Zur korrelativen Subordination im Deutschen 9783110911657, 9783484304642

Correlates are a special feature of German grammar. They and their subordinate clauses can be described as correlative l

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German Pages 222 [224] Year 2002

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Zur korrelativen Subordination im Deutschen
 9783110911657, 9783484304642

Table of contents :
Vorwort
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und graphischen Zeichen
1. Einblick in den Untersuchungsbereich
2. Subordination und Korrelation
3. Korrelate und korrelierte Nebensätze in Ergänzungsfunktion
4. Korrelate und korrelierte Nebensätze in Adverbialfunktion
5. Korrelate und korrelierte Relativsätze
6. Korrelate und korrelierte Attributsätze
7. Rückblick: Zusammenfassung der Ergebnisse
8. Quellenverzeichnis
9. Literatur

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Linguistische Arbeiten

464

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese

Jussara Pamnhos Zitterbart

Zur korrelativen Subordination im Deutschen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2002

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zitterbart, Jussara Paranhos: Zur korrelativen Subordination im Deutschen / Jussara Paranhos Zitterbart. Tübingen : Niemeyer, 2002 (Linguistische Arbeiten ; 464) Zugl.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-484-30464-2

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2002 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nadele, Nehren

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und graphischen Zeichen 1. Einblick in den Untersuchungsbereich 1.1. Ziel und Gegenstand der Arbeit 1.2. Zur Wahl des Terminus 'Korrelierter Nebensatz' 2. Subordination und Korrelation 2.1. Zur Begriffsbestimmung 2.2. Die Subordination 2.2.1. Zur Einordnung der Konzepte 2.2.2. Subordinationstypen 2.2.2.1. Die „echte" Subordination 2.2.2.2. Subordination durch Extraposition 2.2.2.3. Die korrelative Subordination 2.2.2.4. Weiterführende Nebensätze 2.2.2.5. Unselbständige Verbzweitsätze und uneingeleitete Verberstsätze 2.3. Die korrelative Subordination 2.3.1. Zur Einordnung der korrelativen Subordination 2.3.1.1. Die Grade der Subordination 2.3.1.2. Das syntaktische Niveau der Nebensätze 2.3.1.3. Der Nominalisierungsgrad der Nebensätze 2.3.1.4. Der Grammatikalisierungsgrad des Hauptsatzprädikates 2.3.1.5. Der Verflechtungsgrad zwischen Haupt- und Nebensatz 2.3.1.6. Die Explizitheit der Verbindung 2.3.1.7. Zusammenfassung zu Punkt 2.3.1. (Tabelle 1) 2.3.1.8. Ergebnisse zu Punkt 2.3.l 2.3.2. Zur kategorialen Einordnung der korrelativen Subordination 2.3.2.1. Die Kategorisierung in verschiedenen Werken 2.3.2.2. Ausblick: Kategoriale Einordnung der Korrelatverbindung 2.3.2.3. Die Hierarchien innerhalb der korrelativen Subordination 2.4. Zusammenfassung 3. Korrelate und korrelierte Nebensätze in Ergänzungsfunktion 3.1. Subjektsätze 3.1.1. Grenzfall: Es als Fall von syntaktischer Ambivalenz

IX X l l 6 8 8 12 12 14 17 18 20 21 25 33 33 33 33 37 43 45 48 50 51 51 52 54 54 55 57 58 58

VI

3.1.2. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung 3.1.3. Zur semantosyntaktischen Umgebung von korrelierbaren Subjektsätzen 3.1.4. Subjektsätze als Freie Relativsätze und ihre syntaktische Umgebung .... 3.1.5. Zur Frage der Obligatorik und Fakultativität des Korrelats 3.1.5.1. Kopulakonstruktionen 3.1.5.2. Vollverbkonstruktionen 3.1.6. Zusammenfassung: Es im Mittelfeld des Matrixsatzes (Tabelle 2) 3.2. Akkusativobjektsätze 3.2.1. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung (Tabelle 3) 3.2.2. Die semantosyntaktische Umgebung von korrelierbaren Akkusativobjektsätzen 3.2.3. Obligatorik vs. Fakultativität des Korrelats 3.2.4. Zur Setzung des Korrelats (Tabelle 4) 3.3. Dativobjektsätze 3.4. Genitivobjektsätze 3.5. Präpositionalobjektsätze 3.5.1. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung (Tabelle 5) 3.5.1.1. Kategoriale Füllung des Matrixsatzes und Akzentmuster des Korrelats 3.5.2. Die semantosyntaktische Umgebung von korrelierbaren PO-Sätzen 3.5.3. Die Obligatorik 3.5.4. Die Fakultativität 3.5.5. Zusammenfassung zur Notwendigkeit/Weglaßbarkeit des Korrelats (Tabelle 6 und Tabelle 7) 3.6. Übergangsbereich: Korrelatverbindungen aus D-Pronominaladverbien + daß-Satz. 3.7. Zusammenfassung 4. Korrelate und korrelierte Nebensätze in Adverbialfunktion 4.1. Topologische Regularitäten der Korrelatverbindung 4.2. Intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung 4.3. Adverbialsätze und Korrelation 4.3. I.Lokalsätze 4.3.2. Temporalsätze 4.3.3. Konditionalsätze 4.3.4. Konzessivsätze 4.3.5. Kausalsätze

60 65 65 67 68 77 84 85 86 89 89 96 96 97 98 99 107 116 122 134 137 139 140 142 143 145 146 146 147 148 150 153

VII

4.3.6. Konsekutivsätze 4.3.7. Finalsätze 4.3.8. Modalsätze 4.3.9. Proportionalsätze 4.3.10. Restriktivsätze 4.3.11. Periphere Adverbialsätze und periphere Erscheinungen 4.4. Zusammenfassung

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5. Korrelate und korrelierte Relativsätze 5.1. Determinierende Korrelate 5.1.1. Determinierende Korrelate und i/-/w-Relativsätze 5.1.1.1. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung 5.1.1.2. Obligatorik vs. Fakultativität des Korrelates 5.1.1.3. Korrelate und Freie w-Relativsätze 5.1.1.4. Korrelierte Relativsätze und das Problem des Anschlußes mit das oder was 5.2. Quantifizierende Korrelate 5.3. Zusammenfassung

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6. Korrelate und korrelierte Attributsätze 6.1. Substantiwalenz und Attributsätze 6.2. Der Komplex „Substantivum + Korrelat + Attributsatz": formale Eigenschaften 6.3. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung 6.4. Obligatorik vs. Fakultativität der Korrelate 6.5. Zur Setzung des Korrelats (Tabelle 8) 6.6. Die Tatsache, daß: eine grammatische Fügung? 6.7. Zusammenfassung

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7. Rückblick: Zusammenfassung der Ergebnisse

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8. Quellenverzeichnis

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9. Literatur

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Winter 2000 von der philosophischen Fakultät II (Sprach- und Literaturwissenschaften) in der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung wurde sie gekürzt und überarbeitet. Die Untersuchung beschäftigt sich mit dem syntaktischen Phänomen der 'korrelativen Subordination'. Ihr Hauptziel ist die Beschreibung dieses Subordinationstyps, der für die deutsche Sprache und für ihre Didaktik als Fremdsprache wesentlich ist. Die Arbeit enthält außer dem einleitenden Teil fünf Hauptkapitel. Im zweiten Kapitel soll eine theoretische Basis für die Fortführung der Arbeit geschaffen werden, wobei die Etablierung der 'korrelativen Subordination' als ein eigenständiger Typus innerhalb der Größe 'Subordination' im Vordergrund steht. Innerhalb der korrelativen Subordination wird dann ab dem dritten Kapitel von einer Hierarchie der Bereiche ausgegangen, um eine zweckmäßige und dynamische Beschreibung des Phänomens zu gestalten. Die hier angeführten Termini 'Kern- und 'Randbereich' stehen mit funktionalen Aspekten im Zusammenhang, wie der syntaktischen Funktion der zu analysierenden Menge der Nebensätze. So befassen sich Kapitel 3 und Kapitel 4 mit dem Kernbereich der korrelativen Subordination, der Korrelate und Nebensätze in Ergänzungs- sowie in Angabefunktion umfaßt, wobei Übergangserscheinungen nicht ausgeschlossen werden. Korrelate und korrelierte Relativsätze bzw. konjunktional eingeleitete Attributsätze, die zum Randbereich der korrelativen Subordination gehören, sind schließlich Gegenstand von den Kapiteln 5 und 6. Die von mir untersuchten Belege stammen aus einem gemischten, „offenen" Korpus. Außer dem ersten Quartal des Jahrgangs 1994 der FAZ wurden vier Jahrgänge der SZ auf CD-ROM untersucht, nämlich von 1995 bis 1998. Jede CD-ROM enthält 85000 Artikel. Außerdem wurden Beispiele der täglichen Zeitungs- bzw. Zeitschriftenlektüre entnommen. Andere Quellen waren die alltägliche Konversation, Hörfunkgespräche, die belletristische Gegenwartsliteratur oder die Fachliteratur. Die genauen Angaben darüber sind im bibliographischen Teil der Arbeit aufgelistet. Erklärungen über Abkürzungen und verschiedene Notationen, wie z. B. die Verwendung des Akuts, sind getrennt am Anfang der Arbeit als Liste angegeben. Damit die Leserfreundlichkeit nicht beeinträchtigt wird, wurden Angaben über Abkürzungen, sobald sie auf der jeweiligen Seite zum ersten Mal erscheinen, in den Fußnoten der entsprechenden Seiten nochmals notiert.

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und graphischen Zeichen

Abkürzungen:

Akk = Akkusativ Dat = Dativ DET = Determinatoren FHG = Fokus-Hintergrund-Gliederung FSP = Funktionale Satzperspektive HUM = semantisches Merkmal, das „Mensch" bedeutet DC = Infinitivkonstruktion KM = kommunikative Minimaleinheit KV = Korrelatverbindung Nom = Nominativ NP(n) = Nominalphrase(n) NS = Nominalsyntagma PO = Präpositionalobjekt PO-Satz = Präpositionalobjektsatz PO-Verb = Veib, das ein Präpositionalobjekt verlangt PrGr = Präpositionalgruppe R= Rhema RK = Relativkonstruktion Rmax = eigentliches Rhema RS = Relativsatz S= Satz SJS = Subjunktorsatz TRG = Thema-Rhema-Gliederung W = Vorfeld V2 = finites Verb in zweiter Position

Graphische Zeichen: ?= *=

fragliche Akzeptabilität Ungrammatikalität Gipfelakzent Nebenakzent

l. Einblick in den Untersuchungsbereich

1.1. Ziel und Gegenstand der Arbeit Obwohl Korrelate und Korrelatverbindungen typische Erscheinungen der deutschen Grammatik sind, wurden sie lange Zeit in der germanistischen Linguistik wenig beachtet. Abgesehen von einigen Daten in wenigen Arbeiten sind sie von der Literatur kaum erwähnt worden, bis die Beschäftigung mit den verschiedenen Funktionen von es (vgl. Pütz 1975) Aufmerksamkeit auf die Fragestellung gelenkt hat. Die aktuelle Forschungslage wird in den folgenden Kapiteln mit der Darstellung der Positionen von zeitgenössischen Grammatikern kommentiert. Ältere Untersuchungen zu dem Thema werden mitunter berücksichtigt, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Das Interesse der vorliegenden Arbeit gilt dem Phänomen der Korrelation, insbesondere einer ihrer Ausdrucksformen, der Korrelation zwischen Matrix- und Nebensatz.1 Gegenstand der Untersuchung sind Korrelate und korrelierte Nebensätze des Deutschen. Die Korrelation läßt sich generell und im Sinne dieser Arbeit als eine grammatisch-logische Wechselbeziehung beschreiben, die durch sogenannte 'Korrelate' hergestellt wird. Beide Terme der Beziehung stehen in einem Symmetrieverhältnis, sind jedoch Teile einer einzigen Konstruktion. Strukturell-relational gesehen könnte die Korrelation beispielsweise mit dem Matrix-Nebensatz-Verhältnis verglichen werden: eine einzige Konstruktion, die in zwei Teile aufgeteilt ist. Der erste Teil ist das Korrelat an sich. Der zweite der korrelierte Nebensatz. So stehen korrelierte Nebensätze und Matrixsätze nicht nur in einem Verhältnis der Subordination zueinander. Korrelierte Nebensätze zeichnen sich auch dadurch aus, daß das Korrelationsverhältnis dazu kommt. Allgemeinere Fragestellungen, die das Verfahren der Subordination selbst betreffen, werden im zweiten Kapitel erörtert. Ein 'Korrelat' kann hier vorläufig bestimmt werden als ein Fügungselement im Matrixsatz, das den Nebensatzanschluß steuert. Korrelate können einerseits nicht als vollwertige Satzglieder gelten, wie die Frageprobe im Kontext zeigt. Andererseits ist auch mit obligatorischen Korrelaten zu rechnen. Diese Tatsache erschwert eine Bestimmung des Korrelats, denn die doppelte Besetzung einer syntaktischen Position im Satz ist in der Valenztheorie nicht vorgesehen. Ferner sind Korrelate nicht als Proformen zu betrachten, wohl aber als phorisch-determinierende oder quantifizierende Anschlußelemente für extraponierte Nebensätze oder Infinitivkonstruktionen. Darüber hinaus kann ein Korrelat weitere semanto-pragmatische Funktionen übernehmen, und z.B. als Signal für die kommende Information, die im Nebensatz enthalten ist, fungieren. 1

Zur Bestimmung der Begriffe 'Hauptsatz/Obersatz' bzw. 'Nebensatz/Untersatz' vgl. Punkt 2. l. der vorliegenden Arbeit. 'Matrixsatz' wird hier im Sinne von Ober'- oder 'Stammsatz' verwendet.

Dies läßt sich bei den D-Pronominaladverbien2 als Korrelate am deutlichsten beobachten, und zwar anhand der verschiedenen Akzentmuster,3 die das Korrelat annehmen kann. So kann das Korrelat „neutral" akzentuiert sein und sich wie ein Progressionsindikator4 verhalten (Wortakzent auf -für): (1-1) Der Hartmannbund plädiert dafür, die gesetzliche Krankenversicherung „lohnkosten-neutral" zu finanzieren, damit die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nicht beeinträchtigt werde. (FAZ, 29.03.94, S.15) Es kann mit einem Kontrastakzent versehen werden und als Rhemaexponent für den Projektionsbereich 'satzwertige Infinitivkonstruktion' fungieren: (1-la) Der Hartmannbund plädiert vor allem DÄßlr, die gesetzliche Krankenversicherung „lohnkosten-neutral" zu finanzieren, [...]. Und schließlich, im Sonderfall der Präpositionen für/gegen, kann es sich pragmatisch mittels eines impliziten Kontrastakzent als Kontrastindikator verhalten: (1-lb) Der Hartmannbund plädiert da'für, die gesetzliche Krankenversicherung „lohnkostenneutral" zu finanzieren, [...]. Korrelate und korrelative Konstruktionen bilden keine homogene Gruppe. Man könnte über „Kernbereiche" sprechen, d.h. diejenigen Korrelatverbindungen, die aus einem Korrelat wie beispielsweise es, das, dafür und einer Infinitivkonstruktion oder einem daß-/oboder w-Satz bestehen: 1. es5 als Korrelat: (1-2) Es überraschte kaum, daß bei einer Konferenz, deren wissenschaftliche Programmatik vom Kieler Institut vorgegeben wurde, die Vertreter jener Auffassung dominierten, die der Marktwirtschaft selbst schon ethische Dignität zusprechen. (FAZ, 25.2.94, S. 14)

Pronominal- oder Präpositionaladverbien bilden eine Subklasse der Adverbien. Sie sind aus Verschmelzungen von Präpositionen wie an, auf, aus, bei, durch, für, gegen, mit,... mit den deiktischen Adverbien da, -wo. hier entstanden. Beginnt die Präposition mit einem Vokal, so wird das Infix -r- eingeschoben. Mit D-Pronominaladverb beziehe ich mich auf die Verschmelzungen mit dem Adverb da wie daran, darauf, daraus, dadurch,... . Vgl. Zifonun/Hoffinann/Strecker Grammatik der deutschen Sprache 1997: 54f. (= IDS-Grammatik). Zu den verschiedenen Akzentmustem der D-Pronominaladverbien als Korrelate vgl. Punkt 3.5.1. sowie Tabelle 5 der vorliegenden Arbeit. Die Termini 'Progressionsindikator' und 'Rhemaexponent' charakterisieren Korrelate aus einer pragmatischen Sicht. 'Progressionsindikator' wird hier in Anlehnung an Eroms benutzt. So bezeichnet er „nicht satzförmige Elemente..., die selber keinen kommunikativ relevanten Sachverhaltsbezug aufweisen, dafür aber die Thema-Rhema-Gliederung (TRG) ihrer Bezugsglieder steuern". Vgl. Eroms 1986: 83. - Mit dem Begriff 'Rhemaexponent' bezeichne ich die Menge von korrelativen Ausdrücken, die unter bestimmten Umständen einen Kontrastakzent bekommen können, wie beispielsweise DÄfür in (1-la), und die mit der Extraposition von Nebensätzen bzw. satzwertigen Infinitivkonstruktionen verbunden sind. Sie fungieren als Rhemaexponent für den rhematischen extraponierten Nebensatz bzw. für die rhematische extraponierte satzwertige rnfinitivkonstruktion. Zur syntaktischen Mehrdeutigkeit des Pronomens es an der Satzspitze vgl. Punkt 3.1.1.1. dieser Arbeit.

2. der, die, das und das respektive Flexionsparadigma: (1-3) Sie trauert dem nach, daß Paul nicht bei der Polizei ist. (Eisenberg, 1994, S.351)

3. D-Pronominaladverbien, sowie die entsprechenden Verbindungen mit wo(r)-: (1-4) Bergner sagte zu diesen Vorwürfen, er wehre sich dagegen, daß die zurückgetretenen Regierungsmitglieder einer „Lynchjustiz" ausgesetzt würden, solange nicht eindeutig sei, wie hoch ihre Verfehlungen seien. (FAZ, 10.2.94, S.4)

Ebenfalls gehören „verwandte Konstruktionen" zum Untersuchungsgegenstand, wie Nebensätze in Linksversetzungskonstruktionen in Verbindung mit linksangebundenen Thematisierungsausdrücke: (1-5) Welche Arten von menschlichen Botenstoffen es gibt und wie genau sie produziert werden, daran wird zur Zeit geforscht. (Brigitte, 7/98, S.78) (1-6) Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. (Gorbatschow)

Zum Kernbereich gehören auch Adverbialkonstruktionen. In diesem Bereich lassen sich Korrelatverbindungen mit semantisch spezifischeren Korrelaten, wie Temporal- und vor allem Lokalsätzen, nicht scharf von sogenannten 'modifikativen Adverbialkomplexen'6 abgrenzen: damals im Mai dort auf der Wiese

Diese Konstruktionen können als Nebensätze erweitert auftauchen damals, als wir Kinder waren dort, wo der Wildbach rauscht

und sind formal schwer von Korrelatverbindungen zu unterscheiden: (1-7) New York also aufgeben, wo sie sich leicht und neu Mut? Jetzt, -wo sie drüben erreicht hat, was sie will? (Hasler,E.: Die Wachsflügelfrau, S. 195)

Bei so einem Grenzfall läge es nahe, den Adverbialsatz als Attribut zum Adverb zu sehen. Jedoch gibt es problematischere Fälle, bei denen eine Lösung schwer zu erreichen ist: (1-8) Cooler Soul-Jazz, der so gekonnt und locker eingespielt wurde, daß es eine helle Freude ist. (Brigitte 7/98, S.82)

Handelt es sich bei dem daß-Salz um einen kontierten konsekutiven Adverbialsatz als Angabe zum ganzen Satz, oder ist er als Attributsatz zum Bezugselement so zu betrachten? Die Positionen der Grammatiker differieren sehr darüber. Echte korrelierte Adverbialsätze werden im Rahmen dieser Arbeit ebenso analysiert: (1-9) Wenn das zuständige Organ in der Nasenscheidewand sitzt, geht es dann bei einer Operation verloren? (Brigitte 7/98, S.78)

Sehr interessant sind Fälle von doppelten Korrelaten, die von der Forschung kaum erwähnt werden. Hierzu nur ein Beispiel:

(1-10) Und wenn die Welten untergehen, So bleibt die Welle doch bestehn Das Radio erzählt Euch allen, Was immer Neues vorgefallen-.... (Kurt Schwrtter: Schmidt-Lied)

So zeigen korrelierte konzessive Adverbialsätze zwei Fügungselemente in ihrem entsprechenden Matrixsatz, aber nur das Korrelat so steht in den meisten Grammatiken als solches. Hierzu exemplarisch Engel, bei dem alle Beispiele beide Formen enthalten, ohne daß das Korrelat doch beachtet wird. Dieser Fall wird später ausführlich kommentiert.7 Genauso gut kann man über „Randbereiche" innerhalb einer 'korrelativen Subordination' sprechen, die beispielsweise von Korrelaten und ihren kontierten Relativsätzen dargestellt werden: (1-11) Die Umsetzung der Idee dauerte jedoch bis Anfang 1997, bis jemand gefunden wurde, der sich kompetent und angemessen um die Programmgestaltung bemühen konnte. (SZ, 5.1.98, S.15)

Auch konjunktional eingeleitete Attributsätze gehören hierher: (1-12) Die bloße Genugtuung darüber, daß den Kinderschändern im Netz endlich das Handwerk gelegt wird, macht am Ende blind für die Gefahren eines digitalen Denunziantentums. (SZ, 7.9.98, S. 17)

Zusammenfassend kann vorläufig festgehalten werden, daß Korrelate hier in erster Linie als Ausdrücke gesehen werden, a) die aus verschiedenen Wortarten stammen, b) die eine Entsprechung von Teilsätzen im Obersatz8 darstellen und c) die als Anschlußelemente zwischen Obersatz und Teilsatz fungieren. Außerdem können Korrelate referentiell oder nicht-referentiell verwendet werden. Beide Verwendungsformen werden als Formen satzinternen Verweisens gebraucht. Die Differenzierung 'referentiell/nicht-referentielP wird jedoch den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit nicht bestimmen, denn selbst das Korrelat es kann, je nach semanto-syntaktischer Konstellation, referentiell verwendet werden, wie die EDS-Grammatik (1997: 1490) zeigt: Daß das Korrelat-as in der Tat referentiell verwendet werden kann und nicht nur strukturbedingter Platzhalter [...] ist, wird gestützt durch Verwendungen, bei denen ein weiterführender Relativsatz als zusätzliche Erläuterung im Kontext des Korrelates auftritt wie in folgendem Beleg: Die Demokraten präsentierten den badischen Staatspräsidenten und Kultusminister Professor Willy Hellpach, einen einfallsreichen Schriftsteller und höchst begabten Redner, der es aber, worum ich ihn auf Wunsch der Fraktion schließlich gebeten hatte, ablehnte, bei seinen Programmreden auch einiges zu den konkreten Sorgen des Volkes zu sagen. (MHE, 327)

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Vgl. Engel 1991: 289: „Einziges Korrelat ist so; es ist immer fakultativ: Obwohl sie unterschreibt, (so) bleibt er doch skeptisch. - Und wäre sie auch krank gewesen, so hätte sie doch aussagen müssen." Zu den Termini Obersatz' und 'Teilsatz' vgl. Punkt 2. l dieser Arbeit.

Der Relativsatz wäre ohne die vorausgehende Sachverhaltsbezeichnung durch das Korrelat in dieser Position kaum möglich.

Aufgrund der formalen und funktionalen Verschiedenheit der „Korrelatkandidaten" liefere ich an dieser Stelle keine scharfe Korrelattypologie. In Bezug auf die Elemente, die eine Korrelatfunktion erfüllen können, orientiert sich diese Arbeit an den Ausführungen von Blatz (1900: 749-1206). Ferner muß festgehalten werden, daß nicht das Korrelat allein, sondern die KorrelatVerbindung - Korrelat + korrelierter Nebensatz/korrelierte satzwertige Infinitivgruppe im Vordergrund stehen wird. Die Elemente der Korrelatverbindung treten im komplexen Satz diskontinuierlich auf. Eine kategoriale Einordnung der Korrelate bzw. der Korrelatverbindung erfolgt unter Punkt 2.3.2. Nebensätze, die durch ein Korrelat an den Matrixsatz angeschlossen werden, sind im Vergleich zu nicht-korrelierten Nebensätzen sowohl syntaktisch-semantisch, als auch und vor allem! - kommunikativ-pragmatisch eine besondere Kategorie. Was die syntaktisch-semantische Kategorisierung betrifft, braucht man beispielsweise nur an die Grade der Subordination zu denken. Nebensätze sind in unterschiedlichem Maße unselbständig und unterschiedlich eng auf Matrixsätze bzw. Matrixsatzfragmente bezogen oder in sie integriert. Bezüglich ihrer kompositionellen Integration sind korrelierte Nebensätze „lokkerer" als ihre Gegenstücke in ihrem Matrixsatz integriert: (1-13) Ich bezweifle es, daß er kommt. Ich bezweifle es. *Ich bezweifle.

