Arbeitsunfall und Dienstunfall: Zur Reichweite des Unfallschutzes von Arbeitnehmern und Beamten nach § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG [1 ed.] 9783428551064, 9783428151066

Kommt es bei einer berufsbedingten Tätigkeit zu einem Unfall, so kennt das deutsche Recht seit den 1880er Jahren zwei un

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Arbeitsunfall und Dienstunfall: Zur Reichweite des Unfallschutzes von Arbeitnehmern und Beamten nach § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG [1 ed.]
 9783428551064, 9783428151066

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 339

Arbeitsunfall und Dienstunfall Zur Reichweite des Unfallschutzes von Arbeitnehmern und Beamten nach § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG

Von

Gerd Giesen

Duncker & Humblot · Berlin

GERD GIESEN

Arbeitsunfall und Dienstunfall

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 339

Arbeitsunfall und Dienstunfall Zur Reichweite des Unfallschutzes von Arbeitnehmern und Beamten nach § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG

Von

Gerd Giesen

Duncker & Humblot  ·  Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2016 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-15106-6 (Print) ISBN 978-3-428-55106-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-85106-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertationsschrift angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 12. Juli 2016 statt. Rechtsprechung und Literatur konnten noch weitestgehend bis zum 31. Juli 2016 berücksichtigt werden. An erster Stelle und ganz besonders danken möchte ich meiner verehrten Doktormutter Frau Prof. Dr. Katharina von Koppenfels-Spies für die zu jedem Zeitpunkt exzellente Betreuung meines Promotionsvorhabens und für die spannende und unbeschwerte Zeit an ihrem Institut für Sozialrecht, an dem ich mit großer Freude als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Herrn Prof. Dr. Sebastian Krebber, LL.M. gilt mein herzlicher Dank für die Anfertigung des Zweitgutachtens und die lehrreichen Jahre als wissenschaftliche Hilfskraft an seinem Institut für Arbeitsrecht. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Dr. Konrad Leube für sein Interesse am Fortschreiten der Untersuchung und seine Bereitschaft zur vertiefenden Diskussion bei meinen Besuchen in München. Der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg im Breisgau danke ich für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Ebenso den Herausgebern der „Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht“ für die freundliche Aufnahme der Arbeit in ihre Schriftenreihe. Die freundschaftliche Unterstützung von Dr. Daniel Metzger hatte einen enormen Anteil am Gelingen meiner Doktorandenzeit. Eine unverzichtbare Hilfe bei der Endkorrektur dieser Druckfassung waren mir Dr. Philipp Kufferath, Jost Hanno Meyer, Holger Templ und Alexander Todorovic. Meinen Eltern Marlene und Gottfried Giesen schließlich danke ich für ihren bedingungslosen Rückhalt in jeder Phase meiner juristischen Ausbildung. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im Sommer 2016

Gerd Giesen

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

Einführung    19 A. Gegenstand der Arbeit  ................................................................................................  19 B. Gang der Untersuchung  ............................................................................................... 21 Erstes Kapitel

Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes    23

A. Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls  .................................................  23 I. Grundlagen  ........................................................................................................... 23 1. Normative Ausgangspunkte  .......................................................................... 23 a) § 8 Abs. 1 SGB VII  .................................................................................  24 b) § 31 Abs. 1 BeamtVG  .............................................................................  24 2. Berechtigte Personenkreise  ........................................................................... 25 a) Der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII  ...................  25 b) Der „Beamte“ im Sinne des § 30 BeamtVG  ..........................................  28 3. Herangehensweise der Gerichte  .................................................................... 29 a) Arbeitsunfall ...........................................................................................  29 b) Dienstunfall ............................................................................................  30 c) Folgen für diese Untersuchung  ...............................................................  30 II. Zurechnung einer Verrichtung zur versicherten Tätigkeit und zum Dienst  ...... 31 1. Funktion ......................................................................................................... 31 2. Zurechnungskriterien im Arbeitsunfallrecht  ................................................ 32 a) Kein „Betriebsbann“  ...............................................................................  32 b) Die Zurechnung anhand der „objektivierten Handlungstendenz“  ..........  33 aa) Im Rahmen des „inneren Zusammenhangs“  ................................... 33 bb) Urteile des BSG vom 26. 6. 2014  ...................................................... 37 3. Zurechnungsdogmatik im Dienstunfallrecht  ................................................ 38 a) Alternativen „in Ausübung“ und „infolge“  ............................................  38 b) Bestimmung des Dienstzusammenhangs  ...............................................  40 aa) Ältere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterium der dienstbezogenen Aufgaben  ...............................................................................  40 bb) Neuere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterien Dienstort und Dienstzeit  .......................................................................................... 41 cc) Tendenz zum faktischen „Betriebsbann“?  .....................................  44 c) Dienstzusammenhang außerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit  ....  46

10

Inhaltsverzeichnis aa) Außerhalb der Dienstzeit  ................................................................  46 bb) Außerhalb des Dienstgebäudes  ........................................................ 47 cc) Sonderfall „Indienstversetzung“  ....................................................  49 4. Auswirkungen der divergierenden Zurechnungsdogmatik  .......................... 50 a) Unfallschutz am Arbeitsplatz  .................................................................  50 aa) Nahrungsaufnahme  .......................................................................... 51 bb) Toilettengang  ...................................................................................  52 b) Gemischte Tätigkeit und gemischte Motivationslage  ............................  54 aa) Im Arbeitsunfallrecht  ......................................................................  54 bb) Im Dienstunfallrecht  ........................................................................ 57 c) Unfallschutz außerhalb des regulären Arbeitsplatzes  .............................  58 aa) Betriebs- und Dienstsport  ...............................................................  58 bb) Telearbeit  .........................................................................................  62 cc) Innerhäusliche Betriebswege  ........................................................... 65 dd) Schutzimpfungen  .............................................................................  68 ee) Übernachtungen im Schullandheim  ...............................................  70 5. Wegfall des Zusammenhangs aus anderen Gründen  ................................... 72 a) Verbotswidriges Handeln  ........................................................................  72 b) Alkoholisierung ......................................................................................  74 III. Unfallereignis ....................................................................................................... 76 1. Ereignis .......................................................................................................... 76 2. Äußere Einwirkung  ....................................................................................... 76 a) Funktion ................................................................................................... 77 b) Qualitative Anforderungen  ...................................................................... 77 3. Zeitliche Limitierung  .................................................................................... 79 a) Funktion ..................................................................................................  79 b) Höchstdauer ............................................................................................  80 c) Örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit  ...................................................  82 d) Problembereich Infektionskrankheiten  ...................................................  83 4. Unfreiwilligkeit ............................................................................................. 85 IV. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Unfallereignis  ............... 86 1. „Unfallkausalität“ im Arbeitsunfallrecht  ..................................................... 86 a) Begriff und Funktion  ............................................................................... 87 b) BSG: „Theorie der wesentlichen Bedingung“  ........................................  88 c) Abgrenzung gegenüber konkurrierenden Ursachen  ...............................  90 2. Zurechnung im Dienstunfallrecht  ................................................................. 91 3. Besondere Fallgruppen  .................................................................................. 93 a) Allgemein wirkende Gefahren  ...............................................................  93 b) Unfälle des täglichen Lebens  ..................................................................  94 c) „Selbstgeschaffene Gefahr“  ....................................................................  96

Inhaltsverzeichnis

11

d) „Besondere Betriebsgefahr“  .................................................................... 97 V. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Schädigung  .........  99 1. Wesentlichkeit des Unfallereignisses  .......................................................... 100 2. Primärschaden ............................................................................................. 104 a) Gesundheitsschaden .............................................................................  104 b) Mindestintensität ..................................................................................  105 c) Psychische Schädigungen  .....................................................................  105 d) Hilfsmittel und Körperersatzstücke  ......................................................  106 e) Kompensation von Sachschäden  ..........................................................  108 VI. Ursächlicher Zusammenhang zwischen Primärschaden und Folgeschäden  .... 109 VII. Ergebnisse für den Grundtatbestand  .................................................................  111 B. Der Tatbestand des Wegeunfalls  ................................................................................ 113 I. Grundlagen  ......................................................................................................... 113 1. Normative Ausgangspunkte  ........................................................................ 113 a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII  ....................................................................... 113 b) § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG  ........................................................... 114 2. Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem Dienst  ..............  115 II. Anfangs- und Endpunkt des Weges  ...................................................................  115 1. Ort der Tätigkeit  ..........................................................................................  115 2. Außenhaustür ..............................................................................................  116 a) Abstrakte Grenzziehung  ........................................................................ 116 b) Präzedenzfall Haustürschwelle  .............................................................. 118 3. Private Garage  ............................................................................................. 120 4. „Dritter Ort“  ................................................................................................ 123 III. Unmittelbarer Weg  ............................................................................................. 125 1. Fortbewegungsmittel und Streckenführung  ............................................... 125 2. Abwege ........................................................................................................ 126 3. Umwege und private Unterbrechungen  ....................................................... 128 a) Bloß geringfügige Unterbrechungen  ....................................................  128 b) Zwei-Stunden-Grenze und Loslösung  ..................................................  129 c) Unterbrechungen zwecks Betankung  .................................................... 131 4. Wegeunfall im „öffentlichen Verkehrsraum“  ............................................. 132 a) Ältere Rechtsprechung des BSG  ..........................................................  132 b) Neuere Rechtsprechung des BSG  .........................................................  133 c) Urteile des BSG vom 4. 7. 2013  ............................................................  134 d) Ältere Rechtsprechung des BVerwG  ....................................................  136 e) Urteil des BVerwG vom 10. 12. 2013  ...................................................  136 IV. Ergebnisse für den Wegeunfalltatbestand  ......................................................... 138 C. Zusammenfassung des Kapitels  ...............................................................................  139

