Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im deutschen und im englischen Recht: Eine rechtsvergleichende Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der privaten Nutzung sozialer Medien [1 ed.] 9783428586240, 9783428186242

Die Arbeit untersucht die Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers im deutschen un

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Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im deutschen und im englischen Recht: Eine rechtsvergleichende Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der privaten Nutzung sozialer Medien [1 ed.]
 9783428586240, 9783428186242

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Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 16

Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im deutschen und im englischen Recht Eine rechtsvergleichende Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der privaten Nutzung sozialer Medien

Von

Lisa-Katharina Holst

Duncker & Humblot · Berlin

LISA-KATHARINA HOLST

Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im deutschen und im englischen Recht

Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 16

Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im deutschen und im englischen Recht Eine rechtsvergleichende Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der privaten Nutzung sozialer Medien

Von

Lisa-Katharina Holst

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D21 Alle Rechte vorbehalten © 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 2567-5427 ISBN 978-3-428-18624-2 (Print) ISBN 978-3-428-58624-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2021/2022 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Inauguraldissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 24. März 2022 in Tübingen statt. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Oktober 2021 berücksichtigt. An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Hermann Reichold für die Betreuung der Arbeit, die Erstellung des Erstgutachtens und die sehr schöne und lehrreiche Zeit an seinem Lehrstuhl bedanken. Frau Prof. Dr. Christine Osterloh-Konrad danke ich ebenfalls für die Erstellung des Zweitgutachtens. Weiterhin gilt mein Dank dem Institute of European and Comparative Law der University of Oxford, an welchem ich im Sommer 2019 zum englischen Arbeitsrecht forschen durfte. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei meiner Familie und meinen Freunden, die mich in allen Phasen meiner Promotion begleitet und unterstützt haben. Tübingen, im März 2022

Lisa-Katharina Holst

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Methodik der Rechtsvergleichung im Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 III. Eingrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Wann liegt außerdienstliches Verhalten vor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Welche Aspekte außerdienstlichen Verhaltens sind vorliegend relevant? . . . . 22 IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Locatio conductio operarum des römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Treudienstvertrag des germanischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Vorläufer des Dienstvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Kritik an der personenrechtlichen Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Grundlagen des englischen (Arbeits-)Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 a) Common law und statutory law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Die Rolle des Rechts der equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Historische Entwicklung außerdienstlicher Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . 30 a) Anfänge des Dienstvertrages unter dem Begriff „master and servant“ . . . . 30 aa) Im Bereich des common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bb) Im Recht der equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 cc) Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht . . . . . . . 35 I. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Dogmatische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Außerdienstliche Verhaltenspflichten als Teil der Arbeitspflicht . . . . . . . . 35 b) Selbstständige Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

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Inhaltsverzeichnis c) Außerdienstliche Verhaltenspflicht als Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 aa) Treu und Glauben, § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 bb) Nebenpflicht nach § 241 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (1) Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (2) Kritik und heutiger Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Weitere Rechtsquellen und Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Das Arbeitsverhältnis als Genossenschaftsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Verbandsrechtliche Elemente des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . 42 c) Sozialstaatsprinzip, Art. 20 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 d) Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I, 1 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 e) Drittbezug des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 f) Handelsrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Die hierarchische Struktur des Arbeitsverhältnisses und die daraus folgende duty of obedience . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Der Grundsatz von mutual trust and confidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Die Treuepflicht des Arbeitnehmers (duty of fidelity) . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Auffassungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (1) Treuepflicht als Ausprägung der equity im Sinne einer fiduciary duty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (2) Die contractual duty of fidelity als implied term . . . . . . . . . . . . . . 51 (3) Bedeutung der Diskussion für außerdienstliche Verhaltenspflichten 51 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Weitere Rechtsquellen und Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 a) Art. 8 HRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Das englische Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Anwendbarkeit des Art. 8 HRA? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Restraint-of-trade-doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 III. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Inhaltsverzeichnis

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Relevante Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers, Art. 5 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Bedeutung dieses Grundrechts für das Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . 57 bb) Relevanz dieser Fallgruppe für aktuelle Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Straftaten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Privatleben des Arbeitnehmers, Art. 1 I, 2 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 aa) Grundsatz der Betriebsbezogenheit (Beeinträchtigungsformel) . . . . . . 63 bb) Neuere Tendenzen der BAG-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 cc) Tendenzen der LAG-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Kritische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Die englische Arbeitsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Grundsätze des englischen Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 aa) Das Kündigungsrecht nach dem common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Das Kündigungsrecht nach dem ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) Band of reasonable responses (BORR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) „Burchell“-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 cc) Weitere Besonderheiten des englischen Kündigungsrechts . . . . . . . . . 70 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Ansätze der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Die Rechtsprechung vor Erlass des HRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (1) Grundsätzliche Tendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (a) Verstoß gegen eine vertragliche oder unternehmensinterne Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (b) Handlungsmaßstab eines vernünftigen Arbeitgebers . . . . . . . . 74 (c) Strafrechtliche Relevanz des Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (2) Abgrenzung von dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten

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bb) Die Rechtsprechung nach Erlass des ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 cc) Die Rechtsprechung nach Erlass des HRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

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Inhaltsverzeichnis III. Vertragsstruktur des Beschäftigungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Privatwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Tendenzbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Beamtenrecht und Öffentlicher Dienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Tendenzbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Unternehmensschädigende Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Unternehmenskritische Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (1) Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Tatsachenbehauptungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Meinungsäußerungen ohne Bezug zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . 86 dd) Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . 86 ee) Sonderfall der Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken? . . . . . . . . 87 (1) Definition des „sozialen Netzwerks“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . 88 (a) Inhalt der Meinungsäußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (b) Arbeitsbezogene Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (aa) Angaben zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (bb) Dienstkleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (cc) Arbeitskollegen als Freunde und Follower . . . . . . . . . . . . 90 (dd) Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb . . . . . . . . . . . . . . 90 (c) Netzwerkspezifische Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (aa) Privatsphäre-Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (bb) Nutzungsrealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (cc) Das bloße „Liken“ fremder Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (dd) Das bloße „Teilen“ fremder Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (d) Gesamtschau des Arbeitnehmerverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Vom Arbeitnehmer begangene Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 aa) Unterscheidung zwischen Leistungs- und Vertrauensbereich . . . . . . . . 97 bb) Betriebsbezogene Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (1) Ehrverletzende Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Inhaltsverzeichnis

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(2) Anderweitige Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 cc) Nicht betriebsbezogene Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (1) Sonderfall der strafbaren Äußerungen im Internet . . . . . . . . . . . . . 101 (a) Beleidigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (b) Volksverhetzende und rassistische Äußerungen . . . . . . . . . . . . 102 (2) Sonderfall der Verdachtskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (a) Darstellung der Problematik anhand eines LAG-Urteils . . . . . 103 (b) Kritik der Literatur und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Privatleben des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Persönliche Beziehungen und Sexualleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (1) Sonderfall der Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . 106 (2) Sonderfall der Druckkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Alkohol- und Drogenkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 cc) Sonderfall der Publikmachung des Privatlebens in sozialen Medien 109 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Meinungsäußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Der Schutz der Meinungsfreiheit im englischen Recht . . . . . . . . . . . . 111 bb) Unternehmensschädigende Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 cc) Unternehmenskritische Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 dd) Meinungsäußerungen ohne Bezug zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . 113 ee) Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 ff) Sonderfall der Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken? . . . . . . . . 115 (1) Differenzierung nach dem Inhalt der Äußerung . . . . . . . . . . . . . . . 116 (a) Bezug zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (b) Anwendbarkeit von Art. 10 HRA und „Qualität“ der Äußerung 117 (2) Medienspezifische Abwägungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Vom Arbeitnehmer begangene Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Straftaten mit Bezug zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Straftaten ohne Bezug zum Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Rechtsprechung seit dem ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 dd) Sonderfall der in sozialen Netzwerken begangenen Straftaten? . . . . . 123 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

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Inhaltsverzeichnis c) Das Privatleben des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Der Schutz der Privatsphäre im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Die Rolle des HRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (a) X v Y (2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Pay v Lancashire Probation Service (2004) . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Die Argumentationslinie der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (3) Kritik der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Fälle des Privatverhaltens im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (1) Persönliche Beziehungen und Sexualleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (a) Einfluss des statutory law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (2) Alkohol- und Drogenkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Sonderfall der Preisgabe des Privatlebens in sozialen Medien? . . . . . . 132 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 V. Ansätze der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Gefahrenbegriff des Polizeirechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Zivilrechtliche Parallelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten 137 b) Anwendbarkeit von Art. 8 und Art. 10 HRA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Einführung eines test of proportionality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 d) Analogie zum Rechtsinstitut breach of confidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Das Rechtsinstitut breach of confidence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 bb) Übertragung auf das Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 e) Rechtswidrigkeitsvermutung (presumption of unfairness) . . . . . . . . . . . . . 142 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Eigener Ansatz zum deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

E. Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 I. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Anspruch auf Erfüllung außerdienstlicher Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . 146 a) Schutz- und Nebenleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Nebenleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Rechtstatsächliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Inhaltsverzeichnis

13

2. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Abgrenzung zwischen verhaltens- und personenbedingter Kündigung . . . 151 b) Abgrenzung bei außerdienstlichem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Meinungsäußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (1) Unterscheidung nach dem Kriterium der Betriebsbezogenheit . . . 153 (2) Sonderfall der Verdachtskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 cc) Privatleben des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Anspruch auf Erfüllung (specific performance) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Unterlassungsansprüche (injunctions) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Schadensersatzansprüche (damages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Grundsätze des englischen Schadensersatzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Bedeutung des Schadensersatzrechts für außerdienstliches Verhalten . . . . 159 4. Contributory Faults nach dem law of unfair dismissal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 III. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 I. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Herkunft und Bedeutung von Ethikrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Die Implementierung von Ethikrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Implementierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (1) Grundsätze des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Weisung zu außerdienstlichem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (a) Umfang des Weisungsrechts im außerdienstlichen Bereich . . . 166 (b) Entstehungszeitpunkt der Handlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . 167 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Erweiterung des gesetzlichen Pflichtenprogramms . . . . . . . . . . . . 169 (2) Mögliche Regelungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (a) Meinungsäußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (b) Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (c) Privatleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (3) AGB-rechtliche Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

14

Inhaltsverzeichnis (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 dd) Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Implementierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Vor- und Nachteile der einzelnen Gestaltungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Social Media Guidelines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Sanktionsklauseln als „vorweggenommene Abmahnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Besonderheiten der Regelungstechnik im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Durch Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Grundsätze des englischen (Arbeits-)Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Gesetzliche Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 aa) Common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Statutory law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 c) Die Implementierung von Regelungen in staff handbooks . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Rechtsnatur und Einbeziehungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Ausdrückliche oder konkludente Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . 187 (2) Geeignetheit der Einbeziehung (aptness) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Ausdrücklicher Ausschluss der Implementierung? . . . . . . . . . . . . . . . . 188 cc) Inhaltliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 dd) Nachträgliche Änderungsmöglichkeiten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . 190 ee) Rechtstatsächliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (1) Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten im Allgemeinen 192 (2) Regelungen in sog. social media policies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Durch Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4. Durch Kollektivvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Grundsätze des kollektiven Arbeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Kollektivrechtliche Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten . . . . . 196 III. Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

G. Abschließende rechtsvergleichende Betrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . 200

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

Abkürzungsverzeichnis a. A. AALR Abs. AC ACAS AcP a. F. AGB AGBG All ER Anm. AOG AP App No/App Nos ArbG ArbRAktuell ArbRB ARS ARSt Art. ASLEF AuA AuR BAG BAGE BAT BB BC Bd. bearb. v. Beschl. v. BetrVG BGB BGBl. BGH BGHZ BH BLR BlStSozArbR BSG

anderer Ansicht Anglo-American Law Review (Zeitschrift) Absatz Appeal Cases Advisory, Conciliation and Arbitration Service Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) alter Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen All England Law Reports Anmerkung Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts – Arbeitsrechtliche Praxis Application Number/Application Numbers Arbeitsgericht Arbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift) Der Arbeits-Rechts-Berater (Zeitschrift) Arbeitsrechts-Sammlung: Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte (Bensheimer Sammlung) Arbeitsrecht in Stichworten Artikel Associated Society of Locomotive Engineers and Firemen Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Arbeit und Recht (Zeitschrift) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundes-Angestelltentarifvertrag Betriebsberater Borough Council Band bearbeitet von Beschluss vom Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Business Horizons (Zeitschrift) Business Law Review (Zeitschrift) Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Bundessozialgericht

16 BSGE BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. C&P Case No CC CCZ Ch Ch D CLJ CLR Co Cornell LQ CP CR CSMC DB ders. dies. d. h. DLJ DuD EAT Ecc LJ EGMR ELJ ELR Emp LB EmpLR EMRK ER ERA Esp ET EuZA EWCA Civ EWHC Exch EzA f. Fam ff. Fn. FS FSR

Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Currington and Payne’s Reports Case Number County Council Corporate-Compliance-Zeitschrift Chancery Law Reports Chancery Division, Law Reports Cambridge Law Journal (Zeitschrift) Cambrian Law Review (Zeitschrift) Compagnie The Cornell Law Quarterly (Zeitschrift) Common Pleas, Law Reports Computer und Recht (Zeitschrift) Civil Service Management Code Der Betrieb derselbe dieselbe das heißt Duke Law Journal (Zeitschrift) Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift) Employment Appeal Tribunal Ecclesiastical Law Journal (Zeitschrift) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Employment Law Journal (Zeitschrift) Edinburgh Law Review (Zeitschrift) Employment Law Bulletin (Zeitschrift) Employment Law Reports Europäische Menschenrechtskonvention English Reports Employment Rights Act 1996 Espinasse’s Nisi Prius Reports Employment Tribunal Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht Court of Appeal of England and Wales Decisions (Civil Division) High Court of England and Wales Decisions Exchequer Reports Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgende Family Reports (und) die folgenden Fußnote/Fußnoten Festschrift Fleet Streets Reports

Abkürzungsverzeichnis GenG GeschGehG GewO GG ggfs. GRUR GS HGB h. M. HRA Hrsg. hrsgg. v. ICR IJCLLIR ILJ Ind LJ insb. Int JLM IRA IRLR i. S. d. i. S. v. i. V. m. JA Jura JuS JZ K&R KB krit. KSchG LAG LAGE LQR LR LS Ltd MDR MLP MLR MMR m. w. N. NHS NJOZ NJW Nr. NZA

17

Genossenschaftsgesetz Geschäftsgeheimnisgesetz Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gedächtnisschrift Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Human Rights Act 1998 Herausgeber herausgegeben von Industrial Cases Reports International Journal of Comparative Labour Law and Industrial Relations (Zeitschrift) Industrial Law Journal (Zeitschrift) Indiana Law Journal (Zeitschrift) insbesondere International Journal of Law and Management (Zeitschrift) Industrial Relations Act 1971 Industrial Relations Law Reports im Sinne des/im Sinne der im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kommunikation & Recht (Zeitschrift) King’s Bench Reports kritisch Kündigungsschutzgesetz Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Law Quarterly Review (Zeitschrift) Law Reports Legal Studies (Zeitschrift) Limited Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Media Law & Practice (Zeitschrift) Modern Law Review (Zeitschrift) MultiMedia und Recht (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen National Health Service Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

18 NZA-Beil. NZA-RR NZG OJLS para PIDA plc PrALR PrGesO QB QBD RAG RdA RG RGBl. RGZ Rn. Rspr. S. s. SA SCLR SGB SOA SOAS LJ sog. StGB StPO teilw. TULR(C)A TVG UCTA UK Urt. v. v WLR WLUK ZAkDR z. B. ZD ZEuP ZfA ZfRV ZPO zugl.

Abkürzungsverzeichnis Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Beilage Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oxford Journal of Legal Studies (Zeitschrift) Paragraph Public Interest Disclosure Act 1998 public limited company Preußisches Allgemeines Landrecht Preußische Gesindeordnung Queen’s Bench Reports Queen’s Bench Division, Law Reports Reichsarbeitsgericht Recht der Arbeit (Zeitschrift) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer/Randnummern Rechtsprechung Seite/Satz siehe/section Société anonyme/Società Anonima Scottish Council of Law Reporting Sozialgesetzbuch Sarbanes-Oxley Act 2002 SOAS University of London Law Journal (Zeitschrift) sogenannte/sogenannten/sogenannter/sogenanntes Strafgesetzbuch Strafprozessordnung teilweise Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992 Tarifvertragsgesetz Unfair Contract Terms Act 1977 United Kingdom Urteil vom versus Weekly Law Reports Westlaw United Kingdom (neutral citations) Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zivilprozessordnung zugleich

A. Einleitung I. Anlass der Untersuchung Die Frage, ob und in welchem Umfang außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers1 gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, stellen sich Juristen praktisch schon seit es das Arbeitsrecht gibt.2 Während im Mittelalter noch der Grundsatz „wes Brot ich ess, des Lied ich sing“3 galt, besteht heute Einigkeit darüber, dass die vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers grundsätzlich am Werkstor enden und der Arbeitgeber sich nicht zum Sittenwächter seiner Angestellten aufschwingen kann.4 Angesichts der zahlreichen Bestandsschutzstreitigkeiten der vergangenen Jahre, welche auf polarisierende Äußerungen von Arbeitnehmern in sozialen Medien zurückzuführen waren, kann diese Frage aber keinesfalls als beantwortet gelten. Die sozialen Medien sind aus dem heutigen Alltag eines jeden nicht mehr wegzudenken – die Nutzungsdauer betrug im Jahr 2018 weltweit durchschnittlich 138 Minuten pro Tag5 – und die Darstellung von Privatem im öffentlichen Raum ist nichts Außergewöhnliches mehr. Somit stellt sich die Frage, ob das vom Arbeitnehmer öffentlich Preisgegebene noch dessen Privatsphäre zugerechnet werden kann. Gesellschaftliche Konventionen werden zwar immer mehr aufgebrochen und eine Kündigung allein aufgrund eines unkonventionellen Lebenswandels des Arbeitnehmers dürfte heute kein Arbeitgeber mehr ernsthaft in Erwägung ziehen.6 Wo und ob aber eine Grenze überschritten wird, wenn der Ruf des Arbeitgebers in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Das klassische Arbeitsverhältnis, geprägt durch einen Achtstundentag und Verrichtung der Arbeit an einem festen Betriebsort, ist heute eher zur

1 Zur besseren Lesbarkeit wird im Folgenden bei Personenbezeichnungen die männliche Form gewählt; nichtsdestoweniger ist die weibliche Form stets mitgemeint. 2 Die erste umfassende Dissertation hierzu wurde im Jahre 1969 verfasst, vgl. Daum, Außerdienstliche Verhaltenspflichten (1969). 3 Diese Redewendung gibt es sowohl in der deutschen, vgl. Kissel, NZA 1988, 145 (146), als auch in der englischen Sprache. In letzterer lautet sie: „he who pays the piper calls the tune“, vgl. Walter v Eton Rural District Council [1950] 2 All ER 588, 596. 4 BeckOK ArbR/Joussen, § 611a BGB, Rn. 449; APS/Dörner/Vossen, § 626 BGB, Rn. 77. 5 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/475072/umfrage/taegliche-nutzungdauer-vonsozialen-medien/ (Stand: 07. 10. 2021). 6 Anders beispielsweise noch das LAG Niedersachsen im Jahre 1960, welches die Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund des Lebenswandels von Frau und Tochter für möglich hält, vgl. Urt. v. 28. 1. 1960 – 4 Sa 92/59 – ARSt. XXIV S. 79.

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A. Einleitung

Seltenheit geworden.7 Mobilität und ständige Erreichbarkeit des Arbeitnehmers führen dazu, dass der Ort des Betriebes und die Arbeitszeiten eher untergeordnete Rollen spielen, was wiederum zur Folge hat, dass die Abgrenzung von außer- und innerdienstlichem Verhalten immer schwerer wird.8 Die Schnelllebigkeit unseres Alltags und die Möglichkeit des Nebeneinanders von Arbeit und Freizeit – man denke hier beispielsweise an ein privates Telefongespräch während einer Dienstreise oder an das Lesen beruflicher E-Mails von Zuhause aus – führen dazu, dass der Arbeitnehmer durchschnittlich mehr Zeit für außerdienstliches Verhalten hat und diese Kategorie bzw. deren rechtliche Einordnung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Darüber hinaus ist auch die Tatsache, dass die letzte umfassende Bearbeitung dieses Themas9 noch vor der Schuldrechtsreform vorgenommen wurde, Anlass für die Untersuchung. Es ergeben sich damit nicht nur Neuerungen im Hinblick auf die Nutzung sozialer Medien, sondern ebenso in Bezug auf die dogmatische Begründung außerdienstlicher Verhaltenspflichten. Die fortschreitende Globalisierung und die Vielzahl von grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen legten eine rechtsvergleichende Untersuchung des Themas nahe. Die Wahl fiel hier auf das englische Recht10, da die genannten Fragestellungen aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme und mangels des römisch-rechtlichen Einflusses auf das angloamerikanische Recht aus verschiedensten Blickwinkeln betrachtet werden können und somit ein kritisches Hinterfragen des deutschen Rechts ermöglicht wird. Aus diesen rechtsvergleichenden Erkenntnissen sollen zudem entsprechende Lösungsansätze für das deutsche Recht entwickelt werden. Weiterhin gibt auch die Tatsache, dass das Arbeitsrecht in der rechtsvergleichenden Wissenschaft nach wie vor eher wenig Raum einnimmt – was in Anbetracht der anhaltenden Europäisierung dieses Rechtsgebiets korrekturbedürftig erscheint11 – Anlass für eine rechtsvergleichende Untersuchung.

II. Methodik der Rechtsvergleichung im Arbeitsrecht Diese Arbeit verfolgt einen rechtsvergleichenden Ansatz. Über die rechtlichen Aspekte hinaus sind daher in methodischer Hinsicht auch die sozialen, kulturellen 7

Anders war dies noch in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, vgl. hierzu Daum, Außerdienstliche Verhaltenspflichten, S. 1. 8 Vgl. Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 131. 9 Mayer, Außerdienstliches Verhalten (2000); ausschließlich auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe konzentriert sich Nimmerjahn, Außerdienstliches Verhalten als verhaltensbedingter Kündigungsgrund (2006). 10 Mit „englischem Recht“ ist im Folgenden das in England geltende Recht gemeint, welches weitestgehend im gesamten Vereinigten Königreich Anwendung findet, wobei jedoch Schottland und Nordirland teilweise eine eigenständige Rechtsordnung aufweisen. Die Auswertung der Rechtsprechung konzentriert sich vornehmlich auf Urteile der englischen Gerichte, bezieht jedoch teilweise auch solche aus Schottland, Wales und Nordirland mit ein. 11 Schregle, GS-Kahn, S. 676.

III. Eingrenzung des Themas

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und vor allem die politischen Umstände der jeweiligen Rechtsordnungen zu berücksichtigen.12 Da das Arbeitsrecht im Gegensatz zum allgemeinen Privatrecht sehr viel mehr von eben diesen Umständen geprägt wird, ist auf diese in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.13 Die einzelnen Fragestellungen haben nicht an rechtliche Regelungen, sondern vielmehr an den zu lösenden sozialen Konflikt anzuknüpfen, welcher in jeder Gesellschaft gleichermaßen besteht.14 Nach dieser Methodik des sog. funktionalen Rechtsvergleichs führt die Abwesenheit bestimmter rechtlicher Normen in der einen Rechtsordnung nicht unbedingt zu unterschiedlichen Ergebnissen, da dem in Frage stehenden Regelungsbedürfnis zumeist auf andere Art und Weise Rechnung getragen wird.15 Die vergleichende Gegenüberstellung soll schließlich etwaige Schwachstellen der eigenen nationalen Regelungen aufzeigen und die Entwicklung neuartiger Lösungsansätze vorantreiben.16 Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist die funktionale Frage, inwieweit außerdienstliches Verhalten eines Arbeitnehmers für das Arbeitsverhältnis relevant ist und inwiefern der Arbeitgeber Einfluss auf das Privatverhalten seiner Arbeitnehmer ausüben kann.

III. Eingrenzung des Themas 1. Wann liegt außerdienstliches Verhalten vor? Es stellt sich zunächst die Frage, was genau unter außerdienstlichem Verhalten zu verstehen ist. Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung, dass die Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten rein nach arbeitszeitlichen und räumlichen Gesichtspunkten zu treffen ist17, kann außerdienstliches Verhalten gerade in der heutigen Zeit sehr wohl mit der Arbeitszeit zusammenfallen oder sich in den Arbeitsräumen abspielen.18 Denn wie in der Einleitung bereits beschrieben, besteht im modernen Arbeitsalltag oft ein Nebeneinander von Privatem und Dienstlichem. Daher ist unter außerdienstlichem Verhalten jedes Verhalten des Arbeitnehmers zu verstehen, das unabhängig von Arbeitszeit und Arbeitsräumen in keinerlei Zusammenhang mit der Arbeitsleistung steht.19 Auch wenn die Arbeitszeit und die Betriebsräume zwar ein Indiz für das Vorliegen von dienstlichem Verhalten 12

Moll, RdA 1984, 223 (224). Schregle, GS-Kahn, S. 675 ff.; Moll, RdA 1984, 223 (224). 14 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 33. 15 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 33. 16 Schlachter, RdA 1999, 118 (118); Rebhahn, ZEuP 2002, 436 (444). 17 So z. B. Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 21; A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 12. 18 LAG Düsseldorf, Urt. v. 22. 12. 2015 – 13 Sa 957/15 – BB 2016, 115 (115); Strick, Außerbetriebliche Verhaltenspflichten, S. 117. 19 Boemke, Nebenpflichten des Arbeitnehmers, Rn. 247. 13

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A. Einleitung

sein kann, so ist dies keineswegs zwingend. Als Abgrenzungskriterium ist in Zweifelsfällen, angesichts der Digitalisierung und stetigen Weiterentwicklung arbeitsrechtlicher Methoden, dementsprechend primär auf den inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis abzustellen.20 Ein solcher ist beispielsweise für den Fall einer Betriebsfeier in den Räumen des Arbeitgebers abzulehnen, da die Teilnahme zumeist freiwillig ist und diese primär dem Freizeitvergnügen der Belegschaft dienen.21 Im Hinblick auf soziale Medien ist dementsprechend das Verbreiten eines Beitrages über den privaten Social-Media-Account eines Arbeitnehmers regelmäßig auch dann als Privatverhalten einzustufen, wenn dies über ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Endgerät innerhalb der Betriebsräume und während der vertraglich festgelegten Arbeitszeit geschieht.22

2. Welche Aspekte außerdienstlichen Verhaltens sind vorliegend relevant? Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf solches Verhalten des Arbeitnehmers, welches dem Arbeitgeber potentiell Schaden – sei es unmittelbar oder mittelbar – zufügen könnte. Genesungswidriges und den Arbeitnehmer selbst schädigendes Verhalten wird daher außen vor bleiben.23 Nicht in die Untersuchung miteinbezogen werden weiterhin Nebenbeschäftigungen des Arbeitnehmers und das Wettbewerbsverbot nach §§ 60 ff. HGB. Auch die Besonderheiten im kirchlichen Arbeitsrecht werden nicht Gegenstand dieser Arbeit sein, da dieser Themenkomplex ein Sondergebiet im Arbeitsrecht darstellt und daher getrennt zu betrachten ist.24 Einen Schwerpunkt der Arbeit bilden aber die Fragen, die sich aus der zunehmenden 20

Vgl. Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 131 ff.; zur Paralleldiskussion im Gesellschaftsrecht: Nees, Kündigung eines Vorstandsmitglieds wegen seines Privatverhaltens, S. 41 ff. 21 So Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 132 f.; a. A. noch BAG, Urt. v. 6. 2. 1997 – 2 AZR 38/96 – AuR 1997, 210 (210). 22 Von dieser Einstufung als Privatverhalten ist die Frage, ob der Arbeitnehmer durch die private Nutzung sozialer Medien während der Arbeitszeit eine Arbeitspflicht verletzt, abzugrenzen. Sind Pausen- und Arbeitszeiten dem Arbeitsvertrag nicht eindeutig zu entnehmen, so wird es regelmäßig vom Einzelfall abhängig sein, ob eine private Tätigkeit oder eine Verletzung der Arbeitspflicht – durch die Erledigung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit – anzunehmen ist. Dies ließe sich mit Hilfe der vom BSG zum Vorliegen einer versicherten Tätigkeit aufgestellten Grundsätze beurteilen, vgl. BSG, Urt. v. 30. 4. 1985 – 2 RU 24/84 – BSGE 58, 76 (77). 23 Vgl. zu diesem Themenkomplex die umfassende Darstellung von Subatzus: Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit, 2007. 24 So wird das kirchliche Arbeitsrecht von Rüthers, in: NJW 1986, 356 (356), richtigerweise als „Sonderdisziplin“ bezeichnet; ähnliches gilt auch für das englische Arbeitsrecht, vgl. Vickers, Religious disputes regarding Employment in Great Britain, p. 118 – 121; zur Streitfrage, ob Geistliche im englischen Recht als Arbeitnehmer eingestuft werden können, vgl. ausführlich: Petchey (2003) 7 Ecc LJ 157 – 175.

IV. Gang der Untersuchung

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Technisierung des Alltags bzw. der Arbeitswelt und der damit einhergehenden Überprüfbarkeit des privaten Verhaltens der Arbeitnehmer ergeben. Vergleichend und gegenüberstellend ist hier auch das Verhalten des Arbeitnehmers außerhalb von sozialen Medien, das sich negativ auf den Arbeitgeber, dessen Ruf oder den Bestand des Betriebs auswirken kann, zu betrachten.

IV. Gang der Untersuchung Die Arbeit ist in sieben Teile gegliedert. An die Einleitung schließt sich die Erörterung der Rechtsgrundlage außerdienstlicher Verhaltenspflichten im deutschen und im englischen Recht an. Hierbei wird zum einen auf die historische Entstehung außerdienstlicher Verhaltenspflichten und zum anderen auf die verschiedenen dogmatischen Begründungsansätze eingegangen. Anschließend wird die Reichweite solcher außerdienstlicher Verhaltenspflichten betrachtet und zu diesem Zwecke sowohl die deutsche als auch die englische Rechtsprechung und Literatur ausgewertet, wobei zur besseren Übersichtlichkeit verschiedene Fallgruppen gebildet werden. Ein Schwerpunkt wird hier auf die in den letzten 20 bis 30 Jahren ergangenen Entscheidungen zum außerdienstlichen Verhalten in sozialen Medien gelegt. Ausgehend von der Kategorisierung außerdienstlicher Verhaltenspflichten in Rechtsprechung und Literatur beider Rechtsordnungen wird anschließend ein eigener Ansatz für das deutsche Recht entwickelt. Schließlich werden die Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens sowie Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers und Maßnahmen der Prävention beleuchtet. Hierbei werden das englische und das deutsche Regelungswerk miteinander verglichen und wiederum Optimierungsvorschläge für den Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten im deutschen Recht herausgearbeitet. Im letzten Kapitel der Arbeit wird eine abschließende rechtsvergleichende Betrachtung vorgenommen.

B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten Um Inhalt und Grenzen außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach heute geltendem Recht bestimmen zu können, ist es zunächst notwendig, deren historische Entwicklung zu erörtern.

I. Im deutschen Recht Da eine vollumfängliche historische Untersuchung der Entwicklung außerdienstlicher Verhaltenspflichten seit Anbeginn dienstvertragsähnlicher Verhältnisse den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, soll sich vorliegend auf die locatio conductio operarum aus dem römischen Recht und den, dem germanischen Recht entspringenden, Treuedienstvertrag konzentriert werden. Diese beiden Rechtsinstitute werden bisweilen als Vorläufer des heutigen Dienstvertrages beschrieben. 1. Locatio conductio operarum des römischen Rechts Als Vorbild des im BGB geregelten Dienstvertrages wird zum einen die sog. locatio conductio operarum des römischen Rechts angesehen. Diese war als synallagmatischer Vertrag in Form einer „Dienstmiete“ ausgestaltet, durch welchen Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung gestellt wurde.1 Trotz der weiten Verbreitung der Sklavenarbeit wurden bereits im römischen Recht solche Dienstverträge abgeschlossen. In wirtschaftlicher Hinsicht war dieses Institut jedoch keinesfalls mit der Bedeutung des heutigen Dienstvertrages vergleichbar. Neben der Sklavenwirtschaft lag dies auch daran, dass es für Angehörige der höheren Stände als mit gesellschaftlichen Konventionen unvereinbar galt, Dienste gegen Entgelt anzubieten.2 Für einen anderen tätig zu werden war daher allenfalls im Rahmen eines unentgeltlichen Auftrages möglich.3 Der Dienstvertrag spielte somit hauptsächlich bei der Beschäftigung von Handwerkern und Tagelöhnern eine Rolle.4 Interessanterweise wurden auch schon hier Regelungen zum außerdienstlichen Verhalten des Dienstverpflichteten, trotz Anerkennung der synallagmatischen Verknüpfung von Haupt1 2 3 4

Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 250. Vgl. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 250. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 42, Rn. 20. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 250.

I. Im deutschen Recht

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und Gegenleistung, getroffen.5 So bestanden beispielsweise Konkurrenzverbote oder auch Regelungen, welche das Hungern zugunsten der Ernährung der eigenen Kinder untersagten.6 Es kann demnach festgestellt werden, dass die Frage um das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers – im weitesten Sinne – keinesfalls ein Phänomen des modernen Dienstvertrages, sondern vielmehr grundlegender Natur ist.7 2. Treudienstvertrag des germanischen Rechts Andererseits wird teilweise der Treudienstvertrag des germanischen Rechts als Vorläufer des heutigen Dienst- und Arbeitsvertrages angesehen. Im Gegensatz zur Knechtschaft behielt der Gefolgsmann beim Treudienstvertrag seine Freiheit, für beide Vertragsparteien ergaben sich aber Rechte und Pflichten aus dem Vertrag. Der Treudiener unterwarf sich mit seiner ganzen Person der Herrschaftsgewalt seines Herrn und wurde – zumindest im Falle des traditionellen Treudienstes – auch in dessen Haushaltsgemeinschaft aufgenommen; der Herr verpflichtete sich im Gegenzug zum Schutz und der Vertretung seines Dieners.8 Wichtigster und zentraler Gegenstand des Vertrages war die einander geschuldete Treue.9 Auch dem germanischen Recht war die Frage nach außerdienstlichen Verhaltenspflichten nicht fremd. So lassen sich schon im preußischen allgemeinen Landrecht und der Gesindeordnung erste Regelungen zum außerdienstlichen Verhalten der Dienstleistenden (damals dem Gesinde) finden. In § 70 PrALR II 5/PrGesO 1810 heißt es z. B., dass die Pflicht, „der Herrschaft Bestes zu befördern, Schaden und Nachtheil aber, so viel an ihm ist, abzuwenden“ auch außerhalb des Dienstes besteht. 3. Vorläufer des Dienstvertrages a) Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur Zum Entstehungszeitpunkt des bürgerlichen Gesetzbuches Ende des 19. Jahrhunderts herrschte Uneinigkeit über die dogmatische Begründung des Dienstverhältnisses.10 Zum einen sollte der Dienstvertrag, trotz personen- und gemeinschaftsrechtlicher Elemente, einen schuldrechtlichen Vertrag darstellen.11 Weit überwiegend wurde aber der germanische Treudienstvertrag als Vorläufer des modernen Dienstvertrages bezeichnet. Nach dieser von Otto von Gierke begründeten 5

Vgl. Mrozek, Lohnarbeit im klassischen Altertum, S. 108 f. Mrozek, Lohnarbeit im klassischen Altertum, S. 109. 7 Ähnlich Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 30. 8 Vgl. v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, S. 40 f. 9 Vgl. v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, S. 41. 10 MhdB ArbR/Reichold, § 53, Rn. 4. 11 Vgl. nur Hueck, Deutsches Arbeitsrecht, S. 70.

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B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Auffassung ist der Dienstvertrag nicht als schuldrechtlicher, sondern als personenrechtlicher Vertrag ausgestaltet und dessen Urform das Vertragsverhältnis zwischen dem germanischen Gefolgsherrn und dem Gefolgsmann.12 Der Dienstvertrag des BGB weist dieser Ansicht nach keinerlei Wesensverwandtschaft mit der locatio conductio operarum mehr auf, was schon dadurch zum Ausdruck komme, dass sich der Gesetzgeber vom römischen Begriff der Dienstmiete getrennt habe.13 Zustimmung fand Gierke unter anderem bei Sinzheimer, welcher die schuldrechtliche Verortung des Dienstvertrages ebenfalls unter rechtssoziologischen Gesichtspunkten kritisierte. Das Wesen des Arbeitsvertrages könne nicht durch die Untersuchung einzelner Rechtsnormen, sondern vielmehr nur durch Betrachtung der tatsächlichen, konkreten Daseinsformen erschlossen werden.14 Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Gedanken Otto von Gierkes zum personenrechtlichen Charakter des Arbeitsvertrages weiterentwickelt und zugunsten der Umsetzung der Führerideologie instrumentalisiert.15 Das Führerprinzip sollte durch Einführung des AOG auch auf betrieblicher Ebene umgesetzt werden.16 Die gesonderte Erwähnung der Treuepflicht in § 2 Abs. 2 AOG öffnete Regelungen zu inner- und außerbetrieblichen Verhaltenspflichten die Türen.17 Das Reichsarbeitsgericht und der überwiegende Teil der Literatur hielten aber, zumindest was die Begründung des Arbeitsvertrages angeht, an der zivilrechtlichen Dogmatik fest.18 Die Einordnung des Arbeitsvertrages als personenrechtliches Verhältnis blieb auch nach der Zeit des Nationalsozialismus weiterhin im Schrifttum bestehen.19 Da der personenrechtliche Vertrag keine Erfindung der Nationalsozialisten war und von deren Gedankengut wieder befreit wurde, hielten sich die Bedenken an der personenrechtlichen Einordnung des Arbeitsverhältnisses zunächst in Grenzen. Als charakteristisch für das Arbeitsverhältnis wurde gesehen, dass der Arbeitnehmer nicht ausschließlich seine Arbeitsleitung, sondern vielmehr seine ganze Person verspricht und dadurch eine enge persönliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsteht, welche der deutschrechtlichen Auffassung vom Grundsatz

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Vgl. v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, S. 37; ähnliche Gedanken wurden aber zuvor auch schon von Dernburg geäußert, nach welchem der Dienstvertrag eine „persönliche Beziehung zum Dienstberechtigten“ schafft, vgl. Bürgerliches Recht II/2, S. 393; krit. zu den Thesen Gierkes: Ebel, Probleme der deutschen Rechtsgeschichte, S. 1 ff. 13 Vgl. v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, S. 38. 14 Sinzheimer, Arbeitsrecht und Rechtssoziologie, S. 407. 15 Siebert, Arbeitsverhältnis, S. 24 ff.; Adomeit, JA 1988, 173 (173). 16 Hueck/Nipperdey/Dietz, AOG, § 2, Rn. 16; Rüthers, AuR 1970, 97 (99). 17 Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 47 f. 18 RAG, Urt. v. 19. 1. 1938 – RAG 153/37. – ARS 33, 172 (176); RAG, Urt. v. 5. 2. 1936 – RAG 250/35. – ARS 26, 175 (176); RAG, Urt. v. 23. 3. 1935 – RAG 264/34. – ARS 23, 170 (173); Hueck, Deutsches Arbeitsrecht, S. 70; Dersch, ZAkDR 1936, S. 1033 (1034). 19 Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, § 22 II; Nikisch, Arbeitsrecht I, § 19 Nr. 6.

I. Im deutschen Recht

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der beiderseitigen Treue entspricht.20 Auch vom Bundesarbeitsgericht wurde diese Auffassung sehr lange Zeit vertreten.21 b) Kritik an der personenrechtlichen Einordnung Aufgrund ihrer Vagheit und dem Mangel einer rechtlichen Grundlage – gerade seit Einführung des BGB – wurde die Theorie der Einordnung des Dienstvertrages als personenrechtliches Verhältnis schon früh kritisiert.22 Die Parteien des Dienstvertrages schuldeten einander zwar gewisse Treue- und Rücksichtnahmepflichten, jedoch rechtfertigten diese nach der Gegenauffassung keinesfalls die Annahme eines personenrechtlichen Verhältnisses, da jenes regelmäßig sehr viel weitreichendere Pflichten mit sich bringe und eine dem Schuldrecht fremde Art von Herrschaftsverhältnis statuiere.23 Wegen des enormen Einflusses der Lehre Gierkes vermochte sich diese Strömung aber zunächst nicht durchzusetzen. Erst Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts kam es aufgrund der immer lauter werdenden Kritik an der Lehre vom personenrechtlichen Verhältnis zu einem Umschwung in Literatur und Rechtsprechung.24 Die Einordnung des Dienstvertrages als personenrechtliches Verhältnis wird heute zu Recht von einem Großteil der Literatur und auch der Rechtsprechung abgelehnt.25 Der Treudienstvertrag entwickelte sich aus einer feudalen Herrschaftsordnung heraus und lässt sich daher nicht ohne Weiteres auf die heutige, von freier Markwirtschaft und Privatautonomie geprägte, Gesellschaftsordnung übertragen.26 Den Vertretern der Einordnung des Arbeitsvertrages als personenrechtliches Verhältnis mag zwar zugestanden werden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund seiner besonders engen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein besonderes Rechtsverhältnis darstellt und Nebenpflichten daher nicht auf ein Mindestmaß, wie beispielsweise bei einem Kaufvertrag, welchem keine langjährige geschäftliche Beziehung zugrunde liegt, heruntergebrochen werden können. Die Annahme von umfangreichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten lässt sich demnach zwar durch Betrachtung der historischen Entwicklung des Dienstverhältnisses erklären, jedoch vermag dies nicht über den Umstand hinwegzuhelfen, dass solche Pflichten einer dem geltenden Recht entspringen Grundlage bedürfen. Aus diesen Gründen ist die Einordnung des Arbeitsvertrages als perso-

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Hueck, Der Treuegedanke im modernen Privatrecht, S. 13. BAG, Urt. v. 17. 10. 1969 – 3 AZR 442/68 – AP BGB Treuepflicht § 611 Nr. 7; BAG, Urt. v. 12. 5. 1958 – 2 AZR 539/56 – AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 5. 22 Lotmar, Der Arbeitsvertrag, S. 1705. 23 Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 17; Schwerdtner, Fürsorgetheorie, S. 40 f.; Wiedemann, Austauschverhältnis, S. 38 ff. 24 S. hierzu auch A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 23 f. 25 MhdB ArbR/Reichold, § 53, Rn. 2 f.; Staudinger/Looschelders/Olzen, § 242 BGB, Rn. 797. 26 Vgl. MhdB ArbR/Richardi, 1. Auflage 1992, § 8, Rn. 4. 21

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B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten

nenrechtliches Verhältnis und damit auch die Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten aus dem Treuegedanken in dogmatischer Hinsicht nicht vertretbar.27 4. Zwischenergebnis Der Arbeitsvertrag im heutigen Sinne ist nach dem eben Gesagten als klassisches Schuldverhältnis mit Haupt- und Nebenleistungspflichten einzuordnen. Gleichwohl können aus der Tatsache, dass trotz fehlender gesetzlicher Grundlage noch bis in die 70er Jahre an der Einordnung des Arbeitsvertrages als personenrechtlichem Verhältnis festgehalten wurde, Erkenntnisse über die enorme Bedeutung außerdienstlicher Verhaltenspflichten gewonnen werden. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass der Dienst- bzw. Arbeitsvertrag – trotz seines schuldrechtlichen Charakters – im deutschen Rechtssystem eine Sonderstellung einnimmt, was nicht nur auf die Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis, sondern auch auf die besondere Nähe zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die Bedeutung des Arbeitsverhältnisses als eine Unterhalt und bisweilen auch Selbstverwirklichung gewährende vertragliche Beziehung einer natürlichen Person zurückzuführen ist. Dies zeigt sich auch an der im BGB einmaligen Regelung, dass gem. § 613 BGB die Arbeitsleitung grundsätzlich in eigener Person zu erbringen ist.28

II. Im englischen Recht Auch in England wird die Frage nach dem Bestehen und der Begründung außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers seit langem diskutiert. Die Entwicklung verlief hier aber nahezu diametral zu jener im deutschen Rechtssystem. Da dies mitunter auf die unterschiedliche Ausgestaltung der beiden Rechtsordnungen zurückzuführen ist, werden zunächst die Grundlagen des englischen Arbeitsrechts erläutert. 1. Grundlagen des englischen (Arbeits-)Rechts a) Common law und statutory law Das englische Recht hat sich über die Jahrhunderte hinweg aus richterlichen Einzelfallentscheidungen entwickelt und wird als common law (= dt. gemeines Recht) bezeichnet. Dieser Begriff wird sowohl als Bezeichnung für das Richterrecht im Speziellen als auch die Gesamtheit der britischen Rechtsordnung verwendet.29 Im Gegensatz zum deutschen Rechtssystem sind die Entscheidungen der obersten 27 28 29

So die heute ganz h. M., vgl. Schaub ArbR-HdB/Linck, § 29, Rn. 6 m. w. N. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 25. Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 1 f.

II. Im englischen Recht

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Gerichtshöfe für alle anderen Gerichte bindend und erzeugen eine sog. Präzedenzwirkung (doctrine of precedent), was bedeutet, dass die richterrechtlich festgelegten Grundsätze in folgenden vergleichbaren Fällen zur Anwendung gebracht werden müssen.30 Zwar wird das common law auch durch die Gesetzgebung des britischen Parlaments (statutory law) ergänzt; dieses spielt neben dem Richterrecht aber nach wie vor eine eher zweitrangige Rolle. Etwas anderes gilt aber für die neueren Rechtsgebiete, zu welchen sich auch das Arbeitsrecht zählen lässt, was auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Umsetzung europäischer Richtlinien zurückzuführen ist.31 Zu den wichtigsten Arbeitsgesetzen zählen unter anderem der Trade Union and Labour Relations Act 1992 (TULRCA), der Employment Rights Act 1996 (ERA) und der Equality Act 2010 (EqA), auf welche später noch einzugehen sein wird. Nichtsdestotrotz ist das statutory law auch im Bereich des Arbeitsrechts nach wie vor eng mit dem common law verwoben und aufgrund der lediglich ergänzenden Funktion des statutory law bei fehlenden gesetzlichen Definitionen oder anderen im Gesetz vorausgesetzten Begrifflichkeiten auf dessen Hilfe angewiesen.32 b) Die Rolle des Rechts der equity Das common law entwickelte sich vornehmlich aus Rechtsbehelfen, den sog. writs; nur wenn aus zahlreichen Rechtsbehelfen der richtige ausgewählt wurde, konnte dem Kläger vor den Königsgerichten Recht zugesprochen werden.33 Aufgrund der von den writs vorgegebenen, streng formalisierten Prozesse und des daraus resultierenden mangelnden Entscheidungsspielraums der Richter bestand nicht selten Unzufriedenheit über den Ausgang des Verfahrens.34 Die enttäuschten Kläger wandten sich daher vermehrt mit ihren Begehren an den König und so kam es im späten 14. Jahrhundert zur Entwicklung einer zweiten Gerichtsbarkeit. In dieser wurde nur nach Billigkeitsgesichtspunkten entschieden, woher sich auch der Name equity (= dt. Gerechtigkeit, Billigkeit) ableiten lässt.35 Dieses Institut kann zwar in gewisser Weise mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im deutschen Recht verglichen werden, jedoch ist zu beachten, dass in England über Jahrhunderte hinweg zwei Gerichtsbarkeiten – die des common law und die der equity – nebeneinander Bestand hatten und erst allmählich zu einer Gerichtsbarkeit vereint wurden.36 Daher spielt das Recht der equity auch heute noch eine bedeutende Rolle und ist nicht als

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Häcker, JuS 2014, 872 (875); Heymann, Das englische Privatrecht, S. 297. Halsbury’s Laws of England, vol 16, para 10; Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 2. 32 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 9. 33 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 1. 34 Darbyshire, English Legal System, p. 198. 35 Häcker, JuS 2014, 872 (875). 36 Darbyshire, English Legal System, p. 200 – 201. 31

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B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Teil, sondern vielmehr als Ergänzung des common law zum Ausgleich unbilliger Härten zu verstehen.37 2. Historische Entwicklung außerdienstlicher Verhaltenspflichten a) Anfänge des Dienstvertrages unter dem Begriff „master and servant“ Prägend für die Entwicklung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses im englischen Rechtsraum war, wie bereits angedeutet, der ausbleibende Einfluss des römischen Rechts. Ursächlich hierfür war, dass sich in England zum Zeitpunkt der Wiederentdeckung des römischen Rechts, anders als in den restlichen kontinentaleuropäischen Staaten, bereits ein Rechtssystem etabliert hatte und somit die Übernahme römisch-kanonischer Regelungen hinfällig bzw. aufgrund der starren Verfahrensregelungen nicht möglich war.38 Im Gegensatz zu Verträgen wie Kauf, Darlehen oder Bürgschaft wurde der Dienstvertrag in England zunächst nicht dem Obligationenrecht zugeordnet. Er stellte im Mittelalter vielmehr einen Anwendungsfall der Munt dar und wurde zusammen mit Ehe, Kindschaft und Vormundschaft im Rahmen der „rights in private relations“ behandelt.39 Es wurde daher teilweise davon ausgegangen, dass der Dienstvertrag als personenrechtliches Verhältnis einzuordnen ist.40 Dieses Verständnis stammt aber aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und war von der damals noch bestehenden häuslichen Gemeinschaft zwischen master und servant geprägt.41 Otto Kahn-Freund – der mitunter als Begründer der modernen Arbeitsrechtsforschung beschrieben wird42 – stufte das Arbeitsverhältnis als vertragsrechtliches Verhältnis ein. Seiner Ansicht nach sei die personenrechtliche Beziehung zwischen Diener und Herr im Laufe der Zeit in die vertragliche Beziehung zwischen master und servant überführt worden.43 Der Arbeitsvertrag wurde dieser Ansicht folgend ca. ab dem 19. Jahrhundert dem contract law zugeordnet.44 Zunächst galt diese vertragliche Beziehung allerdings als gleichgeordnetes Austauschverhältnis, welches vergleichbar mit der Sachmiete lediglich den Austausch von Arbeitskraft gegen Entgelt zum Inhalt hatte.45 Aufgrund der langfristigen, ein hohes Maß an Kooperation fordernden Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde

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Smith/Bailey/Gunn, Modern English Legal System, p. 8. Vgl. v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 3. 39 Blackstone, Commentaries I, p. 422; Heymann, Das englische Privatrecht, S. 336. 40 Vgl. v. Gierke, Wurzeln des Dienstvertrages, S. 44, Fn. 2. 41 Napier, The Contract of Employment, p. 328. 42 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 9. 43 Kahn-Freund, Labour and the Law, p. 24 – 25. 44 Napier, The Contract of Employment, p. 328; Molitor/Nipperdey/Schott, Europäisches Arbeitsvertragsrecht, S. 191. 45 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 99 – 100. 38

II. Im englischen Recht

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dem Arbeitsvertrag aber auch in England mehr und mehr eine gewisse Sonderstellung gegenüber herkömmlichen Vertragsverhältnissen zugemessen.46 aa) Im Bereich des common law Aufgrund der untergeordneten Stellung des servant und dessen zweckorientierter Beziehung zum master galt – trotz der vertraglichen Ausgestaltung und der Freiheit des servant – auch im common law eine Treue- und Ergebenheitspflicht seit dem Mittelalter als anerkannt.47 Ebenso wie in Deutschland wurde auch hier die Treuepflicht als tragendes Element der Beziehung zwischen master und servant diskutiert.48 Dass der servant dem master auch durch außerdienstliche Verhaltensweisen keinerlei Schaden zufügen durfte, wurde erstmals Ende des 18. Jahrhunderts richterlich in Nichol v Martyn49 festgestellt. Die Doktrin dieser Entscheidung lautete: „[A] servant, while engaged in the service of his master, has no right to do any act which may injure his [master’s] trade, or undermine his business.“50 Im Verlauf der weiteren Jahre wurden diese Worte Lord Kenyons in Rahmen von Kündigungsfällen oft zitiert und bildeten somit die Grundlage für die Treuepflicht des common law.51 Auch in der Literatur wurde eine Treupflicht des servant angenommen und als duty of faithful service oder duty of fidelity beschrieben.52 Diese Treuepflicht wurde in Rechtsprechung und Literatur seit den 1830er Jahren als vom Vertrag stillschweigend vorausgesetzt (eine sog. implied term) charakterisiert.53 bb) Im Recht der equity Zur selben Zeit wurden auch im Rahmen der equity-Rechtsprechung Grundsätze zu den Treuepflichten, hier sog. fiduciary duties genannt, entwickelt. Eine besondere Treuepflicht war zunächst nur für den Treuhänder anerkannt, wurde aber im Mittelalter stetig weiterentwickelt und auf vergleichbare rechtliche Beziehungen ausgeweitet.54 Die Treuepflicht sollte demnach immer dann bestehen, wenn ein Verhältnis zwischen zwei Rechtssubjekten besonderes Vertrauen bzw. besondere

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Sims (2001) 30 ILJ 101, 104. Frazer (2015) 131 LQR 53, 55 ff. 48 Molitor/Nipperdey/Schott, Europäisches Arbeitsvertragsrecht, S. 206. 49 Nichol v Martyn [1799] 2 Esp 732. 50 Vgl. Nichol v Martyn [1799] 2 Esp 732, 733. 51 Vgl. Frazer (2015) 131 LQR 53, 57; „fiduciary duty“ kann zwar auch als Treuhänderpflicht übersetzt werden, in diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff aber soviel wie „Treuepflicht“. 52 Macdonell, Master and Servant, p. 208, 210. 53 Callo v Brouncker [1831] 4 C&P 518, 519; Smith, Treatise on the Law of Master and Servant, p. 64, 65. 54 Frazer (2015) 131 LQR 53, 59. 47

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B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Rücksichtnahme forderte und eine Art Abhängigkeitsverhältnis bestand.55 Der sog. fiduciary musste aufgrund der Treuepflicht die Interessen seines Geschäftsherren über die eigenen stellen und war diesem zu absoluter Loyalität verpflichtet; an dieses Institut des Billigkeitsrechts wurde somit einer der höchsten Sorgfaltsmaßstäbe überhaupt angelegt.56 Die hierzu von dem Court of Chancery entschiedenen Fälle betrafen zwar eher selten das Verhältnis zwischen master und servant, jedoch aber mit diesem vergleichbare Vertrauensbeziehungen.57 cc) Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert Aufgrund der Dualität von common law und equity entwickelten sich auch die Pflichten der Dienstleistenden auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Mit den Supreme Court Judicature Acts 1873 wurden die bis zu diesem Zeitpunkt voneinander getrennten Rechtswege zwar zu einem einheitlichen System verschmolzen, die Trennung zwischen common law und equity galt faktisch jedoch weiterhin fort. Die Regeln beider Rechtssysteme werden seit dieser Reform von den Gerichten nebeneinander zur Anwendung gebracht.58 Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Behandlung außerdienstlicher Verhaltenspflichten wider. Die hierzu in den kommenden Jahren ergangenen Entscheidungen sprachen zwar von der Treuepflicht des servant, jedoch war nicht immer klar, woraus sich diese Pflicht im Einzelnen ergeben sollte.59 Beispielhaft sei hier die Entscheidung Pearce v Foster60 aus dem Jahre 1886 genannt, welche auch noch heute als eine der wichtigsten Entscheidungen im Hinblick auf die Entwicklung außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers zitiert wird. Gegenstand des Falles war die Klage eines Angestellten, welcher für die Anlegerberatung der Firmenkunden zuständig war. Da dieser mit seinem eigenen Vermögen zahlreiche spekulative Geschäfte getätigt hatte, kündigte ihm der Arbeitgeber mit der Begründung, er könne aufgrund dieses privaten Verhaltens kein Vertrauen mehr in die ordnungsgemäße Pflichtausübung des Angestellten haben.61 Das Gericht entschied hier zugunsten des Arbeitgebers und stufte die Kündigung als rechtmäßig ein. Nach Ansicht der Richter sollte eine Kündigung dementsprechend auch dann möglich sein, wenn das Fehlverhalten zwar nicht die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers betraf, der Arbeitnehmer aber die Interessen seines Arbeitgebers gefährdet oder diesem gar Schaden zufügt hatte.62 Die verwendete Terminologie – 55 56 57 58 59 60 61 62

Worthington, Equity, p. 129, Keeton/Sheridan, Equity, p. 262. Vgl. Worthington, Equity, p. 131. Frazer (2015) 131 LQR 53, 59. Samuel, Introduction to the common law, p. 18 – 19, 58. Frazer (2015) 131 LQR 53, 61. Pearce v Foster [1886] 17 QBD 536. Vgl. Pearce v Foster [1886] 17 QBD 536, 539. Pearce v Foster [1886] 17 QBD 536, 539.

III. Rechtsvergleichende Betrachtung

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trust, faithful duty, confidence – der Urteilsbegründung ließ eine unzweifelhafte Einordnung der Treuepflicht nicht zu, weshalb sowohl die Befürworter der „implied contractual term“-Theorie als auch die Vertreter des equitable approach die Entscheidung jeweils für sich beanspruchten. Seither galt die Annahme einer Treupflicht zwar als gefestigt, zu deren rechtlicher Begründung werden allerdings bis heute verschiedene Ansichten vertreten.63 b) Zwischenergebnis In England lassen sich die Grundlagen des modernen Arbeitsvertrages auf das Recht von master and servant zurückführen. Trotz der heute vorherrschenden Zuordnung zum Vertragsrecht lassen sich außerdienstliche Verhaltenspflichten zum einen als vertragliche Pflichten i. S. d. common law, zum anderen als dem Billigkeitsrecht entspringende Pflichten einordnen.

III. Rechtsvergleichende Betrachtung Sowohl in Deutschland als auch in England etablierte sich schon früh ein Verständnis für außerdienstliche Verhaltenspflichten in Form von gewissen Treuepflichten des Arbeitnehmers. Hinsichtlich der rechtlichen Begründung solcher Pflichten gab es allerdings beachtenswerte Unterschiede, da diese in England durch das richterrechtliche common law, in Deutschland aber durch Gesetzesrecht begründet wurden. Gleichwohl waren Inhalt und Zielsetzung dieser Pflichten einander im Kern gleich. Man könnte daher von einer bereits im Mittelalter in beiden Rechtsordnungen anerkannten Förderungs- und Schutzpflicht hinsichtlich der Interessen des Arbeitgebers sprechen, welche der Arbeitnehmer nicht nur während der Arbeitszeit zu beachten hatte. Weiterhin besteht eine Parallele dahingehend, dass in beiden Rechtsordnungen eine Entwicklung von der personenrechtlichen hin zur vertragsrechtlichen Einordnung des Arbeitsvertrages durchlebt wurde. Die Einstufung des Arbeitsvertrages als personenrechtliches Verhältnis wird heute in beiden Rechtsordnungen nicht mehr vertreten. Dass dieses Ergebnis auch in einer vom Einfluss des römischen Rechts weitestgehend unabhängigen Rechtsordnung gefunden werden kann, spricht dafür, dass die Vorstellung vom personenrechtlichen Arbeitsverhältnis – welche in Deutschland bis vor nicht allzu langer Zeit vertreten wurde – auch ungeachtet schuldrechtlicher Grundsätze als überholt einzustufen ist. Sowohl in England als auch in Deutschland werden trotz der Abkehr von der personenrechtlichen Einordnung allerdings gewisse Eigenarten des Arbeitsverhältnisses anerkannt. Ungeachtet der unterschiedlichen Begründung von außerdienstlichen Verhaltenspflichten besteht Einigkeit darüber, dass der Arbeitsvertrag aufgrund der besonderen Nähebeziehung zwischen Arbeit63

Macdonell, Master and Servant, p. 175.

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B. Historische Betrachtung außerdienstlicher Verhaltenspflichten

geber und Arbeitnehmer eine Sonderstellung einnimmt und damit die Annahme weitergehender außervertraglicher Verhaltenspflichten als bei anderen Schuld- bzw. Vertragsverhältnissen rechtfertigt. Der historische Überblick zeigt im Ergebnis, dass außerdienstliche Verhaltenspflichten in beiden Rechtsordnungen so alt sind wie der Arbeitsvertrag selbst, oder besser gesagt dessen Vorläufer. Die Anerkennung solcher Pflichten steht folglich nicht mehr in Frage. Wie genau sich diese nach geltendem Recht begründen lassen, wird Gegenstand des nächsten Abschnitts sein.

C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht I. Im deutschen Recht 1. Dogmatische Begründung Nach der Betrachtung der historischen Entwicklung des Dienstvertrages und der Ablehnung der Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten aus dem Treuedienstgedanken ist fraglich, wie derartige Pflichten de lege lata dogmatisch zu begründen sind. a) Außerdienstliche Verhaltenspflichten als Teil der Arbeitspflicht Es wäre zunächst zu überlegen, ob außerdienstliche Verhaltenspflichten als Teil der Arbeitspflicht zu verstehen und damit als Hauptleistungspflicht i. S. d. § 241 I BGB ausgestaltet sind. Tendenzen in diese Richtung weist die Rechtsprechung des Reichsgerichtes auf, nach welcher es zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten gehören soll, die Erreichung des Vertragszwecks weder durch Tun noch durch Unterlassen zu gefährden.1 Auch in der Literatur ist diese Überlegung nur vereinzelt zum Ansatz gebracht und mit der sog. „Eingliederungstheorie“2 begründet worden. Nach dieser hatte sich der Arbeitnehmer „unter Verzicht auf seine Selbstständigkeit in den Betrieb oder den privaten Lebensbereich des Arbeitgebers einzuordnen“.3 Die Einordnung außerdienstlicher Verhaltenspflichten als Bestandteil der Arbeitspflicht ist in dogmatischer Hinsicht jedoch nicht mehr tragbar, was auch durch die heute vorherrschende Vertragstheorie, nach welcher das Entstehen des Arbeitsverhältnisses automatische Folge des Vertragsschlusses ist und nicht von der Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb abhängt, bestätigt wird.4 Die synallagmatische Ausgestaltung des Arbeitsvertrages sowie der Wortlaut der §§ 611, 611a lassen eine Subsumtion außervertraglichen Verhaltens unter die Hauptpflichten des Arbeitnehmers nicht zu.5 Als essentialia negotii des Arbeitsvertrages sind le1

RG, Urt. v. 6. 3. 1903 – II 388/02 – RGZ 54, 98 (102). Vgl. Molitor, RdA 1959, 2 (5); Herschel, BB 1978, 569 (570); Nikisch, Arbeitsrecht I, § 36 I Nr. 1; ders., FS Nipperdey, 65 (65 ff., 73). 3 Nikisch, Arbeitsrecht I, § 36 I Nr. 1; ders., FS Nipperdey, 65 (65 ff., 73). 4 Vgl. dazu MüKo/Spinner, § 611a BGB, Rn. 80; Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 635 f. 5 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 33. 2

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

diglich die Arbeitspflicht und die damit verknüpfte Lohnzahlungspflicht zu betrachten.6 Wäre wegen Verletzung einer außerdienstlichen Verhaltenspflicht die Erbringung der Arbeitspflicht als nicht erfüllt anzusehen, so würde der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohn verlieren. Ein so einschneidender Eingriff kann aber nur bei besonders schweren Verstößen des Arbeitnehmers angenommen werden und ließe die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers allenfalls nach § 242 BGB entfallen.7 Durch die Einstufung der außerdienstlichen Verhaltenspflichten als Hauptleistungspflicht würden zudem die Grenzen zwischen Werk- und Dienstvertrag verwischt. Über die Arbeitspflicht hinaus würde dem Arbeitnehmer auch eine gewisse Erfolgseinstehungspflicht abverlangt, welche dem Dienstvertragsrecht jedoch fremd ist.8 Weiterhin spricht gegen diesen Ansatz, dass die Bemessung der Arbeitsleistung in Stunden hiermit hinfällig wäre und zudem jegliche gesetzliche sowie vertragliche Regelung zur Arbeitszeit sinnentleert würde. Aufgrund der zahlreichen Einwände lässt sich im Ergebnis feststellen, dass außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers nicht als Teil der Arbeitspflicht anzusehen sind. b) Selbstständige Nebenpflicht Insbesondere Mayer-Maly beschreibt außerdienstliche Verhaltenspflichten, von ihm noch „Treuepflichten“ genannt9, als selbstständige, neben der Arbeitspflicht bestehende Nebenpflichten. Seiner Ansicht nach ginge die bloße Einstufung als nebenvertragliche Pflicht aus § 242 BGB nicht weit genug, da diese nicht einklagbar seien und sich lediglich auf das Integritätsinteresse des Arbeitgebers bezögen.10 Im Zusammenhang mit Treuepflichtverstößen des Arbeitnehmers sei allerdings regelmäßig das Leistungsinteresse des Arbeitgebers betroffen und daher die Klagbarkeit solcher Pflichten unabdingbar.11 Die von Mayer-Maly geltend gemachten Einwände vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Aus Treu und Glauben können sich neben Schutzpflichten auch Rücksichtnahmepflichten ergeben, welche sehr wohl auf das Leistungsinteresse des Arbeitgebers bezogen und zudem nach herrschender Auffassung unter Umständen ebenfalls einklagbar sind.12 Darüber hinaus wird auch teilweise für einfache, nicht auf den Leistungserfolg bezogene Nebenpflichten eine Klagbarkeit bejaht.13 Wie bereits oben erörtert, wäre die Annahme einer vom 6

BAG, Urt. v. 15. 10. 2013 – 9 AZR 572/12 – NZA-RR 2014, 119 (120); ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 311. 7 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 33 f. 8 Den Arbeitnehmer trifft höchstens eine Erfolgsförderungspflicht, nicht jedoch eine Erfolgseinstehungspflicht, vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 34. 9 Mayer-Maly, Treue- und Fürsorgepflicht, S. 77. 10 Mayer-Maly, Treue- und Fürsorgepflicht, S. 71, 77 ff., 87. 11 Vgl. Mayer-Maly, Treue- und Fürsorgepflicht, S. 79. 12 RG, Urt. v. 2. 1. 1928 – VI 180/27 – RGZ 119, 347 (353); Stürner, JZ 1976, 348 (388); Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 25. 13 Stürner, JZ 1976, 348 (385).

I. Im deutschen Recht

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Schuldverhältnis losgelösten Nebenpflicht des Arbeitnehmers unter dogmatischen Gesichtspunkten fragwürdig und diesem Ansatz eine Lösung nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen vorzuziehen.14 Dementsprechend steht einer Einordnung außerdienstlicher Verhaltenspflichten als sich aus dem Schuldverhältnis ergebende Nebenpflicht nichts entgegen. c) Außerdienstliche Verhaltenspflicht als Nebenpflicht In Konsequenz zu der zuvor dargestellten Ablehnung der Einordnung außerdienstlicher Verhaltenspflichten als Haupt- oder selbstständige Nebenpflicht ist die dogmatische Grundlage solcher Pflichten in den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen zu suchen.15 Für das Arbeitsrecht werden als Nebenpflichten alle über die Hauptleistungspflichten hinausgehenden sonstigen Pflichten des Arbeitnehmers beschrieben.16 Durch diese wird der Arbeitnehmer zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers „unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs“ verpflichtet.17 Auch wenn das Bestehen solcher schuldrechtlicher Nebenpflichten heute nicht mehr bestritten wird, ist nicht eindeutig geklärt, wie diese dogmatisch zu begründen sind. Es käme eine Herleitung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben oder dem seit der Schuldrechtsreform besondere Nebenpflichten statuierenden § 241 II BGB in Frage. aa) Treu und Glauben, § 242 BGB Außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers könnten zum einen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herzuleiten sein. Gem. § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Hierin ist nach mittlerweile einhelliger Ansicht ein über den Wortlaut der Norm hinausgehender Rechtsgrundsatz zu erblicken, nach welchem jedermann bei der Ausübung seiner Rechte und der Erfüllung seiner Pflichten auf die berechtigten Interessen anderer Beteiligter Rücksicht zu nehmen hat.18 Daher wird § 242 BGB häufig als Rechtsgrundlage jeglicher Nebenpflichten – neben dem in Frage stehenden Schuldverhältnis – angesehen.19 Nach den Vertretern dieser Ansicht hat sich an dieser Einordnung auch mit der Einführung

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Fenn, AuR 1971, 321 (325); Schwerdtner, Fürsorge- und Entgelttheorie, S. 80. So die heute ganz h. M.: Boemke, Nebenpflichten des Arbeitnehmers, Rn. 55; Madaus, Jura 2004, 289 (290); Staudinger/Looschelders/Olzen, § 242 BGB, Rn. 797. 16 MhdB ArbR/Reichold, § 53, Rn. 1. 17 Schaub ArbR-HdB/Linck, § 53, Rn. 3. 18 BeckOK BGB/Sutschet, § 242, Rn. 1; Jauernig/Mansel, § 242 BGB, Rn. 2 ff. m. w. N. 19 So Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 23. 15

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

des § 241 II BGB im Zuge der Schuldrechtsreform nichts geändert, dieser habe neben § 242 BGB lediglich klarstellende Funktion.20 bb) Nebenpflicht nach § 241 II BGB Weiterhin ließen sich außerdienstliche Verhaltenspflichten aus § 241 II BGB herleiten. Die Nebenpflichten aus § 241 II BGB sind zunächst von den sog. Nebenleistungspflichten aus § 241 I BGB abzugrenzen.21 Letztere sind ausweislich des Wortlauts auf die Hauptleistung bezogen und damit unselbständige Nebenleistungspflichten, welche ihre dogmatische Grundlage in § 242 i. V. m. § 241 I BGB finden.22 Im Hinblick auf außerdienstliches Verhalten sind jedoch regelmäßig eher die leistungsunabhängigen Rücksichtnahme- oder auch Schutzpflichten von Bedeutung.23 Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde § 241 II in das BGB eingefügt und somit durch die Normierung einer Rücksichtnahmepflicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Teils eine weitere mögliche Rechtsgrundlage für außerdienstliche Verhaltenspflichten geschaffen. In Absatz 2 ist die Rede davon, dass ein Schuldverhältnis solche Pflichten statuieren kann, weshalb Rechtsgrundlage für die Nebenpflichten streng genommen das jeweilige Schuldverhältnis in Verbindung mit § 241 II BGB wäre. (1) Entstehungsgeschichte Das BGB von 1900 ging – mit Ausnahme von § 618 – von einer strengen Zweiteilung zwischen Delikts- und Vertragsrecht aus. Hinter der Überlegung, dass der Integritätsschutz nicht Aufgabe des Vertragsrechts sein sollte, stand die Idee der freien Marktwirtschaft und des selbstständig und eigenverantwortlich handelnden Vertragspartners, welcher hinreichend durch die § 823 ff. BGB geschützt sei.24 Demnach wurden auch vom Reichsgericht vertragliche Schutzpflichten zunächst abgelehnt.25 An dieser Konzeption regte sich aber schon bald Kritik. Bereits im Jahre 1905 entwickelte Staub die Lehre von der positiven Vertragsverletzung und regte damit zum Nachdenken über potentielle Pflichten des Schuldners neben seiner eigentlichen Leistungspflicht an.26 Als Entdecker der Schutzpflichten wird zumeist aber Stoll angesehen, welcher die Schutzpflichten als notwendiges Gegenstück zur 20

Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 23; Erman/Böttcher, § 242, Rn. 69; a. A. Reischl, JuS 2003, 40 (45), welcher § 241 II BGB zwar auch lediglich eine Klarstellungsfunktion beimisst, die Rechtsgrundlage für Neben- bzw. Schutzpflichten allerdings im jeweiligen Schuldverhältnis sieht. 21 MüKo/Ernst, § 280 BGB, Rn. 11 ff.; a. A. Erman/Böttcher, § 242, Rn. 20. 22 Gröschler, FS Konzen, S. 112 ff.; ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 708. 23 MhdB ArbR/Reichold, § 53, Rn. 3. 24 Brüggemeier, AcP 182 (1982), 385 (417); Mayr, Schutzpflichten, S. 32 f. 25 RG, Urt. v. 14. 6. 1910 – II 90/10 – RGZ 74, 124 (125). 26 Staub, Die positiven Vertragsverletzungen, S. 1 ff.