Der Matrixsatz bleibt auch ohne den Nebensatz ein grammatisch vollständiger Satz. Er wird nicht wie unten zum Matrixsatzfragment: (1-14) Ich weiß, daß er nie nachgibt. *Ich weiß.9

Kommunikativ-pragmatisch ist an die Frage der Obligatorik und Fakultativität der Korrelate zu denken. Korrelate werden unter anderem aus grammatisch-semantischen Gründen gesetzt, wie z.B. als Garant der intendierten Lesart des Prädikats und somit des Nebensatzes. Sie können dann obligatorisch sein. Sie können aber auch ausgesondert werden, wenn der Satz ohne sie eindeutig bleibt. Gerade der Fall, in dem trotz Fakultativität des Korrelats die Setzung erfolgt, ist besonders interessant, denn hier wird die pragmatische Funktion dieser Fügungselemente sehr deutlich: (1-15) Es könnte freilich sein, daß dieser Wunsch Colpe dazu verleitet hat, den Kollektivsingular Krieg zu wenig aufzugliedern: [...]. (FAZ, 15.3.94, L 13)

Der obige Beispielsatz zeigt, daß das Korrelat gesetzt wird, obwohl es folgende Gründe für die Nichtsetzung gibt:

9

Als elliptische Äußerung ist „Ich weiß" jedoch akzeptabel, denn der Kontext könnte für den Hörer bekannt und insofern rekonstruierbar sein.

a) eine „normale" Wort- und Satzgliedstellung10 b) Fakultativität des Korrelats bei dreiwertigen Verben der Handlungssteuerung mit zu, wie etwa verleiten zu, zwingen zu, verpflichten zu, überreden zu ...n c) Infinitivkonstruktion als Teilsatz Anhand dieser einleitenden Bemerkungen werden 'korrelierte Nebensätze' in der vorliegenden Arbeit als eine besondere Subkategorie beschrieben. Der extraponierte Nebensatz oder die Infinitivkonstruktion stehen nicht nur in einem Verhältnis der Subordination zum Matrixsatz, sondern werden auch durch Korrelation verbunden. So kann man solche Nebensätze im Rahmen einer 'korrelativen Subordination' verstehen.

1.2. Zur Wahl des Terminus 'Korrelierter Nebensatz'

Die Wahl des Terminus 'korrelierter Nebensatz' hat in erster Linie einen praktischen Grund, denn selbst wenn der Gegenstand der Untersuchung keine etablierte Kategorie in der zeitgenössischen Sprachwissenschaft ist, so ist der Begriff 'Korrelat' und per Extension dessen Derivat 'korreliert' zumindest für diejenigen, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, nicht völlig unbekannt. Die Mehrzahl der Autoren schreibt von Korrelaten, auch wenn sie, was die Abgrenzung und den syntaktischen Status dieser Elemente betrifft, sehr verschiedene Dinge darunter verstehen. So rechne ich durch diese Wahl einerseits mit dem Vorteil des Usus. Andererseits liegt es auf der Hand, diese Art von Nebensätzen 'korrelierte Nebensätze' zu nennen, denn sie werden in der Tat durch das Korrelat mit dem Matrixsatz in Wechselbeziehung gebracht. Dies ist also beinahe eine „natürliche" Benennung. Bis auf sehr wenige Ausnahmen ist in der Literatur von korrelierten Nebensätzen nicht die Rede. Das Korrelat an sich, seine Obligatorik und Fakultativität bilden das Zentrum der bisherigen Untersuchungen. Die korrelative Subordination wird nicht als eine bestimmte Menge betrachtet, sondern nur nebenbei erwähnt. Die Bezeichnung 'korrelierter Nebensatz' taucht jedoch, wenn auch vereinzelt, in Sonnenbergs Buch Das Korrelat im Deutschen12 auf. Der Autor macht in einer Gegenüberstellung von zwei Auflagen der Dudengrammatik - (1959) und (1973) - darauf aufmerksam, daß die Behandlung von korre-

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Der Terminus 'normale Wortstellung' wird hier in Anlehnung an T. N. Höhle 1982 verwendet. In Bezug auf dieses spezielle komplexe Satzgefüge meine ich damit, daß sowohl die Subordinationsverhältnisse ('korrelative Subordination', vgl. hierzu Punkt 2.2.2.3. der vorliegenden Arbeit) als auch die externe Topologie des Nebensatzes bzw. der Infinitivkonstruktion (als Stellungsglieder innerhalb des Satzgefüges) für den Leser/Hörer deutlich sind. Zur externen Topologie der Nebensätze vgl. IDS-Grammatik 1997: 2345-2352. Diese Verben lassen kohärente Infinitivkonstruktionen zu. Infinitivkonstruktionen gelten als korrelatunfreundlich, im Gegensatz zu Hier darf getanzt werden. (3-13) Es grüßt dich dein Paul. > Dein Paul grüßt dich. (3-14) Es meldete sich eine Frauenstimme. > Eine Frauenstimme meldete sich.

Andererseits ist es auch angemessen, von einem Korrelat-es im Sinne von Platzhalter zu sprechen, wenn ein extraponierter Subjektsatz vorhanden ist: (3-15) Es ist möglich, daß die Amerikaner nach acht Jahren mit Clinton aus reiner Freude am Wechsel wieder einen Republikaner wählen und daß der 43. Präsident dann heißt wie der 4L (FAZ, 16.6.99, S. 16) (3-15a) Möglich ist es, daß die Amerikaner [...].

n Vgl. Punkt 3.1.1. der vorliegenden Arbeit.

69 (3-15b) Möglich ist, daß die Amerikaner [...]. (3-16) Möglich ist, dass der Ex-Fraktionschef im Bundestag gar keinen Platz auf der PDS-Landesliste bekommt, sondern vom kommenden Wahlparteitag lediglich zum Bürgermeisterkandidaten ausgerufen wird. (Der Spiegel, 24/2001, S.97) Alle drei Varianten sind grammatische Konstruktionen des Deutschen. Die Realisierung/Nicht-Realisierung des es im Vorfeld ist dank der (unter Punkt 3.1.1. erwähnten) syntaktischen Ambivalenz strukturell bedingt. Im Mittelfeld ist es jedoch nicht obligatorisch und rungiert als ein Vorerwähntheitssignal. Interessant ist die Frage der Setzung bei dem Ausdruck möglich. Während bei (3-15) die Setzung fakultativ ist, wird sie beim erweiterten Matrixsatz fast obligatorisch: (3-15c) Wegen der Ereignisse der letzten Tage ist es möglich, daß ..... (3-15d) 7?Wegen der Ereignisse der letzten Tage ist möglich, daß..... Bei der Realisierung/Nicht-Realisierung des es im Mittelfeld stellt sich deswegen die semantisch-pragmatische Frage, ob dies für verschiedene Ausdrücke (z.B. gleich für möglich und wahr) verschieden wahrscheinlich ist. Auf alle Fälle wirkt die syntaktische Konstruktion ohne es (vgl. (3-15b) bzw. (3-16)) markierter und gehobener (siehe hierzu Punkt 3.1.5.1.b). Während die Setzung auf Vorerwähntheit hindeutet, kann die syntaktische Konstruktion ohne es eine spezielle Bedeutung haben: Sie distanziert sich von dem strukturell „normalen" Muster (es im Vorfeld+extraponierter Subjektsatz) und von dem Muster mit es im Mittelfeld und wird verwendet, um neue Information zu vermitteln oder um Besonderes, meistens Kontrastives auszudrücken, wie im nächsten Beleg: (3-17) Eine solche Behauptung ist unwahr. Wahr ist vielmehr, daß es ihm gelungen ist, diesen Eindruck zu erwecken. (SZ, 9.1.95, S. 10) In diesem Textstück wirkt wahr in Opposition zu dem unmittelbar vorhergehenden Adjektiv unwahr durch die Vorfeldstellung stärker als es wirken würde, wenn es ins Mittelfeld gestellt worden wäre: (3-17a) Eine solche Behauptung ist unwahr. Es ist vielmehr wahr , daß es ihm gelungen ist, diesen Eindruck zu erwecken. Syntaktisch ist die Vorfeldstellung des prädikativen Adjektivs an sich schon „korrelathemmend", denn die Vergabe der formalen Merkmale ist halbwegs geklärt. Semantopragmatisch ist eindeutig, daß das, was den Inhalt des Nebensatzes betrifft, als wahr (auf dieses Beispiel bezogen) zu betrachten ist. Die Konstruktion läßt hier keinen Platz für Präsuppositionsanzeiger oder Progressionsindikatoren, Funktionen, die das Korrelat es erfüllt, wenn es gesetzt wird. Mit der Setzung des Adjektivs im Vorfeld wird der höchstmögliche Kontrast erzeugt. Oppositionsbetonend und auf Vorerwähntheit hindeutend wäre noch eine Setzung des Korrelats im Mittelfeld. Sie würde jedoch keine solche starke Wirkung erzielen, wie die bloße Realisierung des Prädikativums im Vorfeld (vgl. (3-17) vs. (3- 1 Tb) Eine solche Behauptung ist unwahr. Wahr ist es vielmehr, daß es ihm gelungen ist, diesen Eindruck zu erwecken.

70 Im Mittelfeld ist das Korrelat es in Kopulakonstruktionen, abgesehen von den Konstruktionen mit der Korrelatverbindung es+ können/mögen +sein, fakultativ. Dies wird jedoch in der Fachliteratur nicht so gesehen und es wurden schon einige Versuche unternommen, den Gebrauch des es in dieser Position zu normieren. Es werden immer wieder bestimmte Faktoren erwähnt, die eine Setzung des Korrelats fordern bzw. hemmen sollen, nämlich der Nebensatztyp, der Wert der prädikativen Adjektive und das Vorkommen von gewissen Elementen als Teil der kategorialen Füllung des Matrixsatzes. Zum Nebensatztyp Diesbezüglich weisen Pütz (1975:23) und Eisenberg (1994: 494) auf Regularitäten hin, die in Verbindung mit dem Satztyp, den topologischen Regularitäten und dem Setzen/Nichtsetzen des Korrelats stehen. Nach Pütz stehe das Korrelat obligatorisch, „wenn das prädikative Adjektiv die Merkmale [+dass-Satz, +Infinitiv] trägt" und fakultativ „wenn er die Merkmale [+dass-Satz, -Infinitiv] trägt". Bei Eisenberg (1994: 494) liest man, daß es obligatorisch ist bei Adjektiven, die auch einen zu-Infinitiv als Subjekt zulassen. Zu dieser Gruppe gehören ärgerlich, entsetzlich, schädlich, erlaubt, begreiflich, fraglich, notwendig. Wo kein zu-Infinitiv als Subjekt möglich ist, kann es wegfallen wie bei sichtbar, bekannt, klar, ungewiß, sicher. Die Wirklichkeit scheint jedoch diese Regularitäten zu widerlegen. Von der Semantik der Valenzträger ausgehend kann gesagt werden, daß es Adjektive gibt, die keine satzwertigen Infinitivkonstruktionen zulassen. Es sind Adjektive, mit denen der Sprecher entweder die Tatsachengeltung oder Evidenz eines Sachverhalts abhebt, wie wahr, sicher, bekannt, gewiß, offenkundig, umstritten, oder aber mit denen der Sprecher die Tatsachengeltung oder die Wahrheit eines Sachverhalts in Frage stellt, wie strittig, fraglich, zweifelhaft. Diese Verteilung bestimmt aber nicht die Realisierung von Korrelatverbindungen. Daß die Subkategorisierungsfahigkeit der Valenzträger nicht als alleiniges Kriterium für die Setzung / Nichtsetzung eines Korrelats in den entsprechenden Konstruktionen gelten kann, zeigen die folgenden Belege. Es handelt sich dabei um prädikative Adjektive, die auch einen zu-Infinitiv als Subjekt zulassen, wie angenehm, ärgerlich, bedauerlich, begreiflich, fraglich, normal, peinlich: (3-18) Die Geldmenge als mittelfristige Orientierungsgröße verbietet mit ihrer moderaten Entwicklung durchaus keine Lockerungsübung. Angenehm wäre sicherlich auch, von dem relativ hohen Zinsniveau am unteren Ende des Zyklus noch einmal herunterzukommen. (SZ, 17.3.95, S.29) (3-19) Ärgerlich dabei ist, daß es der Koalition inzwischen nur noch um Geldbeschaffung geht. (SZ, 19.2.97) (3-20) „Ärgerlich und eine Unverschämtheit ist, daß die Reform auf dem Verordnungsweg von oben kommt", sagt Godehard Ruppert, [...]. (SZ; 31.1.97, S.42) (3-21) Bedauerlich ist nur, daß die Behauptungen dieser Damen von den Medien immer wieder meist höchst unkritisch kolportiert werden und [...]. (SZ, 25.1.95, S. 11) (3-22) Trotzdem bleibt schwer begreiflich, wie ein Durchschnittschinese sich all die Herrlichkeit jener Tafelfreuden leisten kann, [...]. (SZ, 13.5.95, S.3)

71 (3-23) Fraglich sei, ob sie überhaupt vom Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung angenommen werde. (SZ, 20.1.95, S.27) (3-24) Nicht mehr ganz normal und ziemlich peinlich ist, wie lange schon der Senat einen Kulturstaatssekretär für Peter Radunski sucht. (SZ, 29.1.97, S. 10) Diese Belegliste ist nur ein kleiner Ausschnitt von dem, was der Sprachwirklichkeit entspricht, und könnte unendlich weitergeführt werden. Sie reicht jedoch aus, um zu zeigen, daß es in Mittelfeldposition und in Abhängigkeit von Kopulakonstruktionen mit Adjektiven als Valenzträgern nicht a priori obligatorisch sein kann. Exemplarisch werden Beispiele mit dem Adjektiv angenehm diskutiert. (3-25) Es ist für uns sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen. (SZ, 18.4.95, S.9) (3-26) Es ist angenehm zu sehen, wie es in der Welt zugehen könnte, wenn Gott nur höhere Budgets und bessere Drehbuchschreiber hätte. (Arthur Miller, SZ, 13.1.96, S.908) (3-27) 'Angenehm ist es, vom sicheren Land eines ändern Seenot zu schauen', heißt es bei dem römischen Dichter Lukrez. (SZ, 5.4.95, S.906) (3-28) Mir ist es angenehm, wenn die Frau dort die Sachen hat, wo sie hingehören, ja? (SZ; 15.4.95, S. 17) (3-18) Angenehm wäre sicherlich auch, von dem relativ hohen Zinsniveau am unteren Ende des Zyklus noch einmal herunterzukommen. Es ist bei allen diesen Satzbeispielen im Mittelfeld fakultativ, wie die Umstellprobe zeigt: (3-25a) Für uns ist sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen. (3-26a) Angenehm ist zu sehen, wie es in der Welt zugehen könnte, wenn Gott nur höhere Budgets und bessere Drehbuchschreiber hätte. (3-27a) 'Angenehm ist, vom sicheren Land eines ändern Seenot zu schauen', heißt es bei dem römischen Dichter Lukrez. (3-28a) Mir ist angenehm, wenn die Frau dort die Sachen hat, wo sie hingehören, ja? Dasselbe Bild wiederholt sich bei anderen Adjektiven, die auch satzwertige Infinitivkonstruktionen zulassen. Die Setzung des Korrelats scheint in Verbindung mit Kopulakonstruktionen strukturell nicht obligatorisch zu sein. Jedoch wirken die Strukturen, je nach syntaktischer Konstellation und Umgebung, unmarkierter und deshalb gewöhnlicher oder markierter und deshalb ungewöhnlicher. Man kann von einer Akzeptabilitätsskala sprechen, aber nicht von Ungrammatikalität. Ein Vergleich von verschiedenen Stellungsmöglichkeiten, nach dem Akzeptabilitätsgrad geordnet, verdeutlicht dies. (3-25 ) Es ist für uns sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen. (3-25b) Für uns ist es sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen. (3-25c) Sehr angenehm ist es für uns, daß wir das Geld bekommen. (3-25a) Für uns ist sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen. (3-25d) Sehr angenehm ist für uns, daß wir das Geld bekommen.

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Nach Meinung von Informanten scheint (3-25d) am ungewöhnlichsten zu sein, keiner der Sprecher hat es jedoch als ungrammatisch eingestuft. Für jeden Satz, der mit der entsprechenden Intonation geäußert wird, ist dann ein bestimmter Kontext denkbar. Der Sprecher hat die Wahl, gemäß der eigenen Intention. Die Setzung bzw. die Nicht-setzung des Korrelats hat hier mit der Fokus-Hintergrund-Gliederung des Satzes zu tun, und ist nicht strukturell bedingt. Zum Wert des Adjektivs in Kopulakonstruktionen Bezüglich der Semantik der Adjektive äußert sich Sandberg (1998: 70-82). Es wird anhand der Adjektive begreiflich, bekannt, deutlich, egal, fraglich, gleichgültig, klar, sicher und verständlich eine andere Art der Erklärung versucht, und zwar anhand der Opposition „normale" Adjektive vs. Adjektive, die durch eine modale Infinitivkonstruktion ersetzt werden können. Sandbergs Erklärung wird in der vorliegenden Arbeit am Beispiel des Adjektivs begreiflich dargestellt. Sandberg stellt die Regel auf, daß, wenn begreiflich durch einleuchtend, evident und plausibel ersetzt werden kann, es als „normales" Adjektiv fungiert. In diesem Fall wird ein Korrelat gesetzt: (3-29) Da war es begreiflich, daß ein jeder wünschte, persönlicher Verkehr und Verhandlungen möchten helfen, herzliches Einvernehmen zwischen den Herrschern andauernd zu befestigen [...]. (H.-J. Schädlich, in Sandberg, 1998: 71)

Ohne Korrelat verwendet, entspricht die Konstruktion einer modalen Infinitivkonstruktion, bei der das Korrelat wegfallen kann: (3-30) Trotzdem ist schwer begreiflich, daß sich keine dieser Frauen nach 1945 gefragt hat: [...]? (Die Zeit, 20.9.1985, S.75, in Sandberg, 1998: 71)

Sandberg versucht das Setzen bzw. Nichtsetzen des Korrelats an den kategorialen Wert des Adjektivs zu binden, indem er Substitutionen durch Lexeme derselben grammatischen Kategorie vorschlägt. Diese Substitutionstests sind jedoch problematisch, weil jedes Lexem eine andere Bedeutung und deswegen einen anderen Gebrauch hat. Außerdem ist die kategoriale Zugehörigkeit hier nicht relevant, denn begreiflich bleibt kategorial ein Adjektiv, selbst wenn die syntaktische Konstruktion, in der es sich befindet, eventuell einer 'modalen Infinitivkonstniktion' semantisch ähnelt. Ferner wäre die Nichtsetzung des Korrelats im ersten Beispiel nicht ungrammatisch: (3-29a) Da war begreiflich, daß ein jeder wünschte, [...].

Die Verhältnisse in den Modalkonstruktionen werden von Sandberg folgendermaßen zusammengefaßt (1998: 72):12

12

Hier werden unter Beibehaltung der Originalinterpunktion und -Orthographie lediglich Punkt a) und b) zitiert.

73 a) Bei Produkt-Verben steht kein es in dem dem B-Satz vorausgehenden -Satz, folglich auch nicht bei der Permutation. Es steht selbstverständlich in der Funktion als Aussagesatzsignal. Beispiel: Es ist dabei nicht zu begreifen, daß [...] bzw. Dabei ist nicht zu begreifen, daß [...]. b) Bei Verben des Haupttypus steht in jeder, [dieses Komma steht im Originaltext] möglichen Position ein es in dem linksgestellten -Satz. Eine Permutation ist nur mit einem rfas-Einschub möglich. Beispiel: Dabei ist es zu begrüßen, daß [...]. Daß [...], das ist zu begrüßen.

Bei Punkt a) ist nicht einleuchtend, warum bei Extraposition des Nebensatzes kein Korrelat gesetzt werden darf. Es ist zwar richtig, daß das Korrelat bei einer anderen Vorfeldfüllung wegfallen kann, aber ungrammatisch ist der folgende komplexe Satz mit einer Korrelatkonstruktion gewiß nicht: (3-31) Dabei ist es nicht zu begreifen, daß sie sein Angebot nicht angenommen hat.

Genausowenig leuchtet Punkt b) ein. Weder ist die Konstruktion mit dem Demonstrativum das als wiederaufnehmende Proform, die dem Muster der Konstruktion 'Linksversetzung' entspricht, bei Topikalisierung des Nebensatzes zwingend, (3-32) Dabei ist es zu begrüßen, daß die neue Regelung ab Januar gelten wird. (3-32a) Daß die neue Regelung ab Januar gelten wird, ist dabei zu begrüßen. (3-32b) Daß die neue Regelung ab Januar gelten wird, das ist dabei zu begrüßen. noch ist das Korrelat hier obligatorisch: (3-32c) Dabei ist zu begrüßen, daß die neue Regelung ab Januar gelten wird.

Hier handelt es sich stets um ein fakultatives es, das im Mittelfeld gesetzt wird, und das dann die Rolle eines Vorenvähntheitssignals erfüllen kann. Die Setzung bzw. Nichtsetzung ist zwar mit bestimmten pragmatischen Effekten verbunden, jedoch beeinträchtigt sie die Grammatikalität des Satzes nicht. Zu bestimmten Elementen der kategorialen Füllung des Matrixsatzes Das Vorkommen von Gradpartikeln im Matrixsatz soll nach Ulvenstad/Bergenholtz (1983: 21) den Gebrauch von es einschränken. Dies soll für akkusativische und für nominativische Korrelate gelten. Es mag zwar sein, daß man von einer solchen Tendenz sprechen kann, aber dies kann nicht verallgemeinert werden. Man könnte z. B. eine Umformung eines der obigen Beispiele (3-25) vornehmen und eine Gradpartikel hinzufügen: (3-25e) Für uns ist es sogar sehr angenehm, daß wir das Geld bekommen.

Genauso gut finden sich Belege, bei denen trotz des Vorkommens einer Gradpartikel im Matrixsatz ein Korrelat gesetzt wird: (3-33) Neuerdings ist es sogar möglich, Veränderungen mit bildgebenden Verfahren zu untersuchen. (SZ, 8.1.98,8.24) (3-34) Gerade heute ist es wichtig, die großen spirituellen Traditionen des Islam sowie seine sozialen und zivilisatorischen Leistungen wieder einmal in Erinnerung zu rufen und [...]. (FAZ, 30.4.99, S.44)

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Kopulakonstruktionen mit substantivischen Prädikatsnomen werden hier nicht gesondert behandelt, weil sie sich bezüglich des Korrelatgebrauchs nicht anders verhalten als die Konstruktionen mit einem prädikativischen Adjektiv, was Beleg (3-20), in dem ein adjektivisches und ein substantivisches Prädikatsnomen vorkommen, illustriert: (3-20) „Ärgerlich und eine Unverschämtheit ist, daß die Reform auf dem Verordnungsweg von oben kommt", sagt Godehard Ruppert, [...].