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Inhaltsverzeichnis Zweites Kapitel



Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung der vorgebrachten Erklärungsansätze    141

A. Ausgangsüberlegungen ............................................................................................. 141 I. Bewertung der Divergenzen  ..............................................................................  141 1. Uneinheitlichkeit der Terminologie  ............................................................  141 2. Unklarheit bei zeitlichen Limitierungen im Dienstunfallrecht  .................. 142 3. Mangelnde Kohärenz bei divergierender Reichweite des Unfallschutzes  ....................................................................................... 143 a) Grundtatbestand ....................................................................................  143 b) Wegeunfall ............................................................................................  145 4. Keine Ausfallhaftung der gesetzlichen Unfallversicherung  ...................... 145 5. Identische Gefährdungslage  ........................................................................ 146 a) Unfallrisiken am Arbeitsplatz  ...............................................................  146 b) Beispiel: Öffentlicher Dienst  ................................................................. 147 II. Keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG  ............................................................ 149 III. Meinungsstand: Erklärungsbedürftigkeit der Divergenzen  ............................. 151 1. Wesentliche Inhaltsgleichheit?  .................................................................... 151 2. Gedanke der Rechtseinheit  .......................................................................... 153 B. Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen  ...............................  153 I. Zirkelschlüssige Begründungsansätze  .............................................................. 154 II. Dienstunfalltatbestand – „enger gefasst“?  ........................................................ 154 1. Urteile des BVerwG vom 16. 5. 1963, 24. 10. 1963 und 6. 7. 1965  ................ 155 2. Urteil des BVerwG vom 4. 6. 1970  .............................................................. 156 3. Bewertung .................................................................................................... 157 4. Fazit .............................................................................................................. 159 III. Wegeunfall in § 31 Abs. 2 BeamtVG – zurückhaltend auszulegen?  ................ 159 1. Urteil vom 27. 5. 2004 zum „dritten Ort“  .................................................... 159 2. Bewertung .................................................................................................... 160 3. Urteil des BVerwG vom 27. 1. 2005 zum Unfallschutz in der Garage  .......  161 4. Bewertung .................................................................................................... 162 a) Fiktionale Gleichstellung  ......................................................................  162 b) Sozialpolitischer Hintergrund  ...............................................................  165 5. Fazit .............................................................................................................. 166 IV. Finanzierung, Versicherungsprinzip und Entstehungsgeschichte als Ansatzpunkte?  ............................................................................................................... 166 1. Urteile des BSG  ........................................................................................... 167 a) Urteil des BSG vom 21. 9. 1967  ............................................................. 167 b) Urteil des BSG vom 18. 11. 2008  ..........................................................  168 2. Urteil des BVerwG vom 6. 5. 1975  ............................................................... 168

Inhaltsverzeichnis

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3. Bewertung .................................................................................................... 169 a) Rehabilitation des Unfallbetroffenen als gemeinsame Zielsetzung  .....  170 b) Historische Perspektive  ......................................................................... 171 aa) Ablösung privatrechtlicher Gefährdungshaftung als historischer Zweck  .............................................................................................. 172 bb) „Betriebsunfall“ als historischer Ausgangstatbestand  .................. 179 c) Finanzierung und Versicherungsprinzip  ...............................................  180 4. Fazit .............................................................................................................. 182 C. Zusammenfassung des Kapitels  ...............................................................................  183 Drittes Kapitel

Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen    184

A. Ausgangsüberlegungen ............................................................................................  184 I. Kontinuität der institutionellen Trennung  ......................................................... 184 II. Die Rechtsprechung als Ausgangspunkt  ........................................................... 185 B. Thesen ......................................................................................................................  186 I. Erste These: Anerkennung eines Arbeitsunfalls nach § 8 SGB VII als Mindeststandard für das Dienstunfallrecht  ...................................................... 187 1. Blick auf das Arbeitsschutzrecht  ................................................................. 187 a) Arbeitsschutzgesetzgebung ................................................................... 187 b) Weitere Schutzgesetzgebung im Bereich des Arbeitsrechts  .................. 191 2. Orientierungsfunktion der gesetzlichen Unfallversicherung  ..................... 194 a) Gesetzessystematik ...............................................................................  194 aa) „Beschäftigung“ nach § 7 Abs. 1 SGB IV  ..................................... 194 bb) Vorrangverhältnis nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BeamtVG  ............. 196 cc) Leistungen an Beamte nach § 82 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 61 SGB VII  .......................................................................................... 197 b) Normzweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII  ............................................ 197 3. Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums  ................................... 198 4. Orientierung des Unfallfürsorgeschutzes am Niveau der Sozialversicherung aus gesetzgeberischer Perspektive  ............................................  202 a) Schrifttum .............................................................................................  203 b) Beispiel: Entwicklung des Wegeunfallrechts  .......................................  203 c) Beispiel: Entwicklung des Berufskrankheitenrechts  ............................  205 d) Beispiel: Unfallschutz beim Aufsuchen eines Geldinstituts  .................  205 II. Zweite These: Fortentwicklung des Dienstunfallrechts durch Adaption der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik  ...................................................................  206 1. Leitfunktion des Unfallversicherungsrechts  .............................................  207 2. Blick auf das Beihilferecht  .........................................................................  208 3. Fortentwicklungspotential ..........................................................................  208

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Inhaltsverzeichnis a) Realisierung des Mindeststandardgedankens  .......................................  209 b) Angleichung der Dienstunfallrechtsdogmatik in bisherigen Zweifels­fällen  .....................................................................................................  209 aa) Zeitliche Limitierungen  ................................................................  209 bb) „Objektivierte Handlungstendenz“ im Rahmen der Bestimmung des Dienstzusammenhangs außerhalb des Dienstgebäudes  ......... 210 cc) „Unfallkausalität“ im Dienstunfallrecht  ....................................... 210 III. Dritte These: Extensiver Dienstunfallschutz nur in konkretisierten Konstellationen  ..................................................................................................................  211

1. Vereinbarkeit mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII  ...............................................  211 2. Besondere Treuepflicht des Beamten als Ausgangspunkt?  .......................  211 3. Beispiel: § 31 Abs. 4 BeamtVG  ................................................................... 214 C. Zusammenfassung des Kapitels  ...............................................................................  215 Viertes Kapitel

Resümee und Ausblick    216

Literaturverzeichnis  .....................................................................................................  218 Sachwortregister  ...........................................................................................................  240

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

ABl. Amtsblatt Abs. Absatz Abschn. Abschnitt AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Anl. Anlage Anm. (d. Verf.) Anmerkung (des Verfassers) AöR Archiv des öffentlichen Rechts ArbRAktuell Arbeitsrecht Aktuell ArbSchG Arbeitsschutzgesetz Art. Artikel ASiG Arbeitssicherheitsgesetz Aufl. Auflage AuR Arbeit und Recht AVU Bund Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung der Unfallverhütung im Bundesdienst BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BAG Bundesarbeitsgericht BArbBl. Bundesarbeitsblatt: Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht BB Betriebs-Berater BBesG Bundesbesoldungsgesetz BBG Bundesbeamtengesetz BeamtStG Beamtenstatusgesetz BeamtVG Beamtenversorgungsgesetz BeamtVG§31DV Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes BeamtVGVwV Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz BeckOK Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht begr. begründet BerKomm Berliner Kommentar zum Grundgesetz BetrAV Betriebliche Altersversorgung Beschl. Beschluss Bd. Band BEEG Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz ber. berichtigt BG Die Berufsgenossenschaft BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BKV Berufskrankheitenverordnung BMI Bundesministerium des Innern BRRG Beamtenrechtsrahmengesetz BSG Bundessozialgericht