I. Im deutschen Recht

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Verpflichtung der Vertragsparteien zur Zusammenarbeit betrachtet.27 Er wollte die Bestimmungen zum Schuldrecht um folgende Regelung ergänzt wissen: „Schuldner und Gläubiger müssen in wechselseitiger Rücksichtnahme dafür sorgen, dass keiner den anderen durch sein Wirken schädigt (gegenseitige Schutzpflicht).“28 Die Ansicht Stolls wurde vom Reichsgericht und schließlich auch vom BGH übernommen und weiter ausgebaut, wodurch sich die Schutzpflichten immer mehr verselbstständigten und schließlich die Lehre vom gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis geboren war.29 Durch die Einführung des § 241 II BGB wurden diese Schutzpflichten gesetzlich niedergeschrieben. (2) Kritik und heutiger Meinungsstand Die Aufnahme der Schutzpflichten ins BGB wurde zwar von vielen Seiten begrüßt30, stieß hinsichtlich Terminologie und Inhalt jedoch auf ebenso starken Widerstand. Kritisiert wurde, dass § 241 II BGB nicht ausdrücklich von „Schutzpflichten“ spricht und sich sein Inhalt daher nur mithilfe der Gesetzesbegründung erschließen lasse.31 Gleichwohl ist die Verankerung der Schutzpflichten in § 241 II BGB heute weitestgehend anerkannt. Gewisse Uneinigkeiten bestehen allerdings nach wie vor bezüglich der Handhabung und der dogmatischen Herleitung der Rücksichtnahme- bzw. Schutzpflichten.32 Die dogmatische Einordnung wird – vermutlich aufgrund der mangelnden praktischen Unterschiede – eher weniger ausführlich diskutiert; gleichwohl lassen sich dazu einige verschiedene Ansätze finden. Einerseits wird die Verortung der Nebenpflichten bei § 241 II oder § 242 BGB in der Literatur bisweilen ohne nähere Begründung angenommen.33 Weit überwiegend wird § 241 II BGB aber als Kodifizierung der längst anerkannten Schutzpflichten angesehen.34 Im Gegensatz dazu wird allerdings von einigen Stimmen der Literatur davon ausgegangen, dass § 241 II BGB neben § 242 BGB überflüssig sei und außerdienstliche Verhaltenspflichten bzw. Nebenpflichten im Allgemeinen weiterhin aus § 242 BGB herzuleiten sind.35 Gegen diesen Ansatz lässt sich indes die gesetzgeberische Intention zur Schuldrechtsreform ins Feld führen. 27

Vgl. Stoll, Leistungsstörungen, S. 28 f., 61. Stoll, Leistungsstörungen, S. 61. 29 RG, Urt. v. 5. 10. 1903 – RGZ 55, 335 (336); BGH, Urt. v. 14. 12. 1954 – I ZR 65/53 – BGHZ 16, 4 (11); Mayr, Schutzpflichten, S. 34. 30 Kuhlmann bezeichnet dies als „überfällige Angleichung“, in: Schutzpflichten, S. 166. 31 Ernst/Zimmermann/Dauner-Lieb, S. 313; von „Rücksichtnahme“ hatten aber auch schon der BGH und Stoll gesprochen, vgl.: BGH, Urt. v. 5. 10. 1992 – II ZR 172/91 – BGHZ 119, 305 (330); Stoll, Leistungsstörungen, S. 61. 32 Vgl. zur Frage nach dem Erfordernis eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses: Staudinger/Olzen, § 241 BGB, Rn. 393 ff. 33 ArbR-HdB/Linck, § 55, Rn. 7; ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 707. 34 MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 47; Medicus, FS Canaris, 835 (835). 35 Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 23; Erman/Böttcher, § 242 BGB, Rn. 69; Huber beschreibt § 241 II BGB als „Leerformel“, in: Ernst/Zimmermann/Huber, S. 37. 28

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

Diese lag darin, die nicht in § 241 I BGB normierten sonstigen Verhaltenspflichten, deren Verletzung bis dahin mithilfe des Rechtsinstituts der positiven Vertragsverletzung gehandhabt wurde, einer gesetzlichen Lösung zuzuführen.36 Aufgrund der Formulierung der Gesetzesbegründung („Die oben kurz umschriebene Lehre von den Schutzpflichten hat sich durchgesetzt […]. Dieses geltende Recht soll in einer Ergänzung des § 241 in einem neuen Absatz 2 auch im Gesetzestext klargestellt werden.“) wird deutlich, dass mit den Rücksichtnahmepflichten die Schutzpflichten gemeint sind.37 Dementsprechend kommt § 241 II BGB zwar tatsächlich in gewisser Hinsicht eine klarstellende Funktion zu. Er hat neben § 242 BGB jedoch insoweit eigenständige Bedeutung, als er die zu § 242 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze ausdrücklich in einer speziellen Gesetzesbestimmung niederlegt und die bereits mit überreichlich Rechtsprechung ausgefüllte Norm des § 242 BGB entlastet.38 (3) Zwischenergebnis Die Herleitung der außerdienstlichen Verhaltenspflichten ausschließlich aus § 242 BGB ist abzulehnen, da § 241 II BGB im Verhältnis zur Generalklausel als lex specialis zu betrachten ist.39 Als Grundlage außerdienstlicher Verhaltenspflichten ist daher das jeweilige Schuldverhältnis in Verbindung mit § 241 II BGB anzusehen. Gleichwohl sind die Grenzen zwischen § 241 II und § 242 BGB fließend und deren Anwendungsbereiche nicht immer sauber voneinander zu trennen.40 Da § 242 als Generalklausel ohnehin die Konturen eines jeden Schuldverhältnisses zeichnet, kann dieser neben § 241 II BGB für die Konkretisierung außerdienstlicher Verhaltenspflichten herangezogen werden.41 cc) Ergebnis Festgestellt werden kann, dass die dogmatische Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten bzw. Nebenpflichten im Allgemeinen weit überwiegend auf § 241 II BGB und teilweise auf § 242 BGB gestützt wird. Uneinigkeit besteht aber nicht hinsichtlich der Anerkennung von Neben- bzw. Schutzpflichten, sondern vielmehr im Hinblick auf die Frage, ob § 241 II BGB neben den Grundsätzen von Treu und Glauben lediglich eine klarstellende oder die Nebenpflichten konstituierende Funktion hat. Auf die Beurteilung von Einzelfällen dürften diese unterschiedlichen Ansätze im Ergebnis mithin keine nennenswerten Auswirkungen 36

BT-Drucks. 14/6040, S. 125; Madaus, Jura 2004, 289 (289). Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 125. 38 MüKo/Schubert, § 242 BGB, Rn. 171; NK/Schulze, § 241 BGB, Rn. 1; Grigoleit, FS Canaris, 275 (275). 39 So auch Strick, Außerbetriebliche Verhaltenspflichten, S. 117. 40 Vgl. BeckOK BGB/Sutschet, § 242 BGB, Rn. 46. 41 Staudinger/Looschelders/Olzen, § 242 BGB, Rn. 190; Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 60 f., 74. 37

I. Im deutschen Recht

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haben. Gesetzliche Grundlage für außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers ist nach der hier vertretenen Auffassung der jeweilige Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 241 II BGB. Zur Konkretisierung einzelner Verhaltenspflichten kann § 242 BGB ergänzend herangezogen werden. Weiterhin lässt sich aus der historischen Entwicklung der Nebenpflichten ein wichtiger Schluss für die Bedeutung derselben im Arbeitsrecht ziehen. Wie bereits beschrieben, war in § 618 BGB schon vor der Entwicklung der Lehre von den Schutzpflichten eine solche – wenn auch den Arbeitgeber verpflichtende – Ausnahme anerkannt, was nochmals die enorme Bedeutung der Rücksichtnahmepflichten im Arbeitsverhältnis unterstreicht. 2. Weitere Rechtsquellen und Begründungsansätze Neben der Frage nach der dogmatischen Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten wird außerdem diskutiert, ob solche als Ausprägung übergeordneter Prinzipien bestehen könnten. Es wird hier insbesondere auf das Sozialstaatsprinzip, den Drittbezug des Arbeitsverhältnisses sowie gewisse genossenschafts- und verbandsrechtliche Elemente abgestellt. Auch wenn die Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses und damit die Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten aus schuldrechtlichen Normen und Grundsätzen oben bereits geklärt wurde, könnten weitere Begründungsansätze im Einzelfall als Auslegungshilfe herangezogen werden und sind im Folgenden darzustellen. a) Das Arbeitsverhältnis als Genossenschaftsverhältnis Die Vorstellung vom genossenschaftsrechtlich geprägten Arbeitsverhältnis hängt stark mit der Lehre vom personenrechtlichen Vertrag zusammen und lässt sich ebenfalls bis in das Mittelalter zurückverfolgen.42 Die Vertreter des Treudienstvertrages gingen zumeist ebenso davon aus, dass das Arbeitsverhältnis als Genossenschafts- bzw. Gemeinschaftsverhältnis zu qualifizieren und demnach nicht mit den üblichen schuldrechtlichen Verträgen wie dem Kauf, sondern vielmehr mit dem Gesellschaftsvertrag vergleichbar sei.43 Genossenschaften sind in § 1 I GenG legal definiert und zeichnen sich durch die Interessenidentität der Beteiligten und der damit verbundenen gemeinsamen Zielverfolgung aus.44 Sieht man das Arbeitsverhältnis als vom Genossenschaftsrecht beeinflusst an, so könnten außerdienstliche Verhaltens- oder Rücksichtnahmepflichten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers um der gemeinsamen Zielerreichung willen ebenfalls mit dem gemeinschaftsrechtlichen Charakter dieser Beziehung begründet werden.

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S. hierzu auch A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 25 f. Vgl. v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, 37 (54); Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, § 22 II; Nikisch, Arbeitsrecht I, § 19 Nr. 6. 44 Vgl. Wolf, Das Arbeitsverhältnis, S. 19; Otto, Personale Freiheit, S. 134. 43

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

Diesem Ansatz begegnen heute aber insoweit Bedenken, als dass die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers weitestgehend gegenläufig sind.45 Zwar decken sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen in der Hinsicht, dass beide am Erfolg des Unternehmens interessiert sind. Ungeachtet dieses gemeinsamen Nenners bestehen zwischen den Parteien jedoch große Interessengegensätze, was nicht zuletzt durch die Existenz des Betriebsverfassungsgesetzes und weiterer moderner Arbeitsrechtsvorschriften, deren Sinn und Zweck gerade im Interessenausgleich liegt, verdeutlicht wird.46 Da das genossenschaftliche Prinzip darüber hinaus zur Zeit des Nationalsozialismus zur Begründung und Durchsetzung der Führerideologie instrumentalisiert wurde, lehnen einige Autoren den gemeinschaftsrechtlichen Charakter des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ab.47 Im Gegensatz dazu wird teilweise versucht, die genossenschaftliche Komponente des Arbeitsverhältnisses mit § 2 BetrVG zu begründen48 oder zumindest einen genossenschaftlichen Einschlag aufgrund der auf Kooperation angelegten Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung anzunehmen.49 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Wie bereits erläutert, können außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers hinreichend aus § 241 II BGB in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet werden. Zudem sind die Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer aufgrund zahlreicher Arbeitnehmerschutzregelungen ausreichend gesichert. Die Idee vom gemeinschaftsrechtlichen Charakter des Arbeitsverhältnisses kann daher als veraltet betrachtet und allenfalls als rechtshistorische Verständnishilfe im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers fruchtbar gemacht werden. b) Verbandsrechtliche Elemente des Arbeitsverhältnisses Weiterhin wird teilweise vertreten, dass ein Vergleich von verbandsrechtlichen Mitgliedschaftsverhältnissen mit dem Arbeitsverhältnis in Bezug auf die Grundlage außerdienstlicher Verhaltenspflichten vorgenommen werden kann.50 Ausgangspunkt ist, dass von der Rechtsprechung weitgehende Loyalitätspflichten der Mitglieder von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden angenommen werden. Es seien hier beispielsweise der Ausschluss aus dem Verband aufgrund von verbandsfeindlichen Aktivitäten oder Schadensersatzansprüche gegen das der Zielsetzung des Verbandes

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Wolf, Das Arbeitsverhältnis, S. 14 ff. Kempff, DB 1979, 790 (791); Schwerdtner, Fürsorgetheorie, S. 48 f. 47 Wiese, ZfA 1996, 439 (452); Kempff, Grundrechte im Arbeitsverhältnis, S. 90 ff. 48 Neumann-Duesberg, NJW 1954, 617 (618 f.). 49 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 26; offen lässt dies Nimmerjahn, Außerdienstliches Verhalten als verhaltensbedingter Kündigungsgrund, S. 147 f. 50 So schon v. Gierke, Die Wurzeln des Dienstvertrages, 37 (65); Reuter, RdA 1991, 193 (197); ders., ZfA 1993, 221 (226 f.); krit. dazu: Reichold, Betriebsverfassung, S. 541. 46

I. Im deutschen Recht

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zuwider handelnde Mitglied zu nennen.51 Während die Verbände und deren Aktivitäten aber von Art. 9 III GG geschützt werden – und dieses Grundrecht könnte bei stetem Zuwiderhandeln der Mitglieder von den Verbänden nicht auf die in der Verfassung vorgesehenen Weise ausgeübt werden –, genießt das Arbeitsverhältnis einen solchen Schutz nicht.52 Die Parallele wird indes darin gesehen, dass der Eintritt in einen Verband stets freiwillig erfolgt und auch der Arbeitnehmer nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrages gezwungen werden kann. Damit verpflichte sich der Arbeitnehmer also nicht nur zur Einhaltung seiner vertraglich festgelegten Pflichten, sondern habe damit auch seine befürwortende Haltung hinsichtlich der Unternehmensziele zum Ausdruck gebracht.53 Dem ist allerdings nicht zuzustimmen. Der Vertragsschluss mag zwar auf einer autonomen Entscheidung des Arbeitnehmers beruhen, gleichwohl kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass der Arbeitnehmer vollumfänglich mit den Unternehmenszielen und der Betriebsführung durch den Arbeitgeber einverstanden ist. Im Gegensatz zu anderen schuldrechtlichen Verträgen bildet der Arbeitsvertrag in den allermeisten Fällen die Lebensgrundlage des Arbeitnehmers. Einem Verband fern zu bleiben oder in ihn einzutreten, kann tatsächlich als selbstbestimmte Entscheidung bewertet werden, da diese in der Regel keine gravierenden Folgen nach sich zieht. Der Arbeitnehmer kann aber sehr wohl aus einer Notlage heraus zum Abschluss eines Arbeitsvertrages bewogen worden sein.54 Dementsprechend geht ein Vergleich mit den verbandsrechtlichen Verhältnissen fehl. Darüber hinaus können Handlungen des Arbeitnehmers, welche sich ausdrücklich gegen die Unternehmensziele des Arbeitgebers richten, auch über das schuldrechtliche Verbot des venire contra factum proprium bewertet werden; durch Abschluss des Arbeitsvertrages verpflichtet sich der Arbeitnehmer zwar nicht dazu, in jeder Hinsicht nach dem Willen des Arbeitgebers zu handeln, man kann aber durchaus annehmen, dass solches Verhalten, das unter keinen Umständen mit dem Betriebszweck in Einklang gebracht werden kann, widersprüchlich ist.55 Dies bestätigt auch die Rechtsprechung des BGH, welcher davon ausgeht, dass Parteien ihre Rechtsansichten nach Vertragsschluss zwar grundsätzlich ändern dürfen,56 dies jedoch missbräuchlich ist, wenn für den Vertragspartner ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder anderweitige Umstände für die Treuwidrigkeit der Rechts51

BGH, Urt. v. 27. 2. 1978 – II ZR 17/77 – AP GG Art. 9 Nr. 27; BGH, Urt. v. 28. 9. 1972 – II ZR 5/70 – AP GG Art. 9 Nr. 21. 52 Dies wird auch von A. Wisskirchen nicht bestritten, vgl. S. 30. 53 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 31; offen lässt dies wiederum Nimmerjahn, Außerdienstliches Verhalten als verhaltensbedingter Kündigungsgrund, S. 150. 54 Dies wird auch von A. Wisskirchen anerkannt, wobei gleichwohl die Möglichkeit der Begründung außerdienstlicher Verhaltenspflichten bejaht wird, vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 31. 55 Nimmerjahn, Außerdienstliches Verhaltens als verhaltensbedingter Kündigungsgrund, S. 150. 56 BGH, Urt. v. 19. 6. 1997 – I ZR 46/95 – NJW 1997, 3377 (3379).

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

ausübung sprechen.57 Weiterhin gilt hier auch das schon zum genossenschaftlichen Vergleich Gesagte: Die Begründung außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers ist bereits durch schuldrechtliche Grundsätze ausreichend gesichert – auch wenn ein verbandsrechtlicher Vergleich in Erwägung gezogen werden mag, kann dieser jedoch mangels der vergleichbaren Ausgangssituation nicht gewinnbringend verwertet werden. c) Sozialstaatsprinzip, Art. 20 I GG Über den Arbeitsvertrag hinausgehende Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers werden teilweise auch aus dem Sozialstaatsprinzip abgeleitet. Nach der von Benda entwickelten Theorie gilt dieses verfassungsrechtliche Prinzip unmittelbar im Arbeitsverhältnis. Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei mit dem Verhältnis zwischen Staat und Bürger vergleichbar und die sozialstaatlichen Grundsätze nur dann vollumfänglich realisierbar, wenn von den Vertragsparteien gegenseitige Rücksichtnahmepflichten gefordert würden.58 Streng genommen ist hierin aber kein eigenständiger Ansatz zu erkennen, sondern eher von einer modernen Version des personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses auszugehen,59 da der etwas ältere Begriff der arbeitgeberseitigen Fürsorge lediglich durch das zeitgemäßere „sozialrechtliche Schutzprinzip“ ersetzt wird.60 Ungeachtet der Tatsache, dass Bendas Ansatz von einem personenrechtlichen Arbeitsverhältnis ausgeht und schon aus diesem Grund keine uneingeschränkte Zustimmung finden kann, ist eine unmittelbare Geltung des Sozialstaatsprinzips im Arbeitsverhältnis abzulehnen.61 Nach überwiegender Auffassung ist das Sozialstaatsprinzip zu unbestimmt, um als Anspruchsgrundlage gelten zu können, und lediglich Auslegungsmaxime für staatliche Organe.62 Im Zivilrecht kommt eine unmittelbare Anwendung der Grundrechte und Staatsstrukturprinzipien nach h. M. jedoch nicht in Betracht; auf privatrechtliche Verhältnisse wirken verfassungsrechtliche Prinzipien lediglich über die Generalklauseln ein.63 Von einem Einwirken des Sozialstaatsprinzips auf außerdienstliche Verhaltenspflichten kann daher al57 Vgl. BGH, Urt. v. 5. 12. 1991 – IX ZR 271/90 – NJW 1992, 834 (834); BGH, Urt. v. 22. 5. 1985 – IVa ZR 153/83 – BGHZ 94, 344 (354). 58 Benda, Industrielle Herrschaft und sozialer Staat, S. 413, 439 f.; so auch NeumannDuesberg, JZ 1962, 204 (206). 59 Subatzus, Fehlverhalten des Arbeitnehmers, S. 44. 60 Vgl. Klatt, Treuepflichten im Arbeitsverhältnis, S. 310. 61 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 27 f. 62 BVerfG, Beschl. v. 18. 6. 1975 – 1 BvL 4/74 – BVerfGE 40, 121 (133); BVerwG, Urt. v. 22. 4. 1977 – VII C 49/74 – BVerwGE 52, 339 (346); MüKo/Spinner, § 611a BGB, Rn. 192; AR/ Groeger, Art. 33 GG, Rn. 20. 63 BVerfG, Beschl. v. 23. 4. 1986 – 2 BvR 487/80 – BVerfGE 73, 261 (269); BVerfG, Urt. v. 15. 1. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198 (206 f.); a. A. Nipperdey, RdA 1950, S. 121 (124); Gamillscheg, Grundrechte im Arbeitsrecht, S. 28 ff.

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lenfalls mithilfe des bei der Auslegung zu berücksichtigenden Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausgegangen werden. d) Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I, 1 I GG Insbesondere von Mayer wird angedeutet, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG zur dogmatischen Begründung außerdienstlicher Verhaltenspflichten herangezogen werden kann.64 Diese Rechte sind bei der Bewertung des Arbeitnehmerverhaltens zwar stets als dessen Grundrechte zu berücksichtigen, jedoch wirken diese ebenso wie das Sozialstaatsprinzip über § 242 BGB auf das Arbeitsverhältnis ein und kommen daher als eigenständige Grundlage außerdienstlicher Verhaltenspflichten nicht in Betracht. e) Drittbezug des Arbeitsverhältnisses Da der Arbeitgeber in aller Regel mehr als nur einen Arbeitnehmer beschäftigt, weist das Arbeitsverhältnis einen gewissen Drittbezug, also einen Bezug zu den anderen im Betrieb Beschäftigten, auf. Eine durch den Arbeitnehmer veranlasste Schädigung des Betriebes würde sich nicht nur negativ auf den Arbeitgeber, sondern auch auf die jeweiligen Mitarbeiter auswirken. Dies wird teilweise als weiteres Argument für die Notwendigkeit außerdienstlicher Verhaltenspflichten ins Feld geführt.65 Im Ergebnis ist diesem Ansatz zwar zuzustimmen, jedoch wird er gerade von Gamillscheg und Buchner in Verbindung mit der Treuepflicht genannt, welche, wie oben bereits erläutert, aus dogmatischen Gründen nicht mehr vertreten wird. Die Interessen der anderen Arbeitnehmer sind mit denjenigen des Arbeitgebers, welche durch den Arbeitnehmer potentiell geschädigt werden könnten, weitestgehend kongruent. Aus diesem Grund ist die Drittdimension des Arbeitsverhältnisses ebenfalls als Schutz- und Rücksichtnahmepflicht i. S. d. § 241 II BGB anzusehen.66 In der Erkenntnis, dass regelmäßig eine Drittbezogenheit des Arbeitsverhältnisses gegeben ist, kann aber dennoch ein gewisser Mehrwert gesehen werden. Denn ein die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigendes außerdienstliches Verhalten könnte womöglich schwerer zu gewichten sein, wenn sich diese Schädigung auch in hohem Maße auf andere Arbeitsverhältnisse auswirkt. f) Handelsrechtliche Regelungen Zu guter Letzt kann die Existenz von außerdienstlichen Verhaltenspflichten auch aus dem in § 60 HGB niedergelegten Wettbewerbsverbot abgeleitet werden. Gem. § 60 I HGB ist es dem Handlungsgehilfen untersagt, ein Handelsgewerbe zu be64

Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 259 ff. Gamillscheg, FS Fechner, 135 (139); Buchner, ZfA 1979, 335 (346). 66 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 29, welche zusätzlich auf § 1 III 1 KSchG und § 105 SGB VII abstellt. 65

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

treiben oder in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Zwecke Geschäfte zu machen. Hierin liegt eine gesetzliche Anerkennung des Grundsatzes, dass der Arbeitnehmer auch außerhalb seiner Arbeitszeit die Interessen des Arbeitgebers zu wahren hat.67 Diese Vorschrift gilt zwar ihrem Wortlaut nach nur für handelsrechtliche Angestelltenverhältnisse, wurde vom BAG allerdings aufgrund der Vergleichbarkeit der Interessenlage als auf ein jedes Arbeitsverhältnis anwendbar erklärt.68 Nach dessen Rechtsprechung stellt § 60 HGB eine gesetzliche Konkretisierung des Grundsatzes, dass der Arbeitnehmer die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers auch in seiner Freizeit zu wahren hat, dar.69 Obgleich sich die vorliegende Arbeit nicht vornehmlich auf Problemstellungen des Wettbewerbs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer konzentriert, kann § 60 HGB daher aber zumindest als grundlegende Wertentscheidung des Gesetzgebers für die Existenz außerdienstlicher Verhaltenspflichten verstanden werden. g) Zwischenergebnis In der Literatur lassen sich neben der schuldrechtlichen Einkleidung des Arbeitsvertrages einige weitere Ansätze zur Begründung der vom Arbeitnehmer geschuldeten außerdienstlichen Verhaltenspflichten finden. Gemein ist all diesen Ansätzen, dass die Grundlage in allgemeinen bzw. übergeordneten Prinzipien gesucht wird. Wie bereits festgestellt, kann dieser Ansatz zumindest im Hinblick auf die verbands- und genossenschaftsrechtliche Komponente nicht überzeugen. Das Sozialstaatsprinzip wirkt mittelbar über die Grundsätze von Treu und Glauben auf das Arbeitsverhältnis ein und bestätigt daher lediglich das über §§ 241 II, 242 BGB gefundene Ergebnis. Auch die Drittdimension des Arbeitsverhältnisses ist Ausprägung der nach § 241 II BGB bestehenden Nebenpflichten. Eine Normierung haben außerdienstliche Verhaltenspflichten lediglich im Wettbewerbsverbot nach § 60 I HGB gefunden. Umfang und Reichweite anderweitiger außerdienstlicher Verhaltenspflichten gilt es daher im nächsten Teil der Arbeit zu erörtern.

II. Im englischen Recht Die Frage, wie außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers de lege lata dogmatisch zu begründen sind, stellt sich auch im englischen Recht. Im Unterschied zu Deutschland gibt es in England aber keine Regelungen wie § 611a bzw. § 241 II BGB, welche Anhaltspunkte für Rechtsnatur und Reichweite der arbeitsvertraglichen Pflichten sein könnten. Demzufolge sind zunächst die Rechtsnatur des 67

BAG, Urt. v. 12. 5. 1972 – 3 AZR 401/71 – AP HGB § 60 Nr. 6; BAG, Urt. v. 24. 4. 1970 – 3 AZR 324/69 – AP HGB § 60 Nr. 5; Buchner, ZfA 1979, 335 (337). 68 BAG, Urt. v. 16. 6. 1976 – 3 AZR 73/75 – AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 8; BAG, Urt. v. 17. 10. 1969 – 3 AZR 442/68 – AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 7. 69 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 32; Buchner, ZfA 1979, 335 (337 f.).

II. Im englischen Recht

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Arbeitsverhältnisses und die Begründung arbeitsvertraglicher Pflichten im Allgemeinen zu klären. 1. Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses Der Arbeitsvertrag wird im englischen Recht ebenfalls zunächst als rein dem contract law zuzuordnendes Austauschverhältnis eingestuft. Gleichwohl wird auch hier eine Sonderstellung des Arbeitsvertrages und dementsprechend die mangelnde Vergleichbarkeit mit anderen vertraglichen Beziehungen mittlerweile anerkannt.70 Aufgrund der Ausgestaltung als Dauerschuldverhältnis und der Unmöglichkeit, alle Eventualitäten einzelvertraglich zu regeln, entsteht auch nach englischem Verständnis eine besondere Nähebeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.71 2. Arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten Die Besonderheiten des Arbeitsrechts werden zwar seit ca. 30 Jahren mehr und mehr durch Gesetze geregelt und somit eine Lösung durch das common law abdingbar. Da dies aber nur für bestimmte Bereiche des Arbeitsrechts gilt72 und eine grundlegende Kodifikation des Arbeitsrechts nicht besteht, ist hinsichtlich Inhalt und Reichweite arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten auf grundlegende, nach dem contract law tradierte Rechtsgrundsätze zurückzugreifen. Für den Arbeitsvertrag haben sich im Wesentlichen drei grundlegende Prinzipien in Form von sog. implied terms73 entwickelt, auf welche im Folgenden einzugehen sein wird. a) Die hierarchische Struktur des Arbeitsverhältnisses und die daraus folgende duty of obedience Genau wie in Deutschland, gab es auch im englischen Recht Tendenzen dahingehend, den Arbeitsvertrag als reines Austauschverhältnis, vergleichbar mit der Sachmiete, zu qualifizieren.74 Mittlerweile ist das faktische Ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und demnach eine hierarchische Struktur des Arbeitsverhältnisses anerkannt. Nach englischem Verständnis ist der Arbeitsvertrag ein Über-/Unterordnungsverhältnis. Kahn-Freund beschreibt dieses Verhältnis als

70

Sims (2001) 30 ILJ 101, 104. Vgl. Sims (2001) 30 ILJ 101, 104. 72 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 2, 42 f. 73 Implied terms sind Vertragsbedingungen, die ohne deren ausdrückliche Erwähnung als Bestandteil aller Verträge derselben Gattung gelten. Teilweise wird aber auch von imposed terms gesprochen, da deren Bestehen als von Rechts wegen angeordnet und nicht bloß konkludent vorausgesetzt angesehen wird, vgl. Halsbury’s Laws of England, vol 16, para 73. 74 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 99 – 100; Brodie (2001) 30 ILJ 84, 84 – 85. 71

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

„typically a relation between a bearer of power and one who is not a bearer of power“.75 Diese hierarchische Struktur wohnt jedem Arbeitsvertrag, auch ohne dessen ausdrückliche Vereinbarung, inne und kann daher zu den Grundprinzipien des englischen Individualarbeitsrechts gezählt werden.76 Vergleichen ließe sich dieses Institut mit dem deutschen Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO), wenngleich die verwendete Terminologie auf eine etwas stärker ausgeprägte Subordination des Arbeitnehmers schließen lässt. Aus diesem Über-/Unterordnungsverhältnis wird geschlossen, dass jeder Arbeitsvertrag eine sog. duty of obedience enthält, welche den Arbeitnehmer dazu verpflichtet, den Anordnungen des Arbeitgebers Folge zu leisten, sofern sich diese innerhalb des vertraglichen Rahmens bewegen und dem Arbeitnehmer keinen Verstoß gegen geltendes Recht abverlangen.77 b) Der Grundsatz von mutual trust and confidence Des Weiteren ist der Grundsatz von mutual trust and confidence im Arbeitsverhältnis von großer Bedeutung. Auch wenn die Formulierung eine beiderseitige Pflicht suggeriert, entwickelte sich diese Theorie gleichsam als Gegengewicht zur hierarchischen Struktur des Arbeitsverhältnisses.78 Sie enthält Mindestanforderungen an das Verhalten des Arbeitgebers zum Schutze des Arbeitnehmers. In der Rechtsprechung gilt dieser Grundsatz als wie folgt anerkannt: „The employer shall not, without reasonable and proper cause, conduct itself in a manner calculated as likely to destroy or seriously damage the relationship of confidence and trust between employer and employee.“79 Auch in der Literatur wird diese vertragliche Pflicht des Arbeitgebers mittlerweile als einer der Grundpfeiler des Individualarbeitsverhältnisses angesehen.80 c) Die Treuepflicht des Arbeitnehmers (duty of fidelity) Als weiterer Bestandteil des Arbeitsvertrages wird eine Treuepflicht des Arbeitnehmers, nach welcher dieser grundsätzlich dazu verpflichtet ist, sein Verhalten an den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers auszurichten, anerkannt.81 Im Gegensatz zur duty of obedience ist diese Pflicht nicht lediglich auf die Ausführung 75

Kahn-Freund, Labour and the Law, p. 18. Pitt, Employment Law, p. 123; Lewis, Labour Law in Britain, p. 347. 77 Halsbury’s Laws of England, vol 16, para 50. 78 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 143; Brodie (1996) 25 ILJ 121, 121. 79 Woods v WM Car Services (Peterborough) Ltd [1981] ICR 666, 670; Lewis v Motorworld Garages Ltd [1986] ICR 157, 167; Malik v Bank of Credit and Commerce International SA [1998] AC 20, 45. 80 Brodie (2001) 30 ILJ 84, 86; Pitt, Employment Law, p. 122 – 123. 81 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 155. 76

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der Anweisungen des Arbeitgebers gerichtet, sondern erfasst das generelle Verhalten des Arbeitnehmers. Sie könnte daher zur Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten herangezogen werden. Wie im Kapitel B. dieser Arbeit zur geschichtlichen Betrachtungsweise bereits angedeutet, besteht in England die Kontroverse um die Rechtsnatur der Treuepflicht in der Fragestellung, ob der Arbeitnehmer als sog. fiduciary im Sinne des Rechts der equity einzustufen ist oder ihm lediglich vertragliche Treuepflichten aufzuerlegen sind. Praktische Konsequenz der Einstufung des Arbeitnehmers als fiduciary wäre, dass diesem ein höheres Maß an Treue und Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber abverlangt werden könnte, als es nach der aus dem Vertrag abgeleiteten Treuepflicht der Fall wäre. Zudem stünden dem Arbeitgeber nach dem Recht der equity weitergehende Rechtsbehelfe zu und auch im Hinblick auf Verjährungs- und Kausalitätsvorschriften würde dieser von der Einstufung des Arbeitnehmers als fiduciary profitieren bzw. alternative Handlungsmöglichkeiten erhalten.82 Interessanterweise stützen sowohl die Vertreter des equitable approach als auch die Befürworter einer sich aus dem Vertrag ergebenden Treuepflicht ihre Argumentation mit den einschlägigen Fällen des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. aa) Entwicklung der Rechtsprechung Von Anfang bis Mitte des 18. Jahrhunderts finden sich einige Entscheidungen, welche darauf schließen lassen könnten, dass sich nach dem Recht der equity die Pflichten des Arbeitnehmers bereits als sog. fiduciary duties etabliert hatten, zumal diese zumindest die equity, jedoch keine vertraglichen Pflichten ansprechen.83 In diesen wurde gleichwohl noch nicht von fiduciary duties, sondern allgemeiner von trust oder confidence gesprochen.84 Auch auf die sog. implied agreements wurde bereits in sehr frühen Entscheidungen des common law Bezug genommen.85 Obschon die Richter sich einig waren, dass eine Treuepflicht des servant bestehen musste, war die verwendete Terminologie in diesen frühen Entscheidungen sehr uneinheitlich; die Treuepflicht des servant wurde mit verschiedensten Stichwörtern wie breach of trust/confidence, faithful service, fidelity etc. beschrieben. Diese Unklarheit über die begriffliche Einordnung wird von Lordrichter Lynskey in einer Entscheidung aus dem Jahre 1945 sehr zutreffend beschrieben: „Different judges, in various cases, have given very different grounds for the existence of this obligation. Sometimes it has been said that the obligation was the result of an implied term in the contract of service; sometimes that it was an obligation arising out of the employee’s position or status as such, and sometimes that the obligation arises because of the trust or 82

Clarke (2002) 31 ILJ 353, 356. Osmond v Fitzroy [1731] 24 ER 997, 998; Cole v Gibson [1750] 27 ER 1169, 1171; Bridgeman v Green [1757] 97 ER 22, 25. 84 Diese Begriffe galten als klassische Begriffe der equity, s. Flannigan (2008) 124 LQR 274, 275, Fn. 4. 85 Callo v Brouncker [1831] 4 C&P 518, 519. 83

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht confidence which an employee owes of necessity to his employer. Whatever the true ground may be, in my view the obligation exists […].“86

In der Rechtsprechung setzte sich schlussendlich die Annahme einer im Vertrag implizit vorausgesetzten Treuepflicht durch. Eine arbeitsvertragliche Beziehung könne zwar „of fiduciary nature“ sein, dies sei aber keinesfalls zwingend und stets im Einzelfall zu prüfen.87 Dieses Ergebnis wird auch von aktuellen Entscheidungen der obersten englischen Gerichtshöfe bestätigt.88 bb) Auffassungen in der Literatur (1) Treuepflicht als Ausprägung der equity im Sinne einer fiduciary duty Insbesondere von Flannigan wird vertreten, dass Arbeitnehmer grundsätzlich als fiduciaries einzustufen und deren Treuepflichten gegenüber dem Arbeitgeber mithin nach dem Recht der equity zu beurteilen sind. Die bereits erwähnte Entscheidung Nichol v Martyn89 sei nicht als Geburtsstunde der duty of fidelity anzusehen, sondern habe lediglich die bereits anerkannte Haftung des Arbeitnehmers nach fiduciaryGrundsätzen bestätigt.90 Alle weiteren Entscheidungen, welche auf eine implied term oder duty of fidelity abstellen, knüpften an die bereits feststehende Einordnung des Arbeitnehmers als fiduciary an. Lediglich sprachliche Ungenauigkeiten hätten zur fehlerhaften Annahme des Vorhandenseins einer vom Recht der equity getrennten, im Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verankerten Treuepflicht geführt.91 Diese Entwicklung habe, so Flannigan, schon Ende des 18. Jahrhunderts begonnen und sei im Wesentlichen aber durch die Entscheidung Wessex Dairies Ltd v Smith aus dem Jahre 1935 ausgelöst worden. Seiner Ansicht nach war in den vorherigen Entscheidungen immer auch auf einen sog. breach of confidence (dt. Vertrauensbruch) verwiesen worden, was als Rechtsinstitut der equity einzustufen ist. Da in Wessex Dairies Ltd v Smith lediglich von einer duty of good faith and fidelity die Rede gewesen war, habe sich dieser Fehler in der Rechtsprechung fortgesetzt und somit die Einstufung der Arbeitnehmerpflichten als fiduciary duties in Vergessenheit geraten lassen.92 Die Fehlkonstruktion der duty of fidelity habe neben den fiduciary duties also keinen Mehrwert und sollte von den Richtern korrigiert oder zumindest

86

Bents Brewery Co Ltd v Hogan [1945] 2 All ER 570, 576. Malik v Bank of Credit and Commerce International SA [1998] AC 20; University of Nottingham v Fishel [2000] ICR 1462. 88 Airbus Operations Ltd v Withey [2014] EWHC 1126 (QB). 89 Vgl. unter B., II., 2., a), aa). 90 Flannigan (2016) 37 BLR 50, 52 ff. 91 Vgl. Flannigan (2016) 37 BLR 50, 51. 92 Flannigan (2008) 124 LQR 274, 285. 87

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deren Inhalt klarer definiert und von den fiduciary duties abgrenzbar gemacht werden.93 (2) Die contractual duty of fidelity als implied term Weit überwiegend wird in der Literatur allerdings davon ausgegangen, dass in jedem Arbeitsverhältnis konkludent eine Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber vorausgesetzt wird.94 Frazer geht in seiner 2015 erschienenen Abhandlung zur contractual duty of fidelity davon aus, dass sich die vertraglichen Treuepflichten parallel zu den fiduciary duties entwickelt haben.95 Die beiden Fälle Callo v Brouncker96 und Robb v Green97, in welchen jeweils von einer im Vertrag vorausgesetzten Treuepflicht des Arbeitnehmers ausgegangen wird, legen für ihn den Grundstein für die Entwicklung der duty of fidelity.98 Diese mag sich zwar manchmal mit den fiduciary duties überschneiden, jedoch seien die beiden Pflichten getrennt voneinander zu betrachten und lediglich aufgrund der bisweilen übereinstimmenden Terminologie leicht durcheinander zu bringen.99 Er begründet seine Ansicht mit der unterschiedlichen Handhabung der Fälle im Recht der equity und im common law. Während im common law zumeist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Frage stand, ging es bei den im Rahmen der equity entschiedenen Fälle zumeist um Entschädigungsansprüche des Arbeitgebers.100 Zudem war es im Recht der equity nicht zwingend notwendig zwischen den servants und anderen Angestellten zu unterscheiden, weshalb sich der Richter auch nicht mit dem Inhalt einer speziellen vertraglichen Pflicht auseinandersetzen musste.101 Demzufolge habe sich die Treuepflicht des Arbeitnehmers aus dem Vertragsrecht heraus entwickelt und stelle auch noch heute, sofern keine Betriebsgeheimnisse oder andere vertrauliche Informationen eine Stellung des Arbeitnehmers als fiduciary notwendig machten, die Grundlage eines jeden Arbeitsverhältnisses dar.102 (3) Bedeutung der Diskussion für außerdienstliche Verhaltenspflichten Festgestellt werden kann, dass die meisten Urteile des frühen common law zu Fällen mit eindeutigen Vertragsbrüchen des Arbeitnehmers ergingen und die oben 93

Vgl. Flannigan (2016) 37 BLR 50, 58. Sims (2001) 30 ILJ 101, 104, 109. 95 Frazer (2015) 131 LQR 53, 53 ff. 96 Callo v Brouncker [1831] 4 C&P 518, 519. 97 Robb v Green [1895] 2 QB 315, 320. 98 Frazer (2015) 131 LQR 53, 53 – 58. 99 Frazer (2015) 131 LQR 53, 72. 100 Frazer (2015) 131 LQR 53, 60. 101 Vgl. Frazer (2015) 131 LQR 53, 60. 102 Frazer (2015) 131 LQR 53, 72, 75 – 76; diskutiert wird aber auch, ob die Einstufung des Arbeitnehmers als fiduciary notwendig sein könnte, was jedoch im Ergebnis abgelehnt wird. Vgl. hierzu Brodie (2012) 16 ELR 198, 207. 94

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

erläuterte Treuepflicht daher in erster Linie für die Arbeitspflicht betreffende Verhaltensweisen zum Ansatz zu bringen ist. Nichtsdestotrotz wurde auf diese Pflicht auch in der Entscheidung Pearce v Foster103 rekurriert, wodurch die Geltung der dem Arbeitsverhältnis immanenten Treuepflicht auch für über den Arbeitsvertrag hinausgehende Verhaltensweisen deutlich wird. Dass das Arbeitsverhältnis nicht mit einfachen Austauschverhältnissen verglichen werden und daher ein erhöhtes Maß an Kooperation von beiden Vertragsparteien verlangt werden kann, wird in Rechtsprechung und Literatur aber auch ungeachtet dieser dogmatischen Streitigkeit mehr und mehr anerkannt.104 Ob ein Arbeitnehmer als fiduciary einzuordnen ist oder nicht, kann in Bezug auf dessen außerdienstliches Verhalten gleichwohl eine Rolle spielen, wie Fälle der jüngeren Vergangenheit zeigen.105 Die Einordnung des Arbeitnehmers als fiduciary hätte nämlich zur Folge, dass strengere außerdienstliche Verhaltenspflichten bestehen könnten und der Arbeitnehmer im Zweifelsfalle die Interessen des Arbeitgebers über die eigenen stellen müsste. Da sowohl die Rechtsprechung als auch die herrschende Literatur in England eine solche Zuordnung ablehnen, werden außerdienstliche Verhaltenspflichten im Folgenden nur unter Bezugnahme auf eine implied contractual term in Form der duty of fidelity diskutiert. cc) Zwischenergebnis Außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers sind in England de lege lata aus der im Arbeitsvertrag vorausgesetzten Treuepflicht, der sog. duty of fidelity, herzuleiten. 3. Weitere Rechtsquellen und Begründungsansätze Neben vertragstheoretischen Argumenten wird in England hinsichtlich außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers gleichfalls mit übergeordneten Prinzipien argumentiert. Mangels einer geschriebenen britischen Verfassung konzentriert sich diese Diskussion allerdings auf Art. 8 des Human Rights Act 1998 (HRA), welcher die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Vereinigten Königreich festschreibt. Zudem lassen sich auch in England zahlreiche Regelungen zu Wettbewerbsverboten finden, welche für die Anerkennung außerdienstlicher Verhaltenspflichten sprechen könnten. a) Art. 8 HRA In England wird seit Erlass des HRA im Jahre 1998 diskutiert, ob Art. 8, welcher das Recht eines jeden auf Achtung der Privatsphäre gewährleistet, auf das außer103 104 105

Pearce v Foster [1886] 17 QBD 536, 539. Sims (2001) 30 ILJ 101, 104. University of Nottingham v Fishel [2000] ICR 1462, 1493.

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dienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers Anwendung findet. Art. 8 HRA ist dem Art. 8 der EMRK, mit Ausnahme übersetzungsbedingter Abweichungen, wortgleich. Um die Relevanz des Art. 8 in Kündigungsfällen zu ergründen, ist es zunächst notwendig, einen Überblick über das in England geltende Kündigungsrecht zu geben. aa) Das englische Kündigungsrecht Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung waren im englischen Recht traditionell eher niedrig angesetzt.106 Gesetzesrecht, das vor ungerechtfertigten Kündigungen schützen soll, wurde erst mit dem Industrial Relations Act 1971 (IRA) eingeführt. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Kündigung sind heute im ERA geregelt, nach welchem die Rechtmäßigkeit einer Kündigung nach dem sog. test of fairness zu beurteilen ist. In s. 94(1) des ERA heißt es: „An employee has the right not to be unfairly dismissed by his employer.“ Der Arbeitgeber muss hiernach einen Kündigungsgrund vorbringen, der sich auf das Verhalten, die Fähigkeiten oder Qualifikationen des Arbeitnehmers bezieht. Generalklauselartig wird aber auch „some other substantial reason“ als Kündigungsgrund anerkannt.107 Dieses arbeitnehmerschützende Gesetz handhaben die Gerichte allerdings eher restriktiv, was nicht zuletzt auf die eher vage formulierte Kündigungsmöglichkeit aus einem anderen wichtigen Grund zurückzuführen ist. Sie gehen weiterhin grundsätzlich davon aus, dass die Entscheidungen eines Arbeitgebers nur im Extremfall abzuändern und Kündigungen zunächst einmal als gerechtfertigt anzusehen sind, sofern diese nicht als willkürlich bewertet werden müssen.108 bb) Anwendbarkeit des Art. 8 HRA? Vor 1998 galt in der englischen Rechtsprechung der Grundsatz, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund seines außerdienstlichen Verhaltens möglich sein sollte, wenn er damit gegen eine konkrete unternehmensinterne Vorschrift verstößt oder der Arbeitgeber anderweitige nachvollziehbare Gründe zur Entlassung hatte und ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertraglichen Treuepflichten angenommen werden konnte.109 Durch Einführung des Art. 8 HRA wurde diese Rechtsprechung zunächst in Frage gestellt, im Jahr 2004 jedoch vom Court of Appeal bestätigt.110 Das Gericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass Art. 8 HRA nur für die tatsächlich privaten Verhaltensweisen des Arbeitnehmers gelte und beispielsweise dann nicht greife, wenn das in Frage stehende Verhalten des Arbeit106

Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 914. Vgl. s. 98(1), s. 98(2) ERA. 108 Iceland Frozen Foods Ltd v Jones [1983] ICR 17, 25; Foley v Post Office [2000] ICR 1283, 1292. 109 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 451. 110 Vgl. X v Y [2004] ICR 1634, 1648. 107

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

nehmers an öffentlich zugänglichen Orten stattgefunden hat oder es um das Verhalten in sozialen Medien geht.111 Mit dieser Rechtsprechung bahnte der Court of Appeal den Weg für strengere Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten von Arbeitnehmern, was von Seiten der Literatur jedoch bis heute stark kritisiert wird. Die Vertreter der Anwendbarkeit von Art. 8 HRA gehen davon aus, dass dieser das private Verhalten von Arbeitnehmern umfassend schütze und übermäßige Einflussnahmen des Arbeitgebers auf das Privatleben des Arbeitnehmers verhindern solle.112 Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Art. 8 HRA ist Gegenstand des vierten Teils, in welchem sich mit der Rechtsprechung zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten im 21. Jahrhundert beschäftigt wird. An dieser Stelle sei aber schon festgehalten, dass die EMRK, zumindest im englischen Recht, eine große Rolle im Zusammenhang mit außerdienstlichen Verhaltenspflichten spielt und eine Beschränkung derselben darstellen könnte. b) Restraint-of-trade-doctrine Dass der Arbeitnehmer nicht in Wettbewerb zu seinem Arbeitgeber treten oder vertrauliche Informationen weitergeben darf, folgt im englischen Recht aus der dem Vertrag immanenten Treuepflicht.113 Eine mit § 60 HGB vergleichbare Regelung besteht nicht. Gleichwohl sind auch im common law Wettbewerbsverbote nach Beendigung des Arbeitsvertrages anerkannt, welche unter dem Stichwort restraintof-trade-doctrine diskutiert werden.114 Im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltenspflichten werden diese aber eher selten als Argumentationshilfe herangezogen, da in diesem Zusammenhang auf die generellen Treue- und Rücksichtnahmepflichten abgestellt wird. Nichtsdestotrotz spricht die Anerkennung dieses Grundsatzes, genau wie im deutschen Recht, dafür, dass die Pflicht des Arbeitnehmers, die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers nicht zu schädigen, auch in seiner Freizeit besteht. 4. Zwischenergebnis Treuepflichten des Arbeitnehmers basieren in England hauptsächlich auf den oben beschriebenen anerkannten vertraglichen Prinzipien. Darüber hinaus spielt das nach der EMRK gewährleistete Recht auf Privatsphäre eine entscheidende Rolle.

111 112 113

164. 114

X v Y [2004] ICR 1634, 1648; Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187, 193. Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 913; Freedland, Privacy and Employment, p. 141. Bowers, Employment Law, p. 82, 87; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 163 – Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 163.

III. Rechtsvergleichende Betrachtung

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III. Rechtsvergleichende Betrachtung Sowohl die deutsche als auch die englische Rechtsordnung erkennen die Existenz außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers de lege lata an. In Deutschland wird sich hierbei vornehmlich um eine Herleitung solcher Pflichten aus der Systematik des BGB bemüht, auch wenn teilweise übergeordnete Prinzipien wie das Sozialstaatsprinzip zur Argumentation herangezogen werden. Dass in England mit dem Billigkeitsrecht und in Deutschland mit § 242 BGB argumentiert wird, könnte zum voreiligen Schluss einer Parallele zwischen beiden Rechtsordnungen verleiten. Das Recht der equity und damit die sog. fiduciary duties stellen aber unter Billigkeitsgesichtspunkten weitaus höhere Anforderungen an denjenigen, den diese Pflichten treffen, als es nach Treu und Glauben im deutschen Recht möglich wäre. Zwar wurde im deutschen Rechtsraum vor der Rezeption des römischen Rechts auch zwischen Billigkeits- und Gesetzesrecht unterschieden115, allerdings ist diese Trennung heute kein Bestandteil mehr unserer Rechtsordnung. Etwas den fiduciary duties Vergleichbares wird im deutschen Recht nicht in die Diskussion um außerdienstliche Verhaltenspflichten einbezogen, auch wenn es rechtliche Verhältnisse gibt, die der Stellung eines fiduciaries ähneln. Zu nennen sei hier z. B. ein Rechtsgeschäft oder Treueverhältnis, das in den Anwendungsbereich von § 266 StGB fällt. Fiduciaries sind folglich nicht als Besonderheit des englischen Rechts einzustufen. Besonders ist lediglich, dass diese strenge Art der Treuepflicht ausschließlich im englischen Diskurs um außerdienstliche Verhaltenspflichten einen Platz findet. Wie zuvor bereits erläutert, wird diese Ansicht gleichwohl von einer Mindermeinung in der Literatur vertreten. Genauso wie einen Arbeitnehmer aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Pflichten in Deutschland besonders strenge Treuepflichten treffen können, kann der Arbeitnehmer in England unter bestimmten Voraussetzungen als fiduciary einzustufen sein. Dass dies aber keinesfalls zwingend ist, wird durch die herrschende Rechtsprechung und Literatur in England deutlich gemacht und dieses Ergebnis angesichts der Handhabung von Treuepflichten im deutschen Recht auch unterstützt. Während in England die Treuepflichten des Arbeitnehmers auch im Hinblick auf Art. 8 HRA diskutiert werden, scheint eine auf Grundrechte des Arbeitnehmers abstellende Argumentation in Deutschland auf den ersten Blick gänzlich zu fehlen. Dem ist jedoch nicht so. Die Grundrechte wirken über § 242 BGB mittelbar auf das Arbeitsverhältnis ein und sind somit, wenn auch eher hintergründig, Gegenstand der Diskussion. Darin lässt sich folglich eine Parallele zur Handhabung im englischen Recht finden – in beiden Rechtsordnungen spielen die nach dem Grundgesetz bzw. der EMRK gewährleisteten Rechte des Arbeitnehmers eine zentrale Rolle, weshalb die Grenzen außerdienstlicher Verhaltenspflichten nur in Bezugnahme auf dieselben gesteckt werden können. Im Ergebnis lässt sich demnach feststellen, dass sich mit der dem englischen Arbeitsvertrag immanenten duty of 115 Hoyningen-Huene, Die Billigkeit im Arbeitsrecht, S. 5; zum Begriff der aequitas im römischen Recht s. Staudinger/Looschelders/Olzen, § 242 BGB, Rn. 12 f.

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C. Herleitung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nach geltendem Recht

fidelity und den nach deutschem Recht anerkannten Neben- bzw. Schutzpflichten in beiden Rechtsordnungen Institute entwickelt haben, um der Sonderstellung des Arbeitsvertrages Rechnung zu tragen.

D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten Nachdem im Kapitel B. und C. der Arbeit die historische Entwicklung und die dogmatische Grundlage außerdienstlicher Verhaltenspflichten betrachtet wurden, stellt sich nun die Frage, in welchem Umfang derartige Pflichten bestehen und wann demnach ein für das Arbeitsverhältnis relevantes außerdienstliches Verhalten gegeben ist. Hierzu sind Rechtsprechung und Literatur zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten – schwerpunktmäßig der letzten 30 Jahre – zu betrachten. Zur besseren Übersichtlichkeit der Darstellung werden hierbei verschiedene Fallgruppen gebildet.

I. Relevante Fallgruppen 1. Im deutschen Recht Zunächst ist zu klären, in welchen typischen Fallkonstellationen das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers relevant wird. Im Wesentlichen werden hierzu Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers, von ihm begangene Straftaten und dessen „Privatleben im engeren Sinne“ – sei es der Alkoholkonsum, persönliche Beziehungen oder das Sexualleben – in Rechtsprechung und Literatur diskutiert. Die Übergänge sind jedoch fließend, weshalb die Fallgruppen nicht immer streng voneinander getrennt werden können. a) Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers, Art. 5 I GG Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann zum einen dann für das Arbeitsverhältnis relevant werden, wenn es um Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers geht. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in Art. 5 I GG gewährleistet und wird vom BVerfG als besonders wichtiges, für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung unerlässliches Grundrecht anerkannt.1 aa) Bedeutung dieses Grundrechts für das Arbeitsverhältnis Die Wirkung der Grundrechte im Zivilrecht ist zwar bis heute nicht abschließend geklärt, von der ganz überwiegenden Ansicht wird jedoch eine lediglich mittelbare 1 BVerfG, Beschl. v. 13. 1. 1982 – 1 BvR 848/77 – BVerfGE 59, 231 (266); BVerfG, Urt. v. 15. 1. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198 (208).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Drittwirkung über die Generalklauseln angenommen2, weshalb auf eine Darstellung des Meinungsstreits an dieser Stelle verzichtet werden kann. Im Ergebnis ist eine zumindest mittelbare Drittwirkung der Grundrechte insbesondere im Arbeitsverhältnis geboten, zumal der Arbeitgeber zwar keine hoheitliche Gewalt, aber dennoch eine Art „soziale Macht“ über den Arbeitnehmer ausüben kann.3 Dass der Arbeitnehmer auch durch den Arbeitsvertrag nicht an der Ausübung seiner (Grund-)Rechte durch den Arbeitgeber gehindert werden kann, wird zudem hinreichend durch § 612a BGB klargestellt.4 Folglich steht auch dem Arbeitnehmer ein Recht auf freie Meinungsäußerung zu. Wie die meisten Grundrechte wird das Recht auf Meinungsfreiheit jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gem. Art. 5 II GG findet dieses Recht seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre. Grundsätzlich ist die Meinungsäußerung eines Arbeitnehmers nach der für Art. 5 I GG anerkannten sog. Wechselwirkungslehre zu beurteilen.5 Hiernach ist das beschränkende Gesetz im Lichte der Meinungsfreiheit ggf. einschränkend auszulegen und bei Bejahung eines Verstoßes gegen ebendieses Gesetz die Rechtmäßigkeit der daraufhin erfolgten Maßnahme (wie z. B. einer Abmahnung oder einer Kündigung) wiederum unter Beachtung von Art. 5 I GG zu überprüfen.6 Es stellt sich daher die Frage, ob neben den allgemeingültigen Gesetzen – wie beispielsweise § 185 StGB, welcher die persönliche Ehre auch unabhängig von einer etwaigen Arbeitgeberstellung schützt – weitere arbeitsrechtsspezifische Gesetze vorhanden sind, welche die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers beschränken. Ausdrückliche Regelungen hierzu gibt es lediglich im öffentlichen Dienst, vgl. §§ 60 I BBG, 34, 47 BeamtStG. Nach § 60 I BBG müssen sich Beamte „durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“. Nach dem Wortlaut der Norm ist hier nicht nur das dienstliche, sondern auch das außerdienstliche Verhalten betroffen.7 Zudem wird die politische Betätigung der Beamten in Absatz 2 besonders erwähnt und eine „Mäßigung und Zurückhaltung“ diesbezüglich gefordert. Auch in §§ 34, 47 BeamtStG wird das außerdienstliche Verhalten von Beamten explizit erwähnt. Vergleichbare Regelungen für das privatwirtschaftliche Arbeitsverhältnis sind allerdings nicht vorhanden. Gleichwohl zählen nach ständiger Rechtsprechung des BAG auch die „Grundregeln des Arbeitsverhältnisses“

2

Vgl. zu aktuellen Entwicklungen: Ruffert, JuS 2020, 1 (2 ff.). Gamillscheg, AcP 164 (1964), 385 (407 f.); Söllner, FS Herschel, 389 (396). 4 BAG, Urt. v. 21. 9. 2011 – 7 AZR 150/10 – NZA 2012, 317 (320). 5 BVerfG, Urt. v. 15. 1. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198 (208 f.); Maunz/Dürig/ Grabenwarter, Art. 5 I GG, Rn. 139. 6 Schaub ArbR-HdB/Linck, § 3, Rn. 28. 7 BeckOK BBG/Werres, § 60 BBG, Rn. 13; KommBBG/Kugele, § 60, Rn. 2. 3

I. Relevante Fallgruppen

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zu den allgemeinen Gesetzen i. S. d. Art. 5 II GG.8 Da das BVerfG die Einschränkung der Meinungsfreiheit jedoch nur aufgrund eines bestimmten, geschriebenen Gesetzes zulässt9, wird diese Rechtsprechung von einem Teil der Literatur kritisiert.10 Die Grundrechte gelten im Arbeitsverhältnis, wie bereits festgestellt, allerdings nur mittelbar, weshalb dieses nicht mit dem klassischen Staat-Bürger-Verhältnis gleichgesetzt werden kann; demnach verdient die Rechtsprechung des BAG Zustimmung und die arbeitsvertraglichen Regelungen sind in Bezug auf die Reichweite der Meinungsfreiheit zu berücksichtigen.11Als schützenswerte arbeitsrechtsspezifische Rechtsgüter kommen insbesondere die unternehmerische Betätigungsfreiheit (Art. 12 I GG), das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 I GG) sowie der Schutz von Ruf und Image des Arbeitgebers in Betracht.12 Einfachgesetzlich werden diese Rechte durch den bereits erörterten § 241 II BGB geschützt, welcher eine allgemeine Rücksichtnahmepflicht auf die Interessen der anderen Vertragspartei statuiert.13 bb) Relevanz dieser Fallgruppe für aktuelle Fälle Die Meinungsfreiheit hat in den vergangenen Jahren im arbeitsrechtlichen Kontext stark an Bedeutung gewonnen, was nicht zuletzt auf die Entwicklung der sozialen Medien und die stetige Digitalisierung der Arbeitswelt zurückzuführen ist. In einer Vielzahl von Fällen hatten sich die Gerichte mit den arbeitsrechtlichen Konsequenzen von Postings in sozialen Netzwerken auseinanderzusetzen. Die Integration sozialer Medien in den Alltag eines Arbeitnehmers und damit die Meinungsäußerung via elektronischer Kommunikation wird nach aktuellem Entwicklungsstand in den kommenden Jahren eher zu- als abnehmen, weshalb deren Bewertung im Kontext außerdienstlicher Verhaltenspflichten eine besonders starke Bedeutung zukommt. b) Straftaten des Arbeitnehmers Des Weiteren können außerdienstlich begangene Straftaten für das Arbeitsverhältnis relevant werden. Eng mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung hängen jene Fälle zusammen, die sich an der Grenze von Art. 5 I GG befinden und somit ggfs. den 8 BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – BAGE 24, 438 (444); BAG, Urt. v. 6. 2. 1969 – 2 AZR 236/86 – BAGE 21, 340 (345); BAG, Urt. v. 3. 12. 1954 – 1 AZR 150/54 – BAGE 1, 185 (194 ff.). 9 BVerfG, Beschl. v. 14.3. 1972 – 2 BvR 41/71 – BVerfGE 33, 1 (9). 10 Preis/Stoffels, RdA 1996, 210 (211 f.). 11 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 49 f. 12 S. hierzu tiefergehend Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 66 ff.; zur grundrechtlichen Verortung des Schutzes von Ruf und Image vgl. Ziegelmayer, GRUR 2012, 761 (762). 13 Schaub ArbR-HdB/Linck, § 55, Rn. 31; zur alten Rechtslage vgl. Kissel, NZA 1988, 145 (149); Schwenk, NJW 1968, 822 (825).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

§§ 185 ff. StGB unterfallen oder einen Straftatbestand wie den der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllen. Bedeutung erlangen außerdienstlich begangene Straftaten zumeist dann, wenn diese einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen. Beispielhaft zu nennen sei hier die Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers oder der sexuelle Missbrauch von Kindern durch eine von Berufs wegen mit der Beaufsichtigung von Kindern betraute Person. Nichtsdestotrotz wird auch die Relevanz von außerdienstlichem strafrechtlich relevanten Verhalten, welches in keinerlei Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag steht, diskutiert. Auch hier gewinnen Fälle zunehmend an Bedeutung, in welchen sich das strafbare Verhalten in sozialen Netzwerken abgespielt hat und damit einem breiteren Publikum bekannt geworden ist. c) Privatleben des Arbeitnehmers, Art. 1 I, 2 I GG Eine dritte Fallgruppe bilden solche Konstellationen, in welchen das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers dessen Privatsphäre betrifft. Hierzu wären streng genommen auch die beiden zuvor herausgearbeiteten Fallgruppen zu zählen, da jegliches Verhalten außerhalb der Arbeitszeit – bzw. solches, das nicht mit der Arbeitspflicht in Zusammenhang steht – in den privaten Bereich des Arbeitnehmers fällt. Gemeint ist hier allerdings die Privatsphäre des Arbeitnehmers im engeren Sinne. Darunter fallen persönliche Vorlieben und Aktivitäten des Arbeitnehmers bzw. dessen Lebenswandel im Allgemeinen. Typische bereits von der Rechtsprechung entschiedene Fälle sind unter anderem der Alkoholkonsum, das Sexualleben und die persönlichen Beziehungen des Arbeitnehmers.14 Grundrechtsdogmatisch gesprochen wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 1 I, 2 I GG in diesen Konstellationen relevant. Ein Eingriff in den absolut geschützten Bereich (die sog. Intimsphäre) wird vom BVerfG zu Recht abgelehnt15 und ist auch unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten nicht zuzulassen. Hier ist die nach Art. 1 I GG schrankenlos geschützte Menschenwürde betroffen und eine Abwägung mit den Grundrechten des Arbeitgebers mithin nicht möglich.16 Was der Arbeitnehmer in seinem „stillen Kämmerlein“ macht, hat den Arbeitgeber daher grundsätzlich nicht zu interessieren. Streitig und gerade in der heutigen Zeit relevant sind aber solche Konstellationen, in denen nicht die Intimsphäre, sondern lediglich die Privatsphäre des Arbeitnehmers betroffen ist. Zudem lässt sich die Frage stellen, ob sich der Arbeitnehmer durch das öffentliche Preisgeben eines an sich zur absolut geschützten Intimsphäre zählenden Privatverhaltens des Grundrechtsschutzes nach Art. 1 I GG selbst beraubt. Zu denken sei hier z. B. an den heute nicht mehr unüb14 BAG, Urt. v. 4. 6. 1997 – 2 AZR 256/96 – BB 1998, 109 (109); LAG Hamm, Urt. v. 19. 1. 2001 – 5 Sa 491/00 – AuR 2002, 433 (434); ArbG Passau, Urt. v. 11. 12. 1997 – 2 Ca 711/97 D – BB 1998, 326 (326). 15 BVerfG, Beschl. v. 14. 9. 1989 – 2 BvR 1062/87 – BVerfGE 80, 367 (373); BVerfG, Urt. v. 5. 6. 1973 – 1 BvR 536/72 – BVerfGE 35, 202 (220). 16 Zur Unterscheidung zwischen Intim-, Privat- und Sozialsphäre s. Gusy, FS Folz, S. 104 ff.

II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze

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lichen Fall, dass der Arbeitnehmer intime Details seines Privatlebens im Internet auf allgemein zugänglichen Seiten darstellt. Das Privatleben des Arbeitnehmers gehört neben der ersten Fallgruppe somit ebenfalls zu den im Hinblick auf außerdienstliches Verhalten besonders relevanten Konstellationen. 2. Im englischen Recht Im englischen Recht bestehen im Wesentlichen die gleichen Fallgruppen, diese unterscheiden sich von den deutschen Fallgruppen hauptsächlich im Hinblick auf deren rechtliche Grundlage. Wie im Kapitel C. bereits erläutert17, ergibt sich das Recht auf Privatsphäre in England aus Art. 8 HRA, welcher erst mit Anerkennung der EMRK Gesetz wurde. Ebenso verhält es sich mit dem Recht auf Meinungsfreiheit. Dieses wird in Art. 10 HRA garantiert, welcher mit Art. 10 der EMRK inhaltsgleich ist.18 Auch für das englische Recht gilt dementsprechend die Einteilung in die drei wesentlichen Fallgruppen. Betonenswert ist hier allerdings die Tatsache, dass sowohl die Meinungsfreiheit als auch das Recht auf Privatsphäre in England bis zum Erlass des HRA im Jahre 1998 eher stiefmütterlich behandelt wurden.19 Diese Rechte wurden zuvor lediglich rudimentär durch das common law anerkannt und deren Reichweite war nicht immer eindeutig.20 Der Untersuchung ist diesbezüglich folgender Gedanke voranzustellen: Rechtsprechung und Literatur klaffen in England um einiges weiter auseinander, als es in Deutschland der Fall ist, was wohl zumindest auch mit dem jungen Alter der eben genannten Grundrechte und der dementsprechend weniger gefestigten Dogmatik zu erklären ist. Bei der Untersuchung der Fallgruppen im englischen Recht ist vor diesem Hintergrund ein besonderer Augenmerk auf den Wandel in Rechtsprechung und Literatur nach Erlass des HRA zu legen.

II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze 1. Im deutschen Recht Zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten ergingen in Deutschland seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts mehr als 400 arbeitsgerichtliche Entscheidungen. Dementsprechend haben sich zum Umgang mit außerdienstlichem Verhalten der 17

S. o. unter C., II., 3., a), bb). Art. 8 und Art. 10 EMRK sind selbstverständlich auch für das deutsche Arbeitsrecht relevant. Allerdings hat das Zustimmungsgesetz zur EMRK lediglich den Rang eines einfachen Gesetzes, weshalb die Grundrechte aus Art. 5 I und 2 I i. V. m. 1 I GG vorrangig zu berücksichtigen sind. Gleichwohl ist das Grundgesetz völkerrechtsfreundlich auszulegen; vgl. hierzu ausführlich Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 46 ff. 19 Barendt (2009) 84 IndLJ 851, 851. 20 Vgl. Barendt (2009) 84 IndLJ 851, 851 ff. 18

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Arbeitnehmer einige Grundsätze entwickelt, welche zunächst im Einzelnen darzustellen und schließlich im Hinblick auf die Frage, ob diese den Anforderungen einer digitalisierten (Arbeits-)Welt gerecht werden, zu überprüfen sind. a) Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Das BAG hatte sich erstmals im Jahre 1963 mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten auseinanderzusetzen. Geklagt hatte ein Berufskraftfahrer, welchem gekündigt worden war, weil er während seines Erholungsurlaubes alkoholisiert Auto gefahren war.21 In dieser Entscheidung ging das BAG von der Rechtmäßigkeit der Kündigung aus und begründete dies damit, dass der Arbeitgeber und die Allgemeinheit kein Vertrauen mehr in die ordnungsgemäße Pflichterfüllung durch den Arbeitnehmer haben könnten.22 Dass aufgrund der zeitlichen Komponente kein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben war, wurde vom BAG nicht erörtert bzw. als unerheblich eingestuft.23 Ein paar Jahre später ging das BAG jedoch davon aus, dass im Falle eines außerdienstlichen Verhaltens zumindest in irgendeiner Form das Arbeitsverhältnis tangiert sein müsse.24 In diesem im Jahre 1969 entschiedenen Fall sah das BAG die Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund seines freizeitlichen Engagements in einer kommunistischen Partei mangels Bezug zum Arbeitsverhältnis als unwirksam an. Dieser konkrete Bezug hätte aber nach Ansicht des BAG zwingend vorliegen müssen, zumal der Arbeitnehmer keine hohe Position im Unternehmen bekleidete und auch nicht dem Betriebsrat angehörte.25 Interessanterweise hatte aber derselbe Senat des BAG nur wenige Monate zuvor im Leitsatz einer Kündigungsentscheidung ausgeführt, dass nach § 1 II KSchG im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe nur dann gegeben seien, wenn ein die Arbeitspflicht betreffendes Verhalten in Frage stehe.26 In den folgenden Jahren stellte das BAG zwar weiterhin auf das Erfordernis der Betroffenheit des Arbeitsverhältnisses ab und betonte somit den Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers, ging andererseits aber von einer auch außerhalb der Arbeitszeit bestehenden Pflicht des Arbeitnehmers, nicht den Interessen des Arbeitgebers zuwiderzuhandeln und diese nicht zu beeinträchtigen, aus.27 Zusammenfassend kann die frühe Rechtsprechung des BAG zum außerdienstlichen Verhalten mithin als keine einheitliche Linie verfolgend beschrieben werden.

21

BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – AP BGB § 626 Nr. 51. Vgl. BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – AP BGB § 626 Nr. 51. 23 BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – AP BGB § 626 Nr. 51. 24 BAG, Urt. v. 6. 2. 1969 – 2 AZR 241/68 – AP BGB § 626 Nr. 58. 25 Vgl. BAG, Urt. v. 6. 2. 1969 – 2 AZR 241/68 – AP BGB § 626 Nr. 58. 26 BAG, Urt. v. 26. 6. 1969 – 2 AZR 173/68 – AP KSchG 1951 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 6. 27 BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – AP BGB § 134 Nr. 2. 22

II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze

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aa) Grundsatz der Betriebsbezogenheit (Beeinträchtigungsformel) Das Erfordernis der Betroffenheit des Arbeitsverhältnisses wurde vom BAG, unter Anlegung eines immer strenger werdenden Maßstabes, stetig weiterentwickelt. Während das BAG anfangs für die Rechtfertigung einer Kündigung noch eine bloße Gefährdung des Betriebes ausreichen ließ28, forderte es Ende der 1980er Jahre eine konkret feststellbare Störung des Arbeitsablaufs oder des Betriebsfriedens.29 Ergebnis dieser Entwicklung war der sog. Grundsatz der Betriebsbezogenheit, nach welchem das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigen muss, um einen Pflichtverstoß begründen zu können.30 Der Grundsatz der Betriebsbezogenheit (auch Berührungs- oder Beeinträchtigungsformel genannt) setzt folglich eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Eine solche Beeinträchtigung kann nach der Rechtsprechung des BAG im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit oder im Vertrauensbereich liegen.31 Entscheidend soll lediglich sein, dass die Beeinträchtigung tatsächlich eingetreten ist und nicht bloß vom Arbeitgeber befürchtet worden war.32 Sofern keine messbaren Nachteile für den Arbeitgeber bzw. den Betrieb durch das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers entstehen, ist die Relevanz des in Frage stehenden Verhaltens nach dem Grundsatz der Betriebsbezogenheit abzulehnen. Bereits in den 70er Jahren wurde das Diktum der Betriebsbezogenheit vom BAG selbst in einigen seiner Entscheidungen als ständige Rechtsprechung bezeichnet.33 Obgleich sich an dieser schon früh Kritik der Literatur regte – beanstandet wurde, dass die Pflicht des Nachweises einer konkreten Beeinträchtigung eine Pflicht zum Abwarten des Schadenseintritts beinhalte und daher u. U. bereits eine konkrete Gefahr ausreichen müsse34 –, hielt das BAG auch in den kommenden Jahren an seiner Beeinträchtigungsformel fest.35

28

Vgl. BAG, Urt. v. 6. 2. 1969 – 2 AZR 241/68 – AP BGB § 626 Nr. 58. BAG, Urt. v. 28. 9. 1989 – 2 AZR 317/86 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 24; ausführlich zur Entwicklung der Rechtsprechung s. Nimmerjahn, Außerdienstliches Verhalten als verhaltensbedingter Kündigungsgrund, S. 37 ff., 63 ff. 30 BAG, Urt. v. 24. 9. 1987 – 2 AZR 26/87 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 19; BAG, Urt. v. 20. 9. 1984 – 2 AZR 233/83 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13; BAG, Urt. v. 6. 6. 1984 – 7 AZR 456/82 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11; BAG, Urt. v. 4. 11. 1981 – 7 AZR 264/79 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 4; BAG, Urt. v. 26. 5. 1977 – 2 AZR 632/76 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 5. 31 BAG, Urt. v. 6. 6. 1984 – 7 AZR 456/82 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11. 32 Vgl. BAG, Urt. v. 28. 9. 1989 – 2 AZR 317/86 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 24. 33 BAG, Urt. v. 4. 11. 1981 – 7 AZR 264/79 – BAGE 37, 64 (70); BAG, Urt. v. 26. 5. 1977 – 2 AZR 632/76 – BAGE 29, 195 (200). 34 Wank, RdA 1993, 79 (87); A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 40. 35 BAG, Urt. v. 8. 6. 2000 – 2 AZR 638/99 – BAGE 95, 78 (86). 29

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

bb) Neuere Tendenzen der BAG-Rechtsprechung Anfang der 2000er Jahre wurde allmählich von der Formulierung „konkrete Beeinträchtigung“ Abstand genommen. In einem im Jahr 2003 entschiedenen Fall ging es um die Verdachtskündigung eines Mitarbeiters einer Firma, die elektronische Bauteile herstellte. Der Mitarbeiter soll Mobiltelefone entwendet und anschließend unter anderem an Kollegen weiterverkauft haben. Das BAG ging in Anknüpfung an seine Beeinträchtigungs-Rechtsprechung davon aus, dass strafbare Handlungen eines Arbeitnehmers nicht „schlechthin kündigungsrelevant“ seien, sondern „vielmehr in irgendeiner Form einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben“ müssten.36 Auch wenn das BAG in dieser und folgenden Entscheidungen eine Beeinträchtigung des Arbeitgebers bisweilen annahm, stellte es bezüglich der Anforderungen an die Relevanz von außerdienstlichem Verhalten immer häufiger auf den „Bezug zum Arbeitsverhältnis“ und nicht auf eine „konkrete Beeinträchtigung“ ab.37 Seit 2009 verwendet das BAG folgende Formulierung: „Die Pflicht zur Rücksichtnahme kann […] auch durch außerdienstliches Verhalten verletzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass durch das – rechtswidrige – außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Das ist der Fall, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat.“38

Zuletzt angewandt wurde diese Formel in einem Urteil aus dem Jahr 2018, in welchem das BAG die Verdachtskündigung einer bei der Sparkasse beschäftigten Kassiererin als rechtmäßig erachtet hatte.39 cc) Tendenzen der LAG-Rechtsprechung Ebenso wie bei der Rechtsprechung des BAG lässt sich auch bei den anfänglichen Urteilen der Instanzgerichte keine klare Linie erkennen. So wird teilweise eher generell auf eine Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses40, teilweise aber auch mit dem BAG auf eine „konkrete Beeinträchtigung“ abgestellt.41 Insbesondere bezüglich außerdienstlicher Straftaten, wie Vermögens-, Verkehrs- und Sexualdelikte, legten einige Arbeitsgerichte zunächst einen etwas lockereren Maßstab an.42 Ende der 1990er Jahre hatte sich aber auch hier die vom BAG ent-

36

Vgl. BAG, Urt. v. 6. 11. 2003 – 2 AZR 631/02 – NZA 2004, 919 (920). BAG, Urt. v. 27. 11. 2008 – 2 AZR 98/07 – NZA 2009, 604 (605). 38 Vgl. BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – BAGE 132, 72 (76). 39 BAG, Urt. v. 25. 4. 2018 – 2 AZR 611/17 – NZA 2018, 1405 (1409). 40 LAG Hamm, Urt. v. 15. 11. 1990 – 7 Sa 942/90 – LAGE BGB § 626 Nr. 53. 41 Vgl. LAG Berlin, Urt. v. 15. 12. 1989 – 2 Sa 29/89 – LAGE BGB § 626 Nr. 45. 42 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 11 TaBV 9/93 – LAGE BGB § 626 Nr. 76; LAG Hamm, Urt. v. 15. 11. 1990 – 7 Sa 942/90 – LAGE BGB § 626 Nr. 53. 37

II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze

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wickelte Beeinträchtigungsformel durchgesetzt.43 Es wurde entweder eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses oder ein konkreter Bezug zu demselben gefordert.44 Die vom BAG im Jahr 2009 geänderte Formulierung der Beeinträchtigungsformel wurde nach und nach von den Landesarbeitsgerichten übernommen und wird auch von diesen bis heute angewandt.45 b) Kritische Betrachtung Das BAG hat zwar seine Beeinträchtigungsformel nicht aufgegeben, sich jedoch eine etwas andere, interpretationsoffenere Formulierung derselben angeeignet. Es geht nunmehr davon aus, dass eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers zum einen in negativen Auswirkungen auf den Betrieb, zum anderen aber auch in einem Arbeitnehmerverhalten mit Bezug zum Arbeitsverhältnis liegen kann. Diese Formulierung kann als weitaus flexibler als das Abstellen auf eine „konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses“ bewertet werden. Auch das neu mit aufgenommene „Interesse des Arbeitgebers“ lässt eine Erweiterung der Formel vermuten, zumal der Arbeitgeber auch ein Interesse an dem Nichteintritt eines konkreten Schadens haben kann. Gleichwohl vermeidet das BAG – vermutlich bewusst – eine Stellungnahme zu der Frage, ob zwingend bereits eine Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein muss oder eine konkrete Gefahr – wie von Teilen der Literatur gefordert46 – bereits ausreichend ist, und nimmt den Betriebsbezug nach wie vor eher restriktiv an. Die vermeintliche Erweiterung der Beeinträchtigungsformel kann daher allenfalls als eine Erweiterung um weitere interpretationsoffene Rechtsbegriffe verstanden werden und bringt im Hinblick auf die Bewertung außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens keine nennenswerten Neuerungen. 2. Im englischen Recht Reichweite und Grenzen außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers werden auch im englischen Rechtsraum von Rechtsprechung und Literatur diskutiert. Vielen der bekanntesten Kündigungsfälle liegt interessanterweise keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern vielmehr ein dem Arbeitgeber

43 Vgl. LAG Hamm, Urt. v. 10. 3. 1999 – 18 Sa 2328/98 – NZA-RR 1999, 623 (625); LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 4. 11. 1998 – 2 Sa 330/98 – NZA-RR 1999, 132 (133). 44 LAG Hamm, Urt. v. 19. 1. 2001 – 5 Sa 491/00 – AuR 2002, 433 (434); LAG Hamm, Urt. v. 10. 3. 1999 – 18 Sa 2328/98 – NZA-RR 1999, 623 (625). 45 Vgl. statt vieler LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – NZA-RR 2018, 421 (427). 46 Vgl. oben unter II., 1., a), aa). Auf die Ansätze der Literatur wird zudem in diesem Kapitel unter V. näher eingegangen.