Auch bei prädikativischem Substantiv kann ein Korrelat vorhanden sein, wie im folgenden Beleg: (3-35) Denn ihre Aufgabe ist es, den Kindern zu helfen, wenn sie vor ihnen stehen und fragen: "Kannst du mir bitte mal meine Jacke und meine Schuhe zumachen?' (SZ, 23.1.95)

Die Strukturen, die in den beiden Belegen ((3-20) und (3-35)) vorkommen, sind Gliedsätze und fungieren syntaktisch als Subjektsätze. Ihr Satzstatus als Gliedsätze ist eine sachgerechte und vom Usus erprobte Klassifizierung, denn sie stehen anstelle einer Nominalphrase als Subjekte komplexer Sätze. Um zu einer Erklärung bezüglich der Realisierung/Nicht-Realisierung des Korrelats es in Verbindung mit substantivischen Prädikatsnomen und satzwertigen Infinitivkonstniktionen, d.h. Strukturen wie (3-45), zu gelangen, versucht Sandberg gegen diese Tatsache zu argumentieren. So sei dieses es nach ihm kein Platzhalter für den Subjektsatz, weil der abhängige Subjektsatz kein Gliedsatz ist, sondern ein Attributsatz (!) zum Substantiv Aufgabe. Hier wird nicht seine ganze Argumentation wiedergegeben, die sich über viele Seiten erstreckt (vgl. Sandberg 1998: 5263). Trotzdem muß ein Teil davon erwähnt werden. Ausgangspunkt ist der folgende Beispielsatz: (3-36) Aufgabe von Staat und Regierung ist es, ein soziales Sicherheitssystem zu gewährleisten. (Sandberg, 1998: 55)

Mit Umformungen, die keineswegs zulässig sind, weil die syntaktische Struktur und die syntaktischen Verhältnisse völlig verändert werden, wie im folgenden Beispiel, (3-37) Die Aufgabe, ein soziales Sicherheitssystem zu gewährleisten, ist die/diejenige von Staat und Regierung. (Sandberg, 1998: 58)

versucht Sandberg zu beweisen, daß die satzwertige Infinitivkonstruktion (in (3-36)) als ein Gliedte//satz, d.h. als ein Attributsatz eingestuft werden muß. Für das es sieht er eine fünffache Funktion vor (vgl. S.59f). Die korrelative Funktion wird dabei nicht erwähnt. b) Die Fakultativität oder die Kunst des Schreibens Wie soeben dargestellt wurde, ist das Korrelat es in Verbindung mit Kopulakonstruktionen nur in einem Fall obligatorisch, nämlich als Vorfeld-/Korrelat-es, und dies vorausgesetzt, daß keine andere Vorfeldfüllung vorhanden ist. Im Mittelfeld ist das Korrelat es, abgesehen von den Konstruktionen mit der Korrelatverbindung es + können/mögen + sein, fakultativ, d.h. es muß nicht gesetzt werden. Die Frage, ob im Falle von Fakultativität die Setzung des Korrelats überwiegt, wird in der vorliegenden Arbeit nicht zu beantworten sein, denn dazu brauchte man ein „geschlossenes" Korpus und dessen statistische

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Bewertung. Allerdings ist eines sicher: Die Korrelatkonstruktion gilt als unmarkierter als eine Konstruktion ohne Korrelation. Vielleicht läßt sich aus dieser Tatsache der Schluß ziehen, daß trotz Fakultativität meistens ein Korrelat gesetzt wird. Statt eine Antwort auf diese Frage zu suchen, kann man anhand eines Textstückes zu zeigen versuchen, daß die Setzung des Korrelats im Falle von Fakultativität eine Sache der Stilistik und ebenso des Individualstils ist. Auch die zunehmende Schriftlichkeit der Sprache spielt hier eine Rolle. Dabei muß man im Auge behalten, daß jede syntaktische Konstruktion eine bestimmte Bedeutung hat und als solche vom Sprecher/Schreiber verwendet wird. Der Text zeigt sehr schön, wie der Autor in seiner Argumentation von einer unmarkierten syntaktischen Struktur zu einer markierten kommt, um die Dringlichkeit der Argumentation zu unterstützen: (3-38) Es[l] ist nur scheinbar paradox, daß ausgerechnet Wirtschaftsstrategen die Wissenschaftsminister warnen, sie sollten sich nicht zu Handlangem des Kapitals machen. Nichts spricht dagegen, daß Universitäten außer Bildung auch Ausbildung betreiben und neben Grundlagenforschung auch angewandte Forschung. Gefahrlich wird das erst, wenn Bildung und Grundlagenforschung kurzsichtigem Profitdenken geopfert werden. Richtig ist es[2], daß auch Hochschulen sparsam und effektiv wirtschaften müssen. Fatal wird das, wenn man dabei übersieht, daß Universitäten, aber auch Fachhochschulen etwas anderes sind als Wirtschaftsunternehmen. Ratsam ist ferner[3], daß sich die Universitäten auf ihre Stärke konzentrieren; aber deshalb müssen sie nicht gleich die kleinen Fächer wegrationalisieren. (FAZ, 27.1.99, S.l)

Hier dienen die Korrelatkonstruktionen als rhetorische Mittel. Wird das Korrelat am Anfang des Abschnittes „stilneutral" und unmarkiert gesetzt [1], wird es am Ende des Abschnittes fallen gelassen [3], um durch den Gebrauch einer markierteren syntaktischen Struktur, der Nichtsetzung des Korrelats, die Aufmerksamkeit des Lesers zu erregen. Außerdem wird hier ein „neues Argument" eingefühlt. In der Mitte des Textes befindet sind eine gegenüber der ersten markiertere Variante [2], die ihren Platz genau zwischen der ersten, gewöhnlichen Konstruktion, und der letzteren, markierteren Variante [3] hat. Der Gebrauch des Korrelats deutet hier auf „Vorerwähntheit" hin. c) Spaltsätze und korrelative Subordination Allgemeine Charakteristika von Spaltsätzen In Verbindung mit Kopulakonstruktionen sind noch zwei Erscheinungen zu nennen, nämlich der Sperr- (Pseudocleft-Satz) und insbesondere der Spaltsatz (Cleft-Satz). Spaltsätze sind im Rahmen dieser Untersuchung insofern relevant, als sie ein Korrelat praktisch als einen Bestandteil ihrer syntaktischen Struktur aufweisen. Spalt- und Sperrsätze gelten in der Fachliteratur nicht als eine Zentralerscheinung der deutschen Syntax. Nach Lehmann (1984: 359) benötigen Sprachen wie das Deutsche, das eine relativ freie Wortstellung hat, solche Hervorhebungsstrategien nicht, weil den Sprechern schon eine Fokussierung durch Umstellung der Konstituenten zur Verfügung steht: (3-39) Marianne hat ihren WÄgen verkauft / Ihren WÄgen hat Marianne verkauft.

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Das wirkungsvolle Mittel der Fokussierung ist jedoch die Satzspaltung, denn dadurch wird die zu fokussierende Konstituente vom Restsatz isoliert: (3-39a) Dir WÄgen ist es, den/was Marianne verkauft hat.

Durch die Spaltung entsteht erst ein Nebensatz - ein Relativsatz - und aus einem einfachen wird ein komplexer Satz. Im Relativsatz wiederholt sich dann der Fokusausdruck: (3-40) Der Schrei des Kindes ist es, dem unsere Theorien von Liebe, Haß, Gewalt entsprechen müssen. (FAZ, 10.4.99, S.46)

Spaltsätze werden syntaktisch sowohl von Büß mann als auch von der IDS-Grammatik so definiert, daß immer ein Korrelat in ihrer Struktur auftaucht. So ist bei Bußmann (1990: 693) ein Spaltsatz eine Syntaktische Konstruktion der Form es mit der Kopula sein + Prädikatsnomen + (aufs Prädikatsnomen bezogener) Relativsatz; [....].

In der IDS-Grammatik (1997: 528f.) liest man: Struktur des Spaltsatzes: Es Kopulaverb NP/PP/ADVP Relativum/daß-Satz (Assertive KM)13 Kopulaverb es NP/PP/ADVP Relativum/daß-Satz (Entscheidungsfrage-KM).

Pragmatisch können Spalt- und Sperrsätze verwendet werden, um zu fokussieren und zu thematisieren. Ihre wichtigste Funktion liegt aber in der Möglichkeit, durch ihre syntaktische Struktur im Gesamtsatz zwei Höhepunkte gleichzeitig zu schaffen. Dies macht sie für Kontrast und Korrektur geeignet: (3-41) Denn selbst wenn der Himmel am 11. August vollständig mit Wolken bedeckt sein sollte: Es wird gegen 12:30 Uhr jemand kommen, der das Licht ausschaltet. Heute wissen wir: Es ist nur der Mond, der das Licht ausschaltet. (FAZ, 20.7.99, S. T 1)

Spaltsätze und Korrelate Der Gebrauch von Korrelaten in Spaltsätzen - hier ganz im Sinne von Platzhaltern scheint sich vom üblichen Korrelatgebrauch nicht zu unterscheiden. So wird bei Spaltsätzen, die syntaktisch als Subjektsätze fungieren, das Korrelat es verwendet. Das Korrelat es kann sich im Vor- oder Mittelfeld befinden und hält topologisch und syntaktisch den Platz im Matrixsatz für den extraponierten Relativsatz. Die Reihenfolge Matrixsatz + extraponierter Nebensatz ist obligatorisch. Sie entspricht einer Linearität in der syntaktischen Struktur des Spaltsatzes, die nicht strukturell, sondern konstitutiv ist. Auffällig beim Spaltsatz ist, daß bei der Spaltung ein Korrelat stets im Matrixsatzrest gesetzt wird. Alle von mir gesammelten Belege enthalten ein Korrelat. Ausnahme hierzu ist folgendes Beispiel von Engel: (3^12) Lesen ist (es), was dir fehlt. (Deutsche Grammatik 1991: 297)

13

KM = kommunikative Minimaleinheit. Anmerkung der Verfasserin.

77 Durch die Klammersetzung verdeutlicht der Autor, daß das Korrelat fakultativ ist. Alle seine übrigen Beispiele zum Spaltsatz enthalten jedoch ohne Ausnahme ein Korrelat. Daß ein Wegfall hier möglich ist, kann nur der Nebensatztyp erklären. Es handelt sich um einen freien Relativsatz, der „per definitionem"14 unkorreliert bleibt. Bei Relativsätzen mit Bezugsnomen (vgl. Lehmann 1984: 44ff.) ist ein Korrelat erforderlich. Von daher ist es möglich anzunehmen, daß ein Korrelat in Spaltsätzen quasi-konstitutiv ist. Von einer absoluten Obligatorik des Korrelats kann jedoch nicht die Rede sein. Spaltsätze und korrelative Subordination Nach Altmann (1981: 7) ist die Satzspaltung nur in gewissem Sinne eine Form von Herausstellung, denn das herausgestellte Satzglied ist selbst in einen Verbletztsatz eingebaut, der die Prädikation enthält. Im Gegensatz dazu ist bei Links- oder Rechtsversetzung der Satz ohne die herausgestellte Konstituente ein formal und inhaltlich selbständiger Ausdruck. Formal kann die Satzspaltung als ein Typus von korrelativer Subordination durch Extraposition gelten. Altmann unterscheidet zwischen Extraposition von Gliedsätzen, von Gliedteilsätzen (im Matrixsatz verbleibt ein Bezugselement) und Übergängen zwischen beiden Typen. Hier ist unter anderen die korrelative Extraposition gemeint, bei der bei der Extraposition des Gliedsatzes ein Korrelat im Matrixsatz bleibt. Die Extraposition ist in erster Linie topologisch und syntaktisch bedingt. Ganz anders ist es bei der Satzspaltung. Hier stehen Fokussierungsstrategien im Vordergrund, deswegen entsteht der Nebensatz und folglich dessen Extraposition. Der Sprecher will eine bestimmte Konstituente hervorheben. Das tut er durch „Isolierung" der Konstituente. Erst dadurch wird Fokussierung möglich. Die Prädikation über das hervorgehobene Satzglied wird in einen Relativsatz eingebaut, der dann als Satz extraponiert werden muß.

3.1.5.2. Vollverbkonstruktionen a) Obligatorik vs. Fakultativität des Korrelats Das Verhalten des Korrelats es in Verbindung mit Subjektsätzen, die von Vollverben subkategorisiert werden, unterscheidet sich von jenem in Kopulakonstruktionen sehr geringfügig. Mit wenigen Ausnahmen wiederholt sich hier dasselbe Bild. So läßt sich es im Vorfeld syntaktisch nicht eindeutig klassifizieren - vgl. hierzu Punkt 3.1.1. dieses Kapitels

14

Der Ausdruck 'freier Relativsatz' wird hier gemäß dem Usus verwendet, nämlich im Sinne von „bezugswortlos". Lehmann (1984: 293) gebraucht ihn in einem weiteren Sinne und bezeichnet damit eine „Vereinigungsmenge von Relativsätzen mit internem Nukleus und Relativsätzen ohne Bezugsnomen". Nach Lehmann sei dies sinnvoll, denn die Elemente dieser Sätze „haben gemeinsam, daß sie nicht neben einem Bezugsnomen eingebettet sind", was ihnen „einen höheren Grad an Selbständigkeit gegenüber dem Hauptsatz - daher „freier Relativsatz" - verleiht".

78 - und ist in dieser Position obligatorisch, wenn keine andere Vorfeldfiillung vorhanden ist. Ein Vergleich von folgenden Belegen verdeutlicht dies: (3-43) Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der irischen Teilung, daß irische Bürger in Britannien wählen und gewählt werden dürfen. (SZ,2. l .95, S. 3) vs. (3^44) Für die Behandlung von Migräne ist von besonderer Bedeutung, daß die Betroffenen lernen, ihre Lebensweise zu korrigieren. Dazu gehört, auslösende Faktoren wie den Verzehr von Käse, Schokolade und Weißwein einzuschränken, und [...]. (SZ, 3.1.95, S.910) Während bei (3-43a) eine Nichtsetzung des Korrelats im Mittelfeld nicht störend wirken würde (3-43a) Zu den Merkwürdigkeiten der irischen Teilung gehört, daß .... und eine Setzung markiert, (3-43b) Zu den Merkwürdigkeiten der irischen Teilung gehört es, daß .... wirkt das Korrelat in Beleg (3-44a) fast inakzeptabel: Für die Behandlung von Migräne ist von besonderer Bedeutung, daß [...]. ?*Dazu gehört es, auslösende Faktoren wie den Verzehr von Käse, Schokolade und Weißwein einzuschränken, und [...]. Die Gründe dafür werden gleich anschließend in diesem Abschnitt diskutiert. Im Mittelfeld kann das Korrelat es fakultativ sein: (3-45) Bei seinem aktuellen Kampf gegen den neuen Weg ärgert ihn besonders, daß das Forstamt den Pachtvertrag für die in diesem Gebiet liegende Anwurßtütte gekündigt hat. (SZ, 23.2.95, S.42) Im Falle einer Nichtsetzung wird man kaum von Ungrammatikalität sprechen können, sondern von einer kleineren oder größeren Markiertheit bzw. Akzeptabilität. Mitunter gibt es Fälle, bei denen eine Korrelatkonstruktion eindeutig bevorzugt (3-2) oder vermieden (346) wird: (3-2) Dem ZDF-Autor Jurek Sladkowski ist es als erstem zivilen Femsehjournalisten gelungen, in die Tabuzonen des einstigen sowjetischen Imperiums vorzudringen. (3-46) Nach Darstellung des Auswärtigen Amtes ergibt sich daraus, daß es bei der ablehnenden Haltung bleibe. (SZ, 24.1. 98, S.5) Von einer absoluten Obligatorik oder einem absoluten Verbot kann jedoch nicht die Rede sein. Hinsichtlich der Obligatorik des Korrelats verfassen viele Autoren Verblisten, die die Setzung normieren sollen. Beispielsweise kommt Köhler (1976: 221 ff.) in seiner Aufzählung, die sich an dem Kleinen Valenzlexikon orientiert, auf 60 verschiedene Verben bzw. komplexe Prädikate, während Engel (1988: 253f.) 17 Verben verzeichnet, bei denen ein Korrelat es obligatorisch gesetzt werden muß. Der quantitative Unterschied zwischen beiden Auffassungen ist sehr auffällig und regt zur genaueren Beobachtung an. In der vorliegenden Arbeit wird deswegen und stattdessen von einem Kontinuum-Modell ausgegangen, in dem die Akzeptabilität der Setzung bzw. Nichtsetzung größer oder kleiner ist.

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Ausgangspunkt der Darstellung sind Fälle, bei denen eine Korrelatsetzung eindeutig bevorzugt wird, und die dafür vorhandenen Gründe. Fälle von syntaktischer Ambivalenz in Bezug auf den Valenzträger Hierher gehören 'relationale' Verben, wie abhängen von, liegen an, liegen in, sich ergeben aus, folgen aus, resultieren aus... , die Doppelgliedsatzkonstruktionen zulassen. Es sind dies Subjekt- und Präpositionalobjektsätze. Selten werden beide Nebensätze gleichzeitig ausgebaut: (3-47) Ob es zu jener wirtschaftlichen Homogenität kommt, hängt allerdings ebenso davon ab, wer überhaupt an der Währungsunion teilnimmt, und [...]. (SZ, 7.1.98, S.23)

Oft wird jedoch nur ein Teilsatz ausgebaut: (3-48) Obgleich wir alle mit den Festlegungen, den Begabungen und Behinderungen eines genetischen Programms leben müssen, hängt es, jedenfalls aus der Perspektive des Handelnden, von unseren Antworten ab, wie wir mit solchen Fakten oder dem, was wir für Gegebenheiten der Geburt halten, umgehen. (J. Habermas, SZ, 17.1.98, S. 13.)

Im nächsten Beleg (3-49) liegt, wie im letzteren (3-48), eine bestimmte Korrelatkonstruktion - Korrelat es im Matrixsatz+extraponierter Subjektsatz - vor, (3-49) Doch daran lag es nicht, daß diese Kiez-Geschichte über die Ermordung eines Polizisten eine der schlapperen Art war. (SZ, 3.1.95, S. 16)

während in (3-50) ein anderer Satzbauplan vorkommt, nämlich ein ausgebauter korrelierter Präpositionalobjektsatz. Als Korrelat im Matrixsatz fungiert das Pronominaladverb daran: (3-50) Das liegt daran, daß er „nichts monotones machen will", wie er erklärt. (SZ, 3.1.98, S. 37)

Das Korrelat es erfüllt in Beleg (3-49) eine Disambiguierungsfunktion zwischen den syntaktischen Konstruktionen Subjekt- und Präpositionalobjektsatz. Beim Valenzträger liegen an sind beide Typen von Ausbausätzen möglich. Dadurch, daß das Pronominaladverb daran auch vorkommt, und zwar als Substitut für eine vorher im Text erwähnte Präpositionalphrase, würde eine Weglassung des Korrelats es die Rezeption des Satzes für Hörer/Leser schwieriger gestalten. Das Korrelat dient dazu, syntaktische Klarheit zu schaffen: (3-49a) ?Doch daran lag nicht, daß diese Kiez-Geschichte über die Ermordung eines Polizisten eine der schlapperen Art war.

Eine Nichtsetzung des Korrelats muß bei Beleg (3-50a) jedoch als ungrammatisch gesehen werden. Hier kommen darüber hinaus andere Faktoren ins Spiel, wie die Bedeutungshaltigkeit der Präposition, die homonyme Verben wie liegen an/in/bei disambiguiert. Dies wird weiter unten an entsprechender Stelle erörtert: (3-50a) *Das liegt, daß er „nichts monotones machen will", wie er erklärt.

Statt einer Nichtsetzung des Korrelats können allerdings bei Subjektsätzen weitere Schreiber-Sprecher-Strategien angewandt werden, die das Verständnis der Mitteilung

80

nicht beeinträchtigen, wie die Topikalisierung des Subjektsatzes, die eine Setzung ohnehin ausschließt, (3-51) Daß Jürgen Dollingers Start in der neuen Firma möglich und erfolgreich war, liegt sicher nicht allein daran, daß sein Chef so offen ist. (SZ, 3.1.98, S. 37)

oder der Ausbau von nur einem Satzglied: (3-52) Nun liegt es an der Regierung Jospin, mit mehr Kühnheit neue Wege zu erforschen. (SZ, 5.1.98,8.4)

Während bei Prädikaten wie abhängen von, liegen an, liegen in, ... die Setzung von Korrelaten bei Subjektsätzen nahezu unvermeidbar und bei Präpositionalobjektsätzen erforderlich ist, haben Verben wie beispielsweise folgen aus oder kommen zu eine fast konträre Strategie entwickelt, bei der das Korrelat stets wegfällt. Bei folgen aus ist im Falle eines Ausbaus des Subjektsatzes die Nichtsetzung die unmarkierte, „normale" Konstruktion: (3-53) Daraus folgt, daß die Lockerung des Korsetts allenfalls Erleichterung, aber keine Gesundung verspricht. (SZ,2.2.96, S.4) (3-53a) Es folgt daraus, daß (3-53b) ?Daraus folgt es, daß

Das Pronominaladverb daraus, hier in Substitutfunktion einer vorher im Text erwähnten Präpositionalphrase, besetzt das Vorfeld. Es fungiert jedoch nicht als Korrelat für einen Präpositionalobjektsatz. Das eigentliche Korrelat für den Subjektsatz - das Pronomen es wird nicht gesetzt. Man kann diese Präferenz für die Nichtsetzung verstehen, wenn man an die Textorganisation denkt. Vor der Formel daraus folgt wird im Text etwas gesagt, worauf das jetzt Gesagte folgt. Außerdem wird neue Information gegeben. Das Korrelat es als rhetorische Unterstützung bzw. Vorerwähntheitssignal wäre hier fehl am Platze und ist sogar unerwünscht, denn es würde den Textverlauf stören. Dasselbe gilt für dazu gehört (vgl. hierzu auch Beleg (3-44)), hinzu/dazu kommt: (3-54) Hinzu kommt, daß der Zusammenprall zwischen West und Ost in Nepal um so heftiger ausgefallen ist, weil das Land bis 1951 praktisch von der Welt abgeschnitten war - [...]. (SZ, 20.1.98,8.905)

Die Hinzufügung von weiteren möglichen Elementen der kategorialen Füllung des Satzes, wie hier Adverbialen, hat auf die Präferenz für die Nichtsetzung offenbar keinen Einfluß: (3-55) Erschwerend kommt hinzu, daß die rTMS, wenn sie falsch angewendet wird, auch Schaden anrichten kann.15 (SZ, 8.1.98,8.23) (3-56) Daraus folgt zwingend, daß jedes Rückspiel genau andersherum ausgeht. (SZ, 11.1.96, S.54)

15

rTMS = repetitive Magnetstimulation. Anmerkung der Verfasserin.

81

Homonyme Verben Eine Korrelatkonstruktion kann auch dazu dienen, homonyme Verben zu disambiguieren. Dies ist bei Prädikaten wie gelten, heißen, verstehen der Fall. Diese Verben haben alle mehrere Bedeutungen, die durch verschiedene syntaktische Konstruktionen auseinandergehalten werden können. Exemplarisch wird hier das Verb gelten dargestellt. Das Verb gelten weist mindestens drei unterschiedliche Bedeutungen auf, die in diesem Zusammenhang relevant sind: 1. Eine kopulaähnliche Bedeutung: Das strukturelle Muster entspricht der Konstruktion mit der Partikel als. Von vornherein durch die Partikel disambiguiert, ist eine Korrelatkonstruktion hier fakultativ und gehorcht allen bisher diesbezüglich dargestellten Punkten. Es ist im Vorfeld obligatorisch und im Mittelfeld fakultativ: (3-57) Es galt als sicher, daß das höchste UN-Gremium die Resolution für den Kosovo-Friedensplan noch am Abend verabschieden würde. (FAZ, 11.6.99, S.l) (3-58) In Justizkreisen gilt als sicher, daß Schneider wegen betrügerischen Bankrotts, Betrugs und Urkundenfälschung angeklagt wird. (SZ, 3.1.97, S.21)

2. Eine Bedeutung, die sich als Geltung oder Gültigkeit haben beschreiben läßt. Hier ist eine Konstruktion ohne Korrelat der unmarkierte Fall: (3-59) Für den privaten Anschluß gilt, daß viele Tarife billiger, durch die Konkurrenzvielfalt allerdings auch komplizierter werden. (SZ, 3.1.98, S.23)

3. Eine modalverbähnliche Bedeutung, die sich als müssen oder es ankommen ow/paraphrasieren läßt. Es handelt sich allerdings um eine unpersönliche Konstruktion, denn das Verb gelten vergibt in dieser Bedeutung keine Subjektrolle. Ein es wird eingesetzt, wie in Konstruktionen mit formalem Subjekt-es : (3-60) Leider regnet es. (3-61) Leider gibt es heute keinen Kuchen.

