Athanasiana: Zu Leben und Lehre des Athanasius [Reprint 2015 ed.] 3110146118, 9783110146110

Die Reihe Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft (BZNW) ist eine der renommiertesten internatio

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Athanasiana: Zu Leben und Lehre des Athanasius [Reprint 2015 ed.]
 3110146118, 9783110146110

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Athanasius von Alexandrien
Zur Biographie des Athanasius von Alexandrien
Markellianer und Athanasios von Alexandrien
Über nikäische Orthodoxie
Das kritische Wort vom Kreuz und die Christologie bei Athanasius von Alexandrien
Athanasius und die Vita Antonii
Athanasius und die Einheit der Kirche
Ein enzyklisches Schreiben der Synode von Alexandrien (362)
Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra
Eine asketische Ermunterung zur Standhaftigkeit aus der Zeit der maximinischen Verfolgung (311/313)
Zum Streit zwischen Orthodoxie und Häresie an der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert
„Mischmasch von Irrtum und von Gewalt“

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Martin Tetz Athanasiana

W DE G

Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentüche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche

Herausgegeben von Erich Gräßer

Band 78

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1995

Martin Tetz

Athanasiana Zu Leben und Lehre des Athanasius Herausgegeben von Wilhelm Geerlings und Dietmar Wyrwa

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1995

Die Verlage Kaiser (Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn), W. Kohlhammer, J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) sowie die Metropolie der Schweiz, Genf, erteilten freundlicherweise die Abdruckerlaubnis. Die Beiträge werden hier nach ihrer Erstfassung, mit nur geringfügigen Änderungen, wiedergedruckt. Dabei konnte unterschiedliche Namensschreibung oder Zitation nicht überall ausgeglichen werden. Druckfehler sowie gelegentliche Versehen in Zitationen oder Ausdruck wurden stillschweigend behoben.

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Hinheitsaufnahme Tetz, Martin: Athanasiana : zu Leben und Lehre des Athanasius / Martin Tetz. Hrsg. von Wilhelm Geerlings und Dietmar Wyrwa. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1995 (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche ; Bd. 78) ISBN 3-11-014611-8 NE: HST

ISSN 0171-6441 © Copyright 1995 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Printed in Germany Texterfassung: Dr. Nicolaus Klimek, Bochum Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Vorwort

„Die tiefe Krise, in die die Reichskirche durch den ,Arianismus' geraten war, erkannt und durch entschiedenes Eingreifen überwunden zu haben, darf weithin als die persönliche Leistung des Athanasius gelten." Mit diesem Urteil wird die historische Leistung des Bischofs von Alexandrien, der „auf entscheidende Weise zum Entstehen der nizänischen Orthodoxie beigetragen" hat, von M. Tetz in seinem meisterhaften Artikel Athanasius von Alexandrien in der „Theologischen Realenzyklopädie" gewürdigt. Diesem Bischof, Kirchenpolitiker, Förderer des Mönchtums und Theologen der frühen Kirche galt und gilt die wissenschaftliche Lebensarbeit von M. Tetz. Die Aufsätze über Athanasius und seine Zeit kennzeichnen M. Tetz als einen Mann souveräner Quellenkenntnis und subtiler Interpretationskunst, der nicht nur seinen Athanasius kennt, sondern auch die Auslegungsgeschichte des Nicaenum und seines hartnäckigsten Verteidigers in die Diskussion einzubringen versteht — von den Anfängen selbst über Pascal bis hin zu E. Bloch. So entdecken die Aufsätze von M. Tetz neue Züge in den Werken und im Bild des Athanasius. Sie sind unerläßliche Vorarbeiten für die noch ausstehende neue monographische Darstellung des Athanasius und seiner Zeit. Athanasius ist der Theologe der noch einen Kirche. Neben den Werken anderer Forscher dienen darum die Arbeiten von Tetz — wiewohl sie nicht direkt so abgezweckt sind — auch der ökumenischen Verständigung. Sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Kirchengeschichte sowie dessen katholisches Pendant haben es deshalb gemeinsam unternommen, die Aufsätze von M. Tetz herauszugeben. Das Bistum Essen und die Landeskirche von Westfalen haben durch Druckkostenzuschüsse die Herausgabe des Bandes gefördert. Beiden sei hiermit Dank gesagt. Die Aufsätze von M. Tetz erscheinen zum 70. Geburtstag ihres Verfassers. Er hat sich also quasi selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Die beiden Herausgeber haben die einzelnen Aufsätze zu einem Strauß gebündelt und stimmen deshalb nur in den Chor der Gratulanten ein. Bochum im Mai 1995 Wilhelm

Geerlings

Dietmar Wyrwa.

Inhaltsverzeichnis

Athanasius von Alexandrien

1

Zur Biographie des Athanasius von Alexandrien

23

Markellianer und Athanasios von Alexandrien

61

Über nikäische Orthodoxie

107

Das kritische Wort vom Kreuz und die Christologie bei Athanasius von Alexandrien

135

Athanasius und die Vita Antonii

155

Athanasius und die Einheit der Kirche

185

Ein enzyklisches Schreiben der Synode von Alexandrien (362)

. . 207

Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra

227

Eine asketische Ermunterung zur Standhaftigkeit aus der Zeit der maximinischen Verfolgung (311/313)

249

Zum Streit zwischen Orthodoxie und Häresie an der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert

275

„Mischmasch von Irrtum und von Gewalt"

291

Athanasius von Alexandrien*

1. Leben 1.1. Quellen Als Quellen für das Leben des Athanasius kommen hauptsächlich in Betracht: 1. seine sog. Apologien, darunter besonders Apologia secunda, Apologia ad Constantium, Apologia de fuga sua, Historia Arianorum ad monachos; 2. Vitae Athanasii historia acephala, ein aus den alexandrinischen Patriarchatsakten stammendes, nur in der Sammlung des Theodosius Diaconus lateinisch erhaltenes Fragment (PG 26,1443-50; EOMJA 1/2/4, 1939, 663-71); 3. Index und Überschriften zu den Osterfestbriefen des Athanasius (syr.). Da es sich hierbei um Kampfschriften mit gezielter Dokumentation bzw. um chronographische Bemühungen im Dienste der Athanasiusvita handelt, ist es unerläßlich, namentlich auch die durch Eusebius von Caesarea, Philostorgius, Hilarius, Rufin, Sokrates, Sozomenus, Theodoret überlieferten Quellen der anderen Seite entsprechend zu berücksichtigen. Gedächtnisreden und vitae Athanasii tragen im allgemeinen zur Biographie des alexandrinischen Bischofs weniger bei; als Zeugnisse der frühzeitig einsetzenden Athanasiusverehrung sind sie eher unter hagiographischem Aspekt von Interesse. Eine angemessene Biographie fehlt. Grundlegend bleiben die Arbeiten von E. Schwanz. Für die Gliederung der Lebensbeschreibung des Athanasius werden gewöhnlich neben der Ordination vor allem seine 5 Exile herausgehoben, durch welche die Ausübung der bischöflichen Pflichten erheblichen Behinderungen bzw. Veränderungen (Aufnahme der theologischen Schriftstellerei) unterworfen war. Damit erhält zwar der eigentliche Aufgaben- und Wirkungskreis des Athanasius gebührendes Gewicht, zugleich aber wird dabei ein Interesse am .Heroischen' im Kampfe des Konfessors zur Geltung gebracht, das auch der eigenen Konzeption des Athanasius nicht gemäß ist. Die folgende Darstellung zieht es vor, sich für die Gliederung der Amtszeit des alexandrinischen Patriarchen an Daten der Kaisergeschichte zu halten, die den Wechsel der kirchenpolitischen Verhältnisse an entscheidenden Punkten markieren: Ende der Herrschaft Konstantins I. (337), des Constans (350) und des Constantius II. (361).

* Zuerst erschienen in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 4, Berlin / New York 1979, 333-349.

2

Athanasiana

1.2.

[334]

(295)-328

Herkunft, Kindheit und Jugend des Athanasius liegen weithin im dunkeln. Alexandria gilt allgemein als seine Vaterstadt; die Briefe des Constantius II. (apol. sec. 51,4; 6-7) sind hierfür allerdings kein eindeutiger Beleg. Auch das Geburtsjahr steht nicht fest. Doch bietet ein koptisches Enkomion möglicherweise noch zuverlässige Kunde: „Er war 33 Jahre alt, als er den bischöflichen Thronos einnahm" (Testi Copti, ed. T. Orlandi, 1968, 25,6-8). Die Daten über den Amtswechsel sind durch den Index bekannt: Bischof Alexander starb am 17.4.328; Athanasius wurde am 8.6.328 ordiniert. Nur scheinbar steht dazu im Widerspruch der Bericht von apol. sec. 59,3, | daß man auf der Synode von Nicäa die Melitianer wieder aufgenommen habe und daß kaum 5 Monate danach Alexander gestorben sei; denn diese Angaben beziehen sich auf die 2. Session der Synode von Nicäa, Ende des Jahres 327 (Opitz Z N W 3 3 [1934] 156f; vgl. Girardet 78 Anm. 193). Athanasius wäre dann um 295 geboren. Aus dem Namen darf vielleicht geschlossen werden, daß Athanasius einer griechischsprachigen Familie entstammt. Von heidnischen Eltern berichtet die Geschichte der Patriarchen von Alexandrien (PO 1/4,407), die hierin wohl zuverlässig ist. Denn präzise Erinnerungen an die Christenverfolgungen hat Athanasius nicht; jedenfalls hat er erst von „den (Mönchs-JVätern" gehört, daß z.Z. der Verfolgung unter Maximian Christen bei Heiden Unterschlupf gefunden haben (h. Ar. 64,2). Im Zusammenhang mit der Frage heidnischer Abkunft darf man wohl auch die erkennbare stete Bemühung des Athanasius um Heiden sehen. Weitverbreitet, biographisch aber wertlos ist die Geschichte über den Knaben Athanasius, der beim kindlichen Spiel am Meer in der Rolle eines taufenden Bischofs vom Bischof Alexander ,entdeckt' wird; sie begegnet schon in Rufin, hist. eccl. X , 15. Da Alexander jedoch erst 313 ordiniert wurde, müßte der ,Knabe' zu jener Zeit mindestens 18 Jahre alt gewesen sein. Nicht unwahrscheinliche Züge hingegen trägt der wenig bekannte Bericht über den jungen Mann Athanasius bei Severus Ibn al-Muqaffa im 8. Kapitel seiner Patriarchatsgeschichte, in der alexandrinische Lokaltradition verarbeitet ist (PO I/4,407f): Die reiche, verwitwete Mutter sucht ihren herangewachsenen Sohn mit weiblicher List dem bürgerlichen Leben (Ehe und Verwaltung der väterlichen Besitzungen) zuzuführen, scheitert aber an dem dezidierten Widerstreben des Athanasius. Darum wendet sie sich an einen Philosophen. Doch auch dieser kann ihn nicht umstimmen; er teilt der Mutter mit, Athanasius sei ein „Galiläer" geworden, werde aber als Christ sicher ein „großer Mann" werden. Die Witwe will ihren Sohn nicht verlieren und stellt ihn dem Bischof Alexander vor, der dann beide tauft. Als sie nach einiger Zeit stirbt, hält Alexander Athanasius wie einen Sohn. Demnach wäre mit der Zuwendung des

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Athanasius von Alexandrien

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jungen Athanasius zum Christentum alsbald eine entschiedene Neigung zur Askese erkennbar geworden; wie er denn auch dem alexandrinischen Kirchenvolk als „Asket" gegolten hat (apol. sec. 6,5). Daß Athanasius bereits in jungen Jahren mit dem Eremiten Antonius engeren Kontakt gehabt haben soll, trifft zumindest nicht in dem Maße zu, wie es eine sekundäre Lesart im Proömium der vita Antonii suggeriert (PG 2 6 , 8 4 0 A ; Heussi, D e r Ursprung des Mönchtums 81 ff). Wahrscheinlich unter dem Einfluß Alexanders gewann Athanasius seine, auf das gesamtkirchliche Leben abgestimmte, maßvolle Einstellung zur Askese ( P O 1/4,405). Der Bericht des Gregor von Nazianz (or. 21,6), Athanasius habe nur für kurze Zeit einen gehobenen Unterricht im Sinne der έγκύκλιος παιδεία genossen, er sei dann im übrigen aber schon früh um seine christliche Erziehung (bes. Bibelstudium) bemüht gewesen, findet seine Bestätigung in der Schriftstellerei des Athanasius und paßt überdies gut zu dem Bilde, das Severus gezeichnet hat. Als Anagnost und Sekretär des Bischofs, dann als Diakon (um 319; Athanasius Werke III/l, Urkunde 4b) wird er seinem alternden, väterlichen Förderer ein unentbehrlicher Helfer (Testi Copti 55 f). Die Frage, ob und inwieweit er die Verlautbarungen Alexanders theologisch beeinflußt hat, läßt sich angesichts der Quellenlage wohl kaum mehr beantworten. N a c h der Darstellung des Athanasius (apol. sec. 6 , 2 ) hätten die Freunde des Arius in dem Diakon des Bischofs schon ihren eigentlichen Gegner erkannt, der freimütig auch in Nicäa — bei seiner Stellung gewiß nur anläßlich außersynodaler Diskussionen — gegen sie aufgetreten sei. Apollinaris berichtet glaubwürdig, daß Alexander auf seinem Sterbelager Athanasius zu seinem Nachfolger vorgesehen habe; zunächst sei dieser jedoch der Ehre des Bischofsamtes ausgewichen (Sozomenus, hist. eccl. 11,17,1-3). Es ist deshalb damit zu rechnen, daß dem für das Amtsverständnis des Athanasius wichtigen, von der Forschung allerdings weithin ungenutzten Brief an Dracontius (354; P G 2 5 , 5 2 3 - 5 3 4 ) auch eigene Erfahrungen zugrunde liegen. 1.3.

328-337

Wahl und Ordination des Athanasius zum Bischof von Alexandrien sind belastet durch Probleme der melitianischen Frage (s. Girardet 52 ff; A. Martin: Politique et théologie 40 ff). Melitius hatte in der Zeit der diokletianischen Verfolgung durch Presbyter- und Diakonenwahlen in den Kompetenzbereich des alexandrinischen Bischofs Petrus eingegriffen und, durch dessen Gegenmaßnahmen nur bestärkt, mit Hilfe einer von ihm abhängigen Hierarchie in wenigen Jahren eine ägyptische Sonderkirche errichtet, die sich durch ihre rigoristische Auffassung der Frage des Martyriums besonders legitimiert wußte. Weder das Martyrium des Pe-

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Athanasiana

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tras noch die Bemühungen von dessen Nachfolgern Achillas und Alexander hatten das Schisma beendigen können. Zwar hatte auch das Konzil von Nicäa auf beiden Sessionen eine gütliche Lösung angestrebt, doch die Gegensätze waren offenbar nicht beseitigt, als 328 die Nachfolgefrage anlag. Wie immer es auch um die Absicht, „gemeinsam zu wählen" (Sozomenus, hist. eccl. 11,17,4), bestellt gewesen sein mag, jedenfalls scheint die Wahl eines Parteigängers der Melitianer bedrohlich im Bereich der Möglichkeiten gelegen zu haben. Angesichts dessen wird es einer kleinen, v o m Kirchenvolk nachdrücklich unterstützten G r u p p e proathanasianischer Bischöfe, „die eine melitianische Machtergreifung' auf legale Weise um jeden Preis verhindern wollten, ratsam erschienen sein, in einem nahezu verschwörerischen Akt vollendete Tatsachen zu schaff e n " (Girardet 55). Die Ordination des Athanasius am 8.6.328 entsprach den Forderungen des Kanons IV von Nicäa nicht ganz. Zwar waren wahrscheinlich (entgegen dem „arianischen" Bericht bei Philostorgius, hist. eccl. 11,11) mehr als die für Notfälle erforderlichen drei Bischöfe anwesend, aber die schriftliche Zustimmung der abwesenden Stimmberechtigten — immerhin hatten sich 54 in Alexandrien versammelt — war nicht eingeholt worden. Die meisten ägyptischen Bischöfe erkannten dann aber die Ordination an, möglicherweise erst nachdem Athanasius dem Kaiser sofort über seine Erhebung berichtet hatte und den Alexandrinern daraufhin ein Glückwunschschreiben Konstantins zugekommen war, das vor allem durch die Freude über die sehnlich gewünschte Eintracht Ägyptens bestimmt war (apol. sec. 6 , 5 f ; Philostorgius, hist. eccl. 11,11). Die Melitianer aber versagen strikt Athanasius die Anerkennung und setzen einen Gegenbischof ein. D e r junge ,Erbe' Alexanders nimmt seine bischöfliche Mitverantwortung für die Einheit der Kirche Ägyptens anscheinend von Anfang an energisch wahr. Die Vertretung des im Grunde ja maßvollen Konzepts seiner Vorgänger veranlaßt Athanasius bei den Auseinandersetzungen mit seinen rigoristischen melitianischen Gegnern, die sich mit den „Syllukianisten" u m Eusebius von Nikomedien liieren, zur Anwendung durchgreifender Maßnahmen, die nur noch indirekt durch ihre Wirkung auf die Melitianer erkennbar werden. Visitationsreisen (330-334) in die verschiedenen Bereiche seiner Diözese gelten der Stärkung des Rückhaltes im Klerus, aber auch der kirchlichen Integration des ägyptischen Mönchtums, auf das sich die Melitianer ebenfalls stützen und dessen anfängliche Reserviertheit sich z.B. in der Tradition über das Ausweichen des Pachomius vor dem alexandrinischen Bischof niedergeschlagen hat (v. Pach. 1,30 Halkin 19 f; vgl. Halkin 194.434 f). Im Falle Arius widersetzt sich Athanasius beharrlich und erfolgreich den Bestrebungen Konstantins, die kirchliche Eintracht durch Wiederaufnahme des in Nicäa mit dem Anathem belegten, ehemaligen alexandrinischen Presbyters zu erreichen.

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Athanasius von Alexandrien

5

(S. hierzu und zum folgenden Girardet 52 ff; vgl. die Kritik von Brennecke: ZKG 88 [1977] 344ff). Die Koalition der Melitianer und „Eusebianer" verfiel nun darauf, durch Anstrengung eines Kriminalprozesses den Fall Athanasius unter Inanspruchnahme kaiserlicher Gewalt endgültig aus der Welt zu schaffen (331/332). Die melitianischen, an | Konstantin gerichteten Anklageschriften behaupteten, Athanasius habe von den Ägyptern Steuern in Form von Textilien erhoben (apol. sec. 60,2), d.h. Anmaßung von Magistratsgewalt, und er habe darüber hinaus (mit konspirativer Absicht?) Philumenos, einem kaiserlichen Beamten in gefährlich hoher Position, eine Kiste Gold übersandt (apol. sec. 60,4). Die Anklagen auf Majestätsverbrechen und Hochverrat(P) bezwecken wohl „die Verurteilung eines ,Nichtchristen' durch die staatliche Gerichtsbarkeit" (Girardet 58). Das in Psamathia vom christlichen Kaiser selbst durchgeführte und vom alexandrinischen Bischof ohne Bedenken akzeptierte Kognitionsverfahren, bei dem man außerdem vergeblich versuchte, die problematische Ordination des Athanasius und Gewalt gegen Kirchengerät als zusätzliche Anklagepunkte einzubringen, endete mit einer klaren Niederlage der Ankläger. In einer weiteren melitianischen Anklage (332/333) geht es um nicht weniger als Mord; doch der ausgezeichnet funktionierende kirchliche Nachrichtendienst des Athanasius entdeckt den angeblich ermordeten Bischof Arsenius in melitianischem Versteck (apol. sec. 65-67). Die Anklage wird damit gegenstandslos, und das Kognitionsverfahren, das diesmal von Dalmatius, einem Halbbruder Konstantins, unter Mitwirkung von Bischöfen durchgeführt werden sollte, wird eingestellt. Aber die Melitianer geben nicht auf. Vermutlich mit nachdrücklicher Unterstützung durch Eusebius von Nikomedien betreiben sie nunmehr die Berufung einer entscheidenden Synode, die den vom Kaiser anerkannten Bischof Athanasius exkommunizieren soll. Konstantin, der kirchlichen Querelen um Athanasius überdrüssig, nimmt die Möglichkeit einer kirchlichen Bereinigung, die ihm die Melitianer nahelegen, wahr und beruft ein Bischofsgericht nach Cäsarea, Palästina (334), das aber von Athanasius ignoriert wird. Jedoch dem Prozeß in Tyrus, wo der Kaiser (Sommer 335) auf eine melitianische Petition hin eine Reichssynode zusammentreten läßt (Schwartz: GS III, 247 ff; Girardet 66 ff; Schneemelcher: G Aufs. 297 ff), kann Athanasius angesichts kaiserlicher Drohungen (apol. sec. 71,2) nicht mehr ausweichen. Umgeben von einer beträchtlichen Schar ägyptischer Bischöfe erscheint er in Tyrus, um mit ihnen in dem ihm gewaltsam aufgezwungenen Verfahren, dessen Ausgang bei der Zusammensetzung des berufenen Bischofsgremiums nicht ungewiß sein konnte, alle Möglichkeiten des Protestes zu nützen und sich somit die Voraussetzungen für eine Appellation an Konstantin zu schaffen (apol. sec. 71 ff). Während noch eine

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Äthan asiana

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Synodalkommission in Ägypten arbeitet, entweicht Athanasius nach Konstantinopel, so daß dann die Synode ihre Beschlüsse in seiner Abwesenheit faßt: Athanasius wird abgesetzt, und es wird ihm untersagt, sich in Alexandrien aufzuhalten. Die Gründe für dies Urteil sind sein Nichterscheinen in Cäsarea, sein Widerstand gegen die Synode von Tyrus und der Kommissionsbericht über einen zerbrochenen Abendmahlskelch. Andere Anklagepunkte (Sozomenus, hist. eccl. 11,25,3-7) betrafen vor allem antimelitianische Gewaltmaßnahmen, zu denen es im Schatten konstantinischer Einheitsideologie unter dem staatlicherseits zunächst begünstigten Athanasius gekommen war. Sie wurden nicht mehr verhandelt, weil der Kaiser aus Anlaß der Jerusalemer Kirchweih (17.9.335) eine beschleunigte Beendigung des Prozesses forderte und weil wohl auch die Beteiligung staatlicher Kräfte an der Unterdrückung der Melitianer jene Punkte komplizierte. Athanasius erzwingt zwar bei Konstantin Audienz und Bereitschaft zur Überprüfung des Verfahrens, ohne damit aber noch gegen die neue religionspolitische Konstellation am kaiserlichen Hofe etwas ausrichten zu können, zumal die „Eusebianer" als neue Anklage gegen ihn vorbringen, er habe mit Sperrung der ägyptischen Getreidetransporte gedroht (apol. sec. 9,1-5 und 87,1-2. Zu Konnexen des Athanasius mit den alexandrinischen Seeleuten s. ep. enc. 5,5; über die Relation eines alexandrin. Patriarchen zum Getreidehandel schon im 3. Jh. s. Deißmann, Licht vom Osten, Tübingen 41923, 172f£). Den von kirchlichen Richtern exkommunizierten Athanasius schickt Konstantin als Aufrührer nach Trier ins Exil. Aktionen der Alexandriner und des Eremiten | Antonius zugunsten des Exilierten werden vom Kaiser abgewiesen; andererseits wird aber von ihm auch keine Neubesetzung des alexandrinischen Bischofsthrones zugelassen. Seiner bischöflichen Pflicht nachkommend, riskiert Athanasius zwar im Exil die Anzeige des Osterfestes, hütet sich aber im Hinblick auf die Entscheidung des Kaisers und angesichts der Bemühungen seiner Feinde, neues Belastungsmaterial in die Hand zu bekommen (Festbr. 10), vor sonstiger Kontaktnahme mit den Alexandrinern und vor offener Polemik. In dieser Exilssituation entstand wohl die Doppelschrift Contra gentes/De incarnatione als ein entsprechend indirektes Wort an die verwaiste Heimatkirche. (Zur Trierer Zeit vgl. Kannengiesser: TThZ 82,141 ff.) Von nicht unerheblicher Bedeutung für die abendländische Kirchengeschichte wird die Verbindung, die Athanasius zum Trierer Bischof Maximinus (u. später auch zu dessen Nachfolger Paulinus) anknüpft. 1.4.

337-350

Als Konstantin am 22.5.337 gestorben war, erließ Konstantin II., wohl auf Betreiben des Maximinus (und des Athanasius), eine Amnestie. Die

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Opfer der jüngsten Kirchenpolitik Konstantins I., darunter auch Athanasius, durften in den Osten zurückkehren — im Sinne des Athanasius als Genossen einer über Ägypten hinausgreifenden Opposition gegen die „Eusebianer", im Sinne des Konstantin II. als künftige Stützen seiner ehrgeizigen Ostpolitik (s. Schwartz: GS III, 265 ff; Bedenken hiergegen: Schneemelcher: GAufs. 312). Doch diese Koalition wurde alsbald unwirksam gemacht durch die Gegenmaßnahmen des Eusebius von Nikomedien; ohne Erfolg blieben auch die dem Athanasius auf seiner Rückreise gewährten Audienzen bei Constantius II. (apol. ad Const. 5). Die Rückkehr am 23.11.337 nach Alexandrien provozierte die ägyptische Opposition zu Krawallen, die vom Präfekten gewaltsam niedergehalten wurden, da Constantius die Amnestie anerkannt hatte. Dies wurde neben dem weiterhin gültigen Urteil von Tyrus Beschwerdegrund für das Gremium der „Eusebianer", das sich beschwerdeführend an die drei Herrscher wandte. Außerdem suchte man den Kontakt mit dem bisher unbeteiligten Rom, um Athanasius auch nach dieser Richtung hin zu isolieren. Dieser konnte sich auf eine 338 nach Alexandrien berufene Synode stützen, deren Tomus (apol. sec. 3-19) ihn rehabilitierte und das Urteil von Tyrus aufhob. In Rom löst der östliche Streit, vertreten durch Abgesandte der beiden Parteien, eine Diskussion aus, in der Julius das von orientalischer Seite fallende Stichwort ,Synode' aufgreift (apol. sec. 22,3). Der Kreis um Eusebius von Nikomedien hält natürlich an dem Urteil von 335 fest und bestimmt Anfang 339 in unkanonischer Wahl als kirchliches Oberhaupt der Ägypter den Kappadokier Gregorius (apol. sec. 30,1), der mit kaiserlicher Unterstützung unter turbulenten Verhältnissen in Alexandrien eingeführt wird. Athanasius, am 18.3.339 vertrieben, flieht, nachdem er am 19.3. in der Kirche des Theonas noch durch zahlreiche Taufen den Mut seiner Alexandriner gestärkt und dann ein Versteck aufgesucht hatte, nach Rom. Dorthin lädt Julius nunmehr zu einer Synode ein (vgl. C.Pietri, Roma Christiana, 1976, 193 ff; Girardet 80ff). Die Eusebianer weisen in überlegener Form und mit einer gewissen Berechtigung die — nach Meinung des Julius in fürsorglicher Mitverantwortung ergangene — Einladung als Zumutung eines römischen Jurisdiktionsprimates ab (Sozomenus, hist. eccl. III, 8,4; Schwartz, GS III,294ff; gegen P.-P. Johannou, Die Ostkirche u. die cathedra Petri, 1972, 7.57-59 s. Girardet 86 Anm.239). Wie verändert jetzt die Situation des Athanasius und die kirchenpolitische Szene überhaupt gegenüber der des Jahres 335 ist, wird schon daran erkennbar, daß Athanasius sein 2. Exil mit einer polemischen Enzyklika (gründliche Analyse bei Schneemelcher: GAufs. 290 ff) antritt, in der er die unrechtmäßige Einsetzung seines ,Nachfolgers' dramatisch schildert und vor einer Kommunikation mit Gregorius und Eusebius warnt. Die Begegnung mit Marceli von Ankyra, der 335 als erster in einem

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Athanasiana

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systematisch angelegten Werk die Lehre der „Syllukianisten" von nizänischer | Seite her bekämpfte hatte, mag Athanasius in R o m dazu angeregt haben, nun auch selber explizit die theologische Bekämpfung des Arianismus aufzunehmen. Von seinen beiden ersten „Arianerreden", die wohl in jener Zeit entstanden, zeigt jedenfalls die zweite in ihrer breiten Auslegung von Prov 8,22 deutlich marcellischen Einfluß (vgl. schon Th. Zahn, Marcellus ν. Α., 1867,118). Schwartz (GS III, 293 f ) urteilt, Athanasius habe sich zur Theologie marcellisch-römischer Prägung mit Schlangenklugheit verhalten und die nizänische Theologie nur verteidigt, „um seine hierarchische Stellung als Beherrscher der straff zentralisierten Kirchenprovinz zu behaupten". Ein Abstand zur ganz unorigenistischen Theologie seiner neuen Bundesgenossen ist schon in den „Arianerreden" unverkennbar, und Athanasius wird ihn 362 in einem Maße herausstreichen, wie er ihn wohl anfangs selber nicht gesehen. Im übrigen kann man ihm nicht z u m Vorwurf machen, daß er Theologie als ein reiner Hierarch bzw. nicht wie ein Lehrer mit Bildungsabsichten (vgl. v. Campenhausen 75) betrieben habe. Die Theologie des Bischofs Athanasius, mit der er in kirchlicher Verantwortung nun auf eine für ihn neue Weise seine Pflichten wahrnimmt, ist vor allem mit Blick auf die ihm anvertrauten Gemeinden, deren Heil er durch „arianische" Verführung gefährdet weiß, in polemischer Form artikuliert. Der kirchenrechtliche Fall Athanasius und der theologische Fall Marcellus wurden auf der römischen Synode von 341, gegen den selbst zum Schisma entschlossenen Protest des Orients, mit Anerkennung der beiden Verbannten entschieden. Erst durch die Konstellation Athanasius-Marcellus-Julius w a r die Gefahr einer Spaltung von orientalischem und okzidentalischem Christentum in bedrohliche Nähe gerückt. Sie trat noch deutlicher zutage, nachdem im selben Jahre bei persönlicher Anwesenheit des Constantius die Synode von Antiochien als Antwort auf die römische Synode den Vorwurf des Arianismus abgewiesen und die marcellische Theologie verurteilt hatte (die verschiedenen Formeln bei A. Hahn, Bibliothek der Symbole u. Glaubensregeln der apostolisch-kath. Kirche, 3 1897,183 ff; dazu Schwartz: GS III, 311 ff; J.N.D. Kelly, Altchristi. Glaubensbekenntnisse, 1972,260 ff. — W. Schneemelcher, Die Kirchweihsynode von Antiochien 341: FS J. Straub, 1977, 319-346). Wohl nicht erst als Reaktion darauf haben die abendländischen Bischöfe bei Constans die Einberufung einer Reichssynode betrieben, während die Orientalen, nach dem Tode des Euseb von Nikomedien führerlos geworden, sich vergeblich darum bemühten, das Zustandekommen einer solchen Synode zu verhindern. Maximinus vonTrier hatte hierbei seine Hand im Spiel (CSEL 6 5 , 6 6 f ) , und Athanasius konnte dann, als die Synode eine beschlossene Sache war, nach Berufung an den Hof des Constans an der weiteren Planung direkt beteiligt werden (apol. ad Const. 4,4). Die Synode von

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Athanasius von Alexandrien

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Serdika 342 (Schneemelcher: GAufs. 338 ff; Girardet 106ff; M. Richard: Muséon 87 [1974] 318 f f ) w a r von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil noch vor Aufnahme der Verhandlungen die Mehrheit der Synodalen durch demonstratives Festhalten an der Gemeinschaft mit Marcellus, Athanasius und anderen verbannten Bischöfen die offiziell vorgesehene Tagesordnung (CSEL 65,128,4-11) verletzten. Die Orientalen mochten schon mit bestimmten Boykottabsichten nach Serdika gekommen sein (CSEL 6 5 , 1 2 0 f ) ; nun hatten sie berechtigten Anlaß, separat zu tagen. Das Ergebnis der zweigeteilten Synode waren gegenseitige Exkommunikationen und somit das Schisma. Constans mußte seine Hoffnungen auf eine gesamtkirchliche Entscheidung für Athanasius bzw. gegen die Kirchenpolitik seines Bruders begraben. Die Rückkehr der exilierten Bischöfe erzwang er dann bei Constantius vermutlich durch Kriegsdrohungen, hinter denen man auf gegnerischer Seite alsbald die Hetze des Athanasius zu erkennen glaubte (Girardet 144ff). Immerhin hatte der Tod des Gregorius am 25.6.345 und vielleicht auch eine inzwischen erfolgte Distanzierung des Athanasius von Marcellus (s. den dunklen Bericht bei Hilarius: CSEL 65,146) sowie implizit von dessen Schüler Photin, der mit seinen aufsehenerregenden christologischen Lehren schon bald nach 342 im Mittelpunkt des Streites | zwischen Ost und West stand, Constantius das Zugeständnis an Athanasius erleichtert. Sollte die 3. Rede gegen die Arianer unterderhand auch an die Adresse Photins gerichtet sein, wäre es möglich, sie jenen Distanzierungsbemühungen des Athanasius gegen Ende seines 2. Exils zuzuordnen; als wichtige Voraussetzung für die erst später z u m Ausbruch kommenden christologischen Streitigkeiten (Tetz: Z N W 66 [1975] 2 1 4 f f ) würde sie zugleich jene Fragestellung repräsentieren, mit der Athanasius bei seiner Rückreise nach Alexandrien auf den jungen, sich ihm freundschaftlich verbindenden Apollinaris von Laodicea Einfluß genommen hätte (Sozomenus, hist. eccl. VI, 25,7). A m 21. 10. 346 bereiten die Alexandriner ihrem heimkehrenden Hirten einen triumphalen Empfang. Der Waffenstillstand zwischen Kaiser und Bischof sowie selbst Kontaktbemühungen der eingefleischten Antiathanasianer Valens und Ursacius (CSEL 65,143 f f ) bedeuteten jedoch nicht, daß auch die orientalischen Gegner des ägyptischen Papstes die Waffen ruhen ließen (CSEL 65,146 ff); und Constantius selber hatte natürlich die Erpressung seiner Zugeständnisse nicht vergessen. Kaum w a r Athanasius wieder in Alexandrien, traf jener auch schon Vorkehrungen, die Akte Athananasius jederzeit zur Hand zu haben (h. Ar. 23,3). 1.5.

350-361

Nachdem Constans bei der Erhebung des Magnentius (350) ums Leben gekommen war, suchte dieser die Unterstützung des alexandrinischen

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Äthan asi ana

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Bischofs (apol. ad Const. 6 ff). „Beide, der Usurpator und der rechtmäßige Kaiser, sahen in der ägyptischen . . . Kirchenprovinz ein Sondergebiet, das dem weltlichen H e r r s c h e r nur insoweit gehorchte, als Athanasius es zuließ" (Schwartz, GS IV, 27). Die durch den Sieg über Magnentius errungene Herrschaft des Constantius auch über den Westen führt eine kirchenpolitische Wende herbei (vgl. T R E 3 , 7 0 9 ) , die Athanasius alsbald zu spüren bekommt. F ü r ihn beginnt ein Jahrzehnt zähen Ringens; dies zeigen die zahlreichen Produkte seiner vielfältigen, sich jetzt erheblich steigernden schriftstellerischen Aktivitäten (besonders bemerkenswert ist dabei, daß Athanasius sich nun auch sofort gedrängt sieht, die theologische Entscheidung v o n N i c ä a als Thema aufzugreifen: De decretis N i c a e nae synodi, 3 5 0 / 3 5 1 ) . Es ist allerdings umstritten, in welchem Maße diese Produktivität repräsentativ ist für die tatsächliche Einflußnahme des Athanasius auf den weiteren Verlauf des arianischen Streits. Nach Leroux (Politique et théologie 145 ff) wäre der ,Streiter für das Nicaenum' seit 350 im Orient sogar völlig an den Rand des theologischen Geschehens gerückt; er hätte auch seinerseits die weitere theologische Entwicklung nicht mehr zur Kenntnis genommen, geschweige denn beeinflußt. Seine zunehmende Bindung an das Nicaenum, die durch die immer unverhüllter zutage tretenden und von Athanasius schon frühzeitig durchschauten Tendenzen der offiziellen Kirchenpolitik ab 350 veranlaßt wurde (vgl. T R E 3, 709), ließ ihn gewiß auch in „verärgerte(r) Unsicherheit seiner Stellung gegenüber dem neu erwachenden theologischen Leben des übrigen Orients" (Lietzmann, Gesch. der Alten Kirche 111,252) akute Gegensätze auf die ursprünglichen des arianischen Streits zurückführen; sein beharrliches Festhalten am nizänischen Bekenntnis ließ ihn jedoch nicht nur dessen schließliche Durchsetzung, sondern zugleich dessen Präzisierung entscheidend fördern und ihn somit durchaus auch während der „zweiten Phase der arianischen Krise" in keineswegs unerheblichem Maße Einfluß nehmen. Daß Athanasius im letzten Jahrzehnt der Regierung des Constantius II. in Ägypten blieb und seine Kräfte, auch nachdem er aus Alexandrien hatte weichen müssen, vor allem seiner Diözese widmete, kann vor dem Hintergrund der beiden voraufgegangenen Exile leicht zu einer Fehleinschätzung seiner,Randposition' nach 346 provozieren. Die Gunst der politischen Lage veranlaßte 352 die orientalischen Gegner des Athanasius, erneut auf R o m zuzugehen (Pietri, R o m a Christiana, 1976, 2 3 7 f f ) ; und der neue Papst Liberius plant denn auch ein Konzil. Aber weder Athanasius, der von ihm vergebens nach R o m zitiert wird, noch Constantius, der seinen Erfolg im Westen ohne Retard auch im kirchlichen Bereich respektiert sehen will, lassen sich darauf ein. Mit dem Edikt von Arles ( 3 5 3 ) fordert der Kaiser wohl die Unterzeichnung eines Briefes der Orientalen, der in Beantwortung der westlichen Ankündigung I einer Verdammung Photins im Jahre 3 4 7 / 8 Marcellus, Photin, Athanasius als K e t z e r nebeneinandergestellt hatte (Girardet: Politique et

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Athanasius von Alexandrien

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théologie 63 ff). Die meisten fügen sich und verurteilen Athanasius auf den Synoden von Arles (353) und Mailand (355). Die wenigen, die widerstehen, darunter die Bischöfe von Trier, Vercelli, Cagliari, Mailand, schließlich auch Liberius von Rom, werden ins Exil geschickt. Gegen die Alexandriner aber gelingt es den kaiserlichen Beauftragten weder eine Ladung des Athanasius an den Hof (Mai 353) noch dessen Verhaftung (Aug.-Dez.355) durchzusetzen (h. Ath.3-4; apol. Const. 19-22); und selbst nach dem Einmarsch der im ägyptisch-libyschen Raum stationierten Legionen in Alexandrien (6.1.356) und auch besonders der nächtlichen Besetzung der Theonaskirche (8.2.356), in der Athanasius gerade Vigiliengottesdienst hielt, kann dieser, als er die Menge der Gottesdienstbesucher fortgeschickt hatte, durch listige Hilfe todesmutiger Mönche und Priester entkommen (h. Ath. 5; fug. 24; h. Ar. 81). Die Beschlagnahme der alexandrinischen Kirchen und die Einsetzung des Gegenbischofs Georgius (24.2.357) leiten für die Athanasianer eine Schreckenszeit ein (h. Ar. 53 ff). — In die Zeit des Georgius gehört auch der Fall des Frumentius, der es beim Herrscherhaus von Axum zu Ansehen und Stellung gebracht hatte und der von Athanasius zum ersten Bischof im äthiopischen Bereich ordiniert worden war. Constantius suchte den Herrscher von Axum zu bestimmen, Frumentius und mit ihm die äthiopische Kirche Georgius zuzuführen und den reichskirchlichen Einheitskurs auch in dem nicht zum Reichsgebiet gehörigen Äthiopien einzuschlagen (apol. ad. Const. 31; s. J. Vogt: KGMG, I 1974, 181 f; Klein 238-250). - Am 2.10.358 verjagen die gepeinigten Alexandriner in einem Aufstand Georgius, der dann erst nach drei Jahren eine Rückkehr wagt. Nachdem der Tod des Constantius bekannt geworden war, wurde der nicht nur bei Athanasianern verhaßte Mann eingekerkert und am 24.12.361 ermordet (h. Ath. 6-8). Athanasius hatte sich seit längerem die Anerkennung weiter Kreise des ägyptischen Mönchtums erringen können. Pachomius soll ihn, Antonius und die pachomianische Mönchsgemeinschaft als die drei wichtigsten Faktoren der kirchlichen Zeitgeschichte angesprochen haben (v. Pach.: Halkin 86.390). Im Jahre 354 kann Athanasius eine Reihe befreundeter Mönche bzw. Klostervorsteher aufzählen, die Bischöfe geworden waren (ep. ad Drac. 7). Vielleicht ist er überhaupt der erste gewesen, der in der Reichskirche Mönche ordiniert hat (Loofs: RE3 2,198,33). Sein treuer Freund Serapion, Bischof von Thmuis und einer der ehemaligen Klostervorsteher, wird zusammen mit Athanasius vom sterbenden Antonius besonders bedacht (v. Anton. 91). Mönche sind es nun, bei denen der von seinen Häschern gejagte Bischof von Alexandrien Unterschlupf findet (vgl. Gregor von Nazianz, Or. 21,20). Von ihren Verstecken aus überwacht er seine Diözese. Mit ihrem — kirchlich zu integrierenden — Leben befaßt er sich in der Vita Antonii exemplarisch. An sie wendet er sich aber

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Athanasiana

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auch w ä h r e n d dieses E x i l s in mehreren Schriften, u m sie f ü r den G l a u bensstreit z u rüsten. Die Apologia ad Constantium ist durch den 3 5 7 erlassenen H a f t b e f e h l (mit F a h n d u n g bis in die Länder der „ B a r b a r e n " , apol. ad. C o n s t . 2 9 , 3 ) veranlaßt. A t h a n a s i u s , der seit seiner kirchlichen Verurteilung rechtlich als homo privatus anzusehen ist, verteidigt sich mit ihr gegen die A n k l a g e des crimen laesae maiestatis ( A u f h e t z u n g des C o n s t a n s gegen C o n s t a n tius; H o c h v e r r a t mit Magnentius; vorzeitige N u t z u n g einer v o n C o n stantius g e b a u t e n Basilika; Widerstand gegen kaiserliche Befehle) — ähnlich geschickt u n d listig, wie er seinerzeit erfolgreich die kaiserlichen B e a u f t r a g t e n abgefertigt hatte. D i e wiederholten Versuche des A t h a nasius, mit seiner Publizistik C o n s t a n t i u s u m z u s t i m m e n und die O p p o sition der B i s c h ö f e z u stärken, scheitern. D a r u m ist es ihm n u n m e h r evident, daß die k o n s e q u e n t e kaiserliche F ö r d e r u n g der „ A r i a n e r " „Wegbereitung des A n t i c h r i s t " sei. V o n dieser A u f f a s s u n g b e s t i m m t ist die Historia Arianorum, die sich an die M ö n c h e und das K i r c h e n v o l k wendet; I von ihr geleitet sind o f f e n b a r dann auch die G e w a l t m a ß n a h m e n der J a h r e 358—361, mit denen d a s kaiserlich unterstützte G e w a l t r e g i m e n t des G e o r g i u s v o n den Alexandrinern beantwortet wird. „ D i e Idee der K i r c h e n freiheit ist ... v o n A t h a n a s i o s und seinen F r e u n d e n erstmals auch gegen einen christlichen H e r r s c h e r verfochten w o r d e n . D a s bleibt eine b e d e u t s a m e Tatsache auch dann, wenn m a n ihre taktischen V o r a u s s e t z u n g e n d u r c h s c h a u t " (v. C a m p e n h a u s e n 79). M i t den B r i e f e n an Serapion ü b e r den heiligen G e i s t wird eine neue P h a s e der A u s e i n a n d e r s e t z u n g u m d a s N i c a e n u m eingeleitet. Sie bieten zugleich eine wesentliche Grundlage f ü r die bald einsetzenden B e m ü h u n gen d e s A t h a n a s i u s u m K o n s o l i d i e r u n g der nizänischen O r t h o d o x i e . 1.6.

361 - 3 7 3

N a c h d e m unerwarteten T o d des C o n s t a n t i u s ( 3 . 1 1 . 3 6 1 ) trat J u l i a n , der w e g e n seines A b f a l l s v o m Christentum den B e i n a m e n „ A p o s t a t a " erhielt, die H e r r s c h a f t an. D u r c h die s o f o r t i g e A b s c h a f f u n g der Vorrechte des C h r i s t e n t u m s w a r e n natürlich b e s o n d e r s jene betroffen, die v o n C o n stantius b e g ü n s t i g t w o r d e n waren; andererseits d u r f t e n verbannte C h r i sten z u r ü c k k e h r e n ( A m m i a n u s Marcellinus 2 2 , 5 , 3 ) . A u c h A t h a n a s i u s n i m m t die A m n e s t i e in A n s p r u c h ; a m 2 1 . 2 . 3 6 2 ü b e r n i m m t er w i e d e r die F ü h r u n g des alexandrinischen Patriarchats. Vermutlich n o c h im April 362 tagte unter der L e i t u n g des A t h a n a s i u s in A l e x a n d r i e n d a s „ K o n z i l der K o n f e s s o r e n " ( R u f i n , hist. eccl. 1 , 2 7 - 2 9 ; vgl. Tetz: Z N W 66 [1975] 194ff). N a c h Beschluß einer maßvollen R e g e lung z u r A u f n a h m e derjenigen, die aus d e m antinizänischen L a g e r zu den N i z ä n e r n z u r ü c k k e h r e n bzw. übergehen wollten (s. E p . ad R u f i n . ) , befaß-

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Athanasius von Alexandrien

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te sich eine,engere' Synode noch gesondert mit der antiochenischen Frage (tom. ad Ant. 9,1). Als Unterzeichner der Verhandlungsergebnisse erscheinen neben ägyptisch-libyschen Bischöfen auch Euseb von Vercelli, Diakone Lucifers, der an Alexandrien vorbei nach Antiochien gegangen war, und Diakone des Eustathianers Paulinus (tom. 9,4; nur als anwesend werden vom Redaktor des Tomus Mönche des Apollinaris bezeichnet, während die ebenfalls beteiligten Meletianer ungenannt bleiben, da die Gemeinschaft mit ihnen zum Zeitpunkt der Synode nicht offiziell war und dann in der Folgezeit auch nicht zustande kam). Es war Athanasius gelungen, die Suffizienz des Nicaenum zum ersten Male durch einen Synodalbeschluß erklären zu lassen (tom. 4). Das nizänische Bekenntnis impliziert nun auch Anathematisierung der Lehre, daß der heilige Geist ein Geschöpf und von der ούσία Christi getrennt sei (tom. 3,1). Damit setzte man im Grunde die Linie des Serdicense fort (F. Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Serdica, 1909,7 ff); gleichwohl wurde gerade dieses Bekenntnis, an dem die Eustathianer festhielten, von Athanasius mit Entschiedenheit zugunsten des Nicaenum eliminiert (tom. 5,1 f), weil es mit seinem marcellisch-abendländischen Gepräge („eine Hypostase") einer Öffnung der altnizänischen Kreise des Orients in Richtung auf sog. „Jungnizäner" hinderlich war. Selbst dem „Homousianer" Basilius von Ancyra, dem Disputationssieger über Photin, hatte Athanasius schon früher Avancen machen können (syn. 41,2). Nun ging es um die „jungnizänische" Meletius-Gemeinde in Antiochien, deren Drei-Hypostasen-Lehre die Synode als nizänisch zuließ (Tetz: ZNW 66,208), zumal es auch im unbestritten nizänischen Lager Vertreter einer solchen Lehre gäbe (Apollinaris). Athanasius hat freilich zeit seines Lebens nur von einer Hypostase der Gottheit gesprochen, (tom. 5 ist Protokoll. In illud: Omnia mihi tradita sunt 6 ist unecht; s. Hugger: ZKTh 42 [1918] 437ff. Die Schrift De inc. et contra Arianos stammt nicht von Athanasius und ist überdies in c. 10 interpoliert; vgl. ZKG 75 [1964] 224.244. Osterbrief 36 Frgm. 1: CSCO 150,69f, ist unecht, vgl. Laminski 115; der schon von C. Schmidt angenommene textliche Zusammenhang mit Frgm. 2 bleibt völlig ungesichert, da die Uberschrift zu Frgm. 1 und der Anschluß zu Frgm. 2 — p. 97-106 fehlen! — nicht erhalten sind.) Daß der Konsensus in der Trinitätslehre nicht zur erhofften Wirkung kommen sollte, lag aber nicht an | der Terminologie des Athanasius, sondern an dem direkten Eingreifen des Rigoristen Lucifer, der durch die Ordination des Eustathianers Paulinus die Meletianergemeinde in Antiochien verprellte. Die Synode von 362 hatte sich außerdem mit einer intern nizänischen Diskussion zu befassen, die den Auftakt für die christologischen Streitigkeiten (Jesus Christus; vgl. Grillmeier) gab. Im Streit lagen die Eustathianer (tom. 7,1), die den Inkarnierten nach dem Schema Wort-Mensch

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Athanasiana

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verstanden und sich deshalb gegen den Verdacht eines Photinianismus (und „Arianismus"?) wehren mußten, mit den Schülern des Apollinaris (tom. 7,2-3), deren Christologie nach dem Schema Wort-Fleisch konzipiert und daher ihrerseits dem Verdacht eines „Arianismus" (Eudoxius) ausgesetzt war (s.Tetz: ZNW 66,208 ff). Durch Rückgriff auf Athanasius, Ar. III, 30—33, fand man den Weg, auf dem man sich treffen und schließlich auch verständigen konnte. Deutlich erkennbar wird die Bemühung des Athanasius, auch die christologische Erklärungen dieser beiden Gruppen an das nizänische Bekenntnis (σαρκωϋέντα, έναν-öpωπήσαντα) [fleischgeworden, menschgeworden] zu binden (s. Schlußsatz des Protokolls tom. 7,3: περί τής σαρκώσεως καΐ ένανϋρωπήσεως τοΰ λόγου [über die Fleischwerdung und Menschwerdung des Wortes]). Doch damit kann der ,Vater der nizänischen Orthodoxie' nicht verhindern, daß die verschieden disponierten nizänischen ,Söhne' wieder auseinanderstreben: Paulinus (tom. 11,2) sieht in tom. 7 die ένανΦρώπησις, Apollinaris (ep. Diocaes. 1) die σάρκωσις behandelt. Athanasius hat auch in der Christologie nicht die beiden durch den Tomus erfaßten Konzeptionen selber vertreten. Das christologische Problem wird von ihm im Rahmen des Wort-FleischSchemas gesehen; darum steht er in dieser Frage Apollinaris näher als den Eustathianern (Grillmeier 308ff). Die — erst nachträglich wahrgenommene — Spannung der Inkarnationsformeln des Nicaenum, die Athanasius in tom. 7,3 aufzunehmen suchte, wurde unter seinen Zeitgenossen am ehesten durch Marceli von Ancyra gewahrt (vgl. A. Grillmeier: Tr.33 [1977] 62). Julian reagierte auf das Wirken des alexandrinischen Bischofs, bes. auf dessen Bekehrungserfolg bei höhergestellten Heiden, mit Erlassen, die seine Ausweisung aus Alexandrien und schließlich aus Ägypten befahlen. Wohl auf einen Wink des Präfekten Ecdicius verließ Athanasius am 24.10.362 die Stadt und verhinderte dadurch, daß der weitergehende Erlaß ausgehändigt und somit für ihn rechtskräftig werden konnte (Seel). Sein Wort an die Freunde: „Wir wollen uns ein wenig zurückziehen, denn es ist ein Wölkchen und geht vorüber!" (Sokrates, hist. eccl. III, 14, 1), erfüllte sich schon bald: Julian fiel am 26.6.363. Von Jovian konnten sich die Nizäner einer Erneuerung der Reichskirche im Sinne ihrer Orthodoxie erhoffen. Athanasius kam in eiliger Reise seinen ägyptischen Gegnern zuvor und wurde nach Einreichung eines Bekenntnisses (ep. ad. Iov.: Nicaenum!) in Antiochien vom Kaiser als Bischof bestätigt. Hingegen kam es dort nicht zu einer Aufnahme der Gemeinschaft mit Meletius. Die alte Verbindung des Athanasius mit der Eustathianergemeinde bildete offenbar eine unüberwindbare Schranke, und Meletius war nach der grundsätzlichen Anerkennung durch die Synode von 362 auf den alexandrinischen Bischof nicht mehr angewie-

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sen. — Zur gleichen Zeit, als Athanasius wieder in sein Patriarchat einzog (14./20.2.364), starb Jovian. Valens, Augustus des Ostreiches, hielt sich an den Arianismus homöischer Prägung (Synodalbekenntnis von Konstantinopel 360: Athanasius, syn. 30; Kelly, Altchristl. Glaubensbekenntnisse, 1972, 290 ff). Am 5.5.365 wurde in Alexandrien sein Edikt veröffentlicht, daß alle von Constantius abgesetzten und unter Julian zurückgekehrten Bischöfe wieder vertrieben werden müßten (h. Ath. 16). Angesichts der Erregung der alexandrinischen Massen und ihres Einwandes, daß das Edikt auf ihren Bischof, der von Julian ausgewiesen und von Jovian restituiert worden sei, nicht angewendet werden dürfte, stellte der Präfekt Flavian zur Beruhigung der Bevölkerung eine kaiserliche Entscheidung in Aussicht (ebd.). Am 5.10.365, bevor | noch diese Entscheidung bekannt wurde, entwich Athanasius heimlich aus der Stadt, so daß der Präfekt mit seinen Soldaten ein paar Stunden später vergebens nach ihm suchte. Aber schon am 1.2.366 wurde durch einen kaiserlichen notarius die Restitution öffentlich verkündet und durch offizielle Einholung des Athanasius vollzogen (h. Ath. 17). Für den Rest seines Lebens hatte er keine weiteren Behelligungen seiner Person durch Maßnahmen kaiserlicher Kirchenpolitik zu erleiden. Der Versuch des „Arianers" Lucius, sich im September 367 als alexandrinischer Bischof zu etablieren, führte zu Unruhen, so daß er von den Behörden in Schutzhaft genommen und unter militärischer Bedekkung nach Nikopolis abgeschoben werden mußte (h. Ath. 19). Dieser Fall zeigt, daß es noch immer eine aktive „arianische" Opposition in Ägypten gab, auch wenn sie zu Lebzeiten des Athanasius keine Chancen mehr hatte. Gegen 370 zielen bestimmte Bemühungen des alexandrinischen Bischofs um den Westen (nicht erhaltener Brief an Damasus von Rom; ep. Afr.) indirekt auf die homöisch orientierte Kirchenpolitik im Osten. Die von Athanasius gewünschte Verdammung des Arianers Auxentius von Mailand wurde 371 von einer römischen Synode beschlossen; der Diakon Sabinus brachte die Nachricht davon nach Alexandrien (M. Richard: AnBoll 67 [1949] 178 ff) und wurde von Athanasius zu Basilius von Cäsarea weitergeschickt. Dieser hatte sich schon einige Zeit um die Freundschaft des benachbarten Meletius bemüht, „um dem Ziele näherzukommen, ... die orthodox-nicaenischen Kirchen der pontischen und soweit möglich auch der Dioecesis Oriens zu einem einheitlichen, von ihm geführten Block zu vereinigen" (Schwartz: GS IV, 55); er hatte darum auch die Autorität des greisen, anscheinend von ihm unterschätzten Athanasius einzuspannen gesucht, um Rom für Meletius zu interessieren (ep. 66). Daraufhin war aber lediglich der alexandrinische Diakon Petrus mit der aussichtslosen Aufgabe betraut worden, die zerstrittenen Nizäner Antiochiens zu einigen (Basilius, ep.69,1). Als Basilius nun sogar den

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Athanasiana

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meletianischen Diakon Dorotheus über Alexandrien nach R o m hatte schicken wollen (epp. 69; 67), waren die Schwierigkeiten offenbar geworden: Basilius hatte die Zurückstufung des eustathianischen Bischofs Paulinus zugunsten des Meletius und eine Verurteilung des Marceil gefordert, mit dem die Eustathianer kommunizierten; mit diesen wiederum war Athanasius durch eine alte Freundschaft verbunden. Nach den Vorstellungen des Basilius hätten sie sich irgenwie fügen sollen, wenn von Athanasius die Gemeinschaft mit Meletius aufgenommen worden wäre. Meletius aber tat nichts, um auf Athanasius zuzugehen (Basilius, ep. 89,2); und Athanasius hatte seit 363 seine Gründe, über ihn verstimmt zu sein. Indem er nun den Meletianer Dorotheus mit Sabinus zu Basilius zurückschickt, bringt er dessen Pläne zum Scheitern. Der Alexandriner hatte sich gegen Meletius und für die Eustathianer entschieden; als Sommer/Herbst 371 die Marcellianer eine Gesandtschaft nach Alexandrien schickten, stimmte dort eine Synode unter der Leitung des Athanasius ihrer theologischen Erklärung, die am Tomus ad Antiochenos orientiert war, zu ( Z N W 64 [1973] 78 ff). Auf die drängenden Briefe des Basilius kam aus Alexandrien keine Antwort. In einem nicht klar erkennbaren Zusammenhang mit der MarcellianerAngelegenheit steht der Brief des Athanasius an Epiktet von Korinth. Er zeigt den alexandrinischen Bischof bei der Abwehr christologischer Lehren, die auf dem Boden des nizänischen Bekenntnisses gewachsen waren. Mit diesem Schreiben, das zu kanonischen Ansehen kommen sollte, und dem kurz darauf geschriebenen Brief an den Philosophen Maximus hat Athanasius im Rahmen seiner Möglichkeiten noch einmal ein deutliches Wort gesprochen. Entscheiden konnte er damit den ausgebrochenen Streit nicht mehr, auch wenn er entscheidend dazu beigetragen hatte, das christologische Problem als theologisches Zentralproblem zu erkennen. Am 2. oder 3. (h. Ath.20) Mai 373 ist Athanasius gestorben. |

2. Werk Bischöfliches Wirken bestimmte das Werk des Athanasius. Dementsprechend besteht die Masse seiner literarischen Hinterlassenschaft aus ,Gelegenheitsschriften', die unablösbar zu den Kämpfen seines Lebens gehören und gewiß eher dieserhalb als aus literarischen Gründen zu höchster Wertschätzung kamen. Am vollständigsten sind die Athanasius-Schriften erfaßt durch M. Geerard (CPG). Ausführlichere Behandlung der Einleitungsfragen und z.T. auch theologischer Probleme in den patrolog. Handbüchern bzw. modernen Editionen (dazu die Arbeiten von Stülcken u. Roldanus). Unter Verweis hierauf und auf

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die entsprechenden Teile der Artikel Arianismus, Heil und Erlösung, Heiliger Geist, Jesus Christus, Nicäa, Trinität, werden in diesem Abschnitt zur Ergänzung der Lebensbeschreibung des Athanasius 1) ein Verzeichnis der bedeutenderen Schriften (mit Versuch einer chronologischen Anordnung) und 2) eine Skizzierung besonderer Forschungsprobleme geboten.

2.1.

Athanasius-Schriften

CPG 2102 Epistulae festales (zu den Osterfesten 329ff). — CPG 2106 Epistula ad Amunem (?). — CPG 2090/91 Contra gentes - De incarnatione Verbi (335/337?). — CPG 2124 Epistula encyclica (339). — CPG 2099 In illud: Omnia mihi tradita sunt (340/341?). - CPG 2093 Orationes contra Arianos I—II (340/341?). - CPG 2093 Oratio contra Arianos III (345/346?). - CPG 2120 De decretis Nicaenae synodi (350/351). - CPG 2121 De sententia Dionys» (351-355?). - CPG 2132 Epistula ad Dracontium (354). - CPG 2101 Vita Antonii (nach 356). - CPG 2123 Apologia secunda (356/357). — CPG 2129 Apologia ad Constantium (357). — CPG 2122 Apologia de fuga sua (357). — CPG 2094 Epistula I ad Serapionem (357/358). - CPG 2126 Epistula ad monachos (357/358). - CPG 2127 Historia Arianorum (357/358). — CPG 2125 Epistula ad Serapionem de morte Arii (357/358). - CPG 2094 Epistula (II/III) ad Serapionem (357/358). - CPG 2094 Epistula IV ad Serapionem 8-23 (358?). — CPG 2094 Epistula IV ad Serapionem 1-7 (358/359?). - CPG 2108 Epistula ad monachos (358/359?). - CPG 2092 Epistula ad episcopos Aegypti et Libyae (-361). — CPG 2097 Epistula ad Marcellinum (?). - CPG 2241 Epistula catholica (361?). - CPG 2098 Epistula ad Adelphium (?). - CPG 2128 De synodis (361/362). - CPG 2134 Tomus ad Antiochenos (362). - CPG 2107 Epistula ad Rufinianum (362). - CPG 2135 Epistula ad Iovianum (363). — CPG 2103 Epistula ad OrsisiumI (vor 368). — CPG 2104 Epistula ad Orsisium II (368) - CPG 2133 Epistula ad Afros (369/371). CPG 2095 Epistula ad Epictetum (Jahreswende 371/372). - CPG 2100 Epistula ad Maximum (Anfang 372). Unter den Schriften De virginitate u.ä. (CPG 2145 f f ) scheint C P G 2 1 4 7 am ehesten als Athanasianum in Frage zu kommen (vgl. Aubineau; bes. Crimi und Duval, die Leforts These, Athanasius habe auch koptisch geschrieben, mit guten Gründen abgewiesen haben). — C P G 2231 Contra Apollinarium /-// wurde — gegen Torrance, Dragas — nicht aufgenommen (vgl. Lebourlier: RSPhTh 46 [1962] 629 ff; 47 [1963] 161 ff u. A.Grillmeier, Mit ihm u. in ihm, 1975, 1 4 2 f f ) . — C P G 2 1 3 0 Epistula ad Ioannem et Antiochum und C P G 2121 Epistula ad Palladium, im Dienste der Basilius-Apologie, sind wahrscheinlich unecht.

2.2.

