Architektur und Kommunikation: Zur Medialität gebauter Wirklichkeit 9783839432693

How does architecture communicate? How do organizations communicate through architecture? The cultural studies academic

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German Pages 138 Year 2015

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Architektur und Kommunikation: Zur Medialität gebauter Wirklichkeit
 9783839432693

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
1. Einleitung
2. Strategie
3. Veränderung
4. Netzwerk
5. Schlussbemerkung
6. Literatur

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Alexander Gutzmer Architektur und Kommunikation

Architekturen | Band 32

Alexander Gutzmer ist Chefredakteur des Architekturmagazins »Baumeister« und Editorial Director des Verlags Georg D.W. Callwey. Zuvor arbeitete der promovierte Kulturwissenschaftler und Diplom-Kaufmann als Editorial Director bei der Hubert Burda-Tochter »Burda Creative«. Gutzmer ist Professor für Medien und Kommunikation an der Quadriga-Hochschule in Berlin.

Alexander Gutzmer

Architektur und Kommunikation Zur Medialität gebauter Wirklichkeit

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Satz: Justine Haida, Bielefeld Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3269-9 PDF-ISBN 978-3-8394-3269-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Vorwort  | 7 1. Einleitung  | 9 2. Strategie  | 15 A) Strategie und Erleben | 15 B) Architektonisches Erleben | 19 C) Architektur als Medium | 28 D) Marke und Markenerlebnis | 37 E) Markenerlebniswelten – Begriff und Abgrenzung | 39 F) Erlebniswelten in der Markenkommunikation | 42 G) Architektur als Element von Erlebniswelten | 44 H) Zwischenfazit | 70

3. Veränderung  | 73 A) Veränderung und gebauter Raum | 73 B) Organisationsidentität | 76 C) Organisationsidentität und Corporate Identity | 80 D) Corporate Architecture – ein »Instrument« der Corporate Identity? | 81 E) Architektur und Change Communication | 86 F) Zwischenfazit | 102 4. Netzwerk  | 105 A) Architekturdiskurs und das Netz | 105 B) Architekturkritik und Architekturdiskurs – eine Akteur-Netzwerk-bezogene Annäherung | 108

C) Kritik auf Facebook: Emergente Netzwerke | 111 D) Kritiker auf Facebook: Fragile Akteure | 116 E) Zwischenfazit | 120

5. Schlussbemerkung  | 123 6. Literatur  | 127

Vorwort

Früher sah das Berufsbild des Architekten so etwas wie »Kommunikation« kaum vor. Das hat sich spätestens seit der sogenannten »digitalen Revolution« und ihrem nicht unerheblichen Beitrag zur dramatischen Wettbewerbsverschärfung in der Branche geändert. Heute, im 21. Jahrhundert, kann man kein(e) Architekt(in) sein – jedenfalls keine(r) mit einer bestimmten Größe und einer bestimmten Bedeutung –, ohne die eigenen Projekte darzustellen, zu erläutern, zu veröffentlichen, zu verbreiten, zu medialisieren, zu vermarkten, kurz: zu »kommunizieren«. Die Trennung von Architektur und ihrer Kommunikation ist obsolet geworden. Es hängt nicht zuletzt vom Kommunikationswillen und der Fähigkeit eines Architekturbüros ab, ob und inwieweit ein Profil überhaupt erkennbar ist. In einer Ära, die von einer ungeheuren Masse an Informationen und Bilder geprägt ist, greift der Gedanke zu kurz, dass architektonische Identität ausschließlich auf Gebäuden und Entwürfen beruht. Kommunizieren ist in diesem Sinne mehr als nur PR, Werbung etc. Selbstverständlich ist all das eine Notwendigkeit. Die Wettbewerbsbedingungen der Architektur haben sich derart rasant geändert, dass man sich mehr denn je erkennbar machen, sich unterscheiden, sich buchstäblich profil-ieren muss. Aber es geht nicht nur um eine Marktstrategie. Es geht um die Identität selbst. Architekturkommunikation heißt, sich mit nicht-architektonischen Mitteln eine architektonische Identität zu geben. Oder besser: eine Meta-Identität, die die architekturpraktische, die architekturtheoretische, die Marken- und Unternehmensidentität eines Büros in sich vereint. Andererseits: Alexander Gutzmers Buch ist nicht zuletzt deshalb so spannend und aufschlussreich, weil es mit der Vorstellung aufräumt, dass es so etwas wie »die« Kommunikation oder »die« Identität gebe. Was Kommunikation hingegen erzeuge, so Gutzmer, seien »komplett an-

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Architektur und Kommunikation. Zur Medialität gebauter Wirklichkeit

dere Wirklichkeitsebenen«, die es, soll die Kommunikation erfolgreich sein, miteinander zu vereinbaren gilt. Man sieht schon: Eindeutigkeit ist hier nicht so einfach zu haben. Das ist kein Wunder, denn Architektur – Schnittstelle von Kultur, Kunst, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik – hat schon immer eine besonders vieldeutige Rolle eingenommen. Insofern ist Alexander Gutzmers Beitrag ebenso zu begrüßen wie überfällig: Im Verhältnis zu der unzweifelhaften Wichtigkeit, Vielfältigkeit und Komplexität von Architekturkommunikation ist das Feld der Veröffentlichungen zum Thema eher dünn gesät. Interessant ist, wie »Gebautes Erleben« (das Buch) das Erlebnis des Bauens (die Arbeit von Architekten) selbst spiegelt. Alexander Gutzmer stürzt sich mit Leidenschaft und Präzision in dieselben oder ähnliche Widersprüche wie die Architekten selbst. Wenn er beispielsweise schreibt, dass »Architektur als vor allem kulturelles oder ästhetisches Konstrukt sich nur schwer mit Begriffen der Markenkommunikation fassen lässt«, hat das viel zu tun mit dem Spagat, den Architekten in ihren bisweilen konfliktreichen Funktionen als Kulturschaffende und Unternehmer hinlegen müssen, als Künstler und als Dienstleister, die sich selbst, ihrem Bauherrn und der Gesellschaft gleichermaßen verpflichtet sind. Oder wenn der Autor schildert, wie ein wesentliches Merkmal der Architekturkommunikation, die Veränderung, sich zu architektonischen Grundwerten wie Beständigkeit und Nachhaltigkeit verhalten kann und muss. Denn das ist die vielleicht wichtigste Herausforderung der Architekten: Auf der Höhe der Zeit zu entwerfen, ohne die Tiefe der Zeit – Geschichte und Tradition – zu ignorieren. Das Mittel, mit dem alle (guten) Architekten zwischen Alt und Neu oder Ästhetik und Funktion ver-mittel-n, lässt sich als Dialog bezeichnen. Und in diesem Sinne ist die Kommunikation der Architektur bereits eingeschrieben. Michael Kuhn Leitung Unternehmenskommunikation bei den Architekten von Gerkan, Marg und Partner

1. Einleitung

Wir schreiben das Jahr 2014, es ist Biennale-Jahr. Ein Jahr der Architektur-Biennale in Venedig, genauer gesagt. Kurator ist der niederländische Architekt Rem Koolhaas, im frühen 21. Jahrhundert eine Art Cheftheoretiker der bauenden Zunft. Koolhaas will am Lido die »Fundamentals« der Architektur erforschen, wie schon der Titel der Megaschau deklariert. Dem Bauen auf seinen Wesensgrund gehen soll diese Biennale, fernab aller gedanklichen, ästhetizistischen – oder eben auch kommunikativen – Überhöhungen oder Abstraktionen. Das jedenfalls soll der Titel wohl bedeuten. Koolhaas will Architektur gewissermaßen verstehen, bevor sie kommunikativ wird. Und er sucht sich dazu mit der Architektur-Biennale die kommunikationsintensivste Plattform, die die Welt der Architektur zu bieten hat. Was natürlich ein Widerspruch ist. Einer allerdings, den Rem Koolhaas, davon dürfen wir ausgehen, nicht nur erkennt, sondern bewusst wählt, wahrscheinlich mit einem ironischen Lächeln. Koolhaas war übrigens in seinem ersten Leben Journalist. Und Journalisten kämpfen zwar rhetorisch immer für Klarheit, lieben aber eigentlich das Widersprüchliche. Und sie lieben, zumindest wenn sie im weitesten Sinne feuilletonistisch agieren, die überraschende, die gelegentlich auch verstörende Abstraktion. Dies hat Rem Koolhaas bis heute mit ihnen gemein. Im Falle des Rotterdamer Architekten, der mit großem PR-Effekt seit jeher neben seinem Architekturbüro OMA auch einen Theoriezweig AMO betreibt, ist das scheinbar radikal Konkrete der venezianischen Schau insofern ein semantisches Spiel – ein Spiel mit dem in sich widersprüchlichen Raum zwischen Konkretheit und Abstraktion, zwischen physischer Präsenz und ideenreicher Transzendenz. Einer der vielleicht interessantesten Widersprüche der Koolhaas-Biennale liegt dabei gerade in der Abstraktion. Genauer gesagt, im Widerstreit zweier einander scheinbar wesensfremd gegenüberstehender Abstrak-

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tionen. Gemeint ist das (abstrakt gesehen – sic!) induktive wie zugleich hochproblematische Verhältnis von architektonischem Diskurs und unternehmerischer Strategie. Koolhaas, dem man sicher mit Fug und Recht ein ambivalentes Verhältnis zu den Strategien und Strategen des Kapitals unterstellen kann, passt seine Biennale auf eine seltsam nahtlose Weise ein in die Marketing-Kampagnen einschlägiger Unternehmen. Die scheinbar so kommerzferne Grundlagenforschung der Architektur liegt den Unternehmen offenbar. Ein Beispiel: Der Türklinkenspezialist FSB liefert im Rahmen der Biennale-Teilschau » Elements of Architecture« einen Abriss von über 200 Jahren Geschichte der Türklinke. Natürlich weitgehend nonverbal, am Objekt orientiert, am »Element«. Aber dennoch so, dass das Unternehmen FSB, das selber reichlich Ausstellungsstücke beisteuert, seinerseits die Biennale als kommunikativen Erfolg verbuchen dürfte (und, so weit ich das aus Gesprächen mit Verantwortlichen mitnehmen konnte, auch verbucht hat). Gemeinsam mit zwei anderen deutschen Herstellern mietet FSB übrigens auch einen eigenen Palazzo in Venedig, um speziell die deutschen Biennale-Reisenden angemessen zu empfangen. »Berührungspunkte«, so der Titel dieses Projektes. Das Unternehmen schafft einen »Berührungspunkt« für die Architekten aus dem nordischen Nachbarn Italiens, von denen man oft den Eindruck hat, die Biennale sei eigentlich ihre Veranstaltung und Venedig lediglich eine durch die teutonische Architekturphantasie motivierte Kulisse. Den Kern der »Berührungspunkte«, die als Kommunikationsplattform ganzjährig mit unterschiedlichen Medien die Architektur in Deutschland spiegeln, bildet zu Biennale-Zeiten der »Palazzo Loredan dell’Ambasciatore«. Wer oder was aber kommt hier miteinander in Berührung? Die Architekten mit der Biennale? Sicher nicht, denn die findet in dem Palazzo ja nur vermittelt statt. Nein, letztlich berührt in dem stilvollen Örtchen die Architektur- und Beobachterschar vor allem sich selbst. Der Palazzo ist ein Ort der Selbstvergewisserung der deutschen Architekturwelt – einer Selbstvergewisserung über Kommunikation. Und zwar einer Kommunikation, die wiederum nicht zuletzt auch die Engagements der Unternehmen in den Schauflächen der Biennale selbst zum Inhalt haben dürfte. Jener Arrangements, deren Inbegriff in gewisser Hinsicht die Wände voller FSB-Klinken bilden. Und Koolhaas? Worin liegt denn nun aus Kuratorensicht die Kernbotschaft dieses Arrangements? Natürlich ist die Türklinke ein »fundamentales« Architekturelement. Ohne Klinken keine Türöffnungen. Aber

1. Einleitung

vielleicht ist im eher übertragenen Sinn zugleich auch ein ganz anderes architekturkonstitutives Element gemeint: das des kapitalistischen Infiltrierens unserer architektonischen Vorstellungswelten nämlich. Vielleicht will der Analytiker Koolhaas uns hier auf abstrakte Weise vor Augen führen, auf wie vielen verschiedenen Ebenen Architektur jeweils ganz unterschiedliche »Elements« zum eigenen Fortschreiten und Konstruktiv-Werden heranzieht. Vielleicht geht es gerade um die systemische Offenheit und Vieldimensionalität von Architektur. Genauso so, wie die Elemente der Architektur gerade in ihrer scheinbar eindimensionalen Materialität (Türklinke eben) letztlich nämlich so gar nicht eindimensional sind. Sondern eine komplexe, aus übereinander liegenden materiellen und abstrakten Schichten bestehende Struktur bilden. Eine Struktur, die eine gewisse Widersprüchlichkeit immer in sich trägt. Und die sich immer erst im Zuge kommunikativer Prozesse komplett realisiert – weil natürlich auch Architektur in ihrer Materialität auf unterschiedlichen Ebenen kommuniziert. Nach außen, aber genauso sehr nach innen. Entscheidend ist dabei der Begriff der Widersprüchlichkeit. Mit dieser wird sich auch dieses Büchlein befassen. Architektur und Kommunikation befinden sich in einem permanent wechselseitig sich bedingenden, aber eben immer auch widersprüchlichen und spannungsgeladenen Verhältnis zueinander. Das spezifische Spannungsverhältnis dieser beiden Termini liegt in genau dem Modell von inkongruenten Schichten, die einander widersprechen, sich aber auch permanent überlagern und infiltrieren. Drei dieser Schichten möchte ich behandeln. Ihre Namen: Strategie, Veränderung, Netzwerk. Da ist zunächst der Begriff der Strategie. Mit ihm sind wir ganz nah dran an unserer globalisierten Kultur – wie auch an der Realität global operierender Unternehmen. Gerade in Bezug auf letztere hat in den vergangenen Jahren ja ein bemerkenswertes Umdenken stattgefunden, eine Art raumbezogener Wandel im Denken der wichtigen Akteure (wer es bedeutungsschwanger mag, spricht hier auch von einem »spatial turn«). Unternehmen und ihre Strategien haben sich eine neue emotionale Kerngröße definiert – die des räumlichen Erlebnisses. Die in Marken denkenden Global Players wollen dreidimensional definierte Erlebnisse generieren. Und greifen dabei – zwangsläufig und logischerweise – auch auf die Architektur zurück. Was aber ist das, ein räumliches Erlebnis? Und was ist sein Verhältnis zur Architektur? Wie schafft man, als Basis des räumlich Impressiven,

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ein spezifisch architektonisches Erlebnis? Und wie lässt diese neue Zielgröße sich einpassen in die anderen, eher eingängigen Elemente unternehmerischer Kommunikation und Kommunikationsstrategie? Die Klassiker der Marketingliteratur sind in dieser Frage bemerkenswert vage. Dieses Buch möchte an dieser Stelle konkreter werden. Der zweite hier zu verhandelnde Begriff, die zweite fundamentale Schicht dieser Analyse, ist die Veränderung. Aus Unternehmenssicht gilt die Veränderung heute nahezu als einzige Orientierungskonstante. Gerade in Zeiten der inzwischen weit fortgeschrittenen Globalisierung erodieren die vermeintlich festen Gründe des unternehmerischen Agierens quasi permanent. Selbst scheinbar eindeutige und dauerhafte Globalisierungsgewinner können sich ihrer Position niemals sicher sein. IBM ist heute chinesisch, Nokia nur noch ein Schatten seines früheren Selbst. Und das ikonische Firmenschild des Social Media-Giganten Facebook im kalifornischen Menlo Park hat auf seiner Rückseite noch das Logo des Vorgängers am Ort, der früheren IT-Großmacht Sun Microsystems. Facebook hat deren Büros übernommen, dabei das Riesenschild umgedreht – und lässt nun das alte Sun-Logo auf der Rückseite demonstrativ verrotten. Der Kapitalismus ist eben auch die Manege der institutionalisierten und durchaus auch mal hämisch demonstrierten Veränderung – ein Raubtierkäfig, in dem natürlich auch gefressen wird. Facebook hat seiner unternehmerischen Macht mit dem Logo-Trick einen semi-architektonischen Ausdruck verliehen. Grundsätzlich aber gilt: Der Blick auf die Architektur verkompliziert die Thematik der permanenten ökonomischen, sozialen oder kulturellen Veränderung. Denn Architektur und Veränderung scheinen zunächst Konzepte zu sein, die einander nicht unbedingt konstruktiv gegenüber stehen. Schließlich ist Architektur ein Repräsentant und Ermöglicher von Dauerhaftem. Sie verlangsamt Veränderung. Sie schafft Permanenz. Und doch, so werde ich argumentieren, ist der Change jeder gebauten Realität inhärent. Architektur kann und muss sich zu den sie umgebenden und durch sie umfassten Veränderungen verhalten. Und auch hier bieten sich unternehmensstrategische Anknüpfungspunkte. Welche das sind, das werde ich in Kapitel 3 durchdeklinieren. Und dann ist da schließlich die Schicht des Netzwerkes, des Netzwerkhaften. Kommunikation mit und über Architektur vollzieht sich heute in Netzwerken. Hier verlassen wir die enge Welt der Unternehmensstrategie. Aber wer die kommunikativen Effekte der Architektur ausloten

1. Einleitung

möchte, kann sich um die Art, in der architekturbezogene Kommunikationen heute zustande kommen und ausgetragen werden, nicht herumdrücken. Eine Form, in der sich diese konzeptualisieren lassen, ist eben das Netzwerk. Kommunikation findet heute in Netzwerken statt – und gemeint sind nicht nur die Netzwerke der eng verstandenen digitalen Medienwelt. Vielmehr ist das Netzwerk eine treffende Metapher für die kommunikativ-gesellschaftlichen Symbiosen, in denen sich unsere Kultur und Wirtschaft heute insgesamt entwickelt. Und es lässt sich auch auf den Diskurs um und über die Architektur anwenden. Die »Akteur-Netzwerk-Theorie« bietet sich deshalb als Instrumentarium an, um die Entstehung kommunikativer Intensitäten um Architektur herum zu verstehen. Dies gilt natürlich ganz besonders in der Welt der sozialen Medien. Diese wird in Kapitel 4 ganz konkret in den Blick genommen – und zwar schlicht deshalb, weil sich immer mehr Kommunikation mit und über Architektur momentan in den sozialen Medien vollzieht. Dabei wird die Architektur selber zunehmend abstrakter. Im Netz kursiert sie nämlich, der Natur des Mediums gemäß, vor allem als Bild. Sie wird immer dann diskutierbar, wenn und sofern sie sich auf genau ein Bild, eventuell kombiniert mit einem smarten Einzeiler, reduzieren lässt. Das ist diskurstheoretisch natürlich problematisch, aber doch eine sozio-kulturelle Realität, mit der es umzugehen heißt. Dies soll in Kapitel 4 unternommen werden. Ich möchte dort die Art, wie Architektur über soziale Medien verhandelt wird, untersuchen. Anhand konkreter architektonischer Diskurse werde ich exemplarisch aufzeigen, wie sich unterschiedliche am architektonischen Diskurs beteiligte Parteien (in diesem Fall nicht zuletzt die Kritiker der Architektur) mit dieser kommunikativ auseinandersetzen, wie sie dabei netzwerkstrategisch vorgehen – und wie sie in diesem Prozess immer auch ihren Status als Akteur selber erst definieren. Diese Analyse soll dabei als exemplarisch für viele hoffentlich noch zu erwartende Untersuchungen gelten, die gemeinsam die sich momentan fundamental ändernde Art, wie wir aus Architektur einen Diskurs formen, unter die Lupe nehmen. Noch ein Wort zum dabei Anwendung findenden Begriff der Kommunikation. Mein Bezug auf marketingstrategische Diskurse vor allem in Kapitel 2 mag den geneigten Leser eine gewisse Kurzfassung von Kommunikation im Sinne der intentionalen Beeinflussung von Zielgruppen (in unserem Fall durch Architektur) vermuten lassen. Und in der Tat ist die Annahme, dass eine solche Beeinflussung möglich ist, ja auch Aus-

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gangspunkt vieler kommunikationsstrategischer Texte – auch einiger der hier zitierten. Dennoch möchte ich hier noch einmal betonen, dass »Kommunikation« in meinem Verständnis natürlich mehr ist als die zielgerichtete Aussendung von PR-Signalen. Und speziell im Feld der räumlichen, symbol- oder ikonenangereicherten Interaktion von Mensch und Objekt entwickelt sie komplett andere und durchaus nicht immer steuerbare Wirklichkeitsebenen. Dies wird in meinen Ausführungen auch deutlich werden. Man könnte nun umfänglich auf die umfangreichen medien- und kommunikationstheoretischen Debatten der vergangenen 40 Jahre über das Wesen der Kommunikation eingehen. Darauf möchte ich an dieser Stelle verzichten. Dennoch sei gesagt, dass diese Arbeit, ähnlich wie der hier beispielhaft zu erwähnende Ansatz von Grant (2003), von einer nötigen Verkomplizierung unseres Verständnisses von Kommunikation ausgeht. Grant sprach sich für eine bewusste Destabilisierung der gängigen, die Rationalität kommunikativer Prozesse überbewertenden Ansätze aus. Kommunikation ist für ihn wesentlich fragil und letztlich eine fiktionale Konstruktion. In diesem Sinne wird sie auch hier verstanden – als a) Prozessen der Konstruktion unterworfen (sozialen, aber eben auch ganz real räumlich-architektonischen Konstruktionsprozessen) und b) dann »erfolgreich«, wenn zumindest für einige der kommunikativ beteiligten Akteure/Aktanten relevante Fiktionen beteiligt sind. Beides verkompliziert die Lage erheblich, führt aber womöglich auch zu ganz realen kulturellen Erkenntnisgewinnen. Nach denen soll im Folgenden gesucht werden.

2. Strategie A) S tr ategie und E rleben Der Begriff der Strategie leitet uns direkt hinein in das Zentrum der kapitalistischen Wirklichkeit. Dort, wo der Kapitalismus nicht nur gelebt, sondern geprägt wird, in den Zentralen großer Unternehmen, geht es immer um »strategisches« Agieren, also um das langfristig-intentionale unternehmerische Handeln in kompetitivem Umfeld. Man glaubt an die Möglichkeit von Strategie, und man handelt im Sinne einer permanenten Orientierung an dieser. »Strategie«, das bedeutet für Unternehmen dabei letztlich immer die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen. Und die liegen im Einzigartigen – von ganzen Unternehmen, von einzelnen Produkten, von Marken. Auf der Suche nach Wettbewerbsvorteilen sind Unternehmen ständig getrieben, durch neuartige Wege der Markeninszenierung zumindest für eine bestimmte Zeit die Welt der Gleichheit zu verlassen. Sie müssen kommunikative Angebote machen, die ihre Konkurrenz nicht bietet oder nicht bieten kann. Das Resultat ist dann eine zumindest temporäre kompetitive Alleinstellung. Im Idealfall stiftet diese nicht nun in gegebenen Strukturen oder Märkten eine herausgehobene Position, sondern dekonstruiert diese Strukturen und bricht Markthierarchien oder ganze Märkte komplett auf (Lehman et al. 2014). In den vergangenen Jahren haben zwei Begriffe und die damit verbundenen markenstrategischen Konzepte die Marketing-Kommunikation in ihrer Suche nach Wegen zu dieser Alleinstellung besonders elektrisiert: jene der »Erfahrung« und des »Erlebens«. Unternehmen wollen und sollen Erfahrungen anbieten und Erlebnisse generieren. Sind diese mit einer Marke kombiniert, so verschafft dies der betreffenden Marke eine Alleinstellung – so die Annahme (etwa von Esch 2011: 38). Man spricht dann von gelungenem »Experience Marketing« oder »Experiential Marketing«

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(Schmitt 1999: 22).1 Hier spielen natürlich viele Diskurse eine Rolle, wie sie in naturwissenschaftlichen Disziplinen gerade ausgefochten werden, die immer gründlichere Untersuchung des Verhältnisses von Psychologie und Konsum etwa (cf. Schmitt et al. 2015) oder das Verhältnis von räumlichem Empfingen und der Hirnforschung. Gerade letzte Thematik elektrisiert momentan auch die Architekturtheorie.2 Und das nicht zu Unrecht, ist diese doch immer noch recht weit am Anfang in der Untersuchung der eigenen psychologischen oder auch psychosozialen Wirkmechanismen. Aus Sicht der Unternehmen indes dürften diese Diskurse und Forschungsaktivitäten vor allem auf ihren strategischen Gehalt hin abgeklopft werden. Hierbei geht es jeweils darum, in emotionale oder affektive Tiefenstrukturen des Menschen vorzustoßen, in denen sich die Konkurrenz nicht zurechtfindet oder von deren Existenz sie noch nicht einmal weiß. Ein Bereich, der in der klassischen Marketinglehre bislang eine konzeptuelle Randexistenz führte, tritt in diesem Zusammenhang in zunehmendem Maße ins Bewusstsein der Marketingentscheider: der Raum. Unternehmen streben es offenbar vermehrt an, Erlebnisse zu schaffen, indem sie in zunehmendem Maße räumlich kommunizieren und Raum in ihrer Markenkommunikation nutzen (diskutiert wird dies etwa in Moor 2003). Sie tun dies in unterschiedlichen Konstellationen: Durch immer elaboriertere Systeme an Markenshowrooms etwa, aber auch durch gesponserte oder unternehmerisch initiierte Events, die einen Einfluss auf 1 | Eine bündige Zusammenfassung des Konzeptes »Experience Marketing« und eine Diskussion des Verhältnisses von Unternehmenspraxis und akademischer Literatur zum Thema liefern Tynan und McKechnie (2009). 2 | Das Verhältnis von Architektur und Hirnforschung bildet beispielsweise einen Forschungsschwerpunkt am Münchner Theorielehrstuhl des Architekturtheoretikers Stephan Trüby. Ausgangspunkt ist hier die Annahme, dass Architekturtheorie nicht nur als nachbereitende Reflexion des Gebauten zu verstehen ist, sondern auch die Rolle der vorbereitenden Reflexion des zu Planenden einnehmen kann und muss. In diesem Kontext ist dann die Fähigkeit, aber auch die Begrenztheit der menschlich-planenden Intentionalität angesprochen – gewissermaßen das, was im Bereich der Architektur- und Designwissenschaft als Zukunftskompetenz des Entwerfens verhandelt wird. Diese wiederum, so die These der Forscher, kommt um die Neurowissenschaft und ihre Forschungsergebnisse nicht herum. Und letztere arbeitet eben mit beträchtlichem Erfolg am In-Frage-Stellen von Konzepten der Intentionalität und des freien Willens.

2. Strategie

den Stadtraum haben. Oder durch eigens geschaffene Orte, an denen die eigene Marke zum Leben erweckt, also aktiv »erlebbar« wird. Um letztgenannte Orte geht es hier. An und in ihnen werden Marken durch Erlebnisse inszeniert und damit selber zu einem Erlebnis. Sie stellen »Markenerlebniswelten« dar (Bagusat und Müller 2008). Durch diese Raumgreifung der Kommunikation gerät auch die Architektur, als originär kultureller Handlungsbereich, auf die Agenden der Marketer. Was aus architekturdiskursiver Sicht auch nicht überrascht. Schließlich ist die Architektur ein wesentliches Element, durch das sich die Wirkung von Raum strategisch beeinflussen lässt – auch und gerade durch Unternehmen. Architektur wirkt – im positiven wie im negativen Sinne. Die gebaute Realität wird damit grundsätzlich zu einem unternehmerischen Entscheidungsbereich. Allerdings wird dieser Zusammenhang in der einschlägigen Literatur bisher noch eher wenig beleuchtet (für einen der wenigen Versuche, der aber speziell im Bereich der Marketingkonzeption ebenfalls vage bleibt, siehe Klingmann 2007). Konkret wird in der klassischen Marketingliteratur nur selten die Frage adressiert, was genau das Architekturspezifische der jeweiligen kommunikativen Aktivitäten bildet und wie dieser Entscheidungsbereich die Spezifika von Architektur und architektonischem Erfahren strategisch mitdenken kann. Diese Leerstelle ist verständlich, da Architektur als vor allem kulturelles oder ästhetisches Konstrukt sich nur schwer mit Begriffen der Markenkommunikation fassen lässt. Gilt es aber, die Verräumlichung von Marketing und Kommunikation konzeptuell zu fassen, ist eine solche Auseinandersetzung unabdingbar. Einen Schritt in diese Richtung stellen die folgenden Ausführungen dar. Ziel ist es zunächst, die Wirkweisen von Architektur in einem speziellen Bereich unternehmerischen Bauens zu spezifizieren: eben jenem der markenbezogenen Erlebniswelten. Das Konzept der Erlebniswelt spielt im Rahmen markenkommunikativer Texte meist die Rolle eines kommunikativen Instrumentalbereiches. Diese Einordnung der Erlebniswelt wird hier erläutert. Allerdings möchte ich schon an dieser Stelle darauf verweisen, dass dies natürlich eine analytische Untersystematisierung der Architektur darstellen muss. Es ist eher ein analytischer Hilfsschritt, um im folgenden anhand architekturtheoretischer Konzepte zu durchdenken, welche spezifischen Stärken die Architektur im Kanon der Markenkommunikation bietet. Es geht darum, zu spezifizieren, ob und in welcher Weise Architektur womöglich geeignet ist, Unternehmen bei

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ihrer Suche nach markenbezogener Alleinstellung über Erfahrungsräume zu unterstützen. Es geht um ein Stück Architekturtheorie der Marke, um eine strategiesensitive Neuinterpretation architektonisch gefasster und geprägter gesellschaftlicher Realität. Doch soll hier zunächst noch einmal kurz der Begriff der Widersprüche, des inhärent Widersprüchlichen im Verhältnis von Architektur und Strategie weitergedacht werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der reiche Kanon der Architekturtheorie natürlich nicht mit Hinblick auf marketingkommunikative Zusammenhänge formuliert wurde. Das Themenfeld des Marketing und der Markentheorie ist, selbst wenn es sich um erlebnisorientierte Markenansätze wie jene von Esch (2012) oder Schmitt (1999) handelt, der Architekturtheorie zunächst einmal fremd. Nach Ansicht vieler Theoretiker wie auch einer Reihe von Architekten ist die gesellschaftlich zu fordernde Rolle von Architektur sogar jene, eine unterstellte »Kommodifizierung« der Gesellschaft zu unterlaufen und in diesem Sinne contra-kapitalistisch zu wirken (siehe etwa Koolhaas 1995: 513-516; für eine Zusammenfassung dieser Versuche siehe Klingmann 2007: 115124). Und wenn etwa die Stadt Sao Paolo, wie im Jahr 2007 geschehen, sämtliche visuelle Präsenz kommerzieller Kommunikation aus dem Stadtbild verbannt, dann ist dies die ins Praktische gewendete Verfestigung des Gegensatzes von Architektur und schnödem Mammon. Die Architektur wird so demonstrativ zum Reich des kommerzfrei Guten stilisiert, das seine moralische Erhabenheit nur ohne Interaktion mit dem vermeintlich bösen Kommerz erhalten kann. Es ist fast müßig zu sagen, dass diese Art von Symbolpolitik der Komplexität heutiger kapitalistischer Verhältnisse – und der Cleverness kapitalistischer Akteure – nicht gerecht wird. Umgekehrt gibt es zwar durchaus eher gesellschaftlich als rein unternehmerisch argumentierende Markentheorien. Diese konzipieren Marken als Aufmerksamkeitsvehikel, das Einstellungen zu allen möglichen Inhalten formieren und steuern kann (für eine Zusammenfassung und eine kritische Diskussion siehe Moor 2007: 66-89). Dezidiert anti- oder auch nur meta-kapitalistisch agieren diese Erweiterungen des Konzeptes Marke aber nicht. Das heißt: Architektur und Kapitalismus sind nicht »eins«, stoßen nicht ins selbe Horn. Die Architektur will als Theorie wie als gesellschaftliche Praxis immer mehr als das Kapital. Möchte man also die möglichen unternehmerischen Effekte von Architektur mithilfe der Architekturtheorie untermauern, so bleibt nicht aus, dass die dabei hin-

2. Strategie

zugezogenen Theorieansätze partiell gegen die (expliziten oder impliziten) Intentionen ihrer Autoren instrumentalisiert werden.

B) A rchitek tonisches E rleben Ziel dieser Ausführungen ist es, die Wirkweise von Architektur in einem im weitesten Sinne anthropologisch-handlungsorientierten Kontext zu verstehen. Ausgangspunkt ist der Befund, dass offenbar die Architektur als Teil einer thematisch-räumlichen Instrumentalebene der Markenkommunikation (den Markenerlebniswelten) eine zunehmend zentrale Rolle spielt. Um aber zu verstehen, worin diese Rolle besteht beziehungsweise bestehen kann, ist ein Blick auf die architekturtheoretische Erklärung von architektonischem Erleben nötig. Es geht mir an dieser Stelle darum, das Verhältnis der thematisierten Erlebniswelten zur Architektur zu bestimmen, also zu erläutern, wie sich das Erleben von Architektur in markeninduzierten Erlebniswelten darstellt beziehungsweise wie das Erleben von Marken in Architektur durch ebendiese beeinflusst wird. An dieser Stelle soll daher die Frage beantwortet werden: Wie lässt architektonisches Erlebens architekturtheoretisch konzipieren? Wichtig für eine solche Analyse wäre es, Ansätze zu finden, die zum einen stil- beziehungsweise epochenübergreifend argumentieren – und die sich zum anderen nicht auf wertende Einschätzungen im Sinne einer Dichotomie von »schön/nicht schön« beschränken. Es würde wenig helfen, nur nach architektonischem Erleben etwa von barocker, modernistischer, postmoderner oder neokonservativer Architektur zu fragen. Genauso wenig würde ein reiner Fokus auf Anleitungen zum »schönen Bauen« im Kontext dieser Arbeit zu Erkenntnisgewinnen führen. Es geht um die Rolle von Architektur als solcher, von gebautem Raum. Im Bereich der epochenübergreifend argumentierenden Texte besteht eine in unserem Zusammenhang problematische Tendenz zur Beschränkung auf Erfahrungen als das, was sich explizit und klar ausdrücken lässt. Viele Autoren, etwa König (1978) oder Bollnow (1990), konzentrieren sich explizit auf das rein Explizierbare als Summe architektonischer Erfahrung. »Kein Ding sei, wo das Wort gebricht« – die alte Formel des Schriftstellers Stefan George bekommt durch ihre Anwendung im akademischanalytischen Raum eine ungute Verkürzung verpasst. Es ist ein Ding auch da, wo das Wort gebricht. Die Frage ist nur, was dieses Ding tut.

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Andere Theoretiker wie etwa der Medienphilosoph Vilém Flusser machen architektonische Erfahrung primär als das vom Architekten Intendierte fest (siehe etwa Flusser 1994: 63-66). Doch auch das ist für diese Untersuchung sicher zu wenig. Nur schwer ließen sich sonst die Effekte des Unbehagens erklären, die Gebäuden manchmal eigen ist und die sicher nicht von Architekten vorgedacht wurden.3 Ein Ansatz, der diese beiden Gefahren umgeht, ist der Überblick, den der Dresdner Architekturtheoretiker Achim Hahn (2008) liefert. Auf ihn soll sich dieser Darstellung im Folgenden daher schwerpunktmäßig konzentrieren.4 Hahn (ebd., Kapitel 9) konzipiert architektonisches Erleben als ein spezifisches Verhältnis von Eindruck und Wirken (siehe ergänzend auch einzelne Beiträge in Hahn 2012). Ein architektonisches Erlebnis ist danach zunächst einmal gekennzeichnet durch einen bestimmten, nachhaltigen Eindruck, den ein architektonisch gestalteter Raum auf einen Benutzer macht. Nicht zuletzt in den angloamerikanischen Architektur- und Kulturtheorie findet an dieser Stelle häufig der Begriff »affect« Verwendung (Massumi 2002: 43). Architektur erzeugt dem kanadischen Philosoph Brian Massumi zufolge Affekte, weil sie auf ganz spezifische Weise das Potenzial hat, visuelle und emotionale Stimuli zu einer tiefgreifenden Wirkung auf die Wahrnehmung und Identität von Menschen zu entwickeln (Klingmann 2007: 46; siehe auch Massumi 2011). Diese Wirkungen sind dabei nicht rational gesteuert. Affekt ist ein Prozess, der sich a-rational vollzieht, weil er von komplexen Automatismen geprägt wird, welche fundamental auf unbewussten Körperfunktionen und Energieverläufen 3 | Siehe hierzu etwa die Februarausgabe des von mir editierten Architekturmagazins Baumeister, die sich mit dieser Thematik befasst, und besonders meine Analyse der Architektur des Silicon Valley (Gutzmer 2015). Es zeigt sich, dass die Kategorie des Unbehagens nicht nur mit der Architektur der Moderne, wie viel zitiert von Anthony Vidler (1992) argumentiert, sondern ganz spezifisch auch mit dem kapitalistisch motivierten und intentional-unternehmensstrategischen Bauen assoziiert wird. Dies gilt es in meiner Untersuchung immer im Hinterkopf zu behalten. 4 | Ergänzend sei hier darüber hinaus auf die vor allem psychologischen Texte verwiesen, die Richter (2008) versammelt hat. Diese sind zwar als Rahmen für die vorliegende Untersuchung weniger geeignet, bieten aber die Möglichkeit zur weiteren analytischen Vertiefung einzelner architektur- und wahrnehmungspsychologischer Phänomene.