Bei der Realisierung der Komplementstelle als Nebensatz bei gelten wird ebenso ein es gesetzt, dessen syntaktischer Status sich als 'lexikalisches-es' bestimmen läßt. Das lexikalische es unterscheidet aber diese Konstruktion, die eine eigene Bedeutung hat, von den schon aufgezeigten anderen ((3-57) - (3-59)): (3-62) Wo der Verlauf aber auf der Hand liegt, gilt es, das Stück zu motivieren, um es nachvollzierbar zu machen. (SZ, 2.1.98, S.12) (3-63) Schließlich gilt es nicht zuletzt, Vandalismus durch Atmosphäre zu verhindern. (SZ, 2.1.97, S.l)

In den obigen Beispielen handelt es sich ausnahmslos um Infinitivkonstruktionen, die vom Verb gelten regiert werden. Diese satzwertigen Infinitivkonstruktionen fungieren jedoch nicht als Subjektsätze, sondern als Verbativergänzungen, denn eine Subjektrolle ist bei gelten - hier als es gilt zu - nicht vorgesehen. Verbativergänzungen werden nach Engel (1991: 251) und nach der IDS-Grammatik (1997: 1118) nur satzförmig realisiert. Sie gehören, ebenso wie der Acl, den peripheren Ergänzungsklassen an (vgl. Engel 1991: 198

82

und die IDS-Grammatik 1997: 1117f.) und werden wohl aus diesem Grund von anderen gängigen Grammatiken nicht erwähnt. Sie kommen, wenn sie von Prädikaten wie gelten als es gilt zu - subkategorisiert werden, als satzwertige Infinitivkonstruktionen vor. Die IDS-Grammatik (1997: 1118) klassifiziert das in diesem Satzmuster auftretende es als ein obligatorisches Korrelat und gibt das folgende Beispiel dazu: (3-64) „Wir fechten", sagte Wehner, „nicht die Prinzipien der Deutschland-Politik der Regierung an", es gelte aber, diese jetzt den veränderten Weltverhältnissen anzupassen. (FAZ, 13.1.66, 4, in: IDS-Grammatik, 1997:1118)

Die Klassifizierung des es als Korrelat ist tatsächlich problematisch, wenn man an die Umstellprobe denkt: (3-64a) Wir fechten *gelte aber.

an. Diese jetzt den veränderten Weltverhältnissen anzupassen, gelte es /

Außerdem muß man noch sagen, daß Infinitivkonstruktionen, noch dazu als Verbativergänzungen, mit dem regierenden Verb sehr eng verbunden sind. In dem hier dargestellten Fall ist diese Verbindung auch sehr stark idiomatisiert - steht als eigenständiges Sublemma im Wörterbuch. Dies spiegelt sich wider in der Tatsache, daß es für dieses Verb unterschiedliche syntaktische Konstruktionen gibt, die die homonymischen Verwendungen disambiguieren. So stehen es gilt zu gegenüber gelten als und gelten oder es heißt zu gegenüber heißen usw. dem Sprecher zur Verfügung. Ein Sonderfall: das Verb scheinen Das Verb scheinen in seiner Halbmodalverbverwendung und in Verbindung mit es und einem tfc/?-Satz zeigt sehr spezielle syntaktische Eigenschaften, die hier kurz angedeutet werden. Die Konstruktion (3-65) Es scheint, daß Peter viel liest.

zeigt einen extraponierten daß-Sa\z, der von scheinen abhängig ist und als Teil des Subjekts fungieren müßte. Im Matrixsatzrest markiert die Position des Subjekts das Korrelat es. Nach der generativen Grammatik können solche Strukturen durch SubjektsAnhebung16 Konstruktionen wie die folgende ergeben: (3-66) Peter scheint viel zu lesen. Das Subjekt des daß-Satzes wird somit in die Position eines abgeleiteten Subjektes des Matrixsatzes angehoben, wird jedoch nicht logisches Subjekt des Anhebungsverbs - hier scheinen - sondern des eingebetteten Verbs. Dies zeigt die ursprüngliche Konstruktion (365), worin Peter kein logisches Argument von scheinen ist. Eine Besonderheit bei (3-65) ist allerdings die Vorfeldunfähigkeit des Nebensatzes: (3-65) Es scheint, daß Peter viel liest. > *Daß Peter viel liest, scheint

16

Die entsprechende Transformation heißt 'Subjekt-zu Subjekt-Raising', vgl. Eisenberg 1994: 384 und Huber/Kummer 1974: 253ff..

83

Vergleicht man (3-65) mit korrelierten Strukturen wie der folgenden, (3-67) Es stimmt, daß Peter viel liest. > Daß Peter viel liest, stimmt.

oder mit Konstruktionen, bei denen es nicht als Korrelat fungiert, sondern als formales Subjekt, wie in (3-68), (3-68) Der Hintergrund der Befreiungsaktion sei noch unklar, hieß es. (FAZ, 15.1.99, S.14) (3-68a) Es hieß, der Hintergrund der Befreiungsaktion sei noch unklar. (3-68b) Es hieß, daß der Hintergrund der Befreiungsaktion noch unklar sei. so zeigt sich auch, daß in (3-65) zwei fundamentale Größen der Sprache - Vordre structurel und Vordre lineaire - zusammenfallen, denn weder kann der Nebensatz unter Wegfall des Korrelats topikalisiert werden, noch kann es bei Topikalisierung des Nebensatzes im Matrixsatz bleiben: (3-65a) *Daß Peter viel liest, scheint. (3-65b) *Daß Peter viel liest, scheint es. An diesem Punkt werden zwei Fragen relevant. Erstens: Was für einen syntaktischen Status hat das es in Verbindung mit dem Halbmodalverb scheinen, wenn dieses daß-Sätze subkategorisiert? Zweitens: Ist der daß-Satz funktional tatsächlich als Subjektsatz zu klassifizieren? Olsen (1981: 117ff.) und Eisenberg (1994: 384) gehen davon aus, daß solche daß-Satze nicht als Subjektsätze einzustufen sind, denn der daß-Satz. kann nicht als Subjekt fungieren, wenn der zw-Infinitiv es auch nicht tut. So gesehen kann das es in (3-65) nicht als Korrelat für den Subjektsatz fungieren. Auf der anderen Seite kann es auch nicht, wie Eisenberg vorschlägt, ein formales Subjekt sein. Gegen eine Klassifizierung des es als formales Subjekt ist einzuwenden, daß ein formales Subjekt es nicht wegfallen darf, was bei scheinen vorkommen kann, und zwar wenn das Vorfeld vom Dativobjekt besetzt wird: (3-69) Mir scheint, daß Peter viel liest. (3-69a) Mir scheint es, daß Peter viel liest. (3-70) Darum scheint es, daß Peter viel liest.

Ein Vergleich mit den erwähnten Problemen bezüglich des Verbs gelten in der Verwendung es gilt zu liegt auf der Hand, obwohl die betreffenden abhängigen Strukturen sich voneinander hinsichtlich des Typus - satzwerüge Infinitivkonstruktionen und daß-Satze unterscheiden. Beide es sind nicht eindeutig als Korrelat zu klassifizieren. Eine Klassifizierung als formales Subjekt ist, zumindest bei scheinen, ebensowenig einleuchtend. Klarheit darüber schafft Diewald (2000: 335-355),17 die davon ausgeht, daß scheinen mit daß-Satz. und scheinen mit zw-Infinitiv zwei verschiedene Konstruktionen darstellen, die nicht die gleiche zugrundeliegende Struktur haben. So ist nach Diewald es bei schei-

17

Ich kann die gesamte Argumentation hier nicht wiedergeben, deshalb sei auf den Aufsatz verwiesen.

84

nen mit daß-Satz ein „echtes" Subjekt und kein Korrelat. Daraus folgt, daß der daß-Satz. kein Subjekt sein kann. Die Konstruktion sei zu erklären als eine „Kontamination aus dem unpersönlichen Konstruktionsmuster als Witterungsimpersonale (mit fixem es) und Existenzsätzen mit Vorfeldfüller-es und extraponiertem Subjektsatz" (2000: 349). Die Infinitivkonstruktion mit zu verlangt nach Diewald eine andere syntaktische Analyse, die von der Nebensatzkonstruktion unabhängig sein soll und durch einen Grammatikalisierungsprozeß zu erklären ist. Die Autorin interpretiert diese Konstruktion anhand von diachronischen und synchronischen Beobachtungen und kommt zu dem Schluß, daß scheinen mit zw-Infinitiv heute als „Faktizitätsmarker" fungiert. Der semantische Wandel von scheinen und seine Grammatikalisierung von einem Vollverb, das visuelle Effekte bezeichnet, bis zum bloßen „Marker" ist nach Diewald im Deutschen einmalig.

3.1.6. Zusammenfassung: Es im Mittelfeld des Matrixsatzes Tabelle 2

Kopulaverb

obligatorisch

fakultativ

es sein+können

Spaltsatz:

wird vermieden

Lesen ist, was dir fehlt.

Kopulakon-

möglich

möglich ist, daß....

struktion

(beim erweiterten Matrixsatz)

bei Adjektiven: angenehm, ärgerlich, bedauerlich, begreiflich, bekannt, egal, fraglich, gewiß, interessant, klar, normal, offenkundig, peinlich, sicher, strittig, umstritten "wahr "wichtig bei Substantiven: Aufgabe, Unverschämtheit, ...

Vollverbkon- allgemeine struktion Verben: abhängen von, gelingen, liegen an/in, zusammenhängen mit, stimmen

emotionale Verben:

(dazu) gehören, ärgern, aufregen, deprimieren, freuen, (dazu/hinzu) kommen, (daraus) enttäuschen folgen/ resultieren, .... gelten als sich zeigen empfehlen, erscheinen

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3.2. Akkusativobjektsätze Als Korrelat für Nebensätze in Akkusativobjektfunktion dient in erster Linie die Pronominalform es. Dieses es ist nach Pütz (1975: 37) durch das Demonstrativpronomen das nicht substituierbar, ohne daß durch die Substitution das syntaktische Muster, die intonatorischen Eigenschaften und die Bedeutung des komplexen Satzes verändert werden: (3-71) Die Europäische Kommission lehnt es ab, die Informationswirtschaft mit Subventionen zu fördern. (SZ, 13.1.97,8.21) (3-71a) Die Europäische Kommission lehnt das Ab, die Informationswirtschaft mit Subventionen zufördem.

Während in Beleg (3-71) eindeutig die intonatorischen Verhältnisse einer Extrapositionskonstruktion herrschen - Satzakzent in der satzwertigen Infinitivkonstruktion, der rhematisch ist, und progrediente Intonation zwischen Matrixsatz und satzwertiger Infinitivkonstruktion, handelt es sich in (3-71a) um eine Rechtsversetzungskonstruktion, die leicht erkennbar ist durch das fallende Tonmuster am Ende des Matrixsatzes, durch die ausgeprägte Pause zwischen Matrixsatz und satzwertiger Infinitivkonstruktion und durch den Satzakzent, der im Matrixsatz auf das Prädikat fällt. Rechtsversetzte Sätze werden gemäß diesem Muster ohne Primärakzent gesprochen. Gegenüber dem vorausgehenden Satzakzent weisen sie einen deutlich abgestuften eigenen Akzent auf.18 Das Pronomen es und die Demonstrativa das bzw. dies erfüllen darüber hinaus nicht dieselben topologischen Bedingungen, denn es als Korrelat für Akkusativobjektsätze darf das Vorfeld nicht besetzen, während dies bei beiden Demonstrativa problemlos geschieht: (3-71b) Das/dies/*es lehnt die Europäische Kommission ab, die Informationswirtschaft Subventionen zufördern.

mit

Die topologischen Bedingungen der Korrelatverbindung werden unter Punkt 3.2.1. erörtert. Ist es allerdings durch ein Demonstrativum substituierbar, wobei sich weder die Oberflächenrealisierungen - hier das Betonungsmuster - noch die Bedeutung ändern, wie in folgenden Beispielen, so kann man nicht von einer Extraposition des Nebensatzes ausgehen, sondern man muß von einer Rechtsversetzung ausgehen. Es hat dann keine Platzhalterfunktion: (3-72) Ich Wünsche es ja auch gar nicht, ich meine, daß Peter schon geht. (3-72a) Ich Wünsche das ja auch gar nicht, daß Peter schon geht. (3-72b) Ich Wünsche ja auch gar nicht, daß Peter schon geht.

18

Die Darstellung der Akzentverhältnisse dieser Konstruktionsmöglichkeiten erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine sehr genaue Beschreibung der intonatorischen Eigenschaften der beiden Konstruktionen bietet Altmann 1981. 188 -191 bzw. 201 f..

86 Das Korrelat es kann vor Akkusativobjektsätzen stehen, die von transitiven Verben subkategorisiert werden.19 Je nach Prädikatsausdruck können daß-, ob-, \v-, we/zw-Sätze und Infinitivgruppen subkategorisiert werden. Uneingeleitete Verbzweitsätze kommen ebenso vor, da sie von Verba dicendi und auch von Prädikaten, die wie Verba dicendi verwendet werden, zugelassen sind.

3.2.1. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung Auffällig und relevant in diesem Zusammenhang ist die Vorfeldunfähigkeit20 des akkusativischen es. Das akkusativische es kann bekanntlich in keiner Funktion im Vorfeld stehen, auch nicht als Teil einer Korrelatverbindung. Diese und weitere andere Besonderheiten, die mit der Tatsache zu tun haben, das diese Pronomen im Nominativ und Akkusativ identisch sind, teilt es mit dem Indefinitum man im Nominativ und mit dem Reflexivum sich bei den lexikalisch reflexiven Verben: (3-73) Ich habe Paul gestern gesehen. (3-73a) Ich habe ihn gestern gesehen. (3-73b) Paul habe ich gestern gesehen. (3-73c) Ihn habe ich gestern gesehen, (und nicht seinen Bruder) (3-74) Den kenne ich nicht, antwortete Pereira. (Tabucchi, A.: Erklärt Pereira. 1977:168)

(3-75) Ich habe das Blumenmädchen gestern gesehen. (3-75a) Ich habe es gestern gesehen. / *Ich habe man gestern gesehen. (3-75b) Das Blumenmädchen habe ich gestern gesehen. (3-75c) *Es habe ich gestern gesehen. (3-75d) ?Das habe ich gestern gesehen. Die Konstruktionen, die das Akkusativobjekt in der Form von Personalpronomen im Vorfeld enthalten, sind alle markiert, wie in (3-73c). Das betonbare Demonstrativum den in (3-74) kann im Vorfeld stehen, ohne daß die Konstruktion außergewöhnlich wirkt. Ob das Demonstrativum das in (3-75d) das Substantivum Blumenmädchen, das der Kategorie Person angehört, die ideale Substitutionsmöglichkeit darstellt, ist fraglich, denn das neutralisiert die Referenz.

19

20

Transitivität ist im engeren Sinne eine Valenzeigenschaft von Verben, ein direktes Objekt zu regieren. Hopper und Thompson führen im Rahmen eines universalgrammatischen Ansatzes mehrere Transitivitäts-Faktoren ein, die durch ihr Zusammenspiel einen skalaren TransitivitätsBegriff für Sätze ergeben. Vgl. hierzu Hopper, Paul J. /Thompson, Sandra A. 1980: 251 - 299 und Hopper, Paul J. /Thompson, Sandra A. 1982. Vgl. hierzu: Eisenberg 1994:412ff., die Duden-Grammatik 1995: 788ff. und Engel 1991: 310ff..

87

Wenn es sich allerdings dabei um eine Sache, einen Sachverhalt oder um einen Inhalt handelt, dann sind die Neutra das/dies für die Substitution oder für die Wiederaufnahme geeignet, wie in (3-76): (3-76) Ich soll erforschen, was edle Seelen auseinanderhält, soll Hindernisse wegräumen, von welcher Art sie auch seien. Dies darfst du vor diesen himmlischen Heerscharen bekennen; [...]. (Goethe: Wilhelm Meisters Wandeijahre oder die Entsagenden. 1992: 653) Reflexivpronomen im Akkusativ bei obligatorisch reflexiven Verben können ebenso nicht im Vorfeld stehen: (3-77) *Mich habe ich geschämt Das Indefinitum man, das unbetonbar ist, hat ein defektes Paradigma und weist als Akkusativ- oder Dativobjekt die Suppletivformen einen/einem auf. Diese können, vorausgesetzt, daß sie nicht als die Flexionsformen des Indefinitums ein- interpretiert werden, ebenso nicht im Vorfeld vorkommen:21 (3-78) Die lassen einen nie in Ruhe. > *Einen lassen die nie in Ruhe. Der Grund für die Vorfeldunfähigkeit dieser Ausdrücke kann jedoch nicht nur ihre „prinzipielle Unbetonbarkeit" sein. Beispiel (3-73) wäre ungrammatisch, weil das Personalpronomen - hier in seiner Flexionsform ihn - thematisch ist und nicht den Satzakzent trägt. Trotzdem kann dieses Pronomen an eine so exponierte und für Akkusativobjekte markierte Stelle wie die Satzspitze gestellt werden. So scheint der Grund nicht nur struktureller Natur zu sein, sondern an der Inkompatibilität zu liegen, die sich zwischen einer unbetonten, morphologisch „schwachen" Form und einer markierten Position ergibt. Nach der IDS-Grammatik (1997: 1585) fehlt es dem Pronomen es an „morphologischer und phonetischer Substanz", es ist also als eine „schwache" Form zu sehen.22 Dasselbe kann man beispielsweise von den akkusativischen Formen ihn oder sie nicht behaupten. Sie bleiben unter normalen Bedingungen im Vorfeld zwar unbetont, aber ihre Morphologie ist stärker als die des Pronomens es. Somit ist die unmarkierte Stelle für den Ausdruck es als Akkusativobjekt das Mittelfeld des einfachen Satzes, während für denselben Ausdruck als Subjekt die unmarkierte Stelle das Vorfeld ist. Für es als Korrelat für extraponierte Akkusativobjektsätze (oder als korreferente Proform in rechtsversetzten Strukturen) gilt als unmarkierte Stelle das Mittelfeld des Matrixsatzes, das für das Subjekt-es bzw. für es als Korrelat für Subjektsätze markiert wirkt. Diese Tatsachen entsprechen einer komplementären Distribution des Ausdruckes, je nach syntaktischer Funktion und topologischen Eigenschaften. Bei einer Topikalisierung des Nebensatzes ist die resumptive Stellung des Korrelats nicht möglich: (3-79) Der Zufall will es, daß gleichzeitig das vergnügliche Bändchen „Roissy-Express" erschienen ist. (FAZ, 15.3.94, S. 17) 21 22

Vgl. die IDS-Grammatik 1997: 1585. Als Argument dafür kann die Tendenz des Pronomens es zum enklitischen Gebrauch gelten, vgl. „Fräulein, ists nicht billiger für einen alten Landsturm ohne Bauch?' (A. Döblin, 1996, S.24)

88 (3-79a) Daß gleichzeitig das vergnügliche Bändchen „Roissy-Express" erschienen ist, *es will der Zufall / das/dies will der Zufall. Es kann ebenso nicht „Kopf einer Konstruktion sein: (3-79b) *Es/Das, daß gleichzeitig das vergnügliche Bändchen „Roissy-Express" erschienen ist, will der Zufall. Aus diesen Beobachtungen folgt, daß die Distribution des Pronomens es und der Demonstrativa das/dies bestimmten Regeln unterworfen ist, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:

Tabelle 3

Es

Das/dies

Syntaktische Konstruktion

Extraposition = Korrelat (Platzhalter) Rechtsversetzungskonstruktion = Pronomen

Rechtsversetzungskonstruktion

Stellungseigenschaften

MF des Matrixsatzrestes als Korrelat (Platzh.) VF/MF des Matrixsatzrestes MF des Matrixsatzrestes als Proform als korreferente Proform Matrixsatzrest als Resumptivum

Intonatorische Merkmale

unbetont

unbetont als korrefemte Proform

Pragmatische Eigenschaften

Progressionsindikator

Deiktika

Korrelierte Akkusativobjektsätze lassen sich unter Wegfall des Korrelats topikalisieren. Ausnahmen hierfür sind die ergänzenden wenn-/als-Sätze, bei deren Topikalisierung das Korrelat im Matrixsatz als Garant der intendierten Ergänzungssatz-Lesart verbleibt. Da ergänzende wenn-/als-Sätze sich in Akkusativobjektfunktion so verhalten wie in Subjektfunktion, werden sie an dieser Stelle nicht weiter kommentiert. Es wird auf Punkt 3.1.2. der vorliegenden Arbeit verwiesen. Hierzu nur ein Beleg: (3-80) Ich hab es als Kind geliebt, wenn man mir Angst gemacht hat, indem man mir furchterregende Geschichten erzählt hat. (SZ, 17.8.95, S.17) (3-80a) Wenn man mir Angst gemacht hat, indem man mir furchterregende Geschichten erzählt hat, hab ich es als Kind geliebt, (ambige Lesart) (3-80b) Wenn man mir Angst gemacht hat, indem man mir furchterregende Geschichten erzählt hat, das hab ich als Kind geliebt. (Ergänzungssatz-Lesart) (3-80c) Wenn man mir Angst gemacht hat, indem man mir furchterregende Geschichten erzählt hat, dann hab ich es als Kind geliebt. (Adverbialsatz-Lesart)

89 3.2.2. Die semantosyntaktische Umgebung von korrelierbaren Akkusativobjektsätzen Akkusativobjektsätze und Nebensätze, deren Matrixsätze ein Objektsprädikat23 enthalten, können von zwei- oder dreiwertigen Verben subkategorisiert werden. Die zweiwertigen Prädikate lassen sich in zwei Hauptgruppen aufteilen.24 Es sind dies die Verben der Sachverhaltskorrelation, wie bedingen, beweisen, erlauben, ermöglichen, verursachen, voraussetzen, wahrscheinlich machen usw., und Verben, die Relationen zwischen Personen und Sachverhalten charakterisieren, wie ausführen, ahnen, beschließen, behaupten, empfinden, erfahren, fühlen, hoffen, hören, klären, sagen, sehen, wissen usw: (3-81) Matthecks beste Freunde sind die Bäume. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit ihnen, und er hat eine besondere Methode entwickelt. Sie ermöglicht es, nach objektiven Kriterien zu entscheiden, wann ein Baum nicht standfest ist. (SZ, 9.1.97, S.23) (3-82) Wir hoffen, daß die Förderung angesichts der Arbeitslosenquote von teilweise mehr als 15 Prozent schnell greift und nachhaltig wirkt. (SZ, 2.5.97, S 41) Die dreiwertigen Prädikate, die als Valenzträger für Akkusativobjektsätze fungieren, können verschiedenen semantischen Klassen angehören. Dazu zählen Verben, die zum Feld des Fragens gehören, wie zum Beispiel fragen, befragen, ausfragen, Verben der Selbstverpflichtung, wie versprechen, versichern, zusagen, ankündigen, und Verben der Handlungssteuerung, wie bitten, befehlen: (3-83) Die beiden Täter, offenbar Italiener, hätten versichert, daß sie für einen arabischen Prinzen tätig seien. (SZ, 21.1.97, S. 12) (3-84) „Der Herr Reichsminister befiehlt, daß Ihre Division sofort den Ort Lebus zurückerobert." (SZ, 11.4.98,8.11) Einige Prädikate können in beiden semantischen Klassen verwendet werden, wie ausschließen, erklären, erlauben usw. Diese Prädikate können Akkusativobjekte sowohl als Nominalphrasen als auch in der Form von Nebensätzen subkategorisieren. Sie erlauben nach eigenen semantischen Kriterien verschiedene Arten von Nebensätzen und Einleitungsklassen, die hier nicht im einzelnen behandelt werden.

3.2.3. Obligatorik vs. Fakultativität des Korrelats Die Frage der Obligatorik bzw. Fakultativität des Korrelats es in Verbindung mit Akkusativobjektsätzen, Objektsprädikaten und prädikativen Adjektiven im Matrixsatz läßt sich erneut mit einem Kontinuum-Modell beantworten. Davon gehen nach umfassender

23

24

Es handelt sich dabei um Verben wie halten für, finden usw. Matrixsatzprädikate, die aus einem Verb und aus einem prädikativen Adjektiv bestehen, wie z.B. es leid sein, es satt haben gehören auch hierher. Allerdings zählen Ausdrücke wie es leid sein/es gewohnt sein nur synchroniser! hierzu. Ursprünglich war die Partikel es in diesen Ausdrücken keine Akkusativform, sondern eine alte Genitivform. Vgl. hierzu L Dal 1966: 12,29ff.. Siehe hierzu die IDS-Grammatik 1997: 1462ff.

90

statistischer Untersuchung Ulvestad/Bergenholtz (1983) aus. Die Autoren zeigen, daß es nur bei sehr wenigen Verben obligatorisch und bei den meisten fakultativ steht, wobei Abstufungen von „fast immer" bis „fast nie" (1983: 18) auftreten können. Fälle von syntaktischer Ambivalenz in Bezug auf den Valenzträger Auch Köhlers Beobachtungen bezüglich des Setzens des Korrelats sind sehr treffend (1976: 186ff). Der Grammatiker teilt die Verben, die Akkusativobjektsätze subkategorisieren, in drei Gruppen ein, nämlich Verben, bei denen das Korrelat notwendig auftreten muß, auftreten kann oder nicht auftreten darf. Gleichzeitig stellt er fest, daß bei den Verben, bei denen es obligatorisch vorkommt, andere Ergänzungen neben dem Akkusativobjekt zugelassen werden können, wie z.B. ein Objektsprädikat oder ein Präpositionalobjekt. Dies kann nur teilweise in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden, und zwar was die prädikativen Adjektive angeht. Bezüglich Konstruktionen mit Objektsprädikaten oder bezüglich eines gleichzeitigen Auftritts von Präpositionalobjekten, verhält sich das Korrelat es anders. Zunächst zu den Konstruktionen mit Objektsprädikaten. Die Gründe, die für das Setzen des Korrelats im Falle eines gemeinsamen Auftretens von Akkusativobjekt und Objektsprädikat sprechen, sind syntaktischer Natur. Das Korrelat hat die Aufgabe, die syntaktischen Konstruktionen zu verdeutlichen. Im nächsten Beleg ist das Akkusativobjekt ausgebaut: (3-85) Prälat Wilhelm Schätzler vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz sagte im Saarländischen Rundfunk, er halte es nicht für besonders glücklich, die Erhebung von Gebühren für kirchliche Serviceleistungen bei Nicht-Mitgliedern ins Auge zufassen. (SZ, 7.1.95, S.6)

Der Einwand von Ulvestad/Bergenholtz, das Auftreten von Gradpartikeln im Matrixsatz schränke den Gebrauch von es ein, läßt sich, wie auch bereits bei den korrelierten Subjektsätzen gezeigt wurde und wie aus dem nächsten Beleg zu sehen ist, nicht aufrechterhalten: (3-86) Sie halten es sogar für möglich, dass künstliches Leben gar anorganisch sein könnte. (www.slern.de/wissenschaft /spezial, S. 1)

Dieselben Autoren stellen ebenso die Hypothese auf, daß es häufig in der Umgebung von Ausdrücken auftritt, die dazu dienen, „die Faktivität des im Folgesatz ausgedrückten Inhalts zu betonen oder zu verdeutlichen" (1983: 23). Dazu gehören die Partikeln bereits, schon, oft, genug, ja, doch. Diese Partikeln sind unter anderen tatsächlich in der Lage, die Nebensatzproposition zu betonen oder zu modifizieren, sie dienen jedoch nicht dazu, Faktivität anzuzeigen und können auch bei nicht-faktiven Verben vorkommen: (3-87) Ich glaube schon, daß sie kommt.

