quantifikationseffekt von alles die w-Variable betrifft mit Auswirkungen auf deren mögliche Instantiierungen und Einfluß auf die mit der gesagten Antwort typischerweise einhergehende Implikatur.

11

Das spricht darüberhinaus auch dafür, daß es sinnvoll ist, Eigenschaften von Sätzen mit wKomplementen unter exklamativen Prädikaten und w-Sätzen in exklamativer Verwendung gemeinsam zu betrachten.

130 Auf welche Eigenschaft von alles bezieht sich nun die Negation? Es kann nicht die Implikatur sein, daß die Antwort exhaustiv sein muß. In diesem Fall würde man sonst denselben Effekt erwarten, den eine Quantifikationspartikel wie zum Beispiel hat, s. Reis (1992a), vgl. (78a). 32 (78) a. b.

Wen zum Beispiel hat Maria eingeladen? *Wen nicht alles hat Maria eingeladen?

In (78a) wird eine nicht-exhaustive Antwort erwartet. In diesem Sinn kann aber (78b) nicht verstanden werden. Wenn nicht aber direkt auf die quantifikationellen Eigenschaften von alles einwirkt, kann man (78b) als Frage nach der Menge von Personen deuten, für die gilt, daß Maria nicht alle von diesen Personen eingeladen hat. 33 Wenn es im Diskursuniversum die Personen a, b, c und d gibt, von denen Maria a und b eingeladen hat, könnte eine Antwort auf (78b) sein, daß Maria von der Menge {a,b,c,d} nicht alle eingeladen hat. Eine solche Antwort ist aber in höchstem Maße uninformativ, da nicht gesagt wird, wen Maria nun eingeladen hat und wen nicht. Nur in einem Fall ist eine Antwort auf (78b) informativ, und zwar dann, wenn Maria alle Personen im Diskursuniversum eingeladen hat. In diesem Fall ist die Antwortmenge leer, da es dann keine Menge von Personen gibt, von der wahr ist, daß Maria nicht alle von diesen Personen eingeladen hat. Die Uninformativität der positiven Antworten zu einem w-Satz wie (78b) ist der Schlüssel dafür, warum Äußerungen solcher Sätze als rhetorische Fragen gedeutet werden, s. auch Rosengren (1992, 1994, 1997), die aufgrund ähnlicher Überlegungen zu diesem Schluß kommt. Wenn ein Sprecher (78b) als Frage äußern würde, müßte er davon ausgehen, daß eine positive Antwort ihm nur eine Menge von Individuen gibt, auf die zutrifft, daß Maria nur einen Teil von diesen eingeladen hat.34 Wenn man unterstellt, daß es darum geht, herauszubekommen, wen Maria eingeladen hat, ist eine solche Frage sinnlos. Bei einer rhetorischen Umdeutung sieht das anders aus. Mit einer typischen rhetorischen Frage wie (79) kann man ausdrücken, daß niemand das will, daß es also keine wahre Belegung der w-Variablen gibt, s. Meibauer (1986: 158).35 (79)

Wer will das schon.

Wenn ein Sprecher allerdings mit (80) in einer rhetorischen Umdeutung ausdrückt, daß es keine wahre Belegung der w-Variablen gibt, assertiert er damit, daß Maria alle eingeladen hat, vgl. Rosengren (1994: 53).

32

33

34

35

Man könnte dann (78b) als: Gib mir eine nicht-exhaustive Antwort auf die Frage, wen Maria eingeladen hat. Dabei muß man annehmen, daß w-Variablen auch für Summen von Individuen stehen können, s. etwa Reich (1997) und dort angegebene Literatur. Möglicherweise niemanden, denn auch in diesem Fall wäre wahr, daß Maria nicht alle von denen eingeladen hat. Das ist nicht in allen Kontexten der Fall. Es ist auch möglich, daß eine bestimmte nicht-leere Belegung der w-Variablen gemeint ist.

131 (80)

Wen hat die nicht alles eingeladen.

Wenn es keine wahre Belegung für die w-Variable gibt, dann gibt es keine Menge von Personen, für die gilt, daß Maria diese Personen nicht alle eingeladen hat, daß heißt, Maria hat alle eingeladen. Grundlage für eine Exklamation bei Äußerungen von w-Interrogativen mit der Partikel alles im Skopus der Negation nicht ist also nicht direkt die Interrogativsatzbedeutung des w-Satzes, d.h. die wahre Antwort, sondern das, was auf der Grundlage einer rhetorischen Umdeutung der Äußerung assertiert wird. Ich kann hier nicht auf den Zusammenhang zwischen indirekten Sprechakten und Exklamation eingehen, siehe dazu Rosengren (1994, 1997). Die gegebene Ableitung zeigt aber einen Weg, wie man erklären kann, daß w-Sätze mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht zwar nicht als Frage verwendet werden können, aber trotzdem als Exklamation. Eine weitere Klasse von Sätzen, die nicht als Frage verwendet werden können bzw. nur in einer bestimmten Lesart, habe ich schon in Kap. 4 im Zusammenhang mit der Möglichkeit ihrer Einbettung unter verschiedene Matrixprädikate behandelt. Es geht um w-Sätze, die durch wi'e+Adjektiv bzw. durch we/c/z+nominalen Intensivierer eingeleitet werden. W-Sätze, die durch eine wi'e+Adjektiv-Phrase eingeleitet sind, können nur dann als Frage verwendet werden, wenn das Adjektiv in der w-Phrase ein Maßadjektiv ist, vgl. (81), oder wenn nach dem Grad des Zutreffens der vom Adjektiv denotierten Eigenschaft gefragt wird, vgl. (82). (81) a. b.

Wie groß Marias neue Wohnung wohl ist? Wie groß ist Marias neue Wohnung?

(82)

[Ich weiß, daß Marias neue Wohnung riesig ist.] Wie riesig ist sie denn?

Wenn es um eine Eigenschaft geht, die auf Marias Größe zutrifft, etwa riesig zu sein oder überaus groß, ist eine Frageinterpretation nicht möglich, vgl. (83). (83) a. b.

*Wie ÜBERAUS GROSS Marias Wohnung wohl ist? * Wie RIESIG Maria wohl ist?

Das trifft auch für w-Sätze mit einleitendem we/c/i+nominalem Intensivierer zu, vgl. (84). (84) a. b.

»Welchen BOMBENERFOLG das neue Stück wohl hatte? * Welchen BÄRENHUNGER Maria wohl mitgebracht hat?

Allerdings sind diese w-Sätze als Exklamationen gut verwendbar, vgl. (85). (85) a. b. c. d.

Wie ÜBERAUS GROSS Marias Wohnung ist! Wie RIESIG Maria ist! Welchen BOMBENERFOLG das neue Stück hatte! Welchen BÄRENHUNGER Maria mitgebracht hat!

132 Dieses Verhalten läßt sich in derselben Art beschreiben, wie der Kontrast bei diesen w-Phrasen in bezug auf die Einbettung unter exklamativen und Frageprädikaten. Die Überlegung in Kap. 4 war, daß die einleitenden w-Phrasen in Fällen wie (83) - (85) eine subjektive Bewertung enthalten, die als Apposition gedeutet wird und durch eine bestimmte Präsupposition zu einer Fragebedeutung führt, die prinzipiell nur aus einer Menge mit einer Proposition bestehen kann, die nicht leer sein kann. Da die Antwort schon in der Frage gegeben ist macht es keinen Sinn, danach zu fragen. Die subjektive Einstellung ist in selbständigen Fällen nur die des Sprechers. Eine mögliche Illokution des w-Satzes, die als Frage, wird so aufgrund der Präsupposition, die das Adjektiv bzw. der nominale Intensivierer innerhalb der w-Phrase auslösen, ausgeschlossen. Eine Verwendung als Exklamation ist, genauso wie die Einbettung unter exklamativen Prädikaten in Kap. 4, aber trotzdem möglich. In diesem Abschnitt ging es um bestimmte Interrogativ-Sätze, die nicht als Fragen, aber als Exklamationen verwendet werden können. Dieses Verhalten habe ich wie folgt erklärt: Bei wie-Sätzen mit wie in Distanzstellung und w-Sätzen mit unflektiertem welch durch parallele lexikalische Eigenschaften von wieDegP und welch; bei w-Sätzen mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht dadurch, daß die Einwirkung der Negation auf alles zu einer rhetorischen Umdeutung zwingt, und bei w-Sätzen, eingeleitet durch wie+Adjektiv bzw. we/c/i+nominalem Intensivierer, durch den Einfluß einer subjektiven Bewertung, die als Apposition mit bestimmten Eigenschaften gedeutet wird.

6.7. Zur Nicht-Einbettbarkeit von w-Sätzen mit wie in Distanzstellung

Eine Eigenschaft von wie-Sätzen mit wie in Distanzstellung wird von der parallelen Behandlung mit we/c/i-Sätzen 36 in 6.6. nicht erfaßt. Sätze mit wie in Distanzstellung sind nicht zweifelsfrei einbettbar,37'38 was für welch-Sätze nicht gilt, s. (86). (86) a. b.