2. Strategie

basieren. Letzterer Begriff ist wichtig, denn Affekt hat immer auch das Potenzial, personenübergreifend stattzufinden. Affektiv generierte Energie hat das Potenzial, überzuspringen – und bringt damit eine überaus starke urbanistische und architektonische Qualität mit sich (Thrift 2004). In obigen Ausführungen zum Affektcharakter von Architektur klang es schon an, und auch Hahn macht in seiner Theorie deutlich: Ein architektonisches Erlebnis ist zweitens gekennzeichnet durch eine konkrete Wirkung, die der Raum auf den Benutzer ausübt – und zwar eine Wirkung, die auch nach dem initialen Eindruck Bestand hat. Architektonisches Erleben ist deshalb so machtvoll, weil Menschen sich in ihrem räumlichen Agieren nach einem architektonischen Erlebnis anders verhalten als zuvor – und zwar nicht nur für den Moment und an einem konkreten Ort, sondern zumindest potenziell auch in anderen räumlichen Handlungskontexten. Erst ein solcher konkreter Effekt auf die Verhaltensweisen von Menschen macht aus einem vagen architektonischen Effekt ein substanzielles Erlebnis. Und hier erhält die Architektur dann auch ihre starke soziale, ihre letzten Endes sogar grundsätzlich gesellschaftliche Komponente. Architektur hat Wirkungen – und damit das Potenzial, die räumlich erfahrbare gesellschaftliche Realität jederzeit zu verändern (Hahn 2012: 15-16). Dabei denkt Hahn Eindruck und Wirkung nicht als getrennte Teilziele, sondern als interdependent. Architektur wirkt, wenn sie im Menschen, der sich in ihr bewegt und auf den sie wirkt, zugleich einen bestimmten Eindruck hinterlässt (Hahn 2008: 219). Erst das Zusammenspiel beider Kräfte, also Eindruck und Wirkung, erzeugt ein nachhaltiges architektonisches Erlebnis. Dieses sei »nachhaltig und deutlich«, so dass man »auch von einer Erfahrung sprechen« könne (ebd.). Und zwar einer, die sich nicht im rein Emotional-Unterbewussten verliert, sondern die auch rationale, bewusste Elemente in sich trägt; die also, in Hahns Worten, »etwas von Lernen und Umdeuten an sich hat« (ebd.). Erst wenn ein wie auch immer gearteter räumlich-baulicher Lerneffekt stattfinde, wenn also ein Raum a) wahrgenommen werde und b) einen handlungsverändernden Effekt habe, kann man von architektonischem Erleben sprechen. Anders herum formuliert hat Architektur aber auch das Potenzial, genau diese substanziellen räumlich induzierten Lern- und Umdeutprozesse hervorzurufen. Architektur ist ein Artefakt, das räumliches Erleben verkompliziert und potenziell intellektualisiert – und damit zu einer bewussten Interpretation von und Wissensgenerierung in realen Räumen beiträgt.

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Entscheidendes Element gerade des ersten Teils der Hahn’schen Definition von architektonischem Erleben, dem »Eindruck«, den Architektur hinterlässt, ist das einer umfassenden Korporealität. Architektur hinterlässt Eindrücke nicht durch bloße Demonstration überraschender Fassadeneffekte. Die Architektur ist kein bloßer Bildschirm, keine Abspielfläche im weitesten Sinne strategisch motivierter Inhalte (selbst wenn man an dieser Stelle komplett offen lässt, welche Instanz hier strategisch kommuniziert). Es geht vielmehr um umfassende körperliche »Erfahrungen mit Architektur, die nicht in der Betrachtung verharren, sondern im gebrauchenden Umgang münden« (ebd.: 213). Hieraus leitet Hahn einen dezidiert post-rationalistischen Begriff architektonischer Wirksamkeit ab. Architektur wirkt, und ist insofern effizient, erst, wenn sie mehr umfasst als das (entweder rein ästhetische oder auch rein moralische) Bewusstsein oder das Urteil eines externen Betrachters. Die bewussten Urteile mögen dazu tendieren, Architektur auf ihre displayhaft-signalische Ebene zu reduzieren. Auch die Architekturkritik begeht stellenweise diesen Fehlschluss. Doch die räumliche Wirkkraft des Gebauten und seine räumliche Eindrücklichkeit stehen dem – stark, materiell, auch selbstbewusst – entgegen. Auf der anderen Seite ist eine im Hahn’schen Sinne in architektonischer Erfahrung beziehungsweise in architektonischem Erleben mündende Architektur jedoch auch nicht rein im Unbewusst-Funktionalen verharrend zu verstehen. Eine Architektur, die lediglich unsichtbar einen Zweck erfüllt, bleibt jenseits des architektonischen Erlebens stehen. Ein gewisses Maß an Sensibilität für die Architektur und vor allem für ihre räumlichen Effekte erst rechtfertigt den Begriff des Eindruckes oder des Erlebens. Erst das, was eine erhöhte Aufmerksamkeit für räumliche Beziehungen im ganz Allgemeinen mit sich bringt, hat das Potenzial, architektonische Eindrücke zu hinterlassen. Was ganz im Sinne des Architekten als eines »Autors«, wie die Schaffer gebauter räumlicher Realitäten sich gerne selbst nennen, sein dürfte. Denn erst durch dieses Potenzial gerät der Architekt ja überhaupt in die Rolle eines Autors, also des Kreateurs einer so oder anders, jedenfalls signifikant bewusst erfahrbaren, materiell konstruierten Welt. Womit nochmals die zweite Ebene der Begriffsdefinition architektonischer Erfahrung angesprochen wäre – jene der »Wirkung«. Architektonisches Erleben wird substanziell erst dann, wenn es eine wie auch immer geartete Wirkung auf das Verhalten von Menschen entfaltet. Das reine

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Bedienen von Verhaltensroutinen ist nicht architektonische Erfahrung, insofern als es nicht ein Mindestmaß an Veränderung von konkreten Verhaltensweisen mit sich bringt. Damit ist für Hahn immer auch eine Veränderung der Weltsicht von Menschen verbunden. Architektonische Wirkung bedeutet auch, dass wesentliche Einstellungen oder Grundhaltungen verändert werden. Architektur erschüttert potenziell Grundüberzeugungen. Darin liegen das Potenzial und die spezifische, wirkungsorientierte Effizienz von Architektur. Der Effekt beider Dimensionen architektonischen Erlebens wird in der Architekturtheorie oft als Immersion bezeichnet, etwa von dem kalifornischen Historiker Norman Klein.5 Immersion im Sinne Kleins bedeutet, dass der Mensch seine Rolle als Betrachter aufgibt und intellektuell, emotional wie körperlich in einen räumlichen Prozess integriert wird. Architektonische Räume »treten auf uns zu, sie vereinnahmen oder distanzieren uns« (Biegler 2007: 10). Das architektonische Erfahren wird dabei unmittelbar zu einem Element einer Ökonomie des Erlebens. Denn indem architektonische Räume »uns in ihr Erlebnisangebot involvieren, reichen sie nicht nur in den sie begrenzenden Raum, sondern auch in uns hinein, und werden so zu Räumen unserer Vorstellung« (ebd.). Durch alle Darstellungen architektonischer Immersion hindurch zieht sich die Annahme einer nachhaltigen Erfahrung. Offenbar geht das Sich-Fallenlassen in Architektur einher mit Immersion als nachhaltiger Erfahrung. Diese Erfahrung generiert sich in architekturtheoretischer Perspektive aus einer (phänomenologisch zu deutenden) Kombination von Intellekt und prä-intellektueller Sinnlichkeit, die wiederum alle Sinne umfasst. Architektonisches Erleben wird in der Theorie meist als in hohem Maße multisensitiv diskutiert. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle das Werk des finnischen Architekten und Architekturtheoretikers Juhani Pallasmaa (siehe etwa Pallasmaa 2011 und 2012). Mit dem von ihm untersuchten und systematisierten Konzept multisensitiver Architekturerfahrung einher geht eine permanente Interaktion bewusster und unbewusster Wahrnehmungsprozesse (Pallasmaa 2012: 14). Während man sich beispielsweise bewusst mit einem visuell hervorstechenden Stück Architektur befasst, wirkt multisensitiv der gesamte weitere architektonische Raum auf den Menschen ein. In welcher Weise 5 | Für eine kritische Diskussion von Prozessen architektonischer Immersion siehe vor allem Klein (2003: 340ff.).

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dies geschieht, lässt sich abstrakt und grundsätzlich nicht bestimmen. Entscheidend ist jedoch, dass sich architektonische Erfahrung als aus der Interaktion dieser unterschiedlichen Erfahrungsebenen zusammengesetzt verstehen lässt. Wer einmal durch Ludwig Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie in Berlin flaniert ist, wird sich erinnern, dass genau die Rolle des Flaneurs sich durch die Architektur in einer Aufeinanderfolge multisensitiver Eindrücke verflüchtigt hat. Man hat nach wie vor im Kopf, dass man Flaneur sein könnte und vielleicht auch möchte. Doch die Architektur transformiert und unterminiert diese Bewusstseinshaltung. So entsteht eine innersubjektive Widersprüchlichkeit, die in Teilen nur schwer auszuhalten sein mag, aber eben auch ein hohes Maß an Eindrücklichkeit mit sich bringt. Wahrnehmungstheoretisch eröffnet dies nach Pallasmaa beträchtliche wissenschaftliche Forschungsnotwendigkeiten: »Alongside the critique of the hegemony of vision, we need to reconsider the very essence of sight itself and the collaboration of the various sensory realms« (ebd.). Es braucht ein neuartiges analytisches Instrumentarium, um diesen Wirkungskomplexen von Architektur auf die Schliche zu kommen. Entwickelt ist dieses Instrumentarium bis heute jedoch nur in Ansätzen. Spezifikum und für unseren Kontext relevant ist die Folge, die Pallasmaa aus seiner Konzeption einer spezifischen sinnlich-semibewussten Erfahrung architektonischer Räume zieht. Für ihn ergibt sich daraus nämlich eine neuartige Fusion der Erfahrung von menschlicher Subjektivität und räumlich-weltlicher Ganzheit. »It is evident that … architecture has to address all the senses simultaneously, and help to fuse our image of self with the experience of the world« (ebd.: 12). Architektonisches Erleben, das alle unsere Sinne simultan engagiert, hat also das Potenzial, im Individuum zu einem Gefühl gesteigerten »In-der-Welt-Seins« zu führen. Es führt uns mit der uns umgebenden Welt zusammen. Dies schließt direkt an die von Hahn (2008) formulierte, im Zuge architektonischer Wirkung veränderte Weltsicht von Menschen an, wie sie oben angesprochen wurde. Architektur kann Menschen in sozial-räumlichen Kontexten integrieren und zu einer konkret-korporealen »Aufgehobenheit« führen. Der Nutzer von Architektur wird in höherem Maße Teil des ihn umgebenden Raumes und der dort kursierenden Bedeutungs- und Wertangebote. Dieser Gedanke ist speziell auch für die Betrachtung unternehmensstrategisch intendierter Räumlichkeit von Belang. Denn diese stellt ja ge-

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rade den Versuch dar, Subjekt und Welt (hier verstanden als die unternehmenskommunikativ gesteuerte Umwelt) zu kombinieren. Offensichtlich hat die Architektur in diesem Kontext Potenzial. Welches genau, das wird im Weiteren diskutiert werden. Eine in der Theorie nicht systematisch beantwortete Frage ist die, ob sich die im architektonischen Raum bestimmten Erfahrungen ausgesetzten Subjekte dieser architektonischen Beeinflussung der Welt-SelbstKombination bewusst sind, ob sie sie »verstehen«. Realisieren wir, wenn und wie die Architektur uns beeinflusst und im Extremfall sogar manipuliert? Anhand konkreter Fallbeispiele architektonischer Erlebnisse, die er ex-post in Gesprächen hinterfragt hat, schreibt Hahn (2008: 220), bei diesen seien »Beschreibungen … auch Selbstbeschreibungen, insofern sie vom eigenen Verhalten beim Nutzen der Wohndinge handeln«. Architektonisches Erleben erzeugt also auch in akademisch-empirischen Untersuchungen einen engen Zusammenhang zwischen Individuum und der Welt der Objekte. Und die Individuen stellen diesen Zusammenhang auch her – ohne allerdings explizit zu artikulieren, dass beziehungsweise wie die Architektur sie zum Herstellen des Zusammenhanges bewogen hat. Man merkt nicht immer, dass Architektur etwas mit einem macht, oder fühlt sich nicht in der Lage, diese Wirkung zu explizieren – nicht sich selbst gegenüber, noch viel weniger in sozialem Kontext. Es ist also fraglich, ob wirklich grundsätzlich von einer kompletten Bewusstheit in Bezug auf die Selbst-Raum-Effekte von Architektur ausgegangen werden kann. Ich erlebe Architektur, wenn und indem ich mich in der Architektur und als Architektur Erlebender erlebe. Nur bin ich mir diesem Erleben nicht notwendigerweise bewusst – vielleicht auch, weil ich es nicht will. Wer möchte schon von einem Gebäude manipuliert werden? Was man also wohl sagen kann, ist, dass das Maß an Bewusstheit, mit dem wir einem Gebäude begegnen, nicht von vornherein definiert ist – weder personell noch situativ. Dasselbe architektonische Ensemble wird von unterschiedlichen Personen unterschiedlich wahrgenommen. Und es wird womöglich auch von derselben Person in unterschiedlichen Momenten verschieden rezipiert – je nach der persönlichen Disposition, je auch nach persönlicher Erwartungshaltung. Das heißt auch: Für jeden, der wie auch immer geartete kommunikative Wirkungen mit und über Architektur erzielen möchte, empfiehlt es sich, die Befindlichkeit, mit der das Objekt der architektonischen Kommunikation einen Raum

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betritt, sehr bewusst zu »managen«, also beispielsweise die Aufmerksamkeit des Besuchers durch bestimmte architektonische Maßnahmen gezielt zu erhöhen. Es handelt sich hier um eine Notwendigkeit, aber auch die Möglichkeit, den Effektspielraum von Architektur zu begrenzen und zu steuern. Die Möglichkeit besteht, die Art, in der Individuen und die auf sie einwirkende Umwelt näher aneinander gerückt werden, zu beeinflussen und zu kontrollieren. Ergänzend ist an dieser Stelle allerdings anzumerken, dass die Architektur nicht immer und in jedem Fall das Selbst und die Welt näher zueinander führt. Gebäude können auch einen komplett gegenteiligen Effekt haben. Es ist absolut denkbar, dass gerade das architektonische Erleben eine Erhöhung der subjektiv wahrgenommen Differenz von Selbst und Welt mit sich bringt. Deutlich wird dies etwa in den Arbeiten des Architekturtheoretikers Anthony Vidler (siehe etwa Vidler 1992 oder 2000). Vidler beschreibt und systematisiert nicht zuletzt die angstinduzierenden Effekte der Architektur. Gerade die modernistische Architektur kann über Eindruck und Wirkung Angst erzeugen, so Vidler. Dieser Prozess lässt sich in unserem Zusammenhang durchaus als initiiert über eine gesteigerte Differenz zwischen Selbst und Welt beschreiben. Die Architektur entrückt uns dann unserer Welt – und schafft damit ein Gefühl von Isolation und, in letzter Instanz, Angst oder Unbehagen. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an die architektonische Erfahrung des Londoner Barbican Center6 des Architekturbüros Chamberlin, Powell und Bon. Dieses Beispiel einer labyrinthisch operierenden, brutalistischen Stadt in der Stadt erzeugt einen Orientierungsverlust, der auch die Erfahrung des selber chaotischen, aber doch immer lesbaren London in den Hintergrund treten lässt. Das Barbican Center hingegen ist nur schwer lesbar. Es folgt seinen eigenen Gesetzen, die nicht unbedingt die unseren sind. Sicherheit erzeugt dies nicht – wohl aber ein Gefühl der architektonischen Macht. Weswegen ich im übrigen, trotz seiner nicht gerade humanistischen Wohligkeit, das Barbican Center für ein absolut bemerkenswertes Stück Nachkriegsarchitektur halte.

6 | Das Quartier Barbican liegt nördlich der Londoner Innenstadt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet durch deutsche Luftangriffe schwer beschädigt. In den 1950er Jahren startete ein Wettbewerb für seine Neubebauung, den das Büro Chamberlin, Powell und Bon gewann. 1982 war dann schließlich Eröffnung.

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Mit dem Barbican Center haben wir ein Gebäude, das sich sehr konkret einer architektonischen Denkrichtung zuordnen lässt – dem Brutalismus eben. Solchen konkreten Beispielen zum Trotz aber verorten die bisherigen grundsätzlichen Erörterungen von architektonischem Erleben dessen Potenzial zunächst in jedem Gebäude, unabhängig von Epochen oder architektonischen Stilen. Und in der Tat wäre eine stilistische oder epochenbezogene Engführung der marketingtheoretischen Verortung von Architektur an dieser Stelle nicht produktiv. Es ist schließlich nicht nur eine dezidiert »modernistische« oder postmoderne Architektur, die markengetrieben sein kann. Dennoch soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass viele Architekturtheoretiker und -Kritiker den Ansatz der Markenarchitektur als mit dem architektonischen Stil der Postmoderne verwandt sehen (siehe zum Beispiel McLeod 1989 oder Dear 2000). Die dabei betrachtete postmoderne Architektur wird in der Folge kulturell jeweils ausgesprochen negativ beurteilt. Sie gilt als Musterbeispiel jener »Kommodifikation«, die wie oben erläutert auch Theoretiker wie Rem Koolhaas kritisch adressieren. »Postmoderne«, das ist architektur-umgangssprachlich eine Chiffre für alles, was als oberflächlich, naiv oder zu plump kommerziell gesehen wird. In unserem Zusammenhang wäre dieser Ansatz aber nicht sinnvoll. Zum einen liefe man Gefahr, sich auf Architektur aus einer bestimmten Epoche oder mit bestimmten Stilmerkmalen zu beschränken. Letztendlich würde damit auch die Marke zu einem Phänomen einer bestimmten Kulturepoche – was sie aus meiner Sicht nicht ist. Und zum anderen gerieten auf diese Weise eventuell nur bestimmte Potenziale von Architektur in den Blick – jene eben, die sich, ob nun kritisch betrachtet oder nicht, als »postmodern« beschreiben lassen. Man würde auch die Intentionen vieler als postmodern titulierten Architekten, missverstehen wenn man diese auf eine Rolle willens- und werteloser Handlanger einer Hyper-Kommerzialisierung des architektonischen Handelns reduzierte. Postmoderne Architektur ist nicht eindimensionale Profitarchitektur. Im Gegenteil lassen sich Gebäude wie John Portmans Bonaventure Hotel in Los Angeles, der Bau, mit dem die kulturkritische Auseinandersetzung mit postmoderner Architektur begann (siehe Jameson 1991), auch als Kritik einer zentrumslosen kapitalistischen Spätmoderne lesen. Wer diese Phänomene ignoriert und gebetsmühlenartig die beliebte Gleichung »Postmoderne gleich Kommerztriumph« reartikuliert, läuft gerade als Architekturtheoretiker oder -kritiker Gefahr, selber eindimensional und letztlich einfältig zu werden.

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Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass es eine Ebene von menschlichem »Erleben« gibt, die sich als originär architektonisch bezeichnen lässt, und dass diese vor allem im Zusammenspiel der Elemente des architektonischen Eindruckes und architektonischer Wirkung entsteht.

C) A rchitek tur als M edium Mit dem oben erläuterten, architektonisch vermittelten engeren Zusammendenken von Subjekt und Welt durch Architektur ist ein Zusammenhang angesprochen, der für den hier betrachteten Kontext (Architektur als Element der Markenkommunikation) zentral sein kann: Der Frage, ob und inwieweit Architektur als Medium betrachtet werden kann oder sogar muss. Und in der Tat bestehen Ansätze, Architektur mediensoziologisch zu untersuchen und dem gebauten Raum eine Rolle als Medium zuzuschreiben (siehe etwa Delitz 2005). Diese definieren »Medium« meist als Träger eines Austausches, der auf Zeichen basiert. Ein Medium zeichnet sich dadurch aus, dass es Zeichen produziert, verteilt und rezipiert (Zierold 2004: 15). Diese Definition mag an dieser Stelle konstitutiv sein; es muss hier aber angemerkt werden, dass sie weder unumstritten noch unproblematisch ist. Der Medienbegriff selbst wird momentan, wie auch von Zierold (ebd.) eingeräumt, kontrovers diskutiert – und er wird auch in diesem Buch noch problematisiert werden. Dennoch lohnt es, die Medialität von Architektur an dieser Stelle etwas weiter zu verfolgen. Delitz (2005) analysiert die Funktionsweisen von Architektur in der Vermittlung sozialer Normen. Sie fragt, welche Rolle die Architektur im Entstehen einer medial vermittelten Sozialität spielen kann (siehe hierzu auch Lash 2002). Auch aus Reihen theoretisch arbeitender Architekturpraktiker kommen Vorschläge zur medientheoretischen Fundierung architektonischer Wirkweisen (siehe etwa Koolhaas 2004 oder Tschumi 2005). Was aber macht Architektur als Medium aus? Der »mediale Raum der Architektur«, schreibt die Architektin Sabine Zierold, bestehe »aus einer komplexen Medienstruktur« (Zierold 2004: 23). Diese basiere auf dem, was Zierold »Formdifferenzen« nennt. Licht als Element einer architektonischen Medienstruktur zum Beispiel werde »als Formdifferenz von Hell und Dunkel erkennbar«. Die wahrnehmbaren Differenzen der Formen

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und ihrer zugrundeliegenden Medienstruktur seien die Grundlage für die Zeichenstruktur im medialen Raum der Architektur. Zeichensysteme, so Zierold, verweisen auf Bedeutungsschichten und enthalten Strategien der Darstellung und Repräsentation. Architektur transformiert damit zu dem, was Lash und Lury »surfaces of communication, intensities, events« nennen (Lash und Lury 2007: 15). Allerdings ist die Einlassung der Kultursoziologen Lash und Lury nicht so zu verstehen, dass ausschließlich die Architektur in einem an sich unveränderten kulturellen Setting heute eine veränderte Rolle einnimmt. Vielmehr ändert sich gleichermaßen unsere Kultur selbst. In Anlehnung an die (später noch breiter thematisierte) Akteur-Netzwerk-Theorie verweisen Lash und Lury auf einen veränderten Begriff des Zeichens und von zeichenhafter Kommunikation überhaupt. Die zeichenbasierte Kommunikation hat diesem Ansatz nach nicht mehr das Potenzial, »repräsentativ« in dem Sinne zu wirken, dass umfassende, abstrakt vorproduzierte Weltsichten konsistent und langfristig widerspruchsfrei transportiert werden können. Das Zeichen selber wird zum Objekt, und es verschmilzt mit »objekt-iven« Trägern. Folgt man dieser Lesart, so erscheint auch das Konzept von architektonischer Repräsentation, so wie auch von Zierold (2004) stellenweise noch verwendet, zumindest problematisierbar. Lash und Lury konstatieren, wie viele zeitgenössische Kulturtheoretiker (etwa Massumi 2002 und 2011 oder McQuire 2008), eine tiefgreifende kulturelle Transformation: Weg von der rational-zeichenorientierten Welt der umfassenden rationalen Kommunikation hin zu einer Welt, in der physische Objekte selber kommunikative und damit gesellschaftlich-konstituierende Funktionen einnehmen. Dies widerspricht nicht der in diesem Text verhandelten Annahme einer zunehmenden Bedeutung der Architektur für die Kommunikation – sondern stützt diese letztlich sogar. Die zunehmend zentrale Rolle der Architektur für gesellschaftliche Kommunikationsprozesse lässt sich aus dieser Perspektive nämlich als Teil einer größeren Entwicklung verstehen, in der sich das Verhältnis von Objekt und Zeichen verändert (und Lash und Lury explizieren diesen Zusammenhang auch). Das Objekt wird nicht zum neuen Zeichen, das einfach die Zeichenhaftigkeit anderer Zeichensysteme übernimmt. Medium und physisches Objekt verschmelzen vielmehr auf neuartige Weise ineinander; »media – that were formerly representations – become things, and … things that formerly were exclusively material objects mecome media« (Lash und Lury 2007: 36). Archi-

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tektur ist zunehmend nötig, um überhaupt noch Bedeutung herzustellen (Lash 2002: 149). Sie wird damit für Lash und Lury selber zum Medium – und somit auch zum Austragungsort kommunikativer Prozesse. Erst durch ihre Dinghaftigkeit sind Zeichen heute überhaupt noch möglich. Wer kommunizieren will, braucht, allgemein formuliert, Körperlichkeiten. Dinge werden Zeichen, und Zeichen werden kann nur noch, was zumindest ein Potenzial zum Körper-Werden mit sich bringt. Auch das ist im übrigen eine – bisher wenig beachtete – Seite dessen, was nicht zuletzt wir Journalisten heute als »Medienkrise« diskutieren. Nicht nur stecken klassische Medien als Produzenten von Zeichen im althergebrachten Sinne heute in der ökonomischen Krise. Zugleich herrscht auch eine Krise des Medialen selbst. Es besteht eine grundlegende Verunsicherung darüber, was überhaupt noch ein Medium ist und wie es als Medium funktioniert. Zunehmend in Frage steht auch, wie sich die Medialität eines Mediums konstituiert und ob ein einmal als Medium konzipiertes Stück Realität dieses Mediale auch verlieren kann. In diesem Zusammenhang wäre es traditionellen Medienhäusern geradezu anzuraten, sich vermehrt mit der Medialität von Architektur zu befassen. Denn womöglich könnte dieser entgrenzte und ja auch noch nicht ausformulierte neue Begriff physisch manifestierter Medialität auch ihnen ein tieferes Verständnis ihres eigenen Wirkens vermitteln. Der später noch diskutierte Neubau des Axel Springer-Campus in Berlin scheint im übrigen von genau dieser neuen Sensitivität zumindest eines Medienhauses zu zeugen. Allerdings wirft die von Lash und Lury vertretene Grundrichtung einer zeitgenössischen Medientheorie die Frage auf, welche Rolle die kommunikative Intentionalität beziehungsweise Rationalität in diesen Prozessen noch spielen kann. Wie kommuniziert man denn intentional in einer Welt der »kommunizierenden Körper«? Inwieweit lässt sich ein extern und vorab formulierter kommunikativer Plan konkret in der Körperlichkeit der Architektur wirklich eins zu eins verwirklichen? Und welche kommunikativen Eigenprozesse sind schließlich von der Architektur zu erwarten? Über Architektur wird kommuniziert, mit Architektur wird kommuniziert, Architektur selbst initiiert kommunikative Prozesse – aber das intentional handelnde Unternehmen (beziehungsweise seine Marketingabteilung) ist nur einer von vielen Akteuren, ist nur eine von vielen Kräften, die an diesen kommunikativen Prozessen beteiligt sind. Und auch

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die intentionalen Kommunikationen aller Beteiligten stellen nicht die Gesamtheit aller als kommunikativ zu betrachtenden sozialen Prozesse dar. Wenn Objekte ihrerseits aktiv kommunizieren, beginnt das Konzept der Intentionalität selber problematisch zu werden (Lash 2002, Kapitel 11). Dies ist ja genau einer der Grundgedanken der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT), die gerade im angelsächsischen kulturwissenschaftlichen Kontext (teils in Ablösung der in Deutschland immer noch populären systemtheoretischen Perspektive) einen veränderten und verändert komplexen Prozess gesellschaftlicher Interaktion und Kommunikation darstellt (siehe Latour 2005 und 2009).7 Kommunikation vollzieht sich in und über Netzwerke(n). Das Netzwerk transformiert dabei unterschiedliche Intentionalitäten in eine Art netzbasierte Meta-Intentionalität. Diese ist zwar nicht identisch, aber zumindest verwandt mit den Eigenlogiken systemtheoretisch verstandener Interaktionskomplexe. Mit dem Verweis auf aus den Kulturwissenschaften kommende medientheoretische Konzeptionen wird, das muss hier deutlich gesagt werden, eine konzeptionelle Welt betreten, die sich nicht mehr hundertprozentig mit den intentional-strategischen Ansätzen der klassischen kommunikationsorientierten Marketingwissenschaft vereinen lässt.8 Wichtig war dieser Exkurs in Richtung Medientheorie, um zu zeigen, dass sich die mediale und kommunikative Nutzung von Architektur konzeptionell als 7 | Auf eine umfassende Darstellung der gesamten Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) soll an dieser Stelle verzichtet werden. Expliziert sei jedoch, dass die ANT sich vom primären Fokus der Sozialwissenschaften auf menschlich-intentionales Handeln löst (Krauss 2011: 604-607). Soziologie im Sinne der ANT, schreibt Krauss (ebd.: 606), »beschäftigt sich nur mit Situationen, in denen Innovationen eintreten, wenn Grenzziehungen zwischen oder innerhalb von Gruppen unklar werden, wenn neue Akteure das Spielfeld betreten – eben mit solchen Situationen, wo … die herkömmliche Soziologie nichts mehr zu sagen weiß«. Wichtig ist im hier diskutierten Zusammenhang der starke Einfluss der ANT auf die zeitgenössische Medientheorie und konkret ihre medienwissenschaftlich breit angewendete Annahme, dass, vereinfacht gesagt, nicht nur Individuen kommunizieren können, sondern auch Dinge (ebd.: 608). 8 | Allerdings wird die Rolle der unternehmensstrategischen Instrumentalität auch im Marketingdiskurs selber mittlerweile kontrovers diskutiert, zum Beispiel in den Arbeiten des französischen Marketingtheoretikers Bernard Cova (siehe etwa Cova 1999 sowie Cova und Cova 2002; siehe auch Carù und Cova 2007).

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ein Element eines breiteren medien- und kulturtheoretischen konzeptionellen Shifts interpretieren lässt, der in Zukunft wiederum neue Erkenntnisse für die an dieser Stelle diskutierte Fragestellung liefern könnte. Besonders spannend wird die Diskussion über eine Medialität des Gebauten und die skizzierte »Entgrenzung des Medialen« natürlich, wenn letztere Auswirkungen auf die Aktivitäten originärer Medienanbieter hat. Konkret: Wissen Medienschaffende, dass Architektur ein Medium ist oder sein kann? Und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Megatrend der Digitalisierung? Bedeutet die neue Digitalökonomie, dass dieses Wissen sukzessive verloren geht? Oder wächst vielleicht sogar im Zuge der Digitalisierung des medialen Raumes das Verständnis für die Architektur als kommunikatives »Gegenmedium«? Ein Blick ins Berlin dieser Tage scheint diesbezüglich zumindest eine steigende Sensibilität anzudeuten. Der dort ansässige Axel Springer Verlag hat kürzlich die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbs zur Erweiterung des Unternehmenssitzes bekannt gegeben. Sieger war der in diesem Buch nicht ohne Grund an unterschiedlichen Stellen präsente Rem Koolhaas. Sein Entwurf scheint eine Art mediale Selbstvergewisserung des Medienunternehmens Axel Springer darzustellen. Das Gebäude, gebaut vor allem für die digitalen Erweiterungsaktivitäten des früher klar printlastigen Springer-Portfolios, stellt eine Art Selbstbeobachtungsvehikel von Seiten des Verlages dar. Architektonisch hat Koolhaas einen gewaltigen Kubus vorgeschlagen, der das vorgegebene Grundstück entlang der Blockkanten komplett ausfüllt und deutlich über die selbst bekanntlich hoch kontrovers diskutierte Berliner Traufhöhe hinausragt, jedoch unterhalb des Springer-Hochhauses aus den 1960er-Jahren bleibt. Quer durch das Gebäude – und dabei dem früheren Mauerstreifen an dieser Stelle folgend – legte Koolhaas eine riesige Halle. Zu beiden Seiten bilden die unteren Etagen ansteigende Terrassen, nach oben hin dreht sich die Figur um, und die Halle verjüngt sich wieder (Haubricht 2014).9 9  |  In einer Ende 2014 abgeschlossenen Adaptationsphase passte Koolhaas seinen Entwurf an den bestehenden Bebauungsplan für das Grundstück am Rande des Bezirks Mitte an. Dieser sah eigentlich vor, auf der Hälfte der Fläche einen Park anzulegen. Als Kompensation für diese nun nicht mehr mögliche Freifläche soll der Bau nun eine allgemein zugängliche grüne Dachlandschaft erhalten. Auch Teile des Erdgeschosses werden öffentlich zugänglich sein, hier liegen ein Res-

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Diese Halle kann als Zentrum der hier verwirklichten architektonischen Medialität gesehen werden. Sie fungiert als eine Art Bühne, auf der sich die Aktivitäten einer digitalen Avantgarde demonstrativ abspielen. Man arbeitet, um beim Arbeiten gesehen zu werden. Architektur fungiert hier als Modell der strategisch motivierten Sichtbarmachung medialer Produktivprozesse.10 Stadtplanerisch spielt der Bau für die Stadt Berlin eine wichtige Rolle. Dies liegt schon an seiner zentralen Position an der früheren Grenze zwischen Ost und West. Auch architektursemantisch ist das Gebäude ein wichtiges Statement. Nach wie vor hat Berlin damit zu kämpfen, dass seine neue Rolle als deutsche Hauptstadt und europäische Metropole architektonisch nur unzureichend widergespiegelt wird. Vielen Neubauten geht eine mutige und klare eigene Architekturhandschrift ab. Es gibt das neue Berlin, aber es wird nicht gebaut – oder ist, so weit gebaut, noch nicht in Betrieb, womit ich natürlich vor allem auf den neuen Berliner Zentralflughafen BER des Hamburger Architekturbüros gmp anspiele, der Stand Juni 2015 noch auf seine Eröffnung wartet. In dieser Situation kommt dem Koolhaas-Bau eine zentrale Rolle als Selbstvergewisserer einer nach Selbstvergewisserung dürstenden Stadt zu. Zugleich trug bereits der Wettbewerb zu dem Springer-Campus einen hochgradig medialen Charakter. Es war eine Art symbolträchtiger Kampf der Architektengenerationen. Von einem »der spannendsten Architekturkrimis der jüngeren Zeit« schreibt das Online-Magazin Baunetz (2014). Grund für diese Einschätzung: Aus der prominent besetzten Shortlist gingen neben Koolhaas auch dessen Schüler Bjarke Ingels und Ole Scheeren taurant, ein Café und eine Veranstaltungshalle. Um den Neubau außerdem für Normalbürger einladender zu machen, hat Koolhaas seinen Siegerentwurf im Erdgeschoss außerdem leicht erhöht, wodurch nicht zuletzt die Präferenz der Architekturkritik für die Metapher des »Schwebens« bedient wird (auch hierzu siehe etwa Haubrich 2014). 10 | Ich konnte das Gebäude und diesen Wirkmechanismus auf der kulturwissenschaftlichen Konferenz »Geomedia 2015« im schwedischen Karlstad im Mai 2015 vorstellen. Dies erscheint mir hier erwähnenswert, weil die bloße Existenz einer Konferenz über »Spaces and Mobilities in Mediatized Worlds«, so der Untertitel der Tagung, eine Grundthese dieses Kapitels untermauert: dass nämlich die Räumlichwerdung von Medialität zunehmend das Schaffen der Medienakteure selber bestimmt.