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missfallendes Privatverhalten des Arbeitnehmers zugrunde.47 Gleichwohl hat sich in England eine dem deutschen Recht vergleichbare Dogmatik zu außerdienstlichem Verhalten bisher nicht verfestigt. Dies lässt sich mit den Unterschieden zwischen dem deutschen und dem noch relativ jungen englischen Kündigungsrecht erklären. In Anknüpfung an die überblicksartige Darstellung zum englischen Kündigungsrecht aus dem Kapitel C. soll dieses zunächst noch einmal vertieft betrachtet und sodann auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze eingegangen werden. a) Die englische Arbeitsgerichtsbarkeit Wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, ist das Zusammenspiel von common law und statutory law für das englische Kündigungsrecht von besonders großer Bedeutung, was zur Folge hat, dass unterschiedliche Gerichte für die Klagebegehren eines Arbeitnehmers in Betracht kommen. Für die allermeisten Ansprüche der Arbeitnehmer sind nach dem jeweiligen statutory law48 die Arbeitsgerichte zuständig.49 In erster Instanz ist dies das Employment Tribunal (ET) und in zweiter Instanz das Employment Appeal Tribunal (EAT) in London.50 Gegen Urteile dieser Gerichte können Rechtsmittel zunächst beim Court of Appeal und schließlich – wenn die Rechtsfrage eine besondere Bedeutung für die Öffentlichkeit hat – auch beim obersten englischen Gerichtshof, dem Supreme Court, eingelegt werden.51 Ausgenommen von der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sind allerdings Ansprüche, die sich aus common law ergeben, wie vornehmlich Ansprüche aus Vertragsverletzung (breach of contract) bei einem Streitwert von mehr als 25.000 GBP sowie die Durchsetzung von Wettbewerbsverboten. Für diese Fälle sind die ordentlichen Gerichte, d. h. die county courts – welche mit den deutschen Amtsgerichten verglichen werden können – oder der High Court zuständig.52 b) Grundsätze des englischen Kündigungsrechts Wie bereits dargestellt, wurde Gesetzesrecht, das den Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen schützen soll, in England erst mit dem IRA eingeführt. Dieses wird als law of unfair dismissal bezeichnet. Zuvor hatten sich jedoch auch im common law einige Grundsätze zu Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, das sog.

47 Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512; X v Y [2004] ICR 1634; Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187. 48 Vgl. s. 111 ERA und s. 120 EqA. 49 Halsbury’s Laws of England, vol 16, para 657. 50 Harth/Taggart, Arbeitsrecht in Europa, S. 540. 51 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 171; bis September 2009 war dieser noch unter dem Namen „House of Lords“ bekannt. 52 Harth/Taggart, Arbeitsrecht in Europa, S. 540 f.

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law of wrongful dismissal, herausgebildet, welche neben dem gesetzlichen Kündigungsrecht auch heute noch gelten.53 aa) Das Kündigungsrecht nach dem common law Im 19. Jahrhundert etablierte sich das Verständnis der englischen Gerichte vom Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als gleichgeordnetes Austauschverhältnis nach dem common law, auf welches dementsprechend die Grundsätze des privaten contract law anzuwenden waren.54 Wie zuvor bereits dargestellt, wird zwar teilweise auch vertreten, dass der Arbeitnehmer als fiduciary i. S. d. Rechts der equity einzustufen sei55; die h. M. in Rechtsprechung und Literatur ordnet den Arbeitnehmer jedoch dem gewöhnlichen contract law zu. Für dieses bezeichnend war seit jeher die große Bedeutung der vertraglichen Vereinbarungen, sei es in Form von ausdrücklichen Regelungen oder sog. implied terms, und der Gestaltungsfreiheit der Parteien.56 Für das Arbeitsrecht hatte dieses Verständnis zur Folge, dass die Vertragsparteien in der Wahl der Vertragsbedingungen grundsätzlich frei waren, der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mithin rechtmäßig beenden konnte, sofern irgendein Verstoß gegen Vertragsbedingungen vorlag und er die Entlassung eine angemessene Zeit vorher ankündigte.57 Da auch der Verstoß gegen eine vom Vertrag vorausgesetzte Bedingung (implied term) als Beendigungsgrund ausreichte, waren dem Arbeitgeber in seiner Entscheidungsfreiheit praktisch keine Grenzen gesetzt, zumal implied terms wie die duty to obey lawful orders oder die bereits erörterte duty of fidelity58 als jedem Arbeitsvertrag immanent galten und sich ein Verstoß gegen diese Prinzipien im Zweifel leicht begründen ließ.59 Implied terms, welche Anforderungen an das Arbeitgeberverhalten im Hinblick auf die Rechtfertigung von Kündigungsgründen stellen könnten, wurden gleichwohl nicht anerkannt.60 Lord Reid fasste die Regelungen des common law zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen in einer Entscheidung des House of Lords aus dem Jahre 1971 zutreffend wie folgt zusammen: „At common law a master is not bound to hear his servant before he dismisses him. He can act unreasonably or capriciuosly if he so chooses but the dismissal is valid. The servant has no remedy unless the dismissal is in breach of contract and then the servant’s only remedy is damages for breach of contract.“61 53 54 55 56 57 58 59 60 61

Pitt, Employment Law, p. 227 – 228. Vgl. Deakin/Morris, Labour Law, p. 24 – 25. S. oben unter C., II., 2., c), bb), (1). Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 765. Pitt, Employment Law, p. 228. S. o. unter C., II., 2., c). Vgl. Deakin/Morris, Labour Law, p. 59; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 766. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 766. Malloch v Aberdeen Corporation [1971] 1 WLR 1578, 1581.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Auch wenn sich im Laufe der Zeit gerade im Hinblick auf höher qualifizierte Arbeitnehmer gewisse implied terms zugunsten des Arbeitnehmers durchsetzten – wie beispielsweise das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung oder die Einhaltung gewisser Kündigungsfristen –, konnte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im Grundsatz nach seinem Belieben beenden.62 Hintergrund dieser Entwicklung mag wohl die Tatsache sein, dass die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers in England traditionell einen sehr hohen Stellenwert genießt und Arbeitgeberentscheidungen von englischen Gerichten mithin grundsätzlich zu respektieren sind.63 bb) Das Kündigungsrecht nach dem ERA Mit Erlass des ERA im Jahre 1996 sollte eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte erfolgen und die im common law bestehende Lücke hinsichtlich der Begründungsbedürftigkeit von Arbeitgeberkündigungen geschlossen werden.64 Das sog. law of unfair dismissal unterscheidet, wie in Deutschland auch, nach der verhaltensbedingten, der betriebsbedingten und der personenbedingten Kündigung.65 Die Kündigungsfristen sind allerdings um einiges kürzer bemessen als die nach deutschem Recht geltenden Regelungen und der Kündigungsschutz greift darüber hinaus erst nach zweijährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses.66 Grundsätzlich gilt nach dem ERA der Vorrang der Weiterbeschäftigung bzw. Wiedereinstellung und nur im Falle der Unausführbarkeit einer solchen soll dem Arbeitnehmer eine Abfindung gezahlt werden.67 Der Arbeitnehmer kann somit zwar theoretisch auf Weiterbeschäftigung bzw. Wiedereinstellung klagen, dieser Anspruch ist aber nicht gerichtlich durchsetzbar und wird im Falle der Missachtung durch den Arbeitgeber durch den Abfindungsanspruch ersetzt.68 In der Praxis wird aus diesem Grund in den allermeisten Kündigungsverfahren direkt auf die Zahlung einer Abfindungssumme geklagt.69 Gleichwohl stellt auch ein Zahlungsurteil eines englischen Arbeitsgerichts keinen vollstreckbaren Titel dar, weshalb der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Zahlung der Abfindungssumme erst noch bei einem county court durchsetzen muss.70 62

Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 766. Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 915. 64 Deakin/Morris, Labour Law, p. 27. 65 Vgl. s. 98(1), 98(2) ERA. 66 Vgl. die Übersicht zu den gesetzlichen Kündigungsfristen bei Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 119. 67 Anderman, The Law of Unfair Dismissal, p. 333 – 334. 68 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 135. 69 Johnson v Unisys Ltd [2001] 1 AC 518, 534, Lord Steyn: „only about 3 % of applicants are reinstated“. 70 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 839. 63

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(1) Band of reasonable responses (BORR) Im Hinblick auf die Bewertung der fairness einer Kündigung nach den bereits erwähnten s. 94 ff. ERA hat sich seit Erlass des Gesetzes eine richterrechtlich anerkannte, in zwei Stufen zu prüfende Dogmatik herausgebildet. Es ist zunächst zu prüfen, ob ein hinreichender Grund nach s. 94, 98 ERAvorliegt, und anschließend, ob die Kündigung des Arbeitgebers auch vernünftig bzw. nachvollziehbar ist.71 Für die Überprüfung der Nachvollziehbarkeit muss die Kündigung dem sog. band of reasonable responses – kurz BORR72 – entsprechen. Als Urväter dieser Jurisdiktion werden Lord Brownie-Wilkinson in Iceland Frozen Foods v Jones73 oder auch Lord Denning, welcher sich schon ein Jahr zuvor in British Leyland v Swift74 zur Auslegung des test of fairness geäußert hatte, betrachtet. Es wird davon ausgegangen, dass die Arbeitsgerichte die Normen des ERA nicht subjektiv auszulegen, sondern nur objektiv zu bestimmen haben, ob die Kündigung der Reaktion eines vernünftigen Arbeitgebers entspricht.75 Das englische Wort band kann mit Gruppe, Band oder Breite übersetzt werden und wurde richterrechtlich anerkannt, um deutlich zu machen, dass verschiedene vernünftige Arbeitgeber unter denselben Umständen unterschiedliche Entscheidungen treffen könnten.76 In der Praxis scheinen sich die Gerichte aber eher die Frage zu stellen, ob die Entscheidung des Arbeitgebers dem momentanen Kurs der in diesem Berufszweig tätigen Arbeitgeber entspricht.77 Beispielhaft kann dies an der Entscheidung Saunders v Scottish National Camps verdeutlicht werden, in welcher die Richter darauf abstellten, dass eine beträchtliche Anzahl von Arbeitgebern derselben Branche ebenso gehandelt hätten, ohne für diese Vermutung aber einen Nachweis vorzulegen.78 Es lässt sich daher feststellen, dass englische Gerichte trotz der Existenz gesetzlicher Regelungen zum Kündigungsschutz weiterhin nur sehr zurückhaltend in Entscheidungen der Arbeitgeber eingreifen und sich als Repräsentant des Staates auch nur bedingt zur Einflussnahme auf privatwirtschaftliche Entscheidungen berufen fühlen.79 Die Einführung des ERA hat folglich die grundlegende Überzeugung, dass die Entscheidung eines Arbeitgebers nur im Extremfall abzuändern und eine Kündigung im Grundsatz als gerechtfertigt anzusehen ist, nicht nachhaltig beeinflussen können, was von Seiten der Literatur bisweilen stark kritisiert wird.80 Unmut 71

Vgl. Sanders (2014) 34 LS 328, 338. Sanders (2014) 34 LS 328, 339. 73 Iceland Frozen Foods Ltd v Jones [1983] ICR 17, 25. 74 British Leyland UK Ltd v Swift [1981] IRLR 91 [11]. 75 Vgl. British Leyland UK Ltd v Swift [1981] IRLR 91 [11]; Iceland Frozen Foods Ltd v Jones [1983] ICR 17, 25. 76 British Leyland UK Ltd v Swift [1981] IRLR 91 [11], [17]. 77 Sanders (2014) 34 LS 328, 340. 78 Saunders v Scottish National Camps [1980] IRLR 174 [8]. 79 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 883. 80 Vgl. Collins, Justice in Dismissal, p. 37 ff. 72

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über diese Gerichtspraxis regte sich aber auch in den Reihen der Richter selbst. So hat beispielsweise ein ehemaliger Präsident des obersten englischen Arbeitsgerichts, dem EAT, den BORR als „test of perversity“ beschrieben, da nur absolut absurde Arbeitgeberentscheidungen als unfair eingestuft und hierdurch die Erfolgschancen der Arbeitnehmer erheblich eingeschränkt würden.81 Der EAT hält gleichwohl weiterhin am BORR fest und hat diesen in auch in den Urteilen der seither vergangenen Jahre wiederholt als zutreffende Interpretation der s. 98(4) des ERA beschrieben.82 (2) „Burchell“-Test Neben dem BORR stellen die Gerichte bei der Entscheidung der Frage, ob eine verhaltensbedingte Kündigung als fair einzustufen ist, regelmäßig auf die zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegende subjektive Wahrnehmung des Arbeitgebers ab. Dieser in drei Schritten zu prüfende Grundsatz wurde schon 1980 in dem Urteil des EAT zu British Home Stores Ltd v Burchell83 entwickelt und ist seither auch als „Burchell“-Test bekannt.84 Zu fragen ist, ob (1) der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung von einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers ausging (dieses muss mithin nicht tatsächlich vorgelegen haben), ob er (2) vernünftige Gründe dafür hatte, an das Vorliegen eines Fehlverhaltens zu glauben und ob er (3) alle erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat.85 Liegen diese drei Voraussetzungen vor, so ist – anders als die nach objektiven Maßstäben zu beurteilende verhaltensbedingte Kündigung nach deutschem Recht86 – ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund gegeben. Dies erinnert stark an die nach deutschem Recht unter ähnlichen Voraussetzungen zulässige Verdachtskündigung.87 Im Ergebnis kann daher festgestellt werden, dass die Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung nach englischem Recht weitaus geringer sind als nach deutschem Recht. cc) Weitere Besonderheiten des englischen Kündigungsrechts Das englische Kündigungsrecht kennt weitere, dem deutschen Recht fremde Regelungstechniken, welche Einfluss auf das Kündigungsverfahren haben können. Hier ist zum einen die sog. automatically unfair dismissal zu nennen. Im ERA und im 81

Haddon v Van den Burgh Foods [1999] ICR 1150, 1160 – 1161. Foley v Post Office [2000] ICR 1283, 1283 – 1284; Sainsbury’s v Hitt [2003] ICR 111, 117 – 118; London Ambulance Service NHS Trust v Small [2009] IRLR 563 [43]; Orr v Milton Keynes Council [2011] ICR 704, 718 – 719. 83 British Home Stores Ltd v Burchell [1980] ICR 303. 84 Foley v Post Office [2000] ICR 1283, 1283 – 1284. 85 British Home Stores Ltd v Burchell [1980] ICR 303, 304. 86 BAG, Urt. v. 2. 2. 2006 – 2 AZR 222/05 – AP KschG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52; APS/Vossen, § 1 KSchG, Rn. 265. 87 Vgl. HaKo-KSchR/Gieseler, § 626 BGB, Rn. 51 ff. 82

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TULRCA88 sind einige Kündigungsgründe genannt, welche automatisch zur Rechtswidrigkeit der Kündigung führen und somit eine Signalwirkung an Arbeitgeber haben sollen, ein Arbeitsverhältnis nicht aus den dort aufgezählten Gründen zu beenden.89 Diese Regelungen bezwecken zumeist den Schutz der Arbeitnehmergrundrechte und der Arbeitnehmervertretungen oder sollen Schikane durch den Arbeitgeber verhindern. So wäre – um nur die wichtigsten zu nennen – eine Kündigung aufgrund von Schwangerschaft und Elternzeit, der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder der Tatsache, dass der Arbeitnehmer ihm zustehende Rechte wie z. B. die Zahlung des Mindestlohns oder die Gewährung flexibler Arbeitszeiten einfordert, automatisch als unfair einzustufen.90 Die Existenz dieser zahlreichen gesetzlich normierten Fälle einer automatically unfair dismissal schränkt das Kündigungsrecht des Arbeitgebers dementsprechend etwas ein. Eine weitere Besonderheit des englischen Kündigungsrechts ist die Anerkennung zahlreicher Verfahrensregeln bzw. Leitfäden, sog. codes of practice, an welchen sich der Arbeitgeber im Vorfeld einer Kündigung zu orientieren hat. Diese werden von einer durch Ministerien finanzierte Körperschaft des öffentlichen Rechts – dem Advisory, Conciliation and Arbitration Service (ACAS) – veröffentlicht und stellen zwar keine gerichtlich einklagbaren Verhaltensregeln dar, sind gleichwohl aber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses zulasten oder zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen.91 Die Einschränkung der arbeitgeberseitigen Entscheidungsmacht wird hier sozusagen im Vorfeld der Kündigung vorgenommen und stellt für die englischen Gerichte mithin wohl keine so große und daher leichter hinzunehmende Beeinflussung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit dar.92 Der bekannteste und wichtigste dieser Leitfäden ist der ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures93, welcher die Handhabung von Disziplinarmaßnahmen und Beschwerdeverfahren regelt. Den Arbeitgeber trifft hiernach im Falle von verhaltensbedingten Kündigungen die Pflicht, zunächst den Sachverhalt aufzuklären und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.94 Zudem muss in bestimmten Fällen zunächst eine Abmahnung ausgesprochen und die Kündigung zunächst angedroht werden.95 Auch das Recht des Arbeitnehmers, sich bei solchen meetings begleiten zu lassen, und weitere Rechte des Arbeitnehmers werden in diesem Praxisleitfaden detailliert beschrieben.96 Seit 2014 soll zudem ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren vor dem ACAS eingehalten werden, 88 Dieser ersetzt den zuvor mit sehr ähnlichen Regelungen erlassenen Trade Union and Labour Relations Act 1974 (TULRA). 89 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 820 – 821. 90 Pitt, Employment Law, p. 271 – 272. 91 Vgl. s. 207, 207 A TULRCA. 92 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 833. 93 Vgl. ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015). 94 ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015), para 5, 9. 95 ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015), para 18 ff. 96 ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015), para 13 ff.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

welches von den Parteien jedoch auch abgelehnt und somit direkt Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden kann.97 Weiterhin spielen Ethikrichtlinien in England eine weitaus größere Rolle als in Deutschland. Während deren Zulässigkeit und die Reichweite der Regelungskompetenz bezüglich außerdienstlichem Verhalten im deutschen Rechtsraum eher restriktiv gehandhabt werden, sind solche im englischen Arbeitsrecht allgemein üblich. Auf diese wird vertieft im Kapitel F. der Arbeit einzugehen sein. dd) Zwischenergebnis Festgestellt werden kann, dass die Systematik des englischen Kündigungsrechts, wie viele andere Rechtsgebiete auch, von dem Zusammenspiel aus common law und statutory law geprägt ist. Während das dem common law entspringende Kündigungsrecht eher dem deutschen allgemeinen Vertragsrecht ähnelt – was es nach englischem Verständnis auch darstellt –, lassen sich zwischen dem englischen und dem deutschen Gesetzesrecht zur Kündigungsthematik einige Parallelen finden. Gleichwohl divergieren diese im Hinblick auf den Zeitpunkt des Regelungsansatzes und die praktische Umsetzung erheblich. Inwieweit sich dies auf Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers niederschlägt, ist im folgenden Abschnitt zu erörtern. c) Ansätze der Rechtsprechung Auch die englischen Gerichte hatten sich schon des Öfteren mit das außerdienstliche Verhalten von Arbeitnehmern betreffenden Fällen auseinanderzusetzen. Gerade in den vergangenen 10 bis 20 Jahren haben diese, wie in Deutschland, aufgrund der Nutzung von sozialen Medien stetig zugenommen.98 Im Unterschied zu Deutschland hat sich in England bisher aber keine speziell auf außerdienstliches Verhalten zugeschnittene Jurisdiktion herausgebildet. Ein dem Grundsatz der Betriebsbezogenheit vergleichbares Institut besteht mithin nicht. Dies lässt sich mit der Tatsache erklären, dass die englischen Gerichte, zumindest was arbeitgeberseitige Maßnahmen betrifft, nicht zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten unterscheiden. Die oben vorgestellten Grundsätze zur verhaltensbedingten Kündigung werden – bis auf wenige Ausnahmen, bei denen die Anwendbarkeit dieser Grundsätze zumindest in Frage gestellt, gleichwohl zumeist aber kein alternativer Lösungsweg entwickelt wurde99 – ungeachtet der Frage, ob das Fehlverhalten 97 Vgl. Enterprise and Regulatory Reform Act 2013, s. 7; Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 173. Grundsätzlich spielen Schlichtungs- und Güteverfahren im englischen Arbeitsrecht aber hauptsächlich im Rahmen von Tarifverhandlungen eine bedeutende Rolle, vgl. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 29. 98 Mit Bezug zu den sog. „Facebook dismissals“ s. Sanders (2014) 34 LS 328, 332. 99 Cassidy v Goodman [1975] IRLR 86 [9]; Boychuk v Symons Holdings [1977] IRLR 395 [5]; Norfolk CC v Bernard [1979] IRLR 220 [12]; Redfearn v Serco [2006] ICR 1367, 1371.

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während oder außerhalb der Arbeitszeit stattfand, auf alle Kündigungsfälle angewendet.100 Ob und inwiefern sich dennoch spezielle Grundsätze der Rechtsprechung zum Umgang mit außerdienstlichem Verhalten erkennen lassen, ist im Folgenden zu analysieren. aa) Die Rechtsprechung vor Erlass des HRA Vor Erlass des HRA galt, wie bereits dargestellt, das Prinzip der Vertragsfreiheit auch im Arbeitsrecht und der Arbeitgeber war dementsprechend in der Ausgestaltung arbeitsvertraglicher Regelungen – auch im Hinblick auf Regelungen, die das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers betrafen – weitestgehend frei. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich im common law langsam einige Grundsätze, die die „Willkür“ des Arbeitgebers einschränken sollten. Die Beschränkung der Arbeitgeberkündigung auf billige oder gerechtfertigte Kündigungsgründe zählte allerdings nicht dazu.101 Erst mit Erlass des IRA102 wurde der Begriff der unfair dismissal eingeführt. Das hier geregelte Kündigungsrecht wurde später nahezu wortgleich in den Employment Protection (Consolidation) Act 1978 und den ERA 1996, welcher bis heute gilt, aufgenommen.103 (1) Grundsätzliche Tendenzen Viele der frühen Kündigungsfälle unterschieden nicht zwischen Verhalten während und außerhalb der Arbeitszeit. Dass dem Fall ein außerdienstliches Verhalten zugrunde lag, wurde, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt und diesem Umstand auch keinerlei Bedeutung zugemessen. Es wurde lediglich allgemein überprüft, ob die Kündigung eines Arbeitgebers nach den im IRA niedergelegten Grundsätzen als fair einzustufen war. (a) Verstoß gegen eine vertragliche oder unternehmensinterne Regelung Ungeachtet des IRA konnte ein Indiz für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung zunächst der Verstoß eines Arbeitnehmers gegen eine vertragliche oder unternehmensinterne Regelung sein.104 So wurde im Jahr 1975 in Spiller v FJ Wallis Ltd105 beispielsweise einer Angestellten eines Supermarktes gekündigt, weil sie Ehebruch begangen und eine außereheliche Beziehung zu einem anderen Mann, der ebenfalls bei dem Supermarkt angestellt war, unterhalten hatte. Dieses Verhalten verstieß gegen eine Unternehmensrichtlinie, welche außereheliche Beziehungen verheira100 101 102 103 104 105

Vgl. Sanders (2014) 34 LS 328, 339. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 819. Vgl. s. 22 IRA. Vgl. s. 57 Employment Protection (Consolidation) Act 1978 und s. 94 ERA. Lennon v Howard Davis Ltd [1976] 7 WLUK 22. Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362.

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teter Angestellter untersagte.106 Nach dem Wortlaut der Unternehmensrichtlinie ging es in erster Linie allerdings nicht darum, Beziehungen zwischen Angestellten zu vermeiden, sondern es sollte vielmehr der Ruf des Unternehmens dergestalt geschützt werden, dass ehewidrige Beziehungen der Angestellten nicht toleriert wurden.107 Da das Verhalten von Mrs. Spiller eindeutig gegen die Unternehmensrichtlinie verstieß, wurde die Kündigung als gerechtfertigt eingestuft.108 Obgleich unstreitig war, dass kein unangemessenes Verhalten während der Arbeitszeit stattgefunden hatte, gingen weder das Gericht der ersten noch das Gericht der zweiten Instanz auf den Umstand ein, dass es sich hierbei um außerdienstliches Verhalten handelte. Auch dass Mrs. Spiller von ihrem Ehemann getrennt lebte und dieser ihr die außereheliche Beziehung „verziehen“ hatte, wurde nicht als mildernder Umstand berücksichtigt.109 An diesem Fall lässt sich sehr gut verdeutlichen, wie stark die Postion des Arbeitgebers in Kündigungsfällen Ende des 20. Jahrhunderts war. Sofern dieser eine vertragliche Regelung oder eine Unternehmensrichtlinie vorweisen konnte, gegen welche der Arbeitnehmer verstoßen hatte, war die Kündigung ungeachtet der Angemessenheit dieser Regelung als gerechtfertigt einzustufen. (b) Handlungsmaßstab eines vernünftigen Arbeitgebers In Fällen, in welchen keine vertragliche oder unternehmensinterne Regelung vorlag, wurde in Einklang mit dem IRA und dem Anfang der 80er Jahre entwickelten BORR110 geprüft, ob ein vernünftiger Arbeitgeber in derselben Situation ebenso gehandelt und demnach eine Kündigung ausgesprochen hätte. Beispielhaft hierfür ist der Fall Saunders v Scottish National Camps Association Ltd111 aus dem Jahre 1980, in welchem die Kündigung eines Hausmeisters aufgrund dessen Homosexualität ebenfalls als fair eingestuft wurde. Als die Homosexualität des bei einem Camp für Jugendliche und Kinder angestellten Hausmeisters öffentlich wurde, kündigte ihm sein Vorgesetzter mit der Begründung, dass die Beschäftigung einer Person mit homosexuellen Neigungen in einer Organisation, welche regelmäßig eine große Anzahl an Kindern und Jugendlichen beherbergt, „völlig unangemessen“ sei.112 Mr. Saunders, der in Frage stehende Hausmeister, berief sich in seiner Klage zwar darauf, dass er berufliches und privates Verhalten voneinander trennen und ihm darüber

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Vgl. Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 [6]. Para 3 Company Policy: „[S]hould any married personell, male or female, become involved in deeper relationships which could jeopardise their marriage status thus involving the company […] then it will leave the Company no alternative but to consider dispensing with the services of either or both parties.“; zit. bei Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 [6]. 108 Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 [9]. 109 Vgl. Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 [3]. 110 Vgl. dazu oben unter II., 2., b), bb), (1). 111 Saunders v Scottish National Camps Association Ltd [1980] IRLR 174. 112 Vgl. Saunders v Scottish National Camps Association Ltd [1980] IRLR 174 [4], „totally unsuitable“. 107

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hinaus kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne.113 Gleichwohl sah das Gericht dessen Kündigung als rechtmäßig an und argumentierte damit, dass Eltern und die Öffentlichkeit im Allgemeinen sich an diesem Privatverhalten stören könnten und demnach ein vergleichbarer vernünftiger Arbeitgeber ebenso gehandelt hätte.114 Auf die Sicht eines vernünftigen Arbeitgebers in der gleichen Situation wurde auch in einigen anderen Fällen, welche außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten zum Gegenstand hatten, aus den 70er und 80er Jahren abgestellt und die Kündigung des Arbeitnehmers aufgrund der Nachvollziehbarkeit des Kündigungsgrundes als fair eingestuft.115 (c) Strafrechtliche Relevanz des Verhaltens In einigen Fällen spielte weiterhin die strafrechtliche Relevanz des außerdienstlichen Verhaltens eine nicht unbedeutende Rolle. In diesen Fällen wurde sogar teilweise auf die Außerdienstlichkeit des Verhaltens eingegangen, indem damit argumentiert wurde, dass es keine Rolle spiele, ob die Straftat während oder außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden habe, so lange diese negative Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis habe.116 Andererseits wurden Maßnahmen des Arbeitgebers beim Vorliegen eines Vergehens aber auch des Öfteren als gerechtfertigt eingestuft, ohne einen Zusammenhang zwischen dem strafrechtlich relevanten Verhalten und der Tätigkeit zu fordern oder die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Verdeutlichen lässt sich dies an dem Fall Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories.117 Hier wurde der Arbeitnehmer in seiner Mittagspause aufgrund des Besitzes einer kleinen Menge Cannabis von der Polizei in Gewahrsam genommen und trat seine Arbeit daher einer Stunde zu spät wieder an. Vom Arbeitgeber auf die Ursache für das verspätete Erscheinen angesprochen, schilderte der Betroffene die Umstände wahrheitsgemäß und wurde noch am selben Tag entlassen. Das Gericht stufte die Kündigung trotz des bis dahin beanstandungsfreien Arbeitsverhältnisses und der Tatsache, dass der Arbeitnehmer nie während der Arbeitszeit Cannabis besessen oder konsumiert hatte, als „hart“ aber dennoch fair ein.118 (d) Zwischenergebnis Auch wenn in den frühen Kündigungsfällen zum außerdienstlichen Verhalten zumeist nicht auf dieses als solches eingegangen wurde, entschieden die Richter 113

Saunders v Scottish National Camps Association Ltd [1980] IRLR 174 [5]. Vgl. Saunders v Scottish National Camps Association Ltd [1980] IRLR 174 [10]. 115 Gardiner v Newport County BC [1974] IRLR 262 [14]; Nottinghamshire CC v Bowley [1978] IRLR 252 [16]; Wiseman v Salford CC [1981] IRLR 202 [8]; P v Notthinghamshire CC [1992] IRLR 362 [17]. 116 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 [8]; Thomson v Alloa Motor Company Ltd [1983] IRLR 403 [5]. 117 Vgl. Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512. 118 Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512 [4] – [5], „harsh but […] within the band of resonable responses open to the reasonable employer“. 114

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

tendenziell nach ähnlichen Kriterien. Es wurde im Einklang mit den Grundsätzen des BORR auf den Handlungsmaßstab eines vernünftigen Arbeitgebers abgestellt und der Verstoß gegen eine vertragliche oder unternehmensinterne Regelung sowie das Vorliegen eines strafbewährten Verhaltens wurden zumeist als Abwägungskriterien für die Bewertung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung herangezogen. (2) Abgrenzung von dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten Trotz der grundsätzlichen Tendenz der Arbeitsgerichte, Kündigungen aufgrund von außerdienstlichem Verhalten nicht anders als Kündigungen wegen Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten zu behandeln und die Kündigung zudem überwiegend als gerechtfertigt einzustufen, gibt es auch unter den frühen Kündigungsfällen ein paar Ausnahmen. In acht der zwischen 1970 und 1996 entschiedenen Fälle wurde auf die Außerdienstlichkeit des Arbeitnehmerverhaltens eingegangen. Es wurde entweder darauf verwiesen, dass das Verhalten außerhalb der Arbeitszeit das Arbeitsverhältnis nicht beeinträchtigt hatte119, oder sogar betont, dass dieses grundsätzlich anders zu behandeln sei als das Verhalten während der Arbeitszeit.120 Interessanterweise waren dies zumeist genau die Fälle, in welchen die Kündigung ausnahmsweise als unfair eingestuft wurde.121 Gleichwohl wurde von den Richtern nicht selten zwar die grundsätzliche Verschiedenheit herausgearbeitet, ein Schema für die Behandlung von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten jedoch nicht entwickelt.122 Einer der wenigen Fälle, in welchen sich ein solches Schema allerdings entdecken lässt, ist Cassidy v Goodman Ltd123 aus dem Jahr 1975. Der Vertriebsmitarbeiter Cassidy wurde wegen unsittlichen Lebenswandels – er unterhielt eine Beziehung zu einer Angestellten der gleichen Firma und lebte mit mehreren Frauen in einem Haus – von seinem Arbeitgeber gekündigt, nachdem dieser ihn erfolglos dazu aufgefordert hatte, sein Privatleben „in Ordnung zu bringen“.124 Das Gericht stufte diese Kündigung als unfair ein und begründete dies damit, dass kein besonders schwerwiegendes Verhalten seitens des Arbeitnehmers vorgelegen habe und dieses zudem auch nicht dazu geeignet war, den Betrieb des Arbeitgebers zu schädigen.125 Es wurde mithin von dem Grundsatz ausgegangen, dass außerdienstliches Verhalten sich in irgendeiner Weise auf den Arbeitgeber auswirken müsse, um ein Interesse desselben an der Unterlassung dieses Verhaltens zu begründen. Die von den Richtern 119

Bradshaw v Rugby Portland Cement Co Ltd [1972] IRLR 46 [1]. Boychuk v Symons Holdings Ltd [1977] IRLR 395 [5]. 121 Norfolk CC v Bernard [1979] IRLR 220 [12]. 122 Bell v The Devon & Cornwall Police Authority [1978] IRLR 283 [9]; Norfolk CC v Bernard [1979] IRLR 220 [12]; Smith v Safeway [1996] IRLR 456 [14]. 123 Cassidy v Goodman Ltd [1975] IRLR 86. 124 Cassidy v Goodman Ltd [1975] IRLR 86 [9]. 125 Wörtlich hieß es: „For an employee to be justifiably dismissed on the ground of his private conduct it has to be of exceptional gravity or be capable of damaging the employer’s business“, vgl. Cassidy v Goodman Ltd [1975] IRLR 86 [9]. 120

II. Durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze

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verwendete Formulierung „capable of damaging the employer’s business“ könnte man als englische Version des Grundsatzes der Betriebsbezogenheit verstehen. bb) Die Rechtsprechung nach Erlass des ERA Die in Cassidy v Goodman Ltd dargelegten Ansätze zum außerdienstlichen Arbeitnehmerverhalten vermochten sich in der Rechtsprechung jedoch nicht durchzusetzen. Auch nach Erlass des ERA orientierten sich die Gerichte vornehmlich an den von Lord Brownie-Wilkinson bzw. Lord Denning etablierten Grundsätzen zum BORR.126 Vereinzelt wird jedoch auch in der neueren Rechtsprechung auf die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten hingewiesen.127 cc) Die Rechtsprechung nach Erlass des HRA Mit Erlass des HRA, als Umsetzungsgesetz der Europäischen Menschenrechtskonvention, galten in England erstmals geschriebene fundamentale Menschen- bzw. Grundrechte.128 Die Kritiker der Rechtsprechung hatten gehofft, dass diese Gesetzesänderung auch zu einer Rechtsprechungsänderung führen würde; insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers versprachen sich viele die Berücksichtigung von Art. 8 HRA in gerichtlichen Verfahren.129 Auch wenn dem HRA keine horizontale Wirkung zukommt, so haben die Gerichte dennoch nach Art. 6(3)(a) HRA die Pflicht, die nationalen Gesetze in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention auszulegen. Es kam daher die Frage auf, ob Arbeitgebermaßnahmen aufgrund privaten Verhaltens des Arbeitnehmers im Lichte des Rechts auf Privatsphäre nach Art. 8 HRA zu betrachten sind. In der Entscheidung Post Office v Liddiard130 aus dem Jahre 2001 wurden diese Hoffnungen allerdings vom Court of Appeal, welcher davon ausging, dass die Inkorporation der EMRK in das nationale Recht keine Änderungen des bestehenden Kündigungsschutzrechts zur Folge habe, enttäuscht. Zuletzt bestätigt wurde diese Entscheidung im Jahre 2012 in Leach v The Office of Communications.131 Zu beachten ist jedoch, dass die Gerichte keineswegs die Anwendbarkeit des HRA im Arbeitsverhältnis verneinen, sondern lediglich den Anwendungsbereich von Art. 8 HRA für nicht eröffnet halten. Dies sei der Fall, wenn es um das private Verhalten eines Arbeitnehmers in der Öffentlichkeit

126

Vgl. oben unter II., 2., b), bb), (1). Redfearn v Serco [2006] ICR 1367 [10]; so auch der EGMR in Palomo Sánchez v Spain App Nos 28955/06, 28957/06, 28959/06 and 28964/06 (12 September 2011) para 76. 128 S. dazu schon oben unter C., II., 3., a). 129 Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 917; Ewing (1999) 62 MLR 79, 89. 130 Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784, 791. 131 Leach v The Office of Communications [2012] IRLR 839 [57] – [59]. 127

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

gehe, da sich der Arbeitnehmer durch die öffentliche Preisgabe seines Privatlebens selbst des Schutzes von Art. 8 HRA beraube.132 d) Zwischenergebnis Festgestellt werden kann, dass die Einführung des IRA, des ERA und schließlich auch die Umsetzung der EMRK die Rechtsprechung der englischen Gerichte zwar beeinflussen konnten, jedoch nicht zu tiefgreifenden systematischen Änderungen im englischen Kündigungsrecht geführt haben. 3. Rechtsvergleichende Betrachtung In rechtsvergleichender Hinsicht lassen sich folgende Beobachtungen anstellen: Anders als in Deutschland, wo die Rechtsprechung vom Grundsatz der Betriebsbezogenheit ausgeht, wird in England zumeist nicht nach dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten unterschieden und eine auf letzteres gestützte Kündigung daher als verhaltensbedingte Kündigung eingeordnet. Dass ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers aber zumindest in einem gewissen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen muss, wird auch in England durch dem Kündigungsschutzprozess vorgelagerte Mechanismen, wie den Gesetzen zu „automatisch unfairen“ Kündigungen und Instituten wie dem ACAS, anerkannt. Die Frage nach der Relevanz eines außerdienstlichen Verhaltens wird folglich in beiden Rechtsordnungen mit den Auswirkungen desselben auf den Arbeitgeber und dessen Betrieb beantwortet. Während dieses Kriterium nach deutschem Recht eher restriktiv gehandhabt wird, legt die englische Rechtsprechung einen eher extensiven Maßstab an, was sich rechtspolitisch mit dem in England traditionell hohen Stellenwert der wirtschaftlichen Flexibilität und Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeber erklären lässt.

III. Vertragsstruktur des Beschäftigungsverhältnisses Bevor Rechtsprechung und Literatur zu den einzelnen Fallgruppen ausgewertet werden können, ist es zunächst notwendig, sich aus der Vertragsstruktur des Arbeitsverhältnisses ergebende Unterschiede im Hinblick auf die Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten herauszuarbeiten.

132

X v Y [2004] ICR 1634, 1648 – 1649.

III. Vertragsstruktur des Beschäftigungsverhältnisses

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1. Im deutschen Recht a) Privatwirtschaft In Deutschland ist die überwiegende Anzahl der Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft angesiedelt. Aufgrund der Privatautonomie und der mangelnden Einflussnahme durch staatliche Regelungen ist der Arbeitnehmer in seinem privaten Verhalten grundsätzlich frei.133 Außerdienstliches Verhalten im Rahmen eines rein privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses liegt daher weitestgehend außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers und kann nur unter bestimmten Voraussetzungen – nach der Rechtsprechung nur bei Vorliegen eines betrieblichen Bezugs134 – arbeitsrechtlich relevant werden.135 b) Tendenzbetriebe Besonderheiten gelten im Rahmen von sog. Tendenzarbeitsverhältnissen. Als Tendenzbetriebe werden solche Unternehmen und Betriebe betrachtet, die „unmittelbar und überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Art. 5 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes Anwendung findet, dienen“, § 118 I BetrVG. Die Gemeinsamkeit der in § 118 BetrVG genannten Betriebe besteht darin, dass sie vom Grundgesetz besonders geschützte Zwecke verfolgen. Nach der Gesetzesbegründung soll diese Vorschrift rechtspolitisch dazu dienen, „eine ausgewogene Regelung zwischen dem Sozialstaatsprinzip und den Freiheitsrechten der Tendenzträger“ herzustellen.136 Zugunsten der Tendenzbetriebe können mithin die Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 4, 5, 7, 9 und 21 GG Einschränkungen erfahren, was auch das BAG in ständiger Rechtsprechung anerkannt hat.137 Zu beachten ist allerdings, dass besondere Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer nur unter strengen Voraussetzungen und nur von den eigentlichen Tendenzträgern, d. h. denjenigen Arbeitnehmern, deren Tätigkeit sich auf die ideellen Zielsetzungen eines Unternehmens auswirkt, verlangt werden können.138

133

BAG, Urt. v. 23. 6. 1994 – 2 AZR 617/93 – NZA 1994, 1080 (1082). Vgl. oben unter II., 1., a), aa). 135 ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 730. 136 Schriftlicher Bericht zu BT-Drucks. VI/2729, S. 17. 137 BAG, Urt. v. 7. 11. 1975 – 1 AZR 282/74 – AP BetrVG § 118 Nr. 4; BAG, Urt. v. 22. 4. 1975 – 1 AZR 604/73 – AP BetrVG § 118 Nr. 2. 138 Zur ausführlichen Auseinandersetzung mit dem außerdienstlichen Verhalten von Tendenzträgern s. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 65 ff. 134

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

c) Beamtenrecht und Öffentlicher Dienst Für Beamte gelten, wie bereits angedeutet, besondere Regelungen, welche auf deren Nähe zum Staat und die Verpflichtung zur Wahrung der freiheitlich demokratischen Grundordnung zurückzuführen sind.139 Gem. § 8 I BAT a. F. wurde das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung auch von Angestellten des öffentlichen Dienstes verlangt140, welcher durch die Neuregelung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst allerdings aufgehoben und nicht durch eine vergleichbare Regelung ersetzt wurde. Mit hoheitlichen Tätigkeiten betraute Angestellte des öffentlichen Dienstes haben gem. § 41 TvöD-BT-V allerdings nach wie vor ihr gesamtes Verhalten an der freiheitlich demokratischen Ordnung des Grundgesetzes auszurichten. Daher gelten lediglich für Angestellte des öffentlichen Dienstes, die nicht hoheitlich tätig werden, mittlerweile die gleichen Grundsätze wie für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft.141 2. Im englischen Recht Auch im englischen Recht gibt es Arbeitnehmer des öffentlichen Sektors – unter welchen zwischen civil servants und crown servants zu differenzieren ist142 – und solche der Privatwirtschaft. Deren wichtigste Unterscheidungsmerkmale sollen im Folgenden dargestellt werden. a) Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft Wie im Kapitel C. bereits beschrieben143, ist das klassische privatrechtliche Arbeitsverhältnis dem Vertragsrecht zuzuordnen und unterfällt daher den allgemeinen vertragsrechtlichen sowie speziell arbeitsvertraglichen Grundsätzen. Somit obliegen dem Arbeitnehmer kraft Vertrages verschiedene Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber, wie beispielsweise die duty of fidelity, die duty of confidence und die duty of obedience.144 Andererseits genießt er aber auch den Schutz zahlreicher Arbeitsgesetze und ggfs. auch des HRA 1998. Im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers stellt sich daher immer die Frage, inwiefern die weitreichende Vertragsgestaltungsmacht des Arbeitgebers von den statutory rights des Arbeitnehmers eingeschränkt wird. 139

S. oben unter I., 1., a), aa). Vgl. zur alten Rechtslage: BAG, Urt. v. 8. 6. 2000 – 2 AZR 638/99 – NZA 2000, 1282 (1285); BAG, Urt. v. 20. 11. 1997 – 2 AZR 643/96 – NZA 1998, 323 (324); BAG, Urt. v. 14. 2. 1996 – 2 AZR 274/95 – NZA 1996, 873 (874). 141 BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – NZA 2010, 220 (221). 142 Zur Begriffserklärung und genauen Abgrenzung vgl. Alder, Constitutional and Administrative Law, p. 342 – 343. 143 Vgl. oben unter C., II., 1. 144 Deakin/Morris, Labour Law, p. 240; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 157. 140

III. Vertragsstruktur des Beschäftigungsverhältnisses

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b) Tendenzbetriebe Auch wenn in England keine mit § 118 BetrVG vergleichbare gesetzliche Regelung zu Tendenzbetrieben besteht, wird zumindest in der Literatur diskutiert, ob Arbeitgeber, die bestimmte weltanschauliche, ethische oder philosophische Ziele verfolgen, stärkere Loyalitätsanforderungen an ihre Arbeitnehmer stellen können als Unternehmen der Privatwirtschaft.145 Mangels einer geschriebenen Verfassung orientiert sich der Diskurs an der Rechtsprechung des EGMR zur europäischen Menschenrechtskonvention.146 c) Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes Die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern der Privatwirtschaft und solchen des öffentlichen Sektors gestaltet sich in England ähnlich wie in Deutschland, wenngleich der Arbeitnehmerstatus in einigen Fällen nicht abschließend geklärt ist. Mit einer Entscheidung des Court of Appeal aus dem Jahre 1990147 wurde die bis dahin streitige Frage, ob die Krone mit ihren Bediensteten eine Art Dienstvertrag abschließen kann, bejaht und sodann auch die meisten der Arbeitnehmerschutzrechte des ERA ausdrücklich auf diese Arbeitsverhältnisse ausgeweitet.148 Eine bestimmte Gruppe der öffentlich Beschäftigten, sog. office holders (dt. Amts- oder Funktionsträger), ist hiervon jedoch auszunehmen. Klassische Amtsträger im englischen Recht sind Geschäftsführer, Treuhänder und Vereinsvorsteher, sowie Polizei- und Justizvollzugsbeamte und Richter, als auch Geistliche. Während für einige der genannten Berufsgruppen der Arbeitnehmerstatus und die Anwendbarkeit arbeitnehmerschützender Vorschriften bis heute umstritten ist, wurden andere in Bezug auf den Arbeitnehmerschutz nach und nach als den Arbeitnehmern der Privatwirtschaft gleichgestellt betrachtet.149 Auch wenn viele der Arbeitnehmerschutzrechte auch auf Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes anzuwenden sind, obliegen diesen besondere Pflichten gegenüber dem Staat. Diese sind jedoch nicht gesetzlich verankert, sondern werden durch verschiedene Codes – ähnlich dem bereits erörterten ACAS Code of Practice – geregelt. Die beiden wichtigsten hiervon sind der Code of Civil Service und der Civil Service Management Code (CSMC),150 welche den Ange145

Dies bejahend: Mantouvalou, Ideological Organisations and Dismissal for Private Activities, p. 375; Collins/Mantouvalou (2013) 76 MLR 909, 919; ablehnend: Nandan (2018) 5 SOAS LJ 118, 122 ff. 146 Zumeist wird Bezug genommen auf: Smith and Grady v UK App Nos 33985/96 and 33986/96 (25 July 2000); Obst v Germany App No 425/03 (23 September 2010); Schüth v Germany App No 1620/03 (23 September 2010). 147 McLaren v Home Office [1990] ICR 824, 839. 148 Deakin/Morris, Labour Law, p. 183. 149 Pitt, Employment Law, p. 99 – 100; Rodgers (2014) 43 ILJ 373, 376 – 379. 150 Vgl. „The Code of Civil Service 2015“ und „The Civil Service Management Code 2016“. Beide wurden auf der Grundlage eines Gesetzes (s. 5 Constitutional Reform and

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

stellten im öffentlichen Dienst besonders starke Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten auferlegen.151 So heißt es im Civil Service Code, dass die civil servants ihr Amt mit integrity, honesty, objectivity und impartiality ausführen müssen. Mit Integrität ist laut der nachfolgenden Erläuterungen im Civil Service Code gemeint, dass die öffentlichen Interessen über eigene persönliche Interessen zu stellen sind.152 In s. 4 des CSMC werden diese Verhaltensanforderungen dann näher präzisiert und auch spezielle Regelungen zu politischen Betätigungen sowie zum Umgang mit vertraulichen Informationen geregelt. Bezüglich des Grades der Loyalitätspflicht gibt es zwar einige Abstufungen, welche sich nach dem Dienstgrad und der speziell ausgeübten Tätigkeiten richten, eine generelle Gleichstellung der nicht hoheitlich tätigen Arbeitnehmer mit solchen der Privatwirtschaft ist in England, anders als im deutschen Rechtskreis, jedoch nicht ersichtlich. 3. Rechtsvergleichende Betrachtung Je nach rechtlicher Struktur eines Arbeitsverhältnisses können in beiden Rechtsordnungen unterschiedliche Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers gestellt werden. Ebenso wie im deutschen Recht wird im englischen Recht zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor unterschieden, wobei die genaue Einordnung einiger Berufsgruppen in England bis heute umstritten ist. Die meisten Arbeitnehmer des öffentlichen Sektors unterliegen in England zudem etwas stärkeren Einschränkungen als jene in Deutschland; auch die den Arbeitnehmern der Privatwirtschaft durch Anwendung des ERA weitestgehend gleichgestellten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unterliegen teilweise unterschiedlich starken Loyalitätsanforderungen. Öffentlich-rechtliche sowie kirchenrechtliche Besonderheiten sollen in der folgen Untersuchung jedoch weitestgehend unbeachtet bleiben. Dementsprechend wird hinsichtlich der Auswertung der Rechtsprechung und Literatur das Hauptaugenmerk auf die Arbeitnehmer der Privatwirtschaft und die ihnen nach beiden Rechtsordnungen gleichgestellten, nicht mit hoheitlichen Tätigkeiten betrauten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gelegt.

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen 1. Im deutschen Recht Es stellt sich nun die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Schädigung bzw. eine hinreichende Gefahr für den Arbeitgeber oder dessen Betrieb anzunehmen und Governance Act 2010) erlassen und haben damit aus deutscher Sicht die Rechtsnatur einer Verwaltungsrichtlinie. 151 Vickers, Freedom of Speech and Employment, p. 204 – 205. 152 Vgl. The Code of Civil Service 2015: „,integritiy‘ is putting the obligations of public service above your own personal interests“.

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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demnach ein relevantes außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten gegeben ist. Dies wird anhand der bereits vorgestellten Fallgruppen153 im Folgenden zu erörtern sein. a) Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers aa) Unternehmensschädigende Äußerungen Sind Meinungsäußerungen eines Arbeitnehmers darauf ausgerichtet, dem Arbeitgeber zu schaden oder gar die Existenz des Betriebes zu vernichten, so werden diese regelmäßig als nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt eingestuft.154 Mit Abschluss des Arbeitsvertrages hat sich der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, zur Erhaltung des Betriebes beizutragen. Ein entgegengesetztes Verhalten verstößt daher offensichtlich gegen die über § 241 II BGB anerkannte vertragliche Nebenpflicht, den Vertragspartner nicht zu schädigen sowie gegen das Verbot des venire contra factum proprium.155 Richtigerweise ging das BAG schon 1972 davon aus, dass ein Bankkaufmann, welcher vor seiner Arbeitsstätte – einer Privatbank – Flugblätter an Passanten verteilt, in welchen die Abschaffung des privaten Bankwesens und im Speziellen auch die Abschaffung der ihn beschäftigenden Privatbank gefordert wird, treuwidrig handelt.156 Ein solcher Angriff auf die Existenz des eigenen Arbeitgebers ist als Verstoß gegen die Interessenwahrungspflichten des Arbeitnehmers zu qualifizieren.157 Davon zu unterscheiden sind aber bloße Forderungen des Arbeitnehmers, wie beispielsweise nach Lohnerhöhungen. Auch wenn solche Forderungen das den Arbeitnehmer beschäftigende Unternehmen belasten, dürfen diese in der Öffentlichkeit propagiert werden.158 Was nach der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 III GG rechtmäßig von den Gewerkschaften gefordert und damit geäußert werden dürfte, kann im Umkehrschluss nicht zu einem Pflichtverstoß des einzelnen Arbeitnehmers führen. Daher können auch gesellschaftskritische Aussagen dem Arbeitnehmer im Hinblick auf die hohe Bedeutung der Meinungsfreiheit für die demokratische Grundordnung nicht verwehrt werden.159

153

Vgl. oben unter I., 1. Vgl. Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 1279; Schaub ArbR-HdB/Linck, § 53, Rn. 7. 155 Kissel, NZA 1988, 145 (150); Buchner, ZfA 1982, 49 (68 f.). 156 BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – BAGE 24, 438 ff. 157 Ramm, Anm. zu BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – AuR 1973, 220 (223); Söllner, FS Herschel, 389 (398). 158 Vgl. Söllner, FS Herschel, 389 (398). 159 HKR/Eisenbeis, Teil 4, Rn. 205; Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 1278. 154

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

bb) Unternehmenskritische Äußerungen Sofern der Arbeitnehmer in seiner freien Zeit lediglich unternehmenskritische Äußerungen tätigt, ist zwischen Werturteilen und wahren sowie unwahren Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. (1) Werturteile Werturteile sind als „durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerung[en]“ die wichtigste Gruppe der Meinungsäußerungen.160 Grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer als natürliche Person erlaubt, seiner Meinungsfreiheit im Wege von Werturteilen Ausdruck zu verleihen. Demnach ist im Grundsatz auch sachlich gehaltene Kritik am Unternehmen im Ganzen sowie an Produkten oder Dienstleistungen zulässig.161 Wird aber das Ansehen des Unternehmens durch wertende Aussagen eines Arbeitnehmers in der Öffentlichkeit herabgesetzt, so sind diese nicht mehr von Art. 5 I GG geschützt, da die Nebenpflichten des Arbeitnehmers aus §§ 241 II, 242 BGB auch eine Rücksichtnahme auf die Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers statuieren.162 Im Gegensatz zur Kritik von Dritten können Werturteile des Arbeitnehmers in der Regel besonders unternehmensschädigend wirken, da den Mitarbeitern des Unternehmens in der Öffentlichkeit eine höhere Glaubwürdigkeit und ein gewisses Maß an Insiderwissen unterstellt wird.163 Je nach Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen und Inhalt der Äußerung fallen Werturteile daher zwar in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, müssen aber im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ggfs. hinter den Rechten des Arbeitgebers zurücktreten. Diese Grundsätze lassen sich auch in der Rechtsprechung des BAG wiederfinden. Dieses ging zwar in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung zunächst von einer Pflicht des Arbeitnehmers „gegebenenfalls sich selbst hinsichtlich des Rechts der freien Meinungsäußerung eine Schranke aufzuerlegen“ aus.164 Da diese Formulierung jedoch einen absoluten Vorrang der Arbeitgeberinteressen vermuten lässt, wurde diese vom BAG zu Recht stillschweigend aufgegeben.165 Nach dessen heutiger Auffassung ist eine abstrakte Aussage über noch und nicht mehr erlaubte Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers aufgrund der Wechselwirkung zwischen Grundrecht und Grundrechtsschranken nicht möglich und somit stets eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen.166 Im Hinblick auf den Grundsatz der Betriebsbezogenheit dürften allerdings nur solche Werturteile ar160 BVerfG, Beschl. v. 22. 6. 1982 – 1 BvR 1376/79 – BVerfGE 61, 1 (8); BVerfG, Urt. v. 5. 1. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198 (210); Maunz/Dürig/Grabenwarter, Art. 5 I GG, Rn. 47. 161 Bronhofer, AuA 2010, 161 (161); Hinrichs/Hörtz, NJW 2013, 648 (649). 162 Kissel, NZA 1988, 145 (150); Söllner, FS Herschel, 389 (398). 163 Vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 82. 164 BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – BAGE 24, 438 (444). 165 Vgl. Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 1279. 166 Vgl. BAG, Urt. v. 31. 7. 2014 – 2 AZR 505/13 – NZA 2015, 245 (249).

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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beitsrechtlich relevant werden, die sich unmittelbar auf die Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers auswirken.167 So kann z. B. nicht von einem Nebenpflichtverstoß ausgegangen werden, wenn der Expedient einer Brauerei sich für ein Verbot von Alkoholwerbung ausspricht, sofern er hierbei keinerlei Bezug zu seiner Stellung bei einer bestimmten Brauerei herstellt.168 (2) Tatsachenbehauptungen Tatsachenbehauptungen sind zwar keine Meinungsäußerungen im eigentlichen Sinne, werden aber, soweit sie Voraussetzung der Meinungsbildung sind, in den Schutzbereich von Art. 5 I GG einbezogen.169 Unwahre Tatsachenbehauptungen eines Arbeitnehmers können nie von Art. 5 I GG geschützt sein, da sie nicht der freien Entfaltung der Persönlichkeit dienen und, sofern kein Irrtum vorliegt, in der Regel auf die Schädigung des Unternehmens ausgerichtet sind.170 Voraussetzung ist allerdings, dass die Unwahrheit der Tatsache schon zum Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht.171 Es liegt hier im Eigentlichen eine unternehmensschädigende Aussage vor, welche – wie bereits erörtert – nach den Grundsätzen des venire contra factum proprium zu beurteilen ist172 und einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 I BGB darstellen kann, wenn der Arbeitgeber durch diese gleichzeitig in seiner Ehre verletzt wird.173 Die Äußerung wahrer Tatsachenbehauptungen kann dem Arbeitnehmer hingegen nicht untersagt und daher im Grundsatz nicht als Pflichtverstoß angesehen werden.174 Es sind jedoch die arbeitsrechtlichen Besonderheiten zu beachten. Übt der Arbeitnehmer berechtigte Kritik an im Unternehmen herrschenden Zuständen oder einem Arbeitgeberverhalten, so hat er hierbei seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu wahren.175 Demnach darf der Arbeitnehmer sich mit seinen kritischen Äußerungen nicht sofort an die Öffentlichkeit wenden, was dem Unternehmen großen Schaden zufügen könnte, sondern muss zunächst intern zuständige Stellen konsultieren.176 Das sog. Whistleblowing stellt einen eigenständigen Themenkomplex dar und unterscheidet sich vom hier gewählten Schwerpunkt insoweit, als ein engerer Bezug zum Arbeitsverhältnis als beim außerdienstlichen Verhalten 167

Vgl. Ramm, Anm. zu BAG, Urt. v. 28. 9. 1972 – 2 AZR 469/71 – AuR 1973, 220 (223). Söllner, FS Herschel, 389 (398). 169 BVerfG, Beschl. v. 22. 6. 1982 – 1 BvR 1376/79 – BVerfGE 61, 1 (8). 170 Vgl. BAG, Urt. v. 11. 8. 1982 – 5 AZR 1089/79 – AP GG Art. 5 Meinungsfreiheit Nr. 9; BAG, Urt. v. 26. 5. 1977 – 2 AZR 632/76 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 5; Kort, NZA 2012, 1321 (1321). 171 Hinrichs/Hörtz, NJW 2013, 648 (651). 172 Buchner, ZfA 1982, 49 (70); Kissel, NZA 1988, 145 (150). 173 BAG, Urt. v. 17. 2. 2000 – 2 AZR 927/98 – juris, Rn. 16. 174 Schaub ArbR-HdB/Linck, § 3, Rn. 30. 175 Vgl. MhdB ArbR/Reichold, § 55, Rn. 20. 176 BAG, Urt. v. 5. 2. 1959 – 2 AZR 60/56 – DB 1959, 980 (980); Söllner, FS Herschel, 389 (404); Buchner, ZfA 1982, 40 (70 f.). 168

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

der hier untersuchten Fallgruppen besteht.177 Zudem war dieses Thema gerade in den vergangenen Jahren Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen, auf welche an dieser Stelle verwiesen werden kann.178 cc) Meinungsäußerungen ohne Bezug zum Arbeitgeber Sofern kein Bezug zum Arbeitgeber hergestellt und dessen Interessen nicht berührt werden, sind Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers grundsätzlich von Art. 5 I GG geschützt, und zwar ungeachtet der Frage, ob diese dem Arbeitgeber missfallen.179 dd) Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Die dem Arbeitnehmer nach §§ 241 II, 242 BGB obliegenden Nebenpflichten beinhalten nach den von Rechtsprechung und Literatur aufgestellten Grundsätzen auch die Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen180, was seit 2019 auch durch das Geschäftsgeheimnisgesetz bestätigt wird.181 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind auf ein Geschäft oder einen Betrieb bezogene Tatsachen, von denen nur ein begrenzter Personenkreis Kenntnis hat, die der Geschäfts- oder Betriebsinhaber erkennbar und berechtigt geheim halten will und die anderen Personen nicht auf einfachem Wege zugänglich sind.182 Die Weitergabe solcher Informationen ist mithin nicht als Meinung, sondern vielmehr als eine bloße Tatsache zu beurteilen.183 Da folglich auch wahre Tatsachen von der Geheimhaltungspflicht erfasst sind, geht diese über den bisher geltenden § 17 UWG hinaus, welcher eine Schadensersatzpflicht für die Weitergabe nicht erweislich wahrer Tatsachen statuiert.184 Dass diese Verschwiegenheitspflicht jeden Arbeitnehmer trifft und in dieser Hinsicht Art. 5 I GG nicht zur Anwendung kommt, wird in Rechtsprechung und Literatur zu Recht weitestgehend anerkannt.185 177 Dieses wird von Mayer daher auch zu Recht als Sonderproblem behandelt, vgl. Außerdienstliches Verhalten, S. 84 ff. 178 Kozak, Zur Notwendigkeit eines arbeitsrechtlichen und haftungsrechtlichen Whistleblowerschutzes (2016); Brungs, Whistleblowing (2016); Becker, Whistleblowing (2012). 179 Vgl. MhdB ArbR/Rachor, § 124, Rn. 58; Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 4, Rn. 44. 180 MhdB ArbR/Reichold, § 54, Rn. 32; BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB, Rn. 108. 181 Vgl. ausführlich hierzu Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 1239 ff. 182 BAG, Urt. v. 16. 3. 1982 – 3 AZR 83/79 – BAGE 41, 21 (29); MhdB ArbR/Reichold, § 54, Rn. 33; nach § 2 Nr. 1b GeschGehG kommt es hierbei zusätzlich auf „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ durch den rechtmäßigen Inhaber an. 183 Lelley/Fuchs, CCZ 2010, 147 (149). 184 Kissel, NZA 1988, 145 (150); Boemke, Nebenpflichten des Arbeitnehmers, Rn. 174 f. 185 BAG, Urt. v. 15. 12. 1987 – 3 AZR 474/86 – AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 5; BAG, Urt. v. 16. 3. 1982 – 3 AZR 83/79 – AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 1; ArbRHdB/ Linck, § 55, Rn. 51 f.; Boemke, Nebenpflichten des Arbeitnehmers, Rn. 170; etwas anderes gilt

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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ee) Sonderfall der Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken? Gerade in den vergangenen Jahren haben gerichtlich klärungsbedürftige Meinungsäußerungen von Arbeitnehmern in sozialen Netzwerken erheblich zugenommen. Aufgrund der Tatsache, dass derartige Meinungsäußerungen einem weitaus breiteren Publikum bekannt werden und zudem nur schwer wieder aus dem Netz entfernt werden können186, ist zu untersuchen, ob Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken als Sonderfall zu betrachten und demnach anders als nach den oben dargestellten Grundsätzen zu bewerten sind. (1) Definition des „sozialen Netzwerks“ Vorab ist zu klären, was genau unter einem sozialen Netzwerk zu verstehen ist und wie dieses funktioniert. Soziale Netzwerke sind ein bestimmter Teilbereich der sozialen Medien (social media). Diese können als „Gesamtheit aller medialen Technologien, die dem Austausch von nutzergenerierten Inhalten dienen und sich durch einen hohen Grad an Interaktion zwischen den Teilnehmern auszeichnen“ definiert werden.187 Zu den sozialen Medien zählen die sog. „Content Communities“, worunter Bilder- und Videoplattformen wie YouTube fallen, „Blogs“, welche zumeist von einem Autor gestaltet werden, chronologisch aufgebaut sind und ein bestimmtes Thema zum Inhalt haben, sowie die „sozialen Netzwerke“.188 Letztere sind auf die Kommunikation der Teilnehmer untereinander ausgelegt. Jeder Nutzer legt ein eigenes Benutzerprofil an, in welchem er Informationen über sich selbst von Name und Geburtsdatum bis hin zu Hobbys und zur beruflichen Laufbahn angeben kann. Dieses Profil kann mit anderen Profilen verknüpft werden (durch sog. Freunde und Follower), was den Austausch von Informationen und die Kommunikation untereinander ermöglicht.189 Da die meisten der kündigungsrelevanten Fälle zum außerdienstlichen Verhalten das allgemein bekannte soziale Netzwerk Facebook oder diesem sehr ähnliche Plattformen zum Gegenstand hatten, werden sich die nachfolgenden Untersuchungen im Wesentlichen auf die Auswirkungen außerdienstlichen Verhaltens in sozialen Netzwerken konzentrieren. Gleichwohl können die folgenden Ausführungen grundsätzlich auch für andere soziale Medien, unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten190, zum Ansatz gebracht werden. nur, wenn die Weitergabe eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses mit einer Wertung einhergeht, vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 85 f. 186 Ausführlich zur Problematik der Löschbarkeit von Beiträgen in sozialen Medien s. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 113 ff. 187 Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 24. 188 Schwartmann/Ohr, Soziale Medien, S. 7 ff.; Kaplan/Haenlein, BH 2010, 59 (60 f.). 189 Zu den besonderen Begrifflichkeiten der Social Media vgl. nur Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 27 ff. 190 Vgl. zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten Schwartmann/Ohr, Soziale Medien, S. 7.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

(2) Von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze Seit Ende der 1990er Jahre hatten sich die Arbeitsgerichte vermehrt mit Kündigungen eines Arbeitnehmers aufgrund dessen Verhaltens in sozialen Netzwerken – auch „Facebook-Kündigungen“191 genannt – auseinanderzusetzen. Hierbei handelte es sich anfangs vornehmlich um Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber oder den Arbeitskollegen192, wobei politische Aussagen in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben. Nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Relevanz von außerdienstlichem Verhalten kann eine politische Aussage eines Arbeitnehmers nur dann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn ein Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht und die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Neben dem Inhalt der Äußerung kommt es nach der Rechtsprechung bei Beantwortung der Frage, ob ein Betriebsbezug bei Postings in sozialen Medien anzunehmen ist und dementsprechend arbeitgeberseitige Disziplinarmaßnahmen möglich erscheinen, auf arbeitsbezogene- und netzwerkspezifische Faktoren sowie eine Gesamtschau des Arbeitnehmerverhaltens an. (a) Inhalt der Meinungsäußerung Wie bei sonstigen Meinungsäußerungen auch, kommt es bei Meinungsäußerungen in sozialen Medien zunächst einmal auf den Inhalt der Aussage an. Wird Kritik am Arbeitgeber oder dem Unternehmen geübt – was insbesondere auf Bewertungsportalen wie www.jobvoting.de oder www.meinchef.de sehr häufig zu finden sein wird –, so muss der Arbeitgeber diese Kritik grundsätzlich hinnehmen, sofern es sich um eine sachliche Auseinandersetzung mit den betrieblichen Gegebenheiten, den Produkten des Arbeitgebers oder Ähnlichem handelt.193 Ein Verstoß gegen die dem Arbeitnehmer obliegenden Loyalitätspflichten wäre nach der Rechtsprechung des BAG erst dann anzunehmen, wenn bewusst und gewollt eine Äußerung getätigt wird, „die geeignet ist, bei Geschäftspartnern Misstrauen in die Zuverlässigkeit des Arbeitgebers hervorzurufen“.194 Gleiches ist aber auch anzunehmen, wenn sich das Verhalten des Arbeitnehmers lediglich auf den Ruf des Arbeitgebers in der allgemeinen Öffentlichkeit auswirkt.195 Besteht kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Meinungsäußerung und dem Arbeitgeber, so kann diese unter Umständen aber dennoch einen Betriebsbezug aufweisen, wenn dieser durch anderweitige medienspezifische Faktoren hergestellt wird.