*Heinz ist erstaunt, wie die groß ist. Maria findet es faszinierend, welch einen tollen Wagen Karl fährt.

Zu diesem Problem möchte ich die Eigenschaften von wie-Sätzen wie in (86a) mit drei anderen Konstruktionen vergleichen: (i) w-Sätze, die mit einem expletiven was eingeleitet werden, (ii) vw'e-Sätze in Äquativkonstruktionen, (iii) evaluative Satzadverbien.

36 37 38

Das heißt Sätze mit unflektiertem welch. Siehe auch Schwabe (1992). Das Vorkommen unter bestimmten Ausdrücken wie Erstaunlich/Überraschend, wie die groß ist rechne ich nicht zur Einbettung im eigentlichen Sinn. Siehe dazu unten 6.7.1.6.

133 6.7.1. Vergleich mit w-Sätzen mit expletivem was In d'Avis (2000) habe ich was-eingeleitete Sätze wie (87a, b) behandelt. (87) a. b.

Was DER seinen Hund schlägt! Was schlägt der (eigentlich) seinen Hund?

(87a) als Exklamation kann etwa in dem Sinne verstanden werden, daß darüber exklamiert wird, wie sehr die Person, auf die der referiert, ihren Hund schlägt. Was-Sätzc dieser Art werden zwar als Beispiele für Exklamationen in der Literatur genannt, vgl. Fries (1988), Rosengren (1992), 39 doch blieb die Verwandtschaft mit was-Sätzen wie (87b) bisher unerwähnt. (87b) als Frage wird i.d.S. verstanden, daß nach dem Grund gefragt wird, aus dem der seinen Hund schlägt. 40 Der Zusammenhang zwischen (87a) und (87b) besteht darin, daß was sich in bezug auf bestimmte Kontexte nicht wie eine normale w-Phrase verhält. In d'Avis (2000) habe ich ausführlich dafür argumentiert, daß sich diese speziellen Eigenschaften dadurch erklären lassen, daß was hier ein expletives w-Element ist, das in der Spezifiziererposition des Satzkopfes basisgeneriert wird. Es lizenziert ein w-Merkmal im Kopf des Satzes, dessen Übersetzung als Interrogativator i.S.v. von Stechow (1993) zu einer interrogativen Satzbedeutung führt. Diese ist die Basis für die Verwendung als Exklamation bzw. als Frage, wie es allgemein in 6.6. dargestellt ist. Da es hier um bestimmte Eigenschaften dieser was-Konstruktion geht, die sie mit wie in Distanzstellung teilt, gehe ich im folgenden nur auf diese ein. Für Näheres zu diesem expletiven was verweise ich auf d'Avis (2000), wo auch der Zusammenhang mit was in der wasw-Konstruktion behandelt wird. Nun zu den relevanten Eigenschaften des expletiven was.

6.7.1.1. Mehrfach-w-Sätze Eine w-Phrase in satzeinleitender Position kann weitere w-Phrasen in einem Satz lizenzieren. Das gilt sowohl für w-Sätze, die Fragen zugrundeliegen, vgl. (88a), als auch für wSätze, die Exklamationen zugrundeliegen, vgl. (88b). (88) a. b.

39

40

Was hat Otto wem geschenkt? Was Otto (so alles) wem geschenkt hat!

Corver (1990) behandelt das ndl. Pronomen wat, das ebenfalls in Exklamationen auftritt und ähnliche Eigenschaften aufweist wie was. Wat wird von Corver als phonetische Realisierung eines in 'Exklamativen' angenommenen abstrakten Exklamationsmorphems analysiert, das dann auch die entsprechende Interpretation und weitergehend die passende Intonation sicherstellt. Eigentlich verdeutlicht die Interpretation als Frage.

134 Lizenzierung der in-situ w-Phrase heißt nun rein deskriptiv, daß sie nur möglich ist, wenn sich eine w-Phrase in satzeinleitender Position befindet. 41 Ein wai-Satz, der intuitiv als Frage nach dem warum und/oder wozu verstanden wird, erlaubt keine weitere w-Phrase im selben finiten Satz, vgl. (89b). (89) a. b.

Was schlägst du den Hund? *Was schlägst du wen?

Das ist völlig unerwartet, wenn man etwa der Meinung ist, daß was hier ein ganz normales w-Pronomen ist.42 Warum ist im selben Kontext dazu in der Lage, vgl. (90). (90) a. b.

Warum schlägst du den Hund? Warum schlägst du wen?

Bezüglich der w-Sätze, die einer Exklamation zugrundeliegen, gibt es einen ähnlichen Kontrast, vgl. (91). (91) a. b.

Was Otto/der seine Frau geliebt hat! *Was Otto/der wen/welche Frau geliebt hat!

In exklamativen Kontexten will man allerdings nicht davon ausgehen, daß was i.S.v. warum verstanden wird. (91a) wird eher so verstanden, daß über das Ausmaß von Ottos Liebe etwas gesagt wird, paraphrasierbar etwa durch wie sehr. Ersetzt man was in (91b) durch diese Phrase, vgl. (92a), ist auch bei einer Exklamation ein Mehrfach-w-Satz möglich, vgl. (92b). (92) a. b.

Wie sehr der seine Frau geliebt hat! ?Wie sehr der wen/welche Frau geliebt hat!43

6.7.1.2. Was in-situ Ist ein Satz durch eine w-Phrase eingeleitet, können im Normalfall weitere w-Phrasen im selben finiten Satz in-situ vorkommen, Beispiele siehe oben (88). Diese Eigenschaft wird nun von was in den betrachteten Konstruktionen nicht geteilt. Es kommt in keiner anderen als der satzeinleitenden Position vor, vgl. (93).

41

42

43

Eine Ausnahme bilden hier Echo-w-Fragen, die in-situ w-Phrasen auch sonst erlauben, wobei diese aber von syntaktischen w-Phrasen unterschieden werden, siehe dazu Reis (1992b), Trissler/Lutz (1992). Eine analoge Konstruktionsmöglichkeit im Bereich der Exklamation scheint zu fehlen. Otto hat WEN getroffen ist als Echo-w-Frage zu interpretieren. Vgl. Duden^: "In der Alltagssprache wird was auch als Frageadverb im Sinne von 'warum' oder 'wieso' gebraucht: [...]", (S. 334). (92b) ist nicht perfekt, aber es ist ein ganz klarer Kontrast zu (91b) vorhanden.

135 (93) a. b. c. d.

*Wann hat Friedrich was den Hund geschlagen? *Wen hat Friedrich was geschlagen? *Wann der was den Hund geschlagen hat! *Wen der was geschlagen hat!

Dieses Verhalten von was ist vielleicht dann erwartbar, wenn man schon weiß, daß was nicht in Mehrfach-w-Sätzen vorkommen kann. (93) zeigt sozusagen die Kehrseite der Medaille. Von daher ist es nicht so einfach, die in-situ-Eigenschaft unabhängig von Mehrfachw-Sätzen zu zeigen. Eine Möglichkeit sind Echo-w-Fragen, bei denen zumindest was i.S.v. warum möglich sein sollte, vgl. (94). (94) a. b. c.

A: B: B:

Otto ist gegangen, weil Friedrich kam. Otto ist WARUM gegangen? *Otto ist WAS gegangen?

Daß das nicht geht, zeigt (94c) als Erwiderung auf (94a), wohingegen die Echo-w-Frage mit warum möglich ist.

6.7.1.3. Extraktion aus finiten Komplementsätzen In einigen Varietäten des Deutschen ist es grammatisch, in entsprechenden Sätzen die einen Matrixsatz einleitende w-Phrase als zum Komplement gehörend zu interpretieren, durch t angedeutet, vgl. (95).

(95) a. b.

Warum glaubst du, daß Otto den Hund t geschlagen hat? Wie sehr der glaubt, daß Otto seine Frau t liebt!

Diese Art der Extraktion ist für das expletive was nicht möglich, vgl. (96). (96) a. b.

*Was glaubst du, daß Otto den Hund t geschlagen hat? *Was der glaubt, daß Otto seine Frau t liebt!

Die Sätze in (96) sind in der gemeinten Interpretation, - in (96a) der Grund fürs Schlagen, in (96b) das Ausmaß der Liebe - , ungrammatisch.

6.7.1.4. Koordination satzinitialer w-Phrasen W-Phrasen lassen sich am Satzanfang koordinieren, vgl. (97). (97)

Wen oder was hat Friedrich gesehen?

Das gilt auch für Phrasen wie warum und wie sehr, vgl. (98).

136 (98) a.

Warum und seit wann steht der da herum?

b.

Wie sehr und wie lange (schon) der seine Frau liebt!

Für das expletive was sind Koordinationen dieser Art nicht möglich, vgl. (99). (99) a. b.