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als Favoriten hervor. Es war also das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Architekturgenerationen, ein Kampf auch um die architekturmediale Deutungshoheit urbaner Realität in Europa. Gewonnen hat der frühere Chef. Das Gebäude ist aber nicht nur in vielerlei Hinsicht im oben theoretisierten Sinne selber »medial« und »ein Medium«. Es ist auch, etwas spitz formuliert, auch selber ein medientheoretisches Statement. Der Springer-Campus soll als Medienzentrale für das Internetzeitalter eine Aussage darüber treffen, wie sich für die Nachrichtenbranche der Übergang vom analogen ins digitale Zeitalter gestalten wird. Die oben erwähnte strategische Sichtbarmachung medialer Produktivität richtet sich nicht nur nach außen, sondern auch in das Unternehmen selbst hinein. Die zentrale Idee ist nicht von ungefähr ein großer, das ganze Gebäude durchdringender Raum, der im Gebäude, von außen und aus anderen Gebäudeteilen sichtbar wird. In diesem Zentralraum wird, so lässt sich dieses architektonische Statement deuten, das individualisierte Arbeiten vor dem Computer wieder als gemeinschaftliche Unternehmung erfahrbar. Und das eben nicht nur für die Mitarbeiter und eventuelle Besucher und auch nicht nur für Flaneure auf Straßenniveau. Die breite Öffnung des neuen Gebäudes in Richtung des Ursprungsbaus schafft darüber hinaus eine visuelle Verbindung von alter und neuer Medienwelt, und zwar über eine Medialisierung der unternehmerischen Prozesse selbst: Die alte Medienwirtschaft, im Hochbau ansässig durch die Verlagsflaggschiffe BILD und WELT, beobachtet durch die Öffnung des Neubaus die digitale Wirtschaft beim Arbeiten. Old media observing new media. Ein Gebäude inszeniert also mediales Arbeiten – für andere Medien. Zugleich demonstriert der Verlag auch nach außen nicht nur das Arbeiten der coolen jungen Online-Akteure. Er signalisiert auch genau die bestehenden internen Spannungsfelder zwischen alter und neuer Medienwelt. Er legt offen, dass die erläuterten verlagsinternen Selbstbeobachtungsprozesse stattfinden, denn Außenstehende können ja zwischen den beiden Gebäuden – und den entstehenden visuell-medienökonomischen Energiefeldern – hindurchgehen. Es wird also die Funktionsweise eines bedeutenden Akteurs im deutschen Mediensystem und die medial vermittelten Selbstbeobachtungen dieses Akteurs in der deutschen Öffentlichkeit (vulgo, Berlin-Mitte) selber architektonisch expliziert und architekturmedial transportiert. Zugleich formuliert die Architektur hier eine Verbindung zwischen Unternehmenshistorie und der Geschichte der Stadt Berlin. Deren Se-

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natsbaudirektorin Regula Lüscher erläuterte anlässlich der Wettbewerbsentscheidung (zitiert nach Baunetz 2014): »Der Entwurf hat eine große Symbolkraft, indem der Mauerverlauf diagonal durch das Gebäude führt, dadurch ein Atrium ausbildet und dieser spektakuläre Innenraum das Zusammenwachsen dieser Stadt thematisiert. Axel Springer schreibt damit seine eigene Architekturgeschichte an diesem Ort weiter.« Zu ergänzen ist, dass der Springer-Verlag nicht nur seine Geschichte weiter schreibt, sondern die bisherige Verlagsvergangenheit hier zugleich architektonisch neu schreibt. Vor der Wende hatte der Verlag vor allem aus einer prowestlichen Haltung heraus architektursymbolische Zeichen in Richtung des unfreien Ostberlin gesetzt. Der Hochhausbau selber, direkt an der Mauer, bildete den Kern dieser architekturkommunikativen Strategie. Sie kulminierte in dem überdimensionierten, umlaufenden Nachrichtenband an der Spitze des Gebäudes, durch das die Ostberliner aus Sicht des Verlages mit Informationen aus der »freien Welt« versorgt wurden. Nun baut Springer selber auf der Ostseite, und kommuniziert wird in Richtung Westen. Die Blickrichtung hat sich umgekehrt. Die symbolische Diagonale durch das Atrium erscheint in diesem Zusammenhang aber wie das Andeuten neuer Kommunikationsstränge jenseits der Logik von Dualismen, wie sie zu Zeiten des Kalten Krieges herrschten. Architektur wird also, überspitzt formuliert, zum Vehikel der strategisch motivierten Einflussnahme auf die Geschichtsschreibung. Schließlich und parallel zu all den erläuterten Bedeutungsebenen schafft mit dem Springer-Neubau eine offene Architektur uns allen einen Einblick in die Arbeitswelt der Zukunft. Was wir sehen, ist eine scheinbar von den Grenzöffnungen der digitalen Ökonomie inspirierte Arbeitslandschaft. Hier öffnet sich das Internet selbst – durch das Gebäude, in dem »es« sitzt. Man schaut den Arbeitern des Digitalen beim Arbeiten zu. Auf diese Weise reflektiert der Bau letztlich das Produktiv-Werden in einer digitalisierten Welt. Und zwar in einer Weise, die Erklärpotenzial für alle Arbeitnehmer hat, denn die digitale Wirtschaft beschränkt sich nicht auf Unternehmen, die dezidiert der Netzwirtschaft angehören. Der Jury-Vorsitzende, der Berliner Architekturtheoretiker Friedrich von Borries, bestätigt dies (zitiert nach Baunetz 2014): »Der Wettbewerb für den neuen Axel-Springer-Campus stellte auch die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten wollen. Dafür hat der Beitrag von Rem Koolhaas eine spektakuläre Antwort vorgeschlagen, die den zukünftigen Nutzern eine Arbeits- und Kommunikationslandschaft eröffnet, die es so noch nicht gegeben hat.«

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Abbildung 1 und 2: Der Koolhaas-Bau für Springer. Architektur als Medium – für ein Medienhaus. Fotos: Axel Springer

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D) M arke und M arkenerlebnis Nachdem bisher die architekturtheoretischen Grundlagen dieser Untersuchung abgesteckt wurden, soll nun der marketingtheoretische Referenzrahmen geliefert werden, in den sich diese einpassen. Auf diese Weise wird die Marketingperspektive systematisch auf das Themengebiet Architektur hin erweitert. Bevor konkret in die Diskussion des Verhältnisses von Erlebniswelten und Markenstrategie eingestiegen wird, soll kurz das dieser Diskussion zugrunde liegende Verständnis von »Marke« erläutert werden. Dieser Text schließt an neuere Konzepte von Marke an, die diese vor allem wirkungsbezogen und nicht mehr primär merkmalsbezogen interpretieren (Esch 2012: 18). Meffert und Burmann (1998: 81) etwa definieren Marke als »ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung«. Um den Begriff der Identifikation mit der Marke ergänzt, erweitert Esch (2012: 22) selber diese Definition. Marken sind für ihn »Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen«. Mit dieser Definition ist nicht nur darauf verwiesen, dass Marken Identifikationsprozesse von Seiten der Rezipienten ermöglichen. Es wird außerdem verdeutlicht, dass nicht allein Konsumenten von Marken angesprochen werden und auf diese reagieren, sondern potenziell sehr unterschiedliche Stakeholder. Eschs Definition zeigt schließlich auf, dass eine positive Korrelation besteht zwischen den Vorstellungsbildern, die sich Konsumenten von einer Marke machen, und ihrem schließlichen (Kauf-) Verhalten. Allerdings ist an dieser Stelle zumindest darauf hinzuweisen, dass Einstellung und (Kauf-)Entscheidung natürlich nicht identisch sind. Konkrete Kaufentscheidungen werden neben den Einstellungen von Konsumenten noch von verschiedenen anderen Faktoren beeinflusst. Aber natürlich macht ein positives Vorstellungsbild zu einer Marke die konkrete Kaufentscheidung zugunsten dieser wahrscheinlicher.11 Zum besseren Verständnis der von Esch angesprochenen Identifikations- und Differenzierungsfunktion von Marken erscheint es angezeigt, an dieser Stelle den Begriff der Einstellung einzuführen. Der Einstellung 11 | Für eine Diskussion des gesamten Prozesses einer Kaufentscheidung und darin vor allem des Verhältnisses von Einstellung und Kaufentscheidung siehe Kotler et al. (2007: 291-303).

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eines Stakeholders zu einer Marke wird in der Marketingliteratur eine wesentliche Rolle für das Markenmanagement zugesprochen (siehe etwa Steffenhagen 2000: 95ff., Kotler et al. 2007: 291 oder Bruhn 2013: 563). Letztlich ist es die Einstellung zu einer Marke, die sich hinter den Identifikation und Differenzierung stiftenden Vorstellungsbildern im Sinne Eschs verbirgt. Die Einstellung einer Person zu einem (nicht notwendigerweise physischen) Gegenstand wird von Bruhn (ebd.) definiert als die »wertende Einschätzung dieses Gegenstands durch diese Person, wobei diese Einschätzung gefühlsbetonter (emotionaler) oder verstandesbetonter (kognitiver) Natur sein kann«. Emotionale und kognitive Wertungen zusammen ergeben, bezogen auf den Gegenstand der Marke, die Einstellung von Stakeholdern zu dieser Marke. Wird eine Marke in diesem Sinne nachhaltig positiv bewertet, so hat sie im Kopf dieses konkreten Konsumenten das, was Esch (2012: 22) in Anlehnung an Weinberg (1995: Sp. 2681) als ein »positives, relevantes und unverwechselbares Image« bezeichnet. Dieses Konzept von Image ist die Basis von Eschs obiger Definition von Marke als eines Identifikation und Differenzierung stiftenden Vorstellungsbildes. Wie aber lässt sich auf das Verhältnis des Konzeptes »Image« zu dem der »Markenidentität« systematisieren? Markenidentität drückt aus, was ein Unternehmen beziehungsweise seine Entscheider für die wesentlichen Werteparameter einer Marke halten, das Selbstbild der Marke gewissermaßen (Esch 2012: 81). Dieses ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Image der Marke im Sinne ihres Fremdbildes wie oben diskutiert. Letztlich auf Seiten der Konsumenten handlungsleitend kann nur das Fremdbild, also das Image sein. Änderungen des Fremdbildes und damit Modifikationen der Einstellung von Konsumenten (ebenso wie von anderen Stakeholdern) zur Marke sind nicht kurzfristig und nicht beliebig zu erzielen, sondern werden erst durch langfristige Lernprozesse möglich (ebd.). Erst diese Lernprozesse erzielen das, was Unternehmen aus der Perspektive der Marketingstrategie natürlich anstreben: eine möglichst weitgehende Übereinstimmung von Fremd- und Selbstbild, von Markenidentität und Markenimage. Im Prozess der Forcierung einer Angleichung dieser beiden Komponenten einer Marke spielt nach Ansicht vieler Marketingautoren das Konzept des »Erlebnisses« eine zentrale Rolle (siehe etwa Bruhn 2013: 259ff., Schmitt und Mangold 2005: 289ff. oder Moor 2007: 44). Erlebnisse steigern die emotionale Beziehung zwischen Kunden und Marken

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beziehungsweise Unternehmen (Bruhn 2013: 261). Sie können auf diese Weise Einstellungen verändern und damit Images prägen. Dies erfordert allerdings nach Ansicht von Schmitt und Mangold (2005: 289) ein hohes Maß an bewusster Rhythmisierung des jeweiligen Erlebnisses. Außerdem ist laut Esch (2012: 38): darauf zu achten, dass ein konkretes Erlebnis geeignet und konsumrelevant ist. Dies erfordert auch eine intensive Auseinandersetzung mit den Aktivitäten der Wettbewerber. Marken, so Esch (ebd.), müssen »erlebnisbezogene Claims abstecken, um für Kunden attraktiv zu sein«.

E) M arkenerlebniswelten — B egriff und A bgrenzung Nachdem der architektonische sowie der markenkonzeptuelle Referenzrahmen für diese Untersuchung abgesteckt und das Verhältnis von Marke und Erlebnis skizziert wurden, möchte ich nun konkret den Begriff der marketinggetriebenen »Erlebniswelt« diskutieren (Morasch 2000; für eine kurze Herleitung siehe Bagusat und Müller 2008: 316). Seine marketingtheoretische Prominenz entwickelte der Begriff in Folge der soziologischen Reflexion einer eventorientierten Transformation von Gesellschaft, für die im deutschsprachigen Raum paradigmatisch Gerhard Schulzes »Erlebnisgesellschaft« steht (Schulze 1992). Diese wurde von Autoren wie Schmitt (1999) marketingkonzeptionell konkretisiert – und auf diese Weise durchaus auch konzeptionell weitergedacht. Eine noch sehr viel grundsätzlichere Relevanz entwickelte das Konzept des Events in der dekonstruktivistischen Philosophie. Für den französischen Philosophen Jacques Derrida etwa ist ein Event der (von ihm affirmativ gedachte) Einbruch des Unvorhergesehenen, des Bedeutung Unterminierenden in die rational strukturierte Welt. Interessanterweise denkt er das Event konsequent räumlich und sogar architektonisch: »The dimension of the event is subsumed in the very structure of the architectural apparatus: sequence, open series, narrativity, the cinematic, dramaturgy, choreography« (Derrida 1986: 66).12 12 | Jedoch ist diese dekonstruktivistische Form der Konzipierung von Event in der Architektur in unserem Zusammenhang letztlich problematisch. Für Derrida ebenso wie für dekonstruktivistische Architekten wie Bernard Tschumi, auf den sich Derrida häufig bezieht, stellt das architektonische Event (und damit auch

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Die radikale Offenheit und die Dimension des Ungewissen, die der Dekonstruktivismus mit dem Konzept des Events verbindet, stellt für seine Anwendung im Bereich des Marketing Problem und Lösung zugleich dar. Marketing will Erlebnisse schaffen und auf deren Basis eine positionierungsstrategische Alleinstellung generieren. Zugleich ist ihm aber um einen möglichst hohes Maß an Kontrolle gelegen. Man könnte dies als einen inhärenten Grundwiderspruch aller Marketingmaßnahmen sehen, der die Disziplin ebenso vital wie konzeptionell permanent angreif bar werden lässt. In Erweiterung dieser Fundamentaltragik des Marketing sah sich auch das Konzept der dreidimensionalen Markenerlebniswelt im Rahmen der Marketingtheorie zunächst einer beträchtlichen Unklarheit ausgesetzt (Bagusat und Müller 2008: 316). Diese bezog sich genau auf die Abgrenzung vom Konzept des Erlebens beziehungsweise des »Events« selbst (Morasch 2000: 224). Im Rahmen der marketingkommunikativen Maßnahmen von Unternehmen wird die Erlebniswelt gelegentlich parallel zu Begriffen wie »Event« gebraucht (siehe etwa Opaschowski 2000: 49). Andere Autoren schlagen primär psychologisch basierte Definitionen vor (Müller 2001: 42). In dem vorliegenden Kontext wird jedoch dem Ansatz von Meinicke (2003) gefolgt, der für eine real-räumliche Definition von Erlebniswelt plädiert, denn erst durch einen solchen Begriff lassen sich spezifisch architektonische Implikationen des Konzeptes überhaupt sinnvoll diskutieren. Meinicke zufolge fasst der Begriff der Erlebniswelt »eine künstlich geschaffene, räumlich und zeitlich mehr oder weniger permanente, öffentlich zugängliche, reale und dreidimensionale Einrichtung…, innerhalb derer einem Besucher Unterhaltung, Information und Erlebnis angeboten werden. Sie besitzt einen für den Besucher nachvollziehbaren inhaltlichen und konzeptionellen Rahmen, in dem Emotionen zur Erlebnisvermittlung eingesetzt werden« (ebd.: 65). Zentraler Aspekt jeder so verstandenen Erlebniswelt ist die körperliche Integration von Zielgruppen. Erlebniswelten betrachtet man nicht das architektonische Erleben) ein Moment antikapitalistischer Programmatik dar. Eine unternehmensstrategische Umdeutung wie in unserem Falle läuft daher Gefahr, eine begriffliche Engführung von Derridas Event-Begriff zu unternehmen (siehe dazu auch Klingmann 2007: 111-115). Dieser wird hier daher nicht dezidiert weiter verfolgt.

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nur, man geht in sie hinein. Der Körper des angesprochenen Kunden befindet sich im architektonischen Raum. Genau darin liegt die oben bereits erwähnte, von Kulturwissenschaftlern wie Klein (2003) kritisch diskutierte Immersion. Wichtig an dem Konzept der Immersion ist die Ambivalenz, auf die es verweist: Immersive Prozesse können grundsätzlich sowohl als bewusste, freiwillige Handlung gedacht werden – wie auch als das Resultat eines extern strategisch induzierten Prozesses, an dessen Ende eine unfreiwillige körperliche Integration in einen (neuen) räumlichen Kontext steht. Zwei häufig synonym zur Markenerlebniswelt verwendete Begriffe sind jene der »brand lands« (Diez 2001: 376) und der »brandscapes« (Klingmann 2007). Vorteil der hier verwendeten Terminologie ist der Zugriff auf das Konzept des Erlebnisses, wodurch die intendierte Wirkweise der architektonisch geschaffenen »Welten« bereits angedeutet wird: Es geht eben nicht nur um die Vermittlung von Informationen durch räumliche Konstellationen. Es geht auch nicht nur um das Zeigen von etwas (wie in einem Theaterstück). Es geht um körperliches Erleben, um (von Seiten eines Auftraggebers strategisch motivierte) Immersion. Der Begriff der Markenerlebniswelt deutet an, dass es um das körperliche Erleben von Marken sowie um die Stärkung von Marken über Erlebnisse geht. Zu erwähnen ist hierbei, dass unternehmerische Erlebniswelten abgegrenzt werden können von anderen räumlichen Erlebniskonstellationen. Meinicke (2003: 66) differenziert die unternehmerische Erlebniswelt von primär touristisch motivierten Erlebniswelten (Erlebnisbadeparks etc.) und solchen der öffentlichen Hand (Museen etc.). Innerhalb dieses Dreiecks unterscheiden sich unternehmerische Erlebniswelten durch ihre distinkte Zielsetzung. Meinecke benennt aus Sicht des Auftraggebers den angestrebten materiellen und immateriellen Nutzen als Zielsetzung. Markenerlebniswelten wollen, wenn auch auf indirekte Weise, durchaus materiellen Nutzen schaffen. Hierin ähneln sie touristischen Themenwelten, nicht jedoch jenen der öffentlichen Hand, deren Zielsetzung primär immateriell ist. Aus Nutzerperspektive sieht Meinicke darüber hinaus vor allem die Kombination aus Information und Unterhaltung als differenzierend an. Öffentliche Erlebniswelten hingegen zielten primär auf Information ab, touristische Erlebniswelten rein auf Unterhaltung.13 13  |  An dieser Stelle ließe sich einwenden, dass staatliche Museen heute natürlich auch als profitorientierte Einrichtungen verstanden werden können. Außerdem

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Bezogen auf den Zielbereich »Information« wäre Meinickes Perspektive zu ergänzen in Hinblick auf die vom Auftraggeber angestrebte Folgewirkung der vermittelten Information. Während Themenparks der öffentlichen Hand Informationsvermittlung primär als Selbstzweck anstreben (sie wollen schlicht ein höheres Maß an Bürgerinformation generieren), kommt es bei unternehmerischen Erlebniswelten auf die Folgen der vermittelten Informationen an. Die integrierten Informationen sollen zu etwas führen: Zur Erhöhung der Identifikation mit einer Marke; zu erhöhter Kundenbindung – und letztendlich oft auch direkt zu gesteigerter Einkaufslust (Sistenich 1999: 63). Die via Raumwirkung vermittelten Informationen und die erzeugten Affekte sollen eingebettet werden in eine psychisch-handlungsorientierte Prozesskette auf Seiten des jeweiligen Kunden. Folgerichtig verweisen Zanger und Sistenich (1996: 235) auch darauf, dass aus Marketingsicht zwischen der Erlebniswelt und den anderen verwendeten Instrumenten der Markenkommunikation ein hohes Maß an strategischer inhaltlicher wie zeitlicher Kongruenz herzustellen ist.

F) E rlebniswelten in der M arkenkommunik ation Grundsätzliches Ziel der Integration von Erlebniswelten in die Markenkommunikation ist der Kampf gegen die physische Austauschbarkeit von Produkten und gegen eine wachsende Markenerosion, eine zunehmende Resistenz auf Seiten von Konsumenten, Loyalität gegenüber Marken aufzubauen, sowie ein zurückgehendes Vertrauen in Marken (Esch und Wicke 2001: 27ff.). Ursache für diese Befunde ist für viele Marketingdenker eine abnehmende Effizienz klassischer Above-the-line-Marketingaktivitäten14 (zu dieser und anderen Herausforderungen für das Marketing heute siehe Esch 2012: 25-35). In dieser Lage gewönnen Below-the-Line-Maßist die Trennung zwischen Museen und Markenerlebniswelten nicht immer ganz leicht aufrecht zu erhalten. In der Autostadt Wolfsburg beispielsweise operiert das »ZeitHaus« mit seinen historischen Wechselausstellungen durchaus ähnlich wie ein Museum zur Geschichte des Automobils. 14 | Mit Esch (2012: 290) werden Above-the-Line-Marketingaktivitäten hier verstanden als »die klassischen Kommunikationsmittel wie Printanzeigen, Fernsehwerbung, Radiospots, Plakatwerbung oder Kinospots«.

2. Strategie

nahmen an Relevanz, weil sie in höherem Maße zielgruppengerecht, individuell und persönlich wirken (Kirchgeorg et al. 2009: 15-16). Nicht zuletzt die Schaffung »einzigartiger und nachhaltiger Erinnerungen« stehe im Zentrum der Markenkommunikation (Kirchgeorg et al. 2012: 296). Diese Erinnerungen lassen sich nach Ansicht von Kirchgeorg et al. (ebd.) nicht zuletzt durch jene Erlebnisse schaffen, die zentrales Ziel markengetriebener Erlebniswelten darstellen. Sie haben so das Potenzial, die Forderung von Schmitt (1999) zu erfüllen, der bezogen auf neue Wege der Markenkommunikation fordert, die er, aus Kundensicht formuliert, wie folgt beschreibt: »What they want from products, communications and marketing campaigns is something that dazzle their senses, touch their hearts, and stimulate their minds.« (Schmitt 1999: 22) Es geht also um eine simultan rationale, emotionale und sinnliche Erlebnisvermittlung. Eine beträchtliche markenorientierte Wirkeffizienz schreibt die Marketingtheorie Erlebniswelten entlang einer ganzen Reihe möglicher markenkommunikativer Ziele zu (siehe etwa Esch 2012: 112 sowie 333-336). Um diese substanziell diskutieren zu können, möchte ich an dieser Stelle allerdings eine konkrete Liste an Zielkategorien heranziehen. Eine solche liefern Bagusat und Müller (2008: 318-319). Sie listen folgende zentrale Zielkategorien auf, die mit Erlebniswelten bedient werden und die Basis für unsere weiteren Überlegungen bildet: • die Erhöhung der Identifikation mit der Marke, • die Erhöhung der Verweildauer und der Wiederkehrwahrscheinlichkeit, • die Schaffung von Wohlbefinden, • die Erhöhung der Einkaufslust, auch wenn diese nicht vor Ort in der Erlebniswelt befriedigt werden kann, sowie • die emotionale Bindung des Kunden an die Marke, die langfristig zu regelmäßigen Wiederkäufen führen soll. Wie genau diese Ziele durch räumliche Marken-Erlebniswelten erzeugt werden, darüber bleiben Bagusat und Müller (ebenso wie die Marketingliteratur insgesamt) recht vage. Es ist daher ganz konkret marketingrelevant, wenn im Folgenden versucht wird, mit den Wirkweisen von Architektur einen Teilbereich der Effekte von Erlebniswelten genauer zu beleuchten. Es soll diskutiert werden, wie architektonisches Erleben im oben dargelegten Sinne in jedem Teilzielbereich der Erlebniswelten wirkt.

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Je nach Relevanz werden hier auch praktische Beispiele konkreter architektonischer Markenerlebniswelten exemplarisch herangezogen. Die Darstellung rekurriert dabei auf unterschiedliche architektonische Beispiele. Sie kombiniert aktuelle Cases mit etwas älteren Referenzen, die im Bereich der Markenräume als wegweisend angesehen werden können.15

G) A rchitek tur als E lement von E rlebniswelten Im Folgenden soll die Relevanz architektonischen Erlebens im oben erläuterten Sinne für die unterschiedlichen Zielkategorien von Markenerlebniswelten diskutiert werden. Die Fragen, die dadurch jeweils adressiert werden, lauten: Welche Rolle kann die Architektur als Element einer Erlebniswelt in der marketingkommunikativen Wirksamkeit der Erlebniswelt spielen? Und, daraus abgeleitet: Welche Empfehlungen lassen sich für die konkrete architektonische (Aus-)Gestaltung einer möglichen neuen Markenerlebniswelt geben? Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass die Zielkategorien von Erlebniswelten in der Marketingliteratur häufig relativ beiläufig abgearbeitet werden und die hier verwendete Auflistung von Bagusat und Müller (2008) nahezu die einzige Systematisierung dieser Art zu sein scheint. Es ist daher absolut möglich, dass je nach konkreter Erlebniswelt weitere Zielkategorien denkbar sind, die hier unberücksichtigt bleiben. Dies würde dann auch weitere Effekte von Architektur implizieren. 15 | Der zentrale Case einer solchen paradigmatischen Markenerlebniswelt ist bis heute die Autostadt Wolfsburg. Zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung im Jahr 2000 stellte diese einen der ersten umfassenden Versuche eines Unternehmens dar, seine Marken in einer Erlebniswelt zu verräumlichen. Seither wird sie kontinuierlich modifiziert, um raumästhetisch aktuell zu bleiben und sowohl der jeweiligen Markenwelt des Volkswagen-Konzerns zu entsprechen wie auch die jeweils zeitgenössischen Vorstellungen von Genuss stiftendem Konsum zu reflektieren. Im Sinne des architektonisch großen Wurfes kann die Autostadt bis heute als Prototyp und elaboriertestes Beispiel einer Markenerlebniswelt gesehen werden – obwohl sie ihrerseits Potenziale architektonischen Erlebens auch ungenutzt ließ und letztlich bis heute lässt. Wenn sie heute hier noch einmal diskutiert wird, dann einerseits als ein Stück Markenarchäologie – aber auch, weil bestimmte kommunikative Mechanismen an der Autostadt besonders klar aufgezeigt werden können.

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Erhöhung der Identifikation mit der Marke Die Identifikation mit einem Wertekonstrukt wie einer Marke impliziert, dass ein Kunde die Markenidentität mit der eigenen Subjektivität überein bringt; dass also, wie zuvor dargelegt, Selbstbild und Fremdbild einer Marke zueinander passen (siehe dazu Meffert und Burmann 2002: 49ff.). Die Marke wird dann zu einem Teil des Individuums. Architektur kann hier produktiv werden, indem sie die Brücke zwischen Selbst und Welt verringern hilft. Das architektonische Erleben erzeugt, wie oben erläutert, potenziell einen Zustand gesteigerter Übereinstimmung zwischen Selbst und Welt – hier eben verstanden als die Welt der Marke. Markenadressaten bewegen sich in bewusst gestalteten architektonischen Markenräumen – und lassen die Marke zu einem Element in ihrer räumlichen Weltwahrnehmung werden. Die Marke gehört künftig zu ihrer Welt dazu (siehe auch Littich und Zimmermann 2010 sowie Raffelt und Meyer 2012: 207-222). Wie aber muss ein konkretes architektonisches Programm aussehen, um in diesem Sinne identifikationsfördernd zu wirken? Es wurde ja bereits erläutert, dass architektonisches Erleben auf der Kombination von Eindruck und Wirkung basiert. Hahn (2008: 209) verweist darauf, der architektonische Eindruck entstehe dann, wenn auf Basis der Vorbildung eines Menschen und seiner Erfahrung im »Sehen« eine Variation stattfinde. Eine Markenwelt, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen will, muss also die architektonische Vorbildung der Konsumenten und ihre kulturellen Hintergründe ansetzen, diese aber nicht nur bedienen, sondern variieren. Hieraus lässt sich etwa die Empfehlung ableiten, aus anderen Kontexten bekannte architektonische Formen und Materialien zu verwenden, diese aber mit Bildern oder anderen sinnlichen Eindrücken aus der Welt der Marke zu kombinieren. Eine in diesem Sinn Identifikation schaffende Architektur muss mit Kontrasten arbeiten und Kontraste schaffen. Kontextuell absolut eingepasste Bauten liefen an dieser Stelle ins Leere. Dennoch ist hier auch die Bezugnahme auf vorhandene städtebauliche Maßstäblichkeiten zu nennen. Das Selbst, das sich und seine Erfahrungen in der präsentierten (Themen-)Welt wiedererkennt, ist in höherem Maße bereit, diesem mit einer Identifikationsleistung zu begegnen, wenn sie sich maßstäblich an einen vorhandenen urbanen Erfahrungshorizont andocken. Menschen identifizieren sich mit einer Marke, wenn

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deren architektonische Spiegelung in möglichst subtiler Weise auf die jeweiligen kulturellen Vorprägungen aufsetzt. Immer geht es um Modifikation in einem verstehbaren Kontext. Neben der Maßstäblichkeit kann dies sich auch auf andere architektonische Gestaltungsdimensionen beziehen, beispielsweise auf die verwendeten Materialien. Die Verwendung bestimmter, bekannter und kulturell »gelernter« Materialien an leicht ungewöhnlicher Stelle wäre ein konkretes architektonisches Beispiel hierfür. Das heißt: Um Identifikationen zu stiften, muss die Architektur einer Markenwelt sich zwar nicht in ihren Kontext einpassen und selber verschwinden, sie tut jedoch gut daran, mit Einflusslinien aus dem stadträumlichen und makrokulturellen Kontext zu interagieren. Sie muss eine verständliche Haltung zu dem Ort formulieren, an dem sie und mit ihr die repräsentierte Marke sich befinden. Jedoch muss sie auch, wie zuvor aufgezeigt, konkrete räumliche Verhaltensweisen induzieren. Erst ein Mindestmaß an realer Auswirkung auf unsere räumlichen Verhaltensroutinen führt zu einem originär architektonischen Erleben. Und erst dieses zeitigt jenen Erlebnischarakter, der die Architektur zu einem signifikanten Element einer auf Erlebniswelten basierenden Kommunikationsstrategie macht. Man identifiziert sich, weil eine Erfahrungswelt geschaffen wurde, die den Konsumenten mit der Marke verbindet. Und dies impliziert wiederum ein gewisses Maß an architektonischer Verunsicherung, an kontrollierter räumlicher Provokation. Konkret kann dies etwa implizieren, Raumangebote zu machen, die routinisierte Bewegungsprogramme unterlaufen. Eine Erlebniswelt kann also etwa ungewohnte Wegeführungen anbieten oder mit außergewöhnlichen Raumhöhen arbeiten, die uns beispielsweise besonders leise oder laut sprechen lassen. Menschen müssen sich zu diesem Raum verhalten. Sie eignen ihn sich auf diese Weise proaktiv an, machen ihn sich zu Eigen – und entwickeln auf diese Weise womöglich ein Gefühl gesteigerter, räumlich induzierter Identifikation. Gerade letzteren Punkt exerziert die Architektur in der Autostadt Wolfsburg tatsächlich vor – und zwar im so genannten »Premium Clubhouse«. Der Besucher des Pavillons wird nach Betreten genötigt, in einem recht langen Fußweg leicht absteigenden Kurven zu folgen, die ihn erst sukzessive in den eigentlichen Kern der Ausstellung treten lassen. Die architekturpsychologische Erfahrung eines effizient und schnell nutzbaren Ausstellungsgebäudes, das seine Funktionsweise ohne Umschweife

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preisgeben will, wird hier architektonisch bewusst unterlaufen. Durch die Art der Wegeführung wird im Besucher Spannung erzeugt, durchaus auch eine Irritation. Gerade diese aber kann durchaus als ein Stück architektonisches Erleben gedeutet werden – und zwar als eines, das, sobald man sich die Inszenierung der ausgestellten Premiummarken16 Bugatti und Bentley »erlaufen« hat, durchaus zu einem höherem Maß an Identifikation mit der Marke führen kann – eben weil man es sich selbst »erarbeiten« musste. Auf der anderen Seite muss hier auch darauf verwiesen werden, dass, sofern der affirmative Erlebnisbegriff Hahns verlassen wird, auch ein architektonisches Erlebnis denkbar ist, das bezogen auf die Markenidentifikation kontraproduktive Effekte zeitigt. Wie oben ausgeführt, verweist etwa Anthony Vidler darauf, dass architektonisches Erleben auch Angst erzeugen kann – und damit die Differenz zwischen Selbst und Welt potenziell auch erhöht. Vidler (200: 44) spricht in diesem Zusammenhang von den »virtual fears of late modernity«. Solche würden etwa erzeugt, wenn ein Gebäude architektonische Eindrücke erzeugt, die absolut mit keinem Stück Vorerfahrung in Zusammenhang zu bringen sind. Bezogen auf die Wirkung von Architektur wären beispielsweise neue Nutzungsprozesse denkbar, die in handlungspraktischen Sackgassen münden – Wege, die ins Nichts führen, oder Bildschirme, die nichts zeigen (wie eine Zeit lang zu sehen in der Markenerlebniswelt von BMW in München; siehe dazu Gutzmer 2011: 211). Ein solches architektonisches Erlebnis könnte die Identifikation mit der Marke durchaus auch schmälern.17 16 | Als dieses Buch im Jahr 2015 verfasst wurde, waren im Premium Clubhouse die Marken Bugatti und Bentley untergebracht. Bugatti hielt dort im Zuge einer grundlegenden Umgestaltung im Jahr 2008 Einzug, nachdem die Marke kurz zuvor in den VW-Markenkontext integriert wurde. Zur Eröffnung der Autostadt im Jahr 2000 hatte das Gebäude zunächst nur Bentley »beherbergt«. 17 | Überlegungen wie letztere lassen sich grundsätzlich auch für jeden der im Folgenden diskutierten Teilzielbereiche anstellen. Jedes dieser Teilziele kann durch ein im Vidler’schen Sinne destruktives architektonisches Erleben auch fundamental unterminiert werden. Da diese potenzielle Unterminierung aber für die grundsätzliche Argumentation dieser Arbeit nicht weiter konstitutiv ist, wird eine solche architekturkritische Sichtweise im Folgenden nicht weiter verfolgt – womit aber eben nicht gesagt werden soll, dass sie in einem anderen analytischen Kontext nicht auch sinnvoll wäre.

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Abbildung 3: Identifikation, die der Kunde sich erarbeiten muss: Das Premium Clubhouse in der Autostadt. Foto: Mark Henderson

Erhöhung der Verweildauer und der Wiederkehrwahrscheinlichkeit Zunächst muss gesagt werden, dass diese Zielkategorie einer Markenerlebniswelt konzeptionell als problematisch erscheint. In gewisser Hinsicht stellt sie letztlich einen markenanalytischen Zirkelschluss dar: Marketingstrategische Zielsetzung von Erlebnisräumen ist natürlich nicht, dass diese wiederholt besucht werden. Vielmehr weist die Tatsache, dass sie wiederholt besucht werden, ihre Attraktivität aus – und damit auch ihre kommunikationsstrategische Effizienz (denn wiederholte Besuche erhöhen natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass die anderen markenkommunikativen Teilziele erreicht werden).