Forschungsprobleme

Die Festbriefe ( C P G 2 1 0 2 ) sind eine der wichtigsten Quellen für die Vita des Athanasius wie für seine Theologie und Spiritualität. Ihre überlieferte Reihenfolge, von Schwartz (GS IV, 1 f f ) aufgrund unterschiedlicher A n -

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Äthan asi ana

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gäbe der Fastenzeiten in Frage gestellt, galt nach Leforts Einbringung der koptischen Fragmente (CSCO 150-151) als gesichert. Aber schon Peri (38) mußte eine Vertauschung des 3. Briefes mit dem 14. zugestehen; und Sakkos (Τόμος έόρτιος ..., hg. v. I. Mantzarides, Thessaloniki 1974, 157) zeigt die Schwäche der These Leforts, dabei zugleich die Unechtheit der Briefe 17 u. 18 nachweisend (140f. 160). Die einheitliche Zählung der Briefe bei den späten Tradenten macht Schwartz' Kritik nicht überflüssig, sondern angesichts der Widersprüche notwendig. Peris Aufteilung des 10. Briefes auf 337 und 338 (38), die durch eine Auslassung in Curetons Edition (London 1848) begründet ist, entfällt. Der fehlende Text (wie auch der des 11. Briefes) ist bereits von Burgess in seiner englischen Übers, der Briefe (1854 [LoF]), die von der Forschung bis heute nicht zur Kenntnis genommen wurde, veröffentlicht; er enthält eine für die maßvolle athanasianische Einschätzung der Askese bemerkenswerte Auffassung des Wortes von der 100-, 60-, 30-fältigen Frucht und bietet damit eine wichtige Stütze für die Echtheit der epistula ad virgines (CPG 2147; C S C O 150,82 ff). Gegenüber der älteren Auslegung, die dem Märtyrer die 100-fältige Frucht zusprach, ist er vielleicht das älteste (antimelitianisch gewandte?) Zeugnis für die höchste Einstufung der Jungfräulichkeit, das aber die Auffassung der Ehe als ,Gnadengabe' impliziert (vgl.

epistula ad Amunem). Gegen die Heiden — Über die Menschwerdung

des Wortes (CPG 2090/

91) sind ein zusammengehöriges Doppelwerk. Das dogmatische Interesse der alten Kirche z.Z. der christologischen Streitigkeiten und die seit dem 19. Jh. (bes. unter dem Einfluß von Schleiermachers Erlösungsverständnis: J. A. Möhler!) aufgekommene dogmengeschichtliche Interessenahme an der athanasianischen Inkarnations- und Erlösungslehre hoben De incarnatione als einen klassischen Text heraus. Für die Interpretation und Beurteilung von erheblicher Bedeutung ist die Frage der Datierung des Werkes, über dessen Entstehung keine direkten Zeugnisse vorliegen. Es ist eine alte Streitfrage (s. Kannengiesser: RSR 58 [1970] 343 ff), ob es sich um eine Jugendschrift handelt, die noch vor Ausbruch des arianischen Streits anzusetzen wäre (so schon Montfaucon, jetzt auch noch M e t e ring), oder ob es wie die meisten anderen theologischen Werke des Athanasius in Exilszeiten geschrieben wurde (so schon Tillemont; dazu die prägnanten Bemerkungen von E. Schwartz, Der sog. Sermo maior, 1925, 41 Anm. 1; bes. auch Kannengiesser aaO.). Im ersten Falle wäre es als private Übungsarbeit eines jungen Mannes aufzunehmen (Meijering), die bis zu einem gewissen Grade repräsentativ für den alexandrinischen Studienbetrieb wäre; im anderen Falle müßte man es als Werk des theologisch schon etwas reiferen Bischofs ansehen. Zur völligen Evidenz läßt sich eine Beweisführung hierbei anscheinend nicht mehr bringen. Wahrscheinlicher ist wohl, daß Athanasius das Werk in der Zeit seines Trierer

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Athanasius von Alexandrien

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Exils (335—337) verfaßt hat, unter dem Druck seiner Lage sich innerhalb der relativ harmlos erscheinenden Formen altchristlicher Apologetik bewegend, diese aber schon im Ansatz (Kreuz Christi gent. 1 und inc. 1!) durchbrechend. Nähe zum apologetischen Material Eusebs von Cäsarea (Kehrhahn) läßt sich nicht als direkte Abhängigkeit erweisen. Der heilsgeschichtliche Rahmen der Apologetik, wie ihn Euseb bietet (,Erziehung des Menschengeschlechts'), ist fallengelassen. Das Werk ist ein unter Einflüssen griechischen Denkens (Meijering) auf paulinische (kleinasiatische?) Traditionen zurückgreifendes Gegenstück zur Apologetik Eusebs, dessen Konzeption Athanasius spätestens in Nicäa — hier jedoch schon neben der des Marceil — bekannt geworden sein muß. Einen offenen Angriff auf seine Gegner konnte der exilierte Bischof sich nicht leisten (Festbr. 10 Anf.); das Reden vom Ιδιος λόγος [eigenes Wort] (gent.2; 40; inc. 3; 11; 32) und vom άληΐΚνός υΙός [wahrer Sohn] (gent. 46; inc. 20; 32; 55 — in beiden Schriften gegen Schluß!) steht aber im (unausgesprochenen) Gegensatz zur Lehre des Arius. Das W e r k hat eine 2. Auflage ( „ K u r z e R e z e n s i o n " ) erlebt, die nicht v o n Athanasius stammt. D e r Annahme eines apollinaristischen Ursprungs ( K a n nengiesser) wird eine entscheidende Voraussetzung genommen durch die Anwendung eines Ergebnisses von E b i e d / W i c k h a m , die der herrschenden These über apollinaristische Interpolationen der Athanasiana (bestimmend L e b o n : R H E 31 [ 1 9 3 5 ] 713 ff) den Boden entzieht. E h e r ist an eustathianischmarcellianische Kreise zu denken (Politique et théologie 183 ff).

Die 3. „Arianerrede" wird wegen Fehlens des Ostergedankens von Kannengiesser Athanasius abgesprochen (Sekretärs-Hypothese: R S R 63,438). Der deutliche terminologische Abstand zu den beiden ersten Reden u.a. ist aber thematisch bedingt. Für die Annahme einer Bekämpfung arianischer und photinianischer Lehre von der Inspiration Jesu (c. 1; 30) sprechen wohl die expliziten Abweisungen einer solchen Lehre bei den Eustathianern (tom. 7,1; vgl. 11,2: ausdrückliche Verdammung Photins) und den Marcellianern (exp. fid. 4,1; Z N W 64 [1973] 81 f), für die c. 30 richtungweisend ist. Deshalb wird an der Echtheit dieser Rede festgehalten; sie ist nur nicht wie bisher mit den beiden anderen auf dieselbe Zeit anzusetzen. Für die Christologie des Athanasius, um deren Auffassung ein verbissener Kampf geführt wird (Wort-Fleisch oder Wort-Mensch? s. zum Stand der Diskussion Grillmeier), könnte es von Nutzen sein, den Zusammenhängen von Christologie und | Darstellung des vollkommenen Christen in der Vita Antonii, wie sie Dörries (181 ff) angesprochen hat, nachzugehen, um zugleich zu einem angemessenen Verständnis der (bes. seit A. Ritsehl) verschrieenen Vergottungslehre zu kommen, zu dem auch die Arbeit von D . Ritsehl beiträgt.

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Athanasiana

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D i e Züge der Spiritualität des Athanasius, die über den Fragen nach seiner Kirchenpolitik und Theologie vernachlässigt wurden, begann namentlich Sieben zu erhellen (Hermeneutik u. Gebet: Psalmen!). Das Amtsverständnis des Athanasius wird nicht schon dadurch erreicht, daß man ihn als reinen Hierarchen zeichnet (Schwartz). N a c h v. Campenhausen fehlt dem Alexandriner „jede Distanzierung zwischen dem religiösen Anliegen, das er vertritt, und der kirchlichen Position, die er zu halten wünscht" (78). Hier ist die epistula ad Dracontium zu berücksichtigen: In der Verantwortung vor seinem Herrn lebt der Bischof nach seiner Ordination nicht mehr sich selbst, sondern denen, für die er ordiniert ist (2), wie er auch zu Kooperation und Streitgenossenschaft im Kirchenkampf des 4. Jh. verpflichtet ist (6). E r , w ü n s c h t ' seine ,kirchliche Position zu halten', weil der Auftrag des Herrn und seiner Gemeinde (für Athanasius ist noch der Auftrag seines ,Vaters' Alexander zu nennen) ihn in die Verantwortung für die Kirche bindet; ihr muß nach dem Vorbild des Paulus das Evangelium verkündet werden (4; 8) — zumal in Verfolgungszeiten mit der Zuversicht: „,In allem dem überwinden wir' ( R o m 8,37), vornehmlich weil wir nicht der Weltzeit (καιρφ), sondern dem H e r r n (κυρίφ) dienen müssen" (3). Im Kreuz als dem Zeichen des Sieges Christi über Tod und Teufel findet Athanasius die Kräfte, mit denen er im aufreibenden Kirchenkampf seiner Zeit durchzuhalten vermag.

3. Nachwirkung Die tiefe Krise, in die die Reichskirche durch den „Arianismus" geraten war, erkannt und durch entschiedenes Eingreifen überwunden zu haben, darf weithin als die persönliche Leistung des Athanasius gelten. Mit Aufnahme und partieller Durchsetzung (Alexandrien 3 6 2 ) des Nicaenum hat er auf entscheidende Weise zum Entstehen der nizänischen O r t h o d o xie beigetragen, auch wenn dann in der Reichskirche des Theodosius I. jüngere Kräfte des nizänischen Lagers zum Siege kommen sollten, denen Athanasius mit seinem Tomus von 362 eher nur die Wege geebnet hatte (vgl. das dankbare L o b des Gregor v. Nazianz, or. 2 1 , 3 5 ; Z N W 66, 208). Immerhin läßt Basilius v. Cäsarea Einflüsse athanasianischer Trinitätslehre erkennen, und gelegentlich gilt ihm schon ,Eifer für Athanasius' als Ausweis von Rechtgläubigkeit (ep. 154). Deutlicher noch ist die Abhängigkeit seiner alten Freunde: Apollinaris einerseits und Marcellianer/Eustathianer (hier 1. Athan.-Florileg aufgrund von Athanasius-Sammlungen!) andrerseits. Das Erbe dieser Altnizäner treten mono- und dyophysitische Kreise an, die für ihren Väterbeweis auch auf Ps.-Athanasiana jener Parteien zurückgreifen und selbst die genuinen Schriften nicht

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Athanasius von Alexandrien

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unversehrt lassen. Schon Cyrillus v. Alexandrien, der sich bemüht, Athanasius nachzueifern, ist solchen Unterschiebungen aufgesessen (EvTh 21,363). Durch kluge Wahrnehmung der Möglichkeiten, die das alexandrinische Patriarchat bietet, kann Athanasius seinen Aktionen im Kirchenkampf (z.T. sogar während der Exzilszeiten) Nachdruck verleihen. Er stützt sich auf das Kirchenvolk und das Mönchtum, betreibt Heidenmission, wird literarisch aktiv (Patriarchatsakten!), nutzt den gut funktionierenden Verwaltungsapparat sowie die hier geförderte eigene Gewitztheit. „Als eine Art Gegenkaiser nahm er den Typ der großen römischen Päpste vorweg, der erste der eigenwilligen ägyptischen Patriarchen, die Ägypten zum Schluß aus dem Reichsverband lösten" (Gentz: R A C 1,865). Neben den antiarianisch gerichteten Schriften des Athanasius, die die Historie des arianischen Streits für viele Jahrhunderte bestimmt haben, hat die vita Antonii die | größte Wirkung gehabt. Ihr Abstand zu den Antonius-Apophthegmen ist evident: Antonius, als vollkommener Christ, spricht und denkt wie Athanasius. Der Bischofskirche eingegliedert, wird der Mönch „zu deren Anwalt, einstimmend in ihre Lehre, überzeugend durch sein Leben" (Dörries 198). Kirchlicher, dogmatischer und asketischer Forderung entspricht der Antonius der Vita, entspricht aber auch zu seinem Teile Athanasius. Das Werk wurde Vorbild vieler Heiligenviten. Athanasius, der Bischof, Asket und Theologe, wurde als einer der ersten Bischöfe, die nicht Märtyrer waren, kultisch verehrt (Stiernon: BSS 2 , 5 2 2 - 5 4 7 ) . Zahlreiche Enkomien zeugen davon (im cod. Vatic.gr. 1965 allein 14). ,Athanasius'-Reliquien dienten 1973 der ökumenischen Verständigung Rom-Alexandrien. Konträr anders denkt Athanasius selber über (melitianischen) Reliquienkult (ausführlich dazu Festbr. 41). Wer Propheten und das Wort Gottes hat, das vom Himmel her spricht, braucht ,nicht jene, die aus der Erde sprechen' (Festbr. 42). Im Zeichen ökumenischer Verständigung entstanden die lateinischen Ubersetzungen des 15. Jh., stehen heute die systematischen Arbeiten von D . Ritsehl und besonders Torrance, der an die athanasianische Christologie anzuknüpfen sucht (dabei jedoch in die Nähe Ps.-Äthan., C. Apoll. I—II, gerät). Bemerkenswerte Parallelen der Geschichte der AthanasiusForschung zu der der Paulus-Forschung bedürfen noch der Bearbeitung. Kaum bedacht ist die Ansicht E.Blochs (Atheismus im Christentum, 1968, 230 f), daß die nizänische Orthodoxie mit der Kanonisierung der athanasianischen Lehre von der Homousie Christus „den revolutionärsten Topos gebilligt (hat), den je ein Stifter ... innehatte". Bedenkenswert bleiben die Bemerkungen Pascals (Pensées η. 868) über die von Anfang an unterschiedliche Stellungnahme zu Athanasius und ihre Bedeutung für die Kirche.

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Literatur Michel Aubineau, Les écrits de saint Athanase sur la virginité: RAM 31 (1955) 140-173 = ders., Recherches patristiques, Amsterdam 1974, 163-196. — Hans ν. Campenhausen, Die Griech. Kirchenväter, Stuttgart 1955, 72-85. — C.U. Crimi, La paternità atanasiana di un testo Ad Virgines: Muséon 86 (1973) 521-524. — Hermann Dörries, Die Vita Antonii als Gesch.quelle: ders., Wort u. Stunde, Göttingen, I 1966, 145-224. — G.D. Dragas, Saint Athanasius' two treatises .Contra Apollinarem': Abba Salama 6 (1975) 84-96. — Yves-Marie Duval, La problématique de la lettre aux vierges d'Athanase: Muséon 88 (1975) 405-433. — R.Y. Ebied / Lionel R. Wickham, A note on the Syriac version of Athanasius' Ad Epictetum: JThS NS 23 (1972) 144-154. - Klaus M. Girardet, Kaisergericht u. Bischofsgericht, Bonn 1975 (Antiquitas 1). — Aloys Grillmeier, Christin Christian tradition, London, 1 2 1975, 308-328. — Traugott Kehrhahn, De sancti Athanasii quae fertur contra gentes oratione, Phil. Diss. Berlin 1913. — Richard Klein, Constantius II. u. die christl. Kirche, Darmstadt 1977. — Adolf Laminski, Der hl. Geist als Geist Christi u. Geist der Gläubigen. Der Beitr. des Athanasios v. Alexandrien zur Formulierung des trinitarischen Dogmas im 4. Jh., 1969 (EThSt 23). — L.Th. Lefort, S. Athanase, écrivain copte: Muséon 46 (1933) 1-33. — Eginhard Peter Meijering, Orthodoxy and Platonism in Athanasius. Synthesis or antithesis? Leiden 1967, 2 1974. — V. Peri, La cronologia delle lettere festali di sant'Atanasio e la Quaresima: Aevum 34 (1961) 28-86. — Politique et théologie chez Athanase d'Alexandrie, hg. ν. Ch. Kannengiesser, 1974 (ThH 27). — Dietrich Ritsehl, Athanasius, 1964 (ThSt.B 76). — Johannes Roldanus, Le Christ et l'homme dans la théologie d'Athanase d'Alexandrie, 1958 (SHCT 4). — Eduard Schwartz, GS. III. Zur Geschichte des Athanasius, Berlin 1959. — Ders., Zur K G des vierten Jh.: GS IV, Berlin I960, 1-110. — Otto Seel, Die Verbannung des Athanasius durch Julian: Klio 32 (1939) 175-188. — Hermann-Josef Sieben, Athanasius über den Psalter: ThPh 48 (1973) 157-173. - Alfred Stülcken, Athanasiana, 1899 (TU 19/4). — Thomas Forsyth Torrance, Theology in Reconciliation, London 1975,215-266. Ausführlichere bibliographische Angaben in: T R E 4, 1979, 347-349.

Zur Biographie des Athanasius von Alexandrien"'

Ισως γάρ έκάσχου λέγοντος δπερ οΐδε, μόγις έπαξίως ή περί έκείνου γένηται δνήγησις. Athanasius, vita Antonii prooem. „Die Kirchengeschichte ist die Geschichte der Gemeinschaft der Menschen, die durch Gottes Wort in Jesus Christus in Anspruch genommen worden sind und die sich nun bemühen, diesen Anspruch in ihrem Leben, in ihrer Theologie wie in ihrem kirchlichen Reden und Handeln zur Geltung zu bringen, zu realisieren und zu konkretisieren." Mit dieser Sicht der Kirchengeschichte hat Wilhelm Schneemelcher sich 1950 in seiner Habilitationsvorlesung „Athanasius von Alexandrien als Theologe und als Kirchenpolitiker" 1 insbesondere von der Auffassung distanziert, die der Athanasius-Editor Hans-Georg Opitz 1935 unter theologisch und politisch bedenklicher Option vertreten hatte 2 , die aber in der Hauptsache schon auf das Urteil des Altphilologen Eduard Schwartz zurückging. Bis auf den heutigen Tag findet der von Anfang an umstrittene Bischof von Alexandrien die unterschiedlichste Aufnahme als der Theologe, als der Kirchenpolitiker, als der Theologe und Kirchenpolitiker. Mit meinem Beitrag zur vorliegenden Geburtstagsgabe für den verehrten Fachkollegen möchte ich versuchen, zunächst die Athanasiuskonzeption seines vielgenannten Vortrages in den weiteren Rahmen der seit Schwartz geführten Diskussion zu stellen, indem ich die repräsentativsten Athanasiuswürdigungen dokumentierend und nur knapp erörternd in Erinnerung bringe (I). Durch eine — exemplarisch gestellte — Rückfrage nach dem Bild, das die entstehende Athanasiuslegende ζ. Z. der Alten Kirche entwarf, ist unter Anknüpfung an die Ergebnisse der neueren Darstellungen die Frage nach dem angemessenen Athanasiusbild noch zu präzisieren (II). Die Antwort muß in den Schriften des Athanasius selber gesucht werden: Um der Geschlossenheit im Wirken des „Theologen und Kirchenpolitikers" Athanasius, um der Verbindung bzw. der Se* 1

2

Zuerst erschienen in: Von Konstantin zu Theodosius. Beiträge zur Kirchen- und Theologiegeschichte des 4. Jahrhunderts. Wilhelm Schneemelcher zum 65. Geburtstag. Hg. v. W.A. Bienert u. K. Schäferdiek (1979), 158-192 = ZKG 90 (1979) 304-338. ZNW 43 (1950/51), (242-256) 254 = W. Schneemelcher, Gesammelte Aufsätze. Hg. v. W. Bienert u. K. Schäferdiek. (Analecta Vlatadon 22), Thessaloniki 1974, (274-289, ohne den „Nachtrag") 288 = Die Kirche angesichts der Konstantinischen Wende. Hg. v. G. Ruhbach. (Wege der Forschung CCCVI), Darmstadt 1976, (279-296) 294. H.-G. Opitz, Euseb von Cäsarea als Theologe: ZNW 34 (1935), 1-19.

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Athanasiana

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quenz athanasianischer Dogmatik und Ethik ansichtig zu werden, sind (III) besonders zwei der sog. kirchenpolitischen Schriften heranzuziehen; sie geben Aufschluß über das Selbstverständnis des alexandrinischen Bischofs und stellen zugleich die Aufgabe einer ersten Darlegung der offenbar Lehre und Leben des Athanasius prägenden Konzeption von der Imitatio sanctorum (Nachahmung biblischer Heiliger), die uns vita Athanasia als „Auslegung der Heiligen Schrift" verstehen läßt.3

I

Eine Vorstellung der einschlägigen Würdigungen des Athanasius seit Eduard Schwartz muß als deren wichtigste Voraussetzung die prägnant formulierte Charakteristik einbeziehen, die der Basler Historiker Jacob Burckhardt in seinem epochemachenden Werk „Die Zeit Constantins des Großen" gab: Athanasius „ist der erste, ganz konsequent durchgebildete von jenen Hierarchencharakteren der mittelalterlichen Kirche; von Kindheit auf durchdrungen von der Würde des priesterlichen Amtes, voll von großen Ideen und Zwecken, wie zum Beispiel die Bekehrung von Abessinien, ohne Menschenfurcht oder irgend eine Rücksicht auf Verhältnisse, die dem Prinzip in den Weg treten könnten, bereit zu jedem Opfer, sobald es die Sache gilt, zugleich aber hart gegen andere wie gegen sich, ohne Fähigkeit, ihren Standpunkt anzuerkennen, und in den Mitteln nicht immer bedenklich. Es ist gar nicht zu verkennen, daß das Schicksal der Orthodoxie die nächstfolgende Zeit über — so weit wir urteilen können — an seiner Person hing." 4

Unverkennbar an Burckhardts Athanasiuswürdigung angelehnt ist die glänzende Skizze, in der Eduard Schwartz sein bis zuletzt beibehaltenes Athanasiusbild zeichnet: 5 Athanasius „war kein Denker und kein Schriftsteller, obgleich seine literarische Hinterlassenschaft mehr als einen stattlichen Folianten füllt. Weder in den Osterbriefen, einer Form, die Dionys von Alexandrien zur reizvollsten Darstellung seiner Erlebnisse benutzt hatte, noch in den Pamphleten, die er in vorgerücktem Alter, meist in dem Versteck schrieb, in das er sich vor Constantius flüchtete, ist, soviel er auch von sich redet, ein persönlicher, menschlicher Zug zu finden, ganz zu schweigen von dem Mangel an künstlerischem 3

4 5

Zugleich nehme ich hier die Gelegenheit wahr, meinen im Druck befindlichen T R E Artikel „Athanasius von Alexandrien", der aus Raumbeschränkung reichliche Askese abverlangte, zu ergänzen und fortzuführen; T R E 4, 3 3 3 - 3 4 9 . J a c o b Burckhardt, Gesammelte Werke, Bd. I, Basel, 1955, 294 f. E. Schwartz, Kaiser Constantin und die christliche Kirche. 2. Aufl. Leipzig/Berlin 1936, 147-149; im Wortlaut fast unverändert übernommen aus 1. Aufl., 1 9 1 3 , 1 5 8 - 1 6 0 .

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Zur Biographie

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Gefühl für die Form. Seine lang ausgesponnenen theologischen Debatten entbehren der philosophischen Tiefe ebensowohl wie der warmen Religiosität; man müßte denn einen realistischen Mysterienglauben und ein monotones Hämmern auf der vollen |. Gottheit des Sohnes für religiös halten. Aber der Satz, daß der Stil der Mann ist, trifft auf ihn nicht zu: denn er hat nie aus innerem Bedürfnis zur Feder gegriffen; sie ist ihm stets nur ein Werkzeug seiner Politik gewesen. Erst als streitbarer Kirchenfürst betrachtet, steigt er zu imposanter Größe empor. Kaum hatte der blutjunge Diakon, dessen Erinnerung nicht über die Verfolgung zurückreichte, den nichts mit der geistigen Tradition Alexandriens verband, den mächtigsten Bischofssitz, den es damals gab, bestiegen, so entwickelte er sich zu einem Hierarchen ersten Ranges und ist, auch darin den echten Vertretern dieser Gattung vergleichbar, durch alle Leiden und Anfechtungen hindurch von einem Triumph zum anderen geschritten, weil er sich nie für unterlegen gehalten, immer an den Sieg der eigenen Sache geglaubt hat. Nicht nur ein unbeugsamer Mut und die Verachtung materieller Vorteile, sondern auch alle Mängel dieser menschlich abstoßenden, geschichtlich großartigen Natur, die Monotonie des Denkens und Empfindens, die Unfähigkeit, zwischen Moral und Politik einen Unterschied zu machen, das Fehlen jeglichen Zweifels an der eigenen Gerechtigkeit, kamen dem stahlharten, hierarchischen Machtwillen zugute, der in ihm zum erstenmal, seitdem es eine Kirche gab, rein und klar zum Ausdruck kommt, sofort nachdem die Reichskirche diesem Typus den Boden bereitet hatte. Zu ihrer vollen Höhe gelangt allerdings die Persönlichkeit des Athanasius unter Constantin noch nicht; die Sonne der unbeschränkten Kaisermacht mußte erst in dem nach Constantins Tode geteilten Reich und unter Constantius' unsicher schwankendem Regiment gesunken sein, damit der Stern des gewaltigen Kirchenfürsten in seinem vollen, unheimlichen Glänze erstrahlte." F r a g e s t e l l u n g u n d K r i t e r i e n des L i t e r a t u r h i s t o r i k e r s S c h w a r t z b e s t i m m e n d a s v o r allem an d e n „ P a m p h l e t e n " ' ' g e w o n n e n e B i l d v o m reinen H i e r a r chen A t h a n a s i u s . D e r G l a n z dieser f a s z i n i e r e n d e n D a r s t e l l u n g zehrt a u c h v o m p r o t e s t a n t i s c h e n F e u e r eines A n t i p a p a l i s m u s u n d v o m inneren L i c h t eines neuzeitlich s p i r i t u a l i s i e r e n d e n R a t i o n a l i s m u s . D a u n t e r s o l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n v o r allem die s o g . d o g m a t i s c h e n S c h r i f t e n des A t h a n a sius „philosophischer Tiefe" wie „warmer Religiosität" zu entbehren scheinen, meint S c h w a r t z , die t h e o l o g i s c h e Seite des a t h a n a s i a n i s c h e n W i r k e n s f ü r die C h a r a k t e r i s t i k des a l e x a n d r i n i s c h e n B i s c h o f s nicht ernsth a f t in B e t r a c h t z i e h e n zu m ü s s e n . D a s v o n i h m g e z e i c h n e t e B i l d des A t h a n a s i u s ü b t e in der F o l g e z e i t a u c h bei d e n j e n i g e n K i r c h e n h i s t o r i k e r n seinen E i n f l u ß aus, die f ü r die a t h a n a s i a n i s c h e T h e o l o g i e m e h r V e r s t ä n d nis a u f z u b r i n g e n v e r m o c h t e n . In H a n s L i e t z m a n n s S k i z z e 7 stehen die F l u g s c h r i f t e n des k ä m p f e n d e n B i s c h o f s e b e n f a l l s im V o r d e r g r u n d ; z u g l e i c h k ö n n e n aber a u c h d i e d o g -

6 1

Kritisch hierzu W. Schneemelcher, Ges. Aufs. (Anm. 1), 290 ff. H. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche, Bd. 3, Berlin 1938, 247-252.

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matischen Schriften und mit ihnen besonders die athanasianische E r l ö sungslehre hervorgehoben werden. D a m i t ergibt sich eine entsprechende M o d i f i k a t i o n des Athanasiusbildes: | „Es kann kein Zweifel darüber sein, daß Athanasius zwar kein schulgerechter Theolog ist und auch nur bedingt als wirkungsvoller Schriftsteller bezeichnet werden darf, daß er aber nicht nur als unbeugsamer Politiker, sondern auch als starke religiöse Persönlichkeit der überragende Geist dieser nachkonstantinischen Epoche ist. Die Spur seines Wirkens ist der politischen und theologischen Entwicklung der Folgezeit unvertilgbar aufgeprägt." * Interessant ist hier die Kennzeichnung „starke religiöse Persönlichkeit", die zwar noch an den Kriterien von Schwartz orientiert z u sein scheint, aber bei L i e t z m a n n nunmehr als ein lichtes Element in das Athanasiusbild eingebracht wird. Allerdings bleibt unsicher, wieweit die Inblicknahme der athanasianischen Religiosität nur allgemeine Z ü g e der Erlösungstheologie (und Erlösungsfrömmigkeit?) oder dazu auch speziellere Merkmale athanasianischer Spiritualität zu erfassen sucht. In j e d e m Falle erhalten wir durch L i e t z m a n n ein den Q u e l l e n mehr entsprechendes und d a r u m angemesseneres Bild. D u r c h die Berücksichtigung des kirchlichen Aspektes im Wirken des Athanasius hat J o s e p h Vogt ein weiteres unverzichtbares M o m e n t festgehalten: „Athanasius war kein philosophischer Kopf und von Haus aus nicht zum theologischen Schriftsteller geschaffen. In inniger Verbindung mit seiner Gemeinde lebend, war er überzeugt, daß eine volle Erkenntnis der Schrift und der kirchlichen Lehre nur in der Gemeinschaft der Heiligen möglich sei. Erst der Aufruhr der kirchlichen Kämpfe und die Herausforderung der Häretiker haben ihn zum Schriftsteller gemacht und dann freilich im Schreiben und im Leben nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Es ist charakteristisch für seine im Kampf gegen die Arianer entwickelte Theologie, daß sie vom Glaubensleben der Gemeinde ausging und ebendorthin zurückstrahlte ... Der Logos, der als voller Gott Mensch geworden ist, hat der Menschheit die Ebenbildlichkeit Gottes zurückgegeben, ja die Vergottung des Menschen bewirkt: Das ist der feste Grund der Theologie des Athanasius ... In diesem Glauben wußte sich Athanasius mit seiner Gemeinde, mit der ganzen katholischen Kirche einig, in ihm fand er die Kraft, die Angriffe der Gegner ebenso abzuweisen wie die Versuchungen zum Kompromiß. In der Verteidigung des nicaenischen Bekenntnisses hat er die ganze Schärfe seines Geistes aufgeboten, als unerschöpfliche Kämpfernatur hat er alle Gegensätze des kirchlichen Lebens in seiner Person zum Austrag gebracht: die Auflehnung der ägyptischen Schismatiker gegen den Patriarchen des Landes, die Leidenschaft der Arianer in Angriff und Abwehr, die Machtansprüche der konkurrierenden Bischöfe. In den Methoden seines Kampfes oft so hemmungslos wie seine Gegner, hat er auch nach 8

Ebd. 252.

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Zur Biographie

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Niederlagen und Verbannungen die hohen Ziele nicht aus d e m A u g e verloren. S o ruhten nach d e m Eintritt des Christentums in | das öffentliche Leben f ü r ein halbes Jahrhundert auf ihm wie auf keinem andern die Reinheit der Lehre und die Eigenständigkeit der kirchlichen Gemeinschaft auch gegenüber d e m Staat."'

Wilhelm Schneemelcher ging in seiner genannten Habilitationsrede von 1950 mehr in die Richtung seines Lehrers Lietzmann, wenn er die Bedeutung des Athanasius nicht in dessen Kirchenpolitik, sondern eher in dessen theologischer Arbeit begründet sah. 10 Die doppelte Blickrichtung „Athanasius als Theologe und als Kirchenpolitiker" ist anscheinend bestimmt durch die Bevorzugung der dogmatischen und kirchenpolitischen Schriften, die unter dem Einfluß von Eduard Schwartz und Hans Lietzmann in gewisser Weise auch für die Planung der Berliner AthanasiusEdition mitbestimmend geworden w a r . " Einer solchen Aufteilung entsprach und entspricht auch weithin heute noch die unterschiedlich bestimmte theologiegeschichtliche oder kirchengeschichtliche Zuwendung zu Athanasius als dem Theologen oder Kirchenpolitiker. D i e Gefahr des Auseinanderreißens der unterscheidbaren, aber nicht trennbaren athanasianischen Wirkungsbereiche Theologie und Kirchenpolitik erkannt zu haben, ist das Verdienst des Schneemelcherschen Beitrages. Durch Herausstellung des athanasianischen Kirchenbegriffs als des Moments, das die beiden unterschiedlichen Elemente verbindet, sucht Schneemelcher seinerseits jener Gefahr zu begegnen. Dabei wird allerdings das, was bei Schwartz und Lietzmann etwas pauschal als Religiosität des Athanasius angesprochen worden war, auf den Bereich der Theologie reduziert. D i e zeitgeschichtlichen Bedingungen für diese Wendung mögen hier dahingestellt bleiben. Wichtig ist die Gesamtintention des Beitrages, in der Schneemelcher über die genannten unterschiedlichen Ergebnisse hinweg mit Schwartz wie mit Lietzmann verbunden bleibt, nämlich die von Schwartz ausgesprochene Intention, „das geschichtliche Leben als ein untrennbares Ganzes zu nehmen". 1 2 Es bedeutete eine wesentliche Ergänzung des Athanasiusbildes, als H a n s Frhr. von Campenhausen bei dem alexandrinischen Bischof „die ' 10 11 12

J. Vogt, Constantin der Große und sein Jahrhundert. München (1949), 203 f. = ( 2 1960), 200 f. A.a.O. (bei Anm. 1). Vgl. W. Schneemelcher, Ges. Aufs. (Anm. 1), 293 ff. E. Schwartz, a.a.O. (Anm. 5) 2. Aufl., VI: „Der zünftige Historiker und der zünftige Theologe mögen vieles mit Recht an meiner Darstellung auszusetzen finden: das eine verdanke ich meiner philologischen Beschäftigung mit den Denkmälern und Urkunden dieser Zeit, daß der philologische Drang, sie voll zu verstehen, mich darauf geführt hat, das geschichtliche Leben als ein untrennbares Ganzes zu nehmen ... Und diese Art, die Dinge zu sehen, wird sich, hoffe ich, durchsetzen, mag von meinen Aufstellungen im einzelnen noch so viel bestritten werden."

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feste Einheit, zu der er die dogmatische, die asketische und die kirchliche Forderung ineinandergebunden hatte", 1 3 konstatieren konnte und sie zugleich in seiner Skizze der Biographie des Athanasius zur Geltung brachte, nachdem schon 1949 H e r m a n n Dörries, der unvergessene G ö t tinger Kirchenge|schichtler, in seiner Untersuchung der athanasianischen vita Antonii die Bedeutung der Askese für Athanasius neu betont hatte. 1 4 E s ist hier nicht der O r t , die positive Würdigung der theologischen Arbeit des Bischofs Athanasius durch v. Campenhausen nachzuzeichnen. I m Zusammenhang unseres Überblicks ist jedoch seiner namentlich in Auseinandersetzung mit Schwartz gewonnenen Sicht des Kirchenmannes Athanasius besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. „Uberschaut man diese Vorgänge lediglich in ihrem äußeren, stürmischen Verlauf, so liegt es nahe, sie als reine, kirchenpolitische Machtkämpfe zu verstehen. Ebendies ist es auch, was die kirchlichen Gegner des Athanasios ständig behauptet haben. Sie vermieden es sorgfältig, auf die theologischen Hintergründe ihrer Gegnerschaft einzugehen und behandelten ihn kurzweg als hartnäckigen Störenfried, einen unduldsamen und herrschsüchtigen Hierarchen, ohne dessen Eigensinn und Gewalttätigkeit die Kirche in ungestörtem Frieden leben würde. So, mit lauter politischen und kriminellen Anklagen, ließ sich, wo man die staatliche Macht für sich hatte, die theologische Opposition am sichersten mundtot machen. Im Gegensatz zu dieser nicht ganz ehrlichen Taktik schiebt Athanasios jede Auseinandersetzung sofort auf das theologische Gleis. Wer sich gegen ihn stellt, den erklärt er im Tone höchster Entrüstung erbarmungslos für einen notorischen Ketzer, einen ,ariustollen', von den gemeinsten Trieben gestachelten Lästerer Christi und Feind der wahren Kirche. Zweifel am eigenen Recht kennt er nicht. Gerade diese Unbedingtheit der Selbstverteidigung und des Angriffs gibt seinen Flugschriften den schmetternden Ton und den dröhnenden Widerhall, den er zum Erfolg brauchte. Athanasios ist ein sehr bewußter Propagandist seiner Sache. Aber man darf daraus nicht die Folgerung ziehen, daß die umstrittenen theologischen Sätze für ihn nur Vorwände und in Wirklichkeit ohne Bedeutung gewesen wären. Athanasios glaubt an das, was er behauptet. Ihm fehlt nur jede Distanzierung zwischen dem religiösen Anliegen, das er vertritt, und der kirchlichen Position, die er zu halten wünscht. Er denkt nicht eigentlich von der Kirche als sakraler Institution, sondern vom heiligen Dogma aus, das sie trägt. Aber praktisch fallen ihm Glaube, Bekenntnis und Kirche oder vielmehr diejenige kirchliche Gruppe und Partei, die er für sich hat, ohne weiteres in eins. Es gibt kein Bekenntnis ohne Gefolgschaft, und deren politischefn] Notwendigkeiten werden durch die Sache geheiligt, um die der Kampf geht. Daraus entspringen die Skrupellosigkeit und Selbstgerechtigkeit, aber auch die 13 H

H. Frhr. von Campenhausen, Die griechischen Kirchenväter (Urban-Bücher 14), Stuttgart (1955), 84. — Beachte aber epistula ad Dracontium 9, 2. H. Dörries, Die Vita Antonii als Geschichtsquelle: Nachrichten der Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-Hist. Klasse 1949, 357-410; überarbeitet und ergänzt in: H. Dörries, Wort und Stunde, Bd. 1, Göttingen (1966), 145-224.

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Leidenschaft und der rücksichtslose Mut, mit de[nen] Athanasios seinen L e b e n s k a m p f führt und seine Sicherheit und Ruhe, sein Ansehen vor der Welt und, wenn es sein muß, auch seine Freunde opfert und in die Schanze schlägt. S o wird er selbst z u m lebendigen S y m b o l der Rechtgläubigkeit | und der unbesiegbaren Kirche. An ihm müssen sich die Parteien orientieren und scheiden — besser und eindeutiger als an den wirren F o r m e l n und Konzilsbeschlüssen, die den K a m p f u m seine Person begleiten." 1 5

Hatte Schwartz sein Athanasiusbild nach dem Muster eines ,machiavellistisch' gesinnten, reinen Hierarchen gezeichnet, kommt hier ein im Grunde weitaus gefährlicherer Mann zum Vorschein: der fanatisch seine kirchliche Position behauptende Hierarch. Dabei bleibt weiterhin das Interesse an den Zügen des Kirchenpolitikers und Theologen Athanasius vorherrschend. Die athanasianische Spiritualität bleibt im zentralen Teil des Campenhausenschen Athanasiusbildes offenbar außer Sicht. Liegen die Ursachen hierfür in mangelnder Integrationskraft des Athanasius selber? Oder lassen sich vielleicht die Züge des Kirchenmannes Athanasius mit solcher Schärfe zeichnen, weil in der Skizzierung der athanasianischen Relation von Kirchenpolitik und Theologie die Spiritualität ausgeklammert bleibt? Im folgenden soll die Athanasiusfrage an dem Punkte aufgenommen werden, der durch v. Campenhausens Würdigung erreicht ist. D a z u möchte ich zunächst Traditionsstücke heranziehen, die sich dem Historiker empfehlen, weil sie neben dem Corpus Athanasianum, d. h. außerhalb der Selbstdarstellung des Athanasius, überliefert sind und zudem als die ersten, noch von Zeitgenossen des Athanasius herrührenden Versuche der Darstellung besondere Aufmerksamkeit verdienen, auch wenn sie sich in nicht unbedenklicher Form präsentieren, weil sie aus dem Bereich des Anekdotischen und also aus dem Bereich der entstehenden Athanasiuslegende stammen. Ich riskiere den Rückgriff auf solche Traditionen nicht nur wegen ihres erkennbaren Bemühens, ,richtig' zu erzählen, was geschehen ist, sondern auch vor allem deswegen, weil sie beide darüber berichten, wie Athanasius in Verfolgungszeiten die Flucht antrat. D a r u m scheinen gerade sie mir besonders geeignet zu sein, die Frage nach dem alexandrinischen Bischof, der ,seine kirchliche Position zu halten wünscht', noch zuzuspitzen. Die Frage zielt somit auf bisher kaum beachtete Motive athanasianischen Verhaltens; sie soll dann ihrerseits in einem weiteren Teile aufgenommen und von dem sichereren, aber durchaus nicht bekannteren Terrain zweier Athanasiusschriften her der Beantwortung nähergebracht werden.

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A.a.O. (Anm. 13), 78 f.

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II a. U b e r den Antritt des vierten Exils am 24. 10. 362 Als Athanasius nach dem Tode des Constantius II aus seinem Versteck auf den T h r o n o s von Alexandrien zurückgekehrt war (21. Februar 362)," ordnete Julian Apostata schon bald durch Erlaß an, der alexandrinische Bischof solle die Stadt unverzüglich an demselben Tage verlassen, an dem ihm I das kaiserliche Schreiben ausgehändigt werde. 17 D e r praefectus Aegypti Ecdicius, 18 der dem ägyptischen „Papst" mit gewissen Sympathien gegenüberstand und der am O r t e die Folgen von dessen neuerlicher Exilierung besser einzuschätzen vermochte, konnte allerdings, da ein Termin nicht angegeben war, die Aushändigung beträchtlich verzögern, so daß Athanasius, von staatlicher Seite einstweilen unbehindert, weiter seiner Diözese vorstehen konnte. Erst nachdem Julian dem Präfekten ein Mahnschreiben z u k o m m e n ließ, in dem er ihm mit Bestrafung d r o h t e , " w u r d e Athanasius das Schreiben (ep. 60) zugestellt. In dem Mahnschreiben, das als Schreiben an Ecdicius nicht den Charakter eines Erlasses hatte, war von Julian nun gar die Ausweisung des alexandrinischen Bischofs aus Ägypten ins Auge gefaßt. Athanasius, wahrscheinlich durch den praefectus Aegypti auch über die weitergehenden Absichten Julians direkt oder indirekt informiert, verläßt sicherlich noch an dem Tage der Aushändigung, am 24. Oktober 362, die Stadt Alexandrien. Das Mahnschreiben Julians schließt mit dem Wort: διωκέσΰω. Seel interpretiert: „Stellung unter Polizeiaufsicht"; 20 Weis übersetzt: „Man soll ihn vertreiben!" 2 1 Ein „Scharfmacher gegen die Christen" wie Pythiodorus aus Theben, 2 2 der vermutlich mit der Uberbringung des Mahnbriefes zu tun hatte, d ü r f t e es wohl weniger zurückhaltend aufgefaßt haben; und Julian selber redet in seinem zweiten Erlaß (ep. 61), mit dem er die Vertreibung aus Ä g y p t e n anordnet, von Athanasius als einem Wicht, der sich groß v o r k o m m e , wenn er seinen Kopf riskiere. Entsprechend wird denn auch von Athanasius und den Athanasianern befürchtet, daß es ans Leben

16 17

" 20 21 22

Historia Athanasii 10: E O M I A (ed. C. H . Turner) I, 2, 4, 666. Julian, epistula 60 Β. K. Weis (s. Anm. 21). — Gründliche Untersuchung der Maßnahmen Julians gegen Athanasius bei O t t o Seel, Die Verbannung des Athanasius durch Julian: Klio 32 (1939), 175-188. Z u Ecdicius O l y m p u s : Claude Vandersleyen, Chronologie des préfets d ' É g y p t e de 284 à 395. Bruxelles 1962, 18 u. 36; 135. Julian, epistula 43 B. K. Weis. A.a.O. (Anm. 17), 187. Julian, Briefe Griechisch-deutsch ed. Bertold K. Weis. München (1973), 113. Seel, a.a.O. (Anm. 17), 183.

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g e h e . " Dies war die Situation, als Athanasius sein viertes Exil antrat; über sie liegt uns ein besonderer Bericht vor, der von Kirchenhistorikern und Athanasiusbiographen immer wieder aufgenommen und weitergegeben wurde. Rufin ist der älteste direkt erkennbare Zeuge. Er berichtet (hist. eccl. X, 35)," was er vielleicht selber bei seinem Alexandrienaufenthalt noch zu Lebzeiten des Athanasius gehört hatte. Möglich wäre allerdings auch Abhängigkeit von der Kirchengeschichte des Gelasius von Cäsarea. D e n n zu Rufins Bericht gibt es — entgegen den Aufstellungen Winkelmanns 25 — I griechische Parallelüberlieferungen bei Sokrates, Theodoret und vor allem in der vita Athanasii III ( B H G 1 8 5 ) . " Die Uberlieferung ist kompliziert und läßt sich nicht ohne weiteres durch die Annahme erklären, die Kirchengeschichte des Gelasius sei die gemeinsame Quelle. D a der Bericht in dem Abschnitt Rufin hist. eccl. X, 16ff s t e h t , " tappen wir hier erst recht im dunkeln. Sokrates (hist. eccl. 111,14) bietet eine ungleich nüchternere und kürzere Version, in der insbesondere die tröstenden Anreden des Athanasius an seine Freunde fehlen und statt zweier Athanasiusworte nur eines mitgeteilt wird. Sozomenus (hist. eccl. IV, 10,4) läßt sie überhaupt fort und macht aus dem Faktum der Verfolgung (Rufin, Sokrates) ein göttlich eingegebenes Vorherwissen der Verfolgung, um damit einen weiteren Beleg für die These zu gewinnen, Athanasius sei ein prophetischer Mann (IV, 10,1 und 8). Zu vergleichen ist noch Theodoret (hist. eccl. III, 9,2—4), dessen Bericht dem des Sokrates nahesteht. Vita Athanasii III, 15 gleicht an Breite und Ausführlichkeit wieder mehr Rufins Bericht; doch machen sich größere Stilisierung und Ausschmückung bemerkbar (z. B. wird das zweite Athanasiuswort in Annäherung an eine Elisageschichte zum Bibelwort, 2. Kön. 6 , 1 6 ) ; unter den drei von Beck 2 8 untersuchten Athanasiusviten scheint vita III auch an dieser Stelle ihrer Quelle am nächsten zu sein. D e r Vorgang, dessen Berichte ich hier nicht in allen Teilen untersuchen will, wird in den Hauptpunkten von allen — Sozomenus ausgenom23

" 25

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Athanasius bei Ammonius, epistula de sanctis Pachomio et Theodoro 34: Sancii Pachomii vitae Graecae ed. F. Halkin. (Subsidia Hagiographica 19) Bruxelles 1932, 119. 31-32: ώς γάρ ή μην διωχθείς ύπό Ίουλιανοΰ καΐ προσδοκών άναιρεφήναι ύπ' αύτοΰ... 995. 9-27 Mommsen. Friedhelm Winkelmann, Untersuchungen zur Kirchengeschichte des Gelasios von Kaisareia (Sitz. Ber. d. Deutschen Akad. d. Wiss. zu Berlin, Kl. f. Sprachen, Lit. u. Kunst, Jg. 1965, Nr. 3) Berlin 1966, 123. Sokrates, hist. eccl. III, 14. — Theodoret, hist. eccl. III, 9, 2-4. — Vita Athanasii III, 15-16; Migne, PG 25, C C X L I I I . S. dazu Winkelmann, a.a.O. (Anm. 25), 105 f. Bruno Beck, Die griechischen Lebensbeschreibungen des Athanasius auf ihr gegenseitiges Verhältnis und ihre Quellen untersucht. (Phil. Diss. Jena) Weida 1912. — Beck untersuchte die bei Migne, PG 25, C L X X X V - C C X L V I , abgedruckten drei Viten.

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men — bezeugt: Athanasius tröstet beim Abschied seine Freunde (nach Ruf in: „nolite, o f i l i i , conturbavi, quia nubicula est et cito pertransit" nach Sokrates: „ύποσταλώμεν μικρόν ώ φίλοι, νεφύδριον γάρ έστι καΐ παρέρχεται").50 Danach begibt er sich auf ein Schiff, um sich nilaufwärts seinen Verfolgern zu entziehen. Während der Fahrt erfährt er, daß jene schon bedrohlich nahe seien. Nach Rufin beschwichtigt er sie mit den Worten: „ n o l i t e , o f i l i i , deteneri; eamus magis in occursum percussori nostro, ut sciât, quia longe maior est qui nos defendit quam quipersequitur."11 Bei Sokrates heißt es statt dessen schlicht: ό σοφΰ γνώμη χρησάμενος.32 Athanasius läßt das Schiff wenden und fährt den Verfolgern entgegen. Auf deren nichtsahnende Frage, wo Athanasius sei, antwortet man aus seinem Boot, er sei nicht weit (so Rufin; Sokrates |. spitzt die Pointe der Antwort zu: Er sei nicht weit; wenn sie sich beeilten, könnten sie ihn bald ergreifen.). Daraufhin beschleunigen die Verfolger ihre Fahrt, während Athanasius ungeschoren nach Alexandrien zurückkehren kann, um sich dort bis zum Ende der Verfolgung zu verbergen. Eine unüberwindbare Schwierigkeit dieses Berichtes bietet die Schlußbemerkung über die Rückkehr des Athanasius nach Alexandrien. Wenn das Trostwort „nubicula est...", das nur auf Julians Regierungszeit (361—363) gemünzt sein kann, mit dem Bericht über die Verfolgung auf dem Nil eine ursprüngliche Einheit bildet, dann ist die abschließende Bemerkung über die sofortige Rückkehr und das Aufsuchen eines Versteckes in Alexandrien, in dem Athanasius bis zum Ende der Verfolgung geblieben sein soll, völlig unwahrscheinlich. Sie widerspricht der in diesem Punkte zuverlässigen historia Athanasii 11—12 33 und Ammonius, ep. de ss. Pachomio et Theodore 34.3,1 Möglich wäre es allerdings auch, daß 2V 30

31 32 33 34

995. 11-12 Mommsen. 422.19-21 Hussey. Zu μικρόν vgl. Jes. 26,20; Athanasius: de fuga sua 21, 4; apol. ad Constantium 34,1; historia Arianorum 48,3. — Zu „Wölkchen" vgl. Dionysius von Alexandrien, epistula ad Hermammonem bei Euseb, hist. eccl. VII, 23,2. 995. 18-20 Mommsen. 422. 26 Hussey. A.a.O. (Anm. 16), 667. Ammonius gibt in seinem Brief (oben Anm. 23) wieder, was Athanasius aus seiner Erinnerung an eine denkwürdige Begegnung mit den Äbten Theodor von Tabennisi und Pammo von Antinoe in der „Großen Kirche" von Alexandrien erzählt hat: In der Zeit seiner Verfolgung durch Julian hätten ihn die beiden Abte in Antinoe besucht. Da er beschlossen hätte, sich bei Theodor zu verbergen, habe er dessen Schiff bestiegen; Pammo sei mitgefahren. Als aber der Wind ungünstig gewesen sei, hätte Athanasius in der Unruhe seines Herzens gebetet. Pammo habe ihn trösten wollen, da habe er geantwortet: „Glaube meinem Wort: ich habe zu Friedenszeiten kein so zuversichtliches Herz wie in Verfolgungszeiten. Denn ich bin zuversichtlich, daß, wenn ich für Christus leide und durch seine Barmherzigkeit gestärkt werde, ich, auch wenn ich getötet werde, bei ihm noch mehr Barmherzigkeit finde." Als darauf beide Abte gelächelt hätten, habe nach einigem Hin und Her schließlich Theodor ihn aufgeklärt,

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Abschiedswort an die Freunde und Bericht über die Nilfahrt sekundär zusammengefügt wurden und die Rückkehr nach Alexandrien zur ursprünglichen Erzählung gehört. In diesem Falle wäre an ein anderes Exil, besonders das dritte (356-362), zu denken. Wahrscheinlicher ist m. E., daß dem Erzähler aufgrund der Kehrtwendung des Athanasius in Richtung Alexandrien die Erinnerung an die Tradition über ein alexandrinisches Versteck, in dem Athanasius bis zum Ende der Verfolgung (sc. des Constantius II) blieb, 55 sich so stark aufdrängte, daß er | beides vermischte. Außerdem meint das Abschiedswort die Verfolgung Julians, nicht jedoch lediglich die Fahrt auf dem Nil bei schon geplanter, alsbaldiger Rückkehr. Athanasius hat nach Uberlistung seiner Verfolger wahrscheinlich dann die Richtung eingeschlagen, zu der ihm die Freunde geraten hatten: in die Wüste zu den Mönchen. Die Rückkehr den Verfolgern entgegen, auf die es mir hier vor allem ankommt, ist von allen bezeugt. Athanasius also als der Mann des raschen Entschlusses, der kühnen Kehrtwendung, der erfolgreichen Überlistung. Was heißt es, wenn Sokrates ό oocpfj γνώμχΐ χρησάμενος sagt? Meint das einen klugen, schlauen oder gar verschlagenen Sinn, den der alexandrinische Hierarch besitze und von dem er zu seiner Selbstbehauptung erfolgreich Gebrauch mache? Etwas wie Mutterwitz, ererbte Gewitztheit? Es gibt ja in der Tat eine — freilich singulare — Tradition, in der die Mutter des Athanasius mit ganz ähnlichen Zügen gezeichnet wird. Severus ibn al-Muqaffa bietet in seiner Geschichte der alexandrinischen Patriarchen 3 6 eine wahrscheinlich alte Lokaltradition über den jungen Athanasius und seine Mutter: Julian sei „zu dieser Stunde" in Persien gefallen; und er habe ihm auch das vorausgesagt, was Athanasius tun werde und welches Geschick dem neuen Kaiser Jovian bevorstehe. — Der Schluß ist gewiß ex eventu hinzugekommen. Die historia Athanasii setzt offenbar die näheren Umstände bei Antinoe voraus, wie sie von Ammonius nach Athanasius berichtet werden. Die Pointe des Berichts liegt natürlich in dem Erweis der besonderen Gottverbundenheit, mit der die beiden Abte — im Gegensatz zu Athanasius — in die Ferne und Zukunft sehen konnten. Eine weitere Pointe ergibt sich aber nun noch für Athanasius selber dadurch, daß er in der Unruhe seines Herzens, ohne schon etwas vom Ende Julians und damit seiner Verfolgung zu wissen, sich so verhält, als ob es eher Friedens- als Verfolgungszeit sei. Hierüber gerät dann Athanasius zwar selbst in eine gewisse Nähe zu den Gottesmännern, die er rühmt, aber die Distanz bleibt deutlich. Dabei entspricht die Zuversicht des Athanasius des Berichtes im Leiden nicht nur einer bestimmten altkirchlichen Spiritualität, sondern auch der eigenen Konzeption des Athanasius, wie sie ζ. B. aus seinen Schriften de fuga sua und epistula ad Dracontmm erkennbar wird. 35 36

S. unten S. 171. History of the Patriarchs of the Coptic Church of Alexandria. Ed., transi, and annot. by B. Evetts. Patrologia Orientalis I, 4, 407 f. Herr Kollege D. Vetter hatte die Freundlichkeit, die Zuverlässigkeit der englischen Ubersetzung zu überprüfen. — Zu dem Werk: G. Graf, Geschichte der christl. arabischen Literatur, Bd. II (ST 133), 1947, 301-306. — J. Gribomont, L'historiographie du trône d'Alexandrie: RSLR 7 (1971),

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„ N o w Alexander had brought up Athanasius excellently well. For he was the son of a principal woman, a worshipper of idols, who was very rich; and he was an orphan on the father's side. So when he grew up she wished to marry him to a wife, but he did not desire that. Then she intrigued against him, that he might fall with a woman who was a sinner, that she might involve him in the mire of matrimony; but he would not do it, for the Lord was keeping him for great things. And she used to take beautiful girls, and adorn them and perfume them, and make them enter to him into his chamber, and sleep near him and solicit him; but when he awoke he beat them, and drove them away. For her constant desire was to marry him and to establish him in his father's possessions and wealth, but he would never consent. And she sent for a man who was a magician of Alexandria, a wise man among the Sabaeans, 37 and informed him of her circumstances with regard to her son; so he said to her: ,Let me eat bread with him to-day.' Thereupon she rejoiced, and prepared a great |. feast. And the philosopher accompanied her son, and they ate and drank; but when the morning came, he went to her, and said to her: ,Trouble not thyself, for thou canst have no power over thy son, for he has become a Galilaean according to the doctrines of the Galilaeans; and he will be a great man.' She said: ,Who are the Galilaeans?' He answered: ,The people of the Church, who have ruined the temples and destroyed the images.' Therefore when she heard this, she said within herself: ,If I neglect him, he will go away from me, and I shall be left alone.' So straightway she arose, and took him with her, and went with him to Alexander, and related to him the circumstances of Athanasius her son, and all his history. Then she was baptized, and her son also." D i e — allerdings e r f o l g l o s angewandte — L i s t der Mutter, d e m S o h n e E h e u n d bürgerliches L e b e n schmackhaft zu machen, die Klugheit bei der U m s t e l l u n g ihrer Strategie, die rasche E n t s c h e i d u n g a u f g r u n d der N e u e i n s c h ä t z u n g der Situation, die entschlossene Wendung in eine diametral andere Richtung unter Beibehaltung des H a u p t z i e l e s , ihren S o h n nicht zu verlieren — das alles findet sich mutatis mutandis bei Athanasius, und z w a r nicht nur in unserer Geschichte. Wie immer es u m die Zuverlässigkeit der Severus-Tradition bestellt sein m a g , sie ist geeignet, uns anlagebedingte Wesenszüge der Persönlichkeit des alexandrinischen B i s c h o f s zu verdeutlichen. E s stellt sich hier j e d o c h die F r a g e ein, ob m a n mit einer

37

478—490. — F. R. Farag, The technique of research of a tenth-century Christian Arab writer: Severus ibn al-Muqaffa: Muséon 86 (1973), 37-66. Zum Problem der „Sabäer": W. A. Bienert, Dionysius von Alexandrien. Zur Frage des Origenismus im dritten Jahrhundert, (PTS 21) Berlin-New York 1978, 73 f. In der Patriarchengeschichte des Severus werden, wie mein stud. Mitarbeiter U. Lunow aufgrund einer Durchsicht feststellte, die Sabäer nur an vier Stellen genannt: ein Symmachus, angeblicher Genösse des Orígenes, sei Philosoph gewesen und habe die Bücher der Sabäer und der Schismatiker gelesen (c. 4, S. 170); zweimal wird über Dionysius von Alexandrien gesagt, er sei Lehrer der sabäischen Religion gewesen (c. 5, S. 175 und 176); ferner die zitierte Stelle. Es ist deshalb fraglich, ob „Sabäer" hier nur für Heidentum (vgl. Bienen, 74 Anm. 17) steht.

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psychologischen Analyse dieser Disposition zu einer wirklichen Begegnung mit der Person des Athanasius gelangt. ,Schlangenklugheit' hat Eduard Schwartz bei dem ägyptischen Papst konstatiert, indem er das positive Vorzeichen im Herrenwort fortließ, um so die „menschlich abstoßende, geschichtlich großartige Natur" eines skrupellos machtbesessenen Hierarchen zu zeichnen, der unfähig sei, „zwischen Moral und Politik einen Unterschied zu machen". Zieht man jedoch bei σοφϋ γνώμη die altkirchliche Spiritualität in Betracht, haben wir ein ganz anderes Athanasiusbild vor Augen. In Rufins Bericht ist es die tröstliche, den Verfolgern zu demonstrierende Zuversicht, daß Gott mit seiner schützenden Liebe größer ist als der Verfolger mit seiner mörderischen Feindschaft. 3 " Bei Sozomenus ist es der προμαύών ·όει6·όεν,3' der seine Maßnahmen gegen die Verfolger trifft. Vita Athanasii III ( B H G 185) 40 ist am ausführlichsten: Auf die Nachricht, daß die todbringenden Verfolger nahe seien, habe Athanasius einen Augenblick geschwiegen und dann όράματι •όείφ καταπεισόείς die Anweisung zur im göttlichen Willen liegenden Umkehr gegeben, damit er so schnell wie möglich wieder zu den Alexandrinern komme; als seine von Todesfurcht gepackten Begleiter ihn daran hindern wollten, habe er zu ihnen gesagt: „Zermartert euch nicht so, meine Brüder, glaubt, ,daß mehr mit uns als für sie sind' (2. Kön. 6,16) und daß unser Mitstreiter unbesiegbar ist." Die zusammenfassende Bemerkung bei Sokrates ist von diesen Berichten her zu interpretieren. Wer sie als altkirchlichen Legendenstil abtun möchte, sollte zuvor erwogen haben, ob und inwiefern namentlich die Berichte in der Kirchengeschichte Rufins sowie in der vita Athanasii III der Konzeption des Athanasius gemäß sind und ihr entsprechen. Neben dem neuzeitlich konzipierten Bild des sich und seine Position behauptenden Hierarchen steht hier das — natürlich — im zeitgenössischen Stil gezeichnete Bild des alexandrinischen Bischofs, der in tröstender Zuversicht, auch im Tode unter Gottes Schutz zu stehen, seinen Verfolgern entgegenfährt und sich ihnen mit göttlicher List entzieht, um seinem Auftrag gemäß als ein „guter H i r t e " (vita Athanasii III) seiner Diözese präsent zu bleiben.

b. Ü b e r eine Flucht zur Zeit des dritten Exils ( 3 5 6 - 3 6 2 ) Ein ganz ähnliches, in einigen Zügen vielleicht noch deutlicheres Bild erhalten wir durch Palladius, der in seiner historia Lausiaca von einer alexandrinischen Jungfrau aus dem Wirkungsbereich des Athanasius be5«

" 40

A.a.O. (bei Anm. 31). Sozomenus, hist. eccl. IV, 10, 4; 150. 25 Bidez-Hansen. Migne, PG 25, C C X L I I I .

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richtet. 41 E r hatte die Heldin seiner Geschichte vielleicht 406, als er nach Ägypten ins Exil gehen mußte, in Alexandrien kennengelernt. Sein Bericht ist auch insofern interessant, als in ihm eine der Laiengestalten des alexandrinischen Kirchenvolkes aus dem Dunkel heraustritt, 42 das die Geschichte gewöhnlich für Mitwirkende bereitzuhalten pflegt. Aber auch ihre Geschichte erhält ihren Glanz durch Athanasius. „In Alexandrien lernte ich eine Jungfrau kennen, der ich begegnete, als sie ungefähr 70 Jahre alt war. Der ganze Klerus bezeugte von ihr, sie sei in jungen Jahren, als sie etwa 20 Jahre alt war, von so außerordendicher Schönheit gewesen, daß man ihr um ihrer Schönheit willen aus dem Wege gegangen sei, um niemandem Anlaß zu Verdacht und Tadel zu geben. Als es nun geschah, daß die Arianer unter Kaiser Constantius den seligen Athanasius, den Bischof von Alexandrien, durch den praepositus Eusebius zu fangen suchten und ihn verleumderisch anklagten, als wenn er Verbrechen begangen hätte, floh er davor, von einem korrupten Gericht gerichtet zu werden, wagte dabei aber nicht, zu einem Verwandten, einem Freund, einem Kleriker oder einem anderen (Bekannten) zu gehen. Vielmehr nahm er, als die Leute des Präfekten plötzlich in die Bischofswohnung eindrangen und ihn suchten, Gewand und Mantel und floh mitten in der Nacht zu dieser Jungfrau. Sie nahm ihn freundlich auf, war aber angesichts des Tatbestandes verängstigt. Er sagte ihr also: ,Da die Arianer nach mir fahnden und wegen angeblicher Verbrechen falsche Beschuldigungen gegen mich vorbringen, beschloß ich zu fliehen, um nicht in | den Ruf der Logoslosigkeit = Unvernunft (άλογον δόξαν) zu geraten und um nicht diejenigen, die mich zur Strafe ziehen wollen, in Sünde zu stürzen. Gott offenbarte mir in dieser Nacht: ,Nur bei jener kannst du gerettet werden.' Voller Freude ließ sie da alle Bedenklichkeit fallen und wurde ganz dem Herrn zu eigen. Sie verbarg jenen sehr heiligen Mann 6 Jahre lang, so lange noch Constantius lebte. Sie wusch seine Füße, beseitigte seine Abfälle, sorgte für alles, was er brauchte, lieh Bücher und brachte sie ihm; und kein Mensch in ganz Alexandrien wußte während der 6 Jahre, wo sich der selige Athanasius aufhielt. Als nun die Nachricht vom Tode des Constantius eintraf und ihm zu Ohren kam, erschien er, würdig angetan, zur Nachtzeit wieder in der Kirche, so daß alle ihn verwirrt anstaunten, als wenn er lebend aus der Totenwelt (zurückgekehrt) sei. Gegenüber seinen engen Freunden verteidigte er sich: ,Ich floh deswegen nicht zu euch, damit ihr guten Gewissens hättet schwören können , andererseits auch wegen der Fahndung. Ich floh zu ihr, gegen die keiner Verdacht haben konnte, weil sie sehr schön und jung ist. So habe ich zweierlei gewonnen: Ihr Heil, denn ich habe ihr dazu verholfen, und (die Wahrung) meines Rufes (τί\ν έμήν δόξαν)'." 41

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Palladius, historia Lausiaca 63; 158-160 Butler (268-272 Bartelink). - Hist. Laus. 63 wurde fast vollständig in die vita Athanasii III, 13 (BHG 185) übernommen; Migne, P G 25, C C X L . Das ist Butler (vgl. Anra. 45), 158 App., bekannt; während Beck, a.a.O. (Anm. 28), 34 Nr. 26 und 78 n. 19, zu Unrecht meint, daß vita Athanasii III von Sozomenus, hist. eccl. V, 6, abhängig sei. Und auch Sozomenus hat nur aus hist. Laus. 63 geschöpft. Darum kann man seinen Bericht und vita Athanasii III beiseite lassen. Über die Absicht des Palladius s. hist. Laus. 64; 160. 15-17.