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Abkürzungsverzeichnis

BSGE Entscheidungen des Bundessozialgerichts BUK-NOG Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bspw. beispielsweise BT-Drucks. Bundestagsdrucksache bzw. beziehungsweise CCZ Corporate Compliance Zeitschrift dass. dasselbe DBG Deutsches Beamtengesetz DDR Deutsche Demokratische Republik ders. derselbe DÖD Der Öffentliche Dienst DÖV Die Öffentliche Verwaltung DRiG Deutsches Richtergesetz DStR Deutsches Steuerrecht DtZ Deutsch-Deutsche Rechtszeitschrift DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt Ed. Edition EG Europäische Gemeinschaft Einl. Einleitung EFZG Entgeltfortzahlungsgesetz EGVVG Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz ErfK Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Erg.-Lfg. Ergänzungslieferung Erl. Erläuterung ErsK Die Ersatzkasse EStG Einkommenssteuergesetz EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft f. folgende Fn. Fußnote fortgef. fortgeführt FS Festschrift GenDG Gendiagnostikgesetz GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GKÖD Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht GVwR Grundlagen des Verwaltungsrechts HGR Handbuch der Grundrechte hM herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber hrsg. herausgegeben Hs. Halbsatz HS-UV Handbuch des Sozialversicherungsrecht, Band 2: Unfallversicherungsrecht i.d.F. in der Fassung i.V.m. in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis JA Juristische Arbeitsblätter jurisPR juris PraxisReport JZ JuristenZeitung Kap. Kapitel KassKomm Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht KritJ Kritische Justiz: Vierteljahreszeitschrift für Recht und Politik KSchG Kündigungsschutzgesetz LBG Landesbeamtengesetz LBeamtVG Landesbeamtenversorgungsgesetz Leg. Legislaturperiode LKV Landes- und Kommunalverwaltung LPK Lehr- und Praxiskommentar LSG Landessozialgericht LT-Drucks. Landtagsdrucksache m.w.N. mit weiteren Nachweisen MAH Münchener Anwaltshandbuch MedSach Der Medizinische Sachverständige MüKo Münchener Kommentar NBG Niedersächsisches Beamtengesetz n.F. neue Fassung NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungs-Report NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung NZV Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht NZS Neue Zeitschrift für Sozialrecht OVG Oberverwaltungsgericht PersV Die Personalvertretung RBG Reichsbeamtengesetz RdA Recht der Arbeit Red. Redaktion RGBl. Reichsgesetzblatt RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RHPflG Reichshaftpflichtgesetz RiA Recht im Amt RL Richtlinie Rn. Randnummer RVA Reichsversicherungsamt RVO Reichsversicherungsordnung s. siehe S. Satz S. Seite SG Sozialgericht SGb Die Sozialgerichtsbarkeit

17

18

Abkürzungsverzeichnis

SGB Sozialgesetzbuch SGG Sozialgerichtsgesetz sog. sogenannter SozR Entscheidungssammlung Sozialrecht SozSich Soziale Sicherheit: Zeitschrift für Arbeit und Soziales SozVers Die Sozialversicherung SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands SRH Sozialrechtshandbuch StGB Strafgesetzbuch st.Rspr. ständige Rechtsprechung SVG Soldatenversorgungsgesetz SVR Straßenverkehrsrecht Tz. Teilziffer TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz u. und u.a. unter anderem Urt. Urteil usw. und so weiter UVEG Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz UVG Unfallversicherungsgesetz v. vom/von v. d. von der VBlBW Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche VersR Versicherungsrecht VO Verordnung Vorbem. Vorbemerkung(en) VR Verwaltungsrundschau VSSR Vierteljahresschrift für Sozialrecht VVG Versicherungsvertragsgesetz VwGO Verwaltungsgerichtsordnung WoGG Wohngeldgesetz WRV Weimarer Reichsverfassung WzS Wege zur Sozialversicherung zB zum Beispiel ZBR Zeitschrift für Beamtenrecht ZESAR Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht ZfS Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung ZFSH/SGB Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch zit. zitiert ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZStR Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft ZTR Zeitschrift für Tarifrecht

Einführung A.  Gegenstand der Arbeit Für Arbeitnehmer und Beamte haben sich hinsichtlich berufsbedingt erlittener Unfälle seit dem späten 19. Jahrhundert zwei institutionell unabhängige Sicherungssysteme herausgebildet. Der Arbeitnehmer, der bei seiner beruflichen Tätigkeit einen Arbeitsunfall erleidet, wird mittels der gesetzlichen Unfallversicherung, die neben der Kranken- und Rentenversicherung eine der drei klassischen Säulen der deutschen Sozialversicherung bildet,1 finanziell vor dessen Folgen geschützt. Hingegen unterliegt der Beamte, der bei einem dienstlich geprägten Unfall zu Schaden kommt, den gesetzlichen Normierungen über die Beamtenunfallfürsorge und erhält finanzielle Kompensationen aus diesem System.2 Die institutionelle Trennung der Absicherungssysteme findet ihren Ausdruck auch auf der Rechtsschutzseite. Für Rechtsstreitigkeiten, die Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung zum Gegenstand haben, sind gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig.3 Für den auf unfallfürsorgerechtliche Leistungen klagenden Beamten ist hingegen der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß der aufdrängenden Sonderzuweisung des § 126 Abs. 1 BRRG bzw. des § 126 Abs. 1 BBG eröffnet.4 Ob Leistungen für einen im Arbeitsleben erlittenen Unfall gewährt werden, ist abhängig davon, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Arbeits- oder Dienstunfalls gegeben sind. Hierbei wird durch die notwendige gerichtliche Auslegung der Gesetzestatbestände zugleich die Reichweite des 1  Rolfs, Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, 2000, S. 1. Zur genaueren Verortung des Sozialversicherungsrechts in der sozialrechtlichen Binnensystematik s. bspw. die Systemübersicht bzw. den Überblick über existierende Systematisierungsversuche bei Igl/Welti, Sozialrecht, § 2 Rn. 1 ff., sowie bei v. Maydell, in: SRH, § 1 Rn. 12 ff. Instruktiv zur allgemeinen Typisierung sozialrechtlicher Leistungen Zacher, Abhandlungen zum Sozialrecht, 1993, S. 257 ff. Grundlegend zur Rechtsnatur speziell der gesetzlichen Unfallversicherung Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 51 ff. 2  § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nimmt Ehrenbeamte sowie ehrenamtliche Richter von der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Unfallversicherung aus. Doch können nach § 68 BeamtVG auch Ehrenbeamte einen limitierten Anspruch auf Leistungen aus der Beamtenunfallfürsorge haben. 3  Näher dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 51 Rn. 28. 4  Das Verhältnis der beiden genannten Normen zueinander und insbesondere die verbliebene Bedeutung von § 126 BRRG ist im verwaltungsprozessrechtlichen Schrifttum umstritten, dazu Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 40 Rn. 39 ff. Ausführlich zum verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz auf dem Gebiet des Dienstunfallrechts Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 77 ff.

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Einführung

Unfallschutzes determiniert. In der Vergangenheit waren Unterschiede in der gerichtlichen Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen bereits vereinzelt Gegenstand medialer Berichterstattung.5 Schon daher muss vermutet werden, dass die Reichweite der Absicherung bei berufsbedingten Unfällen bei Arbeitnehmern und Beamten jedenfalls keiner identischen Beurteilung unterliegt. In der Rechtswissenschaft findet sich die bislang intensivste und umfangreichste vergleichende Auseinandersetzung bei Bulla6, der sich vor viereinhalb Jahrzehnten dem Arbeitsund Dienstunfallrecht sowie dem Recht der Soldatenversorgung aus der Perspektive des Verwaltungsrechtlers widmete und im Rahmen seiner Monographie sowohl auf die gesetzgeberische Entwicklung einging7 als auch einen Abgleich der damals einschlägigen Tatbestände vornahm.8 Neben weiteren eher punktuellen Ausführungen im älteren Schrifttum9 beschränken sich die vereinzelten Beiträge aus neuerer Zeit auf einzelne Teilbereiche wie das Recht der gewährten Leistungen nach bereits erfolgter Anerkennung eines Arbeits- oder Dienstunfalls.10 Hervorzuheben ist hier der Aufsatz von Leube11 aus dem Jahr 2012, in dem er Divergenzen bei der Reichweite des Wegeunfallschutzes fokussierte. Doch fehlt es im gegenwärtigen rechtswissenschaftlichen Schrifttum an einer umfassenden und zusammenhängenden Untersuchung, inwieweit bei identischen Lebenssachverhalten seitens der Sozial- und Verwaltungsgerichte eine unterschiedliche Bewertung vorgenommen wird. Angesichts der Tatsache, dass sich die tatbestandlichen Normierungen des Arbeits- und Dienstunfalls ihrem Wortlaut nach weitgehend ähneln, sind unterschiedliche Auslegungsergebnisse in der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht selbsterklärend und legen einen vertiefenden Vergleich der heutigen Rechtslage nahe. Hierin liegt der inhaltliche Schwerpunkt der Arbeit, die eine grundlegende Gegenüberstellung sowohl der