In (3-88) erfüllt die Abtönungspartikel ja eindeutig die Funktion, die Nebensatzproposition zu bekräftigen, indem sie die Gültigkeit der Aussage im argumentativen Zusammenhang bestätigt: (3-88) „Grundsätzlich", sagt Oberbürgermeister Ude, „finde ich es ja sehr erfreulich, daß hier jede Nacht die Post abgeht". (SZ, 14.1.95, S.3)

91 Aus dieser Bestätigungsfunktion folgt, daß der Inhalt der Aussage dem Hörer schon bekannt ist und nicht gleichzeitig mit dem Bestätigen mitgeteilt wird. Diese Interpretation gilt selbstverständlich nur für Situationen, die der des Belegs (3-88) gleichen. Für betontes ja (Daß du mir ja nicht zu spät nach Hause kommst!) oder für ja als Antwortpartikel herrschen ganz andere semantopragmatische Bedingungen. Eine einzige Interpretation für alle diese Verwendungstypen wäre unangemessen.25 Die Faktivität des Matrixsatzverbs als Faktor, der ein Auftreten des Korrelats begünstigt, wurde schon 1968 von Kiparsky und Kiparsky erwogen, und zwar in Zusammenhang mit der Transformationsregel 'Subjekts-Anhebung'. Bei faktiven Verben wäre das Korrelat obligatorisch, bei nicht-faktiven Verben dürfe es nicht gesetzt werden. Diese Annahme wurde allerdings von Pütz (1975: 75) mit gutem Grund widerlegt, denn es gibt Verben, die faktiv verwendet werden und bei denen es selten vorkommt, wie z.B. wissen, feststellen, sehen. Andererseits gibt es nicht-faktive Verben, bei denen es fakultativ ist, wie z. B. vermeiden.26 Nach Bausewein (1990: 184) verlangen Verben wie vermeiden, fertigbringen oder komplexe Prädikate wie in die Hand nehmen ein obligatorisches Korrelat. Dies kann mein „offenes" Korpus nur teilweise bestätigen. Alle meine Belege mit fertigbringen enthielten ein Korrelat. Es handelte sich vorwiegend um satzwertige Infinitivkonstruktionen. Ein Beleg mit ausgebautem daß-Satz: (3-89) „Der Krieg", schreibt Gide, „wird es nicht fertigbringen, daß ich solche Vertreter Deutschlands als Feinde betrachte; [....]. (SZ, 24.3.98, S.16) Anders ist die Situation bei vermeiden, bei dem die satzwertige Infinitivkonstruktion nicht korreliert sein muß: (3-90) Hecht vermeidet sorgfältig, die Texte als authentische Äußerungen von Brechts Befindlichkeit zu deuten. (SZ, 7.2.98, S.909) (3-91) Holl vermeidet es, den Geist einfach in Gegensatz zur Institution zu setzen. (SZ, 26.1.98, S.9) Daß das Korrelat es jedoch bei Konstruktionen mit Objektsprädikaten nicht obligatorisch ist, zeigt das nächste Beispiel: (3-92) Als sehr angenehm hat sie auch empfunden, daß ihr Wunsch in Erfüllung ging, das Wetter möge noch ein paar Tage schön bleiben, [....]. (SZ, 19.2.96, S.27) Ebenso ist das Korrelat es bei Doppelkonstruktionen von einem Präpositionalobjekt und einem als Nebensatz ausgebauten Akkusativobjekt oder bei Doppelgliedsatzkonstruktionen nicht obligatorisch.

25 26

Siehe T. Ickler 1994: 374-404. Das Verb vermeiden ist ein negativ-unplikatives Verb, d.h. sein Gebrauch im Matnxsatz impliziert die Falschheit der Nebensatzproposition: „Er vermeidet es, mit ihr zu sprechen" impliziert „Er spricht nicht mit ihr".

92

In beiden Fällen hat die Sprache eine ganz andere Strategie entwickelt, und nicht das Korrelat es tritt auf, sondern Ausdrücke, die entweder als Substitute (als Präpositionalergänzung) oder als Korrelate für Präpositionalobjektsätze fungieren, nämlich Pronominaladverbien: (3-93) Und wenn sie in jenem Augenblick nicht entsprechend reagiert hat, so erklärte sie damit, daß sie von ihrer Unschuld nicht überzeugt war. (Brigitte, 10.2.99,8.151) (3-93a) Daß sie von ihrer Unschuld nicht überzeugt war, kann man damit erklären, daß sie nicht entsprechend reagiert hat.

In (3-93) wird der Akkusativobjektsatz ausgebaut und extraponiert. Das Pronominaladverb damit steht als Substitut (und als Präpositionalergänzung) für eine schon im Text erwähnte Tatsache, die den Inhalt des wenn-Sa.tz.Qs darstellt, nämlich „ihre nicht entsprechende Reaktion". In (3-93a) ist der Akkusativobjektsatz im Vorfeld. Das Pronominaladverb damit fungiert als Korrelat für den Präpositionalobjektsatz, der vom Valenzträger erklären mit abhängt und extraponiert ist. Der Einwand Köhlers, daß manche Verben, die im Satzbauplan außer dem Akkusativobjekt ein Präpositionalobjekt aufweisen, ein obligatorisches Korrelat es verlangen, kann somit von mir nicht bestätigt werden. Dies zeigen ebenso die nächsten zwei Beispiele. Auch Engel (1991: 254f.) zählt die Prädikate ansehen als und schließen aus zu denjenigen, die ein obligatorisches Korrelat fordern: (3-94) Vizepremier Mowladi Udogow, der die Verhandlungen mit Moskau fuhrt, sah damit als bewiesen an, daß man russischen Politikern nicht trauen könnte. (SZ, 8.1.98, S.8) (3-95) Putterman schließt daraus, daß Elektronen vom Quecksilber in das Glas hinüberwandern und sich dadurch ein elektrostatisches Feld aufbaut, das kurzzeitig das Metall am Glas festhält. (SZ, 22.1.98,8.21)

Die zwei Pronominaladverbien damit bzw. daraus erfüllen eine Substitutfunktion für vorher im Text Erwähntes, stehen aber als Präpositionalobjekte neben dem Akkusativobjekt, das als Nebensatz ausgebaut wird. Beide syntaktischen Konstruktionen sind eindeutig, das Korrelat ist weder als „rhetorische Brücke" noch als disambiguierendes Element notwendig. In beiden Fällen scheinen die Pronominaladverbien das Setzen eines Korrelats für die Akkusativobjektsätze zu blockieren. Matrixsatzprädikate, die aus einem Verb und einem prädikativen Adjektiv bestehen, wie es satt haben/sein, es leid sein usw. weisen auch ein obligatorisches Vorgreifer-es auf, das die beabsichtigte Lesart verdeutlich: (3-96) Wir Studenten haben es satt, daß die ernstgemeinten Studentenproteste von PseudoJournalisten als Faschingsveranstaltung oder drittklassige Marketing-Gags dargestellt werden. (SZ, 2.1.98, S.38)

Fälle von semantischer Ambivalenz in Bezug auf den Valenzträger In Frage kommen hier Verbpaare, die Rektionsvarianten und dadurch bedingte Bedeutungsunterschiede aufweisen, wie glauben /glauben an, erkennen / erkennen an, bench-

93 ten / berichten von/über, sich beklagen / sich beklagen über, hören / hören von/über, erzählen / erzählen von/über usw. Alle diese Verben können sowohl Akkusativ- als auch Präpositionalobjektsätze subkategorisieren. Es ergeben sich verschiedene Konstellationen: 1. Die Eindeutigkeit der Konstruktion wird von einem Korrelat im Matrixsatz garantiert; diese Funktion erfüllen jedoch die Korrelate für Präpositionalobjektsätze, die Pronominaladverbien. In (3-97) ist der Präpositionalobjektsatz als Gliedsatz ausgebaut, das Akkusativobjekt (im Relativsatz das Pronomen das) bleibt bloßes Satzglied: (3-97) In unseren Augen fehlt denen, bei allem Respekt vor heimischen Kreszenzen, das eigentlich Märchenhafte, das man bei Monaco schon daran erkennt, daß manche glauben, es heiße in Wirklichkeit Monte Carlo. (SZ, 8.1.97, S.l) (3-98) Zu den technischen Innovationen des CLK gehören ein Bremsassistent, der automatisch erkennt, wann der Fahrer eine Vollbremsung machen will, [....] (SZ, 11.1.97, S. 903) Die Disambiguierungsfunktion, die vom Pronominaladverb ausgeübt wird, ist unter anderen in der Tatsache begründet, daß das Pronominaladverb die Präposition enthält, die für die Verdeutlichung des Präpositionalkasus und der intendierten Bedeutung notwendig ist. Somit überlagern sich syntaktische und semantische Faktoren, die für die Setzung dieses Korrelats sprechen. In (3-98) bleibt der extraponierte Akkusativobjektsatz dagegen unkorreliert, denn sowohl die syntaktische Konstruktion als auch die Bedeutung des komplexen Satzes sind deutlich. 2. Es können beide Korrelate fehlen: (3-99) Eine britische Sonntagszeitung hatte berichtet, daß malaysische Politiker private Zahlungen von Briten zu erwarten hätten, [....] (FAZ, 28.2.94, S. 6) Bei dieser Art der Konstruktion läßt sich nicht sicher entscheiden, um welche ausgebaute Ergänzung es sich handelt, wenn das Korrelat fehlt. Dadurch, daß die Nicht-Realisierung des Präpositionalkasus und indirekt des Korrelats im Matrixsatz die Grammatikalität des Satzes nicht beeinflußt, kann der Nebensatz unkorreliert bleiben. Ohne Korrelat müssen solche Sätze in der Tat als Akkusativobjektsätze interpretiert werden, was auch die Bedeutung etwas berichten, die allerdings nicht dieselbe ist wie über etwas berichten, voraussetzen würde. Im Falle einer anderen Schreiberintention würde jedoch die Setzung eines Pronominaladverbs in Korrelatfunktion die intendierte Lesart verdeutlichen und die Bedeutung des Verbs durch die im Korrelat enthaltene Präposition transparenter machen: (3-99a) Eine britische Sonntagszeitung hatte darüber berichtet, daß malaysische Politiker private Zahlungen von Briten zu erwarten hätten. 3. Die Tatsache, daß manche dieser Verben als Verba dicendi verwendet werden können, schränkt die Realisierung des Korrelats es ebenso ein. In diesem Fall können grammatische Differenzierung und semantische Unterschiede erneut von den Präpositionalobjektsatz-Korrelaten übernommen werden, das Korrelat es bleibt dagegen ausgeschlossen: (3-100) Mehrere Abgeordnete klagten darüber/4'es, ranghohe Positionen würden als Versorgungsposten bezeichnet oder als Entsorgungsmöglichkeiten gesehen. (FAZ, 8.10.98, S.l)

94 Homonyme Veiben Dies ist der Kernbereich des Vorkommens des Korrelats es in Verbindung mit einem Akkusativobjektsatz. Darunter fallen Prädikate wie es bedauern, es begrüßen, es ertragen, es genießen, es hassen, es lieben, es schätzen, es übelnehmen, usw. Solche Prädikate stellen eine Klasse von Verben dar, die in der Literatur als 'Einstellungsverben'27 bekannt sind. Diese Verbmenge wird vom Sprecher verwendet, wenn er den propositionalen Inhalt des Nebensatzes kommentiert. Sie stellen die homonymische Variante von Verben dar, die allerdings ohne Korrelat gebraucht werden. Bei den homonymischen Verben erfüllt das Korrelat eine Disambiguierungsrunktion bezüglich der Verbbedeutung und der Sprecherintention. Bei dem Verbpaar schätzen/es schätzen wird dies eindeutig: (3-101) Die japanische Regierung schätzte, daß allein die Beseitigung der Trümmer der mehr als 20 000 zerstörten Häuser, Straßen und Brücken umgerechnet fast eine Milliarde Mark kosten und länger als ein Jahr dauern wird. (SZ, 21.1.95, S. 12)

Schätzen bedeutet in (3-101) ungefähr berechnen, vermuten, annehmen. In (3-102) kann es schätzen mit etwas wertschätzen paraphrasiert werden: (3-102) Denn obwohl sich die allgegenwärtige Zensur mehr als sonst zurückhielt, schätzte man es nicht, das Objekt des Zorns auf grobe oder gar unflätige Weise zu verunglimpfen. (SZ, 8.2.95, S. 12)

Allerdings kann man nicht alle 'Einstellungsverben' und ihre Homonymen über einen Kamm scheren. Es gibt zwischen ihnen erhebliche syntaktische Unterschiede. Die syntaktischen Unterschiede, die einer feineren semantischen Analyse bedürfen, können hier nicht ausführlich beschrieben werden, deswegen wird nur auf ein paar Besonderheiten aufmerksam gemacht. Bei dem Paar begrüßen/es begrüßen ist der Anschluß des Nebensatzes prinzipiell möglich, was darauf hindeutet, daß hier nicht mit Bedeutungsunterschieden zu rechnen ist und daß das Korrelat fakultativ sein muß: (3-103) Die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Renate Schmidt hat unterdessen begrüßt, daß die Staatsregierung jetzt erste Maßnahmen gegen die dramatische Strukturkrise in Nordostbayern ergreifen -will. (SZ, 2.5.97, S.41) (3-104) Hätte man nicht beispielsweise annehmen dürfen, die Opposition begrüße (es) mit uns allen, daß der Kanzler jüngst sein unseriöses Versprechen zurückgenommen hat, er werde bis zur Jahrtausendwende die Arbeitslosigkeit halbieren? (SZ, 24.1.98, S. 17)

27

Für diese Verbmenge verwendet Pütz (1975: 79) den Terminus 'propositionale Attitüdeverben', der neuerdings auch von Sandberg (1998: 125) benutzt wird.

95

Die Veiben hassen/es hassen, lieben/es lieben verhalten sich dagegen wie schätzen/es schätzen. Hassen2* und lieben subkategorisieren Nominalphrasen, jedoch keine Nebensätze. Von den homonymischen Formen dagegen hängen Nebensätze ab. Alle meine Belege vom Verb es hassen+als Gliedsatz ausgebautes Akkusativobjekt enthalten ein Korrelat. Man kann daraus schließen, daß dieses als Garant der entsprechenden Lesart des Verbs und für dessen Fähigkeit, Nebensätze anzuschließen, notwendig ist. Das folgende Beispiel aus Ulvestad/Bergenholtz (1979: 107) scheint auf den ersten Blick dieser Regularität zu widersprechen, aber es bestätigt stattdessen die obige Distribution von hassen vs. es hassen: (3-105) Am meisten haßten sie, daß sie das Ost-Zeichen tragen mußten. (Kuby 398)

Das Beispiel zeigt einen unkorrelierten Nebensatz, der von hassen abhängt, und nicht von es hassen, was in Anbetracht der oben beschriebenen Distribution unerwartet ist. In der Tat wird die Abwesenheit des Korrelats bei diesem Beispiel dadurch möglich, daß das Verb nicht als ein propositionales Attitüdeverb verwendet wird. Im Matrixsatz wird kein Kommentar zum Nebensatzinhalt gemacht. Der Akkusativobjektsatz denotiert lediglich einen Sachverhalt und bleibt deswegen unkorreliert. Überraschend wirkt hier die Tatsache, daß von hassen - und nicht von es hassen - ein Nebensatz abhängt. Anders beim nächsten Beleg: (3-106) „Ich hasse es wie die Pest, von anderen abhängig zu sein", sagt der erfolgreiche Klinsmann. (SZ, 24.4.96, S.56)

Bei einem Akkusativobjektsatz in der Form eines Freien Relativsatzes erscheint erwartungsgemäß das bloße Verb im Matrixsatz: (3-107) Aber ich hasse, was sie tun. (SZ, 19.7.96, S.3)

Zu den homonymen Verben (aber nicht zu den propositionalen Attitüdeverben) gehört auch das Verb schaffen, das in einer seiner zahlreichen Bedeutungen und Verwendungen ein Korrelat es aufweist, nämlich in der Bedeutung, die sich als fertigbringen paraphrasieren läßt. In dieser Bedeutung wird schaffen schwach konjugiert und kann sowohl Nominalphrasen (3-108) Wie es in der Personalzeitung News der SAirGroup hieß, habe der Flugbetrieb den Sprung aus den roten Zahlen geschafft. (SZ, 2.1.98, S.27)

als auch Nebensätze subkategorisieren. In diesem Fall verbleibt bei der Extraposition der satzwertigen Infinitivkonstruktion ein Korrelat es im Matrixsatz : (3-109) Schafft es keiner mehr, einen langen Roman zu lesen? (SZ, 18.1.95, S.15) (3-110) Immerhin hat es das Erste geschaßt, markante Köpfe aufzubauen. (SZ, 2.1.98, S.15)

28

Zum Verb hassen als Valenzträger einer Korrelatverbindung, d.h. zu es hassen, muß noch erwähnt werden, daß diese Möglichkeit der Konstruktion neu in der deutschen Sprache ist, da es sich um einen Anglizismus handelt. Inwieweit sich die Konstruktion im Deutschen wird behaupten können, läßt sich im Augenblick nicht vorhersagen, denn sie steht noch unter englischem Einfluß.

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Freie Relativsätze zeichnen sich auch hier dadurch aus, daß sie kein Bezugswort im Matrixsatz haben: (3-111) Damit haben die Volleyballerinnen geschafft, was den Volleyballem nicht gelang und [...]. (SZ, 5.1.98,8.21)

3.2.4. Zur Setzung des Korrelats: Tabelle 4 obligatorisch

es fertigbringen, es halten, es hassen, es leid sein, es lieben, es satt sein, es schaffen, es schätzen, ...

fakultativ

wird vermieden

ansehen als, ausschließen, befehlen, beweisen, empfinden als, vermeiden, versichern

sich beklagen, berichten, erkennen, erzählen, glauben, hören, klagen, ... schließen aus feststellen, hoffen, sehen, wissen. ...

(es) begrüßen

3.3. Dativobjektsätze

Die Existenz von Dativobjektsätzen in Ergänzungsfunktion ist in der Fachliteratur umstritten, vor allem wegen der Inkompatibilität zwischen der semantischen Rolle des Dativobjekts und propositionsfundierten Aussagen. Das Auftreten von propositionsfundierten Dativsätzen als Korrelatverbindungen oder als Attributsätze wird jedoch sowohl von Eisenberg (1994: 351) als auch von der IDS-Grammatik (1997: 1089) angenommen. Aufgrund ihrer Seltenheit werden Dativsätze hier nicht ausführlich behandelt, jedoch bleiben sie nicht unkommentiert. Hierzu ein paar Gedanken zum Verb zustimmen, eines der Verben, das nach Hyvärinen (1982: 36) Dativobjektsätze regieren kann. Dieses Prädikat kann aber auch Präpositionalobjektsätze subkategorisieren. Das Setzen eines Korrelats ist dabei nicht obligatorisch: (3-112) Ich kann Helmut-Maier Mannhart aber nur [darin] zustimmen, daß Anspruchsdenken die Staats- und Sozialhaushalte in eine kaum mehr finanzierbare Höhe getrieben hat. (SZ, 23.11.96, S. 19)

Dadurch, daß in (3-112) das Dativobjekt in seiner gewöhnlichen semantischen Rolle - der des „Betroffenen" - auftritt, ist eine Bestimmung der Funktion des ifaj/3-Satzes unproblematisch. Die Verblesart ist sowohl syntaktisch als auch semantisch sehr eindeutig, das Korrelat darin kann hinzugefügt und als fakultativ eingestuft werden. Es gibt jedoch Belege, bei denen eine solche Interpretation nicht möglich ist:

97 (3-113) Der Aufsichtsrat der Lufthansa AG habe zugestimmt, daß die bisherige Beteiligung von 30 Prozent mit sofortiger Wirkung auf 100 Prozent aufgestock wird, teilte Condor mit. (SZ, 11.12.96,8.32) (3-114) Erstmals hätten die Rebellen jetzt auch zugestimmt, daß Mitarbeiter von Hilfsorganisationen außerhalb von Bukavu nach den Aufenthaltsorten der Flüchtlinge suchen, hieß es. (SZ, 26.11.96,8.2)

In diesen Sätzen „fehlt" der Aktant, der für das Verb zustimmen notwendig ist, nämlich das Dativobjekt. Wie sind außerdem die Nebensätze, die zweifellos von zustimmen subkategorisiert werden, einzustufen, welche syntaktische Funktion erfüllen sie? Es fällt auf, daß die Verwendung von zustimmen in den obigen Belegen eine Art von unterwertigem Gebrauch bezüglich seiner syntaktischen Valenz aufweist. Ein ungewöhnlicher syntaktischer Gebrauch läßt einen ungewöhnlichen semanto-pragmatischen Gebrauch vermuten. So wird hier das Verb zustimmen als ein Verbum dicendi gebraucht, das als zustimmend sagen bzw. zustimmend erlauben paraphrasiert werden kann. Der Inhalt des Nebensatzes fungiert als „indirekte Rede", der Gebrauch des Konjunktivs im Obersatz unterstreicht bei den Belegen (3-113) und (3-114) diese Interpretation.

3.4. Genitivobjektsätze

Genitivobjekte und vor allem Genitivobjektsätze stellen im Gegenwartsdeutsch im Vergleich zu früheren Sprachstufen eine seltene Erscheinung dar. Die IDS-Grammatik hält den Genitivkasus für einen „erstarrten Komplementkasus" (1997: 1348) und spricht von einer „Marginalisierung" dieser Ergänzung.29 Die Gründe dafür sind hauptsächlich in der Existenz von konkurrierenden Ergänzungsformen - bei bleibendem Valenzträger - zu finden. Dies äußert sich in Paaren wie sich einer Sache erinnern/sich an eine Sache erinnern, der Dinge harren/harren auf usw. aber auch in Konstruktionen, bei denen die Nähe zu Kausaladverbialen nicht zu übersehen ist, wie sich einer Sache schämen/sich wegen einer Sache schämen. Die Tendenz, den präpositionalen Kasus zu bevorzugen, hat wahrscheinlich mit der allgemeinen Tendenz der deutschen Sprache durch die Jahrhunderte zu tun, von einer synthetischen zu einer analytischen Sprachgestaltung überzugehen. Bedeutungsunterschiede zwischen beiden Möglichkeiten der Konstruktion, die allein wegen der Präsenz der Präposition nicht zu vermeiden sind, werden vom Sprecher in Kauf genommen, offenbar aus folgenden Gründen. Bei sich einer Sache /an eine Sache erinnern wird das Reflexivum mit dem Status eines Akkusativobjektes beibehalten, was der neuen Konstruktion einen stabilen Charakter verleiht. Die Auswahl der Präposition ist wahrschein-

29

Eine weitverbreitete Marginalisierung des Genitivkasus kann ich jedoch in meinem „offenen" Korpus nicht feststellen. Belege von Genitivergänzungen kommen in der Tat nicht so häufig vor wie von anderen Ergänzungsarten, sind aber immerhin noch vorhanden. Genitivobjektsätze sind dagegen in der journalistischen Sprache selten.