191

Burmester, ArbRB 2013, 245 (245). So z. B. in LAG Hamm, Urt. v. 10. 10. 2012 – 3 Sa 644/12 – ZD 2013, 93 (94); diese Fälle werden später unter dem Punkt „Strafbare Äußerungen im Internet“ zu diskutieren sein. 193 Vgl. BAG, Urt. v. 31. 7. 2014 – 2 AZR 505/13 – NZA 2015, 245 (246); Hinrichs/Hörtz, NJW 2013, 648 (651). 194 BAG, Urt. v. 31. 7. 2014 – 2 AZR 505/13 – NZA 2015, 245 (245). 195 So Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 200. 192

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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(b) Arbeitsbezogene Faktoren Sofern sich Äußerungen in sozialen Netzwerken nicht direkt auf Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden beziehen, können diese aufgrund verschiedener arbeitsbezogener Faktoren dennoch einen Betriebsbezug aufweisen. (aa) Angaben zum Arbeitgeber Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis soll nach der Rechtsprechung durch Nennung des Arbeitgebers im privaten Social-Media-Account hergestellt werden.196 Durch öffentlich einsehbare Angaben zum Arbeitgeber werde ein Zusammenhang zwischen den Äußerungen der Privatperson und dem Arbeitsverhältnis indiziert, weshalb alle Aktivitäten im Nutzerprofil einen dienstlichen Bezug aufwiesen und den Arbeitgeber potentiell beeinträchtigen könnten.197 Dieser Ansatz bedeutet zwar eine erhebliche Ausweitung der außerdienstlichen Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers, welche aber aufgrund der Freiwilligkeit der Angaben zum Arbeitgeber als gerechtfertigt angesehen werden kann.198 (bb) Dienstkleidung Des Weiteren kann ein Bezug zum Arbeitsverhältnis und damit eine potentielle Beeinträchtigung des Arbeitgebers angenommen werden, wenn auf dem Nutzerprofil Bilder in Dienstkleidung gepostet werden, welche einen eindeutigen Rückschluss auf den Arbeitgeber zulassen. So hatte sich das Arbeitsgericht Hamburg mit dem Posting eines Polizisten zu beschäftigen, welches ihn in Dienstkleidung und mit einem Totenkopf vor einer jüdischen Schule zeigte.199 Das Arbeitsgericht nahm in diesem Fall keinen schweren Verstoß gegen die Nebenpflichten des Arbeitnehmers an und erörterte somit die Frage des dienstlichen Bezugs nicht. Gleichwohl zeigen die Reaktionen in den Medien auf dieses Posting, dass es keinen Unterschied machen kann, ob der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in seinem Profil namentlich nennt oder einen Bezug zu diesem mittels eindeutig identifizierbarer Dienstkleidung herstellt.200 196

ArbG Herne, Urt. v. 22. 3. 2016 – 5 Ca 2806/15 – ZD 2017, 41 (42); ArbG Mannheim, Urt. v. 19. 2. 2016 – 6 Ca 190/15 – NZA-RR 2016, 254 (255); zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte 2016 der dritte Strafsenat des BGH, welcher über den Befangenheitsantrag eines Angeklagten zu entscheiden hatte. Der fragliche Richter war auf seiner Facebook-Seite mit einem alkoholischen Getränk in der Hand und einem Oberteil mit der Aufschrift: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“ zu sehen und hatte bei beruflicher Tätigkeit „2. Große Strafkammer LG Rostock“ angegeben, vgl. BGH, Urt. v. 12. 1. 2016 – 3 StR 482/15 – AuR 2016, 158 (158). 197 ArbG Herne, Urt. v. 22. 3. 2016 – 5 Ca 2806/15 – ZD 2017, 41 (42); so auch das LAG Nürnberg für den Fall der Erkennbarkeit des Arbeitgebers außerhalb sozialer Medien aufgrund des sichtbaren Tragens eines Dienstausweises bei einer rechtsextremistischen Demonstration, Urt. v. 11. 8. 2017 – 6 Sa 76/17 – LAGE § 9 KSchG Nr. 53. 198 So Dzida/Förster, BB 2017, 757 (758). 199 ArbG Hamburg, Urteil vom 18. 9. 2013 – 27 Ca 207/13 – juris, Rn. 3. 200 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (758).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

(cc) Arbeitskollegen als Freunde und Follower Es ließe sich weiterhin überlegen, ob schon die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken mit Arbeitskollegen „befreundet“ ist bzw. diese seinem Profil „folgen“ (sog. Follower) – sein Profil für diese mithin einsehbar ist –, einen betrieblichen Bezug herstellen kann. Das LAG Baden-Württemberg hatte in diesem Zusammenhang über die Rechtmäßigkeit der Kündigung eines Erziehers zu entscheiden, welche auf dessen rechtsradikale Äußerungen auf seinem Facebook-Profil und persönlich gegenüber einer Arbeitskollegin gestützt worden war, und diese im Ergebnis für rechtmäßig befunden.201 In der Rechtsprechung des BAG finden sich parallele Fälle, welche außerdienstliches Verhalten aufgrund des Einbezugs von Kollegen relevant werden lassen. So werden Straftaten zu Lasten Angehöriger von Arbeitskollegen regelmäßig als betriebsbezogen eingestuft, wenn diese Straftaten negative Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben, was beispielsweise bei der Verweigerung der weiteren Zusammenarbeit durch die Mitarbeiter bejaht wird.202 In Anlehnung an diese Rechtsprechung wird man folglich davon ausgehen können, dass zwar das bloße Befreundetsein auf sozialen Netzwerken allein nicht den hinreichenden betrieblichen Bezug herzustellen vermag, dieses jedoch bei einer Gesamtwürdigung durchaus ein ausschlaggebendes Indiz darstellen kann.203 Das ArbG Hagen formulierte hierzu richtigerweise, dass der Arbeitnehmer ebenso gut einen Aushang am Schwarzen Brett hätte machen können, wenn sich unter den „Freunden“ des Arbeitnehmers auch einige Arbeitskollegen befinden.204 Im Ergebnis können daher politisch extreme Äußerungen eines Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken sehr viel wahrscheinlicher zu einer Störung des Betriebsfriedens führen, wenn ein oder mehrere Mitarbeiter desselben Unternehmens von diesen Aussagen Kenntnis erlangen. (dd) Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb Die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb wird hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Eigenschaft als Tendenzträger diskutiert.205 Hinsichtlich kommerzieller Betriebe kann die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb aber unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls relevant werden. Dies wäre der Fall, wenn es sich um einen Arbeitnehmer handelt, der mit seinem Gesicht oder seinem Namen für ein Unternehmen steht und als (Lokal-)Berühmtheit bezeichnet werden könnte. Zudem werden regelmäßig auch an leitende Angestellte i. S. v. § 14 II 1 KSchG und Repräsentanten eines Unternehmens, wie z. B. Key-Account-Manager oder Kun-

201

LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 11. 2. 2016 – 16 Sa 43/15 – juris, Rn. 10 ff. BAG, Urt. v. 27. 1. 2011 – 2 AZR 825/09 – NZA 2011, 798 (803). 203 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (758). 204 ArbG Hagen, Urt. v. 16. 05. 2012 – 3 Ca 2597/11 – ArbRB 2012, 293 (293). 205 BAG, Urt. v. 23. 10. 2008 – 2 AZR 438/07 – NZA-RR 2009, 362 (364); Schaub ArbRHdB/Linck, § 131, Rn. 51. 202

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denberater, gesteigerte Loyalitätspflichten gestellt.206 In diesen Fällen wird der Arbeitnehmer in der Regel auch ohne Angabe seines Arbeitgebers im Nutzerprofil o. ä. dem Arbeitgeber zugeordnet werden können und hat dementsprechend bei seinem Auftreten in sozialen Netzwerken erhöhte Vorsicht walten zu lassen.207 (c) Netzwerkspezifische Faktoren Neben den arbeitsbezogenen Faktoren sind weiterhin netzwerkspezifische Faktoren zu berücksichtigen, welche sich aus den jeweiligen technischen Eigenschaften und den vom Nutzer gewählten Einstellungen zusammensetzen. Da der wesentlichste Unterschied zu Meinungsäußerungen außerhalb sozialer Netzwerke in der weiten Verbreitungsmöglichkeit und der dauerhaften Abrufbarkeit liegt, sind diese Faktoren bei Abwägung der gegenseitigen Interessen von besonders großer Bedeutung.208 (aa) Privatsphäre-Einstellungen Nutzer sozialer Netzwerke können in der Regel verschiedene Einstellungen zur Privatsphäre treffen. Wird ein öffentliches Profil verwendet, so können nicht nur Nutzer desselben Netzwerks auf dort geteilte Inhalte zugreifen, sondern jeder, der über entsprechende Anfragen in internetbasierten Suchmaschinen (wie z. B. Google) auf diese Seite weitergeleitet wird.209 Dies kann durch entsprechende Einstellungen dahingehend eingeschränkt werden, dass lediglich Nutzer desselben Netzwerkes, nur über dieses Netzwerk befreundete Personen (und ggfs. sog. „Freundesfreunde“210) oder sogar nur der Nutzer selbst die geteilten Inhalte einsehen kann.211 Die Privatsphäre-Einstellungen des Nutzerprofils eines Arbeitnehmers könnten daher die Betriebsbezogenheit des außerdienstlichen Verhaltens ausweiten oder auch einschränken. Sofern das Profil lediglich einem begrenzten Adressatenkreis – also nur den Freunden – zugänglich ist, könnte sich der Arbeitnehmer auf die Vergleichbarkeit mit einem Gespräch unter Familienangehörigen oder engen Freunden berufen.212 Das BAG geht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des BVerfG davon aus, dass (beleidigende) Äußerungen, welche in vertraulichen Gesprächen unter Mitarbeitern getätigt worden sind, nicht ohne Weiteres zum Anknüpfungspunkt

206 LAG Nürnberg, Urt. v. 5. 9. 1990 – 3 Sa 346/89 – DB 1990, 2330 (2330); Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 136 f. 207 Vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 128 f. 208 BAG, Urt. v. 31. 7. 2014 – 2 AZR 505/13 – NZA 2015, 245 (251); Wiese, NZA 2012, 1 (8). 209 Thüsing/Traut, § 14, Rn. 15 ff. 210 Ausführlich zum Begriff der „Freunde“ und „Freundesfreunde“ vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 28 f. 211 BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB, Rn. 106a. 212 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760); vgl. zur sog. „beleidigungsfreien Sphäre“ im Strafrecht: BVerfG, Beschl. v. 26. 4. 1994 – 1 BvR 1689/88 – NJW 1995, 1015 (1015).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

arbeitsrechtlicher Konsequenzen gemacht werden können.213 Der Arbeitnehmer dürfe hier regelmäßig darauf vertrauen, dass seine Meinungsäußerungen nicht weitergegeben werden und müsse somit nicht mit einer Störung des Betriebsfriedens oder des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber rechnen.214 Ob hinsichtlich der Gesprächsinhalte zu differenzieren ist, war bisher nicht Gegenstand gerichtlicher Verfahren; das Vorbringen des Arbeitnehmers, er habe auf die Vertraulichkeit der Äußerung vertraut, dürfte jedoch spätestens bei polarisierenden oder gar rassistischen Gesprächsinhalten infrage zu stellen sein.215 Fraglich ist allerdings, ob die vom BAG aufgestellten Grundsätze hinsichtlich privater Gespräche unter Mitarbeitern auch auf Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken übertragen werden können.216 Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Nutzer sozialer Medien dort in der Regel mit weitaus mehr Personen verbunden ist, als er im normalen Leben tatsächlich seine engeren Freunde nennen würde. Die Vertraulichkeit eines Postings könnte also allenfalls dann angenommen werden, wenn sich die Freundes- bzw. Followerzahl tatsächlich auf einen überschaubaren Personenkreis beschränkt217 oder die fragliche Aussage gegen die Einsehbarkeit Dritter hinreichend geschützt ist.218 Ersteres wird nur angenommen werden können, wenn der Arbeitnehmer mit nicht mehr als fünf Personen befreundet ist219, was jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass Facebook-Nutzer laut Presseberichten im Schnitt 342 Freunde haben220, kaum je der Fall sein wird. In der Vergangenheit haben die Instanzgerichte die „Öffentlichkeit“ einer Äußerung in sozialen Netzwerken daher teilweise ohne nähere Differenzierung nach den Privatsphäreeinstellungen angenommen.221 Richtigerweise ist jedoch nach den Besonderheiten des jeweiligen sozialen Netzwerks zu unterscheiden.222 Äußerungen des Arbeitnehmers, die auf der eigenen Timeline/Chronik oder derjenigen eines Dritten gepostet werden, können durch das Markieren des Beitrages mit dem „gefällt-mir“-Button schnell einem 213

BAG, Urt. v. 10. 10. 2002 – 2 AZR 418/01 – NZA 2003, 1295 (1295). Vgl. BAG, Urt. v. 10. 12. 2009 – 2 AZR 534/08 – NZA 2010, 698 (699). 215 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760). 216 Bejahend: VGH München, Beschl. v. 29. 2. 2012 – 12 C 12.264 – NZA-RR 2012, 302 (304); ArbG Bochum, Urt. v. 9. 2. 2012 – 3 Ca 1203/11 – DuD 2013, 258 (259). 217 Burr, NZA-Beil. 3/2015, 114 (115 f.). 218 Kort, NZA 2012, 1321 (1322). 219 Vgl. Bauer/Günther, NZA 2013, 67 (70), im hiesigen Beispiel wird die Vertraulichkeit bei der Äußerung gegenüber drei gut bekannten Personen angenommen; Kock/Dittrich, DB 2013, 934 (937) – fünf bis sechs Personen; Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 189 – höchstens 10 Personen; Ryl, Die Auswirkungen der Social Media, S. 188 – fünf Personen; a. A. aber Däubler, welcher eine pauschale Begrenzung des Empfängerkreises ablehnt, da der sich Äußernde auch nacheinander mit unterschiedlichen Gruppen sprechen könnte, in: Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 4, Rn. 53 f. 220 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760). 221 LAG Hamm, Urt. v. 10. 10. 2012 – 3 Sa 644/12 – BB 2012, 2688 (2688); ArbG Duisburg, Urt. v. 26. 9. 2012 – 5 Ca 949/12 – NZA-RR 2013, 18 (20). 222 Vgl. Bauer/Günther, NZA 2013, 67 (70). 214

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unüberschaubaren Personenkreis zugänglich werden. Hier kommt es bei den meisten sozialen Netzwerken dann nicht nur auf die eigenen, sondern auch auf die Privatsphäreeinstellungen der dritten Person – die den eigenen Beitrag mit einem „Like“ versieht oder kommentiert bzw. deren Beitrag durch den Arbeitnehmer „geliked“ oder kommentiert wird – an.223 Bei Äußerungen in einem privaten Chat – diese sind unabhängig von den Privatsphäreeinstellungen nur den am Chat beteiligten Personen zugänglich – können keine anderen Grundsätze als die bereits zu schriftlichen und mündlichen vertraulichen Äußerungen des Arbeitnehmers entwickelten gelten.224 Der Nutzer sozialer Medien darf sich dementsprechend grundsätzlich auf die Vertraulichkeit seiner in privaten Chats getätigten Aussagen verlassen, sofern zwischen ihm und den Empfängern der Nachricht eine Verbundenheit besteht, welche nach den vom BVerfG entwickelten Grundsätzen eine vertrauliche Kommunikation und damit sogar sanktionslose Beleidigungen rechtfertigen würden.225 In allen anderen Fällen wird die Annahme eines vertraulichen Gespräches wohl ausscheiden müssen, da der Nutzer eines öffentlichen Profils keine Kontrolle mehr über die Reichweite seiner Aussage hat.226 (bb) Nutzungsrealität Ist ein Beitrag zwar der Allgemeinheit oder einer großen Anzahl von Nutzern zugänglich, kann ein etwaiger Betriebsbezug dennoch aufgrund der Nutzungsrealität entfallen, wenn das in Frage stehende Posting nur von einem speziellen Interessenkreis gelesen wird. Beispielhaft kann hier auf eine Entscheidung des LAG Hessen aus dem Jahr 2013 verwiesen werden. Hier veröffentlichte ein in der Druckindustrie beschäftigter Arbeitnehmer in einer öffentlich zugänglichen, von Arbeitnehmern der Druckindustrie betriebenen Facebook-Gruppe aufgrund von Tarifstreitigkeiten einen beleidigenden Kommentar über die Gesellschafter seines Arbeitgebers. Nach Ansicht der LAG war aber zu berücksichtigen, dass dieser Beitrag nur für einen Bruchteil der deutschsprachigen Nutzer von Interesse war und dementsprechend nicht von einer besonders großen Anzahl von Nutzern gelesen wurde.227 Eine unbegrenzte Zugriffsmöglichkeit wurde in diesem Fall richtigerweise nur in der

223

In den Anwenderrichtlinien von Facebook heißt es hierzu: „Wenn Du die Meldung einer anderen Person kommentierst oder mit ,Gefällt mir‘ markierst, bzw. an deren Chronik schreibst, kann diese Person das Publikum auswählen. Wenn einer Deiner Freunde beispielsweise einen öffentlichen Beitrag postest und Du diesen kommentierst, ist Dein Kommentar ebenfalls öffentlich.“ 224 Kort, NZA 2012, 1321 (1323). 225 Zu den unterschiedlichen Ausgestaltungen sog. Chats vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 181 ff. 226 Dies gilt auch für die Einstellung, dass „Freunde von Freunden“ die Beiträge einsehen können, da hier die Anzahl der zugriffsbefugten Nutzer ebenfalls nicht mehr überblickt werden kann, vgl. Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760). 227 Vgl. LAG Hessen, Urt. v. 28. 1. 2013 – 21 Sa 715/12 – juris, Rn. 41.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Theorie, nicht jedoch in der Praxis angenommen.228 Wie das LAG weiterhin richtigerweise ausführte, bedeutet dies gleichwohl nicht, dass einer solchen Aussage kein Gewicht zukäme. Dieser Umstand ist lediglich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zugunsten des sich äußernden Arbeitnehmers zu berücksichtigen.229 (cc) Das bloße „Liken“ fremder Beiträge Soziale Netzwerke verfügen in der Regel über eine Funktion, mit Hilfe derer ein Nutzer zum Ausdruck bringen kann, dass ihm der Beitrag eines anderen Nutzers gefällt.230 Daher stellt sich die Frage, ob das bloße „Liken“ (die Markierung eines Beitrags mit dem Button „gefällt mir“ bei Facebook oder die Betätigung des Herzsymbols bei Twitter und Instagram) fremder Beiträge anders zu bewerten ist als die Veröffentlichung eigener Beiträge und ein Betriebsbezug demnach zu verneinen ist. Grundsätzlich ist auch diesen nonverbalen Äußerungen ein Erklärungswert beizumessen.231 Man könnte gleichwohl davon ausgehen, dass die bloße Zustimmung zu einer bereits von einem anderen Nutzer getroffenen Aussage im Vergleich zu einer eigenen Aussage als weniger bedeutend einzustufen ist und der Nutzer sich diese Aussage daher nicht zu eigen macht.232 Diese Ansicht verdient jedoch schon unter technischen Gesichtspunkten keine Zustimmung. Das Liken der Beiträge führt dazu, dass diese im Newsfeed vor anderen Nachrichten erscheinen und demnach an Bedeutung gewinnen. Das „Weniger an inhaltlicher Äußerung“ wird daher durch das „Mehr an Verbreitungspotential“ kompensiert.233 Zudem sind die mit einem Like markierten Beiträge auch auf dem Nutzerprofil der jeweiligen Person sichtbar, wodurch diese sich die Inhalte gewissermaßen zu eigen macht.234 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Facebook-Nutzer den Beitrag eines Freundes nicht selten unüberlegt oder lediglich aus Sympathiegründen mit einem Like versehen.235 Dies würde im Umkehrschluss nämlich bedeuten, dass Nutzer sozialer Medien sich der Verantwortung für das Liken eines Beitrages generell entziehen könnten, was sich nicht mit der bereits dargestellten wichtigen Funktion der Like-Buttons vereinen ließe. Durch das Liken eines fremden Beitrages macht sich der Arbeitnehmer den

228 LAG Hessen, Urt. v. 28. 1. 2013 – 21 Sa 715/12 – juris, Rn. 41; zust.: Ryl, Die Auswirkungen der Social Media, S. 243 f.; krit. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 117 f. 229 So auch das LAG Hessen, welches im Ergebnis zu einer Unwirksamkeit sowohl der außerordentlichen als auch der ordentlichen Kündigung kam. 230 Vgl. ausführlich zu den verschiedenen Funktionen der einzelnen sozialen Netzwerke: Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 27 ff. 231 Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785 (787). 232 Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 192 f. 233 Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785 (787). 234 Vgl. Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785 (787). 235 Vgl. Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 4, Rn. 55; a. A. Ryl, Die Auswirkungen der Social Media, S. 192.

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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Inhalt der Aussage somit grundsätzlich zu eigen236 und kann somit eine Pflichtverletzung begehen.237 Die Spontanität und Unüberlegtheit der Äußerung kann sich lediglich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu Gunsten des Arbeitnehmers auswirken, nicht aber ein Zueigenmachen von vornherein ausschließen.238 Im Ergebnis kann eine Betriebsbezogenheit und damit ein relevantes außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten auch durch das bloße Liken eines Beitrages ausgelöst werden. Gleichwohl ist dieses im Vergleich zu einer eigenen Äußerungen je nach dem Umständen des Einzelfalls als weniger gravierend einzustufen.239 (dd) Das bloße „Teilen“ fremder Beiträge Weiterhin besteht bei jedem der gängigen sozialen Netzwerke die Möglichkeit, den Beitrag eines anderen Nutzers auf der eigenen Seite, der Seite eines Dritten oder in einem privaten Chat zu veröffentlichen (sog. Teilen). Hier wird zwischen dem „einfachen“ und dem „qualifizierten“ Teilen unterschieden. Während beim einfachen Teilen der Beitrag in seiner ursprünglichen Form verbreitet wird, zeichnet sich das qualifizierte Teilen durch das Hinzufügen eines eigenen, zusätzlichen Kommentars unter dem geteilten Beitrag aus.240 Teilweise wird angenommen, dass das einfache Teilen lediglich eine Reproduktion eines fremden Beitrags darstellt und es mithin an einer eigenen Aussage fehle.241 Diese Ansicht kann schon aufgrund der bereits genannten Funktionen des Like-Buttons, welche auch für die Funktion des Teilens gelten, nicht überzeugen.242 Zudem ist dies mit dem Verteilen von Flugblättern, deren Urheber ein Dritter ist, vergleichbar, was durchaus als Kundgabe einer eigenen Meinung, oder zumindest als Zueigenmachen einer anderen Meinung, zu qualifizieren wäre und steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH, nach welcher demjenigen, der die Äußerungen Dritter verbreitet, ohne dabei eine eigene und ernsthafte Distanzierung zum Ausdruck zu bringen, die Aussage als eigene zugerechnet wird.243 Demgegenüber ist das mit einem zustim-

236 Wittek, Soziale Netzwerke im Arbeitsrecht, S. 181; anders Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 192 f., 196, welcher nur in „qualifizierten Teilen“ eines fremden Beitrags ein Zueigenmachen anerkennt. 237 ArbG Dessau-Roßlau, Urt. v. 21. 3. 2012 – 1 Ca 148/11 – ZD 2012, 344 (346). 238 Ähnlich Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 158 ff. 239 Vgl. Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 4, Rn. 55; zu Unrecht von einer Gleichbehandlung von Liken und Verfassen eines eigenen Beitrags ausgehend: Schockenhoff, Soziale Netzwerke im Arbeitsrecht, S. 25. 240 Vgl. Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 195 f. 241 OLG Dresden, Urt. v. 7. 2. 2017 – 4 U 1419/16 – MMR 2017, 542 (543); Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 195. 242 Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 4, Rn. 55; Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 158 f. 243 BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 2003 – 1 BvR 865/00 – NJW 2004, 590 (591); BGH, Urt. v. 30. 1. 1996 – VI ZR 386/94 – BGHZ 132, 13, 18 f.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

menden Kommentar versehene Teilen eines fremden Beitrages (qualifiziertes Teilen) unproblematisch als Zueigenmachen einer fremden Meinung einzustufen.244 (d) Gesamtschau des Arbeitnehmerverhaltens Dass eine Meinungsäußerung in sozialen Medien nach den zuvor genannten Kriterien einen Betriebsbezug aufweist, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass auch die vom Arbeitgeber ergriffene Maßnahme als gerechtfertigt einzustufen ist. Ein wichtiger Faktor ist stets die Gesamtschau des Arbeitnehmerverhaltens, welches insbesondere im Rahmen der Abwägung der arbeitgeber- und arbeitnehmerseitigen Interessen bei außerordentlichen Kündigungen eine Rolle spielt.245 Doch auch schon im Vorfeld kündigungsrelevanter Fragen kann die Gesamtbetrachtung des Arbeitnehmerverhaltens die Bewertung des Sachverhalts beeinflussen. So kann die Betriebsbezogenheit unter Umständen ausgeschlossen sein bzw. wieder entfallen, wenn der Arbeitnehmer sich für sein Verhalten entschuldigt und die in Frage stehende Äußerung wieder löscht.246 Zudem kann ausschlaggebend sein, ob es sich um eine einmalige grenzwertige Äußerung des Arbeitnehmers handelt oder er den Ruf des Arbeitgebers durch wiederholte polarisierende Meinungsäußerungen in Mitleidenschaft zieht.247 (3) Stellungnahme Die Rechtsprechung zu außerdienstlichen Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Medien ist bisweilen noch etwas uneinheitlich; eine höchstrichterliche Entscheidung zu der ein oder anderen Fragestellung bleibt weiterhin abzuwarten. Nichtsdestotrotz können viele dieser Fälle dogmatisch und auch im Ergebnis überzeugend in Anlehnung an die Rechtsprechung zu „offline“ getätigten Äußerungen einer Lösung zugeführt werden.248 Es sind aber dennoch in jedem Einzelfall die Besonderheiten der Kommunikation via sozialer Medien zu berücksichtigen. Für die Betriebsbezogenheit bzw. eine Schädigung der Interessen des Arbeitnehmers wird man hier grundsätzlich eine etwas niedrigere Schwelle ansetzen müssen, da eine Meinungsäußerung im Internet insoweit nicht mit der verbalen Kommunikation vergleichbar ist, als diese aufgrund der bereits dargestellten Besonderheiten in der Regel eine weitaus höhere Schlagkraft besitzt. Diesem Umstand wird durch die Aufstellung des Bewertungskataloges durch die Rechtsprechung auch weitestgehend Rechnung getragen. Gleichwohl lässt sich kritisieren, dass die technische Entwicklung – was insbesondere an der umstrittenen Bewertung des 244

OLG Dresden, Urt. v. 7. 2. 2017 – 4 U 1419/16 – MMR 2017, 542 (543); Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 196. 245 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760). 246 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11. 4. 2014 – 17 Sa 2200/13 – NZA-RR 2014, 468 (470 f.); ArbG Mannheim, Urt. v. 19. 2. 2016 – 6 Ca 190/15 – NZA-RR 2016, 254 (255). 247 Dzida/Förster, BB 2017, 757 (760). 248 So auch Fuhlrott/Oltmanns, NZA 2016, 785 (789).

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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„gefällt mir“-Buttons deutlich wird – der Rechtsprechung stets einige Schritte voraus zu sein scheint. (4) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Medien grundsätzlich nicht anders zu bewerten sind als verbale Meinungsbetätigungen. Wenn auch die Anforderungen an die Betriebsbezogenheit im Wesentlichen gleich bleiben, wird diese aber wohl weitaus schneller zu bejahen sein. Der Arbeitnehmer muss sich daher, genau wie jede andere Privatperson auch, der weitreichenden Konsequenzen eines nicht sorgfältigen Umgangs mit sozialen Medien bewusst sein. b) Vom Arbeitnehmer begangene Straftaten Dass vom Arbeitnehmer außerhalb seiner Dienstzeit begangene Straftaten eine Nebenpflichtverletzung i. S. d. § 241 II BGB darstellen und somit Arbeitgeberinteressen beeinträchtigen können, wird im Grundsatz von Rechtsprechung und Literatur anerkannt.249 Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Relevanz außerdienstlicher Straftaten jedoch unabhängig von dem jeweiligen Strafverfahren zu beurteilen ist; entscheidungsrelevant sei vielmehr die damit verbundene Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht und der damit einhergehende Vertrauensbruch.250 Wird ein strafrechtliches Verfahren also gem. § 170 II StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt, bedeutet dies nicht, dass das Verhalten des Arbeitnehmers auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ohne Konsequenzen bleibt; umgekehrt muss aus einem rechtskräftigen Strafurteil nicht zwingend die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung folgen.251 aa) Unterscheidung zwischen Leistungs- und Vertrauensbereich Führt die vom Arbeitnehmer begangene Straftat zu einer Störung im Leistungsbereich, was bedeutet, dass der Arbeitnehmer seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht (vorübergehend) nicht mehr nachkommen kann, so ist eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitgebers in aller Regel anzunehmen.252 Dies wäre der Fall, wenn der Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe abzubüßen hat, er länger in Untersuchungshaft sitzt, oder auch bei Entzug der Fahrerlaubnis eines 249 BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – NZA 2010, 220 (222); Schmitz-Scholemann, BB 2000, 926 (926). 250 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 10. 2012 – 2 AZR 700/11 – NZA 2013, 371 (372). 251 BAG, Urt. v. 20. 8. 1997 – 2 AZR 620/96 – NZA 1997, 1340 (1342); Klinkhammer, ArbRAktuell 2017, 320 (321). 252 Anders wäre dies nur bei einer sehr kurz andauernden Untersuchungshaft o. Ä. zu bewerten.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Berufskraftfahrers.253 Da für diese Fallkonstellationen zwar ein außerdienstliches Verhalten kausal ist, die Störung im Arbeitsverhältnis sich aber maßgeblich aus der Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung ergibt, sind diese nicht als außerdienstliches Verhalten im hier relevanten Kontext einzustufen.254 Von weitaus größerer Bedeutung sind solche Arbeitnehmerstraftaten, die den Vertrauensbereich berühren. Es ist hier zwischen betriebsbezogenen und nicht betriebsbezogenen Straftaten zu unterscheiden. Betriebsbezogen meint in diesem Zusammenhang, dass sich die Straftat gegen den Arbeitgeber, Kollegen oder materielle sowie immaterielle Güter des Betriebes richtet; eine nicht betriebsbezogene Straftat wäre hingegen anzunehmen, wenn diese (zunächst) in keinerlei Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht.255 bb) Betriebsbezogene Straftaten (1) Ehrverletzende Äußerungen Hinsichtlich ehrverletzender Äußerungen gegenüber dem Arbeitgeber oder Arbeitskollegen kann im Wesentlichen auf obige Ausführungen zu unternehmensschädigenden und -kritischen Äußerungen verwiesen werden. Im Unterschied dazu verwirklicht der Arbeitnehmer bei ehrverletzenden Äußerungen jedoch zusätzlich die Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB, weshalb ein Betriebsbezug und damit eine Schädigung des Arbeitgebers regelmäßig zu bejahen ist.256 Ehrverletzende Äußerungen sind nach Art. 5 II GG nicht von der Meinungsfreiheit geschützt, sodass sich die Frage nach einer Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen in diesem Fall nicht stellt. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls und die Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beleidigten an. Das BAG geht hier in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass grobe257 und erheblich ehrverletzende Beleidigungen je nach Form und Inhalt eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können.258 Arbeitsrechtliche Konsequenzen werden auch von der Literatur je nach Art und Schwere der Belei253 BAG, Urt. v. 9. 3. 1995 – 2 AZR 497/94 – NZA 1995, 777 (778); BAG, Urt. v. 30. 5. 1978 – 2 AZR 630/76 – NJW 1979, 332 (333). 254 Vgl. ausführlich hierzu: Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 146 ff.; zu Straftaten des Arbeitnehmers im Allgemeinen: Finter, Kündigung wegen einer Straftat, S. 43 ff. 255 Eine etwas andere Differenzierung nimmt diesbezüglich Mayer vor, welcher nach tätigkeitsbezogenen und sonstigen Straftaten unterscheidet, vgl.: Außerdienstliches Verhalten, S. 158 ff. 256 Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 175 f. 257 Die teilweise heute noch verwendete Formulierung „grobe Beleidigung“ geht auf § 123 GewO a. F. zurück, nach welchem die vorzeitige Beendigung eines Gesellen- oder Gehilfenverhältnisses wegen „grober Beleidigungen gegen den Arbeitgeber“ zulässig war, vgl. RGBl. 1891, S. 261 (272). 258 BAG, Urt. v. 10. 12. 2009 – 2 AZR 534/08 – NZA 2010, 698 (699); BAG, Urt. v. 12. 1. 2006 – 2 AZR 21/05 – NZA 2006, 917 (920); BAG, Urt. v. 10. 10. 2002 – 2 AZR 418/01 – NZA 2003, 1295 (1295).

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digung – viele verlangen in Einklang mit der BAG-Rechtsprechung das Vorliegen einer sog. groben Beleidigung – und dem Nachtatverhalten des Arbeitnehmers befürwortet.259 Eine entscheidende Rolle spielt weiterhin die Person des Beleidigten. Da eine Beleidigung des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten regelmäßig mit der Infragestellung deren Autorität einhergeht, wird eine Pflichtverletzung hier schneller anzunehmen sein als bei einer Beleidigung der dem Arbeitnehmer gleichgestellten Arbeitskollegen.260 Ein Betriebsbezug ist weiterhin bei der Beleidigung von Kunden oder Geschäftspartnern des Arbeitgebers anzunehmen. Eine solche ist sogar von besonderem Gewicht, da der beleidigende Arbeitnehmer hierdurch die Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers und daher zumindest mittelbar auch die Arbeitsplätze seiner Kollegen gefährdet.261 (2) Anderweitige Straftaten Auch anderweitige Straftaten, die sich unmittelbar gegen den Betrieb richten und somit die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigen, werden in der Regel einen Betriebsbezug – im zu den Grundsätzen der Rechtsprechung geschilderten Sinne262 – aufweisen. Betriebsbezogen ist eine Straftat zunächst dann, wenn der Arbeitnehmer Betriebsmittel oder betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers bei Begehung einer Straftat zur Hilfe nimmt.263 Auch solche Fälle, in denen der Arbeitnehmer seine Stellung im Unternehmen zur Begehung einer Straftat ausnutzt, werden in der Regel einen Betriebsbezug aufweisen.264 Beispielhaft wären hier der sexuelle Missbrauch von Kindern durch einen Erzieher und die Veruntreuung von Geldern eines mit der Vermögensfürsorge beauftragten Angestellten zu nennen.265 In diesen Konstellationen stellt der Arbeitnehmer durch sein Verhalten selbst einen Bezug zum Arbeitsverhältnis her, was den Umstand, dass die strafbare Handlung außerhalb der Arbeitszeit vorgenommen wurde, in den Hintergrund rücken lässt. So kann es keine ausschlaggebende Rolle spielen, ob eine Bankangestellte ihre Position zum Entwenden hoher Geldbeträge während oder außerhalb ihrer Dienstzeiten ausnutzt.266 Dementsprechend sind derartige außerdienstliche Straftaten im Grundsatz nicht anders zu behandeln als ein Fehlverhalten während der Arbeitszeit.

259

Vgl. hierzu ausführlich Becker-Schaffner, BlStSozArbR1985, 273 ff. Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 177. 261 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 4. 2010 – 4 Sa 474/09 – juris, Rn. 35. 262 Vgl. oben unter II., 1., a), aa). 263 BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – NZA 2010, 220 (222). 264 Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei einem früheren Arbeitgeber in gleicher Position seine Stellung im Unternehmen zur Begehung von Straftaten ausgenutzt hat, weil der Arbeitgeber somit kein Vertrauen mehr in dessen Integrität haben kann, vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18. 2. 2021 – 5 Sa 238/20 – juris. 265 BAG, Urt. v. 25. 4. 2018 – 2 AZR 611/17 – NZA 2018, 1405 (1409); LAG RheinlandPfalz, Urt. v. 19. 1. 2016 – 6 Sa 199/15 – juris, Rn. 30 ff. 266 Vgl. LAG Hamm, Urt. v. 14. 8. 2017 – 17 Sa 1540/16 – juris, Rn. 196 ff. 260

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

cc) Nicht betriebsbezogene Straftaten Etwas komplizierter stellt sich die rechtliche Einordnung nicht auf den Betrieb oder den Arbeitgeber gerichteter Straftaten dar. Die Rechtsprechung fordert auch hier regelmäßig einen Betriebsbezug im Sinne einer konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Betriebsbezogenheit wird in solchen Fällen angenommen, in denen der Arbeitgeber oder der Betrieb aufgrund des Arbeitnehmerverhaltens staatlichen Ermittlungen ausgesetzt werden oder in der Öffentlichkeit eine Verbindung zwischen der Straftat und dem Arbeitgeber hergestellt wird.267 Weiterhin sollen solche Straftaten einen Betriebsbezug aufweisen, welche die Eignung des Arbeitnehmers für die konkret ausgeübte Tätigkeit in Frage stellen. Zu denken sei hier an einen Umweltschutzbeauftragten, welcher selbst außerhalb seiner Arbeitszeit eine Umweltstraftat nach §§ 324 ff. StGB begeht, einen Mitarbeiter des Geheimdienstes, der sich eines Staatsdelikts nach §§ 93 ff. StGB strafbar macht, oder einen nach §§ 292, 293 StGB verurteilten Arbeitnehmer, welcher selbst in Land- und Forstwirtschaft tätig ist.268 Macht sich ein Arbeitnehmer, welcher das Vermögen seines Arbeitgebers zu betreuen hat, außerdienstlich eines Vermögensdelikts strafbar, so wird dieser, in Rechtsprechung und Literatur viel diskutierten, Konstellation ebenfalls ein Betriebsbezug beigemessen.269 Das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer sei in einem solchen Fall derart belastet, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung unter Umständen als gerechtfertigt zu betrachten sind.270 Interessanterweise wird hier also die abstrakte oder allenfalls konkrete Gefahr, dass der Arbeitnehmer ein Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers begeht, als ausreichend für den Betriebsbezug eingestuft, was wiederum für die bereits erwähnte Bevorzugung des Ausreichens einer konkreten Gefahr spräche.271 Ein Betriebsbezug kann darüber hinaus bestehen, wenn das Opfer der Straftat ein Arbeitnehmer desselben Betriebs oder ein Angehöriger eines Arbeitskollegen272 ist und es aus diesem Grund zu Störungen des Betriebsfriedens kommt.273

267 BAG, Urt. v. 28. 10. 2010 – 2 AZR 293/09 – NZA 2011, 112 (113 f.); BAG, Urt. v. 23. 10. 2008 – 2 AZR 483/07 – NZA-RR 2009, 362 (368). 268 Mayer, Außerdienstliches Verhalten, S. 159. 269 BAG, Urt. v. 20. 9. 1984 – 2 AZR 633/82 – NZA 1985, 286 (287). 270 ErfK/Niemann, § 626 BGB, Rn. 85; MüKo/Henssler, § 626 BGB, Rn. 213; AR/Fischermeier, § 626 BGB, Rn. 73. 271 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 99. 272 LAG Hessen, Urt. v. 21. 2. 2014 – 14 Sa 609/13 – NZA-RR 2014, 585 (586). Im der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer die minderjährige Nichte einer Arbeitskollegin über einen Facebook-Chat sexuell belästigt und beleidigt, woraufhin die Tante des Mädchens die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer verweigerte. Das LAG ließ hier aber schon das Verwandtschaftsverhältnis für die Herstellung eines Betriebsbezuges ausreichen. 273 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6. 1. 2009 – 5 Sa 313/08 – DB 2009, 967 (967).

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(1) Sonderfall der strafbaren Äußerungen im Internet In Bezug auf strafbare Äußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken sind insbesondere Beleidigungen und volksverhetzende oder rassistische Äußerungen für den außerdienstlichen Bereich relevant. (a) Beleidigungen Für Beleidigungen des Arbeitgebers oder der Arbeitskollegen außerhalb sozialer Medien geht das BAG in ständiger Rechtsprechung von der Zulässigkeit arbeitsrechtlicher Konsequenzen im Falle von groben und erheblich ehrverletzenden Beleidigungen aus274, was auch im Hinblick auf Beleidigungen in sozialen Netzwerken nicht anders zu beurteilen ist. Wie bei bloßen Meinungsäußerungen kommt es auch hier auf die einzelnen Umstände wie Privatsphäreeinstellungen und im Nutzerprofil vorhandene Angaben zum Arbeitgeber an.275 Darüber hinaus wird im Falle von Beleidigungen des Arbeitgebers von Rechtsprechung und Literatur eine besondere Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers angenommen, nach welcher er dazu verpflichtet sein soll, auf Dritte dergestalt einzuwirken, dass diese beleidigende Äußerungen unterlassen bzw. wieder löschen.276 Daraus lässt sich schließen, dass den Arbeitnehmer erst recht eine Löschungspflicht trifft, wenn ein Dritter beleidigende Äußerungen auf der Chronik eines Arbeitnehmers veröffentlicht hat.277 Auch wenn diese Art von Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers im Falle von beleidigenden Äußerungen in sozialen Netzwerken grundsätzlich zustimmungswürdig ist, liegt hier aber ein bloßes Unterlassen des Arbeitnehmers vor, welches nicht mit einer selbstverfassten Beleidigung gleichgestellt werden kann.278 Zudem ist bei der Frage nach einer Löschungspflicht auch die Schwere und der Kreis der Personen, der von der Beleidigung Kenntnis erlangt hat, zu berücksichtigen.279 Die Beweislast wird hier regelmäßig beim Arbeitnehmer gesehen; er kann sich mithin nicht auf Ungeschicklichkeit oder Unerfahrenheit im Umgang mit sozialen Medien, oder darauf, dass eine unter seinem Namen veröffentlichte Aussage von einem Dritten verfasst wurde, berufen.280

274

Vgl. oben unter IV., 1., b), bb), (1). S. dazu oben unter IV., 1., a), ee), (2). 276 ArbG Dessau-Roßlau, Urt. v. 21. 3. 2012 – 1 Ca 148/11 – ZD 2012, 344 (344); Kaumanns, Anm. zu ArbG Dessau-Roßlau, Urt. v. 21. 3. 2012 – 1 Ca 148/11 – K&R 2012, 445 (446); Oberwetter, NJW 2011, 417 (419). 277 Bauer/Günther, NZA 2013, 67 (71). 278 Vgl. Bauer/Günther, NZA 2013, 67 (71). 279 Finter, Kündigung wegen einer Straftat, S. 219. 280 ArbG Hagen, Urt. v. 16. 05. 2012 – 3 Ca 2597/11 – ArbRB 2012, 293 (293); Bauer/ Günther, NZA 2013, 67 (72 f.); nur wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegt werden, dass die Aussage nicht von ihm stammt, kommt eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht; ansonsten gilt eine Vermutung dahingehend, dass ein Posting vom Inhaber des Benutzerkontos stammt, vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 132 ff., 156. 275

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Eine weitere Besonderheit der sozialen Medien stellen die sog. „Emojis“ dar. Diese sind den aus Satzzeichen geformten Smileys (z. B. :-)) ähnliche Piktogramme, welche mittlerweile in zahlreichen Ausführungen vorhanden sind und in elektronischen Nachrichten als Hinweis auf Emotionen, Alltagsgegenstände, Tiere o. Ä. dienen.281 Insbesondere die Tier-Emojis bergen aufgrund deren verniedlichter Darstellung regelmäßig die Gefahr in sich, zur mehr oder weniger subtilen Beleidigung des Gegenübers zweckentfremdet zu werden. So hatte sich das LAG Baden-Württemberg beispielsweise mit einem Facebook-Post auseinanderzusetzen, in welchem der Vorgesetzte eines Arbeitnehmers von diesem als „Schwein“ und „Bärenkopf“ bezeichnet und die Worte dabei durch das jeweilige Tier-Emoji ersetzt wurden.282 Da sich um die Emojis herum weitere ausgeschriebene Beleidigungen befanden, wurde der Inhalt dieses Postings vom Gericht – zwar zutreffend aber ohne nähere Begründung – als grobe Beleidigung eingestuft.283 Aber auch ohne ergänzende Kommentare kann die Verwendung von Emojis (wie z. B. Schwein- oder Esel-Symbol) aufgrund der dem Gegenüber eindeutig kundgetanen Missachtung eine Beleidigung darstellen.284 (b) Volksverhetzende und rassistische Äußerungen In den vergangen Jahren haben immer wieder volksverhetzende oder rassistische Postings in sozialen Netzwerken Anlass für Rechtsstreitigkeiten, nicht nur vor den Straf- sondern auch vor den Arbeitsgerichten, gegeben. In Bezug auf die Besonderheiten solcher Äußerungen in digitaler Form kann im Wesentlichen auf obige Ausführungen zu Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken verwiesen werden. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass der Arbeitnehmer den Ruf des Arbeitgebers durch strafbares Verhalten weitaus stärker beschädigt als durch bloß polarisierende, noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen. Aus diesem Grund wird eine Pflichtverletzung nach § 241 II BGB und eine Rufschädigung des Arbeitgebers in solchen Fällen schneller zu bejahen bzw. härter zu sanktionieren sein.285 Dies deckt sich auch mit den Ansätzen der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, welche in derartigen Fällen dazu tendiert, eine fristlose Kündigung als rechtmäßig einzustufen, selbst wenn es sich um einen einmaligen Vorfall handelt und der Beitrag wieder gelöscht wurde.286 Des Weiteren ist von Bedeutung, ob die Presse von einem solchen Posting erfahren und dies den Anstoß für öffentliche Diskussionen gegeben

281

Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 197. Vgl. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. 6. 2016 – 4 Sa 5/16 – MMR 2016, 702 (703). 283 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. 6. 2016 – 4 Sa 5/16 – MMR 2016, 702 (704). 284 Vgl. auch Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 198. 285 A. A. Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 209 f., welcher eine Pflichtverletzung in diesen Fällen ablehnt. 286 LAG Sachsen, Urt. v. 27. 2. 2018 – 1 Sa 515/17 – NZA-RR 2018, 244 (246); ArbG Herne, Urt. v. 22. 3. 2016 – 5 Ca 2806/15 – ZD 2017, 41 (42); ArbG Mannheim, Urt. v. 19. 2. 2016 – 6 Ca 190/15 – NZA-RR 2016, 254 (255). 282

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hat.287 Hierbei wird der Arbeitnehmer regelmäßig mit einer Berichterstattung rechnen müssen, wenn seine rechtsradikale Gesinnung bereits in der Vergangenheit Gegenstand medialer Aufmerksamkeit war und er vergleichbare Aussagen auf einem öffentlich zugänglichen Online-Profil veröffentlicht hat.288 Nach der jüngsten Rechtsprechung des BAG ist aber auch in diesen Fällen das Verhalten des Arbeitnehmers während der gesamten Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen, weshalb dem Arbeitgeber unter Umständen der Ausspruch einer vorherigen Abmahnung – bzw. beim personenbedingten Kündigungsgrund zumindest eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist – trotz der negativen Öffentlichkeitswirkung zuzumuten ist.289 (2) Sonderfall der Verdachtskündigung Für den Fall, dass die Straftat einem Arbeitnehmer nicht sicher nachweisbar ist, wurde von der Rechtsprechung das Institut der Verdachtskündigung entwickelt. Sofern erdrückende Verdachtsmomente vorliegen und diese nachteilige Auswirkungen auf den Betrieb haben, sollen arbeitsrechtliche Konsequenzen gerechtfertigt sein.290 Eine Verdachtskündigung kann auch im Falle von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten in Betracht kommen, wobei jedoch von der Rechtsprechung regelmäßig besonders hohe Anforderungen an das Vorliegen einer solchen gestellt werden.291 (a) Darstellung der Problematik anhand eines LAG-Urteils Die Problematik der besonders hohen Anforderungen wird insbesondere durch eine aktuelle Entscheidung des LAG Niedersachsen deutlich.292 Gegenstand der Entscheidung war eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitgebers, welcher dem Arbeitnehmer aufgrund des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gekündigt hatte. Der Arbeitgeber begründete seine Kündigung hauptsächlich mit der Entziehung des Reisepasses des Arbeitnehmers durch die zuständige Behörde, welche vom Verwaltungsgericht auch überprüft und für rechtmäßig befunden worden war. Der Reisepass war dem Arbeitnehmer unter anderem entzogen worden, da er nachweislich Kontakt zur salafistischen Szene hatte und immer wieder in die Türkei und nach Saudi-Arabien gereist war. Bei einer seiner Reisen wurde er, da er zur Grenzfahndung ausge287

LAG Sachsen, Urt. v. 27. 2. 2018 – 1 Sa 515/17 – NZA 2018, 244 (245 f.). Anders aber LAG-Niedersachsen, Urt. v. 21. 3. 2019 – 13 Sa 371/18 – LAGE § 241 BGB 2002 Nr. 6; dazu krit. Spielberger, ArbRAktuell 2019, 338 (338). 289 BAG, Urt. v. 27. 6. 2019 – 2 AZR 28/19 – NZA 2019, 1343 (1344). 290 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 1999 – 2 AZR 743/98 – NZA 2000, 418 (419); AR/Fischermeier, § 626 BGB, Rn. 142 f.; MüKo/Hergenröder, § 1 KSchG, Rn. 226 f. 291 BAG, Urt. v. 27. 1. 2011 – 2 AZR 825/09 – NZA 2011, 798 (801); Wißler/Spuhl, BB 2019, 692 (693). 292 LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – NZA-RR 2018, 421 ff. 288

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schrieben war, kontrolliert und dabei eine in seinem Gepäck befindliche Flugdrohne mit Kamera sowie knapp 10.000 Euro Bargeld beschlagnahmt. Weitere Verdachtsmomente lagen darin, dass der Arbeitnehmer sein gesamtes Grundeigentum auf Familienangehörige übertragen und ein Darlehen in Höhe von 50.000 Euro aufgenommen hatte. Das LAG Niedersachsen befand die Verdachtskündigung des Arbeitnehmers für rechtswidrig. Diese Entscheidung wurde hauptsächlich damit begründet, dass zwar ein Verdacht, aber kein hinreichend konkreter Verdacht vorgelegen habe.293 Das Vorbringen des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe sich immer wieder in mit dem sog. „Islamischen Staat“ sympathisierender Weise ausgedrückt und Drohungen formuliert, ließ das LAG mangels konkret dargelegter Gesprächszusammenhänge nicht gelten. Die Sorge des Arbeitgebers, sein Betrieb könne aufgrund der Kraftwerke und der Bedeutung für die Energieversorgung ein potentielles Anschlagsziel darstellen, stufte das LAG als nicht ausreichend ein, da eine abstrakte oder konkrete Gefährdungslage nicht genüge, sondern es vielmehr des Eintritts einer konkreten Störung bedürfe.294 (b) Kritik der Literatur und Stellungnahme Dem LAG Niedersachsen ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass der bloße Verdacht auf verfassungsfeindliche Aktivitäten – gerade bei einem in der Privatwirtschaft tätigen Unternehmen – eine Kündigung nicht ohne Weiteres rechtfertigen kann. Gleichwohl wird die Entscheidung in der Literatur zu Recht kritisch betrachtet.295 Da das LAG in seinem Urteil selbst klarstellt, dass das Erfordernis des Eintritts einer konkreten Schädigung nicht mit dem Abwarten eines Anschlags gleichzusetzen sei, stellt sich die Frage, wann der Arbeitgeber tätig werden darf.296 Gerade im eben dargestellten Fall hatten sich die Verdachtsmomente derart gehäuft, dass es zumindest vertretbar gewesen wäre, eine konkrete Gefahr für das Arbeitsverhältnis und den Betriebsfrieden anzunehmen. Das BAG hat den Rechtsstreit mittlerweile durch einen Vergleich beigelegt297, weshalb eine höchstrichterliche Klärung dieser Problematik in nächster Zeit nicht zu erwarten ist. Im Grundsatz sind die hohen Anforderungen bei einer Verdachtskündigung aufgrund nicht betriebsbezogener Straftaten zwar beizubehalten, gleichwohl wird in der Literatur die Ausweitung des relevanten außerdienstlichen Verhaltens auf konkrete Störungen zu Recht gefordert.298 Um einer Ausuferung außerdienstlicher Verhaltenspflichten entgegenzuwirken, könnte dies nur im Einzelfall, wenn die konkrete Gefahr und der Eintritt der Schädigung praktisch nicht mehr eindeutig 293

Vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – NZA-RR 2018, 421 (423). LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – NZA-RR 2018, 421 (427). 295 Vgl. Wißler/Spuhl, BB 2019, 692 (697). 296 Wißler/Spuhl, BB 2019, 692 (697). 297 Vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – juris. 298 S. unter II., 1., a), aa); auf die Ansätze der Literatur wird unter V. noch tiefer eingegangen. 294

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voneinander abzugrenzen sind, angenommen werden.299 Gerade im Fall des LAG Niedersachsen hätte dies wahrscheinlich schon ausgereicht, um die Voraussetzungen der Verdachtskündigung und damit auch ein relevantes außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers zu bejahen. dd) Zwischenergebnis Im Umgang mit von Arbeitnehmern begangenen Straftaten haben sich in Rechtsprechung und Literatur relativ klare Bewertungsmaßstäbe durchgesetzt, welche im Wesentlichen auch auf die Begehung von Straftaten in sozialen Medien übertragen werden können. Die strenge Linie der Rechtsprechung im Hinblick auf betriebsbezogene außerdienstliche Straftaten ist grundsätzlich zu begrüßen. Nichtsdestotrotz mutet diese bisweilen außerordentlich arbeitnehmerfreundlich an und erlegt dem Arbeitgeber kaum oder nur schwer erfüllbare Beweis- und Darlegungspflichten auf. Insbesondere das Urteil des LAG Niedersachsen könnte daher zum Anlass genommen werden, bei einer Vielzahl von geradezu erdrückenden Verdachtsmomenten die Interessen des Arbeitgebers etwas mehr in den Vordergrund zu stellen. c) Privatleben des Arbeitnehmers Dass der Arbeitnehmer in seiner privaten Lebensgestaltung grundsätzlich frei ist und der Arbeitgeber kein bestimmtes Freizeitverhalten von seinen Arbeitnehmern fordern kann, gilt in Rechtsprechung und Literatur schon lange als allgemein anerkannt.300 Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 I, 2 I GG wird diese Rechtsposition des Arbeitnehmers heute zusätzlich durch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und datenschutzrechtliche Bestimmungen gesichert. Gleichwohl wurde das private Arbeitnehmerverhalten in der Vergangenheit immer wieder arbeitsrechtlich relevant, wenn das Sexualleben oder der Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers in Frage stand. aa) Persönliche Beziehungen und Sexualleben In der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung der 50er und 60er Jahre lassen sich vereinzelt Fälle finden301, in denen die Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund seines Sexualverhaltens für rechtmäßig befunden wurde. Grundsätzlich wurden und werden persönliche Beziehungen und das Sexualverhalten eines Arbeitnehmers aber 299 Vgl. hierzu Plum, welcher in NZA 2019, 497 (500) allgemeine Leitlinien für die Kündigung von mutmaßlichen „Gefährdern“ aufgrund von Sicherheitsbedenken formuliert. 300 BAG, Urt. v. 23. 6. 1994 – 2 AZR 617/93 – NZA 1994, 1080 (1082); MüKo/Henssler, § 626 BGB, Rn. 255; HaKo-KSchR/Zimmermann, § 1 KSchG, Rn. 404 f. 301 BAG, Urt. v. 28. 8. 1958 – 3 AZR 601/57 – AP KSchG 1951 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 1; LAG Niedersachsen, Urt. v. 28. 1. 1960 – 4 Sa 92/59 – ARSt. XXIV, S. 79.

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als arbeitsrechtlich nicht relevant eingestuft302, zumal die Übereinstimmung der moralischen Wertvorstellungen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine unabdingbare Voraussetzung für das Erbringen der Arbeitsleistung darstellen.303 (1) Sonderfall der Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses In einigen Sonderfällen kann die Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses durch intime Beziehungen des Arbeitnehmers jedoch anzunehmen sein. So hatte das ArbG Siegburg über die Kündigung einer Arbeitnehmerin zu entscheiden, die im Unternehmen ihres Mannes angestellt war und eine außereheliche Beziehung mit einem anderen Mann eingegangen war.304 Das Gericht stufte das ehewidrige Verhalten der Angestellten richtigerweise als arbeitsrechtlich relevant ein. Ein Ehegattenarbeitsverhältnis wird in der Regel aufgrund des gegenseitigen Vertrauens geschlossen und der Ehepartner mithin auch als Vertrauensperson im Betrieb eingesetzt.305 Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass das geschlossene Arbeitsverhältnis und die Ehe sich beziehungslos gegenüberstehen; Verstöße gegen die ehelichen Pflichten sind vielmehr grundsätzlich dazu geeignet, auf das Ehegattenarbeitsverhältnis durchzuschlagen.306 Weiterhin kann ein relevantes außerdienstliches Verhalten auch dann zu bejahen sein, wenn Mitarbeiter desselben Betriebes intime Beziehungen miteinander führen und es hierdurch zu Störungen im Betriebsablauf kommt.307 Eine solche Störung des Betriebsablaufs wäre aber wohl nur in extremen Einzelfällen anzunehmen, wie beispielsweise einem nachweislichen Rückgang der Leistungen der Arbeitnehmer aufgrund der betrieblichen Disharmonien.308 Eine Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses läge außerdem vor, wenn der Arbeitnehmer durch sein Sexual- bzw. Beziehungsverhalten die Eignung zur konkreten Tätigkeit verliert. In diesem Zusammenhang hatte das LAG Rheinland-Pfalz über die Kündigung eines Bewährungshelfers zu entscheiden, welcher eine intime Beziehung zu der Ehefrau des von ihm betreuten Häftlings aufgenommen hatte.309 Dieser stand auch während der Haft mit dem Betreuten in engerem Kontakt; im Zuge dessen wandte sich der Häftling an seinen Bewährungshelfer als eine Art Vertrau302 Sofern dies nicht durch besondere Berufsordnungen, wie bspw. die Berufsordnung für Psychotherapeuten, gerechtfertigt ist, vgl. LAG Köln, Urt. v. 18. 3. 2021 – 8 Sa 765/20 – juris. 303 BAG, Urt. v. 23. 6. 1994 – 2 AZR 617/93 – NZA 1994, 1080 (1082); LAG Hamm, Urt. v. 1. 3. 1990 – 17 Sa 1326/89 – BB 1990, 1422 (1422); LAG Düsseldorf, Urt. v. 24. 2. 1969 – 11 Sa 60/69 – DB 1969, 667 (667 f.). 304 ArbG Siegburg, Urt. v. 8. 7. 1986 – 4 Ca 2611/85 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17. 305 ArbG Siegburg, Urt. v. 8. 7. 1986 – 4 Ca 2611/85 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17. 306 Vgl. ArbG Siegburg, Urt. v. 8. 7. 1986 – 4 Ca 2611/85 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17. 307 LAG Düsseldorf, Urt. v. 24. 2. 1969 – 11 Sa 60/69 – DB 1969, 667 (668). 308 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 98. 309 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22. 2. 1989 – 2 Sa 929/88 – LAGE BGB § 626 Nr. 40.

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ensperson, berichtete ihm über Eheprobleme und ließ diesen Botschaften an seine Frau ausrichten. Dadurch zerstörte er das „für seine Beschäftigung als Bewährungshelfer unbedingt erforderliche Vertrauensverhältnis“ zu seinem Dienstherrn, für welchen ein ähnliches Verhalten des Bewährungshelfers in der Zukunft nicht auszuschließen war.310 Hier wurde also mitunter auf die potentielle Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft abgestellt, was wiederum dafür spricht, dass die nach der Rechtsprechung des BAG geforderte Voraussetzung des Eintritts eines konkreten Schadens nicht in allen Fallkonstellationen zu überzeugenden Ergebnissen führt. In seltenen Fällen können zum Arbeitgeber oder zu Dritten unterhaltene intime Beziehungen folglich auch ein relevantes außerdienstliches Verhalten darstellen. (2) Sonderfall der Druckkündigung Eine Ausnahme von oben dargestelltem Grundsatz käme weiterhin unter den Voraussetzungen einer Druckkündigung in Betracht. Beispielhaft ist hier auf einen vom LAG Hamm entschiedenen Rechtsstreit aus dem Jahre 1990 einzugehen.311 Hier hatte ein Angestellter einer Sparkasse bereits in mehreren Fällen intime Beziehungen mit verheirateten Kundinnen geführt, was in der Kleinstadt auch schon zum Stadtgespräch geworden war. Trotz Warnungen der Sparkassenleitung nahm der Angestellte auch eine intime Beziehung zu der Frau eines Oberfeldwebels auf, welcher die Kündigung des Angestellten verlangte und anderenfalls mit der Auflösung seiner Konten drohte. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Angestellten gekündigt. Das LAG Hamm hat die Kündigung allerdings mit der Begründung, dass der Sparkasse selbst im Falle der Auflösung der Konten kein schwerwiegender wirtschaftlicher Schaden gedroht hätte, für rechtswidrig erklärt.312 Dies verdient im Ergebnis auch Zustimmung, da an die Rechtmäßigkeit einer Druckkündigung in Rechtsprechung und Literatur richtigerweise hohe Anforderungen gestellt werden.313 Diese ist als ultima ratio nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber sich zunächst schützend vor seinen Arbeitnehmer gestellt hat und ihm aufgrund der massiven wirtschaftlichen Nachteile schließlich nur noch die Entlassung des Arbeitnehmers bleibt.314 An eben erläutertem Beispiel lässt sich sehr gut verdeutlichen, wann eine Druckkündigung im Falle eines privaten Verhaltens des Arbeitnehmers zulässig sein könnte. Das „Abspringen“ eines konkreten Kunden kann mangels schwerwiegenden wirtschaftlichen Schadens in der Regel nicht ausreichen. Anders dürfte sich dies jedoch darstellen, wenn ein Arbeitgeber mit seinen Produkten oder 310

Vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22. 2. 1989 – 2 Sa 929/88 – LAGE BGB § 626 Nr. 40. LAG Hamm, Urt. v. 1. 3. 1990 – 17 Sa 1326/89 – LAGE KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 28. 312 Vgl. LAG Hamm, Urt. v. 1. 3. 1990 – 17 Sa 1326/89 – LAGE KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 28. 313 BAG, Urt. v. 26. 1. 1962 – 2 AZR 244/61 – AP BGB § 626 Druckkündigung Nr. 8; ErfK/ Niemann, § 626 BGB, Rn. 185. 314 MüKo/Hergenröder, § 1 KSchG, Rn. 293; Stöhr, JuS 2010, 1052 (1055). 311

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Dienstleitungen beispielsweise ein eher konservatives Publikum ansprechen möchte und aufgrund außerdienstlicher Aktivitäten eines dort tätigen Arbeitnehmers ein ganzer Kundenstamm wegzubrechen droht. In der Praxis deutscher Arbeitsgerichte haben derartige Fälle zwar noch keine Rolle gespielt, jedoch wären diese – gerade auch im Hinblick auf den Anstieg der Preisgabe intimer Details aus dem Privatleben durch Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken – durchaus denkbar. bb) Alkohol- und Drogenkonsum Sofern sich der Alkohol- und Drogenkonsum auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers auswirkt, ist kein außerdienstliches Verhalten, sondern vielmehr das Arbeitsverhalten an sich betroffen. Erscheint der Arbeitnehmer z. B. in alkoholisiertem und daher nicht arbeitsfähigem Zustand zum Dienst, ist dementsprechend eine Verletzung der Arbeitspflicht gegeben, welche je nach Tätigkeitsfeld mehr oder weniger schwer wiegt.315 Ist aber der Verzicht auf Alkohol während der Freizeit für die Erhaltung der Leistungspflicht unabdingbar, so kann dem Arbeitnehmer ausnahmsweise auch der außerdienstliche Alkoholgenuss untersagt werden.316 Dies wäre z. B. bei Chirurgen, Berufskraftfahrern und Piloten anzunehmen.317 Was den Konsum von „harten“ Drogen anbelangt, wird für die soeben genannten Berufszweige eine Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses aber regelmäßig auch dann schon anzunehmen sein, wenn sich der Konsum noch nicht negativ auf die Erbringung der Leistungspflicht ausgewirkt hat.318 Für alle anderen Tätigkeiten ist demgegenüber grundsätzlich davon auszugehen, dass außerdienstlicher Alkohol- und Drogenkonsum in der Regel nicht als arbeitsrechtlich relevant eingestuft werden kann, wenn sich dieser nicht auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt.319 Anders kann dies nur zu beurteilen sein, wenn der Alkoholkonsum eines Arbeitnehmers Zweifel an seiner Zuverlässigkeit aufkommen lässt oder zu einer erheblichen Rufschädigung des Arbeitgebers führt. Das BAG hatte 1997 über die Kündigung eines Berufskraftfahrers zu entscheiden, welcher im privaten Bereich einen Verkehrsunfall unter erheblichem Alkoholeinfluss verursacht hatte.320 Eine hochgradige Alkoholisierung im außerdienstlichen Bereich lasse laut BAG Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit eines Berufskraftfahrers zu, könne bei einem einmaligen Fehlverhalten und mangels Feststellung 315

Zum absoluten und relativen Alkoholverbot s. MhdB ArbR/Reichold, § 55, Rn. 21. LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 20. 11. 2007 – 5 TaBV 23/07 – NZA-RR 2008, 184 (186); LAG München, Urt. v. 23. 9. 1975 – 5 Sa 590/75 – BB 1976, 465 (465). 317 Vgl. MhdB ArbR/Reichold, § 55, Rn. 21. 318 BAG, Urt. v. 20. 10. 2016 – 6 AZR 471/15 – NZA 2016, 1527 (1530); Schaub ArbRHdB/Linck, § 53, Rn. 13. 319 MhdB ArbR/Benecke, § 33, Rn. 88; MüKo/Hergenröder, § 1 KSchG, Rn. 267; Künzel, BB 1993, 1581 (1586); Hemming, BB 1998, 1998 (2000). 320 BAG, Urt. v. 4. 6. 1997 – 2 AZR 526/96 – BB 1998, 109 (109). 316

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einer Alkoholsucht die Kündigung jedoch nicht rechtfertigen.321 Etwas mehr als 30 Jahre zuvor hatte das BAG in einem vergleichbaren Fall allerdings noch anders entschieden und war davon ausgegangen, dass das Führen eines Fahrzeugs im betrunkenen Zustand erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Berufskraftfahrers aufkommen lasse und eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber daher nicht zuzumuten sei.322 Interessanterweise war es in diesem Fall „noch nicht mal“ zu einem Unfall gekommen.323 Wie das BAG die beiden Fälle heute entscheiden würde, kann nur vermutet werden. Richtigerweise dürfte ein arbeitsrechtlich relevantes Verhalten – auch bei Berufskraftfahrern – jedoch nur anzunehmen sein, wenn die Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers dadurch erheblich beeinträchtigt wird. Bei einem einmaligen Verstoß dürfte dies in Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BAG noch nicht anzunehmen sein. Als relevantes außerdienstliches Verhalten wurde vom BAG auch die sich häufende Trunkenheit eines Sparkassenangestellten in seiner Freizeit eingestuft, welcher mit seinem Verhalten schon für Aufruhr unter den Kunden gesorgt hatte.324 Auch dieser Fall wurde jedoch schon vor mehreren Jahrzehnten entschieden, weshalb nicht von einer ständigen Rechtsprechung des BAG ausgegangen werden kann. Nach der hier vertretenen Auffassung sollten an eine Rufschädigung des Arbeitgebers durch die außerdienstliche Trunkenheit eines Arbeitnehmers ähnlich hohe Anforderungen wie an die bereits erwähnte Druckkündigung gestellt werden. Dass sich einzelne Kunden am Alkoholkonsum eines Mitarbeiters stören, wäre folglich als nicht ausreichend einzustufen. cc) Sonderfall der Publikmachung des Privatlebens in sozialen Medien Es ist zu untersuchen, ob die bereits dargestellten Grundsätze zum Privatverhalten des Arbeitnehmers auch dann gelten, wenn dieser sein Privatleben in sozialen Medien öffentlich macht. Vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 I, 1 I GG ist grundsätzlich auch die Darstellung des Grundrechtsinhabers in der Öffentlichkeit erfasst.325 Dieser darf selbst darüber entscheiden, ob und wie weit er Inhalte seines Privatlebens mit Dritten teilt.326 Dementsprechend ist eine Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit allein aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitnehmer private Angelegenheiten in sozialen Netzwerken mit anderen teilt, abzulehnen. Allerdings hebt der Arbeitnehmer die Privatheit seiner Äußerungen durch Veröffentlichung im Internet zumindest teilweise auf, weshalb nicht der nach Art. 1 I GG unantastbare Bereich der Intimsphäre, sondern lediglich die weitergehenden Einschränkungsmöglichkeiten unterliegende Privat- oder So321

Vgl. BAG, Urt. v. 4. 6. 1997 – 2 AZR 526/96 – BB 1998, 109 (110 f.). Vgl. BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – DB 1963, 1580 (1580). 323 BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – DB 1963, 1580 (1580). 324 BAG, Urt. v. 20. 1. 1960 – 4 AZR 267/59 – BAGE 8, 338 (339 f.); die Kunden hatten hier in Frage gestellt, ob sie „diesem Mann“ ihr Geld anvertrauen könnten. 325 BVerfG, Beschl. v. 8. 2. 1983 – 1 BvL 20/81 – BVerfGE 63, 131 (142). 326 Manssen, Staatsrecht II, § 11, Rn. 272. 322

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zialsphäre betroffen ist.327 Somit ist die bereits erwähnte besondere Schlagkraft von Äußerungen in sozialen Medien nicht zu vernachlässigen. Liegt einer der oben erörterten Fälle vor, in welchen das Privatleben des Arbeitnehmers ausnahmsweise dazu geeignet ist, den Arbeitgeber zu schädigen, so kann die zusätzliche Veröffentlichung in sozialen Netzwerken den Handlungen des Arbeitnehmers mehr Gewicht verleihen und demnach die Relevanz für das Arbeitsverhältnis verstärken. Im Falle einer Druckkündigung kann beispielsweise von Bedeutung sein, ob das in Frage stehende Verhalten des Arbeitnehmers mithilfe sozialer Medien einem breiten Publikum bekannt geworden ist bzw. sich der Protest gegen den Arbeitnehmer auf einer dieser Plattformen abspielt. dd) Zwischenergebnis Das außerdienstliche Privatverhalten des Arbeitnehmers – sei es dessen Sexualverhalten, Alkoholkonsum oder ähnliche private Angelegenheiten – sind im Grundsatz als arbeitsvertraglich irrelevant einzustufen. Gleichwohl kann der Arbeitgeber in Einzelfällen ein Interesse an der Unterlassung bestimmter außerdienstlicher Verhaltensweisen haben. Dies aber nur dann, wenn das Privatverhalten des Arbeitnehmers sich negativ auf den Betrieb auswirkt. d) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die drei vorgestellten Fallgruppen mithilfe des Grundsatzes der Betriebsbezogenheit zumeist einer zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden können. Gleichwohl würde das Ausreichen einer konkreten Gefährdung des Betriebes – wie bereits angedeutet328 – in einigen Fällen zu einer ausgewogeneren Lösung führen. Dieses Ergebnis wird auch durch die Untersuchung außerdienstlichen Verhaltens in sozialen Medien bestätigt. Aufgrund deren mit herkömmlichen Kommunikationsmitteln nicht vergleichbarer Schlagkraft könnte das Erfordernis des Nachweises einer Schädigung durch den Arbeitgeber in eine Pflicht zum Abwarten einer Schädigung verkehrt werden. Wie auch die Ausführungen zur Verdachtskündigung zeigen, kann es unter Umständen notwendig sein, den Interessen des Arbeitgebers trotz grundsätzlicher Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers mehr Gewicht zu verleihen. 2. Im englischen Recht Ebenso wie im deutschen Recht spielen auch in England das Privatleben des Arbeitnehmers im engeren Sinne, dessen Meinungsäußerungen und von ihm be327

Vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 108. S. hierzu schon unter II., 1., b). Auf Kritik und Lösungsansätze der Literatur wird zudem vertieft unter V. eingegangen. 328

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gangene Straftaten im Hinblick auf außerdienstliches Verhalten eine besonders große Rolle. In Anknüpfung an die obigen Ausführungen ist die Rechtsprechung zu den einzelnen Fallgruppen im Folgenden zu erörtern. a) Meinungsäußerungen Bevor auf die Meinungsfreiheit im außerdienstlichen Bereich eingegangen werden kann, sind zunächst die Grundlagen und Reichweite derselben im englischen Recht darzustellen. aa) Der Schutz der Meinungsfreiheit im englischen Recht Mangels einer geschriebenen Verfassung galt die Ausgestaltung der Meinungsfreiheit im englischen Recht lange Zeit als eher rückständig.329 Es wurde diesem Recht auf den ersten Blick nur wenig Beachtung geschenkt, was sich nicht zuletzt daran erkennen lässt, dass der bedeutende Rechtswissenschaftler Blackstone die Meinungsfreiheit in seiner Abhandlung zu persönlichen Freiheitsrechten aus dem Jahr 1829 nicht einmal erwähnt hatte.330 Verfassungsrechtler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gaben der Meinungsfreiheit schließlich eine Art negative Definition, nach welcher diese dort vorhanden sei, wo sie nicht durch Gesetzesrecht eingeschränkt wurde.331 Nichtsdestotrotz lassen sich dem common law einige zur Meinungsfreiheit entwickelte Grundsätze entnehmen, welche jedoch zuallermeist Fälle bezüglich libel (Verleumdung), breach of confidence (Vertrauensbruch) oder contempt of court (Missachtung des Gerichts) betreffen.332 Ende des 20. Jahrhunderts begannen die englischen Richter schließlich das Recht auf freie Meinungsäußerung im Lichte der EMRK zu entwickeln, auch wenn diese zu jenem Zeitpunkt noch nicht verbindliches Gesetzesrecht in Großbritannien war.333 Mit Umsetzung der EMRK durch den HRA wurde das Recht auf freie Meinungsäußerung schließlich wortgleich in englisches Gesetzesrecht transformiert, vgl. Art. 10 HRA. Wie bereits angedeutet, ist aber fraglich, inwiefern sich Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft auf Art. 10 HRA berufen können. Da Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes Teil der Staatsgewalt sind, können sich deren Arbeitnehmer zwar problemlos auf Art. 10 HRA berufen, dieser kommt aufgrund der dem Arbeitnehmer obliegenden Loyalitätspflichten jedoch nur eingeschränkt zur Geltung.334 Je nach Dienstgrad und Tätigkeitsfeld unterliegen die öffentlich Angestellten unterschiedlichen Beschränkungen im Hinblick auf deren 329 330 331 332 333 334

Barendt, Freedom of Speech, p. 40 – 41. Vgl. Blackstone, Commentaries III, p. 115 ff. Vgl. Dicey, Introduction to the Study of the Law of the Constitution, p. 240, 246. Barendt, Freedom of Speech, p. 40. Vgl. Barendt, Freedom of Speech, p. 39. X v Y [2004] ICR 1634, 1652 – 1653; Barendt, Freedom of Speech, p. 487 – 488.