5  s. bspw. den ohne Autorenangabe veröffentlichten Bericht „Recht im Beruf: Beamte haben’s besser“, in: DIE ZEIT v. 19.1.1973, Ausgabe Nr. 4/1973, online abrufbar unter: http://www.zeit.de/1973/04/beamte-habens-besser (letzter Abruf am 31.7.2016). 6  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970. 7  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 8 ff. 8  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 180 ff. 9  So finden sich aus der Zeit vor Einführung des BeamtVG und des SGB VII vereinzelt Ausführungen bei Bochalli, Der Dienstunfall gemäß dem Deutschen Beamtengesetz, 1939; sowie in Ansätzen als Arbeit auf medizinisch-juristischem Grenzgebiet Wellano, Lungentuberkulose als Arbeits- und Dienstunfall, 1959, insbesondere S. 19 ff. 10  Einen Anfang dahingehend, Divergenzen zwischen gesetzlicher Unfallversicherung und Beamtenunfallfürsorge auf dem – hier nicht im Fokus stehenden – Gebiet der gewährten Leistungen vergleichend darzustellen und zu analysieren, unternimmt Fieberg, ZTR 2007, 421 ff. 11  Leube, ZTR 2012, 682 ff.

B.  Gang der Untersuchung

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Grundtatbestände12 als auch des in der Praxis nicht weniger bedeutenden Wegeunfalls vornimmt, um das Ausmaß an Übereinstimmung und den Umfang und die Bedeutung etwaiger Divergenzen herauszuarbeiten. Zugleich soll es die Arbeit nicht bei einem bloßen Vergleich der Rechtslage belassen. Es gilt ferner zu untersuchen, inwiefern Divergenzen einem stringenten Muster folgen und ob sich eine unterschiedliche Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen im Einzelfall schlüssig begründen lässt. Hierbei sollen zum einen die in Rechtsprechung und Literatur vorgebrachten Argumente erfasst und bewertet werden. Zum anderen soll die Arbeit ihrerseits neue Impulse dazu geben, die Rechtslage im Arbeits- und Dienstunfallrecht in kohärenter Weise aufeinander abzustimmen.

B.  Gang der Untersuchung Den aufgeworfenen Fragen entsprechend, geht die Untersuchung in drei wesentlichen Schritten vor. Im ersten Kapitel wird der rechtliche Status quo vergleichend aufbereitet, beginnend mit der Darstellung der Rechtslage im Hinblick auf die Grundtatbestände (A). Der Fokus liegt auf der im Ergebnis zumeist ausschlaggebenden Zurechnung konkreter Tätigkeiten zum Schutzbereich von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Dienstunfallfürsorge. Insbesondere wird der Versuch unternommen, Kontraste zwischen den Sozial- und Verwaltungsgerichten auf dem Gebiet einzelner und besonders strittiger Themenkomplexe in der jüngeren Judikatur ausfindig zu machen. Hieran schließt sich die vergleichende Untersuchung des Wegeunfallrechts an (B). Das zweite Kapitel widmet sich der Auseinandersetzung mit den identifizierbaren Divergenzen. Ziel ist es zunächst, die Auswirkungen auf die unfallbezogene Absicherung für die beiden Berufsgruppen herauszuarbeiten und darzulegen, inwieweit diese in praktischer und rechtlicher Hinsicht begründungsbedürftig erscheinen (A). Im Anschluss wird die Rechtsprechung von BSG und BVerwG sowie die sie begleitende Literatur auf Ausführungen untersucht, die als Begründungsansätze in Betracht kommen könnten (B). Diese werden sodann auf ihre Kohärenz und Stichhaltigkeit hin kritisch überprüft. Im dritten Kapitel wird anfangs ein kurzer Blick auf die Rolle der Gerichte als diejenigen Akteure geworfen, mit denen das Maß der Einheitlichkeit der Rechtslage auf dem Gebiet des Arbeits- und Dienstunfallrechts steht und fällt (A). An12  Über die hier gewählte Bezeichnung des „Grundtatbestandes“ in Abgrenzung zum  „Wegeunfalltatbestand“ besteht kein Konsens. Teils wird im Unfallversicherungsrecht terminologisch auch zwischen dem „Arbeitsunfall im engeren Sinne“ und dem „Wegeunfall“ unterschieden, so bei Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 105. Im Unfallfürsorgerecht wird der Wegeunfall auch mit der Bezeichnung „Dienstwegeunfall“ vom einfachen „Dienstunfall“ nach § 31 Abs. 1 BeamtVG unterschieden, so exemplarisch bei Jahnke, jurisPR-VerkR 19/2014, Anm. 1.

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Einführung

schließend werden auf der Grundlage der bis dahin in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse thesenartig Überlegungen angestellt, wie zukünftig eine weitgehende Harmonisierung bei der gerichtlichen Anerkennung von Arbeits- und Dienst­ unfällen erzielt werden könnte. Hier stellt sich die Aufgabe, Orientierungslinien aufzuzeigen, welche die Reichweite der Absicherung von Arbeitnehmern und Beamten in Divergenzkonstellationen auf eine transparentere Grundlage stellen würden, um hierüber zu einem höheren Maß an Rechtseinheit im Arbeits- und Dienstunfallrecht zu gelangen. Die Arbeit schließt im vierten Kapitel mit einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse. Sofern in dieser Untersuchung nachfolgend von „Beamten“ die Rede ist, sind entsprechend des § 1 Abs. 1 BeamtVG13 die Beamten des Bundes gemeint. Für die Beamten der Länder und ihrer kommunalen Untergliederungsebenen gelten nach der ersatzlosen Streichung des Art. 74a GG im Jahre 2006 gemäß § 108 Abs. 1 BeamtVG die Regelungen des BeamtVG in der Fassung vom 31.8.2006 nur fort, sofern der jeweilige Landesgesetzgeber noch keine eigenen gesetzlichen Regelungen geschaffen hat.14 Jedoch enthalten die bis zum heutigen Zeitpunkt verabschiedeten Versorgungsgesetze der Länder mit Blick auf den Dienstunfalltatbestand keine inhaltlich vom BeamtVG abweichenden Regelungen,15 sodass die Ergebnisse dieser Arbeit für sämtliche Beamten, unabhängig von ihrem Dienstherrn, einschlägig sind.

13  Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG) v. 24.8.1976, BGBl. I S. 2485. 14  Nach gegenwärtigem Stand haben folgende Länder ein eigenes Gesetz erlassen, jeweils in Klammern die Norm des Dienstunfalltatbestandes: Baden-Württemberg (§ 45 LBeamtVGBW); Bayern (Art. 45 BayBeamtVG); Berlin (§ 31 LBeamtVG); Brandenburg (§ 45 BbgBeamtVG); Hamburg (§ 33 HmbBeamtVG); Hessen (§ 36 HBeamtVG); Mecklenburg-Vorpommern (§ 31 LBeamtVG M-V); Niedersachsen (§ 34 NBeamtVG); Nordrhein-Westfalen (§ 31 LBeamtVG NRW); Rheinland-Pfalz (§ 42 LBeamtVG); Sachsen (§ 33 SächsBeamtVG); Sachsen-Anhalt (§ 31 BeamtVG LSA); Schleswig-Holstein (§ 33 SHBeamtVG) sowie Thüringen (§ 25 ThürBeamtVG). Das neu geschaffene Beamtenversorgungsgesetz des Saarlandes (SBeamtVG) sieht in § 2 die Fortgeltung der im BeamtVG am 31.8.2006 bestehenden versorgungsrechtlichen Normierungen vorbehaltlich entgegenstehender landesrechtlicher Regelungen vor. Ganz ähnlich in Bremen (§ 1 Abs. 2 BremBeamtVG). Zur Gesetzgebungstätigkeit der Länder auf dem Gebiet des Beamtenversorgungsrecht jüngst Hebeler/Sitzer, ZBR 2016, 115 ff. 15 In den neugeschaffenen Landesbeamtenversorgungsgesetzen erfolgten zumindest bislang keine inhaltliche Änderungen der Unfallfürsorgenormierungen, sodass die Grundlagen des Dienstunfallrechts, wie sie bis dato in den §§ 30 ff. BeamtVG zu finden waren, auch in den Ländern weiterhin Beachtung finden dürften. In diesem Sinne Pflaum, RiA 2011, 198 (199), der auf Modifikationen im BayBeamtVG hinweist, aber auch dieses betreffend davon ausgeht, dass die bisherigen Voraussetzungen zur Anerkennung eines Dienstunfalls hiervon unberührt bleiben. Dazu auch Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 30 Rn. 14.

