Beethoven-Bilder: Was Kunst- und Musikgeschichte (sich) zu erzählen haben [1. Aufl. 2019] 978-3-476-04971-1, 978-3-476-04972-8

Beethoven-Bildnisse gibt es seit über 200 Jahren, und jenseits des omnipräsenten Titanenhauptes gibt es eine Vielfalt vo

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German Pages IX, 183 [182] Year 2019

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Beethoven-Bilder: Was Kunst- und Musikgeschichte (sich) zu erzählen haben [1. Aufl. 2019]
 978-3-476-04971-1, 978-3-476-04972-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-IX
Willibrord Joseph Mähler Ludwig van Beethoven 1803 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 5-13
Joseph Stieler Beethoven 1819/20 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 15-23
Josef Danhauser Liszt am Flügel 1840 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 25-35
Ernst Julius Hähnel Beethoven-Denkmal 1845 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 37-48
Moritz von Schwind Eine Symphonie 1852 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 49-63
Albert Graefle Die Intimen bei Beethoven: Nachstich von 1876 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 65-69
Kaspar Clemens von Zumbusch Beethoven-Denkmal 1880 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 71-78
Henry Baerer Beethoven-Denkmal 1884 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 79-83
Theodore Baur Beethoven-Statue 1895–1897 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 85-92
Max Klinger Beethoven 1902 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 93-107
Fidus Beethoven, Tempelbild 1903 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 109-118
Peter Breuer ›Beethoven in der Badewanne‹ 1910/1938 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 119-125
Ernst Barlach Entwurf eines Beethoven-Denkmals 1926 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 127-134
Georg Kolbe Beethoven-Denkmal 1926–1947/1951 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 135-146
Antoine Bourdelle La Pathéthique. Beethoven am Kreuz 1929 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 147-156
Dieter Roth Die Badewanne zu »Ludwig van« 1969 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 157-162
Markus Lüpertz Beethoven-Monument 2014 (Werner Busch, Martin Geck)....Pages 163-170
Back Matter ....Pages 171-187

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Werner Busch Martin Geck

BeethovenBilder Was Kunst- und Musikgeschichte (sich) zu erzählen haben

Beethoven-Bilder

Werner Busch / Martin Geck

Beethoven-Bilder Was Kunst- und Musikgeschichte (sich) zu erzählen haben Mit 90 Abbildungen

Die Autoren Werner Busch war bis 2010 Professor für Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin, Martin Geck bis 2001 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Dortmund. Beide Autoren, ausgewiesene Vertreter ihres Faches, waren vor kurzem mit ihren Büchern auf der Shortlist des Leipziger Buchpreises vertreten – Busch mit »Menzel«, Geck mit »Beethoven«.

ISBN  978-3-476-04971-1 (Metzler) ISBN  978-3-7618-2506-8 (Bärenreiter) ISBN  978-3-476-04972-8 (eBook)

https://doi.org/10.1007/978-3-476-04972-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http ://dnb.d-nb.de abrufbar. J. B. Metzler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature, 2019 Gemeinschaftsausgabe der Verlage J. B. Metzler, Berlin, und Bärenreiter, Kassel Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandgestaltung : Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto : mauritius images / Naum Chayer / Alamy) Typografie und Satz : Tobias Wantzen, Bremen www.metzlerverlag.de www.baerenreiter.com J. B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist : Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Inhalt

Vorwort 1

I Willibrord Joseph Mähler, Ludwig van Beethoven (1803) II Joseph Stieler, Beethoven (1819/20)

5

15

III Josef Danhauser, Liszt am Flügel (1840)

25 37

IV Ernst Julius Hähnel, Beethoven-Denkmal (1845)

49

V Moritz von Schwind, Eine Symphonie (1852)

VI Albert Graefle, Die Intimen bei Beethoven (Nachstich von 1876) VII Kaspar Clemens von Zumbusch, Beethoven-Denkmal (1880) VIII Henry Baerer, Beethoven-Denkmal (1884)

79

IX Theodore Baur, Beethoven-Statue (1895–1897) X Max Klinger, Beethoven (1902)

85

93

XI Fidus, Beethoven, Tempelbild (1903)

109

XII Peter Breuer, ›Beethoven in der Badewanne‹ (1910/1938) XIII Ernst Barlach, Entwurf eines Beethoven-Denkmals (1926)

119 127

71

65

XIV Georg Kolbe, Beethoven-Denkmal (1926–1947/1951)

135

XV Antoine Bourdelle, La Pathéthique. Beethoven am Kreuz (1929) XVI Dieter Roth, Die Badewanne zu »Ludwig van« (1969) XVII Markus Lüpertz, Beethoven-Monument (2014) Epilog

163

Autographes Blatt aus Beethovens Petter-Skizzenbuch

Angaben zur benutzten Literatur 175 Bildnachweise 183

157

171

147

Vorwort

M

anche Dinge möchte man zweimal machen. Als junger Wagner-Forscher habe ich einen Band mit Wagner-Bildnissen herausgebracht, der auf Vollständigkeit und Authentizität aus war : Mir sollte möglichst kein zu Lebzeiten Wagners entstandenes Bildnis entgehen ; jedoch beschloss ich nur diejenigen Arbeiten zu berücksichtigen, die nach dem Leben geschaffen waren. Und in diesem Kontext interessierten mich fast nur die biographischen Zusammenhänge, die im Falle Wagners ja gut genug dokumentiert waren, um viele Seiten zu füllen. Dass ich die kunsthistorische Sicht nur am Rande verfolgte, ließ sich immerhin damit begründen, dass die von mir erfassten Bildnisse in der großen Mehrzahl aus fotographischen Arbeiten bestanden. Da Beethoven die Erfindung der Daguerreotypie nicht mehr erlebt hat, gibt es von ihm keine einzige fotographische Abbildung ; dafür aber eine große Zahl von postum geschaffenen Bildnissen oftmals namhafter Künstler. Deren Frequenz hat bis in die Gegenwart hinein eher zu- als abgenommen. Beim Nachdenken über das neue Format erschien mir somit das Streben nach Authentizität im Sinne eines ›Painted from life‹ ebenso obsolet wie dasjenige nach Vollständigkeit. Stattdessen drängte sich mir der Gedanke auf, das neue Projekt von vornherein mit einem namhaften Kunsthistoriker anzugehen, außerdem den musikologischen Aspekt nicht länger auf Segmente des Biographischen zu verengen, vielmehr Werk und Wirkung in umfassenderem kulturgeschichtlichem Kontext zu betrachten. In diesem Kontext ist die Macht der Bilder beeindruckend, fast einschüchternd. Sie steht für die ›Geister‹, die wir – unbewusst oder bewusst – aus dem Speicher unseres kollektiven Gedächtnisses abrufen, wenn wir ›Beethoven‹ zum Thema machen. Dafür hat mir Werner Busch noch einmal die Augen geöffnet. Und doch bleibt die Frage : Was hat das Stieler-Porträt, das die Umschläge so vieler Bücher ziert, mit meiner Wahrnehmung Beethovens zu tun ? Was ›sagt‹ es über die »Missa solemnis«, was sagt Moritz von Schwinds »Symphonie« über Beethovens »Chorfantasie« op. 80 aus ? Sind solche Kunstwerke Vorwort

1

mehr als Wegweiser, die nur unter Vorbehalt zum Eigentlichen führen – nämlich zu dem Unsagbaren und Nicht-Darstellbaren von Musik ? Gleichwohl würde ohne Stieler, Schwind, Klinger, Roth oder Lüpertz etwas fehlen, das im Fall Johann Sebastian Bachs tatsächlich fehlt, der über die Jahrhunderte hinweg in großer Regelmäßigkeit als Thomaskantor mit Allongeperücke dargestellt worden ist : Die Vielfalt unterschiedlicher Beethoven-Denkmäler verweist – trotz der nicht zu leugnenden Allgegenwart des Titanenhauptes – auf eine im Lauf der Geschichte fluktuierende Auseinandersetzung mit dem Erscheinungsbild des großen Komponisten und inspiriert uns, in diese Auseinandersetzung einzutreten. Dass geschichtliches Denken ein beständiges Abtasten vergangener und aktueller Phänomene darstellt, darf man im Fall der Beethoven-Plastiken fast wörtlich nehmen : Was die bildende Kunst an Beethoven ertastete, mag uns Beethoven-Hörern helfen, gleichfalls in Bewegung zu bleiben und unsere eigenen Musikerfahrungen abzutasten – geistig wie sinnlich. M. G.

Die Idee stammt von Martin Geck. Als er mir das Projekt einer Zusammenarbeit antrug, war ich zu Beginn ein wenig skeptisch. Zum einen hat Martin Geck über Jahre intensiv zu Beethoven geforscht und wichtige Bücher publiziert, und ich hatte mich im Laufe der Zeit gerade einmal mit Hähnels, Schwinds und Breuers bildnerischen Reaktionen auf Beethoven beschäftigt. Bei aller Liebe zur Musik : Ein Beethoven-Spezialist bin ich wirklich nicht. Zum anderen war mir nicht recht klar, wie das funktionieren könne. Ausgang sollten die Darstellungen Beethovens sein, zumeist solche in Denkmalform. Ein Kunsthistoriker schreibt Kunsthistorisches zu den Bildwerken, wie sollte der Musikwissenschaftler darauf reagieren ? Und umgekehrt, wie kann der Kunsthistoriker zu Musikgeschichtlichem sinnvoll Stellung nehmen ? Doch dann begann mich die Sache zu reizen. Wir schrieben, nach einer vorläufigen Absprache über die zu behandelnden Gegenstände, Probetexte ; und siehe da, wir verstanden uns prächtig, entwickelten schnell ein ausgeprägtes Vergnügen an dem Vorhaben und waren gespannt auf den Text des anderen. Weiterhin schrieb jeder für sich seine Texte, Abgleich fand erst später statt. Minimale Differenzen in der Bewertung haben wir nicht eingeebnet, das eine oder andere Faktum musste sich wiederholen, Doubletten jedoch haben wir zu vermeiden gesucht. Und weil’s uns so gut gefiel, haben wir in schneller Folge Text auf Text verfasst und am Schluss noch dieses oder jenes Beispiel ergänzt. Während Martin Geck bei der Darstellung oftmals ins Detail ging, habe ich mich bemüht, eine Reihe grundsätzlicher künstlerischer Probleme zu thematisieren. Und wo ich meinerseits zum Detail des Gegenstandes einiges zu sa2 Vorwort

gen hatte, hat vice versa Martin Geck weiter ausgeholt und eine breitere Rezeptionsgeschichte vorgestellt. Ihm musste es primär um musikologische und vor allem aufführungspraktische Rezeptionsweisen von Beethovens Musik gehen ; ich hingegen konnte versuchen, das Kunstwerk aus künstlerischen Traditionen, vor allem aber durch die Analyse individueller Lösungen verständlich zu machen. Im Grunde genommen haben wir uns, jeweils gereizt durch den anderen, wechselseitig etwas erzählt. Hoffentlich sieht man dem Resultat an, dass es uns Spaß gemacht hat. Es ging uns nicht um eine erschöpfende akademische Analyse eines jeden Gegenstandes, sondern um einen kurzen, möglichst »knackigen«, erhellenden Zugriff. Möge er dazu führen, dass die Beethoven-Darstellungen mit frischem Blick angeschaut werden. Als Schröder, mit großem Kopf und Haarschopf, tief gebeugt über sein Klavier und Tag und Nacht auf sein Beethoven-Spiel konzentriert – was ihm die Avancen von Lucy entgehen lässt  –, von Charlie Brown gefragt wird, wie er denn die schwierigen Stücke Beethovens spielen könne, wo doch die schwarzen Tasten seines Kinderklaviers nur aufgemalt seien, antwortet er, man müsse nur üben, üben, üben. Möge jeder Leser diese hintergründige Beethoven-Interpretation der Peanuts für sich deuten – nur des Vergnügens wegen. W. B.

Vorwort

3

I  

Willibrord Joseph Mähler Ludwig van Beethoven 1803 Beethoven-Gedenkstätte im Pasqualati-Haus, Wien

Ludwig van Beethoven

5

Abb. 1 Willibrord Joseph Mähler, Ludwig van Beethoven, 1803, Ölgemälde

6

I   Willibrord Joseph Mähler

E

in solches Komponistenporträt kannte man bis dahin nicht (Abb. 1). Geläufig waren vor allem Bildnisse, die den Musiker ohne viel Ambiente mit einem Statussymbol darstellten  – etwa mit einem Notenblatt, einem Musikfolianten oder einem Instrument. Vervielfältigt dienten sie oftmals als Titelkupfer in Musikdrucken oder als einzeln verkaufte Porträtstiche nach Art desjenigen von Steinhauser (Abb. 2). Seltener waren Bildnisse privaten Charakters, die von begabten Dilettanten stammen, jedoch durchaus sprechend sein mochten. Mozart ist vielleicht am besten auf dem bekannten Ölbild seines Schwagers, des Schauspielers Lange, getroffen. Und nun der Dilettant Mähler, der immerhin ein Studium bei Anton Graff in Dresden vorzuweisen hatte und zur Zeit des Beethoven-Porträts die Wiener Akademie der bildenden Künste besuchte, um jedoch danach eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Auch Mähler, der mit Beethoven durch dessen Freund Stephan von Breuning zusammengebracht wurde, gibt ihm ein Musikinstrument in die linke Hand. Allerdings ist dieses nicht zum Spielen gedacht, womöglich nicht einmal geeignet. Vielmehr handelt es sich um die Lyra des Apollo – womit das Thema der Darstellung angegeben ist : Beethoven – der neue Apoll. Der im Bildhintergrund sichtbare Monopteros, vom Maler selbst als »ein Tempel des Apollo« bezeichnet, betont das antikisierende Moment. Dass es sich jedoch auch um einen deutschen Apoll handelt, belegt die knorrige, gleichwohl grün ausschlaAbb. 2 Johann Joseph Neidl, Louis van gende Eiche mit ihrer zersplitter- Beethoven, 1801, Stich nach einer Zeichnung ten Krone : Als Baum der Deutschen von Gandolph Ernst Stainhauser von Treuberg steht sie speziell in den Jahrzehnten zwischen dem Aufstieg Napoleons und den Befreiungskriegen für die gebeutelte, jedoch lebenskräftige deutsche Nation. Der als ›Sänger der Freiheitskriege‹ in die Geschichte eingegangene Dichter Theodor Körner pries sie als »ein schönes Bild von alter deutscher Treue«. Das malerische Werk unter anderem Caspar David Friedrichs zitierte sie augenscheinlich in vergleichbarem Sinne – etwa in der 1811 gemalten »Landschaft mit Eichen und Jäger«. Ludwig van Beethoven

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Beethoven ist von Mähler elegant, jedoch in jakobinischer Kleidung dargestellt, wie sie in dieser Zeit auch der Adel nicht verschmäht, sofern er nicht die Uniform vorzieht. Um die Hüften und über das linke Knie ist ein Mantel gelegt – im Kontext des ganzen Arrangements erinnert er an einen Feldherrnmantel. Das Haar zeigt die Titusfrisur Napoleons ; speziell die Stirnlocken haben ihre Entsprechung auf charakteristischen Bonaparte-Porträts. Beethovens Blick ist entschlossen – nicht auf den Betrachter, sondern auf ein imaginäres Ziel gerichtet. Die rechte Hand ist erhoben, als wenn der Komponist – so der Maler in einer späteren Deutung – »in einem Momente musicalischer Begeisterung den Tact schlüge« (Thayer 1922, 404). Man kann die Geste auch als Ausdruck eines Sich-Fernhaltens vom gewöhnlichen oder als Aufforderung zu absoluter Aufmerksamkeit deuten. Mähler wurde, wie gesagt, mit Beethoven durch die Vermittlung des gemeinsamen Freundes Stephan von Breuning bekannt. Bei einem Besuch, der etwa 1803 stattfand, trafen die beiden – so Mähler in der Erinnerung – Beethoven bei der Arbeit an der »Eroica« an. Der Komponist habe seinen Gästen »statt einer freien Phantasie […] das Finale der neuen Symphonie« vorgespielt, danach aber zusätzlich zwei Stunden lang frei fantasiert (ebd., 403). Während seines Besuches hatte der Maler sicherlich Muße, sein Modell ausführlich zu studieren ; und gewiss gab es auch reichlich Gelegenheit, mit dem Hausherrn die Art der Darstellung zu erörtern. Vermutlich hat Beethoven Mählers Ideen nicht nur zugestimmt, sondern als selbstbewusster Künstler auch auf sie Einfluss genommen. Man darf annehmen, dass er sich mit den drei wesentlichen Topoi des Bildes in jeder Weise identifiziert hat, also als Anhänger Napoleons und zugleich als neuer Orpheus gesehen werden wollte – jedoch mit der deutschen Eiche im Rücken. Es macht Sinn, die genannten drei Topoi explizit auf die Ideenwelt der »Eroica« zu beziehen, auch wenn dies bisher nur ansatzweise geschehen ist. Dass Beethoven seine Dritte Sinfonie über Jahre hinweg Napoleon Bonaparte zueignen oder nach ihm benennen wollte, spricht für sich. Doch mehr als das : In allen vier Sätzen zeigt das Werk Intonationen, die deutlich auf die Musik der französischen Revolution zurückweisen. Am markantesten zeigt das die an zweiter Stelle stehende »Marcia funebre«, indem sie unverkennbar mit Anklängen an Motive aus offiziellen Festhymnen und Trauermärschen der ersten französischen Republik aufwartet. Die Brücke zwischen ›Napoleon‹ zu ›Apollo‹ schlägt eine zeitgenössische anonyme Graphik, auf der Bonaparte den Pariser Deputierten den im Zuge seines Italienfeldzugs aus dem Vatikan geraubten Apollo von Belvedere vorstellt (Abb. 3) : Vermutlich hat es dem Korsen gefallen, mit dem Gott Apollo 8

I   Willibrord Joseph Mähler

Abb. 3 Napoleon Bonaparte

stellt den Pariser Deputierten den im Zuge seines Italienfeldzugs aus dem Vatikan geraubten Apollo von Belvedere vor, 1797, anonyme Aquatinta

als dem Schirmherrn der schönen Künste verglichen zu werden. Jedenfalls gilt solches für einen Beethoven, der im Januar 1801 an seinen Leipziger Verleger als Reaktion auf Kritik an seinen Werken schrieb : »Was die Leipziger R[ezensenten] betrift, so lasse man sie doch nur reden, sie werden gewiß niemand durch ihr Geschwäz unsterblich machen, so wie sie auch niemand die Unsterblichkeit nehmen werden, dem sie von Apoll bestimmt ist.« (Briefwechsel Bd. 1, S. 64) Damals schloss Beethoven gerade die Arbeit an der Musik zum Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus« ab. Dass man dieses als Huldigung an Napoleon zu verstehen hatte, war fast selbstverständlich, da der Korse allenthalben als neuer Lichtbringer à la Prometheus gefeiert wurde. Doch auch Apollo hatte seinem Auftritt im Ballett : Dessen zweiter Akt spielte nämlich auf dem Parnass – unter ausdrücklicher Beteiligung Apollos und seiner Musen : Laut Textbuch stellt Prometheus in dieser Szene dem Gott seine Kinder vor, damit er sie in den Künsten und Wissenschaften unterweise. Im Schlussteil nimmt er zudem an »festlichen Tänzen« teil. Elemente der Musik und vermutlich auch der Handlung verpflanzte Beethoven aus dem Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus« in seine »Sinfonia eroica«. Über das Maß der Übereinstimmungen herrscht in der Forschung keine Einigkeit ; jedoch dürfte es wenig Zweifel daran geben, dass Beethoven im Kontext der »Eroica« nicht nur an Prometheus/Napoleon dachte, sondern auch an Apoll – zumindest angesichts der »festlichen Tänze« des Finales. Ludwig van Beethoven

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Dass er sich zur gleichen Zeit als ein Apollo der Musik malen lässt, spricht für eine neue Dimension musikkünstlerischen Selbstbewusstseins – ungeachtet des gewiss nicht geringen Künstlerstolzes älterer Generationen. Der entsprechende Kontext macht auch begreiflich, dass Beethoven es sich lebenslang gern gefallen lässt, mit dem Staatenlenker und überragenden Militärstrategen Napoleon verglichen zu werden : Erkennbar gern tritt er dem Staats künstler Napoleon als Ton künstler gegenüber. Dazu passt der Ausspruch aus Beethovens letzten Lebensjahren »Auch ich bin ein König« (Solomon 1987, 328). Damals wollte ihm seine Umgebung die Annahme eines nicht sehr wertvollen Rings mit dem Argument schmackhaft machen, das Geschenk stamme immerhin von einem König (nämlich dem preußischen). Geht es nicht um individuellen Künstlerstolz, sondern um künstlerischen Nationalstolz, so kommt in Mählers Porträt auch die Metapher von der ›deutschen Eiche‹ zu ihrem Recht : Lebenslang hat Beethoven Bach und Händel, den er ausdrücklich den »Deutschen Händel« nennt (Briefwechsel, Bd. 1, 64), als solche »deutschen Eichen« betrachtet. Er, der schon als Knabe Teile des »Wohltemperierten Klaviers« beherrscht hat, ruft im Jahrzehnt der »Eroica« zu einer Sammlung für die verarmten Töchter Bachs auf ; vor allem aber studiert er eifrig die neu herauskommenden Werke des Vaters. Einige Jahre später wird er seinem Kompositionsschüler, dem Erzherzog Rudolph, von der »Festigkeit« seiner »Altvordern« vorschwärmen : Diese bleibe vorerst unerreicht, jedoch habe »die verfeinerung unsrer Sitten auch manches erweitert« und seiner eigenen Devise Vorschub geleistet : »Freyheit, weiter gehn ist in der Kunstwelt, wie in der ganzen großen Schöpfung zweck« (Briefwechsel, Bd. 4, 298). Das Finale der »Eroica« spiegelt diesen musikgeschichtlichen und musikästhetischen Zusammenhang : Der einleitende Contretanz, aus dem die nachfolgenden Variationen hervorgehen, steht für die neue, verfeinerte Musik, obwohl er auch als Hoftanz reüssiert, was Tanzmeister des Ancien Régime missbilligen, während es Napoleon freut. Dieser liebt, wenn man dem Bericht der »Kaiserlich und Kurpfalzbairisch privilegirten Allgemeinen Zeitung« vom 15. Dezember 1804 (S. 1398) glauben darf, den schnellen Contretanz »Le Monaco«, der daraufhin von Jean-François Lesueur alsbald in seine neue Oper »Ossian ou Les Bardes« aufgenommen wird, deren Handlung Napoleon in einigen Zügen mit dem von ihm bewunderten mythischen Helden Ossian gleichsetzt (Geck). Den Sinnzusammenhang der auf dem Contretanz-Thema fußenden Variationenfolge des »Eroica«-Finales hat die Forschung nicht eindeutig entschlüsseln können ; jedoch springt die Intention ins Auge, formal und semantisch unterschiedliche musikalische Charaktere miteinander zu konfrontieren. Innerhalb dieser Folge hat auch die Vorstellung einer »Festigkeit« der »Altvor10

I   Willibrord Joseph Mähler

dern« großes Gewicht : Beethoven komponiert zwei umfängliche Fugensätze und eine Variation, in welcher das Contretanz-Thema – für die Zeit höchst ungewöhnlich – von den Bässen in Pfundnoten dargeboten wird – geradezu so, als wolle er die Bearbeitung eines Luther-Chorals durch Bach nachgestalten (vgl. Schleuning 1989, 157). Um Parallelen zwischen »Eroica« und Mähler-Bild zu beobachten, muss man jedoch keineswegs nur auf die drei hier konkret benannten Topoi blicken ; vielmehr gibt es auch übergeordnete Aspekte : Der »neue Weg«, den einschlagen zu wollen Beethoven seiner Umgebung im Vorfeld des »Eroica«-Projekts ankündigt, soll ja nicht nur kompositorischen Fortschritt bringen. Vielmehr will Beethoven auch sein Selbstverständnis als Künstler erweitern und künftig – so darf man ihn verstehen – Ideenkunst schaffen, also eine Musik, die an den Ideen der Zeit teilhat. Damit solches auch im Bild deutlich wird, hat Mähler die Aufgabe, die Künstlerpersönlichkeit Beethovens in eine Ideallandschaft zu stellen, die diesen »neuen Weg« zu symbolisieren vermag. Zu dem »neuen Weg« gehört selbstverständlich auch ein ›neuer Mensch‹, der sich als neuer Orpheus und virtueller Partner Napoleons versteht. Im »Heiligenstädter Testament« von 1802 hatte Beethoven den ›alten‹, von seinem Gehörleiden fast zu Tode gequälten Menschen symbolisch zu Grabe getragen. Mählers Porträt macht den ›neuen‹ Beethoven, der sein künftiges Leben allein der Kunst widmen will, auch im Bild sichtbar. In diesen Kontext gehört die Vermutung von Alessandra Comini und Owen Janda, dass Mähler das Bildnis Beethovens demjenigen seines Großvaters und Paten nachgeschaffen habe, dessen Namen er trug und dessen Ansehen dem kleinen Ludwig über die Sorgen hinweggeholfen haben mag, die er als ältester Sohn seiner problembelasteten Eltern gehabt haben dürfte (Comini 2008, 34  f. ; Janda 1989, 102 ff.). Das Porträt des Großvaters – dargestellt als würdiger Bonner Hofkapellmeister (Abb. 4)  – könnte sich Beethoven im Jahr 1801 vor allem deshalb nach Wien erbeten Abb. 4 Ludwig van Beethoven d. Ä. (1712–1773), Kopie von Toni Bücher nach einem Gemälde haben, auf dass ihn der Anblick des von Wilhelm Amelius Radoux hoch verehrten Vorfahren und Paten Ludwig van Beethoven

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bei dem Ringen um seine künstlerische Neuwerdung stärken möge. Jedenfalls begleitete ihn das Bild des Großvaters gleich dem Mähler-Porträt bei jedem seiner zahlreichen Umzüge innerhalb Wiens. Beide Bilder gehörten zum Nachlass Beethovens, beide dürfte er somit lebenslang bei sich und tendenziell stets vor Augen gehabt haben. M. G.

Es bleibt, über zwei Dinge zu reflektieren : das Motiv der Inspiration und das des neuen Orpheus. Als malerischer Dilettant ist Mähler stärker als andere Künstler der Zeit darauf verwiesen, das Programm seines Bildes, das er in der Tat gemeinsam mit Beethoven erdacht haben mag, in lesbaren Zeichen zur Anschauung zu bringen. Das geschieht ein wenig additiv und führt nicht unbedingt zu einer auch ästhetisch ganz glücklichen Lösung. Der Blick zur Seite, die erhobene rechte Hand, die aufgestellte Lyra in der Linken – das fügt sich nicht wirklich zu einer verständlichen Konstellation. Mählers Bemerkung, mit der Rechten schlage Beethoven den Takt einer im Moment erfahrenen musikalischen Inspiration, ist dem Werk nur mit der größten Mühe abzugewinnen. Und dennoch : Geläufige ikonographische Verweise sind genutzt, lassen sich mit einiger Sicherheit entziffern und zu einem Text verdichten. Der Blick zur Seite über die Schulter ist ein klassisches Motiv der plötzlichen Inspiration (»sopra di spalla«), man hat vom Motiv der »genialen Kopfwendung« gesprochen. Die erleuchtete Stirn als hellster Teil des Kopfes steht für künstlerische Erleuchtung. Sicher sind Lyra und Monopteros auf dem Hügel mit Apoll zu verbinden. Doch mehr noch steht der Monopteros für den Tempel des Ruhmes, zu dem der Künstler strebt. Die Metapher vom schmalen oder vom breiten Weg, für den der Künstler sich entscheiden muss, ist indirekt aufgerufen. Der breitere Weg, so will es die Prodikos-Anekdote, scheint der einfachere zu sein und ins liebliche Tal zu führen, doch nicht zum Ziel. Der schmale ist der mühsame, es geht bergauf. Die beiden Pappeln zu Füßen des Monopteros-Hügels bilden ein schmales Tor, durch das hindurch der Weg zum Olymp des Ruhmes führt. Dass dies gemeint ist, das Tor eine Wasserscheide darstellt, versucht der Künstler durch die Wolkengestaltung (nicht sehr glücklich) zu verdeutlichen. Das den Kopf Beethovens umgebende und ihn charakterisierende düstere Gewölk bricht auf der linken Seite auf, und die Grenze zwischen Licht und Finsternis führt gerade von oben nach unten genau zwischen die Pappeln – zwar als Himmelsphänomen nicht recht vorstellbar, aber doch lesbar. Und in das Reich des Lichts ragt Beethovens rechte Hand vollständig. So soll uns angezeigt werden, dass die Inspiration, die Beethoven überfallen hat, ihn endgültig in die Gefilde des Ruhmes führen wird. 12

I   Willibrord Joseph Mähler

Um zu begreifen, was bei aller Apoll-Prometheus-Napoleon-Allusion der zusätzliche Verweis auf Orpheus bezwecken soll, muss man sich den Orpheus-Mythos klar machen. Nun ist sicher Händel derjenige Musiker, auf den die Benennung als neuer Orpheus am nachhaltigsten Anwendung gefunden hat. Schon in Italien betitelt Kardinal Pamphili 1708 Händel entsprechend. Diese Auszeichnung ist ihm in England in allen Varianten geblieben : nicht nur neuer Orpheus, sondern Orpheus unserer Zeit, gar ein neuer Orpheus, der den alten noch übertrifft. Schon bei Kardinal Pamphili heißt es : »Du bist größer als Orpheus, denn du hast meine Muse zum Singen gebracht, nachdem ihre Harfe so lange nutzlos am Ast eines alten Baumes hing« (Hogwood 2000, S. 75). Das bringt uns endgültig zum Mythos des Orpheus und der Rolle der Harfe/ Lyra. Orpheus ist der Sohn Apolls in der Rolle des Musagetes, des Musenführers. Denn seine Mutter ist Kalliope, die weiseste der Musen, die Muse der epischen Dichtung und der Elegien. Sie gibt ihrem Sohn das Material für seine Gesänge. Apolls Lyra, die sein listiger Bruder Hermes hergestellt hat, geht als Geschenk Apolls an Orpheus, er nimmt sie mit auf die Argonautenreise. Spielt er sie an Bord, so lockt es die Seevögel an, und die Fische springen aus dem Wasser. Die Macht der Musik erweicht Stein und Bein, mit ihrer Hilfe wäre es Orpheus gelungen, seine geliebte Eurydike aus dem Hades zu holen, wenn er sich nur nicht verbotenerweise nach ihr umgeschaut hätte mit der Folge, dass sie für immer im Hades verschwinden sollte. Aus Trauer um seine Gattin zieht Orpheus sich in die Wälder zurück. Sein trauriges Spiel lockt junge Männer an, die er in den orphischen Mysterien unterweist. Schließlich wird er von den Thrakischen Mänaden, denen er sich wie allen Frauen verweigert, in Stücke gerissen. Seine Lyra wird von Zeus unter die Sterne versetzt : Und von dort holt sie erst der neue Orpheus zurück. Im Falle Beethovens können wir davon ausgehen, dass er um die tragische Dimension des Mythos wusste. Ihm gebührt die Lyra als einem in die Mysterien Eingeweihten, im Wissen um ihre prometheische Schicksalsgebundenheit, die auch Napoleon für sich in Anspruch nahm. Nun mag dieses Pathos des tragischen Helden bei Mähler nicht wirklich zur Anschauung kommen, gemeint scheint es jedoch zu sein. W. B.

Ludwig van Beethoven

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II  

Joseph Stieler Beethoven 1819/20 Beethoven-Haus, Bonn

Beethoven

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Abb. 5 Joseph Stieler, Beethoven mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1820, Ölgemälde :

16

II   Joseph Stieler

I

konische Bilder tendieren dazu, ihre Geschichtlichkeit zu verlieren. Sie scheinen als Identifikationsobjekte über den Dingen zu schweben. Ihre Entstehungsbedingungen werden verdrängt und schließlich vergessen, sie gewinnen, im Wortsinn, etwas Unbedingtes, das zu hinterfragen sich geradezu verbietet. Wen interessiert wirklich, ob »Mona Lisa« eigentlich Mona Lisa ist und welchen geologischen Welterklärungsmodellen die Landschaft hinter der Mona Lisa folgt, ob die »Nachtwache« eigentlich eine Nachtwache darstellt oder ob die Figur im »Mönch am Meer« eigentlich ein Mönch ist ? All diese Ikonen unseres Kulturbewusstseins leben vom unmittelbaren Wiedererkennungseffekt und stellen uns als direkt Wiedererkannte sofort zufrieden. Haben sie den Status der Wiedererkennbarkeit erlangt, so können sie für alles Mögliche wiederverwendet werden. Der »Wanderer über dem Nebelmeer« (Abb. 6) kann zur Jeansreklame taugen oder zum politisch gewendeten Titelblatt des »Spiegels«. Womit sich die interessante Frage stellt, warum gerade die Bilder von Caspar David Friedrich dazu tendieren, ikonischen Charakter anzunehmen. (Ohne das weiter ausführen zu wollen : Ein Grund dürfte sein, dass sie tendenziell sinnoffen sind und damit aller möglichen Indienstnahme nichts entgegenstellen). Joseph Stielers »Beethoven« und auch sein »Goethe« (Abb. 7) sind zuallererst deutsche Ikonen. Was hat sie dazu gemacht ? Stieler ist ein Spezialist für Porträts des gehobenen Adels oder von Honoratioren bzw. Berühmtheiten in klassizistischer Tradition. Über Jahrzehnte war er am bayerischen Hof beschäftigt.

Abb. 6 Caspar David Friedrich, Der Wanderer über dem Nebelmeer, um 1818, Ölgemälde

Abb. 7 Joseph Stieler, Johann Wolfgang von Goethe, 1828, Ölgemälde

Beethoven

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Nach einem Studium in Wien setzte er seine Ausbildung in Paris im Atelier von François Gérard fort. Auf ihn war er in Polen bei der Besichtigung von Adelssammlungen aufmerksam geworden. In Paris lernte er 1807/08 die gesamte Schule Jacques Louis Davids von ihrem Begründer bis zu Anne-Louis Girodet kennen und orientierte sich am napoleonischen Staatsstil. Allerdings ist ihm auch die englische Porträttradition des 18. Jahrhunderts geläufig, zumal deren Produkte im Mezzotinto-Nachstich auch in Deutschland weit verbreitet waren. Zu denken ist primär an die Werke von Joshua Reynolds und George Romney. Da die englische Porträtauffassung unkonventioneller als die französische war, nutzt Stieler, so weit als möglich, bei Gruppenporträts vor allem mit Kindern die englische, bei hochoffiziellen Porträts die französische Tradition. In späteren Bildern gibt er die Abb. 8 Joseph Stieler, Helene Sedlmayr, Schönheitengalerie der Münchner Residenz klassizistisch-neutrale HintergrundSchloß Nymphenburg, 1831, Ölgemälde folie seiner Porträts zugunsten einer wirklichkeitsnahen Inserierung von Landschaft auf – hier mögen österreichische Einflüsse von Waldmüller oder Amelung Pate gestanden haben. Seine berühmte Galerie von weiblichen Schönheiten im Auftrag Ludwig  I. in der Münchner Residenz (Abb. 8) wiederum folgt englischen Traditionen wie Peter Lelys »Windsor Beauties« oder Godfrey Knellers »Hampton Court Beauties«. So orientiert sich Stieler an allem, was gut und teuer in französischen und englischen Traditionen ist, sehr viel weniger an deutschen Vorbildern – wobei »gut und teuer« auch einen Verzicht auf Experimente und einen ausgeprägt malerischen Modus meint. Was erklären mag, warum Goethe von Stieler und seiner Auffassung so angetan war. Stieler verharrte in einem gemäßigten Klassizismus, der auf Idealisierung und Nobilitierung nicht verzichtete. Das Goethe-Porträt, das 1828 im Auftrag des bayerischen Königs Ludwig I. entstand und bei dem Goethe einen Brief mit einem Widmungsgedicht Ludwigs von 1818 in den Händen hält, in durchaus offizieller Pose mit einem sinnenden Blick über die linke Schulter – womit wiederum (vgl. Kap.  I ) das Motiv der genialen Kopfwendung aufgerufen ist –, ist durch die großen Augen, die hohe Stirn und den lockeren Haarkranz, auch dies häu18

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fig eine Zeichen von Inspiration, ausgezeichnet. So wollte Goethe sich sehen und vor Ludwig erscheinen – von gleich zu gleich. Das Beethoven-Porträt entstand 1819/20 im Auftrag von Antonie und Franz von Brentano, mit denen beide, Stieler und Beethoven, vertraut waren. Beethoven konnte den Wunsch seiner besonderen Förderer nicht ablehnen, obwohl er wenig Geduld für Porträtsitzungen aufbringen konnte und Stieler auch nur ganze vier gewährte, was für die sorgfältige und langsame Malweise des Künstlers viel zu wenig war – selbst Goethe sollte zwölf Sitzungen gestatten. In der Tradition Gérards entwarf Stieler für Pose und Programmatik zuerst eine flüchtige Ölskizze (Abb. 9). Beethoven ist in der Endfassung als Brustbild gegeben, mit der Linken hält er ein Notenheft, mit der Rechten den Stift. Sein Blick mit leicht gesenktem Kopf schweift unter dunklen, geschwungenen Brauen sinnend in die Ferne. Sein Kopf ist von einer wilden, nach allen Seiten strebenden grauschwarzen Mähne umgeben. Dass er im Moment der Inspiration gezeigt werden soll, wird nicht nur durch Blick und Mähne unterstrichen, sondern auch dadurch, dass seine Stirn im Zentrum erleuchtet ist. Ungezählte Künstler- und Wissenschaft-

Abb. 9 Joseph Stieler, Skizze zum Portrait Beethovens mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1819, Ölstudie

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lerporträts bekunden so die geistige Erleuchtung des Genies. Der weite weiße Kragen seines Hemdes unterstreicht diese Konzentration auf das Gesicht ; der Kragen ist von einem stark roten, unter dem Kinn geknoteten Schal unterfangen, der vorn in den weiten blauen Mantel gesteckt ist. Der Hintergrund wird von dunklem Gebüsch gebildet, allein links oben dringt ein wenig Licht durch das Gesträuch, links und rechts zeichnen sich zwei grüne Ranken ab. Das Notenheft ist auf der Innenseite des umgeschlagenen Deckels beschriftet : »Missa solemnis« und die Abb. 10 Klaus Kämmerichs, Beethon, 1986, Betonskulptur vor der Beethovenhalle Bonn Tonart D-Dur sind vermerkt. In der Tat war Beethoven zum Zeitpunkt der Entstehung des Porträts mit den Notaten zur »Missa solemnis« beschäftigt. Der dramatische Ernst der Messe soll sich in Beethovens Gesicht spiegeln. Die Naturfolie dagegen soll den anderen Pol von Beethovens Schaffen, seine Naturverherrlichung seit der »Pastorale«, andeuten. Der leichte Blick von unten, der die Pupille hochrutschen lässt und die weiße Iris im unteren Teil freilegt, ist physiognomiegeschichtlich in der Tradition Giovanni Battista della Portas oder Charles Lebruns beim Mensch-TierVergleich dem Adler vorbehalten, dort, wie etwa in den Porträts von Schiller, den Scharfsinn markierend. Bei den eher weichen Gesichtszügen Beethovens dürfte eher Tiefsinn gemeint sein. Bei den wenigen Sitzungen, die Stieler zur Anfertigung seines Porträts zur Verfügung standen, schien es ihm geboten, ein Malverfahren zu wählen, das die Farbe durch starken Zusatz von Öl flüssiger machte. So sind die Farben im Gesicht schnell übereinander aufgetragen, ohne in einem späteren Prozess geglättet zu werden. Erst aus einer gewissen Entfernung gesehen schließen sie sich zusammen  – am Ende seines Italienaufenthaltes 1811 hatte Stieler Entsprechendes in Venedig kennengelernt. Diese eher venezianische Farbauffassung steht in einem gewissen Widerspruch zur klassischen Gesamtgestalt, bewirkt aber, dass Beethovens Gesicht belebt, ja, animiert erscheint. Vielleicht ist es diese für Stieler erstaunlich variable Farbigkeit des Gesichts über den Trikolorefarben des Gewandes, die in ihrer Spannung den besonderen Reiz des Porträts ausmacht und es aus anderen, sehr viel 20

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konventionelleren Werken Stielers heraushebt. Zur Ikone konnte es erst in der späteren Rezeption werden  – die zeitgenössische Kritik war durchaus nicht einhellig positiv. Dennoch ließ bereits sie dieses Porträt zum Inbegriff des tragisch titanenhaften Beethovens werden, vielfach kopiert und paraphrasiert bis hin zur ironischen Brechung des Beethon-Beethovens von Klaus Kämmerichs von 1986 (Abb. 10), zur Ausstellung »Mythos Beethoven« gefertigt, aufgestellt dann auf der Wiese vor der Bonner Beethoven-Halle. W. B.