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lieh von vorhandenen Mustern wie denken an motiviert. Das Gestalten bzw. Hinnehmen eines neuen syntaktischen Musters geschieht jedoch ungeachtet der Tatsache, daß durch die Verwendung einer Präposition neue Verhältnisse auftreten. Bei dem Paar sich einer Sache/wegen einer Sache schämen kann die Präferenz für die Konstruktion mit der Präposition wegen durch deren Bedeutungshaltigkeit und Transparenz erklärt werden, denn die semantischen Rollen werden in beiden Konstruktionen unterschiedlich verteilt. Was Korrelatverbindungen mit Genitivobjektsätzen betrifft, so ist auf deren potentielle Disambiguierungsfunktion hinzuweisen, obwohl das Korrelat - das Demonstrativum dessen - nicht obligatorisch ist. Fälle von semantosyntaktischer Ambivalenz in Bezug auf den Valenzträger Hierher gehören Konstruktionen mit den oben erwähnten Paaren. In der Gegenwartssprache finden sich überwiegend Belege ohne Korrelat: (3-115) Dann erinnert er sich, daß er einmal im Traum mit dem Herrgott um das Paradies seiner Kindheit am Rempels- und am Schweinachbach geschachert hat. (SZ, 8.1.98, S.5) (3-116) Überlebende entsinnen sich, daß ihnen in den Folterräumen vor allem „die unglaubliche Sauberkeit" auffiel. (SZ, 14.4.98,8.10)

Solche Sätze bleiben bezüglich des Valenzträgers zweideutig, zumal das Korrelat für die hier ebenso möglichen Präpositionalobjektsätze, das Pronominaladverb daran, fakultativ ist. Mit einem Korrelat kann die Konstruktion verdeutlicht werden: (3-117) Ich erinnere mich noch lebhaft daran, welcher Grausamkeit und Brutalität von Mitschülern man als Kind schon während meiner Grundschulzeit ab 1949 ausgesetzt war. (SZ, 2.4.98, S. 15)

3.5. Präpositionalobjektsätze

Als Korrelat für Präpositionalobjektsätze dienen Ausdrücke, die in der Fachliteratur als 'Pronominal'- oder 'Präpositionaladverbien' bekannt sind. Pronominaladverbien sind Ausdrücke, die Zusammensetzungen aus den deiktischen Adverbien da, wo und hier mit einer Präposition darstellen, und die im Gegenwartsdeutschen Formen annehmen wie damit, davor, dabei, dagegen, dafür, woran, hierfür .... Beginnt die Präposition mit einem Vokal, so tritt ein Gleit-r auf, wie bei den Ausdrücken darauf, daran, daraus, woran .... Die Pronominaladverbien zählen im Ergänzungsbereich allein wegen ihrer Morphologie man denke nur an den Bedeutungshaltigkeitsgrad der Präposition, und an dessen Konsequenzen für die Bedeutung der ganzen Korrelatverbindung und für ein Setzen bzw. Nichtsetzen des Korrelats - zu den interessantesten Korrelaten. Ihre Thematisierbarkeit und ihre kontrastive Akzentuierbarkeit sind ebenso Faktoren, die sie einmalig machen.

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3.5.1. Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung Topologische und intonatorische Regularitäten der Korrelatverbindung werden in der vorliegenden Arbeit nicht a priori zusammen behandelt. Grund dafür ist das variable, nicht prinzipiell stellungsbedingte Akzentmuster der Korrelate, das im folgenden Exkurs erörtert wird. Exkurs In seinem Aufsatz Fokus-Hintergrund-Gliederung und Grammatik (1988) beschreibt Jacobs verschiedene Zusammenhänge zwischen Intonation und Syntax. Die 'Fokus-Hintergrund-Gliederung' (FHG) wird von Jacobs definiert als „eine Gliederung von Sätzen in hervorgehobene und nicht-hervorgehobene Teile". Die Hervorgehung leistet die Akzentuierung, wie in den folgenden Beispielen: a) PÄul hat Medizin studiert. b) PÄul hat Medizin studiert. c) Paul hat Medizin studiert. d) Hat PÄul Medizin studiert? e) Studier Medizin! f) Wenn er doch nur Medizin studiert hätte! g) PÄul hat Medizin studiert [und Fritz hat nur so getan als ob].

Die hervorgehobenen Teile sind die akzentuierten. Sie werden als Fokus bezeichnet. Der Restsatz gehört zum Hintergrund. Wenn mehrere Teile in einem Satz hervorgehoben werden, kann man von einem mehrteiligen Fokus sprechen. Die FHG ist nicht an einen bestimmten Satzmodus gebunden, wie den Beispielsätzen zu entnehmen ist. Sie ist auch nicht mit der 'Thema-Rhema-Gliederung' (TRG) des Satzes im Sinne von Eroms (1986) identisch, denn ein betontes Element kann im Satz auftauchen, selbst wenn es nicht zum „neuen" Teil der Information gehört: (3-118) Nicht Glirda hat Ottheinrich geheiratet.

Gerda gehört in dieser Äußerung nach Jacobs zum vorerwähnten Kontext, wird aber trotzdem betont. Die Opposition 'betonte' vs. 'unbetonte' Elemente im Satz ist bezüglich der Akzentuierung der D-Pronominaladverbien in Korrelatfunktion sehr brauchbar. In diesem Punkt kann man mit der von der IDS-Grammatik vorgeschlagenen Opposition 'Träger / nicht Träger des Gewichtungsakzentes' (1997: 1476ff.) übereinstimmen. Und in diesem Sinne werden die Korrelatakzentmuster hier verstanden: Unbetonte Korrelate entsprechen einer neutralen, betonte Korrelate einer kontrastiven Akzentuierung. Damit wird an eine weitere Bestimmung Jacobs' angeknüpft, die für die vorliegende Arbeit von großem Nutzen ist. Jacobs differenziert zwischen 'normaler' und 'neutraler' Akzentuierung. Der Autor (1988: 120f.) bezeichnet eine neutrale Akzentuierung als diejenige, die in einer Menge von fo-

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kusfreien Kokonstituenten vorkommen kann. Sie sei nicht mit normaler Akzentuierung im Sinne von Höhle (1982) gleichzustellen. Höhle bezeichnet eine normale Akzentuierung als diejenige, bei der die jeweils größte Zahl der Festlegungen der semantischen Foki möglich ist. Jacobs weist jedoch daraufhin, daß ein Satz wie (3-119) Nicht PEter kommt.

im Sinn der Höhleschen Definition normal akzentuiert ist, weil es keine andere Möglichkeit der Akzentuierung für den Satz gibt. Er ist jedoch nicht neutral akzentuiert, weil das Subjekt durch die Negationspartikel fokussiert ist. Als Grundregel für die neutrale Akzentuierung schlägt er vor: (R4) Wenn K eine fokusfreie Kokonstituentenmenge ist, dann erhält jedes Element von K, das nicht das Merkmal -na hat, die Markierung „+".

Das Merkmal -na bedeutet, daß ein Element unter Neutralakzentbedingungen nicht hervorhebbar ist. Dieses Merkmal haben nach Jacobs (1988: 121): 1. Konstituenten, deren terminale Kette ein Personal- oder Reflexivpronomen oder ein Pro-Adverb wie da oder dann ist, vorausgesetzt, diese Ausdrücke werden nicht demonstrativ interpretiert. 2. NPn, deren terminate Kette jemand oder niemand ist, sowie DETs mit dem definiten oder indefiniten Artikel als terminale Kette. 30 3. Konstituenten mit koordinierenden Konjunktionen oder kasuswertigen Adpositionen als terminale Kette. 4. Konstituenten mit Modalpartikeln als terminale Kette und Konstituenten mit leeren terminalen Ketten.

Die verschiedenen Akzentmuster der D-Pronominaladverbien als Korrelate Die bereits erwähnten Konstituenten werden nicht betont, aber sie sind nicht unbetonbar. Sie „erhalten einen Akzent genau dann, wenn sie fokussiert sind" (Jacobs 1988: 121). Die Fokussierung von bestimmten Elementen kann jedoch erfolgen, wenn sie kontrastiv benutzt werden. Dies ist bei den betonten Korrelaten der Fall. Die Betonung der Korrelate hat auf der formalen Seite des Satzes die Funktion, einen Kontrast zum neutralen Fall herzustellen. Die nächsten Beispiele zeigen, wie aus der neutralen Akzentuierung im Sinne von Jacobs eine kontrastive Akzentuierung werden kann: (3-129) Der Hartmannbund plädiert dafür, die gesetzliche Krankenversicherung „lohnkostenneutral" zu finanzieren, damit die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nicht beeinträchtigt werde. (FAZ, 29.3.94, S. 15)

Dieser Satz erlaubt die zwei Betonungsmöglichkeiten des Korrelats: 1. Bleibt das Korrelat unbetont (Wortakzent auf -für), handelt es sich um eine neutrale Akzentuierung im Sinn von Jacobs. Es gibt im Matrixsatz keine Konstituente, die hervorgehoben wird: Das Subjekt ist nicht fokussiert und steht im Vorfeld. Es ist ein thema-

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Anmerkung der Verfasserin: NPn = Nominalphrasen; DETs = Determinatoren.

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tisches Element. Die satzwertige Infinitivkonstruktion mit der Funktion Präpositionalobjekt ist extraponiert und rhematisch. Sie enthält Thematische Elemente und das Rmax31 lohnkosten-neutral, das auch als semantischer Fokus fungiert. Graphisch wird dieser Fokus durch Anführungszeichen angezeigt. 2. Eine weitere Lesart ist (3-120a) Der Hartmannbund plädiert DÄfÜr, die ... Das Korrelat wird betont, es trägt einen starken Kontrastakzent auf dem pronominalen Teil. Dieser Akzent ist der Satzakzent schlechthin innerhalb des Matrixsatzes, es treten keine anderen Akzente höherer Intensität auf. Das Korrelat fungiert als Rhemaexponent für den Bereich 'satzwertige Infinitivkonstruktion' Die kontrastive Akzentuierung erlaubt wegen des Kontrastakzentes eine andere Lesart als die in der ersten Variante. Warum wählt der Sprecher diese kontrastive Akzentuierung? Der Kontrastakzent hat hauptsächlich die Funktion, starke Gegensätze auffällig zu machen. Eroms (1986: 63) weist mit Weigand (1979: 183) daraufhin, daß in allen Fällen kontrastiver Akzentuierung die neue Information von einer Präsupposition begleitet ist, die die Äußerung als dialogische Zurückweisung anderer in Erwägung gezogener Möglichkeiten kennzeichnet.

So können Kontrastakzente innerhalb einer Nominalgruppe eine Korrekturfunktion haben: Ein KlEines Haus.... (Ein kleines, nicht ein großes Haus), Fritz hat Auch Mathematik studiert (Fritz hat nicht nur Deutsch, sondern auch Mathematik studiert), Auch Fritz hat Mathematik studiert (Nicht nur Otto, auch Fritz ). Die Wahl des Sprechers für den Kontrastakzent (auf der formalen Ebene) läßt vermuten, daß es eine Entsprechung auf der funktionalen Ebene gibt. Das heißt, daß der propositionale Gehalt des Satzes sich je nach Betonungsart ändern kann. Um dies feststellen zu können, müssen die Wahrheitsbedingungen, die in jeder Möglichkeit enthalten sind, betrachtet werden. So bedeutet die unbetonte Variante: X plädiert fur Y genau dann, wenn gilt a) X plädiert fur Y. Das heißt, es trifft zu, daß X sich mit Worten für Y einsetzt.

Und die betonte Variante: X plädiert für Y genau dann, wenn gilt: a) X plädiert für Y b) X plädiert ausschließlich für Y. Das heißt, es trifft zu, daß X sich für Y und ausschließlich für Y mit Worten einsetzt, obwohl andere Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden können.

31

Rmax = eigentliches Rhema ('rheme proper'), Thematischer Kern. Siehe Eroms 1986.

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Wenn ein FHG-sensitives Element32 vor den Rhemaexponenten - hier das betonte Korrelat - gesetzt wird, steigert sich das ganze: (3-120b) Der Hartmannbund plädiert vor allem DÄfllr,...

(FHG-sens. Elem.)

Die Akzentuierung des Korrelats kann hier nur kontrastiv sein. Andere Möglichkeiten als diejenige, für die vehement „plädiert" wird, können jedoch wie in der zweiten Variante in Erwägung gezogen werden. Der propositionale Gehalt des Satzes ließe sich so beschreiben, daß das genannte Element, wofür „plädiert" wird, eher Erwähnung verdient als eventuelle andere. Dies ist eine Steigerung der zweiten Variante. Die Präposition/ör ist als Beispiel interessant, denn sie erlaubt eine implizit-kontrastive Lesart (zu der Präposition gegen), wenn sie innerhalb des D-Pronominaladverbs akzentuiert wird - dafür: (3-120c) Der Hartmannbund plädiert dafür,... Die dritte Variante bedeutet: X plädiert für genau dann, wenn gilt: a) X plädiert für Y. b)X plädiert nicht gegen Y. Das heißt, es trifft zu, daß X sich mit Worten für und nicht gegen Y einsetzt. Die Tatsache, daß X sich mit Worten nicht gegen Y einsetzt, kann präsupponiert werden.

Das auf dem präpositionalen Teil akzentuierte Korrelat enthält einen impliziten Kontrastakzent. Dieser ist mit dem Kontrastakzent der zweiten Variante (DÄfiir) nicht identisch. Während in der zweiten Variante die ganze Infinitivkonstruktion durch das Korrelat als Rhemaexponent fokussiert wird, wird in der dritten Variante (dafür) in erster Linie das Korrelat selbst fokussiert, und zwar auf dem präpositionalen Teil. Das Korrelat fungiert hier nicht als Rhemaexponent für den Bereich 'satzwertige Infinitivkonstruktion', denn es trägt die kontrastive Akzentuierung implizit in sich, und sie ist für den propositionalen Gehalt des Satzes ausschlaggebend: für und nicht gegen. Unabhängig von der Akzentuierung des Korrelats bleibt der Gliedsatz rhematisch.

32

FHG-sensitive Elemente sind nach Jacobs (1988: 97) Ausdrücke wie Gradpartikeln, Satzadverbiale oder Einstellungsverben, die als FHG-Operatoren die FHG eines Satzes beeinflussen können.

103

Exkursende: Tabelle 5 Die Distribution der Korrelate bezüglich ihrer Akzentmuster kann anhand folgender Tabelle zusammengefaßt und veranschaulicht werden:33 Formale Ebene

Funktionale Ebene

Akzentmuster

Syntaktische Funktion

Neutralakzent

Leerstelle des extraponierten PO-Satzes markieren

Propositionale Bedeutungsebene

Pragmatische Funktion Progressionsindikator

Garant der intendierten Verblesart (über die Präposition) Kontrastakzent

Leerstelle des extraponierten PO-Satzes markieren

„und ausschließlich dA- ..."

Leerstelle des extraponierten PO-Satzes markieren

für/gegen

Einfluß auf den proGarant der intendierten positionalen Gehalt des Satzes Verblesart (über die Präposition) Sonderfall: Impliziter Kontrastakzent

Rhemaexponent des Projektionsbereichs PO-Satz

Kontrastindikator

Einfluß auf den propositionalen Gehalt des Garant der intendierten Satzes Verblesart (über die Präposition)

Die typische Stellung des Korrelats in relativ einfachen hypotaktischen Satzgefügen (Matrix- und Nebensatz) ist das Mittelfeld des Matrixsatzes, während der Nebensatz/die satzwertige Infinitivkonstruktion extraponiert wird. In der vorliegenden Untersuchung bleibt die Mittelfeldstellung der ganzen Korrelatverbindung unbehandelt, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens entspricht eine Mittelfeldstellung von Ergänzungssätzen nicht dem Normalfall. Die Meinungen der Grammatiker diesbezüglich schwanken sehr. Einige sprechen sogar von einem „Mittelfeldverbot", andere, wie Altmann (1981: 172) halten dies für möglich. Während für V2-Sätze in der Tat ein absolutes Mittelfeldverbot herrscht, kann das Mittelfeld für andere Ergänzungssätze als „komplementsatzfeindlich" betrachtet werden.

33

Die tabellarische Zusammenstellung schließt nicht aus, daß es syntaktische Konstellationen geben kann, bei denen das eine oder das andere Korrelat-Akzentmuster eindeutig bevorzugt werden kann. Siehe hierzu den nächsten Abschnitt (Punkt 3.5.1.1.a) bzw. b)). Dargestellt werden lediglich die drei grundsätzlichen Möglichkeiten der Akzentuierung.

104

Eine Teilmenge der W-Sätze kann jedoch davon ausgenommen werden.34 Zweitens, obwohl bestimmte Strukturen im Mittelfeld auftreten können und nicht als ungrammatisch, sondern nur als „markiert" wirken, müßte man in diesem Fall einen anderen syntaktischen Status für diese Sätze annehmen. Sie stünden somit weder in Extraposition - die charakteristische Stellung für Subordination durch Extraposition - noch eingebettet im Vorfeld des Matrixsatzes. Im Mittelfeld würden sie das Verhalten von Gliedteilsätzen zeigen, was für die Bestimmung der Pronominaladverbien als Korrelate Konsequenzen hätte. Sie würden zum Kopf der Konstruktion „aufgewertet", während die Nebensätze zu Gliedtei/sätzen degradiert werden würden: (3-121) Der Markt hat bisher fest damit gerechnet, daß die Gewinne im kommenden Jahr bei allen deutschen Unternehmen geradezu explodieren werden. (FAZ, 15.1.94, S.17) (3-121a) Der Markt hat bisher fest DÄmit, daß die Gewinne im kommenden Jahr bei allen deutschen Unternehmen geradezu explodieren werden, gerechnet.

Dies würde auch bedeuten, daß bei Prädikaten, bei denen ein Korrelat fakultativ ist, eine Mittelfeldstellung mal möglich, mal unmöglich wäre, und daß die Nebensätze mal als Glied-, mal als Gliedteilsätze eingestuft werden müßten: (3-122) Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, alle Forderungen der Vereinten Nationen zu akzeptieren. (FAZ, 3.1.94, S.5) (3-122a) ?Die Mitgliedstaaten sind, alle Forderungen der Vereinten Nationen zu akzeptieren, nicht verpflichtet. (3-122b) Die Mitgliedstaaten sind alle Forderungen der Vereinten Nationen zu akzeptieren (nicht) verpflichtet. (3-122c) Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, alle Forderungen der Vereinten Nationen zu akzeptieren. (3-122d) *Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu, alle Forderungen der Vereinten Nationen zu akzeptieren, verpflichtet.

Eine solche Analyse ist widersprüchlich und wird nicht weiter verfolgt. Die Situation zeigt jedoch, wie kompliziert die Grammatik der Korrelate ist. Korrelierte Präpositionalobjektsätze können ebenso das Vorfeld besetzen. Jedoch unterliegen sie dabei anderen Regularitäten als denjenigen, die bereits kommentierte korrelierte Termsätze einschränken. Wahrend bei der Topikalisierung eines Nebensatzes, der durch es korreliert wird, das Korrelat entfallen muß, ist das folgende Muster in der Gegenwartssprache nicht mehr akzeptabel: (3-123) Daß dem nicht also sei, wünschte ich sie zu überzeugen. (Goethe)

Eine Topikalisierung des Nebensatzes kann verschiedene syntaktische Muster hervorbringen. Wird die ganze Korrelatverbindung nach links herausgestellt, so steht sie in integrativer Stellung.

34

Vgl. zur externen Topologie der Nebensätze Engel 1991: 328, IDS-Grammatik 1977: 2345ff. und Punkt 2.2.2.

105

Korrelat und korrelierter Nebensatz befinden sich in Kontaktstellung und werden im Vorfeld stark thematisiert: (3-124) DÄrauf, daß sie in der Zwischenzeit, wenn sie schrittweise eingeführt werde, Defizite hervorrufen könnte, hätten die Grünen nicht geachtet. (SZ, 9.10.98, S. 1)

Das Korrelat fungiert als eine echte Proform. Die Kontrastakzentuierung scheint die einzig mögliche zu sein, was sich allein aufgrund der topikalisierten Konstruktion als Kontrast zur normalen Serialisierung erklären läßt. Die neutrale Akzentuierung oder gar die Schwundform des Korrelats (drauf) sind hier dagegen völlig ausgeschlossen. Ein wiederholtes Auftreten des Korrelats im Vorfeld des Matrixsatzes als Resumptivum entspricht exakt dem Muster einer Linksversetzungskonstruktion: (3-124a) DÄrauf, daß sie in der Zwischenzeit, wenn sie schrittweise eingeführt werde, Defizite hervorrufen könnte, dArauf/darauf 'hätten die Grünen nicht geachtet.

Das zweite topikalisierte Korrelat fungiert als ein echtes wiederaufnehmendes Element. Syntaktisch handelt es sich hier um eine Linksversetzung mit doppelter Vorfeldbesetzung, denn die pronominale Kopie - das zweite D-Pronominaladverb (dArauf/darauf) - könnte wegfallen, und der ursprüngliche Satz würde wieder entstehen. In (3-124) werden sowohl die Wortstellung als auch die Akzentuierung des Korrelats eingesetzt, um den Kontrast zu verdeutlichen. Serialisierung und Betonung stehen hier im Dienst der Pragmatik: die Linksversetzung erfüllt eine Art „Vornennungsfunktion". Der Sprecher sagt vorerst das, was ihm für die Kommunikation am wichtigsten erscheint. Hinzu kommt die Kontrastbetonung, die diese Wichtigkeit hervorhebt. Eine 'Freies Thema' Konstruktion ist auch möglich. Das Korrelat steht als Resumptivum im Vorfeld des Matrixsatzes und verhält sich wie eine echte wiederaufnehmende Proform. Die Kontrastakzentuierung wird bevorzugt, eine Schwundform des Korrelats ist in dieser Position nicht denkbar: (3-125) Wie man dies jedoch bewerkstelligen könnte, dÄrüber /*drüber denken nun Forscher, Tüftler und Weltverbesserer nach. (SZ, 18.2.97, S. 906)

Bei Topikalisierung des Gliedsatzes ist eine Wiederaufnahme durch das „Universalpronomen" da ebenso möglich: (3-125a) Wie man dies jedoch bewerkstelligen könnte, dÄ denken nun Forscher, Tüftler und Weltverbesserer darüber/drüber nach.

Da ist hier als eine neutrale pronominale Kopie, als ein neutrales themaanknüpfendes Element zu betrachten. Manche Autoren, unter anderen Blatz, sprechen von einer Art Pleonasmus, d. h. eine überflüssige Wiederholung des linksversetzten Ausdrucks durch das Element da.35

35

Vgl. hierzu Blatz 1900: 154ff. In seiner Grammatik spricht Blatz vom „Otfridischen Pleonasmus". Seinen Beispielen nach handelt es sich um Fälle von - in heutiger Terminologie - Linksversetzung. Hier Belege, die nur die Wiederaufnahme mit da betreffen: Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein. Und am nächsten Morgen, mit dankendem Blick, da bringt er dem Grafen sein Roß zurück. (Schiller)

106

Da ist somit nicht generell als eine echte korreferente Proform einzustufen, wie ein Demonstrativpronomen bei Linksversetzungskonstruktionen, kann jedoch als solches fungieren, wenn zusätzlich ein Pronominaladverb in Distanzstellung vom linksversetzten Ausdruck auftritt, wie in (3-125a). Es gibt zahlreiche Konstruktionstypen, wie das letzte Beispiel, bei dem das Universalpronomen da und Pronominaladverbien oder eine Präposition gleichzeitig im Satz auftreten. Sie werden in der Sprachwissenschaft als 'Verdoppelungs-Konstruktionen' bezeichnet, von 'preposition stranding'36 ist aber auch die Rede. Diese Konstruktionen gehören überwiegend der gesprochenen Sprache oder manchen Dialekten an und werden hier nicht weiter kommentiert. Eine Herausstellung des Korrelats in einer 'Ausklammerungskonstruktion' ist ebenfalls möglich: (3-126) Sie will 'die Leute warnen' - davor, daß jeder Opfer -werden könne und daß der Arm der Scientology bis in alle Winkel des Landes reiche. (SZ, 20.1.97, S.35)

Das Korrelat steht als ausgeklammerte Konstituente zwischen dem Matrixsatz und dem Präpositionalobjektsatz. Dieser ist hier nicht extraponiert, sondern wird zusammen mit dem Korrelat in einem Schritt ausgeklammert. Obwohl beide Akzentuierungsmöglichkeiten des Korrelats akzeptabel erscheinen, würden sich meine Informanten für die betonte Variante (dAvor) entscheiden. Die syntaktische Ausklammerung würde, genauso wie bei der Linksversetzung, einer Hervorhebung durch die Akzentuierung entsprechen. Dies deutet darauf hin, daß die wichtigen Teile der Information noch kommen müssen. Das Korrelat fungiert als Rhemaexponent für den rhematischen ausgeklammerten Nebensatz. Mit der anderen Akzentuierungsvariante (neutrale Akzentuierung, Korrelat unbetont) würde sich die Verteilung von Fokus und Hintergrund ändern, etwas, das die kommunikative Funktion der Ausklammerung entkräften würde. So ist die Präferenz für die betonte Variante zu erklären. Genauso gut möglich ist eine Nachtragskonstruktion. Das Korrelat erscheint an der Satzspitze. Nach Altmann37 setzt eine solche Konstruktion eine rhematische Bezugs-Präpositionalphrase voraus: (3-126a) DÄvor will sie 'die Leute warnen', nämlich/und zwar vor der Tatsache, daß jeder Opfer •werden könne und daß der Arm der Scientology bis in alle Winkel des Landes reiche.

Durch die Stellung des Korrelats im Vorfeld wird ein Sachverhalt, der in Nebensatzform wiederaufgenommen und verdeutlicht wird, „vor-thematisiert". Das Korrelat ist das Element, das dies ermöglicht. Es fungiert als Rhemaexponent für die Thematische Nachtragskonstruktion, die die Hauptfunktion hat, ein mehrgliedriges Rhema möglich zu machen.