Erstes Kapitel

Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes 1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls Im ersten Teil dieser Arbeit soll die Rechtslage vergleichend aufbereitet werden. Gegenstand des ersten Abschnitts sind die Grundtatbestände des Arbeits- und Dienstunfalls.

I. Grundlagen Zur grundsätzlichen Orientierung ist zu Beginn ein Überblick über die normativen Anknüpfungspunkte, die personelle Einbeziehung in das jeweilige Absicherungssystem sowie über die von BSG und BVerwG angewandte Vorgehensweise bei der Auslegung der Gesetzestatbestände voranzustellen. 1.  Normative Ausgangspunkte Die gesetzliche Grundlage für das Unfallversicherungsrecht bildet in der deutschen Sozialversicherungsrechtsordnung das mit dem UVEG1 zum 1. 1. 1997 geschaffene SGB VII. Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge ist im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht Regelungsgegenstand einer eigenständigen Kodifikation. Sie ist heute im fünften Abschnitt des BeamtVG verankert.

1  Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz – UVEG) v. 7. 8. 1996, BGBl. I S. 1254. Im Gegensatz zur zuvor erfolgten Eingliederung der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung in das SGB gingen mit der Integration der Unfallversicherung keine grundlegenden inhaltlichen Reformen einher, s. Voosen, SGb 2006, 518; Waltermann, RdA 1998, 330 (335). Im Entwurf der damaligen Bundesregierung war diesbezüglich von der fehlenden Notwendigkeit die Rede, die Integration in die Kodifikation des Sozialgesetzbuches mit einer „grundlegenden inhaltlichen Reform“ einhergehen zu lassen, s. BT-Drucks. 13/2204, S. 73. Materielle Änderungen betrafen vor allem das Gebiet der Haftungsfreistellung, welches seitdem in den §§ 104 ff. SGB VII normativ verankert ist, dazu Rolfs, NJW 1996, 3177 ff., sowie Waltermann, NJW 1997, 3401 ff. Zum zeitlichen Verlauf des Eingliederungsprozesses Niemeyer/Freund, NZS 1996, 497 ff.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

a)  § 8 Abs. 1 SGB VII Innerhalb des SGB VII determiniert der dritte Abschnitt des ersten Kapitels den Versicherungsfall2 als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Reichweite des von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckten Risikos in Abgrenzung zum unversicherten Lebensbereich3 sowie gegenüber den anderen Säulen des Sozialversicherungssystems.4 Ausweislich des § 7 Abs. 1 SGB VII existieren in der gesetzlichen Unfallversicherung die Versicherungsfälle des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit.5 Den normativen Anknüpfungspunkt für den Tatbestand des Arbeitsunfalls bildet § 8 SGB VII.6 Im Abs. 17 der Vorschrift wird der Arbeitsunfall in seiner Grundform legaldefiniert. b)  § 31 Abs. 1 BeamtVG Anspruchsbegründende Ausgangsnorm für die Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen ist § 30 Abs. 1 S. 1 BeamtVG.8 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Dienstunfalls als Äquivalent zum unfallversicherungsrechtlichen Arbeitsunfall sind Gegenstand von § 31 BeamtVG. Auch hier findet sich in Abs. 19 der Norm die Legaldefinition des Grundtatbestandes wieder. 2 Ausführlich zum Versicherungsfall als rechtstechnischer Begriff v. Heinz, Entsprechungen und Abwandlungen des privaten Unfall- und Haftpflichtversicherungsrechts, 1973, S. 184 ff. 3  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 7 Rn. 2. 4  Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 10. 5  § 10 SGB VII als wichtigste Ergänzung erweitert die Versicherungsfälle speziell für den Bereich der See- und Binnenschifffahrt. 6  § 8 SGB VII ersetzte bei Einführung die Vorschriften der §§ 548–550 RVO, deren wesentlicher Gehalt übernommen wurde, s. Marschner, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB VII, § 8 Rn. 1, sowie Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 2. Mit dieser Norm wurde im Rahmen des SGB VII der Arbeitsunfall unter Heranziehung der jahrzehntelang zur RVO ergangenen Rechtsprechung das Unfallereignis erstmals legaldefiniert, dazu Becker, MedSach 2010, 145; Otto, NZV 1996, 473 (474). Ausweislich der amtlichen Begründung zum UVEG soll die zum Begriff des Arbeitsunfalls im Rahmen der RVO ergangene Rechtsprechung grundsätzlich weiterhin Bestand haben und die Kontinuität der unfallversicherungsrechtlichen Rechtsprechung somit gewahrt bleiben, s. BT-Drucks. 13/2204, S. 77. 7  § 8 Abs. 1 SGB VII: „Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen“. 8  § 30 Abs. 1 S. 1 BeamtVG: „Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt“. Mit „Hinterbliebenen“ sind die Personen gemeint, welche im Falle des bei einem Dienstunfall gestorbenen Beamten Leistungsansprüche nach den §§ 39 ff. BeamtVG besitzen, s. Reich, BeamtVG, § 30 Rn. 3. 9  § 31 Abs. 1 BeamtVG: „Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. (…)“.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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2.  Berechtigte Personenkreise Personeller Gegenstand dieser Untersuchung sind Arbeitnehmer und Beamte. Ihre jeweilige Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung bzw. in die beamtenrechtliche Unfallfürsorge differiert in der gesetzestechnischen Ausgestaltung. a)  Der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Wie sich aus § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII ergibt, knüpft die gesetzliche Unfallversicherung regelmäßig10 nicht an einen allgemeinen, etwa vertragsrechtlich begründeten Status an, sondern macht hierfür die Ausübung einer versicherten Tätigkeit nach § 2 SGB VII zur Bedingung.11 Dies könnte insinuieren, dass in § 2 SGB VII bestimmte Arten versicherungsschutzbegründender Tätigkeiten genannt würden. Stattdessen beinhaltet § 2 Abs. 1 SGB VII eine enumerative Aufzählung einzelner Versicherungstatbestände auf der Grundlage von Personengruppen. Diese Regelungstechnik ist in der Vergangenheit mit Recht als nicht stringent kritisiert worden.12 Dabei rekurriert der einschlägige § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII13 gleichsam wie die vergleichbaren Versicherungstatbestände in den anderen Sozialversicherungsgesetzen nicht auf den „Arbeitnehmer“,14 sondern begründet die gesetzliche Versicherung für „Beschäftigte“.15 Eine Legaldefinition dessen, was 10  Hierneben zu beachten sind der in § 2 Abs. 2 SGB VII kodifizierte Tatbestand der „Wie-Beschäftigung“, dazu ausführlich Krasney, NZS 1999, 577 ff., sowie die Erweiterungen in Abs. 3. Darüber hinaus kann Versicherungsschutz gemäß § 3 SGB VII kraft Satzung sowie aufgrund freiwilliger Versicherung nach Maßgabe des § 6 SGB VII begründet werden. s. in diesem Zusammenhang die allgemeine Regelung des § 2 Abs. 1 SGB IV, wonach in der Sozialversicherung nur versichert ist, wer kraft Gesetzes versicherungspflichtig oder auf Grund eines freiwilligen Beitritts bzw. freiwilliger Fortsetzung der Versicherung versicherungsberechtigt ist. 11  Abzugrenzen sind diese gegenüber versicherungsfreien Tätigkeiten im Sinne des § 4 SGB VII. Mit Recht kritisiert Krasney die insofern wohl als misslungen anzusehende Formulierung in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII, da bei strenger Betrachtungsweise nicht eine Tätigkeit versichert wird, sondern die diese Tätigkeit ausübende Person, s. Krasney, ZTR 2004, 21. 12 So Gitter, in: FS-Watermann, 1996, S. 33 (34), noch zu den vergleichbaren Vorgängervorschriften in der RVO. 13  § 2 Abs. 1 SGB VII: „Kraft Gesetzes sind versichert (Nr. 1:) Beschäftigte (…)“. 14  Zum Teil wird dies in der sozialversicherungsrechtlichen Literatur nicht berücksichtigt und im Rahmen von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unmittelbar von „Arbeitnehmern“ gesprochen, so zB bei Benz, SGb 2000, 346. 15  Zwar werden innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung in ausgewählten Bereichen, in denen Selbstständige vom Gesetzgeber als ebenso schutzwürdig erachtet werden wie Beschäftigte, diese explizit in den Schutzbereich miteinbezogen, s. die Tatbestände des § 2 Abs. 1 Nr. 5a, 7, 9 SGB VII. Jedoch berührt dies nicht die Tatsache, dass das Sozialversicherungsrecht grundsätzlich eine Zweiteilung vorsieht, nach der es neben Beschäftigung und Selbstständigkeit keine separate dritte Kategorie in Form einer „abhängigen Selbständigkeit“ geben soll, s. Seewald, in: KassKomm, SGB IV, § 7 Rn. 2. Zur gemeinschaftsrecht-