Hat der Maler mit dem Komponisten über den Hintergrund seines Bildes gesprochen – also über die Waldlandschaft, die auf den zahllosen Wiedergaben des wohl gängigsten Beethoven-Bildnisses aller Zeiten meist ausgespart wird ? Zwar erkundigte sich Stieler während einer Sitzung ausdrücklich nach den Noten, die Beethoven in Händen zu halten wünschte : »Aus welchem Tone geht ihre Messe ich mögte blos auf das Blat schreiben Messe aus D«. Worauf Beethoven ins Konversationsheft schrieb : »Missa Solemnis aus D.« (Konversationshefte, Bd. 2, 50). Auf jeden Fall sollte sein »größtes Werk«, wie er es damals nannte (Briefwechsel, Bd. 4, 510), ins Bild kommen ; und vielleicht ist es kein Zufall, dass man auf der stilisierten Wiedergabe der Noten das Wort »Credo« – »Ich glaube« – lesen kann. Unter eher handwerklichem Gesichtspunkt geht es in den Dialogen, welche die Konversationshefte mitteilen, um bestimmte Posen des Modells : »Wenn ich Ihnen Winke bitte ich in der Stellung zu bleiben, die Sie gerade haben.« (Konversationshefte, Bd. 1, 261). Von Wünschen Beethovens zur Ausgestaltung des Gemäldes, von denen man im Falle des Mähler-Porträts ausgehen kann, ist nicht die Rede. Jedoch wäre es unnötig, als Beleg für Beethovens Naturverehrung, die in der Konversation nicht zur Sprache kommt, an die Pastoral-Sinfonie aus den Jahren 1807/08 zu erinnern. Näher liegt ein Hinweis auf das aktuell komponierte »Abendlied unterm gestirnten Himmel« WoO 150 : »Wenn die Sonne niedersinket«. Beethoven ließ seine Vertonung der naturfrommen Verse just im Jahr 1820 erscheinen  – offensichtlich als eine künstlerische Antwort auf »Kosmologische Betrachtungen« des Sternwartendirektors Joseph Littrow. Beide Beiträge erschienen kurz nacheinander in derselben Wiener Zeitschrift. Die vier Sitzungen, die Beethoven Stieler zwischen Februar und April 1820 gewährte, fanden in dessen Atelier statt ; gelegentlich speiste man dort auch zusammen. Freilich konnte der Maler sein Modell nicht in dessen häuslicher Sphäre kennenlernen – anders als zwei Jahre zuvor Carl Friedrich August von Kloeber, der sich später erinnerte, dass Beethoven während einer der Sitzungen unnachsichtig das Klavierspiel des Neffen überwacht habe. Beethoven

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Beethovens Umfeld reagierte überwiegend freundlich auf Stielers Arbeit – vermutlich auch aus gebotener Konzilianz. Beethovens Freund Carl Joseph Bernhard, Schriftsteller und Redakteur, fand sie freilich »sehr geputzt« und ohne »rechten innern Gehalt« (Konversationshefte, Bd.  2, 105). Sein Sekretär Anton Schindler rühmte das Bild in der 2. Auflage seiner Beethoven-Biographie von 1845 wegen seines »charakteristischen Ausdrucks«, kritisierte jedoch »die vom Künstler beliebte Auffassung des Titanen, am meisten die Neigung des Kopfes, […] weil der Meister den Mitlebenden nicht anders bekannt war, als seinen Kopf stolz aufrecht tragend, selbst in Momenten körperlichen Leidens« (289 f.). Hier kommt die Vorstellung vom »Titanen« Beethovens ins Spiel  – ganz gleich, wie Schindler sie in diesem Kontext verstanden wissen wollte. Bereits der junge Hector Berlioz hatte von Beethoven als Adler und Titanen geschwärmt (Berlioz 1972, 168) ; 1851 bemühte Richard Wagner die Metapher des Titanen in einer programmatischen Erläuterung der »Eroica« : Deren Kopfsatz spiegele einen »Titanen, der mit den Göttern ringt« (Wagner o. J., 170). Da darf der Name des Dritten im Bunde der prominenten »Neudeutschen« nicht fehlen : Franz Liszt unterlegte in seiner »Kantate zur Säkularfeier Beethovens« von 1869/70 den Textworten »Als Titan wird er ringen nach dem Licht« ein Motiv aus der »Eroica«. Solches unterstreicht die nunmehr fast schon gängige Identifizierung Beethovens mit dem Titanen und Lichtbringer Prometheus. Sie wird auch in dem Wiener Zumbusch-Denkmal von 1880 aufs Deutlichste in Erscheinung treten (s. Kap. VII ). Den Auftraggebern Stielers, Antonie und Franz Brentano, mögen solche Assoziationen noch ferngelegen haben, so freundschaftlich das Ehepaar Beethoven auch verbunden war. Dass Beethoven dem vermögenden Paar den Wunsch, sich von ihrem ›Hausmaler‹ porträtieren zu lassen, nicht abschlagen konnte, lag auf der Hand : Franz Brentano beriet den Komponisten in geschäftlichen Dingen, Antonie war nicht nur eine leidenschaftliche Verehrerin seiner Kunst, engagierte sich vielmehr auch für seine persönlichen Angelegenheiten. So vermittelte sie ihn im Jahr 1819 an den Theologen und Erzieher Johann Michael Sailer, als es darum ging, für den Neffen Karl ein geeignetes Erziehungsinstitut zu finden. Beethoven widmete ihr die zwischen 1819 und 1823 komponierten »Diabelli-Variationen« op. 120. Ob man in ihr die »unsterbliche Geliebte« sehen darf, der Beethoven im Jahr 1812 leidenschaftliche, jedoch womöglich niemals abgeschickte Briefe schrieb, ist in der Forschung umstritten. Trotz alledem hat der Auftrag der Brentanos an Stieler mysteriöse Züge : Den Konversationsheften zufolge wollte Beethoven zeitweilig geheimhalten, dass Stieler ihn male – vielleicht, weil er Antonie das Bild exklusiv zueignen wollte. Gleichwohl stellte Stieler das Bild nach seiner Fertigstellung alsbald öf22

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fentlich aus – übrigens mit der irrigen Datierung »1819«, hinter der sich möglicherweise ein Kalkül verbirgt. Später ist das Gemälde nicht in die Hände der Brentanos gelangt, vielmehr zunächst im Besitz Stielers verblieben, der es alsbald in einer Akademieausstellung präsentieren konnte, wo es einen Ehrenplatz zwischen Bildnissen Joseph Haydns und Wolfgang Amadeus Mozarts erhielt und dem Maler die Ernennung zum Ehrenmitglied der Wiener Akademie einbrachte. Später ging das Bild in den Besitz des Komponisten Louis Spohr über. Wie mögen die Brentanos damit umgegangen sein, nie an das von ihnen in Auftrag gegebene Bild gelangt zu sein ? M. G.

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Josef Danhauser Liszt am Flügel 1840 Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie

Liszt am Flügel

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Abb. 11 Josef Danhauser, Liszt am Flügel, 1840, Öl auf Holz,

Alte Nationalgalerie, Berlin

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III   Josef Danhauser

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elbst wenn dies ein Liszt- und nicht in erster Linie ein Beethoven-Bild ist, so gibt doch Beethoven die eigentliche Dimension des Bildes vor. Als Aufschrift auf dem Gemälde findet sich unten links : »Im Auftrage Conrad Graf ’s zur Erinnerung an Liszt gemalt v. Danhauser 1840«. Für den Auftraggeber und Klavierfabrikanten Graf sollte in erster Linie wohl daran erinnert werden, dass Liszt auf einem Klavier aus seiner Produktion gespielt hat, das, so ist es überliefert, für den wilden Virtuosen besonders kompakt angelegt wurde. Liszt war in Wien in den Jahren 1838, 1839 und 1840 aufgetreten, doch nicht eines dieser Konzerte sollte verbildlicht werden, sondern Liszts Klavierspiel im Freundeskreis in Paris. Es spricht einiges dafür, dass ein Treffen am Ende von Liszts Parisaufenthalt imaginiert wird, zwischen 1832 und 1834. Interessanterweise wurde das Bild auf hartem Holz gemalt, das der Klavierbauer zur Verfügung gestellt hatte, in dessen Haus Danhauser sein Atelier hatte. Damit wächst dem verwendeten Material geradezu eine magische Qualität zu. So wie das Holz für den besonderen Ton des Klaviers mitverantwortlich ist, so auch für den Ausdruck des Bildes. Zugleich betont die Verwendung des Hartholzes den Anspruch auf Verewigung des Erinnerten, festgehalten für die Nachwelt. Allerdings kann es sich nicht um die Wiedergabe eines bestimmten Treffens handeln, sondern um eine Idealversammlung der Pariser Freunde Liszts, von Künstlern und Literaten, denen er sich verbunden fühlte. Da auch Danhauser mit Liszt bekannt war, dürfte dieser ihn mit Informationen über den Pariser Kreis versorgt haben. Danhauser baut das Bild in verschiedener Hinsicht, wie wir sehen werden. Drei miteinander verschränkte Gruppenanordnungen lassen sich scheiden. Links die Literaten Alexandre Dumas d. Ä., direkt neben ihm ebenfalls in einem Sessel George Sand, auf die Rückenlehnen beider Sessel gestützt zwischen ihnen der stehend Victor Hugo. George Sand, dem Klavierspiel Liszts lauschend, hat zugleich ihre Rechte, über die Lehne ihres Sessels greifend, wie bezeugend, auf das Buch in Dumas’ Händen gelegt. Sie selbst fußt, ganz wörtlich, auf einem großen Folianten. Victor Hugo dagegen hält locker in seiner Linken einen Band, dessen Rücken wie sein Zeigefinger genau auf Dumas’ Buch mit der bezeugenden Hand von George Sand weist. Offenbar fühlen sie sich einer gemeinsamen literarischen Auffassung verbunden. George Sand in ihrer schrägen Haltung ist auch der zweiten Dreiergruppe verbunden. Ihre Körperachse weist auf den leicht zurückversetzten Paganini, dem Rossini den Arm um die Schulter gelegt und sich ihm zugeneigt hat. Seine Schräge hinwiederum verweist auf den am Klavier spielenden Franz Liszt. Er, im Zentrum des Bildes, ist zugleich Ausgangspunkt für eine weitere Dreiergruppe, denn zu seinen Füßen sitzt auf einem Polster seine langjährige Geliebte Marie Gräfin d’Agout, ihre starke Schräglage verweist auf die Liszt am Flügel

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große Büste Beethovens, die vor dem offenen Fenster erscheint, hinterfangen von einem dramatischen Abendhimmel. Im Schatten an der Wand zwischen Rossini und Liszt, aber dafür exakt auf der senkrechten Mittelachse des Bildes, das Porträt von Lord Byron. Sein Bildnis und Beethovens Büste schauen nach links in Gegenrichtung zum versammelten Freundeskreis, beide, bereits in den 1820er Jahren verstorben, wenden sich zurück. Für die Porträts der Dargestellten konnte Danhauser auf graphische Wiedergaben zurückgreifen, allein ein Porträt von Marie Gräfin d’Agout scheint gefehlt zu haben, so wendet sie uns den Rücken zu. Die Noten auf dem Klavierpult zeigen, was Liszt spielt : Beethovens »Marcia Funebre sulla morte d’un Eroe« aus der Klaviersonate op.  26, daneben Noten einer Lisztschen Komposition – das entspricht dem üblichen Programm eines Auftrittes von Liszt, der erst Klassisches und dann eigene Werke spielte. Doch warum der Beethovensche Trauermarsch für einen Heroen ? Mehrere Bezüge bieten sich an, zuerst natürlich zu Beethoven selbst, der seit seinem Tod 1827 als einsames Genie und tragischer Heroe gefeiert wurde. Denkbar ist auch der Bezug auf Lord Byron ; er, auf der Mittelachse des Bildes, ist so etwas wie die Leitfigur der ganzen Versammlung, der Inbegriff Abb. 12 Josef Danhauser, Beethoven-Büste, eines romantischen Helden, gefal1827, Gipsabguss des Originals (Wien Museum), len im griechischen Freiheitskrieg. Beethoven-Haus, Bonn Schließlich ist noch ein weiterer Gedanke möglich : Paganini war am 27. Mai 1840 gestorben, und sogleich hatte ihm Liszt einen Nekrolog geschrieben. Er verklärte ihn zum Hexenmeister und Zauberer und zugleich würdigte er ihn als tragisches, vereinsamtes und umdüstertes Genie. In der Reihe dieser Heroen des Geistes sah sich auch Liszt selbst. Doch zur im Fenster erstrahlenden Büste Beethovens muss noch etwas gesagt werden. Ganz offensichtlich handelt es sich um die Wiedergabe von Danhausers Büste von 1827 (Abb. 12), die er gleich nach Beethovens Tod in Angriff nahm, wobei er wohl die Lebendmaske von Franz Klein von 1812 (s. Kap. IV ) zum Vorbild genommen hat. Danhauser stand ganz am Anfang seiner Kar28

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riere und war gerade von einem Studienaufenthalt in Italien zurückgekehrt. Er bemühte sich auf jede Art und Weise um das Privileg, Beethoven die Totenmaske abnehmen zu dürfen. Er hat Beethoven auf dem Totenbett gezeichnet, danach zwei Lithographien gefertigt (s. u. Abb. 15) und den Kopf des Toten aus verschiedener Perspektive in zwei Ölstudien festgehalten. Beide befinden sich wie auch eine weitere Ölstudie, die Beethovens Hand gewidmet ist, im Bonner Beethoven Haus. Die Totenmaske, deren Erstabguss in Gips braun getönt ist, hat Danhauser später Franz Liszt geschenkt. Dieser hat sie testamentarisch der Stadt Wien vermacht (s. u. Abb. 14). Die Inszenierung der Büste auf Danhausers Bild ist bezeichnend. Es bleibt ein wenig unklar, wo sie eigentlich steht. Auf dem Klavier finden sich Noten, Cahiers, Bücher. Auf einem Stapel, offenbar als Sockel gedacht, steht die Büste, doch so, dass ihr Stand mit dem Horizont der Fensterlandschaft übereinstimmt. Damit scheint sie für unsere Wahrnehmung im Raum zu schweben, in der Natur aufzugehen. Nicht verschwiegen sei, dass die Rezeption von Danhausers Bild, als es im Atelier ausgestellt wurde, positiv ausfiel, während es bei der folgenden Akademieausstellung entschieden kritisiert wurde. Und akademischen Kriterien fügt sich das Bild in der Tat nicht. Zum einen wurde die Gattungsvermischung moniert. Porträt und Genre könnten nicht zusammengehen. Allgemeines könnte nicht individualisiert werden. Zum anderen aber wurden der additive Charakter, das mühsam Gefügte und vor allem die geradezu misslungene räumlich-perspektivische Auffassung kritisiert. Nicht ganz zu Unrecht. In der Tat baut Danhauser aus Detailstudien sein Bild, darin ähnelt er einer Reihe von österreichischen Biedermeiermalern, vor allem ist an Waldmüller zu denken. Und wie bei Waldmüller ist seine Kunst zugleich durch eine exquisite Wiedergabe von Stofflichkeit und malerischem Detail ausgezeichnet. Die räumlichen Ungereimtheiten sind offensichtlich. Die Größenverhältnisse der hintereinander gestaffelten Personen überzeugen nicht wirklich. Wie die Rückwand des Raumes, vor allem aber der rechte Fenstervorhang zu denken ist, bleibt unklar. Die Gräfin d’Agout, im Bildvordergrund ruhend, scheint auf ihrem Teppich geradezu nach vornhin wegzurutschen. Detailgenauigkeit und der Zusammenhang in einem atmosphärischen Raum widersprechen einander. Das scheint das Problem einer ganzen Reihe verwandter Bilder zu sein und dem Bildtypus geschuldet. Denn Gruppenporträts in szenischem Zusammenhang besitzen per se sich widersprechende Funktionen. Das Additive bleibt notwendigerweise sichtbar. Danhauser folgt im Typus offenbar Leopold von Kuppelwiesers »Gesellschaftsspiel der Schubert-Freunde in Atzenbrugg (Der Sündenfall)« (Abb. 13) von 1821. Verwandt ist auch Karl Philipp Fohrs Gruppenbild der deutschen Künstler im Café Greco von 1817/18 oder Franz Louis Catels Liszt am Flügel

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Abb. 13 Leopold von Kupelwieser, Gesellschaftsspiel der Schubert-Freunde in Atzenbrugg (Der Sündenfall), 1821, Aquarell, Wien Museum

»Kronprinz Ludwig in der spanischen Weinschänke in Rom« von 1824, wo der Kronprinz von gleich zu gleich mit den römischen Künstlern verkehrt. Selbst spätere berühmte Bilder wie Courbets »Atelierbild« von 1855 oder Henri Fantin-Latours »Hommage à Delacroix« von 1864, auf dem um das Porträt Delacroix’ die ihn verehrenden Künstler versammelt sind, gehören dem Typus an. Moritz von Schwinds Erinnerungsbild an einen »Schubertabend bei Ritter von Spaun« aus den späteren 60er Jahren scheint ebenso wie das Beethovenkonzert auf Schwinds »Symphonie« von 1852 (vgl. Kap. V ) in einer eigenständigen österreichischen Tradition zu stehen, die auf musikalische Gruppenporträts für die Erinnerung der Nachwelt spezialisiert ist. Allerdings gibt es einen Bildtypus, der als Vorläufer für Danhauser nicht unwichtig ist: das »conversation piece« des 18. Jahrhunderts, vor allem in England. Dort versammeln sich Familien oder Familien mit Freunden zum geselligen Beisammensein, sie trinken Tee, spielen Whist, diskutieren vor Kunstwerken über Kunst etc. Entscheidend ist jedoch eine gewisse Unkonventionalität, man gibt sich locker, verzichtet auf Repräsentation, bewegt man sich doch in der Privatsphäre. Das gilt auch für Danhauser. Möglich ist dies freilich nur einer auch sozial homogenen Gruppe. Für das 19. Jahrhundert typisch ist die Künstlerversammlung  – man stützt sich in der Gruppe gegenseitig, da man sich auf dem freien Markt behaupten muss. W. B.

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III   Josef Danhauser

Steht Franz Liszt im Zentrum des Bildes ? Alle Blicke sind auf ihn gerichtet, zugleich aber auch auf die Beethoven-Büste, die am Fenster vor einem dramatisch bewölkten Himmel sichtbar wird. Der Wiener Klavierbauer Conrad Graf wäre vielleicht nicht unglücklich gewesen, wenn sich aller Augen zunächst auf den Flügel gerichtet hätten, an dem Liszt sitzt. Es ist ein neugebautes Instrument. Denn, so ließ sich Graf angesichts des Gemäldes vernehmen, als Knabe habe Liszt bei einem Besuch in seinem Hause »mit solcher Kraft und Energie in seine Instrumente hineingedonnert«, dass ihm klar geworden sei, »für Virtuosen solcher Art müsse er Solideres hervor zu bringen suchen« (Castelli 1840, 903). Nachdem Liszt die Wiener in den Jahren 1838, 1839 und 1840 auch als erwachsener Künstler mit seinem Klavierspiel entzückt hat, findet es Graf an der Zeit, Josef Danhauser nicht nur mit einem Gemälde »Liszt am Fügel« zu beauftragen, das eines seiner Instrumente abbildet, sondern ihn auch auf ein Holz malen zu lassen, das zu den härtesten Resonanzböden aus seiner Werkstatt gehört. Danhauser ist seinerseits nicht darauf angewiesen, den Künstler beim öffentlichen Klavierspiel zu beobachten : Er hat sein Atelier im Haus Grafs und kann deshalb den dort stattfindenden privaten Vorspielen beiwohnen. Dass der Wiener Korrespondent der Leipziger »Allgemeinen Musikzeitung« demgegenüber auf öffentliche Konzerte angewiesen ist, hindert ihn nicht an enthusiastischen Berichten : »Wir haben ihn nun gehört, den wunderbar Eigenthümlichen, […] aber auch gesehen, – was allerdings mit zur Sache gehört und, zusammengestellt mit forschenden Rückblicken auf sein zwar kurzes, doch wirres, exzentrisch wechselndes, vielbewegtes Künstlerleben jedenfalls zu psychologisch-interessanten Resultaten führen muss. Man betrachte nur einmal den blassen, schlanken Jüngling, in seiner, den Sonderling signalisirenden Kleidung; das schlichte langherabwallende Haar, die dünnen Arme, die kleinen zart geformten Hände ; das fast düstere und dabei doch kindlich gemüthliche Antlitz ; – diese bedeutsamen, scharf ausgeprägten Züge, durch analoge Ähnlichkeit an Paganini gemahnend« (Jg. 44, 1838, Sp. 320). Entsprechend begeistert äußert sich der Literat und Kunstkritiker Ignaz Castelli in der »Wiener Zeitung« über Danhausers Gemälde : Dieser habe Liszt »ganz begriffen, sein Innerstes in seine Seele aufgenommen, und wie sein Körperliches beym ersten Blicke unverkennbar ist, so spricht daraus auch deutlich sein Geistiges. Lißt’s Leib und Lißt’s Seele sind porträtirt« (Castelli 1840, 903). Und weiter : Liszts »Feuerblick, durch die Blässe seines Angesichts und die eingefallenen Wangen gemildert, hebt sich fantastisch empor zu der ihm gegenüber stehenden Büste Beethovens. In diesem Blicke ist der eben eintretende Moment der Weihe deutlich zu lesen.« Liszt am Flügel

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Castelli hatte Beethoven noch persönlich kennenlernen dürfen ; dem damals 25-jährigen Danhauser war auf seinen Wunsch hin sogar erlaubt worden, dem Meister die Totenmaske abzunehmen. Das konnte allerdings erst geschehen, nachdem die Ärzte dem Schädel des Toten Teile des Gehörs entnommen hatten, so dass die Gesichtszüge möglicherweise schon entstellt waren. Dass Liszt anlässlich seines hier beschriebenen Besuches in Wien von Danhauser ein Exemplar der Totenmaske zum Geschenk bekam (Abb. 14), war ihm der Erwähnung in seinem TesAbb. 14 Josef Danhauser, Beethovens Totenmaske, 1827, Wien Museum tament wert (vgl. Birke 1983, 77 ; Comini 2008, 209). Danhauser hat, wie wir gehört haben, Beethoven auf dem Totenbett auch gezeichnet und danach Lithographien anfertigen lassen (Abb. 15). Als Vorlage der Büste auf seinem Liszt-Gemälde diente ihm offenbar nicht seine eigene, gleichfalls bereits im Todesjahr Beethovens gefertigte Büste, die ihrerseits derjenigen von Franz Klein aus dem Jahr 1812 nachempfunden war ; vielmehr richtete er sich wohl eher nach derjenigen von Anton Dietrich oder womöglich auch nach dem 1818 entstandenen Bildnis von August von Kloeber.

Abb. 15 Beethoven auf dem Toten-

bett, 29. März 1827. Lithographie von Josef Danhauser nach eigener Zeichnung

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Natürlich musste in Danhausers Hommage à Liszt der große Beethoven seinen gebührenden Platz finden : Dreizehn Jahre nach seinem Tod galt er in Wien längst als Lokalheros. Zudem war es sicherlich im Sinne des Auftraggebers gewesen, Beethoven auf dem Gemälde zu verewigen : Dieser hatte nämlich im Jahr vor seinem Tod von Graf einen neuen Hammerflügel als Leihgabe erhalten und konnte somit als prominenter Kunde Grafs figurieren. Schließlich ist auf dem Bild auch der Name Carl Czernys verewigt – nämlich auf dem Umschlag eines am Boden liegenden Notenheftes, dort als Schüler Liszts erwähnt. Der seinerseits angesehene, im Jahr 1840 noch durchaus aktive Pianist, dem die Wiener als Schüler und Vertrautem Beethovens einigen Respekt zollten, hatte einige Jahre zuvor mit Graf eine Werbereise nach London unternommen. So waren auf dem Bild zunächst einmal alle versammelt, die sich für Grafs Geschäft vereinnahmen ließen : Beethoven, Czerny und Liszt. Doch das mochte nur dem Insider auffallen. Im Wesentlichen ist dem Maler daran gelegen, Liszt zwar mit Blick auf den verewigten Beethoven, jedoch im Kreise prominenter, ausnahmslos nach bildlichen Vorlagen gemalten Vertretern der »Jeune-France« vorzustellen. Damit ist jene aktuelle, geradezu avantgardistische Bewegung gemeint, die sich im Zuge der Juli-Revolution von 1830 als Protest gegen die Kultur des bourbonischen Establishments konstituiert. Sie steht in der Nachfolge des von Liszt hoch bewunderten Lord Byron, den Danhauser als Bild im Bild erscheinen lässt. Nach der Devise »Alles Nützliche ist hässlich, jedoch kann das Hässliche schön sein«, verstanden sich die Anhänger der »Jeune-France« – in Nähe zur französischen ›Schauerromantik‹ – als Parteigänger Victor Hugos, der auf dem Gemälde als Zweiter von links zu sehen ist. Links neben ihm Alexandre Dumas der Ältere. Liszt, der um 1830 mit einer massiven Lebenskrise kämpfte, verschlang damals dessen Schriften ebenso wie diejenigen von Lord Byron und Victor Hugo, dessen Poem »Après une lecture de Dante« er zum ideellen Ausgangspunkt seiner »Dante-Sonate« nahm. Zur Jeune-France gehörte auch die Schriftstellerin George Sand, mit der Liszt eine enge Künstlerfreundschaft verbindet. Links neben Liszt platziert, macht die Sand schon durch ihre Pose ersichtlich, dass zur Jeune-France eine Kultur des  – in diesem Fall weiblichen  – Dandytums gehört. Der von dem ›Mannweib‹ leicht geschockte Castelli beobachtet : »Zwischen den Fingern der linken Hand hält sie eine noch glimmende Cigarre, von welcher sie den Rauch eben noch aus dem Munde bläst, welcher sich als Wölkchen über Lißt’s Kopf zieht. Sollte dieß nicht eine leise Andeutung des Mahlers seyn, daß jeder Rauch für Lißt zum Weihrauch werde ?« (Castelli 1840, 903). Die »Frauengestalt«, »die zu den Füßen Lißt’s, das hochblonde Haupt an das Pianoforte gelehnt«, wie hingegossen präsentiert wird, kann oder will Liszt am Flügel

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Castelli nicht identifizieren : Es ist die Gräfin Marie d’Agoult. Danhauser beschränkt ihre Rolle sehr zu Unrecht auf diejenige einer Liszt anhimmelnden Lebensgefährtin, während sie dem Komponisten in Wahrheit eine intellektuell ebenbürtige Gesprächspartnerin ist, außerdem unter dem Pseudonym »Daniel Stern« ihrerseits eine angesehene Schriftstellerin. Dass der Maler rechts oberhalb von George Sand den Geiger Niccolò Paganini platziert, hat seinen guten Sinn : Der Geiger genießt nicht nur die Bewunderung Liszts, der ihm in seiner hexenhaften Fingerfertigkeit gelegentlich geradezu nacheifert ; vielmehr entspricht auch Paganinis ganzer Habitus dem Ideal der Jeune-France. Solches lässt sich kaum von dem sich an ihn anlehnenden Gioachino Rossini sagen, der im Paris der 1830er Jahre mit seiner Musik zwar unverändert reüssiert, jedoch eher das von der Jeune-France verachtete Establishment repräsentiert. Vielleicht hätte der Maler statt seiner besser den von Liszt bewunderten und propagierten Hector Berlioz gewählt ; einzelne kundige Betrachter meinten denn auch, ihn und nicht Dumas auf Danhausers Bild erkennen zu können. Ehe man Rossini in dieser Gesellschaft fehl am Platz findet, sollte man sich freilich der Überlieferung erinnern, dass während einer Aufführung seiner Oper »Wilhelm Tell« im Revolutionsjahr 1830 einige Besucher mit dem Ruf »Freiheit oder Tod« zu den Barrikaden geeilt seien (Schreiber 1991, 218). In jedem Fall zeigt Danhauser ein beachtliches Sensorium für die Pariser Kulturszene der 1830er Jahre, die er gewiss wohlwollend, jedoch nicht ohne leise Ironie abbildet. Zugleich wirft der Maler, aus dessen Genredarstellungen einige Zeitgenossen nicht zu Unrecht Kritik am saturierten Bürgertum herauslasen, ein Licht auf die aktuelle politische Situation : Zumindest unterschwellig identifiziert er sich mit dem Vermächtnis der Französischen Revolution von 1789, deren letzte Wellen sich in der Julirevolution von 1830 brechen : Nicht zuletzt Liszt selbst setzt sich damals im Zeichen der sozialrevolutionären Bewegung des Saint-Simonismus für eine »musique humanitaire« ein, mit der er die Menschheit zu lichteren Höhen führen möchte. Dergleichen im Bild zu reflektieren, setzt den hohen Bildungsstand voraus, über den der viel gereiste Danhauser durchaus verfügte, spricht jedoch auch für niveauvollen Journalismus. Auch den gab es : Aus Paris, dem erklärten Zentrum europäischer Kultur, berichteten damals so prominente Leute wie Heine und Börne  – meist ebenso gut informiert wie anzüglich in ihren Klatschgeschichten. Vice versa durfte der Maler mit einem interessierten Publikum rechnen, das offenbar gut genug im Bilde war, um – zum Beispiel – die von Danhauser vorgestellten Gestalten identifizieren zu können – zumindest mit ›Nachhilfe‹ von Zeitungen und einschlägigen Zeitschriften. Nicht zu ver34

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gessen : Die originalen Gemälde waren nur Ausgangsmaterial für Vervielfältigungen aller Art, die ihren Eingang in viele Bürgerhäuser fanden. Dass sich der junge Liszt einst vor Beethoven hören ließ, ist vermutlich eine Legende ; dass sich der erwachsene Musiker entschieden für die Musik Beethovens einsetzte, hingegen eine schöne Wahrheit. Ohne Liszts finanzielle und ideelle Unterstützung wäre auch das Bonner Beethoven-Denkmal (vgl. Kap.  IV ) womöglich nicht zustande gekommen. Auf seinem Bild legt Danhauser Liszt die »Marcia funebre« aus Beethovens Klaviersonate op. 26 sowie eine nicht näher bezeichnete »Phantasie von F. Liszt« aufs Pult. Bildbetrachter Castelli schließt aufgrund dieser Auswahl, dass Liszt in dem vom Maler festgehaltenen Moment gerade den Trauermarsch als Hommage à Beethoven spiele und ihn hernach auf seine unnachahmliche Weise »nach eigener Eingebung variire«. Solches mag Danhauser bei einem der vorangegangenen Wiener Liszt-Konzerte tatsächlich erlebt haben. M. G.

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Ernst Julius Hähnel Beethoven-Denkmal 1845 Münsterplatz, Bonn

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Abb. 16 Ernst Julius Hähnel, Beethoven-Denkmal, 1845, Bronze, Münsterplatz Bonn

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rnst Hähnels Beethoven-Denkmal stellt nicht die erste öffentliche Huldigung eines Musikers in Form eines großen Erinnerungsmonumentes dar. Der Beginn dieser Tradition ist überraschend. Georg Friedrich Händel erhielt 1738 im Vergnügungspark Vauxhall Gardens an der Themse in London vom Bildhauer Louis François Roubiliac eine immerhin lebensgroße Sitzstatue auf höherem Sockel – und das zu Lebzeiten (Abb. 17). Es ist das erste Monument für einen lebenden Geistesheroen in der Geschichte, erst Jahrzehnte später gefolgt von Jean-Baptiste Pigalles Sitzfigur von Voltaire. Händel in Vauxhall Gardens erscheint mehr als informell : mit Hausmütze statt Allongeperücke, mit nicht zugeknöpften Kniebundhosen und Pantoffeln, der eine hängt vom rechten Fuß, den anderen hat er gar ausgezogen und tritt auf ihn mit bloßem Strumpf. Obwohl Vauxhall Gardens unter dem Patronat des Prinzen von Wales stand, war der Garten ein privatwirtschaftliches Unternehmen und für das brauchte man einen popularisierten Händel, der zum Zeitpunkt der Aufstellung seines Denkmals mit der italienischen Oper, seinem eigentlichen Interesse, in der englischen Öffentlichkeit gescheitert war und sich neu orientieren musste. Doch die saloppe Anmutung des Denkmals stellt nur Abb. 17 Louis François Roubiliac, Händelseine eine Seite dar, die andere be- Denkmal für Vauxhall Gardens, 1738, Marmor, steht in seiner allegorischen Aufla- Victoria and Albert Museum, London dung : apollinische Lyra, Anspielungen auf Händel als neuer Orpheus Diese beiden Seiten des Monumentes bleiben in einem unaufgehobenem Spannungsverhältnis. Wir stehen am Beginn der Verbürgerlichung der Geistesheroen. Damit gerät das Denkmal in eine Krise – und zugleich boomt es. Das wird besonders deutlich an Antonio Canovas offizieller überlebensgroßer Marmorstatue von Napoleon (Abb. 18). Er stellt ihn als nackten Heroen dar, was Napoleon hochgradig irritiert hat. Um die Reaktion der Öffentlichkeit zu testen, ließ er einen seiner erfolgreichen Generäle in heroischer Nacktheit modellieren und in der Stadt aufstellen. Das Hohngelächter war nicht zu überBeethoven-Denkmal

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Abb. 18 Antonio Canova,

Napoleon als friedbringender Mars, 1802–1806, Marmor, Apsley House, London

hören, die Bronzestatue wurde eingeschmolzen. Als Canovas Marmor fertig war, wollte Napoleon ihn erst nicht sehen und ließ ihn dann in den Magazinen des Louvre verschwinden. Des Kaisers neue Kleider sollten nicht den Blicken ausgesetzt werden. Die Statue landete schließlich beim Feind, in Wellingtons Apsley House am Hyde Park in London, und markiert den endgültigen Triumph über den kleinsten Größten. Die Unsicherheit gegenüber öffentlichen Denkmälern hielt sich, und damit nähert man sich unmittelbar Hähnels Beethoven. Als Gottfried Schadow, der 40

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über Hähnels Entwurf zu gutachten hatte, sein eigenes Denkmal für den zum Fürsten geadelten Generalfeldmarschall Blücher in Rostock 1819 kurz vor dem Tod des preußischen Helden aufstellen ließ (Abb. 19), wurde er durch ein Gutachten von Goethe gezwungen, der zeitgenössischen Uniform Blüchers eine herkulische Löwenhaut zuzugesellen. Goethe und Schadow hatten sich am Anfang des Jahrhunderts heftig gestritten : Naturalismus contra Idealismus lautete die Paarung. Schadow wird unter Goethes Eingriff gelitten haben – auch hier eine unauflösbare Diskrepanz zwischen Gegenwärtigkeit und Allegorisierung, Zeitlichkeit und Überzeitlichkeit. In den 30er und 40er Jahren, als Hähnels Beethoven entstand  – die Enthüllung fand nach langer und für den Künstler unerfreulicher Vorbereitungszeit 1845 statt  –, versuchte man, Kompromisse zu schaffen. Allegorisches zog sich auf den Sockel zurück (s.  u.), das zeitgenössische Gewand bekam einen neutralen, aber immer noch antikisierenden Überwurf. So meinte man, den idealen Ansprüchen gerecht werden zu können. Justus Möser in Osnabrück, Gutenberg in Mainz, Schiller in Stuttgart, Jean Paul in Bayreuth oder Mozart in Salzburg, deren Denkmäler allesamt unmittelbar vor dem Bonner Beethoven entstanden sind, mussten sich Abb. 19 Gottfried Schadow, Blüchereine derartige verfremdende Ein- Denkmal, 1819, Bronze, Universitätsplatz (ehem. Hopfenmarkt), Rostock kleidung gefallen lassen. Allein das Bach-Denkmal in Leipzig von 1843 kam ohne eine Statue des Protagonisten aus. Auch ein anderes Motiv, das Hähnel übernahm, machte Karriere, obwohl es die Spannung zwischen Gegenwärtigkeit und überzeitlicher Monumentalisierung noch erhöht. Der dargestellte Künstler sollte im Moment der Inspiration erscheinen. Jean Paul oder Mozart bekamen wie Beethoven einen Stift in die eine, eine Schriftrolle oder ein Notenheft in die andere Hand, der momentane Einfall sollte notiert werden. Der von einem Bonner Denkmalverein ausgeschriebene Wettbewerb erwies sich als mühsam, die berühmten deutschen Bildhauer hatten sich vornehm zurückgehalten (Schadow, Rauch, Rietschel), die zweite Garnitur und ganz Junge Beethoven-Denkmal

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konkurrierten. Ihnen konnte das Komitee dreinreden. Hähnel, finanziell relativ unabhängig, bewies den längsten Atem. Friedrich Wilhelm III ., zuständig für die preußischen Rheinlande, gestattete es dem Verein nicht, das Denkmal auf dem Bonner Münsterplatz, mitten in der städtischen Öffentlichkeit, aufzustellen. Erst sein Nachfolger Friedrich Wilhelm IV. ließ es, sich neutral gebend, zu. Doch zur Einweihung 1845 erschien er. Allerdings nahm er nicht auf der Ehrentribüne Platz, umgeben von den städtischen Notabeln, sondern – gewissermaßen exterritorial – auf dem Balkon des Palais Fürstenberg, in dessen Achse das Denkmal Aufstellung gefunden hatte. Königin Viktoria von England gehörte zu seinen Gästen. Als die Verhüllung fiel, wandte ihnen das Denkmal den Rücken zu, war auf die Bürgerstadt ausgerichtet. Herrscherdenkmäler wenden sich nicht an die Öffentlichkeit, sondern schauen dem Herrscher in seinem Schloss ins Angesicht, wie in einen Spiegel. Schadow war in Rostock noch gezwungen worden, Blücher zum Schloss und nicht in die Stadt schauen zu lassen. In Bonn hatte sich letztlich das Bürgertum den Geistesheroen angeeignet. Dieser in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mühsam voranschreitende Emanzipationsprozess erwies sich als unumkehrbar. Abb. 20 Franz Klein, Lebendmaske Beethovens, Dass Beethovens Kopf offensichtum 1812 lich nach der erhaltenen Lebendmaske Beethovens gestaltet war (Abb. 20), verdeutlicht einen Anspruch auf Authentizität, während die ihm attribuierte Löwenmähne in Verbindung mit der düsteren Miene ihm einen pathetischen Ausdruck verleihen sollte. Sie wird kaum Beethovens Erscheinungsbild entsprochen haben, so sehr unzählige Darstellungen sie aufrufen. Zur konstatierten Unsicherheit im Umgang mit der Tradition gehört auch die Weise der Verwendung von Allegorien. Der Sockel von Hähnels Denkmal ist von allen Seiten reliefiert (s. Abb. 23–25), doch bis heute ist trotz der Benennung durch den Künstler nicht ganz klar, was genau dargestellt ist : die vier sinfonischen Sätze ? Doch wie fügt sich das zur in Anschlag gebrachten Verkörperung von Fantasie und geistlicher bzw. dramatischer Musik ? Auch die verbindliche klassische Sprache der Allegorie funktioniert nicht 42

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mehr automatisch. Ästhetisierung steht gegen Historisierung. Damit hat der bürgerliche Kunstbegriff auch in der Folgezeit zu kämpfen. W. B.