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Dennoch spielt die mit dieser Zielkategorie angesprochene Frage der Temporalität und einer möglichen temporären Taktung von Kommunikationsstrategie und ihrem architektonischen Niederschlag natürlich in der Markenwelt eine zunehmend zentrale Rolle (siehe etwa Gibbs 1998). Insofern lässt sich natürlich überlegen, ob diese Zielkategorie mit architektonischen Mitteln unterstützt werden kann. Dies wäre gegeben, wenn die beiden zentralen Elemente architektonischen Erlebens – nachhaltige Eindrücke und reale Handlungsänderungen – a) positiv beurteilt werden und b) durch Wiederholungsbesuche auch ihrerseits wiederholbar sind. In diesem Sinne verweist diese Zielkategorie schlicht auf die Temporalität und die temporär gestaffelten Effekte von Architektur. Die Frage ist also: Nutzt sich die Eindrücklicheit von Markenarchitektur eher ab – oder lässt sie sich durch wiederholte Besuche steigern? Bezüglich der grundsätzlichen Fähigkeit von Architektur, ihre Eindrücklichkeit über wiederholte Besuche zu bewahren, so lässt sich schnell sagen: Dies besteht selbstverständlich. Es gibt Gebäude, die ihre Aura und ihre Eindrücklichkeit über viele Jahre, ja über Jahrhunderte bewahren und deren architektonisches Erlebnis sich auch durch häufige Besuche nicht abnutzt. Dies gilt für barocke oder gotische Kirchen ebenso wie für Klassiker der gebauten Moderne wie den 1929 eröffneten BarcelonaPavillon von Mies van der Rohe (dessen Aura auch die Tatsache nichts anhaben konnte, dass der heute in Barcelona besuchbare Pavillon eine Rekonstruktion aus den 1980er Jahren ist). Auch in einem dezidiert unternehmerischen Kontext entstandene Gebäude können diese Form der Aura entwickeln. Man denke hier etwa an das New Yorker ChryslerBuilding (1928-1930, Architekt William van Alen). Allerdings ist an dieser Stelle zu fragen, ob das Wesen von Marken als wesentliches Moment jedes Erlebnisraumes der Schaffung einer solchen, die Zeiten überdauernden Aura nicht zuwiderläuft. Mit seinem (kapitalismuskritischen) Konzept des »Junkspace« hat gerade Rem Koolhaas ja sehr nachhaltig auf diese Problematik hingewiesen (Koolhaas 2004). Speziell kapitalistische Räume sind für Koolhaas der permanenten Bedrohung ausgesetzt, gerade durch ihre Tendenz zum ewig Neuen und durch die gleichzeitige Tendenz zur Ökonomisierung (und damit letztlich auch zur Wiederholung) eine plötzliche Sinnentleerung zu erfahren. In seiner typischen, sehr bildhaften Sprache schreibt Koolhaas (2004: 163): »Junkspace is like being condemned to a perpetual Jacuzzi with millions of your best friends.« Gerade die Tendenz zur ständigen Wiederholung

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innerhalb kapitalistisch geprägter Räume, verbunden mit ihrem dauernden Versuch, ein wie auch immer geartetes maximales Wohlbefinden zu schaffen, stellt für Koolhaas eine ständige existenzielle Gefährdung dieser Räume dar. Bezogen auf die Instrumentalisierbarkeit von Architektur für Wiederholungsbesuche in Markenwelten heißt dies indes nicht, dass diese schlechterdings keine Rolle spielen kann. Es bedeutet aber, dass in der Konzeption der konkreten Architekturen sehr behutsam vorgegangen werden muss. Es braucht eine Architektur, die Aspekte der Temporalität des Besuchers konsequent mitdenkt. Also eine, deren Erfahrbarkeit sich nicht nach einer Stunde erschöpft, und die auch für Wiederholungsbesucher noch Effekte/Affekte bereit hält. Ziel muss eine Architektur sein, die sich wie eine Zwiebel erst sukzessive erschließt und die unterschiedliche Erfahrungsebenen miteinander kombiniert. Oder eine Architektur, mit der der Besucher aktiv umgehen kann, die er sich in gewisser Hinsicht »erarbeitet«. Ein solches Gebäude ist für Wiederholungsbesuche geradezu prädestiniert. Es hätte zumindest das Potenzial, Teil einer Kommunikationsstrategie zu werden, welche auf die langfristige Schaffung sich sukzessive verstärkender Akzeptanzeffekte setzt. Mit Hilfe einer solchen Architektur könnte also eine stärker auf eine zeitliche Taktung setzende Markenstrategie Wirklichkeit werden. Folgt man dem obigen, instruktiven Koolhaas-Zitat, dann ist etwa eine zu liebliche, zu seichte Architektur, die Koolhaas mit seinem Bild des Jacuzzi anzusprechen scheint, nicht zu empfehlen. Diese wäre aufgrund ihrer Eindimensionalität gerade im Sinne der Temporalität kontraproduktiv. Lieblichkeit muss man sich nicht erarbeiten. Zugleich ist aber auch eine zu direkt, zu oberflächlich oder ornamental agierende Zeichenarchitektur mit Vorsicht zu betrachten, die Markenbotschaften ungefiltert in architektonische Symbolik übersetzt. Denn die spezifische bauliche Eindrücklichkeit im Sinne Hahns ist durch diese sicher nicht zu erreichen. Es ist passenderweise ausgerechnet eine Veranstaltung für das Zurschaustellen von Zeitmessern, welche diese schauarchitektonische Tücke in der Unterstützung zeitbezogener Markenstrategien untermalt: Ein Gang über die »Baselworld«, die weltweit wichtigste Messe für Luxusuhren, gibt einen Eindruck von dieser allzu eindimensionalen räumlichen Übersetzung von Markenwerten. Auf den ersten Blick wirkt die Opulenz und offensichtliche Finanzkraft, mit der die Hersteller in ihren Showrooms immer üppigere und immer symbolischere Uhrenräume schaffen,

2. Strategie

beeindruckend. Da werden europäische Innenstädte imitiert, reale Architekturikonen simuliert, gerne auch mal spacige Futurismusbauten angedeutet. Es scheint, als wollten die Messestände zur besseren Architektur werden. Doch beim Verlassen der Messe bleibt ein schales Gefühl, einem hysterischen, pseudoarchitektonischen Zeichenwettlauf beigewohnt zu haben, dessen emotionale wie intellektuelle Nachhaltigkeit gegen null tendiert. Je mehr die semantischen Konzepte der Stände an reale Städte erinnern wollen, desto eher wirken sie wir eine ungeheuer substanzlose Simulation. Die Baselworld ist ein Schaulaufen der Großfassaden – in einer Ausführung aus Pappe oder Spanplatte, wodurch die Idee der Fassade in ihrer Zweidimensionalität selber noch einmal dimensional begrenzt wird. Eine Ausnahme bilden solche Stände, die selber nicht Stadtfassade imitieren, sondern selber architektonisch arbeiten. Ein gutes Beispiel hierfür ist die luftige, aus Holz gebaute Standstruktur, die der japanische Architekt Toyo Ito für den französische Luxusmarke Hermès baute. Hier lebt Architektur, hier lässt sie sich anfassen, ohne dass man fürchten muss, der Stand falle in sich zusammen. Und hier schafft sie durchaus auch reale Effekte im oben skizzierten Sinne.

Abbildung 4: Pseudoarchitektonischer Zeichenwettlauf: Die Baselworld. Foto: Baselworld

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Ähnlich lässt sich an dieser Stelle auch der Zielbereich der architektonischen Wirkung diskutieren. Auch dieser lässt sich in eine zeitbezogene Betrachtung von Markenstrategien einpassen. Auch er ist grundsätzlich in der Lage, sich durch Wiederholungsbesuche nicht abzunutzen, sondern im Zeitverlauf eine immer existenziellere Bedeutung anzunehmen. Manche Wirkungen können sich erst durch wiederholte Konfrontation eines Menschen mit genau derselben Architektur überhaupt entfalten. Außerdem kann Architektur im Sinne Hahns auch wiederholt verhaltensändernde Wirkungen entfalten. Im Wesen guter Gebäude liegt es, so könnte man argumentieren, sich auf immer wieder neue Nutzungszusammenhänge einzustellen, also, lapidar formuliert, »mit der Zeit zu gehen«. Und zwar nicht nur mit der historischen Zeit, sondern mit der individuellen Temporalität jedes einzelnen Besuchers. Es ist insofern ein legitimes und realistisches Ziel, durch Architektur dauerhafte und wiederholte Verhaltensänderungen zu erzielen. Allerdings muss auch hier gelten, dass eine zu konventionelle, kein eigenes Raumprogramm schaffende Architektur die Gefahr der raumbezogenen Langeweile mit sich bringt. Ein Raumprogramm, das, in den Worten Klingmanns, keine »truly immersive brand environments« schafft, wird kaum zu Wiederholungsbesuchen einladen – und bei erzwungenen Neukonfrontationen auch keine bleibende Wirkung hinterlassen, sondern allenfalls zu negativen Reaktionen führen (Klingmann 2007: 88). Stattdessen sollten wir eine Architektur anstreben, die sich immer wieder neu erschließt und die für Neuinterpretationen von Seiten der Besucher immer wieder Raum schafft. Dies wäre dann architektonische Wirkung. Als exemplarisch für diesen Zusammenhang kann der Lamborghini-Pavillon der Autostadt angesehen werden. Dieser präsentiert (im Jahr 2015 zumindest noch) unter anderem ein Auto als vertikal an die Wand gehängtes Ausstellungsstück, das erst beim Besuch des Pavillons durch einen Drehmechanismus von außen nach innen transportiert wird. Das Auto wird zum Teil der Wand – und damit der Architektur. Dieser Effekt führt jeweils zu einem realen architektonischen Eindruck und einer architektonischen Wirkung in dem Sinne. Zum einen verändert sich natürlich unser Verständnis von »Wand« selbst. Dimensionen verschieben sich, das ehedem Horizontale wird vertikale, das ehedem Zweidimensionale ist plötzlich dreidimensional. Außerdem reagiert der Besucher auf die Plötzlichkeit des Erscheinens des Sportwagens und auf die plötzlich offenbar werdende Porosität von außen und innen mutmaßlich mit faszinierter

2. Strategie

Irritation und nahezu Schrecken.18 Es wird ein realer, starker, bleibender Eindruck hinterlassen: Hier wird Architektur in ihrer Substanz sichtbar. Zugleich wird auch eine konkrete körperliche Reaktion herausgefordert: Zunächst einmal muss man rein physisch auf die starken Lichtwechsel reagieren: Es wird dunkel, man sucht nach Lichtquellen. Dann geht die Wand geht auf, der Besucher wird mit plötzlicher Helligkeit und mit Luftzug konfrontiert. Zugleich heult der Lamborghini-Motor auf; man versucht, den Lautstärke-Pegel zu managen, sei es dass man näher herangeht oder dass man zur Lärmminderung Distanz sucht. All diese Effekte hängen nicht nur damit zusammen, dass hier ein Auto präsentiert wird, sondern damit, dass das Auto zu einem Stück Architektur geworden ist. Die Architektur selbst ermöglicht diese Effekte und generiert damit den nachhaltigen Eindruck auf den Besucher. Die architektonische Temporalität vollzieht sich hier offensichtlich in zwei unterschiedlichen Ebenen. Zum einen ist der Pavillon selber einer zeitbezogenen Strategie unterworfen: Die Wand verändert sich eben alle paar Minuten. Zum anderen aber verändert sich auch der Kontext, in dem diese Architektur ihre Wirkungen entfaltet. Dies dürfte zu jeweils unterschiedlichen Besucherreaktionen führen. Die konkreten Reaktionen hängen von vielerlei Faktoren ab: Wetter, Jahres- und Tageszeit, präsentiertes Modell. Eine wiederholte und im Zeitablauf variierende architektonische Wirkung ist also absolut denkbar. Daher ist die Möglichkeit von Wiederholungsbesuchen durchaus gegeben – und damit einher gehend auch eine im Zeitablauf zunehmende Wirkungstiefe dieser markenbezogenen Architekturstrategie. Gleichwohl muss natürlich einschränkend vermerkt werden, dass sich der Überraschungseffekt des Autos an der Wand in seiner ganzen Direktheit bei wiederholten Besuchen zunehmend verliert. Die Wand oszilliert, gleich der Grundlogik des Computers, immer zwischen 0 und 1 – Auto drinnen, Auto draußen. Es wäre letztlich empirisch zu untersuchen, ob sich bei erneuter Betrachtung der Installation im Besucher jeweils neue Assoziationsketten ergeben und neue körperliche Effekte generiert werden. In Bezug auf die spezifische Kombination aus gebautem Raum und jeweils veränderlichen, markennarrativen Inhalten lässt sich bezogen auf dieses Beispiel sagen, dass sich hier eine vermeintliche Gefährdung der 18 | Meine Gespräche mit Besuchern bestätigten dies (Gutzmer 2011: 218).

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Architektur zu einer potenziellen Stärke verwandelt. Es mag zunächst so scheinen, als entwickle sich die mutmaßlich hohe Veränderungsrate der Inhalte zur Gefährdung des architektonischen Hintergrundes. Jedoch lässt sich dies nun auch ganz anders denken: Jede neue Inhaltsinszenierung setzt auch die Architektur neuen Impulsen aus, aktualisiert diese also in gewisser Hinsicht jeweils neu. Und dies hat auch das Potenzial, neue räumliche Verhaltensweisen beim Besucher zu erzeugen, in diesem also immer wieder neue Wirkungen zu erzielen. Es ist also durchaus realistisch anzunehmen, dass der Zielbereich »Wiederholungsbesuche« durch das spezifisch architektonische Erleben von Markenerlebnisräumen befördert werden kann. Gerade dieser Mechanismus lässt sich in der Autostadt Wolfsburg eindeutig beobachten. Als Beispiel kann hier erneut das Premium Clubhouse dienen – in Verbindung mit seiner vorigen Denomination als »Bentley-Pavillon«. Aufgrund der anstehenden Integration der Marke Bugatti in das Markenportfolio des Volkswagen-Konzerns wurde im Jahr 2008 der Pavillon in besagtes Clubhouse umdefiniert. Die ehemals komplett auf Bentley hin entworfene Dezenz der Architektur nach außen (ein von weitem kaum wahrnehmbarer künstlicher Hügel, der sich erst bei näherem Hinsehen als eigener Pavillon entpuppt) entwickelt in Kombination mit der zusätzlichen Marke neue Assoziationen und eine neue Art architektonischen Erlebens: Die außenräumliche Dezenz mag nun nicht so sehr als Bentley-spezifisch interpretiert und assoziiert werden, sondern beispielsweise als ein grundsätzlich anderes Verständnis von Luxus. Die schiere Präsenz der Marke Bugatti deutet also die Architektur des Pavillons um. So, könnte man argumentieren, hätte Architektur hier tatsächlich das Potenzial, in Austausch mit den veränderlichen Inhalten der konkreten Markenerlebniswelt eine neue Art und Intensität der Erfahrung zu schaffen. Die Erreichung des Ziels der Wiederholungsbesuche und allgemein die zeitbezogene Wirkeffizienz der Architektur wäre damit also architektonisch unterstützt worden. Jedoch ist auch denkbar, dass die Architektur für die neue Marke schlicht nicht funktioniert. Ihre Effektivität wäre dann durch die neue Narration im Inneren eher gefährdet als gestärkt. Eine weitere Schwäche der Autostadt gilt es an dieser Stelle zu beleuchten – einen Faktor, der für die angestrebte Wirkweise von Architektur insgesamt als hochrelevant erscheint und der in der Autostadt noch nicht konsequent umgesetzt wurde: Die Integration des konkreten

2. Strategie

Erlebnisraumes in den jeweiligen städtischen Kontext. Erst durch diese entfaltet das mögliche Spiel von Inhalt und gebautem Raum sein volles Potenzial, weil erst so der gesamte Kanon möglicher Kombinationen von Inhalt und Architektur ausgeschöpft wird. Es ist eben spannend zu erleben, wie Architektur innerhalb einer Markenerlebniswelt sich auch in den sie umgebenden städtisch-sozialen Kontext integriert; gerade dies dürfte für architekturinteressierte Markenstakeholder ein Grund für potenzielle Wiederholungsbesuche sein und zeitbezogen zu bleibenden Effekten führen. Wie vielen Markenerlebniswelten, so ist auch der Autostadt Wolfsburg in diesem Zusammenhang eine Tendenz zur Isolation vom sie umgebenden urbanen Kontext zu attestieren. Die Autostadt ist ein stadtatmosphärischer Autist. Sie liegt durch den Mittellandkanal von der Stadt Wolfsburg getrennt. Besucher bezahlen ein Eintrittsgeld. Der Fußweg von Bahnhof zur Autostadt scheint bewusst hässlich gehalten – so als solle kein vorheriger Positiveindruck die Impression der Autostadt selber stören. Die Autostadt wird also absichtlich isoliert. Darin liegt eine Gefahr. Der Besucher hat keine Chance, die Autostadt als Teil von Wolfsburg wahrzunehmen und sich beispielsweise zu fragen, wie der Komplex mit städtebaulichen Veränderungen in der Wolfsburger Fußgängerzone interagiert. Das ist umso bedauerlicher, als abstrakt-raumplanerisch die Autostadt als Verlängerung der die Stadt Wolfsburg dominierenden zentralen Stadtachse, der Koller-Achse, gedacht war. Real aufgenommen wird diese Achse in der Autostadt aber nicht (Henn 2000; siehe auch Gutzmer 2013). Anna Klingmann sieht die Autostadt denn auch als Ganze kritisch. Sie schreibt über die Gesamtplanung des Ensembles, für die das Münchner Architekturbüro Henn verantwortlich zeichnet, es gehöre »to the expression of a bygone era, one based on corporate expansion and unequivocal corporate power, distancing itself from the local environment and, even more important, from the human scale of its visitors« (Klingmann 2007: 262-63). In der räumlichen Abkapselung sieht Klingmann einen Ausdruck eines obsolet gewordenen unternehmerischen Selbstverständnisses – und zugleich eine Abkehr vom Ziel der korporealen Ansprache der Besucher, einfach weil eine bestimmte, von Klingmann für menschlich gehaltene, Maßstäblichkeit verlassen wird. Dieser Kritikpunkt, der weiter oben bereits angedeutet wurde, lässt sich letztlich auf alle hier diskutierten Marketingzielbereiche übertragen, weil er jeweils das architektonische Erleben schwächt: Wenn das, was

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Klingmann den Maßstab des Besuchers nennt, in keiner Weise bedient wird, ist es schwer, einen nachhaltigen architektonischen Eindruck zu hinterlassen. Und wenn die architektonisch geschaffene Markenwelt sich vom urbanen Kontext abschottet, so besteht die Gefahr, dass die architektonisch erzielte Wirkung komplett auf die abgegrenzte, künstlichen Welt des Markenraumes beschränkt bleibt.

Schaffung von Wohlbefinden Der Begriff des Wohlbefindens überrascht in einer Darstellung markenstrategisch motivierter Unternehmensaktivität, weil er zunächst selber keinen direkten markenstützenden Effekt zu haben scheint. Fröhlich (2010: 523) zufolge ist unter Wohlbefinden ein »angenehmer Zustand der Ausgeglichenheit, Gesundheit und Zufriedenheit« zu verstehen. Die gängigen Marketinglehrbücher schreiben einzelnen Instrumenten zur kommunikativen Stützung von Marken keinen direkten kommunikativen Effekt zu, der primär auf einer Förderung von Wohlbefinden basiert (siehe etwa Kotler et al. 2007 oder Esch 2012). Wohlbefinden wäre eher als möglicher Teil eines Markenversprechens zu sehen. Marken können für Wohlbefinden stehen, im Rahmen einer Markenstrategie eingesetzte kommunikative Tools eher nicht. Im Rahmen einer Betrachtung von Architektur allerdings mag der Begriff dennoch zielführend sein. Schließlich kann Architektur natürlich Wohlbefinden schaffen, und die Schaffung eines räumlichen Wohlbefindens mag grundsätzlich durchaus als Teilkategorie eines architektonischen oder innenarchitektonischen Zielsets gesehen werden. Es ist denkbar, dass ein gewisses, parallel vermitteltes architektonisches Wohlbefinden das im oben beschriebenen Sinne verstandene architektonische Erleben steigert: Wohlbefinden würde nach dieser Lesart zu einer erhöhten sinnlichen Offenheit führen sowie zu einer höheren Bereitschaft, sich einer räumlich induzierten Immersion hinzugeben – und den Messages, die die geschaffene Architektur eigentlich vermitteln will. Als Parallelimpression für das architektonische Erleben ist Wohlbefinden also denkbar. Als eigene Zielkategorie allerdings lässt es sich nur schwer konzeptionell fassen. Zieht man die oben diskutierten Mechanismen architektonischen Erlebens als Maßstab heran, so wird schnell klar, dass diese die Zielkategorie des Wohlbefindens nur bedingt bedienen. Ob architektonische Eindrücke das »Wohlbefinden« steigern oder steigern

2. Strategie

sollen, erscheint erst einmal fraglich. Auch die architektonisch induzierte Verhaltensänderung hat nicht zwingend eine Steigerung des physischen Wohlbefindens zur Folge. Es erscheint fraglich, ob beide Begriffe in Einklang zu bringen sind, schließlich impliziert Wohlbefinden eher eine Situation der Stagnation, nicht der ständigen Veränderung von Verhalten. Eine eindrückliche Architektur ist zunächst einmal eben keine Kuschelarchitektur. Dies gilt auch für eine Wirkweise, bei der Wohlbefinden nicht am Ende der Effektkette steht, sondern an deren Beginn. Wäre dies der Fall, so hieße dies, dass die jeweilige Markenarchitektur mit Effekten des Wohlbefindens arbeitete, um andere Ziele zu erreichen. Allerdings erscheint dies anhand der Eindrucks-Wirkungs-Argumentation Hahns wenig erfolgversprechend. Eine Architektur des puren Wohlbefindens schafft keine nachhaltigen Effekte. Sie generiert auch keine Lernprozesse. Sie provoziert nicht, sie entspannt nur. Analytisch eventuell zielführend sein könnte an dieser Stelle allenfalls das oben ebenfalls erwähnte Konzept der architektonischräumlichen Immersion. Die durch eine Strategie der Multisensitivität hervorgerufene Komplettintegration der korporealen Existenz in ein Raumprogramm hat durch ihre Ganzheitlichkeit und die Induktion multisensualer Interaktionen grundsätzlich durchaus die Kapazität, das menschliche Wohlbefinden zu steigern oder, einfacher formuliert, körperlichen Genuss zu erzeugen. Es wäre zumindest denkbar, dass die Erfahrung der Immersion sich als angenehm entpuppt, also nicht die Basis einer strategischen Architekturkonzeption, aber zumindest als Paralleleffekt der Immersion. Warum bei immersiven Konzepten andere Erfahrungswerte im Vordergrund stehen als ein kuscheliges Wohlbefinden, das wird mit einem Blick auf eines der vielleicht radikalsten Beispiele in der Markenarchitektur deutlich: auf den Apple Store in Manhattan. Das amerikanische Büro Bohlin Cywinski Jackson (BCJ) hat hier einen auf den ersten Blick irritierenden Immersions-Parcours gestaltet. Der gesamte Shop liegt unterirdisch; auf Straßenlevel saugt hingegen ein Glaswürfel den Besucher hinein ins verheißungsvolle Apple-Reich. Man taucht ab in die Wunderwelt des Digitalen. »Inszenierter Realitätsbezug« nennt dies der Autor Steffen Heuer (2013: 121). Diese Formulierung trifft durchaus zu: Realität wird hier ebenso inszeniert wie die Haltung, die ein Unternehmen zur urbanen Wirklichkeit einnimmt. Apple liefert hier eine Inszenierung dessen,

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was es unter Konzepten wie »Kunde«, »Unternehmen« und »Stadt« versteht. Zugleich aber wird noch etwas anderes inszeniert: die Immersion selbst. Der Markenerlebnisraum von Apple (der innenarchitektonisch auf einem klar definierten einheitlichen Konzept basiert, das wir von Tokio bis Los Angeles in allen Metropolen der Welt finden) stellt ein Paradebeispiel für architektonische Immersion dar. Diese Immersion ist das architektonische Abbild einer anderen, eher kulturellen Immersion, die Unternehmen wie Apple und ihre Produkte in zunehmendem Maße schaffen. Wie etwa Facebook oder Google, nimmt auch Apple eine immer zentralere Rolle in unserem täglichen Leben und Erleben ein, auch in unseren räumlichen Bewegungsmustern. Nur folgerichtig, dass Apple natürlich auch sehr genau weiß, wie wir uns im Apple-Store bewegen. Und: Das Unternehmen ist sich dieser eigentlich durchaus bedenklichen Tatsache eben auch bewusst. Es will sie auch nicht verheimlichen – das ist die Botschaft des gläsernen Entrées ins Reich des Apple-Konsums. Der Glass Cube an der Fifth Avenue in New York zeigt, dass das Unternehmen die Immersion selber bewusst als kommunikativen Inhalt benutzt. Big brother is watching us watching him. Bezogen auf die hier untersuchte Kategorie lässt sich aber sagen, dass der New Yorker Apple Store als Beispiel für einen architektonischen Immersionsprozess alles andere als an Kategorien wie Wohlbefinden orientiert ist. Der Glass Cube verspricht kein Wohlbefinden, und er schafft auch keines. Er schafft vielmehr eine demonstrative und nahezu brutale Transparenz. Anstatt von Wohlbefinden wird hier also eher so etwas wie Öffentlichkeit gestiftet. Dem Konsument wird damit vielleicht geschmeichelt, aber kein Wohlbefinden angetragen. Der Cube wirft dabei eine interessante architektonische Parallele auf: zur Neuen Nationalgalerie in Berlin nämlich. Auch hier bildet ein minimalistisches, weitgehend gläsernes Erdgeschoss-Ensemble den Widerpart zu den Ausstellungsräumen, die sich unter der Erde befinden. Auch Mies inszeniert den Besuch und den Besucher seiner Einrichtung sowie den Prozess der Immersion. Allerdings sind es hier Kunstfreunde, die der körperlichen Absorbierung durch eine Institution (gerne) erliegen – und nicht, wie im Falle des Apple-Stores, Konsumenten.

2. Strategie

Abbildung 5: Immersion wird inszeniert: der Apple Store in New York. Foto: BCJ Also: Immersion ja, rein genussorientierte Immersion nein. Auch in der Literatur über Markenerlebniswelten finden sich kaum Beispiele, bei denen primär diese Art von Genuss im Zentrum der architektonischen Programme zu stehen scheint. Die von Klingmann (2007) betrachtete empirische Grundgesamtheit etwa liefert kaum architektonischer Beispiele Belege für diese Wirkweise. Vielmehr notiert die Autorin zum Beispiel in Bezug auf die US-amerikanische Erlebniswelt des Autokonzerns Ford in Dearborn, Michigan, die Architektur sei »very much based on despatialized formulas that favor visibility and impact over a more specific approach«, der Effekte immersiven Wohlbefindens zeitigen könnte (Klingmann 2007: 262). Eine Genuss-Immersion im oben beschriebenen Sinne findet hier Klingmann zufolge nicht statt. Abschließend lässt sich also sagen, dass die Zielkategorie des Wohlbefindens aus den hier vorgestellten architekturtheoretischen Grundkonzepten keine besondere Bestätigung erfährt. So wie architektonisches Erleben hier verstanden wird, trägt es nicht in besonderer Weise zur Schaffung von Wohlbefinden bei.19 19 | Das heißt nicht, dass konkrete Erlebniswelten nicht durch die in ihnen realisierten Besucherangebote genusssteigernd wirken können. Beispielsweise sind Markenwelten wie die Autostadt Wolfsburg natürlich durchsetzt von kulinarischen Angeboten. Diese arbeiten jedoch nicht originär architektonisch.

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Erhöhung der Einkaufslust, auch wenn diese nicht vor Ort in der Erlebniswelt befriedigt werden kann Die Einschränkung, welche die Autoren dieser Zielkategorie gleich mitliefern (»auch wenn diese nicht vor Ort … erfüllt werden kann«), ist zentral für ein Verständnis dieses markenarchitektonischen Teilbereiches. Erlebniswelten sollten sinnvollerweise nicht verstanden werden als erweiterte Showrooms, deren Ziel sich in der Initiierung sofortiger Kaufprozesse erschöpft. Ihre Wirkweise ist, obschon sie gelegentlich natürlich Verkaufsprozesse integrieren, indirekter. Sie sollen nicht zu direkten Kaufprozessen führen, sondern, wie erläutert, Einstellungen verändern. Auch die Effekte von Architektur müssen vor dem Hintergrund dieser Einschränkung gesehen werden. Dennoch ist im oben beschriebenen Sinne das architektonische Erleben potenziell durchaus geeignet, die »Lust«, die emotionale Bereitschaft zum Kauf, zu steigern. Schließlich bieten sich hier architektonisch Möglichkeiten, räumliche Präferenzen von Menschen zu steuern, bestimmte Materialien und Raumeindrücke festzusetzen und bestimmte Interpretationen räumlichen Verhaltens normativ zu setzen. Klingmann (2007) sieht dieses Potenzial für Markenräume. Bezogen auf die Erlebnisarchitekturen der Sportartikelmarke Nike, die »NikeTowns«, schreibt sie: »Why not push the anticipated brand experience … by bringing a real basketball court into the store?« (ebd.: 88) Dass ein realer Basketballplatz in einer Verkaufsarchitektur sowohl architektonische Eindrücke hinterlässt als auch architektonische Wirkungen zeitigt, kann an dieser Stelle angenommen werden (siehe hierzu und zur Kulturkritik der Niketowns auch von Borries 2004). Von einem solchen architektonischen Eindruck-Wirkungs-Komplex können, so lässt sich wohl argumentieren, durchaus verkaufsfördernde Effekte ausgehen. Diese lägen darin, dass über die architektonische Signalsetzung und das vorgestellte, überraschende Raumprogramm Sport und Konsum näher zusammengerückt würden. Der Kauf eines Schuhs wäre gewissermaßen die Verlängerung des Erfolgs beim Basketballspielen. Und die Lust am Spiel würde so auf durchaus subtile Weise kombiniert mit der Lust am Konsum. Allerdings fällt Klingmanns Kritik des real existierenden New Yorker Erlebnisraums ernüchternd aus. Dieser gruppiere in konventioneller Weise Produkte um die betreffenden Sportarten herum und beschränke sich architektonisch auf »a familiar spatial organization and iconography«

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(ebd.: 87). Eine eindrückliche Neudefinition von städtischem Raum oder die wirkungsvolle Transformation städtischer Raumkonzepte finden hier in keiner Weise statt. Und genau dies müsste gegeben sein, um architektonisches Erleben als effektiven Treiber der Einkaufslust zu instrumentalisieren. Ergänzend sei hier ein neuerer Text von Palaiologou und Penn (2013) erwähnt. In ihrer Analyse unterschiedlicher Markenräume verweisen sie darauf, dass Markenerlebnisräume eher translokal als lokal agieren. Dies bedeutet, dass der lokale architektonische Bezug innerstädtischer Niketowns grundsätzlich eher schwach ausgeprägt ist. Einschränkend sei hier aber angemerkt, dass seit dem Erscheinen von Klingmanns Kritik sich das Angebot der New Yorker Niketown weiterentwickelt hat. Reale Angebote zur sportlichen Betätigung zu Testzwecken gehören, nach Sportarten geordnet, mittlerweile durchaus zum Konzept. Der räumlich begrenzte Showroom in Manhattan hat zwar immer noch kein komplettes Basketballfeld integriert, aber doch diverse Möglichkeiten, die einzelnen Sportprodukte in realen Situationen zu testen. Eine echte Urbanität im Sinne einer Erweiterung des urbanen Außenbereiches entsteht auf diese Weise zwar weiterhin nicht. Jedoch ließe sich argumentieren, dass eine andere Spielfläche metropolitaner Selbstvergewisserung hier durchaus eine markengetriebene Verlängerung erfährt: das Fitnessstudio. Gyms gehören zur kulturpraktischen Kernausstattung und zur sozialen Ikonografie unserer Städte. Das Fitnessprogramm ist fest in unseren Alltag integriert – und quasi überall umsetzbar. Insofern ist die Integration von Laufbändern in dem New Yorker Nike-Store ein Schritt zur Erweiterung des urbanen Charakters des Ladens – nur dass Urbanität hier nicht mehr gleichzusetzen ist mit der Härte und Wildheit des Straßenlebens. Die Stadt des frühen 21. Jahrhunderts wird zunehmend zu einem permanenten und grenzenlosen Fitness-Parcours der kreativen Klasse. Und dieser Parcourscharakter wird in der New Yorker Niketown aufgegriffen und weitergetrieben (siehe hierzu auch Sloterdijk 2009). Einen Schritt weiter in Richtung eines neuen räumlich-sozialen Markenrealismus geht das Unternehmen Nike mit seinem Trainingszentrum, das es im südafrikanischen Township Soweto errichtet hat. 1.200 Teams und 20.000 Fußballspieler spielen dort jedes Jahr. Die Anlage, entworfen vom kanadischen Büro »RUF project«, umfasst zwei Kunstrasenplätze, zwei Rasenplätze, ein Clubhaus sowie diverse weitere Serviceeinheiten. Architektonische Kernidee des Konzeptes war es, eine Transparenz zwischen den einzelnen Funktionen zu schaffen und Sichtachsen intern

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herzustellen. Das Gebäude fordert und fördert die visuelle, akustische und atmosphärische Verbindung zwischen einzelnem Raum und dem Komplex als Ganzem. Hier wird die Aktivität der einzelnen Sportler zum Teil eines integrativen Gesamtkomplexes – und einer rauminszenatorischen Strategie. Ein »Ornament der Masse« nannte Siegfried Kracauer dies (siehe dazu Gutzmer 2013, Kapitel sechs). Die Sichtachsen demonstrieren jederzeit: Man ist nicht nur nicht allein, sondern soll auch an keiner Stelle das Gefühl haben, sich zurückziehen zu können. Wer hier trainiert, ist Teil eines markengetrieben Effizienzkomplexes, der Höchstleistung fördert – und sie auch erwartet, ebenso wie die Aufgabe von Konzepten unantastbarer personaler Identität. Nach außen hingegen schottet sich das Zentrum ab. Sicherheitszäune machen klar, dass die Planung hier mit einem hohen Maß an Realismus betrieben wurde: Ein Markenraum als komplett integriertes soziales Projekt ist eben in einem Township eine Illusion. Architektonische Integration in die Umgebung wird zwar angedeutet, allerdings nur abstrakt durch die Verwendung einzelner lokaler Materialien und die Andeutung einer räumlichen Akzeptanz örtlicher Spezifik. Mehr lokale Einbindung ist an dieser Stelle nicht zu erwarten. Und mehr wäre aus Markensicht womöglich auch nicht gewünscht. Das Leistungszentrum fungiert als Fremdkörper und architektonischer Sehnsuchtstreiber. Qua Materialität zeigt die Architektur: Das Unternehmen weiß um die kulturellen Hintergründe des Townships und der südafrikanischen Gesellschaft. Es ist sich jedoch auch der eigenen kulturellen Ausnahmestellung bewusst – und sieht gar keine Notwendigkeit, diese aufzugeben. Um den massiven Sicherheitszaun mit einer eigenen Ausdruckswelt zu versehen, ließen die Architekten ihn vom aus Kapstadt stammenden Graffiti-Künstler »Kronk« gestalten. Dies mag zunächst wirken wie ein kunsttaktisches Feigenblatt. Jedoch passt diese Maßnahme letztlich zur realistischen Einschätzung der eigenen kulturell-sozialen Markenposition: Als ästhetische Position reflektiert die Kunstform des Graffiti per se immer die Dualität zwischen Abschottung des Schönen und der Öffnung der Kunst für die unberechenbare urbane Heterogenität. Graffiti ist eben die Urbanste und insofern auch sozial Integrativste aller Kunstformen. Sie ist Kunst, die sich bewusst angreif bar macht. Insofern stellt die Bearbeitung des Zaunes auch ein Stück Selbstreflexivität der Marke im Raum dar: Nike ist sich hier, vielleicht mehr als in den »herkömmlichen« Niketowns, der Tatsache bewusst, dass dieses Fußballzentrum nicht den

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gesamten umgebenden Raum transformiert. Die Zusammenarbeit mit Kronk artikuliert bewusst: Das von Nike geförderte Fußballzentrum ist als kultureller und sozialer Eingriff ein Fremdkörper in Soweto. Das macht es kontrovers, aber nicht zwingend irrelevant. Und bezogen auf die architektonische Fassung der Marke lässt sich sagen: Dieses Maß an räumlich-sozialem Realismus ist eine Stärke des geschaffenen Markenraumes. Sie zeigt, dass Marken im Raum auch lernen können.