*Was und seit wann steht der da herum? *Was und wie lange (schon) der seine Frau liebt!

Das ist unerwartet, wenn es sich bei was in diesen Fällen um eine w-Phrase wie warum oder wie sehr handelt.

6.7.1.5. Nicht-Einbettbarkeit von was 'Einbettung' von w-Sätzen mit expletivem was scheint nur möglich zu sein mit einem expletiven Matrixsubjekt oder einem Matrixsubjekt in der 1. Pers, wobei die Matrix eine bestimmte Einstellung des Sprechers ausdrückt, vgl. (100a, b). Das Matrixprädikat ist dabei entweder eine Frageprädikat, dann wird der was-Satz kausal verstanden, oder ein exklamatives Prädikat, dann wird der was-Satz i.S. einer Exklamation über den Grad verstanden. (100)

a. b. c. d. e. f.

?Ich möchte wissen, was Otto schon wieder den Hund schlägt. ?Es ist erstaunlich, was Otto den Hund schlägt. *Heinz fragt sich, was Otto schon wieder den Hund schlägt. *Heinz war erstaunt, was Otto den Hund geschlagen hat. *Mir ist es egal, was Otto schon wieder den Hund schlägt. *Ich weiß, was Otto immer den Hund schlägt.

Nicht möglich sind Matrixsätze mit einem Subjekt in der 3. Pers., vgl. (100c, d), oder Matrixsätze, in denen das Matrixprädikat kein exklamatives Prädikat oder kein Frageprädikat ist, vgl. (lOOe, f). Diesen Kontrast erwartet man nicht, weil entsprechende lexikalische Ausdrücke für was, nämlich z.B. warum und wie sehr, in solchen Umgebungen vorkommen können, vgl. (101). (101)

a. Heinz fragte, warum Otto schon wieder den Hund schlägt. b. Heinz war erstaunt, wie sehr Otto den Hund geschlagen hat. c. Mir ist es egal, warum/wie sehr Otto schon wieder den Hund schlägt. d. Ich weiß, warum/wie sehr Otto immer den Hund schlägt.

Bei den möglichen Einbettungen handelt es sich um eingrenzbare Matrixausdrücke. Es sind nur solche möglich, die eine bestimmte Einstellung des Sprechers ausdrücken. Dadurch werden Matrixsubjekte in der 3. Pers. ausgeschlossen, vgl. (100c, d). Darüberhinaus müssen die Matrixprädikate aber auch in einem gewissen Sinn zur Frage- oder Exklamationsillokution passen. Prädikate wie egal sein oder wissen drücken weder einer emotionale Einstellung aus, wie man es i.S. einer Exklamation erwarten würde, bei egal sein sogar eher die Abwe-

137 senheit davon, noch unterstützen sie das Moment der Spezifizierungsbedürftigkeit, das für eine Frage relevant wäre. Möglicherweise dienen diese Matrixausdrücke eher der Spezifizierung der Illokution wie man es auch für Ausdrücke wie die in (102) annehmen könnte, die ohne Subjekt und finite Kopula vorkommen und auch den eigentlich nur für selbständige w-Sätze möglichen Exklamativakzent auf dem Subjektpronomen erlauben. (102)

a. b. c. d.

Erstaunlich, was DER den Hund schlägt! Zum Kotzen, wen DIE geheiratet hat! Widerlich, was DER sich immer rausputzt! Unglaublich, wem DIE geholfen hat!

Der Unterschied dieser 'unechten' Einbettung zu einer 'echten' Einbettung wie unter Heinz findet es erstaunlich/ zum Kotzen/widerlich/unglaublich ist der, daß es sich bei den Ausdrücken in (102) insgesamt um eine Exklamation handelt. Die Adjektive und die Präpositionalphrase in (102) geben gleichsam die Skala an, auf der sich Sprechernorm und zugrundeliegender Sachverhalt einordnen lassen. Zusammenfassend: Die Analyse dieser Daten in d'Avis (2000) beruht auf der Annahme, daß was ein expletives w-Element ist, basisgeniert in der Spezifiziererposition des Satzes und nicht Teil einer w-Kette i.S.v. McDaniel (1989). Die dargestellten Eigenschaften werden daraus wie folgt erklärt. 1. Was lizenziert keine w-Phrase in-situ. Das ergibt sich, wenn was in der Spezifiziererposition basisgeneriert ist und nicht Teil einer w-Kette ist. Eine w-Phrase in-situ bedarf im Deutschen der Lizenzierung durch eine w-Kette.44 2. Was kommt nicht im Mittelfeld vor. Das folgt aus der Annahme, daß was in der Spezifiziererposition basisgeneriert ist. 3. Was kann nicht extrahiert werden. Das folgt, wenn was nicht Teil einer w-Kette ist. Bei Extraktion sollte dies der Fall sein. 4. Was ist nicht koordinierbar. Möglicherweise ist der Expletivstatus dafür eine Erklärung, da z.B. auch das Vorfeld-ey nicht koordinierbar ist, vgl. (103). (103)

a. b. c. d. e.

Es kam ein Mann in die Kneipe. Plötzlich kam ein Mann in die Kneipe. Sehr eilig kam ein Mann in die Kneipe. Plötzlich und sehr eilig kam ein Mann in die Kneipe. *Es und plötzlich/sehr eilig kam ein Mann in die Kneipe.

Die Punkte 2. und 3. teilt was ebenfalls mit dem expletiven es. 5. Daß was-Sätze dieser Art nicht einbettbar sind, wird in d'Avis (2000) damit erklärt, daß die Herleitung der Äußerungsbedeutung grundätzlich abhängig ist von der Anbindung an eine pragmatische Komponente. Diese Anbindung ist bei echter Einbettung nicht gegeben.

44

Siehe dazu die Argumentation in d'Avis (2000).

138 6.7.1.6. Wie in Distanzstellung Mehrfach-w-Sätze scheinen auch mit wie in Distanzstellung nicht möglich zu sein. (104)

a. *Wie die unter welchen Bedingungen schnell gelaufen ist! b. ?Wie schnell die unter welchen Bedingungen gelaufen ist!

Zu testen, ob wie mit Distanzstellung in-situ möglich ist, ist ein Problem, da wie dann adjazent zu seinem Bezugsadjektiv steht, so daß eine Unterscheidung von wie, das innerhalb der Adjektivphrase steht, nicht möglich scheint.45 Extraktion aus einem finiten Komplement ist auch für distanzgestelltes wie nicht möglich. (105)

a.

*Wie Heinz glaubt, daß Maria schnell gelaufen ist!

Eine Interpretation von (105) in dem Sinn, daß die Exklamation sich auf den Grad bezieht, zu dem Heinz glaubt, daß Maria zu diesem Grad schnell gelaufen ist, ist ausgeschlossen. Wenn überhaupt eine Interpretation möglich ist, dann nur, wenn sich der Grad auf die Intensität von Heinz' Glauben bezieht. Koordination von wie mit einer anderen w-Phrase in satzeinleitender Position ist ebenfalls nicht möglich. (106)

a. Wie leicht und mit welchem Abstand der das Rennen gewonnen hat! b. *Wie und mit welchem Abstand der das Rennen leicht gewonnen hat!

Das würde man wahrscheinlich erwarten, wenn man annimmt, daß wie aus einer Stelle innerhalb der Adjektivphrase vorangestellt wurde. In (106) müßte sich dann nämlich die gesamte koordinierte Phrase aus dieser Position bewegt haben, wobei dann mit welchem Abstand als eine Art Modifikator zu leicht interpretiert werden müßte, was nicht möglich scheint. Es gibt auch bei distanzgestelltem wie einen Kontrast zwischen unechten und echten Einbettungen, vgl. (107). (107)

45

a. b. c. d. e. f. g. h.

?Ich bin erstaunt, wie die laut gesungen hat. ?Es ist erstaunlich, wie die laut gesungen hat. *Heinz war erstaunt, wie die laut gesungen hat. *Mir ist es egal, wie die laut gesungen hat. *Ich weiß, wie die laut gesungen hat. Erstaunlich, wie DIE laut gesungen hat! Zum Kotzen, wie DIE laut gesungen hat! Unglaublich, wie DIE laut gesungen hat!

Abhängig von der Analyse würde es sich auch gar nicht um ein anderes wie handeln.

139 Im Matrixsatz sind wie bei expletivem was nur 1. Person oder expletive Subjekte möglich, mit Prädikaten, die die Illokution näher spezifizieren. Illokutionsspezifizierend wirken auch die Matrixausdrücke in (lOTf-h).46 Distanzgestelltes wie und expletives was verhalten sich also außer in bezug auf Einbettbarkeit auch in anderen relevanten Bereichen gleich: (i) sie kommen nicht in Mehrfach-wSätzen vor, (ii) sie erlauben keine lange Extraktion, (iii) sie sind nicht mit anderen w-Phrasen koordinierbar. Sollte man nun auch für distanzgestelltes wie eine Analyse als expletives w-Element erwägen? Dafür könnte neben den o.a. parallelen Eigenschaften sprechen, daß wie ebenfalls ein Element ist, das in unterschiedlichsten Kontexten und Funktionen vorkommen kann. Man kann zumindest folgende Unterscheidungen treffen.47 (108)

a.

wie als Konjunktion: Karl sah, wie sie vorsichtig die Treppe hinauf schlich. (Komplementsatz) Wie er auf den Knopf drückt, bekommt er einen Schlag. (Adverbialsatz)

b.

wie als Modaladverb: Wie hast du das gemacht?

c.

wie als Gradangabe: Wie hoch ist der Hausberg eigentlich?

d.

wie in Äquativkonstruktionen: Hier ist es so schön wie in Bayern.