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Die Mitteilung über die sechs Jahre ist unglaubwürdig, denn Athanasius schreibt selber (apologia ad Constantium 27,2; 32,1; 34,2) von Wüstenaufenthalten während seines dritten Exils. Genaueres wissen wir allerdings nicht. Berichte über Menschen und Orte, wo man Athanasius vergeblich gesucht hat, geben zumeist nur Aufschluß darüber, wo seine Verfolger ihn vermuteten. Die historia Athanasii schweigt völlig hierü b e r . " Der Index zu den Osterfestbriefen des Athanasius gibt an, daß Athanasius in den Jahren 357 und 360 in Alexandrien gesucht wurde und daß er sich 358 dort versteckt hielt." Daraufhin ist jedoch nicht die Glaubwürdigkeit der Tradition des Palladius in Frage zu stellen. Denn es handelt sich hier, wie mit Recht heute allgemein angenommen wird, 45 sehr wahrscheinlich um ein von Athanasius z. Z. seines sechsjährigen Exils nur vorübergehend wahrgenommenes Versteck. Ist dies der Fall, konnte ein Mißverständnis in der Tradition leicht entstehen. Leider ist somit auch die Datierung des Geschehens verwischt, denn die Annahme von sechs Jahren schließt die Möglichkeit anderwärtiger Aufenthalte aus. Vielleicht ist ein früher Zeitpunkt wahrscheinlicher, denn der Bericht von dem überraschenden Wiedererscheinen des Bischofs in der Kirche ist ein relativ selbständiges Element der Erzählung, das nur angegliedert sein könnte. Daß Athanasius gleich nach der nächtlichen Besetzung der Theonaskirche (8. 2. 356) jene Jungfrau aufgesucht habe, ist wohl unwahrscheinlich; nach dem Index käme das Jahr 358 in Betracht. D e r Punkt aber, auf den es mir für die vorliegende Frage ankommt, ist von jenen Unsicherheiten relativ unabhängig. Auch in diesem Bericht befindet sich der alexandrinische Bischof auf der Flucht. Auch hier ist er der Mann des kühnen, angesichts drohender Gefahr rasch gefaßten Entschlusses, der mit verblüffend unerwartetem Handeln seine Verfolger überlistet, der, seinen Ruf aufs Spiel setzend, dem Tode entgeht und dadurch seine Verfolger vor Mord bewahrt, der zugleich aber jene Jungfrau für ein dem Herrn allein geweihtes Leben gewinnt und bei allem seinen Ruf wahrt; mit seiner Gewitztheit gewissermaßen ein neuer J o seph', ein ,Mann der Vorsorge', der für die geistliche Nahrung und das Wohl seiner Ägypter, Christen und Heiden, sorgt und vorsorgt. Auch in diesem Falle verweist uns ein schillerndes Wort an das Hauptproblem

43 44

«5

A . a . O . (Anm. 16), 665 f. T h e Festal Epistles of S. Athanasius, transi, (by Henry Burgess). Oxford 1854, X X I I f. — Vgl. Die Fest-Briefe des Heiligen Athanasius, übers, ν. F. Larsow. Leipzig/Göttingen 1852, 3 5 - 3 7 . T h e Lausiac History of Palladius. II, (TaS VI, 2), ed. by C. Butler. Cambridge 1904, 2 3 3 - 2 3 4 n. 112. - Palladio, La Storia Lausiaca. (Vite dei Santi II) H975, 396 f. (G. J . M. Bartelink).

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Athanasiana

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dieses Aufsatzes: άλογος δόξα. Wer den reinen Hierarchen sieht, mag hier wohl einen Athanasius erkennen, der seinen Ruf als kluger und gewitzter Taktiker gefährdet weiß, der alles tut, um den Vorwurf tödlicher D u m m heit zu vermeiden. Aber schon der Kontext steht im Kontrast zu solchem Bild. Die Furcht, seinen Verfolgern Anlaß zur Sünde zu werden, läßt die Furcht davor, ά-λογος zu werden, in anderem Lichte erscheinen. Die von den übrigen Klerikern gemiedene Gefahr, in den Bereich der schönen Jungfrau zu treten, wird geringer geachtet, ja genutzt, u m die w a h r h a f t existenzbedrohende Gefahr zu meiden, der Bestimmung durch den — göttlichen — Logos verlustig zu gehen. Das wird ganz deutlich aus Athanasius, apologia ad Constantium 32,5: „Denn es ist das gleiche, sich selber zu töten oder sich seinen Feinden zur E r m o r d u n g auszuliefern. Fliehen, wie es der Erlöser befohlen hat, heißt die Zeit (καιρός) erkennen u n d in Wahrheit f ü r die Verfolger sorgen, damit sie nicht bis aufs Blut w ü t e n und dabei schuldig werden gegenüber dem (Gebot): ,Du sollst nicht töten'; auch wenn sie mit ihren falschen Anklagen vor allem wollen, daß w i r leiden." Das H e r r e n w o r t (Mt 10,23) und das 5. Gebot bestimmen den fliehenden Athanasius. Daneben steht im Palladiusbericht die persönliche O f f e n b a r u n g . Athanasius bezieht sich aber m. W. in seinen Schriften f ü r seine Person nicht auf solche selbst erfahrenen Offenbarungen; w o h l hat er jedoch in der vita Antonii 34 im Anschluß an eine Erörterung des Entstehens und Wertes heidnischer Orakel (c. 3 I f f ) auch ein positives Votum in jener Frage abgegeben: „Wenn uns überhaupt daran liegt vorauszuwissen, wollen wir reinen Sinnes (διάνοια) sein." D e n n ich glaube, daß eine durchaus reine Seele, die ihrer N a t u r entsprechend aufrecht ist, als eine die Dinge durchschauende Seele (διορατική) es vermag, mehr und Entfernteres zu sehen als die Dämonen, weil sie den H e r r n hat, der es ihr offenbart; eine solche Seele war die des Elisa, die da sah, was Gehasi tat, und auch die ihr zur Seite stehenden Mächte schaute (2. Kön. 6)." Es ist bemerkenswert, daß Athanasius hierbei die Bindung an den H e r r n betont und dafür ein Beispiel aus der Schrift, das uns schon begegnet war, anführt. Es wird von dem |.athanasianischen Verhältnis zu den biblischen Heiligen noch die Rede sein müssen. — Die Einführung des offenbarten Wortes ist wahrscheinlich der Tradition zuzuschreiben, die am Entstehen der Athanasiuslegende mitwirkte; sie erinnert im übrigen an die durch vita Athanasii III vorgenommene Einführung der persönlichen O f f e n b a rung in dem oben untersuchten Bericht über die Verfolgung auf dem Nil. Das sechsjährige Versteck in Alexandrien wird auch in einer weiteren Vita des Athanasius erwähnt, die bisher unbekannt war und über die ihr Entdecker Vööbus kürzlich die Mitteilung machte, daß durch sie „spezi-

"

Vgl. unten Anm. 51 und De incarnatione

Í7,2.

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Zur Biographie

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fische neue Einsichten über Athanasius ermöglicht" würden. 47 Die bisher genannten Neuigkeiten aus dieser vita Athanasii sind keine Sensation; sie sind durch andere Traditionen längst bekannt: 1. Das sechsjährige Versteck bei der alexandrinischen Jungfrau; siehe oben. — 2. Ein vier Monate währendes Versteck des Athanasius im Grabe seinerVäter: bekannt durch Sokrates, hist. eccl. IV, 13,24; vita Athanasii I, 28; vita Athanasii II, 14; vita Athanasii III, 17. Was Pseudo-Amphilochius in seiner vita Athanasii bietet, ist also nicht „aus bisher ganz unbekannten Quellen geschöpft". 48 Es wäre aber durchaus interessant, Näheres über die Relation zu erfahren, in der die entdeckte Vita zu den anderen biographischen Traditionen steht. Vielleicht ergeben sich auf diese Weise dann in der Tat neue Gesichtspunkte und Resultate für die Geschichte der Athanasiusbiographie. Wir haben, durch einen Uberblick über den Gang neuerer Athanasiusdarstellung aufmerksam geworden, bei der Untersuchung zweier Athanasiustraditionen, die nicht aus den athanasianischen Schriften schöpfen, die bedeutsame Stellung konstatieren müssen, die der Spiritualität im Bereich der entstehenden Athanasiuslegende zukommt, und es ergab sich dabei gelegentlich schon die Frage nach der Bedeutung der Spiritualität bei Athanasius selber. Da nun für uns noch das im 19./20. Jahrhundert entworfene Bild vom reinen Hierarchen bzw. vom kirchenpolitisch agilen, theologisch bemühten Kirchenmann dem Bild der ältesten Athanasiusrezeption gegenübersteht, ist es an der Zeit, den alexandrinischen Bischof selber zu hören.

III Was bestimmt das Verhalten des Athanasius in seinem Bischofsamt? Ist es die Machtbesessenheit des Hierarchen schlechthin? Ist es der Fanatismus eines skrupellosen, selbstgerechten, rücksichtslosen, leidenschaftlichen „Papstes", dem „jede Distanzierung zwischen dem religiösen Anliegen, das er vertritt, und der kirchlichen Position, die er zu halten wünscht", fehlt? Da es ausgeschlossen ist, die anliegenden Fragen in diesem Aufsatz umfassend zu beantworten, möchte ich hier vorerst nur zwei Athanasiusschriften I heranziehen, die nicht zu den sog. dogmatischen, im engeren Sinne theologischen Schriften, sondern zum Apologiencorpus, d. h. zu den ,kirchenpolitischen' Schriften, gerechnet werden. In der ersten, der 47

48

A. Vööbus, Entdeckung einer unbekannten Biographie des Athanasius von Alexandrien. Eine angeblich von Amphilochius von Ikonium verfaßte Vita: ByZ 71 (1978), (36-40) 40. Ebd., 39.

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apologia de fuga sua, befaßt sich Athanasius thematisch mit der Frage der Flucht bei Verfolgung; es darf von ihr also nähere Auskunft erwartet werden für die Problematik, über die die eben untersuchten Berichte in concreto handeln. Im zweiten Stück, der epistula ad Dracontium, nimmt Athanasius ausführlich Stellung zum Problem Kirchenleitung und Askese/Mönchtum; das mit Vehemenz und Uberzeugungskraft verfaßte Schreiben, das bisher von der Forschung schmählich vernachlässigt wurde, gibt mancherlei Aufschlüsse über das Amtsverständnis des Athanasius.

a. Apologia de fuga sua " D e r reflektierend handelnde Athanasius dürfte am besten erkennbar werden, wenn man seinen Darlegungen folgt. Deshalb gebe ich einen Uberblick über diese Apologie. Eine Gruppe von Gegnern des Athanasius hatte ihn der Feigheit beschuldigt, weil er sich nicht gestellt habe, als man ihn verfolgte. Zielangabe der Schrift: Aus dem Vorwurf der Feigheit erweist sich, daß die Gegner ihren bösen Gelüsten folgen und die Heilige Schrift für ihr Leben überhaupt nicht ernst nehmen (2,1). Athanasius führt damit sofort den Maßstab der Heiligen Schrift ein, deren Autorität dann wiederholt in der Verbindlichkeit des Gebotes des Herrn, dem zu gehorchen ist, und der Taten der biblischen Heiligen, die nachzuahmen sind, die Argumentation des Athanasius entscheidend bestimmt. Der gegnerischen Unkenntnis ihrer eigenen άλογία entspricht ihre Kenntnis im Tun des Bösen (2,4). Athanasius zählt die Opfer ihrer Machenschaften auf, die im Falle des Bischofs Lucius und des Konstantinopler Bischofs Paulus zum Tode geführt hätten (3-5); er nennt die mörderischen Vorgänge in Alexandrien, den Überfall auf die Theonaskirche und die behördlichen Maßnahmen gegen die alexandrinischen/ägyptischen Athanasianer unter Georg von Kappadokien (6-7). Der Tadel der Gegner fällt auf sie selber zurück: Wenn Fliehen, um am Leben zu bleiben, etwas Schlechtes ist, so ist Verfolgen, weil es zu töten sucht, um vieles schlechter (8,2). Flucht folgt der Heiligen Schrift, Mord übertritt das Gesetz und verursacht Flucht (8,2); die άλογία der Gegner kann also nicht zur Kenntnis nehmen, daß Flucht und mehr noch Hinmorden der Verfolgten schlagende Argumente gegen die Verfolger sind. Die Veranlassung von Verfolgung und Mord sei selbst unter den gegnerischen Voraussetzungen Dummheit (9,1). Nicht aus Liebe zur Tugend 49

Für die Einleitungsfragen der 357 entstandenen Apologie verweise ich auf die Bemerkungen von H . - G . Opitz, Athanasius Werke, Bd. II (4. Lfg.: 1936), 68 hist. App.

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Z u r Biographie

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habe man den Vorwurf der Feigheit erhoben, sondern letztlich aus Blutdurst (10,1). Mit dem Hinweis, daß dieses ihr Verhalten schon zu ihrer Widerlegung hinreichend sei (10,2), schließt der erste Teil der Apologie. | Athanasius wendet sich der Voraussetzung zu, die sein eigenes Urteil und Handeln bestimmen soll, der Heiligen Schrift (10,2). „Denn es wird sich zeigen, daß sie in dem Maße gegen die Schrift kämpfen, wie sie die Tugenden der Heiligen verschmähen" (10,3). Die Heiligen sind Männer der Heiligen Schrift; es werden aus dem Alten und Neuen Testament diejenigen aufgezählt, die geflohen sind (10,4 — 11,1) und gegen die nur der den Vorwurf der Feigheit erheben könne, der die Heilige Schrift nicht kenne (11, 2). Von alttestamentlicher Asylgesetzgebung und Herrenworten haben die Heiligen ihr Handeln bestimmen lassen. „Denn was der H e r r jetzt befahl, das hatte er schon vor seiner Ankunft im Fleische durch die Heiligen gesprochen; und es ist dies für die Menschen die N o r m , die zur Vollkommenheit führt" (11, 5). Jesus selber hat sich verborgen, floh und erwies sich ebendarin als Mensch gewordener Logos (12,1 — 13,2). Den Gegnern möchte Athanasius daraufhin unterstellen, sie würfen dem Erlöser selber Feigheit vor (13,3); sie verstünden die Evangelien nicht. D e r Grund (πρόφασις εύλογος καΐ άληιΐής) solcher Flucht des Erlösers ist der, daß seine Stunde noch nicht gekommen war ( 1 3 , 5 - 6 ) . Als Gott und Logos und somit als Schöpfer der καιροί hatte er selber keinen καιρός; als Mensch aber zeigte er, daß jedem Menschen eine Zeit (χρόνος) zugemessen ist, die der Vater jedem bestimmt hat (14,1). Die Heiligen des Alten Testamentes wissen dies; sie kennen aber nicht das Ende ihrer Zeit ( 1 5 , 1 - 2 ) . D e r Herr, der allein seine Zeit kannte, verbarg sich und floh; er verbarg sich aber nicht mehr, als er wußte, daß seine Stunde gekommen war ( 1 5 , 3 - 5 ) . Damit zeigt er allen, daß Leben und Tod der Menschen von Gottes Entscheidung abhängen (15,5). „Der Herr gab sich so für alle hin, die Heiligen aber, weil sie diesen Typus vom Erlöser gelernt hatten (denn von ihm wurden sie früher und allezeit unterrichtet), flohen legitimerweise in ihrem Kampf mit den Verfolgern ...; da sie als Menschen das Ende der Zeit, die ihnen von der Vorsehung festgesetzt war, nicht kannten, wollten sie sich ihren Verfolgern nicht einfach ausliefern;... sondern mit Gottvertrauen hielten sie lieber bis zum Ende durch" (ύπέμενον), wie es Hebr. 11, 3 7 f beschrieben ist, sei es, daß dabei die ihnen bestimmte Todeszeit kam, sei es, daß G o t t mit ihnen redete und ihren Verfolgern Einhalt gebot, sei es, daß er sie ihren Verfolgern übergab (16,1—4). „Wenn sie aber auch manchmal im Fliehen ihren Verfolgern entgegentraten, taten sie dies nicht blindlings (άπλως); denn mit Gottesliebe traten sie ihnen auf das Geheiß des Geistes hin (πνεύματος λαλοΰντος) entgegen und bewiesen so wieder ihren Gehorsam und ihre Bereitwilligkeit" (17,1). Genannt werden Elia, Micha, der anonyme Prophet, der „Jerobeam beschämte", und Paulus.

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Deren Flucht geschah nicht aus Feigheit, sondern war vielmehr Kampf und Todesreflexion (17,2). Für sie kam weder Selbstauslieferung, das hieße Selbstmord, noch Feigheit in Betracht. Denn Sterben bedeutet Ende der Mühen, Flucht aber ist wegen ständiger Erwartung des Zugriffs von Häschern schwerer als Tod; darum ist Tod auf der Flucht Martyrium (17,3). Jakob, Moses, David, Elia, Petrus | und Paulus bewiesen besondere Seelenstärke und nicht Feigheit, als sie fliehen und als sie sterben mußten (17,5 - 19,1). Nicht getadelt wurden die Fliehenden, sondern vom Herrn seliggepriesen (19,2). Ihre Drangsal war keineswegs unnütz (19,3 - 21,1). „Denn wenn sie den Verfolgern nicht ausgewichen wären, wie wäre dann der H e r r aus dem Samen Davids hervorgegangen, oder wer hätte das Wort der Wahrheit verkündigt (εύαγγελίζεσΦαι)? Die Verfolger suchten ja die Heiligen auf, damit keiner mehr lehre" (Apg. 5,28); die Apostel aber ertrugen alles, damit das Evangelium verkündigt würde (21,1). „Siehe nun, auch während sie so kämpften, ließen sie die Zeit der Flucht nicht ungenützt und in ihrer Verfolgung vergaßen sie nicht den N u t z e n der anderen; als Diener des guten Wortes versäumten sie es nicht, dieses allen mitzuteilen; sogar auch während der Flucht verkündigten sie das Evangelium und ... stärkten die Gläubigen durch Ermunterungen" (21, 2). So Paulus (2. Tim. 3,12; Hebr. 12,1; Rom. 5,3.4), so Jesaja („... verbirg dich für kurze Zeit, bis der Zorn vorüber ist" Jes. 26,20), so David (Psalmen). „Die Flucht der Heiligen erweist sich also als nützlich und nicht fruchtlos f ü r das Kirchenvolk, selbst wenn es den Arianern nicht so zu sein scheint" (21, 5). Während die Heiligen auf ihrer Flucht wie Ärzte für Hilfsbedürftige bewahrt wurden, haben die anderen und überhaupt alle Menschen 50 vor den Verfolgern zu fliehen bzw. sich zu verbergen und sollen nicht unbesonnen den Herrn versuchen (22,1). Die Märtyrer flohen in Verfolgungszeiten und hielten in der Verborgenheit mutig aus; hatte man sie aber entdeckt, dann nahmen sie das Martyrium auf sich. Auch einige von ihnen gingen auf die Verfolger zu (vgl. 17,1), ebenfalls nicht unbesonnen, denn ihre Bereitwilligkeit und solches Hintreten sind vom Heiligen Geist bestimmt (22,2). Athanasius schließt seinen positiven Beweis ab, indem er die vom H e r r n gebotene und von den Heiligen wahrgenommene Flucht mit dem Verfolgen, das ein vom Teufel herrührendes Beginnen (Ex. 15,9) sei, zusammenfassend konfrontiert: „Wem muß man nun gehorchen? Den Worten des Herrn oder ihrem Geschwätz? Wessen Taten muß man nachahmen (μιμεΐσΦαι)? Die der Heiligen oder die, die sie selber ersonnen

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τοϊς δ' Αλλοις καΐ π&σιν άπλώς ήμΐν τοις άνβρώποις: Athanasius schließt sich hier also mit ein.

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Zur Biographie

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haben (έπινοήσωσιν) 51 ?" ( 2 3 , 2 ) Die Antwort kann nur sein: „Es ist besser, auf den Herrn zu vertrauen, als auf das törichte Geschwätz jener zu achten; denn die Worte des Herrn haben das ewige Leben, aber was jene zeigen, ist voll Tücke und B l u t " (23,2). An diesem Punkte seiner Argumentation greift Athanasius zurück auf die bereits anfangs ( 6 , 2 ) erwähnte nächtliche Besetzung der Theonaskirche, 52 die er nunmehr zur confutatio des gegen ihn erhobenen Vorwurfs der Feig|heit in c. 24 genauer schildert: Die „Arianer" hätten das Militär aufgereizt und ihm geholfen, Athanasius zu finden. D e r D u x Syrianus habe die Kirche, in der Athanasius mit der Gemeinde zum Vigiliengottesdienst versammelt war, abgeriegelt. Angesichts der hierdurch entstandenen Verwirrung habe Athanasius es für ώλογον gehalten, das Kirchenvolk zu verlassen und nicht vielmehr an seiner Spitze die Gefahr zu bestehen. E r habe sich auf den Thronos gesetzt und veranlaßt, daß Diakon und Gemeinde einen Psalm (136?) zum Wechselgesang anstimmen und alle nach Hause gehen sollten. Daraufhin sei das Militär mit Waffengewalt in die Kirche eingedrungen. Kleriker und Kirchenvolk hätten ihren Bischof beschworen fortzugehen; Athanasius habe aber erklärt, nicht zu weichen, bis alle gegangen seien. Als die meisten die Kirche verlassen hätten, seien Mönche und Kleriker zurückgekehrt und hätten Athanasius mit sich fortgezogen. So sei er entkommen, obwohl man die Sakristei umringt und die Kirche besetzt hätte. Tadel ob dieses Entkommens heiße geradezu, gegen G o t t undankbar zu sein, seinem Gebot zuwiderzuhandeln und gegen die Taten der Heiligen (Petrus, Paulus, Moses, David u. a.) anzukämpfen (25). „Ich glaube, daß es bei denen, die gesunden Verstand (λογισμός ύγνής) haben, keinerlei Tadel finden wird, zumal da auch lt. göttlicher Schrift uns dieser τόπος von den Heiligen zur Lehre überliefert ist" (26,1 ). Die lasterhafte Lebensführung der Verleumder aber stimme mit ihrer Gesinnung und ihrem Geschwätz überein (Leontius mit seiner Eustolium; Narzissus; Georgios). Dabei sei allen gemeinsam, daß sie in ihrer Häresie Christusfeinde und nicht mehr Christen seien; kein Wunder, daß sie diejenigen, die ihrer Häresie nicht zustimmten, verfolgten, daß sie sich freuten, wenn sie jene aus der Welt schaffen könnten, aber betrübt seien, ja Unrecht zu leiden (άδικεΐσϋαι) glaubten, wenn sie die Entkommenen noch am Leben sähen (27,1). Athanasius wünscht, sie möchten so U n r e c h t

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Zum athanasianischen Verständnis von έπ(νοια, die bei Athanasius strikt von der διάνοια unterschieden wird, siehe ζ. B. contra gentes 2; vgl. E. P. Meijering, Orthodoxy and Platonism in Athanasius. Synthesis or antithesis? Leiden 2 1974, 6f. Vgl. historia Athanasii 5; a.a.O. (Anm. 16), 665. — Athanasius, historia Arianorum 81.

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l e i d e n , " daß sie nicht mehr Unrecht z u tun v e r m ö g e n u n d die Verfolgten in die Lage kämen, d e m Herrn mit Psalm 2 6 , 1 - 2 u n d Psalm 3 0 , 8 . 9 („... du hast m i c h nicht verschlossen in die H ä n d e des Feindes, du hast auf w e i t e n R a u m m e i n e Füße gestellt") zu danken. D i e beiden o b e n untersuchten Berichte über Athanasius sind durch mancherlei B e z u g s p u n k t e mit de fuga sua verbunden: D e r Rat des Propheten, sich bei Verfolgung für kurze Zeit z u r ü c k z u z i e h e n (Jes. 2 6 , 2 0 ) , 2 1 , 4 . D a s Verhalten v o n Heiligen des A l t e n u n d N e u e n Testaments, ihren Verfolgern e n t g e g e n z u g e h e n 1 7 , 1 - 2 . D i e Verhaltensweise der άλογία angesichts der Fluchtproblematik 2,4; 9,1; 2 6 , 1 . Flucht als Verhinderung v o n M o r d (Sün|de der Verfolger) 2 7 , 1 - 2 . D i e H i l f e , die die Fliehenden durch ihren D i e n s t d e n anderen leisten 19,3 - 21, 2. D o c h sind hiermit n o c h nicht die Besonderheiten der athanasianischen K o n z e p t i o n erfaßt. D e n n Athanasius steht mit seinen A u s f ü h r u n g e n z u m T h e m a Flucht bei Verfolgung in deutlicher Abhängigkeit v o n alexandrinischen Traditionen. Klemens von Alexandrien, Stremata VII,66,4 (Gegen das Drängen zum Martyrium; f ü r das vernünftige Vermeiden der Verfolgungsgefahr in wahrhaft vernünftiger Mannhaftigkeit); Stremata IV, 76,1 - 77,1 (Zu Mt. 10,23: Das Herrenwort ist nicht gegen die Verfolgung als Übel gerichtet oder zur Beruhigung bei Todesfurcht gegeben, sondern will die Mitschuld des Opfers an der Schuld der Verfolger verhindern); vgl. hierzu Klemens von Alexandrien, Fragment 56 Stählin (Tollkühnes Nichtfliehen vor unrechtmäßigem Töten ist tadelnswerter Ungehorsam gegen das Herrenwort Mt. 10,23). — Orígenes, contra Celsum 1,61 (Es ist nicht unedel, mit οίκονομία den Gefahren auszuweichen, wenn es nicht aus Todesfurcht, sondern aus dem Grunde geschieht, durch ein längeres Leben den Menschen zu helfen [ώφελεΐν]); contra Celsum 1,65-66 (Mt. 10,23 ist den Jüngern als Warnung vor Unbesonnenheit gesagt; zugleich gab der Herr ein Beispiel ruhig-beständigen Lebens, da er achtgab, sich nicht zur Unzeit und grundlos/unvernünftig [άλόγως] Gefahren auszusetzen. Wie Jesus habe sich auch Aristoteles verhalten, der in Erinnerung an den Fall Sokrates den Athenern nicht die Möglichkeit zu einem weiteren Verbrechen bieten wollte. Christus war ein σύνόετον χρήμα. Da er kam, um als Mensch zu leben, durfte er sich nicht zur Unzeit schon in Todesgefahr begeben; deshalb die Flucht nach Ägypten [zu beachten ist die Verklammerung der Frage mit dem christologischen Problem]); contra Celsum VIII, 44 („Wenn ein Christ flieht, tut er das nicht aus Feigheit, sondern aus Gehorsam gegen das Gebot des Meisters, indem er sich rein bewahrt zum Wohl und Heil anderer" [έαυτόν φυλάττων καΦαρόν έτέρων ώφεληόησομένων σωτηρίςί]);

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Wer in Athanasius einen Hierarchen von pharaonischer Verhärtung sieht, mag hier f ü r seine Auffassung Anhalt zu finden meinen, doch ist άδικεΐσΰαι klar durch den Kontext in anderem Sinne bestimmt; es ist das — scheinbare — Unrecht, das die Verfolger angesichts des E n t k o m m e n s der Verfolgten erleiden. Athanasius wünscht also nicht Rache, sondern das Entkommen so vieler, daß die Verfolger kein Unrecht mehr t u n und die Verfolgten alle f ü r ihre Rettung G o t t danken können.

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beachte daneben Comm. in loan. XXVII1,23 zu Joh. 11,54; Comm. in Matth. XVI, 1 zu Mt. 20,17—19. — Dionysius von Alexandrien, epistula ad Gertnantim, bei Euseb von Cäsarea, hist. eccl. VI, 40,1-3 ff (Dionysius sei niemals aus eigenem Antrieb und ohne göttliche Weisung geflohen. Während sein mit Blindheit geschlagener Häscher wer weiß wo gesucht habe, sei der Verfolgte zu Hause geblieben. „Und kaum war der vierte Tag vorüber, befahl Gott mir aufzubrechen und bereitete auf wunderbare Weise den Weg ... Und daß dies ein Werk der Vorsehung Gottes war, das hat die Folgezeit gezeigt, in der wir wohl manchem nützlich geworden sind." Bemerkenswert ist auch die Schilderung der grotesken, gewaltsamen Befreiung des Dionysius durch eine Hochzeitsgesellschaft.). — Petrus von Alexandrien, sermo de poenitentia can. 9-10 (Warnung vor der Versuchung eines blinden Martyriumsdranges. Erinnerung an das Verhalten Christi gegenüber Anschlägen; daran, daß er abwartete und sich nicht selbst auslieferte, als die Zeit seines Leidens nahte; an die Herrenworte über Verfolgung und Flucht [Mt. 10,17.18. 23]. Der |. Herr will nicht Selbstauslieferung und damit Verursachung des Mordens, sondern abwartende Behutsamkeit. Das Beispiel von Stephanus, Jakobus, Petrus und besonders Paulus zeigt, daß es ihre wichtigste Aufgabe war, „das Evangelium zu verkündigen und das Wort Gottes zu lehren", indem sie dabei auch die Gewißheit verbreiteten, daß das Reich Gottes durch viele Drangsale zu uns komme. Nicht um ihr Wohl ging es ihnen, sondern um das Wohl und Heil der vielen [τό συμφέρον... των πολλών, Ινα βωϋώσι]. In can. 10 wird dies Moment, an Paulus exemplifiziert, nochmals aufgenommen.). D a s Besondere der T h e o r i e des Athanasius wird vielmehr in dem gewandelten Autoritätsverständnis greifbar. D i e göttliche Weisung durch persönliche O f f e n b a r u n g (vgl. noch D i o n y s i u s von Alexandrien) k o m m t m. W. bei Athanasius selber nicht vor; in de fuga sua spielt sie gar keine R o l l e . A n ihre Stelle tritt die Heilige Schrift in doppelter Weise, mit dem G e b o t des H e r r n und mit dem in ihr berichteten, vorbildlich gehorsamen H a n d e l n der biblischen Heiligen. Vielleicht am interessantesten, jedenfalls bisher noch gar nicht gewürdigt ist die abgewandelte I m i t a t i o - A u f fassung des Athanasius. Imitatio Dei und Imitatio Christi sind abgelöst durch G e h o r s a m gegenüber dem göttlichen G e b o t . N a c h g e a h m t werden ausschließlich die alttestamentlichen und neutestamentlichen Heiligen, die v o m H e r r n angewiesen wurden ( 1 6 , 1 - 17,1). I h r Abstand z u m H e r r n ist besonders deutlich markiert durch ihre U n k e n n t n i s der eigenen Todesstunde ( 1 3 , 5 - 1 6 , 4 ) ; dabei ist die Relevanz der christologischen K o n z e p tion des Athanasius zu beachten. A b e r auch der Abstand zu denen, von denen die Heiligen nachgeahmt werden, wird deutlich gezeichnet; als A u f g a b e der Heiligen wird 2 2 , 1 — in einem bestimmten G e g e n s a t z zu O r í g e n e s , D i o n y s i u s , Petrus von Alexandrien — ihre besondere H i l f e für andere betont. D a ß Athanasius sich selber unter denen weiß, die zur N a c h a h m u n g der biblischen Heiligen verpflichtet sind, ist evident. A n g e sichts dessen wird v. Campenhausens, auch schon in ihren Voraussetzungen nicht unbedenkliche Behauptung, Athanasius fehle „jede D i s t a n z i e -

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rung zwischen dem religiösen Anliegen, das er vertritt, und der kirchlichen Position, die er zu halten wünscht", durch dessen Imitatio-Konzeption in Frage gestellt. D a nicht erkennbar ist, an welche Leser Athanasius sich mit seiner Schrift de fuga sua wendet, bleibt womöglich noch die Frage, wieweit der alexandrinische Bischof sich selber durch seine besondere Imitatio-Lehre gebunden weiß. Deshalb ist nunmehr die epistula ad Dracontium heranzuziehen.

b. Epistula ad Dracontium: D i e Verantwortung und der Dienst des Bischofs 5 4 Athanasius schreibt hier an den Vorsteher eines Klosters, der zum Bischof eingesetzt worden war und sich auf Anraten rigoros gesinnter Mönche weigerte, das kirchliche Amt zu übernehmen. „Der Brief wurde ... in der |. Fastenzeit vor dem 27. März 354 geschrieben." 55 Denn in ihm wird einerseits eine noch abwesende Gesandtschaft (7,2), deren Abreise am 19. 5. 353 durch historia Athanasii 3 feststeht, 56 und andererseits das bevorstehende Osterfest (10,1), das im Jahre 354 auf den 27. März fiel, erwähnt. D e r Appell des Athanasius an Dracontius, das Bischofsamt anzutreten, hatte offensichtlich die beabsichtigte Wirkung; den von Athanasius verfaßten Tomus ad Antiochenos der Synode von Alexandrien (362) unterschreibt er in c. 10,2 (5) als Bischof von Hermupolis parva.57 D e r Brief, der bisher für das Amtsverständnis des Athanasius noch kaum beachtet, geschweige denn ausgewertet worden ist, 5 " verdient eine ausführlichere Analyse als sie im Rahmen dieses Aufsatzes geleistet werden kann; sie mag einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben. Im folgenden werden deshalb nur in kurzen Zügen die Momente des Schreibens herausgestellt, die in unserem Zusammenhang von unmittelbarem Interesse sind. Hatten die bisher untersuchten Texte die Problematik ,Flucht des Bischofs bei Verfolgung' zum Thema, ist die epistula ad Dracontium anläßlich eines akuten Falles mit der Frage ,Ausweichen vor dem Bischofsamt' befaßt. Athanasius tadelt nachdrücklich das Verhalten des Adressaten seines Briefes, weil er befürchtet, daß der bereits ordinierte Dracontius wegen seiner Flucht, die aus persönlichen religiösen Motiven 54

55 56

" 58

Ich benutze die noch von H.-G. Opitz besorgte Edition der epistula ad Dracontium nach den Revisionsbogen der Schlußlieferung von Athanasius Werke Bd. II, 303-308. Opitz, a.a.O. (Anm. 54), 307 hist. App. zu c. 10, 1-2. A.a.O. (Anm. 16), 664. Migne, PG 26, 808 B. Vgl. meinen Artikel „Athanasius von Alexandrien" in T R E 4, 334 f.; 346. — Uber das Verhältnis des Briefes an Dracontius zur vita Antonii s. die wohlerwogenen Bemerkungen von H. Dörries: Wort und Stunde I (1966), 223 f.

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(διά σ ε α υ τ ό ν ) erfolgte, im H i n b l i c k auf die schon ü b e r n o m m e n e Verantw o r t u n g für andere sein Verhalten vor dem H e r r n nicht verantworten k ö n n e (1, 2). ( D i e eschatologisch orientierte Verantwortung wird durchgehend betont.) 5 9 Dracontius habe bei vielen schädliches Ärgernis erregt, nicht weil er überhaupt geflohen sei, 60 sondern weil er es angesichts der drangvollen kirchlichen Situation getan habe ( 1 , 1 ) . D i e k a u m wieder zu beseitigenden schädlichen F o l g e n für die Gemeinde seien Spaltungen, das Eindringen nicht rechtgläubiger K o n k u r r e n t e n ins Bischofsamt, A b w e n dung von H e i d e n , die Christen hätten werden wollen ( 1 , 3 ) . F l u c h t des B i s c h o f s aus Frömmigkeitsgründen heiße nur, sich allein zu ernähren, während die G e m e i n d e hungere ( 2 , 3 ) . „ D u mußt wissen und nicht b e zweifeln, daß du vor deiner O r d i n a t i o n zwar für dich lebtest, nach der O r d i n a t i o n aber für die (zu leben hast), für die du ordiniert b i s t " ( 2 , 3 ) . D a s Bischofsamt, ή έ π ι σ κ ο π ή (1, 3; 9 , 1 ) , wird im B r i e f an Dracontius auch als ή τ η ς έ π ι σ κ ο π ή ς χ ά ρ ι ς ( 2 , 3 ) , ή χ ά ρ ι ς ( 1 , 1 ; 1, 3), τό λ ε ι τ ο ύ ρ γ η μ α ( 5 , 1 ) , τό τ η ς έ π ι σ κ ο π ή ς λ ε ι τ ο ύ ρ γ η μ α ( 3 , 3 ) , ή δ ι α κ ο ν ί α ( 6 , 1 ) bezeichnet. E s ist I eine δ ι ά τ α ξ ι ς der K i r c h e n , weil es v o m H e r r n angeordnet und v o n ihm durch die Apostel geprägt sei ( 3 , 3 ) . W i e wäre Dracontius Christ geworden, wenn es keine B i s c h ö f e gegeben hätte; wie sollten die G e m e i n d e n ohne B i s c h ö f e in Zukunft bestehen ( 4 , 1 ) ? Entsprechend seiner Zielsetzung akzentuiert Athanasius Dracontius gegenüber Verantwortung und Aufgaben eines Bischofs, und er läßt dabei weithin das Amtsverständnis erkennen, das seine eigene Amtsführung leitet; und selbst das P r o b l e m des Ausweichens vor dem A m t hatte er für seine eigene Person — allerdings noch vor seiner O r d i n a t i o n — bewältigen müssen. Sozomenus (hist. eccl. 11,17,1-3) überliefert einen merkwürdiger- oder eher bezeichnenderweise in der Athanasiusbiographie kaum berücksichtigten, glaubwürdigen Bericht des Apolinarius von Laodicea über die Designation des Athanasius zum Nachfolger des Alexander von Alexandrien, die dieser gegen Ende seines Lebens vornahm. Es heißt dabei, Alexander habe auf seinem Sterbelager nach Athanasius gerufen,61 der aber sei abwesend gewesen; der sterbende Bischof habe daraufhin gesagt: „Athanasius, du meinst davongekommen zu sein (έκπεφευγέναι), aber du wirst nicht entfliehen" (sc. dem

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1 , 2 ; 2, 2; 2, 3; 3, 1; 4, 2; 6, 2; 10, 1. Diese Einschränkung des Athanasius korrespondiert mit dem, was unten S. 327 über sein eigenes Ausweichen vor dem Bischofsamt, noch in der Zeit vor seiner Ordination, zu berichten ist. Ein anwesender Diakon, der ebenfalls Athanasius hieß, wurde dabei von Alexander nicht akzeptiert. Der Bericht wird gerade auch durch diese Einzelheit bestätigt, denn es gab in Alexandrien in der Tat zwei Diakone mit dem Namen Athanasius; Athanasius Werke Bd. I I I , 1 : Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, Urkunde 4b, S. 11. 1,4.

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Athanasiana

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Bischofsamt und dem damit verbundenen Kampf).62 Die Willenserklärung Alexanders ist von Athanasius wohl auch als Ruf bzw. Auftrag aufgenommen worden, selbst wenn er in seinen Schriften darüber nichts verlauten läßt. Von einem Bischof erwartet Athanasius Eifer für Christus (3,2) mit άνδρικον φρόνημα (3,2), orientiert namentlich an Paulus (3,2), aber auch an allen (biblischen) Heiligen (4,5). Vor allem hat er Gott zu fürchten und zu gehorchen, der das Amt auferlegt hat (5,1). Gegenüber dieser Priorität können eventuell abgelegte Mönchsgelübde, die der Übernahme eines Bischofsamtes entgegenstehen, nicht aufkommen; Athanasius begründet dies mit dem Verhalten Heiliger des Alten Testamentes (5,2-3). Auch die Erwägung der menschlichen Schwächen eines Bischofs, seiner schwachen Stimme, seiner langsamen Rede, seines geringen Alters, ist irrelevant gegenüber der Furcht Gottes (5,3), der „unsere Verhältnisse besser kennt als wir selber und weiß, wem er seine Kirchen anvertraut" (6,1). „Auch wenn er (sc. der Bischof) unwürdig sein sollte, soll er nicht auf sein früheres Leben starren, sondern seiner διακονία nachkommen, damit er nicht außer seinem (unwürdigen) Leben noch dazu den Fluch der Nachlässigkeit auf sich lade" | (6,1). Trotz Schwäche ist der Gemeinde zu dienen, um sie nicht Schaden nehmen zu lassen (6,3). Der Dienst des Bischofs besteht vornehmlich in der Lehre der Schriften (2,3), in der Verkündigung des Evangeliums; Vorbild hierfür ist besonders Paulus (4,4—5). Auch Mönche und Klostervorsteher sind Bischöfe geworden (7,2-3)." Nicht damit erst dringt die Askese in den Bereich des Klerus vor. Athanasius galt beim Kirchenvolk selber als „Asket" (apologia secunda 6,5); er machte jedoch die Askese dem Bischof nicht zur Pflicht: 64 έξεστι γαρ καί ούτως, καί έκείνως ού κεκώλυται (9,2). „Aber ein jeder kämpfe allenthal-

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72, 15 f Bidez-Hansen. — Es liegt nahe, bei Athanasius ähnliche asketische Motive zu vermuten, wie sie im Falle des Dracontius bestimmend geworden waren. Das Schreiben der Synode von Alexandrien (338) bezeugt, daß das alexandrinische Kirchenvolk bei den Vorgängen um die Ordination des Athanasius u. a. deswegen nach ihm als seinem Bischof verlangt habe, weil er είς τών άσκητων gewesen sei; Athanasius, apol. sec. 6, 5 (92.26 O p i t z ) . F. Loofs vermutet (mit A. Eichhorn), daß Athanasius in der Reichskirche der erste gewesen sei, „der Mönchen, bzw. Äbten, die Bischofsweihe gegeben hat"; RE 3 2, 198.31-34. Die feste Einheit der dogmatischen, der asketischen und der kirchlichen Forderung, die v. Campenhausen konstatiert, läßt sich zwar f ü r Athanasius selber feststellen, doch ist dabei zu beachten, daß der alexandrinische Bischof an Klerus und Mönche nicht in exklusiver Weise asketische Forderungen richtet (s. epistula ad Dracontium 9, 2). Zur maßvollen Einschätzung der Askese bei Athanasius: T R E 4, 334.34-36, 344.50 ff.; zur — offenbar von der athanasianischen Christologie her geprägten — maßvollen Konzeption der vita Antonii: B. Steidle, „ H o m o Dei Antonius": Antonius Magnus Eremita, hg. v. B. Steidle, (StAns 38), Rom 1956, 148-200. - M. Fuhrmann, Die Mönchsgeschichten des Hieronymus: Christianisme et formes littéraires de l'antiquité tardive en occident, (Fondation Hardt, t. XXIII), Genf 1977, 41-89 (-99).

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ben; denn der Siegeskranz wird nicht κατά τόπον, sondern κατά πράξιν verliehen" (vgl. 1. Kor. 9,25; 9,2). Die Wundertaten der Bischöfe, die Athanasius — ohne es explizit zu sagen — kritisch gegen mönchischen Wunderglauben anführt, sind ihre zahlreichen Erfolge bei der Bekehrung vom Götzendienst, bei der Beendigung dämonischer Bräuche, bei der Gewinnung für den Dienst Christi, Gewinnung namentlich von Mädchen für die Virginität und von Jünglingen für die Enthaltsamkeit (7,3). Rechnet die Gemeinde mit dem Dienst ihres Bischofs (2,3), rechnen auch Athanasius und dessen Streitgenossen auf seine Mitarbeit (6,3); kooperatives gegenseitiges Geben und Nehmen stellt sich in diesem heiklen Falle von seiten des Athanasius als die schriftgemäße Beratung und Begleitung des Dracontius und von Seiten des Dracontius als die gottesdienstliche Fürbitte für Athanasius und seine Freunde dar (7,1). Auch im Brief an Dracontius kommt die athanasianische Imitatio-Konzeption bestimmend zur Geltung. Während das vom Herrn angeordnete Bischofsamt, seine Gabe, in entsprechendem Gehorsam wahrzunehmen ist (2,3; 3,3; 4,2; 5,1-3; 7,1), ist nach dem σκοπός der Heiligen das Leben zu führen, sind sie nachzuahmen (4,3). „Wir müssen wissen, daß wir, wenn wir von diesen abweichen, auch der Gemeinschaft mit ihnen verlustig gehen" (4,3). Nachgeahmt werden soll von Dracontius die Evangeliumsverkündigung des Paulus, der sich bei Übernahme seines Amtes nicht mit Fleisch und Blut beriet; der zwar sagte „ich bin nicht würdig Apostel zu heißen", der aber eingedenk der empfangenen Gabe und des Gebers ebenfalls sagte: „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige"; der mit seiner Predigt bis nach Spanien vordrang und sich rühmen durfte, einen „guten | Kampf" gekämpft zu haben (4,4-5). Dracontius muß sich von Athanasius fragen lassen, wen er mit seiner Weigerung nachahme. „Ich wünsche/bete (εύχομαι), daß du und ich Nachahmer aller Heiligen (W: ich und alle Nachahmer der Heiligen) seien" (4,5). Vorbildlich sind die alttestamentlichen Heiligen, die trotz anfänglicher Weigerung — im Falle des Jeremía sogar trotz entgegenstehendem, als Schwur geltendem Wort — aus Gottesfurcht ihren Dienst taten (5,2-3; ähnlich eingeführt die biblischen Heiligen in 7,3). Im Bischofsamt könne Dracontius, statt schlechter zu werden, durch Nachahmen des Paulus und der Taten der Heiligen sogar besser werden (8,1): nach Übernahme und Erfüllung ihrer Verkündigungsaufgaben seien Paulus und Petrus zum Martyrium gelangt; ähnlich vorbildlich Elia und Elisa einschließlich der Jünger Jesu (8,2) — sie alle werden Dracontius als Vorbild (τύπος) vorgestellt (9,1). Auch der folgende, oft zitierte Satz ist von der Imitatio-Auffassung des Athanasius her zu interpretieren: „Wenn du nun die Weltzeit (καιρός) fürchtetest und, dich davor verbergend, jenes tatest, (zeigtest du) keinen Mut. Denn es mußte unter solchen Umständen Eifer für Christus bewiesen und mehr noch in Gefahren mit Freimut das Wort des Apostels

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Äthan asi ana

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gesprochen werden: ,Ιη diesem allem überwinden wir' (Rom. 8,37), vornehmlich weil wir nicht der Weltzeit (καιρφ), sondern dem Herrn (κυρίφ) dienen müssen" (3,2). Neben dem 1. Gebot, an das hier wohl bei der Verpflichtung zum gehorsamen Dienst gedacht ist, steht die Ermahnung, sich nicht nur an das Wort des Apostels zu halten, sondern es mit ihm freimütig gerade in bedrängter Lage — offenbar verbotenus — zu sprechen. Es ist also nicht einfach nur das vorbildliche paulinische παρρησιάζεσΦαι, das freimütige Reden, als das Verhalten des gehorsamen biblischen Heiligen, der im Dienst Gottes steht und darin den Menschen dient, gemeint; es ist das apostolische Wort selbst, das mitgesprochen werden soll, aufgenommen. Hiermit ergibt sich nun für uns eine neue Nuance der athanasianischen Auffassung der Imitatio sanctorum, und wir werden so noch einmal auf besondere Weise mit der Problematik konfrontiert, auf die mein Aufsatz von Anfang an orientiert ist. Aus diesem Grunde sei hier zum Schluß ein vorläufiger Versuch unternommen, im Anschluß an den sonst noch feststellbaren Gebrauch von μιμεΐσΦαι, μίμησις, μιμητής die Imitatio-Auffassung des Athanasius darzulegen.

vita Atbanasii

c. Imitatio sanctorum: als „Auslegung der Heiligen Schrift"

Die athanasianische Imitatio-Konzeption soll hier lediglich nach der Problematik Imitatio Dei/Christi oder Imitatio sanctorum, die sich aus einem Vergleich der Athanasiana mit alexandrinischen Traditionen ergibt, 65 untersucht werden. Eine erste Prüfung der einschlägigen Passagen läßt mich die athanasianischen Texte, die neben de fuga sua und epistula ad Dracontium anfallen, ¡.folgendermaßen ordnen: 1. Imitatio des Verhaltens der biblischen Heiligen; 2. Imitatio Dei, Ausnahmen; 3. Recitatio der Worte biblischer Heiliger (vgl. epistula ad Dracontium 3,2). 1. Imitatio des Verhaltens der biblischen Heiligen Der Konzeption, wie sie uns oben zuerst in de fuga sua begegnete, entsprechen folgende Stellen: Vita Antonii 27.66 Athanasius läßt Antonius in seiner Rede an die Mönche (c. 16 ff) sagen: „Der Herr hat als Gott die Dämonen zum

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M

Vgl. hierzu die schöne, bezeichnenderweise Athanasius nicht einschließende Untersuchung von H e n r i Crouzel, L' imitation et la „suite" de Dieu et du Christ dans les premiers siècles chrétiens ainsi que leurs sources grécoromaines et hébraïques: Jahrb u c h f ü r Antike und Christentum 21 (1978), 7-41. 884 A Migne.

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Schweigen gebracht; uns aber, die wir von den Heiligen lernen, geziemt es, diesen entsprechend zu handeln und ihre άνδρε(α nachzuahmen." In der epistula ad Marcellinum 11 wird bei den Büchern der Heiligen Schrift der Unterschied darin gesehen, daß Vorleser und Hörer die Psalmen — abgesehen von Psalmen, die Prophetie über Christus enthalten — so aufnehmen, als wenn es ihre eigenen Worte seien, während bei den übrigen Büchern „das, was die Heiligen sagen und wovon sie reden, die Vorleser von denen vermelden, über die es geschriehen ist, und diejenigen, die es hören, halten sich für andere als jene, von denen die Rede ist, und sie ahmen (nur) die gemeldeten Taten, bis hin zu nacheifernder Bewunderung, nach." 67 Ich muß auf diese Unterscheidung (unter Abschnitt 3.) zurückkommen. 68 Osterfestbrief „2"." Der Brief ist im ganzen von besonderem Interesse, weil das Thema der Imitatio sanctorum ihn nicht nur von Anfang an beherrscht, sondern auch noch die Darlegungen über die rechte Aufnahme der Überlieferung bestimmt. Das Osterfest wird in Gemeinschaft mit den Heiligen gefeiert, die es vorher verkündigt haben und die durch ihren Wandel in Christus Vorbilder waren. Sie hatten nicht nur die Aufgabe der Verkündigung des Evangeliums übernommen, sondern an ihnen zeigte sich auch, wie es geschrieben steht, seine Kraft. „Seid meine Nachahmer" (1. Kor. 11,1), schrieb Paulus an die Korinther und zugleich als „Lehrer | aller Völker" an alle allenthalben; wie überhaupt die Ermahnungen aller Heiligen der seinigen ganz ähnlich sind. Besonders im Fest soll die Gemeinde 70 nicht nur Hörer, sondern auch Täter der Gebote des Erlösers sein, damit sie durch Nachahmung des Verhaltens der Heiligen miteingeht

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21 B/C Migne. S. unten S. 190. Ich benutze die (Anm. 44) angegebene englische Übersetzung der Briefe von Burgess, der Cureton's Ausgabe der syrischen Version revidiert und ergänzt hat; Brief „2" auf S. 14-30. Daneben L.-Th. Leforts Übersetzung der Fragmente der koptischen Version (CSCO 151,6-8); und P. Merendino, Osterfestbriefe des Apa Athanasios. Düsseldorf (1965), 34-37. — Das Entstehungsjahr dieses Briefes ist unsicher. Im Anschluß an eine scharfsinnige Untersuchung Adolf Jülichers (GGA 1913, 706 ff) hat E. Schwartz (Ges. Schriften IV, 7) den Brief wegen seiner Berücksichtigung der Quadragesima auf einen Termin nach 336 und wegen seines Osterdatums (19. April) auf das Osterfest des Jahres 352 angesetzt. Danach stünde er in beträchtlicher, nicht nur zeitlicher Nähe zur 354 entstandenen epistula ad Dracontium. Aus der Diskussion über Schwartz' Thesen zu den athanasianischen Osterfestbriefen vgl. besonders: Vittorio Peri, La cronologia delle lettere festali di sant' Atanasio e la quaresima: Aevum 35 (1961), 28-86. — Stergios Sakkos, Ή Xd' έορταστική έπιστολή τοΰ Μ. 'Αθανασίου: Τόμος έόρτιος χιλιοστής έξακοσιοστής έπετείου Μεγάλου 'Αθανασίου, hg. von I. Mantzarides, Thessaloniki 1974, (129-196) 152ff. Ich setze in meinem Referat „Gemeinde", wo Athanasius in seinem Schreiben „Wir" sagt, das ihn selber einbezieht und das in seinem Falle gewiß nicht als nur therapeutische Anrede zu verstehen ist.

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in die himmlische Freude. Solcher Gemeinde werden gegenübergestellt die Unfestlichen, die sich dieser Freude selbst beraubt haben. Weise Diener des Herren aber halten als Empfänger des Wortes des Evangeliums den Befehl, der an Timotheus gerichtet war, für allgemein verbindlich: „Sei ein Vorbild den Gläubigen im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Keuschheit" (1. Tim. 4,12). So wie der, der einen Apostel aufnimmt, den aufnimmt, der ihn gesandt hat, so hat auch der, der ein Nachahmer der Heiligen ist, alles auf den Herrn abgestellt; wie auch Paulus als dessen Nachahmer sagte: „gleich wie auch ich Christi" (1. Kor. 11,1). Zuerst hatte ja der Erlöser gesprochen: „Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig . . . " (Mt. 11, 29); daneben zitiert Athanasius noch Joh. 1 3 , 1 2 - 1 5 . Beide Worte des Herrn sind offensichtlich zur Erklärung von 1. Kor. 11,1 herangezogen. Diejenigen, die dementsprechend leben und sich an das Evangelium halten, werden Nachahmer des Wandels des Apostels sein (mit der kopt., gegen die syr. Version). 71 Darum gilt auch ihnen das Wort des Paulus: „Ich lobe euch, daß ihr in allen Stücken meiner gedenkt" (1. Kor. 11, 2); und von 1. Kor. 11, 2 („und daß ihr die Uberlieferungen haltet, wie ich sie euch überliefert habe") her ergibt sich der unmittelbare Anschluß der Darlegungen über den rechten Gebrauch der apostolischen Überlieferung. D i e Häretiker lesen zwar in der Heiligen Schrift, sie halten sie aber wie menschliche Überlieferungen, weil sie weder sie noch ihre Kraft richtig kennen. Die Gemeinde soll Schülerin der Heiligen werden; die Heiligen allein sind ihre Lehrer. Sie waren nicht Schüler, weil sie von andern gehört hatten, sondern sie waren Augenzeugen und Diener des Wortes, und sie überlieferten als solche das, was sie von ihm selber gehört hatten. Wenn die Gemeinde den Herrn so als Gnadengabe empfängt und Nachahmerin der Heiligen wird, wird sie, wie der Psalmist sagt, „den Herrn preisen allezeit" und der himmlischen Freude würdig werden. — Bemerkenswert sind daneben bestimmte Passagen in den Osterfestbriefen 1; 3(!); 7; 10(!); 11(!); 19(!); 25; 39; 42; 43, wie auch besonders im Schlußkapitel des ersten Briefes an Serapion. De incarnatione 57. Das letzte Kapitel des Doppelwerks Contra gentes — De incarnatione 72 gehört zu der in c. 56 beginnenden, dem Abriß über den Christusglauben angefügten Ausführung, in der Athanasius seinen Leser ermuntert, die biblischen Schriften zu lesen und sich um ihr Verständnis zu bemühen, das dann seinerseits zu einem besseren Verständnis dessen führe, | was Athanasius gesagt habe. Die Heilige Schrift sei von Gott durch θεολόγοι άνδρες gesprochen und geschrieben; was von

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Der Syrer bietet „will be partakers of Christ, and imitators of apostolic conversation", 18 Burgess. Zum Stand der Diskussion über die Probleme, die dieses Werk aufgibt, mein Artikel „Athanasius von Alexandrien": T R E 4, 345.

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Athanasius in seiner Schrift weitergegeben sei, habe er von θεολόγοι διδάσκαλοι, die die Heilige Schrift studiert hätten und auch Zeugen der G o t t h e i t Christi gewesen seien. N a c h einem Ausblick auf die zweite A n k u n f t des H e r r n , der dann in H e r r l i c h k e i t allen die F r u c h t seines Kreuzes, die Auferstehung und Unvergänglichkeit, mitteilen und nach den guten und bösen Taten richten (2. K o r . 5 , 1 0 ) werde, werden in c. 5 7 nun βίος καλός, ψυχή καθαρά, ή κατά Χριστόν άρετή als erforderlich für die E r f o r s c h u n g der Schrift und die wahre Erkenntnis bezeichnet und sofort im Sinne der Imitatio sanctorum erläutert: „ D e n n ohne reinen Sinn (διάνοια) und ohne N a c h a h m u n g des Lebens der Heiligen (τής πρός τούς άγίους τοϋ βίου μιμήσεως) könnte w o h l niemand die Worte der Heiligen begreifen." Athanasius vergleicht mit der Imitatio sanctorum die A n g l e i chung, die bei der Reinigung des Auge(nlichte)s für das Sehen des S o n n e n l i c h t e s " und bei dem Aufsuchen des O r t e s , den man sehen m ö c h t e , v o r g e n o m m e n wird. „So muß der, der τήν διάνοιαν των θεολόγων begreifen will, seine Seele im L e b e n zuvor abwaschen und reinigen und durch die Angleichung der πράξεις zu den Heiligen selber gelangen, damit er durch die gemeinschaftliche Lebensführung mit ihnen das ihnen von G o t t O f f e n b a r t e verstehe und im übrigen, gleichsam mit ihnen verbunden, der Gefahr, die den Sündern droht, und dem Feuer, das ihnen am Tage des Gerichtes bevorsteht, entgehe und das erlange, was den Heiligen aufbewahrt ist im R e i c h der H i m m e l , ,was kein Auge sah ..., was bereitet ist denen', die κατ' άρετήν leben und G o t t und den Vater in Christus Jesus, unserm H e r r n , lieben . . . " D i e geforderte άρετή ist, kurz gesagt, der an Christus orientierte Glaubensgehorsam der biblischen Heiligen. E s gibt nun allerdings ein paar Stellen, an denen Athanasius von Imitatio Dei redet. Das scheint im Widerspruch zu den hisher untersuchten Texten zu stehen. D a r u m sind die in Frage kommenden Passagen im folgenden gesondert zu untersuchen.

2. Imitatio Dei,

Ausnahmen

D i e Schriften, in denen Athanasius, seiner K o n z e p t i o n von der Imitatio sanctorum zuwider, von Imitatio Dei redet, stammen nicht aus einer bestimmten Phase — etwa der Frühphase — seines Wirkens. D a die früheste von ihnen 339, die letzte 369/371 entstanden ist, scheinen sich also die Schwierigkeiten, die dem bisher gewonnenen Ergebnis entgegenstehen, noch zu erhöhen. Epistula encyclica74 7 , 5 . Athanasius rechnet damit, daß die Eusebianer brieflich zugunsten des Gegenbischofs Gregorius intervenieren werden,

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Vgl. Meijering, a.a.O. (Anm. 51), 57 f. Eingehende Analyse, in der aber c. 7,5 unberücksichtigt bleibt, bei W. Schneemelcher, Die Epistula encyclica des Athanasius: ders., Ges. Aufs. (s. Anm. 1), 2 9 0 - 3 3 7 .

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und ermahnt deshalb die Adressaten seines Rundschreibens, daß sie, auch darin τό άπροσωπόληπτον τοϋ deoß μιμησάμενοι, die Überbringer der Briefe abweisen sollen. Er spielt auf 1. Petr. 1,17 an und hat offenbar vom Kon|text 1,13 ff her den besonders an 1,16 (Lev. 19,2: „Ich bin heilig, und ihr sollt heilig sein") orientierten Wandel κατά τόν καλέσαντα im Auge. Im Zusammenhang mit der Hauptthese der oratio III contra Arianes,75 daß Christus kein inspirierter Mensch sei, hat Athanasius auch von der Nachahmung Gottes sprechen können. Aufschlußreich ist in c. 10 die Auseinandersetzung mit den Gegnern, die die Einheit von Vater und Sohn auf die Einheit ihrer Ubereinstimmung und auf die Identität ihrer Lehre beziehen. Damit aber würde nach Auffassung des Athanasius alles, was in Ubereinstimmung mit Gottes Willen sei, in den Rang von Gottes Sohn, der allein die εΐκών Gottes sei,76 aufrücken und dessen Einzigartigkeit gefährden; mithin also auch sehr viele Menschen, die Märtyrer, Apostel, Propheten, Patriarchen und alle, die das Gebot des Herrn, barmherzig zu sein wie der Vater in den Himmeln (Lk. 6,36), beobachteten und das Apostelwort einhielten: „Seid also Nachahmer Gottes (μιμηταΐ τοΰ •θεοΰ) ..." (Eph. 5,1-2). Viele seien auch Nachahmer des Paulus geworden, wie er Nachahmer Christi gewesen sei (vgl. 1. Kor. 11,1). Keiner von ihnen aber sei Logos, Sophia, eingeborener Sohn, Bild gewesen und habe zu sagen gewagt „Ich und der Vater sind eins" oder „Ich im Vater und der Vater in mir"; alle stünden unter den Worten von Ex. 15,11 und Ps. 89,7. In seiner Argumentation stellt Athanasius also neben das — für sein Imitatio-Verständnis offenbar grundlegende — Wort aus dem Korintherbrief das deutero-paulinische Wort Eph. 5,1-2, das seinerseits mit Lk. 6,36 kombiniert wird. Diese Konstellation ist zu beachten, um die Ausführungen cc. 19 ff recht zu verstehen. Dort wird das Thema von c. 10 wieder aufgenommen, indem nun 1. Kor. 11,1 nicht mehr erwähnt wird und Eph. 5,1 auch nur implizit bestimmend bleibt. Der in verschiedener Hinsicht bemerkenswerte Abschnitt cc. 19ff77 kann im Rahmen dieses Aufsatzes nicht die verdiente ausführliche Würdigung, die einer eigenen Untersuchung vorhehalten werden muß, finden. 75

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Knappe Mitteilungen meiner Auffassung über die 3. Arianerrede — angesichts des Versuchs von C h . Kannengiesser, sie unter Zuhilfenahme einer Sekretärshypothese Athanasius abzusprechen (RSR 63, 1975, 438) - in T R E 4, 339. 2-9; 345. 38-50, u n d in meinem Aufsatz „Das kritische Wort vom Kreuz und die Christologie bei Athanasius von Alexandrien", in: Theologia crucis — signum crucis. FS für Erich Dinkier. Hg. v. C. Andresen und G. Klein. Tübingen 1979, 452 Anm. 12. S. die überzeugende Arbeit von Régis Bernard, L'image de Dieu, (Théologie 25), Paris (1952). Im Z u s a m m e n h a n g seiner Interpretation der Theologie des Athanasius, die er als „ora et labora Theologie" charakterisierte, w u r d e auch D . Ritsehl, Athanasius (Theologische Studien 76), 1964, 73, auf cc. 19 ff. aufmerksam, ohne sich allerdings näher darauf einzulassen.