Abbildung 6 und 7: Nike Soweto Training Center. Fotos: Andrew Abrams, Wieland Gleich

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Doch es sind nicht nur Marken oder Unternehmen, die durch die Schaffung von raumbezogenen strategischen Eingriffen lernen. Auch die Konsumenten werden im Zeitablauf in ihrer Haltung zum logischen Oberthema Konsum, aber auch in Bezug auf die Disposition zur konkreten Marke massiven Umdenkimpulsen ausgesetzt. Der Konsument reflektiert in seiner Positionierung in markenräumlichen Realitäten sich selbst – als Konsument wie auch als kapitalistisch getriebenes Individuum. Bezogen auf die Autostadt Wolfsburg wird dies an mehreren Positionen deutlich. Hier kommen auch wieder die Konzepte der architektonischen Eindrücke und Wirkungen ins Spiel. Weil Architektur auf uns einwirkt und Wirkungen zeitigt, sind wir unserer Rolle als Konsument gerade in Kontexten bewusst, deren primäres Ziel nicht die Schaffung direkter Konsumimpulse darstellt. Auf diese Weise lässt sich letztlich sogar von einer Umdefinition unseres Verständnisses von Konsum sprechen. Dies wiederum hat einen Effekt auf die Kauf bereitschaft der Besucher. Die Autostadt, so meine These, definiert den städtischen Raum um. Speziell das Management der Zugangsräume kann hier als Beleg herhalten. An dieser Stelle sei vor allem auf die zentrale Eingangshalle mit ihrem beeindruckenden Säuleneffekt verwiesen, das »KonzernForum«. Sechs je 20 Meter hohe, in der Regel halboffene Türen leiten den Besucher ins Innere. Generalplaner Gunter Henn sieht hier eine Interaktion aus Struktur und Event am Werk (Henn 2000: 23). Man sieht bereits von außen oder spätestens nach Betreten des KonzernForums die Struktur des gesamten Komplexes. Dieser Effekt bietet sich dem Besucher als Event dar. Aus meiner Sicht liegt das Event hier vor allem auch in der damit verbundenen, demonstrativen Aufwertung des Besuchers: Der Besucher ist derjenige, für den dieser Effekt inszeniert wurde; Er ist derjenige, der durch die extrem hohen Türen geht. Genauso ist er auch derjenige, für den dieser architektonische Effekt den Abschied aus der Autostadt begleitet. Hier, könnte man argumentieren, wird in der Tat unser Selbstverständnis als potenzieller Käufer redefiniert. Der Besucher ist nicht mehr nur Käufer von Produkten, er ist integraler Bestandteil der räumlichen Inszenierung der Marke. Er ist, zumindest beim Betreten und Verlassen des Forums, quasi Herrscher über das Markenreich. Wenn wir einmal unterstellen, dass sich ein solches oder ähnliches Hochgefühl bei dem einen oder anderen Kunden einstellt, so hätte man an dieser Stelle wirklich das Verhältnis zwischen Produkt, Marke und Konsument ein Stück

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weit rekonfiguriert. Dass das so architektonisch geschaffene Hochgefühl zeitigen kann, ist zwar nur Spekulation, aber doch durchaus vorstellbar. Dies gilt umso mehr, als die Autostadt für reale Käufer, die ihr Auto in Wolfsburg abholen, eine weitere räumliche Inszenierung bereit hält, die den Kauf selber emotionalisierend begleitet (Gutzmer 2013, Kapitel zwei). Der Besucher, der sein Auto übernehmen möchte, wartet dafür zunächst in einem Empfangszimmer in einem der beiden so genannten »AutoTürme«. Eine Schiebetür öffnet sich, und erstmals sieht der Besucher sein eigenes Auto. Hier wird Architektur sehr direkt genutzt, um mit ihren ureigensten Mitteln (zunächst räumliche Isolation, plötzlicher Veränderungseffekt durch eine sich öffnende Schiebetür) atmosphärisch zu wirken (Hahn 2012).20

Emotionale Bindung des Kunden an die Marke Die Zielkategorie der Markenbindung erscheint in ihrer Abstraktheit und Langfristorientierung der eigentlich logischste Zielbereich für die markenstrategische Arbeit mit Architektur zu sein. Insofern mag überraschen, dass Bagusat und Müller ihn erst am Schluss ihrer Aufzählung nennen. Der von Hahn formulierte Eindruck von Architektur entfaltet an dieser Stelle seine volle Wirkung. Eine Marke, die einen nachhaltigen Eindruck auf einen Kunden macht, verankert sich auf diese Weise stark und emotional wie rational in dessen Wertewelt. Wenn ein Prozess der Übereinbringung von Individuum und Welt stattfindet, so ist es an dieser Stelle die Welt einer Marke, die dem Kunden auf unterschiedlichen Ebenen nahegebracht wird. Die Einstellung des Kunden zur Marke wird, wie in Kapitel vier erläutert, beeinflusst; das Markenimage erfährt eine Aufwertung. Die Marke wird erlebt, sie wird sinnlich, sie wird fassbar. An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, zur systematischen Behandlung von Markenbindungseffekten auf einen Referenzrahmen zu rekurrieren,

20 | Allerdings muss hier eine Einschränkung formuliert werden. Die beschriebene architektonische Erfahrung macht der Kunde erst, nachdem er den Kaufvertrag bereits unterzeichnet hat. Die kaufluststeigernde Wirkung muss also über kommunikative Prozesse zuvor oder die Erfahrung bei einem vorigen Autokauf erzielt werden.

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der Markenbindung21 selber als Element eines auf Erlebnissen basierenden Marketingverständnisses konzipiert. Schmitt (1999) tut dies. In seiner Behandlung des Experience-Marketings unterteilt er die markenbindenden Effekte von Erfahrungen in fünf Bereiche: sense, feel, think, act, und relate (ebd.: 61-68). Jeder dieser Bindungseffekte wird durch die oben vorgelegten Effekte architektonischen Erlebens befördert. So erfährt die sinnliche Erfahrung einer Marke (»sense«) eine Unterstützung durch die spezifische Ansprache unterschiedlicher Sinne durch Architektur. In architektonischen Erlebnisräumen interagieren Menschen mit Marken physisch und über alle Sinne. Auch werden unterschiedliche Sinne unterschiedlich angesprochen: Das Auge mag beispielsweise umschmeichelt werden, während der Gehörsinn eher provoziert wird. Gerade diese Komplexität der sinnlichen Erfahrung wird Teil des Assoziationsraumes einer Marke, wodurch die Bindung an diese verstärkt wird. Die Emotionalität von Marken (»feel«) transportiert sich über die ästhetischen Eindrücke, die Markenerlebnisräume produzieren. Architektur schafft ästhetisch generierte Emotionen und Affekte. Sie kitzelt diese hervor, sie setzt aber auch bestehende und bewusst wahrgenommene Affekte auf neue Weise miteinander in Beziehung. Die Markenbindung wird hier über die Bildkraft und Wirkungsbreite der konkreten gebauten Umwelt geschärft: Es sind potenziell besonders tief verankerte Affekte, die durch die Architektur berührt werden und die Konsumenten mit einer Marke verlinken. Klingmann (2007: 48) spricht in diesem Zusammenhang sogar von der Schaffung einer »spiritual ambience« über Architektur. Um diese zu schaffen, so lässt sich als Empfehlung formulieren, könnte es geraten sein, auf basale räumliche Effekte zu setzen: Höhe, Farbdifferenzen, Materialkollisionen. Die intellektuelle Stimulation (»think«) generiert sich aus den architektonischen Überraschungseffekten, die schwerpunktmäßig in der architektonischen Wirkung konkreter Markenarchitekturen basiert sind. Man erfährt Raum (und sich selbst in diesem) neu und schreibt diese Raumerfahrung der Marke zu. Bindung entsteht hier durch das, was Schmitt (1999: 67) »cognitive, problem-solving experiences« nennt, die 21 | »Markenbindung« ist laut Esch (2012: 74) die emotionale Verbundenheit eines Konsumenten mit einer Marke. Anders als der Begriff der »Markenloyalität«, bezieht sich der Begriff der Bindung vor allem auf die Einstellung des Konsumenten zu einer Marke, weniger ausschließlich auf die Handlungsebene.

2. Strategie

den Markenadressaten kreativ fordern. Diese lassen sich architektonisch fördern, etwa durch Wege rein architektonischer Kundennavigation oder durch die Durchbrechung gelernter räumlicher Erwartungen – die sich dann aber zu einem neuen Modell räumlicher Sinnhaftigkeit weiterentwickeln lassen sollten. Auch der handlungsinduzierende Effekt (»act«) von Markenerlebnisräumen manifestiert sich primär im Bereich der architektonischen Wirkung: Diese zielt ja gerade auf konkrete Handlungen, auf die Änderung physisch-corporealer Aktivitätsroutinen, ab. Man muss sich Raum und seine spezifischen Programme durch konkrete Handlungen selber erarbeiten. Hier kommen auch die oben diskutierten immersiven Effekte von Architektur zum Tragen: Architektur hat reale handlungstransformative Wirkungen und bettet menschliche Körper ein in immersive architektonische Gesamtprogramme. Und diese Wirkung wird uns auch bewusst. Auf diese Weise wird der Konsument über reale Handlungen und korporeale Dispositionen sowie über deren Bewusstwerdung Teil eines markeninduzierten Raumprogrammes. Dies bindet ihn oder sie, in diesem Fall auch ganz konkret-wörtlich verstanden, an eine Marke. Der Bereich der sozialen Verbindungen verschiedener Marken-Stakeholder schließlich (»relate«) schafft architektonische Markenbindung durch sozialen Austausch und das Gefühl von Gemeinschaft. Ähnlich einer Kirche, versammeln Markenerlebnisräume unterschiedliche Menschen, die sich einzig durch ein Grundinteresse an einer Marke zusammenfinden. Die damit geschaffene Markenbindung basiert nach Schmitt (1999: 68) auf dem Bedürfnis »to be perceived positively by others, connecting the single person to a broader social system«. Markenbindung leitet sich hier also aus dem Bedürfnis nach Gemeinschaft und nach Integration in ein gegebenes soziales System ab. Sie ist umso stärker, je demonstrativer die gebauten Markenräume auf die Schaffung von Gemeinschaft und Austausch abzielen, etwa durch interaktionsfördernde Sitzgelegenheiten oder dialogorientierte Rückzugsorte. Für jedes dieser fünf Elemente erlebnisorientierter Markenbindung lassen sich in der Autostadt Wolfsburg architektonische Belege finden, zu denen teilweise auch die oben herangezogenen Beispiele architektonischer Erfahrung zählen. An dieser Stelle soll aber für jede diskutierte Dimension erfahrungsbasierter Markenbindung ein weiterer architektonischer Beleg vorgeschlagen werden.

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Ein Beispiel für die sinnliche Ansprache der Besucher ist die Verwendung von Wasser zwischen den Pavillons sowie in einzelnen Pavillons. Die Landschaft der Autostadt insgesamt erscheint geradezu als Seenlandschaft mit einzelnen architektonischen Intensitätsinseln. Auch einzelne Pavillons ihrerseits basieren auf einem Raumprogramm, das Wasser als effektinduzierendes Element einsetzt. Der Besucher bewegt sich teilweise auf Stegen, die von Wasser unterspült werden. Dies spricht die Sinne der Besucher massiv und auf überraschende Weise an. Zunächst einmal riecht das Wasser. Der zu erwartende olfaktorische Eindruck neutraler Showroom-Reinheit (drinnen) und jener gepflegter Kulturlandschaften (draußen) wird so unterminiert. Außerdem erzeugt Wasser seine eigene Akustik. Schließlich reflektiert es die Sonne in einer Weise, die zumindest den Außenanlagen der Autostadt ein hohes Maß an visueller Variabilität verleiht. Die Emotionalität bedient beispielsweise die architektonische Form der AutoTürme. Diese erheben Autos bis zu zehn Stockwerke in die Luft. Hier wird ganz real mit Effekten der Überraschung und sogar der (Höhen-)Angst gespielt. Durch eine spielerische Form dieser Negativ-Emotionalität soll hier die Bindung an die Marke erhöht werden, indem der Konsument diesem räumlichen Spannungsmoment ausgesetzt wird. Assoziationen der Grenzüberschreitung und der räumlichen Dynamik werden zum Element der inhaltlichen Angebote der Marke (in diesem Fall der Konzernmarke Volkswagen, denn in den Türmen finden sich Produkte unterschiedlicher Einzelmarken). Markenbezogene Rationalitätsmomente gehen beispielsweise von dem Umstand aus, dass die gesamte Autostadt eine Zone bewusst limitierter Mobilität ist: Es wird dort kein Auto gefahren. Dies überrascht rational, ist aber ex negativo zugleich ein Element, das die Aufmerksamkeit auf das Thema »Autofahren« richtet: Die architektonisch-expressive Erfahrung der Autofreiheit wird dem Besucher im oben beschriebenen Sinne bewusst, und die Volkswagen-Produkte werden damit zu etwas Besonderem. Zum einen, so wird dem Besucher vermittelt, beschränkt sich ihre Präsenz nicht auf den Akt des Fahrens. Zum anderen, so wird impliziert, kann auch davon ausgegangen werden, dass der Besucher eine solch implizite Form der Markenkommunikation versteht. Gerade diese Form demonstrativ unterstellten »Verstehens von Kommunikation« hat ihrerseits markenbindende Effekte: Der Besucher versteht, auf welche komplexe Art die Marke hier kommunizieren möchte. Er kann sich den

2. Strategie

Sinn der räumlichen Situation erarbeiten. Und weil der Konzern dieses Verständnis auch demonstrativ unterstellt, fühlt er sich damit zugleich selbst erhoben.22 Die Handlungskomponente schließlich wird beispielsweise durch die Anordnung der Pavillons zueinander bedient. Einen vorgegebenen Weg durch die Autostadt gibt es nicht; jeder Besucher wählt seine eigene Route und erarbeitet sich den Raum auf diese Weise selbst. Er macht so die Autostadt zu seiner Autostadt und entwickelt auf diese Weise eine Bindung zu Ort und Marke(n). Weniger konsequent findet diese Strategie der besucherbezogenen Offenheit in den einzelnen Pavillons Anwendung. Hier dominiert oft noch die Logik des determinierten Ausstellungsbesuches über prädefinierte Routen. Eine umfassende Besucher-Integration, in der sich gewissermaßen jeder sein eigenes Raumprogramm schafft, traut sich das Unternehmen offenbar bisher noch nicht zu. Den sozial-konnektiven Charakter der Autostadt schließlich sieht man besonders deutlich in der architektonischen Funktionalität und speziell den beträchtlichen Ausdehnungen des KonzernForums. Hier wird im Eingangsbereich ein architektonischer Ort des Austauschs beschaffen. Die Tatsache, dass Eingang und Ausgang zusammenfallen, also kein komplett lineares Bewegungsprogramm realisiert wurde, ermöglicht einen wiederholten Austausch vor und nach der (architektonischen wie inhaltlichen) Erfahrung der Autostadt. Zusätzlich sorgt die Tatsache, dass die architektonische Erschließung der Wolfsburger Markenerlebniswelt von außen sich auf wenige prädefinierte Wege beschränkt, für Austauschplattformen. Anders als im Markenbindungsbereich »act« hat die Determination von Besucherbewegungen im Bereich »relate« konstruktive Effekte – zumindest sofern die Besucher diese Angebote auch annehmen und die vorgegebenen Wegführungen tatsächlich zum Austausch animieren lassen. Zusätzlich verstärkt wird dieser Effekt im Falle der Erschließung vom Hauptbahnhof über eine Brücke über den Mittellandkanal aus durch die Tatsache, dass man hier auf einem Lauf band stehend transportiert wird, 22 | Dieser thematische Zusammenhang wird hier nicht rein spekulativ hergestellt, sondern basiert auf einem Gespräch im Zuge der Recherche meiner Dissertation mit der Autostadt-Kreativchefin Maria Schneider (siehe auch Gutzmer 2011 und 2013).

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also stehend (und diskutierend) den Kanal überqueren kann. Das Laufband lädt auf diese Weise demonstrativ zum Austausch ein. Es ist quasi die Agora der hypermobilen Gesellschaft.23 Abschließend sei angemerkt, dass diese Ausführungen natürlich exemplarisch zu sehen sind. In jedem Pavillon finden sich eine Reihe architektonischer Elemente, denen man über die beschriebenen Effekte architektonischen Erlebens markenbindende Wirkungen zuschreiben kann. Im Sinne einer stärkeren empirischen Validierung obiger Überlegungen wäre an dieser Stelle eine quantitative Untersuchung der realen Bindungseffekte der einzelnen architektonischen Angebote interessant. Zu untersuchen wäre neben dem Ausmaß der Markenbindungseffekte nicht zuletzt auch ihre Temporalität, ausgehend durchaus von der Ausgangshypothese, dass architektonisch induzierte Markenbindung womöglich eine höhere Langfristwirkung entfaltet als andere Instrumente der Bindung von Konsumenten an die Werte und Versprechen einer Marke. Ein Problem, dem sich eine solche Untersuchung gegenübergestellt sähe, ist die dafür nötige analytische Isolation der einzelnen architektonischen Angebote: Wie viel Markenbindung kommt welchem Element des architektonischen Gesamtprogrammes zu?

H) Z wischenfa zit Ziel dieses Kapitels war es, durch einen Anschluss der Architekturtheorie an die markenkommunikative Literatur zum Verhältnis von Marke und Erlebnis das Verständnis für die Wirkweise des Kommunikationsinstrumentes »Markenerlebniswelt« zu erweitern. Die Untersuchung konzentrierte sich folglich auf die Effekte von Architektur selbst und blieb in Bezug auf die Interaktion von Architektur und nichtarchitektonischen Inhalten innerhalb einer Markenerlebniswelt recht allgemein. Ganz ausgeblendet wurden die wechselseitigen Beziehungen zwischen Markenerlebniswelt und anderen Instrumenten der Markenkommunikation. Klar muss aber sein, dass nur eine abgestimmte kommunikative Strategie der Architektur zur vollen Entfaltung ihres Potenzials verhilft. Auf der anderen Seite läuft eine unabgestimmte Verwendung expressiver Architektur 23  |  Allerdings kann es auch den gegenteiligen Effekt haben, der dazu führt, dass man besonders schnell (und dann unkommunikativ) die Brücke überquert.

2. Strategie

Gefahr, kontraproduktive Effekte zu zeitigen. Die Gefahr einer Unterminierung der kommunikativen Gesamtstrategie durch eine unabgestimmte Nutzung eines einzelnen kommunikativen Elementes ist im Falle der Architektur sogar besonders hoch. Der Grund hierfür liegt darin, dass Architektur als kulturpraktische Teildisziplin in besonderem Maße dem Einfluss unterschiedlicher Kräfte und Agenden ausgesetzt ist und ein überdurchschnittlich hohes Maß an kultureller Komplexität aufweist. Die obigen Ausführungen zu (kapitalismus-)kritischen Intentionen von Architektur haben dies bereits deutlich gemacht. Unternehmen, die ihre architektonischen Maßnahmen zur Inszenierung von Marken nicht konsequent in eine Gesamtstrategie integrieren und diese nicht mit anderen Maßnahmen flankieren, laufen Gefahr, dass sich die Architektur gegen die Strategie wendet.

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3. Veränderung A) V er änderung und gebauter R aum Unternehmen bauen. Und sie werden als bauende Akteure wahrgenommen – von ihren Kunden, den Medien, aber nicht zuletzt auch von der eigenen Mitarbeiterschaft. Mit diesen zwei einfachen Fakten erklärte sich die Sinnhaftigkeit der im vorigen Kapitel vorgenommenen Beschäftigung mit den kommunikativen Effekten des Themengebietes Unternehmensarchitektur. Wir haben gesehen, dass die Architektur, an sich schon eine massiv interdisziplinäre Profession, gerade auch im Prozess der Kommunikation in, von und um Unternehmen (und nichtkommerziellen Organisationen) eine zentrale Rolle spielt. Im Folgenden möchte ich meine Untersuchung auf eine spezielle Facette dieser Rolle hin zuspitzen: Im Zentrum soll die permanente Veränderungsnotwendigkeit stehen, der Unternehmen unterliegen. Die Fragen, die ich beantworten möchte: Welche Rolle spielt die Architektur in einer Gesellschaft und einer Ökonomie, in der Veränderung die einzige Konstante zu sein scheint? Wie lässt sich die Rolle der Architektur speziell in Situationen des Change Managements systematisieren? Welche Funktion nimmt sie im Zuge der Veränderungskommunikation ein? Lässt sich Change über Architektur effizienter kommunizieren, oder stellt sich der gebaute Raum notwendigerweise als komplett statisch und damit als ein Verhinderer von Veränderung dar? Die Argumentation wird sich dabei wie schon im Kapitel zuvor auf Bauprozesse von Unternehmen als profitorientierte Organisationen konzentrieren. Sie will zu einem noch umfassenderen Verständnis des Verhältnisses von unternehmerischer Kommunikationsarbeit und den architektonischen Aktivitäten von Unternehmen beitragen. Dieses Verhältnis wird in der gegebenen Konzeptualisierung von Kommunikation durchaus behandelt – doch in der Regel recht unterkomplex. Architektur wird dabei eher beiläufig als ein Instrument der Gesamtdisziplin »Corporate

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Identity« beziehungsweise »Corporate Image« gesehen. Sie wird häufig in »Corporate Architecture« umbenannt und unter diesem Label als vergleichsweise innovativer, aber auch quasi beliebig steuerbarer Imagetreiber für Unternehmen und Marken konzipiert (siehe etwa Borges 2013: 2). Dieses Verständnis wird in diesem Buch grundlegend hinterfragt. Basis dieses Hinterfragens ist zunächst das Faktum, dass Architektur, wie bereits in den Kapiteln zuvor angedeutet, im klassischen Sinn natürlich kein originäres »Instrument der Unternehmenskommunikation« ist. Unternehmenskommunikation (oder Corporate Communication) soll hier mit van Riel (1995) verstanden werden als »an instrument of management by means of which all consciously used forms of internal and external communication are harmonised as effectively and efficiently as possible, so as to create a favourable basis for relationships upon which the company is dependent« (van Riel 1995: 26). Bürotürme, Fabrikationsanlagen und RetailGebäude allerdings wurden in den allermeisten Fällen nun einmal nicht primär entwickelt, um in diesem Sinne zu kommunizieren, also um kommunikativ die Beziehungen zu wesentlichen Stakeholdern zu verbessern. Realisiert wurden sie, so kann hier unterstellt werden, zunächst einmal, um den Kernprozessen der unternehmerischen Leistungserstellung eine Behausung zu geben. Architektur ist also, könnte man argumentieren, zunächst einmal ein Instrument im unternehmerischen Leistungsprozess. Gleichwohl (und mit dieser Rolle auch durchaus verbunden) hat die Architektur massive und zunehmende kommunikative Effekte. Um diese Effekte systematisch zu analysieren, hat Kapitel zwei ein architekturtheoretisches Grundverständnis der im weiten Sinne kommunikativen Effekte von Architektur entwickelt. Es wurde gezeigt, weshalb sich um die Begriffe des architektonischen Eindruckes und der architektonischen Wirkung herum ein sinnvoller Rahmen für die Analyse der kommunikativen Effekte einer konkreten Architektur konstruieren lässt. An dieser Stelle soll dieses Kapitel einen Schritt weiter gehen und einen konkreten kommunikativen Teilbereich unternehmerischen Handelns avisieren: den der Kommunikation in Situationen hochgradiger unternehmerischer Volatilität. Ganz bewusst beschränkt sich die Perspektive auf die Change Communication als spezielle (und in Zeiten hoher ökonomischer Volatilität besonders relevante) Teilthematik des unternehmenskommunikativen Themenspektrums. Genau hier nämlich wird die Architektur in ihrer Doppelcharakteristik als Strukturschaffer und Prozessermöglicher potenziell hochgradig produktiv – aber zugleich auch hochproblematisch.

3. Veränderung

Ich denke also Architektur in diesem Kapitel von ihren Grenzen her – und nähere mich zugleich einem tieferen und kritischeren Verständnis der kapitalistischen Grundannahme an, in Zeiten der globalen Ökonomie verschwände alles Physische und löse sich alle strukturelle Stabilität quasi im Nichts der permanent frei kommunizierenden Netze auf. In diesem Sinne bildet dieses Kapitel auch eine Einschränkung der architekturbezogenen Ansätze der Netzwerk-Gesellschaft, die in Kapitel vier eine zentrale Rolle spielen werden. Veränderungskommunikation wird hier verstanden als jener Bereich unternehmerischer Kommunikation, der »in Umbruchsituationen Führungskräfte für den Wandel« motiviert, »die Loyalität von Kunden und Lieferanten aufrecht« erhält und »die Akzeptanz bei Aktionären, Politik und Standortöffentlichkeit« sichert (Pfannenberg 2007: 820). Es soll hier nun untersucht werden, wie sich die Rolle der Unternehmensarchitektur für die Kommunikation unternehmerischer Veränderungsprozesse konzeptualisieren lässt. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie Architektur sich im Prozess der unternehmerischen Veränderung auswirkt – und in welchem Maße sich diese Auswirkungen steuern, also strategisch instrumentalisieren lassen. Ausgehen wird dieses Kapitel dabei von einer Diskussion des Konzeptes der organisationalen Identität. Hintergrund hierfür ist der Befund, dass die Thematiken der Change Communication wie auch des organisationalen Wandels insgesamt eng verbunden sind mit Fragen der Identität einer Organisation als ganzer (siehe Seidl 2005). Bezogen auf die management- oder marketingpraktische Literatur wiederum lässt sich konstatieren, dass unternehmerische Bauaktivität häufig konzipiert wird als Treiber unternehmerischer Identität, dort allerdings konzipiert als bloße »Corporate Identity«. Nach dieser Lesart stellt Architektur ein Element des Corporate Design, das wiederum Teil des Dreisprunges Design – Behavior – Communication ist. Diese drei Elemente bilden zusammengenommen das Konstrukt »Corporate Identity« (Pepels 2005: 283-284). Corporate Identity wird in dieser Arbeit mit Birkigt und Stadler (1992: 18) verstanden als »die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen auf Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie, einer langfristigen Unternehmenszielsetzung und eines definierten (Soll-)Images – mit dem Willen, alle Handlungsinstrumente des Unternehmens in einheitlichem Rahmen nach innen und außen zur Darstellung zu bringen«.

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Von dieser Sichtweise auf Identität als strategisch steuerbares Konstrukt gilt es, einen eher soziologisch hergeleiteten Begriff von Unternehmensidentität zu unterscheiden. Dieser definiert organisationale Identität als »Produkt kultureller Prozesse der systemischen Selbstthematisierung und -beschreibung« (Paetow 2005: 279). Vor dem Hintergrund dieser Diskussion wird die unternehmerische Bauaktivität als Handlungsbereich vorgestellt, der sich in seinen Auswirkungen als Element beider Begriffe von Identität verstehen lässt. Dies aber impliziert auch, dass, wenn wir die Rolle der Architektur in Veränderungsprozessen verstehen wollen, dieses Verständnis nicht auf das analytische Konstrukt der Corporate Identity beschränkt werden kann. Dieses Kapitel wird dabei, so viel kann daher schon an dieser Stelle klargestellt werden, kein Bild einer kompletten, letztlich eindimensionalen veränderungskommunikativen Operationalisierbarkeit von Architektur entwickeln. Funktionsweisen, Nutzbarkeiten und Grenzen der Nutzbarkeit von Architektur für die Change Communication – um diese Themenbereiche soll es hier geben.

B) O rganisationsidentität Wie erläutert, sieht ein Teil der Marketing- und PR-Literatur die Architektur, also die gesamte strategiegeleitete Baupraxis von Unternehmen, als Element der Corporate Identity und konkret des Corporate Design (siehe etwa Bloch 2009 oder Raffelt et al. 2012; für eine kritische Sichtweise darauf siehe Röttger et al. 2011: 237). Auch alternative Darstellungen des Themenfeldes Corporate Identity verorten Architektur als Unterelement eines über Design zu schaffenden konsistenten Selbst- und Fremdbildes von Unternehmen (siehe etwa Haug 2013, Kapitel 7; auf die Begriffe Selbst- und Fremdbild wird später noch zurückgekommen). An dieser Stelle ist jedoch diese Einordnung zu hinterfragen. Es scheint geraten, das Verhältnis von Corporate Identity zu eher soziologischen Modellen der organisationalen Identität zu untersuchen. Hierfür ist zunächst der soziologische beziehungsweise organisationstheoretische Begriff der organisationalen Identität selbst zu beleuchten. In der sozialwissenschaftlichen Literatur bestehen sehr unterschiedliche Theorien darüber, wie und warum Organisationen zustande kommen. Kieser et al. (2006: 36) diskutieren ein Konzept von Burrell und Morgan

3. Veränderung

(1979: 22), in dem vier grundsätzliche Stoßrichtungen unterschieden werden: den »Radikalen Humanismus«, den »Radikalen Strukturalismus«, das »Integrative Paradigma« und den »Funktionalismus«. Im folgenden kritisieren sie diesen Ansatz, unter anderem mit Bezug auf die so genannte »Inkommensurabilitätsdiskussion« (Kieser et al. 2006: 41-44). In ihrem Versuch, die Gesamtheit bestehender Organisationstheorien zu strukturieren, differenzieren Weik und Lang (2005: VII) zwischen akteurs- beziehungsweise handlungsorientierten Ansätzen einerseits und strukturorientierten Organisations- und Basistheorien andererseits. Interessant an den handlungstheoretischen Ansätzen ist in unserem Zusammenhang die Art, wie sie das Zustandekommen von Identität erklären. Neben Ansätzen mit einem Fokus auf »Kognition und Sensemaking« (siehe Wetzel 2005) sind vor allem Ansätze des »organisationalen Symbolismus« und der Unternehmenskultur in diesem Zusammenhang zu erwähnen (siehe Lang et al. 2005). Die Diskussion um den organisationalen Symbolismus nimmt an, dass Organisationen a) Identitäten haben und dass diese b) durch die Verbreitung und strategische Nutzung von Symbolen geschaffen und verändert werden. Organisationen sind dieser Lesart zufolge das Resultat der Interaktion verschiedener Symbolsysteme (Lang et al. 2005: 210 und 229-244). Jede Organisation ist zunächst eine Sammlung höchst unterschiedlicher Symbole und verschiedener Symbolsysteme; jedoch hat nicht jedes Symbol dieselbe Schlagkraft oder dieselbe Auswirkung auf die gesamtorganisationale Identität. Der Charme dieses Ansatzes für die vorliegende Untersuchung liegt naturgemäß in seinem inhärent transdisziplinären Charakter, einer Eigenschaft, die ihn auch mit verwandten Theorieansätzen, namentlich dem Ansatz der Organisationskultur (ebd: 214-229) und jenem des organisationalen Diskurses (ebd.: 245-254) verbinden. In Symbolen lassen sich Organisationskulturen lesen, aber auch Kontraste zwischen der Kultur der Organisation als ganzer und ihren einzelnen Trägern ausmachen. Eine Beobachtung der organisationsinternen wie auch der organisationalgesellschaftlichen Diskurse wiederum ist nötig, um die Relevanz und zu erwartende Interpretation konkreter Symbole oder Symbolsysteme zu erkennen, zu verstehen oder auch zu prognostizieren. Als diese kulturkonstituierenden Elemente haben Symbole auch in einem systemtheoretisch basierten Verständnis von Organisation eine zentrale Funktion. Die Systemtheorie ist einerseits klar zu differenzieren von den oben erwähnten handlungs- beziehungsweise akteursbezogenen

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Theorieansätzen. Jedoch setzt auch sie auf die Relevanz von Symbolen. Symbole dienen der Konstitution einer unternehmerischen Innendarstellung. Das Symbol zeigt, wie die Organisation sich selber versteht. Dieses Selbstverständnis wiederum ist letztlich ein zentraler Bestandsfaktor für Organisationen. Die Identität der Organisation ist nach systemtheoretischem Verständnis die systemintern angefertigte Einheit der Innenseite des Unternehmens. »Durch die Form des Unternehmens ist eine Grenze gesetzt, die ein Innen von einem Außen differenziert, wobei das Innen als System, als Einheit referiert und damit gegenüber dem Außen, der Umwelt distinguiert wird«. (Paetow 2005: 279) Identität muss laut Paetow sowohl formiert als auch textuell formuliert werden; ihr ist auf der Innenseite als Organisation eine kommunikative Linie und eine kommunizierende Form zu geben, damit das System für sich operative Kontinuität und strukturelle Kohärenz behaupten kann. »So wird die Organisation für sich selbst, für ihre Mitglieder wie für externe Beobachter als das wiedererkennbar, als das sie sich selbst darstellt« (ebd.). Eine für dieses Kapitel zentrale Frage ist, ob diese Konstitution von organisationaler Identität im Widerspruch steht zur Möglichkeit und Notwendigkeit, Organisationen als inhärent Veränderungsprozessen ausgesetzt zu verstehen. Wenn Organisationen sich erst durch Identität konstituieren, stellt dann ein Prozess organisationaler Veränderung nicht das Gegenteil von Organisation dar? In der Literatur finden sich sowohl Ansätze, die stark den stabilitätsorientierten Kern von Organisationen und die Wirkung organisationaler Identität in diese Richtung betonen (etwa Cherney und Christensen 2001) als auch Darstellungen, die Identität und Wandel zusammendenken (siehe Rometsch 2008). In systemtheoretisch argumentierenden Ansätzen ist die organisationale Veränderung ein Grundelement der Organisation UND ihrer Identität. Seidl (2005, Kapitel vier) expliziert dies. Er stellt dar, wie Organisationen auf Selbst-Transformationen im Sinne der permanenten Veränderbarkeit von Organisationen basieren. Seidl identifiziert ein Paradox der Selbst-Transformation«, zeigt aber auch Wege auf, dieses Paradox in eine Prozesskette organisationaler Selbsterhaltung einfließen zu lassen. Dies führt in seiner Darstellung schließlich zu einem evolutionären Modell der organisationalen Selbst-Transformation (ebd.: Kapitel fünf). Diese Möglichkeit zur Selbst-Transformation war schon für Luhmann verbunden mit dem Konzept der Organisationskultur. Die Kultur kann

3. Veränderung

geradezu als Schmiermittel der Veränderung gesehen werden, weil sie prozessorientiert und dynamisch funktioniert (Lang et al. 2005: 216f.). Kultur ermöglicht die »Anpassung an externe Veränderungen« (ebd.: 215). Edgar Schein, der zentrale Vordenker des Konzeptes der Organisationskultur, sieht diese als »a pattern of basic assumptions – invented, discovered, or developed by a given group as it learns to cope with its problems of external adaptation and internal integration« (Schein 1985: 9). Mit den Begriffen der Adaptation und Integration verweist Schein auf die veränderungsunterstützenden Elemente der Unternehmenskultur: Sie führt dazu, dass eine Organisation intern auf externe Eindrücke reagieren, diese gewissermaßen verarbeiten kann – oder, in Luhmanns Diktum, dass sie diese in Kommunikationen umwandeln kann (Martens und Ortmann 2006: 433). In diesem Sinne ist die Organisationskultur, wie Paetow (2005: 272) schreibt, ein »semantisches Artefakt, das der Organisation zur Anfertigung von Selbstbeschreibungen zur Verfügung steht«, und zwar eines, das durch »kommunikative Rekursionen erzeugt und reproduziert« – und auch immer wieder neu verhandelt wird. Zunächst als verhältnismäßig schwach erscheinen mag bei alldem die Rolle des Managements der Unternehmung. In der Tat kann ein Firmenvorstand nicht davon ausgehen, die evolutionäre Dynamik einer Organisation quasi nach Belieben steuern zu können. Allerdings bedeutet das auch nicht eine komplette Passivität des Managements in Veränderungsprozessen. Vielmehr ist das Management systemtheoretisch konzipierbar als »systemisches Subsystem, dessen Funktion auf sehr allgemeiner Ebene darin liegt, zum einen ›gezielt‹ und das heißt mit strategischer Intention Irritationen systemintern zu produzieren, aus denen Variationen entspringen können, und zum anderen die Selektion von Selektionen zu motivieren, die dann in die operativ applikablen Sinnhorizonte integriert werden oder auch nicht« (Paetow 2005: 114). Das bedeutet, dass der Veränderung initierende CEO als »evolutionärer Impulsgeber« agiert, als ein Unterbrecher von Routinen »oder auch ein Verneiner strategisch inadäquater Variationen, die sich aus Sicht des Managements strukturell nicht verstetigen sollen« (ebd.). Mit einer so beschriebenen Rolle ist das Management auch in systemtheoretischen Argumentationslinien als unternehmensstrategischer Treiber zu verstehen – gerade in Kontexten von Identität und Wandel. Es geht für Organisationen um das, was Buchholz und Knorre (2012: 25) eine »zuverlässige Orientierung« nennen, welche das »Fahren auf Sicht« er-

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mögliche. Gerade Unternehmen im Wandel brauchen ein hohes Maß an Wissen um zentrale Prozesskontinuitäten und handlungsleitende Grundpfeiler des organisationalen Selbstverständnisses. Sie brauchen, gerade im Wandel, ein Stück weit eine Identität. Nur muss das Element des Wandels nun zum Teil der Identität werden. Wenn, wie Buchholz und Knorre sagen, ohnehin nur noch »Fahren auf Sicht« möglich ist, entfaltet die Ausprägung der Möglichkeit von Identität eine zentrale Rolle in der Initiierung von, um im Bild zu bleiben, Prozessen des »organisationalen Gas-Gebens« (siehe auch Reichertz 2011: 158-9).