Von daher wäre die Annahme eines expletiven wie mit ähnlichen Eigenschaften, wie das expletive was sie hat, vielleicht nicht ganz unbegründet. Wenn bei beiden Elementen die Herleitung einer bestimmten Äußerungsbedeutung sehr stark von derselben pragmatischen Komponente abhängt, ist man auch nicht überrascht Minimalpaare wie (109) zu finden, die anscheinend eine ähnliche Äußerungsbedeutung haben. (109)

a. Wie DIE groß ist! b. Was DIE groß ist!

In exklamativen Äußerungen beider Sätze geht es um den Grad, zu dem die groß ist. Was spricht gegen die Annahme eines expletiven wie? Wenn es sich bei distanzgestelltem wie um ein Expletivum handelt, wobei die interrogative Bedeutung des Satzes wie beim expletiven was als Grundlage für eine pragmatische Ableitung der exklamativen Äußerungsbedeutung dient, könnte man eine Exklamation über den

46

47

Zudem scheint auch bei (107a, b) ein Exklamativakzent auf die geboten, was ebenfalls dafür spricht, daß es sich nicht um echte Einbettung handelt. Vgl. Vater (1976), Steube (1980), Zimmermann (1987, 1991, 1995, 1997).

140 Grad, zu dem die Proposition zutrifft, ableiten, vgl. für was d'Avis (2000). Vielleicht würde man aber, wie bei expletivem was, auch erwarten, daß es eine Möglichkeit gibt, eine Frageäußerung abzuleiten. Eine Äußerung, die als Frage interpetiert wird, ist aber bei distanzgestelltem wie nicht möglich. Bei was lag ein zusätzlicher Punkt für die Analyse als Expletivum darin, daß was auch in der was-w-Konstruktion als solches analysiert werden kann. Die Unterschiede zwischen was in was-Fragen und vwzs-Exklamationen auf der einen Seite und in der was-w-Konstruktion auf der anderen Seite ergaben sich dabei aus den unterschiedlichen syntaktischen Umgebungen, vgl. d'Avis (2000). Untersuchungen, ob wie in anderen Konstruktionen als Expletivum analysiert werden kann, stehen noch aus. Das ist natürlich kein zwingender Grund, die Annahme des Expletivstatus abzulehnen; gäbe es aber weitere Anwendungen, hätte man eine zusätzliche Bekräftigug. Ich werde das hier nicht weiter verfolgen, sondern zu einer anderen Konstruktion kommen, die in einem ganz relevanten Punkt Ähnlichkeiten zu distanzgestelltem wie aufweist.

6.7.2. Vergleich mit bestimmten Äquativkonstruktionen Sätze wie (110a) besitzen Eigenschaften, die auch in bestimmten Äquativkonstruktionen wie in (110b) auftreten. (110)

a. b.

Wie DIE groß ist! Der Tisch ist so lang, wie Maria groß ist.

In (110a) wie im eingebetteten Satz in (110b) hat wie eine Gradbedeutung, die sich auf die vom Adjektiv groß bezeichnete Eigenschaft bezieht. In beiden Fällen ist wie von seinem Bezugsadjektiv getrennt. Zimmermann (1987, 1995) analysiert den w/e-Satz in Äquativen wie (110b) als Relativsatz zu so. Zu der Frage, warum wie hier von seinem Bezugswort, dem Adjektiv, getrennt sein kann, nimmt sie nicht Stellung. Eigentlich würde man Distanzstellung aus dem Vergleich mit wi'e+Adjektiv Phrasen in anderen Kontexten, etwa in eingebetteten Interrogativsätzen, nicht erwarten. Aber auch andere w-Phrasen in Relativsätzen weisen eigentlich einen Rattenfänger-Effekt auf, vgl. (111). (111)

a. b.

?Peter ist reich und gut aussehend, welchen Eigenschaften er viel verdankt, *Peter ist reich und gut aussehend, welchen er Eigenschaften viel verdankt.

Wie auch immer die Lösung für dieses Problem für Äquativsätze aussieht, könnte sie für die w/'e-Sätze in Exklamationen nur dann relevant sein, wenn man annimmt, daß es sich bei diesen um Relativsätze im satzgrammatischen Sinn handelt. Wir hätten also einen freien Relativsatz, der Grundlage für die Exklamation ist. Für bestimmte Eigenschaften von Sätzen wie (110a) würde das eine Erklärung liefern, (i) Freie Relativsätze kommen nicht mit mehreren relativen w-Phrasen vor, 48 siehe oben 6.4., (ii) als Relativsatz wird sofort einsichtig, warum wie-Sätze mit Distanzstellung nicht als

48

Indefinite w-Phrasen sind möglich.

141 Komplemente eingebettet werden können und (iii) warum sie nicht als Fragen vorkommen können. Man müßte natürlich zeigen, wie eine Ableitung für eine Exklamation aussieht, aber das wäre vielleicht möglich i.S.v. Rosengren (1992). Zwei Eigenschaften von wie-Sätzen mit Distanzstellung sprechen möglicherweise gegen die Relativsatz-Annahme: Zum einen ist lange Extraktion in Äquativsätzen durchaus möglich,49 wie auch bei freien Relativsätzen, vgl. (112), was auf wie in Distanzstellung nicht zutrifft, s.o. (105). (112)

a. Der Tisch ist so lang, wie Heinz glaubt, daß Maria groß ist. b. Ich werde einladen, wen Heinz glaubt, daß wir einladen sollen.

Zum anderen finden wir bei wie in Distanzstellung auch Verbzweitstellung. Das erwartet man erst einmal nicht, wenn es sich um Relativsätze handelt.50 Auch unter der Annahme, daß wie-Sätze mit Distanzstellung satzgrammatisch Relativsätze sind, müßte man ganz spezielle Annahmen machen, um diese Unterschiede ableitbar zu machen.

6.7.3. Vergleich mit evaluativen Satzadverbien Ich möchte wie in Distanzstellung noch mit einer Klasse von Adverbien vergleichen, die ähnliche Eigenschaften aufweist. Es geht um evaluative Satzadverbien exemplifiziert von leider. Leider kann ebenfalls nicht lang extrahiert werden, vgl. (113). (113)

Leider glaubt Heinz, daß Maria kommt.

(113) kann nur bedeuten, daß Heinz leider einer bestimmten Meinung ist, aber nicht, daß Marias Kommen leider der Fall ist und Heinz dies glaubt. Zudem scheint leider auch ungern in Komplementsätzen vorzukommen, auch wenn das Matrixprädikat, wie bedauern, eine solche Lesung unterstützt.51 (114)

Heinz bedauert, daß Maria (??leider) nicht kommt.

Evaluative Satzadverbien drücken eine sprecherbezogene Bewertung/Einstellung zum angegebenen Sachverhalt aus,52 und sind dabei möglicherweise eingeschränkt auf den höchsten Satz. Wenn das auch für distanzgestelltes wie gilt, also wen wie zu dieser Klasse gehört, folgen die Eigenschaften Nicht-Einbettbarkeit und Nicht-Extrahierbarkeit direkt. Inwiefern das

49 50 51 52

Siehe auch Zimmermann (1987). Siehe zu bestimmten Fällen Gärtner (1998). Fälle wie (i) müßte man in gewisser Weise als Zitatkontexte ansehen. (i) Heinz teilte uns mit, daß Maria leider nicht kommen kann. Vgl. etwa Pittner (1999: 112).