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

unter einem „Beschäftigten“ zu verstehen ist, findet sich weder im SGB VII noch in den allgemeinen Vorschriften des SGB IV. Indes enthält § 7 Abs. 1 SGB IV16 eine tätigkeitsbezogene Definition der „Beschäftigung“.17 Als solche ist demnach die „nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ anzusehen, welche vor allem dann anzunehmen ist, wenn die Tätigkeit sich durch die Weisungsabhängigkeit gegenüber einer anderen Person auszeichnet, in deren Arbeitsorganisation der Betroffene eingegliedert ist. Prägnant zusammengefasst werden letztere Parameter traditionell dahingehend, dass eine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber erkennbar werden müsse.18 Durch die Formulierung „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ wird evident, dass der Begriff des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigten nicht deckungsgleich mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis des Arbeitnehmers sein kann.19 Vertiefende Überlegungen, die das dogmatische Verhältnis sowie Reichweite und Grenzen inhaltlicher Kongruenz der von BSG20 und herrschender Literaturauffassung21 als separate Rechtsinstitute interpretierten Begriffe des Beschäftigten und des Arbeitnehmers lichen Perspektive auf die sozialversicherungsrechtliche Behandlung des Selbständigen in den europäischen Rechtsordnungen jüngst Bokeloh, ZESAR 2015, 156 ff. 16  § 7 Abs. 1 SGB IV: „Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“. 17  Diese wird teils als unzureichend kritisiert, so bspw. von Dankelmann, WzS 2014, 163. 18  Dankelmann, in: Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 7 Rn. 25; Greiner, SGb 2016, 301 (304); Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 2; Marschner, in: Kreikebohm, SGB IV, § 7 Rn. 5. Eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Kriterien zur Abgrenzung der Beschäftigung von der Selbständigkeit findet sich bei Lanzinner/Nath, NZS 2015, 210 (211). 19  Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 2; Muckel/Ogorek, Sozialrecht, § 7 Rn. 21. In der Literatur wird entsprechend angeführt, dass der Gesetzgeber die Selbständigkeit der sozialversicherungsrechtlichen Perspektive auf den Beschäftigten gegenüber arbeitsrechtlichen Kategorien gezielt habe hervorheben wollen, s. Felix, NZS 2002, 225 (226); Lüdtke, in: LPK, SGB IV, § 7 Rn. 9. 20 BSG, Beschl. v. 17. 10. 1990 – 11 BAr 39/90, juris Rn. 4; vgl. auch dass., Urt. v. 10. 8. 2000 – B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53 (55), mit Verweis auf die Gesetzesbegründung zum SGB IV und die gleichgerichtete Rechtslage vor dessen Inkrafttreten. Das Gericht konstatiert, dass für die Annahme der Beschäftigteneigenschaft allein der genuin sozialversicherungsrechtlichen Wertung Relevanz zukomme, s. dass., Urt. v. 30. 7. 1981 – 8/8a RU 48/80, BSGE 52, 76 (78) m.w.N. 21 Für die zustimmende Literaturauffassung exemplarisch Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 4; Rolfs, in: ErfK, SGB IV, § 7 Rn. 2; Seewald, SGb 2014, 169 (174), sowie ders., NZS 2014, 481 (484). Dagegen anderer Ansicht u.a. Krejci, VSSR 1977, 301 (319 f.); Wank, AuR 2001, 291 (297 ff.). Die selbständige sozialversicherungsrechtliche Lehre explizit für „unzweckmäßig“ haltend Seiter, VSSR 1976, 179 (216); in die gleiche Richtung gehend Gitter, in: FS-Wannagat, 1981, S. 141 (153 f.). Vereinzelte Vorschläge aus der Literatur, die Lehre von einem selbstständigen Institut des Beschäftigungsverhältnisses zugunsten einer einheitlichen Begriffsbildung im Arbeits- und Sozialrecht aufzugeben, wie zu finden bei Schneider-Danwitz, in: FS zum 100jährigen Bestehen der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, 1984, S. 541 (546 ff.), haben sich in der Vergangenheit nicht durchsetzen können.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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zum Gegenstand haben, waren in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand des rechtswissenschaftlichen Diskurses22, sollen hier jedoch nicht weiter fokussiert werden. Bedeutung würde dieses Sujet hier allenfalls unter der Prämisse erlangen, dass das sozialversicherungsrechtliche Verständnis der „Beschäftigung“ zumindest partielle Arbeitnehmergruppen exkludieren würde. Hieran lässt indes schon der Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV zweifeln, mit dem der Gesetzgeber erkennen lässt, dass er die Existenz eines Arbeitsverhältnisses als den nachgerade prototypischen Fall einer Beschäftigung ansieht.23 Die Rechtsprechung und das sozialrechtliche Schrifttum stehen auf dem Standpunkt, dass Fallgruppen miterfasst sein sollen, die über das arbeitsrechtliche Arbeitsverhältnis hinausgehen – etwa bei einem nicht wirksam geschlossenen Arbeitsvertrag, welcher in einem bloß faktischen Arbeitsverhältnis resultiert,24 bei der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags aufgrund von Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB25 oder bei ehrenamtlichen Betätigungen oder Berufsausbildungsverhältnissen, die keinen arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerstatus begründen.26 Vice versa jedoch mangelt es an einer Fallgruppe, in welcher ein Arbeitnehmer nicht zugleich im sozialversicherungsrechtlichen Verständnis als Beschäftigter zu qualifizieren wäre.27 22 Sich der Breite dieser Thematik widmend bspw. Gitter, in: FS-Wannagat, 1981, S. 141 ff.; Greiner, Das Beschäftigungsverhältnis im Sozial- und Arbeitsrecht, in: Selbständigkeit und Abhängigkeit der Dogmatik des Sozialrechts, 12. Sozialrechtslehrertagung des Deutschen Sozialrechtsverbandes e.V., 2012, S. 9 ff.; Papier/Möller, VSSR 1996, 243 ff.; Wilke, Das Verhältnis des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zum zivilrechtlichen Arbeitsverhältnis, 2009, passim. Eine prägnante Zusammenfassung des Forschungsstandes findet sich bei Greiner, SGb 2016, 301 (302 f.). 23 Dazu Seewald, in: KassKomm, SGB IV, § 7 Rn. 3, sowie ders., SGb 2014, 169 (174), mit der Feststellung, dass ein Blick in die Rechtspraxis rasch erkennen lasse, dass die sozialversicherungsrechtliche Feststellung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in hervorstechender Regelmäßigkeit mit der Existenz eines Arbeitsverhältnisses zusammenfalle. In diesem Sinne weist Rittweger, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB IV, § 7 Rn. 4, darauf hin, dass das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis „in mehr als 95% der Fälle“ mit dem arbeitsrechtlichen Arbeitsverhältnis deckungsgleich sein dürfte. 24  Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 2. Auch der Gesetzgeber selbst hat das faktische Arbeitsverhältnis bei Schaffung des SGB IV als umfasst angesehen, s. BT-Drucks. 7/4122, S. 31. 25  BSG, Urt. v. 10. 8. 2000 – B 12 KR 21/98, BSGE 87, 53; Felix, NZS 2002, 225 (228). Anderer Ansicht u.a. Krejci, VSSR 1977, 301 (311 ff.). 26  Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 2. Ein guter Überblick über den Unfallversicherungsschutz im Ehrenamt gibt Röcken, WzS 2014, 169 ff. Selbst Personen, die Freiwilligendienste im Ausland leisten, bspw. im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes, werden in der Unfallversicherung über § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert, obwohl ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird. Ausführlich dazu und mit Nachweisen aus der Gesetzesbegründung Leube, SGb 2011, 378 ff. 27  So ist es dem Entwurf der Bundesregierung zu den Gemeinsamen Vorschriften für das Sozialversicherungsrecht v. 8. 10. 1975, BT-Drucks. 7/4122, S. 31, zu entnehmen. Dort