Nach Händel kam sogar der zu Lebzeiten weit weniger berühmte Johann Sebastian Bach seinem Verehrer Beethoven in Sachen Denkmal zuvor – wenn auch erst im 19. Jahrhundert und mit einem vergleichsweise bescheidenen Monument, das Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1843 in den Grünanlagen am Dittrichring nahe der Leipziger Thomaskirche enthüllte (Abb.  21). Immerhin war ein Denkmal für Beethoven damals längst in Planung. Aufgrund entsprechender Aufrufe, die vor allem aus seiner Vaterstadt Bonn nach ganz Europa entsandt wurden, organisierte der Dirigent Sir George Smart sogar im fernen, freilich Beethovenfreundlichen London ein Benefizkonzert zugunsten des Denkmals. Gleichwohl läuft das Projekt so zäh an, dass sich der am europäischen Musikhim- Abb. 21 Hermann Knaur (nach Entwürfen mel am hellsten strahlende Stern ein- von Eduard Bendemann, Ernst Rietschel und Julius Hübner), Bach-Denkmal, 1843, schalten muss : Franz Liszt. An seinen Sandstein, Leipzig Freund Hector Berlioz schreibt dieser innerhalb seiner zur Veröffentlichung in der »Revue et Gazette musicale« bestimmten »Reisebriefe« im Oktober 1839 : »Beethoven ! ist es möglich ? Die Sammlung für das Denkmal des größten Meisters unseres Jahrhunderts hat in Frankreich das Ergebnis von vierhundertvierundzwanzig Francs und neunzig Centimes getragen ! Welch eine Schmach für alle ! Welch ein Schmerz für uns« (Liszt 1881, 256). Zwei Jahre später bietet Liszt den Parisern zugunsten des Denkmal-Projekts Beethovens Fünftes Klavierkonzert und die »Kreutzer-Sonate«. Ohrenzeuge Richard Wagner, der damals »in Not und Sorgen« seinen »Fliegenden Holländer komponiert, berichtet den Lesern der »Dresdner Abendzeitung« : »Dieses PuBeethoven-Denkmal

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blikum verlangt von [Liszt] um jeden Preis Wunder und närrisches Zeug ; er gibt ihm, was sie wollen, lässt sich auf den Händen tragen und – spielt im Konzert für Beethovens Denkmal eine Phantasie über ›Robert den Teufel‹. Dies geschah aber [als Zugabe] nur im Ingrimm« (Wagner o. J., 92). Unter der Voraussetzung, dass der italienische Künstler Lorenzo Bartolini den entsprechenden Auftrag erhalte, verpflichtet sich Liszt, den größten Teil der von ihm auf 50 000–60 000 Francs veranschlagten Summe zu übernehmen. Ohne auf dieser Bedingung zu beharren, avanciert er fortan zum Spiritus Rector des Unternehmens. Ihm vor allem ist es zu danken, dass die Einladung an Komponisten in ganz Europa ergeht, sich künstlerisch an den musikalischen Einweihungsfeierlichkeiten zu beteiligen. Von diesen berichtet die damals 31-jährige Marie Ophoven, geb. Hüffer, ihrer Mutter im Brief : Nebst vielen übenden Künstlern hätten sich »Spohr, List, Meyerbeer […] ständig vor unseren Augen« bewegt (Ophovendok.). Sie verzichtet auf die Erwähnung von Hector Berlioz, der über das Ereignis im Pariser »Journal des Débats« schreibt. Und offenbar entgeht ihr auch die Anwesenheit des aus London angereisten Pianisten Ignaz Moscheles, der seiner Gattin ausführlich von den Ereignissen berichtet. Erst gar nicht erschienen ist Beethovens einstiger Famulus und späterer Biograph Anton Schindler. Als selbsternannter Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter seines Meisters fühlt er sich in die Vorbereitungen zu wenig eingebunden ; publizistisch schießt er daraufhin gegen das Projekt aus vollen Rohren. Damit nicht genug : Die Direktion der NieAbb. 22 Heinrich Joseph Schneeberger, Ansicht derrheinischen Musikfeste empört der Einweihungsfeier des Bonner BeethovenDenkmals, farbiges Klebebild, um 1845 sich ihrerseits über die führende Rolle Liszts, der ursprünglich das zentrale Konzert mit Beethovens »Neunter« und der »Missa solemnis« in einem eigens dafür errichteten Holzbau hatte dirigieren wollen. Die Herren weigern sich, den Bonnern das Aufführungsmaterial zu leihen. Liszt tritt daraufhin zurück. (Die Partituren beider Werke mauert man in den Sockel des Denkmals ein.) Als Klaviervirtuosen können die Bonner Liszt immerhin in dem zweiten Festkonzert erleben, wo er – wie schon in Paris – das Fünfte Klavierkonzert spielt. Für das Dirigat der »Neunten« und der »Missa solemnis« gewinnt man statt seiner Louis Spohr, der ironischerweise mit Beethovens späten Werken laut eigener Bekundung nur wenig anfangen kann und von Schindler oben44

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drein beschuldigt wird, sich mit der Messe überhaupt erst auf der Reise nach Bonn vertraut gemacht zu haben. Entsprechende Kritik wäre an Robert Schumann zu Recht abgeprallt. Der bewundert den Meister seit jungen Jahren als »Jean Paul der Musik« und kennt sich auch in Beethovens Spätwerk aus. Seinen ersten bedeutenden Artikel zugunsten des Beethoven-Denkmals mit dem Titel »Monument für Beethoven« lässt er 1836 in seiner »Neuen Zeitschrift für Musik« erscheinen. Die Anfangsworte des Essays lauten : »Das Mausoleum zukünftigen Andenkens steht schon leibhaftig vor mir – ein leidlich hoher Quader, eine Lyra darauf mit Geburtsund Sterbejahr, darüber der Himmel und daneben einige Bäume.« Das klingt prosaischer als das, was später tatsächlich den Bonner Münsterplatz zieren wird (Abb. 23). Umso poetischer ist die Sonate, die Schumann als op. 12 unter dem Titel »Obolen auf Beethoven’s Monument« zugunsten des Denkmals zu veröffentlichen gedenkt – mit den Sätzen »Ruinen«, »Trophäen« und »Palmen«. Als kein Verleger anbeißt, arbeitet Schumann das Werk zur Klavierfantasie in C-Dur op. 17 aus. Deren erster Satz ist als allmähliche Enthüllung seines eigenen, inneren Beethoven-Denkmals zu verstehen : Das musikalische Motiv zu den Worten »Nimm sie hin denn, dieser Lieder« aus Beethovens Liederzyklus »An die ferne Geliebte« op. 98 erscheint zunächst so verhüllt, dass seine Identität nur zu erahnen ist : Erst gegen Ende des Satzes wird es in seiner originalen Gestalt hörbar. Das Motto der Fantasie ist inzwischen nicht nur als eine Hommage à Beethoven, sondern auch als eine solche à Clara gedacht, nämlich im Sinne einer »tiefen Klage« um die damals noch hart umkämpfte Braut (Briefwechsel Clara und Robert Schumann, 126). Eine in Hochstimmung geplante Reise zur realen Enthüllung des Beethoven-Denkmals muss der Dresdner Schumann einige Jahre später in letzter Minute absagen. Im Tagebuch heißt es : »Neigung zu Schwindel. Angst u. Unruhe namentlich in Händen und Füßen – Kollern in den Gliedern – nicht viel Appetit – Puls schwach, leicht erregbar« (Schumann Tagebücher, 396). Später, als Patient der Endenicher Heilanstalt, wird Schumann sich von seinem Pfleger gern ins Bonner Zentrum führen lassen und bei dieser Gelegenheit das Beethoven-Denkmal bewundern. Widmungsträger von Schumanns Klavierfantasie op. 17 ist – wohl nicht von ungefähr – Franz Liszt. Dieser komponiert für das schon erwähnte »Künstlerkonzert« vom 13. August auf Worte des Jenaer Vielschreibers Bernhard Wolff eine »Fest-Cantate«, die mit textlichem und kompositorischem Bombast nicht spart : »Was versammelt hier die Menge ? Welch Geschäft rief euch herbei ?«, raunen die Chorsänger zu Anfang, um mit dem mehrfachen Ausruf »Heil Beethoven« im dreifachen Forte zu enden. Zuvor sind zur Musik des »AnBeethoven-Denkmal

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Abb. 23–25 Ernst Julius Hähnel, Sockelreliefs

des Beethoven-Denkmals : Allegorien der »Phantasie« (o. l.), der »geistlichen Musik« (o. r.), der »dramatischen Musik« (l.), Historische Fotographien

dante cantabile« aus Beethovens »Erzherzogtrio« op. 97 – nunmehr unter der Vortragsbezeichnung »Andante religioso« – die Worte erklungen : »Er, den keine Nacht umfing, den nicht irrt des Alltags Spott ; er, der demantfeste Ring, der die Menschheit eint mit Gott ; er, dem Gott die Stirne krönet, ist’s, der das Geschick versöhnet ; er verleiht der Spanne Zeit Abglanz hellster Ewigkeit.« 46

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Ignaz Moscheles attestiert dem Werk, das danach in der Versenkung verschwinden wird, zwar packende Momente, findet es jedoch »im Ganzen bruchstückartig« (Moscheles 1873, 142). Gleichwohl lässt Liszt sein Opus zum Unmut der Hörer postwendend wiederholen, um den verspätet eingetroffenen Majestäten, unter ihnen das preußische Königspaar, den Genuss des vollständigen Festkonzerts nicht vorzuenthalten. Anschließend darf der – freilich durchaus gebildete – König höchstselbst diejenigen Stücke aus dem Programm wählen, die er zu hören wünscht. »Als der Hof fort war« – so Moscheles leicht sarkastisch, »wurden noch einige Stücke gemacht, andere weggelassen !« (ebd.). Nicht aufgeführt wurde im Rahmen der Feierlichkeiten die »Eroica« : Sie beherrscht jedoch einen der am Denkmalsockel angebrachten Friese, nämlich den »Eine Symphonie« genannten. Bemerkenswert ist die Detailfreude, mit der ein Zeitgenosse die vier Sätze der »Eroica« anhand des Frieses beschrieb (Lindenroth 1992) – ein wenig ausschmückend und ohne alle Angst vor programmatischen Zuordnungen :

Abb. 26 Ernst Julius Hähnel, »Allegorie der Sinfonie«, Sockelrelief des Beethoven-Denkmals, Historische Fotographie

Beethoven-Denkmal

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»Links oben ein Putten-Genius mit dem Schwert, Sinnbild des 1. Satzes (Allegro con brio). Es ist aber nicht das Kriegsschwert Napoleons, den Beethoven erst als Befreier verehrte, später aber als Tyrannen verachtete, sondern das Schwert des Geistes, das trennt zwischen Macht und Menschlichkeit. – Links unten der 2. Satz (Trauermarsch). Ein Knabe wendet die Lebensfackel abwärts, eine Schlange umschlingt seinen Arm mit tödlichem Biß. – Rechts oben der 3. Satz, Scherzo. Trauer überwindende Heiterkeit, der lächelnde Genius hält in der einen Hand die Kastagnetten, in der anderen schwingt er den dionysischen Thyrsos-Stab mit dem Pinienapfel, Symbol der Fruchtbarkeit und entzückten Lebensfreude. – Rechts unten der 4. Satz, Allegro molto. Der Genius schwingt einen Triangel, Sinnbild klingender Heiterkeit und gelösten Jubels.«   M. G.

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Moritz von Schwind Eine Symphonie 1852 Bayerische Staatsgemäldesammlungen Neue Pinakothek, München

Eine Symphonie

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Abb. 27 Moritz von Schwind, Eine Symphonie, 1852, Öl auf Leinwand, München, Neue Pinakothek

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s ist leicht, Moritz von Schwind als einen harmlosen, konservativen Biedermeierkünstler abzubuchen. Seine Märchenillustrationen können das nahelegen, seine Bemerkungen zur Revolution von 1848  – er wünschte sich, die Beteiligten an Laternenpfählen aufgehängt zu sehen  – lassen an seinen politischen Überzeugungen keinen Zweifel. Und dennoch : Es gibt konservative Künstler, deren Kunst eine ausgeprägt fortschrittliche Dimension aufweisen kann. Seine »Symphonie« kann davon Zeugnis ablegen. Sie weist eine arabeske Struktur auf. Allerdings muss man sich klar machen, was für einen Begriff von Arabeske Schwind vertritt. Es ist weniger der frühromantische Begriff von Friedrich Schlegel, den dieser in seinem »Brief über den Roman« aus den »Gesprächen über die Poesie« (1800) oder in seinen Fragmenten entwickelt hat. Wenn Schlegel die Arabeske als poetischen, im Chaos wurzelnden Wildwuchs bezeichnet, sie mehr oder weniger mit Begriffen wie Reflexion, Ironie, Witz, Fantasie oder selbst Liebe gleichzusetzen vermag und sie zugleich zum einzig möglichen Strukturprinzip der Kunst in der Gegenwart erklärt, dann war dies einerseits Schwind zu unbestimmt, andererseits zu allumfassend. Aber er folgte auch nicht Goethes Arabeskenbegriff, der die Arabeske zum bloßen, eher randständigen Ornament erklärt, das die eigentliche Sache allenfalls begleiten und ausschmücken kann. Das war Schwind zu wenig. Und wie so oft in seiner Kunst und Kunstauffassung wählte er einen Mittelweg. Er studierte sorgfältig Philipp Otto Runges arabesken »Tageszeiten«-Zyklus und eignete sich die dort entwickelten, die Gesamtstruktur einer Darstellung bestimmenden Strukturmerkmale an (Abb. 28). Die Arabeske in dieser Tradition bindet mit den Mitteln der organisch aufwachsenden Formen die fragmentarischen Gegenwartserfahrungen zusammen. Sie hat auf der Darstellung Runges einen Ursprungspunkt auf dem unteren Drittel der senkrechten Symmetrieachse, wächst von da zu beiden Seiten auf, um sich oben in einer Synthese wieder zu vereinigen. Was, auch für Schwind, zur Folge hat, dass die Arabeske von unten nach oben zu lesen ist, getreu der Vorstellung vom Samen in der Erde, dem Aufwachsen der Pflanze, um zur Blüte zu gelangen. Diese Strukturprinzipien verband Schwind mit dem Wanddekorationssystem, wie es sich in der Pompejanischen Wandmalerei findet, beziehungsweise dem Stil der römischen Katakomben und den davon abgeleiteten Raffaelischen Wanddekorationen, vor allem in den Loggien des Vatikan. Das war für Schwind nicht unwichtig, denn auch die verbreitete zeitgenössische Arabeskenillustrationskunst war ihm zu unverbindlich. Letztlich blieb die Arabeske für ihn ein auf die Wanddekoration beschränktes Darstellungsverfahren, sie ist nicht ein allgemeines Kunstprinzip. Die »Symphonie«, die im Gemälde ausgeführt wurde, erscheint nur deswegen in diesem Medium, weil sich die Möglichkeit, sie als Eine Symphonie

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Teil eines umfassenden Programms zur Ausstattung eines Musikzimmers mit Wandbildern zu nutzen, nicht hatte verwirklichen lassen. Um Schwinds mittlere Position als einen Kompromiss zwischen zwei konträren Auffassungen der Kunst wirklich begreifen zu können, ist es nötig, sich andeutungsweise seinen auf die historischen Verhältnisse reagierenden Kunstbegriff deutlich zu machen. Einerseits war Schwind einem klassischen Kunstbegriff verbunden, der eine linienbasierte Ideenkunst vertritt. Die Idee verwirklicht sich bereits im zeichnerischen Entwurf, die farbige Fassung ist bloßes Akzidenz. Schwind ging so weit zu behaupten, diese Umsetzung des fertigen Entwurfs könne im Notfall auch jemand anders ausführen. Zudem zielte er mit anspruchsvollen Entwürfen, die auf eine Umsetzung im Wandbild angelegt sind, auf höchsten Adel, Staat und Kirche. Dabei musste Schwind schmerzlich erfahren, dass auch von dieser Seite Kunstförderung alles andere als problemlos vonstattenging : Programmentwürfe wurden reduziert, verändert oder

Abb. 28 Philipp Otto Runge,

Der Tag (2. Auflage), 1807, Radierung und Kupferstich, Hamburger Kunsthalle

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verschleppt, die Bezahlung war ernüchternd, die geforderte Thematik ging an seinen eigenen Wünschen vorbei. Und so begann Schwind früh für sich selbst einen privaten Bereich der Kunst auszusondern, stand der Öffentlichkeit zeit seines Lebens höchst skeptisch gegenüber. Bald nach Vollendung der Gemäldefassung der »Symphonie« begann Schwind systematisch kleine Bilder in Serie zu malen, ließ nur Freunde diese zum eigenen Vergnügen gemalten Bilder sehen. Bis 1862 hatte er vierzig davon gemalt. Er nannte sie »Reisebilder« oder »lyrische Bilder«. Der Begriff der »Reisebilder« scheint auf die eigene Lebensreise anzuspielen. Verfolgt man seine vielfältigen Bemerkungen zur »Symphonie« zwischen 1846 und 1852, so wird die im Grunde nicht wirklich aufhebbare Spannung zwischen privater Auffassung und öffentlichen Anforderungen überdeutlich. Den Entwurf der Gesamtfiguration von 1849 hielt er einerseits unter Verschluss, wollte ihn nur Freunde sehen lassen und nicht ausstellen, andererseits schickte er ihn nach Weimar und hoffte, ihn über den Großherzog, mit dem er in Verhandlungen über die Wartburgfresken stand, an ein fürstliches Haus vermitteln zu können, besonders setzte er auf das englische Königshaus. Spät, nachdem er die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, erhielt er von König Otto von Griechenland, dem Sohn König Ludwigs I. von Bayern, den Auftrag zu einer Gemäldefassung im Format der Entwurfszeichnung. Letztlich war dies für Schwind enttäuschend, hatte er sich doch ein Musikzimmer gewünscht mit großen Bildern an allen vier Wänden, Beethoven, Mozart und zweimal Haydn gewidmet. Und schon 1850 schrieb er an einen Freund, wenn die englische königliche Familie ihm den Auftrag zur Umsetzung des Beethoven-Entwurfes zukommen ließe, dann wäre er schon zufrieden, wenn er die Komposition in einem kleinen Saal im Vergleich zum Entwurf in doppelter Größe malen könnte. Der Entwurf maß 1,60 m in der Höhe und 90 cm in der Breite, das Wandbild hätte damit ein Format von 3,20 × 1,80 m gehabt. Dennoch : Man kann es auch anders sehen. Denn die vier Innenbilder, die die eigentliche Geschichte erzählen und der klassischen Satzabfolge einer Sinfonie folgen, sind letztlich nichts anderes als Reisebilder : privat, eigentlich auf ein kleines, intimes Format angewiesen und nur für Eingeweihte zu lesen. Ein klares Thema lässt sich auf den ersten Blick nicht ausmachen, umgeben sind die vier übereinander angeordneten Bilder von einem Gespinst in Grisaille gemalter Arabesken und pompejanischer Dekorationsfelder ; ihr Realitätscharakter lässt sich nicht wirklich bestimmen. Gelegentlich erinnern die Rahmungen an Wandteppiche oder aufgehängte Bilderstreifen, an Marmorreliefs oder Blumengirlanden. Die vier Bildfelder sind im Wortsinn in ornamentalen Rahmungen aufgehoben. Das heißt, die Individualität der vier intimen Szenen Eine Symphonie

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wird in einen Interpretationszusammenhang gestellt, der das Individuelle ins Allgemeine transferieren soll. Schwinds »Symphonie« hatte eine lange Vor- und eine längere Entstehungsgeschichte. Zeit seines Lebens hatte Schwind von der Gestaltung eines Schubert-Zimmers geträumt. Einiges von seinen Gedanken ist spät in die Gestaltung der Schubert gewidmeten Lünetten des Foyers der Wiener Staatsoper geflossen (1865–1867). In dem Zimmer sollten Schubertsche Lieder gesungen werden, was von vornherein auf den synästhetischen Charakter der Schwindschen Entwürfe hinweist. Neben dem ausgeführten Beethoven-Bild existiert für das später geplante weitere Musikzimmer ein Aquarellentwurf für ein ähnlich aufgebautes Mozart-Bild zur »Zauberflöte« (Abb. 29). Von den beiden Haydn-Bildern, die die restlichen Wände schmücken sollten, wissen wir nur die Haydnschen Werktitel : die »Vier Jahreszeiten« und die »Schöpfung«. Ab 1846 dachte Schwind an das Beethoven-Bild, nannte es eine »moderne Novelle«, die in vier Registern sich von unten nach oben entfalten sollte, und zwar im Modus einer sinfonischen Satzabfolge, die er mit »Symphonie – Andante – Scherzo – Allegro« bezeichnete. Es handelt sich um die Liebesgeschichte der von Schwind bewunderten Münchner Hofsängerin Karoline Hetzenecker. Man hat diesen Bezug in Frage stellen wollen. Die Darstellung habe doch allgemeinen Anspruch. Das ist richtig und falsch zugleich. Schwind, der mit der Sängerin befreundet war, hat sie vielfach verewigt : 1848 in einem Huldigungsblatt, 1849 in einem offiziellen Porträt, im selben Jahr, als bekannt wurde, dass sie heiraten würde, in einer allegorischen Szene mit dem Titel »Hymen entzieht die Sängerin Karoline Hetzenecker der Bühne«, ferner in einer ganzen Reihe von Rollenporträts. Die Trauer über ihren zu erwartenden Weggang war groß. Dass Schwind sie im Beethoven-Bild im unteren Register als Sängerin eines Solos auftreten lässt, das in Beethovens »Chorfantasie« op. 80, das der Darstellung zugrunde liegt, gar nicht vorgesehen ist, vor allem aber dass sie in der obersten Szene nach der Hochzeit ihr neues ländliches Domizil erblickt, scheint allein auf Karoline Hetzenecker zu beziehen zu sein. Denn sie heiratete einen Landrat und Gutsbesitzer, der sie, wie Schwind in einem Brief schreibt, in eine kleine Stadt entführen werde und »uns mit Gefühlen und Entzückungen« sitzen lasse. Im untersten Register führt ein privat zusammengestelltes Orchester, das Schwind idealiter mit Freunden besetzt, die Beethovensche »Chorfantasie« auf. Der längst verstorbene Schubert ist dabei, Schwind selbst blättert die Noten der Pianistin Maximiliane von Blittersdorf, geb. von Brentano, um, der Beethoven seine E-dur Sonate gewidmet hatte. Dirigent ist Schwinds Freund, der Kapellmeister Franz Lachner. Die Büste Beethovens ist über dem Orches54

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Abb. 29 Moritz von Schwind, unvollendeter Entwurf zu Mozarts »Zauberflöte«, um 1852, Aquarell über Bleistift, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett

Eine Symphonie

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ter in einer Nische auf der Mittelachse des Bildes angeordnet. Damit ist sie nach den Strukturprinzipien der Arabeske der Ursprungspunkt für alles weitere. Karoline Hetzenecker hat sich erhoben und wartet auf ihren Einsatz. Ein junger Mann, rechts im Orchester stehend, ist aufmerksam geworden und verliebt sich auf der Stelle. Die zweite Szene, das Andante, zeigt die Begegnung im Wald ohne eigentliche Annäherung. Am jungen Mann im Schatten eines Baumes zieht seine Angebetete, begleitet von einer Anstandsdame, gemessenen Schrittes vorbei. Schwind spielt in dieser Szene auf ein Ereignis im Leben seines Freundes, des Malers Josef Binder an. Die dritte Szene bringt das Scherzo : Ein Maskenball gibt dem jungen Mann die Chance, ihr seine Liebe zu erklären. Im Allegro, der vierten Szene, geht es beschwingt dem neuen Heim des Paares auf dem Lande entgegen. In das arabeske, rahmende Geflecht sind Szenen und Figuren eingelassen, die das Geschehen kommentieren und verallgemeinern. Am ausführlichsten ist die Begegnung ohne Annäherung mit Motiven eingefasst, hier entfaltet sich ein ganzer Naturkosmos, bei dem sich Klassisches und Zeitgenössisches auf durchaus irritierende Weise mischen. Schwind spricht von dem einen als »nackten Sachen«, dem anderen als »modernen Sachen«. In der Lünette über dem Innenbild wird die Entführung des Ganymed durch den Adler des Zeus dargestellt. Für Schwind bezeichnete dieses Bildfeld das Zentrum des Ganzen. Er sieht in Goethes Tradition den Ganymed als »Sinnbild des erwachenden Frühlings«, die Liebe ist auf dem besten Wege. Schwind hat das Programm des Ganzen mehrfach ausführlich dargelegt. Doch wie ist das Verhältnis der Szenen zur naturwüchsigen Arabeske und vor allem zu Beethovens »Chorfantasie« zu denken ? Irritiert hat immer, was Schwind durchaus bewusst war, dass die »Chorfantasie« ein fortlaufendes Musikstück und mitnichten nach der klassischen Satzfolge gegliedert ist. Es beginnt kammermusikalisch, steigert sich über viele nur flüchtig angerissene Variationen immer mehr, um in großes Orchester und vor allem Chor zu münden. Die dialektische Aufhebung der sinfonischen Struktur von Schwinds Bild erfolgt durch die frei agierende Fantasie der Arabeske, die nun durchaus im Sinn der frühromantischen Arabeske eine Reflexion über die Möglichkeiten der Kunst darstellt. Subkutan hat auch Beethoven seinem fortlaufenden Stück sinfonische Züge eingeschrieben : So folgt im Mittelteil auf das Andantemotiv ein Scherzoverweis. Beide, Schwind wie Beethoven, scheinen die Fragwürdigkeit der gegenwärtigen Verhältnisse zu realisieren, erfahren ihre Ordnungslosigkeit und Fragmenthaftigkeit und versuchen in ihrer Kunst darauf zu antworten. Offenbar hat Schwind auch den von Christoph Kuffner stammenden Text der Singstimmen von Beethovens »Chorfantasie« zur Kenntnis genommen. 56

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Abb. 30 Moritz von Schwind, Eine Symphonie, Detail : unteres Register

Es ist dort die Rede vom Schönheitssinn, bewirkt durch musikalische Harmonien, dem sich ewig blühende Blumen »entschwingen«. Schroffes, Feindliches »ordnet sich zu Hochgefühl« – die Funktion der Arabeske scheint angesprochen. Wenn E. T. A. Hoffmann im Zusammenhang mit Beethoven von musikalischen »Verschlingungen« spricht und im »Kater Murr« das Werk des Kapellmeisters Kreisler von »melismatischen Schnörkeln« durchzogen sieht, dann ruft auch er den Begriff der Arabeske auf. In einer berühmten Rezension von 1812 zu Beethovens »Chorfantasie«, die man lange E. T. A. Hoffmann zugeschrieben hat, wird mit der Struktur der Arabeske argumentiert, wenn davon die Rede ist, dass sich aus anfänglichem Chaos in mächtigem »Emporstreben aus dem unendlichen Meer der Harmonien« das Ganze zur höchsten Klarheit bildet. Aus dem Unartikulierten wird das Artikulierte. Damit ist auch der künstlerische Prozess gemeint, der das bloße Material gestaltet, aus dem Ungeformten die Form entstehen lässt. W. B.

Das Design von Schwinds »Eine Symphonie« lässt den Musikologen fragen : Weshalb hat sich der Maler Beethovens »Chorfantasie« op. 80 zum Vorwurf gewählt, wo er doch seine vierstufige Bildfolge – erklärtermaßen – dem vierteiligen »Bau eines Quartettes oder einer Sinfonie oder Sonate oder Fantasie« Eine Symphonie

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nachgebildet hat ? Schwind erläutert solches expressis verbis : Bei dem ersten Stück könne  – pars pro toto  – »Quartett oder S[ymphonie]« stehen, »beim zweiten : Andante oder Adagio, beim dritten : Scherzo und beim letzten : Allegro = Presto«. Die genannten Satzbezeichnungen passen jedoch in keiner Weise zum Verlauf der »Chorfantasie« op. 80  – was der Maler seinem Briefpartner Konrad Jahn auch im gleichen Atemzug eingesteht : Der Freund werde zu seinem »nicht geringen Erstaunen« bemerken, dass Beethovens »Chorfantasie« ja »gar nicht in vier Stücke geteilt ist, sondern in einem Atem fortgeht« (Schwind 1924, 261). Dessen ungeachtet notierte Schwind den Titel speziell dieses Werks auf den Noten der Sängerin vorne im linken Chorteil. Das hinderte ihn jedoch nicht, dem Bildhauer Ernst Rietschel im Juli 1850 zu schreiben : »Überdrüssig der in dem Arabeskenwesen einreißenden Willkühr und Formlosigkeit, andererseits von der Nothwendigkeit der aus mehreren Bildern bestehenden Zusammenstellungen, namentlich für Darstellungen aus unserer ereignislosen Mitzeit fest überzeugt, habe ich nach der in der Musik zur höchsten Entwicklung gelangten Form der 4 Stücke gegriffen, aus denen Quartett, Sonate oder Simphonie bestehen« (Thöne 1961, 270). Schwind hat keine Probleme mit diesem konzeptionellen Widerspruch : Von vornherein führt sein Projekt  – unter ausdrücklicher Berufung auf die traditionelle Viersätzigkeit entsprechender musikalischer Formen – den Titel »Eine Symphonie« ; und von Anbeginn denkt der Maler bei der Ausführung konkret an die »Chorfantasie«, die Beethoven fernab der traditionellen Viersätzigkeit komponiert hat. Belassen wir es bei dem vorläufigen Fazit : Auf der einen Seite findet der Maler Halt in einem Bildaufbau, der einem viersätzigen Instrumentalwerk nachempfunden ist. Wie wichtig ihm dieser Halt ist, sieht man an einer Vorstudie : Sie ist als »Sinfonie Nr. 3« bezeichnet, hat also offensichtlich nicht Beethovens »Chorfantasie« im Blick, eher schon die »Eroica« (Gottdang 2006, 100 f.), nimmt jedoch in der Aufteilung der einzelnen Bildfelder das spätere Gemälde vorweg. Auf der anderen Seite inspiriert Schwind speziell Beethovens »Chorfantasie« – also nicht etwa eine beliebige Sinfonie – zu einer Szenenfolge, die er selbst mit einer »modernen Novelle« vergleicht (Schwind 1924, 200). Dass gerade in Beethovens »Chorfantasie« die performativen, d. h. handlungs- und aufführungsorientierten Züge deutlich hervortreten, liest Schwind nicht etwa in die Musik hinein, hört es vielmehr zu Recht aus ihr heraus. Von allen im weiten Sinne sinfonischen Werken Beethovens spiegelt nämlich gerade dieses Werk entsprechende Züge am deutlichsten. Das betrifft nicht nur den im Jahr 1808 noch ungewöhnlichen Sachverhalt, dass im letzten Teil einer sinfonischen Komposition Chor und Solisten zu einem wirkungsvollen Auf58

V   Moritz von Schwind

tritt erscheinen, um – darin dem Arrangement der »Neunten« vergleichbar – die Durchschlagskraft der ideellen Botschaft zu steigern. Vielmehr ist das ganze Werk als eine Kette von »Auftritten« konzipiert. Es beginnt mit einem ›spontanen‹ Solo-Auftritt des Pianisten, dessen Part in der Uraufführung noch nicht ausgeschrieben war, also von Beethoven tatsächlich improvisiert wurde. Am Ende seines Solovortrags soll der Pianist – so fordert es die als Direktionspart eingerichtete Klavierstimme – dem Orchester oder dem Dirigenten das »Zeichen« zum Auftritt geben. Daraufhin beginnen die Musiker zu spielen – zunächst einstimmig und mit größter Zurückhaltung. Es folgt ein ›Auftritt‹ von Hörnern und Oboen : Sie begleiten den Pianisten zu einem zunächst wortlosen »Lied«, das sodann in verschiedenen Modi variiert wird. Bei der letzten Variation, einem Marsch, kann der Hörer aufgrund der entsprechenden Kompositionsweise den Eindruck gewinnen, das Orchester verlasse die Bühne auf dem gleichen Weg, auf dem es ihn anfänglich auf das Zeichen des Pianisten hin betreten hatte. Dieser ist jetzt für einige Augenblicke gleichsam ›allein auf der Bühne‹, um sodann – wiederum gemäß eines Hinweises im Direktionspart – den auf ihren Auftritt wartenden Sängerinnen und Sängern ein »Zeichen« zu geben. Diese intonieren daraufhin zu den Versen des Beethoven-Freundes Christoph Kuffner – »Schmeichelnd hold und lieblich klingen unsers Lebens Harmonien …« – einen Gesang, der zum Höhepunkt der tendenziell als ein einziges großes Crescendo aufgebauten Komposition führt. – Es mag Zufall sein oder nicht : Ihrem performativen Charakter entsprechend erlebte Beethovens »Chorfantasie« ihre erste Aufführung ausgerechnet auf einer realen Theaterbühne, nämlich derjenigen des Theaters an der Wien. Er ist gut denkbar, dass bereits der junge Schwind eine Aufführung der »Chorfantasie« erlebt hat, zwar nicht im Theater an der Wien, jedoch im Landständischen Saal in der Wiener Herrengasse, wo am 28. April 1822 eine von der Forschung bisher unerwähnte Aufführung im Rahmen eines Abonnement-Konzerts Johann Sedlatzeks stattfand (vgl. Allgemeine musikalische Zeitung, mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat, Jg. 6, 1822, 304). Um die Unkosten für seine Privatkonzerte mit bunt gemischten Programmen gering zu halten, dürfte sich der Wiener Flötist mit einem kleinen Laienchor begnügt haben. Dass Schwinds möglicherweise frühe Begeisterung für Beethovens »Chorfantasie« auf eine Mitwirkung an diesem Laienchor zurückgehen könnte, ist zwar nur Hypothese. Diese wird jedoch dadurch gestützt, dass Sedlatzek damals mit Franz Schubert zusammenarbeitete und dessen Musik in seinen Abonnementskonzerten aufführte – so auch im Jahr 1821. Just in diesem Jahr ließ sich Schwind in den Schubert-Kreis einführen und damit auch zum ständigen Mitglied der stadtbekannten »Schubertiaden« küEine Symphonie

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ren, in denen er sich nicht nur durch organisatorische Tätigkeiten, sondern auch als Sänger und Laienschauspieler hervortat – letzteres beispielsweise in der Rolle des Arlequin (Deutsch 1964, 386 und 333). Der junge Maler schwelgte damals in Kunstgenüssen, illustrierte auch Ausgaben der Kompositionen Schuberts, mit dem er engen freundschaftlichen Verkehr pflegte. Es ist mehr als denkbar, dass er ein frühes Erlebnis von Beethovens »Chorfantasie« mit seiner Erinnerung an die Schubertiaden verband, als er sich Jahrzehnte später mit dem Projekt »Eine Symphonie« beschäftigte – gerade so, als wolle er ein Gegenbild zu dem aus fortschrittlichem Geist geschaffenen Danhauser-Bild (vgl. Kap. III ) schaffen, das ihm vielleicht bekannt war. Jedenfalls war seine »Symphonie« nicht frei von nostalgischen Emotionen : Als Gegner der bürgerlichen Revolution von 1848/49, die in ihm »Zorn und Beschämung« auslöste (Schwind, Briefe, 247), sehnte sich Schwind weg von der »Handlungslosigkeit« und den »weltbeglückenden Ideen der Neuzeit«, wollte sich stattdessen »in Ideen früherer hoffnungsvollerer Tage versetzen« (ebd., 253, 246, 245). Darin traf er sich posthum mit seinem Freund Schubert, der schon 1824, also in den Tagen der gemeinsamen Freundschaft, in einem Tagebuch notiert hatte : »Freylich ists nicht mehr jene glückliche Zeit, in der uns jeder Gegenstand mit einer jugendlichen Glorie umgeben scheint, sondern jenes fatale Erkennen einer miserablen Wirklichkeit, die ich mir durch meine Phantasie […] so viel als möglich zu verschönern suche« (Deutsch, 250). Man erinnert sich auch an Schuberts allegorische Erzählung »Mein Traum« vom Juli 1822, deren gefühlsselige Sprache den Schubert-Forscher Otto Erich Deutsch an Schwinds Jugendbriefe erinnerte (ebd., 159). In nostalgischer Schwärmerei hat Schwind noch Jahrzehnte später, nämlich 1868, eine Schubertiade beim Freund Anton von Spaun im Bild festgehalten (Abb. 31) – jedoch sicherlich nicht ohne ironische Brechung. Nicht nur in

Abb. 31 Moritz von Schwind, Schubertiade bei Spaun. Sepia-Zeichnung von 1868, Historisches Museum der Stadt Wien

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V   Moritz von Schwind

dieser Sepia-Zeichnung, sondern auch in seiner »Symphonie« setzte Schwind im Gedenken an diese Zeit, wie er Jahn brieflich mitteilte, »zu den einzelnen Instrumenten, namentlich Flöte, Oboe und Fagott, die rechten Leute«, »nämlich solche, für welche die Partie [damals] geschrieben sein könnte«. So erkennt man auf dem Gemälde unter anderem den Kopf von Schubert sowie Porträts seiner »Hauptverehrer« : des Dichters Grillparzer, des Sängers Vogl und des späteren Hofrats Spaun. Den Dirigenten gibt Franz Lachner, der seinerzeit gleichfalls dem Schubert-Freundeskreis angehörte und danach Schwind lebenslang verbunden blieb. Am Klavier sitzt mit Maximiliane von Brentano eine Dame aus Beethovens Freundeskreis, neben ihr – umblätternd – Schwind selbst. Dieser beschreibt die »Handlung« des unteren Gemäldeteils mit den Worten : »Zur Probe eines der anmutigsten Werke Beethovens ›Fantasie für Klavier, Orchester und Chor‹, dem einzigen, das in dieser Weise instrumentiert und dadurch im Bilde zu erkennen ist, hat sich die bunte musikalische Welt eines Badeorts in dem zur festlichen Aufführung geschmückten Theatersaal versammelt. Die Sängerin eines kleinen Solos erweckt bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit eines jungen Mannes« (Schwind, Briefe, 250). Während die ältere Schwind-Forschung meinte, in dieser Sängerin die von ihm verehrte Hofsängerin Karoline Hetzenecker erkennen zu dürfen, greift diese Vorstellung, obwohl sie sich auf Schwinds eigene Angaben stützen kann, nach einer neueren, singulären Auffassung »entschieden zu kurz« : Der Maler habe die Konzeption des Bildes längst zum Abschluss gebracht, bevor die Sängerin ihre von Schwind in seiner Bilderklärung ins Spiel gebrachten Heiratsabsichten bekannt gegeben habe ; das Bild stelle somit »eine beliebige Liebesgeschichte dar« (Gottdang 2004, 268). Wie dem auch sei – deutlich greift Schwind das Thema auf, welches Kuffners Gedicht und Beethovens Vertonung gleichermaßen bestimmt : Besungen wird die Liebe zweier Menschen, in weiterem Sinn der Zauber geglückter menschlicher Gemeinschaft. Solches war, wie Schwind intuitiv erkannt haben mag, Beethovens Lebensthema. Und dem Maler scheint es wichtiger gewesen zu sein, sich dieses Lebensthemas anzunehmen, als in seiner gemalten »Symphonie« den formalen Verlauf der Komposition korrekt abzubilden. Dass Schwind in einer weiteren Beschreibung seines Bildes von einem »Haustheater« und einem »zusammengerafften Orchester und eben solchem Chor« spricht (Schwind, Briefe, 254), rückt den Bildinhalt deutlich in die Nähe zu den von Schwind miterlebten und -gestalteten Schubertiaden. An diese sollen offensichtlich auch die von ihm ausdrücklich genannten Namen bestimmter Mitwirkender erinnern. Die Doppelung der Titelgebung erklärt sich vor diesem Hintergrund auf recht einfache Weise : Mit der Anspielung auf Beethovens »Chorfantasie« gibt sich Schwind realen lebensgeschichtlichen ErinEine Symphonie

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nerungen hin. Mit dem definitiven Titel »Eine Symphonie« hebt er die Bildidee auf eine allgemeinere und emphatischere Ebene, ohne doch den lebensgeschichtlichen Bezug preiszugeben. Denn natürlich wurde er im Kontext der »Schubertiaden« nicht nur  – hypothetisch  – mit Beethovens »Chorfantasie« bekannt ; vielmehr kam er beständig auch mit der Musik Schuberts in Verbindung  – speziell mit dessen Sinfonien. Jedenfalls interessierte ihn dessen sinfonisches Schaffen so merklich, dass er es in seinen Briefen mehrfach ins Spiel brachte und Franz von Schober etwa am 20. August 1824 mitteilte : »Schubert hat geschrieben […] So viel ich weiß, an einer Symphonie« (Deutsch 1964, 256). Ist Schwinds Gemälde somit »ein sehr privates und intimes Erinnerungsbild«, geradezu »ein Dokument der Abkehr von der Welt, die Beethoven der Musik [seit der »Eroica«] erschlossen hatte« ? Vielleicht wäre es dem Maler recht gewesen, so vervollständigt der Musikhistoriker Wilhelm Seidel diese seine Auffassung, wenn man seinem Bild Schuberts »kleine Symphonie in B-Dur aus dem Jahr 1816« hinterlegen würde (Seidel 1998, 32 f.). Anstatt mögliche biedermeierliche Aspekte des Bildes zu hervorzuheben, kann man »Eine Symphonie« freilich auch ganz anders deuten – namentlich vor dem Horizont der Beethoven-Rezeption des 19. Jahrhunderts. Zum einen verweigert sich Schwind dem Heroenkult, der um diese Zeit in Gestalt des Bonner Beethoven-Denkmals an Fahrt aufnimmt. Er verzichtet auf Mythologisches und Gedankenschweres, wie es seit Hähnels Bonn-Denkmal zum Standard wird. Stattdessen heißt es in seiner eigenen Bildbeschreibung : »Im Einklang mit dem Chor des Beethovenschen Musikstücks, der ein Lobgesang auf die Freuden des Naturgenusses ist, sind in der Umfassung [meiner Arbeit] Wald und Luft vorgestellt« (Schwind 1924, 250). Mit der Betonung der naturfrommen Momente in Beethovens Schaffen ist ein bleibender Zug sehr wohl getroffen. Überhaupt weilt Beethoven für Schwind virtuell noch unter den Irdischen : Zwar thront er auch auf dem Gemälde hoch über den Lebenden ; gleichwohl dürfte er mit Wohlwollen auf das Getümmel laienhaften Musizierens unter ihm blicken. In diesem Sinne ist Schwind einer der letzten Künstler, die Beethoven noch nicht aufs Podest stellen müssen, ihn vielmehr in den musikalischen ›Alltag‹ hineinnehmen dürfen. Zwar naht die Ära der Stardirigenten à la Hans von Bülow (s. S. 104 u. 118), die eine »Symphonie« nicht länger als einen »Lobgesang auf die Freuden der Natur« deuten wollen, sondern vor allem dem Titanismus frönen – dem des Komponisten und ihrem eigenen. Während jedoch Beethoven und seine Musik künftig in Kunsttempeln ausgestellt werden, begnügt sich Schwind noch mit einem profanen »Haustheater«, wenngleich dieses in einem Bildarrangement festge62

V   Moritz von Schwind

halten ist, das – in »milder Ironie« – einen der Kunst gewidmeten Hausaltar darstellen könnte, aber eben noch kein steinernes Denkmal ist (Busch 2013, 228). Zu bedenken ist ferner, dass das ersichtlich performative Moment in Beethovens »Chorfantasie« zugleich dem synästhetischen Erleben entgegenkommt, das die Romantiker zum Programm gemacht hatten : Schwind tat das Seine hinzu, indem er die Verbindung von Dichtung, Musik und Aktion auf einer Metaebene um ein weiteres Element bereicherte  – nämlich das der Malerei. Zu diesem Gedanken würde passen, dass er sein Werk letztendlich unter der Gattungsbezeichnung »Symphonie« (»Zusammenklang«) verortete. Diese Bezeichnung mag seiner Intention, die Idee des Gesamtkunstwerks zu feiern, eher entsprochen haben als diejenige der Fantasie, die dann lediglich an den nur biographisch interessanten Werkanlass erinnert hätte. Möglicherweise hat sich Schwind bei der Namengebung an einen Essay von Ludwig Tieck mit dem Titel »Symphonien« erinnert : Offenkundig integrierte der Dichter das Moment des Fantastischen in seine Vorstellungen von einer Sinfonie, wenn er schwärmte : »Diese Symphonien können ein so buntes, mannigfaltiges, verworrenes und schön entwickeltes Drama darstellen, wie es uns der Dichter nimmermehr geben kann ; denn sie enthüllen in rätselhafter Sprache das Rätselhafteste, sie hängen von keinen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit ab. […] Und dennoch schwimmen in den Tönen oft so individuell = anschauliche Bilder, so dass uns diese Kunst, möcht’ ich sagen, durch Augen und Ohr zu gleicher Zeit gefangen nimmt« (Wackenroder 1967, 255 f.). Damit sind wir zur Arabeske zurückgekehrt, die oben Werner Busch ins Zentrum seiner Reflexionen gerückt hat. M. G.