142 Verbot von Mehrfach-w-Sätzen und Koordination mit einer anderen w-Phrase folgt, ist nicht offensichtlich. Allerdings hat man vielleicht eine Möglichkeit zu erklären, warum distanzgestelltes wie nicht zu einer Fragehandlung führen kann. Nehmen wir an, wie hat als Satzadverb etwa die Bedeutung: zu welchem, der Bewertung des Sprechers entsprechenden Grad. Wie wäre die w-Version eines gradbezogenen, evaluativen Satzadverbs. Bei dieser Bedeutung von wie scheint es für einen Sprecher einfach keinen Sinn zu machen, eine Frage zu stellen, da er der einzige ist, der die Antwort kennt. Diese Beschreibung ist aber schwächer als die Annahme in 6.6., daß eine bestimmte sprecherbezogene Präsupposition ausgelöst wird. Es ist etwa nicht klar, warum wie-Sätze mit Distanzstellung nicht als rhetorische Fragen gebraucht werden sollten, bei denen ja oft gerade gegeben ist, daß der Sprecher die Antwort weiß. Im Rahmen der Annahmen in dieser Arbeit konnte die Verwendung als Frage für wie-Sätze mit Distanzstellung mit Verweis auf die Restriktion (E), vgl. Kap. 4, ausgeschlossen werden, wenn man davon ausgeht, daß eine bestimmte Präsupposition ausgelöst wird. Diese Möglichkeit hat man nicht, wenn man eine Bedeutung wie die gerade skizzierte zugrundelegt. Zusammenfassend: Die in 6.7.1. - 6.7.3. angestellten Überlegungen aufgrund der Vergleiche mit anderen relevanten Phänomenen scheinen nicht zu einem definitiven Ergebnis für wieSätze mit Distanzstellung zu führen. Wie auch immer die Lösung gerade für das Einbettungsproblem aussieht: man muß für wie mit Distanzstellung ganz spezielle Annahmen machen.

6.8. Interrogativ-Sätze, die nicht als Exklamationen verwendet werden können, aber als Fragen

Wenn selbständige w-Sätze sowohl in ihrer Verwendung als Frage als auch in ihrer Verwendung als Exklamation eine interrogative Bedeutung haben, fragt man sich, warum nicht alle Sätze mit einer interrogativen Bedeutung als Exklamationen verwendet werden können, vgl. (115). (115)

a. ob die riesig ist b. ob das neue Stück einen Bombenerfolg hatte

Die Sätze in (115) sind als Exklamationen nicht verwendbar. Daran ändert auch die Hinzufügung eines Exklamativakzents nichts. M.E. sind die Sätze in (115) in einer Äußerung mit einem Exklamativakzent etwa auf die bzw. auf Bombenerfolg nicht interpretierbar, vgl. (116). (116)

a. *Ob DIE riesig ist! b. *Ob das neue Stück einen BOMBENERFOLG hatte!

143 Womit läßt sich die Unverträglichkeit des Exklamativakzents mit den o£-Sätzen in (115) erklären? Die Funktion des Exklamativakzents wurde mit der Widerspiegelung der emotionalen Involviertheit des Sprechers angegeben, wobei Emotionen i.S.v. Fries (1994) Bewertungen von Sachverhalten beinhalten. Bewertungen setzen dabei ein angemessenes Vergleichsobjekt voraus. Denselben Fall hatten wir bei w-Komplementen einer bestimmten Klasse von Prädikaten, die ich in Kap. 5 Bewertungsprädikate genannt habe. Dabei war die Annahme, daß eine Beziehung zwischen einem Individuum und einem w-Komplement, die durch ein Bewertungsprädikat angegeben wird, nur dann wohldefiniert ist, wenn es zu dem w-Satz mindestens zwei mögliche Antworten gibt, die logisch voneinander unabhängig sind. Damit ließ sich ableiten, warum ob-Sätze als Komplemente von Bewertungsprädikaten nicht möglich sind. Ich nehme an, daß diese Restriktion auf Bewertungen als Bestandteil von Emotionen ebenfalls zutrifft. Daß sie zutrifft, ist eigentlich zu erwarten. Wenn man sich überlegt, daß exklamative Prädikate zur Klasse der Bewertungsprädikate gehören und daß eine exklamative Illokution als Ausdruck einer Emotion einen Bewertungsbestandteil hat, sollten sich parallele Eigenschaften finden lassen. Diese Parallelität sehe ich darin, daß die für Bewertungsprädikate formulierte Restriktion in einer angepaßten Version auch für den Ausdruck einer Emotion mit der Äußerung eines w-Satzes gilt. Ein Effekt ist in beiden Fällen, daß ob-Sätze nicht zugelassen sind. Die Bedingung kann man formulieren wie (117): (117)

Der Ausdruck einer Emotion, die einen Bewertungsbestandteil hat, durch die Äußerung eines w-Satzes mit der Bedeutung Q setzt voraus: 3 w l 3 W 2 : Q(wl) * Q(w2) * {}

Machen wir uns kurz klar, was das heißt. Die Bedeutung von (118a) ist (118b).53 (118)

a. ob die riesig ist b. Xw A,p [p = A,w'. die ist riesig (w') & p(w)]

(118b) erfüllt die Bedingung in (117) nicht. Es kann keine zwei verschiedene mögliche Welten wl und w2 geben, so daß (118b) angewendet auf diese Welten zu verschiedenen Mengen von Propositionen führt, die ungleich der leeren Menge sind. Angenommen in der Welt wl trifft es zu, daß die riesig ist. (118b) angewendet auf wl ergibt die Menge P mit der Proposition, daß die riesig ist. Es kann aber keine von w 1 verschiedene Welt w2 geben, in der (118b) angewendet auf w2 zu einer Menge von Propositionen P' führt, die ungleich P ist und ungleich der leeren Menge. Wenn das aber die Voraussetzung dafür ist, daß ein ob-Satz als Exklamation verwendet werden kann, wird deutlich, warum diese Verwendung nicht möglich ist. Ein Argument gegen diese Analyse könnte auf der Existenz von Beispielen wie (119) aufgebaut werden.

53

S.o. Kap. 5.

144 (119)

a. Ist DIE riesig! b. Hat DIE einen komischen Kerl geheiratet! c. Ist DIE nicht ÜBERAUS GROSS!? d. Hatte das neue Stück nicht einen BOMBIGEN ERFOLG!?

Es handelt sich um Sätze mit Erststellung des finiten Verbs, VI-Sätze. Mit VI-Sätzen können im Deutschen Entscheidungsfragen gestellt werden, vgl. (120). (120)

a. Ist die riesig? b. Hat die (wirklich) diesen komischen Kerl geheiratet?

Für die Sätze in (120) liegt eine Analyse als Interrogativsätze nahe, die der Deutung für obSätze entspricht. Von ob-Sätzen, die als Frage verwendet werden, unterscheiden sie sich aber in bezug auf die Antworterwartung, die bei ¿»¿-Fragen nicht auf einen bestimmten Adressaten gerichtet ist.54 Die Sätze in (119) scheinen nun in einem gewissen Sinn dem Ausdruck einer Emotion zu dienen. Wenn man nun annehmen müßte (i), daß es sich bei (119) um Interrogativsätze handelt, die dieselbe grammatisch determinierte Bedeutung haben wie ofc-Sätze, und (ii), daß es sich bei Äußerungen von (119) um Exklamationen im selben Sinn wie bei den w-Sätzen in (121) handelt, würde man erwarten, daß ob-Sätze ebenfalls als Exklamationen verwendet werden können. (121)

a. Wie ÜBERAUS GROSS die ist! b. Welch einen BOMBIGEN ERFOLG das neue Stücke hatte!

Es läßt sich aber argumentieren, daß die es sich bei den Sätzen in (119) entweder nicht um Interrogativsätze handelt, das betrifft (119a, b), oder daß sich die Illokution von einer Exklamation wie mit Äußerungen von (121) unterscheidet, das betrifft (119c, d). Zuerst zu Fällen, wie (119a, b). Es wird in Rosengren (1992: 272f.), (1994: 53f.) und Önnerfors (1997: 170ff.) überzeugend argumentiert, daß es sich bei Sätzen wie (119a, b) und um VI-Deklarativsätze handelt. Diese kommen im Deutschen in verschiedenen Verwendungen vor, deren bekannteste sicher die in narrativen Kontexten ist, vgl. (122). (122)

a.

Kommt ein Mann ins Kaufhaus: "Ich hätte gern einen Regenschirm."... (= Önnerfors 1997: (6-10)) b. Fragt der Zöllner den zerstreuten Professor Grauzellner am Grenzübergang: "Cognac? Whisky? Zigaretten?"... (= Önnerfors 1997: (6-13))

Dazu und zu weiteren Verwendungsweisen s. Önnerfors (1979, Kap. 6). Die Argumentation pro VI-Deklarativsatz für Fälle wie in (119a, b) beruht auf ihrer Parallelität zu V2-Deklarativen mit einer exklamativen Verwendung, vgl. (123).

54

Vgl. für Fragen mit w-Verbletzt-Sätzen 6.10.

145 (123)

a. DIE ist (aber/vielleicht) riesig! b. DIE hat (aber/vielleicht) einen komischen Kerl geheiratet! c. Ist DIE (aber/vielleicht) riesig! d. Hat DIE (aber/vielleicht) einen komischen Kerl geheiratet!