C) O rganisationsidentität und C orpor ate I dentit y Der oben erörterte, sozialwissenschaftlich und insbesondere systemtheoretisch hergeleitete Begriff der organisationalen Identität entspricht trotz begrifflicher Parallelität nicht dem der Corporate Identity. Paetow (2005: 283) verweist darauf, wenn er erläutert, dass Corporate Identity primär aus einer »managerialen Perspektive« heraus gedacht wird, Identität als systemtheoretisches Konstrukt hingegen immer auch auf Prozesse der Autopoiesis und Selbstorganisation rekurriert. Grundfokus der Corporate Identity ist das Verhältnis von Selbstbild und Fremdbild eines Unternehmens. Unter »Selbstbild« verstehen wir mit Pepels (2005: 280) die »subjektiven Vorstellungen und Ziele des Unternehmens«. Diese sind zu unterscheiden vom Fremdbild als »Sicht der Marktpartner« auf das Unternehmen und besagte Vorstellungen und Ziele. Ziel der Corporate Identity-Politik ist die Anpassung beider an ein angestrebtes Idealbild. Die Corporate Identity ist damit ein Managementtool. Als solches spielt es in den Selbstbeschreibungen eines Unternehmens, die die Basis der Unternehmensidentität im oben erläuterten Verständnis bilden, eine Rolle. Jedoch sind Corporate Identity und die organisationale Identität nicht als identisch anzusehen. Paetow (2005: 17) fasst folglich auch Corporate Identity-Ansätze, die einen allzu schnell und einfach zu schaffenden Gleichklang von Selbst- und Fremdbild implizieren, als »simplifizierte Selbstbeschreibungsformen der Organisation im systemischen Außenverhältnis« zusammen. Mit dem Begriff des Außenverhältnisses ist ein weiterer zentraler Unterschied zwischen systemtheoretisch basierten Ansätzen der Unternehmensidentität und der Corporate Identity beschrieben. Letztere fo-

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kussiert primär auf das Außenbild der Unternehmen. Zwar spielt auch das Selbstbild eine Rolle. Jedoch scheint dieses primär ein Element zu sein, um in letzter Instanz das Außenbild des Unternehmens zu beeinflussen. Folglich ist auch das Innenbild dem anzustrebenden Außenbild nach Möglichkeit anzugleichen, schließlich bildet letzteres ein Vehikel für das Managen der Außenbeziehungen des Unternehmens. Die Corporate Identity muss aus systemtheoretischer Perspektive verstanden werden als »der informationelle Fixpunkt der kommunikationspolitischen Arbeit in der Organisation; sie fungiert als Strategiekonzept, als manageriale Beschreibung der Organisationsidentität zum Zwecke der externen Organisationskommunikation« (Paetow 2005: 283). Lediglich als Akt eines managementstrategischen Realismus sind Unternehmen bereit, Kompromisse zwischen dem Management von Selbst- und Fremdbild zu schließen, was dann bedeuten kann, »eine Veränderung des gewollten Selbstbilds gegenüber dem Status Quo und eine Veränderung des erreichten Fremdbilds in Richtung auf dieses neue Selbstbild« zu kombinieren (Pepels 2005: 282).

D) C orpor ate A rchitecture — ein »I nstrument« der C orpor ate I dentit y ? Vor dem Hintergrund der erläuterten Begriffe von organisationaler Identität und Corporate Identity ist nun zu analysieren, inwieweit die Verortung der Architektur als Element der Corporate Identity angemessen ist. Zunächst einmal gilt: Der Grundansatz dieser Verortung ist verständlich. Architektur ist nicht nur neutraler Container für identitätsbildende oder, allgemeiner formuliert, psychologische wie soziale Prozesse in Gesellschaft oder Unternehmen. Sie ist vielmehr ein zentrales Element in der Konkretwerdung von Gesellschaft, also letztlich ein Beispiel für jene Phänomene, die Schroer (2009: 24-29) mit deutlicher Anlehnung an die Akteur-Netzwerk-Theorie als »materielle Formen des Sozialen« beschreibt. In der Architektur und allgemeiner im (ge- und umbauten) Raum manifestiert sich das Soziale, eröffnet sich also letztlich ein sozialer (Möglichkeits-)Raum. Architektur ist Kristallisationsort von Erinnerung – und damit, im Rahmen von Corporate Identity-Konzepten, durchaus verstehbar als ein Treiber von Selbst- und Fremdbildern. Sie ist für Schroer aber zugleich, und auf dieser Annahme basiert letztlich der

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gesamte Auf bau dieses Kapitels, »Seismograph von Veränderungen innerhalb« von sozialen Gruppen (ebd.: 29). Ihre Trägheit steht hierzu nicht im Widerspruch. Diese stelle lediglich ein time-lag dar, so Schroer. Insgesamt bedeutet dies: Architektur hat, gesellschaftlich wie organisational, reale selbst- und fremdbildprägende Auswirkungen. Architektur lässt sich in ihrer physio-ästhetischen Ausprägung daher durchaus als ein Element des Corporate Designs verstehen. In einem neuen Firmengebäude liefert das Topmanagement eben zunächst einmal die Visualisierung eines angestrebten in- wie externen Unternehmensbildes ab. Ein Unternehmen, dessen Management gegenüber Mitarbeitern und Kunden ein Bild von Machtfülle abgeben möchte, baut groß. Ein Unternehmen, dem es auf ein Selbst- und Fremdbild der Dezenz ankommt, setzt nicht auf grelle Farben oder expressive Formen – ein Zusammenhang, wie ihn der Architekturkritiker Niklas Maak etwa den Unternehmen Facebook und Apple und deren Neubauten im Silicon Valley unterstellt (Maak 2013: 31). Gerade vom gerade eröffneten Facebook-Neubau im Zentrum des Silicon Valley gewinnt man den Eindruck, dieser wolle sämtliche Mechanismen repräsentativer, expressiver oder gar aggressiver Corporate Architecture leugnen. Zwar ist der Architekt Frank Gehry einer der paradigmatischen Baumeister architektonischer Ikonen. Seine dekonstruktivistische frühe Architektur, die mit der unwirtlichen Ästhetik industrieller und seriell produzierter Materialien spielte, hat der kalifornische Architekt ja zunehmend durch gefälligere, trotz aller Asymmetrie glattere Bauten ersetzt. Doch mit dem langgezogenen Bürobalken für das soziale Netzwerk in Menlo Park hat er sich zumindest im Sinne einer pompösen und nach repräsentativer Eleganz strebenden Ikonenhaftigkeit radikal zurückgenommen. Zwar ist der Bau riesig. Im Grunde handelt es sich nur um eine einzigen Riesenraum, eine Lagerhalle der Netz-Produktivität auf etwa 42.000 Quadratmetern. Unterhalb des leicht angehobenen, länglichen Flachbaus Hauses befindet sich die Tiefgarage, die sich über die gesamte Gebäudefläche erstreckt. Licht kommt über großformatige Fensteröffnungen und Oberlichter in der fast acht Meter hohen Decke hinein. Die radikal offenen Büros unterteilte Gehry in »Viertel«, die von gekurvt angeordneten Arbeitsplätzen durchzogen werden. Ein Repräsentationsbau? Natürlich, aber auf eine sehr indirekte Weise. Das gewollt Unfertige und fast Amorphe dieser Architektur, ebenso wie ihre scheinbar beiläufige Position an zwei lauten Schnellstraßen, wirkt so, als wolle man hier repräsentieren durch den bewussten Verzicht

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auf Repräsentativität. Es ist der Kapuzenpulli in Form eines Hauses. Zumindest von weitem drängt sich der Eindruck auf, als wolle Facebook die Größe des eigenen Unternehmens leugnen, eine symbolische Selbstverkleinerung durchführen und den Besuchern die Angst vor dem vermeintlich übermächtigen Internetgiganten nehmen. Darüber hinaus wirkt das Gebäude wie eine Aneinanderstückelung von halbfertigen Bauplänen, so als könne man weitere Elemente nach Belieben hinzufügen beziehungsweise architektonische Scheiben von dem bestehenden Bau abtrennen. So vermittelt der Bau dem Besucher den Eindruck, als sähe man hier das räumliche Pendant zu den radikalen und permanenten Wandlungsroutinen der Internet-Ökonomie. Das heißt also: Architektur als Corporate Design zu verstehen, wird ihr zwar in ihrer Komplexität nicht gerecht, ist aber auch nicht etwa grundfalsch. Auch eine Interaktion zwischen der Architektur als Element des Corporate Design und den anderen CI-Komponenten Kommunikation und Verhalten lässt sich verargumentieren. Erst wenn Architektur strategisch kommuniziert und durch das tägliche Verhalten von Mitarbeitern ge- und belebt wird, kommt, so könnte man argumentieren, die angestrebte Corporate Identity zu ihrer vollen Entfaltung. Erst dann treten, wie Pepels (2005: 280) es formuliert, sowohl das Unternehmen als Ganzes sowie seine einzelnen Teile sich selbst wie dritten gegenüber einheitlich auf. Also: In dem Maße, in welchem dem Konzept der Corporate Identity überhaupt eine analytische Bedeutung zugesprochen wird, muss Architektur in diesem Zusammenhang sicher als zentrales Element mitgedacht werden. Jedoch ist, wie bereits angesprochen, der erkenntnistheoretische Gewinn einer Konzentration auf das Konzept der CI mit Vorsicht zu betrachten. Und in diesem Kontext ist dann doch auch die konzeptionelle Reduktion der Architektur auf ein Element einer Corporate Identity-Politik zu hinterfragen. Auch wenn Architektur im Zuge einer unternehmerischen Corporate Identity-Politik eine gewisse Effektivität aufweist, so ist sie doch, schlicht gesagt, zugleich mehr als Corporate Design. Sie ist eben nicht nur Unternehmensfassade, mit der das Management eines Unternehmens das Selbstbild des Unternehmens beeinflusst. Architektur kann, zumal in dem oben skizzierten Verständnis Hahns, in systemtheoretischer Perspektive vielmehr gesehen werden als ein zentrales Element in den komplexen Prozessen der Selbstbeschreibung von Organisationen. Über die Elemente Eindruck und Wirkung erzeugt sie, so

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könnte man argumentieren, im Unternehmen potenziell eine Form der Auto-Sensibilität (Hahn 2008, Kapitel neun). Sie stellt aus dieser Perspektive einen Bestandteil jener Schemata, Rahmen, Skripte und Symbole dar, die für Paetow (2005: 20) den Kern der unternehmenskulturell getriebenen Identitäts- und Veränderungsprozesse einer Unternehmung ausmachen. Architektur schafft Räume und prädefiniert unternehmerische Prozesse – Prozesse der Aktion wie der Kommunikation (und handeln beziehungsweise entscheiden heißt in systemtheoretischem Verständnis letztlich immer kommunizieren). Sie kann einer jener »Störer« sein, mit denen organisationale Wandlungsprozesse ausgelöst und gelernte Routinen durchbrochen werden. Die Reduktion auf die Signalhaftigkeit von Design und die globale Homogenisierbarkeit hingegen unterschätzt dieses Störpotenzial, aber auch die ortgebundene Spezifität von Gebäuden ebenso wie die kulturelle und soziale Reichweite architektonischer Strategien und Entscheidungen. Sie unterschätzt auch das Selbstverständnis des Architekten. Dieser versteht sich, auch qua Ausbildung, als autarker Gestalter organisationaler, ästhetischer und letzten Endes gesellschaftlicher Wirklichkeit (Tramitz et al.: 12). Anders als Designer, sehen sich Architekten letztlich auch nicht als Dienstleister. Architekten wollen nicht nur Image-Programme von Topmanagern umsetzen. Sie wollen, wie Tramitz und Bachmann (2012) in ihrer empirischen Studie zeigen konnten, eigene Vorstellungen von für sinnvoll gehaltenen sozialen Prozessen räumlich initiieren oder verstärken. Und auch wenn dieses Selbstverständnis in Zeiten der ökonomischen Krise des Architektenberufs womöglich nicht mehr uneingeschränkt handlungsleitend ist – ignoriert werden kann es dennoch auch nicht. Eine definitorische Unterscheidung zwischen Architektur und Design (wie auch eine wissenschaftlich-empirische Verfolgung möglicher Annäherungsprozesse) ist folglich geboten.

Architektur und Identität Es bleibt also festzuhalten: Wenn Unternehmen bauen, dann entsteht vielleicht auch, aber nicht nur und nicht primär eine vordefinierte »Corporate Identity«. Mit Blick auf die vorgenommene, systemtheoretisch orientierte Erweiterung des Identitätsbegriffes heißt das jedoch nicht, dass wir für den oben aufgeworfenen Fragenkomplex den Begriff der Identität aufgeben sollten. Auch wenn die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit von stra-

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tegischer (oder auch gesellschaftlicher) Identitätsprägung in Zeiten des permanenten Wandels naturgemäß hinterfragt wird, ist daraus nicht zu folgern, dass Unternehmen oder auch das Topmanagement eine »Identität« überhaupt nicht mehr anstreben sollen und können. Identität ist nur mehr als Corporate Identity. Es wäre deshalb ein gedanklicher Schnellschuss, zu folgern, Unternehmen seien mit der Herausbildung stabiler Rahmen für das identitätsgeleitete unternehmerische Handeln komplett überfordert. Von daher ist es auch nicht von vornherein fehlleitend, Architektur unter dem Aspekt der Identität zu betrachten. Um diesen Gedanken zu unterstützen, soll an dieser Stelle ein Blick in den Diskurs der Architekturprofession selber geworfen werden. Allerdings: Ein ganz eindeutiges Bild liefert dieser zunächst auch nicht. Als bloßer »Lieferant« von Identität, ob nun für konkrete Bauherren oder ganze Gesellschaften, wird die Architektur gemeinhin nicht verstanden. Aber: Sie vermag es, zumindest ein Statement für die Möglichkeit der Bildung von Identität zu formulieren (de Bruyn 2009: 44). Architektur kann zeigen, dass und wie Identität möglich ist. Dies lässt sich auch auf die Identitätsbildung von Unternehmen rückbeziehen. In einem Unternehmen, das seinen Visionen und Missionen einen architektonischen Rahmen gibt, kursieren offensichtlich noch Begriffe davon, wer oder was es selber ist und/oder repräsentiert. Das heißt: Identitätsbildung ist denkbar und kein notwendiger Widerspruch zu Konzepten organisationalen Wandels. Nicht mehr und nicht weniger sagt ja letztlich auch die Existenz des Handlungsfeldes »Corporate Architecture«, hier in einem umfassenderen Sinne verstanden, aus. In der Architektur, schreibt der Baukritiker Gerd de Bruyn in einer Besprechung des Stuttgarter Porsche-Museums, versteinere sich »die heroische Anstrengung, eine Ganzheit zu denken, bevor sie in einzelne Wahrheiten und Halbwahrheiten zerfällt« (ebd.: 44). Das heißt: Architektur, in diesem Fall der futuristische, aber auch firmenzentrierte Bau des Wiener Architekturbüros Delugan Meissl, spiegelt die Ambitionen eines Unternehmens, ein kohärentes Bild seiner selbst zu entwerfen. Sie reflektiert unbewusst die Möglichkeiten wie auch die Grenzen eines solchen Unterfangens. Und sie ist schließlich Austragungsort von identitätsorientierten Aushandlungsprozessen zwischen Unternehmen, Stadt und Gesellschaft.

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E) A rchitek tur und C hange C ommunication Wenn sich also Identität und Wandel nicht grundweg ausschließen, so kann auch die unternehmerische Kommunikationspolitik im Zusammenspiel mit jedem der beiden Konzepte eine Rolle einnehmen. Dies ist in der einschlägigen Diskursen auch so artikuliert (siehe etwa Niederhäuser und Rosenberger 2011). Dabei, so die Annahme, nimmt ihre Bedeutung in veränderungsintensiven Zeiten eher noch zu. Gerade in Prozessen radikalen organisationalen Wandels kommt der Kommunikation eine eminent wichtige Rolle zu (Elving 2005). Organizational Change stellt für alle Stakeholder potenziell Chancen und Risiken, auf jeden Fall aber eine Situation hoher (gefühlter oder realer) Unsicherheit dar. Das Bedürfnis nach Kommunikation kann in dieser Lage als stark angenommen werden. Systemtheoretisch könnte man formulieren, dass das System in dieser Situation in hohem Maße empfänglich ist für kommunikative Impulse, in systemtheoretischem Jargon also für »Störungen«, durch das Management, aber auch durch einzelne Impulsgeber innerhalb oder außerhalb der Organisation. Das bedeutet, es besteht a) ein Bedürfnis nach unternehmensstrategischer und b) auch nach lateraler Kommunikation. Es wird also auch zwischen den Stakeholdern viel und intensiv kommuniziert. Hier kann und muss jedes Management seinerseits mit aktiven Kommunikationsangeboten den Wandel begleiten und dessen (an dieser Stelle unterstellte) unternehmensstrategische Sinnhaftigkeit untermauern. Indes erscheint es geboten, an dieser Stelle kurz auf die beträchtliche Relevanz der Stakeholder-Perspektive für das Verständnis organisationaler Wandlungsprozesse und deren kommunikativer Begleitung einzugehen. Wie komplex die kommunikative Grundsituation gerade zu Beginn unternehmerischer Change-Prozesse ist, demonstriert Lewis (2011, Kapitel drei). Er diskutiert das Verhältnis der unterschiedlichen Stakeholder zueinander sowie Ausmaß und Stoßrichtung von deren Kommunikation untereinander als zentral für den organisationalen Change-Prozess. Nur ein Verständnis dieser Austauschaktivitäten ermöglicht es einem Unternehmen, prägend und steuernd in den Prozess der Change-Interpretation auf Stakeholder-Seite eingreifen zu können. Nur wenn es gelingt, die eigenen Ziele und die Grundannahmen in Bezug auf die Notwendigkeit und die strategische Sinnhaftigkeit eines Wandlungsprozesses zum Teil der Kommunikation der Stakeholder untereinander zu machen, lässt sich auch die Interaktion der Stakeholder untereinander sowie jene mit

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dem Unternehmen im strategisch intendierten Sinn steuern. Das Resultat wäre dann das, was Lewis (ebd.: 13) eine »meaningful, focused und strategic action« der Stakeholder nennt. Das heißt, eine eigene proaktive Kommunikation von Unternehmensseite führt also zu einem erweiterten und erweitert strategischen Kommunikationsprozess auf sehr unterschiedlichen Ebenen. Wie aber entsteht eine solche »meaningful strategic action« auf Stakeholderseite? Wann also ist Change Communication erfolgreich? Wagner (2010: 22) definiert vier zentrale Zielebenen für eine nachhaltige Veränderungskommunikation. Jede dieser Ebenen lässt sich mit den obigen Überlegungen zu einer sowohl in- als auch externen und vor allem Stakeholderorientierten Ausprägung einer Kommunikationsstrategie verknüpfen. Die vier Ebenen sind: Informieren, diskutieren, mobilisieren und bestätigen. Wagner skizziert einen intrapersonalen Prozess der Einstellungs- und Verhaltensänderung, der sich parallel zu den Maßnahmen in diesen vier Bereichen abspielt und der von ihnen initiiert und unterstützt wird. Aus der Perspektive meiner Arbeit lässt sich der Prozess von der personalen Ebene gesamtorganisational ausweiten. Die Argumentation folgt an dieser Stelle der Annahme, dass auch die Veränderungskommunikation im Gesamtunternehmen letztlich diese vier Zielebenen aufweist. Im nächsten Schritt wird daher die (mögliche) Rolle der Architektur in jedem veränderungskommunikativen Feld analysiert. Die Darstellung nimmt dabei, parallel zu den obigen Überlegungen zu Identität und Corporate Identity, sowohl interne als auch externe Perspektiven auf Change-Prozesse in den Blick. Sie differenziert außerdem zwischen Führungskommunikation und der rein institutionalisierten internen Kommunikation. So weit sinnvoll, werden im folgenden außerdem auch Beispiele realer Corporate Architecture in Beziehung gesetzt zum jeweiligen Aktionsfeld.

Handlungsfeld »informieren« Auf den ersten Blick mag die Rolle der Architektur in diesem Bereich begrenzt erscheinen. Unternehmensstrategische Motivationen, Zeitpläne konkreter Veränderungsprozesse, Vorteile und Risiken für die Organisation wie für jeden einzelnen persönlichen oder organisationalen Stakeholder – all diese Kommunikationsinhalte sind textbasiert und komplex; sie erscheinen von daher zunächst einmal schriftlich oder mündlich besser transportierbar zu sein als über den Bedeutungsträger Architektur.

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Jedoch verkompliziert sich die Lage schon, wenn man – unternehmensintern – Information nicht als eindimensionalen Top-down-Vorgang denkt, sondern als einen Prozess, der in unterschiedlich ausgeprägter Multidimensionalität alle Hierarchieebenen sowohl als Empfänger als auch als potenziellen Sender konzipiert (Mast 2010: 255). Erweiterbar ist dieser Gedanke noch darum, dass »informiert-sein« immer auch das Resultat eines Pull-Prozesses ist, dass also das Ausmaß des informiert-seins einzelner Mitarbeiter immer auch davon anhängt, ob diese sich selber proaktiv informieren wollen und können. Die Unternehmensspitze wäre in diesem Zusammenhang eher ein Treiber und Initiator von Selbstinformationsprozessen – zusätzlich zur Top-Down-Kaskadierung strategischer Informationen. Ein solcher Informationsprozess lässt sich architektonisch sehr wohl massiv unterstützen – oder auch behindern. Die Architektur kann durch die bauliche Einbettung von Informationen beispielsweise über die geplante Zusammenarbeit unterschiedlicher Unternehmensbereiche Strukturen und das Ausmaß unternehmensstrategischer Veränderungsintentionen verdeutlichen. Wenn zum Beispiel bestimmte Forschungseinrichtungen nahe dem Vorstandsbereich angesiedelt werden, dann illustriert dies eben womöglich die große Relevanz dieser Unternehmensbereiche aus Sicht der Unternehmensspitze, und es produziert auch diesbezügliche Lernprozesse. Allerdings heißt dies nicht, dass die Mitarbeiter diese Veränderung zwangsläufig einfach so hinnehmen; womöglich setzen sie sich mit ihr auch kritisch auseinander. Die Architektur kann auf diese Weise eben auch Fragen aufwerfen, Prozesse der Selbstinformation generieren – und so »Eindruck« und »Wirkung« im Sinne Hahns (2008) schaffen. Und die Architektur kann Räume für die leichtere Beschaffung von Information zur Verfügung stellen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass der Zugang der Mitarbeiter zu höheren Führungsebenen architektonisch erleichtert wird, was im Sinne einer Führungskommunikation für mehr Informationsfluss sorgt (siehe dazu auch Deekeling et al. 2009). Unternehmensextern hat die Architektur das Potenzial, die künftige strategische Stoßrichtung eines Unternehmens, aber auch seine künftige Standortpolitik zu untermauern. Ein Unternehmen, das neue Fabrikationsanlagen baut, sendet damit Informationen über seine künftige Produktions- und Standortstrategien aus. Zugleich lassen sich an den neuen Produktionsanlagen auch Informationen über Produktpolitik und Kapazitätsplanung ablesen.

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Als Beispiel eines derart architektonisch beziehungsweise raumplanerisch sichtbaren Veränderungsprozesses mag an dieser Stelle der neue Firmencampus des Technologieunternehmens Leica dienen. Das Unternehmen war in den vergangenen Jahren starken Veränderungsprozessen ausgesetzt (Kapalschinski 2011). Im Zuge dieser Veränderungen baut es momentan seinen Firmensitz in Wetzlar aus. Die Anlage ist in zwei Bauabschnitten (2009 und 2014) vom Frankfurter Architekturbüro Gruber + Kleine-Kraneburg errichtet worden. Insgesamt vier neue Gebäude sind entstanden: drei Bauten für die fotooptischen Industrieunternehmen Viaoptic, Weller Feinwerktechnik und Leica Camera AG sowie ein freistehendes Kaffeehaus. Der kürzlich fertig gestellte Neubau für Leica selbst definiert sich über die Differenzierung in der Höhenentwicklung. Die Ausrichtung liegt, dem städtebaulichen Konzept folgend, parallel zur Landesstraße und orientiert sich zur zentralen Platzfläche hin, die gleichzeitig auch der Hauptzugang zum Haus ist. (Baunetz 2014a) Gerade dieser Marktplatz als zentrales architektonisches und städtebauliches System macht die neue Anlage interessant. Der Haupteingang der neuen Leica-Zentrale (wie auch jener der beiden Partnerfirmen) ist auf den durch die Anordnung der Bürogebäude geschaffenen zentralen Platz hin ausgerichtet (Baunetz 2012). Dies lässt sich als ein Element eines Veränderungsprozesses in Richtung einer überorganisationalen Integration von Prozessen interpretieren, auch da Kooperationen über die Firmengrenzen hinweg Teil der neuen Firmenstrategie sind (Kapalschinski 2011). Folgerichtig spricht das Unternehmen nur vom »Leitz Park«. Die Architektur forciert hier den inter-organisationalen Austausch und wird so zu einem zentralen Element der Veränderungskommunikation – eben weil sie neue Plattformen für den Fluss von Information zwischen den Organisationen und in diese hinein schafft. Offen bleiben muss an dieser Stelle allerdings, ob diese Botschaft von den Mitarbeitern der einzelnen Unternehmen so verstanden und angenommen wird. Plausibel argumentieren lässt sich indes, dass ein solcher Platz ein gewisses Potenzial mit sich bringt, zum Austauschort für Information, quasi zum Marktplatz des unternehmensrelevanten Wissens zu werden. Als Ermöglicher von intensiveren Kommunikations- und Informationsflüssen scheint die Architektur hier tatsächlich intendiert zu sein. Signifikant außerdem: Auch die Ausstellungsfläche der »Welt der Leica Camera« orientiert sich zum Platz hin. Das gesamte Gebäudearran-

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gement steht also indirekt gewissermaßen im Bann der Markenwelt der Leica. Eine komplett hierarchiefreie räumliche Konfiguration wurde hier nicht geschaffen. Diese Hierarchisierung der Kommunikationsprozesse am Ort hat ihrerseits Folgen auf eine denkbare Identität. Denn symbolisch gesetzt wird auf diese Weise, was ideell-raumkulturell im Zentrum der Kommunikationen zu stehen hat. Für die Mitarbeiter dürfte dies nicht einschüchternd wirken, sondern eher als ein Sicherheit produzierendes Zeichen. Dieser Konstellation kann daher grundsätzlich durchaus ein gewisses Potenzial zugesprochen werden, auch dauerhaft Identität prägende Effekte zumindest für die Leica-Mitarbeiter mit sich zu bringen.

Abbildung 8 und 9: Architektur als Symbol überunternehmerischer Netzwerke: Der Leitz Park in Wetzlar. Fotos: Leica

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Handlungsfeld »diskutieren« Jeder Veränderungsprozess steht in einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite geht es um die Zielsetzung einer glatten und störungsfreien Verbreitung und Durchsetzung intendierter Botschaften durch die Unternehmensleitung. Diese Perspektive ist aber zu ergänzen um die Notwendigkeit, durch diskursive Prozesse sowohl Verständnis und Akzeptanz auf Seiten aller kommunikativen Stakeholder zu erzeugen, aber auch mit Kritik umzugehen. Die Architektur ist in diesem Zusammenhang in einer Doppelrolle von Bedeutung. Zum einen liefert sie die Arenen für beide Formen der Kommunikation. Zum anderen ist sie aber auch potenzieller Anlass für veränderungsorientierte Diskussionen – und damit selber ein mögliches Problem für den veränderungskommunikativen Prozess. Die Rolle als Arena für kommunikative Prozesse kann grundsätzlich als produktiver Faktor in Veränderungssituationen gesehen werden. Ein Unternehmen, das Orte für die Versammlung großer Menschenmengen aufweist, signalisiert damit die Bereitschaft zum internen und externen Dialog. Architektonisch zu untersuchen wäre dann aber, wie kommunikativ diese Orte wirklich sind. Kann sich jeder äußern? Kann jeder Gehör finden? Werden Hierarchien eher unterstützt oder abgebaut? Entscheidend ist aber in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Mitarbeiter, die entsprechenden Arenen auch kontinuierlich zu nutzen – und zwar unter Einbindung des Topmanagements im Sinne der Führungskommunikation nach Deekeling et al. (2009). Das Management selber muss bereit sein, sich in die entsprechenden Räume zu begeben und sich dort einem echten Dialog auszusetzen. Und die Mitarbeiter müssen sich legitimiert fühlen, die räumlichen Angebote wahrzunehmen. Ist beides nicht der Fall, läuft das Unternehmen Gefahr, dass die Architektur zum unfreiwilligen Signal für eine nicht zu Ende gedachte kommunikative Grundhaltung wird – beziehungsweise für ein unternehmerisches Schweigen trotz bestehender Kommunikationsorte. Wichtig zu erwähnen ist darüber hinaus, bezogen auf die interne Kommunikation, dass diese sehr unterschiedliche Ebenen umfasst (vgl. Mast 2010: 274). Nicht nur braucht der Dialog zwischen wenigen Personen andere architektonische Plattformen als jener zwischen vielen Personen in einer Gruppe, die wiederum von jenem zwischen Gruppen zu unterscheiden ist. Auch verweist Mast (ebd.) darauf, dass der persönliche Austausch in Zusammenhang zu sehen ist mit den im Unternehmen

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genutzten Strukturen der schriftlichen beziehungsweise elektronischen Kommunikation (die institutionalisierte interne Kommunikation). Ein Unternehmen beispielweise, das mit seinen Mitarbeitern konsequent elektronisch kommuniziert, muss die Gestaltung physischer Versammlungsorte an Notwendigkeit und Ausmaß der intendierten beziehungsweise zu erwartenden persönlichen Kommunikation orientieren. Das heißt, Führungskommunikation und institutionalisierte interne Kommunikation müssen in einem sinnvollen, einander ergänzenden Verhältnis zueinander stehen. Bezogen auf die externe Komponente der Veränderungskommunikation verweist dieser Themenbereich darüber hinaus auf einen Mangel an Konkretheit des Grundkonstruktes »PR« – nämlich die gängige Zusammenfassung externer gesellschaftlicher Zielgruppen unter »die Öffentlichkeit«. Es ist für ein Unternehmen unmöglich, eine Arena für einen Dialog mit »der Öffentlichkeit« zu bauen. Nur die Annahme, ein solcher Dialog orientiere sich letztlich immer an Teilöffentlichkeiten, lässt die Gestaltung entsprechender Meeting-Architekturen überhaupt zu. Andererseits: Je kleiner diese ausfallen, desto augenfälliger droht wiederum der Kontrast zwischen »der Öffentlichkeit« und den (real präsenten) mitunter sehr kleinen Teilöffentlichkeiten zu erscheinen. Gerade im Bereich der Markenkommunikation aber haben sich für Unternehmen in diesem Bereich in den vergangenen Jahren neue Dimensionen aufgetan. In diesem Zusammenhang ist speziell das in Kapitel zwei diskutierte Themenfeld der markengetriebenen Themenparks zu nennen (vgl. auch Gutzmer 2013), die vor allem die Autoindustrie zur Markenkommunikation nutzt. Orte wie die Autostadt Wolfsburg können eben interpretiert werden als Arenen für die Verhandlung von Image-Bildern und Unternehmensstrategien durch eine interessierte Teilöffentlichkeit. Sie spiegeln nicht zuletzt auch die inkrementellen wie die disruptiven Prozesse unternehmerischen Wandels – inklusive deren gesellschaftlich oder organisationspsychologisch problematischer Seiten. Wenn etwa, wie beschrieben, der frühere Bentley-Pavillon der Autostadt aufgrund der Integration der Marke Bugatti zum »Premium Clubhouse« umgedeutet wird, so fällt eben auch die immense Heterogenität der Markenstruktur des VW-Konzerns auf. Darüber hinaus wird ein neuer »Raum« (im doppelten Sinne) für markenstrategische Kritik eröffnet: Die zurückhaltende Gestaltung des Pavillons mag für Bentley passen, mag aber bezogen auf die Marke Bugatti nur bedingt zielführend zu erscheinen.

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Diese Überlegungen relativieren ein wenig die positiven Lesarten des Aktivitätsbereichs »Markenarchitektur«, die in der marketingorientierten Literatur überwiegend vorherrscht. Raffelt und Meyer (2012) etwa formulieren selbstbewusst eine Theorie des »architectural branding«. Für sie ist die Architektur ein innovatives Instrument der Markenstärkung – gerade in Zeiten des marketingtechnischen Overkills. Durch eine konsequente markenstrategische Integration glauben sie, fundamentale Verhaltensänderungen im Markenrezipienten vollziehen, also jegliche denkbare Veränderung quasi per architektonischem Pinselstrich komplett und friktionsfrei zu umsetzen zu können. Diese Annahme erscheint aber doch als reichlich optimistisch. Zumindest bedürfte sie einer Validierung durch konkrete Case Studies. Doch nicht nur als Arena für intendierte beziehungsweise eben nicht intendierte Dialoge über den organisationalen Wandel ist die Architektur relevant. Sie wird auch selber zum Thema. Ein Beispiel hierfür ist der momentan in der Umsetzung befindliche Neubau des Firmensitzes der Funke-Mediengruppe (ehemals WAZ-Gruppe, siehe Baunetz 2013). Das Unternehmen verband die Meldung über den Zuschlag für das österreichische Architekturbüro »AllesWirdGut« (sic!) mit einer durchaus problembewussten Kommunikation über das schwierige Geschäftsumfeld und die womöglich anstehenden Veränderungen, nachzulesen in der Berichterstattung des hauseigenen Online-Portals »Der Westen« (siehe Der Westen 2012). Inhaltsanalytisch lässt sich diese PR-Strategie als der Versuch lesen, negative Botschaften über die Härten des anstehenden Wandels mit positiven Messages zu konterkarieren. Allerdings finden sich auf derselben Webseite Indizien für das Scheitern dieser Strategie. Die nachzulesende Diskussion im Forum jedenfalls arbeitete den Widerspruch zwischen kostenträchtiger Architektur und unternehmerischer Schieflage wortreich und in scharfem Ton heraus – und warf dem Konzern auch Großspurigkeit sowie einen eingeschränkten Realitätssinn vor. Teilweise wurde auch die Architektur selbst kritisiert. Hierin zeigt sich ein Grundproblem der Architektur als Anlass für die organisationale Kommunikation, als Störer im systemtheoretischen Sinn. Unternehmensarchitektur ist strukturell groß und damit für die Kritik vermeintlich großspuriger unternehmerischer Aktivitäten und Selbstdefinitionen inhärent geeignet. Gerade in Zeiten diffundierender Kommunikation durch das Internet sind Argumente gegen das vermeintlich »geltungssüchtige Kapital« schnell formuliert und verbreitet. Dies gilt sowohl für

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die externe Stakeholder-Perspektive wie auch für Diskussionen innerhalb der Mitarbeiterschaft. Bezogen auf die oben erwähnten Online-Diskussionen über den Neubau der Funke-Gruppe ist darüber hinaus zu konstatieren, dass hier in- und externe Perspektive zusammenlaufen, weil sich nur schwer nachvollziehen lässt, wer im einzelnen über das Portal kommuniziert.