Eine Symphonie

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Albert Graefle Die Intimen bei Beethoven Nachstich von 1876  

Die Intimen bei Beethoven

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Abb. 32 Albert Graefle, Die Intimen bei Beethoven, Nachstich von 1876

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VI   Albert Graefle

W

er auch immer die intimen Freunde von Beethoven sein mögen – es hat sich bisher nicht wirklich klären lassen –, dass es sich um eine private Soirée handelt, ist offensichtlich. Beethoven spielt seinen Freunden am Klavier vor, und der Künstler der Darstellung legt alles darauf an, dass wir die Zuhörer in ausgeprägten Varianten als gänzlich von der Musik absorbiert erfahren. Ein wenig zu ostentativ erscheint dies schon. Das Zimmer ist reich möbliert : schwere geraffte Portieren vor dem Fenster, das Beethoven von hinten Licht gibt. Links ein Demi Lune-Wandtisch mit Vase, rechts ein Stuhl, auf dem wohl ein dicker Band mit Noten abgelegt ist, an den Stuhl gelehnt eine Zeichenmappe, ein Notenständer vor der gegliederten Flügeltür, die der Wandgliederung in Kompartimenten entspricht. Die vier Zuhörer, drei auf Sesseln, einer in der Fensterleibung stehend, nehmen untereinander keinen Kontakt auf. Musik ist nicht mehr als Divertimento verstanden, sondern zielt allein auf den Einzelnen, der sein individuelles Musikerlebnis hat. Auf einem Stuhl vor dem Klavier scheint Beethoven auf einem Bücherhaufen seinen Hut abgelegt zu haben – was dafür sprechen könnte, dass die Soirée nicht bei ihm zu Hause stattfand. Das Bild zeigt eine klare Gliederung : Beethoven erscheint genau auf der senkrechten Mittelachse. Die Büste des Apoll von Belvedere links hinter Beethoven markiert mit ihrem hohen Sockel die Linie des Goldenen Schnitts. Die Noten auf dem Notenpult des kleinen Klaviers rahmen exakt den Büstensockel. So sollen wir lesen : Apoll als der Gott der Musen hat Beethovens Werk inspiriert und unter seinen Schutz gestellt. Dass der schöne Apoll sein Musagetes ist, lässt Beethoven nicht zu einem dräuenden Jupiter werden. Er horcht seinem Spiel nach, und in der Tat denkt man nicht an Titanisch-Sinfonisches, sondern eher an die Aufführung einer Klaviersonate. Das Gemälde von Graefle scheint nicht erhalten, Reproduktionen existieren, besondere Verbreitung fand eine Heliogravüre, die bei Hanfstaengl in München im Format von 41 × 52 cm verlegt wurde. Diese Auffassung vom »milden« Beethoven scheint eher die Ausnahme in der Rezeptionsgeschichte zu sein. Das ist auch dem Charakter des Malers geschuldet, der lange in Paris im Atelier von Franz Xaver Winterhalter gearbeitet hat, sich in der Tradition von Winterhalter auf glatte, elegante, manchmal auch etwas süßliche Adelsporträts spezialisiert und damit in München ab 1852 großen Erfolg hatte. Dabei war es Graefles ursprüngliches Ziel gewesen, Historienmaler zu werden, hatte er doch an der Münchener Akademie bei Julius Schnorr von Carolsfeld und Peter Cornelius studiert. Zudem zielte er auf eine Italienreise, die nicht zustande kam. Der Stil Winterhalters blieb für ihn verpflichtend. Gegenüber den perfekten, porzellanhaften Wiedergaben insbesondere seiner weiblichen AdliDie Intimen bei Beethoven

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gen ist die Genreszene mit Beethoven gemäßigter und ein typischer Ausdruck einer eher bürgerlichen Kunstauffassung. W. B.

»Ludwig van Beethoven und die Intimen, dem Spiel desselben lauschend«  – so heißt die Bilderklärung, der Münchner Hanfstaengl-Kunstverlag 1876 einer Reproduktion des vermutlich kurz zuvor entstandenen, heute verschollenen Originalgemäldes beifügte. Ihr zufolge sollen die Lauschenden (von links nach rechts gesehen) so zu identifizieren sein : Beethovens Gehilfe und späterer Biograph Anton Schindler, der Komponist und Musiktheoretiker Maximilian Stadler, der Verleger Siegmund Anton Steiner sowie der Diplomat und Kunstmäzen Gottfried van Swieten. Andere Zuschreibungen nennen weitere Namen, was insofern unerheblich ist, als das Tableau, von den Lebensdaten genannten Personen her gesehen, ganz unrealistisch ist. So ist beispielsweise van Swieten, dem Beethoven seine Erste Sinfonie widmete, bereits im Jahr 1803 gestorben ; und der Abbé Stadler sollte vielleicht zweckmäßiger in einem seinem Priesterhabit ähnlichen Gewand abgebildet sein. Offenbar hat sich der Maler, der auch den Kopf Beethovens eher ›freihändig‹ wiedergibt, nur flüchtig nach einigen Personen erkundigt, die für einen ›gebildeten‹ Beethovenkreis stehen könnten, wobei er die Damen sträflich vernachlässigte, dafür aber den Apoll von Belvedere im Sinne eines charakteristischen Bildungsaccessoires in Szene setzte. Gleichwohl darf das Motiv in diesem Band keinesfalls fehlen, weil es keinen geniehaften, kämpferischen oder grüblerischen Beethoven zeigt, sondern die Musik selbst ins Zentrum rückt – dies jedoch – selten genug – in Empathie mit den Hörenden. Kein Zweifel, dass diese keinen donnernden Tonkaskaden lauschen, sondern eher dem »Adagio« aus einer späten Klaviersonate. Graefles Darstellung intimen häuslichen Musizierens richtet sich ersichtlich gegen einen ›vulgären‹ Typus von Privatkonzert, zu dem etwa die Gattin des reichen Hausherrn in ihren Salon bittet – in der Erwartung, dass die Gäste ihre neuesten Garderoben vorführen und genügend Zeit zur Unterhaltung finden. Schon E. T. A. Hoffmanns literarische Figur des Kapellmeisters Kreisler echauffierte sich über die vierteljährlichen Teegesellschaften beim Geheimen Rat Röderlein : Dort ist Musik bloßer Anlass für diverse Selbstdarstellungen aller Art. Ganz anders versteht sich die um 1855 von Johann Carl Arnold aquarellierte Szene »Quartettabend bei Bettina von Arnim« (Abb. 33). Deren Tochter Maxe berichtete aus den letzten Lebensjahren ihrer Mutter in Berlin :

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VI   Albert Graefle

»Ihr liebstes war die Musik, die ihr die treuen Freunde boten, die wohl wußten, welche Wohltat sie ihr hiermit erwiesen : [Josef] Joachim, der oft von Hannover herüberkam, [Albert Graf] Flemming mit seinem Cello, der hochbegabte Pianist Ernst Rudorff u. a. Zuweilen kam auch ein Quartett zustand. Dann saß die Mutter nahe der Tür in ihrem dunklen Zimmer und lauschte den Tönen im Saal, während ihre Gedanken um fünfzig Jahre zurückkehrten zu der Zeit, da sie Beethoven selbst nahe gestanden hatte.« Die oberhalb von Musikern und Hörern sichtbare Gipsplastik soll offenbar das Modell eines von der Gastgeberin entworfenen Goethe-Denkmals darstellen. M. G.

Abb. 33 Johann Carl Arnold, Quartettabend bei Bettina von Arnim, um 1855, Aquarell über Bleistift, auf Papier, Goethemuseum, Frankfurt am Main

Die Intimen bei Beethoven

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VII  

Kaspar Clemens von Zumbusch Beethoven-Denkmal 1880 Beethovenplatz, Wien

Beethoven-Denkmal

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Abb. 34 Kaspar Clemens von Zumbusch, Beethoven-Denkmal, 1880, Bronze,

Beethoven-Platz, Wien

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VII   Kaspar Clemens von Zumbusch

B

eethoven staatsoffiziell, gründerzeitlich, mit Zügen des sogenannten zweiten Barock, Kunst des Wiener Rings, die keiner so verkörperte wie Kaspar Clemens von Zumbusch. 1870, zum einhundertsten Geburtstag von Beethoven, fand in Wien eine große Beethoven-Feier statt. Im folgenden Jahr berief die Gesellschaft der Musikfreunde ein Denkmalkomitee. Es wurde eine Konkurrenz ausgeschrieben, und verschiedene Künstler wurden 1873 zur Teilnahme aufgefordert : Carl Kundmann, Anton Paul Wagner, Johannes Benk und Kaspar Clemens von Zumbusch, der eben seit 1873 an der Wiener Akademie unterrichtete. Das Entscheidungsgremium, zu dem die Akademie unter anderem auch die Künstler Anselm Feuerbach und Theophil Hansen abstellte und zu dem drei Mitglieder des Denkmalkomitees gehörten, vor allem deren Vorsitzender, Nicolaus Dumba, begutachtete die 1874 ausgestellten Entwürfe und entschied sich am 18. Februar 1874 einstimmig für Zumbusch. Die Umsetzung des Denkmalentwurfs ins fertige Bronzewerk dauerte bis 1880. Zumbusch arbeitete an dem insgesamt sieben Meter hohen Monument zusammen mit sechs Gehilfen. Die bronzene, zweieinhalb Meter hohe Sitzfigur Beethovens war zuerst fertig und wurde 1878 mit großem Erfolg auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Zumbusch erhielt für sein Werk eine Goldmedaille. In der Werkstatt von Carl Turbain wurden bis 1880 die Sockelfiguren gegossen. Der Kaiser besichtigte das Figurenensemble, bevor es zum Denkmal montiert wurde. Für das Monument wurde ein eigener Beethovenplatz mit Gartenanlage geschaffen. Die feierliche Enthüllung fand am 1. Mai 1880 vor einer gewaltigen Menschenmenge statt. Österreichische Fahnen umwehten den Platz. Das Gelände war zum Wien-Fluss hin offen, ursprünglich war das Denkmal der bebauten Längsseite des Platzes zugewandt. 1899 wurden nach Einwölbung des Flusses die Bronzeteile um 180  Grad gedreht, so dass Beethoven auf der Höhe des Schubertringes seitdem in Richtung der Lothringer Straße schaut. Die Kosten des Denkmals waren beträchtlich ; die 84 000 Gulden kamen vor allem durch Spenden und Konzerteinnahmen zusammen. Und als all dies nicht reichte, sprang, wie beim Bonner Beethoven-Denkmal, Franz Liszt ein und gab am 50. Todestag Beethovens, am 16. März 1877, noch einmal ein Konzert. Trotz der horrenden Eintrittspreise riss sich Wien darum. In seiner Einweihungsrede verkündete der Vorsitzende des Denkmalkomitees mit großem Pathos : »… die Kosten dieses Werkes mußten nicht erbettelt werden … nein ! Unter den Klängen unsterblicher Beethovenscher Musik strömte das Erz in die Form zu diesem Denkmal, das ein Wahrzeichen sein und bleiben soll der dankbaren Bewunderung unserer sang- und klangreichen Kaiserstadt für ihren großen Bürger von Beethoven.« So stellt das Denkmal ein Monument großbürgerlicher Kultur dar, von kaiserlicher Protektion getragen. Beethoven-Denkmal

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Die Parkanlagen des Wiener Rings sind besetzt mit Musiker-Denkmälern. Der noch eher bürgerlichen Auffassung des Schubert-Denkmals von Carl Kundmann von 1872 folgt das Pathos und der staatstragende Anspruch des Beethoven-Denkmals, um in das rokokohaft verspielte, fast schon jugendstilhafte Mozart-Denkmal Viktor Tilgners (Abb. 35), das ursprünglich auf dem Albertina-Platz stand, bevor es an den Burggraben umgesetzt wurde, in einer weniger pathetischen Auffassung zu münden. Zumbuschs Figur des auf einem Felsblock sitzenden Beethoven kommt ohne Attribute aus – es sei denn, man sieht bereits im Felsblock einen Verweis auf Beethovens Titanentum. Die Figur ist in Spannung gesetzt durch gegenläufige Bewegungen. Sie lebt vom Ausdruck. Der Kopf ist, leicht geneigt, wie so oft an Kleins Lebendmaske (s. Kap.  IV ), aber auch an anderen Beethovenporträts orientiert. Er ist von Lockenbergen umgeben, der Blick ist umdüstert und geht nach links zur Figur des gefesselten Prometheus am Sockel hinab. Die zusammengepressten Lippen mit den heruntergezogenen Mundwinkeln und die zusammengezogenen Brauen verstärken den Eindruck. Der Körper dagegen ist leicht in Gegenrichtung gedreht. Die rechte Hand ist auf das linke Knie ge-

Abb. 35 Viktor Tilgner,

Mozart-Denkmal, 1896, Marmor, Burggarten, Wien

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VII   Kaspar Clemens von Zumbusch

legt, so dass der ausgestreckte Arm nach rechts verweist. Bestätigend ist die linke Hand auf die rechte gelegt. Rechts aber am Sockel reckt Viktoria Beethoven den Siegeskranz entgegen. Beethoven sieht ihn nicht ; nur wir wissen, dass er Beethoven nach seinem Ableben für sein Kunstopfer gereicht wurde. So entspricht die kreuzförmige Anlage der Sitzfigur der Antithese der allegorischen Begleitfiguren. Zusammen machen sie das Programm des Denkmals aus : Beethovens schöpferisches Leiden für die Menschheit gibt diese durch die Verewigung zurück. Zugleich wird Beethovens Tätigkeit durch die geflügelte Viktoria als Kampf begriffen, dem das Ausdruckspathos entspricht ; ein Pathos, dem auch die zwischen 1860 und 1890 entstandene Ringstraßenarchitektur verpflichtet ist, die dem gründerzeitlichen Erfolgsstreben Ausdruck gibt. Die Antithese soll aber auch auf die Spannweite der Beethovenschen Musik zwischen »Eroica« und »Pastorale« verweisen. Diesem Aspekt sind die neun Putten an Vorder- und Rückseite verpflichtet. Man hat versucht, die Neunzahl der Putten auf Beethovens Sinfonien zu beziehen. Das scheint möglich, wenn auch die den Putten beigegebenen Attribute dies nicht gänzlich zwingend erscheinen lassen. Der Verweis auf »Eroica« und »Pastorale« ist zu diesem Zeitpunkt längst topisch. Zumbusch mag hier auch auf Moritz von Schwinds Beethoven-Lünette der Wiener Hofoper rekurriert haben (s. Kap.  V ). Mit mehr Recht allerdings hat man auf das Textbuch zu dem heroisch-allegorischen Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus« verwiesen, wo von einer Fülle von musikalischen Charakteren die Rede ist (elegisch-tragisch-heroisch, idyllisch-pastoral, aber auch scherzhaft). Dass der zentrale Putto vorn die Leier trägt und hinten entsprechend ein Schwan auftaucht (Abb. 36), verweist zum einen auf die Gesellschaft der Musikfreunde, deren Emblem sie zieren, zum anderen sind sie in ihrer Gegenüberstellung auch ein denkbarer Hinweis auf musikalisches Leben und Sterben, hatte doch Grillparzer Beethovens 9. Sinfonie als seinen Schwanengesang bezeichnet. Zudem dürfte es sich um die Übertragung eines Gedankens handeln, den Carl Gustav Carus in einem kleinen Gemälde entfaltet hat, das man auf Goethes Tod 1832 bezogen hat : zwei Schwäne mit gesenkten Hälsen vor einer Lyra im Wasser, an der Lyra hängt ein Lorbeerkranz zur Feier des Dichters. Die Verherrlichung eines Geistesheroen bildet in beiden Fällen das Thema. Bei Carus steht der Verherrlichungsapparat für sich, bei Zumbusch wird er personalisiert. Der Sockel des Beethoven-Monumentes aus Sterzinger Porphyr ruht auf einem dreistufigen breiten Unterbau, die Beethovenfigur überschneidet die Plinthe nicht, so dass, auch durch die Anordnung der großen Begleitfiguren am Sockel, das Ganze als eine dreiecksförmige Aufgipfelung begriffen werden kann. Auch damit wird die Bedeutsamkeit des Dargestellten evoziert. Wir Beethoven-Denkmal

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Abb. 36 Kaspar Clemens von Zumbusch, Beethoven-Denkmal, Rückseite des Sockels, Detail

schauen zu ihm auf, wie er, unerreichbar für uns, auf dem Gipfel thront. Und dennoch, Klinger etwa dürfte es gespürt haben, hat dieses Monument etwas Unverbindliches an sich, das aus heutiger Sicht das Pathos, das es verströmt, eher hohl werden lässt. Die Antithese, die es aufmacht, erscheint in der Überhöhung problemlos aufgehoben, bei Klinger besteht sie fort und macht so das Signum der Moderne aus. W. B.

Als der Wiener Kritikerpapst Eduard Hanslick 1867 in Paris mit Gioachino Rossini zusammentraf, fragte dieser ein wenig süffisant, weshalb sich die Wiener mit Denkmälern für Mozart und Beethoven so schwer täten (Hanslick 1897, 595). Mozart musste noch bis 1896 warten. Bezüglich Beethovens kam bereits durch die Centenarfeier des Jahres 1870 Schwung in die Sache, so dass 1873 eine Konkurrenz ausgeschrieben und ein Jahr später Kaspar Clemens von Zumbusch mit der Ausführung seines Modells beauftragt werden konnte. Dieser gewann 1875 auch die Ausschreibung für das gewaltige Maria-Theresien-Denkmal, das allerdings erst 1888 der Öffentlichkeit übergeben werden konnte. Auch die Enthüllung des Beethoven-Denkmals zog sich bis 1880 hin ; zuvor war das Gussmodell auf der Pariser Weltausstellung von 1878 mit der goldenen Medaille ausgezeichnet worden. Der feierlichen Enthüllung des Denkmals am 1. Mai 1880 muss der Kaiser zwar wegen Unpässlichkeit fernbleiben ; jedoch sind Witwe und Tochter von Beethovens Neffen Karl zugegen. Wie im Fall des Bonner Beethoven-Denkmals ist Franz Liszt um Spenden angegangen worden, ohne sich jedoch zunächst begeistert zu zeigen : Wenn die 76

VII   Kaspar Clemens von Zumbusch

Wiener zu einem Zeitpunkt, zu dem Beethovens Kunst längst weltweit bekannt sei, diese verspätet durch ein Monument ehren wollten, so wenigstens nicht mit einem, das im Stil demjenigen in Bonn ähnele. So lässt er es die Fürstin Marie Sayn-Wittgenstein wissen, um fortzufahren : Wie wäre es mit einem Denkmal, das fünf Wiener Musikgrößen zugleich zeige : Gluck, Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert ? (Lettres 2010, 219). Später bekehrte er sich freilich voll und ganz zu dem Projekt des von ihm hochgeschätzten Zumbusch : Ein von ihm im März 1877 gegebenes Benefizkonzert brachte 10 000 Gulden ein – womöglich ein Fünftel der Gesamtkosten. Der elfjährige Ferruccio Busoni war vom aktuellen Auftritt Liszts freilich recht enttäuscht : Dieser entschloss sich nämlich zum Erscheinen, obwohl er den verletzten vierten Finger der linken Hand schonen musste. 35 Jahre später wird Busoni seiner Gattin dann seine eigene – wohl nicht für eine Realisierung vorgesehene – Idee für ein Beethoven-Denkmal vorstellen : der Komponist in einer Quadriga, gezogen von vier Pferden, welche die Dritte, Fünfte, Siebte und Neunte Sinfonie symbolisieren. Weit ersichtlicher als das Bonner Beethoven-Denkmal von 1845 sollte das Wiener Monument von 1880 nicht allein der Erinnerung an einen der Stadt zur Ehre gereichenden großen Künstler dienen ; zugleich feierte sich das Großbürgertum selbst und speziell seinen Beitrag zu einer nationalen Kultur. Demgemäß fungierte das an der repräsentativen Ringstraße aufgestellte Denkmal nicht nur als »Huldigung für einen bedeutenden Menschen«, verstand sich vielmehr, wie im September 1777 im »Neuen Wiener Tagblatt« zu lesen war, auch als »künstlerische Dekoration eines Punktes der Stadt«. Unverkennbar sind somit monumentalistische und martialische Konnotationen. Nicht nur thront Beethoven in Wien weit höher über dem Volk als in Bonn. Vielmehr sind ihm auch zwei Symbolgestalten – Prometheus und Nike/Viktoria – beigegeben, die für die dem Komponisten (nicht ohne Grund) attribuierten Devisen »durch Kampf zum Sieg« oder »durch Nacht zum Licht« stehen. So spricht das »Wiener Tagblatt« von Beethoven/Prometheus als der »Verkörperung der mit einem nimmer rastenden, nie gestillten Geier : dem eigenen Ich titanenhaft ringenden Menschenseele«, der nach »ausgelittenem Kampfe […] Viktoria den Ruhmeskranz« reiche (Beethoven in partibus). Der leicht kämpferische Ton spiegelt aufs Deutlichste die Zeitgeschichte. Zwar verhielt sich Österreich im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 neutral ; jedoch war es nicht nur der Wahl-Wiener Johannes Brahms, der mit den deutschen Truppen fieberte und seinerseits großzügig für das Zumbusch-Denkmal spendete : Tonangebende österreichische Kreise sympathisierten trotz des verlorenen deutsch-österreichischen Kriegs von 1866 auch mit nicht genuin österreichischer Kultur – anderenfalls hätten sie den gebürtiBeethoven-Denkmal

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gen Rheinländer Beethoven nicht ehren mögen. In diesem Sinne konnte Eduard Hanslick anlässlich der Enthüllung des Denkmals sagen : »Indem wir vor dem Denkmal des Unsterblichen stehen, sind wir gleichsam die Repräsentanten des deutschen Volkes in Österreich« (Hanslick 1884, 152). Mit der apostrophierten ›deutschen‹ Kultur verband sich jedoch zunehmend – offen oder versteckt – ein chauvinistisches Moment. Jedenfalls wollte man auch in Österreich an jener ›Weltgeltung‹ deutscher Musik teilhaben, die eine Generation später von französischen Komponisten wie Ravel und Debussy zugunsten eines französischen Klassizismus in Frage gestellt werden sollte. Immerhin war es mit Arnold Schönberg ein Wiener Komponist, der wiederum eine Generation später die »Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten hundert Jahre« zu sichern gedachte : Das Martialische lag in der Luft  – selbst bei dem unkriegerischen Schönberg, dem es doch nur um die Würdigung seiner neuen Methode, mit zwölf Tönen zu komponieren, zu tun war. M. G.

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VII   Kaspar Clemens von Zumbusch

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Henry Baerer Beethoven-Denkmal 1884 Central Park, New York

Beethoven-Denkmal

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Abb. 37 Henry Baerer, Beethoven-Denkmal, 1884, Central Park, New York

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VIII   Henry Baerer

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aerers monumentale Beethoven-Büste auf hohem Granitsockel, vor dem eine weibliche Verkörperung der Musik mit Lyra im Arm etwa in Lebensgröße erscheint, ist letztlich konventionell. Das Porträt ist natürlich wieder einerseits von der Lebendmaske von Franz Klein und andererseits von dem allgegenwärtigen Porträt Stielers geprägt (s. Kap. IV ). Der leicht gesenkte Kopf, der pathetische Missmut des grübelnden Beethoven – sie sind uns inzwischen vertraut. Baerer ist deutschstämmig, offenbar 1837 in München geboren, es verschlug ihn jedoch schon mit 17 Jahren in die Vereinigten Staaten. Er war als Bronzebildhauer auf deutsche Geistesheroen, vor allem Musiker, spezialisiert. Sein Beethoven war ein Erfolg, eine Replik findet sich im Golden Gate Park in San Francisco, eine leichte Variante im Prospect Park in Brooklyn. Bald nach dem Beethoven hatte er mit einem Franz Schubert in Philadelphia Erfolg, und gegen Ende seines Lebens modellierte er 1905 den Schillerschen Kopf. Allein in den Parks von New York finden sich sechs Porträtköpfe von ihm. Der New Yorker Beethoven wurde im Central Park mehrfach versetzt, er steht jetzt beim Musikpavillon und ist darauf ausgerichtet. Der grimmige Blick unter der Löwenmähne macht deutlich, dass der Transfer dieses Typus auch vor den Vereinigten Staaten nicht Halt machte. Die tendenziell beliebige Wiederholbarkeit zeigt die technischen Möglichkeiten des späten 19. Jahrhunderts auf, zugleich aber auch, dass der Typus zur Chiffre geworden ist. Die allegorische Verkörperung der Musik, um nur noch dies zu bemerken, ist ein wenig absurd. Ihr rechter Arm ist seitlich vorgestreckt, so dass die Hand auf der Höhe der mit der Linken gehaltenen Lyra in der Luft stecken bleibt. Da ihr Blick nach oben geht, als warte sie auf eine musikalische Anregung durch Beethovens Büste, soll sie wohl kurz vor dem Griff in die Saiten der Lyra gezeigt werden. Um dies überzeugend werden zu lassen, hätte es wohl einen ganzfigurigen Beethoven gebraucht. Im 19. Jahrhundert kommt es schrittweise zu einer Krise der Allegorie, sie wird versatzstückartig genutzt, ist nicht mehr einem den Gegenstand durchwaltenden Gesamtkonzept verdankt, ist zitierte Konvention, und insofern, bezogen auf Baerers Beethoven, fallen die Teile des Monumentes auseinander. Eine reflektierte Reaktion auf die Entwertung beziehungsweise Umwertung von Ikonographie, wie bei Klingers Beethoven (s. Kap. X), findet sich bei ihm nicht. W. B.

Beethoven-Denkmal

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Franz Liszt schaffte es noch nicht nach Amerika, obwohl es ihn als jungen Mann zeitweise leidenschaftlich dorthin gezogen hatte. Anders sein Schüler Hans von Bülow : Der trat dort allein in der Saison 1875/76 139 Mal auf – unter anderem mit dem ihm gewidmeten b-Moll-Klavierkonzert von Tschaikowsky, das seine Uraufführung in Boston erlebte. Die amerikanische Uraufführung von Beethovens Neunter Sinfonie durch die Philharmonic Symphony Society lag da schon dreißig Jahre zurück, wie überhaupt Beethovens Musik in diesen Jahrzehnten auf den ›klassischen‹ Konzertprogrammen der großen US -Städte den Ton angab. Das muss nicht verwundern : Die einschlägigen Dirigenten und Musiker sowie das interessierte Publikum stammten zu großen Teilen aus Deutschland ; und vielfach handelte es sich um Emigranten, die sich mit dem Fortschritts- und Freiheitsgedanken identifizierten, den sie aus Beethovens Musik heraushörten. In diesem Sinne ist der Name Beethovens in wichtigen amerikanischen Konzerthäusern an repräsentativer Stelle zu finden. In der 1900 eröffneten Boston Symphony Hall ist ›Beethoven‹ der einzige Name, der auf einer der Plaketten zu lesen ist, die Balkone und Bühnenportal schmücken. Auch an der Fassade der 1905 erbauten Symphony Hall von Chicago liest man den Namen Beethovens, umrahmt von denen Bachs, Haydns, Mozarts und Schuberts. Desgleichen erblickt man im 1914 errichteten Konzertsaal der Harvard University ein dreiseitiges Band mit Komponistennamen, wiederum mit demjenigen Beethoven in der Mitte. Das erste repräsentative Beethoven-Denkmal, dessen sich die USA rühmen konnte, nämlich dasjenige im New Yorker Central Park, war im umfassenden Sinne des Wortes freistehend : Die Architekten des 1858 eingeweihten Parks hatten von vornherein eine Promenade vorgesehen, die von Skulptu-

Abb. 38 Ticket für den »Grand Masquerade Ball« des Beethoven Maenner Chor

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VIII   Henry Baerer

ren gesäumt sein sollte. An deren nördlichem Ende befand sich das Beethoven-Denkmal und ganz in seiner Nähe ein Pavillon für Musiker, die dort auch fleißig Musik machten  – nicht zuletzt für die starke deutsche Kolonie unter den New Yorkern. Immerhin hatte der in dem »Kleindeutschland« genannten »Lower East Side«-Viertel beheimatete »Beethoven Maennerchor« (Abb. 38) im Jahr 1884 anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums der Stadt New York 6000  Dollars zu den Kosten für die Errichtung des Denkmals zugeschossen. Der Chor zählte sich zur Oberschicht und besaß eine eigene »Beethoven Maennerchor Hall« (Bungert 2016, 61). Er konnte auf ein solides Fundament aufbauen : Schon 1855 hatte es allein unter den ca. 170 000 deutschsprachigen Immigranten des Viertels elf Männerchöre mit 1000 Mitgliedern gegeben. M. G.

Beethoven-Denkmal

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Theodore Baur Beethoven-Statue 1895–1897 Main Reading Room der Library of Congress, Washington

Beethoven-Statue

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Abb. 39 Theodore Baur, Beethoven-Statue, 1895–1897, Main Reading Room der Library of Congress,

Thomas Jefferson Building, Washington

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IX   Theodore Baur

V

iel weiß man nicht über Theodore Baur. 1835 ist er in Württemberg geboren, aber bereits 1852 nach Amerika gegangen, wo er 1884 naturalisiert wurde. In den Vereinigten Staaten kennt man weniger seinen Namen, als seine höchst einschlägigen Indianerfiguren wie »Buffalo Hunt« auf dem Washington Square oder sein Bronzebildnis des Siouxhäuptlings Crazy Horse (Abb.  40), womit er amerikanischer als jeder Amerikaner wurde  – was wichtig war bei der Auftragserteilung für eine Beethoven-Bronzestatue für den Main Reading Room der 1897 eingeweihten Library of Congress im Washington, D. C. Denn mit dem Thomas Jefferson Building, dem gewaltigen und prachtvollen Bau in Abb. 40 Theodore Baur, Indian Chief gründerzeitlicher Architektur, ver- (Porträt Crazy Horse), 1885, Bronze, Denver Art Museum, Colorado/USA suchte man entsprechende europäische Gebäude zu übertrumpfen. Das Selbstbewusstsein der Vereinigten Staaten brauchte einen derartigen Kulturtempel und alles an ihm sollte amerikanisch sein. Die ursprünglichen Architekten waren John L. Smithmeyer und Paul J. Pelz, wobei Pelz 1888 Smithmeyer als leitenden Architekten ablöste, nur um selbst 1892 Edward Pearce Casey weichen zu müssen. Selbst wenn die Idee zum alles übertreffenden Neubau vom gebildeten Bibliothekar Amisworth Rand Spofford ausging, durch Caseys Inthronisierung war das Projekt geradezu in Familienhand. Denn Caseys Vater General Casey zog die Fäden, ermöglichte die Finanzierung, etc. Casey jun. sorgte primär für die überbordende Ausstattung und Inneneinrichtung des Gebäudes. Großes Vorbild war ihm das Gebäude der World’s Columbian Exhibition in Chicago 1893, was den Zusammenhang von Architektur, Skulptur und Malerei angeht. Für Washington wurden 42 amerikanische Bildhauer und Maler, die zum Teil schon in Chicago gearbeitet hatten, beauftragt. Es sollte eine amerikanische Leistungsschau auch auf künstlerischem Gebiete sein nach dem Modell der Weltausstellungen. In der riesigen Kuppelhalle im Zentrum des Jefferson Building sollte Weltkultur aus amerikanischer Perspektive sichtbar werden. Beethoven-Statue

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Und so kommt den sechzehn Bronzefiguren auf der Balustrade der höchsten Galerie in der Kuppelhalle besondere Bedeutung zu. Über den acht mächtigen Säulen, die die Kuppel tragen, sind in großer Höhe acht weibliche Personifikationen der wichtigsten Kulturbereiche angebracht : diejenigen von Religion, Kommerz, Geschichte, Kunst, Philosophie, Dichtung, Recht und Wissenschaft. Über Attribute und hinzugefügte Verse werden sie identifizierbar. Zwischen den Säulen auf der durchlaufenden Balustrade der Galerie sind jeweils zwei berühmte Vertreter der genannten Disziplinen den Verkörperungen zugeordnet : der Religion Moses und der Apostel Paulus, dem Kommerz Columbus und Robert Felton, berühmter Dampfschiffingenieur, der Geschichte Herodot und Gibbon, der den Untergang Roms beschrieben hat, womit sich die Vereinigten Staaten als neues römisches Reich verstehen wollten. Der Kunst sind Michelangelo und Beethoven zugeordnet, heroische Geister, wobei Michelangelo für Architektur, Skulptur und Malerei zugleich einstehen konnte. Philosophie wird durch Plato und Lord Bacon vertreten, Dichtung durch Homer und Shakespeare, das Recht durch Solon und Chancellor Kent, Autor der wichtigsten Rechtskommentare, Wissenschaft schließlich durch Newton und Joseph Henry, den amerikanischen Physiker des 19. Jahrhunderts. Man merkt das Bemühen, wenigstens den einen oder anderen Amerikaner unter den Geistesheroen auftauchen zu lassen. Das Programm zu dieser Versammlung stammt vom genannten Bibliothekar Spofford. Theodore Baurs Beethoven fügt sich der herrschenden Auffassung des Programms. Die antiken Vertreter erscheinen antikisch, griechischer Skulpturenauffassung folgend. Die neuzeitlichen Vertreter tragen bewusst jeweils zeitgenössisches Kostüm, die Porträts folgen überlieferten Darstellungen der Genannten. Dass Baur auch klassisch-idealistisch konnte, zeigt seine Figur der Religio in der Kuppel. Bei Beethoven jedoch versucht er neben der zeitadäquaten Kostümierung den Anspruch des Zeitgenössischen durch eine besondere, traditioneller Auffassung von Skulptur widersprechende Verlebendigung des Dargestellten zu unterstreichen. Um das zu erkennen, muss man schon sehr genau hinschauen – was vor Ort nur mit einem Fernglas möglich ist, es sei denn man hat Zugang zur Galerie. Baur versucht eine momentane Eingebung Beethovens zu veranschaulichen. Der linke Arm der Skulptur mit den bewegten Fingern der Hand am leicht ausgestreckten Arm scheint das Metrum zu schlagen. Der gesenkte Kopf ist der Hand sinnend zugewandt. Die Rechte dagegen platziert die Finger vorsichtig auf der rechten Wange. Dass beides einem plötzlichen Impuls folgt, soll dadurch deutlich werden, dass das Taschenfutter der rechten Tasche am Rock Beethovens wie in einer raschen Bewegung herausgezogen erscheint. In der 88

IX   Theodore Baur

Tasche hatte die Rechte zuvor geruht, dann, so sollen wir lesen, kam Beethoven eine Eingebung für ein Notenmotiv und nun spürt er dieser Eingebung, die eine Erregung ausgelöst hat, nach. Der übergeworfene Mantel scheint von der rechten Schulter zu rutschen, auch das unterstreicht die Dimension einer Momentaufnahme. Letztlich ist die Verbildlichung eines in körperlicher Aktion sich niederschlagenden Momentanen nicht unproblematisch. Letztlich ist das Motiv mit dem gerade herausgerutschten Taschenfutter anekdotischer Natur und widerspricht dem Ewigkeitsanspruch eines Denkmals. Dem gewissen Fragwürdigwerden der Heroisierung soll durch anschauliche Verlebendigung gegengesteuert werden. Die Bildwürdigkeit der Darstellung des Momentanen, Zufälligen, selbst des Unschicklichen oder Ungeschickten, ist, von Vorläufern abgesehen, eine »Erfindung« des 19. Jahrhunderts und Resultat der Verbürgerlichung der Kunst. Wenn etwa Friedrich Theodor Vischer 1878 die »Tücke des Objekts« sprichwörtlich werden lässt und seine Komik herausstreicht, beispielsweise wenn ein betont elegant Daherschreitender plötzlich stolpert, dann macht das deutlich, dass die Kunst nun auch auf Facetten aufmerksam wird, die zwar unattraktiv sein mögen und von daher aus der klassischen Kunst ausgegrenzt waren, die aber doch zum Leben dazugehören, legt man sich Rechenschaft über die eigene Existenz ab. Damit erweitert die Kunst ihren Darstellungshorizont entschieden. Doch wie auch im Falle von Baur bleibt ein Irritationsmoment, ein unaufgehobener Widerspruch, denn Relativierung und Idealisierung wollen nicht wirklich zusammengehen. W. B.

Baurs Beethoven-Statue könnte man nicht zerteilen, um sie Kubikzentimeter für Kubikzentimeter an Reliquienjäger zu verschenken oder vor allem zu verkaufen. Für Notenhandschriften gilt solches nicht : Sie sind im 19. Jahrhundert gern geteilt oder gar zerschnitten worden ; und Beethovens Nachlass ist es in dieser Hinsicht besonders schlecht ergangen. Indessen hatte die Zerstückelung auch ihre positiven Seiten : Handschriften gingen dadurch der Forschung womöglich nicht ganz verloren, ließen sich vielmehr zumindest in Teilen in Bibliotheken, Museen oder bei Privatbesitzern wiederfinden – so etwa auch in der Library of Congress. Diese verwahrt beispielsweise elf Seiten des 2. Satzes vom Autograph des Streichquartetts in B-Dur op. 130 (Abb. 41) und das vollständige Autograph zur Klaviersonate E-Dur op.  109. Ersteres war aus dem Besitz des Beethoven-Schülers Karl Holz nach weiteren Stationen von Mitgliedern der Familie Wittgenstein gekauft und von John Stonborough, Sohn von Margarete StonboBeethoven-Statue

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Abb. 41 Beethoven, Streichquartett op. 130, Beginn des 2. Satzes, Autograph. Library of Congress, Washington

rough-Wittgenstein, zusammen mit originalen Beethoven-Briefen und weiteren wertvollen Notenmanuskripten 1939 in die USA gebracht worden. Durch eine Schenkung von Gertrude Clark Whittal gelangte es 1941 in die Library of Congress. Andere Teile des Manuskripts von op. 130 gingen an die Sammlung Charles Malherbe und von dort an das Conversatoire de Musique Paris ; wieder andere über mehrere Vorbesitzer an eine Familie Peczek im böhmischen Aussig : Den Peczeks wurde das Manuskript im Nationalsozialismus enteignet. Die Sätze eins, fünf und sechs landeten  – zum Teil aus dem Besitz der Familie Mendelssohn – in der Deutschen Staatsbibliothek Berlin. Das gilt auch für die berühmte »Cavatina«, von der Beethovens Schüler Karl Holz in einem Brief an Wilhelm von Lenz schrieb : »Er hat sie wirklich unter Tränen der Wehmut komponiert und gestand mir, dass noch nie seine eigene Musik einen solchen Eindruck auf ihn hervorgebracht habe und dass selbst das Zurückempfinden dieses Satzes ihm immer neu Tränen koste« (Kinsky/Halm, 393). Auch die Verkaufsgeschichte des Autographs der Klaviersonate op. 109 ist eng mit dem Schicksal der Wittgensteins verknüpft. Dieses kostbare Stück, das die Familie 1907 erworben hatte, schmuggelte Margarete Stonborough-Witt90

IX   Theodore Baur

Abb. 42 Skizze zu Beethovens Klaviersonate op. 101, Autograph. Library of Congress, Washington

genstein während der Zeit des Nationalsozialismus zusammen mit weiteren wertvollen Musikhandschriften nach England, um es ihrem Bruder Ludwig, dem Philosophen, in Verwahrung zu geben. Später gelangte es in die USA und – wiederum als Schenkung von Gertrude Clark Whittal – 1948 in die Library of Congress. Ein weiteres, gleichfalls von der Library of Congress verwahrtes autographes Notenblatt enthält Skizzen zur Klaviersonate A-dur op. 101 (Abb. 42), und auf der Rückseite auch solche zum Rätselkanon WoO 168 »Das Schweigen«. Mein philologisch getönter Beitrag zu Baurs Beethoven-Statue ist als ein Hinweis auf den Epilog dieses Buches zu verstehen, der  – in literarischer Form – die Bedeutung von Beethoven Notenschrift für das ›Bild‹ hervorhebt, das wir uns vom Komponisten machen. Alle Autographe sind Denkmäler sui generis ! Trotz dieser Huldigung an das Notenbild soll auch an dieser Stelle die eigentlich bildende Kunst nicht zu kurz kommen : Zum Wiener Palais der Wittgensteins gehörte bekanntlich ein Musiksaal, der nicht nur mit zwei – bevorzugt vom Pianisten Paul Wittgenstein bespielten  – Bösendorfer-Flügeln, sondern auch mit einer Beethoven-Büste ausgestattet war. Die Büste aus weißem MarBeethoven-Statue

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mor stellte eine Replik der Beethovenfigur aus Klingers BeethovenMonument dar (Abb. 43). Paul Wittgenstein, seit 1949 amerikanischer Staatsbürger, schenkte sie im Jahr 1952 dem Museum of Fine Arts in Boston. M. G.