Der V2-Deklarativsatz besitzt in seiner exklamativen Verwendung ein graduierbares oder quantifizierbares Element, vgl. Rosengren (1992: 266ff.). Das trifft für den VI-Deklarativsatz ebenfalls zu. Zudem kommen die Modalpartikeln aber und vielleicht in beiden Fällen in denselben Funktionen vor, s. Rosengren (1992: 272). Als dritte Gemeinsamkeit stellen Rosengren (1992: 302) und Önnerfors (1997: 176f.) übereinstimmend fest, daß mit Vl-Deklarativen ebenso wie mit V2-Deklarativen in exklamativer Verwendung nicht nur eine exklamative Illokution realisiert wird, sondern zugleich der durch die Proposition beschriebene Sachverhalt assertiert wird. "Die Exklamation bedient sich einer solchen Assertion, indem sie auf dem assertierten Sachverhalt operiert und ihn als von der Norm abweichend ausweist", Rosengren (1992: 302). 55 Wenn man mit den genannten Autoren also davon ausgeht, daß es sich bei Fällen wie (119a, b) nicht um VI-Interrogativsätze, sondern um V I Deklarativsätze handelt, stützen diese Beispiele kein Argument gegen die Ableitung der Unmöglichkeit einer exklamativen Verwendung von ofc-Sätzen, wie ich sie oben gegeben habe. Das ist bei Sätzen wie (124) (= 119c, d) nicht ganz klar. (124)

a. Ist DIE nicht ÜBERAUS GROSS! ? b. Hatte das neue Stück nicht einen BOMBIGEN ERFOLG! ?

Der Unterschied zu VI-Deklarativen in exklamativer Verwendung besteht darin, das in Beispielen wie (124) obligatorisch die Negation nicht enthalten ist. Dabei kann nicht auch nicht mit ein zu kein verschmelzen, s. Rosengren (1992: 274), vgl. (125a) vs. (125b). 56 (125)

a. Hat DER nicht ein TOLLES Auto! b. *Hat DER kein TOLLES Auto!

Bei den Sätzen in (124) handelt es um VI-Interrogative, vgl. Rosengren (1992: 273ff.). Daß sie trotzdem als Exklamationen verwendet werden können, liegt an ihrem besonderen Status als tendenziöse Fragen, s. Rosengren (1992: 275). Bei tendenziösen Fragen wird im Gegensatz zu neutralen Entscheidungsfragen unterstellt, daß die nicht-negierte Proposition des Satzes zutrifft. Damit ist die Antworterwartung bei dieser Art von Fragen zu modifizieren. Der Sprecher will nicht wissen, ob eine Proposition oder ihre Negation zutrifft, sondern erwartet eine Bestätigung seiner Unterstellung, daß die positive Proposition zutrifft. Diese Unterstellung des Zutreffens der positiven Proposition ist die Voraussetzung, daß ein VI-Interrogativsatz als Exklamation verwendet werden kann, vgl. Rosengren (1992: 275). Der durch die-

55

56

Das ist ein Unterschied zu den exklamativen Äußerungen von w-Sätzen, bei denen der relevante Sachverhalt präsupponiert wird. Für einen Analyse dieser Eigenschaft s. Rosengren (1992: 276), wo sie mit der tiefenstrukturellen Position in bezug auf den Satzmodusoperator begründet wird.

146 se Proposition beschriebene Sachverhalt ist der, der als normabweichend zur Grundlage dei ausgedrückten Emotion gemacht wird. Daß überhaupt eine Antworterwartung vorliegt, auch im Fall einer exklamativen Verwendung, unterscheidet VI-Interrogative von w-Interrogativen in exklamativer Verwendung, wie wir sie bis jetzt betrachtet haben, vgl. (126). (126)

a. b. c. d. e. f. g.

Wie ist DIE riesig! Wie RIESIG ist die! Wie RIESIG die ist! Welch einen BOMBENERFOLG das neue Stück hatte! Welch einen BOMBENERFOLG hatte das neue Stück! Wen DIE alles eingeladen hat! Wen hat DIE nicht alles eingeladen!

VI-Interrogative mit der Negation nicht wie (124), also als tendenziöse Fragen verwendete VI-Interrogativsätze, sind in zweifacher Weise eine Ausnahme: zum einen gibt es bei ihnen im Gegensatz zu w-Interrogativen, die als Exklamationen verwendet werden, eine Antworterwartung und zum anderen müssen sie aufgrund dieser speziellen Eigenschaft als Ausnahme zur Bedingung (117) angesehen werden.

6.9. Zusammenfassung Kap. 6

Die Ausgangsüberlegung zu diesem Kapitel war, welche Punkte zu klären sind, damit man die These aufrechterhalten kann, daß auch für selbständige w-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, keine besondere exklamative Bedeutung notwendig ist. Die drei Punkte, die ich besprochen habe, waren: (i) Wie läßt sich der Zusammenhang zwischen w-Interrogativsatztyp, seiner interrogativen Bedeutung und der Verwendung als Exklamation beschreiben, d.h. wie läßt sich der Ausdruck einer emotionalen Einstellung zu einem gegebenen Sachverhalt einschließlich des Effekts der Normabweichung bei bestimmten selbständigen w-Sätzen ableiten? (ii) Wie läßt sich erklären, daß bestimmte Interrogativsätze als Exklamationen, aber nicht als Fragen verwendet werden können? (iii) Wie läßt sich erklären, daß bestimmte Interrogativsätze nicht als Exklamationen, aber als Fragen verwendet werden können? ad (i): Die exklamative Illokution wurde aus einem w-Interrogativsatz durch bestimmte Eigenschaften von Emotionen als Bestandteil des sprachlichen Systems abgeleitet. Diese Eigenschaften (Bestehen eines bestimmten Sachverhalts, Bewertungsbestandteil, Herleitung eines Vergleichsobjekts) werden durch die Funktion des obligatorischen Exklamativakzents als Widerspiegelung der emotionalen Involviertheit des Sprechers vermittelt. ad (ii): Hier ging es um wf'e-Sätze mit wie in Distanzstellung, um w-Sätze mit unflektiertem welch, um w-Sätze mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht und um w-Sätze mit wie+Adjektiv bzw. we/c/j+nominalem Intensivierer. Die spezi-

147 eilen Eigenschaften wurden so erklärt: Bei »We-Sätzen mit wie in Distanzstellung und wSätzen mit unflektiertem welch durch parallele lexikalische Eigenschaften von wieoegP und welch; bei w-Sätzen mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht dadurch, daß die Einwirkung der Negation auf alles zu einer rhetorischen Umdeutung zwingt, und bei w-Sätzen, eingeleitet durch wie+Adjektiv bzw. welch+ nominalen Intensivierer, durch den Einfluß einer subjektiven Bewertung, die als Apposition mit bestimmten Eigenschaften gedeutet wird. ad (iii): Bei diesem Punkt standen selbständige ob-Sätze im Vordergrund. Daß sie nicht als Exklamationen verwendbar sind, wurde damit erklärt, daß sie einer bestimmten Bedingung für den Ausdruck von Emotionen mit einem Bewertungsbestandteil nicht genügen, daß es nämlich zwei mögliche Antworten geben muß. Gegenbeispiele wurden als Vl-Deklarativsätze analysiert bzw. unterlagen als tendenziöse Fragen speziellen Bedingungen. Die vorgeschlagenen Analysen sprechen dafür, daß man weder eine bestimmte exklamative Bedeutung für selbständige w-Sätze, die als Exklamationen verwendet werden, und damit einen w-Exklamativsatztyp annehmen muß, noch einen w-Deklarativsatztyp für bestimmte Fälle von w-Sätzen, mit denen man Exklamationen realisieren kann. Die exklamative Illokution kann mit einem Interrogativsatz entweder direkt i.S.v. BRRZ (1992: 60, Fn. 42) oder über eine rhetorische Umdeutung, die zu einer gleichzeitigen Assertion führt, realisiert werden. Bei der Betrachtung der Funktion des Exklamativakzents als Widerspiegelung der emotionalen Involviertheit des Sprechers zeigten sich Parallelen zwischen dem Ausdruck einer Emotion, die ein Moment der Bewertung beinhaltet, und einer Klasse von interrogativsatzeinbettenden Prädikaten, den Bewertungsprädikaten. Bei der direkten Realisierung einer Exklamation mit einem Interrogativsatz wird genauso wie im Fall der Einbettung eines Interrogativsatzes unter einem Bewertungsprädikat vorausgesetzt, daß es zwei mögliche positive Antworten zum Interrogativsatz gibt. Der Effekt ist, daß Entscheidungsinterrogative im Prinzip weder unter diesen Prädikaten einbettbar sind, noch zu einer direkten Realisierung einer Exklamation taugen. Daß dieses Phänomen im eingebetteten Fall an den Eigenschaften bestimmter Prädikate und im selbständigen Fall an inhärenten Eigenschaften des Ausdrucks von bestimmten Emotionen festgemacht werden konnte, stützt zum einen die inhaltliche Entscheidung gegen einen w-Exklamativsatztyp und zum anderen die methodologische Entscheidung, eingebettete und selbständige w-Sätze unter dem Gesichtspunkt der Exklamativität gemeinsam zu betrachten.