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Zur Problematik der Imitatio Dei ist jedoch folgendes anzumerken: Athanasius nimmt mit Lk. 6,36 und Mt. 5,48 („Ihr sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist") eine Kombination von Herrenworten auf, die ihm wohl aus der Tradition bekannt ist:78 Orígenes, sel. in Gen. 1,26: Wer Gerechtigkeit und Heiligkeit liebt und das Gebot des Erlösers Lk. 6,36 + Mt. 5,48 tut und einhält, wird τό κατά I πάντα Bild Gottes. (Für Athanasius ist Christus εΐκών, Menschen hingegen sind κατ' εΙκόνα.)79 — Orígenes, de principiis IV,4,10: Im Menschen können durch Streben und Imitatio die Tugenden vorhanden sein, die in Gott wesenhaft sind. Darauf weise der H e r r mit Lk. 6,36 + Mt. 5,48 hin; womit bewiesen sei, daß alle Tugenden in Gott immer vorhanden seien, daß sie vom Menschen aber nur allmählich und einzeln errungen würden. „ Unde et consanguinitatem quandam per hoc habere videntur ad deum. " (Athanasius betont, indem er in cc. 19ff die traditionelle Imitatio Dei-Argumentation aufnimmt, den Unterschied von Sohn [φύσει καΐ tfl ούσίςο] und Söhnen [όέσει καΐ χάριτι].) — Orígenes, contra Celsum VI,63, zieht zur Erläuterung von Gen. 1,26 die Stellen Mt. 5,48; Lev. 11,45 (vgl. Athanasius, Epistula encyclica 7,5); Eph. 5,1 heran. — Daneben noch: Orígenes, Fragm. 109 in Matth. 5,45 und Fragm. 112 in Matth. 5,48 (Klostermann). Da das Reden von der Imitatio Dei sich auf Eph. 5,1 stützen kann, steht Athanasius nicht an, diese Wendung aus der Tradition aufzunehmen, indem er sie als Bestandteil theologischer Argumentation in den Dienst seiner neuen Imago Dei-Lehre stellt und damit zugleich eine in der alexandrinischen Tradition auch schon überkommene Bemühung um Differenzierung, die die menschliche Vollkommenheit von der Vollkommenheit Gottes bis zu einem gewissen Grade abzuheben weiß, 80 entscheidend verstärkt. Das athanasianische Reden von der Imitatio Dei in cc. 19 ff ist durch die Diskussion bestimmt und zeigt terminologische, nicht eigentlich sachliche Unterschiede zu der Konzeption, die Athanasius vor allem im Anschluß an 1. Kor. 11,1 vertreten hat. In epistula ad Afros"1 7 hat Athanasius seine Argumentation von oratio III contra Arianos 19 wiederholt, nun ebenfalls im Zusammenhang mit der Bemühung um das rechte Verständnis der johanneischen Aussagen über das Einssein des Sohnes mit dem Vater. Da dieses Einssein von den Gegnern als ,όμοιότης durch vollkommene Tugend und Übereinstimmung im Willen' verstanden wird, wendet Athanasius hiergegen ein, daß

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Beachte die Bedeutung, die Mt 5, 43—48 in Crouzels Beitrag (s. Anm. 65) z u k o m m t . ™ S. Bernard, a.a.O. (Anm. 76). 80 Klemens von Alexandrien, Stromata II, 97,1—101, 2. — Orígenes, Fragm. 112 in Matth. 5, 48 (Klostermann). 81 Athanasius verfaßte dies Schreiben einer ägyptischen Synode, die 369/371 getagt hat.

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,Gleichheit durch Tugend und Willen' freien Willen und damit Veränderlichkeit voraussetze, die für den Logos ausgeschlossen, Geschöpfen hingegen eigentümlich sei. „Denn wir ahmen, obwohl wir der ούσία nach Gott nicht gleich werden können, dennoch, wenn wir aus Tugend besser werden, Gott nach (μνμούμεόα τόν deóv), indem auch dies vom Herrn aus Gnaden geschenkt wird (χαρισαμένου), der da sagt: ,Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist' (Lk. 6,36); ,seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist' (Mt. 5 , 4 8 ) " (c. 7,4). Hiernach halte ich fest: 1. Für Athanasius ist Gehorsam gegen das Gebot des Herrn (Lk. 6 , 3 6 + Mt. 5,48) — da άρετή nach de incamatione 57" zu verstehen ist — als Glaubensgehorsam ein Gnadengeschenk des Herrn. — 2. D i e Frage nach der Einheit von Vater und Sohn läßt Athanasius in der dritten Arianerrede und in der epistula ad Afros für seine Argumentation die Wendung von der Invitatio Dei (Eph. 5,1) aufnehmen, um mit ihr den Abstand von Sohn (φύσει) und Söhnen (θέσει), nicht aber etwa deren consanguinitas zu charakterisieren; darum wird denn auch das Thema der Imitatio sanctorum in jenem Zusammenhang nicht akut. — 3. In „barmherzig wie" (Lk. 6,36), „vollkommen wie" (Mt. 5,48), „einssein wie" (Joh. 1 7 , 1 1 . 2 3 ) meint das „wie" nicht Gleichheit, also Gott gleich sein (Ex. 15,11; Ps. 89,7.82,2), sondern Imitatio, also nur Imitatio Dei. — 4. „Aus Tugend besser werden" (ep. ad Afros 7,4), das an dieser Stelle nach seinem Modus nicht expliziert wird, ist m. E. im Rahmen der sonst oft genug präzis artikulierten athanasianischen Konzeption von der Imitatio sanctorum zu sehen. — 5. I m ganzen darf festgestellt werden, daß gegenüber der breitgestreuten Bezeugung der athanasianischen, in 1. Kor. 11,1 begründeten Konzeption von der Imitatio sanctorum das Reden von der Imitatio Dei (nach Eph. 5 , 1 ) bei Athanasius auffällig zurücktritt; zudem ist es durch die Tradition (Orígenes) und zugleich durch die athanasianische Imago-Lehre (gegen die Tradition) wie schließlich auch noch durch die athanasianische Konzeption von der Imitatio sanctorum bestimmt. D e r Zuwendung zur paulinischen μίμησις entspricht übrigens — ebenfalls gegen Orígenes — das auffallende Zurücktreten der Nachfolgeterminologie (άκολουύείν, έπεσΰαι, Verben mit όπίσω) bei Athanasius. Aus diesen Gründen dürfen wohl die angeführten Stellen, an denen von der Imitatio Dei geredet wird, als Ausnahmen bezeichnet werden. 83 82 13

S. oben S. 186. O h n e spezielle Bestimmung begegnet μΐμησις in de decretis Nicaenae synodi 20,3: Die Väter von Nicäa hätten, nach entsprechender Bemühung um die Heilige Schrift, gegenüber Asterius und Arius die Homousie des Sohnes mit dem Vater auch aus dem Grunde festgehalten, weil die όμοίωσις des Sohnes und seine Unveränderlichkeit eine andere sei als die „Nachahmung, die, wie man sagt, bei uns statthat und die wir aus

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Z u r Biographie

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Ich muß zum Schluß aber noch auf eine Besonderheit der athanasianischen Imitatio sanctorum zu sprechen kommen, die oben durch epistula ad Dracontium 3,2 nur erst etwas undeutlich zu Gesichte kam. 3. Recitatio der Worte biblischer Heiliger Athanasius hat in epistula ad Dracontium 3,2 dazu aufgefordert, bei Verfolgungsgefahr mit Paulus das Apostelwort Rom. 8,37 zu sprechen. Damit ist ein anderer Modus der Imitatio sanctorum angedeutet, der nicht mehr nur die in Freiheit geschehende Nachahmung von πράξεις der vorbildlich gehorsamen, biblischen Heiligen, sondern die Bindung an deren Worte betrifft. Daß Athanasius selber Taten und Worte der Heiligen unterscheidet, ist uns schon aus epistula ad Marcellinum 11 (oben III. c. 1.) bekannt. In diesem Brief finden wir denn auch die beste Auskunft für die anliegende Frage. Das Schreiben ist mit seiner ausführlichen Belehrung über den Psaltergebrauch in der alten Kirche sehr verbreitet gewesen (Codex Alexandri\nus, Prologe zu den Psalmen) und wurde auch neuerdings verdientermaßen wieder eingehender untersucht, ohne daß jedoch dabei unser Problem Berücksichtigung fand. Deshalb seien hier — gewissermaßen als vorläufige Ergänzung der ausgezeichneten Beiträge von Rondeau*'1 und Sieben85 — die einschlägigen Passagen des Briefes in Kürze angeführt. Nach der Auffassung des Athanasius, die er von einem (fiktiven ?) γέρων übernommen haben will, dienen die verschiedenen Bücher der Heiligen Schrift bei aller Unterschiedlichkeit der διακονία, die ihren Verfassern durch den Heiligen Geist auferlegt ist, doch derselben Aufgabe. „Denn das Mehr oder Weniger macht bei dieser Aufgabe keinen Unterschied aus, damit ein jeder unablässig den ihm zukommenden Dienst (διακονία) vollkommen leiste" (10)." Athanasius beschreibt im Vergleich mit den anderen biblischen Büchern den besonderen Dienst, den die Psalmen leisten. H ö r t man von den anderen Büchern nur das Gesetz, das befiehlt, was man tun oder lassen soll, nur Prophetien über das Kommen des Erlösers und nur Geschichten über die Taten der Könige und Heiligen, erkennt man in den Psalmen außerdem noch τ& κινήματα της έαυτοΰ ψυχής, indem man zugleich nicht nur lernt, daß man, sondern wie man

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der Tugend durch die Beobachtung der Gebote uns aneignen". Versteht man άρετή nach de inc. J7, ist auch diese Aussage im Rahmen der athanasianischen Konzeption von der Imitatio sanctorum zu sehen. M. J. Rondeau, L'épître à Marcellinus sur les psaumes: Vigiliae Christianae 22 (1968), 176-197. H.-J. Sieben, Athanasius über den Psalter. Analyse seines Briefes an Marcellinus: Theologie und Philosophie 48 (1973), 157-173. Vgl. diesen Satz mit dem oben S. 182 zitierten Satz aus ep. ad Drac. 9, 2.

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Leiden ertragen und heilen, sich enthalten, seinen Sinn ändern, sich bewähren, reden, hoffen, Verfolgung ertragen, für Rettung danken, bekennen muß. In diesem Zusammenhang hat der oben angeführte Satz aus c. 11 seinen Ort; 87 und es ist hier nur noch hinzuzufügen, daß Athanasius zur Wiederholung der Psalmen bei Lesern und Hörern („als wenn es die eigenen Worte seien)" an Paulus erinnert (vgl. Osterfestbrief 43: Phil. 3,1; 2. Kor. 1,13). Die Worte des Elia, des Elisa, der Patriarchen, des Moses, der Propheten wagt niemand nachzuahmen (11). Die Psalmen aber schließen mit Notwendigkeit die πραξις von Bewahrern und Übertretern des Gebotes ein und enthalten die Worte, die von ihnen zu sprechen sind (11); sie sind wie ein „Spiegel",*8 an dem die Bewegungen unserer Seele zu erkennen und auf rechte Weise zu orientieren sind, zur διόρΦωσις της ήμών πολιτείας (12). Das Ganze ist eine Gnadengabe des um unsertwillen Mensch gewordenen Herrn, der uns durch seinen Tod erlöste und uns seine himmlische πολιτεία zeigen wollte. Er lehrte nicht nur, sondern tat auch, was er lehrte, damit jeder ihn hört und angesichts seines Bildes nach seinem Vorbild handelt, wenn er dessen Wort hört: „Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig" (Mt. 11,29). Der Herr gab in sich das vollkommenste Vorbild zur Tugend: Geduld, Menschenliebe, Güte, Mut, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit; alles ist in ihm zu finden, „so daß dem nichts zur Tugend mangelt, der dieses menschliche Leben mit Überlegung betrachtet" (13). Daß Athanasius hier | jedoch nicht eine direkte Imitatio Christi meint, wird daraus ersichtlich, daß er sofort wieder 1. Kor. 11,1 zitiert und auch die Psalmen unter seiner Konzeption der Imitatio sanctorum einbringt (13). Die ganze Heilige Schrift ist Lehrerin der Tugend und des wahren Glaubens, die Psalmen aber geben gewissermaßen ein Bild der Lebensweise (διαγωγή) der Seele (14). Für Athanasius sind sie auf das ausgerichtet, was vergleichsweise die Etikette bei Hofe intendiert (14). Ist in den Psalmen „das ganze Leben der Menschen" umschlossen, kann ihre Anleitung je nach Situation zum Gebet an Gott in Anspruch genommen werden (30). Dabei kommt es darauf an, daß ihre Worte nicht ausgeschmückt und verändert werden; „man soll hingegen das Geschriebene so schlicht vortragen, wie es gesagt ist, damit die Heiligen, die es auftragsgemäß ausrichteten (διακονήσαντες), ihre eigenen Worte erkennen und mit uns beten; vielmehr auch damit der Geist, der in den Heiligen sprach, beim Vernehmen der Worte, die er ihnen eingegeben hat, sich unserer ,annehme' (vgl. Rom. 8,26). Denn um wieviel das Leben der Heiligen besser ist als das der anderen, um soviel wird man wohl mit Recht auch ihre Worte für besser und stärker halten als die, die von uns verfaßt werden" (31). Haben die Heiligen damit Gott gefallen und ihre S. 184. "" S. hierzu Sieben, a.a.O. (Anm. 85), 163 f. 87

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Zur Biographie

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Kämpfe bestanden (31), darf nun in der Imitatio sanctorum, die hier von Athanasius als Nachsprechen von Worten der Psalmisten anempfohlen wird, Erhörung, Trost, Schutz, Bußruf, Stärkung und Ermunterung erwartet werden. „Der Beter der Psalmen wird in Ewigkeit nicht von der Wahrheit abweichen, sondern wird die Betrüger und Verführer widerlegen; und dafür bürgt kein anderer als die Heilige Schrift selber" (32). „Indem du das einübst und so mit Verstand die Psalmen liest, wirst du unter Führung des Geistes den Sinn in jedem (von ihnen) begreifen können; und du wirst auch nach einem solchen Leben streben, wie es die Heiligen führten, die G o t t in sich trugen (θεοφοροΰμενοι) und diese Worte sprachen" (33). Wird namentlich aus der epistula ad Marcellinum die Geltung der athanasianischen Konzeption von der Imitatio sanctorum für „das ganze Leben der Menschen", für ihr Tun und Sprechen, evident, versteht man die besondere Bindung des Athanasius an die Heilige Schrift. Das heißt aber zugleich, daß Athanasius mit seiner Imitatio sanctorum nicht zu jener „Rasse" zu rechnen ist, der die Lektion übel bekommt, weil sie nur abguckt, „wie er räuspert und wie er spuckt"; der sich das Vorbild entzieht, weil sie sich damit begnügt, es nur im Peripheren nachzua h m e n . " Die Bibel ist aber auch nicht einfach nur eine Waffe für den alexandrinischen Bischof, dem „jede Distanzierung zwischen dem religiösen Anliegen, das er vertritt, und der kirchlichen Position, die er zu halten wünscht" fehlt.' 0 N o r m für die Vertretung seines „religiösen I Anliegens" wie für die Wahrnehmung seiner bischöflichen Pflichten ist ihm die Heilige Schrift. Es dürfte einer Überlegung wert sein, inwiefern das, was Schwartz an den athanasianischen Schriften als Fehlen eines „persönlichen, menschlichen Zuges" moniert hat, der Konzeption des Athanasius von der Imitatio sanctorum und damit seiner Bemühung um Glaubensgehorsam, die einer mit eigenen Kräften allein inszenierten Selbstverwirklichung oder Pflege der „persönlichen Züge" entgegen-

*' In diesem Zusammenhang sei nochmals nachdrücklich auf die wichtigen Ergebnisse des genannten Beitrages von Sieben (Anm. 85) verwiesen. , 0 Vielleicht ist die Problematik der neuzeitlichen Athanasiusbilder nicht zuletzt von dem Problem betroffen, das Luther in seiner Aufzeichnung vom 16. 2. 1546 reflektierte: Scriptores Sanctos sciât se nemo gustasse satis, nisi 100 annis cum prophetis (, ut Elia et Elisaeo, Joanne Baptista, Christo et Apostolis: Aurifaber) Ecclesias gubernarit (WA 48, 241). Da Athanasius mit seiner Konzeption der Imitatio sanctorum als Bischof von Alexandrien auf dem von Luther gemeinten Weg war und auch für ihn — konzeptionell bestimmt — die Luthersche Voraussetzung des eigenen Abstandes zur Heiligen Schrift galt, hat der Luthersche Satz mutatis mutandis auch für die Interpretationsbemühungen um das athanasianische Wirken Geltung. (Man stelle sich z. B. einmal die Frage, welches Verhältnis wohl E. Schwartz zu Problemen der Kirchenleitung, mit denen Athanasius zeit seines Lebens befaßt war, gehabt hat.)

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wirkt, genau entspricht." An dem Maßstab der Heiligen Schrift ist das athanasianische Tun und Reden, mit dem sich der alexandrinische Bischof durchaus in Distanz zu dem vorbildlichen Glaubensgehorsam der biblischen Heiligen weiß, zu messen; wie denn auch dementsprechend die Bemühungen der Athanasiusbiographen an demselben Maßstab zu messen sind. Ist vita Athanasii mithin „Auslegung der Heiligen Schrift", ist Athanasius geradezu ein klassischer Fall der „Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift".92 Und in diesem Sinne wird ein Athanasiusbiograph angesichts der altkirchlichen und neuzeitlichen Athanasiusauffassungen dem Appell von Adolf Harnack zustimmen: „Es gilt die Zunge im Zaum zu halten, der falschen Legende kräftig entgegenzutreten und mitzuarbeiten an der Uberlieferung der Wahrheit und der Kraft, an der Uberlieferung der wahren Legende!"93 Δι& τοΰτο dnep αύτός τε γινώσκω ... καΐ & μαόειν ήδυνήόην ... γράψαν xfi εύλαβείςι ύμών έσπούδασα πανταχού τής άληθείας φροντίσας, Ινα μήτε πλέον τις άκουσας άπιστη ση μήτε πάλιν έλάττονα τοΰ δέοντος μα-όών καταφρονήσω τοΰ άνδρός (mit Athanasius, vita Antoniiprooem.).

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D e r Anfechtung begegnet Athanasius mit der Imitatio sanctorum. Osterfestbrief 19 erinnert an die Jünger bei der Stillung des Sturmes: Sie weckten den Logos, der mit ihnen war, und er stillte den Sturm; sie wurden gerettet und wurden Prediger und Lehrer; als solche belehrten sie uns, damit wir bei Anfechtungen ihnen im Glauben ähnlich werden. Damit kann für Athanasius durchaus an ein engeres und weiteres Verständnis von Auslegung angeknüpft werden, wie es G . Ebeling in seinem Programm „Kirchengeschichte als Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift" von vornherein gefordert hatte und wie es jetzt K . Bornkamm ( Z T h K 75 [1978], 436—466) mit Recht wieder sicherzustellen sucht, nachdem es sich die Kritik des Programmes durch einseitige Aufnahme eines engeren Verständnisses von Auslegung weithin zu leicht gemacht hatte. — Für Athanasius, in seiner Imitatio sanctorum, kommt gewiß das weitere Verständnis von Auslegung in Betracht, daneben aber — in Korrespondenz zu seiner profilierten Theologie — auch das engere; zu diesem: T. F. Torrance, The hermeneutics of St. Athanasius: Ekklesiastikos Pharos 52/1 (1970), 4 4 6 - 4 6 8 ; 52/2-3 (1970), 8 9 - 1 0 6 ; 52/4 (1970), 2 3 7 - 2 4 9 , und besonders H . - J . Sieben, Herméneutique de l'exégèse dogmatique d'Athanase: Politique et théologie chez Athanase d'Alexandrie, ed. Ch. Kannengiesser (Théologie historique 27), Paris (1974), 195-214. Adolf Harnack, Legenden als Geschichtsquellen: Ders., Reden und Aufsätze I, 1904, 26.

Markellianer und Athanasios von Alexandrien"' Die markellianische Expositio fidei ad Athanasium des Diakons Eugenios von Ankyra

Markeil von Ankyra, einer der theologisch profiliertesten Väter von Nikaia sollte den Streit um das Symbol der Synode von 325 noch fast fünfzig Jahre miterleben. Obwohl er nun zu den Männern der ersten Stunde gehörte, war seine Stellung auch im nikäischen Lager nicht unangefochten geblieben; so hervorragende Theologen wie Apolinarios von Laodikeia, Basileios von Kaisareia, Diodoros von Tarsos, wandten sich strikte gegen ihn. Von verschiedenen Seiten erwartete man mit Ungeduld ein Wort des Athanasios von Alexandrien, des Vaters der nikäischen Orthodoxie. Offensichtlich gab es von diesem keine Verlautbarung, auf die man sich zur Verdammung Markells hätte berufen können. In der dogmengeschichtlichen Forschung, die den Streit um die Orthodoxie bzw. Heterodoxie Markells mit anderen Mitteln fortsetzte, meinten seit dem 18./19. Jahrhundert 1 einige, sich auf die sog. vierte Arianerrede des „Athanasios" beziehen zu können; in ihr wird Markeil, ohne mit Namen genannt zu werden, angegriffen. Doch ist diese Schrift ein Pseudathanasianum apolinaristischer Herkunft 2 . Dasselbe gilt für das kürzere Stück „Quod unus sit Christus", in dem Markell direkt genannt wird 3 . Jene dogmengeschichtliche Diskussion über die nikäische Rechtgläubigkeit Markells war eigentlich schon weit früher in eine neue Phase eingetreten, da nämlich um 1700 ein Dokument entdeckt worden war, das einen Konnex der Anhänger Markells mit Athanasios belegt. Bernard de Montfaucon, der glückliche Entdecker, hatte bei der Veröffentlichung dieses Fundes die Gelegenheit wahrgenommen, eine Diatriba de causa Marcelli Ancyrani zu verfassen, in der auch die | neue Quelle untersucht und theologiegeschichtlich eingeordnet wurde 4 . Eine gewisse Uber* Zuerst erschienen in: ZNW 64 (1973) 75-121, Hans Frhr. von Campenhausen gewidmet. 1 S. Th. Zahn, Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, 1867, 198-206. 2 A. Stegmann, Die pseudoathanasianische „IVte Rede gegen die Arianer" als „κατά Ά ρ ε ι α ν ώ ν λόγος" ein Apollinarisgut, 1917. 3 H. Lietzmann, Apollinaris von Laodicea und seine Schule. Texte und Untersuchungen. I. 1904, 159-160; 296. 20-21; vgl. 209. 7-8. 4 B. de Montfaucon, Collectio Nova Patrum et Scriptorum Graecorum, Tom. II. 1707, LI—LXVII: Diatriba de causa Marcelli Ancyrani; 1—4: Eugenii diaconi legatio ad S. Athanasium pro causa Marcelli Ancyrani, et Confessio fidei Ecclesiae Ancyranae. Die Diatriba wurde wiederabgedruckt von J. Vogt, Bibliotheca Historiae Haeresiologicae,

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schwenglichkeit des großen Gelehrten bei der Würdigung des neugewonnenen Textes provozierte manche Dogmenhistoriker, die sich allerdings mit diesem Stück kaum intensiv befaßt hatten, zu einer in der Regel dürftig oder gar nicht begründeten Reserviertheit. Außerdem hielt man hie und da unrevidierte Urteile über Markell fest, die noch aus der Zeit vor Montfaucons Entdeckung stammten. Für die theologiegeschichtliche Frage nach der nikäischen Orthodoxie des greisen Markell kommt in der Tat dem von Montfaucon entdeckten Text wegen der Verbindungen des markellianischen Verfassers (oder der Verfasser) mit Markell und mit dem Adressaten Athanasios von Alexandrien eine Schlüsselstellung zu. Zugleich wird ein Orientierungspunkt für die Frage nach einer Entwicklung in der Markellischen resp. markellianischen Theologie gewonnen; denn die Expositio fidei des Eugenios, die den Glauben der fest zu ihrem alten Bischof haltenden Gemeinde in Ankyra formuliert, ist ein Zeugnis aus den letzten Lebensjahren des Markell. Es versteht sich von selbst, daß bei den Bemühungen um die Feststellung und theologiegeschichtliche Einordnung der Marcelliana dieser Punkt der Entwicklung von besonderem Interesse ist. Voraussetzung für eine derartige Auswertung ist freilich eine neue, gründliche Untersuchung jenes Textes. In dem vorliegenden Aufsatz stelle ich mir deshalb folgende Aufgaben: I. Kritische Sicherung und Edition des Textes (mit historischem und textkritischem Apparat); II. Bericht über die bisherige Forschung 5 ; III. Freilegung der theologischen Quellen; IV. zusammenfassende Darstellung (mit Datierung und theologiegeschichtlicher Zuordnung) der markellianischen legatio ad Athanasium. I Der Text der Έκόεσις πίστεως όρ-όης πρός ΆΦανάσιον ύπό Εύγενίου διακόνου ist in singulärer Überlieferung erhalten durch den Codex Ambrosianus gr. 235 (D 51 sup.) chart, s. XVI. fol. 222b-224b, | 209a = D 6 . B. de Montfaucon hat in seiner Edition den Text von D stillschweigend berichtigt und ergänzt. Die Expositio fidei des Eugenios wurde des

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Tom. I. 1723, 297-388; sowie von Giustiniani (s. Anm. 9: Tom. III, XXXIII-XLVIII) und von Migne PG 18, 1277-1298. Da die Meinungen über das zu untersuchende Dokument erheblich divergieren, ist es unumgänglich, daß auf alle profilierteren Interpretationsversuche, derer ich habhaft werden konnte, relativ ausführlich eingegangen wird. Beschreibung der Handschrift bei H.-G. Opitz, Untersuchungen zur Uberlieferung der Schriften des Athanasius. (Arbeiten zur Kirchengeschichte. Hrsg. v. E. Hirsch u. H. Lietzmann. Bd. 23) 1935, 81-87. Zum Athanasios-Korpus von D s. M. Tetz, Zur Theologie des Markell von Ankyra I. Eine Markellische Schrift „De incarnatione et

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öfteren nach der Montfauconschen Ausgabe — gelegentlich mit weiteren Berichtigungsvorschlägen — abgedruckt: von A. Galland 7 , J. D. Mansi 8 , Ν . A. Giustiniani', Chr. H . G. Rettberg 10 , J. P. Migne 11 , A. Hahn-G. L. Hahn 1 2 . Seiner Edition des Textes hat Β. de Montfaucon eine lateinische Ubersetzung beigegeben 13 . Eine deutsche Ubersetzung einiger Partien aus dem dogmatischen Teil des Eugenios-Schreibens hat G. D. Fuchs angefertigt 14 . Die Kapiteleinteilung Montfaucons wird auch von mir beibehalten. U m der bequemeren Zitierung willen habe ich die Kapitel in Paragraphen unterteilt.. Durch Text und textkritischen Apparat meiner Edition ist buchstabengetreu der ganze Bestand des einzigen handschriftlichen Zeugen D mitgeteilt. Die Herkunft der Konjekturen ist jeweils bezeichnet. Der historische Apparat bietet mit Absicht ausführliche Zitate 15 , die zwar die Ergebnisse von Abschnitt III dieses Aufsatzes materialiter | vorwegnehmen, die aber dem Leser durch unmittelbare Konfrontation

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contra Arianos": Z K G 75, 1964, 2 3 9 - 2 4 0 ; ders., Zur Theologie des Markeil von Ankyra III. Die pseudathanasianische Epistula ad Liberium, ein Markellisches Bekenntnis: Z K G 83, 1972, 146; 150-151. A. Galland, Bibliotheca Veterum Patrum Antiquorumque Scriptorum Ecclesiasticorum. Tom. V, 176 9 5 , V I und 18-20. J . D . Mansi, Sacrorum Conciliorum Nova et Amplissima Collectio. Ed. novissima, Tom. III. 1901 (Nachdruck 1960), 4 6 9 ^ 7 4 . (B. de Montfaucon-N.A. Giustiniani:) Athanasii Archiepiscopi Alexandrini Opera O m n i a Quae Extant vel Quae Ejus Nomine Circumferentur. Vol. IV. Complectens omnia quae post Editionem Parisiensem anni M D C X C V I I I ad hanc diem prodierunt, Tom. III. 1777, 1-3. Chr. H . G . Rettberg, Marcelliana. Accedit Eunomii Εκΰεσις Πίστεως Emendation 1794, 1 1 1 - 1 1 6 (Rettberg hat die Namen von cap. 5,2 fortgelassen.) J.P. Migne, Patrologiae Cursus Completus ... Series Graeca, Tom. X V I I I . 1857, 1 3 0 1 1305. A. H a h n - G . L . Hahn, Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der Alten Kirche. 3. Aufl. Mit einem Anhang von A. Harnack. 1897 (Nachdruck 1962), 2 6 2 - 2 6 4 (cap. 1 wird in Anm. 70 mitgeteilt; cap. 5 , 2 ist nicht abgedruckt.) Wieder abgedruckt bei Galland, Mansi, Giustiniani, Migne. G. D . Fuchs, Bibliothek der Kirchenversammlungen des vierten und fünften Jahrhunderts in Ubersezungen und Auszügen aus ihren Akten und andern dahin gehörigen Schriften ..., II. Theil 1781, 3 8 2 - 3 8 6 . Folgende Ausgaben werden benutzt: Athanasios, Historia Arianorum; Apologia secunda; D e synodis; Tomus ad Antiochenos (Revisionsbogen), ed. Opitz. Athanasios, Epistula ad Epictetum, ed. Ludwig. Athanasios, Festbriefe, ed. Cureton. Athanasios, O r a t i o I—III contra Arianos; Epistula I ad Serapionem, ed. Migne. — Ps.-Athanasios, Oratio I V contra Arianos, ed. Stegmann. — Basileios, Epistulae, ed. Courtonne. — Epiphanios, Panarion haer., ed. Holl. — Markeil, Epistula ad Iulium, ed. Klostermann, ed. Holl. — Nicaenum, ed. Opitz (Athanasius Werke III). — Glaubensformel des Gregorios Thaumaturgos, ed. C.P. Caspari, Alte und Neue Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel, 1879, 10-15; z.T. bei F. Loofs, Paul von Samosata, 1924, 233 ff. — Serdicense, ed. Loofs (siehe unten Anm. 112).

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mit den entsprechenden Passagen der Expositio fidei des Eugenios eine — wie ich hoffe — bequemere Überprüfung meiner Untersuchung dieses Textes ermöglichen.

[Έκΰεσις πίστεως όρθής πρός ΆΦανάσιον ύπό Εύγενίου διακόνου] Τ φ άγιωτάτφ καΐ μακαριωτάτφ έπισκόπφ Άόανασίφ Εύγένιος διάκονος. 1. ΟΙ μέν κληρικοί ol λοιποί έν Άγκύρςι τής Γαλατίας μετά τοΰ πατρός ήμών Μαρκέλλου συναγόμενοι άπέστειλαν ή μας πρός τήν σήν όεοσέβει5 αν έχοντας παρά τε των τής 'Ελλάδος καΐ τής Μακεδονίας έπισκόπων συστατικά. 2 έπειδή δέ έλόόντες/(ίο1.223a) έμάόομεν διαβληθέντας έαυτούς ώς έτεροδόξους- σύ τε καλώς ποιών ήΦέλησας μαθεΐν, πώς φρονοϋμεν περί τής είς τόν κυριον ήμών Ίησοΰν Χριστόν εύσεβείας. 3 άναγκαΐως καΐ προϋύμως γράφομεν ταΰτα πρός τήν σήν εύλάβειαν, 10 Ινα γιγνώκης τούς μέν διαβάλλοντας ήμάς μάτην είρηκότας καθ' ήμών, ήμάς δέ έχοντας τήν καθολική ν τής έκκλησίας πίστιν. ήμάς δέ λέγομεν συναριΦμοΰντες καί τούς άποστείλαντας ήμάς πάντας λαούς- ού γάρ όλίγοι, άλλά άναρίΰμητον πλήΰός είσιν. 2. Ήμεϊς τοίνυν προηγουμένως μέν άναθεματίζομεν τήν Άρει15 ανήν αίρεσιν, πιστεύομεν δέ ώς ol πατέρες ήμών ώμολόγησαν έν τή κατά Νίκαιαν γενομένη συνόδφ· „έκ τής ούσίας τοΰ πατρός" είναι τόν υΐόν καί „όμοούσιον τφ πατρί" καί μήτε κτίσμα μήτε ποίημα | είναι αύτόν, άλλά δι' αύτού πάντα τά γενητά γεγενήσΦαι. 2 ού γάρ άλλον τόν υΐόν καί άλλον τόν Λόγον φρονοϋμεν, ώς τίνες ήμάς διέβαλον, άλλά τόν 20 Λόγον εϊναι υΐόν, σοφίαν, δύναμιν τοΰ πατρός, „èv fi τά πάντα", ώς

1/2 Εύγένιος διάκονος = Ύγϊνος διάκονος? Ύγϊνος erscheint 375 in einer Namenliste des markellianischen Klerus von Ankyra; bei Epiphanios, Panarion haer. 72,11, 1 und 11, 5 (Holl III, 265.12 und 267. 5). 5 Vgl. Brief des Athanasios an Basileios: Basil., Ep. 204, 6 14-16 Vgl. Athanasios, Tom. adAntioch. 3,1: ,,άναΰεματίζειν μέν τήν άρεινανήν αίρεσιν, όμολογεϊν 6È τήν παρά τών άγίων πατέρων όμολογηΟεΐσαν èv Νικαίςι πίστιν". 16-17 N i caenum; vgl. Paulinos v. Ant. bei Athanasios, Tom. ad Antioch. 11,2: ,,έκ τής ούσίας τοΰ πατρός καί όμοούσιον είναι τόν υΐόν τ φ πατρί". 17 Vgl. Markeil, Ep. ad. Iulium: „καί κτίσμα αύτόν καί ποίημα είναι". 18 Vgl. Markeil, Ep. ad. Iulium: „δι' οΰ τά πάντα τά γενόμενα γέγονε". 18-19 Letzte Lehrfrage aus dem Verhandlungsprotokoll des Epiktetos von Korinth bei Athanasios, Ep. ad Epictetum 2: „άλλον είναι τόν υΐόν καί άλλον τόν τοΰ Φεοΰ λόγον". Vgl. auch den antimarkellisch gerichteten Vorwurf von apolinaristischer Seite in Ps.-Athanasios, Or. IV contra Arianes 21: „κατ" αύτούς άλλος έστίν ό λόγος καί άλλος ó υΙός". 20 Vgl. besonders Markeil, Ep. ad Iulium: „ούτος •οΐός, ούτος δύναμις, ούτος σοφία". Vgl. auch Serdicense 6 (Loofs).

4 ήμάς + ήμάς D 13 ά λ λ ά ϋ ] άλλ'Montfaucon 14 ήμεΐς Montfaucon] ϋμεΐς D fi] έν η oder έν η nach Kol 1,16 zu lesen? Tetz

20 έν

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65

έδίδαξεν ό ά π ό σ τ ο λ ο ς , / ( f o l . 2 2 3 b ) „τά τε ό ρ α τ ά καί τ ά ά ό ρ α τ α είτε θ ρ ό ν ο ι είτε κυριότητες είτε άρχαΐ είτε έ ξ ο υ σ ί α ν τά π ά ν τ α δι" α ύ τ ο ϋ καΐ είς α ύ τ ό ν έ κ τ ι σ τ α ι " . 3 ούτω δέ φρονοϋντες άνα-όεματίζομεν καί έξ ό ν ό μ α τ ο ς τ ό ν ά σ ε β έ σ τ α τ ο ν Σ α β έ λ λ ι ο ν καί. μετ' α ύ τ ο ϋ τ ο ύ ς τ ά έκείνου 25

φρονοϋντας καί λ έ γ ο ν τ α ς α ύ τ ό ν τ ό ν π α τ έ ρ α είναι υΐόν· καί δτε μέν γίνεται υΙός, μή εϊναι τ ό τ ε α ύ τ ό ν πατέρα- δτε δέ γίνεται π α τ ή ρ , μή είναι τ ό τ ε υ ΐ ό ν . 4 ή μ ε ΐ ς γάρ ό μ ο λ ο γ ο ϋ μ ε ν π α τ έ ρ α άίδιον υ ΐ ο ϋ άϊδίου δντος κ α ί ύφεστώτος καί π ν ε ϋ μ α άγιον άϊδίως δν καί ύφεστός. ού γάρ ά ν υ π ό σ τ α τ ο ν τ ή ν τ ρ ι ά δ α λ έ γ ο μ ε ν , ά λ λ ' έν ύ π ο σ τ ά σ ε ι α ύ τ ή ν γινώσκομεν.

30

3 . Καί εΐ α ύ τ ά ρ κ η τ α ϋ τ α δεϊξαι τ ή ν πρός τ ο ύ ς π α τ έ ρ α ς ή μ ώ ν όμοφροσ ύ ν η ν , δμως, έπειδή τίνες των έπαγγελομένων μή φρονεϊν τ ά | ' Α ρ ε ί ο υ ύποκρινόμενοι φρονοϋσι λέγοντες τ ό ν μέν υ ΐ ό ν ά ν ό μ ο ι ο ν είναι τ ο ΰ π α τ ρ ό ς , τό δέ πνεϋμα τό άγιον κ τ ί σ μ α καί έν των π ο ι η μ ά τ ω ν < ε ! ν α ι > , ά ν α ΰ ε μ α τ ί ζ ο μ ε ν ήμεΐς τ ε καί ol ά π ο σ τ ε ί λ α ν τ ε ς ή μ α ς τάς α Ι ρ έ σ ε ι ς τ α ύ -

35

τ α ς . 2 ο ύ τ ε γ ά ρ άνόμοιος 6 υΙός τφ πατρί, ά λ λ ' , , ô / ( f o l . 2 2 4 a ) μ ο ο ύ σ ι ό ς έ σ τ ι τ φ πατρί"· ούτε τό π ν ε ϋ μ α τό ά γ ι ο ν κτιστόν ή èv των π ο ι η μ ά τ ω ν

21-23 Kol 1,16 24-26 Vgl. Ps.-Athanasios, Or. IV contra Arianos 9 (gegen Markell): ,,εΐ δέ τό έν διώνυμον, Σαβελλίου τό έπιτήδευμα τόν αύτόν υΐόν καί πατέρα λέγοντος καί έκάτερον άναιροΰντος, δτε μέν υΙός, τόν πατέρα, δτε δέ πατήρ, τόν υίόν". 26 Vgl. Serdicense 6 (Loofs): ,,ού λέγομεν τόν πατέρα υίόν είναι ούδέ πάλιν τόν υίόν πατέρα εϊναι". 27-28 Siehe Ζ. 62 („καί τελεία καί (Ηδιός έστιν ή τριάς") sowie Ζ. 44-45; dazu auch Paulinos v. Ant. bei Athanasios, Tom. ad Antioch. 11,2: „όντα καί ύφεστώτα πατέρα τέλειον καΧ ύφεστώτα υίόν τέλειον καί ύφεστηκός τό πνεϋμα τό άγιον τέλειον". 28-29 Vgl. die Befragung der Anhänger des Paulinos v. Ant. auf der Synode von Alexandrien 362, bei Athanasios, Tom. ad Antioch. 6,1-2: „άνεκρίναμεν τούς αΐτιαόέντας παρά τούτων ώς λέγοντας μίαν ύπόστασιν, μή άρα, ώς Σαβέλλιος φρονεί, ούτω καί ούτοι λέγουσιν έπΐ άναιρέσει τοϋ υΐοΰ καί τοΰ άγίου πνεύματος f| ώς άνουσίου δντος τοϋ υΐοΰ f| άνυποστάτου τού άγιου πνεύματος, ol δέ καί αύτοί διεβεβαιώσαντο μήτε τούτο λέγειν μήτε ούτω πεφρονηκέναι πώποτε- ,άλλ' ύπάστασιν μέν λέγομεν ήγούμενοι ταύτόν είναι ειπείν ύπόστασιν καί ούσίαν, μ(αν δέ φρονοΰμεν διά τό έκ τής ούσίας τοΰ πατρός είναι τόν ulòv καί δι à τήν ταυτότητα τής φύσεως- μίαν γάρ θεότητα καί μίαν είναι τήν ταύτης φύσιν πιστεύομεν καΧ ούκ άλλην μέν τήν τοΰ πατρός, ξένην δέ τούτου τήν τοΰ υΐοΰ καί τήν τοΰ άγίου πνεύματος'." 31-32 Vgl. Athanasios, Tom. ad Antioch. 3,2: „ol γάρ προσποιούμενοι μέν όνομάζειν τήν όμολογηΰεϊσαν έν Νικαίςι πίστιν, τολμώντες δέ κατά τοΰ άγίου πνεύματος βλασφημεΐν ούδέν πλέον ποιοΰσιν ή τήν άρειανήν αίρεσιν τοις μέν {>ήμασιν άρνοΰνται,τφδέφρονήματιταύτηνκατέχουσιν." 31-37 Vgl. Ps.-Athanasios = Markell, De incarnatione et contra Arianos I f f . (gegen Anomöer) und cap. 9 ff. (gegen Pneumatomachen). Beachte auch Athanasios, Tom. ad Antioch. 3,1: ,,άναΛεματίζειν δέ καΧ τοΰς λέγοντας κτίσμα είναι τό πνεύμα τό άγιον". 35-36 Nicaenum 23 έκτισται D (Kol 1,16)] έκτίσβαι Montfaucon 32 φρονοΰσιν D 33 είναι (Rettberg) Tetz] έστΧν D Rettberg: „Eieci εστίν, quod ferri nequit, aut in είναι mutandum".

66

Äthan asiana

[81]

έστίν, τής άγιας τριάδος έστί. καΐ τεϋαρρήκαμεν, δτι ούδέν έπείσακτον ούδέ κτίσμα έστίν έν τ|| τριάδι. „πνεύμα" γάρ ,,άγιωσύνης" έστίν, ούχ άγναζόμενον, άλλ' έν αύτφ πάντων τών άγιων άγια. 40 3 καί γάρ ή τελειότης ήμών έν πατρί καΐ υΐφ καί άγίφ πνεύματι δίδοται καί γίνεται, καί | μία πίστις έστίν είς ένα όεόν δι' υΐοΰ έν πνεύματι άγίφ. 4 ύπέρ πλείονος γοΰν μαρτυρίας άναόεματίζομεν τούς φρονοΰντας καί λέγοντας· ήν ποτε μονάς μή δντος υΙού, καί ήν ποτε δυάς μή δντος άγίου πνεύματος· άίδιον γάρ καί άειτελείαν οίδαμεν καί ώσαύτως έχουσαν τήν 45 άγίαν τριάδα. 5 διό καί άλλοτρίους τής έκκλησίας έχομεν τούς φρονοϋν37—38,43—45 Siehe die Glaubensformel des Gregorios Thaum. nach Gregorios von Nyssa (ed. Caspari; Loofs, Paul v. Sam., 233): „τριάς τελεία δόξη καί άϊδιότητι καί βασιλείςι μή μερίζομένη μηδέ άπαλλοτριομένη. ούτε οδν κτιστόν τι ή δοΰλον έν τ{| τριάδι ούτε έπείσακτον, ώς πρότερον μέν ούχ ύπάρχον, ύστερον δέ έκεισελϋόν ούτε γάρ ένέλειπέ ποτε υΙός πατρί ούτε υ ΐ φ πνεύμα, ούτε αύξεται μονάς είς δυάδα ούδέ δυάς ε{ς τριάδα, άλλ' άτρεπτος καί άναλλοίωτος ή αύτή άγία τριάς άεΐ". Und Athanasios, Or. I contra Arianos 18: „Χριστιανών δέ ή πίστις άτρεπτον καί τελείαν καί άεΐ ώσαύτως έχουσαν τήν μακαρίαν οΐδε τριάδα, καί ούτε πλέον τι τή τριάδι προστίθησιν ούτε ένδεή ποτε ταύτην γεγενήσθαι λογίζεται... καί φεύγει μέν τάς τών Άρειανών βλασφημίας, όμολογεΐ δέ καί οίδεν άεΐ είναι τόνυΐόν- έστι γάρ ά ΐ δ ι ο ς ώ ς ό πατήρ, ού καί έστι Λόγος άΐδιος". 38 „πνεύμα άγιωσύνης" Rom 1,4 40-41 Vgl. Athanasios, Ep. I ad Serapionen 6: „καί τήν μέν πάσα ν θεολογίαν καί τήν ήμών τελείωσιν, έν fi συνήπτεν ήμάς έαυτφ καί δι" έαυτού τφ πατρί, έν τούτφ συμπληρφν παρήγγειλε τοις μαθηταΐς- ,Πορευθέντες μα·όητεύσατε πάντα τά έθνη, βαπτίζοντες αύτούς είς τό δνομα τού πατρός καί τοΰ υΐοΰ καί τού άγίου πνεύματος' (Mt 28,19)." 41 Athanasios, Ep. I ad Serapionem 28: „{δωμεν ... καί αύτήν τήν έξ άρχής παράδοσινκαΐ διδασκαλίαν καί πίστιν τής κατθολικής έκκλησίας, ήν ό μέν κύριος έδωκεν, ol δέ άπόστολοι έκήρυξαν καί ol πατέρες έφύλαξαν. έν ταύτη γάρ ή έκκλησία τεΌεμελίωται καί ό ταύτης έκπίπτων ούτ' ¿tv εΐη ούτ' άν έτι λέγοιτο Χριστιανός, τριάς τοίνυν άγία καί τελεία έστίν έν πατρί καί υ ί φ καί άγίφ πνεύματι θεολογουμένη, ούδέν άλλότριον ή έξωθεν έπιμιγνύμενον έχουσα ούδέ έκ δημιουργού καί γενητού συνισταμένη, άλλ' δλη τού κτίζειν καί δημιουργείν ούσα- όμοία δέ έαυτή καί άδιαίρετός έστι τή φύσει καί μία ταύτης ή ένέργεια. ό γάρ πατήρ διά τού Λόγου έν πνεύματι άγίφ τά πάντα ποιεί- καί ούτως ή ένότης τής άγίας τριάδος σώζεται- καί ούτως εις θεός έν τ{| έκκλησίςι κηρύττεται ,6 έπΐ πάντων καί διά πάντων καί έν πβσιν' (Eph 4,6). ,έπί πάντων' μέν ώς πατήρ, ώς άρχή καί πηγή - ,διά πάντων' δέ διά τοΰ Λόγου- ,έν πάσι' δέ έν τφ πνεύματι τφ άγίφ. τριάς δέ έστιν ούχ έως όνόματος μόνον καί φαντασίας λέξεως, άλλά άληθείφ καί ύπάρξει τριάς. ώσπερ γάρ ό ών έστιν ό πατήρ, ούτως ό ών έστι καί έπΐ πάντων θεός ò τούτου Λόγος, καί τό πνεύμα τό άγιον ούκ άνυπαρκτόν έστιν, άλλ' ύπάρχει καί ύφέστηκεν άληθΦς ... καί ότι αύτη ή πίστις τής έκκλησίας έστί, μαβέτωσαν πώς ò μέν κύριος άποστέλλων τούς άποστόλους παρήγγειλε τούτον ύεμέλιον τιβέναι tfl έκκλησίςι λέγων- ,Πορευύέντες μαθητεύσατε πάντα τά έθνη, βαπτί ζοντες αύτούς είςτό δνομα τού πατρός καΛ τοΰ υΙού καί. τοΰ άγίου πνεύματος.' (Mt 28,19) ol δέ άπόστολοι πορευθέντες ούτως έδίδαξαν- καί τοΰτό έστιν είς π&σαν τήν ύπ' ούρανόν έκκλησίαν τό κήρυγμα." 41 „μία πίστις" Eph 4 , 5 44-45 Athanasios, Or. I contra Arianos 18 (s. App. zu Ζ. 37-38, 43-45).

37 + άλλά Montfaucon 39 ούχ Montfaucon] ούκ D | άγια Tetz] άγιαζομένων D άγιαζομένων Loofs 42 φρονούντας Montfaucon] φθονούντας D 44 άτελείαν (sic) D; vielleicht nach Athanasios, Or. I contra Arianos 18 (καί τελείαν καί άεΐ ώσαύτως έχουσαν) zu lesen: καί τελείαν οίδαμεν καί άεΐ ώσαύτως? Tetz | ώσαυτώ D

[82]

Markellianer und Athanasios von Alexandrien

67

τας · ήν ποτε δτε ούκ ήν ό υΙός καΐ δτι έξ ούκ δντων έγένετο τό πνεύμα τό άγνον. 4. Ι ν α δέ μή τίς ποτε ήμάς καί περί τής ένσάρκου παρουσίας τοΰ σωτήρος ήμών διαβάλη ματαιολογών, άναγκαίως καΐ περί τούτου 50 γράφομεν, δτι ό κύριος καΐ σωτήρ ήμών ό Χριστός ούχ ώσπερ είς | τούς προφήτας έγίνετο ούτως καΐ έπί συντελείς των αίώνων/(ίο1.224b) ήλόεν είς άγνον άνόρωπον, άλλά πιστεύομεν, δτι κατά τόν Ίωάννην „6 Λόγος σάρξ έγένετο" καί κατά τόν άπόστολον „έν μορφή θεού ύπάρχων έλαβε δούλου μορφήν", τό κατά σάρκα γεννηθείς έκ Μαρίας άνθρωπος δι' 55 ήμάς, „Ινα", ώς εΐπεν αύτός, „τελειώση τό έργον τοΰ πατρός" καΐ ούτως τό άνϋρώπινον γένος έν αύτφ τελειώσας καΐ συνάψας τή όεότητι είσαγάγη είς τήν βασιλείαν τών ούρανων. 2 καί εΐ καΐ ταύτα πάλιν αύτάρκη δεϊξαι τήν πρός τόν κύριον ήμών Ίησούν Χριστόν πίστιν, δμως ύπέρ πλείονος άσφαλείας άναλαμβάνοντες ταύτα λέγομεν καί άναϋεματίζο60 μεν τούς λέγοντας καί φρονούντας, ποτέ τόν πατέρα είναι χωρίς τού υίού καί ποτέ τόν πατέρα καί τόν υΐόν χωρίς τοΰ άγιου πνεύματος, πνεύμα 46 Nicaenum (Anathem.) 46-47 Vgl. Athanasios, Or. III contra Arianos 15 (MPG 353 A) und Ep. I ad Serapionem 22 (MPG 581 B). 50-57 Die Versicherung der Anhänger des Paulinos bei Athanasios, Tom. ad Antioch. 7,1: „δτι ούχ ώς είς τούς προφήτας ,έγένετο 6 λόγος κυρίου' (Jer 1,4) ούτω καί είς άγιον άνΦρωπον έπεδήμησεν έπί συντελείς τών αΙώνων, άλλ' αύτός ,ό Λόγος σάρξ έγένετο* (Joh 1,14) καί ,έν μορφή ΟεοΟ ύπάρχων έλαβε δούλου μορφήν* (Phil 2,6 f) έκ τε τής Μαρίας τό κατά σάρκα γεγέννηταν άνθρωπος δι' ήμ&ς, καί ούτω τελείως καί όλοκλήρως τό άνόρώπινον γένος έλευύερούμενον άπό τής άμαρτίας έν αύτφ καί ζωοποιούμενον έκ τών νεκρών εΙσάγεται είς τήν βασιλείαν τών ούρανών." Wie der erste Vorwurf von Ζ. 19-20 (vgl. Athanasios, Ep. ad Epictetum 2) findet sich auch dieser zweite gegen Markellianer gerichtete Vorwurf, dem Eugenios durch Zitierung von Tom. ad Antioch. 7,1 begegnet, in dem Verhandlungsprotokoll des Epiktetos von Korinth; bei Athanasios, Ep. ad Epictetum 2: „ή πώς Χριστιανοί Λέλουσιν όνομάζεσβαι oi λέγοντες είς Ανϋρωπον άγιον ώς έπί ένα τών προφητών έληλυϋέναι τόν λόγον καί μή αύτόν άνθρωπον γεγονέναι λαβόντα έκ Μαρίας τό σώμα, άλλ' έτερον είναι τόν Χριστόν καί έτερον τόν τοΰ θεοΰ λόγον, τόν πρό Μαρίας καί πρό αΙώνων υΐόν όντα τοΰ πατρός;" (Dieser Vorwurf könnte von Tom. ad Antioch. 7,1 abhängig sein.) Beachte bei Eugenios besonders die merkwürdige Änderung von „ό λόγος κυρίου" in „ό κύριος καί σωτήρ ήμών ό Χριστός" zur Abwehr des „έτερον είναι τόν Χριστόν καί έτερον τόν τοΰ βεοΰ λόγον". 52-53 Joh 1,14 53-54 Phil 2,6 f. 55Joh4,34 61-62 Vgl. Serdicense 4 (ed. Loofs): „όμολογοΰμεν μηδέ ποτε πατέρα χωρίς υΐοΰ μηδέ υΐόν χωρίς πατρός γεγενήσβαι μηδέ είναι δύνασόαι δ έσΆ λόγος πνεΰμα." (Im nicht erhaltenen lateinischen Original des Serdicense stand sicher „quod". Entweder wurde es falsch mit δ übersetzt, oder es liegt ein sehr alter Lesefehler vor, so daß δ έστι auf δ[εσ]τι reduziert werden muß.) 61-62 „πνεΰμα θεοΰ" Mt 3,16 u.a. Vgl. Ps.-Athanasios = Markeil, De incamatione et contra Arianes 13: „ώσπερ ο ί ν τό πνεΰμα τοΰ άνύρώπου τής άνόρωπότητος αύτοΰ κοή τής ούσίας ού κεχώρισται, ούτω καί τό πνεΰμα τοΰ ύεοΰ τής βεότητος αύτοΰ καί τής ούσίας ούκ έστιν άλλότριον." (Siehe auch textkrit. Apparat zu Ζ. 62!) Vgl. Ζ. 44—45 und Parallelen (App. zu Z. 37-38, 43-45).

46 + καί λέγοντας Montfaucon 53 έλαβεν D τάρκη δεϊξαι Montfaucon] αύτάρκει δήξαι D

57 καί 2 om. Montfaucon

57-58 αύ-

68

Athanasiana

[83]

γάρ Φεοΰ έστιν, καί τελεία καί άΐδιός έστιν ή τριάς. 3 άναόεματίζομέν τε καί τούς νΰν έξελθόντας καί λεγομένους Άνομοίους καί σύν αύτοϊς τήν τοΰ Σαμοσατέως καί Φωτείνου παραφροσύνην | καί τούς τώ αύτά 65 φρονοΰντας αύτοϊς, δτι μή λέγουσι τόν τοϋ όεοΰ Λόγον ζώντα Λ6γον/(ίο1. 209a) εϊναι καί ένεργή, δι' οΰ τά πάντα έγένετο, άλλά ώς άνθρωπου λόγον προφορνκόν μόνον, καί δτι μή φρονοΰσι τόν υΐόν τοΰ θεοΰ αύτόν είναι τόν Λόγον, άλλά διαιροΰσιν άλόγως καί άρχήν τφ υΐφ 63 Vgl. Athanasios, De synodis 31, 3: „'Ανόμοιοι παρά πάσιν έκλήθησαν έχοντες καί τήν ,έξουκόντιον' έπωνυμίαν". 64-67 Ausdrücklich gegen Markeil und Photin die Ekthesis makrostichos VI (344), nach Athanasios, De synodis 26, VI: „Ισμεν γάρ αύτόν ήμεΐς ούχ άπλώς λόγον προφορικόν f| ένδιάΰετον τοΰ θεοΰ, άλλά ζώντα θεόν Λόγον καθ' έαυτόν ύπάρχοντα καί υΐόν θεοΰ καί Χριστό ν". Siehe schon Ekthesis makrostichos V: „άναθεματίζομεν καί τούς λόγον μέν μόνον αύτόν ψιλόν τοΰ θεοΰ καί άνύπαρκτον έπιπλάστως καλοΰντας, έν έτέρφ τό είναι έχοντα, νΰν μέν ώς τόν προφορικόν λεγόμενον ύπό τίνων, νΰν δέ ώς τόν ένδιάθετον, Χριστόν δέ αύτόν καί υΐόν τοΰ θεοΰ καί μεσίτη ν καί εΙκόνα τοϋ θεοΰ μή είναι πρό αΙώνων θέλοντας, άλλ' έκ τότε Χριστόν αύτόν γεγονέναι καί υΐόν τοΰ θεοΰ, έ ξ ο ΰ τήν ήμετέρανέκ τής παρθένου σάρκαάνείληφεπρά τετρακοσίων ούχ δλωνέτών ..." Vgl. besonders auch Epiphanios, der dem Kapitel gegen Photinianer in Panarion haer. 71 Aussagen Photins zugrunde legen konnte: „... ,θεός ήν ó λόγος' (Joh 1,1). άλλ' έν τφ άνθρώπφ μέν λόγος ένδιάθετος άεί καί προφορικός ύπάρχων ού δύναται λέγεσθαι άνθρωπος, άλλά άνθρώπου λόγος. ε{ ούκ ήν ούπω τό γέννημα, ώς αύτός λέγει, καί εΐ ούπω ή ν υΙός τοΰ θεοΰ θεός λόγος, διά τίνος τά πάντα γεγένηται; έπειδή φησι τό εύαγγέλιον ,πάντα δι' αΰτοΰ έγένετο, καί χωρίς αύτοΰ έγένετο ούδέ έν' (Joh 1,3). άλλά φησιν- ώσπερ διά λόγου ό άνθρωπος πράττει δ βούλεται, ούτως διά τοΰ Ιδίου λόγου 6 πατήρ διά τοΰ δντοςέν αύτφ λόγου έποίησε τά πάντα." (71, 4, 3-5) 65-66 Hebr 4,12: „ζώνγάρ ό λόγος τοΰ θεοΰ καί ένεργής". 66 1 Kor 8,6; Nicaenum 67-69 Vgl. die antimarkellischen Passagen in Ps.-Athanasios, Or. IV contra Ananos 15: „ol τοΰτο λέγοντες τολμώσι διαιρεΐν λόγον καί υΐόν καί λέγειν άλλον μέν εϊναι τόν λόγον, έτερον δέ τόν υΐόν, καί πρότερον μέν είναι τόν λόγον είτα τόν υΐόν" und ebd. cap. 30: „τινές τών άπό τοΰ Σαμοσατέως διαιροΰντες τόν λόγον άπό τοΰ υΐοΰ φάσκουσι τόν μέν υΐόν είναι τόν Χριστόν, τόν δέ λόγον άλλον είναι". 68-69 Vgl. das Votum des Synodalschreibens von Serdika über Markeil; bei Athanasios, Apologia secunda 45, 1: „ούτε γάρ άπό τής άγίας Μαρίας, ώς αύτοί διεβεβαιώσαντο, άρχήν έδίδου τφ τοΰ θεοΰ λόγιρ". Über Paul von Samosata Athanasios, De synodis 45,6: „έφρόνει μή είναι πρό Μαρίας τόν υΐόν, άλλ' άπ' αύτής άρχήν έσχηκέναι τοΰ είναι". Uber Photin (und Paul von Samosata) Epiphanios, Panarion haer. 71,2, aus der Disputation Photins mit Basileios von Ankyra: ,,εί ποτε γάρ ό Βασίλειος ήρώτησεν δτι πώς αϊ θεΤαι γραφαΐ διδάσκουσι περί τοΰ κυρίου, τοΰ θεοΰ λόγου, πρό αΙώνων είναι τόν μονογενή καί σύν πατρί, ό Φωτεινός μέν τόν λόγον έδέχετο, τά μέν είς Χριστόν [τήν] διαίρεσιν προσάπτων, τά δέ είς τόν λόγον άνωτάτω άναλογών. τό γάρ ,ποιήσωμεν άνθρωπον κατ' εΙκόνα ήμετέραν καί καθ' όμοίωσιν' (Gen 1, 26) τφ λόγφ έαυτοΰ, φησίν, ό πατήρ είρηκε· τί οΰν; ό λόγος έν τφ πατρί, φησίν, ήν, άλλ' ούκ ήν υΙός, καί ,έβρεξε κύριος παρά κυρίου' (Gen 19, 24), έν πατρί ών ό λόγος- καί ,εΐδον' φησί ,κατερχόμενον έπάνω τών νεφελών ώς υΐόν άνθρώπου' (vgl. Dan 7,13) τοΰτο, φησί, προκαταγγελτικώς έλεγεν, ούχ ώς τοΰ υΐοΰ ύπάρχοντος, άλλά δι' δ έμελλεν υΙός καλείσθαι μετά τήν Μαρίαν καί μετά τής σαρκός άνιέναι γεννηθείς ό Χριστός έκ πνεύματος άγιου καί άπό Μαρίας, προχρηστικώς, φησί, τά πάντα άναφέρεται είς αύτόν άπ' άρχής. ούπω δέ ήν , λόγος δέ ήν, καθάπερ έν έμοί 6 λόγος, ήδη δέ είπον

62 θεοΰ] θΰ" D Rettberg schlägt mit Hinweis auf Markell-Fragm. 54 (Re 49) vor: θεός (Joh 4,24) 64 Φωτείνου Montfaucon Φωτινοΰ D 65 λέγουσιν D

[84]

Markellianer und Athanasios von Alexandrien

69

διδοΰσιν άπό της έκ Μαρίας κατά σάρκα γενέσεως βλασφημοΰντες, δτι 70 μηδέ Φεόν άληΦινόν αύτόν είναι πιστεύουσιν. | 5. Ταΰτα τοιγαροΰν φρονοΰντες καΐ έγγράφως όμολογοΰντες διαβεβαιούμενοί τε ταΰτα φρονεϊν καί τούς άποστείλαντας ήμας άξιοΰμεν τήν σήν ϋεοσέβειαν μηκέτι πιστεύει ν τοις καθ' ήμών λέγουσιν, άλλώ μάλλον τοϊς άποστείλασιν ήμάς ταΰτα γνωρίσαι καί γράψαι καΐ οίς άν γινώσκης 75 όρϋοδόξοις έπισκόποις, Ινα εΐ καί πρός αύτούς < ή > καό' ήμών διαβολή έγένετο, μαόόντες τήν όμολογίαν ήμών ταύτην καταγνώσι τών Φελησάντων ήμϊν άπλώς φ·όόνον κινήσαι. 2 Θεόδουλος έπίσκοπος Όξυρύγχου, Πλήνης έπίσκοπος Έρμοόίς, Ίσχυρίων έπίσκοπος Λεοντώ, 'Ισαάκ έπίσκοπος. 'Αμήν.

δτι άπό μέρους Παύλου τοΰ Σαμοσατέως έχων τά δμοια τής έννοίας, έτερα δέ έτι παρ' έκεΐνον ύπερβεβηκώς tfj èwoCçt." 69-70 Vgl. Serdicense 1 (Loofs): „άποκηρύττομεν δέ έκείνους καί έξορίζομεν τής καθολικής έκκλησίας τοίις διαβεβαιουμένους, δτι θεός έστιν δηλονότι 6 Χριστός, άλλά μήν άληΟινός βεός ούκ έστιν, δτι υΙός έστιν." 77 Theodulos, Bischof von Oxyrhynchos, ist wahrscheinlich Theodoras von Oxyrhynchos (Merenda, Vita Damasi VI, 4; Migne PL 13, 147-148. Le Quien, Oriens Christianus II, 577-579. Uber Theodoros und den Luciferianer Heraklidas in Oxyrhynchos siehe Faustinus und Marcellinus, Migne PL 13, lOOff.; G. Krüger, Lucifer, Bischof von Calaris. 1886, 90ff). 78 Pienes, Bischof von Hermonthis. Siehe Athanasios, De fuga sua 7; Athanasios, Historia arianorum 72. Le Quien, Oriens Christianus II, 609 f. | Ischyrion, Bischof von Leontopolis. Bei Athanasios, Apologia secunda 78,7 Nr. 16? Le Quien, Oriens Christianus II, 553; Smith-Wace, Dictionary of Christian Biography III, 302. 79 Isaak, Bischof: Isaak von Nilopolis? Athanasios, Festbrief 19 von 347: Isaak neben Amantios, nachdem sie sich ausgesöhnt hatten, als Nachfolger des Theon in Nilopolis. | 'Αμήν: Überrest einer Fortsetzung der Unterschriftenreihe? Amantios von Nilopolis? Siehe den eben bei Isaak angeführten Festbrief 19 des Athanasios. Vgl. Athanasios, Apologia secunda 49,3 Nr. 150. 74 γινώσκης Migne] γινώσκεις D 75 + ή Montfaucon 77 Θεόδουλος έπίσκοπος Montfaucon] ΰεόδούλω έπισκώπω D 78 έπίσκοπος Montfaucon] έπίσκόπου D 78 Έρμο·6ίς oder Έρμονόίς Le Quien] Έρμοθιέ D 79 άμήν D] Άμν? Tetz

II

Bei der Darstellung der bisherigen Forschungsergebnisse zur Expositio fidei des Eugenios ist in jeder Hinsicht an erster Stelle B. de Montfaucons grundlegende Untersuchung dieses wichtigen Dokumentes zu nennen". Der gelehrte Benediktiner stellt — mit einem Seitenblick auf das Schicksal von Unterschriftslisten in der handschriftlichen Uberlieferung "

Diatriba cap. VI; s. oben Anm. 4.