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Demnach ist der Kreis der Beschäftigten punktuell weiter, niemals aber enger zu ziehen als derjenige des Arbeitnehmers.28 b)  Der „Beamte“ im Sinne des § 30 BeamtVG Anders als das Unfallversicherungsrecht beinhalten die §§ 30 ff. BeamtVG keine tätigkeitsbezogenen Tatbestände. § 30 Abs. 1 S. 1 BeamtVG knüpft die Absicherung in der Unfallfürsorge ihrer Zweckrichtung entsprechend an den rechtlichen Status des Beamten an.29 Eine Differenzierung nach der Art des Beamtenverhältnisses im Sinne des § 6 BBG30, ob der Beamte beispielsweise auf Lebenszeit, auf Probe oder auf Widerruf ernannt worden ist, hat nach allgemeiner Ansicht nicht zu erfolgen.31 Als notwendige Bedingung wird einzig angesehen, dass das Beamtenverhältnis als solches im Zeitpunkt des Unfallgeschehens bereits existent gewesen, der Beamte demnach zuvor rechtswirksam32 ernannt worden ist.33 Ein rückwirkender Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen bei einer erst nach dem Unfallgeschehen erfolgten Verbeamtung wird einhellig abgelehnt.34 heißt es: „(…) dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen ist, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis besteht“. 28  So explizit bspw. Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7 Rn. 2; Krasney, NZS 2013, 681 (682); Papier/Möller, VSSR 1996, 243 (244); Reiserer, in: MAH-Arbeitsrecht, § 5 Rn. 8. Zur Absicherung der Schwarzarbeit über § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Köhler, WzS 2015, 76 (78 f.). In dieser Arbeit wird im Folgenden auf den Begriff des „Arbeitnehmers“ zurückgegriffen. Dies ist unumgänglich, um im Rahmen des zur Feststellung der Versicherteneigenschaft als „Beschäftigter“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII notwendigen „inneren Zusammenhangs“ begrifflich abstrahieren zu können. Hierzu sogleich unter Erstes Kap. A. II. 2. 29  Über die Hinterbliebenen hinaus erweitert § 30 Abs. 1 S. 2, 3 BeamtVG den Kreis der Anspruchsberechtigten auf das Kind einer Beamtin, wenn dieses noch in Zeiten der Schwangerschaft durch einen von der Beamtin erlittenen Dienstunfall geschädigt wird. Nach § 1 Abs. 2 BeamtVG i.V.m. §§ 46, 71a DRiG finden die Vorschriften über die Beamtenversorgung auf Richter entsprechende Anwendung, womit diese gleichsam zum berechtigten Personenkreis in der Unfallfürsorge zu zählen sind. Zur Einordnung von emeritierten Professoren Galke, NVwZ 1994, 972 f. 30  Bundesbeamtengesetz (BBG) v. 5. 2. 2009, BGBl. I S. 160. 31  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 30 Rn. 37; Kümmel, BeamtVG, § 30 Rn. 11; Reich, BeamtVG, § 30 Rn. 3. Dazu auch die Übersicht über die Unterscheidung verschiedener Beamtenverhältnisse bei Büchner, RiA 1991, 65 (69 f.), sowie zur Behandlung der verschiedenen Beamtenverhältnisse im Beamtenversorgungsrecht bei Murmann, RiA 1991, 231 (234 f.). 32  Zu den Fällen der Unwirksamkeit des Beamtenverhältnisses die Übersicht bei Kümmel, BeamtVG, § 30 Rn. 14. 33  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 190; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 30 Rn. 13. Vgl. aus dem älteren Schrifttum auch Hacker, ZBR 1957, 75. Instruktiv zur Ernennung eines Beamten Summer, PersV 1984, 223 ff. 34  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 23. Vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 29. 4. 1997 – 2 B 53 97, DÖD 1997, 255.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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3.  Herangehensweise der Gerichte Angesichts der getrennten Zuständigkeit von Sozial- und Verwaltungsgerichten bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen ist für die weitere Untersuchung auch die jeweilige prüfungsdogmatische Herangehensweise von Interesse. a) Arbeitsunfall In § 8 Abs. 1 SGB VII hat der Gesetzgeber den Arbeitsunfall nur mit einer rudimentären Definition versehen, die insbesondere die Fragen nach der kausalen Verknüpfung einzelner Tatbestandsmerkmale offenlässt.35 Vorrangig ist es die Aufgabe der Rechtsprechung, allgemein akzeptable Lösungswege für die wesentlichen rechtlichen Probleme zu entwickeln und diese an neue Entwicklungen und Veränderungen in der Arbeitswelt anzupassen.36 Dies hat zugleich zur Konsequenz, dass die zum Arbeitsunfall in all seinen denkbaren Facetten und Einzelfallausprägungen ergangene Judikatur mittlerweile kaum mehr in einem umfassenden Sinne überschaubar und mitunter schwerlich stringent zu ordnen ist,37 sodass die uferlos erscheinende Kasuistik38 in der Vergangenheit unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes auch das BVerfG beschäftigt hat.39 Das BSG hat mittels einer Reihe von Entscheidungen in den Jahren 2005 und 2006 den Weg hin zu einer transparenteren prüfungsdogmatischen Strukturierung des Arbeitsunfalltatbestandes beschritten.40 Diesem Schema nach muss die Verrichtung zum Zeitpunkt 35  Benz, NZS 2002, 8. Köhler, WzS 2011, 203, konstatiert, dass die Definition „zu abstrakt“ sei, als dass die Träger der Unfallversicherung hieraus konkrete Rückschlüsse im Hinblick auf die Anerkennung oder Ablehnung des Versicherungsfalls ziehen könnten. 36  Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 2, der zudem auf die faktische Unmöglichkeit hinweist, im Wege einer normativen Regelung den vielschichtigen Einzelfallausprägungen in der Arbeitswelt gerecht zu werden. 37  Becker, SGb 2007, 721; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 10; Ziegler, in: Becker/Franke/ Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 3. 38  Speziell zum Wesen sowie zu Notwendigkeit und Grenzen der Kasuistik im Arbeitsunfallrecht Benz, SGb 2001, 220 (insbesondere 222 ff.). 39  BVerfG, Beschl. v. 30. 11. 2004 – 1 BVR 1750/03, NJW 2005, 816 f.: Das Gericht hatte die Beschwerde einer Person, die in der Nichtanerkennung eines von ihr erlittenen Unfalls als Wegeunfall durch das BSG eine objektiv willkürliche Entscheidung erblickte, mangels Erfolgsaussichten letztlich nicht zur Entscheidung angenommen. Dass die Verfassungsrichter das Problem der Unübersichtlichkeit in der höchstsozialrichterlichen Rechtsprechung durchaus anerkennen, wird deutlich, wenn sie in Bezug auf die (damaligen) Grundsätze der BSG-Rechtsprechung zur Anerkennung von Wegeunfällen ausführen, dass „(…) die Anwendung dieser Grundsätze und die hierzu entwickelte Kasuistik in der Praxis nicht immer zu überzeugenden Ergebnissen führt“, das BSG jedoch „erkennbar um Anwendung seiner (…) Systematik bemüht“ sei. 40  s. in erster Linie BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (263); dass., Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198); dass., Urt. v. 5. 9. 2006 – B 2 U 24/05 R, BSGE 97, 54 (58).

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

des Unfallereignisses im Wege eines inneren Zusammenhangs der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden können, die so ermittelte versicherte Tätigkeit muss zum schädigenden Ereignis geführt haben, welches seinerseits den Gesundheitsschaden bzw. den Tod des Versicherten hervorgerufen haben muss.41 b) Dienstunfall In der Judikatur des BVerwG lässt sich bislang kein komprimiertes Schema ausmachen, welches mit demjenigen des BSG kommensurabel wäre.42 In seinen dienstunfallrechtlichen Entscheidungen rezitiert das Gericht regelmäßig die Legaldefinition des § 31 Abs. 1 BeamtVG und thematisiert hiervon ausgehend die im Einzelfall jeweils problematischen Merkmale unter Heranziehung der hierzu ergangenen Rechtsprechung.43 Die Auswertung der Literatur ergibt ein mit diesem Befund korrespondierendes Bild. Im Wesentlichen wird neben der Feststellung, dass die legaldefinierten Merkmale des Unfallereignisses gegeben sein müssen, auf die Notwendigkeit eines zweifachen Ursachenzusammenhangs hingewiesen, der einerseits zwischen dem Unfallereignis und der Dienstausübung des Beamten und andererseits zwischen Unfallereignis und Körperschaden positiv feststellbar sein muss.44 c)  Folgen für diese Untersuchung Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich im Grundsatz an der Vorgehensweise des BSG bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls. Soweit möglich, sollen einzelnen Prüfungsebenen neutrale Bezeichnungen gegeben werden, um einerseits divergierenden Anknüpfungspunkten terminologisch gerecht werden zu können und andererseits um Missverständnisse dort zu vermeiden, wo auf beiden Gebieten unter identischer Bezeichnung unterschiedliche Rechtsaspekte behandelt werden.