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politische Betätigung, vgl. s. 4.4 CSMC. Die Anwendbarkeit auf das private Arbeitsverhältnis wird von den Gerichten teilweise mit Verweis auf Art. 6(1) HRA abgelehnt, nach welchem die im HRA statuierten Rechte lediglich die staatliche Gewalt verpflichten;335 bis heute ist die Notwendigkeit einer Einbeziehung des HRA und der Umfang einer solchen Einbeziehung in Literatur und Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.336 bb) Unternehmensschädigende Äußerungen Tätigt der Arbeitnehmer Äußerungen, welche in erster Linie auf die Schädigung des ihn beschäftigenden Unternehmens gerichtet sind, so kann er sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. In der bewussten Schädigung des Arbeitgebers wäre ein Verstoß gegen die implied term der duty of fidelity337 zu sehen – diese ist verletzt, wenn das Verhalten eines Arbeitnehmers dazu geeignet ist, die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers zu schädigen338 – und somit wäre ein breach of contract gegeben. cc) Unternehmenskritische Äußerungen Äußert der Arbeitnehmer auf das Unternehmen gerichtete Kritik, so ist in England der Public Interest Disclosure Act 1998 (PIDA) zu beachten. Sofern an der Veröffentlichung gewisser Sachverhalte durch einen Arbeitnehmer ein öffentliches Interesse besteht, dürfen der für die Veröffentlichung verantwortlichen Person keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen.339 Erfasst ist dementsprechend Kritik am Arbeitgeber, die als whistleblowing einzuordnen ist.340 Ist die Kritik eines Arbeitnehmers am Arbeitgeber allerdings nicht unter einen im PIDA gelisteten Tatbestand zu subsumieren, so fällt der Schutz gegen arbeitgeberseitige Maßnahmen eher dürftig aus. Es kommt hier allein auf die Frage an, ob – sofern eine Kündigung vorliegt – diese als fair einzustufen ist, was nicht notwendigerweise mit dem Vorliegen eines breach of contract zusammenfallen muss.341 Es ist allerdings von Bedeutung, ob Art. 10 HRA Einfluss auf die Bewertung der Kündigung als fair oder unfair hat. Da der Schutz der Meinungsfreiheit in England gewissermaßen noch in den Kinderschuhen steckt, ist nicht verwunderlich, dass in den meisten von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen zur Kritik durch den Arbeitnehmer soziale 335

Vgl. Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826. Wragg (2015) 44 ILJ 1, 7 m. w. N. 337 Hivac Ltd v Park Royal Scientific Instruments Ltd [1946] 1 Ch 169, 174. 338 Die duty of fidelity wird teilweise auch als duty of loyalty beschrieben, wenn es um den Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers geht, vgl. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 155. 339 Vgl. s. 103 A Public Interest Disclosure Act 1998. 340 Diese Problematik soll ebenso wie im deutschen Recht auch hier außen vor bleiben. 341 Vickers, Freedom of Speech and Employment, pp. 178 – 179. 336

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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Medien involviert waren.342 Judikate zum Schutz der Meinungsfreiheit im Falle von unternehmenskritischen Äußerungen des Arbeitnehmers sind daher später in Bezug auf die Besonderheiten sozialer Medien zu untersuchen. dd) Meinungsäußerungen ohne Bezug zum Arbeitgeber Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis wurden in Großbritannien in den vergangenen Jahren vor allem in Bezug auf die politische Partei BNP (British National Party) relevant. Das Parteiprogramm der BNP konzentriert sich hauptsächlich auf Themen der Zuwanderung und war aufgrund der teilweise rassistischen Tendenzen schon mehrfach Gegenstand der öffentlichen Kritik.343 Nichtsdestotrotz gilt diese weiterhin – vergleichbar mit der deutschen NPD – als legale Partei und erzielte in Kommunal- und Europawahlen der vergangenen Jahre einige mäßige Erfolge. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Fall eines Busfahrers aus dem Jahr 2004, welcher gekündigt worden war, nachdem er als Mitglied der BNP zum Gemeinderat gewählt worden war.344 Der Arbeitgeber hatte seine Entscheidung damit begründet, dass die Mehrheit der zu befördernden Passagiere und Arbeitskollegen asiatischer Herkunft seien und die Beschäftigung des in Frage stehenden Busfahrers daher ein Sicherheitsrisiko für das Unternehmen darstelle.345 Eine Berufung auf Art. 10 HRA schloss das Gericht mit Hinweis auf die Tatsache, dass es sich bei dem Busunternehmen nicht um eine öffentliche Einrichtung handelte, aus.346 Da das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als 12 Monate bestanden hatte, konnte der Arbeitnehmer zudem auch keinen Kündigungsschutz nach dem ERA beanspruchen und machte in seiner Klage daher lediglich geltend, dass die Kündigung eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung nach dem Race Relations Act 1976 darstelle.347 Auch wenn die Klage vom Court of Appeal mangels Vorliegen einer Diskrimierung aufgrund der Rasse zurückgewiesen wurde, lassen sich dieser Entscheidung durchaus Hinweise auf den Umgang mit außerdienstlichen politischen Aktivitäten des Arbeitnehmers und damit einhergehende Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers entnehmen. Nach den Ausführungen des Lordrichters Mumery LJ wäre eine Kündigung allein aufgrund der politischen Anschauungen eines Arbeitnehmers als nicht gerechtfertigt einzustufen:

342

Mantouvalou, IJCLLIR (2019) 101, 124. Vgl. Collins/Ewing/McColgan, p. 465. 344 Redfearn v Serco Ltd [2006] ICR 1367. 345 Vgl. Redfearn v Serco Ltd [2006] ICR 1367, 1370. 346 Redfearn v Serco Ltd [2006] ICR 1367, 1371. 347 Redfearn v Serco Ltd [2006] ICR 1367, 1371; der Kläger berief sich darauf, dass er aufgrund der überwiegend asiatischen Herkunft der zu befördernden Personen gekündigt worden war und dies eine Benachteiligung aufgrund der eigenen Rasse darstelle. 343

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

„If this was an unfair dismissal case, there would be substance in the critical comments on the circumstances of Mr Redfearn’s dismissal. It is not, in general, fair to dismiss a person from employment for engaging in political activities or for being a member of a political party propagating policies that are unacceptable to his employer, to his fellow employees, to trade union officials and members, or even most of the population. […] Unpopular political opinions are lawful, even if they are intolerant of others and give offence to many. The right to stand for political office in a democratic election and to engage in political debate is entitled to respect, however unpalatable the person’s political convictions may be to many others.“348

Aus dieser Stellungnahme kann geschlossen werden, dass Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers allein aufgrund der politischen Einstellung eines Arbeitnehmers auch ungeachtet der Anwendbarkeit von Art. 10 HRA einer gerichtlichen Überprüfung im Zweifel nicht standhielten, sofern die Interessen des Arbeitgebers durch deren Kundgabe nicht ernsthaft beeinträchtigt werden. Schließlich wäre diese Konstellation auch mit dem Fall der Betätigung für eine Gewerkschaft – welche einen Fall der sog. automatically unfair dismissal darstellt – vergleichbar und die fairness einer etwaigen Kündigung daher eher schwer zu begründen. Eine andere Beurteilung ergäbe sich nur dann, wenn beispielsweise die Arbeitskollegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitarbeiter verweigern oder Beschwerden der Kunden vorliegen, welche wirtschaftliche Einbußen des Arbeitgebers zur Folge haben.349 In diesem Fall könnte das Verhalten des Arbeitnehmers als Verstoß gegen die implied term der duty of fidelity eingestuft werden und somit – vergleichbar mit den Grundsätzen der Druckkündigung – eine Kündigung des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein. ee) Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen Ebenso wie sich in Deutschland ein Verbot der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen aus §§ 241 II, 242 BGB bzw. dem GeschGehG ergeben kann, ist ein solches im englischen Arbeitsrecht aus der bereits erörterten duty of fidelity abzuleiten. Was genau unter einem Geschäftsgeheimnis verstanden wird, ist zwar nicht gesetzlich definiert, es gilt jedoch als anerkannt, dass die Pflicht, vertrauliche Informationen des Arbeitgebers nicht an Dritte weiterzugeben, jedem Arbeitsverhältnis immanent ist und als duty of confidentiality eine Art Unterkategorie der duty of fidelity darstellt.350 Ob ein Geschäftsgeheimnis vorliegt, hängt nach der Grundsatzentscheidung des Court of Appeal in Faccenda Chicken Ltd v Fowler351 von der Art des Arbeitsverhältnisses sowie der Art der Information ab; zudem kommt es 348

Redfearn v Serco Ltd [2006] ICR 1367, 1371 – 1372; zu diesem Punkt äußerte sich der EGMR in seiner späteren Entscheidung jedoch nicht, vgl. Redfearn v United Kingdom App No 47335/06 (6 November 2012). 349 Vgl. Gibbins v British Council ET Case No 2200088/17. 350 Bents Brewery Co Ltd v Hogan [1945] 2 All ER 570, 576. 351 Vgl. Faccenda Chicken Ltd v Fowler ICR [1986] 297.

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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darauf an, inwiefern der Arbeitgeber die Vertraulichkeit der Information zuvor dem Arbeitnehmer gegenüber betont hat und ob die in Frage stehende Information leicht zu bestimmen bzw. leicht von anderen, nicht vertraulichen Informationen abgegrenzt werden kann.352 Im Falle der Annahme einer unerlaubten Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen kann unter Rechtfertigungsgesichtspunkten, anders als in Deutschland, auf die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 10 HRA zurückgegriffen werden, was dem Umstand geschuldet ist, dass die Gerichte Vertraulichkeitsfragen auch außerhalb des Arbeitsrechts mehr und mehr im Lichte der EMRK betrachten.353 Dies bedeutet allerdings nicht, dass englische Gerichte in der Weitergabe eines Geschäftsgeheimnisses eine Meinung nach deutschem Rechtsverständnis erkennen, sondern ist vielmehr auf die unterschiedliche Auslegung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit in Deutschland und in England zurückzuführen. Dies äußert sich dadurch, dass das Vorhandensein eines „Element[s] der Stellungnahme und des Dafürhaltens“354 nach englischem Verständnis nicht erforderlich ist und somit auch die bloße Weitergabe von Tatsachenbehauptungen eine Meinungsäußerung darstellen kann.355 Diese Interpretation der Meinungsfreiheit lässt sich auch am Wortlaut des Art. 10(1) HRA festmachen, nach welchem nicht nur die Meinungsfreiheit, sondern auch „die Freiheit, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“ geschützt wird. Gleichwohl dürften solche Fälle in der Praxis eher die Ausnahme darstellen, da Arbeitnehmer, die mit vertraulichen Informationen in Berührung kommen, sich zumeist vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet haben und das Recht der freien Meinungsäußerung einen breach of contract nicht zu rechtfertigen vermag. ff) Sonderfall der Meinungsäußerung in sozialen Netzwerken? Auch in England haben nach einer Studie des ACAS arbeitsrechtliche Streitigkeiten ausgelöst durch die Nutzung sozialer Netzwerke in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen.356 Hinsichtlich der Definition sozialer Medien und des sozialen Netzwerks kann auf die Ausführungen zum deutschen Recht verwiesen werden.357 Ebenso wie in Deutschland hatten auch im englischen Recht die meisten 352

Faccenda Chicken Ltd v Fowler ICR [1986] 297, 310 – 311. Vgl. nur Campbell v Frisbee [2003] ICR 141, 151. 354 BVerfG, Beschl. v. 22. 6. 1982 – 1 BvR 1376/79 – BVerfGE 61, 1 (8); BVerfG, Urt. v. 15. 1. 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198 (210). 355 Vgl. KonkordanzKommEMRK/GG/Grote/Wenzel, Art. 10 EMRK, Rn. 25, 28; dass ein Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens nach englischem Recht nicht gefordert ist, lässt sich zudem im Umkehrschluss daraus schließen, dass eine Ausnahme vom Zensurverbot (prior restraint oder prior censorship) für die Weitergabe vertraulicher Informationen diskutiert wird, vgl. Barendt, Freedom of Speech, p. 136 – 145. 356 Vgl. Broughton/Higgins/Hicks, ACAS Research Paper, Workplaces and Social Networking, p. 12. 357 Vgl. schon unter IV., 1., a), ee), (1). 353

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

der kündigungsrelevanten Fälle zum außerdienstlichen Verhalten allgemein bekannte soziale Netzwerk wie Facebook oder Twitter zum Gegenstand. Daher wird sich auch im Folgenden vorwiegend auf die Auswirkungen außerdienstlichen Verhaltens in sozialen Netzwerken konzentriert, wobei die darzustellenden Grundsätze – je nach Eigenart – auch für andere soziale Medien Geltung beanspruchen können. Im Vergleich zur deutschen Rechtslage fällt zunächst auf, dass von der Rechtsprechung entschiedene Fälle zu Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken in etwas geringerem Umfang vorhanden sind. Dies liegt hauptsächlich daran, dass präventiv wirkende Unternehmensrichtlinien und sog. Social Media Guidelines in England weitaus üblicher und dementsprechend auch weiter verbreitet sind, was wiederum auf die leichtere Einbeziehung in den Arbeitsvertrag und der größeren Akzeptanz solchen Regelungen gegenüber zurückgeführt werden kann.358 Nichtsdestotrotz haben sich auch in der englischen Rechtsprechung einige Grundsätze zum Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten in sozialen Medien herausgebildet. (1) Differenzierung nach dem Inhalt der Äußerung (a) Bezug zum Arbeitgeber Wie bei sonstigen Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers auch, kommt es bei solchen in sozialen Netzwerken zunächst darauf an, inwiefern die in Frage stehende Äußerung dazu geeignet oder gar bestimmt ist, die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers zu schädigen und ob dementsprechend ein Verstoß gegen die duty of fidelity angenommen werden kann. Wurden der Arbeitgeber, andere dem Unternehmen zugehörige Beschäftigte oder Kunden durch Äußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Medien gezielt angegriffen, so wurden darauffolgende Disziplinarmaßnahmen der Arbeitgeber von den Arbeitsgerichten in der Vergangenheit ausnahmslos als gerechtfertigt eingestuft.359 Liegen lediglich arbeitgeberkritische Äußerungen außerhalb der Regelungen des PIDA vor, so lässt sich hingegen keine derart eindeutige Linie der Rechtsprechung erkennen. Die Gerichte scheinen vielmehr jeweils eine Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen.360 In die Abwägung einbezogen werden regelmäßig aber Art und Schwere der Kritik, sowie dadurch ausgelöste Reaktionen Dritter.361 Ein etwas klareres Bild zeichnet sich wiederum ab, wenn man nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitgeber stehende sonstige Meinungsäußerungen des Ar358 Hierauf wird im Kapitel F., welches die präventiven Gestaltungsmittel des Arbeitgebers ausführlich behandelt, noch näher eingegangen. 359 Preece v JD Wetherspoons plc ET Case No 2104806/10 para 41; Dixon v GB Eye Ltd [2011] 9 WLUK 294; Teggart v TeleTech UK Ltd [2012] 3 WLUK 497 [6]; British Waterways Board trading as Scottish Canals v Smith [2015] 8 WLUK 9. 360 Vgl. Zaver v Dorchester Hotel Ltd [2006] 11 WLUK 668; Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416; Whitham v Club 24 Ltd [2011] 6 WLUK 35. 361 Whitham v Club 24 Ltd [2011] 6 WLUK 35 [41].

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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beitnehmers untersucht. Sofern diese keine Beleidigungen oder volksverhetzende Äußerungen enthalten und weitestgehend sachlich Stellung zu einem Thema beziehen, wird darin zumeist kein arbeitsrechtlich relevantes Verhalten des Arbeitnehmers gesehen.362 Beispielhaft hierfür kann der Fall Smith v Trafford Housing Trust363 aus dem Jahre 2013 genannt werden. Mr Smith war im Managementbereich eines privaten Unternehmens angestellt und hatte sich auf seiner Facebook-Seite kritisch zur gleichgeschlechtlichen Ehe geäußert. Daraufhin wurde er auf einen Posten außerhalb des Managements zurückgestuft und erhielt eine Gehaltskürzung um 40 %. Das zur Entscheidung berufene Gericht ging davon aus, dass eine von Art. 10 HRA geschützte Meinungsäußerung vorlag – auf die Anwendbarkeit des HRA in privaten Rechtsverhältnissen wurde gleichwohl nicht eingegangen – und erklärte die Maßnahmen des Arbeitgebers mangels negativer Auswirkungen der Äußerungen auf das Arbeitsverhältnis für rechtswidrig.364 Mit Ausnahme der unternehmenskritischen Äußerungen scheint die Rechtsprechung demnach eine relativ einheitliche Linie zu verfolgen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass in fast allen der bislang zu entscheidenden Fälle von Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken – im Gegensatz zu Deutschland – eine sog. social media policy oder zumindest eine Unternehmensrichtlinie zu den Anforderungen an dienstliches sowie außerdienstliches Verhalten bestand, an welcher die Gerichte die Rechtmäßigkeit eines konkreten Arbeitnehmerverhaltens messen konnten. Auf deren Einbeziehung in den Arbeitsvertrag und deren Reichweite wird im Kapitel F. einzugehen sein. (b) Anwendbarkeit von Art. 10 HRA und „Qualität“ der Äußerung Hinsichtlich der Bewertung des Inhalts einer Äußerung stellen die Gerichte in Frage, ob diese überhaupt dem Schutz der Meinungsfreiheit unterliegt und kommen hierbei zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Wie bereits erläutert, wird dies teilweise mit dem Argument abgelehnt, dass es sich bei dem Arbeitgeber zumeist nicht um eine öffentliche Einrichtung handelt.365 Auch wenn die Anwendbarkeit von den Gerichten bejaht wird, fällt allerdings auf, dass viele Äußerungen in sozialen Medien als nicht von Art. 10 HRA geschützt eingestuft werden oder ein gerechtfertigter Eingriff durch den Arbeitgeber angenommen wird, wenn es sich um spontane oder triviale, in der Gesellschaft tendenziell auf Ablehnung stoßende Äußerungen handelt.366 So ging das Gericht in Crisp v Apple Retail UK Ltd367 davon aus, dass die vom Kläger getätigten Äußerungen nicht als für die Wahrung der 362 Taylor v Somerfield Stores Ltd ETS Case No S/107487/07 para 33; Mason v Huddersfield Giants Ltd [2014] WL 3925309. 363 Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86. 364 Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86 [82]. 365 Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826 [11]. 366 Vgl. Wragg (2015) 44 ILJ 1, 2. 367 Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Meinungsfreiheit besonders wichtig einzustufen waren – anders als z. B. die Kundgabe politischer Überzeugungen – und die Rechte des Klägers daher hinter den Interessen des Arbeitgebers zurücktreten müssten.368 In anderen Fällen wurde Art. 10 HRA wiederum gar nicht erwähnt369 oder dessen Einschlägigkeit ohne tiefergehende Begründung bejaht.370 Ob und wie der Anwendbarkeit von Art. 10 HRA sind dementsprechend auch in Bezug auf Meinungsäußerungen in sozialen Medien in der Rechtsprechung nach wie vor ungeklärt. (2) Medienspezifische Abwägungskriterien Ähnlich wie in Deutschland beziehen auch die englischen Gerichte die Besonderheiten der Kommunikation über soziale Medien in ihre Abwägung mit ein. Es wird zumeist untersucht, welche Privatsphäre-Einstellungen der Arbeitnehmer verwendet, ob er seinen Arbeitgeber im Profil angegeben hat, mit wie vielen Leuten er „befreundet“ ist und ob sich unter diesen Freunden auch Arbeitskollegen befinden.371 Weiterhin wird teilweise in einer Art Gesamtabwägung berücksichtigt, ob ein Posting im Nachhinein wieder gelöscht wurde und der Arbeitnehmer für sein Verhalten Reue zeigt, sich beispielsweise bei der betroffenen Person entschuldigt hat.372 Was die Vertraulichkeit von Gesprächen in sozialen Netzwerken angeht, wird interessanterweise aber gänzlich anders argumentiert als in Deutschland. Privatheit ist nach dem Verständnis der englischen Gerichte auch dann nicht gegeben, wenn nur wenige Nutzer auf den in Frage stehenden Kommentar zugreifen können. Denn der Urheber eines Postings könne sich nicht darauf verlassen, dass von ihm verfasste Texte nicht von den Lesern kopiert und weiterverbreitet werden.373 Die Nichtverlässlichkeit der Privatsphäreeinstellungen wird teilweise sogar in den social media policies der Unternehmen ausdrücklich hervorgehoben und in diesem Fall von den Gerichten auch nicht in Frage gestellt.374 Auch wenn die oben dargestellten Abwägungskriterien teilweise in den Urteilsbegründungen aufgegriffen werden, kann im Ergebnis dennoch festgestellt werden, dass eine ausdifferenzierte medienspezifische Kasuistik für derartige Fälle im englischen Recht nicht besteht, da die genannten Kriterien meist eher am Rande erwähnt und mithin nicht von einheitlichen Bewertungskriterien gesprochen werden kann. Auch dies lässt sich wiederum mit den üblicherweise vorhandenen Unternehmensrichtlinien bzw. den sog. social media 368

Vgl. Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416 [46]. Whitham v Club 24 Ltd [2011] 6 WLUK 35. 370 Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86 [68], [72]. 371 Preece v JD Wetherspoons plc ET Case No 2104806/10 para 20; Whitham v Club 24 Ltd [2011] 6 WLUK 35 [13]; Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416 [44]; Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86 [76]. 372 Stephens v Halfords plc ET Case No 1700796/10; Lake v Amey Services Ltd [2014] 11 WLUK 777. 373 Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416 [45]; Plant v API Microelectronics Ltd ET Case No 3401454/16 para 17. 374 Plant v API Microelectronics Ltd ET Case No 3401454/16 para 4. 369

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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policies erklären, aufgrund welcher die Gerichte nicht gezwungen waren, ausführliche und eigenständige Bewertungskriterien zu entwickeln. gg) Zwischenergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Rechtsprechung bei eher eindeutigen Fällen, in welchen entweder eine Beleidigung oder gezielte Kritik des Arbeitnehmers vorliegt bzw. dessen Äußerung keinerlei Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erkennen lässt, relativ einheitlich ist. Allerdings findet eine Auseinandersetzung mit dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 10 HRA bisweilen gar nicht oder nur sehr oberflächlich statt. Daher werden die Meinungsäußerungen von Arbeitnehmern nach wie vor primär nach dem BORR und dem sog. „Burchell“-Test bewertet.375 Insbesondere die Anwendung des „Burchell“-Tests, auf welchen im Falle von Meinungsäußerungen in sozialen Medien fast ausnahmslos zurückgegriffen wird, führt dazu, dass die subjektive Wahrnehmung des Arbeitgebers für die Bestimmung eines etwaigen Fehlverhaltens ausschlaggebend ist. Dementsprechend scheinen Entscheidungen in Zweifelsfällen tendenziell zugunsten des Arbeitgebers auszufallen.376 b) Vom Arbeitnehmer begangene Straftaten Auch im englischen Recht wird die Auswirkung von außerdienstlich begangenen Straftaten auf das Arbeitsverhältnis diskutiert. Im Gegensatz zu den Meinungsäußerungen besteht diesbezüglich eine weitestgehend gefestigte Rechtsprechung. Dies liegt unter anderem daran, dass sich im ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures seit 2009 Regelungen zum Umgang mit Straftaten des Arbeitnehmers befinden. Die englischen Gerichte haben gleichwohl auch schon Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts einige Grundsätze zum Umgang mit strafrechtlich relevantem Verhalten des Arbeitnehmers aufgestellt. aa) Straftaten mit Bezug zum Arbeitgeber Bereits vor Verabschiedung des ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures argumentierten die Gerichte im Falle von durch den Arbeitnehmer begangenen Straftaten mit den Auswirkungen derselben auf das Arbeitsverhältnis. Auf Rechtsgüter des Arbeitgebers gerichtete Straftaten stellten regelmäßig einen hinreichend Grund zur fristlosen Kündigung dar.377 Dass das in Frage stehende Verhalten womöglich außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden hatte, spielte 375

Vgl. oben unter II., 2., b), bb). So der überwiegende Teil der englischen Literatur, vgl. nur Mantouvalou (2019) 35 IJCLLIR 101, 118, Fn. 78 m. w. N. 377 Johnson Matthey Metals Ltd v Harding [1978] IRLR 248 [6]; Pitt, Employment Law, p. 230. 376

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

aufgrund der engen Verbindung zum Arbeitsverhältnis keine Rolle und wurde dementsprechend auch nicht besonders erwähnt.378 Zudem wurden gerade Straftaten wie Diebstahl und Betrug zu Lasten des Arbeitgebers schon in der ursprünglichen Fassung des ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures als Beispiele für sog. gross misconduct (dt. grobes Fehlverhalten/grobe Verletzung) aufgenommen.379 Aber auch in Fällen, in denen sich die Straftat nicht gegen den Arbeitgeber selbst richtete, wurde mit deren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis argumentiert. So ging der EAT schon 1976 in Singh v London Country Bus Services380 davon aus, dass eine verhaltensbedingte Kündigung auch dann in Betracht kommt, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers zwar außerhalb der Arbeitszeiten stattfand, dieses aber die Erfüllung der Arbeitspflicht in irgendeiner Weise beeinflusst.381 Inhaltlich ging es um die Kündigung eines Busfahrers, welchem mehrere Vermögensdelikte zur Last gelegt worden waren. Das Gericht sah die Maßnahme des Arbeitgebers als gerechtfertigt an, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund dieser Vorfälle nicht mehr mit der Entgegennahme des Beförderungsentgelts betrauen könne.382 Ebenso wurde in vergleichbaren Fällen entschieden, wenn es sich um Vermögensdelikte eines Arbeitnehmers handelte, welcher in irgendeiner Art mit der Vermögensbetreuung in Berührung kam, oder im sozialen Sektor tätigen Arbeitnehmern Sexualdelikte zur Last gelegt wurden.383 Bestand allerdings die Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf einen andere Posten zurückzustufen und somit potentiellen Straftaten präventiv entgegenzuwirken, so war dies als milderes Mittel einer Kündigung vorzuziehen.384 bb) Straftaten ohne Bezug zum Arbeitgeber Auch ohne eine derartige Verbindung zum Arbeitsverhältnis wurden Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers aber als gerechtfertigt betrachtet, wenn die in Frage stehende Straftat sich negativ auf die Reputation des Arbeitgebers auswirkte.385 Beispielhaft kann hier der Fall Liddiard v Post Office386 aus dem Jahr 2001 herangezogen werden. Mr. Liddiard war sei 1986 bei der Post angestellt und hatte sich bis 1998 als tadelloser Mitarbeiter bewährt. Während der Fußball-Weltmeisterschaft in diesem Jahr wurde er in Frankreich von der Polizei festgenommen, da er in Auseinandersetzungen mit anderen Hooligans verwickelt war und einen Polizeibeamten 378

Carr v Alexander Russell Ltd [1976] ICR 469, 471. Vgl. Pitt, Employment Law, p. 230. 380 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176. 381 Vgl. Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 [7], [16]. 382 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 [7]. 383 Moore v C and A Modes [1981] IRLR 71; Lloyds Bank plc v Bardin UKEAT/38/89; P v Nottinghamshire CC [1992] IRLR 362; A v B [2003] IRLR 405. 384 Jones v RM Douglas Construction [1975] IRLR 175 [9]. 385 Vgl. Gunn v British Waterways Board UKEAT/138/81. 386 Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784. 379

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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tätlich angegriffen hatte.387 Er wurde schließlich zu 40 Tagen Haft verurteilt. Über die gewalttätigen Ausschreitungen während der Weltmeisterschaft wurde viel in den britischen Medien berichtet und sogar der damalige Premierminister sprach sich öffentlich dafür aus, dass im öffentlichen Dienst tätige und in diesem Zusammenhang verurteilte Hooligans entlassen werden sollten.388 Eine nationale Zeitung hatte schließlich über den Vorfall, in welchen Mr. Liddiard involviert war, berichtet und dabei auch seine Stellung als Postbote erwähnt. Daraufhin wurde Mr. Liddiard wegen groben Fehlverhaltens und Rufschädigung fristlos gekündigt. Dieser Fall schaffte es nicht zuletzt aufgrund seiner Medienbrisanz bis zum Court of Appeal, welcher den Fall zwar an ein anderes Arbeitsgericht zur Entscheidung zurückverwies, jedoch gleichzeitig einige Grundsätze zur rechtlichen Bewertung gleichgelagerter Fälle aufstellte.389 Die Begründung der Vorinstanzen, der Arbeitgeber habe eine Rufschädigung nicht eindeutig nachweisen können – fest stand, dass es tatsächlich keinerlei Beschwerden von Kunden oder Ähnliches gegeben hatte – ließ der Court of Appeal genau so wenig gelten wie das Argument, der Aufruhr in den Medien und nicht das Verhalten des Arbeitnehmers an sich habe zur Kündigung geführt.390 Nach dem Court of Appeal sollte es allein auf die Bewertung des Falles anhand des BORR ankommen, nach welcher viel dafür spräche, dass ein vernünftiger Arbeitgeber ebenso gehandelt hätte.391 Diese Art von Fall lässt sich mit der Konstellation der nach deutschem Recht anerkannten Druckkündigung vergleichen. Für eine solche haben zwar auch die englischen Gerichte gewisse Bewertungsmaßstäbe entwickelt392, diese werden jedoch im Rahmen von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten bisher eher selten zum Ansatz gebracht393 und vielmehr mit dem Court of Appeal auf die Grundsätze des BORR zurückgegriffen.

387

Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784, 786. Vgl. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/politics/114903.stm (Stand: 10. 9. 2020). 389 Der ET und der EAT hatten zuvor anders entschieden, was auf die Kritik am BORR des Präsidenten des EAT im Fall Haddon v Van den Burgh Foods [1999] ICR 1150, 1160 – 1161 und der damit einhergehenden Unsicherheit der Richter zurückzuführen war (vgl. oben unter II., 2., b), bb), (1)). Diese Kritik wurde aber mit der Entscheidung Foley v Post Office [2000] ICR 1283 wieder ausgeräumt, auf welche sich der Court of Appeal auch in dieser Entscheidung stützte. 390 Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784, 790. 391 Vgl. Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784, 790; dass in solchen Konstellationen aber dennoch zumindest eine gewisse Drucksituation des Arbeitgebers bestehen muss, zeigt sich an der Entscheidung des EAT zu Wadley v Eager Electrical Ltd [1986] IRLR 93 [16]. 392 Vgl. Scott Packing & Warehousing Co Ltd v Paterson [1978] IRLR 166 [6]; Dobie v Burns International Security Services UK Ltd [1984] ICR 812, 814. 393 Einer dieser wenigen Fälle ist Buck v Letchworth Palace ET Case No 36488/86. Hier wurde die Kündigung eines homosexuellen Arbeitnehmers, welchem die Zusammenarbeit von zwei seiner Kollegen aufgrund einer befürchteten Infizierung mit dem HI-Virus verweigert wurde, als rechtmäßig eingestuft. 388

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

cc) Rechtsprechung seit dem ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures Das ACAS setzt mit seinem Code of Practice Mindeststandards für den Umgang mit Disziplinar- und Beschwerdeverfahren in der Arbeitswelt. Nach den 2009 neu eingefügten Regelungen ist die Anklage oder Verurteilung eines Arbeitnehmers in einem strafrechtlichen Prozess für sich genommen grundsätzlich kein Anlass für Disziplinarmaßnahmen.394 Im Anschluss an diese Vermutungsregel wird in Satz 2 jedoch darauf hingewiesen, unter welchen Umständen der Arbeitgeber solche in Ausnahmefällen in Erwägung ziehen kann.395 Es ist hiernach zunächst zu überprüfen, welche Auswirkungen die Anklage oder Verurteilung auf die Eignung des Arbeitnehmers für dessen Tätigkeit hat und in welcher Beziehung dieser zum Arbeitgeber, seinen Arbeitskollegen und Kunden des Unternehmens steht.396 Hat die Anklage oder Verurteilung keinen direkten Einfluss auf das Arbeitsverhältnis, so können Disziplinarmaßnahmen nach der Rechtsprechung dennoch gerechtfertigt sein, wenn eine Schädigung des Rufs des Arbeitgebers in Betracht kommt.397 Da im ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures lediglich die schon davor in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze niedergelegt wurden, kommt diesem vorwiegend eine klarstellende Funktion zu. Dieser löste dementsprechend keine wesentliche Richtungsänderung aus. Auch heute wird im Falle von außerdienstlichen Straftaten danach differenziert, ob ein Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben ist398 oder ob eine Rufschädigung des Arbeitgebers in Betracht kommt.399 Dem ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures sehr ähnliche Kriterien werden zumeist auch in die vom Unternehmen gestellten Verhaltensrichtlinien aufgenommen400, auf welche im Kapitel F. noch ausführlich einzugehen sein wird. Wurde die Straftat nicht vom Arbeitnehmer selbst verübt, sondern einem Angehörigen oder einer Person, zu welcher der Arbeitnehmer eine enge persönliche Bindung hat, so kann diese nach der Rechtsprechung dennoch Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben und daher zumindest eine Offenlegungspflicht des Arbeitnehmers statuieren.401 Kommt der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nach, so kann dies je nach den Umständen des Einzelfalles und der Art und Schwere der Straftat sogar die Kündigung rechtfertigen.402

394

ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015), para 31. Bradley (2011) 106 Emp LB 1, 2. 396 ACAS Code of Practice 1, Disciplinary and Grievance Procedures (2015), para 31. 397 A v Secretray of State for Justice ET Case No 1600193/17. 398 CJD v Royal Bank of Scotland [2014] IRLR 25 [43] – [50]; Z v A [2014] IRLR 244 [26] – [37]. 399 Leach v The Office of Communications [2012] ICR 1269, 1280. 400 Kearney v Royal Mail Group Ltd ET Case No 3100476/10. 401 Vgl. A v B [2016] IRLR 779 [77]. 402 A v B [2016] IRLR 779 [67]. 395

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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dd) Sonderfall der in sozialen Netzwerken begangenen Straftaten? Für in sozialen Medien begangene Straftaten ergeben sich im englischen Recht keine bemerkenswerten Besonderheiten. Gerade in Bezug auf Beleidigungen in sozialen Netzwerken kann auf die obigen Ausführungen zu Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken verwiesen werden, da weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung damit argumentiert wird, dass das in Frage stehende Verhalten zusätzlich einen Straftatbestand erfüllt.403 Ursächlich hierfür ist auch in diesem Fall die zuvor schon angesprochene Üblichkeit von Unternehmensrichtlinien oder social media policies, von welchen zumeist auch strafrechtlich relevantes Verhalten erfasst und eine Auseinandersetzung mit dem einschlägigen Straftatbestand mithin obsolet wird. Zwar wird in diesen zumeist nicht explizit auf Straftaten hingewiesen, jedoch „potentiell den Ruf des Arbeitgebers schädigendes Verhalten“ als Kündigungsgrund normiert, welcher von den Gerichten im Falle volksverhetzender oder bestimmte Personengruppen beleidigender Äußerungen tendenziell als einschlägig betrachtet wird.404 ee) Zwischenergebnis Die Rechtsprechung der englischen Gerichte zur Handhabung außerdienstlich begangener Straftaten des Arbeitnehmers ist, insbesondere aufgrund des ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures, weitestgehend einheitlich. Sofern der Arbeitgeber die Regelungen des an sich zwar nicht rechtlich verbindlichen, aber im Prozess zu berücksichtigen code of practice405 beachtet, wird auch in der Literatur davon ausgegangen, dass die Gerichte arbeitgeberseitige Maßnahmen regelmäßig als gerechtfertigt einstufen werden und damit eine gewisse Vorhersehbarkeit derartiger Entscheidungen konstatiert.406 c) Das Privatleben des Arbeitnehmers Das Privatleben des Arbeitnehmers im engeren Sinne407 scheint in England eine weitaus größere Rolle als in Deutschland zu spielen. Während arbeitsrechtliche Maßnahmen im deutschen Recht aufgrund privaten Verhaltens nur sehr eingeschränkt als zulässig erachtet werden408, sind solche in England zwar nicht gang und gäbe, aber in weitaus größerem Umfang möglich. Lordrichter John Mummery ver403 Vgl. Preece v JD Wetherspoons plc ET Case No 2104806/10; Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416; Teggart v TeleTech UK Ltd [2012] 3 WLUK 497. 404 Vgl. Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826 [11]; Teggart v TeleTech UK Ltd [2012] 3 WLUK 497 [4]; Game Retail Ltd v Laws [2014] 11 WLUK 18 [46], [51]. 405 S. dazu oben unter II., 2., b), cc). 406 Vgl. Sutherland (2011) 106 Emp LB 4, 5. 407 Zur hier verwendeten Definition s. oben unter I., 1., c). 408 S. unter IV., 1., c), (dd).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

anschaulichte dies in seinem Schlussvotum zu einem der folgenden Kündigungsfälle anhand des Beispiels eines Arbeitnehmers, der zuhause ein Stück Kuchen isst.409 Es sei zwar unwahrscheinlich, nach englischem Recht aber möglich, dass der Arbeitgeber aufgrund des heimischen Kuchengenusses Disziplinarmaßnahmen gegen den Arbeitnehmer ergreift und diese auch der gerichtlichen Überprüfung standhalten.410 Wie bereits erläutert, lässt sich dies mit dem Verständnis der englischen Gerichte von der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers und dem traditionell eher niedrig angesetzten Schutz der Privatsphäre erklären. Eine weitere Rolle spielt die Interpretation von Art. 8 des HRA. aa) Der Schutz der Privatsphäre im englischen Recht Ebenso wie das Recht auf Meinungsfreiheit wurde das Recht auf Privatsphäre im englischen Recht lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt. Vor Erlass des HRA fand dieses Recht keine Ausgestaltung im statutory law und wurde auch nicht als selbständiges, dem common law entspringendes Recht anerkannt.411 Sowohl in den frühen Gerichtsentscheidungen als auch der Legislatur fand das Recht auf Privatsphäre mithin keinerlei Erwähnung.412 Das Fehlen eines eigenständigen Schutzes des Rechts auf Privatsphäre war gleichwohl immer wieder Gegenstand der Kritik in Literatur413 und Rechtsprechung414, welche jedoch lange Zeit ungehört blieb. Ursächlich hierfür war vornehmlich der in England traditionell sehr bedeutungsvolle Schutz des Rechts auf Meinungsfreiheit in Form der Freiheit der Berichterstattung.415 Verfechtern des Schutzes der Privatsphäre wurde vorgeworfen, die Etablierung eines solchen Rechtes diene lediglich dem Schutz prominenter Persönlichkeiten, welche ihr Privatleben nicht kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert wissen wollten.416 Zudem bestand in Deutschland nach der langen Zeit der eklatanten Missachtung von Menschenrechten im Dritten Reich vermutlich ein größeres Bedürfnis nach einer umfassenden Anerkennung grundlegender Freiheitsrechte als im englischen Rechtsraum.417 In England spielte in verfassungsrechtlicher Hinsicht hingegen der sog. Grundsatz der Parlamentssouveränität eine entscheidende Rolle. Da nach die409

X v Y [2004] ICR 1634, 1652. Vgl. X v Y [2004] ICR 1634, 1652 – 1653. 411 Vgl. Morison v Moat [1851] 68 ER 492, 499; Turner v Spooner [1861] 62 ER 457, 459; Tapling v Jones [1865] 144 ER 1067, 1073; Hartmann (1995) 16 MLP 10, 10 – 11; Pratt, Privacy in Britain, p. 38 ff. m. w. N. 412 Pratt, Privacy in Britain, p. 38 ff., p. 60 ff. 413 Winfield (1931) 47 LQR 23 ff.; Markesinis (1992) 55 MLR118 ff. 414 Williams v Settle [1968] 1 WLR 1072, 1073; Kaye v Robertson [1991] FSR 62, 66. 415 Vgl. R v Central Independent Television plc [1994] Fam 192, 203: „It cannot be too strongly emphasised that outside the established exceptions, or any new ones which Parliament may enact in accordance with its obligations under the Convention, there is no question of balancing freedom of speech against other interests. It is a trump card which always wins.“ 416 Goodenough, Privacy and Publicity, p. 116. 417 Amelung, Schutz der Privatheit, S. 101. 410

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

125

sem Grundsatz, welcher nach der ungeschriebenen Verfassung Englands als einzig unabdingbarer Verfassungsgrundsatz gilt418, alle Souveränität vom Parlament ausgeht, steht dieses dem Erlass von Gesetzen, welche die eigenen Befugnisse einschränken könnten, grundsätzlich eher zurückhaltend gegenüber.419 Des Weiteren wurde der Schutz der Privatsphäre von einem Teil der Literatur als ausreichend über das law of torts (kurz torts) angesehen, wobei Grenzen und Reichweite eines solchen Schutzes in Rechtsprechung und Literatur bis heute umstritten sind.420 Vom Begriff tort wird im englischen Recht deliktisches Handeln erfasst, welcher jedoch nicht mit deliktischem Handeln nach §§ 823 ff. BGB gleichgesetzt werden kann, da dieser im Hinblick auf den Tatbestand und die Rechtsfolgen wesentlich weiter gefasst ist. So gibt es viele verschiedene Arten von torts, die teilweise nur eine Rechtsverletzung, teilweise aber auch zusätzlich den Eintritt eines Schadens fordern.421 Weiterhin werden hiervon auch Fälle abgedeckt, die nach deutschem Recht in den Bereich der ungerechtfertigten Bereicherung oder der Ansprüche aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis fallen würden.422 Während die Rechtsprechung einer Anerkennung des Schutzes auf Privatsphäre nach dem law of torts kritisch bis ablehnend gegenübersteht423, wird ein solcher in der Literatur teilweise als ausreichend gegeben betrachtet und über bestehende torts wie breach of confidence (Vertrauensbruch), nuisance (Besitzstörung) oder trespass (Hausfriedensbruch) begründet.424 Nachdem einige diesem Ansatz kritisch gegenüberstehende Parlamentarier zahlreiche gescheiterte Versuche unternommen hatten, eine gesetzliche Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre über nationales Gesetzesrecht zu erreichen425, wurde schließlich der HRA im Jahre 1998 erlassen und mit Art. 8 HRA das Recht auf Privatsphäre gesetzlich anerkannt. (1) Die Rolle des HRA Da auch Art. 8 HRA nach Art. 6(3) HRA nur die öffentliche Staatsgewalt, nicht jedoch den privaten Arbeitgeber bindet, ist nach wie vor umstritten, ob der Arbeitnehmer im privaten Arbeitsverhältnis überhaupt den Schutz seiner Privatsphäre geltend machen kann.426 Selbst wenn jedoch die Anwendbarkeit von Art. 8 HRA bejaht wird, so gelangen die Gerichte oft auf anderem Wege zu dem Ergebnis, dass 418

Bröchler, „New Westminster-Modell“, S. 144 f. Vgl. Hübner/Münch, Politisches System Großbritanniens, S. 33 ff. 420 Dworkin, Privacy and the Law, p. 115; Krotoszynski (1990) DLJ 1398, 1402. 421 Heberer, ZfRV 2002, 57 (63). 422 Vgl. v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 92. 423 Director of Public Prosecutions v Withers [1975] AC 842, 863; Berstein of Leigh (Baron) v Skyviews & General Ltd [1978] 1 QB 479, 481; Wainwright v Homeoffice [2003] 2 AC 406, 413. 424 Seipp (1983) 3 OJLS 325, 328 ff. 425 Vgl. die Übersicht bei Hartmann (1995) 16 MLP 10, 11. 426 S. hierzu schon unter C., II., 3., a), bb). 419

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Art. 8 HRA keinen Einfluss im privaten Arbeitsverhältnis habe. Zur Erläuterung der Problematik soll im Folgenden auf zwei der umstrittensten Fälle der vergangenen Jahre zu außerdienstlichem Verhalten eines Arbeitnehmers etwas genauer eingegangen werden. (a) X v Y (2004)427 Im bereits zitierten Fall X v Y wurde über die Rechtmäßigkeit der Kündigung wegen einer außerdienstlich begangenen Straftat gestritten. Mr. X war bei einer ehrenamtlichen Organisation zur Bewährungshilfe und Wiedereingliederung von Jungendlichen angestellt. Außerhalb seiner Dienstzeit hatte er mit einem anderen Mann einvernehmlichen Geschlechtsverkehr auf einer öffentlichen Toilette, wobei er von einem Polizeibeamten überrascht und verhaftet wurde. Anders als Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau bzw. Frau und Frau stellt der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern im öffentlichen Raum nach dem Sexual Offences Act 1967 in England eine Straftat dar. Mr. X wurde daraufhin zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt und in das amtliche sex offenders register eingetragen. Als sein Arbeitgeber von der Verurteilung erfuhr, wurde das Arbeitsverhältnis zu Mr. X umgehend beendet. Dieser legte Klage gegen die Kündigung ein, welche er bis zum Court of Appeal verfolgte. Die Kündigung wurde allerdings in allen Instanzen als rechtmäßig eingestuft. Obwohl es sich daher faktisch um einen Fall außerdienstlich begangener Straftaten handelt, ist dieser gleichwohl als den Fällen des Privatverhaltens im engeren Sinne gleichgelagert einzustufen, zumal die Strafbarkeit des in Frage stehenden Verhaltens nach deutschem Recht zu verneinen gewesen wäre und die erkennenden Gerichte das Recht auf Privatsphäre hier auch ausführlich diskutierten. (b) Pay v Lancashire Probation Service (2004)428 Auch Mr. Pay arbeitete als Bewährungshelfer und wurde im Jahr 2003 aufgrund seiner sexuellen Neigungen gekündigt. Er trat in seiner Freizeit in sog. Fetisch-Clubs auf und war zudem Betriebsleiter einer Firma, welche über das Internet BDSMArtikel verkaufte. Als der Arbeitgeber von diesen Aktivitäten erfuhr, kündigte er Mr. Pay mit der Begründung, dass sich dieser Lebensstil nicht mit seinen Pflichten als Bewährungshelfer in Einklang bringen lasse und zudem der Ruf des Arbeitgebers in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Diese Kündigung wurde von Instanz- und Berufungsgerichten für rechtmäßig befunden. Auch im Fall von Mr. Pay sei aufgrund der Veröffentlichung seiner „Aktivitäten“ im Internet und den Auftritten in öffentlich zugänglichen Clubs nicht seine Privatsphäre betroffen gewesen.429

427 428 429

X v Y [2004] ICR 1634, 1639 – 1640. Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187. Vgl. Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187, 199.

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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(2) Die Argumentationslinie der Rechtsprechung Wie zuvor schon erwähnt, ist die Anwendbarkeit des HRA in privaten Rechtsverhältnissen in Rechtsprechung und Literatur nach wie vor umstritten. Nach dem Statement des Lordrichters John Mummery in X v Y sind die durch den HRA gewährten Rechte im Falle einer Kündigungsschutzklage allerdings ausdrücklich zu berücksichtigen: „Some unfair dismissal cases naturally attract arguments based on Convention rights and the HRA: the employee dismissed for refusing, on religious grounds, to work on a particular day (aritcle 9); the employee dismissed for engaging in party politics (article 10); or the employee whose activities, even in the privacy of his own home, may constitute a criminal offence and lead to dismissal (article 8). In general, whenever HRA points are raised in unfair dismissal cases, the employment tribunals should properly consider their relevance […], even if it is ultimately decided that they do not affect the outcome of the claim for unfair dismissal.“430

Nichtsdestotrotz gelangten die Gerichte – und so auch Lordrichter John Mummery – zu dem Ergebnis, dass Art. 8 HRA aus anderen Gründen nicht zum Tragen komme. Das entscheidende Argument war hier, dass das Verhalten von Mr. X und Mr. Pay in öffentlichen Einrichtungen stattgefunden habe, zu welchen die Öffentlichkeit – erlaubterweise – auch Zutritt gehabt hatte.431 Zudem hatte Mr. X eine Straftat begangen, welche niemals nur eine private Angelegenheit sei, sondern immer auch die Öffentlichkeit betreffe.432 Aufgrund dieses Öffentlichkeitsbezuges sei ein unter Art. 8 HRA fallendes Verhalten nicht gegeben.433 Die Rechtsprechung der englischen Arbeitsgerichte geht seit diesen Entscheidungen von einem räumlichen Verständnis der Privatsphäre aus. Diese sei nur betroffen, wenn das in Frage stehende Verhalten im privaten Zuhause oder sonstigen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen, Räumlichkeiten stattfindet.434 Obgleich einer der Richter zumindest Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung anstellte – „really live human rights issues may well be lurking in the background of this particular case“435 – halten die englischen Gerichte im Kern bis heute an diesem strengen Kurs fest und gehen davon aus, dass die Berücksichtigung von Art. 8 HRA nicht zu von den im common law entwickelten Grundsätzen abweichenden Ergebnissen führe.436

430

X v Y [2004] ICR 1634, 1648. Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187, 199. 432 X v Y [2004] ICR 1634, 1648 – 1649. 433 Vgl. Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187, 199; X v Y [2004] ICR 1634, 1648 – 1649. 434 So versteht es auch Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 919. 435 X v Y [2004] ICR 1634, 1659. 436 So zuletzt in Turner v East Midlands Trains Ltd [2013] ICR 525, 541 und BC v Chief Constable of the Police Services of Scotland [2020] SCLR 887, 922. 431

128

D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

(3) Kritik der Literatur Die zu den Fällen von Mr. X und Mr. Pay ergangenen Gerichtsentscheidungen wurden und werden in der englischen Literatur stark kritisiert. Der an die Anwendbarkeit des Art. 8 HRA angelegte Maßstab wird zumeist als verfehlt eingestuft, zumal dieser im nicht arbeitsrechtlichen Kontext deutlich niedriger sei. Veranschaulichen lasse sich dies anhand der Tatsache, dass die Veröffentlichung des Fotos eines sich in der Öffentlichkeit küssenden Paares unstreitig in deren Privatsphäre eingreife und bei mangelnder Zustimmung der betroffenen Personen als rechtswidrig einzustufen sei.437 Dass der Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK aber gerade nicht räumlich zu bestimmen sei, zeige sich zudem an der Rechtsprechung des EGMR.438 Dieser hatte beispielsweise auch im Gerichtsverfahren um Caroline von Monaco einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK angenommen, obwohl die von der Prinzessin veröffentlichten Fotos im öffentlich zugänglichen Raum aufgenommen worden waren.439 Die Gerichte hätten daher den Anspruch auf Privatsphäre irrtümlicherweise mit einem Anspruch auf Geheimhaltung privater Angelegenheiten gleichgesetzt.440 Trotz der strafrechtlichen Relevanz eines bestimmten Verhaltens müsse zudem nicht notwendigerweise ein „öffentliches Verhalten“ gegeben sein, da die Bewertung eines Verhaltens nach öffentlichem Recht, namentlich des Strafrechts, nicht zwangsläufig auch eine Bewertung als öffentlich im arbeitsrechtlichen Kontext zur Folge habe.441 Die Unterscheidung zwischen privatem und nicht privatem Verhalten sei vielmehr kontextabhängig und habe im Arbeitsrecht anders zu erfolgen als im Verhältnis zwischen Staat und Bürger.442 Auch wenn diesen wohl eher außergewöhnlichen Fällen nach manchen Kritikern nicht zu viel Bedeutung zugemessen werden sollte, sei durch diese dennoch die zukünftige Richtung und Einordnung der Privatsphäre des Arbeitnehmers deutlich gemacht worden und daher eine Kurskorrektur vonnöten.443 (4) Zwischenergebnis Festgestellt werden kann, dass das Recht auf Privatsphäre in England bis heute einen weitaus geringeren Stellenwert hat als in Deutschland. Auch die gesetzliche Verankerung eines solchen Rechts mit Erlass des HRA vermochte den Schutz der Privatsphäre des Arbeitnehmers nicht zu erhöhen. Inwiefern sich der „Brexit“ und eine etwaige damit einhergehende Abkehr von der EMRK auf die Rechte des Arbeitnehmers auswirken wird, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz kann hieraus noch 437

Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 919. Vgl. Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 919. 439 Peck v UK App No 44647/98 (28 January 2003); Von Hannover v Germany App No 59320/00 (24 June 2004). 440 Freedland, Privacy and Employment, p. 151. 441 Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 919. 442 Sanders (2014) 34 LS 328, 342; Collins (2006) 69 MLR 619, 623 – 624. 443 Freedland, Privacy and Employment, p. 151. 438

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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nicht der Schluss gezogen werden, dass arbeitgeberseitige Disziplinarmaßnahmen aufgrund eines jeglichen außerdienstlichen Privatverhalten des Arbeitnehmers möglich wären. Dies hängt indes zusätzlich, genau wie bei den ersten beiden Fallgruppen, von der Kasuistik der Rechtsprechung, anderweitigen Arbeitnehmerschutzgesetzen und den durch die Unternehmenspolitik anerkannten Grundsätzen ab. bb) Fälle des Privatverhaltens im engeren Sinne Nach Darstellung der Bedeutung des Rechts auf Privatsphäre im englischen Recht sind nachfolgend die hierzu von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle genauer zu untersuchen. (1) Persönliche Beziehungen und Sexualleben Trotz der Nichtanerkennung eines Rechts auf Privatsphäre stellten Arbeitgeberkündigungen oder sonstige Disziplinarmaßnahmen aufgrund von persönlichen Beziehungen des Arbeitnehmers oder dessen sexueller Orientierung auch schon vor Erlass des HRA eher die Ausnahme dar. Haben persönliche Beziehungen des Arbeitnehmers keinerlei Einfluss auf den Arbeitgeber, so werden hierauf gestützte Maßnahmen von den Gerichten in der Regel als rechtswidrig eingestuft.444 Dies auch dann, wenn die in Frage stehende Beziehung zwar Anlass für Kontroversen geben könnte, dies aber noch nicht eingetreten ist. So stufte beispielsweise ein Arbeitsgericht schon 1975 die Kündigung eines Vereinsverwalters, welcher eine intime Beziehung zu einer 17-Jähringen unterhielt, als rechtswidrig ein, da der Arbeitgeber hiervon in keinster Weise betroffen war und sich auch die Kunden des Arbeitgebers nicht an diesem Privatverhalten störten.445 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es aufgrund von persönlichen Beziehungen eines Arbeitnehmers zu Spannungen innerhalb der Belegschaft kommt. Eine hierauf gestützte Kündigung kann nach der Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Entlassung eines Arbeitnehmers die einzig mögliche Beseitigung des Konflikts darstellt.446 Im Gegensatz zum deutschen Recht wird in diesen Konstellationen aber nicht an in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, sondern an dessen Verhalten, welches zu Spannungen im Arbeitsklima führte, angeknüpft und dementsprechend eine verhaltensbedingte Kündigung angenommen.447 Weiterhin kann auch der Verstoß gegen eine Unternehmensrichtlinie beispielsweise bei Beziehungen der Angestellten untereinander – wie bereits zuvor im Fall von Mrs. Spiller erläu-

444

Whitemore (2004) 54 ELJ 22, 23. Grace v Harehills Working Men’s Club [1974] IRLR 68 [9]. 446 Treganowan v Robert Knee & Co Ltd [1975] ICR 405, 407; Buck v Letchworth Palace Ltd ET Case No 36488/86. 447 Malik v National Plastics Ltd UKEAT/682/78. 445

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

tert448 – den Disziplinarmaßnahmen eines Arbeitgebers zur Wirksamkeit verhelfen.449 (a) Einfluss des statutory law Seit den 70er Jahren wurden vom britischen Parlament einige Gesetze zum Schutz vor Diskriminierungen verschiedener Art erlassen, welche sich auch auf den Schutz des Privatlebens von Arbeitnehmern positiv auswirkten. Mit Erlass des Sex Discrimination Act 1975 sollte Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts entgegengewirkt werden. Auch die Möglichkeit von Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers gegenüber einer Frau aufgrund eines privaten Verhaltens, für welches ein vergleichbarer Mann in derselben Situation keine Konsequenzen hätte befürchten müssen, wurden hierdurch erheblich eingeschränkt und damit insbesondere der Schutz von Arbeitnehmerinnen gestärkt. Verdeutlichen lässt sich dies an einem 2004 vom EAT entschiedenen Fall.450 Eine Rechtsanwaltsfachangestellte war hier angeblich aufgrund ihres nachlässigen Arbeitsverhaltens entlassen worden. Das Gericht kam aber zu der Auffassung, dass der wahre Grund für die Kündigung Gerüchte um eine Affäre der Angestellten mit einem der Anwälte gewesen war und ging davon aus, dass ein Mann in einer vergleichbaren Situation anders behandelt worden wäre.451 Die Kündigung wurde damit als rechtswidrig eingestuft.452 Dass diese Ergänzung des common law jedoch nur einen Teilbereich abzudecken vermochte, lässt sich daran erkennen, dass noch fünf Jahre nach Erlass des Gesetzes die Kündigung eines homosexuellen Hausmeisters aufgrund seiner sexuellen Orientierung mit dem Argument für rechtmäßig befunden wurde, dass ein vergleichbarer Arbeitgeber in derselben Situation nach dem BORR ähnlich gehandelt hätte.453 Derartigen Kündigungen wurde erst mit Überarbeitung des Sex Discrimination Act 1975 und Erlass des EqA ein Riegel vorgeschoben. Nach dem neuen Gesetz – welches ebenso wie das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im deutschen Recht auf der RL 2000/78/EG beruht – sind weitaus mehr Diskriminierungstatbestände erfasst, wozu auch die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zählt, vgl. s. 12 EqA. (b) Zwischenergebnis Durch Einführung gewisser Anti-Diskriminierungs-Standards ist der Arbeitnehmer weitestgehend gegen Maßregelungen des Arbeitgebers allein aufgrund persönlicher Beziehungen oder der sexuellen Orientierung geschützt. Wie anhand der Fälle X v Y und Pay v Lancashire Probation Service dargestellt, gilt dies jedoch 448 449 450 451 452 453

Vgl. oben unter II., 2., c), aa), (1), (a). Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 [6]. Chamberlin Solicitors v Emokpae [2004] ICR 1476. Vgl. Chamberlin Solicitors v Emokpae [2004] ICR 1476, 1484 – 1485. Chamberlin Solicitors v Emokpae [2004] ICR 1476, 1488. Saunders v Scottish National Camps [1980] IRLR 174 [9].

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

131

nicht, wenn die Maßnahme aufgrund der Auswirkungen des Verhaltens auf das Unternehmen oder dessen Kunden unter Berücksichtigung des BORR als gerechtfertigt eingestuft wird. Inwieweit der durch das statutory law gewährleistete Arbeitnehmerschutz aufgrund von unternehmensinternen Verhaltensrichtlinien wiederum einer Einschränkung zugänglich ist, wird später im Zusammenhang mit den präventiven Regelungsmöglichkeiten des Arbeitgebers zu erörtern sein. (2) Alkohol- und Drogenkonsum Anders als während der Arbeitszeit hat der private Alkoholgenuss oder Drogenkonsum454 eines Arbeitnehmers nach der Rechtsprechung der englischen Arbeitsgerichte grundsätzlich keinen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis. Etwas anderes gilt aber insbesondere dann, wenn hierdurch die Arbeitsfähigkeit455 des Arbeitnehmers oder der Ruf des Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.456 In beiden Fallkonstellationen legt die Rechtsprechung einen relativ strengen Maßstab an. Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers werden dementsprechend zumeist auch dann als gerechtfertigt eingestuft, wenn negative Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit oder den Ruf des Arbeitgebers zwar noch nicht tatsächlich eingetreten sind, gleichwohl aber zu befürchten waren.457 Für Berufskraftfahrer findet sich in diesem Zusammenhang eine spezielle Regelung im ERA. Nach dieser stellt der auch lediglich vorübergehende Verlust des Führerscheins einen geeigneten Kündigungsgrund dar, vgl. s. 98(2)(d).458 Darüber hinaus kann die außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers aber auch dann für das Arbeitsverhältnis relevant werden, wenn diese nicht den Verlust des Führerscheins zur Folge hat, da durch eine solche das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigt wird.459 Weiterhin lassen sich im Hinblick auf den Alkohol- und Drogenkonsum der Arbeitnehmer in England zumeist ausführliche Regelungen in Unternehmensrichtlinien finden, auf deren Einbeziehung in den Arbeitsvertrag und Wirksamkeitsvoraussetzungen erst später vertieft einzugehen sein wird. An dieser Stelle kann allerdings schon festgestellt werden, dass die 454 Die bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle hatten den Konsum von „leichten“ Drogen wie Cannabis zum Gegenstand, weshalb die hierdurch aufgestellten Grundsätze wohl nicht auf den Missbrauch von „harten“ Drogen angewendet werden können. 455 Thornalley v Linkage Community Trust ET Case No 2600377/11. 456 Raylor v McArdle UKEAT/573/84. 457 Booth v Southampton Airport Ltd ET Case No. 39214/81; Mathewson v RB Wilson Dental Laboratory Ltd [1988] IRLR 512 [8] – [9]; McLean v McLane Ltd UKEAT/682/96; South West Trains Ltd v Ireland UKEAT/0873/01; anders aber: Norfolk CC v Bernard [1979] IRLR 220 [12], hier wurde die Kündigung als rechtswidrig eingestuft, weil das Gericht keinen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Besitz von Cannabis und dem Arbeitsverhältnis anerkannte. 458 Hier heißt es wörtlich: „A reason falls within this subsection if it is that the employee could not continue to work in the position which he held without contravention (either on his part or that of his employer) of a duty or restriction imposed by or under an enactment.“ 459 McLean v McLane Ltd UKEAT/682/96.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Rechtsprechung auch im Falle des Vorhandenseins einer Unternehmensrichtlinie zumeist an ihren strengen Maßstäben festhält. In der Vergangenheit wurden daher sogar Disziplinarmaßnahmen des Arbeitgebers als gerechtfertigt eingestuft, wenn die in Frage stehenden Regelungen den außerdienstlichen Alkohol- oder Drogenkonsum gänzlich untersagten.460 cc) Sonderfall der Preisgabe des Privatlebens in sozialen Medien? Die oben bereits dargestellte restriktive Handhabung des Rechts auf Privatsphäre durch die Rechtsprechung spiegelt sich auch in den zu sozialen Medien entschiedenen Fällen wider. Ebenso wie bei Meinungsäußerungen in sozialen Medien wird auch hier angezweifelt, ob die in sozialen Medien veröffentlichten Inhalte überhaupt als privat einzustufen sind.461 Dementsprechend wird Art. 8 HRA in einigen Judikaten nicht oder nur am Rande erwähnt und die Angemessenheit einer Disziplinarmaßnahme anhand des Einflusses des jeweiligen Postings auf den Ruf des Arbeitgebers beurteilt. Ist die Rufschädigung eines Arbeitgebers nicht nachzuweisen oder sorgt der Inhalt des in Frage stehenden Postings nicht für Aufsehen in den sozialen Medien, so lässt sich eine Tendenz dahingehend erkennen, die Maßnahmen des Arbeitgebers als nicht gerechtfertigt einzustufen.462 Wird der Inhalt eines Postings allerdings kontrovers diskutiert, so scheint die Rechtsprechung im Zweifel zugunsten des Arbeitgebers zu entscheiden, auch wenn der Arbeitnehmer nachweislich nicht für die Veröffentlichung des Postings verantwortlich war463, was wohl dem bereits erörterten Umstand geschuldet ist, dass Privatverhalten in sozialen Medien den Arbeitgeber weitaus stärker und schneller zu schädigen vermag als sonstige private Angelegenheiten des Arbeitnehmers. Dass den Arbeitnehmer dementsprechend eine gewisse Verantwortung für den Umgang mit sozialen Medien trifft und in Ausnahmefällen auch das Privatleben des Arbeitnehmers zum Anlass einer Kündigung genommen werden kann, wird auch von der Rechtsprechung des EGMR – welcher im Gegensatz zu den englischen Arbeitsgerichten allerdings nicht von einem räumlichen Verständnis des Schutzes auf Privatsphäre ausgeht464 – anerkannt. Dieser hatte im Jahre 2009 den zuvor schon erwähnten Fall von Mr. Pay zu entscheiden und wies die Klage zwar als unzulässig 460 Vgl. O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd [2002] EmpLR 1217; Whitefield v General Medical Council [2003] IRLR 39 [22]. 461 Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416, para 45; Plant v API Microelectronics Ltd ET Case No 3401454/16. 462 Kurmajic v Sainsbury’s Supermarket Ltd ET Case No 1301963/17. 463 Redfearn v United Kingdom App No 47335/06 (6 November 2012); Amey v London Borough of Barking and Dagenham ET Case No 3201825/12. 464 Niemitz v Germany App No 13710/88 (16 December 1992); Smith and Grady v UK App Nos 33985/96 and 33986/96 (25 July 2000); Lustig-Prean and Becket v UK App Nos 31417/96 and 32377/96 (27 September 1999); Von Hannover v Germany App No 59320/00 (24 June 2004).

IV. Auswertung nach den verschiedenen Fallgruppen

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ab, bezog gleichwohl zu einigen inhaltlichen Aspekten Stellung.465 Die Kündigung von Mr. Pay wäre nach der Ansicht des EGMR auch unter Anwendung von Art. 8 HRA aufgrund der potentiell rufschädigenden Auswirkungen des Verhaltens von Mr. Pay auf die Bewährungshilfe tendenziell als gerechtfertigt einzustufen gewesen.466 d) Zwischenergebnis Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Einführung des HRA keine nennenswerten Änderungen im Hinblick auf die Bewertung des Privatverhaltens von Arbeitnehmern durch die Rechtsprechung mit sich gebracht hat.467 Mangels Einschränkungen über das europäische Recht gelten für das Privatverhalten des Arbeitnehmers im engeren Sinne nach wie vor der BORR und die Grundsätze des contract law. Auch wenn arbeitsrechtliche Maßnahmen aufgrund von privaten Entscheidungen des Arbeitnehmers – wie z. B. einer Schwangerschaft oder der Betätigung für eine Gewerkschaft – nach der sog. automatically unfair dismissal nicht zulässig sind, ist der Spielraum englischer Arbeitgeber diesbezüglich deutlich weiter als jener der deutschen Arbeitgeber. Nichtsdestotrotz kommen solche Fälle in der Praxis auch in England eher selten vor, was nicht zuletzt an dem in England geltenden, einleitend dargestellten, präventiven Regelungswerk zum Umgang mit arbeitgeberseitigen Maßnahmen liegt.468 Die Fälle von Mr. Pay und Mr. X haben daher – wahrscheinlich zu Recht – für Aufregung und Kritik in der Literatur gesorgt, sollten aufgrund deren Ausnahmecharakter aber nicht zum Anlass für eine allzu düstere Prognose bezüglich des Schutzes der Arbeitnehmerprivatsphäre genommen werden. 3. Rechtsvergleichende Betrachtung Die nach deutschem Recht eher restriktiv und nach englischem Recht eher extensiv angenommene Relevanz von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten spiegelt sich zwar auch in der Auswertung der Rechtsprechung nach den verschiedenen Fallgruppen wider, gleichwohl bestehen unter funktionaler Betrachtung weitaus mehr Parallelen, als der erste Rechtsprechungsüberblick nahelegte. Was Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers angeht, ist zunächst beachtenswert, dass die Freiheit der Meinungsäußerung in Deutschland eine vergleichsweise lange Tradition aufweist, in England aber erst seit Ende der 90er Jahre ausdrückliches Gesetzesrecht darstellt. Gleichwohl werden in England bisweilen dem deutschen Recht sehr ähnliche Ergebnisse auch ohne einen Rückgriff auf die Freiheit der Meinungsäußerung erzielt. Dies lässt sich beispielsweise daran erkennen, dass ar465 466 467 468

Pay v UK [2009] IRLR 139. Vgl. Pay v UK [2009] IRLR 139 [40]. Collins (2006) 69 MLR 619, 624. S. oben unter II., 2., b), cc).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

beitgeberschädigende Äußerungen in England einen Verstoß gegen die implied term der duty of fidelity darstellen und somit vom Arbeitgeber nicht hinzunehmen sind. Zu dem gleichen Ergebnis gelangen die deutschen Gerichte über § 241 II BGB i. V. m. Art. 5 I GG. Auch wenn auf die Meinungsfreiheit Bezug genommen wird, bedeutet dies in letzter Konsequenz jedoch nicht zwingend, dass hieraus voneinander abweichende Ergebnisse folgen. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen nur nach englischem Recht als Meinungsäußerung zu verstehen ist, dies aber aufgrund von vertraglich anerkannten Verschwiegenheitspflichten dem Arbeitnehmer dennoch keine Berufung auf die Meinungsfreiheit gegenüber dem Arbeitgeber ermöglicht. An die Relevanz von Meinungsäußerungen, die in keinerlei Zusammenhang mit dem Arbeitgeber stehen, werden in beiden Rechtsordnungen richtigerweise sehr viel höhere Anforderungen als an auf den Arbeitgeber bezogene Aussagen gestellt. Im Falle von besonders brisanten oder kontrovers diskutierten Themen lässt die englische Rechtsprechung allerdings schon eine potentielle Gefahr für die Reputation des Arbeitgebers ausreichen, während hierfür nach der deutschen Rechtsprechung eine nachweisbare Rufschädigung eingetreten sein muss. Im Hinblick auf vom Arbeitnehmer begangene Straftaten besteht wohl die größte Parallele zwischen beiden Rechtsordnungen, da die hier bestehenden Unterschiede im Wesentlichen den Zeitpunkt des Regelungsansatzes betreffen. Während auch hier nach deutschem Recht der Grundsatz der Betriebsbezogenheit maßgeblich ist, setzt die englische Regelung wiederum etwas früher, namentlich beim ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures, an. Wann eine außerdienstliche Straftat für das Arbeitsverhältnis relevant sein soll, wird in beiden Rechtsordnung aber sehr ähnlich bewertet. Die bisweilen dennoch etwas arbeitgeberfreundlicher ausfallenden Urteile der englischen Gerichte sind nicht auf Unterschiede in den in Bezug auf Straftaten aufgestellten Grundsätzen, sondern vielmehr auf die eher großzügige Annahme eines relevanten Arbeitnehmerfehlverhaltens nach dem BORR zurückzuführen. Die größten Differenzen zwischen beiden Rechtsordnungen bestehen hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der dritten und letzten Fallgruppe, dem Privatleben des Arbeitnehmers im engeren Sinne. Der deutsche Arbeitnehmer genießt nach der Sphärentheorie des BVerfG auch in der Öffentlichkeit einen zumindest abgestuften Schutz seiner Privatsphäre; ein privates Verhalten kann daher nur in sehr eng gesteckten Ausnahmefällen für das Arbeitsverhältnis relevant werden. Die englische Rechtsprechung geht hingegen davon aus, dass in der Öffentlichkeit ausgelebtes Privatverhalten nicht dem grundrechtlich geschützten Bereich der Privatsphäre zuzuordnen ist. Obwohl das Recht auf Meinungsfreiheit ebenso wie das Recht auf Privatsphäre lange Zeit keine gesetzliche Ausgestaltung erfuhr und die Berufung auf diese Rechte im arbeitsrechtlichen Kontext gleichermaßen umstritten ist, scheinen die Gerichte die Etablierungen des ersteren zu akzeptieren, letzteres aber nach wie vor abzulehnen. Auch dies lässt sich mit dem zuvor dargestellten Grundsatz der

V. Ansätze der Literatur

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Parlamentssouveränität und der in England seit jeher überragenden Bedeutung der Pressefreiheit erklären.469 Die soeben dargestellten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Rechtsordnungen zeichnen sich auch im Umgang mit sozialen Medien ab. Während die deutschen Gerichte auf einen ausdifferenzierten Regelungskatalog setzen, legen die englischen Gerichte dem Gerichtsverfahren vorgelagerte, unternehmensintern festgelegte Regelungsmechanismen nach den Grundsätzen des BORR aus und kommen aufgrund dessen extensiver Auslegung nicht selten zu durchaus arbeitgeberfreundlichen Entscheidungen, was jedoch mehr für das Privatverhalten des Arbeitnehmers als die beiden ersten Fallgruppen gilt.

V. Ansätze der Literatur Im Folgenden ist die teilweise schon im letzten Abschnitt angeklungene Kritik der Literatur an der deutschen und der englischen Rechtsprechung einander vergleichend gegenüberzustellen. Aus den hieraus gewonnen Erkenntnissen soll ein eigener Lösungsansatz für die Einordnung außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens im deutschen Recht entwickelt werden. 1. Im deutschen Recht Die Rechtsprechung des BAG wurde schon früh unter dem Gesichtspunkt kritisiert, dass das Erfordernis der konkreten Beeinträchtigung des Betriebes außerdienstliches Verhalten erst dann relevant mache, wenn eine tatsächliche Schädigung des Arbeitgebers eingetreten ist.470 Der Arbeitgeber müsste demnach eine durch den Arbeitnehmer verursachte Schädigung erst abwarten, bevor er tätig werden könne. Da jedoch auch Konstellationen denkbar sind, in welchen zwar noch kein konkreter Schaden entstanden ist, der Eintritt eines solches jedoch sehr wahrscheinlich ist und immense negative Auswirkungen auf den Betrieb hätte, ließe sich die Frage stellen, ob das Abwarten des Schadenseintritts dem Arbeitgeber überhaupt zuzumuten ist.471 a) Gefahrenbegriff des Polizeirechts Schon im Jahre 1993 ging Wank davon aus, dass die Rechtsprechung des BAG zum außerdienstlichen Verhalten zwar im Grundsatz überzeuge, jedoch im Hinblick auf die Ablehnung des Ausreichens einer konkreten Gefährdung nicht zustimmungswürdig sei.472 Als Argument wird von ihm ein Vergleich mit dem Gefah469 470 471 472

Vgl. schon unter IV., 2., c), aa). Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 40; Wank, RdA 1993, 79 (87). A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 40. Wank, RdA 1993, 79 (87).