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Athanasiana

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überhaupt — fest, daß die am Schluß der Expositio fidei noch ζ. T. erkennbare Unterschriftenliste verstümmelt sein müsse. Offenbar habe die markellianische Gesandtschaft ihr Bekenntnis einer Bischofsversammlung vorgelegt, deren Zustimmung auch unter|schriftlich bekundet worden sei. Das Fehlen des Namens des Bischofs von Alexandrien, der gewiß den anderen vorangestanden habe, zeige den fragmentarischen Erhaltungszustand der Unterschriftenliste. Die Frage nach der Ursache des Schreibens bereite keine Schwierigkeiten. Da um 371 Basileios und andere Bischöfe bemüht gewesen seien, Athanasios zu einer Verdammung Markells zu bewegen, habe Markeil sich dagegen gewehrt, indem er sich der Gemeinschaft der makedonischen und griechischen Bischöfe, mit denen Athanasios korrespondierte, schriftlich versicherte und danach alsbald eine Gesandschaft nach Alexandrien schickte, die die Vorwürfe entkräften und ein Glaubensbekenntnis vorlegen sollte. Diese Gesandtschaft, der der Diakon Eugenios und andere angehörten, sei auf 372 zu datieren. Montfaucon begründet diesen Zeitansatz so: Basileios sei 370 Bischof geworden. Nachdem mehrere Briefe mit Athanasios gewechselt worden seien, habe Basileios schließlich über eine Verurteilung Markells gesprochen 17 . Aus diesem Grunde nun schlägt Montfaucon für Abreise und Ankunft der markellianischen Gesandtschaft in Alexandrien das Jahr 372 vor, nicht ohne den hypothetischen Charakter dieses Vorschlages zu bezeichnen. Zumindest müsse, da Athanasios 373 gestorben sei, die Gesandtschaft zwischen 371 und 373 angesetzt werden. In diesen Jahren habe Athanasios auch mit Epiktetos von Korinth und anderen griechischen Bischöfen Briefe gewechselt. Dafür beruft sich Montfaucon auf die Epistula ad Epictetum des Athanasios, die er auf das Jahr 371 datiert, und auf Mitteilungen über einen nicht erhaltenen Brief des Athanasios an Basileios, in dem lt. Basileios Athanasios seine Glaubensgemeinschaft mit den makedonischen und griechischen Bischöfen erwähnt hat. Markell habe von diesen Kontakten zwischen Alexandrien und Griechenland gewußt und deshalb von den griechischen Bischöfen Empfehlungsschreiben zur Vorlage bei Athanasios erbeten, die er dann seinen Abgesandten nach Alexandrien mitgegeben habe. Die Gesandtschaft, wegen der Vorwürfe (besonders des Basileios) von Athanasios auf ihren Glauben hin befragt, habe sich durch das Schreiben an Athanasios zufriedenstellend ausweisen können; sie habe nach Anerkennung ihrer Expositio fidei von Athanasios ein entsprechendes Schreiben erbeten und auch erhalten, so daß man sich im Jahre 375 bei den Konfessoren in Diokaisareia darauf beziehen konnte.

17

Basileios, Ep. 69,2; s. unten Anm. 21.

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Markellianer und Athanasios von Alexandrien

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Montfaucon würdigt die markellianische Expositio in höchsten Tönen: „Estque aureum hoc opusculum omnibus suis numeris et partibus absolutum" 18 ; „fidei formula, qua nullam quarto saeculo luculen|tiorem, fideique Catholicae congruentiorem reperias"". Aus dem Hauptkomplex der Expositio fidei, dem dogmatischen Teil, zählt er nur in knapper Form die abgewiesenen Häresien auf; lediglich bei der Frage der ύπόστασις (cap. 2,4) gibt er einen über die Expositio fidei hinausgehenden theologiegeschichtlichen Hinweis auf die Entscheidung der Synode von Alexandrien (362). Mit gutem Gespür für historische Zusammenhänge hat Montfaucon bereits einige für das Verständnis der Expositio fidei des Eugenios wichtige Komplexe ins Auge gefaßt: den Briefwechsel des Basileios mit Athanasios, die Epistula ad Epictetum des Athanasios, die Synodalentscheidung von 362. Da er sich aber auf eine genauere theologiegeschichtliche Untersuchung nicht einläßt, bleiben die einzelnen Stücke noch relativ unverbunden und uninterpretiert nebeneinander stehen, so daß die Lückenhaftigkeit der Montfauconschen Beweisführung für das von ihm entworfene Bild zu mancherlei anderen Versuchen theologiegeschichtlicher Zuordnung reizen konnte. Doch gehen alle nachfolgenden Untersuchungen der Expositio fidei von Montfaucons Thesen aus — sei es zu deren Weiterführung, sei es zu deren Ablehnung. P. Maran ist in seiner VitaS. Basilii 20 darum bemüht, den Konsens seines Helden mit Athanasios in der Frage der Exkommunikation Markells zu sichern. Diesem Zwecke dienen insbesondere zwei Hypothesen: 1. In Vita S. Basilii VIII, 8 wird behauptet, daß der Brief des Athanasios an Basileios, der nur aus dem Referat des Basileios in Ep. 204,6 bekannt ist, nicht aus dem Jahre 371, sondern aus der Zeit der Herrschaft Julians stamme. Schon Montfaucon waren in dem Athanasios-Brief an Basileios und in der markellianischen Expositio fidei die parallelen Bekundungen über die Gemeinschaft mit den makedonischen und griechischen Bischöfen aufgefallen. Rechnet man den Brief des Athanasios an Basileios zur Korrespondenz des Jahres 371, so gehören die erwähnten Kontakte mit jenen Bischöfen und die markellianische Gesandtschaft in dieselbe Zeit. Damit würde freilich die Gemeinschaft zwischen Athanasios, makedonischen und griechischen Bischöfen und Markellianern für dasselbe Jahr bezeugt, in dem Basileios sich wegen der von ihm angestrebten Verdammung Markells an Athanasios wendet; und das würde natürlich zugleich den Konsens des Basileios mit Athanasios hinsichtlich der

18 20

Cap. V I , 1. " Cap. VI, 3. P. Maran, Vita S. Basilii (1730); hier benutzt nach der Ausgabe: Sancti Patris Nostri Basilii Caesareae Cappadociae Archiepiscopi Opera Omnia Quae Exstant ... Editio Parisina Altera, Tom III. 1839, X X X V I I I - C C L I V .

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Athanasiana

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Ablehnung Markells in Frage stellen. U m dieser Schwierigkeit auszuweichen, sucht Maran für den Brief des Athanasios an Basileios nach der ge|nannten anderen Datierung die es erlauben würde, sowohl mit jener Glaubensgemeinschaft (um 363) als auch mit einem späteren, im Jahre 371 vorauszusetzenden Bruch des Athanasios mit Markeil zu rechnen. D i e von Maran angegebenen Gründe sind aber nicht stichhaltig. Denn daß in den Mitteilungen des Basileios (Epistula 204,6) aus einem verlorenen Athanasios-Brief nur über das — wie man hinzufügen muß: dem Tomus ad Antiochenos von 362 entsprechende — Aufnahmeverfahren gegenüber ehemals arianisch Gesinnten und noch nicht über Pneumatomachen berichtet wird, dient ja der Verteidigung der früheren Beziehungen des Basileios zu Eustathios von Sebaste. Die Achäer u m 362 (Äthan, ad Ruf.; Liberius ad epp. It.) orientieren sich nicht wie Makedonier und Achäer in Ep. 206,4 am Tomus ad Antiochenos. Außerdem dürfte es unzulässig sein, wenn Maran des Basileios spätere Verteidigung seines ehemaligen Verhältnisses zu Eustathios bereits als Gegenstand einer Korrespondenz mit Athanasios am Anfang der 60er Jahre unterstellt; denn aus dem Referat über den Athanasios-Brief an Basileios geht nur hervor, daß Athanasios das im Jahre 362 beschlossene Verfahren einschärft und daß er sich hierin in Ubereinstimmung mit den makedonischen und achäischen Bischöfen weiß. Gleichwohl darf es als Marans Verdienst gelten, daß er mehr als Montfaucon unseren Blick auf die Entscheidung der Synode von Alexandrien 362 lenkt.. 2. In Vita S. Basilii X X X V I I , 6 untersucht Maran die Frage, ob Markeil die Kirche verlassen habe. An den gutbezeugten Fakten der Gemeinschaft des Athanasios mit der markellianischen Gemeinde von Ankyra, der Gemeinschaft der Markellianer mit R o m , der Verfolgung Markells und seiner Anhänger durch Häretiker und der Markeil günstigen Antwort des Athanasios auf die unsichere Frage des Ketzerbekämpfers Epiphanios geht Maran nicht vorüber, sondern erschließt daraus, daß Markell bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Gemeinschaft der rechtgläubigen Kirche verblieben sei. Was Basileios in Ep. 69,2 über Markell an Athanasios schreibt, gehöre in die letzten Jahre Markells 21 ; und daraus nun folgert Maran im Ver|trauen auf die Lehrautorität des Basileios „'Επιζητείται δέ κάκεϊνο παρά τίνων τών έντεΰβεν, άναγκαΐως, ώς καί αύτοίς ήμϊν καταφαίνεται, τό τήν Μαρκέλλου αίρεσιν αύτοΰς ώς χαλεπήν καΐ βλαβεράν καί τής ύγιαινούσης πίστεως άλλοτρίως έχουσαν έξορίσαι. Έπεί, μέχρι τοΰ νΰν, έν πασιν οΐς έπιστέλλουσι γράμμασι, τόν μέν δυσώνυμον "Αρειον άνω καΐ κάτω άναύεματ(ζοντες καΐ τών Εκκλησιών έξορίζοντες ού διαλεΐπουσι, Μαρκέλλφ δέ, τφ κατά διάμετρον έκείνφ τήν άσέβειαν έπιδειξαμένφ καί είς αύτήν τήν ΐιπαρξιν τής τοΰ Μονογενοΰς Οεότητος άσεβήσαντι καί κακώς τήν τοΰ Λόγου προσηγορίαν έκδεξαμένφ, ούδεμίαν μέμψιν έπενεγκόντες φαίνονται. Ός Λόγον μέν είρήσΰαι τόν Μονογενή δίδωσι, κατά χρείαν καί έπΐ καιροϋ προελίόντα, πάλιν δέ είς τόν δΟεν έξήλθεν έπαναστρέψαντα, ούτε πρό τής έξόδου είναι οΰτε μετά τήν έπάνοδον ύφεστάναι. Καί τούτου άποδε(ξεις

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Markellianer und Athanasios von Alexandrien

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und die Lehreinheit der Kirche, daß Markeil noch vor seinem Tode von Athanasios und dem ganzen Morgenland, aber auch vom Abendland, aus der Kirche ausgeschlossen worden sei. Marans Beweisführung für diese Behauptung wirkt gesucht und spitzfindig; daß sie um die Gloriole des Kirchenvaters Basileios bemüht ist, liegt am Tage. Will also der Mauriner die letzten Lebensjahre des Markell (f 374) für einen Bruch der Kirche mit diesem freihalten, indem das Votum des Basileios allein für die Kirche einstehen muß, so hat er die Zeugnisse, die eine Gemeinschaft zwischen Markell bzw. Markellianern und Orthodoxen belegen, chronologisch früher einzustufen. Darum könne auch der Brief des Athanasios über seine Glaubensgemeinschaft mit den Markellianern nach der Meinung Marans nicht erst 371 entstanden sein. D i e Expositio fidei des Eugenios enthalte ja keine Zeitangabe. Sie sei kurz nach Aufkommen der Anomöer entstanden, weil in ihr von νϋν έξελ-όόντας καΐ λεγομένους Άνομοίους (cap. 4,3) die Rede sei. D o c h bleibt bei diesem Datierungsbeleg unberücksichtigt, daß in Expositio fidei 4,3 unmittelbar zusammen mit den A n omöern die doch früher in Erscheinung getretene Irrlehre des Samosateners und des Photin genannt wird, der gegenüber das νΰν natürlich einen anderen Klang hat, als es in dem Referat Marans der Fall ist 22 . U n d die Behauptung des Mauriners, daß die Häresie der Pneumatomachen in der Expositio fidei noch nicht erwähnt werde, ist angesichts von cap. 3 indiskutabel. Wegen der Schreiben der makedonischen und griechischen Bischöfe, auf die sich die markellianische Expositio fidei 1, 1 bei Athanasios beruft, sei die markellianische Gesandtschaft im Jahre 363 oder kurz danach erfolgt. Maran setzt hierbei voraus, daß die von Eugenios vorgelegten Empfehlungsschreiben dieser Bischöfe und das Votum der makedonischen und griechischen Bischöfe, das Athanasios in seinem Brief an Basileios erwähnt, identisch sind. D a s ist eine sehr interessante Kombination, auf die wir zurückkommen müssen. Der Mauriner gewinnt hierdurch — allerdings nur scheinbar — die Möglichkeit, im Hinblick auf den Brief des Athanasios an Basileios, der das in Alexandrien 362 beschlossene Verfahren der Aufnahme in die nikäische | Kirche herausstellt 23 , ca. 363 zur Datierung des ganzen Vorganges vorzuschlagen.

22 23

αϊ παρ' ήμΐν άποκείμεναι βίβλοι τής άδικου έκε(νης συγγραφής ύπάρχουσιν. 'Αλλ' όμως τοΰτον ούδαμοϋ διαβάλλοντες έφάνησαν, καΐ ταΰτα αΐτίαν έχοντες ώς τό έξ Λρχής, κατ' άγνοιαν τής άληβείας, καΐ είς κοινωνίαν αύτόν έκκλησι αστική ν παραδεξάμενοι. 'Εκείνου τε οΰν μνησόήναι πρεπόντως άπαιτεΐ τ& παρόντα, Αστε μή ίχειν άφορμήν τούς θέλοντας άφορμήν, έκ τοΰ τή afl όσιότητι συνάπτειν τούς Υγιαίνοντας καΐ τοΐις πρός τήν άληβή πίστιν όκλώζοντας φανερούς π&σι ποιήσαι. ώστε τοΰ λοιποΰ γνωρίζειν ήμ&ς τοΰς όμόφρονας καΐ μή, ώς έν νυκτομαχίςι, μηδεμίαν φίλων κάΐ πολεμίων έχειν διάκρισιν." Courtonne I, 163. 1-27. Vgl. unten S. 105 zu cap. 3,1 und S. 110 zu cap. 4,3. S. unten S. 100 f. zu cap. 1,1 — Maran nimmt an, daß es sich um Kontakte zwischen Athanasios und den Bischöfen Makedoniens und Griechenlands wegen der Anerken-

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Äthan asiana

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Für jenen Zeitpunkt könnte dann noch an die ungebrochene Gemeinschaft Markells mit Athanasios und mit den makedonischen und griechischen Bischöfen gedacht werden. Daß nach den Vorstellungen Marans dann auch Basileios zu dieser Gemeinschaft mit Markeil gehört haben müsse, bedenkt er nicht weiter. Da sich Basileios aber in Ep. 69, 2 auf die alte Schrift Markells beziehe, die doch von der homousianischen Synode in Serdika anerkannt worden sei, ergäben sich auch von hier aus für die Maransche These unüberwindliche Schwierigkeiten; das hat A. M. Merenda 24 , wieder zur Auffassung Montfaucons zurücklenkend, in seinen Prolegomena zu den Opera Damasi (1754), cap. VI, 4, mit Recht gegen Marans Verständnis der Expositio fidei des Eugenios eingewandt. Deutlich spricht er den apologetischen Charakter der Ausführungen des Mauriners an. Zugleich aber macht er darauf aufmerksam, daß die Expositio fidei Hinweise enthalte, die für eine Abfassung kurz vor oder nicht lange nach dem Brief des Basileios an Athanasios (Ep. 69) sprechen: Am Ende der Expositio fidei findet sich in der fragmentarischen Unterschriftenliste die Unterschrift eines Theodulos von Oxyrhynchos. Merenda identifiziert ihn in überzeugender Weise mit Theodoros von Oxyrhynchos. Die Bischofsversammlung, an der Theodoros teilgenommen habe, müsse lange nach 362 stattgefunden haben, da er lapsus war und 362 in Alexandrien sicher nicht mit dabeigewesen sei. Gleich nach 362 aber seien die Umstände der vita Athanasii derartig beschaffen gewesen, daß sich zu jenen Zeiten kaum eine Gesandtschaft aus Ankyra zu Athanasios nach Ägypten begeben haben würde und sich auch nicht so viele Bischöfe zu einer Synode versammelt haben könnten. Vielmehr komme die friedliche Zeit der letzten Jahre des Athanasios, genauer der Zeitpunkt, als Basileios an Athanasios schrieb, in Betracht. Merenda schlägt vor, bei der Bischofsversammlung, der die markellianische Expositio fidei vorgelegt worden sei, an die ägyptische Synode der Epistula ad episcopos Afros des Athanasios zu denken. Athanasios habe nicht der Bitte der Markellianer (Expositio fidei 5,1) um Mitteilung ihrer Anerkennung an die anderen rechtgläubigen Bischöfe entsprechen können, weil er kurz darauf verstorben sei. Basileios habe deshalb lange nichts von der Gemeinschaft des Athanasios mit den Markellianern gewußt. Merenda hat die Untersuchung der Expositio fidei weitergeführt durch | seine Beobachtungen zur Person des Bischofs von Oxyrhynchos und durch seinen Vorschlag zur ägyptischen Bischofsversammlung, die freilich wegen des Ausstehens der Verdammung des

24

nung des Synodalbeschlusses von 362 durch Synoden handele, die aber von Maran für jene Bereiche z.T. nur vermutet werden. A. M. Merenda, Prolegomena zu den Opera S. Damasi Papae (1754); benutzt nach Migne PL 13, 1 4 6 - 1 5 0 . Siehe hierzu Anm. 21.

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Markellianer und Athanasios von Alexandrien

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Auxentius (s. Athanasios, Ep. ad episcopos Afros 10, 3) nicht erst 373 stattgefunden haben kann. N o c h ganz unter dem Eindruck der Darstellung Marans sieht sich N . Lardner 2 4 ' nicht imstande, Montfaucons Einschätzung der Expositio fidei des Eugenios zu teilen. Als Grund hierfür gibt er an, daß weder Basileios noch Chrysostomos, geschweige denn Sokrates, Sozomenos und Theodoret, aber auch nicht Epiphanios, von der markellianischen Expositio fidei bzw. von einem Bestätigungsschreiben des Athanasios gewußt hätten. Nichterwähnen des Vorgangs muß jedoch bei Basileios keineswegs auch Nichtkennen bedeuten. Chrysostomos und die genannten griechischen Kirchenhistoriker mögen tatsächlich nichts mehr von jener Angelegenheit gewußt haben. Bei Epiphanios aber, der in Lardners Reihe der ,testes silentes' für die gestellte Frage am interessantesten ist, findet sich jedenfalls in Panarion haer. 7 2 , 1 1 - 1 2 ein markellianisches Dokument, der Brief vom Jahre 375 an die Konfessoren in Diokaisareia, in dem der markellianische Klerus von Ankyra auf ein Bestätigungsschreiben des Athanasios von Alexandrien verweist. Diese N o t i z war schon von Montfaucon ausgewertet worden. Lardner hat das offensichtlich übersehen. R . Ceillier 2 5 , Chr. H . Vogelius 2 '. Chr. W. F. W a l c h " , G . D . Fuchs 2 8 folgen der Datierung Montfaucons, ohne neue Argumente oder neue Bedenken zu nennen. Chr. H . G. Rettberg 2 ' hält die Expositio fidei des Eugenios für ein dubium 3 0 ; Montfaucons Untersuchung der causa Marcelli hat für ihn geringen oder gar keinen Wert. Für diese Auffassung gibt er kein Wort der Begründung; eine Auseinandersetzung mit Rettberg ist deshalb nicht möglich. Seine Behauptung, daß aus stilistischen Gründen Markeil als Verfasser der Expositio fidei nicht in Frage komme, darf ohne Beleg bleiben; dieser Einwand richtet | sich ja allein gegen Montfaucon, denn nach der Überlieferung gilt nicht Markeil, sondern Eugenios als der Autor. — Auch C. R . W. Klose 3 1 bezweifelt die Echtheit der Expositio. D e n n sie bestehe hauptsächlich aus Polemik gegen die Arianer, von deren

' N . Lardner, T h e Credibility of the Gospel History. Part. II. Vol. V I I I . 2. ed. 1766, 211-214. 25 R. Ceillier, Histoire générale des auteurs sacrés et ecclésiastiques. (1729-63); hier benutzt: Nouvelle édition, I 8 6 0 , I V , 3 0 8 f f . 26 Chr. H . Vogelius, Dissertatio inauguralis histórica de Marcello, Ancyrae episcopo, 1757,46. 27 Chr. W. F. Walch, Entwurf einer vollständigen Historie der Kezereien, Spaltungen und Religionsstreitigkeiten ... 3. Th. 1766, 2 5 4 - 2 5 5 ; 2 6 3 - 2 6 4 . 28 G . D. Fuchs a.a.O. (Anm. 14), 382-386. 29 Chr. H. G . Rettberg, a.a.O. (Anm. 10), I V - V ; 111. 30 Vermutlich gilt Rettbergs Zweifel der von Montfaucon angenommenen Urheberschaft Markells in bezug auf die ganze Gesandtschaft und somit auch auf die Expositio fidei. 31 C. R . W. Klose, Geschichte und Lehre des Marcellus und Photinus, 1837, 19-21. 2i

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Lehren sich die Markellianer doch gewiß nicht so ausgiebig abzusetzen brauchten. Zwar werde Photin verdammt, aber über Anfang und Ende des Reiches Christi, also über die Frage, die Markell ständig vorgehalten worden sei, werde kein Wort verloren. Es werde fast gleich nach dem ersten Satz mit der Bemerkung abgebrochen, die Verteidigung sei schon hinreichend, und doch berühre man im folgenden noch wichtige Punkte — „kurz, es scheint ... die Lebendigkeit in dem Schreiben zu mangeln, mit der eine Partei sich gegen den Verdacht einer bestimmten Häresie vertheidigen müßte". Klose erkennt nicht, daß von den Markellianern sehr wohl ganz bestimmte Vorwürfe genannt werden, gegen die man sich wehrt 32 , und daß in der Berufung auf das Nicaenum sowie in der Absage an die arianische und pneumatomachische Häresie, an Sabellios und Paul von Samosata ein Schema befolgt wird, das der Entscheidung der Synode von Alexandrien (362) entspricht". Und wenn man die Frage der Dauer der Herrschaft Christi nicht mehr erwähnt, könnte das ja durchaus seinen guten Grund darin haben, daß man im Lager Markells 30 Jahre nach Serdika einen erneuten Nachweis rechter Lehre in diesem Punkte für überflüssig gehalten hat. Aber auch im Falle der Echtheit möchte Klose der Expositio fidei keinen geschichtlichen Wert zugestehen. Ihr Datum sei durchaus unbestimmbar. Montfaucons These sei eine sehr unwahrscheinliche Vermutung, weil Klose nicht glaubt, daß Markell 372 noch gelebt habe; d. h. Klose setzt sich rigoros über das in dieser Frage doch glaubwürdige Zeugnis des Epiphanios hinweg, nach dem Markell erst ca. 374 gestorben ist". Markell könne sich um das Jahr 372 nicht ruhig in Ankyra aufgehalten haben; Klose zieht also in Expositio fidei 1, 1 έν Άγκύρςι zu συναγόμενοι. Eher noch als an das Jahr 372 sei an die Zeit bald nach der Verdammung Photins zu denken; aber auch das sei unwahrscheinlich, weil sonst die Uberlieferung etwas über Unruhen zu berichten wüßte. Doch in cap. 1,1 gehört έν Άγκύρςι zu ol μή ν κληρικοί καί ol λοιποί, man hätte also zu übersetzen: „die Kleriker und die übrigen in Ankyra ..., die mit unserem Vater Markell zusammengekommen", will sagen: die Gemeinschaft pflegen. Das aber muß nicht bedeuten, daß Markell ζ. Z. der markellianischen Gesandtschaft in Ankyra weilte. | Bemerkenswert sind Th. Zahns Beobachtungen zur Expositio fidei in seiner ausgezeichneten Markell-Monographie". Zur Frage des Aufenthaltsortes Markells erklärt Zahn: „Wo die dem Marceil treu gebliebene Gemeinde später wieder auftaucht, ist sie ohne Bischof. Darin darf es uns

32 33 34 35

S. unten S. 102f. zu cap. 2,2 u. S. 107ff. zu cap. 4 , 1 . S. unten S. 101 zu cap. 2, 1 u. S. 104 zu cap. 2, 3. Epiphanios, Panarion haer. 72, 1, 1; ed. Holl III, 2 5 5 . 8 - 9 . Th. Zahn, Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, 1867, 83 und 9 0 - 9 1 .

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nicht irre machen, wenn sie einmal als ,die um ihren Vater Marceli Versammelten' bezeichnet wird. Wäre er wirklich damals dort anwesend gewesen, so würde er selbst als Absender der Gesandtschaft bezeichnet sein, welche sich so ausdrückte. Nur das scheint sich auch an diesem ... Actenstück zu bestätigen, daß er nach 370 noch lebte und selbstverständlich noch als der rechtmäßige Bischof von den Seinigen anerkannt wurde. Wo er aber eine Zuflucht gefunden und womit er sich in den langen Jahren beschäftigt hat, wissen wir nicht. Vielleicht hat er damals die uns unbekannten Schriften geschrieben, deren Hieronymus gedenkt 36 ." Nach Zahn reist die markellianische Gesandtschaft über Makedonien und Griechenland, wo sie die bischöflichen Empfehlungen erhielt, nach Alexandrien". Zahn vermutet, daß die Markellianer nur scheinbar erst dort von den Vorwürfen gegen ihre Lehre gehört hätten. Ein Vergleich mit Markells Epistula ad Iulium zeigt, daß Markeil im Zusammenhang seines Bekenntnisses sich nur an die nikäischen Anathematismen gegen Areios hält, während Eugenios in seiner Expositio fidei sofort Formeln des Nicaenum zitiert. Uber die Herkunft der anderen dogmatischen Aussagen der Gesandtschaft weiß aber auch Zahn nicht mehr als seine Vorgänger. So kann er noch behaupten, daß die Markellianer christologische Sätze — gemeint ist cap. 4,1 — aufstellen, „welche in jedem Worte zeigen, daß ihr Verfasser in dem Gedankenkreis Marcells lebt". Im historischen Apparat z. St. habe ich nachgewiesen, daß es sich um ein freies Zitat aus Athanasios, Tom. ad Antioch. 7, 1 handelt, in dem allerdings eine Stellungnahme jener antiochenischen Partei vorliegt, die mit Markeil Gemeinschaft hielt. Daß die Markellianer „keinesweg drei Hypostasen, aber eine wirkliche Trinität lehren", ist richtig; aber wie steht es mit den Aussagen über die „ewige Trias" (cap. 4,2) im Vergleich zu dem von Zahn für die Expositio fidei ausgeschlossenen Gedanken an die ewige Zeugung 38 ? Mit Recht werden schon von Zahn Kloses Zweifel an der Echtheit der Expositio fidei abgewiesen, denn sie „beruhen auf einer Reihe unrichtiger Voraussetzungen, auf einer unrichtigen Schätzung einzelner Stücke der marcellischen Theologie, auf Misachtung des | Verhältnisses, in welches sie sich selbst zu Glauben und Bekenntnis stellte und endlich auf der allerdings schon von Montfaucon aufgestellten befremdlichen Meinung, daß dies Schriftstück ein Schreiben der Geistlichen zu Ankyra und des Marcellus selbst sein wolle, während doch Anfang und Ende desselben über das Gegentheil nicht im Zweifel lassen". Schon wenige Jahre danach habe es niemanden mehr gegeben, „der ein Interesse oder auch nur die Fähigkeit besessen hätte, es zu schreiben". Bei den Unterschriften läßt

36 38

37 Ebd., 90. Ebd., 83 . Beachte hierbei die verschiedenen Auffassungen von „Zeugung"; z.B. das Verständnis des Serdicense (Loofs, a.a.O. [Anm. 112], S. 24).

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Zahn es offen, „ob des Athanasius Name die Reihe abschloß, statt wie gewöhnlich sie zu eröffnen, oder ob beides unterblieb, weil er in einem besonderen Schreiben die Marcellianer den orthodoxen Bischöfen empfahl". Auch Zahn hat also die Expositio fidei des Eugenios nicht genauer untersucht; doch hat er mit einer Reihe dankenswerter Beobachtungen das Verständnis dieses Stückes auf der Linie Montfaucons fördern können. W. Möller gibt in seinem Artikel „Marcellus, Bischof von Ancyra in Galatien" eine Charakterisierung der theologischen Position der markellianischen Gesandtschaft: „Das Bekenntnis läßt in dem, was es sagt und vermeidet, sehr wol noch die Herkunft von Marcells Theologie erkennen, sucht aber die dieser (auch von Äthan. a.a.O. ) gemachten Vorwürfe zu entkräften, nicht one starke Accomodation." 3 ' Nachdem man so lange Basileios als denjenigen bezeichnet hat, gegen dessen Vorwürfe sich die Expositio habe wehren müssen, wird nun durch Möller, ohne daß er noch Basileios nennt, zum erstenmal eine andere Quelle eingeführt, aus der freilich genauere Nachweise von ihm nicht gegeben werden. Da Möller die vierte Arianerrede noch für eine Athanasios-Schrift hält, wird sie von ihm verständlicherweise in diesem Zusammenhang herausgestellt. Uber Einzelheiten der starken Akkommodation der Markellianer äußert sich Möller nicht. Auf bemerkenswerte Ubereinstimmungen von Expositio fidei 2, 4 (Anfang); 3,2; 4, 2 (Schluß) mit dem Bekenntnis des Gregorios Thaumaturgos kann H. M. Gwatkin als erster hinweisen 40 . Im Dictionary of Christian Biography schlägt T. W. Davids unter dem Stichwort „Eugenius (42)" mit geradezu tollkühner Außerachtlassung der vorausgegangenen Forschung das Jahr 347 als Datum der markellianischen Gesandtschaft vor 41 . Seine Begründung läßt sich nur durch Rückschluß ausmachen. Da Ceillier, dessen Werk er | notiert, zu dem Ergebnis kommt, daß nach dem Jahr 347, in dem (lt. Hilarius) Athanasios sich von Markeil getrennt haben soll, Markeil von Athanasios ehrenvoll genannt werde, hat Davids die Gesandtschaft einfach ins Jahr 347 verlegt, obwohl Ceillier selbst („vers l'an 372") mit Montfaucon datiert. — In demselben Werk ist der Artikel „Marcellus (4)" von E. S. Ffoulkes eine ebenso ,eigenständige' Leistung". Der Verfasser, dessen Markell-Artikel in der Hauptsache von Markells Epistula ad Iulium handelt, untersucht das Verhältnis dieses Briefes zur Expositio fidei des Eugenios und zu 39 40

41

42

W. Möller, in: RE, 2. Aufl., 9. Bd. 1881, 281-282. H. M. Gwatkin, Studies of Arianism. (1882 1 ); hier nach der 2. Aufl. 1900,254-255, bes. 255 n . l . A Dictionary of Christian Biography, Literature, Sects and Doctrines. Ed. by W. Smith and H. Wace. (1877-1887); hier nach dem Nachdruck von 1967 Vol. II, 275. Ebd., Vol. III, 808-813.

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Markellianer und Athanasios von Alexandrien

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demjenigen Bekenntnis der Markellianer, welches sie den Konfessoren in Diokaisareia vorlegten". Ffoulkes rückt das letztgenannte Bekenntnis, das uns durch Epiphanios überliefert ist, in die Nähe der Epistula ad Iulium: Markeil sei von Ankyra abwesend; seine Gemeinde sei verwitwet, sie sei im Besitze von Briefen des Athanasios; unter den Namen des Klerus von Ankyra sei noch Photin genannt, der dann Bischof von Sirmium geworden sei. Die Uberschrift bei Epiphanios laute „Inscription of the faith of Marcellus"; es sei also sein Bekenntnis, das die Kleriker der markellianischen Gemeinde übernommen hätten, bevor es in die Hände des Epiphanios gekommen sei. „Looking at both professions, then, as having emanated f r o m Marcellus about the same time, we see plainly that he aimed at being an Eastern to the Easterns, and a Western to the Westerns." 44 Nach der Charakteristik von Ffoulkes müßte Markell ein rechter Finsterling gewesen sein. Aber in Wahrheit war Markell ζ. Z. der Abfassung des für die Konfessoren in Diokaisareia bestimmten Bekenntnisses 45 schon tot 4 '. Deshalb war seine Gemeinde verwitwet. Das Athanasios-Schreiben, auf das man sich beruft, ist nach der ansprechenden Hypothese Montfaucons auf Bitten der Eugenios-Gesandtschaft hin 47 abgefaßt worden. U n d der Name Photeinos war, wie schon die Namenliste des Bekenntnisses zeigt, in Ankyra nicht selten. Daß die Uberschrift bei Epiphanios „Ή έπίγραφος πίστις των Μαρκέλλου" heißt und damit aus dieser Stelle kein Beleg für die Verfasserschaft Markells gewonnen werden kann, ist Ffoulkes entgangen. Die beiden für Rom und Diokaisareia bestimmten Bekenntnisse sollen nun aber Markell in seinem hohen Alter nicht mehr genügt haben; er habe daher lt. Ffoulkes noch ein drittes verfassen müssen, diesmal für Athanasios selbst. Als die Gesandtschaft mit dem Bekenntnis in Alexandrien angekommen sei, habe Athanasios schon nicht mehr gelebt. Deshalb fehle auch | seine Unterschrift. Die Expositio fidei sei keineswegs von Athanasios und seinen Kollegen angenommen worden. Die Unterschriften ließen eher auf die Unechtheit des Schreibens schließen. Die Expositio fidei sei wohl das Ergebnis einer Gemeindeversammlung unter Markell in Ankyra. Da nur dieser und Eugenios genannt werden, sei wohl niemand außer ihnen an der Abfassung des Schreibens beteiligt gewesen. Ffoulkes hat offensichtlich für seine Thesen cap. 1 nicht zu Rate gezogen; jedenfalls hat er übersehen, daß Eugenios dort ja beschreibt, wie er erst nach seiner Ankunft in Alexandrien auf Grund von Anfragen des Athanasios angesichts neuerhobener Vorwürfe die Expositio fidei verfaßt habe. Wie sich Ffoulkes 43

Bei Epiphanios, Panarion haer. 72, 11-12; ed. Holl 111,265-267. A.a.O (Anm. 42), 812. 45 S. K. Holl, a.a.O. (Anm. 43), zu 265. 7-8. 4 < S. K. Holl, a.a.O. (Anm.43), zu 255.8. Vgl. unten Anm. 125. 47 Expositio fidei 5, 1. 44

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die Unterschriften erklärt, bleibt unklar. Zur Verfasserschaft Markells und des Eugenios ist festzustellen, daß die Überlieferung nur Eugenios als Verfasser nennt. Es wäre höchstens zu erwägen, ob Materialien, die in der Expositio fidei verwendet wurden, oder ein Konzept mit Markeil abgesprochen worden war, bevor die Delegation sich auf die Reise begab. Doch das ist eine Erwägung, die sich erst durch Feststellung jener Materialien bzw. eines ursprünglichen Konzeptes anstellen läfit4". Hatte Zahn die Expositio fidei noch in völliger Ubereinstimmung mit den Lehren Markells gefunden, wird nach Möller auch von A. Robertson das Aufgeben einiger Lehren der Markellischen Theologie durch Eugenios konstatiert·". Er meint damit wohl die Unterscheidung von Logos und Sohn, sowie die Vorstellung, daß die Monas vor dem Sohn gewesen sei. Wie aber steht es hiermit schon in der Epistula ad Iulium? Die Thesen Ffoulkes' lehnt Robertson entschieden ab. G. Bardy 50 wird zunächst durch L. Duchesne 51 , der für die Gesandtschaft des Eugenios ohne Angabe von Gründen das Jahr 362 nennt, in der Datierungsfrage unsicher gemacht; er meint deshalb, daß die Gesandtschaft in jedem Falle nach 362 anzusetzen sei. Später schwankt seine Datierung in ein und demselben Buch zwischen 371 („vers 371")" und 372 („en 372*')". In seiner Monographie „Paulus von Samosata" zieht F. Loofs zur Beweisführung für seine These über die ökonomische Trinitätslehre des Samosateners die Expositio fidei des Eugenios heran 54 . | Es ist hier nicht der Ort für eine Auseinandersetzung mit diesem Rekonstruktionsversuch, den Bardy abgelehnt hat55. Doch Loofs' These von der ökonomischen Trinitätslehre des Markeil von Ankyra, die natürlich mit seiner These von der Geistchristologie eng verknüpft ist, muß als eine wichtige Voraussetzung für seine Beurteilung der Expositio fidei des Eugenios angesehen werden. Es ist bekannt, daß Markells Theologie in der dogmengeschichtlichen Arbeit von Loofs eine bedeutende Stellung einnahm 5 '. Sein Markell-Verständnis hat eine Entwicklung genommen, die von an4" 4* 50 51 52 53 54

55 5 . Dieses bedenkt, dieses denkt! Und wenn euch an mir etwas liegt, gedenkt auch meiner — als eines Vaters." 6 6 Und „Antonius" ordnet in dieser Rede auch besonders noch — in Ablehnung der Pseudo-Unvergänglichkeit des ägyptischen Reliquienkultes! — die Beerdigung seines Leibes an: „Denn ich werde ihn bei der Auferstehung der Toten von dem Erlöser als unvergänglichen empfangen."' 7 — Nach der Abschiedsrede des „Antonius" heißt es dann in c. 92 : „... und als wenn er Freunde sah, die auf ihn zukamen, und ihretwegen hocherfreut — denn man sah ihn mit fröhlichem Antlitz daliegen — schied er dahin und wurde zu den

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Vgl. Irenaeus, adv. haer. III Praef. - 1 , 1 (Rousseau - Doutreleau, 20): „Etenim Dominus omnium dedit apostolis suis potestatem Euangelii, per quos et ueritatem, hoc est Dei Filii doctrinam, cognouimus; quibus et dixit Dominus: Qui uos audit me audit, et qui uos contemnit me contemnit et eum qui me misit < L c 10, 16>. N o n enim per alios dispositionem salutis nostrae cognouimus quam per eos per quos Euangelium peruenit ad nos . . . " Migne 969, 26 - 972, 24. 66 972, 2 - 8 . 67 972, 16-18. 969, 3 2 - 3 4 .

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Athanasius und die Einheit der Kirche

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Vätern versammelt." 68 Mit der Wendung „ich gehe den Weg der Väter" hatte die Rede begonnen; und ähnlich schließt nun der Bericht über das Sterben des Vaters Antonius. In der Rede hatte „Antonius" dafür Sorge getragen, daß eventuelles Gedenken seiner Person sorgfältig abgesetzt erscheint gegenüber dem Anschluß an den Herrn und die Heiligen. Damit ist das Gedenken des Antonius als eines Vaters, der seine Schüler dazu angehalten hat, sich an den Herrn und die Heiligen zu halten, durch Athanasius in die rechten Relationen gebracht worden. Athanasius erweist sich hiermit aber implizit selber als ein Vater der Kirche, der von sich weg an die biblischen Heiligen und an Christus, den Herrn der Kirche, verweist und darin Einheit der Kirche bewährt; Einheit, die wie im Serdicense nicht einfach Veranstaltung der Christen, sondern göttliche Gabe und Aufgabe ist. Wenn Athanasius nun in der Antoniusrede dazu angehalten hat, „immer Christus zu atmen" 69 , hat er das paulinische έν Χριστφ als Atemraum erfaßt. Das Wort ist mit einer Wendung in der athanasianischen epistula ad Afros zusammen zu sehen; es heißt da, daß die Väter von Nicäa (sc. als die ihren Christus-Glauben in Nicäa entscheidend bekennenden Synodalen von 325) „die Schriften atmen" 7 0 — gewiß weil diese es sind, die von Christus zeugen. Hiernach legt sich die Annahme nahe, die auch durch das gesamte Werk des Athanasius bestätigt wird: In der Konstellation der Aussagen | .„Chrisus atmen": „die Schriften atmen" läßt sich athanasianischer Atemraum, läßt sich athanasianische spiratio wahrnehmen. „Atmen" klingt in diesen Zusammenhängen für unsere Ohren eher ungewöhnlich. D o c h daß die Wendung auch uns so ferne nicht ist, mag vielleicht eine Erinnerung an literarischen Ausdruck besonderer Erfahrungen in unserer Zeitgeschichte erweisen. Es ist ja nicht von ungefähr, daß sich jüdische, unter politischen Bedrückungen und Verfolgungen leidende Lyriker unseres Jahrhunderts besonders aufmerksam der Metapher „Atem" zugewandt haben: „Atem, das heißt" für Paul Celan „Richtung und Schicksal" 71 ; er nimmt mit Blick auf Büchners Lucile „Sprache als Gestalt und Richtung und Atem" wahr 72 . Rose Ausländer setzt gegen den Satz, daß nach Auschwitz kein Gedicht mehr möglich sei: „Raum II. N o c h ist Raum/ für ein Gedicht/ N o c h ist das Gedicht/ ein Raum/ wo man atmen kann" " ; ihr ist das Vaterland tot und im Feuer begraben, sie

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69 S. Anm. 65. 972, 2 6 - 2 9 . Migne 1036, 15 (Opitz 312, 19 f). D a die Väter von Nicäa „die Schriften atmen", hat denn auch ihr Bekenntnis eine bestimmte aspiratio. P. Celan, Der Meridian. Rede anläßlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preises (in: Ders., Ausgewählte Gedichte. Zwei Reden [edition suhrkamp 262], 1981 9 , 131-148), 134. Ebd. 140. R. Ausländer, Ges. Gedichte, hg. v. H. E. Käufer/B. Mosblech, 1978 3 , 501.

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lebt im „Mutterland Wort", „immer im Gespräch mit der Atemzeit" 7 4 , wohnt im „Atemhaus" der Sprache". Auch dem emigrierten Kritiker Alfred Polgar ist „die Atmosphäre der Muttersprache ... für den Geist, was Luft für die Lungen" 76 . Wort ist ihnen gemeinsam Atemraum und also Lebensraum. Darum gilt: wer Sprache von ihrem Atem her wahrnimmt, „läßt sich nicht mehr auf die Position eines Empfängers von Informationen reduzieren" 77 . Unter dem Kriterium der eigenen Erfahrungsmöglichkeiten war ζ. B. einem Lessing heilige Schrift zu „Nachrichten" 7 8 , Informationen, geronnen und sieht er seine Erfahrung durch den bekannten „garstigen breiten Graben" 7 ' von der gottgemäßen Erfahrung der biblischen Heiligen getrennt. Ist — um | der Erfahrung willen! — de facto der Erfahrungsbereich reduziert, wird in deshalb dürrer Zeit sehr sorgfältig Ausschau zu halten sein nach reicherer Erfahrung mit der gottgemäßen Erfahrung. Und zur lohnenden Aufgabe wird es, hierbei zugleich die weitere athanasianische Konstellation „die Schriften atmen": „Zusammenleben mit den biblischen Heiligen" genauer zu beachten. Mit diesem sich ungesucht ergebenden, im einzelnen hier nicht mehr näher zu explizierenden Anschluß an gleich anfangs eingebrachte Beobachtungen über das „Zusammenleben" der Christen mit den biblischen Heiligen muß ich den Kreis meiner Untersuchung schließen; und ich wage, unmittelbar an die Schlußüberlegungen anknüpfend, nunmehr, das Ergebnis meines Beitrages aufs kürzeste zusammenzufassen: Athanasianische Spiritualität verdankt sich der Konstellation „ Christus atmen „ die Schriften atmen". In ihr wird bestimmte Weggenossenschaft geschenkt. In ihr wird Einheit der Kirche wahrgenommen und wahrnehmbar. In ihr gründet dementsprechend die ökumenische Bedeutung des Athanasius von Alexandrien — auch für die Gegenwart.

R. Ausländer, Mutterland. Gedichte, hg. von B. Mosblech, 1978, 11 und 22. R. Ausländer, Im Atemhaus wohnen. Gedichte (Fischer T B 2189), 1981, 42. 76 A. Polgar, Anderseits. Erzählungen und Erwägungen, 1948, 226. 77 B. Allemann, Zu Paul Celans neuem Gedichtband „Atemwende" (in: U b e r Paul Celan, hg. v. D . Meinecke [edition suhrkamp 495], 1973 2 , 194-197), 195. 78 A a O (s. Anm. 16) 10. Vgl. Lessings Schrift „Neue Hypothese über die Evangelisten als bloß menschliche Geschichtschreiber betrachtet"; ebd. Bd. 7, 1976, 6 1 4 - 6 3 6 . 7' A a O (s. Anm. 16) 13.

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Ein enzyklisches Schreiben der Synode von Alexandrien (362)*

I

Konzilianz und konziliante Form kirchlicher Entscheidung sind im Glaubensstreit des 4. Jahrhunderts nicht eben ein verbreitetes Phänomen. Gleichwohl hat die gewissermaßen aus dem Rahmen fallende „Friedenssynode" des Jahres 362 nur erst vereinzelt die einläßlichere Beachtung gefunden1, die sie, nicht zuletzt unter ökumenischem Aspekt2, verdient. In der Hauptsache war die Synode mit Rekonziliationsproblemen befaßt. Unter der Herrschaft des Constantius hatte sich eine überwältigende Mehrheit der Bischöfe von dessen strikt auf Einförmigkeit des Bekenntnisses dringender, antiathanasianisch ausgerichteter Kirchenpolitik bestimmen lassen. Nach dem Tode dieses Kaisers wurde dann,,begünstigt' durch die Religionspolitik Julians, vielerorts wieder die Gemeinschaft mit Athanasius und den nicaenisch gesonnenen Kreisen gesucht. Die Integration muß recht rapide vor sich gegangen sein. Schon im Jahre 363 meint Athanasius sich dem Kaiser Jovian gegenüber darauf berufen zu können, daß, von wenigen arianischen Ausnahmen abgesehen, „alle Kirchen allerorten" im Westen und Osten des Reiches das Nicaenum bekennen und daß sie dies durch entsprechende Gemeinschaftsbriefe bekundet haben3. Eine Verlautbarung der Synode von 362, deren Beschlüsse anscheinend die Konsolidierung der nicaenischen Orthodoxie entscheidend einleiteten, war bisher nicht bekannt. Denn der vielgenannte, vom alexandrinischen Bischof verfaßte Tomus ad Antiochenos ist ja nicht eigentlich ein Schreiben der Synode, sondern der Brief eines Synodalausschusses4, * 1

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Zuerst erschienen in: ZNW 79 (1988) 262-281. C. B. Armstrong, The Synod of Alexandria and the Schism at Antioch in a. d. 362, JThS 22,1921,206-221.347-355; M. Simonetti, La crisi ariana nel IV secolo, Rom 1975, 358-372. Vgl. noch C. J. Hefele-H. Leclercq, Histoire des conciles 1,2, Paris 1907 (ND Hildesheim 1973), 961-969. Untersuchungen sind angekündigt von W. Schneemelcher (FS J. Straub, Bonn 1977, 331 Anm. 50) und M. M. Todde (Peccato e prassi penitenziale secondo Lucifero di Cagliari, SagRic 1, 1965, 46 Anm. 64). Vgl. A. Grillmeier, Mit ihm und in ihm, Freiburg/Basel/Wien 1975, 605 u. ö.; G. Larentzakis, Einheit der Menschheit, Einheit der Kirche bei Athanasius, Grazer Theologische Studien 1, 1978, 249 ff. Athanasius, ep. ad Iovianum 2,1-2. Migne, PG 26, 796A-809C (Revisionsbogen der von Opitz vorbereiteten Edition, S. 320-329). Zum Tomus ad Antiochenos s. meinen Aufsatz: Uber nikäische Orthodoxie, ZNW 66, 1975, 194-222.

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der nach der Synode tagte 5 . An eine Bischofskommission in Antiochien adressiert, sollte dieser Tomus eine Klärung des antiochenischen Falles, der durch Ansprüche rivalisierender Gruppen besonders verworren war', herbeiführen helfen. In Ermangelung eines Dokumentes der voraufgegangenen Synode ließ die Kirchengeschichtsschreibung den Tomus ad Antiochenos zumeist und weithin für die Synodalentscheidungen von 362 einstehen. Und das ist bis zu einem bestimmten Maße gewiß berechtigt, da Beschlüsse der voraufgegangenen Synode ζ. T. noch durch die Mitteilungen des speziell auf die antiochenischen Verhältnisse eingehenden Tomus hindurchscheinen 7 . Werden die Beschlüsse der Synode einerseits und die Vereinbarungen des Synodalausschusses andererseits nicht unterschieden, sind die Folgen erheblich. Eine allein vom Tomus ad Antiochenos her bestimmte Auffassung der alexandrinischen Synode kann leicht deren weiterreichende Bedeutung verkennen lassen. So ζ. B. die Fehleinschätzung der Vorgänge in der Annahme von Leroux, die Synode von Alexandrien sei lediglich eine unter vielen anderen, die sich, unabhängig von ihr und auf ähnliche Weise, um die am Nicaenum orientierte Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten mühten; die von Athanasius geleitete Synode sei mithin nur von regionaler Bedeutung, und der alexandrinische Bischof nehme zu jener Zeit überhaupt keinen entscheidenden Einfluß mehr auf die allgemeinen Verhältnisse der Kirche und auf den Arianischen Streit 8 . D a ß die Synodalen in Alexandrien, unter dem Vorsitz des Athanasius, Beschlüsse gefaßt haben und daß diese Beschlüsse in O s t und West verbreitet wurden, ist aufgrund von sekundären Berichten und durch Darstellungen altkirchlicher Historiker nicht unbekannt'. I m Tomus ad Antiochenos | sagt Athanasius gleich anfangs, daß er notwendigerweise das schreibe, „was wir und unsere geliebten Eusebius < v o n Vercelli> und

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Tomus ad Ant. 9,1; dazu a. a. O. (Anm. 4) 196 f. F. Cavallera, Le schisme d'Antioche (IV e ""V e siècle), Paris 1905; M. Simonetti, a. a. O . (Anm. 1) 3 6 0 - 3 6 2 . Tomus ad Ant. 1 - 3 , 2 und 8,1 - 9 , 2 . Vgl. a. a. O . (Anm. 4) 198-202. J . - M . Leroux, Athanase et la seconde phase de la crise arienne (345 à 373), in: Ch. Kannengiesser (Hg.), Politique et théologie chez Athanase d'Alexandrie, T h H 2 7 , 1 9 7 4 , 145-156: 151-154. Dazu mein Art. Athanasius von Alexandrien, T R E 4, 3 3 9 / 3 0 - 4 8 , und a. a. O . (Anm. 4) 199 Anm. 15' (aufgrund des Tomus ad Ant. konnte dort nicht von einer universellen Bedeutung der alexandrinischen Synode gesprochen werden; durch die folgende Einbeziehung der „Epistola catholica" läßt sich m. E. in dieser Frage mehr sagen). Athanasius, ep. ad. Rufinianum; Basilius von Caesarea, ep. 2 0 4 , 6 ; Rufinus, Hist. eccl. X , 2 8 - 3 1 ; Socrates, Hist. eccl. 111,5-7 und 9; Sozomenus, Hist. eccl. V , 1 2 - 1 3 ; Hieronymus, Dialogus contra Luciferianos 20.

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Asterius geschrieben haben" 1 0 . Bei dem von Eusebius und Asterius mitverfaßten Schreiben wird es sich nicht um den Tomus des Synodalausschusses handeln". Dies geht m. E. schon daraus hervor, daß Eusebius eine lateinische Erklärung abgibt, in der er, unter Nennung einzelner Punkte, dem Tomus zustimmt 12 ; sie ist in griechischer Ubersetzung dem Tomus angefügt, allerdings nur in den Handschriften, die wohl auf alexandrinische Patriarchatsakten zurückgehen 13 . Auch Asterius erklärt übrigens ausdrücklich seine Zustimmung". Eine gemeinsame Verfasserschaft der Bischöfe Athanasius, Eusebius und Asterius kann für den Tomus ad Antiochenos also nicht in Betracht kommen. D e r Hinweis des Athanasius auf das, „was wir und unsere geliebten Eusebius und Asterius geschrieben haben", könnte dem Tomus und. den beiden Zustimmungserklärungen in c. 10,3—4 gelten (dann müßte angenommen werden, daß Athanasius in c. 1,2 schon die beiden nachträglichen Erklärungen von c. 10,3—4 einbezieht) 15 . D e r Hinweis könnte aber auch einem anderen Schreiben gelten. D a der Synodalausschuß unmittelbar nach der Synode tagte, liegt es nahe, hier an ein Schreiben zu denken, das auf der voraufgegangenen Synode namentlich von den genannten Bischöfen gemeinsam verfaßt wurde. Wir werden diese Frage für die folgende Untersuchung speziell im Auge behalten müssen. | Bei der Analyse des Tomus ad Antiochenos hatte ich vermutet, daß die Synode als Hauptbedingungen für die Rekonziliation: Verdammung der arianischen Häresie, Rezeption des Nicaenum und — über das Nicaenum hinausgehend — Bekenntnis namentlich auch der Gottheit des Heiligen 10

T o m u s ad A n t . 1,2: ... άναγκαΐον ή γ η σ ά μ ε θ α ταΰ-β' dnep έγράψαμεν ή μ ε ΐ ς TE κα\ ol άγαπητοί ήμών Εύσέβιός τε καί Ά σ τ έ ρ ι ο ς γράψαι t f j ύμών χ ρ η σ τ ό τ η τ ι ... ( O p i t z 3 2 1 / 5 - 6 ) . Dieser Passus ist in der antiochenischen Tradition k o r r u p t überliefert, weil man hier wohl nicht ersehen konnte, daß in Alexandrien vorher schon ein anderes Schreiben v o n Athanasius, zusammen mit Eusebius von Vercelli und Asterius v o n Petra, verfaßt worden war. C o d . Vatic, gr. 1431 (= Z ) hat den Passus, liest aber έ σ κ ε ψ ά μ ε β α statt έγράψαμεν. D i e syrische Version (Brit. M u s . O r . 8606) bietet nach T h o m s o n : „... it was necessary for us and our beloved Eusebius and Asterius to write these things to y o u r graces . . . " ( C S C O 2 7 3 , 25/8-10). D i e K ü r z u n g ist sekundär. Ζ hat die Wiederholung des Prädikats aus Mißverständnis vermieden, wie es übrigens auch in mancher modernen Ubersetzung der Fall ist. D i e andere Überlieferung ( R S H O E V B K A F ) ist im ganzen korrekt.

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Z u r Verfasserschaft des Athanasius: a. a. O . (Anm. 4 ) 197. T o m u s ad Ant. 1 0 , 3 . O p i t z nimmt an, daß dem cod. Paris, gr. 474 (= R ) eine alexandrinische P u b l i k a t i o n zugrunde liegt, für die man auf A k t e n des alexandrinischen Patriarchats zurückgegriffen hat. „Die übrigen Hss. haben einen schlechteren T e x t " ( O p i t z im hist. App. z u m Tomus, S. 320 f.).

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T o m u s ad A n t . 1 0 , 4 . Koivfl μετά ... Εύσεβίου τε καί Ά σ τ ε ρ ( ο υ in c. 9 , 1 bezieht sich auf das gemeinsame Verbleiben des Synodalausschusses in Alexandria. D i e meisten Synodalen waren schon in ihre Heimatgemeinden gereist.

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Geistes, beschlossen hatte". Für die dritte dieser Bedingungen wird in To mus 3,2 die Untrennbarkeit der heiligen Trias betont. Da schon die Kirchenhistoriker Socrates und Sozomenus berichten, daß die alexandrinische Synode von der Trias geredet habe 17 , hält es Laminski, im Anschluß an Armstrong, für „möglich", „daß ein Beschluß vorlag, der den Gebrauch dieses Namens, der in der Theologie längst üblich war, in die offizielle Sprache der Kirche aufnahm" Armstrong hatte — unter Vorbehalt — behauptet: „we have here a most important landmark in the history of dogma, the first express conciliar recognition of the Doctrine of the Trinity" 1 '. Laminskis Hinweis darauf, daß der Begriff schon in der Ekthesis makrostichos von 344 und in der 2. Sirmischen Formel von 357 vorkommt 2 0 , scheint allerdings der Synodalformel von 362 die Priorität zu nehmen. Doch ergibt sich natürlich sofort ein anderes Bild, wenn für die alexandrinische Synode berücksichtigt wird, daß Socrates direkt und Sozomenus indirekt von der Trias als όμοούσιος τριάς sprechen 21 . Da diese Formel durch den Tomus ad Antiochenos aber nicht bezeugt ist, dürfte es von besonderem Interesse sein, ob wir in dieser wichtigen Frage durch die folgende Einbeziehung einer bisher unberücksichtigten Quelle klarer sehen können.

II Unter dem Titel έπιστολή καθολική ist in der Athanasius-Uberlieferung ein Rundschreiben erhalten, das dort durch seine — offenbar sekundäre — Überschrift als athanasianisch ausgegeben wird 22 . Als Absender werden „Athanasius und die Mitbischöfe" genannt; Adressaten des Schrei|bens sind die „allerorts um den Glauben und das Heil bemühten Brüder und die rechtgläubigen Bischöfe in Ägypten, Syrien, Kilikien,

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A. a. O . (Anm. 4) 202. Ich hatte dort allerdings n u r erst vermutet, daß die Beschlüsse der Synode zuvor allein den ägyptischen Verhältnissen gegolten hätten und danach auf den antiochenischen Fall angewandt worden seien. 17 Socrates, Hist. eccl. 111,7,2; Sozomenus, Hist. eccl. V,12,3. ™ A. Laminski, Der Heilige Geist als Geist Christi und Geist der Gläubigen. Der Beitrag des Athanasios von Alexandrien zur Formulierung des trinitarischen Dogmas im vierten J a h r h u n d e r t , EThSt 23, 1969, 121. Vgl. Armstrong, a. a. O. (Anm. 1) 215-216; aber auch schon E. Revillout, Le concile de Nicée et le concile d'Alexandrie d'après les textes coptes, R Q H 50, 1874, 356-3 60. " Armstrong, a. a. O . (Anm. 1) 215, unter der Voraussetzung, daß die Berichte des Socrates und Sozomenus zuverlässig sind. 20 H a h n , § 159,IX u n d § 1 6 1 . 21 22 S. o. A n m . 17. S. u. S. 271.

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Phönikien und Arabien"". In der ersten griechischen Athanasius-Ausgabe, der Commeliniana von 1601, war die „ Epistola catbolica" (= E C ) unter den Athanasiana mit abgedruckt 24 . B. de Montfaucon verwies sie in seiner großen Edition von 1698 unter die Dubia", unter denen sie, auch in den Neudrucken bis hin zu Migne26, rangierte und bis auf den heutigen Tag völlig vergessen blieb. An der E C fand Montfaucon folgendes bedenklich: 1. Sie sei nicht in den alten Athanasius-Sammlungen enthalten 27 . Richtig ist nur, daß sie in einer der zwei großen Sammlungen, der „RS-Sammlung" 28 , nicht überliefert wird. Aber das ist kein Echtheitskriterium. 2. Für ungewöhnlichen Wortgebrauch werden genannt: a) σύμβολον της πίστεως29. Das ist sicher nicht athanasianisch. Da die Synode von Laodicea (zwischen 341 und 381) chronologisch nicht genau bestimmbar ist, läßt sich ihr can. VII, der im Zusammenhang von Rekonziliationsproblemen τά της πίστεως σύμβολα erwähnt, hier nicht entsprechend auswerten 30 . In jedem Falle deutlicher ist can. V i l l i der Synode von Arles (314): „Placuit ut si ad ecclesiam aliquis de heresi uenerit, interrogent eum symbolum, et si peruiderint eum in Patrem et Filium et Spiritum sanctum esse baptizatum, manus ei tantum inponatur ut accipiat I Spiritum [sanctum], quod si interrogatus non responderit banc trinitatem, baptizetur">l. Wie in der E C ergibt sich die Konstellation von Rekonziliation, symbolum, trinitas. σύμβολον in E C weist wahrscheinlich eher auf Herkunft aus lateinischer Terminologie 32 . « 25 26 27

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24 I, 444-445. Ebd. Athanasius Alexandrinus, Opera Omnia, t. II, Paris 1698, 28-30. Migne, PG 28, 79-84. „Haec Epistola non habetur in antiquis Athanasii Operum collectionibus ..." (p. 28). Zu den handschriftlichen Sammlungen der Athanasius-Schriften s. vor allem H.-G. Opitz, Untersuchungen zur Überlieferung der Schriften des Athanasius, AK.G 23, 1935. S. Opitz, a . a . O . (Anm. 27) 54 ff. „... nonnulla quippe sunt hic loquendi genera in veris Athanasii operibus non usitata, quamquam sexcenties sese Uli obtulerit ea usurpandi occasio, v.g. σύμβολον τής πίστεως stylus item remissior quam Athanasianus" (p. 28). S. u. S. 272 (§ 7 meiner Edition). — Zu σύμβολον bzw. symbolum vgl. J. Ν. D. Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse. Geschichte und Theologie, übers, v. K. Dockhorn unter Mitarbeit ν. Α. M. Ritter, Göttingen 1972, 57-65; auch noch F. Loofs, Symbolik I, GThW 4,4, 1902, 1-5, und F. Kattenbusch, Das Apostolische Symbol I—II, Leipzig 1894-1900 (s. unter II, 1039; bes. II, 186 und 232ff.). F. Lauchert, Die Kanones der wichtigsten altkirchlichen Concillen nebst den Apostolischen Kanones, SQS 12, 1896, 73/8-9. Dazu: C. P. Caspari, Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel I, Christiania 1866, 22-24 Anm. 27; Kattenbusch, a. a. O. (Anm. 29) II, 185 f.; Kelly, a. a. O. (Anm. 29) 58. Vgl. C. Andresen, Die Kirchen der alten Christenheit, RM 29,1/2, 1971, 395 f. C. H. Turner, EOMJA 1,2, 387f.; dazu Kelly, a. a. O. (Anm. 29) 62. Vgl. die in Anm. 29 genannte Sekundärliteratur.