Handlungsfeld »mobilisieren« Auch an dieser Stelle muss konzeptionell zwischen der Primärperspektive auf interne und jener auf externe Kommunikation unterschieden werden, gerade weil beide starke Parallelitäten und Überschneidungen aufweisen. Intern erscheint die Annahme zulässig zu sein, dass die Mobilisierung für eine Wandlungsprozess immer vom Glauben der Mitarbeiter abhängt, der Change-Prozess sei a) nicht bedrohlich und b) potenziell nutzbringend. Beide Aspekte hängen mit der Architektur zusammen. Ein architektonisch begleiteter Wandel eines Unternehmens bedeutet für Mitarbeiter zunächst einmal die Möglichkeit zu einem anderen, womöglich als positiv wahrgenommenen Arbeitsumfeld: größerer Arbeitsplatz, bessere Aussicht, oder auch schlicht räumliche Abwechslung. Auch der Repräsentationscharakter neuer Unternehmensarchitekturen, die der Wandel eines Unternehmens womöglich generiert, hat potenziell mobilisierende Effekte. Der Aussicht auf einen zeitgenössisch gestalteten Firmensitz eines renommierten Architekten etwa lässt sich grundsätzlich das Potenzial zuschreiben, handlungstreibend zu wirken und eine höhere Veränderungsbereitschaft zu erzeugen. Gleichwohl lässt sich argumentieren, ein Wandlungsprozess berge auch das Potenzial, Angst vor »architektonischer Verschlechterung« zu erzeugen. So konnte Stauder (2009) in einer empirischen Untersuchung zeigen, dass räumliche Veränderungen häufig mit der Aufgabe von Einzel- oder Doppelbüros zugunsten vermeintlich stressenden Großraumbüros assoziiert werden (Stauder 2009: 14). Hier wird die Architektur offenbar zum Austragungsort der subjektiv wahrgenommenen Negativfolgen von Veränderung. Gerade mit Blick ins Unternehmensinnere spiegelt die Architektur die unternehmerische Intention eines Veränderungsprozesses, führt aber auch zum Gefühl einer umfassenden Präsenz des initiierten (oder auf rein strategischer beziehungsweise besitzverhältnisorientierter Ebe-

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ne bereits abgeschlossenen) Wandels. Walter und Holzsschuh (2012) diskutieren diesen Prozess mit Blick auf den Themenbereich der Post-Merger-Integration. Sie zeigen am Beispiel des Mergers von Commerzbank und Dresdner Bank, wie stark die räumliche Veränderung die Art beeinflusst hat, wie die Mitarbeiter die unternehmerische Realität in Zeiten des Wandels wahrnehmen. Dabei heben die Autoren hervor, das sowohl das Veränderte als auch das Gleichgebliebene eine kommunikative Rolle spielte. Hintergrund ist die Annahme der Autoren, dass Mitarbeiter im Change-Prozess immer auch nach Ankern des Bleibenden suchen. Das heißt: Architektur ist Treiber des Wandels ebenso wie ein retardierendes Moment. Das muss veränderungsstrategisch nicht kontraproduktiv sein. Wenn sich vieles wandelt, so kommt reziprok gerade auch den im Change-Prozess nicht veränderten Grundparametern eine zentrale Rolle zu – wie oben erläutert für die Identität des neuen Unternehmens, aber auch für die Aufrechterhaltung effizienter Produktivitätsprozesse. Im Falles eines Unternehmensmergers sollen an dieser Stelle intern zwei Perspektiven unterschieden werden (im vollen Bewusstsein, dass diese Überlegung zunächst einmal spekulativer Natur ist und durch entsprechende empirische Untersuchungen zu erhärten wäre): jene der Mitarbeiter, die einen neuen Arbeitsplatz zugewiesen bekommen, und jene, die an ihrem angestammten Platz »sitzen bleiben«. Erstere werden mit unternehmerischem Wandel direkt konfrontiert. Angenommen, sie ziehen in ein Firmengebäude des ihnen bisher externen Unternehmens, so wirkt die Architektur auf sie womöglich zunächst einmal fremd, vielleicht auch bedrohlich. Sie werden daher eventuell nach architektonischen Signalen des Verstehens des neuen Umfeldes suchen. In welchem Umfeld bewege ich mich jetzt eigentlich? Wie »tickt« mein neuer Arbeitgeber? Wo bieten sich mir verständnisorientierte Anknüpfungspunkte? Für die »sitzen gebliebenen« Mitarbeiter stellt sich die Lage natürlich komplett anders dar. Architektonisch bleibt der Wandel für sie zunächst abstrakt. Sie werden in der Architektur des Gebäudes und der Innenarchitektur ebenso wie dem Design der Innenräume nach Anzeichen der Veränderung suchen. Kommunikativ ist diese Situation letztlich problematischer, weil unsicherer: Der Wandel bleibt zunächst wenig fassbar und wird eher als graduell sich in konkreten Räumen konkretisierendes Phänomen wahrgenommen. Er bleibt architekturräumlich unkommuniziert. Ganz anders stellt sich die Mobilisierungsfunktion von Unternehmensarchitektur dar, soweit diese sich an externe Zielgruppen richtet.

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Hier wird der Erfolg maßgeblich von der gesellschaftlich prognostizierten Beurteilung des architektonischen Wandels abhängen. Konkret: Ein Wandel, der sich positiv aufs Stadtbild auswirkt, dürfte begrüßt, ein anderer hingegen abgelehnt werden. Besonders wichtig dürfte der Bevölkerung sein, in wie weit sich die Veränderung in Räumen niederschlägt, in denen Unternehmen und Gesellschaft sich begegnen. Dies ist beispielsweise ein Kernelement in der neuen Unternehmenszentrale, die das dänische Architekturbüro Henning Larsen momentan für den Technologiekonzern Siemens in München errichtet. Ein wesentlicher Teil des NeubauEntwurfs waren öffentliche Räume, in denen Unternehmen und Stadtöffentlichkeit aufeinander treffen. Es wird zu beobachten sein, inwieweit diese Räume tatsächlich Wirklichkeit werden und mit welcher Offenheit die Münchner Bevölkerung sie nutzt. Problematisierend ist an dieser Stelle zu sagen, dass die Öffentlichkeit unternehmerischen Neubauaktivitäten generell eher skeptisch gegenübersteht. Große Bauprojekte werden schnell als Kathedralen aus Stahl und Glas, als geltungssüchtige Protzarchitekturen kritisiert. Mit dem Ausmaß und dem städtebaulichen Funktionieren des architektonischen Bestandes nimmt die gesellschaftliche Offenheit für räumliche Veränderungen ab. Anders herum betrachtet sind in kompletten Neubaugebieten bauende Unternehmen an dieser Stelle im Vorteil. Ihnen wird die Rolle des Strukturförderers leichter zugesprochen. Ein Beispiel dafür kann der Tour Total des Mineralölkonzerns Total in Berlin sein (Freytag 2012). Das Hochhaus, realisiert vom Berliner Architekturbüro Barkow Leibinger, ist der erste Bau in einem zentral gelegenen, zuvor aber untererschlossenen Gebiet nördlich des Hauptbahnhofs. Der Turm misst 70 Meter, in denen sich 16 Obergeschosse und ein Technikgeschoss ausbreiten. 500 Total-Mitarbeiter arbeiten darin, darüber hinaus zogen in vier Geschosse Fremdunternehmen ein. Wesentliches architektonisches Gestaltungsmittel sind eine Verdrehung zwischen Sockel und Turm und ein Knick in der Längsseite. Die Fassade aus hellen Betonfertigteilen fällt im Stadtgebiet nördlich vom Hauptbahnhof durchaus auf. Die Hülle, eigentlich ein eher strenges Raster, wird durch Wiederholung und Variation eines Betonfertigteil-Moduls aufgelöst: Helle Beton-Elemente überziehen den Baukörper mit einem plastischen Linienverlauf. Licht und Schatten kommen so auf der Fassade prominent zur Wirkung. Die Kritik nahm den Bau im Grundsatz positiv auf. Auch der oben zitierte Kritiker und Architekt Fabian Freytag, selber ein Anwohner

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der Gegend, hält den Bau für gelungen – bei dieser Art Architektur mit viel Glas und beträchtlicher Geschosshöhe nicht unbedingt zu erwarten. Doch dem Unternehmen kam scheinbar die Tatsache zugute, dass an dieser Stelle kein Bestand zerstörbar war. Beim Blick auf die Art, wie der Mineralölkonzern Total selber über den Neubau kommuniziert, fallen die vielen an Debatten um Nachhaltigkeit anschließenden Begriffe auf (Total 2012). Dies entspricht natürlich den Common Sense des heutigen Architekturdiskurses, nach dem jeder Neubau seine ökologische Sinnhaftigkeit explizit zu belegen hat – nach Möglichkeit unter Hinzuziehung vieler quantifizierter Werte und vermeintlich objektiver Öko-Zertifikate. Bezogen auf Total, lässt es sich außerdem aber auch dahingehend interpretieren, dass die Architektur dem Unternehmen als Vehikel zum Transport nicht primär architekturbezogener, aber unternehmensstrategisch relevanter Kernbotschaften dient. Einen ähnlichen Zusammenhang stellt Cripps (2013: 58) bezogen auf die Errichtung des Sears Towers in Chicago her. »The project«, schreibt sie, »developed into a monumental project reflecting Sears‹ desired perception of their global identity by leadership.« Das Management also wollte die eigene Position und wohl auch die Unternehmensvision in eine architektonische Form gießen. Oder, wie der damalige Chairman es ausdrückte: »Being the largest retailer in the world, we thought we should have the largest headquarters in the world« (zitiert nach Cripps 2013: 58). Es handelt sich hierbei letztlich um eine Art baulicher Selbstvergewisserung. Architektonisch mobilisiert wird dabei nach innen wie nach außen. In Richtung der Mitarbeiter demonstriert die Architektur hier einen Veränderungs- und Gestaltungswillen, der auch den Schritt in Richtung räumlichem Neuland nicht scheut. Und nach außen positioniert sich das Unternehmen als mutig handelnder Akteur und Treiber gesellschaftlichräumlicher Veränderungsprozesse.

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Abbildung 10 und 11: Der Tour Total wurde zum Vehikel unterschiedlicher kommunikativer Positionierungsfacetten des Unternehmens. Fotos: Total Deutschland

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Handlungsfeld »bestätigen« Veränderungsprozesse sind begleitet von einem beträchtlichen Maß an Unsicherheit für alle Beteiligten. Zugleich ließe sich argumentieren, dass sie intern wie extern zu einer Situation des emotionalen High Involvement führen. Akzeptiert man diesen Grundgedanken, dann lässt sich weiter folgern, dass ein Transformationsprozess in Stakeholdern die Frage aufwirft, ob und in welcher Weise man selber eigentlich Teil des Veränderungsprozesses ist (als potenziell belohnter Teilhaber? als Opfer?) – oder ob man von diesem komplett unberührt bleibt. Das heißt: Es besteht ein Bedürfnis danach, emotional, gedanklich, aber auch physisch Teil des Prozesses zu werden, ihn mit dem eigenen Leben (im Falle eines Menschen) oder den eigenen Prozessen (im Falle einer Organisation) zu verlinken – »performative Teilhabe« nennt Paetow (2005: 70) dies. Von der Grundlagenliteratur der Kommunikation von und über Veränderung wurde dieser Zusammenhang teilweise zu wenig beachtet. In klassischen Ansätzen der Change Communication eine Tendenz zu der Forderung, primär die risikoinduzierenden Faktoren des Wandels kommunikativ zu bearbeiten (Reiß 2012: 17). Auch in der Praxis scheint es, als würden Unternehmen einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit darauf verwenden, zu zeigen, warum der Wandel bestimmte Gefahren nicht birgt. Bezogen auf die potenziell positiven Facetten attestiert Reiß hingegen eine gewisse Vagheit der Kommunikation. Hier kann die Architektur ansetzen. Sie liefert Bilder und schafft Räume, mit denen sich positive Zukunftsassoziationen verbinden lassen. Diese Bilder und Räume verleihen Organisationen gerade in Zeiten der Veränderung Substanz. Sie demonstrieren nach innen und außen, weshalb Unternehmen durch Wandel im rein physischen Sinne »wachsen« können. Eine solche modifizierte Perspektive auf Veränderungsprozesse würde auch einzahlen auf die Forderung MacLeans und MacIntoshs (2012), Change mit einer in höherem Maße an körperlicher Präsenz zu versehen. Die Autoren fordern, basierend auf der Creative Action-Theorie, ein Veränderungsverständnis, das auf körperliche Faktoren wie der physischen Repräsentation der Veränderung durch das Topmanagement einen stärkeren Wert legt. Dieser Gedanke lässt sich erweitern und auch auf die Architektur beziehen. Ein Veränderungsprozess impliziert für alle Beteiligten die Forderung, diesen mit physischen Realitäten zu belegen und

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auch die Architektur als Teilelement für die Veränderung einzuspannen. Es geht um Verändern durch (Vor-)Leben – nicht nur, aber natürlich nicht zuletzt auch im Rahmen der Führungskommunikation. Hier sind Mitarbeiter genauso wie Kunden oder andere externe Stakeholder mögliche Adressaten architektonischer Veränderungskommunikation. Und die Architektur kann den Rahmen für solche Prozesse des Vorlebens zur Verfügung stellen, beispielsweise indem (ein zugegeben recht einfaches Beispiel) die ehemalige Vorstandskantine abgeschafft und der Vorstand damit physisch näher an die Mitarbeiter herangerückt wird. Unabhängig von der Thematik der Führungskommunikation bringt die Architektur besonders auch die Möglichkeit mit sich, zu demonstrieren, wie durch eine Veränderungsinitiative Prozesse konstruktiver Transformation des Bestehenden ausgelöst werden können. Aus der ehemals womöglich für durchschnittlich gehaltenen Architektur wird in einem neuen Umfeld potenziell ein bedeutsamer Träger organisationaler Veränderung. Orte erhalten neue Funktionen und werden damit positiv redefiniert. Markeninduzierte Räume oder architektonische Symbole erfahren eine Umdeutung und werden so zum Träger einer anderen, womöglich besseren Symbolik. Als Beispiel mag hier der legendäre Münchner Vierzylinder des Architekten Karl Schwanzer dienen, die Unternehmenszentrale des Autobauers BMW. Ursprünglich wurde das 1972 eingeweihte Gebäude vor allem als Symbol für die technologische Führerschaft des Unternehmens BMW interpretiert. Im Zuge des Wandels des Unternehmens veränderte sich seine Wahrnehmung aber. Es wurde von Beobachtern zunehmend als Ausdruck der Standhaftigkeit des Unternehmens gesehen sowie als Beleg für die Fähigkeit, Vergangenheit und Zukunft miteinander zu verknüpfen (siehe dazu Kühn 2008: 17, siehe auch Gutzmer 2013). Nicht zuletzt diese Argumentation verdeutlicht, weshalb die Architektur speziell im hier betrachteten Bereich der Mobilisierung unterschiedlicher Stakeholder für Veränderungsprozesse eine solch massive Wirkung hat oder haben kann. Gerade die Wandlungsfähigkeit gegebener Architekturen inklusive ihrer originär räumlichen Veränderungsfähigkeit spannt die Stakeholder in den Veränderungsprozess physisch ein. Die gelebte Umdefinition von Räumen für Situationen nach der Veränderung erfordert individuelle Kreativität und verleiht damit den Beteiligten ein Gefühl der aktiven Beteiligung. Wenn beispielsweise in eine ehemalige Produktionsstätte eines Unternehmens Forschungslabore einziehen und

3. Veränderung

die Mitarbeiter diese zumindest in der Umsetzung räumlich mitgestalten, dann wird der Wandel hin zu einer forschungsintensiveren Unternehmung körperlich erfahren und damit geradezu biopolitisch verstanden. Und das gilt nicht nur für die Unternehmensmitarbeiter. Auch den Kunden bietet die Architektur Anknüpfungspunkte an sich verändernde Unternehmens- und Markenwelten (Borges 2013: 3). Ein Beispiel mögen in diesem Zusammenhang anspruchsvolle Retail-Komplexe wie die Showrooms des Modehauses Prada (meist gestaltet vom hier bereits wiederholt zitierten Architekten Rem Koolhaas) oder die global je unterschiedlichen Designs der Stores der spanischen Schuhunternehmens Camper dienen. Beide Unternehmen gehen in jeder Stadt auf die individuellen kulturellen Wertsysteme der konkreten Orte ein (Klanten et al. 2013: 14). Und sie arbeiten mit wenigen renommierten Architekten zusammen, denen ein hohes Level an gestalterischer Freiheit gelassen wird (ebd.) – was impliziert, dass das Unternehmen ein gewisses Maß an unternehmerischer Kontrolle aufgibt. Kooperationen mit formenstarken Architekten wie dem Japaner Shigeru Ban signalisieren im Falle Campers, dass das Unternehmen zu einem signifikanten Grade bereit ist, seine eigene physische Präsenz im Stadtraum vom Architekten und dessen Interpretationen der lokalen kulturellen und städtebaulichen Bedürfnisse definieren zu lassen. Und nicht nur definiert der Architekt, in diesem Falle Shigeru Ban, für das Unternehmen den Stadtraum und dessen architektonische Spezifität. Er interpretiert auch die Rolle des Unternehmens in Stadt und Gesellschaft. Anders ausgedrückt wird diese Rolle durch die Zusammenarbeit eines Unternehmens mit einem Lead-Architekten selber architektonisch. Die Kooperationen von Markenunternehmen wie Prada oder Camper mit individuellen Architekten erweitert insofern das Arsenal organisationstheoretischer Perspektiven auf Kunst und Architektur. Die Annahme, dass Architektur sich zur Beeinflussung und womöglich auch zu einer tief greifenden Uminterpretation von Weltwahrnehmungen eignet, ist in der organisationstheoretischen Literatur mittlerweile belegbar (Cripps 2013). Wenig beleuchtet wurde bisher indes noch die Perspektivveränderung, die dies mit sich bringt. Ein Unternehmen beauftragt einen Architekten, seine Position an einem konkreten Standort – und damit auch in einer konkreten Kultur – zu interpretieren. Es setzt insofern auch die Wahrnehmung von Kunden und Mitarbeitern auf diese Weise indirekt einer möglichen Modifikation aus. Doch wie nehmen die Stakehol-

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der das indirekt vermittelte Bild des Unternehmens und den Prozess der indirekten Vermittlung selber wahr? Eine Frage, die an dieser Stelle mit Verweis auf künftige empirische Untersuchungen offen bleiben muss. Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Entschluss zur bewussten Kontrollaufgabe selber nicht ohne strategische Chancen bleibt. Die substanzielle Fremdinterpretation verleiht dem Unternehmen kulturelle Legitimität und lässt sich als einen Akt der Souveränität darstellen. Es macht das Unternehmen potenziell auch innovativer. Die oben angesprochene Problematik einer drohenden Divergenz zwischen Selbst- und Fremdbild im Zuge der Corporate Identity-Debatte würde auf diese Weise um eine Facette bereichert. Die Möglichkeit besteht zumindest, dass sich Identity und Image, Selbst- und Fremdwahrnehmung auf diese Weise einander annähern. Und die Offenheit für externe Kommunikationsakte in der Selbstdefinition von Unternehmen lässt sich, am Beispiel von Camper, noch um eine weitere Facette bereichern: die der Kunden selber. Oftmals nämlich sind Kunden, wie im Berliner Shop, von Unternehmensseite angehalten, ihrerseits eigenen Kommunikationsakte im Unternehmenskontext zu unternehmen – und damit letztlich das Markenbild des Unternehmens aktiv zu beeinflussen. In Berlin beispielsweise bietet das Unternehmen Kunden die Möglichkeit, eine Wand im Shop zu bemalen oder beschreiben – und sich so selber kreativ zu verwirklichen. Mal abgesehen von der etwas simpel wirkenden symbolhaften Überhöhung von Kundenkreativität – interessant an diesem Beispiel ist, dass hier letztlich eine Öffnung der Markensemantik stattfindet. Der Kunde ist eingeladen, selber an dieser und damit ja letztlich an der kreativen Evolution der Marke mitzuwirken. Jedes niedergeschriebene Statement wird notwendig zum Arsenal an Statements in, von und um Camper. Abstrakt formuliert, heißt das, dass Kunden nicht nur die Veränderung von Marke und Unternehmen im Zuge der unternehmerischen Selbstdefinition via Architektursprache im Shop erleben. Vielmehr entwickeln sie potenziell das Gefühl, an diesem Veränderungsprozess selber Anteil zu haben.

F) Z wischenfa zit Hauptsächliche Intention dieses Kapitels war es, das Verhältnis von Architektur und unternehmerischer Kommunikationsstrategie mit Blick auf einen speziellen Aspekt der Kommunikation zu beleuchten – den der

3. Veränderung

Change Communication. So sollte ein Verständnis sowohl von den Wirkweisen von Architektur im Unternehmenskontext als auch von der räumlichen Untermauerung unternehmerischer Kommunikationspolitik entwickelt werden. Es sollte aber auch aufgezeigt werden, an welchen Stellen die Architektur über die Kommunikationspolitik des Unternehmens hinaus gehende Effekte hat. Unter der Annahme, dass Veränderung konzeptionell eng mit dem Begriff der unternehmerischen Identität verknüpft ist, wurden zunächst zwei unterschiedliche Konzepte von Unternehmensidentität diskutiert – das der Corporate Identity sowie das der organisationalen Identität im systemtheoretisch argumentierenden Sinne. Anschließend wurde die Rolle der Architektur in beiden Konzepten erörtert. Dabei wurde gezeigt, dass das in der Marketingliteratur gängige Verständnis von Architektur als Element von Corporate Identity-Strategien zwar zu Erkenntnissen führen kann, allerdings zur umfassenden Erklärung des Verhältnisses von Architektur und Veränderung sowie ihrer Kommunikation zu kurz greift. Anschließend wurde gezeigt, dass speziell der betrachtete kommunikationskonzeptionelle Themenbereich – die Veränderung von Unternehmen und deren kommunikative Initiierung beziehungsweise Begleitung – in der Tat architektonische Komponenten aufweist und auch von Art und Ausprägung unternehmerischer Baupolitiken beeinflusst werden kann. Dabei wurden jeweils Ausmaß und Grenzen einer möglichen Instrumentalisierbarkeit von Architektur dargelegt, allerdings nicht ohne auch herauszuarbeiten, an welchen Stellen Architektur – als ein nicht per se als organisationskommunikatives Instrument definierter unternehmerischer Handlungsbereich – auch Risiken und kommunikativen Untiefen mit sich bringt. Deutlich wurde in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit umfassenderer empirischer Untersuchungen, welche die hier beleuchteten Zusammenhänge anhand konkreter Unternehmensbeispiele eingehender untersuchen und vor allem die realen Wirkungen von Architektur auf Mitarbeiter wie Kunden, auf Selbst- und Fremdbilder von Unternehmen beleuchten. Ein weiteres wissenschaftliches Themengebiet, in dem dieses Kapitel Fragen aufwarf, aber selber oberflächlich bleiben musste, ist das Verhältnis der internen und externen Kommunikation. Gerade in Veränderungsprozessen sind beide Bereiche eng miteinander verzahnt. Und speziell die Architektur wirkt sich in- wie extern auf Wahrnehmungen und Handlungen potenziell massiv aus, allerdings womöglich auch in komplett

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unterschiedlicher Weise. Besonders im Themenfeld Architektur müssen deshalb die Innen- und die Außenperspektive eng miteinander verzahnt werden. Die möglichen Wechselwirkungen beider Felder konnten hier weder konzeptionell noch mit Blick auf konkrete architektonische Beispiele umfassend behandelt werden. Was gerade die zuletzt angestellten Überlegungen aber verdeutlichen, ist die kommunikationstheoretische Themenfülle, die sich mit der Integration der Architektur in den organisationsstrategischen Diskurs ergibt. Hiermit zusammen hängt auch eine implizierte Erkenntnisträchtigkeit der Öffnung kommunikationspolitischer Forschungsansätze für neue Disziplinen. Die Kommunikationswissenschaft ist per se eine Disziplin mit Verbindungen zu zahlreichen anderen Fächern – Psychologie, Soziologie, Politologie et cetera. Teilweise ist die Autorenschaft sich dessen auch bewusst und stellt relevante Bezüge her. Der im Bereich Architektur relevante akademische Komplex der Kulturwissenschaften beziehungsweise der Cultural Studies hingegen wird bisher vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Dies mag auch damit zu tun haben, dass zumindest die in Großbritannien etablierten Cultural Studies in Deutschland keine lange akademische Geschichte haben. Jedoch liegen die konzeptionellen Überschneidungen zum Bereich der Unternehmenskommunikation auf der Hand. Eine verstärkte projekt- oder themenbezogene Annäherung beider Disziplinen wäre also zu wünschen.

4. Netzwerk A) A rchitek turdiskurs und das N e t z Eine kurze Bildbeschreibung zum Einstieg in dieses Kapitel: Wir sehen einen gut aussehenden Mann mittleren Alters, dunkelhaarig, schwarz gekleidet. Breitbeinig steht er in einem urbanen Kontext vor einer weißen Skulptur. Oder eher, er posiert. Und zwar demonstrativ in Form des Kunstwerkes hinter ihm. Die Beine zeichnen ziemlich genau die Winkel der breitschenkligen Skulptur nach. Werk und Werkender verschwimmen (denn es handelt sich bei der Skulptur um eine Arbeit des Architekturbüros, das der Mann leitet). Schwarzer Architekt und weiße Skulptur fließen ineinander, werden zu einer abstrakten medialen Menschmaschine. Das Bild zeigt den deutschstämmigen Direktor eines bekannten Londoner Architekturbüros. Das professionell aufgenommene Foto kursiert im Netz – publik gemacht von dem Architekten selbst. 256 »likes« brachte ihm das Publizieren des Bildes auf Facebook ein. Kein schlechter Wert, selbst wenn man, wie besagter Bürochef, zu den intensiven Nutzern der Facebook-Kommunikation gehört. (Als einer seiner »friends« zeigt mir sein Profil die genaue Anzahl an Freunden nicht an. Sichtbar ist allerdings die Tatsache, dass über 500 Nutzer seine »news« abonniert haben.) Für das Thema des Facebook-basierten Architekturdiskurses ist das Bild in verschiedener Hinsicht aussagekräftig. Zum einen demonstriert es die grundlegende mediale Attraktivität von sozialen Netzwerken wie Facebook für Architekten. Viele prominente Architekturschaffende gehören zu den starken Nutzern des Kanals. Dabei ist die Posting-Aktivität einzelner Architekten oftmals regelmäßiger als die »offiziellen« PR-Aktivitäten der betreffenden Architekturbüros. Zum zweiten verweist das Bild auf die Nähe zwischen Architektur und Architekt in sozialen Medien. Medienunabhängig ist diese spätes-

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tens im Zuge der medialisierungskritischen »Starchitecture«-Diskussionen zu einem Kernthema vieler Auseinandersetzungen um Rolle und Qualität zeitgenössischer Architektur geworden. Im Zuge der steigenden Reichweite und der damit zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung von Facebook wird das Ineinanderfließen von Autor und Werk im Architekturbereich nun noch einmal evidenter – ohne dass dies bisher kritisch beleuchtet worden wäre. Zum dritten aber, und das ist der hier vielleicht relevanteste Zusammenhang, verweist das Bild darauf, wie in der Online-Welt die eigene mediale Aktivität (Akteurs- oder Subjektstatus) und das mediale Ausgesetzt-Sein (Objektstatus) für Architekten, aber auch für alle anderen digital-medialen Autoren, inhärent zusammen gehören. Dieser Mechanismus stellt auf der einen Seite ein Grundphänomen der sozialen Medien insgesamt dar. Andererseits spielt er im Architekturdiskurs eine besonders prägnante Rolle; schließlich werden hier intellektuell-kreative Leistungen von individuellen Autoren verhandelt, und zwar solche, die sich zumindest vermeintlich auf Bilder reduzieren, also auch digital kommunizieren lassen. Der Architekt, ein Bild von sich selbst oder von einem Werk postet (oder, wie in oben zitiertem Beispiel, beides zusammen), scheint damit einerseits punktuell Akteur zu sein. Zugleich aber sendet er das Bild in das Netzwerk. Er liefert sich, seinen Subjektstatus und letztlich seine gesamte entwerferische Kreativität damit freiwillig den medialen Aktivitäten anderer aus. Diese Selbstauslieferung ans Netzwerk unterminiert einerseits jeglichen eindimensionalen Akteursstatus. Zugleich aber konstituiert sie in gewisser Weise aber auch erst den (digitalen) Akteur. Sie generiert und offenbart auf diese Weise die Dualität von Mensch und Skulptur sowie damit zugleich auch jene von Akteur und Netzwerk. Erst, indem der Architekt nicht nur irgendetwas, sondern sich postet, erarbeitet sich er die Chance, zumindest temporär zum architektonischen Akteur im Kontext der sozialen Medien zu werden. Der Akteursstatus ist in digitalen Medien – und damit in unserem digitalen Zeitalter überhaupt – nur um den Preis einer Akzeptanz von individueller Vulnerabilität zu haben. Ich exponiere mich, also bin ich im digitalen Zeitalter Akteur. Dieser Zusammenhang bildet den Schwerpunkt von Kapitel vier. Der Terminus »Netzwerk« bezieht sich einerseits natürlich auf das soziale Netzwerk Facebook. Es ist mit ihm aber zugleich auch der analytische Rahmen angesprochen, den dieser Artikel im Weiteren nutzen wird. Die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) als Basis der Analyse media-

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lisierter Realität soll im Folgenden dazu dienen, ein noch nicht breit erforschtes Gebiet architekturmedialer Analyse zu behandeln: das Verhältnis von Architekturdiskurs und sozialen Medien. Konkret soll die Frage gestellt werden, wie sich der Architekturdiskurs verändert, wenn er in signifikantem Maße über soziale Medien wie Facebook geführt wird. Dies impliziert ein anderes Verständnis der Möglichkeiten und Grenzen des herkömmlichen kritischen Architekturdiskurses. Verhandelt wird letztlich nichts weniger als die Frage, wie und in welchem Ausmaß es gelingen kann, Inhalte und Prozesse der klassischen Architekturkritik ins Netz zu übertragen. Doe obigen Grundannahmen implizieren aber auch, dass im Zuge der »Ver-Facebookung« des Diskurses neue Parameter gesetzt werden, die ganz neue Formen eines Engagements aufzeigen, die mit »Kritik« im herkömmlichen Sinne nicht mehr viel zu tun haben. Die Analyse wird sich dabei auf Beispiele aus der aktuellen diskursiven Realität von Facebook selbst stützen. Dies liegt einerseits nahe, bringt aber im Sinne der akademischen Objektivität und einer gewissen Breite der Perspektive Komplikationen mit sich. Schließlich hat jeder Analytiker von Facebook das Problem des eingeschränkten Blickfeldes. Auch mir als Untersuchendem steht nur jener Ausschnitt des großen Meta-Netzwerkes Facebook offen, den ich aufgrund meiner »Freundschaften« zu anderen Mitgliedern sowie aufgrund von deren Freigabepolitiken zu sehen in der Lage bin.1 Dieses Kapitel wird dreistufig vorgehen. Zunächst soll das Phänomen des architekturbetrachtenden Diskurses in sozialen Medien eingebettet werden in momentane Veränderungen der Rolle der (im weitesten Sinne verstanden) Architekturkritik im Allgemeinen. Hierbei wird, wie auch in den beiden folgenden Kapiteln, wesentlich auf die Methodiken der Akteur-Netzwerk-Theorie zurückgegriffen. Diese Eingangsanalyse bildet die Basis für eine zweischrittige Untersuchung des Diskursfeldes »Social Media und Architektur«, exemplifiziert über aktuelle Beispiele aus der medialen Realität von Facebook. Es wird zunächst auf inhaltliche und formale Spezifika des Netzwerkes »Architekturdiskurs« eingegangen. Daraufhin wird spezifisch die Rolle des Kritikers als potenziellem Akteur in diesem Netzwerk herausgearbeitet. Am Ende soll ein Verständnis von 1 | Weiterhin sei hier gesagt, dass ich selber Chefredakteur eines Architekturmediums bin, insofern kein rein externer Betrachter, sondern zugleich auch involviert in das Feld architektonischer Debatten.

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Architekturkritik in Zeiten sozialer Medien stehen, das der Komplexität heutiger architekturkritischer Prozesse gerecht wird und auch künftige Veränderungen im architekturbezogenen Diskurs konzeptualisieren helfen könnte.

B) A rchitek turkritik und A rchitek turdiskurs — eine A k teur -N e t z werk - bezogene A nnäherung Um den Begriffen »Architekturkritik« und »Architekturdiskurs« in Zeiten einer sozial-medialen Diskursauffächerung näher zu kommen, sind zwei Differenzierungen vorzunehmen. Zunächst einmal ist »Kritik« in der Praxis deutscher Architekturpublizistik nicht deckungsgleich mit dem Begriff der »critique« in akademischen Architekturdebatten. Architekturkritiker hierzulande sehen sich oft als Wächter über Qualität(en). Sie evaluieren eher, als dass sie kontextualisieren. Da aber dieser enge Kritikbegriff nicht dem akademischen Verständnis von Kritik entspricht, ist nur folgerichtig, dass dieser durch Forderungen an die Architektur, sozial relevanter zu werden, zunehmend hinterfragt wird (Fromonot 2011). Zum zweiten sind die Begriffe »Kritik« und »critique« eingebettet in ein breiteres Konzept von architektonischem Diskurs. Mit Architektur lässt sich auf sehr unterschiedliche Weisen diskursiv umgehen. Nicht alle architekturbezogenen medialen Strategien tragen eine kritische Intentionalität in sich. Ein anderer Weg wäre beispielsweise in den immer umfangreicheren publizistischen Aktivitäten der Architekturbüros zu sehen (eigene Websites, Bücher, Corporate Magazines, Corporate Blogs etc.). Viele dieser Formate heben zugleich das Schreiben als etwas der Architektur Jenseitiges auf. Oft wird hier der Text als Verlängerung von Architektur gesehen. Einen wiederum anderen Weg beschreiten momentan viele klassisch printbasierte Architekturmedien. Sie verabschieden sich sukzessive von der Aufgabe der Architekturkritik im Sinne einer normativ-vergleichenden Bewertung architektonischer Qualität. Einige sind primär technischhandwerklich orientiert. Andere feiern aus Fansicht das Ästhetische oder Spektakuläre in der Architektur (Clark 2011). In jedem Fall versuchen sie, Strategien des ökonomischen Überlebens mit nicht primär konzeptionellwertenden Herangehensweisen zu erreichen, die aber dennoch architekturdiskursiv bleiben.