148 6.10. Anhang: Zu verschiedenen Fragen

Ich möchte hier auf einen Kontrast hinweisen, der sich in bezug auf den Zielpunkt der Antworterwartung zwischen Fragen, denen w-Verbzweit-Sätze, und Fragen, denen w-VerbletztSätze zugrundeliegen, zeigt, vgl. (127). (127)

a. Wen hat Maria geheiratet? b. Wen Maria wohl geheiratet hat?

Bei Fragen wie (127a) ist der Zielpunkt der Antworterwartung im Normalfall ein Adressat, der nicht der Sprecher ist.57 Bei Fragen wie (127b) ist es dagegen nicht klar, ob die Antworterwartung überhaupt auf jemand Bestimmtes gerichtet ist. Daten wie (128) sprechen eher dafür, daß die Auswahl eines bestimmten Adressaten als der, von dem die Antwort erwartet wird, bei solchen Fragen gar nicht möglich ist. (128)

a. Wen hast Du geheiratet? b. #Wen du wohl geheiratet hast?

In (128a) wird durch das 2. Pers. Pronomen in der Proposition die Belegung der Adressatenstelle klargemacht. Der Sprecher möchte die Antwort, über die das Subjekt ja verfügen sollte, vom Angesprochenen wissen. In diesem Sinn kann (128b) nicht verstanden werden, wenn es überhaupt eine sinnvolle Deutung für (128b) gibt.58 Eine Möglichkeit, das Vorhandensein einer Antworterwartung damit zusammenzubringen, daß es keine bestimmten Adressaten als Ziel dieser Antworterwartung gibt, ist vielleicht folgende: Mit der Äußerung einer Verbletzt-Frage sind immer auch etwaige andere Kommunikationsteilnehmer mit einbezogen im Sinne einer 'communicative presumption',59 womit man unterstellt, daß der Äußerung ein bestimmter Sinn unterliegt, im Endeffekt, die Antwort auf die Frage zu bekommen, und zwar egal von wem. Das könnte aber darauf hinweisen, daß der Unterschied zwischen einer Verbletzt-Frage und einer Verbzweit-Frage darin liegt, daß eine Verbletzt-Frage die ganze potentielle Adressatenmenge mit einbezieht,60 57

58

59 60

Eine Ausnahme sind Vorlesungsfragen, wo genau der umgekehrte Fall zutrifft. Ein Ausweg könnte sein, daß man sagt, daß der Adressat als Zielpunkt der Antworterwartung zwar der Sprecher ist, aber zu einem Zeitpunkt, der in der Zukunft liegt. Bei der Festlegung von Sprecher und Adressat müßte man also auch einen Zeitindex berücksichtigen. Daneben gibt es Fälle, wo man sagen kann, daß der Sprecher selbst tatsächlich das Ziel der Antworterwartung ist. Angenommen, S. Holmes sitzt allein an seinem Schreibtisch und faßt die Alibis seiner Hauptverdächtigen zusammen, der Gärtner war krank und der Butler einkaufen, und äußert (i). (i) Wer ist jetzt der Mörder? Es scheint keine andere Möglichkeit zu geben, als daß die Antworterwartung auf den Sprecher zielt. Möglicherweise in einer 'Amnesielesart', in der der Angesprochene genausowenig weiß, wen er geheiratet hat, wie der Sprecher. Siehe Bach/Harnish (1979). Das wäre ein Beispiel für Marga Reis' Frage in Reis (1995: 147), "[...] ob es [...] Illokutionen gibt, die auf Sprecher und Adressaten zugleich gerichtet sind."

149 wohingegen die Verbzweit-Frage eine Instantiierung durch bestimmte Elemente der Adressatenmenge verlangt. Das müßte man im Detail ausarbeiten. Dabei wäre, unter der Voraussetzung, daß sich die grammatisch determinierte Bedeutung von w-Verbzweit- und w-Verbletzt-Sätzen nicht unterscheidet, unter anderem zu berücksichtigen, daß man der Verbzweit-Bewegung in Wurzelsätzen möglicherweise eine direkte pragmatische Deutung geben müßte. Das kann ich im Rahmen dieser Arbeit nicht tun.

7.

Zusammenfassung und Fazit

Ich habe mich in dieser Arbeit mit der Frage beschäftigt, ob sogenannte w-Exklamativsätze dieselbe satzgrammatische Bedeutung haben wie w-Interrogativsätze. Wenn die satzgrammatische Bedeutung eines Satzes abhängig ist von bestimmten konstituierenden Eigenschaften des syntaktischen Satztyps, hängt damit auch die Frage zusammen, ob es einen w-Exklamativsatztyp gibt. Die Überlegung war: Wenn man zeigen kann, daß w-Exklamativsätze eine interrogative Bedeutung haben, gibt es keinen guten Grund mehr, einen w-Exklamativsatztyp anzunehmen. W-Exklamativsatz habe ich trotzdem als deskriptiven Terminus weiterhin benutzt, und zwar für w-Sätze, die unter exklamativen Prädikaten vorkommen oder selbständig als Exklamationen benutzt werden. Zur Klärung der erstgenannten Frage habe ich folgende Punkte betrachtet: (i) Ist für semantische Selektion die Annahme eines semantischen Typs E(xclamative) notwendig? (ii) Wie kann man exklamative Prädikate beschreiben und deren Zusammenhang mit interrogativen Komplementen? (iii) Wie kann man erklären, daß bestimmte w-Interrogative nicht unter Frageprädikaten vorkommen? (iv) Wie kann man erklären, daß «¿»-Sätze nicht unter exklamativen Prädikaten vorkommen? (v) Wie kann man eine exklamative Verwendung eines Interrogativsatzes herleiten? (vi) Wie beschreibt man, daß bestimmte Interrogative nicht als Fragen verwendet werden können, aber als Exklamationen? (vii) Wie beschreibt man, daß bestimmte Interrogative nicht als Exklamationen verwendet werden können, aber als Fragen? ad (i): Semantische Selektion habe ich in Kap. 2 i.S.v. Grimshaw (1979, 1981) und Pesetsky (1982) als eine Forderung eines Prädikats bzgl. des semantischen Typs seines Komplements angesehen. Die Argumente von Grimshaw (1979) für die Annahme eines semantischen Typs E für Exklamativsätze bezogen sich vor allem auf die unterschiedliche Distribution und Verwendungsweise bestimmter w-Sätze (what a- vs. whether-Sätze). Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die Annahme eines Typs E für semantische Selektion nicht notwendig ist, wenn man die Punkte (ii) bis (vii), s.o., lösen kann. Ich bin weiterhin davon ausgegangen, daß exklamative Prädikate ein Satz-Komplement vom selben semantischen Typ selegieren wie Frageprädikate. ad (ii): In Kap. 3 habe ich für eine bestimmte Sichtweise auf die semantische Beziehung zwischen Prädikaten, die w-Sätze zu sich nehmen, und ihren Komplementen argumentiert, die davon ausgeht, daß diese Beziehung mithilfe verschiedener Antwortbegriffe beschrieben werden kann. Dieser von Heim (1994) initiierte Ansatz, für den auch Beck (1996) argumentiert, geht davon aus, daß sich die durch Prädikate beschriebene Beziehung zwischen einem Individuum, dem Matrixsubjekt, und der Bedeutung eines w-Satzes auf verschiedene Aspekte der w-Satz-Bedeutung richten kann, die sich in ihrem Grad an Informativität unterscheiden

151 und für verschiedene Prädikate unterschiedlich sein können. So beschreibt wissen eine Beziehung eines Individuums zu einem anderen Aspekt der w-Satz-Bedeutung als etwa sich fragen. Bei wissen geht es um den Bezug zur vollständigen, wahren Antwort zum w-Satz, der Antwort2, und bei sich fragen eher um eine Relation zwischen dem Subjekt und der Denotation des eingebetteten w-Satzes, vgl. Beck (1996: 176). Prädikate wie erstaunt sein brauchen dagegen nicht nur einen Bezug zur Antwort2 sondern auch einen zusätzlichen Bezug zur schwach exhaustiven Antwort 1 zum eingebetteten wSatz, was Heim (1994) als Argument gegen eine stark exhaustive Bedeutung von w-Sätzen i.S.v. Groenendijk/Stokhof (1982) ansieht. Ich habe für die Annahme einer Klasse von exklamativen Prädikaten argumentiert, die eine emotionale Einstellung des Matrixsubjekts zur Antwort2 des w-Satzes beschreiben unter Einbeziehung einer Proposition, die aus der Negation der Antwort 1 abgeleitet werden kann und als Normproposition gedeutet wurde. Damit habe ich aber nicht alle Prädikate einbezogen, die w-Sätze zu sich nehmen können, die von einer bestimmten Klasse von w-Phrasen eingeleitet werden, die sich nicht wie normale w-Phrasen, wie etwa w-Pronomen, verhalten. Zu dieser Klasse von w-Phrasen gehören wie überaus groß und welchen Bombenerfolg, s.u. ad(iii). Ich habe argumentiert, daß Faktivität der Matrixprädikate keine notwendige Bedingung für ein Prädikat ist, um w-Sätze, die von diesen w-Phrasen eingeleitet werden, zu sich nehmen zu können. ad (iii): Bestimmte w-Sätze können nicht unter Frageprädikaten eingebettet werden. 1 Dazu gehören solche, die von Phrasen wie wie überaus groß und welchen Bombenerfolg eingeleitet werden, vgl. (1). (1)

a. b. c. d.