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Äthan asi ana

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b) ol σονεπίσκοποι33. Athanasius nennt seine Kollegen συλλειτουργοί". In der EC werden hingegen neben dem alexandrinischen Bischof „Mitbischöfe" als Absender erwähnt. Es müßte für Athanasius ein besonderer Anlaß vorgelegen haben, ausnahmsweise von συνεπίσκοποι zu reden. Coëpiscopi ist jedenfalls die übliche Bezeichnung im lateinischen Westen35. Die von Montfaucon angeführten zwei Abweichungen vom athanasianischen Sprachgebrauch lassen für die EC nach Entstehungsbedingungen fragen, bei denen sich auch abendländische Mitwirkung bemerklich gemacht haben könnte. Damit stellte sich aber die Verfasserfrage als ein komplexes Problem. Montfaucons Einwendungen treffen zwar partiell zu, aber sie treffen im Grunde nicht die EC, da diese in ihrer Absenderangabe nicht Athanasius alleine, sondern neben ihm noch Mitbischöfe nennt, die anscheinend auch als Mitverfasser in Frage kommen. Es wird noch zu zeigen sein, daß sich externe Einflußnahme nicht auf die beiden von Montfaucon herausgehobenen Stellen beschränkt. (Auch όμοούσιος ή τριάς von E C 7 gehört ζ. Β. dazu!) Kommt eine Mitverfasserschaft in Betracht, ist es nur natürlich, daß sich auch — von Montfaucon lediglich pauschal apostrophierte3' — stilistische Unterschiede zur athanasianischen Epistolographie ergeben. (Da neben den Osterfestbriefen, einem eigenen Genus, nur wenige Athanasius-Briefe erhalten sind, ist bei Echtheitsfragen auf diesem Terrain besondere Vorsicht geboten.) Und daß in der Adresse weniger Regionen genannt sind, als ein „katholischer Brief" mit universellem Anspruch sonst zu erreichen sucht37, kann kein Indiz für Unechtheit sein, da die Uberschrift als sekundäre Zutat der AthanasiusUberlieferung anzusehen ist. In der Adresse läßt sich übrigens hinsichtlich der Brüder „allerorts" (κατά τόπον) durchaus auch an eine universelle Perspektive der E C denken, so daß έπιστολή καθολική als sekundäre Interpretation und Uberschrift des Schreibens nicht unangemessen ist. | Die schon durch Auseinandersetzung mit Montfaucons Einwendungen bemerklich werdende Komplexität der EC hat mich an die bedeutsame Konstellation auf der Synode von Alexandrien erinnert, nachdem ich es schon aus anderen Gründen für möglich gehalten hatte, daß die EC zu den Voraussetzungen des Tomus ad Antiochenos gehört38. Athanasius

33

34 35 36

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38

„... vox, ol συνεπίσκοποι, nusquam ab Athanasia usurpata: solet quippe ubique ille coëpiscopos vocare συλλειτουργούς" (p. 28). S. G. Müller, Lexicon Athanasianum, Berlin 1952, s. v. Bei Eusebius von Vercelli: CCL 9, 1957, 103/5. „ Praeterea solet Athanasius fusius et liquidius res gestas in epistolis suis enarrare, quam hic habeantur" (p. 28). „ Nomina item regionum pauàora, quam quae epistolae Chatholicae quae encyclica est, inseri soleant" (p. 28). A. a. O. (Anm. 4) 201 Anm. 24.

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Ein enzyklisches Schreiben

213

erwähnt, wie gesagt, in Tomus 1,2 ein Schreiben, für das er Eusebius von Vercelli und Asterius von Petra als Mitverfasser nennt. Da beide Bischöfe als Synodale und Mitglieder des Synodalausschusses wie auch als Mitglieder der antiochenischen Bischofskommission besondere Stellung und Funktion haben, ist es angebracht, schon hier mit heranzuziehen, was die Tradition, abgesehen vom athanasianischen Tomus ad Antiochenos, von ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit der alexandrinischen Synode zu berichten weiß; bevor dann unter spezieller Berücksichtigung auch des Eusebius und des Asterius auf die E C näher einzugehen ist. Rufinus kennt den Tomus ad Antiochenos, hat aber anscheinend darüber hinaus noch andere Informationen über die alexandrinische Synode 3 '. E r erzählt von einer voraufgegangenen Zusammenkunft des Eusebius mit Lucifer bei der Rückkehr aus gemeinsamem ägyptischen Exil: Eusebius habe den Bischof von Calaris bewegen wollen, mit zu Athanasius nach Alexandrien zu gehen und dort, zusammen mit den noch anwesenden Bischöfen (nach Tomus 9,1?), „de statu ecclesiae" zu entscheiden. Es ist unklar, ob Rufinus hierbei („communique tractatu ... decernerent") ein schriftlicher Beschluß, evtl. nur der Tomus ad Antiochenos, vor Augen stand 40 . E r berichtet daneben von Auseinandersetzungen in der Rekonziliations- bzw. Restitutionsfrage: Zwei Gruppen hätten sich gegenübergestanden, einerseits unversöhnliche Rigoristen und andererseits versöhnlicher Gestimmte, bei denen anscheinend noch zu unterscheiden sind diejenigen, „die den Apostel nachahmen und nach dem Nutzen nicht für sich selber, sondern für die Mehrzahl fragen", von denjenigen, die Christus in seiner Demut (bumilians se : humiliari se) nachahmen 41 . Bei der zweiten Gruppe wird man wohl nur sagen können, daß Athanasius, wegen seiner charakteristischen Bezugnahme auf 1 Kor 11,1, zu den „imitantes aposto\lum" gehört haben wird 42 . Von besonderem Interesse ist

die Wendung: „ ex concilii decreto Asterio ceterisque, qui cum ipsis erant, orientis iniungitur procurado, occidentis vero Eusebio decerniturHier3' 40

41 42 45

Rufinus, Hist. eccl. X,28-31. Die Mitteilungen über Zusammensetzung und Zahl des Gremiums sind wohl nur am Tomus ad Antiochenos orientiert. X , 2 8 (Mommsen 991/3-7). L. Dattrino (Rufino, Storia della Chiesa, Collana di testi patristici 54, Rom 1986) übersetzt „communique tractatu ...de statu ecclesiae decernerent': „e per esaminare lo stato praesente della Chiesa ..." (p. 115). Das trifft m. E. nicht den Text; es ist im Prädikat nicht von einer Prüfung, sondern von einer Entscheidung die Rede. Unsicher ist, wie man „ tractatu" zu verstehen hat: als (mündliche) Untersuchung oder als Schriftstück, bei dem in Verbindung mit „decernere" an ein ,Dekret' zu denken wäre? — Vgl. Socrates, Hist. eccl. 111,5. X,29. S. ZKG 90, 1979, 304-338: 329 ff.; vgl. ZThK 81, 1984, 203 ff. X , 30 (Mommsen 992/11-13). M. Wojtowytsch (Papstum und Konzile von den Anfängen bis zu Leo I [440-461], Stuttgart 1981, 127) vermutet, daß nicht Asterius, sondern Athanasius für den Orient Sorge tragen sollte; anscheinend folgt er hierbei der Vita Eusebii, s. u. bei Anm. 46.

214

Athanasiana

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nach wurde eine Arbeitsteilung beschlossen. Asterius u. a. sollten im Orient, Eusebius im Okzident für die Rekonziliation Sorge tragen. Daß die EC an die Regionen um und zwischen Alexandrien und Antiochien gerichtet ist, paßt exakt zu dem von Rufinus berichteten Auftrag an Asterius, der ja als Mitglied der antiochenischen Bischofskommission nach Antiochien zu reisen übernommen hatte und der auch die Voraussetzungen mitbrachte, für die Verbreitung des Synodalschreibens in den östlichen Regionen zu sorgen. (Von hier aus erklärt sich ein Gruß des Asterius im Anschluß an die Zustimmungserklärung des Paulinus von Antiochien zum Tomus ad Antiochenos ohne weiteres".) Der Auftrag an Eusebius veranlaßt dessen wirksame Aktivitäten auf dem Wege von Antiochien über Rom nach Vercelli45. In der Vita Eusebii, die allerdings erst aus dem 7J8. Jahrhundert stammt, ist die Verantwortung etwas anders beschrieben: „ Verum est constitutum in Concilio Alexandrinorum, ut partes orientalium Athanasius sua cura provideret, Eusebius Vercellensis Episcopus eorum judicio commeante Consilio Papae Romani curam gereret Europae finibus: sicque actum est. Ä46 Daß Athanasius für Teile des Orients Sorge tragen soll, muß kein Widerspruch zum Rufinus-Bericht sein. Der alexandrinische Bischof schreibt in Tomus ad Antiochenos 2,2, er sei verhindert und statt seiner kämen Eusebius und Asterius nach Antiochien. Die EC hat als Absender Athanasius und die Mitbischöfe; und die angeschriebenen Regionen liegen auf bzw. an dem Wege des Asterius, von Alexandrien nach Antiochien und Petra. (Wojtowytsch interpretiert den Bericht der Vita Eusebii im Hinblick auf die Stellung der alexandrinischen Synode zu Liberius von Rom folgendermaßen: „Uber die im Orient nötigen Maßnahmen beschloß man selbst, lediglich für die Mission von Eusebius im Westen wollte man Liberius' Zustimmung einholen. So sehr das einerseits für die Sonderstellung Roms im Westen zeugt, so unerhört war es verglichen mit früheren und späteren Zeiten doch, daß man die Leitung der Restitutionsmaßnahmen im Westen nicht dem Bischof von Rom anvertrauen wollte, sondern einen anderen für geeigneter hielt und diesen ohne vorherige Konsultation mit Rom für seine Aufgaben designierte. Vor Liberius erschien Eusebius denn auch nicht wie ein Untergeordneter vor seinem Vorgesetzten."47 Es ist bekannt, daß Liberius selber nicht unversehrt aus 44 καί Μαρκέλλου τοϋ 'Αγκύρας ή Σαβελλίου ή Παύλου του Σαμωσατέως, άνάΰεμα έστω καί αύτός καί πάντες ol κοινωνοϋντες αύτφ.

(„Wenn aber jemand...

das im Sinne hat, was Lehre auch™1 des Marcellus

Für die Auffassung, daß Marcellus am Schluß der Glaubenserklärung des Theophronius ausdrücklich anathematisiert ist, nenne ich: Starck, a.a.O. (s. Anm. 10), 136. — Hefele - Leclercq, a.a.O. (s. Anm. 14) 729 Anm. 1. - E. Schwartz, G S 3, 315. - R. Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte II, Leipzig 3 1923 (= Darmstadt 1959), 90f. - G. Bardy: H E 3, 1947, 122. - H . Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche 3, 1938, 191. - V.C. de Clercq, Ossius of Cordova, Washington 1954, 304. - M. Meslin, Les Ariens d'Occident 335-430, Paris 1967, 258. — M. Simonetti, La crisi ariana nel IV secolo, R o m 1975,155. — Ch. Pietri, Roma Christiana, R o m 1976,209. - F. Dinsen, Homoousios, Theol. Diss. Kiel 1976,103. — G . Feige, Die Lehre Markellsvon Ankyra in der Darstellung seiner Gegner, Theol. Diss. Erfurt 1987, 135. 18 Athanasius, D e synodis 24, 5; Opitz 250.20. 19 E. Schwartz, G S 3, 315. 20 Vgl. die Betonung der Traditionsbezogenheit im Einsatz der Prädikate μανβάνειν und διδάσκειν, mit der Marcellus von Ancyra auf die Theophronius-Erklärung reagiert; a.a.O. (s.u. Anm. 64), c. 72, 2,3; Holl III, 257. 6 f. 2 0 ' Möglich wäre es auch, daß aus Α ΜΑΘΗΜΑ ΕΣΤΙΝ Η das ΑΝΑΘΕΜΑ ΕΣΤΩ KAI gelesen wurde. Dann wäre die „Lehre entweder des Marcellus oder des Sabellius oder des Paulus von Samosata" gemeint. 17

[202]

Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

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von Ancyra, des Sabellius oder des Paulus von Samosata ist, der set verflucht samt allen, die mit ihm Gemeinschaft halten".) Der wiederhergestellte Wortlaut des Anathematismus läßt die Glaubenserklärung des Theophronius in einem anderen Lichte sehen. Denn es ist ja ein erheblicher Unterschied, ob man auf der antiochenischen Synode, wie es beinahe opinio communis ist21, Marcellus von Ancyra (zusammen mit Sabellius und Paulus von Samosata) verurteilte oder ob man die Verurteilung im Sinne des rekonstruierten Wortlautes voraussetzte. Die Lehre des Marcellus wird wie die des Sabellius oder die des Samosateners strikt abgelehnt, aber die genannten ,Häretiker* stehen nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Dies gilt durchaus auch, trotz Zeitgenossenschaft, für den längst verurteilten und aus dem Osten verdrängten Bischof von Ankyra, der sich zu jener Zeit in Rom aufhielt; mochte er auch weiterhin als außerordentlich gefährlich gelten. Das Hauptinteresse der Erklärung des Theophronius von Tyana ist anders bestimmt. Die Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana ist eines der zahlreichen Dokumente, mit denen Athanasius in seinem Werk De synodis „den Wankelmut der Arianer beweisen" will22. Bevor ihre Stellung unter den anderen Schriftstücken, die der Kirchweihsynode von Antiochien zugeordnet sind, untersucht werden soll, ist die Formel für sich zu betrachten. Athanasius hat sie, nachdem er zwei andere Formeln zitiert hatte, folgendermaßen eingeführt: „Und ein gewisser Theophronius, Bischof von Tyana, hat persönlich die folgende Glaubenserklärung verfaßt und allen vorgelegt; welche denn auch alle als den Glauben dieses Mannes akzeptierten und unterschrieben ..."" Was den persönlichen Charakter der Erklärung betrifft, wird die Einführung des Athanasius durch die „ungewöhnlich feierliche Beteuerung"24 der dann zitierten Theophronius-Formel bestätigt: „Gott, den ich zum Zeugen für meine Seele anrufe, weiß, daß ich so glaube ..." 2 5 Aber auch der wiederhergestellte Wortlaut des Anathematismus ist anscheinend allein durch das persönliche Interesse des Theophronius bestimmt. Es gilt dort, nicht die längst verurteilten Häretiker noch einmal zu verurteilen, sondern aktuelle Vertretung verurteilter Lehre abzuweisen und damit zugleich zu erweisen, daß der Verfasser auf keinen Fall ein solcher jemand," sei, der denke, was auch Marcellus von Ancyra, Sabellius oder 21 22 23

24 25

S.o. A n m l 7 . Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 331. Athanasius, D e synodis 24, 1; O p i t z 2 5 0 . 5 - 7 : K a i θεοφρόνιος Sé τις έπ(σκοπος Τοάνων συνόείς καί αύτός έξέΰετο τήν «ίστιν ταύτην έμπροσθεν τών πάντων, fi καΐ πάντες ύπέγραψαν άποδεξάμενοι τήν τοΰ άνύρώπου πίστιν ... Kelly a.a.O. (s. Anm. 13) 263. Athanasius, D e synodis 24, 2; Opitz 2 5 0 . 8 : Οίδεν & θ ε ό ς , δν μάρτυρα καλώ έπΐ τήν έμήν ψυχήν, δτι ούτως πιστεύω ...

232

Athanasiana

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Paulus von Samosata gelehrt hätten. Namentlich erst aufgrund des rekonstruierten Textes ist m.E. der Schluß zu ziehen, daß Theophronius ein ganz persönliches Interesse daran gehabt hat, durch Glaubenserklärung und anschließenden Anathematismus einen offenbar gegen ihn selber gerichteten Vorwurf oder Verdacht abzuweisen. Das war sein Hauptinteresse. Vor allem wurde also die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit den Synodalen von Antiochien intendiert. Aus der Formulierung des Anathematismus mußten sich jedoch sofort auch bestimmte Konsequenzen für diejenigen ergeben, die weiterhin noch mit Marcellus von Ancyra kommunizierten. Aber dies lag nicht im Hauptinteresse des Verfassers. Darum scheint mir denn auch die gelegentlich begegnende Annahme, Theophronius wende sich mit seiner Erklärung direkt gegen Julius von Rom 2 ', nicht seiner speziellen Situation zu entsprechen; überhaupt fehlt einer solchen Interpretation die erforderliche Textgrundlage, denn Julius wird ja nicht genannt. Daß Theophronius sich neben dem Anathematismus mit bestimmten Elementen seiner Glaubenserklärung gegen Sabellianismus (δντα πρός τόν θεόν έν ύποστάσει) und ,Marcellianismus' (καΐ μένοντα είς τούς αΙώνας) wendet", liegt auf der Hand und ist allgemein bekannt. Diese Wendungen haben im Komplex der antiochenischen Formeln nichts Uberraschendes. Daher konnte es auch zu dem Eindruck kommen, daß von theologischen Differenzen zu der zweiten antiochenischen Formel, die für die offizielle Glaubenserklärung der antiochenischen Synode gehalten werden muß28, nicht die Rede sein könne29. Die persönliche Glaubenserklärung des Theophronius hat aber ihr eigenes Profil: Das èva im ersten und zweiten Artikel der sogenannten ersten und zweiten antiochenischen Formel fehlt hier. Die Knappheit der Aussagen über den Präexistenten und die Gewichtung der Prädikate des Inkarnierten sind augenfällig. Eigentümlich ist im dritten Artikel die heilsökonomische Perspektive, unter der Verheißungen und Gabe des Heiligen Geistes beschrieben werden („den Heiligen Geist, den Tröster, den Geist der Wahrheit, den Gott durch den

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27 28 29

H.M. Gwatkin, Studies of Arianism, Cambridge 2 1900, 124. - Α. Robertson: N P N F 4, XLIV. — A. Lichtensstein, Eusebius von Nikomedien. Versuch einer Darstellung seiner Persönlichkeit und seines Lebens unter besonderer Berücksichtigung seiner Führerschaft im Arianischen Streit, Halle 1903, 91. Athanasius, De synodis 2 4 , 3 ; Opitz 250. 12 und 16. Vgl. Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 338. Schneemelcher, ebd. — H. Ch. Brennecke, Hilarius von Poitiers und die Bischofsopposition gegen Konstantius II. Untersuchungen zur dritten Phase des Arianischen Streites ( 3 3 7 - 3 6 1 ) , PTS 26, 1984, 10. - W.A. Lohr, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien. Studien zur Synodalgeschichte des 4. Jahrhunderts. Ev.-theol. Diss. Bonn 1986, 3.

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Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

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Propheten auf seine Diener auszugießen verhieß und den der Herr seinen Jüngern zu senden verhieß, den er \ auch sandte, wie die Apostelgeschichte bezeugt"™). Insgesamt werden gewisse Züge einer speziellen Grundkonzeption noch hinreichend erkennbar, um auch die Notwendigkeit für Theophronius, einen Marcellianismus-Verdacht abzuwehren, noch verständlich werden zu lassen. Wenn Marcellus sich in seinem Brief an Julius von R o m dann besonders an die Theophronius-Erklärung halten wird, hat das seinen Grund wohl nicht nur in der dort explizit begegnenden Ablehnung des vertriebenen Bischofs von Ancyra, sondern auch in einer gewissen theologischen Affinität. Davon wird noch zu reden sein 31 . Wie in der sogenannten ersten antiochenischen Formel so erkannte Kelly auch in der Glaubenserklärung des Theophronius auf ein „umgearbeitetes Taufbekenntnis" " ; er mußte allerdings zugleich konzedieren, daß „in diesem Fall die Änderungen und Interpolationen wahrscheinlich viel zahlreicher warenDie Formel wird jedoch besser verständlich, wenn man sie im Rahmen einer anderen Gattung sieht. Hans von Campenhausen hat am Beispiel des Eusebius-Bekenntnisses, das auf der Synode von Nicaea zu dessen Rechtfertigung und Wiederaufnahme vorgelegt wurde, das Aufkommen des „individuellen Theologenbekenntnisses" oder des „persönlichen theologischen Glaubensbekenntnisses" untersucht 34 . Mögen auch die im 3. Jahrhundert vermuteten Anfänge durch mancherlei U n sicherheiten der ersten Zeugnisse dieser Gattung problematisch,sein, spätestens mit dem sogenannten Arianischen Streit ist die Form der persönlichen theologischen Glaubenserklärung etabliert. Die Formel des Eusebius von Caesarea ist zweifellos ein repräsentatives und instruktives Beispiel. Eusebius, schon ca. 318 in Alexandrien verurteilt, war nochmals auf der Synode von Antiochien (324/25) ausgeschlossen worden; er sollte aber auf der bevorstehenden Reichssynode Gelegenheit bekommen, sich erneut über seinen Glauben zu erklären. Er kann dann in dem Brief an seine Gemeinde 35 , der er die Beschlüsse des Konzils nahebringen muß, berichten, daß er seine πίστις der Synode vorlegte und daß sie von Konstantin sofort akzeptiert wurde 3 '; der Kaiser, der nicht nur ihre Richtigkeit, sondern auch sein Einverständnis mit ihr 30 31 32 33 34 35 36

Athanasius, D e synodis 24,4. S . u . S. 2 0 9 f . Kelly, a.a.O. (s. Anm. 13), 264. Ebd. A.a.O. (s. Anm. 3), 139 und 126. Athanasius Werke III, 1 hg. v. H . G . Opitz, Berlin 1934/35, 4 2 ^ 7 : Urkunde 22. Eusebius hat anscheinend gleich zu Anfang der Synodalverhandlungen seine Glaubenserklärung vorgelegt; die Diskussionen, von denen er und Athanasius berichten, galten dem Nicaenum, das erst nach der diskussionslos erfolgten Annahme der Eusebius-Erklärung beschlossen wurde: Eusebius, Vita Constantini III, 13, und Athanasius, D e decretis Nicaenae synodi 19-20.

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Athanasiana

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bekundet habe, soll sodann die Synodalen geheißen haben, der πίστις des Eusebius zuzustimmen und nach Hinzufügung lediglich des von ihm zugleich erläuterten Wortes όμοούσιος, die δόγματα zu unterschreiben und ihnen beizustimmen 37 . Eusebius berichtet dann mit kaum verhohlenem Arger von mehreren Zusätzen, die offenbar eine Kommission aus Anlaß der Hinzufügung des όμοούσιος gemacht hat; sie seien dann erst nach einer Diskussion auch von ihm angenommen worden. Ich will im gegebenen Zusammenhang diesen Brief nicht als „Dokument der Verzweiflung"38 des Eusebius untersuchen. Von besonderem Interesse ist das Verfahren, von dem hier berichtet wird. Eusebius stand unter dem Verdacht des Arianismus und war deswegen vorher sogar schon wiederholt ausgeschlossen worden. Die ihm von der antiochenischen Synode (324/25) in Aussicht gestellte Gelegenheit, sich zu rechtfertigen, wurde ihm, so berichtet er, vor der Beschlußfassung über das Synodalbekenntnis (Nicaenum) gegeben. Die Prüfung des Sonderfalles hat am Beginn der Synodalverhandlungen ihren zweckentsprechenden Platz, denn in ihr wird nicht nur über die Lehre, sondern auch über die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entschieden. | Konstantin ließ im Falle des Eusebius und seiner persönlichen Glaubenserklärung anscheinend keine Diskussion aufkommen. Zumindest hat Eusebius ein entschiedenes Votum des Kaisers so verstanden. Hinsichtlich des Sonderfalles Theophronius von Tyana auf der Kirchweihsynode von Antiochien muß uns natürlich interessieren, was Eusebius noch im einzelnen über das Verfahren seiner eigenen Wiederaufnahme im Jahre 325 berichtet. Das entschiedene Votum, mit dem der Kaiser zugunsten der Anerkennung des Eusebius eingriff, enthielt auch einen bemerkenswerten Appell an die Synodalen. Eusebius, der in Verfahrensund Aktenvorgängen genau zu wissen pflegt, was er schreibt, erwähnt bei seiner persönlichen Glaubenserklärung nichts über Unterschriften der Synodalen; erst den δόγματα, die durch das όμοούσιος ergänzt waren, habe das Geheiß des Kaisers gegolten39. Die Formel des Eusebius wurde als persönliche theologische Erklärung also zunächst ohne Auflagen und ohne Unterschriften akzeptiert. Nach seiner Darstellung, in der die Synodalvorgänge seiner Gemeinde gegenüber — zu seinen Gunsten? — zusammengefaßt sind, wird der Eindruck erweckt, daß seiner Erklärung zur Unterschriftenreife nur noch das όμοούσιος gefehlt hätte. Grundsätz-

37 38

39

Urkunde 22, 3-7 (s. Anm. 35). L. Abramowski, Die Synode von Antiochien 324/25 und ihr Symbol: ZKG 86, 1975, (356-366)365. Urkunde 22,7; Opitz 44.2-4: ... καΐ ταύτη τούς πάντας συγκαταΟέσΟαι ύπογράφειν τε τοις δόγμασι κοΛ συμφωνεΐν τούτοις αύτοΐς παρεκελεύετο, ένός μόνου κροσεγγραφέντος βήματος τοΰ όμοουσίου, δ καί αύτός έρμήνευε λέγων ...

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Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

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lieh läge damit die unterschriftliche Bestätigung einer persönlichen theologischen Erklärung durch die Synodalen im Bereich der Möglichkeiten 40 . De facto ist es in Nicaea nicht dazu gekommen. Im Hinblick auf die Unterschriften zur Glaubenserklärung des Theophronius, von denen Athanasius in De synodis 24,1 schreibt, ergibt sich also in den Vorgängen auf der Synode von Nicaea kein Parallelfall. Schneemelchers Bedenken gegen die Behauptung des Athanasius, die Theophronius-Formel sei von allen Synodalen der Kirchweihsynode von 341 unterschrieben vorden 41 , lassen sich von hier aus eher noch verstärken. Hätte Athanasius dann durch die Behauptung der Unterzeichnung den Vorgang zugunsten seiner Sicht der gegnerischen Bekenntnisvielfalt überzeichnet? Das wäre möglich. Da er bei den beiden erstzitierten antiochenischen Formeln keine Unterschriften erwähnt, ließe sich daran denken, daß ihm die drei Formeln zusammen mit einer Namensliste vorgelegen haben. Der Theophronius-Formel, die als letzte aus dem Komplex der Dokumente der Kirchweihsynode zitiert ist, folgt in De synodis 25, 1 eine Angabe über die Teilnehmerzahl 42 , die vielleicht aus einer Unterschriftenliste entnommen ist. Athanasius benutzte vermutlich die Dokumente, wie sie ihm in der Akte vorlagen 45 , und er hatte keinerlei Interesse daran, die drei Formeln — evtl. auch gegen die Reihenfolge — in einer erst noch zu rekonstruierenden zeitlichen Abfolge und damit in einer gewissen inneren Logik zu präsentieren. In der vorliegenden Reihenfolge erwecken die Forpieln allerdings den Eindruck eines Bekenntnisvielerleis. Aber die erhaltenen Dokumente der Synode von Nicaea oder schon Eusebius-Formel und Nicaenum im Brief des Eusebius allein sind in ihrer uns noch bekannten Folge geeignet, die Abfolge der antiochenischen Dokumente, auf die sich die athanasianische Argumentation stützt, zu relativieren. Ich muß auf diesen Befund zurückkommen. Nach allem können wir sagen, daß es sich in der Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana geradezu um ein ,Paradestück' für das Genus der persönlichen theologischen Erklärungen handelt, das H . von Campenhausen so unübersehbar in unser Blickfeld gerückt hat, ohne allerdings dabei die Theophronius-Formel mit einzubeziehen. Stammt nun aber die Formel tatsächlich aus den Akten der Kirchweihsynode von

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Vgl. die Unterschriften zum sogenannten Tomus ad Antiochenos (362), in dem Athanasius die unterschiedlichen Erklärungen in trinitarischen u n d christologischen Fragen protokollierte; besonders auch die Unterschriften z u r Expositio fidei des marcellianischen Diakons Eugenius auf einer alexandrinischen Synode: Z N W 64, 1973, 84. Schneemelcher spricht von „angeblichen Unterschriften", die „nicht sehr wahrscheinlich sind"·, a.a.O. (s. Anm. 1), 341. Z u r unterschiedlichen Zahlenangabe bei Athanasius / Socrates und Hilarius / Sozomenus s. Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 332-338. S. hierzu unten S. 208.

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Athanasiana

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Antiochien? Schneemelcher ist in dieser Frage zurückhaltend: ihre Zugehörigkeit sei zwar möglich, aber nicht beweisbar"; eine direkte Kombination der Athanasius-Tradition mit einer Hilarius-Notiz über einen Bischof auf der Synode von Antiochien, der in den Verdacht Unrechter Gesinnung gekommen sei, werde noch durch Unsicherheiten belastet 45 . Hilarius hat nämlich in D e synodis 28 die zweite antiochenische Formel folgendermaßen eingeführt: „Expositio ecclesiasticae fidei, quae expósita est in synodo habita per encaenias Antiocbenae ecclesiae consummatae. exposuerunt qui adfuerunt episcopi nonaginta Septem, cum in suspicionem uenisset unus ex episcopis quod praua sentirei"4'. Schon seit längerem identifiziert man den Theophronius des Athanasius mit dem verdächtigten Bischof des Hilarius 47 . Da Hilarius nichts über den Ausgang der persönlichen Angelegenheit dieses Bischofs sagt, bleibt bei ihm die Verbindung der zweiten antiochenischen Formel mit dem genannten Sonderfall etwas unbestimmt. E. Schwanz findet den Konnex in der gemeinsamen antimarcellischen Tendenz, die in den antiochenischen Formeln greifbar wird: „der Schluß ist nicht zu umgehen, daß er derjenige war, der in den Verdacht marcellischer Ketzerei geraten war und die Veranlassung zu der s.g. zweiten Enkaenienformel gegeben hatte"**. Schneemelcher kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, daß noch immer ungeklärt sei und aufgrund der vorhandenen Zeugnisse wohl auch kaum noch geklärt werden könne, was die Synode zur Abfassung von mehreren Formeln veranlaßt habe 49 . Seine Rückfrage bringt mit Recht Fraglichkeiten in Erinnerung. Müssen wir es hier aber bei kaum noch beantwortbaren Fragen belassen?

II Was veranlaßte die Kirchweihsynode von Antiochien zur Abfassung von mehreren Formeln? Für eine Antwort auf diese Frage würde angesichts der dürftigen Uberlieferung schon einiges gewonnen sein, wenn sich über die chronologische Abfolge der erhaltenen Dokumente etwas Genaueres sagen ließe. Soviel ich sehe, ist diese Frage noch nicht sonderlich untersucht worden, obwohl m.E. die Texte uns nicht ganz ohne Orientierungshilfe lassen. Die von Athanasius gebotene Reihenfolge, praktisch wirksam 44 45 46 47 48 49

Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 333. Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 337 f. Migne, P L 10, 502A. Vgl. Schneemelcher, s.o. Anm. 45. So bes. E. Schwartz, GS 3, 312-316. Ebd., 316. Schneemelcher, s.o. Anm. 45.

[206]

Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

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durch die entsprechende Zählung der drei bzw. vier antiochenischen Formeln, suggeriert neuzeitlichen Kirchenhistorikern für die drei ersten Dokumente anscheinend unwiderstehlich, so etwas wie Gleichzeitigkeit der Entstehung oder gar eine bestimmte chronologische Abfolge, nachdem man sich durch Zählung der Formeln den Komplex zurechtgelegt hatte, ohne ihn freilich damit auch schon chronologisch auf die Reihe gebracht zu haben. Bereits von Athanasius gegebene Hinweise leisten nun in der Tat einem solchen Verständnis Vorschub. Der zeitliche Abstand der sogenannten vierten antiochenischen Formel von den voraufgegangenen drei anderen ist | bei ihm deutlich markiert. In De synodis 25, 1 heißt es gewiß zuverlässig, daß sie erst einige Monate nach der Kirchweihsynode entstanden sei50. Deshalb ist ihre übliche Bezeichnung als „Antiochenum IV" allenfalls noch aus Gründen der Gewohnheit zu akzeptieren; der Sache nach ist sie irreführend. Athanasius bezeugt nur, daß die drei erstzitierten Dokumente auf der Kirchweihsynode von Antiochien entstanden sind. Der Formelkomplex wird von ihm folgendermaßen eingeführt: „Und da sie immer von allen wegen ihrer Ketzerei angeklagt wurden, schrieben sie unterschiedlich bald so, bald anders. Was aber von ihnen in dem einen Brief (tv μις: έπιστολ^) geschrieben wurde, ist folgendes ..." 5 1 Der „eine Brief ist durch Athanasius hier noch nicht als ein erster Brief der Synode eingestuft. Eine gewisse chronologische Abfolge wird dann erst bei der Einführung der zweiten Formel von Athanasius visiert: „Was sie aber auch in einem anderen Briefe (èv έτέρς* έπνστολΑ) abermals (δεύτερον) auf derselben Kirchweih erklärten, da sie im Hinblick auf das Vorangehende (έπΐ τοις προτέροις) anderen Sinnes geworden waren und noch Neueres und mehr ersonnen hatten, ist folgendes . . . " " Da hier auf „Vorangehendes" verwiesen wird, legt sich die Annahme nahe, die zweite Formel folge auch zeitlich der erstgenannten und sei hier als zweite Erklärung der Synode bezeichnet". Selbst wenn έπί τοις προτέροις nicht unbedingt auf das „eine Schreiben", das zuerst zitiert ist, bezogen sein muß, scheint doch auch schon Athanasius dieser Meinung gewesen zu sein; denn soviel ist klar, die zweite Formel ist erheblich ausführlicher als die zuerst zitierte. Sie bietet aber auch der folgenden TheophroniusFormel gegenüber Neues und Ausführlicheres. Die Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana steht bei Athanasius an dritter Stelle. Daß sie eine persönliche theologische Erklärung

50 51

" 53

O p i t z 250.25 f. Athanasius, D e synodis 22, 2; O p i t z 248.26-28. Athanasius, D e synodis 23, 1; O p i t z 249.9-10. Das Adverb δεύτερον meint nur das Wiederholen einer Darlegung des Glaubens.

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Athanasiana

[207]

ist, steht außer Zweifel". Mit dem Sonderfall des Eusebius von Caesarea auf der Synode von Nicaea war uns ein Vorgang vor Augen gekommen, der als Parallelfall in Betracht zu ziehen ist. Die Vorlage der persönlichen theologischen Erklärung des Eusebius hatte aus bestimmten Gründen zu Beginn der Synodalverhandlungen ihren entsprechenden Ort. Es darf daher durchaus in Erwägung gezogen werden, ob man es mit dem Sonderfall Theophronius auf der Kirchweihsynode von Antiochien nicht ganz ähnlich gehalten haben könnte. Angesichts der anderen Abfolge der Stücke in der Dokumentation des Athanasius ist deshalb die Möglichkeit zu prüfen, ob unter chronologischem Gesichtspunkt nicht auch eine andere Reihenfolge vorausgesetzt werden kann. Bei Hilarius folgt unübersehbar die zweite antiochenische Formel dem Fall des Bischofs, der einer falschen Gesinnung verdächtigt wurde". In der HilariusN o t i z sind die Vorgänge zusammengezogen. Da nun Hilarius beabsichtigte, nur die zweite antiochenische Formel, nicht aber auch die Formel des verdächtigten Bischofs mitzuteilen, erübrigte sich für ihn ein Hinweis darauf, ob und wie sich jener rechtfertigen konnte. Weiß man, daß Hilarius über die Kirchweihsynode von 341 ein „eindeutig positives Urteil" hatte", mit dem auch seine Ablehnung des Marcellus korrespondierte", versteht man wohl, warum nur die „offizielle" Formel der I Synode, nicht aber die Rechtfertigungsformel eines des Marcellianismus verdächtigten Bischofs sein Interesse fand. Namentlich die HilariusN o t i z , dazu der Parallelfall des Eusebius von Caesarea auf der Synode von Nicaea, ferner auch sachliches Erfordernis im Synodalverfahren lassen m.E. auf die Priorität der Theophronius-Formel vor der zweiten antiochenischen Formel schließen. Aber widerspricht nicht das Zeugnis des Athanasius, das uns immerhin als einziges zugleich den ganzen Formel-Komplex bietet, einer solchen Annahme, derzufolge die sogenannte erste Formel gar die letzte ist? Unüberbrückbar scheint mir der Abstand zwischen Athanasius- und Hilarius-Zeugnis nicht zu sein. Zur Darlegung dessen muß ich zunächst auf einen merkwürdigen Textbefund der sogenannten ersten Formel eingehen. Am Schluß dieser von Athanasius zuerst zitierten Formel steht eine ganz ungewöhnliche Wendung, von der noch niemand sonderlich N o t i z genommen hat: „Wir glauben aber auch an den Heiligen Geist; und wenn

54 56 57 58

55 S.o. bei Anm. 46. S.o. S. 202 . Brennecke, a.a.O. (s. Anm. 29), 11. Brennecke, a.a.O. (s. Anm. 29), 353 f. und 357. Athanasius, De synodis 2 2 , 6 ; Opitz 2 4 9 . 1 4 - 1 5 : πιστεύομεν δέ καΐ ε ί ς τ ό Λγιον πνεΰμαεΐ δέ δεί προσόεΐναι πιστεύομεν καΐ περί σαρκός άναστάσεως καΐ ζωής αΙωνίου. — Zur dogmengeschichtlichen Problematik der zusätzlichen Formeln s. bes. G . Kretschmar, Auferstehung des Fleisches, in: Leben angesichts des Todes, FS H . Thielicke, Tübingen 1968, 101-137.

[208]

Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

es nötig ist, noch etwas hinzuzusetzen,

glauben wir auch an eine

239

Auferste-

hung des Fleisches und ein ewiges Leben"5S. Die Form des Zusatzes hat beinahe etwas Befremdliches. U m so erstaunlicher ist es, daß die auffallende Formulierung bisher von allen Kirchenhistorikern stillschweigend hingenommen wurde. Für unsere Frage nach der zeitlichen Abfolge der drei antiochenischen Formeln bietet sich hier doch wohl ein Anhaltspunkt. In den beiden anderen Formeln sind die Bekenntniselemente

„Auferstehung

des Fleisches" und „ewiges Leben", die in der sogenannten

ersten antiochenischen Formel am Schluß etwas lakonisch hinzugesetzt sind, nicht enthalten. Daß man sie im Falle des Voraufgehens der sogenannten ersten Formel dann für die beiden anderen wieder hätte fallenlassen, erscheint mir sehr viel weniger wahrscheinlich. Eher ist m.E. anzunehmen, daß erst nach der Aufstellung der beiden anderen Formeln die Lücke empfunden und durch Zusatz in der sogenannten ersten Formel gefüllt wurde. Dementsprechend wäre dann die „erste antiochenische Formel" unter den drei Erklärungen der Kirchweihsynode diejenige, die als letzte formuliert worden wäre. Interpretiert man den Textbefund in dem Antwortschreiben der Kirchweihsynode an Julius, zu dem man doch wahrscheinlich überhaupt erst nach den beiden anderen Erklärungen gekommen ist, in der mir plausibel erscheinenden Relation, ergeben sich für die so angenommene Konstellation von Seiten der Tradition des Hilarius, der für die zweite Formel Theophronius-Fall und wohl j u c h Theophronius-Formel voraussetzt, zumindest keine Schwierigkeiten. Von hier aus läßt sich also für die sukzessive Entstehung der Synodalformeln von Antiochien an diese Reihenfolge denken: 1. Die persönliche theologische Erklärung des Bischofs Theophronius von Tyana (bisher die sogenannte dritte antiochenische Formel). 2. D i e ausführliche „offizielle" Glaubenserklärung der Kirchweihsynode, im Zusammenhang eines zur Verbreitung gedachten Synodalbriefes (auch bisher schon die zweite antiochenische Formel). 3. Eine Glaubenserklärung im Schreiben der Kirchweihsynode an J u lius von R o m (bisher die sogenannte erste antiochenische Formel). | Einer solchen zeitlichen Abfolge stünde nur noch das Zeugnis des Athanasius entgegen. Seine Bemerkungen zur zweiten Formel deuten darauf, daß er Veränderungen gegenüber der sogenannten ersten Formel registriert". Bei einer Konfrontation der beiden nebeneinanderstehenden Erklärungen lassen sich die Unterschiede nicht übersehen. Und besonders an diesen Unterschieden, nicht so sehr an der zeitlichen Reihenfolge, liegt dem alexandrinischen Bischof für seine Argumentation. Man gewinnt den Eindruck, Athanasius ist einfach dem Aktenvorgang, wie er ihm vor 59

S.o. S. 206.

240

Athanasiana

[208]

Augen lag, gefolgt. D a er die verschiedenen Verlautbarungen der Kirchweihsynode gewiß in Verbindung mit dem Schreiben an Julius von R o m erhalten hatte, nahm darin das Schreiben der Kirchweihsynode an Julius die erste Stelle ein. Das von Athanasius überlieferte Exzerpt aus diesem Brief der Orientalen enthält die sogenannte erste antiochenische Formel. D i e beiden anderen Verlautbarungen aus Antiochien waren wahrscheinlich Anlagen zu diesem Schreiben; bei ihnen können wir nicht mehr erkennen, ob sie offizieller Bestandteil der orientalischen Antwort an Julius waren oder ob sie sozusagen inoffiziell durch Bemühungen der römischen Abgesandten, die die Antwort aus dem Osten zu überbringen hatten, in die Akte geraten waren 60 . Daß die „offizielle" Glaubenserklärung der Kirchweihsynode von Antiochien, die zweite antiochenische Formel, als Anlage bzw. Aktenstück vor der persönlichen theologischen Erklärung des Theophronius rangierte, bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. D a s chronologische Durcheinander in der Anordnung der Formeln findet m.E. seinen plausiblen Grund in der Korrespondenz; es ist nicht erst durch Athanasius — womöglich um seiner polemischen Zwecke willen — dazu gekommen. Daß er selber die sachliche Reihenfolge wohl auch schon als chronologische aufnimmt und daß er sein Mißverständnis an die Leser von D e synodis weitergibt, ist nicht zu übersehen. Insgesamt kann aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse gesagt werden: die ermittelte Abfolge der antiochenischen Formeln läßt auch ihre innere, von Athanasius geleugnete Logik noch verstehen. Zuerst galt es, den Sonderfall zu klären, der eine grundsätzliche, allgemein zu verbreitende Erklärung veranlaßte, die dann ihrerseits dem römischen Bischof zu vermitteln war. Auch in Nicaea war formell nicht viel anders verfahren worden. Die ermittelte zeitliche Reihenfolge der antiochenischen Glaubenserklärungen ermöglicht eine hier nicht mehr im einzelnen vorzunehmende Neueinschätzung der orientalischen Verlautbarungen und Tendenzen. D i e Theophronius-Formel, in der zur Abwehr eines MarcellianismusVerdachtes Marcellus von Ancyra als bereits Verurteilter benannt wird, steht am Anfang der Synodalverhandlungen. Demgegenüber erscheint

60

Für eine persönliche theologische Erklärung als Beilage zu einem offiziellen Schreiben vgl. den Brief des Marcellus von Ancyra, in dem er dem Bischof Julius von R o m angesichts von Anklagen der Orientalen seine persönliche Glaubenserklärung vorlegt und am Schluß darum bittet, daß eine Kopie davon dem Schreiben des Julius an die Bischöfe (wohl Einladungsschreiben zur römischen Synode) beigelegt werden möge. Marcellus möchte damit diejenigen Bischöfe, die die Kontrahenten aus dem Osten nicht genauer kennen, vor Irreführung durch die Schriftstücke der Orientalen bewahren. Es ist mir aus anderen, später zu benennenden Gründen (s.u. S. 209f.) wahrscheinlich, daß Marcellus für diese Bitte die Theophronius-Formel im Zusammenhang mit dem Antwortschreiben der Orientalen an Julius vor Augen hatte.

[209]

Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

241

dann die „offizielle" Erklärung, die allerdings Marcellus auch weiterhin im Visier hat, in ihren betont biblisch-bestimmten Formulierungen" merkwürdig zurückgenommen. U n d gleiches gilt für die sehr viel kürzer gefaßte Formel im Schreiben an Julius. .Ökumenische' Interessenlage bestimmte wohl, bei aller antisabellianischen Dezidiertheit, den Ton, der dann auch später einen Mann wie Hilarius — und über diesen hinaus bis auf den heutigen Tag manchen anderen — erreichte. I m Jahre 341 war man I aber in R o m , wo auch Athanasius und Marcellus von Ancyra auf die Antwort der Orientalen gewartet hatten, anders gestimmt. Zum Schluß meines Beitrages möchte ich nur noch die Frage aufnehmen, inwieweit die persönliche Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana bei Marcellus von Ancyra selber Folgen gehabt hat.

III A n ein von W. Eltester beiläufig gewonnenes Ergebnis anknüpfend", hat W. Schneemelcher die Kirchweihsynode von Antiochien in überzeugender Weise auf den 6. Januar 341 datiert 63 . Die römische Gesandtschaft, die man solange in Antiochien festgehalten hatte, kehrte nach R o m zurück und brachte die Antwort der Orientalen mit. Danach erst fand die römische Synode unter dem Bischof Julius statt. Das Schreiben des Marcellus an Julius von Rom 6,1 , das im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Synode abgefaßt ist, setzt anscheinend schon Kenntnis der von der antiochenischen Kirchweihsynode ergangenen Antwort voraus". Marcellus

"

Wohl am deutlichsten ist die Umformulierung der Theophronius-Wendung δντα πρός τόν θεόν έν ύποστάσει (Opitz 2 5 0 . 1 2 ) , mit der ein Sabellianismus / MarcellianismusVerdacht abgewehrt werden sollte, zu τόν δντα έν άρχΐΐ πρός τόν θεόν ( O p i t z 2 4 9 . 1 8 ) ; man behält sich hier die D r e i - H y p o s t a s e n - L e h r e für die um so deutlicher heraustretende Schlußpointe vor (Opitz 2 4 9 . 2 9 - 3 3 ) . Es muß natürlich auffallen, daß in der sogenannten ersten antiochenischen Formel, die im Brief an Julius von R o m steht, das Hypostasenproblem mit keinem Wort erwähnt wird, während eine antimarcellische Wendung über die ewige Dauer der Herrschaft des Sohnes, von der in der zweiten Formel nicht die Rede ist, differenzierter als in der Theophronius-Erklärung formuliert wird.

62

W. Eltester, Die Kirchen Antiochiens im IV. Jahrhundert: Z N W 36, 1938, ( 2 5 1 - 2 8 6 ) 254-256. Schneemelcher, a.a.O. (s. Anm. 1), 330. Vgl. auch Brennecke, a.a.O. (s. A n m . 2 9 ) 8 f. Der Brief ist überliefert durch Epiphanius, Panarion haer. 72, 2, 1 - 3 , 5; H o l l I I I , 2 5 6 . 1 1 - 2 5 9 . 3 . — Zur Konzeption des Marcellus von Ancyra vgl. A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche I: Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451), Freiburg/Basel/Wien 2 1982, 4 1 4 - 4 3 9 . c. 7 2 , 3 , 5 ; H o l l I I I , 2 5 9 . 1 - 3 .

63 64

65

242

Athanasiana

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betont, daß er in seinem eigenhändig und wahrheitsgetreu geschriebenen Brief dem Bischof Julius von Rom sein persönliches schriftliches Glaubensbekenntnis übergebe, das er gelernt habe und das er aus der Heiligen Schrift gelehrt worden sei; daneben erinnert er zugleich an die falsche Lehre seiner Gegner, zur entsprechenden Einschätzung ihrer Worte, mit denen sie irreführen und die Wahrheit verbergen wollten. Einige unter seinen derzeitigen Gegnern kennt Marcellus schon länger; er habe sie, schreibt er, auf der Synode von Nicaea schlagend widerlegt. Deshalb ist er bemüht, unter Wiederholung auch der alten Argumentationsgänge" die Bekenntnisaussagen der neueren Verlautbarungen seiner Gegner in ihrer bekannten fragwürdigen Konzeption vorzuführen und sie dann in seiner folgenden Glaubenserklärung wieder in rechte Zusammenhänge zu rükken. Müssen die Gegner im Rahmen ihrer Hypostasen-Lehre annehmen, der Sohn Gottes, „unser Herr Jesus Christus", sei ein anderer Logos, eine andere Sophia und Dynamis, die nur so genannt würden, aber nicht in Wahrheit Logos, Sophia und Dynamis Gottes, des Allherrschers, seien67, wird dagegen von Marcellus durch Regula fidei und anschließende theologische Erläuterung betont, daß die Gottheit des Vaters und des Sohnes unteilbar und untrennbar sei'8, daß der eigentliche und wahre Logos Gottes „unser Herr Jesus Christus" sei". Diese Identitätserklärung bestimmt entscheidend die einzelnen Glaubensaussagen des Marcellus und läßt ihn auch in der Frage der Herrschaft Christi klar und m.E. ohne Winkelzüge Stellung nehmen™. Bei einem Vergleich mit den Formeln der Kirchweihsynode von Antiochien fällt besonders die Nähe zur Theophronius-Formel auf. Das von Marcellus zuerst für die gegnerische Lehre zitierte und dann in seiner Glaubenserklärung dreimal bzw. viermal wiederholte konstitutive Bekenntniselement „unser Herr Jesus Christus" 71 begegnet nur bei Theophronius72, hier jedoch lediglich im Zusammenhang der knapp gehaltenen Präexistenz-Aussagen, unter denen die

66 67 68

" 70 71

72

c. 72,2, 4-5. c. 72,2,4; Holl III, 257.10-13. c. 72,2,7, vgl. c. 72,3, 2-3; Holl III, 257.26-28 bzw. 258.14-23. Dem entspricht auch der Anfang der marcellischen π(στις : εις θεός καΐ ό τούτου μονογενής λόγος (c. 72,2,6; Holl III, 257.21 f.). In der Theophronius-Formel fehlt das εις, während es in den beiden anderen antiochenischen Formeln (vgl. Nicaenum) sowohl beim Vater als auch beim Sohn gesagt wird; und Eusebius von Caesarea hatte im Zuge der Drei-HypostasenLehre dazu noch den Heiligen Geist als êv bezeichnet. c. 72,2,7; Holl III, 257.27 f. c. 72,2,6; Holl III, 257.24-26. Holl III, 257.11 (Gegner); 257.27 f., 258.2,21 f. (Marcellus) und 258.6 f. (Romanum/Marcellus: „Christus Jesus... unser Herr"). Opitz 250.10 f.

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Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

243

Titel Logos, Dynamis, Sophia mit voranstehen". Auch diese kommen so nur bei Theophronius vor und neh|men bei Marcellus eine Sonderstellung ein. Im Rahmen der jeweiligen Hypostasen-Lehre ergeben sich ihre unterschiedlichen Interpretationen. Ich hatte schon in meiner Untersuchung der marcellischen Bezeugung des altrömischen Bekenntnisses darauf aufmerksam gemacht, daß Marcellus die natürlich bekannte Formel „unser Herr Jesus Christus" erst hier für sich wirklich entdeckte, als er sie in der Lehre seiner Gegner vorfand". Es kann jetzt vielleicht präziser gesagt werden, daß er sie bei seiner Auseinandersetzung mit der Erklärung des Theophronius von diesem übernahm. Damit sehen wir noch etwas genauer die Umstände, die m.E. zur Einfügung des Hoheitstitels „unser Herr" in seine Regula fidei bzw. ins sogenannte Romanum führten75. Die Beobachtung der Einfügung auch des μ ο ν ο γ ε ν ή ς dürfte durch die wichtige Untersuchung von O. Skarsaune, in der besonders die Bedeutung dieses Titels bei der Redaktion des Nicaenum aufgewiesen wurde 7 ', an Gewicht noch gewonnen haben. Der sogenannte Arianische Streit läßt sich in seinen Anfängen geradezu als eine Geschichte der Auslegung des μονογενής verstehen. Die entsprechenden Befunde sollten für die Nutzung des Aufsatzes von Skarsaune noch zusätzlich berücksichtigt werden. So wichtig nun der Nachweis Skarsaunes für eine weitergehende (nicht allein bei den Wendungen έ κ τ η ς ο ύ σ ί α ς τ ο ΰ π α τ ρ ό ς , θ ε ό ν ά λ η Φ ι ν ό ν έ κ θ ε ο ΰ ά λ η ι ΐ ι ν ο ϋ , γ ε ν ν η θ έ ν τ α ο ύ π ο ι η ι ΐ έ ν τ α , ό μ ο ο ύ σ ι ο ν τ φ π α τ ρ ί verbleibende) Interpretation des Nicaenum auch ist, eine evtl. noch bedeutsamere Seite des Nicaenum ist hierdurch noch immer nicht in den Blick genommen. Unter dem Eindruck der Präexistenzprobleme, die in der Anfangsphase des Arianischen Streites wirklich im Vordergrund standen, ist immer wieder übersehen worden, daß es durchaus möglich ist, durch einen Vergleich der marcellischen π ί σ τ ι ς mit den Glaubenserklärungen der Orientalen auch die Inkarnationsaussagen noch klarer zu erfassen. Für die Identitätsaussagen in der Regula fidei, die Marcellus im Brief an Julius vorlegt, hat der Übergang von den Präexistenz- zu den Inkarnationsaussagen hervorragende Bedeutung. Daß Joh 8,42 „Ich bin vom

Vater ausgegangen

Christus"

73 74

75 76

und bin da" als Selbstaussage „unseres Herrn

Jesus

sozusagen der Angelpunkt der beiden Teile der Glaubensregel

Ebd. Zum altrömischen Bekenntnis. Ein Beitrag des Marcellus von Ancyra: ZNW 75,1984, 121 f. A.a.O. (s. Anm. 74), 120-123; 126. O. Skarsaune, A neglected detail in the creed of Nicaea (325): VigChr 41, 1987, 34-54. — Über die Einfügung des μονογενής ins sogenannte Romanum s. ZNW 75, 1984, 120 und 123-126.

244

Athanasiana

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ist, w a r bereits erkannt 7 7 . Die Inkarnationsaussagen, die gewissermaßen den Ubergang z u m „altrömischen Bekenntnis" bilden 78 , sind sonderlicher und sorgfältiger Beachtung wert. U m das Profil der marcellischen Wendung entsprechend in den Blick zu b e k o m m e n , m u ß man sie in der Reihe ihrer Vorgänger sehen: Marcellus von Ancyra (341): οΰτος έπ' έσχάτων τών ήμερών κατελθών διά τήν ήμετέραν σωτηρίαν καΐ έκ τής παρθένου Μαρίας γεννηθείς τόν ώνθρωπον έλαβε 7 '. „Antiochenum I" (341): ... τόν καί έπ' έσχάτων ήμερων κατ' εύδοκίαν τοϋ πατρός κατελθόντα καί σάρκα έκ τής παρθένου άνειληφότα ... 80 „Antiochenum II" (341):... τόν έπ' έσχάτων τών ήμερων κατελθόντα | άνωθεν καί γεννηθέντα έκ παρθένου κατά τ&ς γραφάς καί άνόρωπον γενόμενον . . . " „Antiochenum III" Theophronius von Tyana (341): ... έπ' έσχάτων δέ των ήμερων κατελθόντα καί γεννηθέντα έκ τής παρθένου κατά τάς γραφάς, ένανθρωπήσαντα ... 82 N i c a e n u m (325): ... τόν δι' ήμάς τούς άνθρώπους καί διά τήν ήμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα καί σαρκωθέντα, ένανθρωπήσαντα ... 83 Eusebius von Caesarea (Nicaea 325):... τόν διά τήν ήμετέραν σωτηρίαν σαρκωθέντα καί έν άνθρώποις πολιτευσάμενον . . . " A n t i o c h e n u m (324/25): οΰτος δ' ό υΙός θεός λόγος καί έν σαρκΐ έκ τής θεοτόκου Μαρίας τεχθείςκαί σώμα φορέσας ... 85

77 78

79

80 81 82 83 84 85

A.a.O. (s. Anm. 74), 121 f. In der freien Weise der Regula fidei zitiert, stehen die Elemente des altrömischen Bekenntnisses im zweiten Teil der Glaubensregel, die in der persönlichen theologischen Erklärung des Marcellus von Ancyra enthalten ist; s. meinen Nachweis, a.a.O. (Anm. 74), 114-119. Epiphanius, Panarion haer. 72, 2, 9; Holl III, 258.4-5 Klostermann schlägt aufgrund sonstigen marcellischen Wortgebrauches άνέλαβε f ü r ¿λαβε vor. Athanasius, De synodis 22, 6; Opitz 249.3-4. Athanasius, D e synodis 23, 4; Opitz 249.20-21. Athanasius, D e synodis 24, 3; Opitz 250.12-13. Athanasius Werke III, 1, hg. v. H . G . O p i t z , Berlin, 1934/35, 51:Urkunde 24, Z. 9-10. Ebd., 43.12-13: U r k u n d e 22, 4. Ebd., 39.10-12: U r k u n d e 18, 11 in der Retroversion von E. Schwartz / L. Abramowski. — L. Abramowski, Die Synode v o n Antiochien 324/25 und ihr Symbol: Z K G 86, 1975, 359 (σαρκωΟείς korrigiert zu σώμα φορέσας).

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Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

245

Schon auf den ersten Blick wird die Nähe der Marcellus-Formel zur Theophronius-Formel und zum Nicaenum erkennbar, έπ' έσχάτων των ή μερών κατελύών ... καί έκ τής παρθένου Μαρίας γεννηθείς steht im Konnex mit den antiochenischen Formeln, besonders mit der Theophronius-Formel, die ihrerseits an eine Asterius-Formel in einem MarcellusFragment erinnert: ... τό κατελόόν έπ' έσχάτων των ήμερων, ώς καί αύτός γέγραφεν, καί γεννηθέν έκ της παρθένου ... 86 Marcellus nimmt also einerseits diese Bekenntnistradition auf, andererseits aber greift er auf eine wichtige Wendung des Nicaenum zurück und ergänzt von dorther κατελθών durch διά τήν ήμετέραν σωτηρίαν. Daß Marcellus hier ein Element des Nicaenum zitiert, ist bisher noch nicht bemerkt worden. Es ist wohl nicht zufällig, daß er sich — abgesehen von nicaenischen Anathematismen — nun gerade in diesem Punkte, also bei den Inkarnationsaussagen, auch direkt am Nicaenum orientiert. Davon wird gleich noch die Rede sein müssen. Theophronius sagt nur ένανθρωπήσαντα. Die zweite antiochenische Formel hat άνθρωπον γενόμενον, während Marcellus durch seine pointierte Inkarnationsformel τόν άνθρωπον έλαβε (oder άνέλαβε, Klostermann) das ένανθρωπήσαντα des Nicaenum mit einem Prädikat interpretiert, das in einer Christologie vom Typus Logos-Sarx nicht üblich ist. Marcellus hatte einige Jahre vorher sagen können, daß Gott den von ihm geliebten Menschen mit seinem eigenen Logos verband (Fragm. 1), ja, daß der durch Ungehorsam gefallene Mensch in der Jungfrau mit Gottes eigenem Logos verbunden wurde (Fragm. 107). So kam er im Orient in den Ruf des Ebionitismus bzw. Samosatenismus. Eine solcherart pointierende Zuwendung zur Inkarnationsproblematik und Soteriologie war in dieser und erst recht in der frühen Phase des Arianischen Streites alles andere als selbstverständlich. Ich kann hier nur auf den zumeist vernachlässigten Sachverhalt des allmählichen Aufkommens der Inkarnationsaussagen in den Glaubenserklärungen jener Zeit hinweisen. Dazu halte ich mich an die einschlägigen Dokumente. Für meinen Zweck genügt es, in ihnen das Vorkommen der entsprechenden Bekenntniselemente festzuhalten, ohne hier aber aufs Detail eingehen zu müssen. Zur besseren Übersichtlichkeit bezeichne ich den jeweiligen Befund der Elemente der Glaubenserklärungen nach den drei Artikeln in römischen Ziffern; unter ihnen kommt es hier speziell auf das Christusbekenntnis (II) an, das nach Präexistenzaussagen (IIa) und Inkarnationsaussagen (IIb) untergliedert werden muß:

"

Marcellus-Fragment 48; Klostermann - Hansen 193.24-26.

246

Athanasiana

[212]

1. Glaubenserklärung des Arius (ca. 320): I; IIa87. 2. Glaubenserklärung des Alexander von Alexandrien (324): I (§ 46); IIa (§§ 46-52); III (§§ 53-54); IIb (§ 54, im Anschluß an „Auferstehung von den Toten")'*. 3. Symbol der Synode von Antiochien (324/25): I (§ 8); IIa (§ 9 - 1 la); IIb (§ IIb); III (§ 12); IV (§ 13, Anathematismen) 89 . 4. Eusebius von Caesarea (325 in Nicaea): I; IIa und b; III; IV (Anathematismus) 90 . 5. Nicaenum (325): I; IIa und b; III; IV (Anathematismen) 91 . Der kosmologisch orientierten Hauptfrage entsprechend, bietet Arius im zweiten Artikel nur Präexistenzaussagen; die Inkarnation ist hier nicht im Blick. Alexander von Alexandrien geht in seiner Glaubenserklärung einen halben Schritt weiter. Auch er ist durch die von Arius aufgeworfene Problematik bestimmt und bleibt zunächst bei ihr stehen; erst im Zusammenhang mit dem dritten Artikel bei der „Auferstehung von den Toten" deren άπαρχή „unser Herr Jesus Christus" wurde, kommt er zu knappen Aussagen über den Inkarnierten, von dem es aber in polemischer Absicht gegen arianische Christologie sofort heißt, daß seine Gottheit wegen der Inkarnation nicht gemindert worden sei' 2 . Die Synode von Antiochien (324/325) stellt Präexistenz- und Inkarnationsaussagen nebeneinander; das Hauptinteresse ist jedoch auch hier noch durch Präexistenzprobleme (Bildtheologie) bestimmt. Erst in der Glaubenserklärung des Eusebius von Caesarea werden Präexistenz- und Inkarnationsaussagen gleichermaßen ins Blickfeld gerückt; und es wird auch schon ein soteriologischer Aspekt artikuliert 93 . Man muß hierbei gewiß berücksichtigen, daß Eusebius σωτήρ zumeist als „Erhalter" verstand 94 . Immerhin ist durch ihn die soteriologische Akzentsetzung des Nicaenum mit vorbereitet. Noch immer fehlt eine gründliche Untersuchung der Frage, was es mit dem Hinweis des Eusebius auf die Erweiterung („Zusätze") seiner πίστις durch einige Mitglieder der Synode im einzelnen auf sich hat95. Skarsaune 96 hat erst einen Anfang damit gemacht, nicht allein die mit dem όμοούσιος

87 88

" 90 91 92 93 94

95 96

Athanasius Werke III, 1, hg. v. H.G. Opitz, Berlin 1934/35, 12 f.: Urkunde 6. Ebd., 26.30-28.19: Urkunde 14,46-54. Ebd., 3 8 . 1 2 - 4 0 . 2 : Urkunde 18, 8-13 (L. Abramowski, a.a.O. [s. Anm. 38], 359 f). Ebd., 43.9-21: Urkunde 22,4-5. Ebd., 51 f.: Urkunde 24. Ebd., 28.14-19: Urkunde 14, 54. S.o. S. 211. Vgl. aber auch σωτήρ und σωτήριος schon in Urk. 14 und 18. Zum σωτήρ- und σωτηρία-Verständnis des Eusebius s. besonders H. Berkhof, Die Theologie des Eusebius von Caesarea, Amsterdam 1939,92 ff. Urkunde 22, 1; Opitz 43.1 f. S.o. Anm. 76.