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Diese Entwicklung wird gerade auch von netzbasierten Architekturmedien gespiegelt. Ihnen geht es dem Medium und seiner spezifischen Ökonomie entsprechend primär um Clicks. Sie wollen mit möglichst wenig Manpower möglichst viel emotional ansprechenden »Content« generieren, um für den Click, die basale Währung digitaler Aufmerksamkeit zu sorgen. Sie nutzen die sozialen Medien als Verbreitungskanal. Dies führt dazu, dass viele Behandlungen von Architektur in sozialen Medien nicht im obigen Sinne kritisch sind oder sein können. Dies beeinflusst natürlich das Verhalten der Akteure in den sozialen Medien (das Hauptthema der folgenden Überlegungen). Es wäre nun sicherlich vermessen, an dieser Stelle einen umfassenden Abriss der Entwicklung architektonischer Kritikprozesse zu liefern. Eine gehaltvolle Diskussion unterschiedlicher Arten, Architektur zu publizieren, liefert Wooller (2008). Jedoch seien einige jüngere Entwicklungen aufgezeigt, die als medial-gesellschaftlicher Rahmen für die folgenden Kapitel dienen können. Eine wichtige Entwicklung ist die Klage über eine zunehmende Schwäche der Architekturkritik selber. Immer wieder machen sich Stimmen hörbar, die kritisieren, die Architekturkritik löse sich zunehmend auf. Eine Tagung der Bundesstiftung Baukultur aus dem Jahr 2009 trug den Titel »Ende der Kritik – Eine Debatte zur Baukultur« (Baunetz 2009). David Jenkins betitelt eine Publikation über den Autor Martin Pawley provokativ mit »The Strange Death of Architectural Criticism« (Jenkins 2007). Und auch wenn man der Kritik nicht gleich den Tod erklärt, so lässt sich doch die These einer abnehmenden Einflusskraft nicht ganz von der Hand weisen. Zumindest gehören die gefürchteten Großkritiker, die vor Jahrzehnten nach gängiger Lesart noch Architektenkarrieren per Verriss gefährden konnten, definitiv der Vergangenheit an. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch zu fragen, ob in der routinierten Beschwörung der Wirkkraft früherer Architekturdebatten nicht auch eine selber unreflektierte kulturpessimistische Vergangenheitsverklärung im Spiel ist. Eine etwas andere Perspektive liefert Macarthur (2012). Er argumentiert, eine abnehmende Relevanz erführe nicht so sehr die mediengestützte Architekturkritik, sondern vor allem die akademische Beschäftigung mit Architektur. Dies eröffne der klassischen Architekturkritik sogar neue Räume. Als Architekturjournalist ist man spontan geneigt, diese Haltung anzunehmen. Jedoch muss letztlich gefragt werden, ob diese Chan-

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ce wirklich so real ist, wie Macarthur sie präsentiert. Schließlich ist die Akademisierung des Nachdenkens über Architektur auch ein Faktor, der künftige Leser von Architekturkritiken überhaupt erst generiert, indem er den Studierenden ein begriffliches Arsenal für die kritische Reflexion der gebauten Welt vermittelt. Aus dieser Perspektive würden akademisches Schreiben über Architektur und mediale basierte Architekturkritik einander eher stützen als unterminieren. Die Krise des einen Bereiches wäre dann auch die Schwäche des anderen. Weiterhin stellt sich, im Abschluss an die vorangegangenen Überlegungen, in zunehmendem Maße die Frage nach der Autorenschaft im Architekturdiskurs (Clark 2011). Es sind nicht nur medienökonomische Überlegungen, die an der Souveränität des Autors zweifeln lassen. Auch aus Sicht der Akteur-Netzwerk-Theorie sollte schon an dieser Stelle vermerkt werden, dass Autorenschaft letztlich immer relativ ist und von der Einbettung des jeweiligen Autors (des potenziellen Akteurs) in komplexe Netzwerkstrukturen abhängt.2 Die dritte Entwicklung, die an dieser Stelle aufgezeigt werden soll, betrifft schließlich die Rezipienten architekturkritischer Texte. Diese nehmen laut Justin Clark eine zunehmend aktivere Rolle ein. Sie rezipieren nicht mehr nur, sie kommentieren, verbreiten, werten selber. Der Kritiker muss sich dessen bewusst sein. Dies bedeute auch, dass, so Clark, in immer stärkerem Maße ein Austausch unter den Rezipienten stattfinde. Hier ist nicht nur an die Verständigung über den Umgang mit Kritiken zu denken, wie sich dies in Anlehnung an Stuart Hall und andere medientheoretische Klassiker der Cultural Studies folgern ließe. Gemeint sein dürfte vielmehr eine zunehmende Verschmelzung der Rollen von Sender und Rezipient. Dies ist natürlich eine Entwicklung, die eng mit der Digitalisierung von Kommunikation und Medien zusammenhängt. Gerade in digitalen Medien ist nämlich bekanntlich jeder Rezipient potenziell Sender und daher temporär in der Rolle desjenigen, der aktiv mit anderen Rezipienten kommuniziert und Botschaften an diese sendet. Für die Architekturkritik bedeutet das: Erst durch eine kooperative Haltung von Seiten der Rezipienten gewinnt eine konkrete architekturkritische Position Relevanz.

2 | Zum Verhältnis von Akteur-Netzwerk-Theorie und der Konzeptionalisierbarkeit von Architektur siehe auch Färber (2013).

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C) K ritik auf F acebook : E mergente N e t z werke Nach dieser kurzen Rahmensetzung soll nun konkret auf Spezifika des Architekturdiskurses in sozialen Medien, speziell auf Facebook eingegangen werden. Zunächst sollen inhaltsanalytisch und mit Blick auf die medieninszenatorischen Eigenheiten von Facebook Veränderungen im Umgang mit Architektur aufgezeigt werden. Im folgenden Kapitel wird dann der Blick auf die Rolle des Autors selbst gelenkt. Eine methodologische Vorbemerkung zur Thematik und Probematik der primär digitalen Inhaltsanalyse sei aus netzwerktheoretischer Perspektive eingeschoben: Wie bereits angedeutet, werden die Möglichkeiten zu dieser Inhaltsanalyse durch die technologischen Spezifika von Facebook als sozialem Netzwerk selbst beschränkt. Als Forscher stehen mir nie die gesamten via Facebook stattfindenden architekturbezogenen Dialoge und möglichen Kritikprozesse offen. Vielmehr kann ich nur die Netzwerk-Aktivitäten jener Personen sehen, die entweder mit mir im Facebook-Sinne »befreundet« oder deren Aktivitäten zumindest mir selber zugänglich sind. Hier liegt von vornherein eine Beschränkung des forschungskonzeptionellen Blickfeldes vor. Dies lässt sich auch nicht zufallstheoretisch wegdefinieren. Denn die Beschränkung des Blickfeldes unterliegt bestimmten Regelhaftigkeiten – denen der sich aus meiner persönlichen Netzwerkstruktur ergebenden Abhängigkeit von mir als Forscher. Ich sehe nur jene Facebook-Autoren, die in oder zumindest Facebook-topologisch »nahe an« meinem Netzwerk positioniert sind. Dies macht eine Inhaltsanalyse nicht per se unmöglich. Es erschwert jedoch Folgerungen, die einen Überblick über die Gänze des sozialen Netzwerkes Facebook zur Prämisse hätten. Nach dieser Vorbemerkung soll mein Augenmerk nun zunächst der Konstitution des Netzwerkes Facebook sowie simultan der thematischen Eingrenzung Architekturdiskurs auf Facebook gelten, wobei letztere in gewisser Hinsicht sogar als eigenes Subnetzwerk zu verstehen ist, mit eigenen Zugangsbeschränkungen, eigenen Codes et cetera. Die Analyse der netzwerkhaft-systemischen Ebene vor dem Blick auf die Akteure folgt der ANT-Grundüberlegung, dass erst das Netzwerk die Akteure hervorbringt. Erst die Spezifika des jeweiligen Netzwerkes ermöglichen die – immer temporär zu denkende – Konstitution von Akteurspositionen. Bezogen auf den Architekturdiskurs in sozialen Medien bedeutet dies: Das thematisch eingegrenzte Subnetzwerk und die Regeln des Meta-Netzwerkes

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Facebook zusammen generieren erst den Akteur, indem sie die Verbindungen herstellen, die einem Kritiker erst Aufmerksamkeit verschaffen. Grundlage dieses Textes ist nun zunächst der Befund, dass das soziale Netzwerk Facebook als Trägermedium für architekturbezogene Diskurse fungiert. Alle Beispiele, die im Folgenden die Spezifika dieser Diskurse illustrieren, sind Exempel der reichen diskursiven Aktivität, die sich in dem durch meinen individuellen Netzwerk-Zuschnitt beschränkten Ausschnitt der gesamten Facebook-Architektur-Thematisierung abspielen.3 Die wesentlichen Architekturmedien sind auf Facebook präsent, ebenso Kritiker, Architekten, Kuratoren und Theoretiker. Medienökonomisch besteht zwar Unsicherheit über die Relevanz des Kanals Facebook für mediale Anbieter. Dies hält aber die wenigsten davon ab, das Netzwerk als Verbreitungskanal für eigene Ideen, Inhalte, Aktivitäten oder Konzepte zu nutzen. Die Art, wie sich Diskurse entwickeln, wird dabei maßgeblich von den Spezifika des Mediums beeinflusst. Nehmen wir als Beispiel ein Statement eines bekannten Architekten, dem Co-Chef eines international erfolgreichen Büros. Er äußerte sich kürzlich aus Anlass des PritzkerPreises für den im Camper-Kontext bereits erwähnten japanischen Architekten Shigeru Ban via Facebook zur Frage, ob und in welchem Ausmaß Architektur politisch sein könne beziehungsweise müsse (siehe Abbildung 12). Sein Statement ist skeptisch. Die Kernthese lautet sinngemäß: Der Pritzker-Preis werde zu ausschließlich nach Kriterien des sozialen oder politischen Engagements verliehen. Dies schließe mit Wolf Prix und Peter Eisenman potenzielle Preisrezipienten aufgrund des primär formal starken Charakters ihrer Architektur aus. Am Post des Architekten fällt die demonstrativ unanalytische, kurz gehaltene, dekrethafte Sprache auf. Hier schreibt jemand in der Pose des Aufrüttlers. Die 102 likes, die dieser Post generierte, implizieren, dass diese Strategie bis zu einem gewissen Grad aufging. Unterstützt wird diese Lesart durch die Tatsache, dass der Architekt den Post durch eine Reihe weiterer ergänzte, in denen er seine These teils weiter entwickelte, teils mit im Netz gefundenem Material untermauerte. Wobei hier auch erwähnt werden soll, dass diese Fulminanz, mit der thematisch verwandte

3 | Die Beispiele werden jeweils mit Screenshots illustriert. Dabei werden konkrete Namen jeweils neutralisiert.

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Posts einander in enger Folge ergänzen, auch grundsätzlich zur Publikationsstrategie des betreffenden Architekten/Autoren gehört.

Abbildung 12: Kritik des Pritzker-Preises via Facebook Im Rahmen der Facebook-Aktivitätsoptionen stellt dieser konkrete Post einen kommentierten Link zu einem anderen Text dar, welcher die Meldung über den Pritzker-Preis in journalistisch-neutralem Ton vermeldete. Oft nehmen Diskurse ihren Ausgang im Teilen eines anderswo publizierten Inhaltes. Dies führt dazu, dass man in Reaktion auf einen Post nie nur über die Sache spricht, sondern immer auch über deren mediale Aufbereitung. Als Plattform des Teilens medialer Inhalte ist Facebook daher ein Ort spontaner Medienthematisierung und Medienkritik. Jede inhaltliche Äußerung ist bis zu einem gewissen Grad auch Medienkritik. Allerdings gilt dies häufig vor allem für die Initialphase eines Diskurses. Im Falle der obigen Nachricht etwa wurde kaum auf den geteilten Artikel an sich reagiert, sehr viel aber auf dessen meinungsstarke Interpretation durch den Architekten. Diese Prozesse sind von vornherein nicht steuerbar – weder vom zum ersten Statement genutzten Medium (in diesem Fall der Website der Tageszeitung Star Tribune) noch von dem zunächst postenden Architekten selbst. Der sich entspinnende Diskurs

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hängt vielmehr maßgeblich vom Empfängerkreis ab. Akteur-Netzwerktheoretisch bedeutet dies: Der Zuschnitt des jeweiligen Subnetzwerkes und die technischen Spezifika des Meta-Netzwerkes prägen und determinieren ex ante die zu erwartenden Diskursverläufe. Der einzelne Akteur kann einerseits nur darauf vertrauen, dass der Zuschnitt seines Netzwerkes zu einer Diskussion führt, die seine Position als Akteur im Netzwerk nicht nachhaltig schwächt. Er kann andererseits, unter Berücksichtigung seines Netzwerkes und seiner bisherigen diskursbezogenen Erfahrungen mit diesem, den Verlauf bis zu einem bestimmten Grad aber auch antizipieren. Nur komplett steuern kann er ihn nicht.

Abbildung 13: Diskursmigration auf Facebook Verstärkt wird diese Steuerungsunfähigkeit durch die permanente Möglichkeit auf Facebook, Diskurse aus einem Subnetzwerk in ein anderes zu migrieren. Im Falle des obigen Posts hat ein Architekturkritiker eine solche Migration vorgenommen (siehe Abbildung 13). Er nahm den Post und die folgenden Posts des Architekten zum Anlass, seinerseits unter seinen eigenen Friends einen Gegendiskurs zu initiieren. Seinen Kommentar verbreitete er in den Diskussionen zu den Initialposts des Architekten, aber auch in verschiedenen weiteren Posts auf seiner eigenen Site. Die Ar-

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gumentationshoheit ist dem Architekten als dem ursprünglichen Akteur damit aus der Hand genommen. Er mutiert vom kommunizierenden Subjekt durch eine kommunikationsstrategische Reaktion eines Friends zum Thema des architekturkritischen Diskurses, zum Objekt im Netzwerk. Interessant ist, wie der besagte Kritiker zugleich auch die mediale Strategie des Architekten selbst kommentiert, genauer dessen Strategie des reposting (»I can also repost if I want to«, schreibt er, in einer Art virtueller Drohgebärde). Offenbar sind die legitimen Wege, Architekturdiskurse im Netzwerk Facebook zu führen, noch nicht ausverhandelt. Das Netzwerk ist autoreflexiv, seine Regeln entwickeln sich parallel zur Entfaltung konkreter Diskurse permanent weiter. In der Akteur-NetzwerkTheorie wird dies als Co-Konstruktionismus bezeichnet (Murdoch 2001): Relationen und Prozesse erzeugen zugleich sich selbst als auch Entitäten, Subjekte oder Akteure. Ein ähnlicher Prozess ist in den Versuchen der friends zu sehen, Einfluss auf stattfindende Facebook-Diskurse zu nehmen – durch inhaltliche Beiträge, aber auch durch Versuche, die weitere Diskussion strategisch zu lenken, etwa indem via Verlinkung zu anderen Potenzialdiskutanten versucht wird, das Diskussionsnetzwerk in seiner Zusammensetzung zu verändern. Auch hier erzeugen der Prozess und die Relationen der Protagonisten zueinander erst die Akteure. Zugleich arbeiten diese Akteure im Zuge der Bezugnahme auf die medialen Regeln und Eigenheiten des konkreten Netzwerkes immer auch an ihrer Position im Netzwerk. In obiger Diskussion war dies gut zu beobachten. Zunächst wurde sich argumentativ mit den einzelnen Positionen auseinandergesetzt. Im weiteren Schritt wurden mehr und mehr externe Quellen zum Beleg bestimmter eigener Positionen gepostet. Schließlich ließ das Ziel, die eigene Rolle als Mitdiskutant zu stärken, die einzelnen Argumente kürzer und im Ton aggressiver werden. Das Ganze kulminierte letztlich in Drohungen einzelner Beteiligter, das Netzwerk des Architekten zu verlassen, ihm also zu »entfrienden«. Und damit einher geht gemäß den Algorithmen Facebooks ja nicht nur der Entzug der eigenen Aufmerksamkeit. Der Architekt ginge in diesem Zusammenhang auch der potenziellen Sichtbarkeit im gesamten Netzwerk des anderen verlustig. Das ist im Sinne einer machtstrategischen Betrachtung des Akteursnetzwerkes Facebook aufschlussreich. Es bedeutet nämlich, dass die ultimative Drohung im netzwerkbasierten Diskurs die Verkleinerung von Netzwerken anderer ist. Die maximale Fragilität liegt

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aus Sicht des architekturkritischen Akteurs nicht in bestimmten inhaltlichen Positionen, die vielleicht angreif bar oder gar widerlegbar wären – sondern in der Rolle als Akteur im Netzwerk. Diese ist durch Versuche aller architekturdiskursiv Beteiligten, aus dem Wissen über die Mechanismen des Mediums Facebook selbst diskursiven Nutzen zu ziehen, permanent bedroht.

D) K ritiker auf F acebook : F r agile A k teure Die vorigen Ausführungen konnten aufzeigen, wie die Mechanismen des sozialen Netzwerkes Facebook die Rolle des Akteurs im architekturkritischen Diskurs beschränken. Dies soll nun auf die Strategien von Kritikern zurückbezogen werden. Das Hauptargument wird sein: Architekturkritiker im sozialen Netzwerk sind sich der Volatilität (aber auch der Möglichkeit zur permanenten Neuverhandlung) der eigenen Akteursposition durchaus und zunehmend bewusst. Die Position des Architekturkritikers als Kritiker ist nicht mehr ex ante (also etwa durch regelmäßige Präsenz in Architekturmedien) festgelegt, sondern lässt sich durch die Arbeit mit den strukturell-technologischen Spezifika des sozialen Netzwerkes Facebook aktiv beeinflussen. Was unter »Architekturkritiker« zu verstehen ist, steht also im Zentrum permanenter Neuverhandlungsprozesse. Als Beispiel soll erneut ein konkretes Beispiel aus meinem eigenen sozialen Subnetzwerk dienen: Eine Folge an Kommentaren, die sich in einer architekturdiskursiven Facebook-Gruppe in Reaktion auf einen konkreten architekturkritischen Post wiederfanden. Es handelt sich um Posts innerhalb der Gruppe »Postmodernism Appreciation Society«. Diese Gruppe, die im Umfeld des Architekturmuseums Frankfurt entstand, fühlt sich der Reflexion und der, durchaus auch kritischen, Würdigung der architektonischen Hinterlassenschaft(en) der Postmoderne verpflichtet. Die Gruppe kombiniert in Facebook-typischer Manier architekturtheoretische Reflexionsansätze mit dem schnellen Posten von für originell gehaltenen Bildern. Die Gruppe dient in vielerlei Hinsicht zur Herausarbeitung von Subjekt- beziehungsweise Akteurspositionen. Zum ersten ist natürlich jeder Beitritt eine Stärkung und Ausdifferenzierung einer Akteurspositionierung im Netzwerk. Wer Mitglied der Gruppe wird, deklariert sich damit nicht nur als Freund der postmodernen Architektur. Er erweitert damit

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zugleich seine Sichtbarkeit innerhalb der Gruppe. Und er demonstriert damit vor allem, dass er die kommunikativen Codes der Gruppe versteht. Diese sind in diesem Fall sehr dezidiert an den jeweils geführten Diskursen ablesbar. Sie sind inhaltlich eng verknüpft mit der Haltung, mit der man an architektonische Themen selbst heran tritt. Die Postmoderne wird gemeinhin ja aus architekturdiskursiver Perspektive eher kritisch gesehen. Der Beitritt zur Gruppe verdeutlicht dem gegenüber einen bewussten Akt der Devianz: Der Beitretende signalisiert a) dass er um das Negativimage postmoderner Architektur weiß (dass es also einer neuen »appreciation« bedarf), b) aber zugleich, dass er dies für sich (und für seine Haltung im Netzwerk) transzendiert. Er möchte sich als über den Dingen stehend positionieren und benutzt sein Wissen über die kommunikativen Codes des Internet (die eben oft mit Begriffen wie »lässig« oder »spielerisch« konnotiert sind), um diese angenommene Souveränität zu artikulieren. Zugleich unterwirft jeder, der der Gruppe beitritt, sich jedoch automatisch ihren Mechanismen, also den Diskursmechanismen eines thematisch und personell determinierten Sub-Netzwerkes. Hier setzt sich diskursiv durch, wer sich eine temporäre rhetorische Diskurshoheit zu sichern vermag. Primärer Akt hierzu ist natürlich das proaktive Einstellen eines eigenen, neuen Posts. Wer ein Bild einstellt, das innerhalb der Gruppen-Followerschaft auf Resonanz stößt, hat damit einen Moment der Aktivierung (und womöglich auch Erweiterung) des eigenen Netzwerkes innerhalb dieser Gruppe geschaffen. Er ist momentbezogen tatsächlich zum mächtigen Akteur geworden. Die Reaktionen der Follower entscheiden danach, ob er die diskursiven Regeln der spezifischen Gruppe, ihre Werte und ästhetischen Vorstellungen verstanden hat, also mit dem Post seine Akteursposition dauerhaft stärkt. Ist dieses Verständnis tatsächlich da oder wurde es im Zuge der Posting-Aktivität gestärkt, so nützt es dem Gruppenmitglied auch in Zukunft. Neben der situativen Akteurswerdung durch einen konkreten kommunikativen Akt erhöht sich damit nämlich die Möglichkeit künftiger anschlussfähiger kommunikativer Akte. Das heißt, Aktivitäten auf Facebook stellen immer auch netzwerkbezogene Lernprozesse dar, die sukzessive eine gewisse Akteurspermanenz zu schaffen vermögen. Ein Blick auf die Aktivität innerhalb der Gruppe zeigt aber schnell, wie fragil diese Permanenz ist. Ihre Zerbrechlichkeit leitet sich nicht zuletzt aus einem hohen Maß an Selbstreflexivität als Architekturkritiker her. Der kurze Austausch ist ein besonders prägnantes Beispiel dafür,

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wie innerhalb der Gruppe Architekturkritiker ihren Status als Kritiker thematisieren, ihn damit aber letztlich selber auch problematisieren und womöglich sogar zur Disposition stellen.

Abbildung 14: Der Status des Kritiker selbst wird im sozialen Netzwerk verhandelt Es geht mir an dieser Stelle vor allem auf die Reaktion eines Architekturkritikers auf den Originalpost (eines anderen Kritikers). In erster Instanz reagiert der erstgenannte Kritiker, Mitgründer der Gruppe, auf das gepostete Bild eines architektonisch diskutablen, nach Ansicht des Postenden postmodernen Thermalbades. Allerdings geht es in der Replik kaum um die zur Diskussion stehende Architektur. Vielmehr nutzt der Kritiker seinen inhaltlichen Beitrag zur Medienkritik. In seinem Kommentar thematisiert er die Ablehnung eines eigenen Beitrags durch Architekturmedien über das präsentierte Gebäude und setzt die eigene Haltung zu jener der Magazine in Beziehung. Dass er dies auf einer Online-Plattform tut (einer, die er selbst mit ins Leben gerufen hatte), darf als mediale

4. Net zwerk

Selbstpositionierung gedeutet werden, die natürlich mit der inhaltlichen Selbstpositionierung im Einklang steht. Inhaltlich soll natürlich durch die beiläufige Wertung »serious boring« nicht zuletzt die eigene Haltung als not boring und not too serious dargestellt werden. Der Verweis auf ein weiteres Medium, das den besagten Text schlussendlich publizierte (»took it for frieze«) schafft darüber hinaus eine noch komplexere AllianzPosition. Dieser demonstrativ beiläufige Schlusskommentar soll mediale Weltläufigkeit verdeutlichen und klar machen, dass man auf die eingangs erwähnten medialen Plattformen nicht angewiesen ist. Zusammenfassend heißt dies: Durch einen lapidaren Facepook-Post in einer selbst gegründeten Gruppe wird die gesamte Position dieser Gruppe im architekturmedialen Netz und parallel dazu jene des Kritikers in einem komplexen Gefüge an medialen Beziehungen definiert. Jeder Post im Netzwerk, jede netzwerkkommunikative Aktion also, rekonfiguriert grundsätzlich sowohl die eigene Akteursposition als auch die Struktur und die Außenbindungen des Netzwerkes selbst. Allerdings zeigt sich im Folgenden, wie störungsanfällig eine solche netzwerkbezogene Strategie ist. Ein weiterer Kritiker nämlich reagiert in ganz eigener und inhaltlich überraschender Weise darauf. Oder vielmehr: Er scheint darauf zu reagieren (Abbildung 14). Letztlich ergreift er vielmehr die Möglichkeit des scheinbaren Reagierens auf den Post als Chance, um sich selbst als Kritiker innerhalb des print- und onlinemedialen Gefüges zu positionieren. »Inzwischen könntest Du in besagtem Blatt ALLES veröffentlichen«, schreibt er. Das heißt, wie der Kritiker zuvor, positioniert er sich letztlich durch Medienkritik – allerdings durch eine, die das Gegenteil des Statements von Kritiker Eins besagt. Während ersterer die langweilige Grundhaltung der Printmedien anprangerte, ist es Kritiker Zwei um deren Beliebigkeit zu tun. Hier klingt eher eine kulturkritische Grundhaltung durch. Der später ergänzte Verweis auf eine wahrgenommene Unliebsamkeit politischer Texte passt zu dieser Position. Der Kritiker betreibt Medienkritik vor allem als Selbststilisierung. Überraschend wirkt dieser Post indes in einer Gruppe, die sich inhaltlich der Wertschätzung der Postmoderne verschrieben hat, also einer Epoche, die in Literatur wie in der Architektur genau für besagte Beliebigkeit steht. Dies mag als ein Zeichen mangelnder medientaktischer Reflexion gesehen werden. Es kann aber auch als Akt bewusster Positionierung gegen die Gruppe selbst interpretiert werden. Netzwerkstrategisch brächte dies allerdings die Gefahr geringer Effizienz mit sich.

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Seine in hohem Maße autodefinitorische Funktion erhält der zweite Kritiker-Kommentar durch die Tatsache, dass der Kritiker bis vor kurzem selber in leitender Funktion bei einem Medium arbeitete. Die unterstellte neue Beliebigkeit des Sektors darf, ANT-bezogen, also als ein Argument gegen den momentanen Zustand der Architektur-Kritik-Netzwerke interpretiert werden. Der Autor erläutert (sich selbst und seinen Followern beziehungsweise den Mitgliedern der Gruppe), weshalb seine Position innerhalb der momentanen Netzwerkstrukturen der Architekturpublizistik keine zentrale ist. Insofern wir dem Post eine akteursstrategische Intentionalität zubilligen, mag darin zugleich auch der Versuch liegen, neue Netzwerke zu spinnen, die ihrerseits die gegebenen Netzwerkbeziehungen unterminieren. Interessant wäre, im Rahmen einer Langzeitstudie zu verfolgen, inwieweit derlei Versuche zur Autopositionierung durch Netzwerkkritik von Erfolg gekrönt sind.

E) Z wischenfa zit Dieses Kapitel sollte zweierlei leisten. Es sollte zum einen herausgearbeitet werden, dass und wie die mediale Transformation in Richtung sozialer Medien die gesellschaftliche Rolle und die Gesellschaft verändernden Möglichkeiten der Architekturkritik beeinflussen. Dies geschah schwerpunktmäßig in den Kapiteln b) und c). Es sollte darüber hinaus ein Schlaglicht auf die Art und Weise geworfen werden, wie der einzelne Architekturkritiker als Akteur im Netzwerk verstanden werden kann, der sich einerseits die vorhandenen Tools sozialer Medien zunutze macht, aber zugleich in seiner Akteursposition durch die starke Interaktivität des Mediums permanent bedroht ist. Dies wurde anhand zweier konkrete Kommunikationsvorgänge im sozialen Netzwerk Facebook in den Kapiteln c) und d) diskutiert. Eine solche Untersuchung muss notwendigerweise ausschnitthaft bleiben. Die quantitative Komplexität des sozialen Netzwerkes Facebook sowie seine partielle Unsichtbarkeit machen konzeptionelle Universalschlüsse in Bezug auf die Funktionsweisen des Netzwerkes schwierig. Außerdem steht Facebook als solches natürlich, wenn auch zentral, so doch keinesfalls unabhängig in einem komplexen multimedialen Gefüge. Gerade die Verbindungen zwischen den Netzwerken sind, bezogen auf die Herausarbeitung von Akteurspositionen in inhaltlich definierten

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Netzwerken wie dem von mit angenommen (»Architekturdiskurs«), entscheidend. Es gibt streng genommen kein komplett autarkes Netzwerk »Architekturdiskurs auf Facebook«, sondern nur eines, dessen Akteure ihre Position im Netzwerk auch durch die Integration von Aktivitäten in und Spezifika von anderen Netzwerken zu befördern versuchen. Darüber hinaus ist auch der Begriff der Architekturkritik selber in einem Maße diskutabel (und permanent der realen Diskussion ausgesetzt), das generalisierende Schlüsse in Bezug auf mögliche Relevanzoder Irrelevanztendenzen von Architekturkritik als solcher problematisch erscheinen lässt. Jedoch kann an genau dieser Stelle der von mir formulierte Ansatz womöglich auch helfen. Die hier vorgestellte Perspektive auf den konkreten Kritiker könnte nämlich durchaus reale handlungleitende Effekte entfalten. Wenn es gelänge, in Bezug auf die Netzwerkstrukturen architekturkritischer Aktivität ein höheres Maß an Transparenz zu schaffen, so sollte es möglich sein, den einzelnen Kritiker mit einem stärker ausgeprägten Bewusstsein für die Rezeptionsmechanismen eigener Schreibaktivitäten durch soziale Netzwerke auszustatten. Zugleich sollte es gelingen, das Netzwerk Architekturkritik insgesamt für die Mechanismen der eigenen Reproduktion und Transformation zu sensibilisieren. Dies wäre nicht zuletzt angesichts der erwähnten Klagen über eine zunehmende gesellschaftliche Marginalisierung von sowohl Architektur als auch Architekturkritik erstrebenswert.

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5. Schlussbemerkung

Wir schreiben immer noch das Jahr 2014. In München findet das »Architekturquartett« einer der großen deutschen Fachzeitschriften für Architektur statt. Man diskutiert das Verhältnis von Architektur und Erinnerung, von gebauter Realität und durchlebter Geschichte. Eines der Projekte, die die Kritikerrunde sich vorgenommen hat, ist ein umgebauter Hochbunker in Nordschwabing. Das Architekturbüro »Raumstation« hat aus dem düsteren Trutzbau ein wohnliches und geradezu behagliches Stück Innenstadtarchitektur geschaffen. Der Saal ist voll, das Projekt kommt recht gut weg. Allen Diskutanten gefällt die sensible und sehr bewusste Art, in der Raumstation mit der Geschichte des Gebäudes umgehen und diese mit den Mitteln der Architektur sichtbar machen. Es herrscht Konsens: Jedes architektonische Element, jedes neu hinzugefügte, vor allem aber auch jedes aus der düsteren Zeit beibehaltene, kommuniziert. Jedes wird zu einem Stück medialer Präsentation seiner selbst. Auf die Frage, ob ihn die Architektur überzeuge, antwortet der Gaststar, der Schriftsteller Axel Hacke, ohne Umschweife mit ja. Ob er aber darin wohnen wolle? Nein, will er nicht. Die permanente »Konfrontation mit der Nazi-Vergangenheit«, so Hacke, verträgt sich nicht mit seiner Vorstellung eines behaglichen Wohnens. Das heißt zunächst natürlich, dass die Nazi-Zeit als architektonisch und architekturkonservatorisch manifestierte Erinnerung nur bis zu einem bestimmten Level aushaltbar ist. Es bedeutet aber womöglich noch etwas anderes. Das Unbehagen, das sich mit dieser Form der Architektur verbindet, ist vielleicht auch der architektonischen Medialität selbst geschuldet. Es gilt der Medialität von Architektur. Dieser Hochbunker kommuniziert sich selbst und seine Geschichte in einem Ausmaß, das Ideen von Wohnen, von simplem Da-Sein, von Behaglichkeit abträglich sein dürfte. Und er steht damit in gewisser Hinsicht als paradigmatisch

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für eine Zeit, in der Architektur, auch beeinflusst durch die raumbezogenen Diskurse in den Medienwissenschaften sowie durch medianwissenschaftliche Kenntnisse im Bereich der Architekturkritik, im Grunde als un-medial gar nicht mehr zu denken ist – und von real agierenden Architekten auch nicht mehr gedacht wird. Architektonische Kommunikation entwickelt heute eine Präsenz, die die anderen Funktionen der Architektur überlagert und teilweise an den Rand drängt. Mit dieser Präsenz der Kommunikation mit, in und über Architektur setzte sich auch dieses Buch auseinander. Basis der gesamten Argumentationslinie bildete das Konzept des architektonischen Erlebens. Architektur wird erlebt und schafft Erlebnisse. Dies führt, wie Kapitel zwei zeigte, zu Kommunikation und lässt sich kommunikativ nutzen. Wie wir in Kapitel drei gesehen haben, entwickelt die Architektur speziell in Fällen der strategisch getriebenen Veränderung von Unternehmen eine geradezu überraschende Qualität, die Veränderung kanalisiert, rhythmisiert, aber nicht unbedingt verhindert. Architektur kann, so wurde gezeigt, Veränderung und Identität zugleich ermöglichen. Und sie fügt sich ein in die Tendenz der globalisierten und digitalisierten Kulturgesellschaft, sich selber in Netzwerken zu formieren und zu artikulieren. Architektur formiert, wie ich in Kapitel vier argumentierte, Netzwerke der Kritik und der Kritiker. Der gesamte Architekturdiskurs formiert und reproduziert sich in Netzwerkform. Sie entwickelt dabei eine Formensprache, die der Netzwerkhaftigkeit der Gesellschaft mit einem angemessenen Maß an kultureller Informiertheit entgegen tritt. Das bereits zitierte Beispiel des Neubaus des Axel Springer Verlages in Berlin ist hier konstitutiv. Hier will die Architektur selber Netzwerke formieren. Netzwerke von gestern und heute. Und Netzwerke von alten und neuen Medien – oder alter und neuer Medialität. Zu fragen bleibt, in welchem Maße die Architektur dabei das ihr Eigene, das Materielle, das Starke und Widerständige in eine Welt der Netzwerke, der Digitalisierung und der omnipräsenten, omnipotenten Kommunikation hinüberretten kann. Oder ist diese Frage am Ende zu unidirektional gestellt? Vielleicht geht es ja auch gar nicht mehr nur um die Veränderung der Architektur durch Netzwerke, sondern um die Veränderung der Netzwerke durch die Architektur. Schließlich sprechen wir ja gerade viel vom »Internet of Things«. Ist dieser Gedanke vielleicht erweiterbar? Was wäre denn, wenn wir am Ende von einem »Internet der Gebäude« sprächen? Wenn also die

5. Schlussbemerkung

Gebäude die Herrschaft über den Flow der Signale in Datenbahnen übernähmen? Eine Vision, gewiss. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Architektur als widerständiger und autarker erweist, als ihre Skeptiker glauben. Wird sie Teil unserer medial-räumlichen Realität, dann heißt das nicht, dass Netzwerke über Gebäude und durch sie hindurch kommunizieren. Sondern dann kann in Netzwerken nur kommuniziert werden, wenn diese die Rahmenbedingungen des Architektonischen mitdenken. Netzwerkhafte Kommunikation hieße dann quasi automatisch auch architektonische Kommunikation. Das Resultat wäre ein neues Verständnis von Form. Es entstünde quasi eine ganz neue Form des Amorphen. Dies wäre womöglich sogar sehr ästhetische Vorstellung.

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Architektur und Kommunikation. Zur Medialität gebauter Wirklichkeit

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Architekturen Jörn Köppler Die Poetik des Bauens Betrachtungen und Entwürfe August 2016, ca. 180 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 26,99 €, ISBN 978-3-8376-2540-0

Eduard Heinrich Führ DIE MAUER Mythen, Propaganda und Alltag in der DDR und in der Bundesrepublik Dezember 2015, ca. 352 Seiten, Hardcover, durchgehend vierfarbig bebildert, 24,99 €, ISBN 978-3-8376-1909-6

Daniela Allmeier, Inge Manka, Peter Mörtenböck, Rudolf Scheuvens (Hg.) Erinnerungsorte in Bewegung Zur Neugestaltung des Gedenkens an Orten nationalsozialistischer Verbrechen Dezember 2015, ca. 260 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 32,99 €, ISBN 978-3-8376-3059-6

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Architekturen Gianenrico Bernasconi, Thomas Hengartner, Andreas Kellerhals, Stefan Nellen (Hg.) Das Büro Zur Rationalisierung des Interieurs, 1880-1960 Dezember 2015, ca. 330 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2906-4

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Susanne Hauser, Christa Kamleithner, Roland Meyer (Hg.) Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd. 2: Zur Logistik des sozialen Raumes 2013, 448 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1568-5

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Simone Kraft Dekonstruktivismus in der Architektur? Eine Analyse der Ausstellung »Deconstructivist Architecture« im New Yorker Museum of Modern Art 1988 August 2015, 418 Seiten, kart., zahlr. Abb., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-3029-9

Ute Poerschke Funktionen und Formen Architekturtheorie der Moderne 2014, 282 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,99 €, ISBN 978-3-8376-2315-4

Christian J. Grothaus Baukunst als unmögliche Möglichkeit Plädoyer für eine unbestimmte Architektur 2014, 320 Seiten, kart., 32,99 €, ISBN 978-3-8376-2631-5

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Kerstin Plüm (Hg.) Mies van der Rohe im Diskurs Innovationen – Haltungen – Werke. Aktuelle Positionen 2013, 228 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-2305-5

Karen Beckmann Urbanität durch Dichte? Geschichte und Gegenwart der Großwohnkomplexe der 1970er Jahre

Sonja Hnilica Metaphern für die Stadt Zur Bedeutung von Denkmodellen in der Architekturtheorie

Juni 2015, 500 Seiten, kart., zahlr. Abb., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-3063-3

2012, 326 Seiten, kart., zahlr. Abb., 32,80 €, ISBN 978-3-8376-2191-4

Andri Gerber Metageschichte der Architektur Ein Lehrbuch für angehende Architekten und Architekturhistoriker (unter Mitarbeit von Alberto Alessi, Uli Herres, Urs Meister, Holger Schurk und Peter Staub)

Achim Hahn (Hg.) Erlebnislandschaft – Erlebnis Landschaft? Atmosphären im architektonischen Entwurf 2012, 364 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 33,80 €, ISBN 978-3-8376-2100-6

2014, 318 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2944-6

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