Abb. 43 Max Klinger, Beethoven-Büste, nach 1902, Marmor, Museum of Fine Arts, Boston

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IX   Theodore Baur

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Max Klinger Beethoven 1902 Museum der bildenden Künste, Leipzig

Beethoven

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Abb. 44 Max Klinger, Beethoven, 1902, polychromer Marmor, Alabaster, Elfenbein,

Bronze, Bernstein, vergoldet, Museum der bildenden Künste, Leipzig

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X   Max Klinger

E

s ist nicht selten der Fall, dass eine deutliche Kritik, und sei sie auch bewusst vernichtend, einem individuellen Kunstwerk näher kommt als jede noch so gut gemeinte Eloge. Die Kritik benennt individuelle Eigenschaften oder besser Eigenheiten eines Werkes, macht auf irritierende Phänomene aufmerksam und kritisiert sie von der Position eines Kunstbegriffes aus, gegen den das kritisierte Werk nach Meinung des Kritikers grundsätzlich verstoßen habe. Die Eloge dagegen überhöht das Werk und löst sich sofort von den dem Werk eigentümlichen Charakteristika, indem sie auf eine Zuordnung zu nicht selten einem einzigen Begriff zielt, der die absolute Größe des Werkes evozieren soll. Besonders gilt dies für Werke, die von allem Anfang an ikonischen Status erlangen  – was nach der Prägung des Geniebegriffes im 18. Jahrhundert vermehrt der Fall ist. Man braucht nur an Caspar David Friedrichs »Tetschener Altar« oder seinen »Mönch am Meer« zu denken. Die Statuszuerkennung löst das Werk aus allen historischen Bezügen. Der »Tetschener Altar« als pathetische religiöse Überhöhung der Natur gefeiert und damit frühromantischem Denken nahe gerückt, wurde vom Kammerherrn Basilius von Ramdohr, kaum war der Altar in Friedrichs Atelier ausgestellt, in Grund und Boden verdammt. Ramdohr sah eklatante Fehler in Luft- und Zentralperspektive, der Vordergrund sei in Dunkel getaucht, so dass es keinen Zugang zum Bild gebe, ein bloßes Landschaftsbild geriere sich als Altarbild, nicht Christus am Kreuz sei dargestellt, sondern ein noch dazu von uns abgewandter metallener Kruzifixus stünde auf einem Bergfelsen, dem es an jeglichem Volumen mangele, die Lichtquelle sei vom Berg verdeckt, ob es sich um einen Sonnenauf- oder -untergang handele, bleibe völlig unklar. Kurz : Dies sei überhaupt kein Kunstwerk, sondern eine Gedankenverrenkung. Wie recht er weitgehend hatte. Nur : Das, was Ramdohr als extrem negativ sah, als Verstoß gegen die Regeln der Kunst, das lässt sich auch positiv als Prägung einer gänzlich neuen Bildersprache lesen, die adäquat auf Gegenwartserfahrungen nach der Französischen Revolution reagiert, als ästhetisch neuartiger und nur so zu habender religiöser Ausdruck. Die Verteidigungsschriften von Friedrichs Freunden sind nicht wirklich in der Lage, das phänomenal Neue von Friedrichs Bild zu erfassen. Und so verhält es sich auch mit Klingers »Beethoven«. Elsa Asenijeff, Klingers langjährige Geliebte, seine Muse und sein Modell und Mutter eines gemeinsamen Kindes, war von Anfang an in den langjährigen Entstehungsprozess von Klingers »Beethoven«-Monument involviert. Sie hat noch 1902, unmittelbar nach Vollendung des höchst anspruchsvollen Bildwerks, für das Klinger nicht Mühe noch Kosten gescheut hat – von der investierten enormen Summe von 150 000 Mark ist die Rede – eine äußerst präzise Beschreibung des Beethoven

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gesamten komplexen technischen Prozesses geliefert, von einer Klarheit, die ihre Arbeit noch heute zu einer zentralen Quelle der Forschung macht. Dieser Beschreibung ist eine Würdigung von Künstler und Kunstwerk vorangeschickt, die, um es direkt zu sagen, mit dem Folgenden nichts zu tun hat. Eine Topik der Verklärung, die ja notwendig immer auch eine Verunklärung beinhaltet, wird von ihr aufgerufen ; sie wirkt bis heute nach. Wenn Asenijeff Beethoven in Klingers Monument nicht mehr als Menschen sieht, ihr vielmehr »ein thronender Genius, entkleidet jeder Zeitmomente« erscheint, dann überträgt sie das indirekt auch auf den Künstler, den sie durch seine Schöpfung ebenfalls der Zeit enthoben sieht. Beethoven als Titan mit prometheischen Zügen, von Tragik umflort, isoliertes Genie – wie soll dies über die Schilderung technischer Prozesse zur Anschauung kommen ? Die Kritik dagegen liefert indirekt das Material dafür. Der Archäologe Heinrich Bulle verfasste 1903 eine Abhandlung mit dem Titel »Klingers Beethoven und die farbige Plastik der Griechen«. Wie schon der Titel deutlich macht, weiß er um die ursprüngliche Polychromie der griechischen Abb. 45 Max Klinger, Die neue Salome, 1893, verschiedene Materialien, Museum der bildenSkulptur  – eine neuzeitliche Erden Künste, Leipzig kenntnis seit Gottfried Semper – und sieht Klinger mit seiner Verwendung unterschiedlicher farbiger Materialien auf diese Einsicht reagieren. Auch die Griechen hätten schon unterschiedliche Marmorsorten bei ein und demselben Bildwerk benutzt. Ein solches Verfahren sei zwar noch im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr., der Zeit der klassischen griechischen Skulptur, unbekannt gewesen, doch seit dem Zeitalter Alexanders des Großen durch die Berührung mit dem Orient und vor allem mit Ägypten sei es Mode geworden. Vor allem habe es bei den Griechen keine leeren Augenhöhlen gegeben, sondern farbig gefasste Augen mit deutlichem Blick. Als Archäologe ist ihm Pausanias’ Beschreibung der monumentalen Zeus-Figur im Parthenon geläufig – und auch für Klinger dürfte der folgende Text zu den entscheidenden Quellen für seine Beethoven-Figur gehört haben : 96

X   Max Klinger

»Und es sitzt der Gott auf einem Thron und ist aus Gold und Elfenbein gemacht, und der Thron ist bunt von Gold und Steinen und bunt auch von Ebenholz und Elfenbein.« Beethoven als neuer Zeus, begleitet von seinem Adler ? Wie wir sehen werden, ist dieses Verständnis nur eine Möglichkeit von vielen. Auch ist dem Archäologen bekannt, dass Klingers Beethoven-Figur, die im Endeffekt in reinem, leicht gräulich-weißen Marmor erscheint, ursprünglich Bernsteinaugen bekommen sollte, wie es zuvor schon für seine »Salome« (Abb. 45) von 1893 der Fall war. Auch die dem bronzenen Thron applizierten Puttenköpfe aus Elfenbein waren ursprünglich farbig gefasst, Klinger hat die Farbe wieder abgewaschen. Und doch, so Bulle, sei ein gravierender Unterschied in der Verwendung der Farbigkeit bei den Griechen und bei Klinger zu konstatieren. Bei den Griechen sei auch die farbige Skulptur dem Ideal einer geschlossenen Einheit verpflichtet gewesen. Alle Details fügten sich dort dem Ganzen. Diese Einheit vermisste er bei Klingers Beethoven vollständig. Die Teile fielen auseinander, man sehe das Montierte, die Teile stießen hart aufeinander, ohne Übergänge. Und die fehlende Einheit bezöge sich auch auf das Thematische. Wie man die Teile zusammenlesen solle, bliebe völlig unklar, ein wirklicher Sinn des Ganzen sei nicht zu erschließen. Das mündet in den Satz : »Bei Klinger sind es Gedankenfäden, die die Stücke zusammenhalten.« Weitgehend entsprechen auch diese Beobachtungen den Tatsachen, und die Frage erhebt sich : Wie können sie dennoch Sinn ergeben ? Dass die verwendeten Materialien eine wilde Melange ausmachen, ist nicht zu bestreiten : Oberkörper und Füße der Beethoven-Figur verwenden griechischen Marmor aus Syra, das von unregelmäßigen Streifen durchzogene Gewand auf den Knien bezieht seine Struktur aus Laaser Alabaster (aus Laas in Tirol), Felssockel und Adler bestehen aus dunklem, fast schwarzem Marmor aus den Pyrenäen, die Augen des Adlers sind aus Bernstein, seine Krallen aus Bronze, wie auch der gesamte Thron, der aus einem Stück gegossen wurde, die Engelsköpfe, die unter Schwierigkeiten an den oberen Rand des Throns montiert wurden, sind nach Klingers Gipsmodellen von einem Spezialisten in Elfenbein geschnitzt worden. Hinzu kommen Detaildekorationen wie die Mosaikstreifen am Thron aus antikem Glasfluss, Achaten, Jaspis und Perlmutt, unterlegt mit Goldfolie. Auch die Maße sind irritierend : Die Figur misst 1,50 m in der Höhe, der Thronrücken 1,55 m und das ganze Monument hat eine Höhe von 3,10 m. Fotos, die das Monument ohne Sockel zeigen, verfälschen den Eindruck vollständig. Wir schauen zu Beethoven auf, und dennoch erscheint er relativ klein. Durch den grauweißen Marmor für seinen Oberkörper verschwimmt seine Erscheinung geradezu angesichts der farbigen Wucht von Sockel, Plinthe, Adler und Beethoven

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Abb. 46 Max Klinger, Beethoven, linke Thronwange mit den Qualen des Tantalus

Thron. Er wirkt wie nicht von dieser Welt. Materialität steht gegen Entmaterialisierung. Was die Puttenköpfe am oberen Rand des Thronrückens ausdrücken sollen, erschließt sich nicht sofort, zumal der von Beethovens Oberkörper verdeckte fünfte Puttenkopf in der Mitte Züge seiner Geliebten Elsa Asenijeff als Kind trägt. Offenbar sollen wir Beethoven als Genie begreifen, das von Genien begleitet wird, wobei Elsa Asenijeff dann als Verkörperung seiner Muse zu lesen wäre. Schon die Genienköpfe verweisen uns auf ein Grundproblem des Klingerschen Monumentes : die unaufgehobene Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit, zwischen Antike und Gegenwart. Sie verdankt sich ganz offensichtlich Klingers Gegenwartserfahrung. Jeglicher idealer Anspruch scheint vor den realen Verhältnissen zu scheitern. Und doch will Klinger ihn nicht aufgeben, allein die Kunst kann den Anspruch erheben, in dem Wissen, ihn nicht aufheben zu können. Das ist ihr und des Künstlers tragisches Ethos, das sich geradezu notgedrungen in Pathos äußert. Erfährt der Künstler die Gegenwart als einer Identitätserfahrung entgegenstehend, so kann er nur die auseinan98

X   Max Klinger

derstrebenden, sich widersprechenden Teile in einer großen Form zusammenzwingen. Das hebt jede Eindeutigkeit der Aussage auf. Wir können Verschiedenes lesen, auch Widersprüchliches mit gleicher Berechtigung. Zum Beispiel : Der Künstler, auf unzugänglichem Gipfel, ein einsamer Heroe – allein der Adler hat Zugang zu seinen hochfliegenden Gedanken  – grübelt mit geballten Fäusten über einer trotzigen musikalischen Antwort auf die Verhältnisse, die persönlichen wie die gesellschaftlichen. Doch wofür steht der Adler ? Ist es wirklich der Adler des Zeus, soll Beethoven gottgleich erscheinen ? Befinden wir uns im Horst eines Adlers ? Die weit überkragende Plinthe, ein aus klassischer Sicht geradezu absurdes Skulpturenmotiv, könnte dafür sprechen. Nur Beethoven hat Zugang auf hohem Fels. Oder aber ist es der Adler des Prometheus ? Beethoven hat das Prometheusmotiv mehrfach berufen und damit dessen doppelte Konnotation : Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt gegen das Verdikt der Götter und damit den Menschen erst eigentlich ihr Leben stiftet. Der Mensch, der sich über das ihm eigentlich Mögliche und Gebotene erhebt, wie der Künstler, der als Schöpfer nach Gottesebenbildlichkeit strebt. Oder soll es der auf Ewigkeit für seinen Frevel verdammte Prometheus sein, dem der Adler die permanent nachwachsende Leber aus dem Leibe reißt ? Absolute Größe und ewiges Leiden an der einsamen Größe in eins ? Fixiert der Adler Beethoven oder schreckt er vor ihm zurück ? Beethoven jedoch bei seinem gänzlichen Rückzug ins Innere scheint den Adler gar nicht wahrzunehmen. All diese Lektüren sind möglich, aber keine ist eindeutig. Ikonographie hört auf, verbindliche Bildersprache zu sein, denn alles Objektive wird subjektiv gebrochen. Das kann das ›Programm‹ der Thronwangen und der Thronrückseite nachdrücklich bestätigen. Sehr bezeichnend ist bereits, dass die Interpretationen dieser drei Felder ins Kraut schießen. Nüchtern besehen, befindet sich auf dem Relief der linken Thronwange eine Darstellung der Qualen des Tantalus, der auf ewig von Hunger und Durst gepeinigt wird für seinen grässlichen Verrat an den Göttern (Abb. 46). Vergeblich reckt er sich den Früchten des Baumes entgegen, die immer wieder vor ihm zurückweichen, so wie das Wasser, in dem er steht, wenn er zu trinken sucht. Aber was macht Klinger ? Er gesellt Tantalus eine Frau hinzu, die – vergeblich – für ihn Wasser zu schöpfen sucht. Sie hat im Mythos, so wie Homer ihn berichtet, nichts zu suchen. Und so ist hier offensichtlich vom Geschlechterverhältnis die Rede. Mann und Frau sind gleichermaßen verdammt und können nicht wirklich zueinander finden – was in Analogie dazu das Relief der rechten Thronwange unterstreichen kann. Hier sind Adam und Eva, man muss wohl sagen, im Sündenfall begriffen : Eva hat schlangengleich den Apfel gepflückt, um den sich nun beider Hände verBeethoven

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Abb. 47 Max Klinger, Beethoven, rechte Thronwange mit Adam und Eva

einigen, zugleich sind ihre Köpfe extrem nahegerückt und ihre Blicke ineinander versenkt, und auch ihre Füße berühren sich. Hier ist die sündige Vereinigung nicht mehr aufzuhalten (Abb. 47). Auf dem Relief der Thronrückseite (Abb.  48) wird traditionelle Ikonographie endgültig auf den Kopf gestellt. Im Vordergrund frontal in göttlicher Nacktheit die schaumgeborene Venus auf einer Muschel stehend mit erhobenen Armen, von einer rufenden Nereide begleitet. In der Ferne Golgatha, die drei Kreuze und die trauernden Marien, dazwischen aber, geradezu auf Venus zustürzend, am Steilufer vorm Meer, Johannes voller Vorwurf mit gestrecktem Arm auf sie weisend. Christentum und Heidentum prallen aufeinander, wobei die Sinnlichkeit der Venus stärker als der sich opfernde winzige Christus im Hintergrund zu sein scheint. Irritierenderweise hat der große Klinger-Katalog aus Leipzig von 1992 das Relief zwar großformatig, aber seitenverkehrt abgebildet, was aus dem guten Schächer zur Rechten Christi den bösen macht. Das ist unfreiwillig tiefsinnig. Denn der böse – nur sein Gesicht ist zu sehen – scheint die Züge Klingers zu tragen, und auf ihn scheint die Nereide zu bli100

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Abb. 48 Max Klinger,

Beethoven, Thronrückseite

cken : der Künstler von der klassischen Nereide verführt und christlich schuldig ? Erlöst oder nicht erlöst ? Rechts der Kreuzigungsgruppe geht die Sonne unter. Antike und Christentum scheinen beide dem Untergang geweiht. Die Assoziationen beginnen sich zu verselbständigen und sind dennoch möglich. Offenbar bewegen wir uns auf einer gedanklichen Ebene, die Schopenhauer und Nietzsche betreten haben – beider Werke gehörten zur erklärten Lektüre Klingers. In Klingers graphischer Folge der »Brahmsphantasie« von 1894 trägt der »Befreite Prometheus« ebenfalls Klingers Züge. So scheint er sich in der Programmatik gänzlich mit der Beethoven zugeschriebenen zu identifizieren. Ein Letztes zur aufgehobenen klassischen Ikonographie : In einem neueren Beitrag wird mit gutem Grund angenommen, dass das Thronprogramm ursprünglich gar nicht für das Beethoven-Monument entworfen wurde, sondern für ein Richard Wagner-Denkmal. In der Tat ist das Programm des Thrones auch in seiner besonderen Stoßrichtung näher an der Thematik der Wagnerschen Opern von der »Senta« bis zum »Parzival«, sowohl was die Auffassung des Geschlechterverhältnisses als auch was die Konfrontation von ChristBeethoven

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lichem und Antikem angeht. Von der Gesamtkunstwerksthematik, die die erste Ausstellung des Beethoven-Monumentes mit den begleitenden Wandbildern Klimts und musikalischem Programm 1902 in Wien geprägt hat, ganz zu schweigen. Und auch für Wagner war Schopenhauer mit seiner Genieauffassung, aber auch mit der Überzeugung von der notwendigen, aber nicht wirklich zu erreichenden Synthese von Realem und Irrealen vorbildhaft. Die Wirklichkeit des realen Lebens ist für Schopenhauer geradezu zwingend getrennt von der Produktion des idealen Werkes durch das Genie. Dass für Klinger der programmatische, von Schopenhauer geprägte Entwurf für das Wagner-Denkmal problemlos auf Beethoven übertragbar schien, macht noch einmal deutlich, dass Ikonographie frei wird für individuelle künstlerische Inanspruchnahme, die sowohl Christliches wie Mythologisches  – wieder in Schopenhauers Sinn – allegorisiert, das heißt verallgemeinert und einer ästhetischen Rezeptionsweise anheimstellt. Insofern hatte Heinrich Bulle 1903 auch mit seinem Resümee recht : Gedankenfäden halten die auseinanderstrebenden Stücke zusammen. Mehr war historisch gesehen nicht möglich, und diese Einsicht zum Thema gemacht und mit einem Konzept des genialen Künstlers überwölbt zu haben, macht die besondere Qualität von Klingers Beethoven-Monument aus. Unaufgelöste Spannungen zum Thema zu machen, markiert ein Signum der Moderne. Die Einsicht darein, dass es für vieles keine klare Lösung oder einheitliche Einschätzung geben kann, existiert, vereinfacht gesagt, seit es parlamentarische Strukturen mit Für und Wider gibt. Jede Stellungnahme seitdem (in England seit dem frühen 18. Jahrhundert) ist notwendig parteiisch. Das färbt auf alle Felder ab und lässt in der Kunst Parteinahme, ja selbst bloße Eindeutigkeit fragwürdig werden  – in politischer, sozialer oder kulturgeschichtlicher Hinsicht. Beethoven, so lehrt uns Klinger, ist groß und klein zugleich, ein genialer Künstler und ein schwieriger Mensch, absolut und relativ zugleich. Und schließlich wird diese Erfahrung, wieder mit Notwendigkeit, auch Teil seiner Kunst. Brüche, Normverstöße, ironische Adaptionen, Wiederholungen, Verzerrungen – all dies kann Thema werden, fügt sich nicht mehr zu reiner Ganzheit – für Beethoven wie für Klinger. W. B.

»Bach Beethoven Mozart Kant Schopenhauer Nietzsche Schumann Wagner Brahms Böcklin Feuerbach – Wie armselig sind doch die ›Großen der Erde‹ daneben, die Fürsten – Alle die großen schweren Kämpfe haben sie theilnahmslos ausfechten lassen ohne zu helfen. Nicht weil sie dachten : das machen die besser allein, sondern weil sie wirklich nichts verstanden haben« (Klinger 1987, 83). 102

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Es mag dem habituellen Konkurrenzdenken geschuldet sein, dass in dieser Tagebuchaufzeichnung Klingers vom Januar 1905 sechs Komponisten, drei Philosophen und nur zwei Maler mit Namen genannt werden. Doch gleichzeitig wirft es ein bezeichnendes Licht auf Klingers Kunstauffassung : Musik und Philosophie sind ihm sicherlich ebenso wichtig gewesen wie sein eigenes Metier. Und deshalb ist es auch kein Zufall, dass er als bildender Künstler nach dem Gesamtkunstwerk im Sinne des von ihm bewunderten Richard Wagner strebte. Und dass für das erste von ihm selbst geschaffene große ›Gesamtkunstwerk‹ ein genialer Tonkünstler das Sujet abgeben musste : Wie anders hätte es die von Klinger geliebte Musik auf den ihr vom Künstler zugedachten Platz in seinem eigenen Gesamtkunstwerk schaffen sollen ? Doch weshalb nahm ausgerechnet Beethoven diesen Platz ein ? Die eingangs erwähnte Tagebuchnotiz spricht von den »großen schweren Kämpfen« der dort genannten Künstler. Dass unter ihnen Beethoven durch besonderes Kämpfertum herausragte, war nicht nur Klingers Auffassung, stellte vielmehr eine auf den Komponisten selbst zurückgehende Konstante der Beethoven-Rezeption dar. Vom Kämpfer war es nicht weit bis zum Geisteshelden, als den Thomas Mann Klingers Beethoven – wie unten erwähnt – erlebte. Natürlich war es auch kein Zufall, dass Klinger sich eines längst verstorbenen Klassikers annahm. Dem waren inzwischen so viele Freilichtdenkmäler gewidmet worden, dass er sich getrost an ein fürs Museum bestimmtes Denkmal wagen konnte, das ganz auf Eigeninitiative beruhen durfte, von keinem städtischen Komitee gebilligt werden musste und somit ganz den eigenen Intentionen entsprechen konnte. Man sollte wissen, dass Klinger ein ausgezeichneter Laienmusiker war, dass er in seinem Atelier zeitlebens einen Flügel zur Verfügung hatte und dass ihm die Idee zu seinem »farbigen« Beethoven seiner eigenen Erinnerung nach bereits 1884 eines »schönen Abends in Paris am Klavier« gekommen ist. Kulturgeschichtlich bedeutsamer ist freilich etwas anderes – nämlich das Einbeziehen der Musik in eine Monumentalkunst, welche den Jahrzehnten vor und nach der Jahrhundertwende ihren Stempel aufdrückte. Zwar hatten schon die in Bonn, Wien und New York aufgestellten Denkmäler Beethoven in all seiner Größe dargestellt ; doch das waren repräsentative, geradezu offiziell in Auftrag gegebene Freilichtmonumente gewesen, so dass man anderes kaum hätte erwarten können. Nunmehr soll Beethovens Heldentum gleichsam aus dem Innern der Kunst hervorscheinen. Das Standbild wird zum Götterbild : Was man einst im Tempel anbetete, wird nun in den modernen Tempeln der Kunst, den Museen, ausgestellt. Nicht von ungefähr dichtete Richard Dehmel angesichts eines Atelierbesuchs über den damals noch unvollendeten »Beethoven« : Beethoven

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»… Und wenn das Glück dich wie ein Schreck befällt, dass du kein Wort weißt, das von Herzen kommt, so stand ich. Allein. Doch neben mir saß Zeus, der neue Zeus, von Antlitz und Gestalt. BEETHOVEN gleich, und in den Abgrund Der Welt und Menschheit starrt sein Schöpferblick Herab vom Thron der Sünde und Erlösung …« Das folgt der alten Tempelinschrift »Introite, nam et heic dii sunt« und mag sich durchaus mit Beethovens Selbstbild treffen, der schon in jungen Jahren seinem Verleger Hoffmeister andeutete, dass seine Kunst von Apoll zur Unsterblichkeit bestimmt sei (Briefwechsel, Bd. 1, 64). Gleich Beethoven selbst belässt es Klingers Dichter-Freund Dehmel bei mythologischen Bildern. Drastischer hatte sich wenige Jahre zuvor der Stardirigent Hans von Bülow ausgedrückt. Ein von ihm hinterlassenes handschriftliches Statement bediente sich dezidiert christlicher Metaphorik : »Bach ist Vater / Beethoven Sohn / Brahms heiliger Geist. Die übrigen schwache Sterbliche« (Hinrichsen 1999, 113). Obwohl dieses musikalische Glaubensbekenntnis des glühenden Bismarck-Verehrers Bülow sicherlich nationalistisch konnotiert war, dominierte doch das kunstreligiöse Moment. Es ist der damals aktuellen ›konservativen Revolution‹ zuzuordnen, die sich gegen die Vermassung der Gesellschaft stemmt und gegen den Ungeist bloßen Zivilisationsgehabes eine Kultur des Geistes und der ›deutschen Innerlichkeit‹ stellte. Auch Thomas Mann stand dieser Strömung zunächst durchaus nahe. 1914 formulierte er innerhalb seiner Gedanken im Kriege : »Die deutsche Seele ist zu tief, als daß Zivilisation ihr ein Hochbegriff oder etwa der höchste gar sein könnte« (Mann 2002, 27). 1902 hatte bereits Klingers Muse Elsa Asenijeff – sicher nicht ohne Zustimmung des Künstlers – in ihrer »kunst-technischen Studie« über das Denkmal geschrieben : »Droben aber steht ein Thron aus Erz. Ehern wie die Zeit. Ein Thron der Ideen. Dort sitzt Beethoven in gedankenversunkener Haltung. Sein gedankenvoll vorgeneigter Körper scheint Stütze zu finden in der willensstark geballten Faust. Das Auge träumt hinaus in Weiten, in denen er sein eigenes Innere [ !] findet. Nicht mehr der Mensch Beethoven ist es, sondern ein thronender Genius, entkleidet jeder Zeitmomente.« (Asenijeff o. J., 4)

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Da zeigt sich, dass auch die »konservative Revolution« auf Monumentalkunst keineswegs verzichten, jedoch dem Imponiergehabe des technischen Fortschritts die Verehrung unvergänglicher Größe entgegensetzen und folgerichtig Hymnen auf die von Klinger apostrophierten »Großen der Erde« singen möchte. Demgemäß zeigte sich Thomas Mann auch von Gustav Mahlers »Symphonie der Tausend« auf das Tiefste beeindruckt, als diese 1912 vor dreitausend Zuhörern in Münchens »Neuer Musik-Festhalle« aufgeführt wurde : Hier war das kunstreligiöse Moment, mit dem man den sinfonischen Gedanken seit Beethovens »Neunter« emphatisch unterfüttert hatte, auf die Spitze getrieben. Indem Mahler den Hymnus »Veni creator spiritus« und die Schlussszene aus dem 2. Teil des »Faust« zur Vertonung aufbot, machte er von vornherein deutlich, dass für ihn die geballte abendländische Tradition auf dem Spiel stand : Nur mittels solcher kunstreligiösen Weihen konnte seine Musik jene »Erlösung« bewirken, zu der Dehmels Beethoven-Zeus von seinem Thron aus aufrief. Ein Jahrzehnt zuvor hatte Mahler dazu beigetragen, dass Klingers »Beethoven« in der Wiener Secession auf das Würdigste präsentiert wurde. Er hatte nämlich Vorbereitungen dafür getroffen, dass bei der Eröffnung der aktuellen Ausstellung des Jahres 1902 Beethovens Neunte Sinfonie – die von Richard Wagner gefeierte Urmutter des musikalischen Gesamtkunstwerks – aufgeführt wurde. Dieses Vorhaben wurde allerdings nur rudimentär umgesetzt, da die Musiker ihre unentgeltliche Mitwirkung zunächst wegen »Müdigkeit« verweigert hatten, nach Zusicherung eines Honorars jedoch zur Teilnahme bereit gewesen wären. Mahler verzichtete daraufhin auf ein Orchester und begnügte sich stattdessen mit einem Blechbläsersextett, das einen von ihm arrangierten Auszug aus dem Finale der Sinfonie spielte. Dafür wählte er bezeichnenderweise die Textstelle »Ihr stürzt nieder, Millionen ? Ahnest Du den Schöpfer, Welt ?« Obwohl sein Arrangement nicht bei der offiziellen Eröffnung, sondern nur anlässlich einer für Klinger anberaumten privaten Besichtigung erklang, zeigte sich der Künstler zu Tränen gerührt (Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 13. September 1902, S. 3). Die Wiener satirische Zeitschrift »Kikeriki« zweifelte übrigens daran, dass Mahlers aktueller Auftritt in der Secession Beethoven gefallen hätte. Vielmehr brachte sie eine vermutlich antisemitisch konnotierte Karikatur, auf der Beethoven den vor ihm flüchtenden Dirigenten mit seinem Umhang einfängt und ihm zuruft : »Hab ich Dich endlich ! Na wart’, Du Symphonieverhunzer !« (Kikeriki 42, Nr. 33 vom 24. April 1902, Umschlagrückseite ; vgl. Abb. 49). Die antiken und christlichen Motive, mit denen Klinger die Außenwände des Beethoven-Throns ausstattete, sollten nach Elsa Asenijeff »alles […] Beethoven

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Abb. 49 Karikatur aus der satirischen Zeitschrift »Kikeriki«, 24. April 1902

schildern, was Menschenherzen von Anbeginn des Bewusstseins bewegte, Leidenschaft, Sinnenfreude, Schmerz, Verzweiflung, das Verhältnis der Geschlechter zu einander« (Asenijeff o. J., 4). Ähnliches würde – bei großzügiger Auslegung  – durchaus auch auf Beethovens »Neunte« zutreffen, deren Satzfolge – zumindest latent – menschheitsgeschichtliches Pathos spiegelt : Einer Darstellung »vorzeitlicher« Schöpfungsdramatik im Kopfsatz folgt ein Gemälde der wild-bukolischen Bacchus-Welt ; das sich anschließende »Adagio« kann trotz »zärtlicherer« Töne – so eine Formulierung in den Skizzen – der Gegenwart nicht aufhelfen. Dazu bedarf es vielmehr eines Finales, dessen ›Rundgesang« die Grenzen zwischen Musikern und Hörern aufhebt und alle Beteiligten gemäß Schillers enthusiastischen Versen zu »Freunden« und »Brüdern« macht. 106

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Beethovens lebenslange Lektüre, die sich unter anderem aus den Eintragungen in die Konversationshefte rekonstruieren lässt, dokumentiert eine intensive Beschäftigung mit Apollo und Bacchus, Sokrates und Jesus, Prometheus und Alexander, Shakespeare und Rousseau, Kant und Schiller. Gedanklich ist von alledem manches in die »Symphonie mit Chören«, wie man die »Neunte« traditionell nannte, eingegangen. Freilich ist es ein Unterschied, ob Mythologisches und Philosophisches hinter den Tönen nur erahnbar ist, oder ob Ideen, die seinem Denken affin sind, an seinem Thron vom bildenden Künstler im Einzelnen sichtbar gemacht werden. Angesichts solcher Deutlichkeit mag sich zumindest der Musiker einer gern zitierten Äußerung Thomas Manns entsinnen, die Klingers luxuriöses Marmorwerk geradezu konterkariert : »Klingers schwacher kleiner Beethoven, der sich auf den großen Götterthron gesetzt hat und, sich inbrünstig concentrirend, die Fäuste ballt, – das ist ein Held« (Mann 2001, 357). Es bleibt die Frage, ob Beethovens Musik des Klingerschen Kommentars bedurft hätte, oder ob es nicht vor allem der Zeitgeist war, der an dem ideellen und materiellen Prunkdekor Gefallen fand. M. G.

Beethoven

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Fidus Beethoven, Tempelbild 1903 Aus der Zeitschrift »Jugend«

Beethoven, Tempelbild

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Abb. 50 Fidus, Entwurf für einen Beethoven-Tempel (1903)

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ie Forschung tut sich nicht leicht mit Fidus. Abqualifizierungen wie »parareligiöser Kitsch mit Hilfe stark erotisierter Körper« sind leicht zu haben und ja auch nicht gänzlich falsch. Auch das Wissen darum, dass Fidus bereits 1932 Mitglied der NSDAP wurde und 1941 ein großes Bildnis von Hitler entworfen hat, macht den Umgang mit seiner Kunst nicht gerade leichter. Schon 1922 hatte er nach einem starken Mann gerufen, einem Führer, der mit grobem Besen den Schmutz der Gegenwart auskehrt, der verdorbenen Kultur durch radikale Reinigung ein Ende macht. Seine »Tempelkunst« sollte die Menschheit erneuern helfen. In seinen Tempelentwürfen sollten große Geister als Vorbilder berufen werden, wobei deren Größe auch in riesigen Formen zur Anschauung kommen sollte. So schien ihm eine Genealogie kriegerischer Geister von Friedrich dem Großen über Bismarck zu Hitler, die auch die Nationalsozialisten beriefen, nur konsequent. Und schließlich wird man auch seine ausgeprägt nationalistische Wende schon im Ersten Weltkrieg und seine Nähe zur Vorstellung von Rassenhygiene nicht leugnen können. Unter diesen Umständen mag es irritieren, dass die Nationalsozialisten, denen er sich intensiv andiente, vorsichtig Abstand nahmen – was ihn tief enttäuschte, selbst wenn Hitler ihn 1936 zum Honorarprofessor ernannte. Letztlich waren die Differenzen ideologischer Natur ; Fidus’ theosophische Fundierung seines Denkens war den Nationalsozialisten verdächtig. Sie wurzelte in der Lebensreformbewegung, die um die Jahrhundertwende ihren Anfang nahm. Sie spaltete sich in verschiedene, bald vereinsmäßig organisierte Teilbereiche auf : Freikörperkultur, Hygiene, Vegetarismus, Architekturreform, Kleiderreform, Bodenreformbewegung, neue Wohn- und Arbeitsformen, Naturheilkunde, Wanderbewegung etc. Bei Fidus wurde das überwölbt von einer Lichtmetaphysik, die einen Vorschein einer gnostisch gedachten Erlösungshoffnung abgeben sollte. Selbst wenn Fidus die theosophische Tradition von Helena Blavatzky und später die anthroposophische Lehre von Rudolf Steiner sorgfältig studiert haben wird, so sind es doch individuelle Personen, die ihn geprägt haben und die er sich als seine Meister auserkoren hatte : Zuerst Karl Wilhelm Diefenbach, der der eigentliche Vorkämpfer der Lebensreformbewegung war, dem er sich eng anschloss, dann der theosophische Theoretiker Wilhelm Hübbe-Schleiden. In unserem Zusammenhang ist Diefenbach am wichtigsten, denn von ihm übernahm Fidus die Tempelidee mitsamt ihrer architektonischen Entwurfspraxis. Von Diefenbach stammt nach den Erfahrungen einer Ägyptenreise der Entwurf eines Kultbaues, der Wohn-, Arbeits- und Ausstellungsgebäude, aber auch Gruft sein sollte, im Inneren geschmückt mit riesigen Gemälden Diefenbachs, außen gekrönt von einer monumentalen Sphinxfigur (Abb. 51). Prägend Beethoven, Tempelbild

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Abb. 51 Karl Wilhelm Diefenbach, Entwurf eines Atelier- und

Ausstellungsgebäudes in Ägypten, um 1896

für derartige megalomane Entwürfe war auch die sogenannte Revolutionsarchitektur des späteren 18. Jahrhunderts. Die synkretistische Formensprache übernahm Fidus bei seinen Tempelentwürfen ab den 1890er Jahren. Er begann mit einem Tempel des Lucifer, des Lichtbringers, im Jahr 1892. Wie bei den weiteren Tempelentwürfen findet sich im Inneren das Kultbild, hier eine überdimensionierte Statue vor einem runden Lichtfenster, auf der Stirn trug Lucifer einen großen Strahlenstern (Abb. 52). Lucifer gilt als die Verkörperung des Morgensterns, des aufgehendes Lichts, in einer Gestalt mit ausgebreiteten Armen, wie Fidus’ berühmte, in vielen Variationen vorliegende Figur des Sonnenanbeters im Lichtgebet (s. u. Abb. 56). Fidus’ Tempel, besonders sein berühmtester, der Tempel der Erde (Abb. 53), entworfen ab 1895, haben keine Gemeinderäume. Von daher befindet sich etwa beim Tempel der Erde in Abb. 52 Fidus, Tempel des Lucifer, 1892, der Mitte des Baus ein großes WasBleistift auf Papier, Nachlass Fidus, serbassin mit dem Bild des Herrn der Sammlung der Berlinischen Galerie, Berlin 112

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Abb. 53 Fidus, Der Tempel

der Erde, Grundriss, 1901, Feder auf Karton, Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck

Erde im Zentrum. Der nach den Geschlechtern getrennte Weg zum Zentrum ist durch unterschiedliche bunte Lichtformen gekennzeichnet, bis man zum reinen weißen Licht kommt, womit ein Erkenntnisweg bis zum Mysterium markiert ist. Die Rolle des Heilsbringers sollten aber nicht nur abstrakte Wesenheiten, sondern auch bestimmte Geistesheroen erfüllen. So finden sich Tempelbilder etwa schon 1897 zu Goethe, der mit seinem riesig gedachten frontalen Bildniskopf von zwei antithetisch angeordneten Frauengestalten mit Lorbeer bekränzt wird (Abb. 54) ; er wird mit »macte [›Heil Dir‹] Imperator«, als verherrlichter Herrscher, angesprochen. Ihm folgt Beethoven mit einem Tempelbild, das zuerst 1903 in der Zeitschrift »Jugend  – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben« (Bd. 1, Nr. 1–26) erschien, 1910 noch einmal in einer Sammlung von Kunstdrucken aus der »Jugend« wiederaufgelegt wurde. Die Entwurfszeichnung ist verschollen. Später, 1939, beschriebt Fidus auf einer Beethoven, Tempelbild

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Postkarte, wie er sich das Bildnis umgesetzt gedacht hätte : »Das basaltdunkle Titanenhaupt trotzt in ein himmelblaues Oberlicht hinauf, das in blauen Kometen mit goldenen Kernen die dunkellila Kuppel herabzurieseln scheint. Die Sterne sinken in purpurne Andachtskelche, worin sie aufglühn, hinter dem marmornen Liede an die Freude.« Mit dem Hinweis auf Schillers Hymne wird natürlich auf die Neunte Sinfonie angespielt. Wie immer bei Fidus wird damit dem Gegenstand ein sublimes Pathos zugewiesen. Doch was macht die schlanke, von hinten gesehene nackte Frau mit lange schwarzen Haaren vor dem riesigen, Abb. 54 Fidus, Goethe-Tempelbild, 1897, in dunklem Marmor zu denkenden Gouache skulptierten Haupt Beethovens, dessen Augen die Pupillen fehlen, was den Blick leer und stechend zugleich macht, ihm aber zugleich auch antikische Würde verleihen soll. Die auf Zehenspitzen stehende weibliche Gestalt greift an Kinn und Lippen des Kultbildes, als wolle sie eine Kraftübertragung erwirken. Nimmt man die von Fidus gedachte Inszenierung hinzu, so wird aus Beethoven eine dräuende Lichterscheinung, und der Wunsch nach Verschmelzung des Irdischen mit dem Überirdischen wird offensichtlich. Diese nicht unserer Sphäre angehörenden frontalen, bannenden Monumentalköpfe wählt Fidus vielfach ; neben Goethe und Beethoven etwa auch für Böcklin oder Giordano Bruno. Aus diesem ersten Entwurf für ein Tempelbild wird ein ganzer Beethoven-Tempel. Fidus denkt 1911/12 an einen überkuppelten Rundbau, im Zentrum mit einem auf quadratischem Sockel aufruhenden nahezu ins Unermessliche gesteigerten Beethoven-Haupt, links und rechts darunter gerahmt von einem doppelten Reigen nackter Frauen, die sich an den Händen halten, wie ein griechischer Chor. Um das Haupt herum rieseln in der Tat die Sterne wie ein Sternschnuppenregen herunter. Die Monumentalisierung des Geistesheroen nimmt abenteuerliche Formen an, und man wundert sich nicht, dass Fidus Klingers Beethoven-Figur auf seinem Thron für viel zu klein und damit unbedeutend gehalten hat. Die Klingersche Dialektik von Emporhebung und Heroisierung auf der einen und leidendem Menschen auf der anderen Seite ist ihm entgangen. Schließlich 1917, also gegen Ende des Ersten Weltkrieges, wird Beethoven endgültig zum Inbegriff einer Verkörperung des deutschen Geistes in seiner 114

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kriegerischen, der Welt trotzenden Form. Vor einer kämpferischen Germania, die von unbekannten riesigen Soldaten als Verteidiger des Volkes und seiner Kulturheroen gerahmt wird, erscheint zwischen den nackten Brüsten der Germania Beethoven von ihren Händen gehalten mit hochgereckten, für den Lichtbringer stehenden Armen, grimmig dreinschauend (Abb.  55). Direkt neben ihm, vor allem aber zu seinen Füßen eine Ansammlung von bloßen Kopfbildnissen aller nur denkbaren deutschen Geistesheroen : Goethe, Mozart, Novalis, Kleist, Richard Wagner oder Schiller, aber auch von Bismarck und Friedrich dem Großen oder Königin Luise, damit alles seinen politischen Rahmen hat. Das Blatt mag absurde Züge besitzen, aber sein Titel lässt schaudern : »Germania’s Blut«, von Fidus auf mehreren Blättern ergänzt durch : »Es einzig tut«. Eine Blut und BoAbb. 55 Fidus, Germania’s Blut, 1917, Feder den-Ideologie zeichnet sich ab. auf Karton, Museum für Kunst und KulturHätten wir nur die Tempel- bzw. geschichte der Hansestadt Lübeck Tempelbildentwürfe, so würden wir kunsthistorisch mit Steiners »Goetheanum« oder den Entwürfen der von Bruno Taut gegründeten »Gläsernen Kette« vergleichen und Fidus in der Tradition durchaus sozial gedachter Architekturutopien verankern. Die folgende Entwicklung lässt uns an der Möglichkeit reiner Idealität zweifeln. Aus der Beethoven-Feier wird eine politische Beethoven-Vernutzung. W. B.