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Die Kirchweihsynode von Antiochien (341)

247

gegebenen und auch schon von Eusebius diskutierten ,Spitzenformulierungen' des Nicaenum zu untersuchen; von ihm wurde im Kontext des μονογενής nachgewiesen, daß die Kommission ihre Tätigkeit nicht auf Zusätze beschränkte, sondern auch eine Überarbeitung vornahm. In Skarsaunes Bemühen, die Interessen der Kommissionsarbeit von den Tendenzen des alexandrinischen Bischofs Alexander her zu interpretieren, bleibt aber ungeklärt, wie es in Nicaea zu dem Fallenlassen der in Antiochien kurz zuvor noch so betont vertretenen Bildtheologie des Alexander von Alexandrien gekommen sein mag. (Daß Marcellus — fast zehn Jahre später — εΐκών nicht auf den Präexistenten, son|dern auf den Inkarnierten bezieht' 7 , wird dabei zu berücksichtigen sein). Oder warum hat man die Koordination der Prädikate μονογενής und πρωτότοκος, wie sie Eusebius bei den Präexistenzaussagen seiner Glaubenserklärung bietet' 8 , nicht ins Nicaenum übernommen? (Marcellus wird dann bei seiner Auseinandersetzung mit Asterius, der ebenfalls diese beiden Prädikate im Rahmen der Präexistenzaussagen koordinierte, μονογενής auf den Präexistenten, aber πρωτότοκος auf den Inkarnierten beziehen".) In der Kommission müssen bei der Formulierung des Nicaenum entsprechend tendierende Kräfte erfolgreich wirksam gewesen sein; unter ihnen dürfte Marcellus von Ancyra wohl eine führende Position eingenommen haben. Seine erfolgreiche theologische Argumentation, von der er im Brief an Julius glaubwürdig berichtet 100 , mußte nicht nur die Gegner treffen, sondern auch den mit ihm verbündeten Alexander von Alexandrien tangieren, der wie die Gegner Vertreter origeneischer Drei-Hypostasen-Lehre war. Daß man ein wesentliches, vom alexandrinischen Bischof her bestimmtes Element des Symbols von Antiochien schon so kurz danach in Nicaea aufgab, wird vor allem im theologischen Einsatz des Marcellus seine Ursache haben. Wenn es richtig ist (und es spricht viel dafür), daß das kontradiktorisch eingesetzte όμοούσιος101, samt seinen erläuternden Parallelaussagen, Zeichen nicht der Hellenisierung, sondern der Enthellenisierung christlicher Glaubenskonzeption ist102, kommt der 97 98

" 100 101

102

Marcellus-Fragmente 91-97; Klostermann - Hansen 204.32 - 206.9. Urkunde 22, 4; Opitz 43.11. S. dazu ZNW 75, 1984, 124 f. Epiphanius, Panarion haer. 72, 2, 1; Holl III, 256.15 f. F. Ricken, Nikaia als Krisis des altchristlichen Piatonismus: ThPh 44, 1969, (321-341) 338. R. Hübner, Der Gott der Kirchenväter und der Gott der Bibel. Zur Frage der Hellenisierung des Christentums, Eichstätter Hochschulreden 16, München 1979,16. S. bes. auch A. Grillmeier, Moderne Hermeneutik und altkirchliche Christologie (1972): ders., Mit ihm und in ihm, Freiburg/Basel/Wien 1975, 536; vor allen Werner Eiert, Der Ausgang der altkirchlichen Christologie. Eine Untersuchung über Theodor von Pharan und seine Zeit als Einführung in die alte Dogmengeschichte. Aus dem Nachlaß hg. v. W. Maurer u. E. Bergsträßer, Berlin 1957, 14.

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[213]

hier nur andeutend dargelegten Durchsetzung einer soteriologisch bestimmten Inkarnationstheologie schon im Nicaenum entscheidende Bedeutung zu103. Marcellus hat für die Inkarnationsformel seiner Glaubenserklärung von 341 neben der antiochenischen Formel des Theophronius auf das Nicaenum zurückgegriffen und ist so zu seiner bedeutsamen Inkarnationsaussage gekommen. Kaum jemand zu dieser Zeit hat wie er die theologische Wende begriffen, die mit den Inkarnationsaussagen des Nicaenum gegeben war. Wohl keiner hat aber auch wie er so entscheidend zu dieser Wende beigetragen.

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Man wird angesichts der damit gegebenen Problematik prüfen müssen, ob es sich hier nicht auch um die entsprechenden Entstehungs verhältnisse für noch immer nicht sicher datierte, besonders mit der Inkarnation befaßte Werke des Eusebius von Caesarea (Theophanie) und des Athanasius von Alexandrien (Contra gentes - De incarnatione) handeln könnte.

Eine asketische Ermunterung zur Standhaftigkeit aus der Zeit der maximinischen Verfolgung (311/313)^

Zu den noch vernachlässigten Stücken der griechischen Athanasius-Überlieferung gehört ein singular überkommenes Schreiben περί ύπομονής (= De patientia) 1 , dessen Verfasser sich mit einer Ermunterung zur Standhaftigkeit in der Zeit einer Christenverfolgung an einen asketisch bestimmten, kirchlichen Personenkreis wendet. Als Verfasser wird in der gewiß sekundären Uberschrift Athanasius von Alexandrien genannt 2 . Es handelt sich anscheinend um ein rares Stück aus der für unsere Augen weithin dunklen Zeit des Uberganges vom Asketentum zum Mönchtum. Voraussetzung für die historische Nutzung dieser Quelle wäre eine genauere Kenntnis ihrer Entstehungsverhältnisse und -zeit. Zwar wurden gelegentlich schon verschiedene, im 4. Jahrhundert Anhalt suchende Zuweisungen vorgenommen; aber eine einläßlichere Untersuchung des interessanten Schreibens gibt es noch nicht. Das ist gewiß kein Zufall. Da der Verfasser in einer Zeit der Verfolgung schreibt und da er — auch zum Schutze der Adressaten seines Schreibens? — die akuten Pressionen zumeist nur indirekt im Rahmen heilsgeschichtlicher Typik benennt, lassen sich die näheren historischen Umstände nicht ohne weiteres aus dem Text erheben. Immerhin findet sich neben ein paar deutlicheren Anhaltspunkten eine beträchtliche Reihe von Aussagen, die nach dem Schema „Wie damals so auch heute" angelegt sind. Der Verfasser tritt zwar leise, aber fest auf, und er gibt besonders auch durch die ζ. T. gewiß schon traditionell bedingte Auswahl und Anwendung von biblischen Beispielen manchen Hinweis auf bestimmte aktuelle Umstände bzw. Konstellationen. Bis zu einem gewissen Grade zeitgeschichtlich relevant sind daneben wohl auch seine Appelle nach dem Schema „So laßt uns denn . . . " bzw. „So laßt uns nicht ..." Im folgenden geht es mir in der Hauptsache darum, die direkten und indirekten Aussagen des Verfassers über seine kirchengeschichtliche Situation zusammenzufassen und einen entsprechenden Vorschlag zur I Datierung der Schrift De patientia zu machen. Hierfür berichte ich zunächst über Edition und Einschätzung des Schreibens in der bisherigen Forschung (I). Da der im Jahre 1707 zum ersten Male herausgegebene und * 1

1

Zuerst veröffentlicht in: ZNW 81 (1990) 79-102. Clavis PG 2235: PG 26, 1297-1309; ein Fragment aus De patientia 6 (PG 26, 1304/ 35-37) s. Clavis PG 2165,21: PG 26, 1321B (sekundäre Katenenüberlieferung). PG 26, 1297/1-2. — H.-G. Opitz, Untersuchungen zur Überlieferung der Schriften des Athanasius, AKG 23, 1935, 86.

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in der Folgezeit verschiedentlich nachgedruckte Text revisionsbedürftig ist, sind in einem weiteren Abschnitt als Hilfe zur Korrektur des gedruckten Textes die Ergebnisse meiner Kollation der einzigen Handschrift, die das Schreiben De patientia enthält, zusammen mit einigen Konjekturen mitzuteilen; auch eine Inhaltsbeschreibung mag in diesem Zusammenhang dienlich sein (II). Danach sollen die verschiedenen Aussagen des Verfassers, die für seine kirchengeschichtliche Situation erhellend sind, systematisch erfaßt werden (III). Von der ermittelten kirchenhistorischen Konstellation her ist diejenige Phase der Christenverfolgung im 4. Jahrhundert in Betracht zu ziehen, die den Voraussetzungen von De patientia am meisten entspricht (IV). Schließlich sind auch noch gewisse Gemeinsamkeiten des Verfassers von De patientia mit einer asketischen Bewegung zu notieren, die als wichtige Erscheinung der Vor- und Frühgeschichte des Mönchtums gilt und von deren ansehnlicher Verbreitung in den ersten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts wir noch Kunde haben (V).

I Bernard de Montfaucon entdeckte das Schreiben De patientia in einer Handschrift der Biblioteca Ambrosiana zu Mailand (Ambrosianus 235 D 51 sup. chart., s. XVI, f. 204-208", 217-221) 3 , und er gab es im Jahre 1707 im Rahmen einer Nachlese zu seiner großen Athanasius-Edition von 1698 zum ersten Male heraus 4 . Ohne den einzigen handschriftlichen Zeugen nochmals heranzuziehen, ließen Andreas Gallandi 5 , Niccolo Antonio Giustiniani', Jacques-Paul Migne 7 und die Herausgeber der Βιβλιο·όήκη Ελλήνων Πατέρων καί 'Εκκλησιαστικών Συγγραφέων8 den Text nachdrucken. Schon von Montfaucon geäußerte Vorbehalte haben das in den Editionen recht günstig piazierte Stück nur wenig Beachtung finden lassen. Guido Müller hat das Schreiben nicht für sein „Lexicon Athanasianum" berücksichtigt'; doch wurde es von Luci Berkowitz und Karl A. I Squitier in den „Canon of Greek Authors and Works" des „Thesaurus Linguae Graecae" aufgenommen 10 . 3 4

5

6 7

» 9 10

Opitz, Untersuchungen, 81-87. Β. de Montfaucon, Collectio Nova Patrum et Scriptorum Graecorum II, Paris 1707, V und 55-63. Bibliotheca Veterum Patrum Antiquorumque Scriptorum Ecclesiasticorum V, Venedig 1769, XXIII und 230-235. Athanasii Opera Omnia, Vol. IV, Tom. III, Padua 1777, V und 42^*7. PG 25, XIII und 26, 1297-1309. Tom. 33, Athen 1963, 201-208. G. Müller, Lexicon Athanasianum, Berlin 1952, (III). N e w York/Oxford 2 1986, 62 (2035 Athanasius 056).

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Eine asketische Ermunterung

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Über die bisherige Einschätzung des Schreibens De patientia gibt es also nicht viel zu berichten. Vor allem der glückliche Entdecker und erste Herausgeber B. de Montfaucon hat sich mit den Einleitungsfragen befaßt. Gelegentlich der Editio princeps äußerte er sich sowohl in der Praefatio als auch in dem Monitum, das dem Text unmittelbar vorangestellt ist, zum Verfasserproblem 11 . Vermutlich bietet die Praefatio, mit ihrer präziserund fester formulierten Auffassung, Montfaucons abschließende Beurteilung von De patientia. Im Monitum schon bekommt dies Schreiben, das zusammen mit einer ebenfalls singulär überlieferten „Athanasius"-Homilie derselben Handschrift entnommen wurde 12 , eine relativ gute Note. Es gebe deutliche Zeichen der Zeit des Athanasius: Tumult unter Christen; Qualen der Gerechten; Amtsenthebung wahrhafter Bischöfe". Im Rückgriff auf das Vorbild der biblischen Heiligen, Männer und Frauen, ermuntere der Verfasser die ihm anvertraute Gemeinde (populus) zur Standhaftigkeit. Außerdem spreche er von Märtyrern und erwähne, daß einige für Christus ihr Auge verloren hätten. Montfaucon erinnert dabei an Paphnutius und Potammon, Freunde des Athanasius, die eine solche Strafe erlitten und in Ausübung ihres Amtes sehr viel auch von Arianern ertragen hätten. In der Echtheitsfrage ist er dennoch nicht ohne Bedenken. Der Stil sei keineswegs auf der Höhe des Athanasius und lasse eher an eine Fälschung bzw. an einen minderqualifizierten Verfasser denken — es sei denn, Athanasius habe seine Worte dem Fassungsvermögen des niederen Volkes akkomodiert 14 . Montfaucon läßt hier die Verfasserfrage offen (Rem dubiam mittimus). Er weist dann am Schluß des Monitum noch darauf hin, daß es sich nicht um eine mündlich vor versammelter Gemeinde gehaltene Rede, sondern um ein Schreiben handele. — Montfaucons Hinweis auf den Streit unter Christen z. Z. des Athanasius (Arianischer Streit) hat keinen Anhalt am Text von De patientia; auch sein Reden vom ,Kirchenvolk', an das sich der Verfasser wende, entbehrt der Grundlage. Weder wird in De patientia direkt oder indirekt von Arianern geredet, noch ist in den Adressatenkreis besonders das .niedere Kirchenvolk' einbezogen. | In der Praefatio 15 wird nochmals der mindere Stil von De patientia zugegeben; trotzdem will Montfaucon das Schreiben Athanasius nicht 11

12 13 14 15

Praefatio: Montfaucon, V. Nachgedruckt von Gallandi, XXIII (leicht verändert); Giustiniani, V; Migne, PG 25, XIII. — Monitum: Montfaucon, 55. Nachgedruckt von Giustiniani, 42; Migne, PG 26, 1295-1298. Homilía in Canticum canticorum, Clavis PG 2239: Montfaucon, V und 49-55; Migne, PG 25, XIII und 27, 1349-1362. - Opitz, Untersuchungen (s. Anm. 2) 85. S. oben Anm. 11 unter Monitum. ... nisi forte dicatur Athanasium infimam turbam alloquentem, pro captu populi verba fecisse. S. oben Anm. 11 unter Praefatio.

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absprechen, denn es biete das Bild der Verfolgung, die die Arianer in der letzten Zeit unter Kaiser Constantius II. hervorgerufen hätten: Vertreibung von Bischöfen; Mißhandlung von Jungfrauen; Verfolgung und Deportation des rechtgläubigen Kirchenvolkes (plebs catholica). Dies und nochmals die zugegebenermaßen nicht genannten Freunde des Athanasius ließen auf Echtheit von De patientia schließen. Der niedere Stil entspreche dem niederen Volk (infima plebs), den Jungfrauen, Frauen, Witwen und Kindern (parvuli). Er sei aber kein Gegenargument, denn auch die Osterfestbriefe des alexandrinischen Bischofs seien in keinem ausgefeilteren Stil geschrieben. Der vertriebene und verbannte Athanasius habe das Schreiben seiner Gemeinde aus dem Exil übersandt und zwar — wie Montfaucon vermutet — als Osterfestbrief. Die in der Praefatio zusätzlich genannten Momente lassen jedoch Montfaucons Vermutungen nicht akzeptabler erscheinen. Es fehlt in De patientia jeder Hinweis auf die internen christlichen Glaubenskämpfe unter Constantius II.; und der Verfasser des Schreibens ist weit davon entfernt, die Auseinandersetzung im Stile des Athanasius der fünfziger Jahre zu führen. Spätestens seit seinem Brief zum Osterfest des Jahres 338 hat der alexandrinische Bischof die arianische Gefahr auch im Rahmen der Osterfestbriefe beim Namen genannt". Zwar ergeben sich — im Horizont ähnlicher Spiritualität — gewisse Berührungspunkte17, aber das Fehlen einer speziellen Erwähnung des Osterfestes (Passa!) in einem Schreiben mit dem Umfang von De patientia schließt es aus, hier mit Montfaucon einen Osterfestbrief vermuten zu dürfen. Überdies wird in der Praefatio deutlicher erkennbar, warum Montfaucon sich in den Adressaten getäuscht hat. Bei seiner Aufzählung der Personenkreise des niederen Kirchenvolkes (Jungfrauen, Frauen, Witwen und Kinder) nennt er nur eine Auswahl derjenigen Gruppen, die der Verfasser von De patientia angesprochen hat; und er übersieht dabei den asketischen Charakter der Gruppierung. Auf Einzelheiten muß ich nachher noch eingehen. Hier mag es genügen, Montfaucons Verzeichnung exemplarisch am Fall der „Kinder" (parvuli) zu demonstrieren. Mit parvuli sind offensichtlich die νεώτεροι gemeint. Sie werden einmal in c. 6 als ol έν ύμϊν νεώτεροι auf ihre Orientierung an den „sieben Makkabäern" hin angesprochen18; zum andern erscheinen sie in c. 7 als oi έν αύτοΐς (sc. μοναχοΐς τελείοις) νεώτεροι, d. h. als Angehörige einer jüngeren Generation |.der vollkommenen Asketen, ebenfalls an den „Makkabäern" und dazu noch an den drei (jungen) Männern im Feuer-

" 17

18

S. R. Lorenz, Der zehnte Osterfestbrief des Athanasius von Alexandrien. Text, Übersetzung, Erläuterungen, B Z N W 4 9 , 1986, 57 und 82. Das gilt besonders für die Hochschätzung der Virginität bzw. der Askese und für die imitatio sanctorum. 1304/41 f.

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Eine asketische E r m u n t e r u n g

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ofen orientiert". Die νεώτεροι sind also nicht Kinder, sondern Angehörige einer jüngeren Generation von Asketen. Der Befund, daß von Kindern, aber auch von nicht asketisch bestimmten νεώτεροι oder christlichen Eheleuten in D e patientia überhaupt keine Rede ist, läßt uns noch klar genug erkennen, daß sich der Adressatenkreis von De patientia anders zusammensetzt, als es Montfaucons Reden vom ,niederen Kirchenvolk' suggeriert. — Ich fasse zusammen: Montfaucons Vermutungen über die Form (Osterfestbrief), den Adressatenkreis (infima plebs), die Entstehungszeit (fünfziger Jahre des 4. Jahrhunderts) und den Autor (Athanasius von Alexandrien) erweisen sich in den vorliegenden Zusammenhängen als irrig. Während Albert Eichhorn die Echtheit von De patientia ohne weiteres voraussetzte 20 , hielt O t t o Bardenhewer das Schreiben für eine „unechte Predigt" 21 , ohne sich auch seinerseits weiter auf das Stück, dessen schriftliche Beschaffenheit Montfaucon schon festgehalten hatte, einzulassen. Ihm folgte Johannes Quasten 22 . Am schärfsten sah wieder einmal Eduard Schwartz 23 . Er hielt De patientia für den „Brief eines Presbyters", weil der Verfasser in c. 6 von „unseren Vätern, den Bischöfen" spricht. Da in c. 6 die maximinische Verfolgung vorausgesetzt werde, könnten „nur die Bedrückungen gemeint sein, mit denen Licinius in seinen letzten Jahren die Kirche heimsuchte". Anspielungen auf dessen Verbot der Gottesdienste sah Schwartz in cc. 6 und 8. Er übersah auch nicht die Witwen „als kirchliche Funktionäre" in c. 7 und ebenda die μοναχοί τέλειοι, die „noch innerhalb der Gemeinden" leben. Summa: „Hier hat sich also unter dem berühmten Namen ein vorathanasianisches, wertvolles Stück erhalten." — O b nur die licinische Verfolgung für De patientia in Betracht kommt, wird im folgenden geprüft werden müssen. Im ganzen erscheint Schwartz' Begründung, mag sie auch nur beiläufig in knappster Form mitgeteilt sein, sehr viel solider fundiert als Montfaucons Annahmen. Auch Hans-Georg Opitz kam lediglich nebenbei auf De patientia zu sprechen 24 . Mit Blick auf Schwartz' Ansatz hielt er es nur für sicher, „daß die Schrift nicht an die Anhänger des Athanasius während der arianischen| Wirren gerichtet ist, da die Ketzer nirgends erwähnt werden". Im übrigen

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22 23

24

1305/26 f. A. Eichhorn, Athanasii de vita ascetica testimonia collecta, Halle 1886, 4. O . Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur III, (Freiburg i. B. 2 1923 =) Darmstadt 1962, 69. J. Quasten, Patrology III, U t r e c h t u. a. 1960, 50. E. Schwartz, Der s. g. Sermo maior de fide des Athanasius, SBAW.PPH Jg. 1924, 6. Abhdlg., 1925, 45. H . - G . O p i t z , Die Zeitfolge des arianischen Streites von den Anfängen bis zum Jahre 328, Z N W 33, 1934, 146 Anm. 76.

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erschien ihm das Schreiben De patientia als „so farblos", daß es auch anderswo als in Ägypten beheimatet gewesen sein könnte. Unter überlieferungsgeschichtlichem Aspekt dachte Opitz eher an Syrien und an „ein späteres Datum" 25 . Hierfür bezog er sich auch seinerseits auf c. 7; denn ihm schienen nun „die Mönche als besonderer Stand in der Kirche nach den Presbytern und Diakonen" (und Anagnosten) zu einer späteren Integrationsphase zu gehören. Opitz hat freilich seine Annahme nicht durch entsprechende Nachweise gestützt, geschweige denn durch kritische Berücksichtigung anderer Momente von De patientia gesichert. Offensichtlich unter ebenfalls überlieferungsgeschichtlichem Aspekt vermutet Marcel Richard für De patientia die Verfasserschaft des Marcellus von Ancyra 26 . Eine von Opitz für nestorianisch gehaltene Glaubenserklärung, die von Richard bereits in die clientèle des Athanasius bzw. ins 4. Jahrhundert verwiesen wurde und die inzwischen mit der ps.-athanasianischen = marcellischen Epistula ad Liberium identifiziert werden konnte 27 , steht im codex Ambrosianus 235 D 51 sup. neben einer Glaubenserklärung des marcellianischen Diakons Eugenius, die von einer alexandrinischen Synode unter Athanasius angenommen worden war 28 . Beide Glaubenserklärungen folgen in der Mailänder Handschrift unmittelbar auf De patientia 2 '. Von diesen Uberlieferungsverhältnissen her brachte Richard Marcellus von Ancyra als Verfasser in Vorschlag; er setzte aber hinzu: „mais, même si cette hypothèse était fondée, il serait bien difficile d'en faire la preuve". Auf dem Felde des komplexen Schrifttums zur Thematik De virginitate, das unter dem Namen des Athanasius überliefert ist30, beobachtete Louis-Théophile Lefort eine auffallende Ähnlichkeit zwischen De patientia und den Praecepta ad virgines 31 . Beachtet man dabei die im Rahmen altkirchlicher Spiritualität verbreitete Auffassung von der Sonderstellung der Virginität und zieht man zudem das reiche Traditionsgut über die Kain-Abel-Reihen samt ihren Unheils- und heilsgeschichtlichen Aspekten mit heran 32 , ist man allerdings durch die Ähnlichkeit nicht mehr so I frappiert wie Lefort, der weitreichende Konsequenzen, darunter auch die Echtheit von De patientia, in Erwägung zu ziehen bereit war. Auch 25

26 28 30 31

32

Vgl. die Untersuchung der Herkunft jener D-Tradition bei Opitz, Untersuchungen (s. Anm. 2) 84 f. 27 ZK G 83, 1972, 1 4 5 - 1 9 4 . M. Richard, MSR 6, 1949, 129. 2 ' Opitz, Untersuchungen, 86. Z N W 64, 1973, 7 5 - 1 2 1 . Clavis PG 2 1 4 5 - 2 1 4 9 ; 2154; 2162; 2248. Praecepta ad virgines, Clavis PG 2148. — S. Athanase, Lettres festales et pastorales en copte, ed. L.-Th. Lefort, C S C O 150, (1955 =) 1965, X X V I f. und 151 (1955 =) 1965, 80-82. Vgl. die reiche, gleichwohl die Fülle noch immer nicht erschöpfende Sammlung des Materials bei K. Beyschlag, Clemens Romanus und der Frühkatholizismus. Untersuchungen zu I Clemens 1-7, BHTh 35, 1966, 4 8 - 1 3 4 .

[85]

Eine asketische Ermunterung

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Athanasius teilte die allgemeine Hochschätzung der Virginität; er versäumte darüber aber nicht, die christliche Schätzung der Ehe entsprechend zu vertreten. Das tat er besonders in seinem Brief an Amun 33 und in seinem 10. Osterfestbrief 34 und wohl auch in der Epistula ad virgines 35 , die im Schriftenkomplex De virginitate am meisten athanasianische Züge trägt; hier findet sich übrigens auch (im deutlichen Unterschied zur asketischen Elitenkonzeption von De patientia) eine klare Absage an die exklusive Konzeption des Hierakas 36 . — Zu einer differenzierten Einschätzung von De patientia trägt die Beobachtung Leforts leider kaum etwas bei. In seiner Monographie über die athanasianische Soteriologie und Ekklesiologie hat Gregor Larentzakis im Zusammenhang des Kapitels „Die Bedeutung der vorchristlichen Heiligen für die Christen" auch speziell De patientia berücksichtigt 37 und sich aufgrund von Parallelen, die durch die Konzeption der imitatio sanctorum traditionell bestimmt sind, für die Wahrscheinlichkeit der Echtheit des Schreibens ausgesprochen. Dagegen ist nicht nur im allgemeinen an den verbreiteten Gebrauch der Abel-Reihe nach biblischem Vorgang (Hebr 11) zu erinnern. Auch im einzelnen läßt sich traditionelles Reden erweisen, wo Larentzakis charakteristische athanasianische Züge vor sich zu haben meint (s. besonders den geradezu topischen Gebrauch von Hebr 11,32) 38 . Mit den von Larentzakis angewandten Mitteln ist die Wahrscheinlichkeit einer Verfasserschaft des Athanasius nicht zu begründen. Die Überprüfung der bisherigen Aufnahme von De patientia ergibt, daß eine Aussicht, dem Geheimnis dieses Schreibens auf die Spur zu kommen, am ehesten auf dem Weg, den Eduard Schwartz einschlug, erwartet werden darf. |

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Epistula ad Amun, Clavis PG 2106: P G 26,1173/30-43; Fonti. Pontificia commissione per la redazione de codice di diretto canonico orientale, Fase. IX, t. II, 1963, 6 8 / 2 1 69/17. Lorenz. Der zehnte Osterfestbrief (s. Anm. 16) 44-47 und 87. Epistula ad virgines, Clavis PG 2147: C S C O 150, 82 und 151, 63 f. - Vgl. auch aus dem Wirkungsbereich des Athanasius: De passione et cruce 3, Clavis PG 2247: PG 28, 189A. - Vita sanetae Syncleticae 23, Clavis PG 2293: PG 28, 1500D-1501A. C S C O 150, 84 ff. und 151, 66 ff. G. Larentzakis, Einheit der Menschheit, Einheit der Kirche bei Athanasius. Vor- und nachchristliche Soteriologie und Ekklesiologie bei Athanasius von Alexandrien, Grazer Theologische Studien 1,1978. 210-212. A. a. O., 212 bei und in Anm. 4, gibt Larentzakis zum Erweis der „vielen fast gleichlautenden Formulierungen" als Parallele zu D e patientia 6 (PG 26,1304/1 f.) eine von ihm nicht als Zitat (Hebr 11,32) erkannte Stelle aus dem 29. Osterfestbrief nach der Übersetzung von Merendino an; dort ist jedoch auch schon auf die Bibelstelle hingewiesen worden, zumal Athanasius selber ein Zitat signalisiert hatte: C S C O 150, 53 und 151, 24 bei Anm. 92.

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II Eine Kollation des codex Ambrosianus 235 D 51 sup. (= D ) 3 ' ergab, daß Montfaucons Edition des Textes von De patientia in manchem unzureichend ist. Deshalb werden im folgenden die Ergebnisse meiner Kollation des einzigen Manuskriptes, das uns das Schreiben überliefert, mitgeteilt und die vorgenommenen Konjekturen näher bezeichnet 40 :. P G 26,1297/1-2 (fol. 204): Τοΰ αύτοΰ 'Αθανασίου άρχιεπισκόπου 'Αλεξανδρείας περί ύπομονης: — 1297/20 ol: ή D 20-21 καταξιωϋέντες τής άναστάσεως των μελλόντων άγα-θών Tetz (Vgl. Lk 20,35: καταξιωόέντες τοΰ αΙώνος έκείνου τυχεϊν καΐ τής άναστάσεως της έκ νεκρών, hiernach vielleicht αΙώνων statt άγαόών? Vgl. aber auch Hebr 10,1: νόμος των μελλόντων άγαόών) 38 ήλαφρώς D 40 προσδέξασΦε D 43 ούρανίοις· ή μας δέ ού δει είναι èv τοις ohne Kennzeichnung von Montfaucon hinzugefügt; ihm folgen Gallandi, Giustiniani, Migne: durch Mißverständnis von 41—42 άπολύτρωσιν bedingte, überflüssige Konjektur 1300/1 άλλ": άλλά μάλλον D 11 Μωϋσεν nur Migne Μωσεΐ D 4 δχων τήν? Tetz 6 τότε + δτε D || γενόμενοι + καΐ D 10 ώς ol υΙοΙ Ίωναδάβ: ol {>i(Zeilenwechsel)ö>v άδαβ D (ist hier ώς υΙοί υΙών Ίωναδάβ zu lesen? Tetz) 13 οικοδόμησαν D 22 άγονιζόμενος D 11 άλλά D 24 πράσσα D 24-25 σκόρδα D 25 άτε: ή δτε D 27 σευτλίον: εύτέλιον D 36 άλλά D 42-43 πεποιήκει D 50 Άβελ: Kà(Zeilenwechsel)ïv D (ist hier καΙ[ν] zu lesen? Tetz) 11 άποκτένουσιν D 1301/7 αύτόν + τόν D 17οΙληφενΏ 3 1 ^ α ύ δ ο υ ς Ο 34συμπολλώΟ 36 συνηυφραίνοντο D 54 έμαρτυρήθη: μαρτυρηΦη D 58-59 έπελαΦοντο D έπελάχοντο ? Montfaucon und übrige 1304/9 λάκκω (?) D 18 προστάξη Migne: προστάξει D 23 κατηγουροϋσιν D 41 μιαροφαγήσαι Gallandi: μιεροφαγήσαι D 42 γενναιωτάτων DI 39

40

D e r Kodex w u r d e zwar erst im 16. Jahrhundert geschrieben, geht aber in seinem ersten Teil, der D e patientia enthält, auf eine eigentümliche alte Athanasius-Sammlung zurück. S. O p i t z , Untersuchungen (s. A n m . 2) 81-87 und 190-208; dazu Z K G 75, 1964, 239-243. D e r Migne-Text entspricht, abgesehen von hier besonders bezeichneten Fällen, dem Text Montfaucons. Weil dieser in der Regel stillschweigend berichtigte bzw. konjizierte, ist der Befund der alleinigen Handschrift D im einzelnen festzuhalten. Dabei w e r d e n anhand des Migne-Textes, unter Angabe v o n Spalten- und Zeilenzahlen, die buchstäblichen bzw. wörtlichen Abweichungen mitgeteilt. Ausgenommen sind nur die beweglichen E n d k o n s o n a n t e n ν u n d ς, Itazismus (ι - ει - η) sowie Verwechslung von αι und ε. Abweichende Setzung von Akzenten u n d Spiritus in D wird nicht gesondert vermerkt. Bisweilen sind Unterschiede der Editionen (Montfaucon, Gallandi, Giustiniani, Migne) entsprechend zu markieren.

[86] D

1305/10 παντΙ:πάτιϋ

Eine asketische Ermunterung

16 ΤιμοΦέω D

40 άνόωμολωγεϊτο D

257 45 χήρα

1308/11 μεταλαβεϊν: μεταβαλεΐν D 13-14 (κλαύσομεν nur Montfaucon, Gallandi) 21 Καί ούκ έπΐ τόν άρχοντα Τύρου ohne Kennzeichnung von Montfaucon hinzugefügt; ihm folgen Gallandi, Giustiniani, Migne 23 καταντήσουσιν Migne (κατανσήσουσι Giustiniani): κατανοήσουσιν D 24δήκτορεςϋ 27 άναγγείλετε D 30 έκλαιον D 31 (ούκ nur Montfaucon, Gallandi, Giustiniani) 37 έξελϋέτω nur Gallandi, Migne: έξελϋάτω D 46 πάντως: πάντος D 51 καταβαλώσιν Montfaucon, Giustiniani καταβάλωσιν Gallandi, Migne: καταμάΰωσιν D 53 δράγχατα (sic) D 1309/5 προλέγοντο: προλεγόμενον? Montfaucon, Giustiniani, Migne προλεγόμενον oder προυλέγετο? Gallandi 20 συνκάϋεδρος D || συνκληρονόμος D Der Benutzer des Migne-Textes sei auf einige Stellen sonderlich hingewiesen: 1297/20-21: Da von Lk 20,35 her geredet wird, ist mit einer zweigliedrigen Aussage zu rechnen. Vielleicht ist statt des konjizierten καί eher noch an eine durch Homoiarkton bedingte Auslassung von των νεκρών καί zu denken (vgl. Z. 18-19 τήν άνάστασιν των νεκρών). 1297/43: Montfaucon erkannte nicht das Zitat von Hebr 11,35 (ού προσδεξάμενοι τήν άπολύτρωσιν). Da er an Erlösung durch Christus dachte, sah er sich gezwungen, den Text entsprechend aufzufüllen. Es geht in De patientia aber um Ablehnung nicht der Erlösung, sondern der Entlassung aus der Situation des Martyriums um den Preis der Verleugnung (vgl. 2Makk 7; 4Makk 8). 1300/50: Montfaucon unterstellte anscheinend eine im Anschluß an den vorhergegangenen Satz erfolgte Namensverwechslung. Da kaum anzunehmen ist, daß καιν für κεν steht, wird man mit Blick auf καί σήμερον πάλιν (1301/22) bzw. καί σήμερον (1301/48; 1304/23; 1308/29) eher an σήμερον πάλιν ... καί zu denken haben. Ein identifizierender Satz:,Heute töten sie wiederum den unschuldigen Abel', wäre zudem in De patientia singular. 1301/58-59: „Die andern aber vergaßen daher wohl das (Himmel-) Reich" — im Gegensatz zu Mose, der das Vorhandene aufgab, um des Ewigen teilhaftig zu werden. Montfaucons Konjektur ist überflüssig. 1308/21: Montfaucons Ergänzung des Textes scheint mir plausibel zu sein. 1309/5: Montfaucons Konjektur προλεγόμενον verdient den Vorzug, weil sie der handschriftlichen Tradition am nächsten bleibt. Die Verfasserangabe der Uberschrift erweckt den Eindruck, daß der Schreiber der Vorlage eine schon einfach durch τοΰ αύτοΰ ,mechanisch' an den ersten Athanasiustitel der Sammlung angeschlossene Reihe von Titeln

258

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vorgefunden hat, die von ihm fast ebenso .mechanisch' durch wiederholte Nennung des Namens erweitert wurde41. | Die Adressaten des Schreibens sind in der Uberschrift nicht genannt; und auch aus dem Schreiben selber läßt sich nur etwas über Gruppenzugehörigkeit, nichts aber über Namen und Ort entnehmen. (1) Der Verfasser setzt ein mit der Ermahnung von Rom 12,1, die Leiber hinzugeben zu einem lebendigen, Gott wohlgefälligen Opfer. Von vornherein gilt die spezielle Applikation des Pauluswortes denen, die ein asketisches, jungfräuliches Leben führen, die aber auch um so mehr gefährdet sind. Himmlisches Hoffnungsgut besitzt der Entschluß einiger schon in Vorwegnahme (τοΰτο προλαβοΰσα ή τινών προαίρεσις έχει καΐ κέκτηται). Auf Gott gerichteten Sinnes hielten die Heiligen diese Welt für ein Gefängnis, sie gaben ihre Leiber zum Zeugnis dahin und bewahrten ihre Seele rein, damit Gott in ihnen wohne. Sie hielten dem Herrenwort (Mk 13,13) entsprechend stand (ύπέμενον) und ernteten Heil und Leben für ihre Mühen. Ja, in Erinnerung an das Apostelwort Hebr 10,34 ertrugen sie die Bedrückungen leicht und ließen sich nicht daraus entlassen (Hebr 11,35), weil sie nicht wieder unter Weltleuten dahinleben, sondern auf ein Leben mit Gott zugehen wollten. (2) Beispielhaft ist nicht das in der Wüste frevelnde und umkommende Volk (Ex 32) sowie das zahlreiche, zur Strafe in Gefangenschaft geführte Volk, sondern der fastende Mose, der sich ganz von Gott bestimmen ließ (Ex 34; Dtn 9); die Söhne Jonadabs, die sich an den hielten, der die Gesetze gab, und keine Weingärten anlegten (Jer 35); Naboth, der das Erbe der Väter, seinen Weinberg, nicht hergab und deshalb kämpfend starb, ein Israelit, der auf Gott schaute (IReg 21). (3) Gegenüber der Geldgier, wie sie der Knecht des Elisa an den Tag legte (2Reg 5), ist auch unter Bedrückungen standzuhalten, um der ewigen Ruhe teilhaftig zu werden; „denn niemand wird ohne Bedrückung in das Reich eingehen" (vgl. Act 14,22). Nachzuahmen sind die älteren Heiligen: Abel als der erste Gerechte, dessen Opfer von Gott angenommen wurde und den Kain tötete, wie man auch heute den Unschuldigen tötet (ώσπερ ó τότε καιρός, ούτω καΐ νΰν); (4) Henoch in seiner Standhaftigkeit, den Sinn auf Gott gerichtet; Noah als vollkommener Gerechter, der auf Gott hoffend gerettet wurde und die Welt rettete; (5) Abraham, der gehorsam seine Häuslichkeit verließ und große Verheißungen empfing, der geprüft wurde und zum Lohn den Titel Freund Gottes erhielt; Isaak, der von den Philistern um der Brunnen willen bekämpft wurde und dem in der Ferne Gott weiten Raum gegeben hat (in der Applikation richtet sich der Verfasser gegen,Brunnenverstopfen', und 41

S. die Titelangaben im ersten Teil von D bei Opitz, Untersuchungen, 85 f.

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Eine asketische Ermunterung

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er sorgt für Abhilfe mit Hilfe der Apostel); Jakob, der, vom eigenen Bruder verfolgt, nach Mesopotamien ging und dem dort nach unablässiger und großmütiger Arbeit Gott ebenfalls weiten Raum gab, so daß er, der allein fortgegangen war, mit einer großen Menge zur Freude der Engel zurückkehrte (der Verfasser aktualisiert durch eschatologischen Ausblick I auf „den wahren Jakob", der mit seiner himmlischen Streitmacht kommen und „einen jeden nach seinem Tun belohnen wird"); Josef, den die eigenen Brüder aus Neid verkauften und der als Gerechter trotz allem großmütig blieb, von Gott als König über Ägypten gesetzt, Erbe des sichtbaren und des himmlischen Reiches (der Verfasser blickt hierbei auf den Verkauf von Brüdern um des Geldes willen in seiner Zeit); Hiob, der unter jederlei Schwierigkeit ausharrte und Großmut bewies, von Gott doppelt belohnt und allen als Gerechter erscheinend; Mose, der ohne Gier auf Reichtum des Landes in die Fremde floh, u m dort als πάροικος zu leben, die irdischen Güter aufgebend, um der ewigen teilhaftig zu werden. (6) „Es würde die Zeit fehlen, von jedem der Heiligen zu erzählen" (vgl. Hebr 11,32). Der Verfasser erwähnt den verfolgten, aber standhaften Elia, den todüberwindenden Elisa, den beneideten Jeremía, den gehorsamen und maßvollen Ezechiel, der sich an Gottes Wort hielt, den wegen seines Gebetes verfolgten Daniel (bei ihm wird ein ausführlicherer aktueller Bezug auf Gottesdienstverhinderung und Verfolgung genommen), die drei unbeugsamen jungen Männer im Feuerofen, den alten, verbotene Kost standhaft ablehnenden Eleasar, die sieben einander zum Martyrium ermutigenden Brüder, di e „Makkabäer", und ihre Mutter, die verfolgten und ins Gefängnis geworfenen Apostel, die Märtyrer„Einige sind jetzt zu Verrätern geworden, obwohl sie überhaupt keine Mißhandlung erduldeten, — aus drei Gründen: Geldgier, Genuß des Fleisches, des Essens und Trinkens, Ehr- und Herrschsucht sowie Menschenfurcht." (7) Nachdem der Verfasser schon bei Eleasar, den sieben „Makkabäern" und ihrer Mutter die Alten, die (asketischen) Jüngeren und die (asketischen) Mütter angesprochen hatte, läßt er nun in sehr interessanter Kombination mit den (biblischen) Heiligen die verschiedenen Gruppen seines Adressatenkreises Revue passieren. Die bisher zur Nachahmung aufgeführten Vorbilder dienen der Ermunterung der Adressaten (γεγραφήκαμεν παρακαλοΰντες ύμάς). Doch soll das Maß eines jeden im entsprechenden Verhältnis zu seiner eigenen Lebensweise stehen. Jeder soll sich seine eigenen Freunde im Himmel erwerben. Deshalb heißt es in Prov 17,17 (LXX): „Habe zu jeder Zeit einen Freund. Brüder aber sollen dir in der N o t helfen; denn deswegen werden sie geboren." Wer nun die genannten Heiligen nachahmt, wird ihr Miterbe sein und sie am Tage der N o t zu Freunden haben. Ein Presbyter soll den trefflichen Vorsteher Timotheus .Märtyrer" sind hier im weiteren Sinne als Märtyrer und Bekenner verstanden.

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nachahmen, ein Diakon die Sieben um Stephanus, ein Vorleser soll sich an den Psalmisten von Ps 45,2, an Petrus (IPetr 4,11) und an Prov 10,20 halten. Alle, die vollkommene Mönche sind43, sollen Elia, Elisa, Johannes I d. T. zu Freunden haben; die jüngeren unter ihnen sollen die drei Heiligen im Feuerofen mit den „Makkabäern" nachahmen. Die Jungfrauen werden mit ihren Gefährtinnen im Himmel von Maria, der Schwester Aarons, von Maria, Thekla und den vier prophezeienden Töchtern des Philippus erwartet. Die Witwen sollen wandeln wie Debora, die Richterin des Volkes, die in Jerusalem Mutter genannt wurde, und wie Judith, die in Besonnenheit und Heiligkeit das Haupt des Holophernes abschlug, und wie Anna, die Tochter Phanuels, die mit 84 Jahren fastend und betend im Tempel diente und am Ende den Herrn pries. (8) Nach den Witwen, die offenbar in leitender Position gedacht sind, werden noch die Alten angesprochen: als nachahmenswert für die alten Männer (πρεσβΰται Tfi ήλικίςι) nennt der Verfasser die Gastlichkeit des alten Abraham und Isaak, Jakob, Hiob, Lot; für die alten Frauen oder Witwen (πρεσβυτιδες ή χήραι) die gastfreundliche Witwe von Zarpath (IReg 17) und die opferfreudige arme Witwe von Mk 12,42. Damit endet diese Reihe. Scheinbar unvermittelt setzt der Verfasser neu ein: „Jetzt aber, meine Geliebten im Herrn, ist — kurz gesagt — Zeit des Trauerns!" In Jeremias Threnos sind Jerusalem und Israel als Witwe beklagt (Thr 1,1); „denn die Heiligen beweinen den Fall der Menschen". Der Übergang von den Witwen zum Threnos Jeremias sowie des Verfassers ist durch Stichwortassoziation vermittelt: „Denn siehe, heute ist die Kirche wie eine Witwe geworden!" Die Situation wird nach Thr 1,4 und IChr 23,31 beschrieben. Niemand kommt zu einem Fest, die Priester seufzen, die Jungfrauen werden weggeführt; „unser" Sabbat und Fest und Neumondfest (nach der Levitenordnung von 1 Chr 23) sind unterbunden. Die Beweinung des Falls der Menschen 44 wird vom Verfasser in einer Reihung von Bibelzitaten, die durch die gemeinsamen Stichwörter „ Weinen" und „ Tränen" verbunden sind, vor Augen geführt. Hieraus hebe ich hervor: die Klage Ezechiels über die Abgefallenen und das Weinen Daniels über den Fall der Mächtigen — die Aufforderung, nicht die Gestorbenen, sondern die Verleugner des Glaubens zu beweinen — den Aufruf Joels zu gottesdienstlicher Klage der Priester (woneben der asketische Verfasser aus Joel 2,16f. charakteristischerweise nicht die Versammlung des Volkes, die Heiligung der Ge-

43

44

Noch fraglich ist die Erklärung von Eichhorn, Testimonia (s. Anm. 20) 4 Anm. 13: Monachi perfecti, ut mihi videtur, ii dicuntur, quos adolescentes magistros et patres hahehant, mit Verweis auf Syntagma ad monachos, Clavis PG 2264: c. 6, PG 28, 844/4 ff. 1308/17 f.

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Eine asketische E r m u n t e r u n g

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meinde, die Sammlung der Ältesten und das Zusammenbringen der Kleinu n d Kleinstkinder, sondern nur das Herausgehen des Bräutigams u n d der Braut aus dem Brautgemach mit anführt) — die Beziehung des unablässigen Tränenstroms der Mauern Zions von Thr 2,18 auf die w a h r h a f t heiligen Mauern der Kirche (sc. die biblischen Heiligen) — | (9) u n d dann noch die A u f n a h m e von Klage und Trost aus Ps 126,6 (mit Hinweis auf die Vorsteher, die jetzt auch f ü r ihre Saat keinen Boden haben), aus der Seligpreisung der Trauernden (Mt 5,4) und aus Ps 30,6. D i e Verwandlung abendlichen Weinens in morgendliche Freude der A p o stel wie auch der Maria Magdalena, an der die Verheißung von Jes 25,8 in Erfüllung ging, da der H e r r die Tränen von ihren Augen abwischte, bringt den Verfasser schließlich zur eindringlichen Erinnerung an den H e r r n , an seine Passion und Auferstehung, mit der abschließenden Aufforderung: „Bedenkt die von ihm so bewiesene ύπομονή, auf daß jeder, der ihn nachahmt, seiner Verheißung gemäß mit ihm Thron und Erbe im H i m melreich f ü r alle Ewigkeit teile." Durchgehend bestimmt die schon gleich in c. 1 klar herausgestellte asketische Konzeption des Verfassers das Schreiben D e patientia. In der Verfolgungssituation gilt die Ermunterung zur Standhaftigkeit einem Asketenkreis, der in c. 7 f. nach seiner Zusammensetzung erkennbar wird. Interessant ist die — gelegentlich auch die Gegenseite berücksichtigende — Rezeption der Abel-Reihe, die im gekreuzigten und auferstandenen Herrn als exemplum der ύπομονή gipfelt (c. 9), nachdem die Reihe, vorher schon über die Apostel bis zu den Märtyrern geführt (c. 6), durch den Einschub des gewichtigen Abschnittes über gruppenspezifische K o m m u nikation mit einzelnen (biblischen) Heiligen (cc. 7-8) sowie des Threnos in biblischen Worten (cc. 8—9) unterbrochen worden war.

III Was sagt nun der Verfasser speziell über die Situation, in der D e patientia entstand? Z u r Beantwortung dieser Frage wird eine Sichtung der unterschiedlichen Aussagen und Hinweise, mit denen das Schreiben durchsetzt ist, notwendig. N e b e n einigen direkten Aussagen finden sich mancherlei indirekte Hinweise, denen es durchaus nicht schon deshalb an Bedeutung fehlen muß, weil sie in biblischen Wendungen begegnen. Mit Recht setzte Schwartz vor allem in c. 6 an45. D o r t wird am deutlichsten über die Verfolgungssituation geredet. N a c h E r w ä h n u n g des Falles Daniel heißt es in zunächst ähnlichen Worten: „Auch heute klagen 45

S. oben A n m . 23.

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sie uns an, weil sie nicht wollen, daß wir zu Gott beten. Das ist offenkundig, daß sie uns und unsere Väter, die Bischöfe, verfolgen."" D e r Verfasser sieht seine Gegenwart nach dem Schema: ώσπερ ό τότε καιρός, ούτω καί νΰν". D e m entsprechen auch seine σήμερον-Aussagen (καΐ σήμερον, σήμε|ρον πάλιν, καί σήμερον πάλιν)48. Die akute Hinderung am Gottesdienst sieht der Verfasser als eine Verfolgungsmaßnahme an, durch welche die nicht genauer bezeichneten „Wir" und deren Bischöfe betroffen sind. Vielleicht ist der Adressatenkreis noch nicht in gleicher Weise gefährdet; denn Verfolgung der Adressaten kann der Verfasser bald danach in c. 6 als Möglichkeit ansprechen: „Und wenn ihr verfolgt werdet und sie euch ergreifen . . . " 4 ' Jedenfalls empfiehlt er ihnen dann in Fortsetzung der Abel-Reihe, der Apostel zu gedenken, die verfolgt und ins Gefängnis geworfen waren und doch freudig dankten, daß sie dessen gewürdigt wurden 50 . Nahegelegt wird auch das Gedenken so vieler heiliger Märtyrer, die Mißhandlungen erduldeten bis hin zum Ausstechen der Augen, so daß sie nur noch ein Auge behielten 51 . Diese Strafe ist uns für die Verfolgung des Maximinus Daja bezeugt". Allerdings weiß der Verfasser im Zusammenhang von c. 6 auch von einigen, die gegenwärtig zu Verrätern geworden sind, obwohl sie überhaupt keine Mißhandlungen erlitten hatten; sie waren nur von niedrigen Motiven geleitet: Geldgier; Genuß des Fleisches, des Essens und Trinkens; Ehr- und Herrschsucht bzw. Menschenfurcht 5 3 . Das sind Erscheinungen wohl jeder Verfolgung; aber der Verfasser redet von ihnen doch so, daß die gegenwärtig drohenden Verfolgungsmaßnahmen auch zeitlich von der genannten Mißhandlung unterschieden sind. Schwartz dachte deshalb an die licinische Verfolgung 54 . Übrigens war von jenen Abtrünnigen auch schon ganz ähnlich in c. 2 die Rede 55 . Sie wurden dort im Zusammenhang der Ermahnung, unbedingt am „Gesetz", „Weg" bzw. „Erbe der Väter" festzuhalten 56 , als Leute beschrieben, die im Gegensatz zu Naboth ihren Weinberg als suspekten Zwiebelgarten an Ahab abgaben 57 ; ihr lascher Sinn läßt den Verfasser an welkes Gemüse und an halbgekochten Mangold denken. Uberhaupt lautet die Ermahnung, „jetzt" nicht nachzulassen und sich nicht an dem Volk, das ζ. Z. des Mose in der Wüste frevelte und fiel, sondern an Mose zu orientieren, der sich mühte und fastete und ganz an Gott hing 58 . Vor Geldgier wird wiederholt mit Nachdruck gewarnt 5 '. D a ß es sich hierbei nicht einfach um topisches Reden handelt, zeigt m. E. die 46 48 49 51 53 55 58

47 1304/23-26. 1300/53. 1305/54; 1301/48; 1304/23; 1300/49 f.; 1301/22. 50 1304/49 f. 1304/51-54. 52 S. dazu unten bei Anm. 73. 1304/54-1305/2. 54 S. oben Anm. 23. 1305/2-6. 56 1300/10.18 f. 57 1300/28.31. 1300/23-33. 5 ' 1300/34; 1 3 0 1 / 3 9 - 4 9 . 5 5 f.; 1305/4. 1297/45-1300/5.

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Eine asketische Ermunterung

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I Schlußpointe zu der Gegenüberstellung des gerechten Josef und seiner ungerechten Brüder in c. 5: „Auch heute gibt es Leute, die ihre Brüder verkaufen und sich das Geld teilen." 60 Es wird daher Ausschau zu halten sein, ob sich in einer zeitlich relativ nahen Distanz zu der Zeit der maximinischen Strafmaßnahme des Augenausstechens noch besondere Aktionen erkennen lassen, gegen die sich die Pointe von c. 5 gerichtet haben könnte. Daneben darf freilich nicht übersehen werden, daß es bei Eröffnung der Abel-Reihe in c. 3 heißt: „Auch töten sie heute wieder den Unschuldigen; doch schreit sein Blut zum Herrn, und wir hoffen, daß es nicht übergangen werden wird wegen des Blutes so bedeutender Märtyrer."" Wenn ich recht sehe, meint der Verfasser hier einen bestimmten Einzelfall oder höchstens Einzelfälle, bei gleichzeitig vorsichtiger Verwahrung gegen Unterschätzung. Auch dies gehört zur komplexen Situation von De patientia. Daß die Bischöfe in c. 6 ausdrücklich als Verfolgte bezeichnet werden, wird in c. 9 auf die Konsequenz hin angesehen, daß „sie jetzt auch keinen Boden haben, wo sie säen" können". Die Verfolgungsmaßnahmen sind möglicherweise sonderlich gegen die Bischöfe gerichtet gewesen. Die im dunkeln verbleibenden Andeutungen von c. 8 über den beweinenswerten Fall der Mächtigen und derer, die ihren Glauben verleugneten und ins Verderben gerieten' 3 , scheinen sich ebenfalls besonders auf Bischöfe zu beziehen. Vage ist kurz vorher in c. 8 auch davon die Rede, daß es in der jetzigen Zeit eine Menge von Verwundeten gebe64. Etwas deutlicher äußert sich der Verfasser in c. 8 darüber, warum „jetzt die Zeit der Trauer ist" und „die Kirche heute wie eine Witwe wurde" 65 . Mit biblischen Worten wird die Kirchenlage vor Augen geführt: Ausbleiben der Gottesdienstbesucher, Leiden der Priester, Abführung der Jungfrauen; Unterbindung der gottesdienstlichen Feiern 66 . In diesen Zusammenhang gehört dann wohl noch c. 5: „Auch heute wieder wollen sie die Brunnen Isaaks zuschütten." 67 Was der Verfasser damit meint, geht aus der von ihm empfohlenen Gegenmaßnahme hervor: wiedergewonnen werden soll die Hilfe apostolischer Lehre 6 '. Vorausgesetzt ist hierbei viel|leicht die christenfeindliche Absicht einer Beschlagnahme und Vernichtung von Bibeln (dazu die Folgeerscheinungen der Auslieferung); denn den Gedanken daran, daß es bei der Auseinandersetzung auch um 60 61

" 65 68

1301/48 f. Σήμερον πάλιν τόν άναίτιον καΙ[ν] άχοκτε(νουσνν- άλΧά τό αίμα χρός τόν κύριον βο$, καΐ έλπίζομεν δ τι ού χαρασιωχηύήσεται διά τό αίμα τών τηλικούτων μαρτύρων. 1300/49-52. 64 1308/8. " 1308/25.29 ff. 1308/50 f. 66 6 7 1301/22 f. 1305/55-1308/4. 1305/54 f. 1301/23-26.

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den rechten Gebrauch der Heiligen Schrift gehen könnte, läßt der Verfasser von De patientia an keiner Stelle seines Schreibens aufkommen. Möglicherweise wird aber auch Maximinus' gezielter Einsatz der heidnischen Acta Pilati abgewehrt. Dies sind, soviel ich sehe, alle deutlicheren Aussagen und Hinweise, mit denen der Verfasser von De patientia sich über die Verhältnisse und Konstellationen seiner Zeit ausläßt. Hiermit ergibt sich ein in manchen Zügen doch klareres Bild, als es die skeptische Bemerkung Opitz' erwarten ließ. Im folgenden Abschnitt sind nun vor allem aufgrund der etwas disparat anmutenden Merkmale der Verfolgung, wie sie in De patientia vorausgesetzt ist, die wichtigsten Zeugnisse der Christenverfolgung des frühen 4. Jahrhunderts auf eine übereinstimmende historische Konstellation hin anzusehen.

IV Durch die Beobachtungen Schwartz' war schon die Aufmerksamkeit auf die Zeit der maximinischen und licinischen Verfolgung gelenkt". Die dabei leitende Vorstellung von der Verfolgung des Maximinus Daja ließ für De patientia nur die Alternative der licinischen Verfolgung in Betracht kommen. Doch ist die maximinische Verfolgung keineswegs eine so kompakte Größe, wie sie Schwartz in diesem Falle anscheinend voraussetzte. Berichte zeitgenössischer Kirchengeschichtsschreibung unterscheiden vielmehr verschiedene Phasen mit unterschiedlichen politischen Maßnahmen, die Maximinus den Christen gegenüber ergriffen hat. Namentlich Eusebius von Caesarea, der als Untertan des Maximinus die Vorgänge aus der Nähe mitbekam, ist ein außerordentlich wertvoller Zeuge dafür, wie man christlicherseits die Maßnahmen der maximinischen Verfolgung sah. Mag das Nebeneinander seiner Darstellungen und mag auch seine historische Sicht der Ereignisse noch manche Probleme aufgeben 70 , die Berichte des Eusebius bieten — bis hin zum Atmosphärischen' — gleichwohl ein ungemein schätzenswertes Anschauungsmate-

" 70

S. oben Anm. 23. S. besonders R . M. Grant, The religion of Maximin Daia, in: Studies in Judaism in late antiquity, ed. J . Neusner, vol. 12/4, Leiden 1975, 143 - 1 6 6 ; T. D . Barnes, Constantine and Eusebius, Cambridge M./London 1981, 148-163.

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rial aus der Christenverfolgung des frühen 4. Jahrhunderts 7 1 . Die Auswertung I im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung ist denn auch bis zu einem gewissen Grade unabhängig von einer — hier nicht nebenbei zu erzielenden — Lösung der genannten Probleme. Die m. E. wichtigste Qualität für einen Vergleich mit D e patientia ist durch beiderseitige N ä h e zu bestimmten Ereignissen sowie durch beiderseits christliche Einschätzung bestimmter Maßnahmen und Auswirkungen der Verfolgung gegeben. Das unzweifelhaft deutlichste Datum, das uns durch den Verfasser von D e patientia an die Hand gegeben ist, findet sich in c. 6: Μνήσόητε ... καί των άγίων μαρτύρων τών τοσούτων αΐκισμούς ύπενεγκόντων άχρι καί έξορύξεως όφύαλμών καί μονόφϋαλμοι έγένοντο72. „Die so vielen heiligen Märtyrer", derer die Adressaten in der Verfolgungssituation gedenken sollen, sind offensichtlich in einem weiteren Sinne, der auch ,Bekenner' einschließt, gedacht. D e r Hinweis auf die von ihnen erduldeten „Mißhandlungen bis hin auch zum Ausstechen der Augen" wirkt auf den Leser, der eine Steigerung ,bis hin zur Tötung' erwartet, gewiß befremdlich. D e r Verfasser hat aber etwas ganz anderes im Blick. Seine Worte verlieren alles Befremdliche, wenn sie mit Hilfe einer ausführlichen Bemerkung des Eusebius über die Einführung der Strafe des Augenausstechens unter Maximinus erklärt werden". Eusebius berichtet, daß die Verfolger sich in einer ersten Phase fürchterlichen Blutvergießens im Erfinden neuer M i ß handlungen (αΐκίαι) gegenseitig überboten hätten; dann aber seien sie, des Mordens müde, auf die letzten der Mißhandlungen (τά ... τών συμφορών έσχατα) gekommen: die Todesstrafe sei auf kaiserlichen Befehl hin ersetzt worden durch Ausstechen des rechten Auges sowie Lähmen des linken Beines der Delinquenten, die zur Arbeit in den Bergwerken verurteilt worden seien. In seinen Berichten erwähnt Eusebius für die im Jahre 307 beginnende und im Frühjahr 311 endende Phase der Verfolgung immer wieder die Anwendung dieser Strafe. Sie ist charakteristisch für die Christenverfolgung der Jahre 3 0 7 - 3 1 1 im Herrschaftsbezirk des Maximinus (Diözese Orient und Ägypten). Das „bis hin" (άχρι) von D e patientia 6 ist, so darf mit aller Wahrscheinlichkeit angenommen werden, auf die Wende in den maximinischen Verfolgungsmaßnahmen, mit denen die Phase der Jahre 3 0 7 - 3 1 1 eingeleitet wird, ausgerichtet. Mag man nun für c. 6 sogar diese ganze Phase voraussetzen, so bleiben bei der Ansetzung 71

72 73

Es handelt sich dabei in der Hauptsache um „Kirchengeschichte" V I I I / I X und seine verschiedenen Schriften über die Märtyrer in Palästina (hierfür immer noch nützlich die Zusammenstellung bei B. Violet, Die palästinischen Märtyrer des Eusebius von Cäsarea. Ihre ausführlichere Fassung und deren Verhältnis zur kürzeren, T U 14/4, 1896). 1304/51.54-56. Eusebius, HistEccl V I I I , 1 2 , 7 - 1 0 .

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Äthan asi ana

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des terminus post quem auf das Frühjahr 311 immer noch für die Abfassung von De patientia auch die letzten Zeiten der Herrschaft des Maximinus (Sommer 311 bis Sommer 313), genauer: die Zeit der letzten Maßnahmen des Maximinus gegen die Christen (November 311 bis Frühjahr 313). Schwartz hat diese Phase der Christenverfolgung nicht in seine I Überlegungen einbezogen. Ich möchte im folgenden zeigen, daß im Hinblick auf De patientia besonders sie alle Aufmerksamkeit verdient. Maximinus hat in seiner Diözese das Galerius-Edikt nicht veröffentlicht". Zwar sollten die Christen ab Mai 311 nicht mehr als Verbrecher angesehen werden, aber die Erlaubnis zu Versammlungen und Kirchenbau war nicht ausdrücklich erteilt, d. h. sie waren implizit noch verboten. Ca. sechs Monate währt das ambivalente Unterlassen von Verfolgung und Duldung der Christen. Dann kommt es wieder zur Verfolgung und zu einzelnen Martyrien. Als erster stirbt der Bischof Petrus von Alexandrien (26. November 311). „Auch töten sie heute wieder den Unschuldigen"; De patientia 3 " . Heidnische Gottesdienste und Hierarchie werden nachdrücklich, auch unter Einsatz von Militär, gefördert, und man ermutigt dazu, Christen zum Opfer zu zwingen. Die Warnung von De patientia 6: „Nicht verführe euch Speise", mit der Erinnerung an Eleasar, könnte damit im Zusammenhang stehen. Waren Versammlungen schon vorher implizit weiterhin verboten gewesen, kam nun auch noch das Verbot von Versammlungen auf Friedhöfen hinzu. Ich erinnere an die in De patientia 6 und 8 beklagte kirchliche, speziell gottesdienstliche Lage. Da der Druck in der Zwischenzeit (311) zwar nachgelassen, aber nicht aufgehört hat, läßt sich auch an diejenigen denken, die laut c. 6 zu Verrätern wurden, obwohl sie gar keine Mißhandlungen erlitten haben. Da Maximinus die heidnischen Acta Pilati für alle zum verbindlichen Lehrstoff erhob, könnte seine gezielt antichristliche Maßnahme bei den Warnungen vor denen, die das väterliche Erbe aufgeben (De patientia 2), und vor denen, die die Brunnen zuschütten (c. 5), vorausgesetzt sein. Daß Eusebius bei seinen Berichten auf den „Fall der Mächtigen" (c. 8) nicht eingehen will, ist

74

Im folgenden halte ich mich hinsichtlich der maximinischen Maßnahmen vor allem an die letzte ausführliche, kritische Darstellung bei Barnes, Constantine and Eusebius (s. Anm. 70) 148-163. Das hat den Vorteil, daß bei dem Vergleich mit den besonderen Hinweisen von D e patientia (s. oben Abschnitt I I I ) die Akzente nicht durch dieses Schreiben gesetzt werden. — Zu Maximinus s. noch: H . Florin, Untersuchungen zur diocletianischen Christenverfolgung, Phil. Diss. Gießen 1928, 6 8 - 9 5 ; H. Castritius, Studien zu Maximinus Daia, Frankfurter Althist. Studien 2, 1969 (hierzu A. Demandt, G n . 43, 1971, 6 9 2 - 6 9 7 ) ; T. Christensen, C . Galerius Valerius Maximinus, Kopenhagen 1974; T. D . Barnes, The new empire o f Diocletian and Constantine, Cambridge M./London 1982; W. Geerlings, Ins Bergwerk verurteilt — die „damnatio ad metalla", D e r Anschnitt 35, 1983, 130-136.

75

1300/49 f., s. oben Anm. 61.