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

renbegriff des Polizeirechts ins Feld geführt. Da hier die „drohende Gefahr“ einer konkreten Gefährdung gleichstehe, müsse dies auch im arbeitsrechtlichen Kontext gelten.473 Zustimmung hat dieser Ansatz bei A. Wisskirchen gefunden, welche ebenfalls davon ausgeht, dass die Rechtsprechung des BAG zu eng gefasst und eine Parallele zum Polizeirecht zu ziehen ist. Das Bedürfnis des Bürgers, in seiner Privatsphäre ungestört zu bleiben, und der Aufgabe des Staates, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, lasse sich mit dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr gut vergleichen.474 Nach den polizeirechtlichen Grundsätzen ist die Zulässigkeit eines Eingriffs nach dem Verhältnis von bedrohtem Rechtsgut und Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts zu bewerten. Ist ein besonders wichtiges Rechtsgut bedroht bzw. ist der zu befürchtende Schaden besonders hoch, so sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts relativ gering; umgekehrt gesprochen gilt also, dass bei weniger bedeutenden Rechtsgütern die Realisierung eines Schadens sehr wahrscheinlich sein muss.475 Da die Heranziehung der bereits fein ausdifferenzierten polizeilichen Grundsätze über die arbeitsrechtlichen Grenzen hinaus auch im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung eines Vorstandsmitglieds wegen seines Privatverhaltens diskutiert wird476, erscheint die Zuhilfenahme dieser öffentlich-rechtlichen Grundsätze bei der Bewertung außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens durchaus begrüßenswert. b) Zivilrechtliche Parallelen Für das Ausreichen einer Gefährdung wird weiterhin der in § 1004 BGB normierte Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des Eigentümers angeführt.477 Die Rechtsprechung erkennt hier einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch an, indem sie vom Eigentümer einer Sache regelmäßig nicht das Abwarten eines Schadenseintritts fordert, sofern eine konkrete Gefahr besteht.478 Dass diese Grundsätze auch für das Arbeitsrecht gelten, soll sich nach Teilen der Literatur aus der Normierung des § 60 HGB und dessen Geltung für alle Arbeitnehmer im Rahmen des § 242 BGB ergeben.479 Der Gesetzgeber habe die bloße Gefahr der Weitergabe von Betriebsgeheimnissen als so groß angesehen, dass der Wettbewerb gem. § 60 HGB von vornherein verboten und der Arbeitgeber mithin nicht zum Abwarten eines Scha-

473

Vgl. Wank, RdA 1993, 79 (87). A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 42. 475 Vgl. BVerwG, Urt. v. 6. 9. 1974 – I C 17/73 – BVerwGE 47, 31 (40); Lisken/Denninger/ Graulich, Handbuch des Polizeirechts, E, Rn. 187. 476 Nees, Kündigung eines Vorstandsmitglieds wegen seines Privatverhaltens, S. 103. 477 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 40. 478 RG, Urt. v. 5. 1. 1905 – VI 38/04 – RGZ 60, 6 (6 f.); BGH, Urt. v. 19. 6. 1951 – I ZR 77/ 50 – BGHZ 2, 394 (395); zust. Jauernig/Berger, § 1004 BGB, Rn. 10 f. 479 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 41. 474

V. Ansätze der Literatur

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denseintritts gezwungen werde.480 Daraus könne geschlossen werden, dass der Arbeitnehmer auch im Hinblick auf gewisses außerdienstliches Verhalten zur Unterlassung angehalten sein kann, wenn eine konkrete, mit dem Wettbewerb vergleichbare Gefahr für den Arbeitgeber bzw. dessen Betrieb gegeben ist.481 c) Ergebnis Im Ergebnis ist der Kritik der Literatur zuzustimmen. Sofern eine konkrete Gefährdung gegeben ist, kann es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, den Eintritt einer Schädigung abzuwarten. Zwar kann die Beeinträchtigungsformel des BAG als erster Anhaltspunkt für die Relevanz eines außerdienstlichen Verhaltens des Arbeitnehmers dienen. Dieser ist jedoch insoweit nicht vollumfänglich zuzustimmen, als sie konkrete Gefahren für den Betrieb des Arbeitgebers als nicht ausreichend erachtet. 2. Im englischen Recht Während in Deutschland allein seit den 60er Jahren vier Dissertationen veröffentlich wurden, deren Kerninhalt das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers darstellt, wurde diesem Thema im englischen Recht bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Obschon die Privatsphäre des Arbeitnehmers in der Literatur viel diskutiert wird, richten sich diese Beiträge primär auf den Schutz der Privatsphäre während der Arbeitszeit. Die wenigen von der Wissenschaft entwickelten Ansätze zum Umgang mit der hier untersuchten Problematik sind im Folgenden darzustellen. a) Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten Zunächst wird eine strikte Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten des Arbeitnehmers gefordert, welche die Rechtsprechung – wie bereits dargestellt482 – zumeist vermissen lässt.483 Eine solche sei zwingend notwendig, um den Arbeitnehmer in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit zu schützen und ein Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben herzustellen.484

480 BAG, Urt. v. 12. 5. 1972 – 3 AZR 401/71 – AP HGB § 60 Nr. 6; BAG, Urt. v. 25. 5. 1970 – 3 AZR 384/69 – AP HGB § 60 Nr. 4; BAG, Urt. v. 30. 1. 1963 – 2 AZR 319/62 – AP HGB § 60 Nr. 3. 481 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1980, 321 (322); A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 41. 482 Vgl. oben unter II., 2., c), aa), (1). 483 Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 935. 484 Vgl. Mantouvalou, Ideological Organisations and Dismissal for Private Activities, p. 380.

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

b) Anwendbarkeit von Art. 8 und Art. 10 HRA Weiterhin wird in Frage gestellt, dass hinsichtlich der Anwendbarkeit von Art. 8 und Art. 10 HRA keine einheitliche Linie der Rechtsprechung erkennbar ist. Auch wenn eine dem deutschen System vergleichbare Art von mittelbarer Drittwirkung in England nicht unstreitig anerkannt ist485, wird in der Literatur überwiegend vertreten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Privatsphäre auch im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Geltung beanspruchen sollen. Dies wird damit begründet, dass die nationalen Gesetze gem. Art. 6(3)(a) HRA in Einklang mit der EMRK auszulegen sind.486 Auch für den Fall, dass dies nicht ausreiche, gelangt die Literatur zumindest aber über den Verfahrensweg zur Anwendbarkeit des HRA im privaten Arbeitsverhältnis. Da zwar nicht die Entscheidung des Arbeitgebers, allerdings jene des Gerichts von der Staatsgewalt ausgehe, sei zumindest der Gerichtsspruch unter Berufung auf Art. 8 und Art. 10 HRA angreifbar.487 c) Einführung eines test of proportionality Da von der Anwendbarkeit des HRA ausgegangen wird, ist nach Ansicht der Literatur weiterhin auch die Interessenabwägung in Kündigungsfällen an die Rechtsprechung der europäischen Gerichtshöfe anzupassen. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung anhand des BORR berücksichtige überproportional stark die Interessen des Arbeitgebers, weshalb im Falle von Meinungsäußerungen nach Art. 10 HRA oder nach Art. 8 HRA geschütztem Privatverhalten nicht auf den vernünftigen Arbeitgeber abgestellt, sondern vielmehr eine an die Rechtsprechung des EGMR angelehnte Verhältnismäßigkeitsprüfung (sog. test of proportionality) durchgeführt werden sollte.488 Proportionality ist mit Angemessenheit oder Verhältnismäßigkeit zu übersetzen und kann im hiesigen Kontext mit der grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung verglichen werden. Anstatt zu fragen, wie ein vergleichbarer Arbeitgeber in einer solchen Situation gehandelt hätte und ob die Entscheidung grundsätzlich nachvollziehbar war, soll nach den Befürwortern dieses Ansatzes die Frage gestellt werden, ob im konkreten Fall eine mildere, aber gleichermaßen effektive Maßnahme hätte ergriffen werden können und ob die Entscheidung des Arbeitgebers unter Berücksichtigung aller Umstände als im Einzelfall 485

Es wird hier teilweise von einer rein vertikalen, so z. B. Buxton (2000) 116 LQR p. 48 ff., teilweise von einer horizontalen, so Wade (2000) 116 LQR p. 217 ff., oder von einer indirekt horizontalen, vgl. Bamforth (1999) 58 CLJ p. 159 ff., Wirkung des HRA ausgegangen. Letzteres wäre mit der mittelbaren Drittwirkung im deutschen Recht zu vergleichen. 486 Vickers, Freedom of Speech and Employment, p. 75 – 76. 487 Vgl. Barendt, Freedom of Speech, p. 488, bezugnehmend auf Van der Heijden v Netherlands App No 42857/05 (3 April 2012). 488 Wragg (2015) 44 ILJ 1, 13 – 15; Mantouvalou (2019) 35 IJCLLIR 101, 118; Collins (2006) 71 MLR 619, 630 – 631; Collins/Mantouvalou (2013) 76 MLR 909, 919.

V. Ansätze der Literatur

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angemessen zu bewerten war.489 Diese Verhältnismäßigkeits- oder auch Rechtfertigungsprüfung müsste gem. Art. 8(2) HRA ohnehin erfolgen, wenn dessen Anwendungsbereich als eröffnet eingestuft würde.490 Mantouvalou beschreibt die Verhältnismäßigkeitsprüfung dahingehend, dass ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers nur unter folgenden Voraussetzungen für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sein soll: „This test of proportionality in the present context will be satisfied in the enquiry of fairness only if the employee’s off-duty behaviour has a direct impact or a high likelihood of such impact on the performance of contractual duties, whilst an existing effect or a high likelihood of such effect on business reputation may also be a weighty consideration. The main point here is that a remote or marginal danger does not suffice.“491

Hier besteht folglich eine Parallele zum Diskurs unter deutschen Wissenschaftlern, welche teilweise eine an den polizeirechtlichen Gefahrenbegriff angelehnte Überprüfung des außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens fordern.492 Weiterhin wird vertreten, dass die Interessenabwägung gerade im Falle von potentiell rufschädigendem Verhalten des Arbeitnehmers in Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR zu erfolgen hat. Der EGMR sieht den Ruf eines Individuums als von Art. 8 HRA geschützt und potentielle Schranke für die Ausübung der Meinungsfreiheit nach Art. 10 HRA an.493 Trotz der einander im Grundsatz gleichwertig gegenüberstehenden Grundrechte ist Art. 8 HRA aber nur betroffen, wenn die rufschädigende Meinungsäußerung einen gewissen Schweregrad aufweist.494 Dementsprechend müssten auch an eine Rufschädigung des Arbeitgebers durch das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers besonders hohe Anforderungen gestellt werden.495 d) Analogie zum Rechtsinstitut breach of confidence Andere Stimmen in der Literatur fordern, das Rechtsinstitut des breach of confidence analog auf Fälle des außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens anzuwenden.496 Im Folgenden sind zunächst die Grundlagen dieses Rechtsinstituts zu beschreiben und in einem weiteren Schritt die Möglichkeit der Übertragung auf das Arbeitsverhältnis darzustellen. 489

Sanders (2014) 34 LS 328, 342. Vgl. Sanders (2014) 34 LS 328, 342. 491 Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 931. 492 S. oben unter V., 1., a). 493 Vgl. Axel Springer AG v Germany App No 39954/08 (7 February 2012). 494 Axel Springer AG v Germany App No 39954/08 (7 February 2012) para 83: „In order for Article 8 to come into play […] an attack on a person’s reputation must attain a certain level of seriousness and in a manner causing prejudice to personal enjoyment of the right to respect for private life.“ 495 Mantouvalou (2019) 35 IJCLLIR 101, 120. 496 So insb. Sanders (2014) 34 LS 328, 343 ff. 490

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

aa) Das Rechtsinstitut breach of confidence Wörtlich übersetzt bedeutet breach of confidence Vertrauensbruch.497 In der englischen Literatur wird zumeist angenommen, dass sich das Rechtsinstitut des breach of confidence in England ab dem 18. Jahrhundert entwickelte und seine Grundlagen in dem nach common law anerkannten Eigentumsrecht eines Autors an seinen unveröffentlichten Werken hat.498 Im common law konnten die Gerichte lediglich Schadensersatzansprüche zusprechen, aber keine Unterlassungsanordnungen erlassen, weshalb sich die Autoren im Streitfall an die Chancery-Gerichte wendeten und ihre Begehren über das Recht der equity einklagen mussten.499 Diese griffen auf nach dem Recht des trusts anerkannte Gutglaubenspflichten zurück und verbanden diese mit dem Eigentumsrecht des common law, wodurch eine auf Vertrauen basierende Fürsorgepflicht hinsichtlich des geistigen Eigentums entstand.500 Im Laufe der Zeit löste sich das Rechtsinstitut des breach of confidence allerdings zunehmend vom Eigentumsrecht und wurde auch auf die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen und andere Fälle mit vergleichbarer Interessenlage angewandt.501 Dies ist aber nur eine der möglichen Herleitungen des breach of confidence. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob dieses Rechtsinstitut dem contract law, dem Recht der equity, dem Eigentumsrecht oder etwa allen dreien zuzuordnen ist.502 Die Voraussetzungen sind aber im englischen Recht – zumindest nach der ständigen Rechtsprechung503 – anerkannt, weshalb es einer weitergehenden Erörterung der dogmatischen Grundlage an dieser Stelle nicht bedarf. Die Voraussetzungen eines breach of confidence werden aus dem Urteil zu Saltman Engineering Co. Ltd. v Campbell Engineering Co. Ltd504 und der darauf aufbauenden Entscheidung zum Fall Coco v AN Clark Ltd505 abgeleitet. Es muss hiernach (I.) eine vertrauliche und schutzwürdige Information vorliegen, welche (II.) trotz des Bestehens einer Verschwiegenheitspflicht weitergegeben wurde und diese Weitergabe muss (III.) eine vom Urheber der Information nicht autorisierte Nutzung derselben darstellen.506

497

Collin/Janssen/Kornmüller, PONS-Fachwörterbuch Recht, S. 40. Viskorf, Informationsschutz im englischen Recht, S. 13; krit. hierzu Hammond (1979) 8 AALR 71, 74. 499 Zur Unterscheidung zwischen equity und common law s. schon unter B., II., 1. 500 Vgl. Viskorf, Informationsschutz im englischen Recht, S. 14. 501 Viskorf, Informationsschutz im englischen Recht, S. 17. 502 Gurry, Breach of Confidence, p. 25; ausführlich zur Entwicklung des Rechtsinstituts des breach of confidence s. Hammond (1979) 8 AALR71 ff. 503 Vgl. De Maudsley v Palumbo and Others [1996] FSR 447, 452; Douglas v Hello! Ltd (No 3) [2006] QB 125, 151. 504 Saltman Engineering Co Ltd v Campbell Engineering Co Ltd [1963] 3 All ER 413, 415. 505 Coco v Clark Ltd [1969] FSR 415, 419 – 421. 506 Gurry, Breach of Confidence, p. 4 – 5. 498

V. Ansätze der Literatur

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bb) Übertragung auf das Arbeitsverhältnis Vornehmlich von Sanders, welche eine der wenigen Abhandlungen zum außerdienstlichen Verhalten des Arbeitnehmers im englischen Recht verfasst hat, wird die Übertragung der oben genannten Grundsätze auf das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers gefordert.507 Sie bezieht sich in erster Linie auf Fälle der speziellen Form des breach of personal confidence, in welchen private Informationen gegen oder ohne den Willen des Betroffenen, zumeist einer prominenten Person, an die Öffentlichkeit geraten und ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.508 Als Beispiele zieht sie die Fälle von Caroline von Monaco509 und dem britischen Model Naomi Campbell510 heran. Die beiden Konstellationen seien miteinander vergleichbar, da die Klägerinnen sich jeweils auf Art. 8 HRA beriefen und zumeist privates Verhalten einer Person außerhalb der Arbeitszeit in Frage stehe.511 Genau wie Prominente ein Interesse daran haben, dass ihre privaten Angelegenheiten nicht an die Öffentlichkeit gelangen und somit ggfs. ihren Ruf schädigen, könne der Arbeitnehmer ein Interesse daran haben, seine privaten Angelegenheiten dem Einfluss seines Arbeitgebers zu entziehen.512 Diese Vergleichbarkeit ergebe sich nicht zuletzt schon aus der Tatsache, dass einige Richter in den Revisionsverfahren zu außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten diese Analogie bereits im Hinblick auf den Anwendungsbereich von Art. 8 HRA anerkannt hätten.513 Auch in den Fällen eines breach of personal confidence sei eine Abwägung mit den Rechten des Veröffentlichenden aus Art. 10 HRA – zumeist einer Zeitung – vorzunehmen, gleichwohl lege die Rechtsprechung hier einen milderen Maßstab an, da die Kläger in den meisten Fällen zumindest teilweise obsiegten.514 Aufgrund der Vergleichbarkeit der Interessenlage sei diese unterschiedliche Behandlung von prominenten Persönlichkeiten und Arbeitnehmern jedoch nicht gerechtfertigt.515 Hiervon geht im Ansatz auch Mantouvalou aus, welche die Außerachtlassung von Art. 8 HRA ebenfalls mit der Begründung kritisiert, dass dieser in vergleichbaren Fällen Anwendung finde.516

507

Vgl. Sanders, 34 LS (2014), 328, 343 ff. Sanders, 34 LS (2014), 328, 345. 509 Von Hannover v Germany App No 59320/00 (24 June 2004). 510 Campbell v Mirror Group Newspaper Ltd [2005] 1 WLR 3394. 511 Sanders, 34 LS (2014), 328, 344. 512 Vgl. Sanders, 34 LS (2014), 328, 344. 513 Sanders (2014) 34 LS 328, 344 mit Bezug auf X v Y [2004] ICR 1634, 1656. 514 Vgl. Sanders (2014) 34 LS 328, 345 mit Bezug auf die sechs bekanntesten breach of confidence Fälle, welche in CTB v News Group Newspapers Ltd [2011] EWHC 1232 [21] (QB) aufgelistet wurden. 515 Sanders (2014) 34 LS 328, 345. 516 Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 919. 508

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D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

e) Rechtswidrigkeitsvermutung (presumption of unfairness) Ebenfalls von Sanders wird der Ansatz vertreten, von einer Vermutung der Rechtswidrigkeit einer Kündigung aufgrund außerdienstlichen Verhaltens (presumption of unfairness) auszugehen.517 Diese Vermutung soll bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung beim Prüfungspunkt der reasonableness angesiedelt sein und nur widerlegt werden können, sofern der Arbeitgeber nachweisen kann, dass es triftige Gründe für die Annahme einer Schädigung des Betriebs durch das Arbeitnehmerverhalten gibt.518 Diese Ansicht wird von vielen der Rechtsprechung kritisch gegenüberstehenden Wissenschaftlern geteilt, wobei jedoch nicht immer ausdrücklich die rechtsdogmatische Einordnung als Vermutungsregel diskutiert wird.519 f) Zwischenergebnis Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten bestimmen sich im englischen Recht primär nach den durch das common law anerkannten Grundsätzen und dem von der Rechtsprechung entwickelten test of fairness zur Auslegung des ERA. Der Erlass des auf Europarecht beruhenden HRA hatte hingegen wenig bis keinen Einfluss auf die richterlichen Entscheidungen, was in der Literatur jedoch stark kritisiert wird. Obwohl einige dem Kündigungsschutzprozess vorgelagerte Regelungsmechanismen zum Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten entwickelt wurden, sind die Möglichkeiten der Einflussnahme des Arbeitgebers auf das Privatverhalten seiner Arbeitnehmer nach englischem Recht dennoch verhältnismäßig weitreichend ausgestaltet. 3. Rechtsvergleichende Betrachtung In rechtsvergleichender Hinsicht lässt sich feststellen, dass die in der englischen Literatur geforderten Änderungen in Bezug auf den Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten den Ansätzen der deutschen Rechtswissenschaftler teilweise sehr ähnlich sind. Der in Deutschland von der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz der Betriebsbezogenheit wird in England von der Literatur als möglicher und wünschenswerter Weg zur Einschränkung des sehr viel weiter reichenden englischen Kündigungsrechts eingestuft. Die Forderung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich zudem mit dem Ansatz deutscher Kritiker, die polizeirechtlichen Gefahrenbegriffe auf außerdienstliches Verhalten anzuwenden, vergleichen, allerdings mit dem Unterschied, dass englische Rechtswissenschaftler eine Einschränkung der weitreichenden Arbeitgeberrechte zugunsten des Arbeitnehmers, deutsche Rechtswissenschaftler aber umgekehrt eine Einschränkung des hierzulande eher weitrei517 518 519

Vgl. Sanders (2014) 34 LS 328, 349 f. Sanders (2014) 34 LS 328, 349 f. Vgl. Mantouvalou (2008) 71 MLR 912, 935; Del Punta (2019) 35 IJCLLIR 79, 96.

V. Ansätze der Literatur

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chenden Arbeitnehmerschutzes zugunsten des Arbeitgebers fordern. Rechtspolitisch betrachtet ist der Diskurs um außerdienstliche Verhaltenspflichten damit ein sehr genaues Abbild der im gesamten Arbeitsrecht beider Rechtsordnungen bestehenden Debatten. Einzig ein dem Gedanken von Sanders vergleichbarer Ansatz lässt sich im deutschen Recht nicht finden, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass diese Analogie nur für das Privatleben des Arbeitnehmers im engeren Sinne fruchtbar gemacht werden könnte, welches nach der deutschen Rechtsdogmatik aber ohnehin als weitestgehend von der Einflussnahme des Arbeitgebers ausgeschlossen angesehen wird. 4. Eigener Ansatz zum deutschen Recht Nachdem nun Rechtsprechung und Literatur beider Rechtsordnungen analysiert worden sind, stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse aus diesem Vergleich für den deutschen Regelungsansatz gezogen werden können. Bei Betrachtung der funktionalen Frage nach dem Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten, losgelöst von beiden Rechtsordnungen, lässt sich feststellen, dass diese mit der Frage nach der Gewichtung widerstreitender Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen gleichgesetzt werden kann. Was die Interessen des Arbeitnehmers anbelangt, haben die bisherigen Untersuchungen ergeben, dass diesen nach dem deutschen Regelungsansatz sehr viel Bedeutung zuzumessen ist und dieser in keinem Punkt hinter dem von der Vergleichsrechtsordnung veranschlagten Schutzniveau zurücksteht. Da nach dem Verständnis deutscher Rechtswissenschaftler das Arbeitsrecht im Wesentlichen als Arbeitnehmerschutzrecht zu verstehen ist520, verdient die zum Umgang mit außerdienstlichen Verhaltenspflichten entwickelte Dogmatik grundsätzlich und insbesondere im Hinblick auf die zur Wahrung der Arbeitnehmerinteressen entwickelten Mechanismen Zustimmung. Gleichwohl sind bei dem Interessenausgleich auch die Belange des Arbeitgebers nicht zu vernachlässigen. Denn systematisch betrachtet zählt die Frage der Relevanz von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten in erster Linie nicht zum Arbeitnehmerschutzrecht im klassischen Sinne – anders als beispielsweise Fragen der Arbeitszeit und des Mutterschutzes, welche eine Normierung durch den Gesetzgeber erfahren haben –, sondern vielmehr zum allgemeinen Vertragsrecht, was sich auch an dem Rückgriff auf §§ 241 II, 242 BGB zeigt. Dass in diesen Themengebieten der Arbeitnehmerschutz nicht als ein jedwede entgegenstehende Interessen verdrängendes Rechtsgut verstanden werden kann, scheint die Rechtsprechung zumindest teilweise zu verkennen. Diesbezüglich vermag der Vergleich mit der englischen Rechtsordnung die Sinne für den Schutz der Arbeitgeberinteressen wieder etwas zu schärfen, womit natürlich keine radikale Kehrtwende, jedoch zumindest eine Sensibilisierung und Erweiterung des Blickfeldes erreicht werden sollte. 520 Von Herschel wird der Arbeitnehmerschutz als „Urzelle des modernen deutschen Arbeitsrechts“ beschrieben, in: RdA 1978, 69 (69).

144

D. Grenzen und Reichweite außerdienstlicher Verhaltenspflichten

Als möglicher Lösungsansatz wurde schon die Anwendung des polizeirechtlichen Gefahrenbegriffs genannt. Darüber hinaus haben die rechtsvergleichenden Betrachtungen zu folgender lösungsorientierter Überlegung bezüglich des Umgangs mit Arbeitgeberkündigungen aufgrund von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten geführt. In Bezug auf die Kündigungsvoraussetzungen ist im englischen Recht wohl die Anwendung des „Burchell-Tests“ auf alle verhaltensbedingten Kündigungen am bemerkenswertesten. Während diese Voraussetzungen im deutschen Recht nur für den Fall, dass eine nicht eindeutig nachzuweisende Straftat des Arbeitnehmers vorliegt, zum Ansatz gebracht werden, stellt nach dem englischen Recht sozusagen jede verhaltensbedingte Kündigung eine Verdachtskündigung dar. Da mit Hilfe der Grundsätze der Verdachtskündigung, bzw. nach englischem Recht dem „Burchell-Test“, eine Beweiserleichterung für den Arbeitgeber geschaffen wird, ließe sich überlegen, die Grundsätze der Verdachtskündigung analog auf den Fall von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten anzuwenden. Dies aus dem Grund, dass vornehmlicher Sinn und Zweck der Verdachtskündigung ist, einen gerechten Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei unklaren, besonders schwierigen Sachverhalten herbeizuführen.521 Hierdurch könnte einerseits die im Falle von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten oft entscheidende Beweislast des Arbeitgebers erleichtert, andererseits aber auch die zu schützenden Interessen des Arbeitnehmers im Blick behalten werden. Der Grundsatz der Betriebsbezogenheit würde nach diesem Ansatz zwar weiter Geltung beanspruchen, nach dessen Überprüfung und – der in Anlehnung an den polizeirechtlichen Gefahrenbegriff ggfs. früher anzunehmenden – Bejahung wären die Maßnahmen des Arbeitgebers jedoch weiterhin analog den Voraussetzungen einer Verdachtskündigung zu überprüfen. Die drei Voraussetzungen der Verdachtskündigung müssten hierzu entsprechend modifiziert werden. Erstere, nach welcher die in Frage stehende Straftat nicht nachweislich vom beschuldigten Arbeitnehmer begangen worden sein muss, wäre durch die Voraussetzung, dass eine Schädigung durch ein außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten noch nicht nachweislich eingetreten sein muss, zu ersetzen. Analog zur zweiten Voraussetzung der Verdachtskündigung müsste der Eintritt eines Schadens aber überwiegend wahrscheinlich sein. Für die Bewertung der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ könnten wiederum ergänzend die polizeirechtlichen Grundsätze zum Gefahrenbegriff herangezogen werden. Als dritte und letzte Voraussetzung müsste der Arbeitgeber, wie bei der Verdachtskündigung auch, alles zur Aufklärung des Sachverhalts Erforderliche getan haben. Im hiesigen Kontext wären diesbezüglich etwa das Konfliktmanagement des Arbeitgebers, dessen präventive Maßnahmen und die Einhaltung von gegenüber dem Arbeitnehmer bestehenden Aufklärungspflichten zu berücksichtigen. Auch wenn die Mehrzahl der hier untersuchten Entscheidungen unter Anwendung der eben vorgestellten Voraussetzungen wohl nicht anders entschieden worden wären, so hätten diese die wenigen kritik-

521

Vgl. zur Funktion der Verdachtskündigung: APS/Vossen, § 626, Rn. 345 ff.

V. Ansätze der Literatur

145

würdigen Urteile, wie beispielsweise jenes des LAG Niedersachsen522, im Ergebnis zugunsten des Arbeitgebers beeinflussen und so zu einem gerechteren Ausgleich der widerstreitenden Interessen führen können. Im Ergebnis führte dieser Ansatz auch nicht nur zum stärkeren Schutz der Interessen des Arbeitgebers, sondern auch jener des Arbeitnehmers. Werden an eine Kündigung aufgrund außerdienstlichen Arbeitnehmerverhaltens zu hohe Anforderungen gestellt, so kann dies zu Einstellungs- und äußerstenfalls auch zu Integrationshemmnissen führen, was sich sehr gut an der Entscheidung des LAG Niedersachsens verdeutlichen lässt. Um den dieser Entscheidung zugrundeliegenden vergleichbaren Konflikten nicht ausgesetzt zu sein, könnten Arbeitgeber dazu tendieren, Bewerber muslimischen Glaubens nicht einzustellen. Zur Unterbindung solcher Vorgehensweisen tragen natürlich auch die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bei; gleichwohl können hiermit nur die Folgen einer Diskriminierung in Form von Schadensersatzzahlungen abgemildert werden. Dementsprechend ist in der Stärkung von Arbeitgeberinteressen im Bereich der außerdienstlichen Verhaltenspflichten zugleich eine Prävention von Arbeitnehmerdiskriminierungen zu erblicken.523

522

LAG Niedersachsen, Urt. v. 12. 3. 2018 – 15 Sa 319/17 – NZA-RR 2018, 421 ff. Nichtsdestotrotz sind personalpolitische Entscheidungen des Arbeitgebers weiterhin für jeden Einzelfall am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, da die Nichteinstellung oder Kündigung von Arbeitnehmern mit extremen politischen oder religiösen Ansichten auch zu deren beruflicher und sozialer Desintegration führen und deren weiterer Radikalisierung Vorschub leisten könnten, vgl. Picker, RdA 2021, 33 (33). 523

E. Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens Im Folgenden ist zu erörtern, welche Rechtsfolgen das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers nach sich ziehen kann. Zu denken wäre hier zunächst an einen Anspruch des Arbeitgebers auf Erfüllung, d. h. darauf, dass sich der Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit den Vorstellungen des Arbeitgebers entsprechend verhält oder ein bestimmtes Verhalten unterlässt. Weiterhin kommen Schadensersatzansprüche sowie die Abmahnung und als ultima ratio schließlich auch die Kündigung in Betracht. Da kündigungsrechtliche Aspekte teilweise schon bei Auswertung der Rechtsprechung zu untersuchen waren, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die in den vorangegangenen Ausführungen noch nicht näher beleuchteten Fragen.

I. Im deutschen Recht 1. Anspruch auf Erfüllung außerdienstlicher Verhaltenspflichten Dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einem bestimmten außerdienstlichen Verhalten bzw. der Unterlassung eines solches haben kann, wurde bereits gezeigt. Bei Auswertung der Rechtsprechung fällt allerdings auf, dass den Urteilen zumeist eine bereits ausgesprochene Kündigung zugrunde liegt. Dennoch ist auch die der Kündigung vorgelagerte Frage nach den Ansprüchen des Arbeitgebers auf Erfüllung gewisser Neben- oder Schutzpflichten aus rechtsdogmatischer Sicht zu klären. Es kommt hier vornehmlich darauf an, ob der Arbeitgeber einen durchsetzbaren Anspruch auf ein bestimmtes Arbeitnehmerverhalten hat. a) Schutz- und Nebenleistungspflichten Wie im Kapitel C. bereits dargelegt wurde, handelt es sich bei den außerdienstlichen Verhaltenspflichten eines Arbeitnehmers zumeist um sog. Schutzpflichten i. S. d. § 241 II BGB.1 Teilweise kann ein außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten aber auch eine leistungsbezogene Nebenpflicht oder Nebenleistungspflicht2 i. S. d. § 241 I BGB darstellen.3

1 2 3

S. dazu ausführlich oben unter C., I., 1., c), bb). Zur Uneinheitlichkeit der Terminologie vgl. Staudinger/Olzen, § 241 BGB, Rn. 142 ff. Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 78.

I. Im deutschen Recht

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aa) Nebenleistungspflichten Eine Verletzung von Nebenleistungspflichten wird im arbeitsrechtlichen Kontext beispielsweise bei einer gegen den Arbeitgeber verübten Straftat oder bei Annahme von Schmiergeldern zu bejahen sein.4 Wird eine Schutzpflicht in besonders schwerwiegender Weise verletzt, so kann aber auch die Verletzung einer Nebenleistungspflicht angenommen werden, weshalb die Schutz- und Nebenleistungspflichten nicht immer sauber voneinander zu trennen sind.5 In Bezug auf die Klagbarkeit solcher Nebenleistungspflichten ist zunächst der Frage nachzugehen, ob überhaupt ein Anspruch auf Erfüllung bestehen kann.6 Hierzu wird von der h. M. zwischen selbständigen und von der Leistungspflicht abhängigen Nebenpflichten unterschieden.7 Selbständige Nebenpflichten sind solche, die neben der Hauptleistung einen eigenständigen Zweck erfüllen und damit nach h. M. auch einen Anspruch auf Erfüllung begründen, weshalb ebenfalls deren Klagbarkeit zu bejahen ist.8 Außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten wird jedoch regelmäßig allenfalls eine unselbständige Nebenpflicht darstellen können. Unselbständige Nebenpflichten sind gegeben, wenn das geforderte Verhalten lediglich zur Vorbereitung der Hauptleistung dient oder als Unterlassungspflicht gleichsam nur die Kehrseite der Leistungspflicht darstellt.9 Deren Erfüllbarkeit bzw. Klagbarkeit ist bis heute nicht abschließend geklärt. Aufgrund der Abhängigkeit von der Hauptleistungspflicht wurde eine eigenständige Erfüllbarkeit und Klagbarkeit der unselbständigen Nebenpflichten früher zumeist verneint.10 Argumentiert wurde damit, dass der Gläubiger ausreichend durch die Möglichkeit auf Erfüllung der Hauptpflicht und im Falle der Verletzung unselbständiger Nebenpflichten auf Schadensersatz zu klagen geschützt sei.11 Ein selbständiger Unterlassungsanspruch sollte nur anzuerkennen sein, sofern zur in Frage stehenden Nebenpflicht ausdrückliche Regelungen im Vertrag niedergelegt wurden.12 Nach der heute überwiegenden Auffassung kann die Klagbarkeit von Nebenleistungspflichten jedoch nicht pauschal verneint werden.13 Dies ergebe sich schon aus gesetzlichen Bestimmungen zu klagbaren Nebenpflichten wie §§ 541, 618 BGB und § 60 HGB, welche nicht als abschließende Ausnahmefälle zu quali4

Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 78. Madaus, Jura 2004, 289 (289, 291); Grigoleit, FS Canaris, 276 (295 f.). 6 Bachmann/Schirmer, FS Canaris, 371 (372); Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, S. 126. 7 MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 68 f.; Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 25. 8 Vgl. Palandt/Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 25. 9 NK/Schulze, § 241 BGB, Rn. 8, 11; MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 69. 10 OLG Frankfurt, Urt. v. 26. 6. 1984 – 8 U 15/84 – JZ 1985, 337 (337); Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 4 II 2, S. 21 f. 11 Vgl. hierzu MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 69 f. m. w. N. 12 RG, Urt. v. 22. 5. 1931 – II 402/30 – RGZ 133, 51 (62); RG, Urt. v. 24. 1. 1910 – I 188/08 – RGZ 72, 393 (393 f.). 13 Differenzierend: Medicus, FS Canaris, 835 (839). 5

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fizieren seien.14 Zudem spreche hiergegen die allgemein anerkannte analoge Anwendung von § 1004 BGB im Rahmen von bestimmten deliktischen Verkehrssicherungspflichten.15 Genauso wie im Deliktsrecht, sei es dem Schuldner vertraglicher Beziehungen nicht zuzumuten, den Eintritt eines Schadens abwarten zu müssen, weshalb die Anerkennung eines klagbaren Anspruchs zu bejahen sei.16 Vorauszusetzen sei jedoch stets eine unmittelbare Gefährdung des Leistungserfolges.17 Folgt man dieser Ansicht, so bedeutet dies für das Arbeitsverhältnis, dass der Arbeitgeber einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer geltend machen könnte, sofern durch drohende oder bereits eingetretene Verletzungen von Nebenleistungspflichten eine unmittelbare Gefährdung des Leistungserfolges vorliegt, was mit der oben bereits erörterten Betriebsbezogenheit gleichzusetzen sein dürfte. bb) Schutzpflichten Für den Arbeitgeber relevantes außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten ist in der Regel Ausdruck einer Schutzpflicht i. S. d. § 241 II BGB. Auch die Klagbarkeit von Schutzpflichten ist bis heute umstritten. Nach einer verbreiteten Ansicht kann eine Schutzpflicht schon begriffslogisch nicht auf Erfüllung gerichtet sein und eine solche nur in bestimmten Einzelfällen, in denen der Gläubiger ein „schutzwürdiges Interesse“ an der Durchsetzung hat, gerichtlich geltend gemacht werden.18 Dem wird jedoch entgegengehalten, dass Sinn und Zweck der Schutzpflichten gerade darin liegt, die Rechtsgüter der Vertragsparteien vor Beeinträchtigungen zu bewahren und mithin die präventive Abwehr von Schutzpflichtverletzungen möglich sein muss.19 Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus der Vergleichbarkeit zum Deliktsrecht.20 Eine generelle Klagbarkeit wird gleichwohl weder abgelehnt noch angenommen; es kommt auch nach der befürwortenden Ansicht vielmehr auf eine Abwägung der widerstreitenden Parteiinteressen im jeweiligen Einzelfall an.21 Richtigerweise wird man in Einklang mit der oben vertretenen Ansicht annehmen müssen, dass die gerichtliche Durchsetzung gewisser Schutzpflichten zwar möglich ist, diese jedoch nur in Betracht kommt, wenn eine unmittelbare Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut besteht.22

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So schon Lenzen, NJW 1967, 1260 (1261). MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 70. 16 Herresthal, GS Unberath, 179 (210); Bodewig, Jura 2005, 505 (512). 17 Stürner, JZ 1976, 385 (390 ff.); Erman/Martens, § 241, Rn. 13. 18 BeckOK BGB/Sutschet, § 241 BGB, Rn. 43; Grigoleit, FS Canaris, 275 (289 ff.). 19 Vgl. MüKo/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 120. 20 Stürner, JZ 1976, 384 (385 ff.). 21 Köhler, AcP 190 (1990) 496, 509. 22 So z. B. Herresthal, GS Unberath, 179 (210); Bodewig, Jura 2005, 505 (512); MüKo/ Bachmann, § 241 BGB, Rn. 120. 15

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b) Rechtstatsächliche Erwägungen In rechtstatsächlicher Hinsicht ist die Bedeutung eines Anspruchs auf Erfüllung von Nebenleistungs- oder Schutzpflichten als eher gering einzustufen. Dies wird dadurch bedingt, dass das für die Durchführung von Dauerschuldverhältnissen unabdingbare vertrauensvolle Miteinander durch die gerichtliche Geltendmachung gleich welcher Art von Ansprüchen empfindlich gestört wird und daher auch die Befürworter einer Klagbarkeit diese nur in engen Grenzen zulassen wollen.23 Klagen auf Erfüllung von Neben- und Schutzpflichten kommen daher in der Praxis äußerst selten vor, was nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen ist, dass dem Arbeitgeber diesbezüglich anderweitige – und wahrscheinlich auch effektivere – Maßnahmen zur Verfügung stehen.24 2. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch Verletzt der Arbeitnehmer eine Nebenleistungs- oder Schutzpflicht, so kann der Arbeitgeber auf Beseitigung der Störung bzw. Unterlassung klagen, § 1004 I BGB analog. Es muss hierfür die Gefahr einer bevorstehenden Beeinträchtigung gegeben sein, welche bei einer Wiederholungsgefahr aufgrund von vorhergehenden Beeinträchtigungen vermutet wird.25 In Rechtsprechung und Literatur wird teilweise angenommen, der Arbeitgeber sei zur Geltendmachung des Anspruchs nicht aktivlegitimiert, wenn sich das unternehmensschädigende Verhalten – im zugrunde liegenden Fall eine Ehrverletzung – nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen Dritte gerichtet habe.26 Richtig ist zwar, dass Ehrverletzungen zulasten von Kollegen oder außenstehenden Dritten nicht die Ehre des Arbeitgebers beeinträchtigen; gleichwohl ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch den Arbeitgeber immer dann zulässig, wenn er zusätzlich in eigenen Rechten, zu welchen nicht nur die persönliche Ehre sondern auch der Ruf des Unternehmens oder ähnliche Rechte zählen, verletzt wurde.27 In prozessualer Hinsicht bestehen folglich keine Bedenken bezüglich der Wirksamkeit eines Unterlassungsanspruchs. Nichtsdestotrotz vermag ein solcher Anspruch in vielen Konstellationen die Rechte des Arbeitgebers nicht hinreichend zu schützen. Denn der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch ist bekanntlich schon dem Wortlaut nach nur auf Beseitigung und Unterlassung, nicht aber auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichtet.28 So könnte z. B. im Rahmen von Social-Media-Fällen mithilfe des Unterlassungsanspruchs zwar das Löschen eines Postings effektiv verfolgt, nicht jedoch die Weiterverbreitung durch 23

Staudinger/Olzen, § 241 BGB, Rn. 557 m. w. N. So MhdB ArbR/Reichold, § 56, Rn. 2. 25 MüKo/Raff, § 1004 BGB, Rn. 302; MhdB ArbR/Reichold, § 56, Rn. 3. 26 ArbG Herford, Urt. v. 12. 11. 2009 – 3 Ga 26/09 – NJOZ 2011, 669 (670); Hinrichs/Hörtz, NJW 2013, 648 (653). 27 Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 216 f. 28 Vgl. Staudinger/Thole, § 1004 BGB, Rn. 368. 24

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Dritte und Wiedergutmachung des dadurch entstandenen Schadens verlangt werden.29 3. Schadensersatzansprüche Dem Arbeitgeber können weiterhin verschiedene Schadensersatzansprüche zustehen. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281 käme nur im äußerst seltenen Fall der Verletzung einer Nebenleistungspflicht in Frage.30 Verletzt der Arbeitnehmer durch sein außerdienstliches Verhalten hingegen eine Schutzpflicht, so könnte der Arbeitgeber Schadensersatz statt der Leistung nur nach §§ 280 I, II, 282 BGB fordern, wenn ihm die Leistungserbringung durch den Arbeitnehmer nicht mehr zuzumuten ist.31 Da dies jedoch nur in besonderen Einzelfällen anzunehmen sein wird, ist ein einfacher Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach §§ 280 I, 241 II BGB die vorrangig zu prüfende Anspruchsgrundlage. Ein solcher Anspruch käme z. B. in Betracht, wenn dem Arbeitgeber aufgrund eines außerdienstlichen Verhaltens des Arbeitnehmers ein Kunde verloren geht und er hierdurch wirtschaftliche Einbußen zu verzeichnen hat. Die Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers nach § 619a BGB kommt zwar grundsätzlich auch im Rahmen von Schutzpflichtverletzungen zum Tragen32, nicht jedoch, wenn sich diese aus einem außerdienstlichen Verhalten des Arbeitnehmers ergeben.33 Da Sinn und Zweck des § 619a BGB gerade darin liegen, die für den Arbeitnehmer grundsätzlich erleichterte Haftung nicht durch die Beweislastumkehr des § 280 I 2 BGB zu konterkarieren, kann dieser Ansatz auch überzeugen. Gerade im Hinblick auf außerdienstliche Tätigkeiten des Arbeitnehmers wird es dem Arbeitgeber nämlich kaum möglich sein, das Verschulden des Arbeitnehmers nachzuweisen; zudem liegt der außerdienstliche Bereich generell in der Risikosphäre des Arbeitnehmers. Auch wenn der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers nicht nachzuweisen hat, wird sich die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs in der Praxis jedoch schwierig gestalten. Denn auf den Nachweis eines kausal verursachten Schadens kann nicht verzichtet werden34, welcher allerdings bei der Verletzung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nicht leicht zu erbringen sein wird. Im bereits genannten Beispiel des abgesprungenen Kunden liegt zwar ein messbarer, kausaler Schaden vor. Wie die Auswertung der Rechtsprechung zeigt, ist dies in den meisten Fällen jedoch 29

Vgl. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 214 f. MüKo/Ernst, § 281 BGB, Rn. 13. 31 Jauernig/Stadler, § 282 BGB, Rn. 1 f. 32 BAG, Urt. v. 26. 9. 2013 – 8 AZR 1026/12 – NZA 2014, 301 (303); HWK/Krause, § 619a, Rn. 10. 33 So zumindest MüKo/Henssler, § 619a BGB, Rn. 29. 34 Dieses Ergebnis steht auch nicht in Widerspruch zu der oben grundsätzlich befürworteten Beweiserleichterung für den Arbeitgeber, welche sich lediglich auf arbeitgeberseitige Kündigungen bezieht. Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche erscheint eine solche aufgrund der unter Umständen immens hohen Schadensersatzforderungen hingegen nicht gerechtfertigt. 30

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nicht so eindeutig. Gerade der Nachweis der Kausalität ist im Hinblick auf die von vielen verschiedenen Faktoren abhängige Schwankung der wirtschaftlichen Stärke eines Unternehmens problematisch. Die Feststellung eines Schadens nach den §§ 249 ff. BGB ist zudem in Fällen von Rufschädigungen, sei es durch Meinungsäußerungen, Straftaten oder den persönlichen Lebenswandel eines Arbeitnehmers, nur schwer zu messen. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass der Arbeitgeber – in den eindeutigen Fällen – einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann und ihm in allen anderen Fällen anderweitige Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. 4. Kündigung Auf außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten kann der Arbeitgeber als ultima ratio mit der Kündigung reagieren. Wie die Auswertung der Rechtsprechung gezeigt hat, ist dies im deutschen Rechtskreis auch die am häufigsten gewählte Reaktionsmöglichkeit des Arbeitgebers, auch wenn an deren Rechtmäßigkeit – gerade im außerdienstlichen Bereich – von der Rechtsprechung sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Es ist zwischen der personenbedingten und der verhaltensbedingten Kündigung zu unterscheiden, welche jeweils als ordentliche oder auch außerordentliche Kündigung erklärt werden kann. a) Abgrenzung zwischen verhaltens- und personenbedingter Kündigung Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen i. S. d. § 1 II KSchG ist gerechtfertigt, wenn dem Arbeitnehmer ein vertragswidriges, steuerbares Verhalten vorgeworfen werden kann, dieses – zumindest im Falle der ordentlichen Kündigung – bereits abgemahnt wurde und nach dem negativen Prognoseprinzip von weiteren Vertragsstörungen auszugehen ist.35 Der Arbeitnehmer muss nicht zwingend gegen eine Hauptleistungspflicht verstoßen haben; die Verletzung einer Nebenpflicht i. S. d. § 241 II BGB ist ebenso als verhaltensbedingter Kündigungsgrund geeignet.36 Eine personenbedingte Kündigung kommt hingegen in Betracht, wenn ein vom Arbeitnehmer nicht steuerbares Verhalten die Störung des Arbeitsverhältnisses verursacht.37 Es liegt hier ein Eignungsmangel des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung vor, welcher, sofern eine Besserung nach dem negativen Prognoseprinzip in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, eine Kündigung aus personenbedingten Gründen nach § 1 II KSchG sozial rechtfertigt.38 Einer Ab35 HaKo-KSchR/Pfeiffer, § 1 KSchG, Rn. 173; ErfK/Oetker, § 1 KSchG, Rn. 188 ff. m. w. N. 36 BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – NZA 2010, 220 (222); Mitterer, NZA-RR 2011, 449 (450). 37 BAG, Urt. v. 10. 4. 2014 – 2 AZR 812/12 – NZA 2014, 653 (655); APS/Vossen, § 1 KSchG, Rn. 118 ff.; HaKo-KSchR/Denecke, § 1 KSchG, Rn. 466. 38 Reichold, Arbeitsrecht, § 10, Rn. 46 ff.

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mahnung bedarf es im Grundsatz nicht; eine solche wäre jedoch geboten, wenn sich nicht abschließend feststellen lässt, ob ein personen- oder verhaltensbedingter Kündigungsgrund gegeben ist.39 b) Abgrenzung bei außerdienstlichem Verhalten Im Folgenden ist zu erörtern, ob die gleichen Abgrenzungskriterien auch für das außerdienstliche Arbeitnehmerverhalten gelten. Gerade wenn es sich um außerordentliche Kündigungen handelt, aber bisweilen auch bei der gerichtlichen Überprüfung von ordentlichen Kündigungen, wird vom BAG und auch den Instanzgerichten jedoch nicht immer eindeutig von einer verhaltens- oder einer personenbedingten Kündigung gesprochen.40 Richtigerweise ist bei Kündigungen aufgrund von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten im Grundsatz nach den bereits genannten Kriterien abzugrenzen. Es ergeben sich jedoch einige Besonderheiten, welche nachfolgend jeweils für die im Kapitel D. bereits erläuterten Fallgruppen darzustellen sind. aa) Meinungsäußerungen Bei Meinungsäußerungen wird in der Regel eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht zu ziehen sein. Dies allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer die Grenzen der Meinungsfreiheit nach Art. 5 I GG überschreitet oder er sich mit der Äußerung von unwahren Tatsachenbehauptungen oder der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen gar nicht erst in dessen Anwendungsbereich befindet.41 Eine personenbedingte Kündigung käme allenfalls bei der Gefährdung von Geschäftsgeheimnissen aufgrund von persönlichen Bindungen des Arbeitnehmers zu Mitarbeitern eines Konkurrenten42 oder bei Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken in Betracht. In Bezug auf Meinungsäußerungen wird danach zu unterscheiden sein, ob hierin ein steuerbares Verhalten zu sehen oder die Überzeugungen des Arbeitnehmers als ein in der Person liegender Grund zu qualifizieren ist. Eine Kündigung käme in letzterem Fall jedoch nur infrage, wenn die Kundgabe dieser Meinung ein strafbewehrtes Verhalten darstellt.43 Hierauf ist im Folgenden einzugehen.

39 Vgl. MhdB ArbR/Kiel, § 113, Rn. 69; MüKo/Hergenröder, § 1 KSchG, Rn. 150; das Abmahnungserfordernis generell ablehnend: APS/Vossen, § 1 KSchG, Rn. 131. 40 Was nicht zuletzt auch daran liegt, dass dies im gerichtlichen Verfahren je nach Fallkonstellationen nicht tiefergehend zu untersuchen ist. 41 Vgl. oben unter D., IV., 1., a). 42 BeckOK ArbR/Stoffels, § 626 BGB, Rn. 108. 43 Im öffentlichen Dienst dürfte hingegen eine bloß verfassungsfeindliche Gesinnung für die Begründung einer personenbedingten Kündigung regelmäßig ausreichen, vgl. dazu ArbG Berlin, Urt. v. 17. 7. 2019 – 60 Ca 455/19 – juris, Rn. 39 ff.

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bb) Straftaten (1) Unterscheidung nach dem Kriterium der Betriebsbezogenheit Bei außerdienstlich begangenen Straftaten unterscheidet die Rechtsprechung nach der im Kapitel D. bereits erörterten Betriebsbezogenheit. Richtet sich die Straftat gegen den Arbeitgeber, wird diese mithilfe von Betriebsmitteln begangen oder sieht sich der Arbeitgeber polizeilichen Ermittlungen ausgesetzt bzw. wird dieser in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht, so sei die Straftat als vertragswidriges Verhalten zu qualifizieren und mithin ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund anzunehmen.44 Hat die strafbare Handlung hingegen keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis, so komme nur eine personenbedingte Kündigung des Arbeitnehmers in Betracht, welcher seine Eignung zur Ausübung der Tätigkeit aufgrund der begangenen Straftat verloren haben könnte.45 Dies wäre zum Beispiel bei der außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers anzunehmen.46 Diese Rechtsprechung vermag zwar im Grundsatz zu überzeugen, jedoch ist zu bedenken zu geben, dass bei einer außerdienstlichen, nicht betriebsbezogenen Straftat – wie beispielsweise dem rassistischen, nicht betriebsbezogenen FacebookPosting – eine personenbedingte Kündigung gewählt werden könnte, um das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung zu umgehen.47 Die andere Seite der Medaille ist, dass im Falle der mehrfach auftretenden verbalen Entgleisungen in sozialen Netzwerken eine personenbedingte Kündigung sehr viel schwerer zu begründen wäre als eine verhaltensbedingte, was unter Umständen nicht gerechtfertigt sein könnte. Zu dieser Problematik wird derzeit weder vom BAG noch den Landesarbeitsgerichten Stellung bezogen. Eine Lösungsmöglichkeit wäre es, bei Straftaten, die zwar nicht betriebsbezogen sind, aber den Ruf des Unternehmens schädigen, indem sie beispielsweise durch soziale Medien einer breiten Masse bekannt werden, wie folgt zu differenzieren. Liegt tatsächlich ein vom Arbeitnehmer nicht steuerbares, in seiner Person begründetes Verhalten vor, so ist die personenbedingte Kündigung einschlägig. Dies dürfte im Fall eines rechtsextremistischen Arbeitnehmers, welcher immer wieder negativ durch diesbezügliche Äußerungen auffällt, der Fall sein. Begeht der Arbeitnehmer aber eine Straftat, welche das Unternehmen in ein schlechtes Licht rückt, ohne dass hierin eine mit der Person verbundene Gesinnung zu erkennen ist, so dürfte eine Abmahnung und schließlich auch die verhaltensbedingte Kündigung passender sein. Hieran wäre beispielsweise bei beleidigenden Äußerungen zu denken, welche nicht ausschließlich von bestimmten politischen oder weltanschaulichen Überzeu44 BAG, Urt. v. 10. 4. 2014 – 2 AZR 684/13 – NZA 2014, 1197 (1197 f.); BAG, Urt. v. 20. 6. 2013 – 2 AZR 583/12 – NZA 2013, 1345 (1347 f.); zust. APS/Vossen, § 1 KSchG, Rn. 328. 45 BAG, Urt. v. 28. 10. 2010 – 2 AZR 293/09 – NZA 2011, 112 (114); BAG, Urt. v. 10. 9. 2009 – 2 AZR 257/08 – NZA 2010, 220 (222); SPV/Preis, Rn. 639. 46 S. hierzu schon oben unter D., IV., 1., c), bb). 47 Vgl. hierzu Lansnicker/Schwirtzek, DB 2001, 865 (868); anders aber: Berkowsky, NZARR 2001, 1 (17 f.).

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gungen motiviert wurden. Da der Arbeitgeber in einem solchen Fall nur schwer den Nachweis des Eignungsverlustes eines Arbeitnehmers führen können wird, sollte auch eine verhaltensbedingte Kündigung möglich bleiben. Im Ergebnis dürfte dies aber auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechungsdogmatik stehen, da zumindest durch den öffentlichen Charakter der Straftat der vom BAG geforderte Betriebsbezug auf diesem Wege hergestellt wird. (2) Sonderfall der Verdachtskündigung Besteht nur der Verdacht einer Straftat, so kann eine Kündigung des Arbeitnehmers unter den Voraussetzungen der bereits erwähnten Verdachtskündigung nach h. M. dennoch gerechtfertigt sein.48 Vom BAG und einem Großteil der Literatur wird die Verdachtskündigung aufgrund des gestörten Vertrauens zum Arbeitnehmer als personenbedingte Kündigung i. S. d. § 1 II KSchG eingestuft.49 Andere halten allein die prognostische Fragestellung, ob mit weiteren Pflichtverletzungen seitens des Arbeitnehmers zu rechnen ist, für maßgebend und gehen daher von einem verhaltensbedingten Kündigungsgrund aus.50 Aufgrund der nicht zweifelsfreien Nachweisbarkeit der Tathandlung steht jedoch nicht das Handeln des Arbeitnehmers, sondern in erster Linie das gestörte Vertrauen im Vordergrund, weshalb die h. M. Zustimmung verdient.51 Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Verdachtskündigung finden auch auf Straftaten bzw. den Verdacht einer Straftat im außerdienstlichen Bereich Anwendung, wobei jedoch bei fehlendem Betriebsbezug an die Rechtmäßigkeit der Kündigung etwas höhere Anforderungen gestellt werden.52 Wie im Kapitel D. bereits ausführlich erörtert, sollte im Hinblick auf den Eintritt einer Schädigung allerdings auch im Rahmen der Verdachtskündigung eine konkrete Gefahr je nach Bedeutung des gefährdeten Rechtsgutes als ausreichend erachtet werden.53 cc) Privatleben des Arbeitnehmers Die Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund seines Privatverhaltens im engeren Sinne ist im Grundsatz nicht zulässig, wobei jedoch gewisse Ausnahmen bestehen. Ob eine solche auf personen- oder verhaltensbedingte Gründe gestützt werden kann, 48

BAG, Urt. v. 14. 9. 1994 – 2 AZR 164/94 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 24; nach a. A. ist das Institut der Verdachtskündigung nicht mit der Unschuldsvermutung aus Art. 6 II EMRK zu vereinbaren, vgl. Deinert, AuR 2005, 285 (292, 296). 49 BAG, Urt. v. 23. 6. 2009 – 2 AZR 474/07 – NZA 2009, 1136 (1142); BeckOK BGB/Plum, § 626 BGB, Rn. 44; MhdB ArbR/Benecke, § 32, Rn. 81; Belling, RdA 1996, 225 (225). 50 So z. B., Enderlein, RdA 2000, 325 (328); ausführlich und m. w. N. zu dieser Streitigkeit s. KR/Fischermeier, § 626, Rn. 226. 51 Vgl. MüKo/Hergenröder, § 1 KSchG, Rn. 224. 52 BAG, Urt. v. 27. 1. 2011 – 2 AZR 825/09 – NZA 2011, 798 (801); Wißler/Spuhl, BB 2019, 692 (693). 53 Vgl. hierzu oben unter D., V., 1., a) und unter D., V., 4.

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hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Das ehewidrige Verhalten im Falle eines Ehegattenarbeitsverhältnisses wird von den Gerichten zutreffenderweise als verhaltensbedingter Grund eingestuft54, während beispielsweise der Bewährungshelfer, welcher eine Liebesbeziehung zu der Ehefrau des von ihm zu betreuenden Häftlings unterhält, aufgrund des Vertrauensbruchs seine Eignung zur Erbringung der geschuldeten Tätigkeit verliert und folglich personenbedingt zu kündigen ist.55 In einigen Konstellationen fällt die Abgrenzung zwischen verhaltens- und personenbedingter Kündigung jedoch schwer. Solche Abgrenzungsprobleme bestehen zum einen beim Alkoholkonsum, da es hier darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer alkoholsüchtig ist und somit nach ständiger Rechtsprechung des BAG kein steuerbares Verhalten desselben vorliegt56, oder ob der nicht suchtbedingte, außerdienstliche Alkoholkonsum negative Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat.57 Gleichwohl wird in Bezug auf außerdienstlichen Alkoholgenuss in der Regel nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen. Denn der nicht suchtbedingte Alkoholkonsum – wie z. B. außerdienstliche Trunkenheitsfahrten – ist nicht als Vertragsverletzung, sondern vielmehr als Störung des Vertrauensverhältnisses und mithin als personenbedingter Kündigungsgrund einzustufen.58 Darüber hinaus ist die Einordnung der sog. Druckkündigung umstritten. Stören sich die Kunden eines Unternehmens an dem Privatverhalten eines dort angestellten Arbeitnehmers, so kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen auf die „echte“ Druckkündigung zurückgreifen.59 Diese wird von der Rechtsprechung und der h. M. als betriebsbedingte60, von einigen Stimmen in der Literatur hingegen als personenbedingte Kündigung61 eingestuft. Im Gegensatz zur Abgrenzung von verhaltens- und personenbedingter Kündigung ergeben sich hier zumindest im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltensweisen des Arbeitnehmers aber keine Unterschiede in der Rechtsanwendung, weshalb auf eine ausführliche Darstellung der Streitigkeit an dieser Stelle verzichtet werden kann.62 54

ArbG Siegburg, Urt. v. 8. 7. 1986 – 4 Ca 2611/85 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17. 55 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 22. 2. 1989 – 2 Sa 929/88 – LAGE BGB § 626 Nr. 40; hier wird jedoch unzutreffenderweise von der Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht gesprochen, vgl. auch A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 96. 56 BAG, Urt. v. 20. 3. 2014 – 565/12 – NZA 2014, 602 (603); BAG, Urt. v. 20. 12. 2012 – 2 AZR 32/11 – NZA-RR 2013, 627 (628 f.); BAG, Urt. v. 9. 4. 1987 – 2 AZR 210/86 – NZA 1987, 811 (812). 57 NK-GA/Kerwer, § 1 KSchG, Rn. 544. 58 BAG, Urt. v. 4. 6. 1997 – 2 AZR 526/96 – NZA 1997, 1281 (1282); BAG, Urt. v. 22. 8. 1963 – 2 AZR 114/63 – NJW 1964, 74 (75); KR/Rachor, § 1, Rn. 460; a. A. Adam NZA 1998, 284 (286). 59 Vgl. oben unter D., IV., 1., c), aa), (2). 60 BAG, Urt. v. 18. 7. 2013 – 6 AZR 420/12 – NZA 2014, 109 (111); HWK/Sandmann, § 626, Rn. 296; ErfK/Niemann, § 626 BGB, Rn. 185. 61 Hamacher, NZA 2014, 134 (135); ErfK/Oetker, § 1 KSchG, Rn. 184 m. w. N. 62 Vgl. hierzu ausführlich Deinert, RdA 2007, 275 (277 ff.).

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5. Zwischenergebnis Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dem Arbeitgeber ein vorbeugender Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Erfüllung von Neben- und Schutzpflichten durch den Arbeitnehmer zusteht. In der Theorie kommt auch ein Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Nebenpflichten in Betracht, wobei der Nachweis eines Schadens im Sinne der §§ 249 ff. BGB jedoch nicht immer gelingen wird. Als ultima ratio ist zudem eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses möglich; deren Rechtfertigung ist unter teilweise leicht modifizierten Voraussetzungen an § 1 II KSchG zu messen.

II. Im englischen Recht 1. Anspruch auf Erfüllung (specific performance) Ebenso wie im deutschen Recht ist über die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erfüllung außerdienstlicher Verhaltenspflichten nachzudenken, weshalb zunächst die Rechtsnatur derartiger Pflichten zu untersuchen ist. Auch in England wird zwischen verschiedenen Vertragspflichten, ähnlich wie die Unterscheidung zwischen Haupt-, Nebenleistungs- und Schutzpflichten, differenziert. Hierfür wird eine Dreiteilung in conditions, warranties und intermediate terms vorgenommen.63 Haben die Parteien eine Bedingung als für den Vertragsschluss wesentlich angesehen, so liegt eine condition vor, deren Missachtung der jeweils anderen Partei die gänzliche Lösung vom Vertrag und zusätzlich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einräumt.64 Liegt hingegen eine lediglich ergänzende oder begleitende Vertragsbedingung vor, so ist diese als warranty zu qualifizieren. Der Verstoß gegen eine solche kann lediglich Schadensersatzansprüche auslösen.65 Die dritte Kategorie66 der intermediate oder auch innominate terms ist gegeben, wenn sich die Vertragsbedingung nicht von vornherein einer der beiden erstgenannten Kategorien zuordnen lässt und sich deren Einordnung als condition oder warranty daher erst aus Art und Schwere der Folgen eines Verstoßes ergibt.67 Welche Art der vertraglichen Verpflichtung die implied term der duty of fidelity 63

Clipsham v Vertue [1843] 5 QB 265, 270; McAndrew v Chapple [1866] LR 1 CP 643, 648; Atiyah/Smith, Law of Contract, p. 196 – 199; Chen-Wishart, Contract Law, p. 507. 64 Wallis, Son & Wells v Pratt & Haynes [1910] 2 KB 1003, 1012; Beatson/Burrows/ Cartwright, Anson’s Law of Contract, p. 148. 65 Bettini v Gye [1876] 1 QBD 183, 187; Dawsons Ltd v Bonnin [1922] 2 AC 413, 422; diese Unterscheidung wurde später auch in den Sale of Goods Act 1975 aufgenommen, vgl. s. 61(1). 66 Teilweise wird jedoch auch eine bloße Zweiteilung in conditions und warranties vorgenommen, vgl. Beatson/Burrows/Cartwright, Anson’s Law of Contract, p. 149; Beale/Bishop/ Furmston, Contract, p. 564. 67 Hongkong Fir Shipping Co Ltd v Kawasaki Kisen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26, 70; Hardwick Game Farm v Suffolk Agricultural Poultry Producers Association [1966] 2 AC 31, 114.

II. Im englischen Recht

157

darstellt, wird in der englischen Rechtsprechung und Literatur nicht diskutiert. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass selbst ein Anspruch des Arbeitgebers auf Erfüllung der Arbeitspflicht durch den Arbeitnehmer zumeist nicht anerkannt wird68 und sich eine Erörterung der Klagbarkeit außerdienstlicher Verhaltenspflichten mithin erübrigt. Da mittlerweile die meisten Vertragspflichten allerdings als intermediate terms eingestuft werden, sofern der Vertrag nicht eindeutig eine Einstufung als condition oder warranty nahelegt69, wäre dies wohl auch für die duty of fidelity anzunehmen. Die praktische Relevanz der Frage nach der Klagbarkeit von außerdienstlichen Verhaltenspflichten dürfte sich, ebenso wie im deutschen Recht, aus eben bereits angedeuteten Gründen allerdings in Grenzen halten. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur wird ein Anspruch auf Erfüllung der Arbeitspflicht zumeist aufgrund der folgenden zwei Erwägungen abgelehnt. Zum einen schränke die gerichtliche Verurteilung zur Erfüllung der Arbeitspflicht den Arbeitnehmer zu sehr in seiner Freiheit ein und zum anderen sei eine solche aufgrund der spätestens durch Erhebung der Klage erheblich gestörten Vertrauensbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine geeignete Konfliktlösung.70 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird nur angenommen, wenn die Vertrauensbeziehung zwischen den Parteien trotz allem fortbesteht oder die Geltendmachung des Anspruchs der Erfüllung eines bestimmten, begrenzten Zwecks dient.71 Es kann daher festgestellt werden, dass ein Anspruch des Arbeitgebers auf Erfüllung außerdienstlicher Verhaltenspflichten durch den Arbeitnehmer zwar denkbar wäre, ein solcher aber – was nicht zuletzt auch die fehlende Auseinandersetzung mit dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur bestätigt – praktisch keine Bedeutung hat. 2. Unterlassungsansprüche (injunctions) Weiterhin kommen auch nach englischem Recht Unterlassungsansprüche des Arbeitgebers in Betracht. Das common law erkennt verschiedene Arten von Unterlassungsansprüchen an, welche teilweise mit dem nach deutschem Recht anerkannten Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch analog § 1004 BGB vergleichbar sind, teilweise jedoch über diesen hinausgehen. Im Wesentlichen sind zwei Arten von 68

Rigby v Connol [1880] 14 Ch D 482, 487; dies gilt sowohl für den Dienst- als auch den Arbeitsvertrag und wurde für letzteren speziell in s. 236 TULRCA gesetzlich festgelegt. 69 Vgl. Lordrichter Scarman, in: Bunge Corporation v Tradax Export SA [1981] 1 WLR 711, 717: „Unless the contract makes it clear, either by express provision or by necessary implication arising from its nature, purpose, and circumstances […], that a particular stipulation is a condition or only a warranty, it is an innominate term, the remedy for the breach of which depends upon the nature, consequences, and effect of the breach.“ 70 De Francesco v Barnum [1890] 4 Ch D 430, 438; Whitwood Chemical Co v Hardman [1891] 2 Ch 416, 426; Jones/Goodhart, Specific Performance, p. 136. 71 Hill v CA Parsons Ltd [1972] Ch 305, 308, 314; Robb v Hammersmith and Fulham London BC [1991] ICR 514, 520; Macdonald (1991) 22 CLR 26, 27 – 33.

158

E. Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens

Unterlassungsansprüchen zu unterscheiden, sog. prohibitory und mandatory injunctions.72 Während erstere ein auf Unterlassung gerichtetes, präventives Verbot aussprechen, verlangen letztere die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung und die Wiederherstellung des vorherigen Zustands.73 Vergleichbar mit dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im deutschen Verfahrensrecht74, darf ein Unterlassungsanspruch jedoch nicht indirekt einen Anspruch auf Erfüllung gewähren.75 Dem Arbeitgeber ist es dementsprechend grundsätzlich möglich, einen der genannten Unterlassungsansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend zu machen, sofern dies nicht auf die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs hinausläuft.76 Da die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruch allerdings dazu geeignet ist, erheblichen wirtschaftlichen Druck auf den Arbeitnehmer auszuüben, wodurch dieser wiederum faktisch zur Erbringung der Arbeitsleistung gezwungen würde, wird im Arbeitsrecht ein Unterlassungsanspruch grundsätzlich nur dann anerkannt, wenn sich eine ausdrückliche Unterlassungspflicht entweder aus dem Arbeitsvertrag oder aus dem Gesetz herleiten lässt.77 Etwas anderes kann wiederum gelten, wenn die in Frage stehende Verpflichtung nicht in der Erbringung persönlicher Dienste liegt und demnach auch nicht indirekt ein Anspruch auf Erfüllung geltend gemacht wird.78 Folglich kann angenommen werden, dass die Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassung eines bestimmten Verhaltens bzw. auf Einhaltung einer außerdienstlichen Verhaltenspflicht durch den Arbeitgeber auch nach englischem Recht grundsätzlich möglich ist. Da auch hierzu weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung Stellung bezogen wird, dürften die Unterlassungsansprüche des Arbeitgebers ebenso wie der Anspruch auf Erfüllung in der Praxis aber eine eher untergeordnete Rolle spielen. Gleichwohl hätte die Anerkennung eines solchen Anspruchs erhebliche Vorteile für den Arbeitgeber, zumal dieser – im Gegensatz zum deutschen Recht – nicht nur auf Folgenbeseitigung, sondern auch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichtet ist.79 Im zum deutschen Recht angebrachten Beispiel zu der Verbreitung eines Postings in sozialen Medien80 hätte ein

72

Treitel/Peel, The Law of Contract, 21 – 052 – 053. Beatson/Burrows/Cartwrigth, Ansons’s Law of Contract, p. 615, 618. 74 Vgl. Schoch/Schneider/Bier/Schoch, § 123 VwGO, Rn. 141 ff. 75 Whitwood Chemical Co v Hardman [1891] 2 Ch 416, 424; dies ist allerdings insb. im Hinblick auf arbeitsvertragliche Pflichten umstritten, vgl. Beatson/Burrows/Cartwrigth, Ansons’s Law of Contract, p. 616; Stevens (1920 – 1921) 6 Cornell LQ 235 ff. 76 Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1979] 1 WLR 349, 382. 77 Mortimer v Beckett [1920] 1 Ch 571, 579; Hivac v Park Royal Scientific Instruments [1946] Ch 169, 179; Treitel/Peel, The Law of Contract, p. 1258 – 1259. 78 Treitel/Peel, The Law of Contract, 21 – 058; Macdonald (1991) 22 CLR 26, 34 – 40. 79 Wobei an eine solche mandatory injuction relativ hohe Anforderungen gestellt werden, vgl. Sharp v Harrison [1922] 1 Ch 502, 515; Luganda v Service Hotels Ltd [1969] 2 Ch 209, 221; Chen-Wishart, Contract Law, p. 598. 80 Vgl. oben unter I., 2. 73

II. Im englischen Recht

159

Unterlassungsanspruch nach englischem Recht mithin sehr viel weitreichendere Folgen. 3. Schadensersatzansprüche (damages) Verstößt der Arbeitnehmer gegen eine außerdienstliche Verhaltenspflicht, so kommen auch nach englischem Recht Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers in Betracht. a) Grundsätze des englischen Schadensersatzrechts Zunächst ist zu beachten, dass der schon vielfach angesprochene Vertragsbruch (breach of contract) nach englischem Recht einheitlich dann anzunehmen ist, wenn die versprochene Leistung gar nicht, unvollständig oder fehlerhaft erbracht wird.81 Eine Unterscheidung nach Unmöglichkeit und Verzug sowie nach der Verletzung von Hauptleistungs-, Nebenleistungs- und Schutzpflichten findet dementsprechend nicht statt. Liegt ein breach of contract vor, so sind Schadensersatzansprüche (damages) der primäre Rechtsbehelf der vertragstreuen Partei.82 Dass die Vertragsverletzung schuldhaft von der vertragsbrüchigen Partei begangen wurde bzw. ein ihre zurechenbares Verschulden vorliegt, ist keine Anspruchsvoraussetzung, da Verträge nach englischem Recht grundsätzlich als eine Art Garantieversprechen zu verstehen sind.83 Etwas niedrigere Anforderungen gelten allerdings für Dienstleistungs- und Arbeitsverträge, welche lediglich „with reasonable care and skill“ bzw. „faithfully“ auszuführen sind.84 Was den Anspruchsinhalt anbelangt, gilt zunächst der Grundsatz der Naturalrestitution, wobei die Entschädigung in Geld ebenso wie in Deutschland in der Praxis jedoch eine weitaus größere Rolle spielt.85 b) Bedeutung des Schadensersatzrechts für außerdienstliches Verhalten Da außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers im Diskurs der englischen Literatur und Rechtsprechung bisher nur wenig Raum einnimmt, ist es kaum überraschend, dass sich dies auch im Bereich der Kompensationsansprüche des Arbeitgebers widerspiegelt. Diese werden lediglich im Hinblick auf Verstöße gegen die eigentliche Arbeitspflicht oder dem Arbeitsvertrag zuwiderlaufende Nebentä-

81

Vgl. v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 72. Treitel/Peel, Law of Contract, 20 – 002; Chitty on Contracts, General Principles, 26 – 001. 83 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 501. 84 Secretary of State for Employment v ASLEF (No 2) [1972] ICR 19, 48; Greaves & Co Ltd v Baynham Meikle & Partners [1975] WLR 1095, 1096; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 103. 85 Robinson v Harman [1855] 1 Exch 850, 855; Chen-Wishart, Contract Law, p. 527. 82

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E. Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens

tigkeiten diskutiert.86 Gleichwohl sind selbst diese Fälle eher als Ausnahme einzustufen, wofür ursächlich ist, dass dem Arbeitgeber weitaus effektivere Reaktionsmöglichkeiten auf einen Vertragsbruch durch den Arbeitnehmer zustehen. Zum einen hat er – im Gegensatz zum deutschen Arbeitgeber – das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen den Arbeitslohn teilweise oder sogar gänzlich einzubehalten87 und zum anderen hat sich auch in der englischen Gerichtspraxis die Kündigung aufgrund ihrer existenzbedrohenden Wirkung als wirksamstes dem Arbeitgeber zur Verfügung stehendes Mittel herausgestellt.88 Was Rufschädigungen und darauf gestützte Schadensersatzforderungen anbelangt, ist zudem bemerkenswert, dass diese bisher nur im Falle der Schädigung durch den Arbeitgeber zu Lasten des Arbeitnehmers diskutiert wurden. Nach der Rechtsprechung des obersten Gerichtshofes sollen solche Schäden grundsätzlich keine Schadensersatzpflicht auslösen, es sei denn, es ist ein feststellbarer finanzieller Verlust gegeben, welcher kausal auf die Rufschädigung zurückzuführen ist.89 Auch diese Grundsätze werden allerdings (noch) nicht auf den umgekehrten Fall, also eine durch den Arbeitnehmer verursachte Rufschädigung des Arbeitgebers, angewandt. 4. Contributory Faults nach dem law of unfair dismissal Eine weitere Möglichkeit des Arbeitgebers, aufgrund von Verstößen gegen außerdienstliche Verhaltenspflichten gegen den Arbeitnehmer vorzugehen, ließe sich nach dem law of unfair dismissal begründen. Wird die Kündigung eines Arbeitnehmers von einem Arbeitsgericht als unfair eingestuft, so wird dem Arbeitnehmer in der Regel eine bestimmte Abfindungssumme zugesprochen, welche sich aus einem basic award und einem compensatory award zusammensetzt.90 Während sich ersterer strikt nach Alter, Gehalt und Jahren der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers bemisst, steht die Berechnung des letzteren im Ermessen des Gerichts.91 Hat das Verhalten des Arbeitnehmers aber zu einer Kündigung beigetragen, so kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Kürzung beider Abfindungsansprüche, bis hin zur Reduzierung auf Null, vorgenommen werden.92 Erforderlich ist, dass ein schuldhaftes oder tadelnswertes Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, welches die Kündigung ausgelöst oder zumindest mitverursacht hat und die Kürzung des Anspruchs 86 Vgl. Sanders v Parry [1967] 1 WLR 753, 766; University of Nottingham v Fishel [2000] ICR 1462, 1487. 87 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 253 ff., welche die Einbehaltung des Arbeitslohnes aufgrund von Verstößen gegen außerdienstliche Verhaltenspflichten zwar für möglich (vgl. p. 258), in der Praxis jedoch für nicht üblich halten. 88 McGregor on Damages, 28 – 027. 89 Addis v Gramophone Co Ltd [1909] AC 488, 489; Groom v Crocker [1939] 1 KB 194, 199; Malik v Bank of Credit and Commerce International SA [1998] AC 20, 41. 90 Anderman, The Law of Unfair Dismissal, p. 341. 91 Vgl. s. 119, s. 123 ERA. 92 Vgl. s. 122(2), s. 123(6) ERA.