Heinz ist erstaunt, welche Affenhitze im Kino herrschte. Heinz ist erstaunt, wie überaus groß Maria ist. *Heinz fragt sich, welche Affenhitze im Kino herrschte. *Heinz fragt sich, wie überaus groß Maria ist.

Ich habe dafür argumentiert, daß dies daran liegt, daß bestimmte bewertende Elemente innerhalb dieser w-Phrasen eine Präsupposition auslösen, die besagt, daß es genau eine wahre Belegung der w-Variablen gibt, die dem Matrixsubjekt bekannt ist. Wenn das so ist, ist eine Frage danach sinnlos. Dabei waren diese w-Sätze vom Typ eines Interrogativsatzes. Ich werde die Argumentation hier nicht rekapitulieren, sondern möchte auf einen weiteren Punkt eingehen, der den gemachten Vorschlag stützt. Wenn die Präsupposition, die durch die w-Phrase ausgelöst wird, besagt, daß es nur eine wahre Belegung der w-Phrase gibt, dann können Verben, die für ein w-Komplement mehr als eine wahre Belegung verlangen, w-Sätze wie in (1) nicht zu sich nehmen. Das wird durch die Verben der sequentiellen Abarbeitung bestätigt, vgl. (2). 2

Das betrifft eine bestimmte Lesart, s. Kap. 4. Sätze mit we/c/j-Phrasen im Singular ohne Intensivierer sind ebenfalls schlecht, vgl. Schwarz (1993).

152 (2)

a. b. c. d. e. f.

*Heinz ratterte herunter, wie überaus groß die Mädchen seiner Klasse sind. Heinz ratterte runter, wie groß die Mädchen seiner Klasse sind. *Heinz zählte auf, wie enorm breit die russischen Flüsse sind. ?Heinz zählte auf, wie breit die russischen Flüsse sind. *Heinz listete auf, wie erstaunlich hoch die Berge der Schweizer Alpen sind. Heinz listete auf, wie hoch die Berge der Schweizer Alpen sind.

Auch bei den grammatischen Beispielen in (2) muß man sich erst mit dem Gedanken vertraut machen, daß Heinz einfach nur Maßangaben herunterrattert, aufzählt oder auflistet. Trotzdem halte ich diese Beispiel für gut. Ein Phänomen, das man noch klären müßte, ist die unterschiedliche Distribution von Concealed Exclamatives vs. Concealed Questions, vgl. (3a-c). (3)

a. b. c. d. e. f.

Heinz wundert sich über die Affenhitze im Kino. *Heinz fragte nach der Affenhitze im Kino. Heinz fragte nach der Temperatur im Kino. Heinz wundert sich, welche Affenhitze im Kino herrscht. *Heinz wollte wissen, welche Affenhitze im Kino herscht. Heinz wollte wissen, welche Temperatur im Kino herrscht.

Man müßte sagen, daß Affenhitze als nominaler Intensivierer auch in (3b) wie in (3d,e) eine Präsupposition auslöst in der Art, daß es eine Temperatur = Affenhitze gibt, die die einzige wahre Antwort auf die Frage ist, welche Temperatur im Kino herrscht, und die als solche präsupponiert wird. ad (iv): Die Frage, warum ob-Sätze nicht unter exklamativen Prädikaten vorkommen können, ist dann ein Problem, wenn man, wie ich es getan habe, annimmt, daß exklamative Prädikate Komplemente vom Typ eines Interrogativsatzes selegieren und oi»-Komplemente von diesem Typ sind. Wenn man von einem w-Exklamativsatztyp ausgeht, muß man allerdings etwas dazu sagen, warum ob-Sätze keine Exklamativsätze sein können. Ich habe argumentiert, daß es eine Klasse von Prädikaten gibt, die ich Bewertungsprädikate genannt habe, die die Existenz von mindestens zwei möglichen Antworten zum w-Komplement voraussetzen. Aus unabhängigen Gründen habe ich die Karttunen-Bedeutung von o¿»-Sätzen modifiziert, und zwar so, daß es prinzipiell nur eine mögliche Antwort geben kann, die nicht leer ist. Das ist aber mit der Bedingung, die ein Bewertungsprädikat an sein Komplement stellt nicht verträglich. Im übrigen widerspricht diese Bedingung auch nicht den Überlegungen zu w-Sätzen mit einleitenden w-Phrasen wie wie überaus groß oder welchen Bombenerfolg, da es bei diesen um die Präsupposition der wahren Antwort und nicht um mögliche Antworten geht. ad (v): Die exklamative Verwendung eines selbständigen w-Interrogativsatzes habe ich auf zwei Arten hergeleitet. Dabei habe ich den nicht-fokussierenden Hauptakzent des Satzs, den Exklamativakzent, als obligatorisch angesehen. Die exklamative Illokution kann mit einem

153 Interrogativsatz entweder direkt oder über eine rhetorische Umdeutung, die zu einer gleichzeitigen Assertion führt, realisiert werden. Bei der direkten Realisierung bin ich davon ausgegangen, daß durch bestimmte Eigenschaften des Ausdrucks einer Emotion i.S.v. Fries (1994) der propositionale Gehalt des w-Satzes präsupponiert wird. Bei der rhetorischen Umdeutung von w-Interrogativsätzen bin ich mit Rosengren (1992, 1994, 1997) und Önnerfors (1997) davon ausgegangen, daß der assertierte Sachverhalt zur Grundlage der Exklamation gemacht wird. ad (vi): Hier ging es um wie-Sätze mit wie in Distanzstellung, w-Sätze mit unflektiertem welch, w-Sätze mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht und w-Sätze mit w/e+Adjektiv bzw. we/cA+nominalem Intensivierer. Die speziellen Eigenschaften wurden so erklärt: Bei wie-Sätzen mit wie in Distanzstellung und w-Sätzen mit unflektiertem welch durch parallele lexikalische Eigenschaften von wieDegP und welch; bei w-Sätzen mit der quantifizierenden Partikel alles im Skopus der Negation nicht dadurch, daß die Einwirkung der Negation auf alles zu einer rhetorischen Umdeutung zwingt und bei w-Sätzen, eingeleitet durch wie+Adjektiv bzw. welch+ nominalen Intensivierer, durch den Einfluß einer subjektiven Bewertung, die als Apposition mit bestimmten Eigenschaften gedeutet wird. ad (vii): Bei diesem Punkt standen selbständige ofc-Sätze im Vordergrund. Daß sie nicht als Exklamationen verwendbar sind, wurde damit erklärt, daß sie einer bestimmten Bedingung für den Ausdruck von Emotionen mit einem Bewertungsbestandteil nicht genügen, daß es nämlich zwei logisch unabhängige mögliche Antworten geben muß. Ich komme zum Fazit: Ich habe Lösungen angeboten für die Probleme in (ii) bis (vii), die ich als gute Gründe dafür betrachte, daß w-Exklamative eine interrogative Bedeutung haben und somit auch vom Satztyp her als w-Interrogative anzusehen sind. Die Analysen, die ich für das Verhalten bestimmter w-Interrogative vorgeschlagen habe, beruhen auf Präsuppositionen, die von Elementen innerhalb der w-Phrase oder von der w-Phrase selbst ausgelöst werden. Die Präsuppositionen gehören aber nicht zur grammatischen Bedeutung dieser w-Sätze, sondern sind Voraussetzungen für deren semantische Wohlgeformtheit. Zudem dienen sie in gleicher Weise dazu, bestimmte w-Sätze von der Komplementposition von Frageprädikaten und von der Verwendungsweise als Exklamationen auszuschließen. Diese Parallelität zeigte sich auch bei o¿»-Sätzen. Ihre Ungrammatikalität unter einer bestimmten Klasse von Prädikaten und ihre Nicht-Verwendbarkeit als Exklamation konnte auf denselben Grund, daß eine Bedingung für den Ausdruck einer Bewertung nicht erfüllt ist, zurückgeführt werden. Ich denke, w-Exklamativsatz läßt sich weiterhin gut als deskriptiver Terminus benutzen. Damit bezeichnet man dann eine Klasse von Sätzen, die sich in bestimmter Hinsicht ähnlich verhalten, z.B. in bezug auf die Distribution unter verschiedenen Matrixprädikaten und in bezug auf ihre Verwendungsmöglichkeiten. Diese Ähnlichkeit hat aber keine Basis in einem gemeinsamen Satztyp, der sich vom w-Interrogativsatztyp unterscheidet, d.h. sogenannte w-Exklamativsätze sind vom Typ her w-Interrogativsätze.

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