36 37

Die Terminologie wird in Anlehnung an W. Oppenrieder verwendet. Vgl. Oppenrieder 1990. Vgl. Altmann 1981: 71.

107

3.5.1.1. Kategoriale Füllung des Matrixsatzes und Akzentmuster des Korrelats Bestimmte Elemente, die der kategorialen Füllung des Matrixsatzes angehören können, sind von Jacobs (1988: 87) als 'Fokus-Hintergrund-Gliederungs-sensitive Elemente' charakterisiert worden. Sie interagieren mit der FHG des Matrixsatzes derart, daß sie die Verteilung des Satzmaterials bezüglich Fokus und Hintergrund beeinflussen können, und somit den propositionalen Gehalt des Satzes verstellen können. Mit anderen Worten, sie können die Menge der Fokusalternativen beschränken oder erweitern. Die Akzentuierung selbst ist in diesem Sinne ein FHG-sensitiver Operator.38 Andere Elemente sind koordinierende Konjunktionen, Vergleichspartikeln, Gradpartikeln und 'Rhematisatoren'. Solche Ausdrücke können, wenn vor das Korrelat gesetzt, dieses fokussieren und dadurch die kontrastive Akzentvariante geradezu erzwingen. Satzadverbiale und die Negationspartikel nicht ergeben diesbezüglich kein eindeutiges Bild. Auf der anderen Seite gibt es andere Ausdrücke, die das Gegenteil bewirken, d.h., sie motivieren eine neutrale Akzentuierung, ja sogar die Schwundform des Korrelats. a) Die kategoriale Füllung des Matrixsatzes und die akzentuierte Variante Koordinierende Konjunktionen Koordinierende Konjunktionen, die Gegensatz, Korrektur oder Präzisierung signalisieren, sind FHG-sensitive Elemente und können, wenn sie vor dem Korrelat stehen, die akzentuierte Variante erzwingen: (3-127) Es kommt nicht mehr darauf an, sich auf einer religiösen oder mystischen Ebene mit den Ahnen zu versöhnen, sondern dÄrauf, auf einer profanen und historischen Ebene zum Geburtshelfer der zukünftigen Menschheit zu werden. (FAZ, 16.3.94, S.L 17)

Die koordinierende Konjunktion sondern signalisiert einen ausschließenden Gegensatz und wird nur verwendet, wenn das erste der gehäuften Elemente negiert ist. Die Konjunktion weist darauf hin, daß das zweite Element Gültigkeit hat. Die zwei verschiedenen Sachverhalte, die in den zwei Gliedsätzen ausgedrückt sind, werden durch die Konjunktion sondern in eine gegensätzliche Relation zueinander gebracht. Die Konjunktion fungiert als fokussierendes Element für den zweiten Teil des Satzes, der Rhemaexponent (hier das betonte Korrelat) wird durch sie verstärkt, der zweite Teil des Satzes ist rhematisch. Folglich ist hier nur die kontrastive Akzentuierung erlaubt. Sie drückt aus, daß es sich um einen Kontrast-, und nicht um einen neutralen Fall handelt. Bei freiem Fokus stünden dem Sprecher wieder die zwei Akzentmuster zur Verfügung: (3-127a) Es kommt dÄrauf/ darauf an, auf einer profanen und historischen Ebene zum Geburtshelfer der zukünftigen Menschheit zu werden.

38

Siehe Jacobs 1988: 106.

108

Die koordinierende Konjunktion und hat verschiedene Bedeutungen, unter anderen die einer gemeinsamen Einordnung: (3-128) Wir rechnen damit, daß du kommst und die Kinder mitbringst.

In dieser parataktischen Satzreihe bewirkt die Konjunktion und, wohl aus stilistischen Gründen, eher die Nichtsetzung des Korrelats. Es ist jedoch nicht ungrammatisch, den Satz wie folgt zu bilden: (3-128a) Wir rechnen damit, daß du kommst, und damit, daß du die Kinder mitbringst.

Jacobs (1988: 100) weist darauf hin, daß Koordination mit FHG zusammenwirkt, d.h., daß koordinierte Satzteile im allgemeinen parallele FHGn haben: (3-129) Sie hat OtthEinrich eingeladen, und (sie hat) KlÄus eingeladen.

Der Autor macht den Versuch, koordinierende Operatoren (hier die koordinierende Konjunktion) als FHG-sensitiv zu deuten. Daß diese Deutung nicht unproblematisch ist, zeigt nach Jacobs folgender Beispielsatz: (3-130) ?SIe ist gEstern gekommen, und Er ist Ungern gekommen.

Solche Sätze haben zwar eine parallele FHG, aber die Ausdrücke ungern und gestern sind in keinem denkbaren Kontext Alternativen, wie es die von Jacobs vorgeschlagene Regel für die Beziehung zwischen Koordination und FHG fordert. Der Vorschlag Jacobs, koordinierende Operatoren als FHG-sensitiv zu betrachten, ist im Fall der Korrelate brauchbar, denn die Akzentuierung des zweiten Korrelats könnte durch den fokussierenden Effekt der Konjunktion und kontrastiv sein: (3-128b) Wir rechnen damit, daß du kommst, und dAmit, daß du die Kinder mitbringst.

Hier würde der Sprecher durch die Akzentuierung verdeutlichen wollen, daß der zweite Teil der Koordination eher Erwähnung verdient als der erste. Dadurch ließe sich auch die Wiederholung der sonst elliptischen Teile (dÄmit, daß du) erklären. Eine mögliche Lesart wäre dann: (3-128c) Wir rechnen damit, daß du kommst, und vor allem dAmit, daß du die Kinder mitbringst.

109 Die Vergleichspartikeln mehr und a/s39 Explizite Vergleiche mit der Vergleichspartikel als (die Vergleichspartikel denn gilt als veraltet) favorisieren das akzentuierte Korrelat: (3-131) Alle Bewertungen dessen, was Sappho, die Dichterin, wirklich geleistet hat, haben mehr mit der Strategie zu tun, in der zeitgenössische Dichtung behandelt wird, als dAmit, was vor 2600 Jahren tatsächlich geschah. (UKW B2,7.5.96. Der internationale Literaturspiegel.)

In diesem Beispiel handelt es sich um einen Vergleich, der Ungleichheiten zweier Sachverhalte bezüglich „eines" Sachverhaltes darstellt, es werden nicht zwei Sachverhalte verglichen. Die Vergleichspartikel mehr fokussiert das erste Vergleichsglied, ein Präpositionalobjekt, die Vergleichspartikel als das zweite, einen Präpositionalobjektsatz. Die Vergleichspartikeln mehr und als fungieren in diesem Fall als FHG-sensitive Elemente. So stellt der Sprecher mit Hilfe der Akzentuierung und der kategorialen Füllung die zwei Vergleichsglieder in den Vordergrund. Das Vorkommen eines relationalen Verbs begünstigt ebenso die betonte Variante des Korrelats. Zu tun haben mit drückt eine abstrakte Relation zwischen zwei Sachverhalten aus (A und B, A und C) und ist semantisch relativ informationsarm. Es bleibt also im Hintergrund. Fokus- oder Gradpartikeln Gradpartikeln sind nach Engel (1991: 764) „unveränderliche Ausdrücke, die im Konstativsatz vor dem Vorfeldelement und zugleich hinter dem Konjunktur stehen können": (3-132)

Und

sogar

ich

ging damals ins Theater.

Sie können auch andere Stellungen im Satz einnehmen, womit sich Bedeutungsunterschiede ergeben: (3-132a) Sogar damals ging ich ins Theater. (3-132b) Ich ging damals sogar ins Theater. (3-132c) Sogar ich ging damals ins Theater. Die Leistung der Gradpartikeln besteht nach Eisenberg (1994: 207) darin, die Geordnetheit der Elemente in einer Skala auszudrücken.40 So kann sie bezüglich der Größe „Zeit" verstanden werden: sogar damals heißt nicht nur damals. Es bedeutet, wenn ich schon damals ins Theater ging, ist es selbstverständlich, daß ich zu einem anderen Zeitpunkt, in

39

40

Auf das Problem des Status der Partikel als möchte ich nicht ausführlich eingehen. Manche Grammatiker, unter anderem Engel (1991: 713), weisen als beim Komparativ den subordinierenden Konjunktionen zu. Andere, wie Eisenberg (1994: 333), ordnen sie den koordinierenden Konjunktionen zu mit dem Einwand, daß „der /s-Satz nicht die übliche Semantik von Nebensätzen hat" (1994: 335). Ich bleibe bei der Bezeichnung 'VergleichspartikeF, denn das Lexem interessiert hier lediglich als FHG-sensitives Element. Siehe hierzu Hahnemann 1999 und Thurmair2001. Vgl. hierzu Altmann 1976: 122ff. .

110 der Vergangenheit oder in der Gegenwart, zu gehen imstande war oder bin. Im dritten Beispiel betrifft die Skala die Menge der Personen, die damals ins Theater gingen. Sogar ich heißt etwa, daß ich und außer mir andere damals ins Theater gingen. Der Duden (1995: 370f.) differenziert zwischen 'Grad'- und 'Fokuspartikeln'. Während Gradpartikeln vor allem angeben „in welchem Grad eine Eigenschaft eingeprägt ist", dienen Fokuspartikeln dazu, „die Aufmerksamkeit des Hörers/Lesers auf einen bestimmten Teil des Satzes zu lenken". Die Bezeichnung 'Fokuspartikel' und die entsprechende Definition sind für diese Arbeit brauchbar. Auf das bekannte Abgrenzungsproblem der Partikelarten kann hier jedoch nicht eingegangen werden. Diese Partikeln sind nach Jacobs (der den Terminus 'Gradpartikel' dafür benutzt) FHGsensitive Elemente. Indem sie die Aufmerksamkeit des Hörers/Lesers auf bestimmte Informationsteile der Äußerung/des Satzes lenken, provozieren sie Änderungen in der Verteilung von Fokus und Hintergrund der Äußerung/des Satzes. Mit ihnen ändert sich auch deren/dessen propositionaler Gehalt. Daraus erklären sich die Bedeutungsunterschiede, die aus den Verschiebungen der Partikeln entstehen. Im Satz (3-133) Wenn ich nur dÄvon ausgehe, daß ich noch zehn Jahre lebe (ich bin jetzt gerade 65 Jahre geworden), ergibt sich daraus für mich eine „Strafe" von etwa 130 000,- Mark. (FAZ, 17.1.94,8.9)

wird das Korrelat - auch der daß-Sstz kann mit fokussiert sein - durch die Partikel fokussiert. Hier ist nur die betonte Variante erlaubt. Der Satz bedeutet etwa, „daß es andere Möglichkeiten außer der erwähnten gibt, von denen ich ausgehen kann, ich gehe aber von dieser aus". Bei freiem Fokus (Satz ohne Partikel) wären beide Akzentmuster des Korrelats (davon/dAvon) möglich. Würde sich die Stellung der Partikel ändern, würde sich ihr Skopus und somit der propositionale Gehalt des Satzes ebenso ändern, da andere Möglichkeiten im Bereich der Präsuppositionen auftreten würden: (3-133a) Wenn nur Ich davon ausgehe, daß ich noch zehn Jahre lebe (ich bin jetzt gerade 65 Jahre geworden), 'ergibt sich daraus für mich eine „Strafe" von etwa 130 000,- Mark.

Wenn statt des Korrelats+Nebensatz das Subjekt fokussiert würde - das wäre eine Möglichkeit in der Menge der möglichen Foki dieses Satzes - ergäben sich im Präsuppositionsbereich Änderungen. Es könnte z. B. präsupponiert werden, daß „die anderen etwas anderes tun, während ich von einer bestimmten Tatsache ausgehe." „Daß ausschließlich ich und nicht die anderen von etwas ausgehe" ist eine weitere Möglichkeit. Bei der zweiten Lesart würde der Satz den ursprünglichen Sinn verlieren und würde mit dem Matrixsatz ergibt sich daraus, ... inkompatibel. Eine andere mögliche Stellung für nur ist die Stelle vor der subordinierenden Konjunktion wenn. Die Fokus- oder Gradpartikel würde etwa „Vorbehalt" signalisieren. Hinter nur könnte eine Pause eingeschaltet werden: (3-133b) Nur- wenn ich davon ausgehe, daß

Auf das Korrelat hätte die Stellung der Partikel keinerlei Einfluß, denn sie würde außerhalb der Satzgrenze stehen. Eine Situation mit freiem Fokus würde entstehen, bei welcher

Ill

die neutrale oder die kontrastive Akzentvariante des Korrelats, je nach Wahl des Sprechers und der Betonung anderer Ausdrücke der Umgebung, gewählt würde. Mit anderen Worten, der Sprecher könnte aus der Menge der möglichen Foki für den Satz wählen. Hierzu nur zwei Beispiele: (3-133c) Nur- wenn ich dÄvon ausgehe, daß (3-133d)Afar- wEnn ich davon ausgehe, daß

Rhema tisatoren Der Terminus 'Rhematisatoren' wird von Koenitz (1987: 72) verwendet, um gemischte Ausdrücke hinsichtlich ihres gemeinsamen Charakteristikums zu bezeichnen, „Indikatoren für den rhematischen Status einer anderen Satzkomponente zu sein". Allerdings unterscheiden sich diese Ausdrücke syntaktisch und semantisch erheblich. Unter ihnen befinden sich die gerade kommentierten Gradpartikeln auch, sogar, selbst, nur, insbesondere, nicht einmal, ... und gemischte Ausdrücke wie unter anderem, zum Beispiel, vor allem, in erster Linie .... Solche Elemente der kategorialen Füllung können zusätzlich das fokussierte Element charakterisieren: (3-134) Das Dasein eines Finanzministers stand auch im Mittelpunkt der durchaus witzigen Rede von Theo Waigel, der unier anderem dÄvon schwärmte / dÄvon schw'Ärmte, wie befriedigend es sei, nach Mittemacht von der Kanzlerrunde mit einem Stapel Akten nach Hause zu kommen, [...]. (SZ, 4.5.96, S.3)

Hier erfolgt das „Charakterisieren" durch eine Quantifizierung. Der Satz besagt, in einer Lesart, daß es außer dem genannten Element (das zu einer bestimmten Menge gehört) mindestens ein anderes gibt, wovon T. Waigel schwärmte. Auf der formalen Seite wird dies durch Operatoren ausgedrückt. Erstens durch den Operator 'Akzent': Das Korrelat wird durch den Rhematisator unter anderem hervorgehoben und dementsprechend auf dem pronominalen Teil akzentuiert. Zweitens durch das Setzen eines FHG-sensitiven Elements, das hier als Rhematisator bezeichnet wird. In einer solchen Konstellation muß die Kontrastakzentvariante des Korrelats auftreten. Bei der zweiten Lesart kann dasselbe in Bezug auf den ersten Fokus präsupponiert werden. Hinzu kommt aber der zweite Fokus, der verdeutlicht, daß „T.Weigel hauptsächlich von etwas schw'Ärmt" und nichts anderes tut. Das nächste Beispiel enthält den Ausdruck vor allem, dessen Proposition sich wie folgt beschreiben läßt: Das genannte Element verdient eher Erwähnung als eventuelle andere und wird deshalb durch den Rhematisator fokussiert: (3-135) Lange Zeit haben sich Ethnologen vor allem dÄmit befaßt, „bedeutungsvolle Räume in der Welt abzugrenzen, [...]". (FAZ, 15.3.94, S.L17)

Das Korrelat steht als Rhemaexponent zwischen dem FHG-sensitiven Element und der rhematischen satzwertigen Infinitivkonstruktion. Der FHG-Operator (oder Rhematisator) erzwingt die Kontrastakzentvariante.

112

Wie die Gradpartikeln verhalten sich die Rhematisatoren bezüglich Verschiebungen im Satz. Wenn sich ihre Stellung ändert, ändert sich ihr Skopus und somit der propositionale Gehalt des Satzes. Hier können sich zwei mögliche FHGn ergeben: (3-135a) Lange Zeit haben sich vor allem Ethnologen damit befaßt, [...].

Bei dieser Fokussierungsmöglichkeit wäre der Ausdruck Ethnologen der einzige Fokus im Matrixsatz. Die neutrale Akzentuierung würde beim Korrelat auftreten, denn das rhematische Subjekt Ethnologen stünde allein im Vordergrund. Die satzwertige Infinitivkonstruktion bliebe jedoch rhematisch, weil sie die Hauptinformation enthält. Eine weitere Möglichkeit wäre es, den Ausdruck Ethnologen als Thematisches Subjekt fokussiert zu lassen, aber dennoch das Korrelat mit einem Kontrastakzent zu versehen. Zwei Foki wären dann im Matrixsatz festzustellen: das rhematische Subjekt und der Rhemaexponent 'Korrelat', der die satzwertige Infinitivkonstruktion ankündigt. Diese bleibt rhematisch: (3-135b) Lange Zeit haben sich vor allem Ethnologen dÄmit befaßt, [...].

Die Bedeutungsunterschiede zwischen beiden Möglichkeiten sind sehr fein. Bei der ersten Variante kann präsupponiert werden, daß „auch andere außer den Ethnologen sich damit befaßt haben". Bei der zweiten Variante kann dasselbe in Bezug auf den ersten Fokus vorausgesetzt werden, hinzu kommt aber noch der zweite Fokus. Er bedeutet, daß „Ethnologen sich hauptsächlich mit X befaßt haben", obwohl andere Möglichkeiten des „Sich-damit-Befassens" nicht ausgeschlossen werden können. Beim Vorkommen von Fokuspartikeln bzw. Rhematisatoren als Teil der kategorialen Füllung des Matrixsatzes ist ferner auffällig, daß diese das Setzen eines Korrelats bei Fakultativität begünstigen: (3-136) Der SPD-Chef ist vor allem dÄrum bemüht, das Pulver trocken zu halten und erst in der eigentlichen Schlacht anzurühren: dann, wenn die Steuerreform in den Bundesrat kommt. (SZ, 25.1.97,8.11)

Dieses Schreiber-/Sprecher-Verhalten läßt sich erklären, wenn man an die Möglichkeit der kontrastiven Akzentuierung des Korrelats denkt: die Fokuspartikel bzw. der Rhematisator wird vor das Korrelat gesetzt, und fokussiert dieses. Das Korrelat hebt seinerseits die extraponierte, Thematische Infinitivkonstruktion hervor, da es als Rhemaexponent eingesetzt wird. Ohne das Korrelat wäre diese Möglichkeit der Gestaltung der FHG des Satzes eingeschränkt: (3-136a) Der SPD-Chef ist vor allem bem'Üht, das Pulver trocken zu halten und erst in der eigentlichen Schlacht anzurühren: [...].

Satzadverbiale 'Satzadverbial' wird hier als ein kategorial-funktionaler Begriff verstanden. Er bezieht sich auf eine Gruppe von Adverbien, Partikeln und Adjektiven, die als Satzadverbial fungieren können und die die subjektive Einschätzung eines Sachverhaltes durch den Sprecher ausdrücken. Syntaktisch fungieren sie als Satzadverbial, d. h. sie sind dem Satz als Konstituente nebengeordnet.

113

Jacobs verleiht den Satzadverbien die Eigenschaft, FHG-sensitiv zu sein. Er weist allerdings darauf hin, daß es „bisher keine plausiblen semantischen Analysen für sie gibt, die diese FHG-Sensitivität transparent machen". Gleichzeitig vermutet er, daß „die FHG nicht vielleicht immer auf solche Elemente bezogen ist".41 Modale Adverbien ziehen nach Eisenberg (1994: 210) mit sehr wenigen Ausnahmen (tatsächlich, wirklich) den Satzakzent nicht an sich, denn in der Regel sind sie keine rhematischen Ausdrücke. Tragen sie dennoch einen Hauptakzent, so handelt es sich um einen Kontrastakzent und nicht um einen rhematischen Akzent. Der nächste Beispielsatz enthält das Satzadverbial zweifellos: (3-137) Diese brüderliche Hilfe von seilen Englands hat zweifellos dazu bEigetragen, daß Frankreich seinen Rang als Weltmacht einbüßte. (FAZ, 7.1.94, S.25)

Das Satzadverb ist unbetont, bleibt im Hintergrund und fokussiert als FHG-sensitives Element den infiniten Prädikatsteil. Das Korrelat bleibt unbetont, der Gliedsatz ist rhematisch. Eine weitere Akzentuierungsmöglichkeit (...dAzu bEigetragen, daß...) scheint hier unwahrscheinlich zu sein, ist jedoch nicht auszuschließen. Bei einer Topikalisierung des Satzadverbiales ergibt sich die Möglichkeit, die zwei Akzentvarianten des Korrelats zu realisieren: (3-137a) Zweifellos hat diese brüderliche Hilfe von Seiten Englands dazu /dAzu bEigetragen, daß Frankreich seinen Rang als Weltmacht einbüßte.

Der syntaktische Bereich des Satzadverbiales ist der Satz. Die Variationen bezüglich der Betonung sind in den unterschiedlichen Fokusbezügen des Satzadverbiales zu finden. Mit diesen hängen Bedeutungsunterschiede zusammen. Ein ähnliches Verhalten zeigt nach Eisenberg (1994: 214) die Negationspartikel nicht, die er als „Extremfall eines modalen Adverbs" bezeichnet. Die Negationspartikel nicht Negationswörter wie nicht, kein usw. gehören nach Eisenberg (1994: 218) der Paradigmenkategorie der 'Negation' an, unabhängig davon, welcher Wortart sie zugewiesen werden können. Die in vielen Grammatiken behandelte Distinktion zwischen Satznegation und Satzgliednegation kann hier nicht ausführlich kommentiert werden. Die brauchbarste ist die von Eisenberg (1994: 216f.) vorgeschlagene Lösung. Der Autor schreibt dem Negationswort nicht den syntaktischen Status eines Satzadverbials zu. Im folgenden Beispielsatz (3-138) Die Bundesregierung habe sich nicht damit befaßt, wie sie die Haushaltslöcher von zehn Milliarden Mark decken wolle. (FAZ, 19.1.94. S.l)

wird nicht eindeutig klar, daß die Negationspartikel die Kontrastvariante erzwingt, vielmehr werden beide Akzentmuster (damit/dÄmit) erlaubt. Die Bedeutungsunterschiede, die sich aus den verschiedenen Akzentmöglichkeiten ergeben (neutral/kontrastiv), werden auf

41

Vgl. Jacobs 1988: 95.

114

der formalen Seite des Satzes durch den FHG-Operator 'Akzentuierung' verursacht. Dies spiegelt sich im propositionalen Gehalt des Satzes wider und in den unterschiedlichen Präsuppositionsmöglichkeiten, die damit verbunden sind. b) Die kategoriale Füllung des Matrixsatzes und die neutrale Akzentuierung Es gibt ferner in der deutschen Sprache Ausdrücke, die zur kategorialen Füllung des Satzes gehören können und die im Zusammenspiel mit Korrelaten Einfluß auf deren Akzentmuster haben können. Bis jetzt wurden FHG-sensitive Elemente kommentiert, die den Kontrastakzent des Korrelats eher begünstigen. Die Ausdrücke, die jetzt in Frage kommen, bewirken eher das Gegenteil: sie begünstigen eine schwächere Akzentuierung des Korrelats und die Verwendung von dessen Schwundform, die bei Korrelaten mit vokalisch anlautenden Präpositionen zu dr-Schwundformen werden, z. B. dran, draus, drauf etc. Diese Formen lassen sich orthographisch realisieren im Gegensatz zu Formen wie d'mit. Phraseologismen Das Beispiel hierzu ist die verbale Konstruktion einen / ein Hehl aus etwas machen. Die Konstruktion wird unter dem Begriff der Phraseologismen gefaßt im Sinne der Auffassung, daß Phraseologismen reproduzierbare lexikalische Sprachzeichen sind, die aus mindestens zwei Wörtern, jedoch höchstens einem Satz bestehen. Nach dem Duden (1995: 561) sind Phraseologismen „Wortgruppen, die festgefügt und lexikalisiert sind und vielfach eine 'idiomatische' ganzheitliche Bedeutung haben, die sich nicht oder nur teilweise aus der Summierung der Einzelbedeutungen ergibt". Die Wortgruppe keinen / kein Hehl aus etwas machen wird aus mehreren Gründen als verbale Konstruktion bezeichnet. Sie ist eine feste lexikalisierte Redewendung, die aus einem Substantiv - Hehl - , einem Verb - machen - und einer Präpositionalphrase - aus etwas - besteht. Beim Substantiv läßt sich das Genus nicht deutlich feststellen (der/das Heht). Die Kombination „Substantiv+Verb+Präpositionalphrase" kann nicht ohne Einschränkung zu den Funktionsverbgefugen gezählt werden, denn dagegen würde mindestens die Realisierung der Negation mit dem Negationsartikel kein und nicht wie in der Regel bei Funktionsverbgefugen mit der Negationspartikel nicht (keinen Hehl aus etwas machen/ *nicht einen Hehl aus etwas machen) sprechen. Die verbale Konstruktion taucht im folgenden Beispielsatz auf: (3-139) Sönke Wortmann macht keinen HEhl daraus, daß er von allein nicht darauf verfallen wäre, Hera Linds Roman zu verfilmen. (Brigitte, 6.3.96, S. 132)

Das Nomen Hehl erhält im Matrixsatz den stärksten Akzent, das Korrelat bleibt unakzentuiert. Hier bestätigt dies die Möglichkeit der Einsetzung der Schwundform des Korrelats: (3-139a) Sönke Wortmann macht keinen Hehl draus, daß er von allein nicht darauf verfallen wäre, Hera Linds Roman zu verfilmen.