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konzeptionell gebunden 76 ; auch in De patientia wird darüber ja nur in allgemeinen Wendungen gesprochen. Ein besonders markantes Moment sind in der letzten Phase maximinischer Verfolgung schließlich noch die von städtischen Behörden ausgehenden Aktionen mit dem Ziele der Vertreibung der Christen aus den Städten. Daß hierbei insbesondere auch I finanzielle Motive mitwirken, ist m. E. wahrscheinlich 77 . Schon im Jahre 311 kam man von Nikomedien her bei Maximin ein, die Ausweisung der Christen zu gestatten. Man kann sich denken, daß des Maximinus gnädige Antworten auf die eingereichten Petitionen der Städte „für Schikane aller Art freie Bahn schufen" 77 '. De patientia 5: „Auch heute gibt es Leute, die ihre Brüder verkaufen und sich das Geld teilen" 78 , samt den weiteren Aussagen in c. 5 über Heilige, die in die Fremde ziehen mußten, wird sofort klarer, wenn man die Berichte über jene städtischen Petitionen mitberücksichtigt. Hier sind es ja in der Tat ungerechte Brüder, die ihre (möglicherweise sogar auch blutsverwandten) Brüder verkaufen wollen. Und wenn der Verfasser von De patientia in c. 6 die niederen Motive der Verräter nennt, unter denen die Geldgier voransteht, so mag für meine positive Beweisführung als Schlußpunkt gelten, daß Lietzmann das damalige Versagen allzuvieler aus den Reihen des Klerus so zusammenfaßt: „Und zu der Schwäche der einen gesellte sich Ehrgeiz und unlautere Geschäftigkeit anderer, wie denn das Unglück gemeinhin auch die bösen Triebe üppiger gedeihen läßt." 79 Im Hinblick auf die Kommunikation mit den biblischen Heiligen, die in De patientia auf besonders eindrucksvolle Weise nahegelegt wird, sind Erzählungen des Eusebius über ägyptische Märtyrer bzw. Bekenner aus der Zeit der maximinischen Verfolgung (307-311) bemerkenswert. Im Rahmen des Berichtes über das Martyrium seines Lehrers Pamphilus u. a. kommt er auf Ägypter zu sprechen, die am Stadttor von Caesarea abgefangen worden waren' 0 . Sie befanden sich auf dem Heimweg, nachdem sie einen Transport von Verurteilten nach Kilikien begleitet hatten. Man ergriff die Christen, führte sie dem Richter vor und warf sie ins Gefängnis. Beim folgenden Verhör durch den Statthalter Firmiiianus nach ihren Namen gefragt, gaben sie statt ihrer eigenen ägyptischen alttestamentliche Namen an: „Sie nannten sich Elia, Jeremía, Jesaja, Samuel, Daniel und erwiesen sich als ,inwendig verborgene Juden' und ,reine Israeliten' nicht nur durch Werke, sondern auch durch die Namens76 77

771 78 79 80

Eusebius, MartPalaest 12; HistEccl VIII, 2,3. S. hierzu die etwas überzogene Darstellung von Castritius (s. oben Anm. 74); zu den ökonomischen Verhältnissen auch Geerlings (s. oben Anm. 74). H. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche III, Berlin 1938, 58 f. 1301/48 f. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche III, 56, zu Eusebius, MartPalaest 12. Eusebius, MartPalaest 11,5-12.

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bezeichnung." 8 1 Firmiiianus hörte diese Namen, verstand sie aber nicht in ihrer Kraft (δυνάμει) und fragte nach der Vaterstadt. „Jerusalem" war die entsprechende Antwort. Gemeint war das „obere", während der Statthalter eine irdische Stadt vermutete und deshalb unter Anwendung von Foltern deren Lage herauszubekommen suchte. Gegenüber der Beteuerung, sie sei allein die Heimat der Christen, niemand anderer habe an ihr Anteil und sie liege nach Osten hin, gegen Sonnenaufgang, suchte der völlig irritierte Statthalter mit allen Mitteln Näheres über jene Stadt zu erfahren, von der er annahm, sie sei römerfeindlich. Die Beharrlichkeit der Verhörten brachte ihnen den Märtyrertod ein. Ganz Ähnliches findet sich über ägyptische Märtyrer auch noch an anderer Stelle der Schrift des Eusebius über die palästinischen Märtyrer, allerdings nur in der syrischen Fassung 82 . D o r t handelt es sich mehr u m eine Konfrontation mit den Juden von Diocaesarea. Das Auftreten der Ägypter erhält nach dem Referat des Eusebius seine „Kraft" durch die Namensübernahme. Das klingt nach eusebianischer Interpretation. Möglicherweise war das Verhalten der Ägypter durch eine Konzeption von imitatio resp. communio sanctorum bestimmt, wie sie der Verfasser von De patientia insbesondere für den „Tag der N o t " geeignet fand. D a ß die licinische Verfolgung für De patientia im ganzen kaum in Betracht kommen kann, soll wenigstens durch eine kurze Aufstellung der von Eusebius berichteten, einschlägigen Maßnahmen belegt werden 85 : • Versammlungsverbot für Bischöfe (keinerlei Hinweis) • Entfernung der Christen vom kaiserlichen Hof (keinerlei Hinweis) • Verbot gemeinsamer Gottesdienste von Männern und Frauen (keinerlei Hinweis) • Unterricht von Frauen nur durch Frauen (keinerlei Hinweis) 84 • Verbot der Gottesdienste in den Städten; Empfehlung von Feldgottesdiensten wegen gesünderer Luft (keinerlei Hinweis) • Entfernung aller Christen aus dem Heer bei Opferverweigerung (keinerlei Hinweis) • Gefangensetzung von Christen; Verbot, ihnen Nahrung zu bringen oder ihnen zu helfen (für Verbot keinerlei Hinweis) • Vereinzelte Todesurteile (in De patientia vorausgesetzt).

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84

c. 11,8. S. Violet, Märtyrer (s. Anm. 71) 61 f.; aus c. 11 übernommen? S. H . Feld, D e r Kaiser Licinius, Phil. Diss. Universität des Saarlandes 1960, 108 ff.; Barnes, Constantine and Eusebius (s. A n m . 70) 70 ff.; Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche III, 65 f. D e patientia 7 rechnet vielleicht mit einer L e h r f u n k t i o n von Witwen, gibt aber keinen A n h a l t s p u n k t f ü r die Voraussetzung dieser licinischen Maßnahme.

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Muß man also wohl von der licinischen Verfolgung absehen, bleibt aus den angegebenen Gründen für die Abfassung von De patientia nur die letzte Phase der maximinischen Verfolgung (November 311 bis Frühjahr 313). Da bei der Todesstrafe anscheinend an einen Einzelfall, höchstens an Einzelfälle gedacht ist, mag De patientia eher auf die Anfangszeit (311/312) dieser Phase anzusetzen sein. | Zur Frage des Ortes der Herkunft läßt sich nach allem nur erst sagen, daß De patientia sicherlich aus dem Herrschaftsbezirk des Maximinus Daja stammt, daß aber darüber hinaus eine genauere Zuweisung noch nicht vorgenommen werden kann. Wenn die von Lefort angenommene Beziehung zwischen De patientia und den koptisch überlieferten Praecepta ad virgines als ein Indiz für gemeinsame Herkunft gewertet werden könnte, würde allerdings die Vermutung einer ägyptischen Herkunft möglich. Das aber ist schon in den Voraussetzungen ganz unsicher.

V

Zum Schluß der Untersuchung von De patientia möchte ich noch einen ersten Versuch wagen, die Nähe des Verfassers und seiner Adressaten zu einer asketischen Bewegung aus der Zeit der Frühgeschichte des Mönchtums an ein paar charakteristischen Momenten zu erweisen. Da hierbei der Ägypter Hierakas und sein Asketenverein ins Treffen zu führen sind, ergeben sich entsprechende häresiologische Probleme. In der Hauptsache weiß man nämlich von jenem Kreis nur durch Epiphanius 85 , der allerdings in seiner Jugend die Bewegung wohl selber kennengelernt hatte und der 85

Epiphanius, PanHaer 67, Holl-Dummer III, 2 1985, 132-140. - Zu Hierakas und den Hierakiten: L. de Tillemont, Mémoires pour servir à l'histoire ecclésiastique IV, Paris 2 1701, 411—413; C. W. F. Walch, Entwurf einer vollständigen Historie der Kezereien, Spaltungen und Religionsstreitigkeiten I, Leipzig 1762, 815-823; A. Neander, Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche II, Hamburg 2 1843,1231-1236; A. Harnack, Art. Hierakas und die Hierakiten, RE 3 8, 1900, 38 f.; G. Salmon, Art. Hieracas (Hierax), DCB 3, 24 f.; G. Bareille, Art. Hiéracas ou Hiérax, DThC 6, 1920, 2359-2361; Κ. Heussi, Der Ursprung des Mönchtums, Tübingen 1936, 58-65; E. Peterson, Art. Ieraca, EC 6, 1951, 1584f.; P. E. Kahle, Bala'izah I, London 1954, 259; B. Lohse, Askese und Mönchtum in der Antike und in der alten Kirche, München/Wien 1969, 179-181; A. G(uillaumont), Séminaire: Hiéracas de Léontopolis et les textes de Nag Hammadi, Annuaire du Collège de France. Résumé des cours et travaux 81, 1980-1981, 411—413; Isaia, il diletto e la chiesa. Visione ed esegesi profetica cristianoprimitiva nell' Ascensione di Isaia, ed. M. Pesce, TRSR 20, 1983, 223 f. 254.261.277279.284.289; V. Desprez, Lettre de Ligugé 234, 1985, 19-22. (Nicht berücksichtigt werden konnte die von den einschlägigen Bibliographien nicht erfaßte und mir erst nach Abschluß des Druckmanuskriptes nur in ihrem Titel bekanntgewordene Arbeit von Giuseppe Rosso, Ieraca, Rom 1983.)

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auch nach einigen Jahrzehnten, trotz seines Antiorigenismus, noch mit sichtlichem Respekt von dem Asketen Hierakas redete. Eine Monographie über diesen Sonderfall der Geschichte der Askese fehlt, obwohl man sich in der Einschätzung seiner außerordentlichen Bedeutung für die Frühgeschichte des Mönchtums einig zu sein scheint. | Der Bericht des Epiphanius, bei dem mit ketzerpolemischer Konsequenzmacherei zu rechnen ist, und das Schreiben des Verfassers von De patientia, das seine Adressaten zum Durchhalten in Verfolgung ermuntern soll, sind natürlich von ganz unterschiedlicher Art und deshalb für einen direkten Vergleich nicht ohne weiteres geeignet. Ich erlaube mir deshalb, für meine vergleichende Untersuchung der beiden Konzeptionen an einem Punkt einzusetzen, in dem sie durch ihre überraschende Eigenartigkeit übereinstimmen. Jean Gribomont äußert deutliches Befremden über Hierakas: „Nach seiner Ansicht besteht die eigentliche Offenbarung des Neuen Testaments in der Verkündigung der έγκράτεια schon für diese Welt, denn durch die Ehe kann das Gottesreich nicht ererbt werden; sogar die kleinen Kinder aber sind davon ausgeschlossen, weil sie das Fleisch nicht bekämpft und besiegt haben. Diese Meinung ist wahrhaft seltsam und kann nur aus einer polemischen Haltung heraus entstanden sein." 86 Es ist nicht ersichtlich, an welche polemische Situation Gribomont denkt. Der Ausschluß der kleinen Kinder ist in der Tat auffallend. Und damit ist man bei einem Moment, das auch schon in De patentia zu beobachten war. Die in dieser Welt erforderliche Mühsal ist dort den Adressaten in c. 1 sehr eindrücklich vor Augen gestellt. Hierbei ist, wie auch sonst im ganzen Schreiben, mit kleinen Kindern nicht gerechnet. Will man von einer „polemischen Haltung" reden, so ist es die einer Kampfgemeinschaft von Asketen in einer Situation der Verfolgung. Kinder (wie auch nichtasketische Jugendliche und Eheleute) gehören nicht dazu. Ein durch Askese exklusiver Kreis. Kleine Kinder haben hier anscheinend keine Verheißung; es fehlt ihnen auch die Orientierungsgruppe biblischer Heiliger. Epiphanius schreibt über die Hierakiten, daß keiner mit ihnen versammelt werde (συνάγεται), er sei denn παρθένος ή μονάζων ή έγκρατής f| χήρα 87 . Die Struktur des hierakitischen Asketenverbandes erinnert an De patientia 7f. Dort werden Presbyter, Diakone, Anagnosten, μοναχοί τέλειοι und νεώτεροι unter ihnen, παρθένοι, χήραι, πρεσβΰται, πρεσβύτιδες ή χήραι genannt 88 . Der Reihe bei Epiphanius fehlen die kirchlichen Funktionsträger. O b sie zugunsten der Ketzerpolemik, die den Abfall des

86 87 88

J. Gribomont, Art. Askese IV, TRE 4, 1979, 2 1 7 / 1 5 - 2 0 . PanHaer 6 7 , 2 , 9 : 1 3 5 / 7 f. 1305/15-44.

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Hierakas demonstrieren wollte, geopfert wurden? Heussi hat wohl recht, wenn er annimmt: „Die Bewegung entstand höchstwahrscheinlich, ohne daß es zu einem ,Bruch' mit einer katholischen Gemeinde gekommen wäre ... Mit dem Erstarken der von dem alexandrinischen Bistum geleiteten Rechtgläubigkeit erschien dann die Gruppe mehr und mehr als rückständig und häretisch." 8 9 D e r in D e patientia angesprochene Kreis ähnelt | dem clerus minor bzw. den „Leviten" der Kirchenordnungen 9 0 , die aber u m die μοναχοί und die (enthaltsamen) Alten vermehrt sind; und darin ähnelt D e patientia nun wiederum der Zusammensetzung der Hierakiten. Hier gibt es noch mancherlei zu tun, wobei namentlich auch die Witweninstitution einige Aufmerksamkeit verdient 91 . Insgesamt aber läßt sich in der Frage der auffälligen Gemeindestruktur schon eine charakteristische und aufschlußreiche gemeinsame Tendenz konstatieren. D i e Abwertung der Ehe ist in D e patientia zwar nicht wie bei Epiphanius prononciert ausgesprochen; es ist aber leicht verständlich, daß bei einer solchen Gemeindestruktur nicht erst Konsequenzmacherei zu Vorwürfen führen konnte. Daß in D e patientia Gottesfurcht mit alttestamentlichem Gesetz und Beispiel eingeschärft wird und daß Neid, Habsucht, Ungerechtigkeit v o m Alten Testament her bekämpft werden, steht in Ubereinstimmung mit hierakitischer Lehre 92 ; deren Konfrontation des Alten mit dem Neuen Bund, in dem der L o g o s die Enthaltsamkeit verkündigt, fehlt aber (beachte jedoch c. 1). Nachdrücklich moniert Epiphanius auch die hierakitische Ablehnung der Auferstehung des Fleisches. Die Auferstehung der Toten werde als Auferstehung der Seelen und als eine pneumatische Auferstehung verstanden 9 3 . Der Verfasser von D e patientia kommt gleich in c. 1 auf die Auferstehung der Toten zu sprechen' 4 . Auch er redet dabei (in einem theologisch konzentriert geschriebenen Abschnitt, der ausführlicherer Analyse, als sie hier noch geschehen kann, bedarf) nicht von einer Auferstehung des Fleisches. „Die Heiligen, die ihren Sinn auf Gott gerichtet hielten und von himmlischer Speise aßen, hielten diese Welt für ein Gefängnis; sie gaben ihre Leiber (σώματα) zum Zeugnis dahin und bewahrten ihre eigene Seele rein, damit Gott in ihnen wohne." 9 5 D i e theo-

" 90

" » " "

Heussi, Der Ursprung des Mönchtums, 62 f. DidascConstApost II, 26,3. S. hierzu O. Bangerter, Frauen im Aufbruch. Die Geschichte einer Frauenbewegung in der Alten Kirche, Neukirchen 1971, 65-93. PanHaer 67,1,9; vgl. auch 67,1,7. PanHaer 67,1,5-6 und 67,2,8. 95 1297/24-30. 1297/20 ff.

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logischen Zusammenhänge der hierakitischen Lehre von der Auferstehung der Seelen bzw. der pneumatischen Auferstehung könnten denen von D e patientia geglichen haben. Epiphanius hält fest, daß Hierakas zwar von der Auferstehung der Toten, aber nicht von der Auferstehung des Fleisches spreche; und das ist auch in De patientia der Fall. Aussagen zur Melchisedek-Geist-Problematik 9 6 gibt es in De patientia nicht, wie auch jede trinitätstheologische Reflexion fehlt. Aber man wird I ja überhaupt nicht erwarten können, daß Hierakas und die ihm Nahestehenden in allen ihren Schriften immer die ganze Reihe der von Epiphanius monierten Lehren bzw. Gebräuche vertreten haben. Mancherlei auf beiden Seiten, besonders „die Neigung, realistische Vorstellungen zu vergeistlichen", erinnert in der Tat an Orígenes 9 7 und läßt die eifernde Kritik des Epiphanius als folgerichtig erscheinen. Was dieser, den Gesetzen der Häresiologie gehorchend, pointiert oder verzerrt, sieht man in D e patientia mit Selbstverständlichkeit vertreten. Wenn Epiphanius berichtet, daß Hierakas zwar Christ gewesen, aber nicht in der Kirche verblieben und abgefallen sei' 8 , wüßte man gern mehr über das Verhältnis dieses außerordentlich gebildeten Kopten zur kirchlichen Hierarchie. In D e patientia wird ein Kreis darauf angesprochen, daß er in besonderer Weise ,seine Leiber zu einem lebendigen, Gott wohlgefälligen Opfer hingebe' ( R o m 12,1)". Von den Bischöfen ist nur aus der Distanz die Rede. In c. 7 bleibt die bischöfliche Position unerwähnt. Der Verfasser spricht von „unseren Vätern, den Bischöfen" (verfolgte Bischöfe, gegenwärtig ohne Gemeinde) 1 0 0 ; er gehört offensichtlich nicht zu ihnen. Beziehungsvoll wird an anderer Stelle über den für unsere Augen nicht mehr erreichbaren Fall der Mächtigen geschrieben 101 ; das sollen sicher Inhaber kirchlicher Machtpositionen sein. Mehr läßt sich hierüber leider auch aufgrund von D e patientia nicht sagen. Nochmals hinweisen möchte ich darauf, daß wir im Verfasser von D e patientia einen frühen Zeugen für den Titel μοναχός erkennen 102 , der damit, wenn meine Datierung des Schreibens richtig ist, vor Eusebius und besonders auch Athanasius zu stehen kommt 103 . Wer die μοναχοί τέλειοι

" 97 98 100 102 103

PanHaer 67,3, 2-5. Heussi, Der Ursprung des Mönchtums, 61. 99 1297/4 ff. PanHaer 67,1,4. 101 1304/25 f. und 1308/50Í. 1308/25.29. 1305/25. F.-E. Morard, Monachos, Moine. Histoire du term grec jusqu'au 4 e siècle, FZPhTh 20, 1973, 332-411; E. A. Judge, The earliest use of monachos for ,monk' (P. Coll. Youtie 77) and the origins of monasticism, J A C 20, 1977, 72-89; P. Miquel, Art. Monachisme III, DS 10, 1980, 1547-1557: 1547-1551; J. Gribomont, Art. Monaco 1, D I P 6, 1980, 43-45.

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sind, bedarf noch genauerer Untersuchung. Ob es Asketen sind, die am Ortsrand lebten wie der γερών, den der junge Antonius laut Vita Antonii 3 zu Beginn seiner asketischen Karriere aufgesucht haben soll104? Mit der Datierung des Schreibens De patientia auf die Jahre 311/312 und mit dem Erweis seiner Nähe zur hierakitischen Konzeption wird m. E. ein gewichtiges Stück aus der Zeit der Frühgeschichte des Mönchtums wiedergewonnen. Allein das war die Aufgabe des vorliegenden Beitrages.

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Athanasius, Vita Antonii 3: PG 26, 844/19-23.

Zum Streit zwischen Orthodoxie und Häresie an der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert Anfänge des expliziten Väterbeweises *

Es ist bekannt, daß im christlichen Osten mit den nestorianischen Streitigkeiten schlagartig in massiver Breite ein neues Argument im Kampf um Orthodoxie und Häresie Anwendung findet, das man den expliziten Väterbeweis nennen kann. Diesem neuen Argument entspricht die neue Form der christlichen Florilegien, deren Entstehungsgeschichte an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert zu beleuchten ich mir vornehme. In den Mittelpunkt meines Referates möchte ich die sogenannte Contestano Eusebii stellen, ein ob seines Argumentationsverfahrens überraschendes Dokument jener Zeit. Es eignet sich hier schon darum gut, weil es 1. kurz ist und 2. sein Verfasser voller allseitig bescheinigtem Eifer für die Orthodoxie war, da er zweimal Steine ins | Rollen brachte, die dann als Lawinen in der Kirchengeschichte des 5. Jahrhunderts niedergehen sollten — als die Entscheidungen der Synoden von Ephesus (431) und Chalkedon (451); ich meine, es eignet sich aber auch deshalb ausgezeichnet für unser Thema, weil Eusebius 6 σχολαστικός (damals noch ein Laie, agens in rebus, nachmaliger Bischof von Dorylaeum) nicht gerade groß, sondern ein agiler Orthodoxer von repräsentativem Mittelmaß war. Zudem lassen sich die aufschlußreichen Umstände der Entstehung und Auswirkung dieses Dokumentes auf Grund anderer Quellen gut überblicken.

*

Zuerst veröffentlicht in: Evangelische Theologie 21 (1961) 354-368. Die folgenden Ausführungen geben den Hauptteil eines Referates wieder, das unter dem Thema „Orthodoxie und Häresie an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert" am 3. Januar 1961 vor der „Patristischen Arbeitsgemeinschaft" in Straßburg gehalten wurde. (Einleitung und Schluß des Referates sind hier fortgelassen, weil sie nur der Einengung des mir gestellten Themas „Orthodoxie und Häresie" dienten; hingegen wird die Contestatio Eusebii vollständig in Ubersetzung mitgeteilt.) — Ich habe darauf verzichtet, diese kleine Abhandlung eine breite Fußnotenschleppe tragen zu lassen. Es mag dem Historiker erlaubt sein, „sein Wissen auch anders zu verwerten als damit, daß er es auskramt". Darin ist nicht angedeutet, daß ich nicht hoffe, auf einiges zwangsläufig nur kurz Erwähnte an anderem Orte ausführlicher zu sprechen zu kommen. Von wem ich gelernt habe, wird nicht verschwiegen werden, und obwohl ich auch „Neues" zu sagen meine, kann ich mich schon um der Einhaltung der Referatsform willen hier nicht dazu verstehen, es nach allen Seiten herauszustreichen.

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I. Ich muß die Contestatio, die recht eigentlich den Auftakt zu den nestorianischen Streitigkeiten gab, zitieren 1 : „Ich beschwöre den Leser dieses Schreibens bei der göttlichen τρίας, es den Bischöfen, Presbytern, Diakonen, Vorlesern, Laien und Einwohnern von Konstantinopel bekannt zu machen und ihnen es ebenso zu unterbreiten zur Widerlegung des Häretikers Nestorius, daß er wie der vor 160 Jahren von den orthodoxen Vätern und Bischöfen verdammte Paul von Samosata denkt. Die Sätze beider lauten wie folgt: Paul sagte: ,Maria gebar nicht den Logos*. Nestorius sagte übereinstimmend: ,nicht gebar ... Maria die Gottheit'. Paul: ,denn er war nicht vor den Äonen'. Nestorius: ,und sie geben der Gottheit, die die Zeiten schuf, eine zeitliche Mutter'. Paul: ,Maria empfing den Logos und ist nicht älter als der Logos'. Nestorius: ,wie gebar Maria den, der doch älter war als sie selbst?' Paul: ,Maria gebar einen uns gleichen Menschen'. Nestorius: ,ein Mensch ist der von der Jungfrau Geborene'. Paul: ,er ist stärker in allem, da die Gnade auf ihm ruht vom Heiligen Geiste her und auf Grund der Verheißungen und Schriften'. Nestorius: ,denn es heißt „ich habe den Geist wie eine Taube herabkommen und auf ihm bleiben gesehen", der ihm die άνάληψις schenkte (es heißt: „nach der Weisung an die Jünger, die er erwählt hatte, wurde er durch den Heiligen Geist aufgenommen = angenommen"). Dieser gab auch die δόξα, mit der Christus solchermaßen begnadet wurde'. Paul: ,daß der Gesalbte aus Davids Geschlecht nicht ohne σοφία sei und daß die σοφία so nicht in einem anderen wohne. Denn auch in den Propheten war sie, besonders aber in Moses, und in vielen hervorragenden Männern, vor allem aber in Christus, wie in einem Tempel.' Und anderswo sagt er: ,einer sei Jesus Christus und ein anderer der Logos'. Nestorius: ,ist es nicht eine Unmöglichkeit, den vor allen Äonen Geborenen noch ein anderes Mal geboren sein zu lassen und das nach der Gottheit?' | So ist klar gezeigt, wie der Frevler sagt: der vom Vater Gezeugte ist nicht von Maria geboren worden; er stimmt also mit Paul dem Häretiker überein, denn der sagt: einer sei der Logos und ein anderer Jesus Christus, und er sei nicht einer, wie es die Orthodoxie lehrt. Deswegen exzerpierte ich dir, du Streiter für den heiligen Glauben, ein Stück aus dem Bekenntnis der Kirche von Antiochien, woher auch unser ChriActa Conciliorum Oecumenicorum, ed. Schwartz, 1,1,1 S. 101 f.

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stenname stammt, denn es kennt nicht zwei Söhne Gottes, sondern einen, der vor allen Äonen als Gott von Gott dem Vater gezeugt wurde, όμοούσιος dem Vater, und denselben als den unter Kaiser Augustus von der Jungfrau Maria Geborenen; es lautet: ,wahrer Gott von wahrem Gott, όμοούσιος dem Vater, durch den auch die Äonen gegründet sind und alles geworden ist, der um unseretwillen kam und von der heiligen Jungfrau Maria geboren und unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde' und im Symbol so weiter.. Mit diesen Worten stimmt auch überein Eustathius, der selige Bischof desselben Antiochien, einer der 318 Bischöfe der heiligen und großen Synode, welcher folgendermaßen redet: ,der nicht nur Mensch ist, sondern auch Gott, wie auch Jeremias der Prophet sagt: „dieser ist unser Gott, und kein anderer gilt neben ihm; er erfand jeden Weg des Wissens und gab ihn seinem Knechte Jakob und dem von ihm geliebten Israel; danach erschien er auf Erden und hatte Umgang mit den Menschen." Wann hatte er „Umgang mit Menschen", wenn nicht zu der Zeit, da er mit ihnen von der Jungfrau geboren wurde und mit ihnen ein Kind war, mit ihnen aufwuchs, mit ihnen aß, mit ihnen trank etc.?' Wenn jemand zu sagen wagen sollte, einer sei der Sohn, der vor den Äonen Eingeborene, der vom Vater Gezeugte, und ein anderer der von der Jungfrau Maria Geborene, und es sei nicht derselbe der eine Herr Jesus Christus, der sei verdammt." Das ist ein vielleicht etwas extremes, aber doch für die Situation am Anfang des 5. Jahrhunderts bezeichnendes Exemplar orthodoxer Argumentation. Es ist gegen den vom Kaiser 428 aus Antiochien auf den vakant gewordenen Konstantinopler Bischofssitz berufenen Nestorius2 gerichtet. Nicht lange nach seiner Berufung waren die aus Antiochien mitgebrachten Nestorius-Freunde in einen schon bestehenden Streit um das Φεοτόκος verwickelt worden. Die eine Partei, der sich jene angeschlossen hatten, war der Uberzeugung, daß Maria nicht Θεοτόκος genannt werden dürfe, denn sie sei nur Mutter der Menschheit Christi; die andere, die auf dem schon zum Kultwort gewordenen Epitheton bestand, unterstellte, daß Leugner des ύεοτόκος in Christus nur einen ψιλός άνθρωπος sehen könnten. Man wandte sich an den Bischof. Nestorius schlägt vor, es solle χρνστοτόκος statt | Θεοτόκος gesagt werden, weil darin Menschheit und Gottheit geziemend gewürdigt seien. Das Oel, zur Glättung der Wogen bestimmt, gerät ins Feuer. Der entbrannte Zorn der Opposition richtet sich nun gegen ihn selbst.

Vgl. hierzu Ed. Schwartz, Über die Reichskonzilien von Theodosius bis Justinian. Ges. Schriften 4 (1960), S. 125 ff.

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Nestorius hält am Ende des Jahres 428 vier mit Tumult aufgenommene Predigten; leider sind sie uns nur zum Teil bekannt 3 . Kyrill von Alexandrien weiß über die vierte einen anschaulichen Bericht zu schreiben, da er — offenbar von unserem Euseb — genau informiert wurde 4 : „Als er (sc. Nestorius) mitten in der Kirche solche heillosen, neuen Lehren vortrug, hat ein gewisser gottesfiirchtiger Mann, der damals zwar noch ein Laie war, sich aber eine bewundernswerte Gelehrsamkeit erworben hatte, sich durch einen heftigen, aber Gott angenehmen Eifer bewegen lassen, mit lauter Stimme zu rufen: ,Der Logos, der vor den Äonen war, ist zum zweiten Male geboren worden!' er meint damit: nach dem Fleische und aus der Jungfrau. D a hierüber das Volk in Bewegung geriet und zwar so, daß die meisten und Verständigen ihn mit sehr großen Lobsprüchen belegten als einen frommen, einsichtsvollen und orthodoxen Mann, andere aber gegen ihn aufgebracht waren, hat er (sc. Nestorius) sich selbst dazwischengelegt, diejenigen gelobt, die er durch seine falsche Lehre verdorben hatte, dann aber sich gegen den, welcher seine Lehren nicht ertragen konnte, und gegen die heiligen Väter, die uns eine sehr richtige Glaubensformel vorgeschrieben, gewandt — mit den Worten: ,Ich freue mich über euren sichtbarlichen Eifer. Das, was der Unglückselige gesagt hat, kann leicht widerlegt werden; denn wo zwei Geburten, dort zwei Söhne. D i e Kirche aber kennt nur einen Sohn, den Herrn Christus.'" D e r wegen seiner Zitierkünste als gelehrt apostrophierte und wegen seines heftigen Eifers von Kyrill gepriesene Zwischenrufer ist niemand anders als Euseb, der die rhetorische Frage — übrigens das sechste und letzte Nestorius-Zitat der Contestatio —, ob es nicht ein Unding sei, den vor allen Äonen Geborenen noch einmal geboren sein zu lassen, mit dem erwähnten Zwischenruf beantwortet hatte.. Worum war es Nestorius in der Predigt gegangen? Die aus derselben erhaltenen Fragmente 5 lassen noch genügend erkennen; eines ist überschrieben: „Die Erklärung der Lehre", gemeint ist eine Erklärung des Bekenntnisses von Nizäa. Christus ist — so führt Nestorius aus — in seiner Gottheit der Schöpfer Mariens, in seiner Menschheit aber ihr Sohn, und in dieser Doppelheit der Naturen ein Sohn. D e r Vorwurf, er lehre einen bloßen Menschen, also wie Paul von | Samosata, sei unzutreffend. Für seine Lehre gebe es „viele Zeugen", nämlich „die heilige und selige

3

*

5

Die Fragmente der Predigten sind von F. Loofs gesammelt und ediert: Nestoriana. 1905. Predigt 9: S. 2 4 9 - 2 6 4 ; Predigt 8: S. 2 4 4 - 2 4 9 ; Predigt 16: S. 2 9 2 - 2 9 4 ; Predigt 14: S. 2 8 2 - 2 8 8 . Kyrill v. Alex., Contra Nestor. I, 5. Ich benutze hierfür die Übersetzung von C.W.F. Walch (Entwurf einer vollständigen Historie der Ketzereien ... Bd. 5, 1770, S. 369), die den Ton kirchenfürstlicher Salbung trefflich wiedergibt. — Vgl. zum folgenden Ed. Schwartz, Konzilstudien I, 1914. Loofs a.a.O. S. 2 8 2 - 2 8 8

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Schar der Väter" von Nizäa. Das Nicaenum wird ausführlich herangezogen; es scheint überhaupt von Anfang an durch Nestorius in die Diskussion gebracht worden zu sein, so daß seine Gegner darüber etwas in Verlegenheit geraten waren. Was tut Euseb? Die Form seiner Antwort im Zwischenruf ist für jene Zeiten nichts Besonderes; auch seine schlichte Behauptung des Gegenteils ist nicht gerade originell. Die Argumentation der Contestano ist nun sein Gegenbeweis und seine eigentliche Antwort auf die Predigt des Nestorius; sie geht sehr viel, aber nur folgerichtig weiter, ist jedoch nichtsdestoweniger erstaunlich: Euseb beruft sich auf das Symbol der Heimatkirche des Nestorius und auf einen Satz, den der dermalige Bischof von Antiochien und Synodale von Nizäa, Eustathius, geschrieben haben soll. (Ich muß hier die interessante Gegenüberstellung der angeblichen Sätze Pauls von Samosata mit denen des Nestorius einklammern; in beiden Fällen ist die Contestatio der älteste Tradent. Das gibt ihr auch für diesen Teil Gewicht. Aber Verketzerung von Sätzen durch Parallelisierung mit früher — möglichst durch eine Synode — verurteilten Sätzen ist ja auch für jene Zeit nichts Neues mehr.) Die Beschränkung auf das Anrufen zweier so gearteter Autoritäten ist nun doch merkwürdig genug für j emand, der von theologischen Diskussionen des vierten Jahrhunderts herkommt. Nicht Schrift, nicht Nicaenum, sondern der Auszug aus einem durchs Nicaenum nicht unbeeinflußt gebliebenen Lokalbekenntnis steht neben dem Fragment aus der Schrift angeblich eines der 318 Bischöfe von Nizäa. Das sind die offenbar für Euseb suffizienten Autoritäten für ein Verdammungsurteil. Was ist hier geschehen? Es liegt nahe zu anworten: da Nestorius sich gern als Antiochener geriert habe, handele es sich also um einen geschickt aus taktischen Erwägungen vollzogenen Schachzug — ein Gesichtspunkt, bei dem es Ed. Schwartz gern bewenden läßt, und er mag hierfür auch zutreffen. — Es ist von M. Richard, dessen Angaben über die Vorgeschichte der christlichen Florilegien' ich dankbar verwertet habe, darauf aufmerksam gemacht worden, daß durch die Gunst der Verhältnisse, zu denen es im 4. Jahrhundert aufgrund der zunehmenden Anerkennung der Kirche durch das Imperium gekommen war, Bibliotheken entstehen konnten, die sehr bald den Theologen Möglichkeiten boten, sich weit ausführlicher als vorher mit Väterschriften zu befassen, und daß so auch das Entstehen der neuen Argumentationsform zu erklären sei. Das ist sicher richtig, aber daß man die so gegebenen Möglichkeiten in dieser Weise wahrnimmt, ist ja nicht selbstverständlich, oder wenn es denn selbstverständlich sein soll, doch eher in dem Sinne, daß es für die M. Richard, Les florilèges diphysites du V e et du VI e siècle, in: Das Konzil von Chalkedon. Hrsg. v. Grillmeier-Bacht. Bd. I, S. 721 ff.

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Selbstverständlichkeiten und das Selbstverständnis jener Zeit bezeichnend ist. I

II. Wie die meisten Formen ist auch die Form des christlichen Florilegs nicht vom Himmel gefallen. Da wir ihre Voraussetzungen in der antiken Doxographie nur mehr ahnen, aber (bisher) nicht wirklich belegen können, beschränke ich meine Ausführungen hier auf den christlichen Gebrauch dieser Form, der seit dem 4. Jahrhundert zu beobachten ist. Schon Athanasius war in einen Streit um Väterzitate verwickelt worden. Die von ihm sogenannten Arianer, in Wirklichkeit die „orientalischen Bischöfe, die das Nicaenum gegen die Marcellische Theologie abgrenzten" (Opitz), hatten sich nicht ganz zu Unrecht auf einen Satz des Dionysius von Alexandrien berufen. Die Angelegenheit ist nicht mehr recht durchsichtig, da wir auch nur einseitig durch Athanasius, De sententia Dionys» 7 unterrichtet werden. Doch die Polemik des Athanasius ist auch so interessant genug: Die arianische Häresie habe keinen vernünftigen Grund oder ein Schriftwort mehr zur Verteidigung, so bleibe ihr nur noch nach Ausflüchten zu suchen, und als Rettung greife sie zu Dionysius von Alexandrien, der nun als angeblicher όμόδοξος ins Treffen geführt werde (cap. 1). Aber es sei nicht der wahre Dionysius, sondern nur einer seiner Sätze, ein Fragment. Damit tue man nichts anderes als Kaiphas und die Seinen, die trotz der Wunder Christi sich gegen die Schrift und alle Beweise auf das „Abraham ist unser Vater" stützen zu können meinten, in Wahrheit aber nur den Teufel zum Vater hätten. Genauso die Arianer, die die Gottheit Christi leugnen. Athanasius dreht jetzt den Spieß um: Dionysius sei Zeuge der von ihm selbst vertretenen Wahrheit, denn wenn er den Irrtum der Arianer geteilt hätte, wäre er fraglos ebenfalls anathematisiert worden (cap. 3). Gegen die Echtheit des Zitates bringt Athanasius nichts vor; auch gegen ungenaue Zitierweise hat er nichts einzuwenden, sie war gebräuchlich und wurde von ihm selbst praktiziert. Doch als wesentlicher Einwand gilt ihm, daß man nur aus einem Satz und nicht aus allen den Glauben des Dionysius dargetan habe. Wenn es der einzige wäre, den man von diesem hätte, gibt Athanasius zu, dann wäre er allerdings anzuklagen. Gesamtinhalt, Ursachen und Umstände der Schriften seien nicht aus den Augen zu lassen. Dann jedoch komme es zu einem ganz und gar anderen Resultat: man werde Dionysius sodann nicht mehr zu tadeln haben, sondern bei genauer Kenntnis der Verhältnisse vielmehr seine mannigfache Kenntnis bewundern (cap. 4). Aus diesen Gründen 7

Athanasius Werke, hrsg. v. H.-G. Opitz, Bd. II, S. 46 ff.

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werden dann von Athanasius als Replik lange Dionysius-Passagen zitiert. D e r Ausblick, den er am Schluß (cap. 27) hinzufügt, entspricht genau seinem Konzept: „Was werden nun, da die Dinge so liegen, daß die Rechtgläubigkeit des Bischofs Dionysius aus seinen Schriften erwiesen ist, die Ariaoer anstellen? Wen werden sie nach dieser ihrer Widerlegung nun fernerhin verleumden? Denn sie müs|sen, da sie den Grund der A p o stel haben fahren lassen und in ihrem Sinne schwanken, einen Halt suchen, und wenn sie keinen finden, im übrigen über die Väter Lügen verbreiten. Aber keiner wird ihnen mehr glauben ... denn von allen ist ihre Häresie verworfen; es sei denn, sie wollen noch vom Teufel reden, allein dieser stimmt ja mit ihnen überein, vielmehr — so schließt Athanasius — er ist es selbst, der ihnen die Häresie eingab." — Zu nennen ist hier noch von Athanasius die für sein Traditionsverständnis interessante Schrift D e decretis Nicaenae synodi, in welcher er sich cap. 25-27 mit einer Zitatenreihe aus Schriften des Theognost, der beiden Dionyse und des Orígenes — „mit Ausnahme des Dionysius v. R o m Orígenes und seine echtesten Schüler" (Opitz)! — gegen „Eusebianer" wie Acacius wendet. (Vgl. Athanasius, D e synodis 13.) Heilige Schrift und Nicaenum als Inhalt der Schrift und nur so auch als Väterzeugnis sind jedoch die für Athanasius ausreichenden Autoritäten der Kirche. Der explizite Väterbeweis spielt in seiner Argumentation noch keine eigene Rolle. D i e Orientalen, vermutlich aus der Schule Eusebs von Caesarea, greifen wohl als erste zu diesem Argumentationsverfahren, um das Nicaenum in Frage zu stellen. Die Fassung ihrer Beweisform ist uns nicht mehr bekannt. D a s gleiche gilt für den homöusianischen Verweis auf die Akten der Synode von Antiochien 268 (Äthan., D e synodis 41—45). Von Basilius von Caesarea ist das erste profiliertere Florileg erhalten. A m Schluß seiner letzten großen Schrift, D e spiritu sancto 29 (71-75), steht eine Reihe von kirchlichen Zeugen für die Verwendung der doxologischen Formel „mit dem Geiste" ein. O b und inwiefern Basilius eventuell von seinen Gegnern solch Beweisverfahren übernommen hat, vermag ich nicht zu sagen. In der Antwort auf die Apologie des Eunomius fand es offenbar auf beiden Seiten noch keine Verwendung. Immerhin scheint doch die Argumentation des Basilius Eunomius dazu gedrängt zu haben. Gregor von N y s s a jedenfalls kann den Anspruch des Eunomius, ή τών ώγίων χρήσις für sich zu haben, damit zurückweisen, daß ihm die A u t o rität der Hl. Schrift genüge'. D o c h neben den Anhomöern hat sich Basilius in zunehmendem Maße auch gegen sogenannte Sabellianer abgesetzt. Seine Briefe an die Neocae-

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Contra Eunomium 1. III, 1, 7-19, ed. W. Jaeger, Vol. II (1921), S. 4-8.

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sareenser, speziell ep. 204, lassen sein Übergehen zur neuen Argumentationsform gut erkennen: es wird zur Beseitigung der Unstimmigkeiten auf die gemeinsamen διδάσκαλοι τε των μυστηρίων του όεοΰ καί πατέρες πνευματικοί, besonders auf Gregor den Wundertäter und alle Bischöfe Neocaesareas, welche deutliche Zeichen eines himmlischen Wandels hinterlassen haben, verwiesen (cap. 2). „Welcher Beweis von unserem Glauben aber", so kann er cap. 6 sagen, „möchte deutlicher sein als dieser, daß wir unter Aufsicht unserer Großmutter, der seligen Frau, welche von Euch stammte, erzogen worden sind?" Er erklärt, überall herumgereist zu sein und immer | nur die gesunde Lehre in sich aufgenommen zu haben. Für sein Verhalten Konvertiten gegenüber beruft er sich auf einen Brief des Athanasius. Im übrigen sei die Streitfrage billiger nicht nach der Meinung eines oder zweier Menschen, die nicht den geraden Weg der Wahrheit gingen, zu beurteilen, sondern nach dem Zeugnis der vielen Bischöfe in der ganzen Ökumene, die mit ihm vereinigt seien (cap. 7) — jedoch dies alles, ohne jemals ein Zitat als beweiskräftig anzuführen. Erst bei der Abfassung von De spiritu sancto wird der explizite Väterbeweis aufgenommen, nicht ohne Rechtfertigung desselben, denn selbstverständlich ist für ihn dieses Argument noch keineswegs. Es wird mit 1. Kor. 11, 2 und besonders 2. Thess. 2, 14 („Haltet euch an die Überlieferungen, welche ihr empfangen habt, sei es durch mündliche Rede oder durch einen Brief") als apostolisch erklärt, an Überlieferungen, die nicht in der Schrift stehen, festzuhalten, und deshalb müsse nun auch bei der apostolischen Formel „mit dem Geiste" geblieben werden. Wie vor einem Gericht werden mangels schriftlicher Beweise viele Zeugen namhaft gemacht: Mit etwas Zurückhaltung verweist er dabei auch auf seinen eigenen geistlichen Vater (Dianius). Es werden zuerst nur vornizänische Autoritäten, nämlich Irenaeus, Clemens Romanus, Dionysius von Rom und der von Alexandrien, erwähnt und zitiert, bezeichnenderweise mit dem Votum des letzten gegen die Sabellianer beginnend. Neben Eusebius- und Africanus-Zitaten werden reservierter Origenessätze benutzt, aber dann mit Begeisterung Gregors des Wundertäters Heiligkeit in Lehre und Leben beschrieben — ein Zitat ist überflüssig, man könne auf einer kleinen Reise nach Neocaesarea die liturgische Formel dort noch in Kraft sehen. Sein Florileg läuft danach in pauschaler werdende Nennungen orthodoxer Bischöfe, ja Länder aus. Eine kirchliche Form des expliziten Väterbeweises ist so kreiert, doch ist sie damit noch nicht allgemein üblich geworden — ich erinnere an die eben erwähnte Einstellung Gregors von Nyssa. Bei Theodor von Mopsuestia findet sich in einem antiapollinaristischen Fragment der Versuch eines Väterbeweises'. Es wird aus der Kirchenge'

T h e o d o r i Mopsuesteni Fragmenta Syriaca, ed. Sachau (1869), syr. S. 67 f.; lat. S. 41 f.

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schichte des Euseb von Caesarea ein Wort des Herrenbruders Jakobus nach Hegesipp zitiert; mit geschicktem Griff hat Theodor so drei Zeugen für seine Bezeichnung Christi als Menschen benannt; daneben erscheint noch ein Satz des Justin. — Auch Apollinaris scheint nicht an dieser Argumentationsform vorbeigegangen zu sein. — Wichtig sind jedenfalls wohl die Werke Eusebs von Caesarea hierfür gewesen. Auf der Synode von Konstantinopel 383 kommt der Versuch, den expliziten Väterbeweis aufzunehmen — soweit wir durch Socrates (Hist, eccl. 5, 10) hierüber unterrichtet werden —, hoffnungslos zum Scheitern. Man hatte sich durch Anregung des novatianischen Presbyters Sisinnius und durch Anordnung des Kaisers an vornizänischen | Autoritäten, die noch nicht durch die Glaubensentscheidungen des 4. Jahrhunderts beeinflußt waren, ausrichten wollen. Es ist für die hier zu behandelnde Frage interessant, daß man sich davon eine Lösung hatte versprechen können und daß es dann schließlich doch nicht mehr mit Hilfe dieses Arguments zu einer solchen gekommen ist. Mehr wissen wir hiervon nicht. Im Westen hatte sich Augustin mit Versuchen des Pelagius, Vätersätze für seine Zwecke zu benutzen, auseinanderzusetzen gehabt. Für Augustin selbst ist, soweit ich sehe, die Form des Florilegs und auch dieses Argumentationsverfahren eigentlich nicht maßgebend gewesen, selbst wenn er sich in Abwehr der pelagianischen Ansprüche darauf einlassen mußte. Wer der erste im Westen war, der sich der noch neuen Beweisform bediente, und wo er sie, falls es in der damaligen Situation dessen bedurfte, erlernt hat, gestehe ich nicht zu wissen. Vermutungen über Pelagius liegen nahe, doch ist hier damit nicht viel zu gewinnen. Wenn ich also recht sehe, handelt es sich bei den genannten kirchlichen Versuchen, den expliziten Väterbeweis aufzunehmen, merkwürdigerweise hauptsächlich um A b wehrmaßnahmen gegen häretische oder doch zumindest von orthodoxer Seite als häretisch verdächtigte Versuche, sich einer älteren, als rechtgläubig allgemein anerkannten (vornizänischen) Tradition auf Grund von Väterzitaten zu versichern. Gewiß in verschiedener Weise, aber doch deutlich in gemeinsamer Tendenz behaupten Athanasius, Basilius und Augustin, das ganze Zeugnis aller Väter aufzunehmen und ihm in ihrem theologischen Reden zu entsprechen. Die Häresie — so ist die Auffassung — möchte wohl die Tradition der Väter und ihren Geist an sich ziehen, aber sie kann diese nicht ertragen, ohne sich selbst aufzugeben. Alles, was sie bei ihrem Zugriff in den Händen behält, sind tote Fragmente.

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III. D o c h ich muß noch einmal auf die Contestatio Eusebii zurückgreifen. Euseb hatte dort am Schluß einen Satz angeblich des Eustathius von Antiochien angeführt. Das Fragment stammt keineswegs von diesem, sondern ist einer pseudathanasianisch überlieferten Schrift D e incarnatione et contra Arianos 1 0 entnommen. Vermutlich ist das Pseudathanasianum in marcellianischen Kreisen entstanden, die — wie man weiß — sich im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts mit der Eustathianer-Minderheit von Antiochien liiert hat. In diesen altnizänischen Gemeinden muß allem Anschein nach der Väterbeweis ebenfalls schon eine große Rolle gespielt haben. D i e Gemeinde des Paulinus von Antiochien stand in dauernder Bedrängnis, obwohl sie von Athanasius, Epiphanius, Hieronymus, A m brosius von Mailand und | vom römischen Bischof anerkannt war. Hier in Antiochien und um Ankyra hatte man in Auseinandersetzung besonders mit Apollinaris und seinen militanten Anhängern allen Anlaß, die nizänische Rechtgläubigkeit und die Ubereinstimmung mit Athanasius herauszustreichen. Hier wurden Athanasius-Schriften gesammelt und gerieten mit eigenen Erzeugnissen durcheinander, sicher wohl nicht immer ohne Absicht. Hier wurden allem Anschein nach Athanasius-Schriften — genauso wie auf seiten der Apollinaristen — auf den neuesten Stand der Diskussion gebracht. Hier ist höchstwahrscheinlich auch das erste Athanasius-Florileg entstanden". Das konsequente Eintreten des bewunderten alexandrinischen Bischofs für seine Interpretation des Nicaenum hatte diese seine Zeitgenossen den Namen Athanasius mit dem Nicaenum identifizieren lassen. Sein Name war zu einer faszinosen G r ö ß e geworden und hatte konkurrenzlose Autorität in jenen Kreisen gewonnen. Berufung auf ihn bedeutete Nachweis der eigenen Orthodoxie. Naturgemäß bewiesen dabei die Interpolationen und die unterschobenen Schriften noch viel stringenter, was man bewiesen haben wollte. U b e r die Auswirkungen dessen ist bekannt, daß schon Kyrill, der es Athanasius in allem gleichzutun bestrebt war, in seiner christologischen Hauptformel μία φύσις τοϋ ιϊεοϋ λόγου σεσαρκωμένη einer apollinaristischen Fälschung 1 2 aufgesessen ist, die unter dem N a m e n des Athanasius vermutlich schon recht früh in U m l a u f gebracht worden war; noch kaum bemerkt ist es, daß auch eine andere pseudathanasianische Formel, die er im Osterfestbrief von 420 1 3 zitiert: δύο πραγμάτων άνομοίων κατά τήν φύσιν έν ταύτφ γέγονε

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Cap. 22, Migne P G 26, 1023 B / C . Vgl. M. Richard, a. a. O . S. 734 und 747 f. Oratio ad dominas 10. Acta Concil. Oecum., ed. Schwartz, I, 1, 5, S. 65f. Migne P G 77, 572 A.

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σύνοδος, nun aus einer Schrift wohl des anderen altnizänischen Lagers", nicht ohne Einfluß auf seine christologische Terminologie geblieben ist. Bei den rivalisierenden Gruppen der Schule des Apollinaris läßt sich eine ähnliche Erscheinung der Sammlung von Auszügen aus Schriften eines Mannes, hier allerdings des verehrten Schulhauptes, bemerken. Harnacks Bemerkung über jenen Kreis mag an dieser Stelle einzuflechten erlaubt sein: „Die Schule des Apollinaris erinnert in ihrem festen Zusammenhalt, ihrer Verehrung für den Meister, ihrer Rührigkeit und Keckheit, endlich in ihrem Bestreben sich in der Kirche durchzusetzen, an die Schule Lucians. Sie war wie diese vornehmlich eine Exegetenschule, zugleich wie diese eine Schule für theologisch-philosophische Technik ... Aus solchen Bedingungen erwächst stets ein besonderer Übermut und das zuversichtliche Bewußtsein der Überlegenheit über alle anderen. ,Allein und zuerst hat unser Vater Apollinaris das allen verborgene Geheimnis ausgesprochen und klargestellt, nämlich daß Christus aus dem Bewegenden und Bewegungslosen ein Wesen ward', so schreibt ein | Apollinarist an den anderen ,.." 1 5 Der Unterschied zu den Verfassern des AthanasiusFlorilegs liegt bei Anwendung derselben Formen im verschiedenen Interesse am zitierten Vater. Hier sind es vornehmlich das Schulhaupt, die Person des — so kann man im antiken Sinne sagen — Häresiarchen, und seine Entdeckung, die im Mittelpunkt stehen. Damit hat man aber einen Punkt erreicht, an dem altkirchliche Orthodoxie sehr hellhörig wurde, denn solche Einstellung widersprach diametral ihrer Ansicht von der συμφωνία des Bekenntnisses in der Kirche. Nur Heiden und ihre Philosophen hegen hiernach verschiedene und neue Meinungen — die αίρεσις als Philosophenschule ist durchaus im Blickfeld. Nicht so viel Gespür waltete anscheinend bei der im Grunde ja nicht weniger zweifelhaften Zitatenklauberei, die unter Ausnutzung der Autorität des Athanasius zur Bestärkung der eigenen Position aus seinen Werken auswählt, was gerade gefragt ist, und so nicht minder, wenn auch in anderem Sinne häretisch verfährt. (Eine Parallele oder vielleicht eher noch eine Voraussetzung für dieses Verfahren scheint auch der Gebrauch von Schriftflorilegien zu sein.) Wir konstatieren also das Vorhandensein einer persönlich gebundenen Florileg-Literatur, die im Kampf um den Nachweis der Orthodoxie von bedrängten oder missionierenden Gruppen als schlagkräftige Waffe benutzt wurde. Es dürfte kein Zufall sein, daß wir hier bei dem AthanasiusFlorileg der Marcellianer — Eustathianer wieder an die Auseinandersetzung des Basilius mit den Neocaesareensern erinnert werden. Die sogenannten Sabellianer des Basilius sind nichts anderes als Marcellianer. (Es wird wohl von hier aus auch verständlich, wie die Verkirchlichung der 14 15

„Athanasius", D e passione et cruce domini 12, Migne P G 28, 205 C . A. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte. 4. Aufl. (1909), S. 332, Anm. 3.

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Argumentationsform des expliziten Väterbeweises durch Basilius zur Notwendigkeit wurde.) Im Eifer um und für die eigene Orthodoxie war man dazu übergegangen, sich wie eine αίρεσις zu gebärden, indem man sich in die unbedingte Abhängigkeit einer Autorität begab, deren Legitimation durch die andere des apostolischen Schriftzeugnisses nicht mehr oder doch kaum noch zur Kenntnis genommen wurde. Das gilt zweifellos nicht für Basilius, aber man muß sich doch fragen, ob seine Maßnahme nicht Wege ebnen half, auf denen er sich dann nicht hätte finden lassen wollen. S o stehen die Vorläufer der neuen F o r m theologischer Argumentation, die in der Contestatio Eusebii einprägsam entgegentritt, in einem etwas fatalen Licht, dessen Schimmer auch auf diesem Dokumente ruht. D i e Hl. Schrift als zureichende Autorität — so bei Athanasius — war durch das Bekenntnis von Nizäa, das den Sinn der Schrift enthielt, gehalten — so meinte es Athanasius auf Grund der Schrift beweisen zu können. Aber auch das Nicaenum blieb nicht mehr eindeutig. Man ging darum dazu über, Väter von N i z ä a und ihre Nach|folger zur Auslegung des N i caenum auf eigentümliche Weise zu hören, indem man aus ihren Schriften testimonia für die eigene Lehre zog. Das Verständnis von Kirche und D o g m a läßt keine andere Annahme als diese zu, daß die Selbigkeit dogmatischen Denkens und Redens in der orthodoxen Kirche vollauf diese Maßnahme rechtfertige. So werden denn Sätze, die nicht up to date sind, übergangen oder ausgelassen und in ihrer Andersartigkeit übersehen; so läßt sich das schwierige Terrain der Väterschriften im Fluge bewältigen. A u s der Respektierung von kirchlicher Autorität wird so durch theologische Willkür und häufig auch damit verbundene theologische Stumpfheit Abhängigkeit von der absolut gesetzten Autorität der eigenen theologischen Diskussion oder der nicht minder absolut gesetzten Autorität eines Vaters. Eins schließt das andere nicht aus. — D a es ja ein Vater ist, durch den in N i z ä a der Heilige Geist sprach, genügt es, jetzt nun auch — jedenfalls dem Verfasser der Contestatio — einen sonstigen Satz dieses Vaters Eustathius als kirchlich autoritativ heranzuziehen. Daß Euseb bei diesem Akt orthodoxer Willkür bona fide selbst Opfer anderer orthodoxer Willkür wurde, ist nicht ohne Ironie und ein Zeichen dafür, daß zu seinen Zeiten als Kriterien für Orthodoxie und Häresie bedenkliche Autoritäten in die Diskussion gebracht worden waren. Ich könnte auch so sagen: die falsche Einschätzung, die Uberschätzung an sich respektabler Vätersätze, ihre Isolierung und Absolutsetzung und d. h. die Unterschätzung der so vergewaltigten Sätze bleibt nicht ohne Gegenschlag, den diese selbst gegen ihre zumindest fahrlässigen Benutzer ausführen. E s liegt bei der Heraushebung der Contestatio nicht in meiner Absicht, den Stein bei seiner Loslösung mit der Lawine und ihrer vernichtenden

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Wirkung zu verwechseln. Die Contestatio steht am Anfang des nun in aller Breite einsetzenden expliziten Väterbeweises, sie steht auch am Anfang der Ereignisse, die zur Verurteilung und zum Leidenswege des Nestorius und seiner wenigen treu gebliebenen Freunde führen sollten, wobei es mir nicht ausgemacht erscheint, welches hiervon die größere Tragödie in der Kirchengeschichte war. Nach beiden Seiten darf aber Kyrill von Alexandrien den zweifelhaften Ruhm für sich buchen, unter Ausnutzung des von Euseb und anderen an die Hand Gegebenen mit kirchenpolitischer Raffinesse das Mögliche geleistet zu haben.

IV. Die Wirkung der Agitation Eusebs ist auch in Rom nicht ausgeblieben". Das ist noch zu ersehen aus dem interessanten Material, das | Johannes Cassian von seinem Freunde und Gönner, dem rasch handelnden und für Fragen griechischér Theologie wenig verständnisvollen Archidiakon, dem späteren Papst Leo, aus dem römischen Archiv zur Verfügung gestellt bekam. Das im Auftrage Leos noch vor August 430 geschriebene Werk Cassians De incarnatione domini contra Nestorium enthält ebenfalls wie die Contestatio — nur ausführlicher — Exzerpte aus den vier Predigten des Nestorius und längere Passagen des antiochenischen Symbols. Cassian weiß jedoch mit einer für den Westen viel aktuelleren Ketzerparallele aufzuwarten, um Nestorius zu diskriminieren: Pelagius vertritt hier die Stelle des Paul von Samosata. In aller Weitläufigkeit wird dem Schriftbeweis Raum gegeben, und zwar müsse die Schrift im orthodoxen Sinne und nicht, wie es die Häresie treibe, verkürzt ausgelegt werden — ein ständig gegenseitig erhobener Vorwurf. Das antiochenische Symbol wird zur Selbstwiderlegung des Angeklagten herangezogen (VI, 3 ff.); es sei zwar besonders das Bekenntnis der antiochenischen Christen, aber da die Kirche eine sei, auch das der ganzen orthodoxen Kirche. Aber dies Symbol ist jetzt gleichfalls auslegungsbedürftig geworden, denn die Ketzerei beruft sich nun schon darauf. Wäre Nestorius als ein Arianer oder Sabellianer unterrichtet und getauft worden, so wäre allenfalls eine Verteidigung mit seinem Taufbekenntnis anzuerkennen gewesen, abgesehen davon, daß sich dann die wünschenswerte Hartnäckigkeit mit dem Irrtum verbunden hätte. Da aber Nestorius nun weder Sabellianer noch Arianer — Stoßseufzer des Ketzerbekämpfers: „ach wärest du's doch gewesen!" — ist, muß das auch von ihm bekannte Symbol zum Kriterium 16

Ed. Schwartz, Konzilstudien I, 1914. — Vgl. auch E. Amann, L'affaire Nestorius vue de Rome. Revue des Sciences Religieuses 23 (1949), S. 231, Anm. 2.

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werden, ob er noch Katholik oder ein Apostat sei (VI, 5,3-4). Doch ganz scheint Cassian von der Kraft dieses Arguments nicht mehr überzeugt zu sein. Er erklärt zwar Nestorius auf Grund des Ansehens von Schrift und Bekenntnis für widerlegt, aber die Glaubensvoten „der gegenwärtigen Zeit" treten nun noch als bestärkend hinzu (VII, 24,1). Und das Florileg (VII, 24-30) mit Sätzen von Hilarius, Ambrosius, Hieronymus, Rufin, Augustin, Gregor von Nazianz, Athanasius und vor allem Johannes Chrysostomus gibt endlich Sicherheit in dieser Frage. Selbst wenn nicht alles angeführt werden könne — kann er gelegentlich bemerken —, so gehe es doch „mehr um die Aufzählung als um eine Auslegung der dicta, da sie zur Auslegung sich selbst genügen" (VII, 24, 4). Hier ist die unmittelbare Vorstufe zu dem erreicht, was im Commonitorium des Vinzenz ausdrücklich zum Thema gemacht wird, nämlich: wie ist „auf sicherem und gewissermaßen allgemeinem und regulärem Wege die Wahrheit des katholischen Glaubens von der Falschheit der häretischen Verzerrung zu unterscheiden" ? (cap. 1 ) Die klassische Antwort, daß wegen des Schriftgebrauchs der Ketzer die Norm der Heiligen Schrift mit der Autorität der kirchlichen Tradition zu verbinden sei, ist aber im Ganzen des Commonitorium doch nicht durchgehalten, sondern lautet eindeutig zugunsten der Tradition. Eine fast kasuistische Regulierung (cap. 3) sorgt dafür, daß im | Falle des Auftretens einer neuen Häresie praktikable Verfahrensweisen zur Verfügung sind: 1. sei aufs Altertum zurückzugreifen, weil es noch nicht verführt sei; 2. beim Versagen dieses Kriteriums, weil eben im Altertum auch schon Irrtümer vorgekommen seien, sollten Konzilsbeschlüsse vorgezogen werden; und 3. beim Fehlen solcher für die anhängig zu machende Streitfrage, seien die Sprüche der Väter zu vergleichen und heranzuziehen, aber nur von denjenigen Vätern, die im Glauben und in der Gemeinschaft der Kirche und in rechter Lehre verblieben sind, mögen sie auch zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten gelebt haben, und zwar müßten es dann schon alle sein und nicht nur zwei oder drei. Das Ganze wird mit Beispielen aus der Ketzergeschichte gespickt. Mit vollem Recht schneiden dabei besonders schlecht Schüler und Epigonen ab, die sich dunkler Worte von Lehrern bedienen, um mit ihnen ihre häretischen Meinungen als traditionell aufzuputzen. Das führt denn auch zur bekümmerten Frage, warum Gott es so oft zulasse, daß einzelne ausgezeichnete Personen innerhalb der Kirche den Katholiken neue Lehren verkündeten (cap. 10). Die Antwort lautet mit Dtn. 13, 1-3, Gott wolle seine Kirche prüfen, ob sie ihn von ganzem Herzen und mit ganzer Seele liebe oder nicht. So konnten Valentinus, Donatus, Photin, Apollinaris, Orígenes und Nestorius und daneben der nicht genannte, aber gemeinte Augustin Irrlehren verbreiten. Und die Versuchung sei stark, weil Vorurteil und Zuneigung kein Urteil wagen ließen. Der Rechtgläubige aber nehme mit der Kirche die Lehre an und

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verlasse nicht mit dem Lehrer den Glauben der Kirche. Sollten wie im Fall des Orígenes Fälschungen der Schriften eines Lehrers vorgekommen sein, so sei diese Versuchung nicht gerade geringer, denn schon allein auf die Autorität seines Namens hin habe die Häresie Verbreitungsmöglichkeiten gefunden. Gewiß gebe es in der Kirche Christi einen Fortschritt gemäß dem Gesetz des Wachstums, aber das sei eben ein Wachstum und keine Veränderung. „Demnach ist jener ein wahrer und rechter Katholik