II. Im englischen Recht

161

nach Rechts- und Billigkeitsgesichtspunkten als sachgemäß zu erachten ist.93 Da als ein schuldhaftes Verhalten in diesem Sinne auch der Verstoß gegen eine Unternehmensrichtlinie in Betracht zu ziehen ist94, erscheint die Kürzung von Abfindungsansprüchen aufgrund von außerdienstlichem Fehlverhalten aufgrund der Üblichkeit von Unternehmensrichtlinien im englischen Recht sehr gut möglich und wird auch in der Rechtsprechung immer wieder diskutiert. Hieran sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen.95 Ein nicht mit der Kündigung in Zusammenhang stehendes Verhalten, wie das Äußern politischer Ansichten durch den Arbeitnehmer96, kann daher nicht als Argument für die Kürzung eines Abfindungsanspruchs hervorgebracht werden. 5. Kündigung Wie sich bei der Auswertung der Rechtsprechung und Literatur nach den verschiedenen Fallgruppen gezeigt hat, stellt die Kündigung sowohl in rechtstheoretischer als auch in rechtstatsächlicher Hinsicht das Mittel der Wahl dar, wenn es auf ein außerdienstliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu reagieren gilt. Wie bereits ausführlich dargestellt wurde, unterscheidet zumindest die Rechtsprechung zumeist nicht ausdrücklich zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten, weshalb sich in dieser Hinsicht auch keine kündigungsrechtlichen Besonderheiten ergeben. Die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung wird dementsprechend regelmäßig anhand des law of unfair dismissal unter Anlegung des Bewertungsmaßstabes des BORR beurteilt. Das Gesetz unterscheidet auch hier zwischen verhaltensund personenbedingten Kündigungen, vgl. s. 98(2a) ERA. Nach der Rechtsprechung sind letztere grundsätzlich im Falle einer Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers anzunehmen.97 Auf den Diskurs zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten hat dies jedoch wenig bis keinen Einfluss, da die Kündigungen zumeist ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers betreffen und auch wenn dem nicht so ist, zumeist von misconduct und folglich von einer verhaltensbedingten Kündigung ausgegangen wird. Dies selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Vertrauensverlusts, von Dritten ausgeübtem Druck oder aufgrund von persönlichen Beziehungen des Arbeitnehmers beendet wurde.98 93

Korn/Sethi, Employment Tribunal Remedies, p. 228. McNicholas v AR Engineering Ltd [1985] 7 WLUK 258. 95 Korn/Sethi, Employment Tribunal Remedies, p. 233. 96 Hutchinson v Enfield Rolling Mills [1981] IRLR 318 [12]. 97 Nach s. 98(2a) ERA kommt als Kündigungsgrund auch „the capability […] of the employee for performing the work“ in Betracht. Dieser ist nach der Rechtsprechung des EAT im Falle einer Alkoholabhängigkeit zu bejahen, vgl. East Lindsey District Council v Daubney [1977] ICR 566, 570. 98 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 [7] (Vertrauensverlust); Malik v National Plastics Ltd UKEAT/682/78 (Persönliche Beziehungen); Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784, 786 (Druckausübung Dritter). 94

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E. Rechtsfolgen außerdienstlichen Verhaltens

III. Rechtsvergleichende Betrachtung Während im deutschen Arbeitsrecht die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erfüllung oder auch die Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten zumindest in der Literatur untersucht wird, fehlt diese Diskussion im englischen Recht gänzlich. Dieser Umstand lässt sich zum einen mit der wenig weit fortgeschrittenen Diskussion außerdienstlicher Verhaltenspflichten im Allgemeinen und zum anderen mit den Besonderheiten des contract law erklären. Hier wird zwar auch zwischen Haupt- und Nebenleistungspflichten differenziert, die Diskussion ist im Vergleich zur schuldrechtlichen Unterscheidung zwischen Haupt-, Nebenleistungs- und Schutzpflichten aber eher von untergeordneter Bedeutung. Dies ist auf die fehlenden Gesetzesnormen zurückzuführen, wodurch die vorwiegend theoretischen Streitigkeiten um die Auslegung von Normen, wie z. B. von § 241 I, II BGB im deutschen Recht, im contract law weitestgehend entfallen. Dementsprechend wird die Eigenschaft der duty of fidelity als condition, warranty oder intermediate term nicht untersucht. Dass die Erörterung der Klagbarkeit außerdienstlicher Verhaltenspflichten – zumindest unter rechtspraktischen Gesichtspunkten – allerdings auch nicht zwingend notwendig ist, bestätigt die mangelnde praktische Relevanz des Streits im deutschen Recht. Andererseits wäre eine präzisere Umschreibung und Eingrenzung der Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers auch im englischen Recht zumindest unter Arbeitnehmerschutzgesichtspunkten von Vorteil. In beiden Rechtsordnungen hat sich indes schon lange die Kündigung als Mittel der Wahl zum Umgang mit außerdienstlichem Fehlverhalten des Arbeitnehmers etabliert. Da diese, funktional betrachtet, regelmäßig den größten Druck auf den Arbeitnehmer erzeugen kann, ist dies auch kaum verwunderlich und erübrigt teilweise, zumindest in der gerichtlichen Praxis, die Auseinandersetzung mit anderweitigen Rechtsfolgen. Weiterhin wird in beiden Rechtsordnungen zwischen verhaltens- und personenbedingten Kündigungen unterschieden, eine Kategorisierung der einzelnen Kündigungsgründe speziell für außerdienstliche Verhaltenspflichten findet jedoch nur im deutschen Recht statt. Auch dies ist auf die eher spärliche Diskussion außerdienstlicher Verhaltenspflichten im englischen Recht zurückzuführen, was sich in Bezug auf die Kündigungsgründe insbesondere durch die mangelnde Unterscheidung der Gerichte zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten des Arbeitnehmers äußert. Dass dies jedoch nicht zwingend eine Gleichbehandlung von dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten zur Folge hat, wurde in der bisherigen Untersuchung bereits angedeutet und wird im nächsten Kapitel anhand der Erörterung der Gestaltungsmittel des Arbeitgebers tiefergehend veranschaulicht. Dementsprechend unterscheiden sich die Rechtsfolgen, die ein außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten nach sich ziehen kann, im englischen und im deutschen Recht unter rechtstechnischen Gesichtspunkten in erster Linie durch den Zeitpunkt, zu welchem die jeweilige Regelung ansetzt.

F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers Bisher wurde gezeigt, wie sich außerdienstliche Verhaltenspflichten historisch sowie dogmatisch begründen lassen, in welchem Umfang solche bestehen und welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen diese gewöhnlich nach sich zieht. Im folgenden Abschnitt werden Zulässigkeit und Grenzen der positiven Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten durch den Arbeitgeber betrachtet.

I. Im deutschen Recht Aufgrund der Vielzahl der Rechtsquellen und Regelungsebenen, die das deutsche Arbeitsrecht gestalten, gibt es auch eine Vielzahl an möglichen Gestaltungsmitteln für die Handhabung außerdienstlicher Verhaltenspflichten. Zu denken wäre an eine Gestaltung durch Weisungsrecht oder Vertrag, eine tarifvertragliche oder betriebsverfassungsrechtliche Vereinbarung, sowie an die Implementierung einer Ethikrichtlinie. Letztere stammen ursprünglich aus dem angloamerikanischen Rechtsraum, haben im Zuge der Globalisierung aber auch in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung gewonnen und sind häufig das Mittel der Wahl, wenn es um die Regelung (außer-)dienstlicher Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer geht. Im Folgenden sind daher zunächst Ursprung und Rechtsnatur von Ethikrichtlinien zu klären und sodann auf die Umsetzungsmöglichkeiten im deutschen Arbeitsrecht einzugehen. In einem zweiten Schritt sind die mit den Ethikrichtlinien verwandten sog. Social Media Guidelines, welche spezielle Verhaltensanforderungen an den Umgang mit sozialen Medien stellen, zu untersuchen. 1. Herkunft und Bedeutung von Ethikrichtlinien Ethikrichtlinien in ihrer heutigen Form stammen aus dem angloamerikanischen Rechtsraum. Insbesondere in den USA wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in größeren Unternehmen vermehrt Richtlinien eingeführt, die die Einhaltung der Unternehmenspolitik durch die Arbeitnehmer sowie die Repräsentation der Wertvorstellungen des Unternehmens nach außen gewährleisten sollten.1 Vorreiter dieser Richtlinien sind gleichwohl auch schon weitaus früher im deutschen Recht zu finden.2 In Betriebs- oder Arbeitsordnungen wurden bereits im 18. und 19. Jahrhundert 1 Rein, Arbeitsrechtliche Konsequenzen von Ethikrichtlinien, S. 61 f.; Wagner, Ethikrichtlinien, S. 15 f.; Triskatis, Ethikrichtlinien im Arbeitsrecht, S. 27 f. 2 Willemsen, Einführung und Inhaltskontrolle, S. 8.

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

nicht nur Regelungen zur Steigerung der Produktivität der Arbeitnehmer, sondern ebenfalls zur Durchsetzung gesellschaftspolitischer und moralischer Vorstellungen getroffen.3 Die rapide Verbreitung von Ethikrichtlinien in der jüngeren Vergangenheit kam aber tatsächlich in den Vereinigten Staaten ins Rollen. Hier wurde im Jahr 2002 der Sarbanes-Oxley Act (SOA) erlassen, welcher die Unternehmensberichterstattung börsennotierter Unternehmen als Reaktion auf medienwirksame Bilanzierungsskandale verbindlich regeln sollte.4 Die Regelungen des SOA gelten gleichermaßen für ausländische Unternehmen, deren Aktien an Börsen in den USA gehandelt werden und belegen die Nichtbefolgung der Regelungen teilweise mit hohen Strafzahlungen.5 Um wettbewerbsfähig zu bleiben, entscheiden sich aber auch viele nicht börsennotierte Unternehmen für die Einführung bestimmter Verhaltenskodizes. So wurde schon 2011 konstatiert, dass 61 % aller deutscher Unternehmen Ethikrichtlinien oder vergleichbare Regelwerke aufgestellt haben.6 Auch wenn diese Reglementierungen in erster Linie Themen der Wirtschaftsethik und damit die Unternehmensleitung betreffen, lassen sich gleichwohl an vielen Stellen Vorschriften zum Verhalten des einzelnen Arbeitnehmers, im dienstlichen sowie außerdienstlichen Bereich, finden.7 Problematisch an den Ethikrichtlinien ist aber, dass deren Rechtsnatur unterschiedliche Ausgestaltungen erfahren kann. Sie können zum einen als unverbindliche Leitlinien aufgestellt werden und wären dann als sog. soft law, mithin als nicht verbindlich zu qualifizieren.8 Der Arbeitgeber wird in der Regel aber ein Interesse daran haben, die Inhalte der Ethikrichtlinien auch durchsetzen zu können, was nur durch verbindliches Recht (hard law) möglich ist und demnach einen Implementierungsakt erforderlich macht.9 Solch ein Implementierungsakt könnte in den auf Vertragsschluss bzw. Vertragsänderung gerichteten Willenserklärungen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der Weisung des Arbeitgebers oder dem Abschluss eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung liegen. Inwiefern diese Gestaltungsmittel zur Umsetzung von Ethikrichtlinien in Betracht kommen, wird im Folgenden zu erörtern sein.

3

Hromadka, ZfA 1979, 203 (204 ff.); Koch, Die Arbeitsordnung, S. 11 f. Hütten/Stromann, BB 2003, 2223 (2223); Strauch, NZG 2003, 952 (952). 5 Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 21 f.; Behrendt/Kaufmann, CR 2006, 642 (642). 6 Bussmann/Salvenmoser, CCZ 2008, 192 (193). 7 Leitner, Ethik-Richtlinien im Arbeitsverhältnis, S. 74 ff., 84. 8 Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 34 f.; Krebber, EuZA 2008, 315 (324). 9 Vgl. Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 37; anders aber Schneider, Compliance- und Ethikrichtlinien, S. 18, welcher Ethikrichtlinien als typische Erscheinungsform arbeitsvertraglicher Regelungen wie Vertrag oder Betriebsvereinbarung beschreibt. 4

I. Im deutschen Recht

165

2. Die Implementierung von Ethikrichtlinien Die Implementierung von Ethikrichtlinien ist grundsätzlich durch alle dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Gestaltungsmittel möglich. Durch die zuvor genannten Gestaltungsmittel können außerdienstliche Verhaltenspflichten aber auch ohne einer zugrundeliegenden Ethikrichtlinie statuiert werden, da Ethikrichtlinien in ihrer ursprünglichen Form lediglich die Vorstellungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Unternehmenspolitik formulieren und damit für die Arbeitnehmer noch nicht verbindlich sind. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im Folgenden von einer zugrundeliegenden Ethikrichtlinie ausgegangen; diese Ausführungen können aber unabhängig vom Vorliegen einer solchen Geltung beanspruchen. a) Implementierungsinstrumente aa) Weisungsrecht Ein mögliches Gestaltungsmittel zur Umsetzung einer Ethikrichtlinie wäre die Erteilung einer Weisung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, ein bestimmtes außerdienstliches Verhalten vorzunehmen oder zu unterlassen. (1) Grundsätze des Weisungsrechts Rechtsgrundlage des Weisungsrechts ist § 106 S. 1 GewO, welcher gem. § 6 II GewO für alle Arbeitnehmer gültig ist.10 Hiernach kann der Arbeitgeber „Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines Tarifvertrages oder gesetzlichen Vorschrift festgelegt sind“. Rechtsdogmatisch ist das Weisungsrecht als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu qualifizieren, mit welchem der Arbeitgeber die im Arbeitsvertrag lediglich rahmenmäßig festgelegte Leistungspflicht im Einzelfall konkretisieren kann.11 Aufgrund dieser Konkretisierungsfunktion kann sich das Weisungsrecht nur auf die vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers erstrecken, dessen Pflichtenkreis jedoch nicht erweitern.12 Die Ausübung des Weisungsrechts erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers, welche mit Zugang beim Arbeitnehmer wirksam wird.13 10

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gilt schon seit langem als anerkannt, vgl. BAG, Urt. v. 23. 1. 1992 – 6 AZR 87/90 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 39, und wurde zum 1. 1. 2003 in der Gewerbeordnung kodifiziert, vgl. BGBl. I, 3412 (3414). 11 BAG, Urt. v. 22. 2. 2012 – 5 AZR 249/11 – NZA 2012, 858 (860); BAG, Beschl. v. 28. 5. 2002 – 1 ABR 32/01 – NZA 2003, 166 (167 f.); HWK/Lembke, § 106 GewO, Rn. 6. 12 Eisenbeiß/Nießen, FS Leinemann, 679 (705); Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 84. 13 HWK/Lembke, § 106 GewO, Rn. 6; zum Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. Palandt/Ellenberger, § 130 BGB, Rn. 2.

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

(2) Weisung zu außerdienstlichem Verhalten Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 106 S. 2 GewO („im Betrieb“) wird allgemein richtigerweise geschlossen, dass arbeitgeberseitige Weisungen im außerdienstlichen Bereich grundsätzlich unzulässig sind.14 Dieser Grundsatz lässt gleichwohl gewisse Ausnahmen zu. Da sich das außerdienstliche Verhalten auf die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb auswirken kann, erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers dann auch auf außerdienstliches Verhalten, wenn in diesem eine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht nach §§ 241 II, 242 BGB zu erkennen ist und ein Verstoß des Arbeitnehmers nachteilige Folgen für den Betrieb nach sich zöge.15 Eine solche Auslegung ist auch mit Sinn und Zweck von § 106 GewO vereinbar, zumal dieser vornehmlich der Schaffung von Rechtssicherheit dienen und keine Rechtsänderung herbeiführen sollte.16 Die Frage nach der Zulässigkeit einer außerdienstlichen Weisung ist daher nach den bereits vor Einführung des § 106 GewO entwickelten Grundsätzen zum Weisungsrecht zu beurteilen.17 (a) Umfang des Weisungsrechts im außerdienstlichen Bereich In welchem Umfang kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer also zu einem außerdienstlichen Verhalten anweisen? Nach schon früher allgemeiner Meinung und mittlerweile auch aus dem Wortlaut des § 106 GewO folgend, sind individual- und kollektivvertragliche Vereinbarungen vorrangig zu berücksichtigen und eine Begründung neuer, darüber hinausgehender Pflichten durch Weisung nicht möglich.18 Eine Weisung zu außerdienstlichem Verhalten ist folglich nur in den durch Gesetz und Vertrag vorgegebenen Grenzen zulässig, was bedeutet, dass Weisungen des Arbeitgebers mit dem Pflichtenprogramm des Arbeitnehmers nach §§ 241 II, 242 BGB in Einklang stehen müssen. Dies erscheint auch im Hinblick auf den bereits erläuterten Umfang außerdienstlicher Verhaltenspflichten überzeugend. Eine Weisung des Arbeitgebers kommt folglich in Betracht, wenn ein außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten einen hinreichenden Bezug zum Betrieb aufweist und berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. An das bereits im Kapitel D. gefundene Ergebnis anknüpfend, kann im Einzelfall auch eine konkrete Gefahr und nicht erst eine bereits eingetretene Schädigung des Arbeitgebers eine Weisung rechtfertigen.19 Da die Ausübung des Weisungsrechts gem. § 106 S. 1 GewO in das „billige Ermessen“ des Arbeitgebers gestellt wird, scheint es auch hier überzeugend, das Tätigwerden des Arbeitgebers in Anlehnung an den polizei14 Vgl. Mengel/Hagemeister, BB 2007, 1386 (1388); Wisskirchen/Bissels/Jordan, DB 2005, 2190 (2190); Schuster/Darsow, NZA 2005, 273 (273); Hromadka, DB 1995, 2601 (2606). 15 Thielemann, Compliance- und Ethikrichtlinien, S. 78 f.; Mengel/Hagemeister, BB 2007, 1386 (1388); Borgmann, NZA 2003, 352 (354). 16 BT-Drucks. 14/8796 S. 24. 17 Näher hierzu s. Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 88. 18 Stamm, Weisungsrecht, S. 28; BeckOK ArbR/Joussen, § 611a BGB, Rn. 22. 19 Vgl. oben unter D., V., 1., a).

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rechtlichen Gefahrenbegriff zu beurteilen. Um das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht unangemessen weit auszudehnen, wird eine Weisung regelmäßig aber nur bei einer unmittelbaren und dringenden Gefahr für ein besonders bedeutsames Rechtsgut als rechtmäßig eingestuft werden können. (b) Entstehungszeitpunkt der Handlungspflicht Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Weisung, stellt sich die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt der Arbeitspflicht bzw. im außerdienstlichen Bereich der Handlungs- oder Unterlassungspflicht. Die h. M. geht davon aus, dass die konkrete Pflicht erst mit Erteilung der Einzelweisung entsteht, da es sich hierbei um eine einseitige Willenserklärung handelt, welche dem Arbeitnehmer zunächst einmal zugehen muss.20 Einige Stimmen der Literatur sprechen der Einzelweisung jedoch die Qualität einer Willenserklärung ab. Handelt es sich um eine Einzelweisung, so habe diese keinen rechtsgestaltenden Charakter, sondern diene lediglich dem Vollzug einer bereits bestehenden Pflicht.21 Im Hinblick auf die Erteilung einer arbeitspflichtbezogenen Weisung kann der Ansatz der h. M. überzeugen. Da zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht absehbar ist, wann und in welcher Form eine konkrete Arbeitsweisung stattfinden wird, steht hier die Konkretisierungsfunktion im Vordergrund.22 Die Konkretisierung kann denklogisch auch nur mit Ausspruch der Weisung und nicht bereits davor entstehen.23 Anders ist dies allerdings im Bereich des außerdienstlichen Verhaltens zu beurteilen. Würde der Arbeitgeberweisung auch in diesem Zusammenhang die Qualität einer Willenserklärung zugesprochen, so hätte dies zur Folge, dass die dem Arbeitnehmer nach §§ 241 II, 242 BGB obliegenden Nebenpflichten für jeden Einzelfall gesondert bestimmt werden müssten.24 Dies erscheint allerdings nicht mit Sinn und Zweck der außerdienstlichen Verhaltenspflichten vereinbar. Der Arbeitgeber müsste, um deren Einhaltung sicherzustellen, den Arbeitnehmer auf alle erdenklichen Schutzpflichten hinweisen, was ihm jedoch allein aufgrund der Fülle an Handlungsmöglichkeiten, durch welche der Arbeitnehmer den Arbeitgeber potentiell schädigen könnte, in der Regel nicht möglich sein wird.25 Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die dem Arbeitnehmer obliegenden Neben- und Schutzpflichten bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages entstehen.26 20 Birk, Leitungsmacht, S. 198 ff.; Stamm, Weisungsrecht, S. 28 f.; MHdB ArbR/Reichold, § 40, Rn. 23; Tettinger/Wank/Ennuschat/Wank, § 106 GewO, Rn. 11; AR/Kolbe, § 106 GewO, Rn. 7. 21 Staudinger/Richardi/Fischinger, § 611a BGB, Rn. 970; Bötticher, AuR 1967, 321 (326). 22 HWK/Lembke, § 106 GewO, Rn. 5. 23 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 139, Fn. 128. 24 Stamm, Weisungsrecht, S. 23. 25 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 139. 26 Ohne auf die rechtliche Qualität der Weisung einzugehen, wird eine solche im außerdienstlichen Bereich von vielen Stimmen der Literatur anerkannt, vgl. Schuster/Darsow, NZA 2005, 273 (273); Wisskirchen/Jordan/Bissels, DB 2005, 2190 (2190).

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A. Wisskirchen folgert hieraus die Entbehrlichkeit eines weiteren Hinweises des Arbeitgebers auf solche Pflichten; Raum für Weisungen des Arbeitgebers im außerdienstlichen Bereich bestehe folglich nur, „wenn im Arbeitsvertrag ein unter Wahrung der Grenzen des § 242 BGB generalklauselartig beschriebenes Verhalten ausdrücklich der Konkretisierung durch Direktionsrecht vorbehalten wird“.27 Dem kann jedoch schon aus rechtstatsächlichen Gründen nicht gänzlich gefolgt werden. Das Entstehen der Arbeitnehmerpflicht erst im Zeitpunkt der Weisung liegt im außerdienstlichen Bereich zwar tatsächlich nur in der eben beschriebenen Konstellation vor. Gleichwohl kann daraus nicht geschlossen werden, dass eine Weisung des Arbeitgebers in allen anderen Fällen nicht möglich bzw. entbehrlich ist. Denn die Missachtung einer arbeitgeberseitigen Weisung zieht in der Regel eine Abmahnung nach sich.28 Der Arbeitgeber müsste allerdings gleich auf die Abmahnung zurückgreifen, wenn er in Fällen von arbeitsrechtlich relevantem außerdienstlichen Verhalten keine Weisung erteilen könnte. Da sich eine Abmahnung aber regelmäßig negativ auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auswirkt, wäre es sinnvoll, dem Arbeitgeber trotz der in diesem Fall rein deklaratorischen Wirkung ein Weisungsrecht einzuräumen.29 Beispielhaft kann hier der Fall eines rassistischen Facebook-Posts durch den Arbeitnehmer in dessen Freizeit genannt werden. Sind Interessen des Betriebes betroffen, so kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anweisen, solches Verhalten in Zukunft zu unterlassen, auch wenn diese Unterlassungspflicht schon vor Ausspruch der Weisung bestand. Dies dürfte auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen, zumal die Erteilung einer Weisung im Vergleich zur Abmahnung als milderes Mittel eingestuft werden kann. Darüber hinaus spricht auch in rechtsdogmatischer Hinsicht nichts gegen die Annahme eines Weisungsrechts. Der Arbeitgeber wählt bei Erteilung einer Weisung zwischen mehreren möglichen Verhaltensanordnungen aus, welche von der Rücksichtnahmepflicht objektiv verlangt werden.30 Die Rücksichtnahmepflichten des Arbeitnehmers bestehen zwar bereits31, das „Wie“ der Einhaltung wird aber durch Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Weisung festgelegt. Diese haben dementsprechend auch im außerdienstlichen Bereich eine (eingeschränkte) Konkretisierungsfunktion. (3) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass das Weisungsrecht im eigentlichen Sinne im außerdienstlichen Bereich einen geringen Anwendungsbereich hat. Der Arbeitgeber muss zwar nicht auf bestehende Pflichten hinweisen, eine Weisung ist jedoch möglich. Diese hat im außerdienstlichen Bereich eingeschränkte Konkretisie27

A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 139 f. BAG, Urt. v. 21. 11. 1985 – 2 AZR 21/85 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 12; MhdB ArbR/ Reichold, § 40, Rn. 33. 29 Zur Möglichkeit eines Hinweises durch den Arbeitgeber s. auch Schlachter, FS Richardi, 1067 (1071). 30 Vgl. Mahnhold, Compliance, S. 159 f. 31 Diese sind auch nicht bloß „latent“ vorhanden; so aber Stamm, Weisungsrecht, S. 29. 28

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rungsfunktion, weshalb das Entstehen einer außerdienstlichen Verhaltenspflicht nicht von einer solchen abhängig ist. Werden in einer Ethikrichtlinie ausschließlich bereits bestehende Rücksichtnahmepflichten des Arbeitnehmers beschrieben, so kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zulässigerweise zur Einhaltung dieser Pflichten anweisen.32 bb) Vertrag Von Ethikrichtlinien vorgegebene außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers können weiterhin im Arbeitsvertrag niedergelegt werden. Im Rahmen des im Kapitel D. aufgezeigten Umfangs ist dies ohne Weiteres möglich, da sich diese Pflichten ohnehin aus §§ 241 II, 242 BGB oder spezialgesetzlichen Regelungen wie § 60 HGB ergeben. Eine solche Regelung hat mithin rein deklaratorischen Charakter, kann jedoch unter Umständen durchaus sinnvoll sein, um den Arbeitnehmer für die ihm obliegenden Neben- und Schutzpflichten zu sensibilisieren.33 Diese müssen das geforderte Verhalten jedoch genau beschreiben und dürfen die Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers nicht durch generalklauselartige Formulierungen übermäßig beschneiden.34 Hilfreich wäre es in der Praxis beispielsweise, je nach Berufsbranche, die am wahrscheinlichsten auftretenden Pflichtverletzungen in einer Art Nebenpflichtenkatalog unter Hinweis auf §§ 241 II, 242 BGB zu umschreiben. (1) Erweiterung des gesetzlichen Pflichtenprogramms Es ist zu untersuchen, ob außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers über den gesetzlichen Rahmen hinaus durch individualvertragliche Vereinbarungen erweitert werden können. Dies wurde früher teilweise mit dem Argument abgelehnt, dass die Vertragsfreiheit der Parteien zugunsten des Arbeitnehmers einzuschränken sei und demnach lediglich die nach §§ 241 II, 242 BGB ohnehin schon bestehenden Pflichten vertraglich niedergelegt werden könnten.35 Andere Stimmen der Literatur wollten Vertragsklauseln zu außerdienstlichem Verhalten wiederum relativ großzügig zulassen und diese nur an einer etwaigen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB scheitern lassen.36 Richtigerweise sollte jedoch nach dem jeweiligen Vertragstyp differenziert werden, da die generelle Ablehnung einer vertraglichen Erweiterung von Neben32 So z. B. Wagner, Ethikrichtlinien, S. 47; zu beachten ist aber, dass Regelungen zu Nebenpflichten ohne zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung umso zurückhaltender anzuerkennen sind, je weiter sie sich von der eigentlichen Hauptpflicht entfernen, vgl. Preis, Grundfragen, S. 518. 33 Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 105. 34 A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 105. 35 Oligmüller, Nebentätigkeitsproblematik, S. 104. 36 Schwarz/Holzer, Treuepflicht, S. 101 f.; Callam, Mehrfache Erwerbstätigkeit, S. 109.

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pflichten nicht mit der in Art. 2 I GG verankerten Privatautonomie in Einklang zu bringen wäre.37 Handelt es sich um einen individuell ausgehandelten Vertrag – was beispielsweise gegeben ist, wenn es sich um einen besonders qualifizierten Arbeitnehmer handelt, welcher mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe verhandeln und seine eigenen Vorstellungen in die Gestaltung des Vertrages mit einfließen lassen konnte –, so erscheint es interessengerecht, diesen lediglich an §§ 138, 134 BGB und Treu und Glauben nach § 242 BGB zu messen.38 Weitaus häufiger ist der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber jedoch, was die Verhandlungsstärke angeht, unterlegen und kann aufgrund vorgefertigter Vertragsformulare keinen Einfluss auf die Ausgestaltung des Arbeitsvertrages nehmen. In diesem Fall ist ein strengerer Kontrollmaßstab anzulegen. Hier wurde früher teilweise auf eine verfassungskonforme Auslegung abgestellt, was jedoch nicht mit dem Grundsatz der lediglich mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Arbeitsverhältnis zu vereinbaren ist.39 Die zustimmungswürdige Gegenansicht befürwortete hingegen eine Billigkeitskontrolle. Da § 23 I AGBG vor der Schuldrechtsreform eine Inhaltskontrolle für Arbeitsverhältnisse allerdings nicht zuließ, wurden entsprechende Klauseln an §§ 138, 242, 315 BGB gemessen.40 Aufgrund der nunmehr geänderten Gesetzeslage wird die Überprüfung der vertraglichen Regelungen heute einhellig nach den §§ 305 ff. BGB vorgenommen.41 (2) Mögliche Regelungsinhalte Im Folgenden ist zu erörtern, in welchem Umfang die vertragliche Erweiterung außerdienstlicher Verhaltenspflichten zulässig ist. Da eine Vielzahl an Konstellationen denkbar ist und im Rahmen dieser Arbeit aber die drei oben vorgestellten Fallgruppen im Vordergrund stehen, sollen sich die folgenden Ausführungen vorwiegend auf diesbezügliche Erweiterungsmöglichkeiten beschränken.42

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Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 106. Preis, Grundfragen, S. 290; A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 106. 39 So die frühere Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 26. 8. 1976 – 2 AZR 377/75 – AP BGB § 626 Nr. 68; BAG, Urt. v. 3. 12. 1970 – 2 AZR 110/70 – AP BGB § 626 Nr. 60; krit. dazu Preis, Grundfragen, S. 154. 40 Die Inhaltskontrolle wurde in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG als verfassungsrechtlich geboten angesehen, vgl. BAG, Urt. v. 16. 3. 1994 – 5 AZR 339/92 – AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 18; zust. Dieterich, RdA 1995, 129 (133 ff.). 41 BT-Drucks. 14/6857 S. 53 f.; ErfK/Preis, § 310 BGB, Rn. 1 f.; Schaub ArbR-HdB/Linck, § 31, Rn. 4 ff.; MhdB ArbR/Benecke, § 31, Rn. 31; anders noch A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 108 ff., welche bei Nebenpflichten im Arbeitsvertrag eine Inhaltskontrolle nach § 242 BGB befürwortet. 42 Auf Ausführungen zu Nebentätigkeits- und Wettbewerbsverboten, vgl. hierzu ausführlich: Glöckner, Nebentätigkeitsverbote, S. 134 ff. und Buchner, Wettbewerbsverbote, S. 48 ff., wird daher an dieser Stelle verzichtet. 38

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(a) Meinungsäußerungen Wie im Kapitel D. bereits dargelegt, kann das Recht des Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung im außerdienstlichen Bereich nur in engen Grenzen eingeschränkt werden. Eine vertragliche Regelung zu Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers könnte im Fall von rufschädigenden Äußerungen des Arbeitnehmers – wie beispielsweise bei kontroversen Äußerungen des Arbeitnehmers in sozialen Medien oder politischen Betätigungen, welche die Existenz des Unternehmens angreifen43 – in Betracht zu ziehen sein. Da die Meinungsfreiheit aber als eines der elementaren Grundrechte in Art. 5 I GG garantiert wird und nur durch ein Gesetz eingeschränkt werden kann, sind vertragliche Beschränkungen über den gesetzlich ohnehin bestehenden Rahmen hinaus grundsätzlich abzulehnen.44 Etwas anderes könnte nur für solche Arbeitnehmer gelten, die eine besondere Repräsentationsfunktion im Unternehmen inne haben.45 Die Forderung einer gewissen Zurückhaltung hinsichtlich Meinungsäußerungen, die die Glaubwürdigkeit von Unternehmenszielen in Frage stellen, stellt in diesem Fall ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers dar und scheint daher ein gerechtfertigter Eingriff in die Meinungsfreiheit des jeweiligen Arbeitnehmers zu sein.46 Derartige Regelungen kommen aber nur für einen sehr kleinen Teil der Arbeitnehmer und nur in engen Grenzen in Betracht. Ansonsten können lediglich die nach §§ 241 II, 242 BGB ohnehin bestehenden Pflichten vertraglich festgehalten werden, was in manchen Fällen zur Sensibilisierung der Arbeitnehmer und zur Erläuterung der Gesetzeslage auch durchaus sinnvoll sein kann.47 Beispielhaft wäre hier eine Klausel zu nennen, die es den Arbeitnehmern untersagt, den Namen des Arbeitgebers mit eigenen Angelegenheiten politischer, religiöser oder kultureller Natur in Verbindung zu bringen, wenn dieses Verhalten dem Arbeitgeber einen schweren Schaden zufügen kann.48 Die Meinungsäußerungsfreiheit der Arbeitnehmer erfährt hier nur eine minimale Einschränkung, welche durch die überwiegenden Interessen des Arbeitgebers auch gerechtfertigt ist. (b) Straftaten Ebenso wie bei den Meinungsäußerungen kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag Regelungen zu außerdienstlichen Straftaten des Arbeitnehmers treffen, sofern sich diese im Rahmen der nach §§ 241 II, 242 BGB geltenden Grundsätze halten. So könnte z. B. ausdrücklich festgelegt werden, dass betriebsbezogene Straftaten – wie der sexuelle Missbrauch von Kindern durch einen Erzieher oder gewisse Vermögensdelikte durch einen Bankangestellten49 – eine Abmahnung oder eine Kündigung 43 44 45 46 47 48 49

Vgl. hierzu oben unter D., IV., 1., a). S. zur Meinungsfreiheit schon oben unter D., I., 1., a). Polzer/Powietzka, NZA 2000, 970 (975 f.). Vgl. Polzer/Powietzka, NZA 2000, 970 (975 f.). Ebenso Wagner, Ethikrichtlinien, S. 92. Schuster/Darsow, NZA 2005, 273 (274). Vgl. hierzu oben unter D., IV., 1., b), bb), (2).

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zur Folge haben. Einer solchen Regelung käme allerdings eine bloße Warn- und Sensibilisierungsfunktion zu. Mit Ausnahme der eben genannten, besonders eindeutigen Fälle wird in der Regel allerdings schwer im Voraus einzuschätzen sein, wann eine Straftat betriebsbezogen ist und daher Maßnahmen des Arbeitgebers gerechtfertigt sind. Eine vertragliche Regelung diesbezüglich erscheint daher nur in den eben genannten, speziellen Fällen sinnvoll. Inwiefern der Arbeitnehmer vor Beginn des Arbeitsverhältnisses straffällig geworden ist, kann der Arbeitgeber nur in den Grenzen des ihm zustehenden Fragerechts in Erfahrung bringen bzw. in bestimmten Berufszweigen das Vorlegen eines Führungszeugnisses verlangen.50 Zu überlegen wäre aber, ob der Arbeitgeber auch ein Recht darauf hat, über aktuelle Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt zu werden.51 Dies könnte durch eine Anzeigepflicht von gegen den Arbeitnehmer geführten Ermittlungsverfahren im Arbeitsvertrag geregelt werden. Gerade bei Strafverfahren, welche den Arbeitgeber in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung bringen oder diesen Ermittlungsmaßnahmen aussetzen, erscheint eine Anzeigepflicht unter Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt. Einer solchen steht auch nicht die Unschuldsvermutung nach Art. 20 III GG, Art. 6 II EMRK entgegen, zumal der Arbeitnehmer lediglich zur Anzeige des gegen ihn geführten Verfahrens, nicht aber zur Stellungnahme hinsichtlich der Begehung einer Straftat verpflichtet würde. Der Arbeitgeber könnte sich auf diese Weise besser auf etwa erforderliche Stellungnahmen gegenüber der Öffentlichkeit vorbereiten und im Falle einer bevorstehenden Haftstrafe rechtzeitig Umstrukturierungen vornehmen. Ein derartiges Interesse des Arbeitgebers dürfte aber in der Regel nur bei einerseits besonders schweren Straftaten52 und andererseits bei Angestellten, die eine bedeutende Funktion im Unternehmen haben, bestehen. In Anlehnung an die teilweise geforderte Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten, welche dazu geeignet sind, das Arbeitsverhältnis zu beeinträchtigen53, muss daher auch eine Anzeigepflicht von Ermittlungsverfahren, die sich negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken können, einer vertraglichen Regelung offen stehen. Auf diese Weise könnte beispielsweise die Pflicht der Anzeige von dem Arbeitnehmer zur Last gelegten Vermögensdelikten gerechtfertigt sein, sofern dieser eine vermögensbetreuende Stellung inne hat. (c) Privatleben Hinsichtlich des Privatlebens der Arbeitnehmer im eigentlichen Sinne scheint eine Regelung in Ethikrichtlinien bzw. im Arbeitsvertrag aufgrund der hohen Be50

Schaub ArbR-HdB/Linck, § 26, Rn. 10, 35 ff. Auch dies wird bisher lediglich in Bezug auf das Fragerecht des Arbeitgebers beim Vorstellungsgespräch diskutiert, vgl. BAG, Urt. v. 15. 11. 2012 – 6 AZR 339/11 – NZA 2013, 429 (432 ff.); BAG, Urt. v. 27. 7. 2005 – 7 AZR 508/04 – NZA 2005, 1243 (1245); Schaub ArbRHdB/Linck, § 26, Rn. 38. 52 Anknüpfungspunkt könnte hierbei § 100a StPO sein, in dessen zweiten Absatz „schwere Straftaten“ aufgelistet werden. 53 Preis, Grundfragen, S. 537 ff.; A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 113 f. 51

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deutung der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kaum durchsetzbar. Schon bei Regelungen, die sich innerhalb der Grenzen der nach §§ 241 II, 242 BGB bestehenden außerdienstlichen Verhaltenspflichten bewegen, stellt sich die Frage, inwiefern eine Ausgestaltung als konkrete Vertragspflicht überhaupt möglich ist. Wie bereits erläutert, wird ein arbeitsrechtlich relevantes Verhalten nur in besonderen Konstellationen in Erwägung zu ziehen und eine Pflichtverletzung nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu begründen sein.54 Dies muss dementsprechend erst recht für Vertragsklauseln gelten, welche über die nach Gesetz bereits bestehenden Pflichten hinausgehen. Vertragliche Regelungen zum Privatverhalten des Arbeitnehmers sind mithin grundsätzlich nicht möglich. Einer der wenigen Fälle, in welchen der Arbeitgeber ein Interesse an dem Privatverhalten seiner Arbeitnehmer haben kann, könnte aber gegeben sein, wenn die Arbeitnehmer untereinander intime Beziehungen eingehen und es hierdurch zu Störungen im Betrieb kommen könnte. Derartige Konstellationen haben in der Vergangenheit des Öfteren der gerichtlichen Klärung bedurft und gewinnen aufgrund des wachsenden Einflusses ausländischer Rechtsordnungen – in welchen diesbezügliche Regelungen durchaus üblich sind – immer mehr an Bedeutung. Bekanntestes Beispiel ist wahrscheinlich die Ethikrichtlinie des US-Handelskonzerns Wal-Mart, welche unter anderem ein Verbot von Liebesbeziehungen unter den Mitarbeitern zur Wahrung eines angenehmen Betriebsklimas vorsah und auch für die deutsche Tochtergesellschaft gelten sollte.55 Der 28 Seiten umfassende Verhaltenskodex untersagte es den Arbeitnehmern unter anderem „mit jemandem auszugehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemandem zu treten, wenn er die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen kann oder der Mitarbeiter seine Arbeitsbedingungen beeinflussen kann“.56 Obwohl eigentlicher Auslöser des Rechtsstreits Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gewesen waren, erklärte das LAG die Klausel auch unter Bezugnahme auf die Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 2 I, 1 I GG zu Recht für unwirksam.57 Sofern es tatsächlich zu Spannungen unter den Arbeitnehmern aufgrund von privaten Beziehungen kommt und diese sich negativ auf den Betrieb auswirken, kann der Arbeitgeber – wie oben bereits erläutert – im Einzelfall zwar arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen58, ein präventives Verbot von Liebesbeziehungen unter den Arbeitnehmern ist jedoch nicht mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit in Einklang zu bringen.59 54

Vgl. hierzu oben unter D., IV., 1., c). Vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 14. 11. 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162 (162 ff.); durch das BAG wurde der Rechtsstreit durch sonstige Erledigung beigelegt. 56 Zit. bei Kolle/Deinert, AuR 2006, 177 (177). 57 LAG Düsseldorf, Urt. v. 14. 11. 2005 – 10 TaBV 46/05 – DB 2006, 162 (165). 58 Vgl. dazu oben unter D., IV., 1., c), aa), (1). 59 Wagner, Ethikrichtlinien, S. 117; Bittmann/Lenze, Anm. zu LAG Düsseldorf, Beschl. v. 14. 11. 2005 – 10 Ta BV 46/05 – DB 2006, 165 (166). 55

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(d) Zwischenergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers hinsichtlich Meinungsäußerungen nur in seltenen Fällen über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus erweitert werden können und dies hinsichtlich des Privatlebens der Arbeitnehmer sogar gänzlich ausgeschlossen ist. Im Hinblick auf vom Arbeitnehmer außerdienstlich begangene Straftaten kann für bestimmte Delikte eine Anzeigepflicht von laufenden Ermittlungsverfahren zulässigerweise vereinbart werden. (3) AGB-rechtliche Inhaltskontrolle Werden außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag niedergelegt, so unterliegen diese Regelungen gem. § 310 IV 2 BGB der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle. Die bereits in Erwägung gezogenen Regelungsmöglichkeiten wären jeweils an der Generalklausel aus § 307 I, II BGB zu überprüfen. Die §§ 308 f. BGB haben in Bezug auf das außerdienstliche Arbeitnehmerverhalten bisher hingegen keine besondere Bedeutung gewonnen. Zu denken wäre allenfalls an die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, welche nach § 309 Nr. 6 BGB unzulässig sein könnte. Vom BAG und dem überwiegenden Teil der Literatur wird die Möglichkeit der Vereinbarung von Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag aber anerkannt, was aufgrund der „arbeitsrechtlichen Besonderheit[en]“ gerechtfertigt sei.60 Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, da er bei schuldhafter Nichtleistung nicht im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Arbeitnehmer vorgehen kann, vgl. § 888 III ZPO.61 Auch wenn das primäre Ziel der Zulässigkeit von Vertragsstrafen im Arbeitsrecht ist, die mangelnde Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung auszugleichen, kommt eine solche auch bei Nebenpflichtverletzungen in Betracht.62 Für bestimmte Berufsgruppen ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zur Sanktionierung eines bestimmten außerdienstlichen Verhaltens sogar sehr üblich. Zu denken ist hier z. B. an Spitzensportler, welche in der Regel zu einem „sportgerechten Lebenswandel“ verpflichtet und im Falle der Zuwiderhandlung mit hohen Vertragsstrafen belastet werden.63 Eine Vertragsstrafe muss allerdings die verbotene Handlung klar und transparent beschreiben, um dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sein Verhalten dementsprechend anzupassen.64 An dieser Voraussetzung wird es ihm Rahmen von außerdienstlichen Verhaltenspflichten zu den hier untersuchten Fallgruppen regelmäßig scheitern. Gerade bei Meinungsäußerungen, außerdienstlichen Straftaten und dem Privatleben des Ar60

BAG, Urt. v. 4. 3. 2004 – 8 AZR 196/03 – NZA 2004, 727 (729 ff.); Hauck, NZA 2006, 816 (817). 61 BAG, Urt. v. 4. 3. 2004 – 8 AZR 196/03 – AP BGB § 309 Nr. 3; ErfK/Müller-Glöge, § 345 BGB, Rn. 8 f. 62 MhdB ArbR/Reichold, § 56, Rn. 6. 63 Vgl. Wüterich/Breucker, Das Arbeitsrecht im Sport, S. 172 ff. 64 BAG, Urt. v. 21. 4. 2005 – 8 AZR 425/04 – NZA 2005, 1053 (1055).

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beitnehmers wird nach dem jeweiligen Einzelfall zu entscheiden sein, ob eine Verhaltenspflicht verletzt wurde. Für die Vereinbarung einer Vertragsstrafe verleibt daher nur ein sehr geringer Anwendungsbereich. Möglich erscheint allenfalls die Vereinbarung einer solchen zur Sanktionierung unternehmensschädigender Äußerungen. (4) Ergebnis Vertragliche Regelungen, die sich in den Grenzen des gesetzlichen Pflichtenprogramms nach §§ 241 II, 242 BGB bewegen, sind zwar ohne Weiteres zulässig. Jedoch müssen diese konkrete Verhaltenspflichten umschreiben und nicht lediglich generalklauselartig außerdienstliches Verhalten sanktionieren, da sonst ein Verstoß gegen das Transparenzgebot anzunehmen ist, § 307 I S. 2 BGB. Gleiches gilt auch für Regelungen, die über die nach §§ 241 II, 242 BGB bestehenden Pflichten hinausgehen. Auch solche sind nur in engen Grenzen zulässig. cc) Tarifvertrag Es ist weiterhin zu untersuchen, ob in Ethikrichtlinien niedergelegte außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers auch einer tarifvertraglichen Regelung zugänglich sind. Gem. § 1 TVG kann ein Tarifvertrag Rechtsnormen enthalten, welche „den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen“ betreffen. Eine Regelung zu außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten erscheint nach dem Wortlaut des § 1 TVG demnach als sog. Inhaltsnorm ohne Weiteres möglich.65 Während die frühere Rechtsprechung66 und herrschende Literatur67 die Privatsphäre des Arbeitnehmers betreffende Vereinbarungen als der Regelungsbefugnis der Tarifparteien entzogen ansahen, gilt es heute als allgemein anerkannt, dass alle möglichen Inhalte eines Individualarbeitsvertrages – und damit auch Nebenleistungsund Schutzpflichten – tarifvertraglich geregelt werden können, sofern eine kollektive Regelung möglich ist.68 Da der Arbeitnehmer mit seinem freiwilligen Gewerkschaftsbeitritt zumindest einen Teil seiner originären Regelungsbefugnis auf die Gewerkschaft überträgt69, erscheint dieses Ergebnis auch interessengerecht. Dementsprechend kann außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten, in den zuvor für Individualverträge beschriebenen Grenzen, Gegenstand eines Tarifvertrages sein. In 65

Vgl. A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 123. BAG, Urt. v. 25. 3. 1971 – 2 AZR 185/70 – AP BetrVG § 57 Nr. 5; BAG, Urt. v. 20. 12. 1957 – 1 AZR 237/56 – AP BGB § 399 Nr. 1. 67 Siebert, FS Nipperdey, 1955, 119 (139 f.); Bötticher, Gemeinsame Einrichtungen, S. 121. 68 BAG, Urt. v. 16. 9. 1986 – GS 1/82 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17; ErfK/Franzen, § 1 TVG, Rn. 41; MhdB ArbR/Klumpp, § 239, Rn. 24. 69 Kreutz, Grenzen der Betriebsautonomie, S. 79 ff.; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille, S. 312 ff. 66

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der Praxis sind derartige Regelungen allerdings hauptsächlich zu Nebentätigkeitsund Wettbewerbsverboten sowie zu Verschwiegenheitspflichten zu finden.70 Die Umsetzung von Ethikrichtlinien mittels eines Tarifvertrages hat in der Praxis bisher keine Rolle gespielt, was darauf zurückzuführen ist, dass die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nur den Betriebsnormen des Tarifvertrages verpflichtet wären.71 Die Implementierung einer Ethikrichtlinie in einen Tarifvertrag würde somit dazu führen, dass die Richtlinie in gewissen Bereichen nur für einen Teil der Arbeitnehmer gilt, worüber auch eine arbeitsvertragliche Verweisung auf den Tarifvertrag – welche bekanntlich nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich ist – nur schwer hinweghelfen könnte.72 Da Tarifverträge zwar für bestimmte Branchen ausgehandelt werden, die Interessenlage der Arbeitgeber speziell im Hinblick auf außerdienstliches Verhalten der Arbeitnehmer aber gleichwohl stark divergieren kann, werden tarifvertragliche Regelungen zu den hier untersuchten Fallgruppen auch in Zukunft wohl eher die Ausnahme darstellen. dd) Betriebsvereinbarung Weiterhin ist der Frage einer möglichen Betriebsvereinbarung zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten nachzugehen. Ebenso wie beim Tarifvertrag kommt es hier auf die Regelungskompetenz der die Vereinbarung abschließenden Parteien, den Arbeitgeber und den Betriebsrat, an. Nach der Rechtsprechung des BAG und der wohl herrschenden Meinung in der Literatur ist die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien mit jener der Tarifparteien gleichzusetzen.73 Dies folge aus § 88 BetrVG, nach welchem aufgrund der Formulierung „insbesondere“ in sozialen Angelegenheiten eine freiwillige Vereinbarung stets möglich sei.74 Die Betriebsautonomie soll daher lediglich durch zwingendes staatliches Recht und die in § 77 III BetrVG niedergelegte Tarifsperre begrenzt sein.75 Auch nach dieser h. M. kann eine Betriebsvereinbarung jedoch keine Regelungen zur rein außerbetrieblichen privaten Lebensführung der Arbeitnehmer treffen.76 Dies steht einer Regelung zu außer70

Löwisch/Rieble, § 1 TVG, Rn. 2333, 2445; Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 132 ff. ErfK/Franzen, § 3 TVG, Rn. 16; Wagner, Ethikrichtlinien, S. 78. 72 Vgl. Wagner, Ethikrichtlinien, S. 78; Triskatis, Ethikrichtlinien im Arbeitsrecht, S. 94. 73 BAG, Urt. v. 12. 12. 2006 – 1 AZR 96/06 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 94; BAG, Urt. v. 12. 10. 1994 – 7 AZR 398/93 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 60; BAG, Urt. v. 7. 11. 1989 – GS 3/ 85 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 46; Fitting, BetrVG, § 77, Rn. 46; ErfK/Kania, § 77 BetrVG, Rn. 36; Kreutz, Grenzen der Betriebsautonomie, S. 208, 222. 74 Galperin/Löwisch, § 88 BetrVG, Rn. 1 ff.; Oetker, NZA 1986, 148 (148 f.). 75 Kreutz, Grenzen der Betriebsautonomie, S. 222; a. A. Canaris, AuR 1966, 129 (136); Waltermann, Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung, S. 148 ff.; grundlegend zum Streit über die Reichweite der Betriebsautonomie vgl. Siebert, FS Nipperdey, 119 (128 ff.); Richardi BetrVG/Richardi, § 77, Rn. 74; Reichold, FS Kreutz, 349 (354). 76 BAG, Urt. v. 22. 7. 2008 – 1 ABR 40/07 – BAGE 127, 146 (163); Fitting, BetrVG, § 77, Rn. 56; wobei dies jedoch sehr unterschiedlich begründet wird, vgl. GK-BetrVG/Kreutz, § 77, Rn. 375 m. w. N. 71

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dienstlichen Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers allerdings nicht im Wege. Weist das zu regelnde außerdienstliche Verhalten nämlich einen hinreichenden Betriebsbezug auf, so sind nicht ausschließlich private Angelegenheiten des Arbeitnehmers, sondern vielmehr betriebliche Interessen betroffen.77 Zu beachten ist jedoch das Günstigkeitsprinzip, welches nicht nur bei ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Regelungen, sondern ebenso bei jedem Arbeitsvertrag immanenten Rücksichtnahmepflichten zur Anwendung kommt.78 Anderenfalls könnten in Unternehmen mit Betriebsrat weitaus belastendere Regelungen getroffen werden als in betriebsratslosen Unternehmen, was jedoch Sinn und Zweck der Mitbestimmungsrechte konterkarieren würde. Zudem fehlt es dem Betriebsrat im Gegensatz zur Gewerkschaft an einer Legitimation durch Beitritt des Arbeitnehmers.79 Es besteht daher eine gewisse Akzessorietät der Betriebsvereinbarung zum Direktionsrecht des Arbeitgebers.80 In einer Betriebsvereinbarung kann mithin nur auf die gesetzlich ohnehin bestehenden außerdienstlichen Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer hingewiesen werden.81 Eine Erweiterung über den Rahmen der §§ 241 II, 242 BGB hinaus ist jedoch nicht möglich. b) Implementierungsverfahren Wird eine Ethikrichtlinie mittels Weisungsrecht des Arbeitgebers implementiert, so richtet sich das Verfahren nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Die empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers muss dem Arbeitnehmer so zugehen, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.82 Wird die Implementierung durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag vorgenommen, so sind gleichfalls die Voraussetzungen für das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung bzw. eines solchen Vertrages zu beachten.83 Besonderheiten ergeben sich bei der Implementierung durch den Arbeitsvertrag. Grundsätzlich ist hier zwischen bereits bestehenden und noch nicht geschlossenen Arbeitsverhältnissen zu unterscheiden. Besteht das Arbeitsverhältnis bereits, so kann die Ethikrichtlinie durch eine Ergänzungsvereinbarung in den Vertrag aufgenommen werden, während dies bei Neueinstellungen durch eine Verweisungsklausel möglich ist.84 77

S. zur Betriebsbezogenheit oben unter D., II., 1., a), aa). Vgl. Wagner, Ethikrichtlinien, S. 74; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht Bd. 2, § 16, Rn. 384 ff.; a. A. aber Mahnhold, Compliance und Arbeitsrecht, S. 251 f. 79 Der Eintritt in das Unternehmen kann nicht als solcher gewertet werden, vgl. Heinze, ZfA 1988, 53 (63 ff.); Reichold, Betriebsverfassung, S. 540 f. 80 Käppler, FS Kissel, 475 (481); Franzen, NZA Beil. 3/2006, 107 (109). 81 Wagner, Ethikrichtlinien, S. 74 f.; mit anderer Begründung wohl auch A. Wisskirchen, Außerdienstliches Verhalten, S. 126 ff., 134. 82 HWK/Lembke, § 106 GewO, Rn. 6; Palandt/Ellenberger, § 130 BGB, Rn. 2, 5; zur Ausübung des Direktionsrechts in Bezug auf außerdienstliches Verhalten vgl. Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 87 ff. 83 Tiefergehend hierzu Triskatis, Ethikrichtlinien im Arbeitsrecht, S. 93 ff. 84 Wagner, Ethikrichtlinien, S. 63; krit. Willemsen, Einführung und Inhaltskontrolle, S. 50 f. 78

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In beiden Fällen stellt sich aber die Frage, ob nur auf die Ethikrichtlinie in der momentanen Fassung (statische Bezugnahmeklausel) oder auch in der jeweils gültigen Fassung (dynamische Bezugnahmeklausel) verwiesen werden kann.85 Die Unwirksamkeit einer solchen dynamischen Klausel ergibt sich nicht schon aus § 305 II, III BGB, da diese gem. § 310 IV BGB für Arbeitsverträge keine Geltung beanspruchen, könnte aber mit dem Transparenzgebot nach § 307 I S. 2 BGB unvereinbar sein.86 Im Falle einer dynamischen Verweisung wäre für den Arbeitnehmer nicht erkennbar, welchen Inhalt die seinen Arbeitsvertrag in Zukunft mitgestaltenden Regelungen haben. Werden über den gesetzlichen Rahmen hinausgehende Pflichten des Arbeitnehmers vereinbart, so kann auf diese dementsprechend nur statisch verwiesen werden.87 Um dem einem Dauerschuldverhältnis immanenten Bedürfnis nach einer gewissen Flexibilität Rechnung tragen zu können, dürfte eine dynamische Verweisung im Rahmen des gesetzlichen Pflichtenprogramms allerdings zulässig sein.88 Behält sich der Arbeitgeber lediglich Änderungen vor, welche auch einseitig durch das Direktionsrecht ausgeübt werden könnten oder aufgrund einer Gesetzesänderung notwendig werden, so ist dies als zulässig zu erachten.89 c) Vor- und Nachteile der einzelnen Gestaltungsmittel Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine Implementierung von Ethikrichtlinien durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers und mittels einer Betriebsvereinbarung nur möglich, sofern keine über den gesetzlichen Umfang hinausgehenden Nebenpflichten des Arbeitnehmers statuiert werden. Stehen im Gegensatz zur vorliegenden Untersuchung nicht die außerdienstlichen Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer im Vordergrund, so kann gerade die Sinnhaftigkeit einer Implementierung mittels Betriebsvereinbarung auch anders zu beurteilen sein.90 Um Abgrenzungsschwierigkeiten von gesetzlich geschuldeten zu über diesen Rahmen hinausgehenden Nebenpflichten zu vermeiden, erscheint es im Hinblick auf die Regelung von außerdienstlichen Verhaltenspflichten aber sinnvoll, auf eine vertragliche Implementierung zurückzugreifen. Aufgrund der zuvor schon angesprochenen Hürden, die sich bei der Implementierung durch einen Tarifvertrag ergeben, ist dementsprechend der Arbeitsvertrag das Mittel der Wahl. Der Implementierung einer Ethikrichtlinie in den Arbeitsvertrag wird teilweise allerdings entgegengehalten, dass hierdurch die Arbeitsverträge erheblich umfangreicher würden und stets

85

Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 99 f. Vgl. Wagner, Ethikrichtlinien, S. 64 f. 87 Wagner, Ethikrichtlinien, S. 65. 88 Vgl. Diehn, NZA 2004, 129 (134 f.); Thüsing/Lambrich, NZA 2002, 1361 (1364). 89 Schneider, Compliance- und Ethikrichtlinien, S. 125; a. A. Triskatis, Ethikrichtlinien im Arbeitsrecht, S. 79. 90 Vgl. Willemsen, Einführung und Inhaltskontrolle, S. 53 ff., und Meyer, NJW 2006, 3605 (3608), welche eine Implementierung durch Betriebsvereinbarung als zulässig erachten. 86

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die Gefahr einer gegen AGB-Recht verstoßenden Klausel bestünde.91 Während ersterem mithilfe einer Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag abgeholfen werden kann, besteht das Problem einer potentiellen Unwirksamkeit der Klauseln nach AGB-Recht tatsächlich. Diese latente Gefahr ist jedoch mit Rücksicht auf die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers angesichts der grundrechtssensiblen Regelungsgegenstände hinzunehmen. Will der Arbeitgeber spezielle, über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Rücksichtnahmepflichten, z. B. von Arbeitnehmern in besonderen Positionen, statuieren, so eignet sich hierfür der Arbeitsvertrag am besten.92 Soll hingegen lediglich auf bestehende Rücksichtnahmepflichten hingewiesen werden, könnte eine Betriebsvereinbarung sich als sinnvoller erweisen, zumal eine höhere Akzeptanz in der Belegschaft aufgrund der Mitwirkung des Betriebsrats zu erwarten ist.93 Hierbei ist gleichwohl zu beachten, dass der Arbeitgeber somit das einseitige Abänderungsrecht auch der mitbestimmungsfreien Teile der Betriebsvereinbarung verliert.94 d) Ergebnis Im Ergebnis ist festzustellen, dass Ethikrichtlinien durch Direktionsrecht, Vertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag implementiert werden können. Die Implementierung durch einen Tarifvertrag bringt jedoch zahlreiche Nachteile mit sich und hat daher in der Praxis bisher auch keine nennenswerte Rolle gespielt. Im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltenspflichten erscheint eine individualvertragliche Implementierung zwar am überzeugendsten, gleichwohl wird kaum jemals ausschließlich das außerdienstliche Verhalten der Arbeitnehmer Regelungsgegenstand einer Ethikrichtlinie sein. Das vorzugswürdige Gestaltungsmittel hängt daher ganz von den übrigen zu regelnden Materien und dem mit der Implementierung verfolgten Ziel des Arbeitgebers ab. 3. Social Media Guidelines Social Media Guidelines sind rechtlich nicht anders als die bereits besprochenen Ethikrichtlinien zu bewerten, allerdings mit dem Unterschied, dass diese einen sehr spezifischen Regelungsgegenstand haben.95 Um verbindliche Wirkung entfalten zu können, bedürfen auch diese einer Implementierung in das Arbeitsverhältnis, sei es durch Direktionsrecht, Arbeits- bzw. Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung.96 Die 91

Leist/Koschker, BB 2013, 2229 (2229). Eine Betriebsvereinbarung scheidet hier aus, da Geschäftsführer, Vorstände und leitende Angestellte nicht von einer Betriebsvereinbarung erfasst werden, vgl. § 5 II, III BetrVG; näher Kock, MDR 2006, 673 (673). 93 Wisskirchen/Jordan/Bissels, DB 2005, 2190 (2190). 94 Meyer, NJW 2006, 3605 (3609). 95 Vgl. Kramer IT-ArbR HdB/Oberthür, B. Individualarbeitsrecht, Rn. 792. 96 Kramer IT-ArbR HdB/Oberthür, B. Individualarbeitsrecht, Rn. 794. 92

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für die Implementierung aufgezeigten Grenzen bei Ethikrichtlinien gelten ebenso für Social Media Guidelines. Es können die ohnehin bestehenden Rücksichtnahmepflichten des Arbeitnehmers in Social Media Guidelines beschrieben und konkretisiert werden; zu denken wäre hier in erster Linie an Regelungen zu rufschädigendem und beleidigendem Verhalten der Arbeitnehmer.97 Jedoch stößt die Regelungsbefugnis des Arbeitgebers bzw. der Tarif- und Betriebsparteien auch hier relativ schnell an ihre Grenzen.98 Sowohl das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch die Meinungsfreiheit erlauben es dem Arbeitnehmer, im Grundsatz selbst über Art und Umfang seiner Darstellung in sozialen Medien zu entscheiden.99 Gerade weil arbeitsrechtliche Bestandsschutzstreitigkeiten aufgrund von privater Nutzung sozialer Medien in den vergangenen Jahren aber erheblich zugenommen haben, empfiehlt sich zumindest die Einführung unverbindlicher Empfehlungen und Hinweise.100 Den meisten der gerichtlich klärungsbedürftigen Fälle lagen nicht durchdachte oder spontane Äußerungen der Arbeitnehmer zu Grunde. Dieses Risiko könnte der Arbeitgeber folglich auch schon mit Hilfe von unverbindlichen Social Media Guidelines oder Schulungen101 der Arbeitnehmer – welche mehr der Aufklärung und Prävention als der Sanktion dienen – erheblich minimieren. Zudem sind aber auch Hinweise auf bestehende Rücksichtnahmepflichten ratsam, zumal sich der Arbeitnehmer häufig nicht darüber im Klaren sein wird, dass eine Verletzung derselben bei Äußerungen in sozialen Medien sehr viel schneller als bei Äußerungen im realen Leben vorliegen kann.102 4. Sanktionsklauseln als „vorweggenommene Abmahnung“ Werden in eine Ethikrichtlinie oder in Social Media Guidelines Sanktionsklauseln aufgenommen, so stellt sich die Frage, welche Wirkung einer solchen Regelung zukommt. Diese könnten als sog. vorweggenommene Abmahnung zu qualifizieren sein, welche im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung von Bedeutung ist. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber hier die Pflicht, den Arbeitnehmer zunächst abzumahnen, ihm sozusagen eine „gelbe Karte“ zu erteilen, bevor er eine Kündigung

97

Leist/Koschker, BB 2013, 2229 (2234 f.). Borsutzky, NZA 2013, 647 (648). 99 Leist/Koschker, BB 2013, 2229 (2234 f.). 100 Der Arbeitgeber muss in diesem Fall aber darauf hinweisen, welche der Regelungen verbindlichen Charakter haben und welche lediglich als Empfehlung ausgestaltet sind, vgl. Kramer IT-ArbR HdB/Oberthür, B. Individualarbeitsrecht, Rn. 846. 101 Vgl. Lelley/Fuchs, CCZ 2010, 147 (150). 102 Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 232 f.; zur stärkeren Ausprägung der Rücksichtnahmepflichten hinsichtlich Äußerungen in sozialen Netzwerken vgl. auch Oberwetter, NJW 2011, 417 (419). 98

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ausspricht.103 Von diesem Grundsatz wird allerdings in bestimmten Fällen eine Ausnahme gemacht und das Institut der vorweggenommenen Abmahnung herangezogen.104 Hat der Arbeitgeber vor der Verletzung bestimmter Verhaltenspflichten gewarnt und für den Fall einer derartigen Pflichtverletzung ausdrücklich die Kündigung angedroht, so kann eine vorherige Abmahnung entbehrlich sein.105 Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Funktionen der Abmahnung erhalten bleiben und der Arbeitnehmer der Regelung eindeutig entnehmen kann, welches Verhalten vom Arbeitgeber als kündigungsrelevant eingestuft wird.106 Eine vorweggenommene Abmahnung kommt demnach nur für konkret zu benennende, besonders schwere Pflichtverstöße, welche mit den anderweitigen Fällen der Entbehrlichkeit der Abmahnung vergleichbar sein müssen, in Betracht und hat daher insbesondere im Bereich von Bagatellverstößen auszuscheiden.107 Der pauschale Hinweis am Ende einer Richtlinie, dass jeder Verstoß zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung führen kann, wäre für eine vorweggenommene Abmahnung dementsprechend nicht ausreichend.108 Weist der Arbeitgeber hingegen auf bestimmte, eine Kündigung nach sich ziehende Verhaltensweisen hin, so kann eine vorweggenommene Abmahnung anzunehmen sein, deren Statuierung auch in Ethikrichtlinien oder Social Media Guidelines möglich erscheint.109 Während dieser Ansatz für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhalten grundsätzlich Zustimmung verdient, kann dies für außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten, sei es in sozialen Medien oder im Allgemeinen, nicht einheitlich beantwortet werden. Ursächlich hierfür ist zunächst einmal die Tatsache, dass außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten immer nur die Verletzung einer Nebenpflicht darstellen kann und ein besonders schwerwiegender Verstoß, welcher sich mit den anerkannten Fallgruppen zur Entbehrlichkeit der Abmahnung vergleichen lässt, daher nur in seltenen Fällen zu bejahen sein wird. Weiterhin hängt die Annahme einer Pflichtverletzung aufgrund von außerdienstlichem Verhalten, wie 103

Die Kündigung ist bildlich gesprochen dann als Erteilung einer „roten Karte“ zu verstehen, vgl. Reichold, Arbeitsrecht, § 10, Rn. 54. 104 Zur vorweggenommenen Abmahnung in Ethikrichtlinien vgl. ausführlich: Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 216 ff. 105 BAG, Urt. v. 5. 4. 2001 – 2 AZR 580/99 – NZA 2001, 893 (898); KR/Fischermeier, § 626 BGB, Rn. 280. 106 Schaub ArbR-HdB/Linck, § 132, Rn. 15; Wisskirchen/Schumacher/Bissels, BB 2012, 1473 (1474 f.); Schrader, NJW 2012, 342 (346 f.). 107 Näher dazu Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 217, 240 ff., welcher zutreffend darauf hinweist, dass das zu sanktionierende Verhalten zwar hinreichend konkret beschrieben sein muss, die Bezugnahme auf ein tatsächliches Arbeitnehmerverhalten aber nicht erforderlich ist und bei präventiven Maßnahmen in der Natur der Sache liegt. 108 Mengel, Compliance und Arbeitsrecht, Kapitel 5, Rn. 9. 109 MüKo/Henssler, § 626 BGB, Rn. 109; speziell zur Zulässigkeit in Ethikrichtlinien vgl.: Rein, Implementierung einer Ethikrichtlinie, S. 253; a. A. Burr, Posting als Kündigungsgrund, S. 209 mit Bezugnahme auf LAG Hamm, Urt. v. 17. 3. 2011 – 8 Sa 1854/10 – BeckRS 2011, 71723.

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im Kapitel D. ausführlich dargestellt, in der Regel von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Dies hat zur Folge, dass aus außerdienstlichem Verhalten resultierende Pflichtverletzungen in Ethikrichtlinien oder Social Media Guidelines zumeist eher abstrakt beschrieben werden können und es somit an einem konkreten Hinweis des Arbeitgebers fehlt.110 Eine Ethikrichtlinie oder Social Media Guideline wird im Hinblick auf außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten mithin nur dann als vorweggenommene Abmahnung zu qualifizieren sein, wenn das fragliche Verhalten ohne das Hinzukommen weiterer Faktoren einen Betriebsbezug aufweist, was beispielsweise bei Beleidigungen des Arbeitgebers oder anderweitigen, gegen diesen gerichtete Straftaten der Fall sein wird. Hängt der Betriebsbezug und damit auch die kündigungsrechtliche Relevanz des Verhaltens hingegen stark von den Umständen des Einzelfalls ab – wie beispielsweise im Falle von rassistischen oder volksverhetzenden Postings, deren negative Auswirkungen auch von dessen Öffentlichkeitswirkung und dem sog. Nachtatverhalten des Arbeitnehmers abhängen –, so kann der Sanktionsklausel nicht die Funktion einer vorweggenommenen Abmahnung zukommen. 5. Ergebnis Dem Arbeitgeber stehen im deutschen Recht zur Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten das Direktionsrecht, der Individual- und Tarifvertrag sowie die Betriebsvereinbarung als Gestaltungsmittel zur Verfügung. Im Wesentlichen können allerdings nur bestehende Rücksichtnahmepflichten konkretisiert oder auf eben diese verwiesen werden. Die Erweiterung außerdienstlicher Verhaltenspflichten ist nur in engen Grenzen möglich, kann für Angestellte in besonderen Positionen gleichwohl sehr ratsam sein. Da im Bereich der sozialen Medien häufig eine gewisse Unwissenheit oder Unüberlegtheit des Arbeitnehmers zu den Konflikten beiträgt, erscheinen diesbezüglich zusätzlich präventive Maßnahmen in Form von Schulungen und Hinweisen in Social Media Guidelines am erfolgversprechendsten.

II. Im englischen Recht Die für das deutsche Recht untersuchten Gestaltungsmittel des Arbeitgebers – Individualarbeitsvertrag, Weisungsrecht, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung – kommen auch für das englische Recht in Betracht und sind im Folgenden näher zu untersuchen. In Bezug auf die wirksame Einbeziehung von nebenvertraglichen Regelungen in das Arbeitsverhältnis kommen ebenfalls Unternehmensrichtlinien 110 Ebenso Ryl, Auswirkungen der Social Media, S. 251, welcher zwar zutreffend auf die Vielfalt der denkbaren Fallkonstellationen hinweist, im Ergebnis aber verkennt, dass dies nicht zwangsläufig einen generellen Ausschluss vorweggenommener Abmahnungen in Social Media Guidelines zur Folge haben muss.