Im Kontext des zu seiner Zeit weit verbreiteten »Lichtgebets« von Fidus betrachtet, vereint dessen Entwurf zu einem Beethoven-Tempel von 1903 eine für die Beethoven-Rezeption des 19. und 20. Jahrhunderts charakteristische Polarität : die Schwere des gesenkten und umdüsterten Titanenhaupts und die Leichtigkeit der nach oben orientierten Lichtgestalt. Motivgeschichtlich gesehen, ist man an den sagenhaften Prometheus erinnert : Der Titan brachte den Menschen Feuer und Licht, wurde jedoch wegen dieses Raubs von den Göttern mit lebenslangem Leiden bestraft. Beethoven, Tempelbild

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Viele Zeitgenossen Beethovens haben in Napoleon den neuen Prometheus gesehen. Und nicht von ungefähr hat Beethoven zu Ehren des Korsen ein »heroisches Ballett« »Die Geschöpfe des Prometheus« komponiert und augenscheinlich die nachfolgende »Eroica« – zumindest auch – als eine Prometheus-Sinfonie verstanden wissen wollen. Er selbst, der seine Vorbilder in historischen Gestalten wie Alexander, Sokrates und Jesus sah, mag sich auch mit Prometheus identifiziert haben. Jedenfalls hat die Nachwelt entsprechende Parallelen gezogen. Man muss nur auf das Wiener Beethoven-Denkmal von Caspar von Zumbusch aus dem Jahr 1880 blicken : Am Sockel ist nicht nur der gefesselte Prometheus dargestellt, sondern auch die geflügelte, zum Licht strebende Siegesgöttin Nike. Da ist die Idee auf den Punkt gebracht : »Per aspera ad astra«, wie es der antike Philosoph Seneca ausdrückte. Oder »Durch Nacht zum Licht«, wie ein Gedicht des Beethoven-Zeitgenossen Ludwig Theobul Kosegarten (1758–1818) beginnt : Abb. 56 Fidus, Lichtgebet, 1913, Farblithographie »Via crucis, via lucis Durch Nacht zum Licht ! und wenn das grause Dunkel Auch rings um dich die Schöpfung hüllt. – Getrost ! getrost ! auf mitternächtlich Dunkel Folgt Sonnenaufgang lieb und mild […].« (Kosegarten 1788, 74) Schon früh ist das Motto »Durch Nacht zum Licht« programmatisch auf Beethovens »Fünfte« bezogen worden. Der Musikschriftsteller und Beethoven-Biograph Adolf Bernhard Marx bemerkt angesichts dieser Sinfonie um die Mitte des 19. Jahrhunderts : »Uns Allen ist die Losung : Durch Nacht zum Licht ! Durch Kampf zum Sieg gegeben« (Marx 1859, 66 f.). Und eine Generation später heißt es in Hermann Kretzschmars Konzertführer über Beethovens »Weg« in der »Fünften« : »Es ist der Weg ›aus Nacht zum Licht‹, per aspera ad 116

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astra, jener in der sinfonischen Kunst so oft gesuchte und noch öfters verfehlte Weg !« (Kretzschmar 1887, 88). Doch nicht nur dieser viel gelesene bürgerliche Konzertführer verbreitet jahrzehntelang das entsprechende Klischee. Auch die Arbeiterbewegung bedient sich seiner. So wünscht sich der Sozialdemokrat Heinrich Wiegand in einer Gedenkrede zum 100. Todestag Beethovens : »Niemand sollte, vor Augen den Menschen [Beethoven] und im Ohr seine Musik, aufrichtiger Ja ! dazu sagen, als ein Proletariat mit dem Ziel : Brüder, zur Sonne zur Freiheit !« (Wiegand 1929, 16). Der Künstler Fidus konnte in seinem Entwurf zu einem Beethoven-Tempel somit auf einer eingeführten Rezeptionskonstante fußen, modifizierte diese jedoch im Sinne seiner Zugehörigkeit zur damaligen Lebensreformbewegung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Menschheit von ihren Zivilisationsschäden, von ihrer Unterwürfigkeit gegenüber Staat und Kirche durch eine durch und durch naturgemäße Lebensweise zu erlösen. Dass diese Bewegung jede Art von Muckertum bekämpfte, schloss Heroenverehrung nicht aus. Im Gegenteil : Ein nicht christlich, sondern poly- oder pantheistisch gedeuteter Beethoven konnte mit Leben und Werk jener vagen Erlösungsreligion zuarbeiten, der die Lebensreformer zugetan waren. Dass der Lebensreformer Fidus der Jugend- und Wandervogelbewegung nahestand, schloss somit Bewunderung für Beethoven nicht aus. Zwar rieb sich die Jugendbewegung an einem in Konventionen erstarrten Konzertwesen. Insofern war es nur konsequent, dass Fidus die bürgerlichen Musentempel, zu denen die Musikliebhaber ihre städtischen Konzerthallen hochstilisierten, durch einen Tempel unter freiem Himmel ersetzten wollte. Jedoch gab es genug Jugendbewegte, die trotz aller Wandervogelromantik der klassischen Musik huldigten. Zu ihnen zählte etwa der Komponist und Musiktheoretiker August Halm  – ein Freund, Schwager und Mitarbeiter des Reformpädagogen Gustav Wyneken : Der Musiklehrer der Freien Schulgemeinde Wickersdorf präsentierte seinen Schülern die Werke Bachs, Beethovens und Bruckners als das Nonplusultra der Musik. Nicht nur seitens der Lebensreformer spielte die Lichtsymbolik damals in der Musik eine große Rolle. So überschrieb auch Gustav Mahler den vierten Satz seiner zweiten, der sogenannten »Auferstehungssinfonie« von 1894 mit »Urlicht« ; als Vortragsbezeichnung wählte er »Sehr feierlich, aber schlicht. Nicht schleppen«. Laut Natalie Bauer-Lechner sagte er über diesen Satz : »Das ›Urlicht‹ ist das Fragen und Ringen der Seele um Gott und um die eigene göttliche Existenz über dieses Leben hinaus.« (Kilian 1984, 27 f.). Von Rudolf Steiner, der 1892 von Beethoven als seinem LieblingskomponisBeethoven, Tempelbild

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ten sprach, ist die Äußerung überliefert, Beethoven habe als eine Reinkarnation des Prometheus gelebt (vgl. Keimeyer). Das ist bei aller Esoterik allemal sympathischer als ein Ausspruch des Dirigenten Hans von Bülow, dem übrigens das Heft der Zeitschrift »Jugend« gewidmet ist, zu dem Fidus den Entwurf zu seinem Beethoven-Tempel beisteuerte (Jugend 1903, H. 11, S. 1171). Der fulminante, zugleich selbstherrliche Beethoven-Dirigent widmete die »Eroica« im Jahr 1892 anlässlich einer von ihm dirigierten Aufführung dem eisernen Kanzler Bismarck : Da sich die Maxime der französischen Revolution »Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit« als »Wahn« und »böser Irrtum« erwiesen hätte, sei sie durch die Devise »Infanterie, Cavallerie und Artillerie« und der Name Napoleons durch denjenigen Bismarcks zu ersetzen (Geck/Schleuning 1989, 285). Zurück zu Fidus. Womöglich trug sein Entwurf für einen Beethoven-Tempel ironische Züge. Jedenfalls übte er implizit Kritik an dem großbürgerlichen Hang zu einem Monumentalismus, wie ihn in seinen Augen etwa das Hamburger »Riesendenkmal« für Bismarck spiegelte (Schilling 2006, 272). Überdies war die völkische Szene von seinem Entwurf so wenig angetan, dass es Fidus nichts nützte, dass er sich selbst zunehmend völkischen Vorstellungen zuwandte und sich früh bei den Nationalsozialisten anbiederte. Da half auch sein Lichtkult nicht weiter : Seinen »Beethoven« fand man kitschig ; zudem hatten die neuen Machthaber ihre eigenen »Lichtdome«. In diese passte freilich weiterhin Beethoven mit seiner »Fünften«, die sich sogar zunehmender Beliebtheit erfreute und damals als das von Wilhelm Furtwängler mit Abstand am häufigsten aufgeführte klassische Werk figurierte. 1935 schrieb der Musikwissenschaftler Arnold Schering, der sich gleichfalls vergeblich bei den Nationalsozialisten beliebt zu machen versuchte : »Das vage ›Per aspera ad astra‹ in der c-moll-Sinfonie würde, umgedeutet in das Bild des Existenzkampfes eines Volkes, das einen Führer sucht und endlich findet, sich in ein Sinnbild verwandeln, das gerade uns Deutschen der Gegenwart in voller Taghelle entgegenleuchtet« (Schering 1934, 83). M. G.

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Peter Breuer ›Beethoven in der Badewanne‹ 1910/1938 Rheinaue, Bonn

›Beethoven in der Badewanne‹

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Abb. 57 Peter Breuer, Beethoven-Monument, Granitfassung von Fritz Diederich, 1938, Bonn, Rheinaue

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XII   Peter Breuer

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ieses Denkmal hat eine lange Vorgeschichte und eine seltsame Nachgeschichte. Bereits um 1910 entwarf der Berliner Bildhauer Peter Breuer, der aus der Berliner Bildhauerschule, im Wortsinn, herausgewachsen war, sein Beethoven-Monument, mit dem er sein Oeuvre krönen wollte. Bis zu seinem Tod 1930 hat er dieses Ziel verfolgt. Er hatte auf der zweiten Stufe der Berliner Bildhauerschule, bestimmt durch Rauch und seine Eleven, begonnen, indem er bei Fritz Schaper studierte. Schnell musste er feststellen, dass er dessen strengen Stil nicht mehr teilen konnte. So wandte er sich dem barockisierenden, weich modellierenden Stil der Schule Reinhold Begas’ zu, der die dritte Stufe der Berliner Bildhauerschule markiert, womit die erste Stufe, verkörpert durch Gottfried Schadow, endgültig überwunden werden sollte. Doch mit seinem letzten Großprojekt, dem Beethoven-Monument, wollte Breuer diese Traditionen gänzlich hinter sich lassen, seine Modernität hervorkehren. Nicht sinnliche Anschauung, sondern kubische Reduktion auf Grundformen sollte vorherrschen. Das war nicht unumstritten, und so gab es von Anfang an vehemente Befürworter des Projektes und ebenso nachdrückliche Ablehnung. Nach dem ersten Modell entstand 1916 eine erste Gipsfassung, eine zweite wurde 1919, geringfügig verändert, auf der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt. Erst 1926 wurde in Berlin ein Wettbewerb zu einem Beethoven-Denkmal ausgeschrieben. Er zielte auf Beethovens 100. Geburtstag im Jahr 1927. Breuer beteiligte sich mit seinem Entwurf, andere Teilnehmer waren etwa Georg Kolbe (s. Kap. XIV ), Ernst Barlach (s. Kap. XIII ) oder Breuers radikalerer Schüler Rudolf Belling. Die Ausschreibung führte zu keinem Ergebnis, das Projekt wurde eingestellt. Inzwischen jedoch hatte sich ein Förderverein »Beethoven Ehrung Berlin Bonn 1927–1930« gebildet, der sich die Verwirklichung von Breuers Entwurf auf die Fahnen geschrieben hatte. Dem Förderkomitee gehörten bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Kulturlebens an : neben Breuer selbst etwa Alban Berg, Albert Einstein, Max J. Friedländer, Käthe Kollwitz, die Brüder Thomas und Heinrich Mann, Max Reinhardt oder Bruno Walter. Da Berlin Schwierigkeiten machte, wandte man sich bald Bonn zu. Den Förderverein leitete der Literat und Beethoven-Interpret Emil Tschirch, er verschickte Spendenaufrufe. Breuers Projekt war zu diesem Zeitpunkt bereits sehr viel umfassender angelegt. Das Monument sollte Teil einer großen gestalteten Platzanlage werden (Abb. 58). Die Sitzfigur Beethovens sollte von einer breiten Wand hinterfangen werden. Zunächst war nur an eine Schrifttafel gedacht mit der Aufschrift : »Ahnest Du den Schöpfer, Welt ? Such ihn überm Sternenzelt. Über Sternen muß Er wohnen.« Die Verse stammen aus Beethovens »Ode an die Freude« im Schlussteil der Neunten Sinfonie. Dadurch, dass das »Du« und das ›Beethoven in der Badewanne‹

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Abb. 58 Peter Breuer, Entwurf

für ein Beethoven-Denkmal in Bonn, 1926/27, Gipsmodell

»Er« groß geschrieben sind, beziehen sie sich eindeutig auf Gott. Allerdings : Herausgelöst aus dem Gesamttext der Ode können wir die Verse auch auf den göttlich inspirierten Künstler gemünzt lesen. In einer zweiten Phase sollten figürliche Reliefs angebracht werden. Bonn war interessiert, aber schlicht mittellos. Als Breuer 1930 starb, sollte sein langjähriger Mitarbeiter Fritz Diederich die Ausführung des in Granit gedachten Monumentes übernehmen. Weiterhin, trotz Sammelbemühungen, sollte sich die Finanzierung selbst der reinen Bildhauerarbeit als schwierig erweisen, bis sich 1936 die Reichskulturkammer einmischte und Tschirch gänzlich verdrängte. Dieser hatte sich zuvor um Unterstützung an Goebbels gewandt, ohne eine Antwort zu erhalten, dann direkt an Adolf Hitler, der in Berlin das Breuersche Modell sah, entschieden angetan war und aus seiner Privatschatulle erst 15 000 Mark, dann gar 22 000 Mark für die Umsetzung zur Verfügung stellte. Ferner hatte Tschirch, um sich den Nazis anzudienen, das Komitee »rasserein« gemacht, indem er alle jüdischen Mitglieder und dem Regime kritisch Gegenüberstehende entfernt hatte. Es hat ihm nicht geholfen. 1938 war die Bildhauerarbeit vollendet. Doch Bonn sah sich nicht in der Lage, zur großen Lösung beizutragen. Diese sah eine Aufstellung des Monumentes auf dem Venusberg mit Blick auf den Rhein vor, einen NS -Aufmarschplatz mit pylonenartiger Rahmung, gekrönt von Feuerschalen. Geradezu megaloman war die Überlegung, vom Venusberg herab eine breite Schneise durch die ganze Stadt Bonn bis zum Rhein zu schlagen. Nichts davon wurde umgesetzt. Vielmehr wurde Ende 1937 die Bastion am Alten Zoll auf dem Gelände der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität oberhalb des Rheins als provisorischer Aufstellungsort vorgesehen. So kam es, und damit wurde das Monu122

XII   Peter Breuer

ment endgültig zu einem »Geschenk des Führers«. Am 18. Dezember 1938, dem Geburtstag Beethovens, wurde das Denkmal feierlich eingeweiht. Fotos in der Tageszeitung zeigen die Honoratioren Bonns vorm Denkmal mit Hitlergruß. Nach dem Krieg wurde, wie es hieß, »die Schande für Bonn«, »das Kind der Nazizeit« abgeräumt und auf den Bauhof verbannt – nicht ohne 1977 eine späte Auferstehung zu feiern, die an Peinlichkeit kaum zu überbieten war. Das Denkmal wurde in Vorbereitung der Bundesgartenschau 1979 in die Rheinaue verpflanzt, um wieder von den Honoratioren Bonns feierlich eingeweiht zu werden. Bei der ersten Einweihung 1938 war der spätere Nachkriegsbürgermeister dabei, sein Sohn, ebenfalls Oberbürgermeister der Stadt Bonn, präsidierte der zweiten Einweihung. Welche Geschichtsvergessenheit ! Dennoch : Was kann Breuers Ent- Abb. 59 Sitzfigur der Isis, Mutter Thutmosis III ., um 1490 v. Chr., Granit, Ägyptisches Museum wurf dafür ? Das Erscheinungsbild Kairo des Monumentes hat benennbare kunsthistorische Quellen, die dem Monument etwas Archaisches geben sollten. Im Übrigen : Man kann auch fragen, ob Breuer eigentlich der Erfinder dieser stilisierten Form des Denkmals ist. Denn Franz von Stuck hat zur selben Zeit – man datiert eine kleine Bronzefassung »um 1909« – ebenfalls einen frontal sitzenden Beethoven auf einem Thron entworfen. Die Nähe der beiden Modelle zueinander ist ausgeprägt, wenn auch Stucks Beethoven breitbeiniger dasitzt und dadurch etwas Dräuend-Grübelndes erhält. Bei Breuer folgen die Form und die Wahl eines extrem harten, schwer zu bearbeitenden Materials der ägyptischen Kunst (Abb. 59). Das betrifft auch die gänzliche Frontalität, die Symmetrie und Ausdrucksstarre des Monumentes. Kopf, Hände und die aus dem stark stilisierten Überwurf herausragenden Fußspitzen sind als einzige Teile detailliert ausgearbeitet, alles andere ist in der ›Beethoven in der Badewanne‹

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Durchgestaltung vollständig reduziert auf glatte Partien. In dieser Spannung folgt das Monument gänzlich Sitzfiguren ägyptischer Gottheiten und Herrscherfiguren. So soll Beethoven als thronend und nicht von dieser Welt erscheinen. Die individuellen Züge werden einer Einbettung im Allgemeinen gegenübergestellt – ohne die Spannung aufheben zu sollen. Da in der Rheinaue absurder Weise die Plinthe, die das Monument unbedingt braucht, um aus seiner Umgebung herausgehoben zu werden, fehlt, scheint Beethoven im Rasen versunken und der Aneignung durch den Volksmund als »Beethoven in der Badewanne« nichts mehr entgegenstellen zu können. Was lehrt uns das ? Es gibt Kunstwerke, deren Verfassung sie für Missbrauch prädestinieren. Breuers Monument gehört offenbar dazu. Die archaische Form bietet wenig Möglichkeiten, die durchaus gemeinte dialektische Spannung zu reflektieren, zumal in der Umsetzung durch Diederich die von Breuer vorgesehene kristalline Klarheit der Grundformen gemäßigt wurde. Das Pathos wird zu bloßem Pathos, und das kann herhalten auch für ursprünglich nicht Angelegtes. W. B.

Abb. 60/61 Ansichtskarte

Alban Bergs an seine Verlobte (Vorder- und Rückseite), 1910, Wien, Nationalbibliothek

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XII   Peter Breuer

Dass zu dem »Ehren=Ausschuss« genannten Förderkomitee mit Alban Berg, Albert Einstein, Max Liebermann und den Brüdern Thomas und Heinrich Mann auch zahlreiche Künstler angehörten, die wenige Jahre später vom Nazi-Regime verfolgt wurden, muss nicht verwundern : Sie alle waren Mitglieder der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und in dieser Funktion angeschrieben worden. Archivalisch belegt ist dies etwa für Alban Berg. Von ihm verwahrt die Wiener Nationalbibliothek übrigens eine Ansichtskarte mit dem Heiligenstädter Beethoven-Denkmal an die Verlobte Helene Nahowska. Deren ironischer Text lautet : »Daß sich Wien nicht schämt, einen Musiker = blöden Kerl schon wieder ins Denkmal zu setzen ! Alb.« (Abb. 60/61). Haben die zuletzt genannten Künstler einen Entwurf des Denkmals gesehen, bevor sie sich öffentlich für dessen Ausführung einsetzten ? Das wäre insofern interessant zu wissen, als das fertige Denkmal, mit heutigen Augen gesehen, ja durchaus Momente eines den Nationalsozialisten affinen Brutalstils aufweist. Andererseits weist Werner Busch zu Recht auf das Vorbild ägyptischer Kunst hin. Wusste der Bildhauer, dass Beethoven an seinem Arbeitsplatz nach Angaben seines Schülers und Biographen Anton Schindler (Schindler 1927, T. 2, 372) »Inschriften aus dem Tempel der Göttin Neith in Egypten« unter Glas verwahrte ? – Nämlich die Worte : »Ich bin alles, Was ist, Was war, und Was seyn wird. Kein sterblicher Mensch hat meinen Schleyer aufgehoben.« M. G.

›Beethoven in der Badewanne‹

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Ernst Barlach Entwurf eines Beethoven-Denkmals 1926 Ernst Barlach Stiftung, Güstrow

Entwurf eines Beethoven-Denkmals

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Abb. 62 Ernst Barlach, Entwurf eines Beethoven-Denkmals, 1926, Gips ; 1927 vom Künstler zerstört

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XIII   Ernst Barlach

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uch Ernst Barlachs Entwurf zu einem Beethoven-Denkmal gehört zu den eingereichten Entwürfen zum missglückten Wettbewerb um ein Beethoven-Denkmal in Berlin 1926. Man hatte namentlich acht Bildhauer eingeladen, sich zu beteiligen : neben Barlach Rudolf Belling, Peter Breuer, Georg Kolbe, Hugo Lederer, Ludwig Manzel, Otto Placzek und Edwin Scharff (Abb. 63). Die Liste der Eingeladenen zeigt, dass man in Berlin nicht wusste, was man wollte. Die Beteiligten stehen für gänzlich unterschiedliche Kunstauffassungen. Aber man muss auch sagen, dass – historisch gesehen – das Denkmal oder genauer das Personendenkmal in der Krise war. Längst kritisierte man den Typus des Denkmals, das den zu Ehrenden als Person mit Porträtzügen wiedergab. Man ging auch so weit, personalisierte Denkmäler gänzlich abzulehnen. So entstanden die ersten abstrakten Denkmäler, die für eine Sache, nicht eine Person

Abb. 63 Der »Bilder-Courier«

präsentiert am 24. Oktober 1926 in einer Collage die Entwürfe zum Berliner Beethoven-Denkmal

Entwurf eines Beethoven-Denkmals

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standen. Erging jedoch die Aufforderung zu einem Personaldenkmal, so suchten die Künstler nach Kompromissen. Extreme Stilisierung der Form in der Wiedergabe der Person schien eine Lösung, rein architektonische Monumente mit Gebäuden, die nur der Name des zu Ehrenden zierte, eine andere. Allegorische Stellvertreter traten auf, Vielfiguriges statt einer einzelnen Figur. Die Unsicherheit war ausgeprägt, die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges ließen eine ungebrochene Verehrung eines Helden oder Heroen nicht mehr wirklich zu. Heroische Nacktheit, die über Jahrhunderte die Idealisierung und exemplarische Überhöhung besorgt hatte, funktionierte nicht mehr, sie schien – im Angesicht der Geschichte – unpassend, ja, peinlich – wie schon Napoleon begriff (s. Kap. IV ). Für einen längst historisch gewordenen Geistesheroen stellte sich das Problem etwas anders dar. Man konnte ihn zum Vorbild in schwierigen Zeiten erklären. Insofern haben gleich mehrere der am Berliner Wettbewerb Beteiligten, als dieser noch im selben Jahr scheiterte, weiter um eine adäquate Form für ein Beethoven-Denkmal gerungen, z. T. über Jahrzehnte, und die Ergebnisse konnten unterschiedlicher nicht sein. Um die Bandbreite anzudeuten, stellen wir in diesem Buch drei aus diesem Wettbewerb hervorgegangene Lösungen vor. Im vorigen Kapitel Peter Breuers ›Beethoven in der Badewanne‹ sowie neben Barlachs Versuch im folgenden Kapitel Kolbes Entwurf. Barlachs Entwurf ist extrem. Er zog auch in der zeitgenössischen Presse die stärkste Kritik auf sich ; man muss ihn wohl noch heute in seiner Gesamtheit als schlicht misslungen bezeichnen. Einerseits schwebte ihm ein hoher Turm vor : zwölf bis dreizehn Meter in der Höhe für das Gesamtmonument waren vorgesehen. Barlach mag an die überall wir Pilze aus dem Boden schießenden Bismarck-Türme gedacht haben oder auch an Hugo Lederers Bismarck-Denkmal in Hamburg von 1906, denen er ein Monument für einen Geistesheroen gegenüberstellen wollte. Auf der anderen Seite sollte sein Turm von einem riesigen Beethoven-Haupt bekrönt werden – mit erstaunlich zauseliger Frisur. Das konnte nicht wirklich zusammengehen. Zumal der architektonische Rundschaft der Säule mit zehn auf hohen schmalen Halbsäulen stehenden gotisierenden überlängten Halbfiguren, die als die Lauschenden bezeichnet wurden, geziert war. Darüber, vor der konischen Verengung des Turms, stand in großen Lettern »Beethoven«. Man kann nicht umhin, den darüber befindlichen Kegelmantel, zumal ihm ein Kragen und gar Armstümpfe appliziert zu sein scheinen, als Beethovens stilisierten Oberkörper zu sehen, ja, die ganze Figur als Beethovens abstrahierten Leib. Obwohl dies, wie es scheint, nie beobachtet wurde, scheint es nicht gänzlich abwegig. Denn 1909 hatte sich Barlach in Reaktion auf Lederers Denkmal selbst an zeichnerischen Entwürfen für ein Bismarck-Denk130

XIII   Ernst Barlach

mal versucht. Er dachte zuerst an gewaltige Substruktionen und einen in stilisierten Kompartimenten unterteilten, daraus hervorwachsenden Berg, aus dessen Gestein sich die sitzende monumentale Figur Bismarcks herausschälen sollte, bekrönt mit seinem Haupt. Dass Berg und Figur in eins gehen und gelesen werden sollten hat Barlach 1909 in einem Brief selbst ausgesprochen : »Sockelaufbauten und sogenannte Architektur laß’ ich aus. Entweder aus dem Berg eine Figur oder den Berg als ›Sockel‹.« Das Problem, das sich auch beim Beethoven-Denkmal in der Synthese von Turm und Figur stellt, liegt schlicht darin begründet, dass abstrakte Architekturformen und konkrete Porträtzüge, bei aller Stilisierung, nicht harmonieren. Der Kopf wirkt wie aufgepfropft, wie ein figürlicher Korken auf einer Flasche. Sieht man den Turm als Beethovens Leib, so begreift man, warum Barlach selbst von seinem Entwurf als von einem »Monstrum« spricht, und es gefertigt zu haben, für eine »Torheit« (Berger 2001, 87) hält, andererseits aber auch später noch an der Abb. 64 Ernst Barlach, Beethoven (Entwurf für ein Denkmal), 1926, Gips (unter Schellack) Grundidee des Monumentes hängt. Die Synthese von abstrakt und konkret bleibt für ihn eine zu lösende Aufgabe. Ferner darf man daran erinnern, dass einen Berg als Figur zu verstehen eine alte kunsthistorische Aufgabe darstellt, von der Barlach gewusst haben dürfte. Es sei nur verwiesen auf die Figur des Apennin, die man Giovanni da Bologna zuschreibt, im Park der Villa Pratolino bei Florenz, wie sie etwa auf einer Radierung von Stefano della Bella von 1653 dargestellt ist. Aus der Höhlung des Apennin schält sich seine Verkörperung heraus. Barlachs Entwurf, der die auseinanderstrebenden Tendenzen zusammenzwingen wollte, musste scheitern. Aber er begriff, dass ihm mit Beethovens Haupt eine besondere Prägung gelungen war. Den Gipsentwurf des Kopfes von 1926 ließ er 1928 mit einer Höhe von knapp 50 cm in Bronze gießen (Abb. 64) – und diese Lösung ist faszinierend. Ein typischer Barlach-Kopf mit hervorquellenden, geschlossenen Augen, die in einem Rundbogen erhobenen Brauen führen in parallelen Bögen zur kantigen Nase, der Mund ein Strich mit Entwurf eines Beethoven-Denkmals

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Abb. 65 Ernst Barlach, Fries der Lauschenden : Die Träumende, Der Gläubige, Die Tänzerin, Der Blinde, Der Wanderer, Die Pilgerin, Der Empfindsame, Der Begnadete, Die Erwartende ; 1930–1935, Holz, Ernst Barlach Haus, Hamburg

heruntergezogenen Mundwinkeln, doch um das Haupt stachelige Spitzlocken. Es gelingt Barlach, Porträtähnlichkeit zu wahren, zugleich aber eine extrem abstrahierte und dennoch höchst eindrücklich spannungsgeladene Form zu entwerfen. Beethoven ist in sich versunken und zugleich sprießen die Gedanken im widerspenstigen Haar. Der Beethoven-Kopf gehört in die Reihe der unverwechselbaren Köpfe Barlachs und stellt eine seiner verblüffendsten Lösungen dar. W. B.

Es wäre verfehlt, Wilhelm Furtwängler als Beethoven-Dirigenten allein dem Diskurs ›Kolbe‹ (vgl. Kap. XIV ) zuordnen zu wollen : Er gehört auch in den Diskurs ›Barlach‹. Denn es gibt ja nicht nur Kolbes trotzige Antwort auf die bürgerliche Krise der Nachkriegsjahre : ›Wir lassen uns den Schneid nicht abkaufen !‹. Vielmehr gibt es auch den introvertierten und nachdenklichen Barlach. Dieser will nicht mittendurch; er will Spielräume menschlichen Verhaltens ergründen – und zwar gerade solche des Versunken-Seins, des Harrens und Empfangens. Der Entwurf seines Beethoven-Denkmals mag missglückt sein ; seine Intention ist jedoch bewegend : Wie vor ihm vielleicht nur Albert Graefle mit seinen »Intimen bei Beethoven«, ist Barlach darauf aus, Haltungen der Hörer darzustellen. Es spricht für sich, dass der vom Haupt Beethovens bekrönte Turm des Denkmals mit Halbfiguren versehen werden sollte, die er ausdrücklich »Lauschende« nannte. Nach dem Scheitern des Denkmal-Projekts verwirklichte Barlach diese Idee, indem er die zunächst vorgesehenen zehn Figuren um eine reduzierte und die verbliebenen neun zwischen 1930 und 1935 unter dem Thema »Fries der Lauschenden« in Holz schnitzte (Abb. 65). (Der Fries war für eine geplante Musikhalle in Bielefeld gedacht.) 132

XIII   Ernst Barlach

Der Fries der Lauschenden hat zwar unmittelbar nichts mit Beethoven und seiner Musik zu tun, spiegelt aber doch die ehrfürchtige Haltung, mit der Barlach der Musik gegenübertrat, wo sie ihn anrührte. Der Gewalt des Krieges die Macht der Musik gegenüberstellend, notierte er zu Beginn des Ersten Weltkriegs in einem Tagebuch beim Hören von Kängen, die abends aus der Nachbarschaft zu ihm herüberdrangen : »Es schien echte Musik und erschütterte mich so stark wie die Kriegserlebnisse. Eine andere Welt zog mich unversehens an sich, da schaltete wie hier die höchste Gewalt mit den Seelen, und die Gewalt brach sich als Unendlichkeit im stillen Spiegel klarer Klänge, einfacher Töne. Wenig und Alles, wie das Stück Sternhimmel in einer Pfütze gespiegelt ebenso unermeßlich ist wie der ganze Weltraum« (Barlach 2007, 31 f.). Während der Arbeit am Fries der Lauschenden gab Barlach dem Auftraggeber Hermann S. Reemtsma zu verstehen, er wolle »Dissonanzen von vornherein vermeiden« bzw. sie Abb. 66 Ernst Barlach, Der singende Mann, »auflösen« und zur »Harmonie lei- 1928, Bronze, Nationalgalerie, Berlin ten« (Barlach 1969, Bd. 2, 526). Viele seiner singenden, fiedelnden oder blasenden Musikergestalten lassen etwas von jener inneren Ekstase oder Versunkenheit spüren, die der alsbald vom nationalsozialistischen Regime Verfemte in seiner Kunst zu beschwören gedachte (Abb. 66). Nicht von ungefähr fand Barlach, der in seiner Jugend auch für Richard Wagner geschwärmt hatte, mehr und mehr zur Musik Johann Sebastian Bachs, die er als einen »in den Himmel ragenden Gipfel« bewunderte. Bach verkörpere »am spürbarsten [das] Schalten und Walten des unbegrenzten Willens zur Gestaltung in absoluter Freiheit«. Auch über Bach hinaus glaubte Barlach, »durch Musik dem Schöpferischen an sich am nächsten zu gelangen« (ebd., 290). Und stets ging es dabei auch darum, der »Stimme der Stille« zu lauschen : »Gottes Stille ist gewaltiger als Gottes Donner« (Barlach 1959, 551). Im Januar 1934 kommentierte er gegenüber Friedrich Schult eine BachÜbertragung des Rundfunks mit den Worten : »Ich habe vier Stunden die MatEntwurf eines Beethoven-Denkmals

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thäuspassion gehört, eine Aufführung ohne Makel. Es lockt mich, etwas zu machen, was darüber und dahinter ist. Ich lege manchmal etwas dazu« (Schult 1985, 25). Seinen Verleger Reinhard Piper erinnerte er im April 1919 daran, dieser habe von der »Matthäuspassion« behauptet, ihr gegenüber sei »alles andere (an Musik) […] Beschiß« (Barlach 1969, Bd. 1, 543). In seinem letzten literarischen Werk, »Der gestohlene Mond«, nannte Barlach die h-moll-Messe, die er 1921 in Kiel gehört hatte, ein Werk mit heiligen »Formeln aus der musikalischen Geheimsprache« und eine »Sprache der überweltlichen Allgemeinheit und Gültigkeit in den Bereichen des Jenseits von allem gemeinen Verstehen« (Barlach 1959 a, Bd. 2, 631). Auch Beethoven war Barlach keineswegs unbekannt. Anlässlich eines Güstrower Beethoven-Festes vom Sommer 1921 nahm er an einer Aufführung der Neunten Sinfonie teil und seufzte danach gegenüber Piper : »Das ist Segen, und der Fluch wird aufgehoben, aber leider – wieder aufgelegt« (Barlach 1969, Bd. 1, 629). Zwar habe er, so schrieb er Anfang 1932 dem Goethe-Herausgeber Hans Thimotheus Kroeber, den »Entwurf zum Beethoven-Denkmal […] mehr aus allgemeiner Vorstellung von der titanischen Persönlichkeit als infolge einer Inspiration durch ein Klanggebilde gemacht« ; gleichwohl bekenne er : »Beethoven aber ist, war und bleibt«. Und er fügte hinzu, dass er »in guten Stunden ahnenderweise dem Schöpfer auf die Hände blicke und versuche, nachbildend Rechenschaft zu geben vom Architektonischen seines Werkes« (Barlach 1969, Bd. 2, 289 f.). M. G.

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XIII   Ernst Barlach

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Georg Kolbe Beethoven-Denkmal 1926–1947/1951 Taunusanlage, Frankfurt am Main

Beethoven-Denkmal

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Abb. 67 Georg Kolbe, Beethoven-Denkmal, 1926–1947/1951, Bronze,

Taunusanlage, Frankfurt am Main

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XIV   Georg Kolbe

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s ist nach wie vor nicht einfach, mit der Kunst Georg Kolbes umzugehen. Auch die Nazis waren sich nicht sicher. Einerseits versuchten sie Kolbe zu vereinnahmen, interpretierten seine Athletenfiguren in ihrem Sinne. Kolbe war regelmäßig und mit Erfolg auf den Großen Kunstausstellungen vertreten. Andererseits wurden seine Figuren abgelehnt, wie vor allem die große aufsteigende Figur, die zweite Fassung von »Zarathustras Erhebung« (Abb. 68 zeigt die Fassung IV ) von 1937. Sie war 1939 für die Nietzsche-Halle von Paul Schultze-Naumburg in Weimar vorgesehen. Doch brauchte es für die Aufstellung die persönliche Genehmigung Hitlers, die dieser 1940 in einer sehr direkten, rüden Weise verweigerte. Offenbar war Kolbe nicht wie Josef Thorak oder Arno Breker gänzlich der Nazi-Ideologie zu integrieren. Dabei ist Kolbe in den 1930er Jahren dem offiziellen Stilideal deutlich entgegengekommen. Die frühere Bewegtheit Abb. 68 Georg Kolbe, Zarathustras Erhebung IV, 1932/47 (Entwurf), Neuguss 1950, Bronze, der Figuren wird zurückgenommen, Georg Kolbe Museum, Berlin die malerisch-bewegten Oberflächen werden glatt, die Körper werden statuarisch, hoch aufgerichtet, athletischer und kompakter. Ihre zumeist sehr allgemeinen Benennungen ließen sich leicht im Sinne der »Bewegung« zuspitzen. Der »junge Streiter« von 1935, den Kolbe im Zarathustra-Zusammenhang sah, konnte problemlos zur soldatischen Figur werden, das »Menschenpaar« von 1936 konnte für den »neuen Menschen« einstehen etc. Die Dinge grenzten stark aneinander, auch Kolbe vertrat ein hohes Menschenbild, selbst wenn seines sich stärker aus der Nietzsche-, aber auch Stefan George-Tradition speist. Ihm lag eine geistige Verklärung näher, Heroen waren für ihn Geistesheroen. Wie nun gewinnt vor dieser Folie das Beethoven-Denkmal seinen Ort ? Seine Planung geht zurück bis 1926, es gab verschiedene Entwürfe und konzepBeethoven-Denkmal

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Abb. 69 Georg Kolbe, Ring der Statuen, 1933–1947, Bronze, Basalt-Lava, Rothschildpark, Frankfurt am Main

tuelle Zuspitzungen, Kolbe hat an diesem Projekt bis an sein Lebensende 1947 gearbeitet, den endgültigen Bronzeguss und seine Aufstellung jedoch nicht mehr erlebt. Sie fand erst 1951 in Frankfurt statt. Kolbe hatte dabei einen besonderen Förderer, seinen Freund, den Kunsthistoriker Alfred Wolters, Leiter der für die Moderne zuständigen Städtischen Galerie in Frankfurt. Er sorgte für den Guss, den Ankauf und die Aufstellung zweier Kolbescher Großunternehmen. Neben dem Beethoven-Denkmal für den von 1933 bis 1947 entstandenen »Ring der Statuen« (Abb. 69), bestehend aus acht stehenden Figuren, kreisförmig neben Stelen angeordnet, vier männliche und vier weibliche einander zugewandte Gestalten, 1954 im Rothschild-Park in Frankfurt aufgestellt. Kolbe hatte sein Beethoven-Denkmal ursprünglich, trotz anfänglicher entschiedener Abneigung, im Rahmen des Juli 1926 in Berlin überstürzt ausgeschriebenen Wettbewerbs um ein Beethoven-Denkmal auf dem Blücherplatz in Berlin vor der Volksbühne entworfen. Die Modelle sollten bis Oktober geliefert werden, endgültiger Aufstellungstermin des Denkmals sollte der 26. März 1927 sein, der 100. Todestag von Beethoven. Es handelt sich um denselben Wettbewerb, zu dem auch Peter Breuer seinen sitzenden Beethoven als Modell entwarf (s. Kap.  XII ) oder Barlach seinen turmartigen Beethoven (s. Kap.  XIII ). Keines der von den acht Künstlern eingereichten Modelle scheint das Preisgericht überzeugt zu haben. Das Verfahren wurde abgebrochen, ein neuer Wettbewerb sollte ausgeschrieben werden, wozu es nicht kam. 138

XIV   Georg Kolbe

Kolbe war, empört über die kurzfristige Terminierung, mit seiner Frau in die Schweiz gefahren, doch die Idee zu einem Beethoven-Denkmal arbeitete in ihm. Am Rhone-Gletscher entwarf er eine Reihe von Gletscher-Zeichnungen. Aus der Wiedergabe der Gletscherklüfte schälte er die Grundidee für ein aus drei Figuren bestehendes Beethoven-Denkmal heraus. Wir erfahren dies aus einem Buch von Alfred Wolters, erschienen unmittelbar vor und zur Begleitung der Aufstellung des Denkmals 1951, in dem er detailliert den gesamten Weg der Entstehung des Monumentes in allen Stufen der Entwürfe nachzeichnet. So dankbar wir für die Insiderinformationen sein müssen  – das Buch ist auch ein fürchterliches Stück Kunstgeschichtsschreibung. Denn mit überbordendem Pathos und verklärendem Idealismus wird hier der Schöpfungsprozess als titanische Entäußerung beschrieben, dem Gegenstand vermeintlich angemessen, als Zeugungsakt und Geburt eines überhistorischen, für die Ewigkeit geschaffenen Monumentes, als tiefster Ausdruck der deutschen Seele. Der Künstler prometheisch wie der vergötterte Beethoven. Der kämpferische Drang zur Freiheit löst das Werk aus aller irdischen Bedingtheit. Der Künstler kämpft titanisch um die Überwindung des Elementaren und eröffnet mit seinem Werk den Weg zum Überirdischen. Nun könnte man dies, was noch beliebig zu vermehren wäre – von der Verschmelzung des Geistigen mit dem Stofflichen ist die Rede oder vom Getriebensein innerer Gewalten, von berauschenden, kaum noch fassbaren Formen, gar von Monumentalität als Zeichen von Humanität  –, abtun als schlechtes, zeitgebundenes, noch vom Expressionismus geprägtes Feuilleton, doch so einfach ist das nicht. Die ganze Verklärung und Überhöhung dient (und soll dienen) der Herauslösung von Künstler, Werk und Interpreten aus jedem historischen Zusammenhang, ferner der Rechtfertigung all der Kompromisse, die Künstler und Autor im Dritten Reich eingegangen sind. Sicher : Der Künstler war kein bekennender Parteigänger, und der Autor hat zwischen 1933 und 1945 Bestände der modernen Kunst vor den Nazis in Sicherheit gebracht – zugleich aber in großem Stil die Chance genutzt, enteignete jüdische Kulturgüter günstig zu kaufen, um sie dem Museum einzuverleiben. Und verstanden hat er dies, ohne jedes Schuldbewusstsein, als Rettung des Erbes für die Menschheit. Der nach dem Krieg in allen Facetten zu findende Neuhumanismus, dem sich auch eine Fülle kompromisslerischer Künstler verschrieben, legte im Namen eines scheinbar unangreifbaren Menschheitsbegriffs einen Schleier über alle historischen Zusammenhänge und Verstrickungen. Dies wäre hier nicht zu erwähnen, wenn es letztlich nicht auch Auswirkungen für das endgültige Aussehen des Beethoven-Denkmals gehabt hätte. Wir hatten gesagt, Kolbe sei von den Gletscher-Zeichnungen ausgegangen. In die Beethoven-Denkmal

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von Spalten getrennten Eisbahnen hatte er Figürliches hineingelesen. Daraus resultierte ein erster in Berlin eingereichter Entwurf einer weitgehend verhüllten, in sich eingeschlossenen Einzelfigur, als müsse sie sich aus dem Eis befreien. Zugleich reichte er einen zweiten Entwurf mit drei Figuren ein. Ein sitzender, immer noch hermetischer Beethoven, hinterfangen von zwei in einen Gesamtblock eingeschlossenen weiblichen Figuren : die eine gesenkten Hauptes, die andere die Gesamtfiguration überragend mit freiem Blick und leicht geöffnetem Mund. Diese Gesamtkonstellation wird weitgehend Bestand haben, die Begleitfiguren werden als die Genien Beethovens bezeichnet, die eine verstanden als sinnend – sie wurde nach dem Bilde von Kolbes verstorbener Frau gestaltet –, die andere als der rufende Genius. Im weiteren Sinne scheint sich Kolbe bei der antithetischen Gegenüberstellung der Genien an Michelangelos Tag- und Nacht-Figuren zu orientieren, die das Grab und die Sitzfigur des MediciHerzogs Giuliano in der Medici-Kapelle in San Lorenzo in Florenz rahmen : die Nacht gesenkten Hauptes mit geschlossenen Augen, der Tag erwachend mit erhobenem Haupt und Abb. 70 Georg Kolbe, Entwurf zum Beethoven-Denkmal, 1926/27, Gips, Blick in die Ferne. Kolbe selbst rekurGeorg Kolbe Museum, Berlin rierte im Zusammenhang mit seinem Denkmal auf Michelangelo. Die nächste Stufe erreicht Kolbe mit dem im Georg Kolbe Museum in Berlin aufbewahrten Modell von 1926/27 (Abb. 70), unabhängig vom Denkmal-Wettbewerb. Beethoven hat sich erhoben, die Arme gekreuzt mit geballten Fäusten. Sein Kopf ist leicht geneigt und weist bewusst nur geringe Porträtähnlichkeit auf. Kolbe schreibt dazu : »Nicht Beethoven selbst dürfte es sein, nicht sein Porträt, sondern seine Übersetzung – ein Heros … Also weg vom Porträt und vom Sitzen – aufrecht musste ein Heros stehen, den die inneren Gesichte treiben.« (Berger 1990, 103). Wir würden vielleicht von Beethoven als Idee sprechen, Kolbe berief an anderer Stelle, etwas irritierend, den ›Begriff‹ 140

XIV   Georg Kolbe

Beethoven. Dennoch ist die Passage interessant. Nicht die Individualität Beethovens ist sein Thema, sondern der Inbegriff eines Künstlers, der mit seinen musikalischen »inneren Gesichten« ringt. Wolters sah diesen Entwurf 1936/37 bei Kolbe und konnte ihn animieren, die Arbeit am Denkmal wieder aufzunehmen. Er erreichte es auch, dass die Stadt Frankfurt 1938 einen Auftrag zur Vollendung des Denkmals erteilte. So gut wie gleichzeitig erreichte Kolbe der Auftrag für ein Franco-Porträt. John Heartfield machte zu beiden Aufträgen eine bitterböse Fotomontage unter dem Titel »Brauner Künstlertraum«, indem er auf den Uniformkörper Francos Beethovens grimmiges Haupt setzte und die Figur über die Leichen von Kindern und einer Mutter marschieren ließ, in der Rechten trägt dieses Mischwesen einen todbringenden Dolch, in der Linken eine kleine Violine, als solle sie mit dem Dolch gespielt werden. In zugespitzter Form bringt Heartfield das Grundproblem auch des Denkmals auf den Punkt (Abb. 71).