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Ähnlich wie bei den Funktionsverbgefügen trägt in der Konstruktion das Substantiv den wesentlichen Teil der begrifflichen Bedeutung. Dies kann der Grund für seine deutliche Hervorhebung im Satz sein. Obwohl alle Testpersonen diese Form der Akzentuierung - Substantiv betont, schwächere Korrelatakzentuierung - gewählt haben, bleibt die Möglichkeit offen, das Korrelat mit einem Kontrastakzent zu versehen, je nach Sprecherintention. Aber eine deutliche Tendenz zur Schwächung des Korrelats läßt sich erkennen. Übergangsausdrücke Ausdrücke wie nah, nahe haben einen schwer zu bestimmenden Status, denn sie lassen sich von mehreren Wortarten nicht leicht abgrenzen. Das Lexem nah kann als Adjektiv bestimmt werden. Es kann zwischen Artikel und Nomen stehen und gehört zu jenem Teil der Adjektiva, die die Eigenschaft der „Steigerbarkeit" besitzen. Im Fall von nah wird dies durch Veränderung des Stammvokals - Positiv: nah, Komparativ: näher - und zusätzlich durch Konsonantenveränderung - Superlativ: nächst-, am nächsten - vollzogen. Das Wort nahe wird als Präposition, die den Dativ regiert, bestimmt, wobei das gleichzeitige Auftauchen einer anderen Präposition, die von nahe regiert wird, nicht auszuschließen ist: (3-140) Wir wohnten nahe dem / am / beim Bahnhof.

Der komplexe Ausdruck nahe an etwas sein wird von Wahrig (Deutsches Wörterbuch) unter der Rubrik 'Adjektiv' als nahe daran notiert. Das Wort nahe bewirkt im folgenden Beispielsatz die Nichtbetonung, sogar die Schwächung des Korrelats: (3-141) In jenem Sommer sei er nÄhe dran gewesen, alles hinzuschmeißen, sagt Waigel und fügt noch hinzu, was man durchaus als Seitenhieb in Richtung Stoiber verstehen kann: [...]. (SZ, 4.5.96, S.3)

Dies ist auch graphisch an der Schreibweise des Korrelats zu sehen: Die t/r-Schwundform dran wurde bevorzugt Die Bestimmung der Wortart des Ausdrucks nahe ist schwierig: Die lokale Bedeutung der Präposition ist trotz der Metaphorik deutlich zu spüren. Andererseits werden Präpositionen bei freiem Fokus im Satz, außer bei Fällen des impliziten Kontraste, wie bei dem Oppositionspaarför und gegen, oder bei 'default accent',42 nicht betont. Möglicherweise könnte man von einer „Übergangssituation" Richtung Adverb sprechen. Nach Eisenberg (1994: 210) können „lokale und temporale Adverbien, wenn sie nicht als Partikel verwendet werden, den Hauptakzent im Satz tragen". Hier trägt das Wort nahe den Hauptakzent im Matrixsatz. Es wirkt wie ein Rhemaexponent bezüglich der PO-

42

Nach Breindl (1989: 90) besagt 'default accent', daß „ein Akzent aus der üblichen, satzfinalen Position heraus nach links verschoben wird, wenn der eigentliche Rhemaexponent thematisches, pronominales oder anaphorisches Material enthält, das nicht durch einen Akzent hervorgehoben werden soll."

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Infinitivkonstruktion, der extraponiert steht und rhematisch ist. Das Korrelat bleibt unakzentuiert, wobei eine Kontrastakzentuierung nicht völlig ausgeschlossen werden kann: (3-141 a) In jenem Sommer sei er nÄhe dÄran gewesen, [...].

Daß der Sprecher eine Akzentuierung wie in (3-141) wählt, kann damit erklärt werden, daß ihm die Qualität des „nahe an etwas sein" - wie nahe? - mehr Bedeutung zu haben scheint als die Tatsache, daß er „an etwas nahe war", d. h. als das „nahe an etwas sein" selbst. Wäre der Sachverhalt selbst wichtiger gewesen - nahe daran sein, alles hinzuschmeißen -, hätte er das Korrelat mit dem Kontrastakzent versehen (dÄran). 3.5.2. Die semantosyntaktische Umgebung von korrelierbaren PO-Sätzen43

a) Präpositionalobjektverben und der präpositionale Kasus Als Valenzträger für PO-Sätze kommen zwei- oder dreiwertige Verben, Adjektive in prädikativen Strukturen und komplexe Prädikate in Frage. Zu diesen Ausdrücken kann, obligatorisch oder fakultativ, im Matrixsatz ein Korrelat gesetzt werden, das konstitutiv bzw. morphologisch anders ist als die bisher für die übrigen Ergänzungssatzallen untersuchten Korrelate, denn sie enthalten einen wesentlichen Bestandteil des den Matrixsatz regierenden Ausdrucks, nämlich die Präposition. Im Komplex „Valenzträger+morphologisch bestimmtes Korrelat im Matrixsatz+Nebensatz" wird der präpositionale Kasus in der Form eines Nebensatzes realisiert. Die syntaktische Funktion des Nebensatzes wird durch die von der Rektion des regierenden Ausdrucks determinierte Präposition gekennzeichnet. Dabei kann es sich um PO-Sätze oder aber um Adverbialsätze handeln. Nach der Valenztheorie sind PO-Sätze, wie Präpositionalobjekte, valenzgebunden. Ebenso sind es Adverbialergänzungen und einige Adverbialsätze, die als Ergänzungssätze fungieren. Angabesätze und freie adverbiale Angaben sind es dagegen nicht. Die Abgrenzung von Ergänzungen und Angaben bleibt ein Hauptproblem in der Valenztheorie, solange man von einer „Ab-Grenzung" ausgeht. Dies wird von Breindl (1989) ausführlich dargestellt und diskutiert. Die Autorin plädiert dafür, solch scharfe Grenzen zwischen den beiden Bereichen - dem der prototypischen Ergänzung und dem der prototypischen Angabe - aufzugeben und graduelle Abstufungen vorzunehmen.44 Das Interesse dieser Arbeit gilt an dieser Stelle den PO-Sätzen. Adverbialsätze in Ergänzungsfunktion werden getrennt behandelt. Der Adverbialbereich - Nebensätze in Angabefunktion - wird Gegenstand von Kapitel 4 sein. Eventuelle Überschneidungen zwischen den Bereichen werden in Kauf genommen, sofern dies für die gesamte Analyse nicht von Belang ist.

43 44

PO-Satz = Präpositionalobjektsatz Vgl. hierzu Breindl 1989: 79 - 81 und die IDS-Grammatik 1997: 1490.

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PO-Sätze werden von den oben erwähnten Ausdrücken subkategorisiert. Was die POVerben betrifft, können diese zwei- oder dreiwertig sein. Bei den zweiwertigen Verben kann zwischen Verben der Sachverhaltskorrelation, wie abhängen von, liegen an, liegen in usw., und Verben, die Relationen zwischen Personen und Sachverhalten charakterisieren, wie sich freuen auf, entscheiden über usw., unterschieden werden. Dreiwertige Verben können als Verben der Handlungssteuerung, wie bringen zu, zwingen zu, hindern an usw., charakterisiert werden. Andere gehören zum Feld des Fragens, wie überprüfen auf. Hier verzichte ich bewußt auf das Fortfuhren einer solchen generalisierenden Klassifizierung und schlage vor, die PO-Verben unter dem Aspekt der Obligatorik bzw. Fakultativität der jeweiligen Korrelate weiter zu gruppieren. Innerhalb dieser Opposition werden sich fortan mehrere Gruppierungsmöglichkeiten anbieten, wie beispielsweise eine Aufteilung der Prädikate nach der regierenden Präposition als einer ihrer wichtigsten Bestandteile oder nach bestimmten semantischen Klassen. Das Vorkommen eines Korrelats kann, je nach Prädikatsausdruck, bei Extraposition eines PO-Satzes obligatorisch sein oder nicht. Ob das Präpositionalobjekt selbst obligatorisch ist oder fakultativ, hat auf die Setzung des Korrelats im Matrixsatz keinen Einfluß. So ist bei PO-Verben wie sterben an, erkennen an das Korrelat als obligatorisch einzustufen, wenn man die Lesart des Verbs als ein PO-Verb - sowohl syntaktisch als auch semantisch - beibehalten will, das Präpositionalobjekt ist jedoch weglaßbar: (3-142) Er starb daran, daß er sich täglich betrank. (3-142a) Er starb (an seiner Sucht). (3-142b) Er starb.

Das Nichtauftreten des Präpositionalobjektes hat beim Verb sterben verschiedene Konsequenzen für seine quantitative und qualitative Valenz. Syntaktisch ändert sich die Zahl der Aktanten, das Verb wird einwertig. Semantisch ergibt sich eine andere Verteilung der semantischen Rollen und somit eine andere Bedeutung für das Prädikat: das Sterben selbst stünde dann im Vordergrund, nicht woran gestorben wird. Ebenso beim Verb erkennen, bei dem das Vorkommen des Präpositionalobjektes die Verbvalenz modifiziert: (3-143) Er erkannte sie. (Akkusativobjekt) (3-144) Er erkannte sie an der Stimme. (Präpositionalobjekt)

Beim selben Valenzträger ist die Situation bei Extraposition eines Nebensatzes etwas anders, denn dann erfüllt das Auftreten eines Korrelats eindeutig die Funktion, die intendierte Lesart des Verbs zu garantieren. Dann ist mit Bedeutungsänderungen zu rechnen:45 (3-145) Die Leistung van Goghs läßt sich für Tschik wesentlich objektiver beschreiben, wenn man erkennt, daß seine Kreativität erst in dem Moment lebendig wurde, als eine große Zahl von Kunstexperten in seinen Bildern einen wichtigen Beitrag zur Kunstdomäne erkannten. (SZ, 18.1.97, S.901) (Akkusativobjektsatz)

45

Vgl. hierzu die Kommentare in Punkt 3.2.3. dieser Arbeit.

118 (3-97) In unseren Augen fehlt denen, bei allem Respekt vor heimischen Krezenzen, das eigentlich Märchenhafte, das man bei Monaco schon daran erkennt, daß manche glauben, es heiße in Wirklichkeit Monte Carlo. (Präpositionalobjektsatz) Auch können Korrelate fakultativ sein, während das Präpositionalobjekt selbst obligatorisch ist, wie z. B. bei übereinkommen in:46 (3-146) Dann kam man überein, Goethes sterbliche Überreste zu verbrennen, die Knochen mit Feinwaschmittel zu reinigen und das Skelett anschließend mit Schaumstoff zu umschließen. (FAZ, 18.3.99, S.l) Die Obligatorik bzw. Fakultativität eines Korrelats bei Extraposition eines PO-Satzes ist somit nicht notwendig mit der Obligatorik bzw. Fakultativität des Präpositionalobjektes selbst verbunden. Das Auftreten eines Präpositionalobjektes und die Kriterien, die die Valenzbindungseigenschaften des Präpositionalobjektes an das Verb bestimmen sollen, werden von Breindl (1989: 79) untersucht. Die Autorin stützt sich dabei auf Jacobs' Konzept der Valenzbindungseigenschaften, dargestellt 1986/1994 in seinem Buch Kontra Valenz. Von den sieben von Jacobs vorgeschlagenen Valenzbeziehungen sieht Breindl die folgenden als für Präpositionalobjekte ausschlaggebend: die grammatische Notwendigkeit, die formale Spezifizität und die inhaltliche Spezifizität auf der Ebene der semantischen Rollen. Breindl betrachtet sie ebenso als relevant bezüglich einer Abgrenzung von Präpositionalobjekten und adverbialen Präpositionalphrasen. Ohne an dieser Stelle die Valenzbeziehungen zwischen Valenzträger und Präpositionalobjekt auszuführen, kann gesagt werden, daß bei PO-Verben der präpositionale Kasus durch die Präposition realisiert wird. Dies bedeutet, daß grammatische Notwendigkeit bei diesem Objekttypus formale Spezifizität impliziert: (3-147) Sie achtet auf ihre Gesundheit. Wenn statt einer Präpositionalphrase ein Gliedsatz die Position eines Präpositionalobjektes realisiert, müßte ein Korrelat auftreten, das dieselbe Präposition enthält: (3-147a) Sie achtet darauf, daß sie sich gesund ernährt. Es ist jedoch nicht bei allen PO-Verben so, denn es gibt fakultative Korrelate, d.h., es gibt PO-Verben, bei denen der Nebensatzanschluß ohne Korrelation möglich ist. Die Präposition erscheint dann nicht mehr, was mehrere Konsequenzen haben kann, unter anderen die bereits kommentierten verschiedenen Lesarten für den Valenzträger. b) Präpositionalobjektverben und ihre Präpositionen Wie allgemein bekannt, gelten Präpositionen, ihre Semantik und ihre Anwendung - wer hat beim Erlernen einer Fremdsprache keine Schwierigkeit damit gehabt? - als ein problematischer Punkt in jeder Sprache, in der sie vorkommen. Sie interessieren hier in einer

46

Vgl. Engelen 1975: 168. Nach dem Autor ist bei übereinkommen in das Präpositionalobjekt obligatorisch, das Korrelat bei Extraposition des PO-Satzes nicht.

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ihrer speziellen Anwendungsweisen, nämlich in ihrem 'fixierten Gebrauch',47 d.h. in Verbindung mit Verben, insbesondere mit PO-Verben.48 In diesem Kontext sind in erster Linie zwei Aspekte relevant, und zwar die Austauschbarkeit und die Bedeutungshaltigkeit der Präposition. Die Austauschbarkeit einer Präposition kann mittels einer Substitutionsprobe getestet werden, die ebenso Auskunft über die Existenz formaler Spezifizität49 zwischen zwei Konstituenten geben kann: (3-148) Der Beirat weist *zu / *an / *vor / *in / *über / auf die Tatsache hin.

Ist die Präposition nicht austauschbar, wie im obigen Beispiel, bedeutet es, daß sie für POVerben formal spezifisch ist und daß ein Präpositionalobjekt vorliegt. Das Kriterium der Präpositionskonstanz darf allerdings nicht als absolut gesehen werden, und auch hier, wie in anderen Bereichen der Linguistik, müssen bestimmte Abschwächungen in Kauf genommen werden, wie: 1. Eine Reihe von PO-Verben wie berichten /sprechen / erzählen ... von/über, schimpfen auf/über, leiden an/unter, verteilen an/unter, übertreffen an/in, ... erlauben den Austausch der Präposition. Es ist mit Bedeutungsveränderungen der Verben zu rechnen: (3-149) Hans spricht pausenlos von / über Maria. (Quelle vs. Thema)

Hier gehen die Meinungen der Grammatiker sehr auseinander. Einige meinen, wie weiter unten zu sehen sein wird, daß diese Präpositionen kaum distinktiv sind und beim Austausch die Bedeutung des Komplexes PO-Verb+Präposition gleich bleibt. Andere dagegen behaupten, daß Bedeutungsunterschiede festgestellt werden können. In diesem Fall müßten die Prädikate als homonym gelten, wie diejenigen, die unter Punkt 3 dargestellt werden. Dazu später mehr. 2. Eine Sondergruppe von PO-Verben erlaubt die Kommutation der antonymen Präpositionen für und gegen: sprechen, sich entscheiden, stimmen, sich verwenden, kämpfen, plädieren für/gegen. Die Kommutation ist allerdings vom Gehalt der Nebensatzproposition abhängig. Nicht in jedem Kontext können beide Präpositionen ohne Einschränkung ausgetauscht werden, wie (3-150) zeigt: (3-150) Sie hatte sich nicht einmal dafür entschieden, ein Mensch zu sein. (Gaarder, J. Sofies Welt, S.10)

Bei dem Verb sich entscheiden ist es möglich, das Korrelat nicht zu setzen, wenn es sich, wie in Beleg (3-150), um die positive Alternative handelt, also um daßir.

47 48

49

Der Terminus 'fixierter Gebrauch' geht auf Eroms 1983 zurück. Auf eine ausführliche Darstellung der Präpositionen in ihrem fixierten Gebrauch muß ich hier verzichten. Wichtige Beiträge liefern unter anderen Eroms 1976, 1981, 1983; Lerot 1982 und Breindl 1989. Die syntagmatische Beziehung der formalen Spezifizität zwischen zwei Konstituenten X und liegt vor, wenn die abhängige Konstituente X mindestens ein Formmerkmal aufweist, dessen Auftreten durch eine spezifische lexikalische Eigenschaft der übergeordneten Konstituente bedingt ist. Vgl. Jacobs 1986/1994: 22.

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Normalerweise muß die markiertere Variante dagegen gesetzt werden. So entspricht diese Distribution einer 'inklusiven' Opposition. 3. Bei bestimmten PO-Verben können mehrere Präpositionen gebraucht werden, wobei sich als Konsequenz die Bedeutung des Prädikats völlig verändert. Dabei muß von verschiedenen Verben ausgegangen werden, die homonym sind, wie bestehen auf/ aus / in, sich freuen an / auf/ über, klagen um / über /gegen. Hier bedingt Austauschbarkeit der Präposition eine andere Interpretation des Prädikats: (3-151) Der Tisch besteht aus Holz. (3-152) Er besteht auf seinem Recht. (3-153) Sein Leben bestand in Hilfe und Aufopferung für andere.

Nichtaustauschbarkeit der Präposition bei Präpositionalobjekten bedeutet jedoch nicht, daß sie in diesem Fall desemantisiert sind. Daß sie bedeutungshaltig sind, bestätigen folgende Oppositionspaare: einen Geldbeutel suchen / nach einem Geldbeutel suchen (allgemein vs. bestimmt) ein Buch lesen / an einem Buch lesen (holistische vs. partitive Lesart)

Eine absolute Bedeutungshaltigkeit von verbregierten Präpositionen wird von manchen Linguisten vertreten, unter anderen Eroms in seinem semantisch orientierten „Basis-Valenz-Modell" (1981: 114). M. Regula ( 1967: 174-187) schlägt ebenfalls eine semantische Hypothese vor, wobei er die Präpositionalobjekte nicht nur von ihren Präpositionen her differenziert, sondern die semantischen Kategorien der der Präposition angeschlossenen Substantive mitzuerfassen versucht. Lerot (1982: 277ff.) geht von der Hypothese aus, daß es eine Identitätsrelation zwischen der Bedeutung der regierenden Präpositionen und einer Inhaltskomponente des regierenden Verbs gibt, wobei dies eine Art Kongruenzerscheinung darstellen soll. Diese Kongruenz-Hypothese revidiert er ein paar Seiten später mit der Einbeziehung einer pragmatischen Erklärung in die ursprüngliche These. Die Erklärung besagt, daß die von verbregierten Präpositionen ausgedrückten Inhalte vom Verbinhalt schon präsupponiert werden. Somit spricht Lerot den Präpositionen einen Teil ihrer Bedeutung ab. Völlig desemantisiert bleiben die verbregierten Präpositionen nach dem Autor jedoch nicht. Eine entgegengesetzte Meinung vertritt Heringer (1968: 437), der sich auf eine asemantische Fundierung des Valenzbegriffs konzentriert und Präpositionen in Präpositionalobjekten ausschließlich eine syntaktische Bedeutung zuschreibt. Eine gemäßigtere Position nimmt Breindl (1989: 42) ein, indem sie behauptet, daß verbregierte Präpositionen in Präpositionalobjekten insofern eine Bedeutung haben, als sie eine bestimmte Verblesart selegieren können. Ihre Bedeutung sei allerdings nicht immer isolierbar und nicht immer auf ihre autonome Bedeutung zurückführbar. Die Autorin räumt außerdem ein, daß Präpositionen wie mit / för / gegen / nach und zu eine Tendenz zu Durchsichtigkeit aufweisen und eine relativ konstante Bedeutung haben, während andere wie an / auf/ aus / in / über / um / vor und von keine konstante Grundbedeutung zeigen und in mehreren Verbsubklassen vertreten sind. Genau dies ist das gängige Argument, das gegen die Bedeutungshaltigkeit von verbregierten Präpositionen eingesetzt wird, denn wenn Präpositionen eine immer isolierbare, feste Bedeutung hätten, könnte dieselbe

121

Präposition nicht von Verben, die verschiedenen semantischen Subklassen angehören, selegiert werden, wie am Beispiel der Präposition an:

an

V. des Durchdenkens u. der Erinnerung denken an sich erinnern an

Aktionsartkennzeichnende V.

gehen an sich machen an

V. der Beharrung

sich halten an sich klammem an

Gegen dieses Argument spricht jedoch vieles. Es ist hier mindestens an die Position der IDS-Grammatik (1997: 2113-2156) zu denken, deren Autoren dafür plädieren, „die strikte, unmotivierte Trennung zwischen Präpositionen in autonom kodierender Funktion" und „Präpositionen in rein struktureller Funktion zu überwinden". Die Grammatik geht von einer konzeptuellen Analyse der Präpositionen aus und erklärt die Bedeutung von verbregierten Präpositionen von ihrer ursprünglichen adverbialen Bedeutung ausgehend, und zwar durch einen Prozeß der Übertragung und Analogie. Man kann auch von einem Prozeß der Granunatikalisierung sprechen. So ist die Bedeutung von Präpositionen im Tenngebrauch in verschiedenen Maßen grammatikalisiert, und das Übertragungsmotiv nur noch rekonstruktiv zugänglich. Bedeutungslos sind diese Präpositionen jedoch nicht. Der Grad der Valenzbindung zwischen Verb und Präpositionalobjekt, der letztlich zur Diskussion über eine Abgrenzung zwischen Präpositionalobjekten und adverbialen Ergänzungen führt, kann nach Breindl durch die Valenzbindungseigenschaft der 'inhaltlichen Spezifizität'50 ausgedrückt werden, und zwar auf der Ebene der semantischen Rolle des Präpositionalobjektes. Die vollständige Fachdiskussion darüber kann im Rahmen dieser Arbeit nicht dargestellt werden, doch die Ergebnisse, die für die Frage der Obligatorik bzw. Fakultativität der Korrelate relevant sind, werden hier kurz skizziert. Ein Präpositionalobjekt kann verschiedene Kasusrollen ausdrücken, wie Ausgangspunkt, Ziel, Benefaktiv, Instrumental usw., wobei die Nähe zu den Kasusrollen, die von Adverbialen ausgedrückt werden, sich als entscheidender Faktor für eine Setzung des Korrelats erweist, denn die Präposition behält ihre autonome Bedeutung und kommt durch die Setzung vor. Dazu zählen die Fälle, bei denen bezüglich des Ergänzungstyps keine klaren Grenzen gezogen werden können, wie bei den Verben sich entschuldigen mit, beweisen mit, angeben mit, sich beschäftigen mit usw.

50

Inhaltliche Spezifizität einer abhängigen Konstituente besagt nach Jacobs (1986/1994: 22), daß diese ein oder mehrere inhaltliche Merkmale aufweist, deren Auftreten durch eine spezifische lexikalische Eigenschaft des übergeordneten Ausdrucks bedingt ist und nicht aufgrund einer allgemeinen grammatischen Regel vorhergesagt werden kann. Relevante Punkte bezüglich dieses Kriteriums sind die semantische Rolle und die semantischen Merkmale der Konstituente.

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Bei solchen Prädikaten sind die Präpositionen bedeutungshaltig und weisen dieselben Merkmale auf, wie in ihrer autonomen Kodierung. Dies betrifft die nicht-lokalen Präpositionen mit, durch, für und gegen: (3-154) Öcalan hatte seine "Friedensaufrufe1 damit /"(damit) begründet, eine politische Lösung des Kurden-Problems in der Türkei zu ermöglichen. (SZ, 4.1.97, S.6)

Eine Nichtsetzung des Korrelats, das durch die in ihm enthaltene Präposition sowohl syntaktisch als auch semantisch die intendierte Verblesart garantiert, wäre in diesen Fällen als ungrammatisch einzustufen. Bei Verben, bei denen die Präpositionalobjekte die semantische Rolle 'Ziel' ausdrücken, und die Bedeutungskomponente der 'Zielgerichtetheit' bzw. 'Zukunftsgerichtetheit' haben, wird fast immer ein Korrelat gesetzt. Beispiele hierfür weisen außerdem Präpositionskonstanz auf, wie: hinweisen auf, abzielen auf, es anlegen auf, sich berufen auf, lauern auf, sich vorbereiten auf usw. Darüber hinaus kann auch hier eine Verbindung zur direktionalen Bedeutung der Präposition hergestellt werden: (3-155) Herzog wies aber auch