II. Im englischen Recht

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und speziell im Hinblick auf den Umgang mit sozialen Medien die sog. Social Media Guidelines (im englischen Rechtsraum ist allerdings zumeist von social media policies die Rede) in Betracht. 1. Besonderheiten der Regelungstechnik im englischen Recht Unternehmensrichtlinien haben ihren Ursprung, wie bereits erläutert111, im angloamerikanischen Rechtsraum, wo zwischen verschiedenen Formen von Unternehmens- und Verhaltensrichtlinien zu unterscheiden ist. Ein code of (ethical) conduct oder auch code of ethics stellt allgemeine Richtlinien für das gesamte Unternehmen auf und betrifft zumeist übergeordnete Themen wie den Umweltschutz, Menschen- und Arbeitnehmerrechte.112 Sie sind in der Regel nicht als Verhaltensanforderungen an den Einzelnen zu verstehen, sondern dienen vielmehr der Repräsentation des Unternehmens nach außen und werden daher üblicherweise auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.113 Hiervon zu unterscheiden sind die sog. staff/employee handbooks (dt. Mitarbeiterhandbücher), welche eine Besonderheit des angloamerikanischen Rechts darstellen und bisher kein derart übliches Äquivalent im deutschen Recht gefunden haben.114 Diese richten sich primär an die Arbeitnehmer des jeweiligen Unternehmens und sollen diese mit den Werten des Unternehmens, den Rechten und Pflichten der Arbeitnehmer, den vom Arbeitgeber gewünschten Verhaltensweisen sowie den Vorgehensweisen im Falle von Antragsstellungen und Disziplinarmaßnahmen vertraut machen.115 Die Verwendung derartiger Regelungen ist in England weitestgehend üblich und regelmäßig in Unternehmen bzw. Betrieben ab fünf Arbeitnehmern vorzufinden.116 Speziell an den Arbeitnehmer gerichtete Verhaltensanforderungen, seien sie dienstlicher oder außerdienstlicher Natur, könnten zwar auch in einem code of conduct niedergelegt werden, sind in der Praxis aber zumeist in den staff handbooks zu finden. Inhaltlich kann es sich, je nach der konkreten Ausgestaltung, aber in beiden Fällen um vom Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsvertrag aufgestellte Verhaltensregelungen handeln, welche für den Arbeitnehmer zunächst nicht verbindlich sind und daher einer Implementierung in das Arbeitsverhältnis bedürfen. Im Gegensatz zum deutschen Recht wird sich die folgende Untersuchung aus den oben genannten Gründen nicht primär auf die verschiedenen Implementierungsmöglichkeiten von Ethik- bzw. 111

Vgl. oben unter I., 1. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 77. 113 Payne/Pressley (2013) 55 Int JLM 55, 61 – 62; auch der größte private Arbeitgeber Großbritanniens, G4S, hat seine Unternehmensrichtlinien veröffentlicht, vgl. G4S Business Ethics Policy (2020). 114 Die Terminologie ist hier bisweilen aber uneinheitlich und teilweise werden auch verschiedene Unterkategorien von staff handbooks angenommen, vgl. Cabrelli, Employment Law in Context, p. 157. 115 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 6 f. 116 Vgl. Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 6. 112

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Unternehmensrichtlinien konzentrieren, sondern lediglich deren Implementierbarkeit in den Arbeitsvertrag – was im englischen Rechtsraum die mit Abstand gebräuchlichste Variante darstellt – betrachten und auf die weiteren Gestaltungsmittel des Arbeitgebers unabhängig von etwa vorhandenen Unternehmensrichtlinien eingehen. 2. Durch Vertrag Im Folgenden ist zu untersuchen, inwiefern außerdienstliche Verhaltenspflichten im Arbeitsvertrag niedergelegt und über den gesetzlichen Rahmen hinaus erweitert werden können. Des Weiteren stellt sich die Frage nach den durch Gesetz bestimmten Grenzen vertraglicher Regelungen und inwiefern die Einbeziehung der bereits angesprochenen, in England sehr weit verbreiteten staff handbooks in den Arbeitsvertrag möglich ist. a) Grundsätze des englischen (Arbeits-)Vertragsrechts Wie bereits dargestellt wurde, galt der Arbeitsvertrag im englischen Recht zunächst als gleichgeordnetes Austauschverhältnis i. S. d. contract law.117 Auch wenn das faktische Ungleichgewicht der Vertragsparteien im Laufe des 20. Jahrhunderts insbesondere durch arbeitnehmerschützende Gesetzgebung auszugleichen versucht wurde, sind die Grundsätze des contract law auch im Hinblick auf die Bestimmung zulässiger Vertragsinhalte nach wie vor von immenser Bedeutung.118 Es gilt daher zunächst der Grundsatz, dass von den Vertragsparteien festgelegte Vertragsinhalte – unabhängig davon, ob diese im „Kleingedruckten“ stehen und vom Arbeitnehmer womöglich nicht gelesen oder nicht verstanden wurden – Bindungswirkung entfalten.119 Mithin ist der Arbeitgeber auch in der Gestaltung außerdienstlicher Verhaltenspflichten weitestgehend frei. Wurden diese wirksam in den Arbeitsvertrag aufgenommen, so führt ein Verstoß des Arbeitnehmers hiergegen zu einem breach of contract. Neben der positiven Regelung von außerdienstlichen Verhaltenspflichten könnte der Arbeitgeber weiterhin Klauseln in den Vertrag aufnehmen, welche die Rechtsfolgen eines breach of contract bestimmen. Hierbei handelt es sich um das Rechtsinstitut der sog. liquidated damages (= dt. pauschalierter Schadensersatz), welches sich mit den nach deutschem Recht möglichen Vertragsstrafen vergleichen ließe120 und bisher im arbeitsrechtlichen Kontext allerdings nur im Hinblick auf Wettbewerbs- und Nebentätigkeitsverbote gebräuchlich ist.121

117 118 119 120 121

Vgl. oben unter C., II., 1. Vgl. Pitt, Employment Law, p. 1. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 122. Treitel/Peel, Law of Contract, 20 – 129; Steltmann, Vertragsstrafe, S. 37 ff. McGregor on Damages, 28 – 027.

II. Im englischen Recht

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b) Gesetzliche Schranken Obgleich die Vertragsgestaltungsfreiheit im englischen Arbeitsrecht sehr weitreichend ist, sind gesetzliche Schranken des common law und des statutory law bei der Statuierung außerdienstlicher Verhaltenspflichten zu berücksichtigen. aa) Common law Nach dem common law erfährt die Vertragsinhaltsfreiheit nur wenige Einschränkungen. Daher könnte sich der Arbeitnehmer lediglich in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen auf den nach common law anerkannten Grundsatz berufen, dass diejenige Vertragspartei, die vorformulierte Vertragsbedingungen stellt, dazu verpflichtet ist, vor dem Vertragsschluss auf außergewöhnliche oder besonders beschwerende Klauseln hinzuweisen.122 Obschon die meisten Arbeitgeber heutzutage Formularverträge verwenden123, werden in das Privatleben des Arbeitnehmers hineinreichende Regelungen zum Schutz des Unternehmens und der Reputation des Arbeitgebers diese hohen Anforderungen wohl eher selten erfüllen. bb) Statutory law Eine Einschränkung der Inhaltsfreiheit von Arbeitsverträgen findet im statutory law auf zwei unterschiedlichen Ebenen statt. Zum einen gibt es zahlreiche den Arbeitnehmer schützende Gesetzesrechte, welche nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden können. Hierzu zählen unter anderem der National Minimun Wage Act 1998, der EqA und der schon vielfach angesprochene ERA. Vertragliche Abreden, die auf eine Verkürzung dieser Rechte abzielen, sind regelmäßig als unwirksam einzustufen.124 Zum anderen gibt es seit 1977 mit dem Unfair Contract Terms Act (UCTA) ein mit dem deutschen AGB-Recht vergleichbares Gesetz, welches allerdings aufgrund seiner geringen Regelungsdichte einen eher geringen Schutzumfang aufweist. Es wird zunächst die Unwirksamkeit von Klauseln statuiert, welche die Haftung für fahrlässig verursachte Körperschäden zu begrenzen oder gänzlich auszuschließen suchen.125 Im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis werden hierdurch aber lediglich vertragliche Einschränkungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes unterbunden.126 Nach s. 3 UCTA werden weiterhin unangemessene Klauseln in Formularverträgen generalklauselartig als unwirksam beschrieben. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass 122

Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163, 172; Interfoto Picture Library Ltd v Stiletto Visual Programmes Ltd [1989] 1 QB 433, 437. 123 Collins (2007) 36 ILJ 2, 3. 124 Vgl. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 123. 125 S. 2 UCTA; vergleichen ließe sich diese Regelung mit dem nach deutschem Recht geltenden § 309 Nr. 7 BGB. 126 Johnstone v Bloomsbury Health Authority [1992] 1 QB 333, 339.

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dies nur gilt, wenn derjenige, der die Vertragsbedingungen stellt, seine „standard terms of business“ verwendet hat.127 Der Court of Appeal entschied hierzu im Jahr 2006, dass diese Formulierung auf einen Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher hinweise, ein solcher im Falle eines Arbeitsvertrages aber gerade nicht gegeben sei.128 Demnach findet s. 3 UCTA bei der Überprüfung der Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Klauseln keine Anwendung.129 Während der Verbraucher zusätzlich noch durch den Consumer Rights Act 2015 geschützt wird, besteht für den Arbeitnehmer hingegen – so zumindest die Kritik der Literatur – eine Schutzlücke.130 c) Die Implementierung von Regelungen in staff handbooks Staff handbooks sind im englischen Rechtsraum das bevorzugte Gestaltungsmittel, wenn es um die Aufstellung von an den Arbeitnehmer gerichteten Verhaltenspflichten geht. Es ist nachfolgend daher auf deren Rechtsnatur, deren Implementierung in den Arbeitsvertrag und die möglichen inhaltlichen Ausgestaltungen einzugehen. aa) Rechtsnatur und Einbeziehungsvoraussetzungen Im englischen Recht enthält der Arbeitsvertrag traditionell lediglich rudimentäre Informationen über das Arbeitsverhältnis.131 Während diese Unvollständigkeit in sehr kleinen Unternehmen durch mündliche Weisungen ausgeglichen werden kann, hat sich für größere Unternehmen die Verwendung von staff handbooks bewährt.132 Die Frage nach deren Rechtsnatur kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, da diese von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig ist. Es kann sich lediglich um unverbindliche Leitlinien des Arbeitgebers handeln, welche aber durch wirksame Einbeziehung in den Arbeitsvertrag ebensogut Bindungswirkung entfalten können.133 Nach der Rechtsprechung, welche überwiegend auch in der Literatur Zustimmung findet134, ist eine Implementierung in den Arbeitsvertrag gegeben, wenn die Einbeziehung des staff handbooks von den Parteien erstens grundsätzlich beabsichtigt war und sich die konkret zur Debatte stehende Regelung 127

Vgl. s. 3(1) UCTA. Vgl. Keen v Commerzbank AG [2007] ICR 623, 640. 129 Keen v Commerzbank AG [2007] ICR 623, 640. 130 Vgl. Collins (2007) 36 ILJ 2, 15 – 17, mit Bezugnahme auf den Vorschlag der Law Commission, No 292, 2005. 131 In Davies/Freedland, Kahn-Freund’s Labour and the Law, p. 31, wird der Arbeitsvertrag sehr zutreffend als „usually no more than a blank to be filled from outside“ beschrieben. 132 Briscoe v Lubrizol [2002] EWCA Civ 508 [14], Lordrichter Potter: „It is of course frequently the case that details of an employee’s contract […] are largely to be found in a handbook […].“ 133 Deakin/Morris, Labour Law, p. 268. 134 Krit. aber Sanders, Contracts of Employment, p. 450 – 451. 128

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zweitens zur Entfaltung rechtlicher Bindungswirkung eignet.135 Nachfolgend ist zu erörtern, was unter diesen beiden Voraussetzungen zu verstehen ist. (1) Ausdrückliche oder konkludente Einbeziehung Die Einbeziehung des staff handbooks in den Arbeitsvertrag kann ausdrücklich (express incorporation) oder konkludent (implied incorporation) erfolgen. Von einer ausdrücklichen Bezugnahme wird ausgegangen, wenn in Klauseln des Arbeitsvertrages darauf hingewiesen wird, dass weitere Vertragsbedingungen sich aus dem staff handbook ergeben. In diesem Falle gehen die Gerichte zumeist von einer rechtlichen Verbindlichkeit der Regelungen aus.136 Dies teilweise sogar dann, wenn die Bezugnahme auf außerhalb des Arbeitsvertrages liegende Quellen137 eher vage formuliert ist.138 Andererseits kann das erkennende Gericht die Verbindlichkeit auch aus im Vertrag verwendeten Formulierungen und den Umständen des Einzelfalles herleiten.139 Diese konkludente Einbeziehung kann wiederum auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen, da im contract law grundsätzlich zwischen implied terms in fact, implied terms by law und implied terms by custom and practice unterschieden wird.140 Implied terms in fact liegen vor, wenn sich dies aus den äußeren, faktischen Umständen des Vertrags ergibt, was beispielsweise dann anzunehmen wäre, wenn der Vorschlag eines unbeteiligten Dritten, diese Bedingung in den Vertrag aufzunehmen, von beiden Vertragsparteien ohne zu zögern angenommen worden wäre.141 Demgegenüber sind implied terms by law anzunehmen, wenn diese als durch das common law anerkannt gelten und für jeden Vertrag des gleichen Vertragstyps ungeachtet der konkreten Ausgestaltung Geltung beanspruchen können.142 Eine solche wird beispielsweise in der duty of fidelity für Arbeitsverträge anerkannt.143 Letztendlich kann die Anerkennung einer implied term auch nach Gewohnheitsrecht (custom and practice) erfolgen.144 An die verschiedenen Vorgehensweisen 135 Kaur v MG Rover Group Ltd [2005] ICR 625, 629; Malone v British Airways plc [2011] ICR 125, 136; George v Ministry of Justice [2013] EWCA Civ 324 [47]; Chakrabarty v Ipswich Hospital NHS Trust [2014] EWHC 2735 [108] (QB). 136 National Coal Board v Galley [1958] 1 WLR 16, 23. 137 Die Einbeziehung der staff handbooks in den Arbeitsvertrag wird anhand derselben Kriterien wie die Einbeziehung von Tarifverträgen bewertet. Die hier zitierten Urteile können daher für beide Fragestellungen gleichermaßen Geltung beanspruchen. Vgl. zum Ganzen Cabrelli, Employment Law in Context, p. 158. 138 Vgl. Keeley v Fosroc International [2006] IRLR 96 [5]. 139 Quinn v Calder Industrial Materials [1996] IRLR 126 [6]. 140 Treitel/Peel, Law of Contract, 6 – 032. 141 Equitable Life Assurance Society v Hyman [2002] 1 AC 408, 459; Kramer (2004) 63 CLJ 384, 397 – 398. 142 Lister v Romford Ice and Cold Storage Co Ltd [1957] AC 555, 594; Cabrelli, Employment Law in Context, p. 167 m. w. N. 143 Vgl. oben unter C., II., 2., c). 144 Devonald v Rosser & Sons [1906] 2 KB 728, 743; Treitel/Peel, Law of Contract, 6 – 048.

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zur Einbeziehung externer Quellen in den Vertrag werden grundsätzlich allerdings eher niedrige Anforderungen gestellt, weshalb das Kriterium der Geeignetheit von vorrangiger Bedeutung zu sein scheint.145 Dies ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, dass die Geeignetheit einer Regelung unabhängig davon, ob eine ausdrückliche oder konkludente Einbeziehung in den Vertrag bejaht oder verneint wurde, zu überprüfen ist.146 Daher können Regelungen außerhalb des Arbeitsvertrages von einem Gericht auch dann als rechtlich verbindliche Konditionen eingestuft werden, wenn das Handbuch diese zwar ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet, deren Inhalt und Formulierung allerdings eher für eine Ausgestaltung als verbindliche Vertragsbedingungen sprechen.147 (2) Geeignetheit der Einbeziehung (aptness) Während in Rechtsprechung und Literatur weitestgehend Einigkeit darüber besteht, dass lediglich zur Einbeziehung geeignete Regelungen auch wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen werden können, werden die Voraussetzungen der Geeignetheit gleichwohl nicht immer einheitlich beschrieben. Am weitesten verbreitet ist die Ansicht, dass materiell-rechtliche Normen grundsätzlich zur Einbeziehung geeignet sein sollen, für prozessuale Normen allerdings grundsätzlich das Gegenteil gilt.148 Des Weiteren wird zwischen Regelungen mit individuellem bzw. kollektivem Bezug und der Formulierung von verbindlichen oder lediglich erstrebenswerten Zielen unterschieden.149 Nach der Rechtsprechung des Court of Appeal soll die Geeignetheit immer dann angenommen werden, wenn eine Intention der Vertragsparteien zur Aufstellung rechtlich durchsetzbarer Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber festgestellt werden kann.150 Letztlich sind aber all die genannten Kriterien der Interpretation zugänglich und die Grenzen teilweise fließend, weshalb die Bewertung einer Regelung durch das Gericht als zur Einbeziehung geeignet nicht gänzlich vorhersehbar ist und von Fall zu Fall divergieren kann.151 bb) Ausdrücklicher Ausschluss der Implementierung? Auch wenn die Implementierung eines staff handbooks in den Arbeitsvertrag in der Theorie möglich wäre, wird hiervon in der Praxis nicht immer Gebrauch gemacht, was sich mit den in diesem Zusammenhang sehr gegensätzlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen erklären lässt. Während der Arbeitnehmer 145

Sanders, Contracts of Employment, p. 452. Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 125. 147 Keeley v Fosroc International Ltd [2006] IRLR 96 [33]. 148 National Coal Board v National Union of Mineworkers [1986] ICR 736, 772; Alexander v Standard Telephones & Cables [1989] ICR 291, 303. 149 Vgl. Sanders, Contracts of Employment, p. 457 m. w. N. 150 George v Ministry of Justice [2013] EWCA Civ 324 [47]. 151 Pitt, Employment Law, p. 145; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 126. 146

II. Im englischen Recht

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grundsätzlich ein Interesse an der Einbeziehung von staff handbooks in den Arbeitsvertrag hat, um damit die Gewährung eines durchsetzbaren Anspruchs der dort niedergeschriebenen Rechte sicherzustellen, wird ein Einbeziehungsinteresse des Arbeitgebers regelmäßig zu verneinen sein.152 Dies erscheint zunächst widersprüchlich, da angenommen werden könnte, dass der Arbeitgeber im Falle der Unverbindlichkeit auch nicht auf die Einhaltung der dem Arbeitnehmer auferlegten Pflichten bestehen kann. Dem ist jedoch nicht so. Werden staff handbooks ausdrücklich als unverbindliche Leitlinien ausgestaltet, so hat dies zur Folge, dass dem Arbeitnehmer hieraus keine rechtlich durchsetzbaren Ansprüche erwachsen, er aber gleichwohl zur Einhaltung der hier beschriebenen Verhaltensregeln verpflichtet ist.153 Denn die jedem Arbeitsvertrag immanente Pflicht des Arbeitnehmers rechtmäßige Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen (duty to obey lawful instructions), gilt auch für jegliche durch staff handbooks aufgestellte Verhaltensanforderungen.154 Bildlich gesprochen schlägt der Arbeitgeber daher zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn er – wofür sich viele Arbeitgeber in der Praxis entscheiden – das staff handbook ausdrücklich als nicht rechtlich verbindlich ausweist.155 Der Ausschluss einer Einbeziehung des staff handbooks in den Arbeitsvertrag kann sich dementsprechend lediglich auf die Interessen des Arbeitgebers positiv auswirken und ist für die an den Arbeitnehmer gestellten Verhaltensanforderungen hingegen nicht relevant. Die Einhaltung letzterer kann daher unabhängig von der wirksamen Implementierung des staff handbooks in den Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber verlangt werden, womit sich weiterhin der Umstand erklären lässt, dass die Problematik einer wirksamen Einbeziehung in allen der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Urteile entweder gar nicht behandelt156 oder die in Frage stehende Regelung ohne nähere Begründung als lediglich vertragsbegleitend eingestuft wurde.157 cc) Inhaltliche Grenzen Trotz der Feststellung, dass in staff handbooks formulierte Verhaltensanforderungen unabhängig von der wirksamen Implementierung in den Arbeitsvertrag Geltung beanspruchen, ist weiterhin zu untersuchen, inwiefern der inhaltlichen 152

Collins (1986) 15 ILJ 1, 4; Cabrelli, Employment Law in Context, p. 158. George v Ministry of Justice [2013] EWCA Civ 324 [35]; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 125; die Möglichkeit, das staff handbook als rechtlich unverbindlich auszugestalten, wird jedoch auch teilweise an die Voraussetzung geknüpft, dass auch ein objektiver Dritter bzw. das Gericht unabhängig von einer Ausschlussklausel von der Unverbindlichkeit ausgeht, vgl.: Deakin/Morris, Labour Law, p. 269. 154 Vgl. Elias/Napier/Wallington, Labour Law, p. 442 – 443. 155 Preece v JD Wetherspoons plc ET Case No 2104806/10; Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 125. 156 Vgl. Spiller v FJ Wallis [1975] IRLR 362 [7]; Smith v Safeway [1996] IRLR 456; CJD v Royal Bank of Scotland [2014] IRLR 25 [7], [10]; Z v A [2014] IRLR 244. 157 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 [10]; Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86 [53]. 153

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

Gestaltungsfreiheit Grenzen gesetzt werden. In dieser Hinsicht kann zum einen auf die obigen Ausführungen zur vertraglichen Gestaltungsfreiheit verwiesen werden.158 Kann eine an den Arbeitnehmer gerichtete Verhaltensforderung vertraglich festgelegt werden, so muss diese im Wege eines Erst-Recht-Schlusses auch durch Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts in Form des staff handbook aufgestellt werden können.159 Die inhaltlichen Grenzen des staff handbook bewegen sich zum anderen innerhalb der Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts. Dieses ist grundsätzlich sehr weit gefasst und erfährt lediglich über die einem jeden Arbeitsvertrag immanenten implied terms Einschränkungen. Da dem Arbeitnehmer nach dem common law lediglich die Pflicht obliegt, rechtmäßigen und angemessenen Anordnungen des Arbeitgebers nachzukommen (duty to obey lawful and reasonable orders)160, darf auch das staff handbook den Arbeitnehmern keine rechtswidrigen oder unvernünftigen Verhaltensweisen abverlangen. Des Weiteren obliegt dem Arbeitgeber die sog. duty to maintain mutual trust and confidence. Hierunter ist die Pflicht des Arbeitgebers zu verstehen, jegliches Verhalten zu unterlassen, das dazu geeignet ist, die gegenseitige Vertrauensbeziehung zu beeinträchtigen oder zu zerstören.161 Ein Verstoß von Regelungen des staff handbook gegen diese Pflicht wäre aber wohl erst relativ spät und beispielsweise dann anzunehmen, wenn die Regelungen als besonders außergewöhnlich und die Freiheit des Arbeitnehmers erheblich beeinträchtigend einzustufen wären. dd) Nachträgliche Änderungsmöglichkeiten des Arbeitgebers Zu guter Letzt stellt sich die Frage der nachträglichen Änderungsmöglichkeiten durch eine der Vertragsparteien, welche in der Regel der Arbeitgeber sein wird, deren Beantwortung wiederum davon abhängt, ob die Regelungen des staff handbook Bestandteil des Vertrages geworden sind oder nicht. Ist letzteres der Fall, so wird regelmäßig davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber die Regelungen der staff handbooks und sonstiger codes of conduct stets einseitig verändern kann, zumal dies gerade einer der Vorteile ist, welche sich der Arbeitgeber durch Nichteinbeziehung in den Vertrag zu sichern gedenkt.162 Die einseitige Änderung derartiger Regelungen wird als Ausübung des arbeitgeberseitigen Ermessens und dementsprechend als vertragsrechtlich unbedenklich eingestuft.163 Gleichwohl können unvorhersehbare, 158

Vgl. oben unter D., II., 2., b), aa). Für die Annahme, dass die Aufstellung eines staff handbook als Ausübung des Weisungsrechts zu verstehen ist, vgl.: Collins (1986) 15 ILJ 1, 4 – 5. 160 Pepper v Webb [1969] 1 WLR 514, 518; Morrish v Henlys (Folkestone) Ltd. [1973] ICR 482, 485 – 486; Pitt, Employment Law, p. 123. 161 Woods v W M Car Services (Peterborough) Ltd [1981] ICR 666, 670; Lewis v Motorworld Garages Ltd [1986] ICR 157, 167; teilweise wird diese Pflicht auch als duty to act in good faith beschrieben, vgl. Eastwood v Magnox Electric plc [2004] ICR 1064, 1068 – 1069. 162 Sanders, Contracts of Employment, p. 470; Brodie (2006) 74 Emp LB 2, 2 – 3. 163 Dryden v Greater Glasgow Health Board [1992] IRLR 469 [9]; Collins/Ewing/ McColgan, Labour Law, p. 128. 159

II. Im englischen Recht

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den Arbeitnehmer über die Maßen belastende Änderungen nicht grenzenlos vorgenommen werden, da hierin wiederum ein Verstoß gegen die implied term der duty to maintain mutual trust and confidence gesehen werden könnte.164 Liegt hingegen eine wirksame Einbeziehung der Regelungen in den Arbeitsvertrag vor, so führten einseitige Änderungen des Arbeitgebers grundsätzlich zu einem breach of contract.165 Denn nach den Grundsätzen des contract law wird eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen nur ausnahmsweise und nur dann in Betracht gezogen, wenn diese im Vertrag ausdrücklich und unmissverständlich zugelassen wurde.166 Zusätzlich stehen diese Änderungen aber unter dem Vorbehalt, dass sie „honestly“ und „in good faith“ vorgenommen werden.167 Auf diese Grundsätze aufbauend wird auch im arbeitsrechtlichen Kontext die Möglichkeit der nachträglichen Änderung von Vertragsbedingungen durch den Arbeitgeber diskutiert und bisweilen bejaht.168 So wurden in der Vergangenheit sowohl vom EAT als auch vom Court of Appeal Klauseln in staff handbooks, welche dem Arbeitgeber einseitige Änderungsmöglichkeiten offen halten, als wirksam erachtet.169 Auch hier kommt aber der Grundsatz der Ausdrücklichkeit und Unmissverständlichkeit zum Tragen.170 Teilweise wurde darüber hinaus gefordert, dass die Möglichkeit der einseitigen Änderung lediglich unwesentliche Vertragsbestandteile und keinesfalls für den Vertragsschluss grundlegende Konditionen betreffen kann.171 Dieser Forderung erteilte der EAT jedoch im Jahr 2010 eine Absage, indem er über die Anwendung der zuvor genannten Grundsätze sogar zu einer rechtmäßigen Kürzung des Arbeitnehmergehalts gelangte.172 Aus diesem Umstand kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass Regelungen zu außerdienstlichen Verhaltenspflichten, welche dem Kreis der nicht wesentlichen Vertragsbedingungen zugeordnet werden können, nach beiden Ansichten der einseitigen Änderung durch den Ar164 Collins/Ewing/McColgan, Labour Law, p. 128; Chatterton/Livingstone (2020/21) 216 ELJ 30, 33. 165 Vgl. Cabrelli, Employment Law in Context, p. 158. 166 Amberley (UK) Ltd v West Sussex CC [2011] EWCA 11 [22] (QB). 167 Paragon Finance v Nash [2002] 1 WLR 685 [38]; Socimer International Bank Ltd v Standard Bank London Ltd [2008] EWCA Civ 116 [66]. 168 Vgl. hierzu ausführlich Reynold/Hendy (2012) 41 ILJ 79 ff. 169 Bateman v Asda Stores Ltd [2010] IRLR 370 [27] – [29]: „The company reserves the right to review, revise, amend or replace the content of this handbook, and introduce new policies from time to time to reflect the changing needs of the business and to comply with new legislation.“; Malone v British Airways [2011] IRLR 32 [5]: „make reasonable changes to the terms“. 170 Wandsworth London BC v D’Silva [1998] IRLR 193 [31]; zur Ablehnung einer einseitigen Änderungsmöglichkeit aufgrund der Vagheit der Klausel vgl.: Norman v National Audit Office [2015] IRLR 634 [51]. 171 United Association for the Protection of Trade v Kilburn UKEAT/787/84; Aviation & Airport Services v Bellfield UKEAT/194/00. 172 Bateman v Asda Stores Ltd [2010] IRLR 370 [12], [29]; krit. zum Ganzen vgl. nur Reynold/Hendy (2012) 41 ILJ 79, 84 – 86.

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

beitgeber zugänglich sind, sofern diese ausdrücklich und unmissverständlich im Vertrag niedergelegt worden ist. ee) Rechtstatsächliche Überlegungen Der Arbeitgeber ist bei der inhaltlichen Ausgestaltung seiner staff handbooks, wie soeben festgestellt, weitestgehend frei. In der Praxis haben sich gleichwohl einige übliche Formulierungen durchgesetzt, welche von den meisten Arbeitgebern auch in dieser oder zumindest in ähnlicher Form übernommen werden. (1) Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten im Allgemeinen In Bezug auf außerdienstliche Verhaltenspflichten wird in der Regel jegliches Verhalten untersagt, welches dazu geeignet ist, das Unternehmen oder den Ruf des Arbeitgebers zu beschädigen.173 Diese Art der Formulierung hat sich wohl aufgrund deren Geeignetheit zur generalklauselartigen Untersagung jeglichen arbeitgeberschädigenden außerdienstlichen Verhaltens in der Praxis bewährt. Durch die Aufnahme einer solchen Klausel in das staff handbook macht der Arbeitgeber seinen Willen zur Einflussnahme auf ruf- und betriebsschädigendes außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten sozusagen hinreichend deutlich und da die Gerichte, wie zuvor schon erläutert, die wirksame Einbeziehung dieser Klauseln in den Arbeitsvertrag regelmäßig nicht überprüfen, beschränkt sich die richterliche Kontrolle demgemäß auf die Frage, ob die Maßnahme des Arbeitgebers nach dem common law und dem statutory law als rechtmäßig einzustufen ist. Beispielhaft kann dies an dem Fall Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories174 verdeutlicht werden. Hier verstieß der Arbeitnehmer gegen eine Regelung des staff handbook, hatte aber nie eine Kopie desselben erhalten und handelte in Unkenntnis der in Frage stehenden Regelung.175 Obwohl grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass die Arbeitnehmer über den Inhalt der staff handbooks zumindest in Kenntnis gesetzt werden müssen176, stufte das Gericht die Kündigung des Arbeitnehmers gleichwohl nach einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls und in Anlehnung an die Grundsätze des BORR als wirksam ein, ohne die Frage der wirksamen Einbeziehung in den Arbeitsvertrag auch nur zu erwähnen.177 Dem gegenüberstellen lässt sich die Entscheidung O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd178, in welcher die Einbeziehung ausnahmsweise sehr ausführlich diskutiert wurde. Hier verfolgte das 173 Vgl. Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826 [8]; Smith v Traffort Housing Trust [2013] IRLR 86 [18]; während teilweise lediglich das Verhalten im Allgemeinen angesprochen wird, nehmen einige Unternehmen auch das Verhalten außerhalb der Arbeitszeit ausdrücklich in Bezug, so z. B. in: Teggart v TeleTech UK Ltd [2012] 3 WLUK 497 [4]. 174 Vgl. schon oben unter D., II., 2., c), aa), (1), (c). 175 Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512 [8]. 176 Vgl. Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 7. 177 Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512 [10]. 178 O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd [2002] EmpLR 1217.

II. Im englischen Recht

193

staff handbook eine sog. Nulltoleranzstrategie in Bezug auf Alkohol- und Drogenkonsum, was bedeutete, dass den Arbeitnehmern auch außerhalb der Arbeitszeit stattfindender Alkohol-und Drogenkonsum untersagt war, sofern sich dieser zum Zeitpunkt des Arbeitsbeginns noch im Blut nachweisen ließ. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Regelungen wurde der Arbeitgeber weiterhin dazu ermächtigt, stichprobenartige, nicht angekündigte Urinproben durchzuführen.179 Im Rahmen der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin, welche aufgrund eines positiv ausgefallenen Urintests gekündigt worden war, wurde die wirksame Einbeziehung des staff handbook in den Arbeitsvertrag untersucht.180 Zu beachten ist allerdings, dass die hier in Frage stehende Regelung nicht lediglich außerdienstliches Verhalten untersagte, sondern zudem einen aktiven Eingriff des Arbeitgebers in die Privatsphäre des Arbeitnehmers möglich machte und damit ein wesentlicher Unterschied zu den sonstigen, zur Unterlassung jeglichen arbeitgeberschädigenden Verhaltens anhaltenden Regelungen in staff handbooks vorlag. Hieraus lässt sich schließen, dass die wirksame Einbeziehung in den Arbeitsvertrag im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltensanforderungen nur zu untersuchen sein wird, wenn nicht lediglich ein Unterlassen seitens des Arbeitnehmers gefordert, sondern auch ein aktives Tätigwerden des Arbeitgebers erlaubt wird. Da dies im Rahmen von außerdienstlichen Verhaltenspflichten jedoch aufgrund der regelmäßig generalklauselartig formulierten Regelungen nur sehr selten der Fall sein wird, sind die rechtstatsächlichen Auswirkungen der oben dargestellten Grundsätze zur Einbeziehung eines staff handbook oder code of conduct in den Arbeitsvertrag im Ergebnis als eher gering einzustufen. (2) Regelungen in sog. social media policies Für die heutzutage sehr weit verbreiteten social media policies gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für staff handbooks. Demnach ist der Arbeitgeber auch hier in der inhaltlichen Gestaltung im Wesentlichen frei. Auch die Einbeziehung derartiger Regelungen in den Arbeitsvertrag wird eher selten einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen und daher zumeist stillschweigend von deren Wirksamkeit ausgegangen.181 Eine Besonderheit besteht allerdings dahingehend, dass sich der EGMR bereits mit derartigen Regelungen in Barbulescu v Romania182 auseinandergesetzt und hierin einige grundsätzliche Überlegungen zur privaten Internetnutzung von Arbeitnehmern anklingen ließ. Hintergrund des Falles war, dass der Kläger über einen dienstlich eingerichteten Messenger private Nachrichten verschickt hatte, obwohl dies durch interne Unternehmensrichtlinien strikt untersagt 179

Vgl. O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd [2002] EmpLR 1217, 1221. O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd [2002] EmpLR 1217, 1222. 181 Vgl. Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826; Smith v Traffort Housing Trust [2013] IRLR 86; British Waterways Board trading as Scottish Canals v Smith [2015] 8 WLUK 9; Gibbins v British Council ET Case No 2200088/17. 182 Barbulescu v Romania [2017] IRLR 1032. 180

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

worden war, und daraufhin gekündigt wurde.183 Kenntnis von diesen Geschehnissen erlangte der Arbeitgeber lediglich durch Aufzeichnung der Gesprächsinhalte, welche dem Kläger allerdings nicht bekannt gewesen war. Laut der Entscheidung des EGMR können die Richtlinien des Arbeitgebers, unabhängig von der Frage, ob der Kläger in diesem Zusammenhang überhaupt noch von der Privatheit seiner Kommunikation ausgehen konnte, das Recht auf Privatsphäre keinesfalls auf Null reduzieren, weshalb ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK zu bejahen war.184 Auch wenn diese Entscheidung klare Grundsätze zum Umgang mit in die Privatsphäre des Arbeitnehmers eingreifende Verhaltensrichtlinien vermissen lässt, so würde eine Orientierung an dieser Entscheidung gleichwohl eher zur Unwirksamkeit sehr weitreichender social media policies führen. Die von englischen Arbeitgebern verwendeten social media policies sind in der Regel jedoch – wahrscheinlich bewusst – eher generalklauselartig formuliert, weshalb eine gerichtliche Überprüfung ebendieser in Anlehnung an die in Barbulescu v Romania formulierten Grundsätze in Zukunft wohl nicht zu erwarten ist. Dass es teilweise zu Urteilssprüchen kommt, welche für den Arbeitnehmer, zumindest nach der Kritik der Literatur, eine unbillige Härte darstellen, ist zudem auch im Falle von social media policies vorrangig auf die Auslegung des ERA nach dem BORR und die mangelnde Berücksichtigung von Art. 8 HRA zurückzuführen.185 Obgleich die Gerichte die in Frage stehende policy als Grundlage der Entscheidungen des Arbeitgebers anerkennen und auch als solche diskutieren, scheint diese in erster Linie als Einstieg in die Überprüfung der Frage zu dienen, ob ein vergleichbarer Arbeitgeber in derselben Situationen genauso oder zumindest ähnlich gehandelt hätte. d) Ergebnis Die englischen Gerichte verfolgen bezüglich der Einbeziehung von staff handbooks in den Arbeitsvertrag eine eher arbeitgeberfreundliche Linie, da die Einbeziehung an sich für die Wirksamkeit der Regelung im Ergebnis keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielt. Gleichwohl schützt das common law die Arbeitnehmer vor einer willkürlichen inhaltlichen Ausgestaltung zu deren Lasten. Dieses Argument verliert aber zumindest im Bereich der außerdienstlichen Verhaltenspflichten sein Gewicht, wenn man die hierzu in der Praxis üblichen generalklauselartigen Formulierungen betrachtet. Anhand dieser lässt sich zudem die nur vereinzelt vorhandene Kritik der Literatur und die Problemverlagerung auf das law of unfair dismissal erklären.

183 184 185

Vgl. Barbulescu v Romania [2017] IRLR 1032 [10] – [31]. Barbulescu v Romania [2017] IRLR 1032 [80]. Vgl. hierzu Gibbins v British Council ET Case No 2200088/17.

II. Im englischen Recht

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3. Durch Weisungsrecht Die Frage nach der Einbeziehung von Unternehmensrichtlinien in den Arbeitsvertrag wird im englischen Recht für das Weisungsrecht des Arbeitgebers (managerial prerogative) nicht gesondert diskutiert186, was ebenfalls auf die weite Verbreitung von staff handbooks und codes of conduct zurückzuführen ist. Werden diese nicht wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen bzw. sogar ausdrücklich für unverbindlich erklärt, so ist hierin nichts anderes als die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts zu erkennen, das seine Schranken in der implied term der duty to obey lawful orders findet.187 4. Durch Kollektivvereinbarungen Zu guter Letzt kommt eine Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten durch Kollektivvereinbarung in Betracht. Da sich das englische kollektive Arbeitsrecht in wesentlichen Punkten stark vom dualistischen Modell des deutschen Rechts unterscheidet, ist der Untersuchung der Regelungsmöglichkeiten zunächst wieder eine Erörterung ebendieser Besonderheiten voranzustellen. a) Grundsätze des kollektiven Arbeitsrechts Der wichtigste Unterschied zwischen dem deutschen und dem englischen kollektiven Arbeitsrecht besteht darin, dass es im englischen Recht kein Mitbestimmungs- oder Betriebsverfassungsrecht gibt, welches mit den kontinentaleuropäischen Systemen verglichen werden könnte.188 Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer wird daher hauptsächlich von den sog. trade unions (dt. Gewerkschaften) übernommen.189 Das Gewerkschaftsrecht wird ebenso wie das Individualarbeitsrecht vom Zusammenspiel aus common law und statutory law geprägt. Nach dem common law waren Gewerkschaften im 18. Jahrhundert noch verboten und dieses statuiert auch bis heute kein positives Recht, das den Bestand der Gewerkschaften ähnlich wie Art. 9 III GG schützen würde.190 Mittlerweile werden Gewerkschaften und deren Mitglieder aber durch Gesetze wie den TULRCA anerkannt und geschützt. Nichtsdestotrotz spielen Tarifverträge im Vergleich zum Individualarbeitsvertrag eine eher zweitrangige Rolle, was sich mit dem Umstand erklären lässt, dass diese nur dann rechtliche Bindungswirkung entfalten, wenn eine – nicht erzwingbare – 186 Das Weisungsrecht des Arbeitgebers wird im englischen Recht im Allgemeinen selten als eigenständige Rechtsfrage betrachtet, sondern hauptsächlich i. V. m. den implied duties des Arbeitnehmers angesprochen, vgl. Ronnmar (2006) 35 ILJ 56, 58 – 61. 187 Vgl. oben unter C., II., 2., a). 188 Lange, Betriebliche Arbeitsbeziehungen in der englischen Privatwirtschaft, S. 37 ff.; Davies/Kilpatrick (2004) 33 ILJ 121, 121. 189 Tröger/Roß-Kirsch, Arbeitsrecht in Großbritannien, S. 183. 190 Vgl. van Scherpenberg, Kollektive Bestimmung, S. 25 ff.

196

F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

Einbeziehung in den Individualarbeitsvertrag stattgefunden hat.191 Eine weitere Besonderheit des englischen kollektiven Arbeitsrechts stellen die sog. shop stewards dar, durch welche den Arbeitnehmern zumindest ein gewisses Maß an Einflussnahme auf Betriebsebene zukommt. Shop stewards nehmen eine Art Doppelfunktion wahr, da sie zum einen als Repräsentant der Gewerkschaft im Betrieb und zum anderen als von der Belegschaft gewählte Interessenvertreter fungieren.192 Obwohl diese zwar Gewerkschaftsmitglieder sind, können sie aber aufgrund des Tätigwerdens im Betrieb noch am ehesten mit den deutschen Betriebsräten verglichen werden. Sie sollen zwar vornehmlich die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen durch den Arbeitgeber sicherstellen193, wirken aber heute auch bei der Aushandlung von Tarifbedingungen mit.194 Aufgrund der Vielzahl von Gewerkschaften, welche sich in ihren Kompetenzbereichen oft überschneiden, sind auf einzelne Betriebe und Unternehmen zugeschnittene Tarifvereinbarungen von weitaus größerer Bedeutung als branchenübergreifende Regelungen.195 Dementsprechend treten hier die Tarifverträge an die Stelle der im deutschen Recht gebräuchlichen Betriebsvereinbarungen. Weitergehende Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer auf der betrieblichen Ebene kommt lediglich über Instrumente der freiwilligen Mitbestimmung, sog. Joint Consultation Committees oder Works Council, in Betracht.196 Der Einfluss solcher freiwillig gebildeter Gremien auf die betriebliche Interessenvertretung ist jedoch im Vergleich zu den Gewerkschaften nach wie vor als eher gering einzustufen.197 b) Kollektivrechtliche Regelung außerdienstlicher Verhaltenspflichten Wie bereits erläutert, dienen in England hauptsächlich die Tarifverträge (collective agreements) als kollektivrechtliches Regelungsinstrument. Diese sind nach englischem Verständnis ein Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und der Gewerkschaft, welche nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn eine wirksame Einbeziehung in den Individualarbeitsvertrag stattgefunden hat.198 Die Einbeziehung er191

57. 192

S. 179 TULRCA, vgl. weiterhin Basedow/Su/Fornaiser, Employee Participation, p. 49,

Hassiotis, Arbeitnehmervertretung, S. 277. Däubler, Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 495; Hassiotis, Arbeitnehmervertretung, S. 277. Ab einer Unternehmensgröße von 1.000 Arbeitnehmern, von welchen mindestens 150 in zwei oder mehr Mitgliedstaaten beschäftigt sein müssen, ist nach der Richtlinie 94/45/EG zwar auch in England ein Europäischer Betriebsrat zu bilden. Dieser dürfte aufgrund der bloßen Anhörungs- und Unterrichtungsrechte in Bezug auf außerdienstliche Verhaltenspflichten allerdings von geringer Bedeutung sein. 194 Ausführlich zu Stellung und Aufgaben der shop stewards s. Lange, Betriebliche Arbeitsbeziehungen in der englischen Privatwirtschaft, S. 87 ff. 195 Vgl. Hinderlich, Betriebliche Mitbestimmung im Wandel, S. 53. 196 Hassiotis, Arbeitnehmervertretung, S. 278 ff. 197 Hinderlich, Betriebliche Mitbestimmung im Wandel, S. 6. 198 Cabrelli, Employment Law in Context, p. 158. 193

III. Rechtsvergleichende Betrachtung

197

folgt auch im Tarifvertragsrecht nach den zu den staff handbooks bereits dargestellten Grundsätzen, wobei die Gerichte die Einbeziehung kollektivrechtlicher Regelungen etwas zurückhaltender vornehmen, indem z. B. an das Kriterium der Geeignetheit etwas höhere Anforderungen gestellt werden.199 Was den Inhalt von Tarifverträgen anbelangt, lässt sich weder im common law noch im statutory law eine Beschränkung der Regelungsbefugnis der Kollektivparteien finden. Mithin kann grundsätzlich jede denkbare Regelung getroffen werden.200 Außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers können dementsprechend auch in Tarifverträgen niedergelegt werden, wobei dies in der Praxis aufgrund der Gebräuchlichkeit der staff handbooks – deren Unverbindlichkeit für den Arbeitgeber einen großen Vorteil im Vergleich zum Tarifvertrag darstellt – bislang eher weniger ins Gewicht fällt.201

III. Rechtsvergleichende Betrachtung Im Gegensatz zur Frage nach den Rechtsfolgen, welche für beide Vergleichsländer relativ einheitlich mit der Kündigung als stärkstes Verteidigungsmittel des Arbeitgebers beantwortet werden konnte, gestaltet sich die Beantwortung der Frage nach den präventiven Gestaltungsmitteln um einiges komplexer. Als erster und offensichtlichster Grund hierfür ist die lange Tradition von Unternehmensrichtlinien in der einen bzw. die sich erst langsam entwickelnde Kultur von unternehmensinternen Verhaltensregelungen in der anderen Rechtsordnung zu nennen. Da diese Richtlinien dem deutschen Recht eigentlich fremd sind, bezieht sich der Diskurs im deutschen Rechtsraum nach wie vor primär auf die Übersetzung ebendieser in traditionelle Gestaltungsmittel des deutschen Arbeitsrechts. Auch wenn das ein oder andere Gestaltungsmittel sich hierfür deutlich besser eignet als andere, gilt dennoch allgemein der Grundsatz, dass eine Implementierung oder nachträgliche Änderung der Richtlinien ohne Zustimmung des Arbeitnehmers praktisch nicht möglich ist. Obgleich die Diskussion der Einbeziehung von Ethikrichtlinien und dergleichen in England ebenfalls geführt wird, spielt diese im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers nahezu keine Rolle. Es verbleibt hier vielmehr bei einem rein akademischen Streit, welchem von den Gerichten – zumindest im Hinblick auf Verhaltensanforderungen an den Arbeitnehmer – bei der Rechtsfindung eher wenig Beachtung geschenkt wird. Dies lässt sich mit den schon vielfach erwähnten Grundsätzen des contract law erklären, nach welchem grundsätzlich jedwede Vertragsbedingung erst einmal als wirksam anzusehen ist und nur in engen 199 Vgl. Anderson v London and Fire Emergency Planning Authority [2013] EWCA Civ 321 [12]; Cabinet Office v Beavan [2014] IRLR 434 [24]; Thorne v House of Commons Commission [2014] IRLR 260 [41]. 200 Vgl. van Scherpenberg, Kollektive Bestimmung, S. 118. 201 Dies lässt sich daran erkennen, dass die hier untersuchten Regelungen zum außerdienstlichen Verhalten ausnahmslos in staff handbooks und sonstigen codes of conduct, nicht aber in Kollektivvereinbarungen zu finden sind.

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F. Gestaltungsmittel des Arbeitgebers

Grenzen eine Rechtswidrigkeit von Gesetzes wegen angeordnet wird. Die Arbeitgeber könnten daher theoretisch nahezu jegliches außerdienstliches Verhalten in staff handbooks verbieten oder vertraglich ausschließen. Interessanterweise scheint dies trotz der „großen Freiheit“ der Arbeitgeber in der Praxis aber sehr selten vorzukommen. Hierin spiegelt sich die dem englischen Rechtssystem grundsätzlich immanente rechtspolitische Entscheidung wider, dass nur sehr wenige Vorgaben durch Gesetze gemacht werden und dafür aber eine Orientierung an tradierten politischen Spielregeln stattfindet.202 Mittels unverbindlicher Vorgaben – für den Fall außerdienstlicher Verhaltenspflichten die Regelungen des ACAS – sollen die Parteien primär freiwillig ausgeglichene und gerechte Lösungen finden. Dieses System mag dem deutschen Juristen, welcher an ein hohes Maß an systematischer Regelungsdichte und die Verwerfungskompetenz des obersten Gerichtshofs gewöhnt ist, zunächst befremdlich erscheinen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch sichtbar, dass dieser Ansatz sehr wohl zielführend sein kann. Denn auch für die hier untersuchte Rechtsfrage kann festgestellt werden, dass die von den Arbeitgebern entwickelte Kultur der Unternehmensrichtlinien, staff handbooks und codes of conduct das Äquivalent zu der ausdifferenzierten Dogmatik der deutschen Gerichte zum außerdienstlichen Verhalten darstellt. Das Weniger an Rechtsprechung zum außerdienstlichen Verhalten im englischen Recht wird mithin durch das Mehr an Gestaltungsmitteln des Arbeitgebers ausgeglichen. Für die Handhabung der Gestaltungsmittel des Arbeitgebers im deutschen Recht können hieraus folgende Erkenntnisse gewonnen werden. Dass die Aufstellung einer unverbindlichen Richtlinie, deren Missachtung dennoch die Verletzung einer Nebenpflicht aus § 241 II BGB begründet, nach schuldrechtlicher Dogmatik nicht möglich sein wird, bedarf hier wohl keiner ausführlichen Erörterung. Dennoch ist die Effektivität von Ethikrichtlinien oder staff handbooks aufgrund der Tatsache, dass es in England sehr viel weniger Rechtsstreitigkeiten um außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers gibt als in Deutschland, nicht von der Hand zu weisen. Dies könnte natürlich in gewisser Weise auch auf eine zurückhaltende Klagekultur der Arbeitnehmer zurückzuführen sein, da die englischen Gerichte grundsätzlich weniger anhängige Verfahren zu verzeichnen haben als die Gerichte hierzulande.203 Nichtsdestotrotz kann angenommen werden, dass das Vorhandensein ausformulierter Verhaltensanforderungen des Arbeitgebers den bewussteren Umgang von Arbeitnehmern mit potentiell unternehmensschädigendem Verhalten, sei es in sozialen Medien oder im sonstigen Privatleben, fördert und zumindest dem unüberlegten, nicht auf Schädigung des Arbeitgebers abzielenden Verhalten präventiv entgegenwirkt. Daher könnte die vermehrte Aufstellung von Unternehmensrichtlinien – vor Beginn des Arbeitsverhältnisses und mit Zustim202

Vgl. Hübner/Münch, Das politische System Großbritanniens, S. 30 f. Vgl. hierzu die Statistiken des Statistischen Bundesamtes und der britischen Regierung: https://www.gov.uk/government/statistics/employment-tribunal-receipt-statistics-managementinformation-july-to-september-2013 und https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Statis tik-zur-Arbeitsgerichtsbarkeit/statistik-zur-arbeitsgerichtsbarkeit.html (Stand: 07. 10. 2021). 203

III. Rechtsvergleichende Betrachtung

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mung des Arbeitnehmers – auch im deutschen Recht einer Überlegung wert sein. Wäre die Aufstellung von Ethikrichtlinien im Arbeitsrecht ebenso üblich wie beispielsweise die Verwendung von Hausordnungen im Mietrecht, so könnten in Zukunft einige Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten vermieden werden. Durch das Zustimmungserfordernis und eine weitgehende inhaltliche Kontrolle durch die Gerichte wären die Arbeitnehmer auch weiterhin vor willkürlichen, intransparenten oder die Privatsphäre über die Maßen einschränkenden Klauseln geschützt.

G. Abschließende rechtsvergleichende Betrachtung und Ausblick Abschließend lässt sich feststellen, dass der Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten in den beiden Vergleichsrechtsordnungen viele Gemeinsamkeiten aufweist, an der ein oder anderen Stelle aber auch erhebliche Unterschiede bestehen. Wie die Ergebnisse des ersten Teils zeigen, wird der Arbeitsvertrag sowohl in Deutschland als auch in England zwar dem Vertragsrecht zugeordnet und daher zunächst als reines Austauschverhältnis eingestuft. Gewisse Besonderheiten werden aber aufgrund der auf Dauer angelegten Beziehung und dem Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in beiden Rechtsordnungen anerkannt. Dementsprechend obliegen den Arbeitnehmern in beiden Rechtsordnungen gewisse Rücksichtnahmepflichten, die über die reine Erfüllung der Arbeitsleistung hinausgehen und teilweise auch in den privaten Bereich hineinreichen. Weiterhin lässt sich in beiden Rechtsordnungen – bei der deutschen etwas mehr als bei der englischen – die Regelungssystematik erkennen, dass ein außerdienstliches Arbeitnehmerverhalten im Grundsatz als nicht für das Arbeitsverhältnis relevant einzustufen ist und dieser Grundsatz wiederum erst durch die Normierung von Ausnahmen aufgebrochen wird. Während dies in Deutschland über den Grundsatz der Betriebsbezogenheit für alle Bereiche von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten relativ einheitlich erreicht wird, befindet sich die Entwicklung in England eher noch am Anfang. Die Umsetzung dieses Grundsatzes lässt sich aber schon an einigen dem Gerichtsprozess vorgelagerten Regelungsinstrumenten, wie zum Beispiel den Empfehlungen des ACAS zum Umgang mit außerdienstlich begangenen Straftaten, erkennen. Es lässt sich hieran weiterhin verdeutlichen, dass der zunächst offensichtliche Unterschied im Umgang von deutschen und englischen Arbeitsgerichten mit außerdienstlichem Verhalten sich bei näherer Betrachtung nicht als solcher zu erkennen gibt. Denn obgleich die englische Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten weitestgehend schweigt, zeigen die Vorgaben des ACAS und die Gebräuchlichkeit von unternehmensinternen Regelungen, dass der Unterschied größtenteils auf den Zeitpunkt des Regelungsansatzes und die diesen formulierende Institution zurückzuführen ist. Dass für das deutsche Recht zumindest über einen teilweise dem Kündigungsschutzprozess vorgelagerten Regelungsmechanismus nachgedacht werden sollte, zeigt sich an der Tatsache, dass die wachsende Bedeutung sozialer Medien nicht nur die Arbeitswelt insgesamt, sondern im Besonderen auch den Umgang mit außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten vor neue Herausforderungen stellt. Obgleich

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die zu außerdienstlichem Verhalten außerhalb von sozialen Medien entwickelten Regelungsinstrumente auf viele dieser neuen Fallgestaltungen übertragen werden können, zeigen sich jedoch immer wieder unerwartete Problemstellungen, für deren Lösung mangels Vergleichbarkeit des Offline-Verhaltens eigene Ansätze entwickelt werden müssen. Hier begegnet die englische Rechtsordnung diesen Fällen mit umfassenden Regelungen in staff handbooks, während die deutsche Rechtsprechung eine Art Katalog zu deren rechtlicher Einordnung aufgestellt hat. Da nach dem deutschen Regelungsmodell somit nicht agiert, sondern stets nur auf neue Entwicklungen reagiert wird, könnte die vermehrte Aufstellung von Social Media Guidelines dazu beitragen, dass voranschreitende technische Entwicklungen in Zukunft nicht mehr zu einer Überflutung der deutschen Arbeitsgerichte mit derartigen Fallkonstellationen führen. Einen tatsächlich sehr großen Unterschied stellt die Beantwortung der Frage dar, inwieweit der Arbeitnehmer sich im außerdienstlichen Bereich auf sein Recht auf Privatsphäre berufen kann. Nach deutschem Verständnis genießt das Privatleben des Arbeitnehmers grundrechtlichen Schutz gem. Art. 1 I, 2 I GG und ist damit von Verfassungsrang. Die absolut geschützte Intimsphäre, welche den Kernbereich von Art. 1 I GG betrifft, ist dem Einfluss des Arbeitgebers mithin vollkommen entzogen. Ein vom Arbeitnehmer öffentlich gemachtes Privatverhalten fällt jedoch – je nach den Umständen des Einzelfalles – entweder unter die Privat- oder die Sozialsphäre nach Art. 2 I GG und steht somit grundsätzlich Einschränkungen offen. Zu betonen gilt es aber, dass der Arbeitnehmer sich trotz der eigenverantwortlichen Veröffentlichung weiterhin auf seine Grundrechte berufen kann, in diesem Fall also lediglich das Schutzniveau niedriger anzusetzen ist und die Grundrechte des Arbeitgebers im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Umständen überwiegen können. In England ist die Möglichkeit der Berufung privater Arbeitnehmer auf das erst seit 1998 bestehende Recht auf Privatsphäre hingegen nach wie vor umstritten. Auch wenn dies für möglich gehalten wird, geht die Rechtsprechung davon aus, dass sich der Arbeitnehmer durch Öffentlichmachung seines Privatlebens selbst dieses Schutzes beraube. Zu einer Abwägung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt es dementsprechend gar nicht erst. Dieser Ansatz spiegelt sich auch sehr gut in der Herangehensweise englischer Gerichte zum Privatverhalten in sozialen Medien wider, da sich der Arbeitnehmer hier aufgrund der Gefahr des Kopierens und Weiterleitens von Nachrichten auch in virtuellen Privatunterhaltungen nicht auf die Privatheit der geteilten Inhalte verlassen darf. Im Gegensatz zum deutschen Modell, welches auch von kritischen Stimmen der Wissenschaft – abgesehen von Forderungen nach kleineren bis mittleren Kurskorrekturen, wie auch in dieser Arbeit geschehen – grundsätzlich begrüßt wird, klaffen die im englischen Recht von Literatur und Rechtsprechung verfolgten Ansätze erheblich auseinander. Dies mag vornehmlich dem Umstand geschuldet sein, dass viele der im hiesigen Kontext relevanten Gesetze erst seit einigen Jahren Bestand haben und zumeist auch auf europarechtlichen Vorgaben beruhen, welchen die englischen

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G. Abschließende rechtsvergleichende Betrachtung und Ausblick

Gerichte tendenziell zurückhaltend und bisweilen sogar ablehnend gegenüberstehen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Lücke sich in Zukunft noch vergrößern, oder durch ein aufeinander Zubewegen der gegensätzlichen Positionen mehr und mehr schließen wird. In Anbetracht des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union und der damit drohenden Verwerfung von Gesetzen wie dem ERA und HRA wird wohl eher Ersteres zu erwarten sein. In diesem Fall könnte der erneute Vergleich von außerdienstlichem Arbeitnehmerverhalten im deutschen und im englischen Recht schon bald ganz andere Ergebnisse zu Tage fördern.

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Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen Addis v Gramophone Co Ltd [1909] AC 488 Airbus Operations Ltd v Withey [2014] EWHC 1126 (QB) Alexander v Standard Telephones & Cables [1989] ICR 291 Amberley (UK) Ltd v West Sussex CC [2011] EWCA 11 (QB) Amey v London Borough of Barking and Dagenham ET Case No 3201825/12 Anderson v London and Fire Emergency Planning Authority [2013] EWCA Civ 321 Aviation & Airport Services v Bellfield UKEAT/194/00 A v B [2003] IRLR 405 A v B [2016] IRLR 779 A v Secretray of State for Justice ET Case No 1600193/17 Axel Springer AG v Germany App No 39954/08 (7 February 2012) Barbulescu v Romania [2017] IRLR 1032 Bateman v Asda Stores Ltd [2010] IRLR 370 BC v Chief Constable of the Police Services of Scotland [2020] SCLR 887 Bell v The Devon & Cornwall Police Authority [1978] IRLR 283 Bents Brewery Co Ltd v Hogan [1945] 2 All ER 570 Berstein of Leigh (Baron) v Skyviews & General Ltd [1978] 1 QB 479 Bettini v Gye [1876] 1 QBD 183 Booth v Southampton Airport Ltd ET Case No 39214/81 Boychuk v Symons Holdings [1977] IRLR 395 Bradshaw v Rugby Portland Cement Co Ltd [1972] IRLR 46 Bridgeman v Green [1757] 97 ER 22 Briscoe v Lubrizol [2002] EWCA Civ 508 British Home Stores Ltd v Burchell [1980] ICR 303 British Leyland UK Ltd v Swift [1981] IRLR 91 British Waterways Board trading as Scottish Canals v Smith [2015] 8 WLUK 9 Buck v Letchworth Palace ET Case No 36488/86 Bunge Corporation v Tradax Export SA [1981] 1 WLR 711 Cabinet Office v Beavan [2014] IRLR 434

Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen Callo v Brouncker [1831] 4 C&P 518 Campbell v Frisbee [2003] ICR 141 Campbell v Mirror Group Newspaper Ltd [2005] 1 WLR 3394 Carr v Alexander Russell Ltd [1976] ICR 469 Cassidy v Goodman [1975] IRLR 86 Chakrabarty v Ipswich Hospital NHS Trust [2014] EWHC 2735 (QB) Chamberlin Solicitors v Emokpae [2004] ICR 1476 CJD v Royal Bank of Scotland [2014] IRLR 25 Clipsham v Vertue [1843] 5 QB 265 Coco v Clark Ltd [1969] FSR 415 Cole v Gibson [1750] 27 ER 1169 Crisp v Apple Retail UK Ltd [2011] 9 WLUK 416 CTB v News Group Newspapers Ltd [2011] EWHC 1232 (QB) Dawsons Ltd v Bonnin [1922] 2 AC 413 De Francesco v Barnum [1890] 4 Ch D 430 De Maudsley v Palumbo and Others [1996] FSR 447 Devonald v Rosser & Sons [1906] 2 KB 728 Director of Public Prosecutions v Withers [1975] AC 842 Dixon v GB Eye Ltd [2011] 9 WLUK 294 Dobie v Burns International Security Services UK Ltd [1984] ICR 812 Douglas v Hello! Ltd (No 3) [2006] QB 125 Dryden v Greater Glasgow Health Board [1992] IRLR 469 East Lindsey District Council v Daubney [1977] ICR 566 Eastwood v Magnox Electric plc [2004] ICR 1064 Equitable Life Assurance Society v Hyman [2002] 1 AC 408 Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1979] 1 WLR 349 Faccenda Chicken Ltd v Fowler ICR [1986] 297 Foley v Post Office [2000] ICR 1283 Game Retail Ltd v Laws [2014] 11 WLUK 18 Gardiner v Newport County BC [1974] IRLR 262 George v Ministry of Justice [2013] EWCA Civ 324 Gibbins v British Council ET Case No 2200088/17 Gosden v Lifeline Project Ltd [2010] 7 WLUK 826 Grace v Harehills Working Men’s Club [1974] IRLR 68

223

224

Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen

Greaves & Co Ltd v Baynham Meikle & Partners [1975] WLR 1095 Groom v Crocker [1939] 1 KB 194 Gunn v British Waterways Board UKEAT/138/81 Haddon v Van den Burgh Foods [1999] ICR 1150 Hardwick Game Farm v Suffolk Agricultural Poultry Producers Association [1966] 2 AC 31 Hill v CA Parsons Ltd [1972] Ch 305 Hivac Ltd v Park Royal Scientific Instruments Ltd [1946] Ch 169 Hongkong Fir Shipping Co Ltd v Kawasaki Kisen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26 Hutchinson v Enfield Rolling Mills [1981] IRLR 318 Iceland Frozen Foods Ltd v Jones [1983] ICR 17 Interfoto Picture Library Ltd v Stiletto Visual Programmes Ltd [1989] 1 QB 433 Johnson Matthey Metals Ltd v Harding [1978] IRLR 248 Johnstone v Bloomsbury Health Authority [1992] 1 QB 333 Jones v RM Douglas Construction [1975] IRLR 175 Kaur v MG Rover Group Ltd [2005] ICR 625 Kaye v Robertson [1991] FSR 62 Kearney v Royal Mail Group Ltd ET Case No 3100476/10 Keeley v Fosroc International [2006] IRLR 96 Keen v Commerzbank AG [2007] ICR 623 Kurmajic v Sainsbury’s Supermarket Ltd ET Case No 1301963/17 Lake v Amey Services Ltd [2014] 11 WLUK 777 Leach v The Office of Comunications [2012] IRLR 839 Lennon v Howard Davis Ltd [1976] 7 WLUK 22 Lewis v Motorworld Garages Ltd [1986] ICR 157 Liddiard v Post Office [2001] EmpLR 784 Lister v Romford Ice and Cold Storage Co Ltd [1957] AC 555 Lloyds Bank plc v Bardin UKEAT/38/89 London Ambulance Service NHS Trust v Small [2009] IRLR 563 Luganda v Service Hotels Ltd [1969] 2 Ch 209 Lustig-Prean and Becket v UK App Nos 31417/96 and 32377/96 (27 September 1999) Malik v Bank of Credit and Commerce International SA [1998] AC 20 Malik v National Plastics Ltd UKEAT/682/78 Malloch v Aberdeen Corporation [1971] 1 WLR 1578 Malone v British Airways plc [2011] ICR 125

Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen

225

Mason v Huddersfield Giants Ltd [2014] WL 3925309 Mathewson v RB Wilson Dental Laboratories [1988] IRLR 512 McAndrew v Chapple [1866] LR 1 CP 643 McLaren v Home Office [1990] ICR 824 McLean v McLane Ltd UKEAT/682/96 McNicholas v AR Engineering Ltd [1985] 7 WLUK 258 Moore v C and A Modes [1981] IRLR 71 Morison v Moat [1851] 68 ER 492 Morrish v Henlys (Folkestone) Ltd [1973] ICR 482 Mortimer v Beckett [1920] 1 Ch 571 National Coal Board v Galley [1958] 1 WLR 16 National Coal Board v National Union of Mineworkers [1986] ICR 736 Nichol v Martyn [1799] 2 Esp 732 Niemitz v Germany App No 13710/88 (16 December 1992) Norfolk CC v Bernard [1979] IRLR 220 Norman v National Audit Office [2015] IRLR 634 Nottinghamshire CC v Bowley [1978] IRLR 252 Obst v Germany App No 425/03 (23 September 2010) O’Flynn v Airlinks The Airport Coach Company Ltd [2002] EmpLR 1217 Orr v Milton Keynes Council [2011] ICR 704 Osmond v Fitzroy [1731] 24 ER 997 Palomo Sánchez v Spain App Nos 28955/06, 28957/06, 28959/06 and 28964/06 (12 September 2011) Paragon Finance v Nash [2002] 1 WLR 685 Pay v Lancashire Probation Service [2004] ICR 187 Pearce v Foster [1886] 17 QBD 536 Peck v UK App No 44647/98 (28 January 2003) Pepper v Webb [1969] 1 WLR 514 Plant v API Microelectronics Ltd ET Case No 3401454/16 Preece v JD Wetherspoons plc ET Case No 2104806/10 P v Notthinghamshire CC [1992] IRLR 362 Quinn v Calder Industrial Materials [1996] IRLR 126 Raylor v McArdle UKEAT/573/84 Redfearn v Serco [2006] ICR 1367 Redfearn v United Kingdom App No 47335/06 (6 November 2012)

226

Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen

Rigby v Connol [1880] 14 Ch D 482 Robb v Green [1895] 2 QB 315 Robb v Hammersmith and Fulham London BC [1991] ICR 514 Robinson v Harman [1855] 1 Exch 850 R v Central Independent Television plc [1994] Fam 192 Sainsbury’s v Hitt [2003] ICR 111 Saltman Engineering Co Ltd v Campbell Engineering Co Ltd [1963] 3 All ER 413 Sanders v Parry [1967] 1 WLR 753 Saunders v Scottish National Camps [1980] IRLR 174 Schüth v Germany App No 1620/03 (23 September 2010) Scott Packing & Warehousing Co Ltd v Paterson [1978] IRLR 166 Secretary of State for Employment v ASLEF (No 2) [1972] ICR 19 Sharp v Harrison [1922] 1 Ch 502 Singh v London Country Bus Services Ltd [1976] IRLR 176 Smith and Grady v UK App Nos 33985/96 and 33986/96 (25 July 2000) Smith v Safeway [1996] IRLR 456 Smith v Trafford Housing Trust [2013] IRLR 86 Socimer International Bank Ltd v Standard Bank London Ltd [2008] EWCA Civ 116 South West Trains Ltd v Ireland UKEAT/0873/01 Spiller v FJ Wallis Ltd [1975] IRLR 362 Stephens v Halfords plc ET Case No 1700796/10 Tapling v Jones [1865] 144 ER 1067 Taylor v Somerfield Stores Ltd ET Case No S/107487/07 Teggart v TeleTech UK Ltd [2012] 3 WLUK 497 Thomson v Alloa Motor Company Ltd [1983] IRLR 403 Thornalley v Linkage Community Trust ET Case No 2600377/11 Thorne v House of Commons Commission [2014] IRLR 260 Thornton v Shoe Lane Parking Ltd [1971] 2 QB 163 Treganowan v Robert Knee & Co Ltd [1975] ICR 405 Turner v East Midlands Trains Ltd [2013] ICR 525 Turner v Spooner [1861] 62 ER 457 United Association for the Protection of Trade v Kilburn UKEAT/787/84 University of Nottingham v Fishel [2000] ICR 1462 Van der Heijden v Netherlands App No 42857/05 (3 April 2012)

Verzeichnis der englischen Gerichtsentscheidungen Von Hannover v Germany App No 59320/00 (24 June 2004) Wadley v Eager Electrical Ltd [1986] IRLR 93 Wainwright v Homeoffice [2003] 2 AC 406 Wallis, Son & Wells v Pratt & Haynes [1910] 2 KB 1003 Walter v Eton Rural District Council [1950] 2 All ER 588 Wandsworth London BC v D’Silva [1998] IRLR 193 Whitefield v General Medical Council [2003] IRLR 39 Whitham v Club 24 Ltd [2011] 6 WLUK 35 Whitwood Chemical Co v Hardman [1891] 2 Ch 416 Williams v Settle [1968] 1 WLR 1072 Wiseman v Salford CC [1981] IRLR 202 Woods v WM Car Services (Peterborough) Ltd [1981] ICR 666 X v Y [2004] ICR 1634 Zaver v Dorchester Hotel Ltd [2006] 11 WLUK 668 Z v A [2014] IRLR 244

227

Stichwortverzeichnis ACAS Code of Practice on disciplinary and grievance procedures 71 Alkohol- und Drogenkonsum 108 allgemeine Handlungsfreiheit 45, 173 allgemeines Persönlichkeitsrecht 60, 98, 105, 109, 173 Arbeitsfähigkeit 108, 131 außerordentliche Kündigung 98, 136, 151 f. automatically unfair dismissal 71, 114, 133 band of reasonable responses 69 basic award 160 Beleidigung 88, 93, 98 f., 101 f., 116, 119, 123, 182 Berufskraftfahrer 60, 62, 97, 108 f., 131, 153 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 136, 149 Betriebsbezug 65, 88 f., 93 f., 96, 98 – 100, 154, 177, 182 Betriebsgeheimnis 51, 136 Betriebsvereinbarung 164 f., 176 – 179, 182, 196 Bezugnahmeklausel 178 breach of confidence 50, 111, 125, 139 f. breach of contract 66 f., 112, 115, 159, 184, 191 Chronik 92, 101 civil servant 80, 82 collective agreement 196 compensatory award 160 contract law 30, 47, 67, 133, 140, 162, 184, 187, 191, 197 Court of Appeal 53 f., 66, 77, 81, 113 f., 121, 126, 186, 188, 191 custom and practice 187 damages 67, 159, 184 Dienstkleidung 89 Digitalisierung 22, 59

Diskriminierung 130, 145 Drittbezug 41, 45 Druckkündigung 107, 109 f., 114, 121, 155 duty of fidelity 31, 48, 50 – 52, 55, 67, 80, 112, 114, 116, 134, 156 f., 162, 187 duty of obedience 47 f., 80 duty to maintain mutual trust and confidence 190 f. Entbehrlichkeit der Abmahnung 181 equity 29, 31 f., 49 – 51, 55, 67, 140 Ergänzungsvereinbarung 177 Ethikrichtlinie 72, 163 – 165, 169, 172 f., 175 – 182, 197 – 199 express incorporation 187 Facebook 87 f., 90, 92 – 94, 102, 116 f., 153, 168 fiduciary 31 f., 49 – 52, 55, 67 Follower 87, 90, 92 Freiheitsstrafe 97 Führungszeugnis 172 Garantieversprechen 159 Geheimhaltungspflicht 86 Gewerkschaft 42, 71, 83, 114, 133, 175, 177, 195 f. Google 91 Handelsgewerbe hard law 164

45

Implementierung 163 – 165, 176 – 180, 183, 186, 188 f., 197 implied term 31, 47, 49 – 51, 67 f., 112, 114, 133, 156, 187, 190 f., 195 incorporation 187 Inhaltskontrolle 170, 174 injunction 157 f. Instagram 94 intermediate term 156 f., 162

Stichwortverzeichnis Joint Consultation Committee

196

Kompensationsansprüche 159 Konkretisierungsfunktion 165, 167 f. law of torts 125 Leistungsbereich 63, 97 leitende Angestellte 90 like 48, 93 – 95, 139 locatio conductio operarum 24, 26 Loyalitätspflicht 42, 82, 88, 91, 101, 111, 162 managerial prerogative 195 master and servant 30 f., 33 misconduct 120, 161 Nebenleistungspflicht 28, 38, 146 – 148, 150, 162 Nebentätigkeit 159, 172, 176, 184 Nutzerprofil 87, 89, 91, 94, 101 Öffentlicher Dienst office holder 81

80

personenbedingte Kündigung 151 – 155 personenrechtliches Verhältnis 26 f., 28, 30, 33 Posting 59, 88 f., 92 f., 102, 118, 132, 149, 153, 158, 182 presumption of unfairness 142 Privatautonomie 27, 79, 170 Prognoseprinzip 151 restraint-of-trade-doctrine 54 Rufschädigung 102, 108 f., 121 f., 132, 134, 139, 151, 160 Schadensersatz 42, 86, 140, 145 – 147, 150 f., 156, 159 f., 162, 184 shop steward 196 Social Media Guideline 116, 163, 179 – 183 soft law 164 Sozialstaatsprinzip 41, 44 – 46, 55, 79

229

specific performance 156 staff handbook 183 f., 186 – 195, 197 f., 201 Tarifvertrag 163, 164 f., 175 – 179, 182, 197 Tendenzbetrieb 79, 81 test of proportionality 138 f. Timeline 92 trade union 29, 114, 195 Treudienstvertrag 25, 27, 41 Treuepflicht 26, 31 – 33, 36, 45, 48 – 55 Treu und Glauben 29, 36 f., 40, 42, 45 f., 55, 170 Trunkenheitsfahrt 60, 131, 153, 155 Twitter 94, 116 unfair dismissal 66, 68, 73, 114, 127, 160 f., 194 Unternehmenspolitik 129, 163, 165 Unternehmensziel 43, 171 Untersuchungshaft 97 venire contra factum proprium 43, 83, 85 Verdachtskündigung 64, 70, 103 – 105, 110, 144, 154 verhaltensbedingte Kündigung 70, 78, 120, 129, 144, 152 – 154 Verhältnismäßigkeitsprüfung 84, 138 f., 142, 201 Vermögensdelikt 100, 120, 171 f. Vertragsstrafe 174 f., 184 Vertrauensbereich 63, 97 f. vorweggenommene Abmahnung 180 – 182 warranty 156 f., 162 Weisungsrecht 48, 163, 165 – 168, 177, 182, 190, 195 Wettbewerbsverbot 22, 45 f., 52, 54, 66, 176 whistleblowing 85, 112 YouTube

87

Zueigenmachen

95 f.