Abb. 71 John Heartfield,

Brauner Künstlertraum, Kupfertiefdruck, Doppelblatt aus VI (Volks-Illustrierte), Nr. 29, 20. Juli 1938

Beethoven-Denkmal

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Was immer Kolbe vorgeschwebt haben mag, sein Beethoven wird nicht ohne die Zeitumstände zu denken sein. Dabei ist das nun, 1939, entworfene dritte Model noch nahe am zweiten. Allerdings sind die im Entwurf mittelgroßen Figuren (1,30–1,40 m) bereits stärker voneinander getrennt, aber noch ist Beethoven in sich gekehrt, von eher schlanker Figur, und seine Genien in ihrer Antithese, wie sie oft bei Beethoven-Monumenten berufen wird, etwa als Gegenüberstellung von »Pastorale« und »Eroica«, bestimmen ihn letztlich noch, machen seine »begriffliche« Fassung aus. Doch nun folgt im selben Jahr das Gussmodell, und jetzt zollt Kolbe dann doch dem Zeitgeist Tribut. Beethoven wächst über alles hinaus, seine Genien werden zurückgesetzt und verlieren an Bedeutung. Beethovens Haupt ist nicht mehr leicht gesenkt, sondern herausfordernd an die Welt gewandt, die linke Faust vor der Brust ist vergrößert, sein Blick nun entschieden grimmig, ja, abschätzig. Notwendig ist dies für Wolters die Krönung aller Bemühungen Kolbes, und so wird auch das Gussmodell in die nun vier Meter hohe Figurengruppe umgesetzt und noch dazu auf einen ein Meter hohen Sockel gehoben und beherrscht an seinem Aufstellungsort einen großen Platz. Erst jetzt scheint für Wolters der Inbegriff von Beethoven uns frei entgegenzutreten. Frei, aber ohne einen aus seiner Musik gewonnenen Ausdruck und ohne die Zerrissenheit des modernen Künstlers zu thematisieren ? Und frei für wen oder was ? W. B.

Ich greife Werner Buschs Stichwort ›Neuhumanismus‹ auf und habe wie er weniger die entsprechende Erscheinung des fortgeschrittenen 18. Jahrhunderts im Auge als ihre kulturelle Neubelebung in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg : Neuerlich sucht man nach überzeitlichen Werten jenseits kirchlicher und staatlicher Ideologien und möchte sie im Fall Beethovens in dessen vermeintlich reinem Menschen- und Kämpfertum finden. In diesem Sinne stellt Kolbe Beethoven erstmals in ganzer Nacktheit und zudem in der Endfassung des Denkmals ohne Beachtung seiner typischen Gesichtszüge dar. Zwar stellt der Bildhauer dem zeitlos erscheinenden Titanen eine »sinnende« und eine »rufende« Genie zur Seite ; doch sind auch diese allegorischen Figuren weit weniger an Person und Schaffen Beethovens orientiert als man es von dem Decorum der Denkmäler eines Hähnel, Zumbusch, Baerer oder Klinger gewohnt ist. Buschs kritischen Unterton aufgreifend, darf man da gewiss von Neuhumanismus sprechen und zugleich an zwei deutschsprachige Beethoven-Deuter dieser Zeit erinnern, die angesichts ihrer jüdischen Wurzeln nicht von vornherein verdächtigt sind, der Ideologie des Nationalsozialismus zugearbeitet zu 142

XIV   Georg Kolbe

Abb. 72 Seite aus Fritz Cassirers Buch »Beethoven und die Gestalt« (1925)

haben : Gemeint sind der Dirigent und Musikdenker Fritz Cassirer und der von Anfang an fachlich umstrittene, jedoch bis heute maßstabsetzende Wiener Musiktheoretiker Heinrich Schenker. Cassirer, Mitglied der berühmten Cassirer-Familie, veröffentlichte 1925 ein Buch mit dem Titel Beethoven und die Gestalt, in dem er, ohne nach rechts oder links zu blicken, Beethovens Musik auf den Spuren von Goethes Morphologie als einen in ständiger Entwicklung begriffenen Prozess zu beschreiben suchte (Abb. 72). Von Beethovens Motivik ausgehend, formulierte er in expressionistischer Emphase : »Motiv in Genese, geboren – gebärend, stetig sich wandelnd, unendliche Reihe flüchtender Stufen, eine Variable ! – Das sollte nun werden !« (Cassirer 1925, X). Was für Cassirer Goethes »Urpflanze«, war für Schenker die »Urlinie«. Für ihn zählten nur die »Gesetze« von »Urlinie«, »Ursatz« und Stimmführungs»Zügen«. Sie allein standen für den »wahren Gehalt« der Werke – freilich nur für denjenigen der »deutschen Meisterwerke« von Bach bis Brahms, während Schenker die Analyse anderer Musik kaum der Mühe wert erschien. Beethoven-Denkmal

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Es ist wohl nicht zu kühn, einen Vergleich zwischen der nackten Beethoven-Gestalt Kolbes und den musikalischen Analysen von Cassirer und Schenker zu ziehen : Denn diesen beiden ging es darum, ihrerseits die nackte Struktur der Musik herauszuarbeiten  – und damit deren Überpersönliches und Überindividuelles vom beliebig Interpretatorischen zu trennen. Zwar ist und bleibt Beethoven für sie ein Genie, dem es keiner gleichtut ; jedoch erfüllt dieses Genie gleichsam einen höheren Willen – geradezu das »Gesetz« der Musik. So ist der Beethoven, den Schenker in der Widmung seiner »Eroica«-Analyse von 1930 ausdrücklich als »Helden« feiert, zwar ein Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt, doch zugleich nur Bote, der nicht weiß, was er tut. Wenngleich solches angesichts der Biographien von Cassirer und Schenker nicht leicht auszusprechen ist : Die von Hitler gern beschworene »Vorsehung« steht hier am Horizont ; zumindest sind wir nahe an einer dem Nationalsozialismus willkommenen Beethoven-Ästhetik ; denn auch deren Vertretern missfiel jede Art von Deutung und Hermeneutik. Folgerichtig ging man mit dem angesehenen Musikforscher Arnold Schering arg ins Gericht, als dieser – in freilich halsbrecherischer Weise – Beethovens Sinfonien, Quartetten und Sonaten literarische Programme zu unterlegen suchte – etwa der »Eroica« Homers »Ilias«. Beethoven sei kein »dürftiger Tonfilm-Illustrator« gewesen, so hieß es daraufhin in einer Besprechung aus dem Jahr 1936 ; vielmehr habe er eine »gesunde, eigenwüchsige Musik« komponiert, die auf »literarische Krücken« verzichten könne (Geck/Schleuning 1989, 360). Wenn schon Beethoven-Deutung, dann als Chefsache  – also nach dem Motto : Beethoven tönt – die Worte spricht der Führer ! Bereits in einer Rede zum Beethoven-Gedenkjahr 1927 hatte Alfred Rosenberg, Chefideologe des Nationalsozialismus, im »Völkischen Beobachter«, dem Parteiblatt der NSDAP, Beethovens Musik zum Vehikel seiner nationalsozialistischen »Bewegung« gemacht und demgemäß getönt : »Denn wir leben heute in der Eroica des deutschen Volkes« (ebd., 344). Das entsprach einem Spruch der Hitlerjugend : »Du bist nichts, dein Volk ist alles !« Jeweils ging es um die Auslöschung des Individuums zugunsten des großen Ganzen. Doch dieses große Ganze, mochte es noch so sehr mit Volk und Nation gleichgesetzt werden, war letztendlich eine irrationale Größe, die freilich von der nationalsozialistischen Machtpolitik auf brutale Weise konkretisiert wurde. Passt Wilhelm Furtwängler in dieses Bild ? Schon seine eher zerbrechlich wirkende Dirigentengestalt (Abb. 73) erinnert in nichts an den kraftstrotzenden Beethoven Kolbes. Auch kann man Furtwängler – weit weniger als Kolbe – direkte Anbiederung an die herrschende Ideologie vorwerfen : Er setzte sich für jüdische Kollegen ein und legte sich zeitweilig mit Hitler an, als er gegen 144

XIV   Georg Kolbe

Abb. 73 Wilhelm Furtwängler,

Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, während eines Konzerts im Städtischen Saalbau, Essen am 21. Januar 1939

dessen Willen die Uraufführung von Hindemiths »Mathis der Maler« durchsetzen wollte. Und doch gibt es Parallelen : Sie zeigen sich angesichts der Faszination, die von den irrational-ungeschichtlich-utopischen Momenten der jeweiligen Beethoven-»Interpretation« ausgingen. Denn auch Kolbes athletischer Beethoven hatte utopische Züge – mochte sich deren Realisierung auch nicht jeder herbeiwünschen ! Die irrationalen Momente von Furtwänglers Beethoven-Deutung bedurften freilich keiner Impulse durch die Nationalsozialisten, waren vielmehr eine Konsequenz des bereits vorher zu neuen Ehren gekommenen »Neuhumanismus« : Ein durch den Verlust des Ersten Weltkriegs und durch die nachfolgenden ideologischen Kämpfe zwischen Rechts und Links verunsichertes, zudem von sozialem Abstieg gefährdetes Bürgertum sehnte sich, wie angedeutet, nach bleibenden Werten. Trost suchend flüchtete es sich zur »deutschen Seele«, der auch Furtwängler in seinem Geleitwort zu Walter Riezlers Beethoven-Buch von 1936 ausdrücklich huldigte : »Durch Niemanden wird Gewalt und Größe deutschen Empfindens und Wesens eindringlicher zum Ausdruck gebracht« (als durch Beethoven) (Riezler 1936, 9). Nicht zuletzt geht es um Momente des Numinosen, des dem Alltag Enthobenen, geradezu um das »Mysterium tremendum et fascinosum«, das Rudolf Otto in seinem trendsetzenden Buch »Das Heilige« von 1917 als die überkonfessionelle Quintessenz aller religiöser Erfahrung herausgestellt hatte. Furtwängler dachte nicht nur in diesen Bahnen ; vielmehr entwickelte er als ingeniöses Alleinstellungsmerkmal einen speziellen Dirigierstil zwecks Darstellung des Irrationalen. Das beginnt bei den diffus wirkenden, bei Musikern gefürchteten Einsätzen. Wie oft beobachtet, signalisieren sie »nicht etwa mit einem einhelligen Taktschlag kommandohaft den Beginn der Musik« ; vielBeethoven-Denkmal

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mehr erzeugen sie im Sinne von Einschwingvorgängen einen »vormusikalischen Spannungszustand« (Matzner 1986, 18), dessen Entladung nicht vom Dirigenten gesteuert, sondern – pathetisch gesprochen – von einer höheren Macht ausgelöst wird. Das hat etwas vom Zittern eines Schamanen vor einer kultischen Handlung und steht in schroffem Gegensatz zu den trockenen, sachlichen Schlägen des Antipoden und erklärten Antifaschisten Arturo Toscanini. Was dieser »fertig kriegte«, erläuterte einst Sergiu Celibidache, der Furtwängler bei den Berliner Philharmonikern nach Kriegsende interimistisch nachfolgte, »war sofort wahrnehmbar, und es ging nicht um geistige Dimensionen. Das war so eine gewisse Ordnung im Material – was er auch konnte. Aber von etwas Geistigem habe ich nie etwas bei Toscanini bemerkt« (ebd., 104). Das führt zurück zum »Neuhumanismus« des 20. Jahrhunderts : Bildungsbürgerliche Beethoven-Verehrer konnten, indem sie sich vom Dirigat Furtwänglers faszinieren ließen, den Spagat schaffen : Einerseits mussten sie nicht einem unsublimen Kolbe-Stil huldigen, konnten vielmehr weiterhin deutscher Innerlichkeit frönen. Andererseits wurden sie zu Mitläufern, indem sie einem Kult der Irrationalität Vorschub leisteten, der in steigendem Maße zum Markenzeichen der Nationalsozialisten wurde. Nicht nur Kolbes Position im System war ambivalent, sondern auch diejenige Furtwänglers. Ohne eine Antwort parat zu haben, könnte man fragen, ob Furtwängler, dessen Beethoven-Deutung ja lange vor 1933 die Runde machte, den Durchhalteparolen des Regimes zuarbeitete, wenn er im zerbombten Berlin in den Werkshallen des AEG -Konzerns mit seinen Philharmonikern die »Fünfte« aufführte, oder ob er den Arbeiterinnen und Arbeitern einfach nur Trost spendete. Auch das London Philharmonic Orchestra spielte in Kriegszeiten die »Fünfte«  – zunächst noch in der Queen’s Hall, nach deren Zerstörung durch deutsche Bombenangriffe in anderen Sälen. Was ist da – sei es in Berlin, sei es in London – politically correct oder incorrect gewesen ? Bleibt freilich die Frage nach dem Martialischen im Werk Beethovens schlechthin  – unabhängig vom Typus des Dirigenten, er heiße Furtwängler oder Toscanini. M. G.

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XIV   Georg Kolbe

XV  

Antoine Bourdelle La Pathéthique. Beethoven am Kreuz 1929 Musée Bourdelle, Paris

La Pathéthique. Beethoven am Kreuz

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Abb. 74 Antoine Bourdelle, La Pathétique. Beethoven à la Croix, 1929, Gips,

Musee Bourdelle, Paris

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X V   Antoine Bourdelle

A

ntoine Bourdelle war von Beethoven besessen. Zwischen 1888 und seinem Todesjahr 1929 schuf er 80 – in Worten achtzig – Beethoven-Skulpturen, entwarf sie in Gips und ließ sie dann in Bronze gießen. Über 20 Beethoven-Skulpturen finden sich allein im Pariser Musée Bourdelle. Doch wofür steht diese Besessenheit ? Ist sie allein der Verehrung Beethovens geschuldet ? Um dies beantworten zu können, gilt es, sich der unmittelbar auf Bourdelle wirkenden Einflüsse zu versichern und diese vor der Folie zeitbedingter Kunstproblematiken zu sehen. Keine Frage, übermächtig war der Einfluss von Rodin, den Bourdelle, seit er in Paris arbeitete, bewunderte. 1893 wurde er dessen Assistent und blieb als Mitarbeiter bis 1897 in dessen Atelier. Rodins Skulptur ist gekennzeichnet durch fortschreitende Formauflösung, bloße Andeutung, als wäre das Bronzewerk ein erster in Ton geformter Entwurf. Das Non-finito und der Torso wurden zu seinen Markenzeichen, sie werden zu ästhetischen Kategorien, hinter denen die gegenständliche Benennung der Werke mehr und mehr zurücktrat. Vorgeführt wird das Prozesshafte der Bildwerkschöpfung, der Prozess der Entstehung. Die Materie, aus der das Abb. 75 Auguste Rodin, Orpheus und Eurydike, 1887–1893, Marmor, The Metropolitan Museum, Werk entsteht, bleibt spürbar. Wir New York werden der Metamorphose von Stoff zu Kunst, von Materie zu Geist ansichtig. Die Benennungen selbst verweisen nicht selten auf dieses Prozesshafte, das beim Betrachter eine besondere Wahrnehmungsweise herausfordert. Wenn Rodin lange am Thema ›Orpheus und Eurydike‹ gearbeitet hat, dann primär deswegen, weil der Kern des Mythos eine Analogie zum Arbeitsprozess des Künstlers aufweist : Orpheus’ Gang in die Unterwelt, um Eurydike aus dem Tartaros zurückzuholen, sein verbotenes Zurückschauen, ob der Geisterschatten ihm folge, und das erneute Entschwinden Eurydikes vor seinen Augen (Abb. 75). Auftauchen und Verschwinden, Bergen bzw. Entbergen der Form durch den Künstler und gleichzeitig ein Sich-Verbergen der Form in der Materie. Dies hat Konsequenzen. Die einschneidendste : der Künstler kann das Werk nicht mehr La Pathéthique. Beethoven am Kreuz

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Abb. 76 Honore Daumier, Bildnis François Pierre Guillaume Guizot, 1833, Bronze, National Gallery of Art, Washington

Abb. 77 David D’Angers, Paganini, 1830, Bronze, Galerie David d’Angers, Angers

vollenden, es verbleibt in einem Zwischenzustand, es gerinnt nicht mehr in eine endgültige Form. Dies wiederum treibt den Drang zum Seriellen hervor. Die eigentliche Schöpfung ist nicht mehr das eine endgültige Werk, sondern das Werk ist die Summe der Anläufe, Varianten, Versuche, Repliken, Fassungen in verschiedenen Medien und Formgestalten. All dies gilt in besonderem Maße auch für Bourdelle. Man kann es am ehesten in ein Bild fassen : Diese Form der Produktion ähnelt der Entwicklung eines Fotos, man kann es in unterschiedlichen Stufen aus dem Fixierbad nehmen, in dem die Form schrittweise auftaucht. Kein Wunder, dass die fotographische Erfahrung in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch gänzlich neu ist. Eugène Carrière nutzt sie in seinen lithographischen Porträts der 1890er Jahren, sie tauchen wie aus einem Nebel auf und verfestigen sich nicht wirklich. Das Problem des Unvollendbaren, das zögerliche Aus-dem-Block-Hervortreten, ist nicht Rodins Erfindung. Es galt bereits für sein großes Vorbild Michelangelo. Doch zeitgenössisch wird es auf breiter Front verfolgt. Honoré Balzacs »Le chef-d’oeuvre inconnu« von 1831 lässt den Maler Frenhofer zehn Jahre am Bildnis einer schönen Frau arbeiten. Niemanden lässt dieser in sein Atelier. In einer Anwandlung von Enthusiasmus gibt er das Bild schließlich seinen Freunden zu sehen, die entsetzt und enttäuscht sind, 150

X V   Antoine Bourdelle

weil sie unter einem Wirrwarr von Strichen und Farben nichts erkennen können. Erschüttert über diese Reaktion nimmt Frenhofer sich das Leben. Das Sich-Abarbeiten an dem einen Werk, das nicht zu seiner Schlussfassung kommt, hat es bei mehreren Künstlern in der Realität gegeben. Etwa bei Eberhard Wächter und seinem Werk »Hiob und seine Freunde«, an dem er von 1797 bis 1824 oder bei Alexander Ivanov, der von 1837 bis 1857 an seinem »Christus erscheint seinem Volk« gearbeitet und Hunderte von Detailstudien und Gesamtskizzen dafür entworfen hat. Die Studien werden mit dem Werk als ihr integraler Bestandteil ausgestellt. Ebenso ist Abb. 78 Antoine Bourdelle, Beethoven mit der Hand an der Wange, 1887, Gips, Adolph Menzel verfahren. Das ist noch Musée Bourdelle, Paris der Kampf um das eine Werk, Rodins und Bourdelles Lösung dagegen ist die Fülle der Varianten für sich, die einen sich wechselseitig erhellenden Kosmos darstellen. Skulptur als in der Formentstehung belassen wird von drei weiteren zeitgenössischen Künstlern betrieben, die nicht ohne Einfluss auf Bourdelle gewesen sein dürften : Honoré Daumier mit seinen »Portraits-charges« von 1832 bis 1835, die »célébrités du juste milieu« in kleiner Büstenform zeigen (Abb. 76). Genau gleichzeitig, 1832, entwirft der Bildhauer und Medailleur David d’Angers seine bronzene Porträtbüste von Niccolo Paganini (Abb. 77). In diesem Fall dient die tendenzielle Formauflösung besonders beim wilden Haarwuchs der Charakterisierung des Teufelsgeigers. Schließlich ist Medardo Rosso zu nennen, der in Paris unmittelbar neben Bourdelle wohnte und der wohl ohne den Einfluss Rodins zu seinen geradezu verfließenden oder wie von einem Schleier verhüllten Kopfskulpturen ab den 1880er Jahren gekommen ist. So ist Bourdelle nicht allein. Die Folge seiner Beethoven-Bildnisse, in den verschiedensten Erscheinungsformen, beginnt 1888 mit einem eindrucksvollen Kopf, bei dem Beethoven sich als Denker auf die Hand an der Wange stützt (Abb. 78). Schon hier ist die Formauflösung weit fortgeschritten. Beethovens Haar und Gesicht sind zerfurcht. Bei diesem wie bei einer ganzen Reihe von Porträtköpfen der Serie ist allerdings ein Vorbild nicht zu übersehen : Rodins »Mann mit La Pathéthique. Beethoven am Kreuz

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Abb. 79 Auguste Rodin, Der Mann mit der zerbrochenen Nase, 1863, Bronze, Neue Pinakothek, München

Abb. 80 Daniele da Volterra, Bildnis Michelangelo, um 1564, Bronze, Musée du Louvre, Paris

der zerbrochenen Nase« von 1863/64 (Abb. 79). Rodin hat behauptet, der Kopf gebe einen Arbeiter wieder. Doch auch dieser Kopf hat ein ganz direktes Vorbild : Er stellt eine Paraphrase auf Daniele da Volterras Bronzekopf mit dem Bildnis Michelangelos dar (Abb. 80) – dessen Gesicht ebenfalls durch eine gebrochene Nase entstellt war. Bourdelle dürfte um diese Zusammenhänge gewusst haben. Der Zusammenhang von Michelangelos sprichwörtlicher »terribilità« mit Beethovens tragischem Pathos, wie es die Zeit um 1900 ohn’ Unterlass betont, dürfte Bourdelle hochgradig animiert haben. Und so ist auch seine letzte Beethoven-Adaption von 1929, die direkt »Pathétique« bezeichnet ist, der »Beethoven am Kreuz«, der besser Beethoven vor dem Kreuz heißen sollte – er trägt mit beiden Händen eine Schriftrolle – doppelt konnotiert. Einmal wird das alte Thema der »imitatio Christi« aufgerufen, zu der der Gläubige verpflichtet werden soll. Und zum anderen geht es um die Leidensdimension des in seinem Körper eingesperrten Beethoven, der in der Isolierung das Tiefste aus sich herausholt. »Caro et spiritus« im Sinne des Apostels Paulus. Das Bildwerk ist nur noch in Grenzen wirklich gestaltet. Das grobe Kreuz, wie bei den mittelalterlichen Steinsetzungen in der Bretagne, kehrt den bloßen Materiecharakter hervor, doch wir sollen um die Vergeistigung von und durch Beethoven wissen. W. B.

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X V   Antoine Bourdelle

Beethoven  – ans Kreuz geheftet : Diese Rezeptionskonstante hat eine Vorgeschichte, die – wenn man so will – mit Johann Sebastian Bach beginnt : Von ihm ist nämlich der sogenannte Fulde-Kanon BWV 1077 überliefert (Abb. 81). Es handelt sich um einen Rätselkanon mit dem Motto : »Christus Coronabit Crucigeros«, also »Christus wird die Kreuzträger krönen«. Und was Wunder, dass Bach dieses »Symbolon«, wie er es selbst nennt, musikalisch ernst nimmt : Die ärgsten Kreuze, die er den Noten seines Kanons vorzeichnet, nämlich cis, dis, ais und gis, verschwinden, wenn man die Lösung findet und aus der Umkehrung der jeweils notierten die zu ergänzenden Stimmen gewinnt : Christus erlöst die Kreuzträger von ihren Kreuzen. Die eigentliche Rezeptionsgeschichte gründet freilich in Beethovens eigenem Selbstbild. Seit jungen Jahren tritt der Komponist seiner Welt als Dulder und Retter entgegen. Schon das »Heiligenstädter Testament« von 1802 verbindet die Rede von dem »heillosen«, »demütigenden« und »endlos Leidenden Zustande«, in den ihn sein Gehörleiden versetze, mit der Vorstellung, mit seinen »Kunst-Fähigkeiten« der Menschheit dienen zu dürfen und zu müssen. Demgemäß sieht Richard Wagner im späten Streichquartett cis-moll op. 131 »das Bild eines Lebenstages unseres Heiligen«, der sich aus der »Hölle des furchtbar disharmonischen Daseins« in das »Paradies seiner inneren Harmonie« zurückfantasiere und in seinem Werk seine »Daseins = Schuld […] als Leidender« abtrage (Wagner o. J., 96). Diesen Gedanken nehmen anfangs des 20. Jahrhunderts viele junge Pariser Beethoven-Verehrer begeistert auf. In deutlicher Abgrenzung von den Protagonisten der aktuellen »décadence incertaine« à la Debussy spricht der Kunstkritiker Raimond Bouyer von Beethoven als einem »Dieu de 1905«, zu dem an-

Abb. 81 Johann Sebastian Bach, Autograph des sog. Fulde-Kanons BWV 1077

La Pathéthique. Beethoven am Kreuz

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geblich alle Ungläubigen beteten (Bouyer 1905, 83, 85, 90). Er tritt damit in die Fußstapfen Romain Rollands, dessen kleine Schrift »Vie de Beethoven« von 1903 zum Kultbuch all derer wird, die sich von einem kulturellen Klima abgestoßen fühlen, das sich mit Begriffen wie Fin de Siècle, Lebensüberdruss, Dekadenz und Endzeitstimmung beschreiben lässt. Beethoven, »höchster Gott und höchster Mensch zugleich«, steht demgegenüber für die optimistisch-utopische »Heilslehre des französischen Sozialismus« (Schrade 1937, 84 ff.). Stefan Zweig beschreibt es in seiner Rolland-Biographie von 1929 mit den pathetischen Worten : »So hatte er seinerzeit in der schwersten Krise seines eigenen Lebens sich die Gestalt Beethovens beschworen, des göttlichen Dulders, der Göttliches gerade aus seinem Dulden schafft« (Rolland 1929, Kap. 85). Rollands Rede zum Beethoven-Jahr 1927 konstatiert dementsprechend : »Seine Musik ist eine Art Abendmahl, eine Coena, wo die gekreuzigte Seele, die auferstehen wird, sich den Menschen zur Speise gibt, in ihrem Leid und in ihrer Glorie« (Rolland 1951, 34). Und nun Bourdelle, der schon mit jungen Jahren gesagt haben soll : »Jeder Schrei dieses Tauben mit der göttlichen Eingebung traf direkt meine Seele. Der Schweiß von Beethovens Stirn fiel auf mein zerdrücktes Herz« (Musée d’Orsay). Vor diesem Hintergrund kommentierte er seinen letzten Beethoven mit den Worten : »Wir sind zwei Ringer, die sich nie getrennt haben. Wir können uns die Hände reichen« (Musée d’Orsay). Und in diesem Sinne gab der Bildhauer seiner letzten Beethoven-Büste den Namen »Pathétique«. Sicherlich hat er sich dabei von der originalen Bezeichnung des 1798/99 entstandenen op. 13 affizieren lassen. Indessen war es kein Zufall, dass Beethoven diesen Titel ausgerechnet für eine Klaviersonate gewählt hatte – übrigens für die einzige neben »Les Adieux«, die er selbst eines speziellen Namens für würdig befand. Zuvor hatte man fast ausschließlich dichterische und bildnerische Sujets als »pathetisch« bezeichnet. Innerhalb der Musik tauchte der Begriff demgemäß fast nur im Kontext der Oper auf. So gesehen, mag sich Beethoven, so hat man spekuliert, von den erhaben-düsteren Momenten in der »Medea« des von ihm hochgeschätzten Luigi Cherubini haben anregen lassen (Hohenemser 1923). Doch nun das Neue : Indem Beethoven die entsprechenden, auf die antike Dramentheorie zurückgehenden Momente von »Pathos« und »Ethos« in seine wortlose Musik übernahm, wurde er zum Ideenschöpfer ganz eigener Art ; und namentlich als Sinfoniker hat er beständig neue Proben seiner wortlosen Ideenkunst vorgelegt. Zur Zeit der »Pathétique« ist das speziell sinfonische Pathos freilich noch Zukunftsmusik. Zwei Generationen vor Bourdelle hat zwar nicht Beethovens »Pathétique«, jedoch seine von seinem Verleger Cranz postum zur »Sonata appas154

X V   Antoine Bourdelle

Abb. 82 Gabriel von Max, Grande Sonate, aus den »Phantasiebildern aus Tonstücken«.

Fotographische Reproduktion nach einem Aquarell, erschienen mit der ganzen fotographischen Serie 1862 in München bei Bruckmann

sionata« erklärte Klaviersonate op. 57 einen weiteren bildenden Künstler veranlasst, mit dem Motiv des Gekreuzigten zu argumentieren, nämlich Gabriel von Max (1940–1915). In dessen Arbeit (Abb. 82) ist allerdings nicht Beethoven am Kreuz zu sehen, sondern kein Geringerer als Christus. Der Sonatentitel als solcher gibt zu derlei Symbolismus zwar kaum Anlass; denn »appassionato« bedeutet im Italienischen lediglich »begeistert«. Jedoch hörte der musikbegeisterte Künstler aus Beethovens f-moll-Sonate wohl den Ton hehren Leidens heraus. Seine 1862 entstandene Darstellung gehört zu den »Phantasiebildern aus Tonstücken«, denen der zum Spiritismus neigende Maler Worte des Ästhetikers Josef Bayer als Motto vorausschickte : »Was sind Gedanken wohl ? Besuche von Dämonen, von Geistern, wie sie über Gräbern wohnen, ein grauses und gestaltloses Gewühl, ein milder Spuk, ein tolles Schattenspiel.« Bereits La Pathéthique. Beethoven am Kreuz

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dieses Motto verdeutlicht das Maß, in dem der Maler vor allem in jungen Jahren gegen die akademische Tradition aufbegehrte, deshalb freilich nicht darauf verzichten wollte, den »tollen Schattenspielen« der Musik mit bildlicher Eindeutigkeit zu begegnen. Das Ergebnis – später als Teil einer fotographischen Serie weit verbreitet – wirkt heute trivial, fast grotesk, dürfte jedoch Teile des zeitgenössischen Publikums ob seines hohen Tons beeindruckt haben  – gerade wegen der eher nebulösen »unio mystica« von Tonbild und visueller Golgatha-Beschwörung. M. G.

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X V   Antoine Bourdelle

XVI  

Dieter Roth Die Badewanne zu »Ludwig van« 1969 Museum Ludwig Köln

Die Badewanne zu »Ludwig van«

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Abb. 83 Dieter Roth, Die Badewanne zu »Ludwig van«, 1969,

Zinkbadewanne, Schmelzglasur, Schokolade und Hartfett, Museum Ludwig, Köln

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X VI   Dieter Roth

R

oths Kunstwerk aus dem Museum Ludwig gehörte in seiner ursprünglichen Version zur Ausstattung von Mauricio Kagels Film »Ludwig van« – einer Auftragsarbeit des Westdeutschen Fernsehens im Rahmen des Beethoven-Gedenkjahrs 1970. Die Ursendung fand am 1. Juni dieses Jahres statt und schlug in interessierten Kreisen hohe Wellen. Während Gerhard R. Koch, später Kritiker der FAZ , von einer »faszinierenden negativ-satirischen Hommage zum Beethovenjahr« sprach (Koch 1971, 33), empörte sich die keineswegs als erzkonservativ einzuschätzende Dichterin Hilde Spiel in selbiger FAZ : »Wer da, als zum Freudenchor aus der Neunten zwei spielende Äffchen, danach ein Elefant, eine Wildsau, ein Kamel sichtbar wurden, die Nerven verlor, dem war wohl in diesem Augenblick die Inhumanität des ganzen Unternehmens bewusst geworden. Hier wurde Aristoteles, Erasmus, Kant geleugnet, zwei- bis dreitausend Jahre mühsamen Aufstiegs in eine Begriffswelt, der Beethoven in seiner Musik Ausdruck gegeben hat« (zitiert nach Wildschütz 1970, 62). Man muss den Film im Kontext der Fluxus-Bewegung sehen, die damals eines ihrer Zentren in Köln, Kagels Wohnort, hatte und sich u. a. zum Ziel setzte, das Kunstwerk im herkömmlichen Sinne als bürgerlichen Fetisch zu entlarven. Für Kagel gilt freilich, dass er keineswegs die von ihm als »wahrhaft großartig« bezeichnete Kunst Beethovens herabsetzen (Kagel 1970, 196), vielmehr deren Verschleiß durch schlampige, verlogen romantisierende, pathetisch aufgemotzte, verkitschte oder bloßen Kaufhausklang simulierende Darbietungen anprangern wollte. Es gelte, so ein Befürworter seines Films, »Beethovens Musik das zurückzugeben, was ihr gehört : ihre revolutionäre Ausdrucksgewalt« (Krellmann 1971, 11). Solches mutete den Hörern einiges zu, weil Beethovens Musik in Kagels Uminstrumentierung so klingen sollte, »wie er sie hörte. Also schlecht« (Kagel 1970, 196). In diesem Sinne ließ Kagel die Musiker eines Zufallsorchesters charakteristische musikalische Motive, die in der originalen Partitur nacheinander notiert sind, gelegentlich simultan spielen, um affirmative Hörerwartungen und besitzergreifendes Hören zu boykottieren. Der Tendenz nach ›durften‹ die Musiker nach den Noten spielen, die sie von den Möbeln des von Kagel selbst gestalteten Musikzimmers ablasen (Abb.  84), d.  h. unabhängig von der gewohnten Tonordnung. Sonatensatz oder prozesshafte Entwicklung – dergleichen wollte Kagel mit seiner Musik unterlaufen : »Die instrumentalen Fragmente irren richtungslos umher in gespenstischer Blindheit. Beethovens Utopie der Versöhnung zwischen Einzelnem und Ganzem ist ausgeträumt« (Klüppelholz 1981, 21). Dazu passt Kagels Idee, eine äußerlich an Elly Ney erinnernde Pianistin die »Waldsteinsonate« spielen zu lassen, derweil ihre Perücke Zentimeter für Die Badewanne zu »Ludwig van«

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Abb. 84 Mauricio Kagel in

dem von ihm gestalteten Musikzimmer mit Beethovenfigur und mit Möbeln, die mit Noten beklebt sind

Zentimeter wächst und schließlich den Boden berührt : Der Traum vom zeitlos-schönen Kunstwerk ist ausgeträumt. Mutet solcher Umgang mit Beethovens Musik deren Bewunderern wohl bis heute einiges zu, so dürfte man sich inzwischen über Kagels filmische Umsetzung des Themas kaum noch erregen. Gewiss ist es provozierend, wenn zur Musik aus dem Finale der »Neunten« Bilder aus dem Zoo gezeigt werden. Doch war Kagel vollkommen im Unrecht mit seiner mir bei Gelegenheit persönlich mitgeteilten Äußerung : Wenn schon die Menschen nicht zu Brüdern werden, dann vielleicht die Tiere ? Es ist kein Zufall, dass Kagel den in Köln lebenden und der Fluxus-Bewegung angehörenden Dieter Roth um Mitwirkung an seinem »Ludwig van …« bat. Denn Roth, der für eine »Kunst auf Zeit« stand, stellte damals bevorzugt Verwesungsobjekte her. So war es auch ganz in seinem Sinne, 60 Beethoven-Büsten aus weißer Schmelzglasur, brauner Schokoladenkuvertüre und Hartfett herzustellen, die im Film für die Vergänglichkeit zwar nicht von Beethovens Musik, wohl aber von deren Erscheinungsbild stehen sollten. Wie er selbst es formulierte, entschied sich Roth »natürlich für das Klosett, das Badezimmer« (zitiert nach Dobke 1997, 82). In diesem Ambiente bettete er seine Beethovenköpfe in eine Zinkbadewanne und ließ heißes Wasser ein, damit die Oberflächen leicht anschmelzen konnten. Der ›Museumsführer‹ des Films holte diese Köpfe Stück für Stück aus dem Wasser, um sie seinen imaginären 160

X VI   Dieter Roth

Besuchern zu präsentieren. Da die Film-›Handlung‹ generell aus der Sicht dieses Führers konzipiert war, die zugleich die Sicht Beethovens sein sollte, konnten die Filmbetrachter einen Beethoven beobachten, der nolens volens den Verfall seines eigenen Bildes nachvollzog. Eine zweite Szene, in der Roth den Büsten weiterer Komponisten die Nase abzuschlagen gedachte, damit sie eine »Beethoven-Nase« bekämen, wurde von Kagel zum Ärger des Künstlers gestrichen (ebd., 83). Auch die für den Film hergestellten Utensilien zu einem »Mozart-Schrank« (Abb.  85), den Roth später nachbaute, fanden keine Verwendung. M. G.

Martin Geck hat im Detail ausgeführt, welche Rolle Beethovens Köpfe in der Badewanne in Mauricio Kagels Film zum Beethoven-Jubiläum 1970 gespielt haben, und er hat auf den Zusammenhang mit der Fluxus-Bewegung hingewiesen. Auf zwei Dinge gilt es noch einmal abzuheben : auf das Motiv der Badewanne und auf die tendenzielle Vergänglichkeit der Beethovenköpfe. Es spricht vieles dafür, dass Roth mit seiner Badewanne auf die Badewanne von Joseph Beuys, der übrigens mit vielen anderen Künstlern bei »Ludwig Abb. 85 Dieter Roth, Mozart-Schrank, 1969, Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen van« mitwirkte, antwortet. Dieses 1960 entstandene Beuys’sche Objekt wurde erstmals 1968/69 in der Kunstakademie Düsseldorf ausgestellt. Die Wanne, von Beuys als seine Säuglingswanne ausgegeben, war mit Heftpflaster, Mullbinden, Fett und Kupferdraht verziert und verwies so auf die durchgängige Beuys’sche Ikonographie der ewig schwärenden Wunde. Für Beuys-Apologeten war damit zugleich auf Beuys’ Absturz von 1944 als Stukaflieger auf der Krim angespielt, als er der beständig berufenen Legende nach von nomadisierenden Krimtataren gefunden und gerettet wurde, indem sie seine Wunden über Tage mit tierischem Fett und Wärme haltendem Filz behandelten. Fett und Filz wurden zu Beuysschen Heiltümern, verstanden als Energieträger, als von Beuys anDie Badewanne zu »Ludwig van«

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throposophisch gedachte Naturkräfte, denen der Mensch, will er sich erneuern, nachzuspüren hat. Der Künstler kann ihm dabei nach Beuys’ Verständnis im Sinne Schleiermachers Mittler sein oder in Beuys’scher Terminologie als Schamane Anleitung geben. Dies dekonstruiert Roth vollständig. Nicht die Evokation von Ewigkeitswerten, sondern Zer- und Verfall sind sein Thema als Resultat von Gegenwartserfahrung. Mit den Beethovenköpfen, deren weiße Schmelzglasur und braune Schokoladenmasse, gebunden mit Hartfett in der Wanne, durch Übergießen mit heißem Wasser zum Schmelzen gebracht werden sollte, so dass die Kopfformen angegriffen wurden, konterkariert Roth nicht etwa die Beethovensche Musik, sondern seinen Kult. Es ist ein Angriff auf den bürgerlichen Kunstbegriff. Sieht man es von Beuys her, so wird den verwendeten Materialien nicht etwa Heilkraft zugemessen, vielmehr werden der Glanz und die Süße als bloß äußerlich erkannt. Roth, der mit Daniel Spoerri und anderen zu den Vertretern einer Eat Art gehört, lässt Lebensmittel vergehen, verschimmeln, sich in stinkende Gase verwandeln, um nicht etwa auf eine geistige Transformation zu verweisen, sondern schlicht auf Naturzerfallsprozesse und auch auf Zivilisationsprobleme. Dass nicht der eine und einzige Beethoven gefeiert wird, sondern durch die Fülle der immer gleichen Köpfe Beethovens Vernutzung im Kulturbetrieb sein Thema wird, dürfte überdeutlich werden. Er führt indirekt Verfahren der Tourismusindustrie vor. Tendenziell zielt Roths Kunst auf das Ephemere, das Vergängliche in allem. Im Übrigen : Ephemere Kunst hat eine lange Tradition etwa bis heute bei Theaterbühnenbildern oder in historischer Perspektive bei barocken Trauergerüsten, die in riesiger Form und mit dem gesamten Apparat barocker Ikonographie und Allegorese ausgeschmückt waren, nur um nach der Trauerfeier gleich wieder abgebaut zu werden. Nun kann vergängliche, für den Tag gemachte Kunst einen besonderen Mobilisierungseffekt haben. Als Gymnasiast und begeisterter Besucher des Bremer Theaters konnte ich den Bühnenbildner Wilfried Minks und vor allem meinen widerstrebenden Vater, den Leiter der Bremer Kunsthalle, überreden, dass eine ganze Serie von Räumen der Kunsthalle bühnenbildartig ausgestaltet wurde. Von Stund’ an war das Publikum der Kunsthalle ausgetauscht : Scharen von jungen Leuten amüsierten sich köstlich, erlebten einen Parcours wie in einer Geisterbahn, ein begehbares Kunstwerk – sie waren zu einem Gutteil zum ersten Mal in ihrem Leben im Museum. Nach der Ausstellung wurde der Parcours wieder abgebaut. Wenn Roths Beethovenwanne heute als schweigendes Ausstellungsobjekt im Museum steht, dann hat sie einen Teil ihrer Wirkungskraft verloren – erfüllt hatte sie sich in der Aktion. Sie ist allenfalls zu dokumentieren. W. B.

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X VI   Dieter Roth

XVII  

Markus Lüpertz Beethoven-Monument 2014 Stadtgarten, Bonn

Beethoven-Monument

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Abb. 86 Markus Lüpertz, Beethoven, 2014, Bronze, Bonn, Stadtgarten

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X VII   Markus Lüpertz

I

st das ein Beethoven-Denkmal, eine Hommage à Beethoven ? Der Künstler Markus Lüpertz würde das auf der Stelle bejahen. Die drei Städte, in denen Fassungen des Monumentes zur Aufstellung kamen, Bonn 2014, Leipzig 2015 und Wien 2017, mühten sich von offizieller Seite, es schönzureden : Das Werk solle Denkanstöße geben, zeige die innere Zerrissenheit von Beethoven, sei eben eine moderne Form, dem Genie Beethovens Ausdruck zu geben. In allen Verlautbarungen von Lüpertz selbst, in denen er sich hinter einen unhinterfragten Kunstbegriff zurückzog, wird ein Spiel offenbar. Im Hinblick auf Beethoven spricht er davon, dass dies eine »plastische Projektion von Innerlichkeit, Geist und Genie« sei, eine Beschreibung seines Genies in seiner inneren Zerrissenheit – man sieht wie sehr die offizielle Rezeption ihm auf den Leim geht. Schließlich heißt es, damit brächte er das Wesen der Kunst zum Ausdruck. »Beethovens dramatische Lebensumstände, sein Genie [davon kann Lüpertz offenbar nicht genug bekommen, weil er es für sich selbst in Anspruch nimmt], seine Verletzlichkeit verlangen eine dramatische Interpretation dieses Giganten.« Dem habe er versucht, gerecht zu werden. Wenn man schließlich liest : »Ich will immer nur das Beste. Ich will, dass man mich liebt«, spätestens dann begreift man, dass hier eine Attitüde eingenommen wird. Der Dandy, der zur Einweihung seines Beethoven-Monumentes in einem seiner Bentleys vorfährt, sich über die Stillosigkeit der Gegenwart mokiert, provoziert mit seinem Beethoven zugleich durch eine bewusste Anti-Ästhetik. Natürlich handelt es sich um zwei Künstlerexistenzentwürfe : der Künstler als Außenseiter der Gesellschaft, der sie in stilisierter Form von außen beobachtet und zugleich angreift – beides provoziert, der Ästhetizismus und die Anti-Ästhetik, es sind zwei Seiten einer Medaille. Alle Äußerungen Lüpertz’ zu seiner Kunst sind von einer gänzlichen Unverbindlichkeit. Dort kann man ihn nicht greifen. Der Betrachtende seiner Werke soll sich seinen Reim selbst machen, fragen, wie denn das Werk, so wie es beschaffen ist, die großen Worte, die ihm beigegeben werden – Genie, Innerlichkeit, Geist auf der einen, Verletzlichkeit und Zerrissenheit auf der anderen Seite – zur Anschauung bringe. Und so fragt man auch, wie denn die an den Armen und an einem Bein amputierte, eher jüngere Figur, deren Kopf auf einem viel zu breiten Halswulst aufsitzt und gen Himmel schaut, sich zu der auf einem kleinen Sockel vor dem linken Beinstumpf des Jünglings stehenden Büste verhält, die offensichtlich gewisse Züge Beethovens trägt, so wie er in der Tradition wiedergegeben wird : der den Kopf rahmende mächtige Haarschopf, der Überaugenwulst und der an den Mundwinkeln heruntergezogene schmale Mund. Man kann es sich leicht machen und Lüpertz teilweise folgen : Der versehrte Jüngling stünde dann für den durch Taubheit gehandicapten BeethoBeethoven-Monument

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ven, der dem Schicksal zum Trotz aufgrund seherischer Gaben große Werke geschaffen habe, der Beethoven-Kopf dagegen vor den Knien des Krüppels stünde für das Bild, das wir uns von Beethoven gemacht haben und das eher eine Maske ist – wir haben es in diesem Band in allen Verästelungen verfolgt. Der Künstler demonstrierte uns dann, dass beides, sein versehrtes Genie und unser Beethoven-Bild, Projektionen sind, deren Unvollkommenheiten uns vorgeführt würden. Möglich. Doch mehr noch scheint es der Künstler auf die Provokation angelegt zu haben, die zu einem bestimmten Typus von modernem Künstler gehört und mit dem er nicht selten gut leben kann, weil er eben auch die offizielle Rechtfertigung seines Tuns mit Hilfe eines letztlich immer noch idealistischen Kunstbegriffs liefert. Krakeelen gegen das Werk soll das Volk mit seinem vermeintlich gesunden Empfinden. Und wie das funktioniert ! Das Internet und ein Teil der Presse haben das Anfachen übernommen. Ein Blog mit Schaum vor dem Mund empört sich mit allem, was seit der Modernehetze des Dritten Reichs geläufig ist. Schon bei dem in Bonn 2014 aufgestellten Erstguss reagierte die Volksseele. Das grob bunt angestrichene Monument mit einer Höhe von 2,74 m wurde im Stadtgarten Bonns beim Alten Zoll aufgestellt, keine hundert Schritt vom Rhein. Ob Lüpertz oder die Stadtväter in Bonn sich daran erinnert haben, dass in unmittelbarer Nähe hierzu das aus der Privatschatulle von Adolf Hitler finanzierte Breuersche Beethoven-Denkmal mit Musik und Siegheil eingeweiht wurde ? (s. Kap.  XII ). Wäre es zumindest für Lüpertz so, dann würde sein grobes, aus unvollkommenen Teilen – die so wirken, als könne es der Künstler nicht besser – wie montiert wirkendes Monument die wie auch immer verzerrten Bilder, die wir uns von Beethoven im Laufe der Geschichte gemacht haben, reflektieren. Dass Lüpertz auf die Beethoven-Ikonographie rekurriert, zeigen die Zusammenhänge mit der Aufstellung des Zweitgusses in Leipzig 2015. Die Form ist identisch, die Bemalung variiert. Lüpertz gibt an, sich permanent mit Klingers Beethoven auseinandergesetzt zu haben. Sein Monument steht vor dem Leipziger Museum der bildenden Künste, das im Inneren Klingers anspruchsvolles Werk beheimatet. Zugegeben, auch Klingers Beethoven fordert einiges von den Betrachtenden. Müssen wir Lüpertz’ Werk für eine den Verhältnissen der Gegenwart angemessene Übersteigerung der Brüche, Verzerrungen und Uneindeutigkeiten halten, die auch Klingers Werk auszeichnen ? Der Hass, der Lüpertz in Leipzig entgegenschlug, ist abenteuerlich, es herrschten »Legida«- und AfD-Ton. Der Hauptblog, der die Volksseele zum Kochen brachte, ist überschrieben : »Wir leben im Zeitalter der Antikünstler«  – womit der Schreiber nicht ganz Unrecht hat, doch er macht sofort deutlich, was er wirklich damit meint : »Dilettanten und Phrasendrescher wie Beuys, War166

X VII   Markus Lüpertz

hol, Baselitz, Lüpertz, Meese, Castorf und tausende andere Künstler narren die Völker mit Geistesabfällen und Gerümpel. So unglaublich das klingt : Wir sind Opfer einer weltweiten Verschwörung gegen die Kultur der Menschheit.« Von einer Anti-Kulturmafia ist die Rede, von Verdummung durch linksradikale Drahtzieher. Sie müssen verrückt und geisteskrank sein. Das Beethoven-Monument in Sonderheit sei von »in lüpertzscher Pferdeapfeltechnik gekneteter Mißgestalt«. Sämtliche Argumente sind aus der nationalsozialistischen Hetze gegen jüdische Kultur und moderne Kunst geläufig. In Salzburg sei Lüpertz’ verwandtes Mozart-Monument (Abb. 87) zu Recht »geteert und gefedert« worden. Das hätte auch Mozart selbst getan, wenn er es gesehen hätte. Man könnte die Suada und die dazu sofort eingehenden Kommentare beliebig vermehren. Und auch bei der dritten Fassung von Lüpertz’ Beethoven in Wien 2017 war die Reaktion nicht anders. Mit »häßlich, grässlich, dilettantisch« konnte sich der »Kronen-Zeitung«-Leser bestätigt sehen. In Wien hieß es, es handele sich bei der von einem privaten Sammler auf Zeit gestifteten Figur um »eine Leihgabe aus der Hölle«. Der amtierende Oberbürgermeister verteidigte die Aufstellung gegenüber dem Konzerthaus halbherzig, der ehemalige Oberbürgermeister brauchte kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen, er fand das Werk als Kunst schlicht »schlecht«. Man kann nicht umhin, die Lüpertz’sche Provokation für entschieden gelungen zu halten. In der Spannung von offiziellem Kunstbetrieb und aufgestachelter Volksmeinung richtet es sich der Künstler bequem ein, nicht ohne Fragen an den Betrieb, den geläufigen Kunstbegriff oder die Rezeptionsweisen gestellt zu haben. Auch dazu konnte Beethoven dienen. W. B.

Als Lüpertz’ Skulptur »Mozart – eine Hommage« (Abb. 87) 2005 auf dem Salzburger Ursulinenplatz enthüllt wurde, urteilte der Kunstkritiker Peter Iden im Namen der Salzburg Foundation : »Die Figur ist von jetzt. Und jetzt ist es so, dass Lüpertz aus leider gutem Grund Veranlassung nimmt, mit einer Skulptur, die nicht den Mozart meint, sondern den Wirkungsraum von dessen Genie : die Musik, zu handeln vom Wagnis der ungeschützten Behauptung, die jede Kunst immer ist, von der Gefahr ihrer Bedrohung, von Versehrung und Verstümmelung, die ihr beigebracht werden können und zugefügt werden jederzeit« (Salzburg Foundation). Das entsprach einer traditionellen Hommage auf den beauftragten Künstler, sagte freilich wenig darüber aus, wie der Künstler Lüpertz den Künstler Mozart zu sehen gedachte. Dass auch anderes denkbar gewesen wäre, zeigt etwa Vadim Zakharovs Frankfurter Adorno-Denkmal von 2003 : kein HeldenBeethoven-Monument

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Abb. 87 Markus Lüpertz,

Mozart, Eine Hommage, 2005, Bronze, Salzburg, Ursulinenplatz

kult, aber auch keine Dekonstruktion (Abb. 88). Lüpertz’ Verfahren versteht sich demgegenüber als dekonstruktivistisch, nämlich als Störung eines Diskurses, dessen Teilnehmer mit ihrem sogenannten gesunden Menschenverstand souverän über Sinn und Bedeutung eines Kunstobjekts entscheiden möchten. In diesem Sinne mag man bereits Mauricio Kagel einen Dekonstruktivisten nennen – nicht nur hinsichtlich seines »Ludwig van«, sondern etwa auch im Blick auf seine »Zehn Märsche, um den Sieg zu verfehlen« (Abb. 89) : Wer Noten lesen kann, sieht alsbald, dass sich zu dieser Musik für Bläser und Schlagzeug nicht marschieren lässt. Verfolgt man von Kagel her die Kompositionsgeschichte vor dem Horizont dekonstruktiver Momente zurück, so landet man in der Generation Pablo Picassos, nämlich bei Eric Satie, Charles Ives oder Igor Strawinsky : Alle drei haben Kompositionen Beethovens in ihren eigenen Werken dekonstruiert. Und 168

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Abb. 88 Vadim Zakharov, Adorno-Denkmal, 2003, Theodor-W.-Adorno-Platz, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main

wenn man wahrnimmt, dass Satie in seiner Klavierkomposition »De Podophtalmia« (Name einer Krebsart) aus den 3 »Embryons desséchés« von 1913 den schier endlos wiederholten Schlussakkord im Finale von Beethovens Achter Sinfonie aufs Korn nimmt, ist man alsbald bei Beethoven selbst – dem ersten bedeutenden Dekonstruktivisten der neueren Musikgeschichte. Denn in der Achten Sinfonie dekonstruiert Beethoven gleichsam sein eigenes sinfonisches Werk : Dessen hoher Ton darf inzwischen nur noch verzerrt erklingen ! Demgemäß erwartet einen im Finale dieser Sinfonie nicht nur eine hohl auftrumpfende Coda, sondern auch die von Richard Wagner sogenannte »Schreckensnote«, die dem Komponisten Lous Spohr so vorkam, als wolle der Komponist seinen Hörern mitten im Satz die Zunge herausstrecken. Sollte man einen solchen Gestus – in traditioneller Deutung – als »Humor« verstehen wollen, so wäre es zumindest grimmiger Humor und damit ein Affront gegenüber der Beethoven-›Gemeinde‹ : ›Ich habe euch mein Bestes gegeben – kompositorisch wie philosophisch. Was habt ihr damit angefangen ? Habt ihr die Welt verändert ? Da habt ihr die Teile, setzt sie euch selbst zusammen – wenn ihr es könnt !‹ Beethoven-Monument

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Abb. 89 Mauricio Kagel,

»10 Märsche, um den Sieg zu verhindern«, 1978/79, Partitur, erste Seite

Nahezu durchgehend zu spüren ist Beethovens dekonstruktivistische Haltung in seinen »Diabelli-Variationen« op. 120 : In ihnen widmet sich der Komponist dem vom Verleger Diabelli vorgegebenen Walzer kaum je liebevoll ; weit ohrenfälliger ironisiert und dementiert er die in seinen Augen läppische Vorlage nach Struktur und Gestus. So ist beispielsweise die 28. Variation mit so vielen Sforzati – d. h. dynamischen Hervorhebungen – gespickt, dass die Vorstellung eines sinnvollen Gesamtverlaufs geradezu konterkariert wird. Folgerichtig hat der Musikforscher Jürg Stenzl seiner Studie über die Diabelli-Variationen eine Überschrift gegeben, die eine charakteristische Äußerung des jungen Franz Schubert über Beethoven aufgreift : »Das Heiligste mit dem Harlequino vereint … ?« (Stenzl 2016). Zwei Künstler – dieselbe Mission : Beethoven spiegelt Beethoven, Lüpertz spiegelt Lüpertz. M. G.

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X VII   Markus Lüpertz

EPILOG  

Autographes Blatt aus Beethovens Petter-Skizzenbuch Bonn, Beethoven-Haus

Autographes Blatt aus Beethovens Petter-Skizzenbuch

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Abb. 90 Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zur Sinfonie Nr. 7 op. 92, 2. und 4. Satz, Autograph

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EPILOG   Markus Lüpertz

A

ls Urheber eines wild-fantastischen Skizzenblattes verlässt uns Beethoven – am Ende also mehr Chaos als Kosmos ? Erinnern wir uns der Worte, die Nietzsches Zarathustra dem Volk entgegenschleuderte : »Wehe ! Es kommt die Zeit, wo der Mensch nicht mehr den Pfeil seiner Sehnsucht über den Menschen hinaus wirft, und die Sehne seines Bogens verlernt hat, zu schwirren ! Ich sage euch : man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.«

Wie überhaupt lässt sich der Schöpfer dieses »tanzenden Sterns« abbilden ? Der »Epilog« aus Jorge Luis Borges’ Gedichtband »Borges und ich« lautet : »Jemand nimmt sich vor, die Welt zu zeichnen. Im Lauf der Jahre bevölkert er einen Raum mit Bildern von Provinzen, Königreichen, Gebirgen, Buchten, Schiffen, Inseln, Fischen, Zimmern, Instrumenten, Gestirnen, Pferden und Menschen. Kurz bevor er stirbt, entdeckt er, dass dieses geduldige Labyrinth aus Linien das Bild seines eigenen Gesichts wiedergibt.«   M. G.

Autographes Blatt aus Beethovens Petter-Skizzenbuch

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Angaben zur benutzten Literatur

Kap. I (Mähler) Ludwig van Beethoven, Briefwechsel. Gesamtausgabe, im Auftrag des Beethoven-Hauses Bonn hg. von Sieghard Brandenburg, München 1996–1998. Werner Busch, The Visible Power of Music : Louis-François Roubiliac’s Handel Statue for Vauxhall Gardens, in : Göttinger HändelBeiträge, Bd. XV, Göttingen 2014, 39–53. Alessandra Comini, The Changing Images of Beethoven. A Study in Mythmaking, 2. Auflage, Santa Fe 2008, 34 f. Martin Geck, Teil des Diskurses über Leben und Schaffen : Das Komponistenbildnis. Willibrord Mählers Beethoven und die Sinfonia eroica, in : Christoph Wolff (Hg.), Über Leben, Kunst und Kunstwerke : Aspekte musikalischer Biographie. Johann Sebastian Bach im Zentrum, Leipzig 1999, 282–292. Christopher Hogwood, Händel. Eine Biographie, Frankfurt a. M./Leipzig 2000 (zuerst Stuttgart 1992). Owen Jander, The Radoux Portrait of Beethoven’s Grandfather. Its Symbolic Message, in : Imago Musicae 6 (1989), 87–107. Keisuke Maruyama, Die Sinfonie des Prometheus. Die Dritte Sinfonie, in : Beethoven.

Analecta varia. Musik-Konzepte, Bd. 56, München 1987, 46–82. Claude V. Palisca, French Revolutionary Models for Beethoven’s Eroica Funeral March, in : Anne Dhu Shapiro (Hg.), Music and Context, Boston 1985, 198–209. Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 4, Stuttgart 1958, Sp. 919. Peter Schleuning, in : Martin Geck/Ders., »Geschrieben auf Bonaparte«. Beethovens »Eroica« : Revolution, Reaktion, Rezeption, Reinbek 1989. Maynard Solomon, Beethoven. Biographie, Frankfurt a. M. 1987, 328. Alexander Wheelock Thayer, Ludwig van Beethovens Leben, Bd. 2, bearbeitet von Hugo Riemann, 3. Auflage, Leipzig 1922, 403. M. G. : Ich konnte den Titel »Le Monaco« bisher weder allgemein noch speziell in Lesueurs Oper identifizieren. In dieser gibt es jedoch einen Tanz im 2⁄4-Takt zu den mit »enthousiasme intérieur« zu singenden Worten der Barden »Éloignons-nous de la tristesse passons ce jour dans l’allégresse« (Originalpartitur S. 190 f.). Dieser könnte der gesuchte sein.

Kap. II (Stieler) Ludwig van Beethoven, Konversationshefte, hg. von Karl-Heinz Köhler u. a., Leipzig 1968–2001.

Ludwig van Beethoven, Briefwechsel. Gesamtausgabe, im Auftrag des Beethoven-Hauses Bonn hg. von Sieghard Brandenburg, München 1996–1998.

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Rolf Meckler, Das Goethe-Porträt von Joseph Stieler. Zur Geschichte des Bildes, in : Goethe Jahrbuch 98, 1981, 91. Anton Schindler, Ludwig van Beethoven, Bd. 2, 5. Auflage, hg. von Fritz Volbach, Münster 1927. Richard Wagner, Sämtliche Schriften und Dichtungen, 5. Auflage, Leipzig o. J.

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Kap. IV (Hähnel) Ingrid Botsch (Hg.), Monument für Beethoven. Zur Geschichte des Beethoven-Denkmals (1845) und der frühen Beethoven-Rezeption in Bonn, Katalog der Ausstellung des Stadtmuseums Bonn und des Beethoven-Hauses, Bonn 1995. Ernst Lindenroth : Bonn im Spiegel der Jahrhunderte. Eine Sammlung heimatkundlicher Zeitungsartikel, Bonn 1992, S. xxx. Franz Liszt, Gesammelte Schriften, hg. und ins Deutsche übertragen von Lina Ramann, Bd. 2, Leipzig 1881.

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Kap. V (von Schwind) Werner Busch, Die notwendige Arabeske. Wirklichkeitsaneignung und Stilisierung in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1985, 95–108. Werner Busch, Conservativism and Innovation in Moritz von Schwind, in : Art in Bourgeois Society 1790–1850, hg. von Andrew Hemingway und William Vaughan, Cambridge 1998, 251–267. Werner Busch/Petra Maisak (Hg.), Katalog zur Ausstellung Verwandlung der Welt. Die romantische Arabeske, Petersberg 2013. Otto Erich Deutsch (Hg.), Schubert. Die Dokumente seines Lebens, Leipzig 1964. Andrea Gottdang, Vorbild Musik. Die Geschichte einer Idee der Malerei im deutschsprachigen Raum. 1780–1915, München/Berlin 2004. Andrea Gottdang, Von der Eroica zur Chorphantasie. Moritz von Schwinds »Symphonie«, in : Bonner Beethoven-Studien, Bd. 5, 2006, 95–113. Katalog der Ausstellung Moritz von Schwind. Meister der Spätromantik, hg. von Siegmar Holsten, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Museum der bildenden Künste, Leipzig/ Ostfildern-Ruit 1996, 79–82, Kat. Nrn. 287–291. Ullrich Konrad, Gattungsüberschreitung und Medienkombination. Ludwig van Beethovens

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Kap. VIII (Baerer) Heike Bungert, Festkulturen und Gedächtnis : Die Konstruktion einer deutschamerikanischen Ethnizitât 1848–1914, Paderborn 2016.

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Max Klinger. Wege zur Neubewertung, hg. von Pavla Zanger, Zita A. Pataki und Thomas Pröpper, Leipzig 2008, 236–250.

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Kap. XI (Fidus) Wolfgang de Bruyn (Hg.), Fidus. Künstler alles Lichtbaren, Berlin 1998. Janos Frecot / Johann Friedrich Geist / Diethart Kerbs, Fidus. 1868–1948. Zur ästhetischen Praxis bürgerlicher Fluchtbewegungen, München 1972. Martin Geck / Peter Schleuning, »Geschrieben auf Bonaparte«. Beethovens »Eroica« : Revolution, Reaktion, Rezeption, Reinbek 1989. Katalog der Ausstellung Künstler und Propheten. Eine geheime Geschichte der Moderne. 1872–1972, hg. von Pamela Kort und Max Hollein, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Köln 2015, 15–89. Ludwig Theobul Kosegarten, Gedichte, Bd. 2, Leipzig 1788. Hermann Keimeyer : http ://www. hermannkeimeyer.de/news/701-ludwig-vanbeethovens-fruehere-verkoerperung-werwar-er-welche-lebenshilfe-findet-man-beiihm. Herbert Kilian (Hg.), Gustav Mahler in den Erinnerungen von Natalie Bauer-Lechner. Revidierte Ausgabe mit Anmerkungen und

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Angaben zur benutzten Literatur

179

Kap. XIII (Barlach) Ernst Barlach, Güstrower Tagebuch (1914–1917), hg. von Ulrich Bubrowski, Hamburg 2007. Ernst Barlach, Die Briefe 1888–1938. In zwei Bänden, hg. von Friedrich Droß, München 1968–1969. Ernst Barlach, Die Dramen, München 1959. Ernst Barlach, Die Prosa, hg. von Friedrich Droß. München 1959 a. Ursel Berger, Vom Entwurf eines BeethovenDenkmals zum Fries der Lauschenden, in : Jürgen Fitschen/Volker Probst (Hg.) : Die Gemeinschaft der Heiligen. Der Figurenzyklus an der Katharinenkirche und das monumentale Werk Ernst Barlachs, Ausstellungskatalog Bremen/Güstrow 2001, 86–99. Volker Probst (Hg.), Ernst Barlach. Das graphische Werk, Werkverzeichnis II , bear-

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180

Angaben zur benutzten Literatur

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Romain Rolland, Dank an Beethoven. Eine Rede, deutsch von Kurt Leonhard, Esslingen 1951. Leo Schrade, Das französische Beethovenbild der Gegenwart, in : Beethoven und die Gegenwart, Festschrift des Beethoven-Hauses Bonn, Berlin/Bonn 1937.

Stefan Zweig, Romain Rolland. Der Mann und das Werk. Rütten & Loening, 19.–21. Tsd. Frankfurt a. M. 1929. Richard Wagner, Sämtliche Schriften und Dichtungen, Bd. 9, 5. Auflage, Leipzig o. J.

Kap. XVI (Roth) Dirk Dobke, Dieter Roths frühe Objekte und Materialbilder (1960–75), Phil. Diss., Hamburg 1997. Mauricio Kagel, Gespräch mit F. Schmidt, in : »Der Spiegel« vom 7. September 1970, 195–198. Werner Klüppelholz, Mauricio Kagel 1970–1980, Köln 1981.

Gerhard R. Koch, »Ludwig van« und »Mantra«, in : Musica 1, 1971, 32–35. Hanspeter Krellmann, Song of Joy. Ein Rückblick auf das Beethovenjahr 1970, in : Musica 1, 1971, 9–11. Mario Wildschütz (Hg.), Beethoven 70. Adorno Kagel Metzger Pauli Schnebel Wildberger, Frankfurt a. M. 1970.

Kap. XVII (Lüpertz) Salzburg Foundation : Zitiert nach http :// salzburgfoundation.at/walk-of-modern-art/ markus-luepertz-2005/. Jürg Stenzl, »das Heiligste mit dem Harlequino vereint …« ? Auf der Suche nach einer Rezeptions- und Interpretationsgeschichte von Beethovens »Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli«, op. 120, in : Ulrich Tadday (Hg.), Ludwig van Beethoven.

»Diabelli-Variationen«, München 2016, 48–95. Die Äußerungen zu Lüpertz’ BeethovenMonument lassen sich problemlos im Internet nachvollziehen : Klickt man ›Lüpertz‹ unter »Google Bilder« Beethoven an, so findet man unter den einzelnen Abbildungen die hier zitierten Äußerungen – und nicht nur die …

Epilog Jose Luis Borges : Gesammelte Werke in 12 Bänden, Bd. 7 : Der Gedichte erster Teil, übersetzt von Gisbert Haefs und Karl August Horst, München 2006.

Angaben zur benutzten Literatur

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Bildnachweise

Abb. 1

Willibrord Joseph Mähler, Ludwig van Beethoven, 1803, Ölgemälde © Wien Museum

Nymphenburg, 1831, Ölgemälde © Bayerische Schlösserverwaltung, Maria Scherf/Rainer Herrmann, München

Abb. 2

Johann Joseph Neidl, Louis van Beethoven, 1801, Stich nach einer Zeichnung von Gandolph Ernst Stainhauser von Treuberg © Beethoven-Haus Bonn

Abb. 9 Joseph Stieler, Skizze zum Portrait Beethovens mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1819, Ölstudie © Beethoven-Haus Bonn

Abb. 3 Napoleon Bonaparte stellt den Pariser Deputierten den im Zuge seines Italienfeldzugs aus dem Vatikan geraubten Apollo von Belvedere vor, 1797, anonyme Aquatinta © The Picture Art Collection/Alamy Stock Foto

Abb. 10 Klaus Kämmerichs, Beethon, 1986, Betonskulptur vor der Beethovenhalle Bonn © mauritius images/Naum Chayer/Alamy

Abb. 4 Ludwig van Beethoven d. Ä. (1712–1773), Kopie von Toni Bücher nach einem Gemälde von Wilhelm Amelius Radoux © Beethoven-Haus Bonn Abb. 5 Joseph Stieler, Beethoven mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1820, Ölgemälde © Beethoven-Haus Bonn

Abb. 11

Josef Danhauser, Liszt am Flügel, 1840, Öl auf Holz, Alte Nationalgalerie, Berlin © bpk/Nationalgalerie, SMB , Eigentum der Bundesrepublik Deutschland/Andres Kilger Abb. 12 Josef Danhauser, Beethoven-Büste, 1827, Gipsabguss des Originals (Wien Museum), Beethoven-Haus, Bonn © Beethoven-Haus Bonn Abb. 13

Abb. 6

Caspar David Friedrich, Der Wanderer über dem Nebelmeer, um 1818, Ölgemälde © mauritius images/Claasicpaintings/Alamy Abb. 7 Joseph Stieler, Johann Wolfgang von Goethe, 1828, Ölgemälde Zeitgenössische Reproduktion des Deutschen Kunstverlags nach dem Original Stielers (Neue Pinakothek, München) © Beethoven-Haus Bonn Abb. 8

Joseph Stieler, Helene Sedlmayr, Schönheitengalerie der Münchner Residenz Schloß

Leopold von Kupelwieser, Gesellschaftsspiel der Schubert-Freunde in Atzenbrugg (Der Sündenfall), 1821, Aquarell, Wien Museum © mauritius images/SuperStock Abb. 14

Josef Danhauser, Beethovens Totenmaske, 1827, Wien Museum © Beethoven-Haus Bonn Abb. 15 Beethoven auf dem Totenbett, 29. März 1827. Lithographie von Josef Danhauser nach eigener Zeichnung © BeethovenHaus Bonn

Bildnachweise

183

Abb. 16 Ernst Julius Hähnel, BeethovenDenkmal, 1845, Bronze, Münsterplatz Bonn © pixs :sell/stock.adobe.com Abb. 17 Louis François Roubiliac, HändelDenkmal für Vauxhall Gardens, 1738, Marmor, Victoria and Albert Museum, London © bpk/Victoria and Albert Museum, London

Abb. 27 Moritz von Schwind, Eine Symphonie, 1852, Öl auf Leinwand, München, Neue Pinakothek © bpk/Bayerische Staatsgemäldesammlungen Abb. 28 Philipp Otto Runge, Der Tag (2. Auflage), 1807, Radierung und Kupferstich, Hamburger Kunsthalle © bpk/Hamburger Kunsthalle/Elke Warford

Abb. 18

Antonio Canova, Napoleon als friedbringender Mars, 1802–1806, Marmor, Apsley House, London © bpk/Victoria and Albert Museum, London Abb. 19 Gottfried Schadow, Blücher-Denkmal, 1819, Bronze, Universitätsplatz (ehem. Hopfenmarkt), Rostock © age fotostock/Alamy Stock Foto

Abb. 29

Moritz von Schwind, unvollendeter Entwurf zu Mozarts »Zauberflöte«, um 1852, Aquarell über Bleistift, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett © bpk/Hamburger Kunsthalle/Christoph Irrgang Abb. 30 Moritz von Schwind, Eine Symphonie, Detail : unteres Register © bpk/Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Abb. 20

Franz Klein, Lebendmaske Beethovens, um 1812 Fotographie von Hermann Schaaffhausen nach einem Nachguß der von Franz Klein 1812 abgenommenen Maske © Beethoven-Haus Bonn Abb. 21

Hermann Knaur (nach Entwürfen von Eduard Bendemann, Ernst Rietschel und Julius Hübner), Bach-Denkmal, 1843, Sandstein, Leipzig © mauritius images/Alamy

Abb. 31

Moritz von Schwind, Schubertiade bei Spaun. Sepia-Zeichnung von 1868, Historisches Museum der Stadt Wien © mauritius images/ The Picture Art Collection/Alamy Abb. 32 Albert Graefle, Die Intimen bei Beethoven, Nachstich von 1876 © abebooks Abb. 33

Abb. 22

Heinrich Joseph Schneeberger, Ansicht der Einweihungsfeier des Bonner Beethoven-Denkmals, farbiges Klebebild, um 1845 © StadtMuseum Bonn (www.bonn.de/ stadtmuseum) Abb. 23–25

Ernst Julius Hähnel, Sockelreliefs des Beethoven-Denkmals, von links nach rechts : Allegorien der »Phantasie«, der »geistlichen Musik«, der »dramatischen Musik«, Historische Fotographien © Beethoven-Haus Bonn Abb. 26

Ernst Julius Hähnel, »Allegorie der Sinfonie«, Sockelrelief des Beethoven-Denkmals, Historische Fotographie © BeethovenHaus Bonn

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Bildnachweise

Johann Carl Arnold, Quartettabend bei Bettina von Arnim, um 1855, Aquarell über Bleistift, auf Papier, Goethemuseum, Frankfurt am Main © Freies Deutsches Hochstift/ Frankfurter Goethe-Museum Abb. 34 Kaspar Clemens von Zumbusch, Beethoven-Denkmal, 1880, Bronze, BeethovenPlatz, Wien © mauritius images/MAR K HICK EN /Alamy Abb. 35 Viktor Tilgner, Mozart-Denkmal, 1896, Marmor, Burggarten, Wien © akg-images Abb. 36 Kaspar Clemens von Zumbusch, Beethoven-Denkmal, Rückseite des Sockels, Detail © Wikimedia commons

Abb. 37 Henry Baerer, Beethoven-Denkmal, 1884, Central Park, New York © mauritius images/Washington Imaging/Alamy Abb. 38

Ticket für den »Grand Masquerade Ball« des Beethoven Maenner Chor https :// www.ebay.de/itm/1882-Grand-MasqueradeBall-Ticket-Beethoven-Maennerchor-N-YSuperb-A-/123287365395 Abb. 39 Theodore Baur, Beethoven-Statue, 1895–1897, Main Reading Room der Library of Congress, Thomas Jefferson Building, Washington © Library of Congress/Carol M. Highsmith Abb. 40 Theodore Baur, Indian Chief (Porträt Crazy Horse), 1885, Bronze, Denver Art Museum, Colorado/USA © Manuel Cohen/ akg images

Museum der bildenden Künste, Leipzig/ Michael Ehritt Abb. 47 Max Klinger, Beethoven, rechte Thronwange mit Adam und Eva © bpk/ Museum der bildenden Künste, Leipzig/ Michael Ehritt Abb. 48

Max Klinger, Beethoven, Thronrückseite © bpk/Museum der bildenden Künste, Leipzig/Hans-Dieter Kluge Abb. 49

Karikatur aus der satirischen Zeitschrift »Kikeriki«, 24. April 1902 Austria-Forum nach »The Musical Quarterly«, Bd. 93, 2010, S. 515 © IMAGNO /Austrian Archives

Abb. 50 Fidus, Entwurf für einen BeethovenTempel (1903) © Beethoven-Haus Bonn Abb. 51

Abb. 41

Beethoven, Streichquartett op. 130, Beginn des 2. Satzes, Autograph. Library of Congress, Washington ©Library of Congress, Music Division Abb. 42

Skizze zu Beethovens Klaviersonate op. 101, Autograph. Library of Congress, Washington © The History Collection/Alamy Stock Foto Abb. 43 Max Klinger, Beethoven-Büste, nach 1902, Marmor, Museum of Fine Arts, Boston © mauritius images/Peter Barritt/Alamy Abb. 44

Max Klinger, Beethoven, 1902, polychromer Marmor, Alabaster, Elfenbein, Bronze, Bernstein, vergoldet, Museum der bildenden Künste, Leipzig © mauritius images/ BEAUMONT Frédéric/Alamy Abb. 45 Max Klinger, Die neue Salome, 1893, verschiedene Materialien, Museum der bildenden Künste, Leipzig © bpk/Deutsches Historisches Museum Abb. 46

Max Klinger, Beethoven, linke Thronwange mit den Qualen des Tantalus © bpk/

Karl Wilhelm Diefenbach, Entwurf eines Atelier- und Ausstellungsgebäudes in Ägypten, um 1896. In : Rainer Y : Fidus, der Tempelkünstler. Interpretation im kunsthistorischen Zusammenhang mit Katalog der utopischen Architekturentwürfe. Teil II : Anhang, Katalog, Abbildungen. Göppingen : Kümmerle-Verlag 1985. Abb. V3 Abb. 52

Fidus, Tempel des Lucifer, 1892, Bleistift auf Papier, Nachlass Fidus, Sammlung der Berlinischen Galerie, Berlin. In : Rainer Y : Fidus, der Tempelkünstler. Interpretation im kunsthistorischen Zusammenhang mit Katalog der utopischen Architekturentwürfe. Teil II : Anhang, Katalog, Abbildungen. Göppingen : Kümmerle-Verlag 1985. Abb. 2 Im Tempel des Lucifer Abb. 53

Fidus, Der Tempel der Erde, Grundriss, 1901, Feder auf Karton, Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck In : Rainer Y : Fidus, der Tempelkünstler. Interpretation im kunsthistorischen Zusammenhang mit Katalog der utopischen Architekturentwürfe. Teil II : Anhang, Katalog, Abbildungen. Göppingen : Kümmerle-Verlag 1985. Abb. 23 Der Tempel der Erde, Grundriß

Bildnachweise

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Abb. 54 Fidus, Goethe-Tempelbild, 1897, Gouache artnet.de (Goethe-Büste, 1897)

Ernst Barlach Stiftung Güstrow © André Hamann

Abb. 55

Abb. 65 Ernst Barlach, Fries der Lauschenden Die Träumende, Der Gläubige, Die Tänzerin, Der Blinde, Der Wanderer, Die Pilgerin, Der Empfindsame, Der Begnadete, Die Erwartende ; 1930–1935, Holz, Ernst Barlach Haus, Hamburg © Ernst Barlach Haus Hamburg, Foto : H.-P. Cordes

Fidus, Germania’s Blut, 1917, Feder auf Karton, Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck In : Rainer Y : Fidus, der Tempelkünstler. Interpretation im kunsthistorischen Zusammenhang mit Katalog der utopischen Architekturentwürfe. Teil II : Anhang, Katalog, Abbildungen. Göppingen : Kümmerle-Verlag 1985. Abb. 81 Germania’s Blut Abb. 56

Fidus, Lichtgebet, 1913, Farblithographie © bpk/Deutsches Historisches Museum

Abb. 57

Peter Breuer, Beethoven-Monument, Granitfassung von Fritz Diederich, 1938, Bonn, Rheinaue © Axel Kirch/CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Abb. 66 Ernst Barlach, Der singende Mann, 1928, Bronze, Nationalgalerie, Berlin © bpk/Nationalgalerie, SMB /Klaus Göken Abb. 67 Georg Kolbe, Beethoven-Denkmal, 1926–1947, Bronze, Taunusanlage, Frankfurt am Main © Wikimedia Commons Abb. 68

Georg Kolbe, Zarathustras Erhebung

IV, 1932/47 (Entwurf), Neuguss 1950, Bronze, Abb. 58

Peter Breuer, Entwurf für ein Beethoven-Denkmal in Bonn, 1926/27, Gipsmodell © Beethoven-Haus Bonn

Georg Kolbe Museum, Berlin Neuguss für Georg Kolbe Museum, 1950 © Nachlass Georg Kolbe, Foto : Markus Hilbich, Berlin

Abb. 59

Abb. 69 Georg Kolbe, Ring der Statuen, 1933–1947, Bronze, Basalt-Lava, Rothschildpark, Frankfurt am Main © Wikimedia Commons

Sitzfigur der Isis, Mutter Thutmosis III ., um 1490 v. Chr., Granit, Ägyptisches Museum Kairo © bpk/Jürgen Liepe Abb. 60/61

Ansichtskarte Alban Bergs an seine Verlobte (Vorder- und Rückseite), 1910, Wien, Nationalbibliothek © ÖNB Wien MS 20.920-4, Titelblatt Recreations Musicales. F 21. Berg. 1581/1910/116 (2 Scans) Berg Alban, Berg Helene : Korrespondenz Abb. 62 Ernst Barlach, Entwurf eines Beethoven-Denkmals, 1926, Gips ; 1927 vom Künstler zerstört © Foto : Archiv Ernst Barlach Haus Hamburg Abb. 63 Der »Bilder-Courier« präsentiert am 24. Oktober 1926 in einer Collage die Entwürfe zum Berliner Beethoven-Denkmal © Archiv Georg Kolbe Museum Abb. 64

Ernst Barlach, Beethoven (Entwurf für ein Denkmal), 1926, Gips (unter Schellack)

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Bildnachweise

Abb. 70 Georg Kolbe, Entwurf zum Beethoven-Denkmal, 1926/27, Gips, Georg Kolbe Museum, Berlin Neuguss für Georg Kolbe Museum, 1950 © Nachlass Georg Kolbe, Foto Markus Hilbich, Berlin Abb. 71

John Heartfield, Brauner Künstlertraum, Kupfertiefdruck, Doppelblatt aus VI (Volks-Illustrierte), Nr. 29, 20. Juli 1938 © Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung, Inv.-Nr. JH 646 Abb. 72 Seite aus Fritz Cassirers Buch »Beethoven und die Gestalt« (1925) In : Fritz Cassirer, Beethoven und die Gestalt. Ein Kommentar. Berlin/Leipzig : Deutsche VerlagsAnstalt 1925, S. 69

Abb. 73

Wilhelm Furtwängler, Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, während eines Konzerts im Städtischen Saalbau, Essen am 21. Januar 1939 © bpk/Fotoarchiv Ruhr Museum/Willy van Heekern

Aquarell, 1862, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Max, Gabriel von, I,B-407 (0010), dort geführt als : Illustration Nr. 10 zu Beethoven, ohne Datum

Abb. 74 Antoine Bourdelle, La Pathétique. Beethoven à la Croix, 1929, Gips, Musee Bourdelle, Paris © Beethoven-Haus Bonn

Abb. 83

Auguste Rodin, Orpheus und Eurydike, 1887–1893, Marmor, The Metropolitan Museum, New York © bpk/R MN  – Grand Palais/René Gabriel Ojéda

Dieter Roth, Die Badewanne zu »Ludwig van«, 1969, Zinkbadewanne, Schmelzglasur, Schokolade und Hartfett, Museum Ludwig, Köln © Dieter Roth Estate. Courtesy Hauser & Wirth/Ludwig Forum für Internationale Kunst Aachen, Leihgabe der Peter und Irene Ludwig Stiftung, Foto : Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c016767, Sabrina Walz

Abb. 76

Abb. 84

Abb. 75

Honore Daumier, Bildnis François Pierre Guillaume Guizot, 1833, Bronze, National Gallery of Art, Washington © mauritius images/ History and Art Collection/Alamy Abb. 77

David D’Angers, Paganini, 1830, Bronze, Galerie David d’Angers, Angers © Wikimedia Commons Abb. 78

Antoine Bourdelle, Beethoven mit der Hand an der Wange, 1887, Gips, Musée Bourdelle, Paris © bpk/Friedrich Seidenstücker

Mauricio Kagel in dem von ihm gestalteten Musikzimmer mit Beethovenfigur © Brigitte Dannehl, VG Bild-Kunst 2019 Abb. 85 Dieter Roth, Mozart-Schrank, 1969, Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen © Dieter Roth Estate. Courtesy Hauser & Wirth, Foto : Carl Brunn Abb. 86 Markus Lüpertz, Beethoven, 2014, Bronze, Bonn, Stadtgarten © Foto : Michael Sondermann/Bundesstadt Bonn Abb. 87

Abb. 79

Auguste Rodin, Der Mann mit der zerbrochenen Nase, 1863, Bronze, Neue Pinakothek, München © bpk/Philadelphia Museum of Art/Art Resource, N Y

Abb. 80

Daniele da Volterra, Bildnis Michelangelo, um 1564, Bronze, Musée du Louvre, Paris © bpk/R MN  – Grand Palais/René Gabriel Ojéda

Abb. 81

Johann Sebastian Bach, Autograph des sog. Fulde-Kanons BW V 1077 L. Liepmannssohn Verst.-Kat. Nr. 63, 1932 (https ://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/ liepmannssohn1932_12_09/0008) Abb. 82

Gabriel von Max, Grande Sonate, fotographische Reproduktion nach einem

Markus Lüpertz, Mozart, Eine Hommage, 2005, Bronze, Salzburg, Ursulinenplatz © Land Salzburg Abb. 88 Vadim Zakharov, Adorno-Denkmal, 2003, Theodor-W.-Adorno-Platz, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main © Wikimedia Commons Abb. 89

Mauricio Kagel, »10 Märsche, um den Sieg zu verhindern«, 1978/79, Partitur, erste Seite © 1981 by Henry Litolff ’s Verlag. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von C. F. Peters Ltd & Co. KG , Leipzig Abb. 90

Ludwig van Beethoven, Skizzenblatt zur Sinfonie Nr. 7 op. 92, 2. und 4. Satz, Autograph, Bild 1 © Beethoven-Haus Bonn

Bildnachweise

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