41  Dieses neuere Schema ist seither von den Instanzgerichten adaptiert worden, vgl. bspw. aus der jüngeren Vergangenheit LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27. 9. 2013 – L 4 U 579/10, NZS 2014, 111 (112); LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 11. 2013 – L 3 U 9/11, juris Rn. 29; LSG Hamburg, Urt. v. 4. 5. 2010 – L 3 U 22/09, juris Rn. 30. Kritisch gegenüber einer ausufernden Darstellung dieser Prüfungsdogmatik aus dem Blickwinkel der Urteilsökonomie und des § 136 Abs. 1 Nr. 5 u. 6 SGG Ricke, WzS 2014, 156 (158 f.). 42  Leube, ZTR 2012, 682 (683), benennt diesbezüglich Unterschiede in den Bezeichnungen einzelner Prüfungsaspekte, geht aber gleichwohl davon aus, dass die Verwaltungsgerichte „inhaltlich nach dem gleichen Schema“ vorgingen, wie die Sozialgerichte. 43 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 22. 6. 2005 – 2 B 107.04, juris Rn. 10; dass., Beschl. v. 27. 7. 2014 – 2 B 62.13, juris Rn. 9 ff. 44  So bei Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 16. Kümmel empfiehlt für die praktische Rechtsanwendung das Merkmal der Dienstbezogenheit im ersten Schritt zu prüfen, da jedwedes Ereignis bei fehlender Zurechnung zum Dienst keinen Dienstunfall darstellen könne, s. Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 7.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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II.  Zurechnung einer Verrichtung zur versicherten Tätigkeit und zum Dienst Der erste Prüfungsschritt, die Zurechnung der vom Betroffenen im Zeitpunkt des Unfalls ausgeübten Verrichtung zum Schutzbereich der versicherten Tätigkeit in der Unfallversicherung bzw. zum Dienst in der Unfallfürsorge, ist ausschlaggebend dafür, ob ein Arbeits- oder Dienstunfall im Grundsatz in Betracht kommt. 1. Funktion Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung kommt für den Arbeitnehmer zum Tragen, wenn die konkrete Verrichtung mit einem der gesetzlich normierten Versicherungstatbestände in Verbindung gebracht werden kann.45 Das BSG hat sich stets auf den Standpunkt gestellt, dass ein allgemein wirksamer, gewissermaßen omnipräsenter rechtlicher Status als „Beschäftigter“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht existiere, wie auch sämtliche Versicherungstatbestände des § 2 Abs. 1 SGB VII als jeweils eigene „Sparten“ der Unfallversicherung mit selbständigen Schutzbereichen zu begreifen seien, die den Versicherungsschutz nur insofern und auch nur solange begründen würden, wie der Betroffene den Tatbestand durch eine eigene Verrichtung erfülle.46 Aus § 30 BeamtVG folgt, dass Beamte im Falle eines Dienstunfalls Ansprüche auf Leistungen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge haben. Auch der Beamte steht nicht schlechthin unter dem Schutz der Unfallfürsorge, sondern nur im Rahmen solcher Tätigkeiten, die aus dienstlichen Anforderungen resultieren.47 Der Beamtenstatus ist demnach eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für den Anspruch auf Leistungen im Schadensfall. Anders besehen bietet es sich an, den „Dienst“ des Beamten als Äquivalent zur versicherten Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung zu interpretieren, mit der dann auch hier gegebenen Konsequenz, dass die im Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit des Beamten anhand einer rechtlichen Bewertungsweise dem Dienst zugerechnet werden können muss. Wallerath/Rühr, NZS 2007, 63 (64). BSG, Urt. v. 15. 5. 2012 – B 2 U 8/11 R, BSGE 111, 37 (40); dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788 (789). Auch in der Literatur ist unbestritten, dass eine rein formale Zugehörigkeit zu einer versicherten Gruppe nicht schon hinreichend sein kann, um das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit positiv zu begründen, s. Köhler, SGb 2006, 9 (10); Ziegler, in: Becker/Franke/ Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 38. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 SGB VII legt zwar die versicherten Personengruppen anhand ihrer normativ-abstrakten Tätigkeitsbezeichnungen fest, s. Kater, in: Kater/Leube, SGB VII, § 8 Rn. 32, gibt jedoch keine nähere Auskunft darüber, welche konkreten Handlungen jeweils diesen Tätigkeiten zuzurechnen sind oder potentiell zugerechnet werden können. 47  Vgl. statt vieler Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 52a, die prägnant feststellen: „Nur ein Verhalten, für das die Anforderungen des Dienstes ursächlich waren, kann der unfallgeschützten Sphäre zugerechnet werden“. 45 

46  Zuletzt

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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Unter welchen Gesichtspunkten erfolgt in beiden Bereichen nun die Entscheidung über die Zurechenbarkeit und was bedeuten diese für den Umfang der abgesicherten Tätigkeiten? Um dies zu illustrieren, sollen die von BSG und BVerwG angewandten Parameter zunächst abstrakt herausgearbeitet werden, bevor im Anschluss die sich hieraus ergebenden Auswirkungen für in der Praxis bedeutsame Fallgruppen dargestellt werden. 2.  Zurechnungskriterien im Arbeitsunfallrecht Für die gesetzliche Unfallversicherung stellt Köhler48 exemplarisch fest, dass der Gesetzgeber den Rechtsanwender im Hinblick auf die determinierenden Kriterien einer Zurechnung der konkret ausgeübten Tätigkeit zum Kreise aller grundsätzlich vom Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfassten Tätigkeiten „bis heute im Stich lässt“. Die rechtlichen Parameter sind daher zuvörderst das Produkt jahrzehntelanger sozialgerichtlicher Rechtsprechung. a)  Kein „Betriebsbann“ Unstreitig ist in Rechtsprechung und Literatur, dass eine ausschließlich räumlich-zeitliche Korrelation zwischen der Verrichtung und dem gesetzlich versicherten Tätigkeitsbereich für sich genommen nichts über das Bestehen des Versicherungsschutzes auszusagen vermag.49 Dem Unfallversicherungsrecht ist der Gedanke eines anhand einer räumlich-zeitlichen Sphärenbetrachtung konstruierten „Betriebsbannes“ fremd, nach welchem sämtliche vom Arbeitnehmer im räumlichen Betriebsbereich während der Arbeitszeit vorgenommenen Handlungen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen würden.50 Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer genauen Differenzierung zwischen der persönlichen Eigenschaft als potentiell versicherter Person und den sachbezogenen Voraussetzungen einer tatsächlich versicherten Tätigkeit.51 Die konkrete Verrichtung muss Köhler, SGb 2006, 9. Vgl. statt vieler nur Krasney, NZS 2000, 373. 50  St.Rspr., vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (264) m.w.N. Aus der Literatur Becker, SGb 2007, 721 (722); Göpfert/Schnelle, CCZ 2008, 218 (219); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 16; Köhler, WzS 2011, 203; Krasney, NZS 2000, 373; Mehrtens, in: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 8 Rn. 6.6; Ricke, WzS 2015, 174 (175); Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 53. Missverständlich Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 197. Diese Betrachtungsweise hat sich im Unfallversicherungsrecht historisch früh etabliert, vgl. hier bspw. Schulte-Holthausen, Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, Drittes Buch, 1929, S. 50 f. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich im SGB VII in § 10 für den speziellen Bereich der Seeschifffahrt. Instruktiv zur Thematik des „Betriebsbannes“ v. Wulffen, in: FS-Krasney, 1997, S. 791 ff. 51  Köhler, SGb 2006, 9 (13). Keller weist darauf hin, dass der Begriff „versicherte Tätigkeit“ missverständlich sein kann, wenn der Verwender nicht hinreichend zu erkennen gibt, ob damit auf den versicherten Tätigkeitsbereich oder auf die konkrete Verrichtung zum 48  49 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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dem Kreise aller potentiell unter die versicherte Tätigkeit fallenden Verrichtungen hinzu gerechnet werden können.52 b)  Die Zurechnung anhand der „objektivierten Handlungstendenz“ Den Kernpunkt dieser Zurechnung bildet in der sozialgerichtlichen Judikatur die „objektivierte Handlungstendenz“ des Arbeitnehmers. aa)  Im Rahmen des „inneren Zusammenhangs“ Nach jahrzehntelanger Rechtsprechung des BSG und allgemeiner Auffassung im Schrifttum wird die Zurechnungsproblematik als „innerer Zusammenhang“53 zwischen in Frage stehender Verrichtung und versicherter Tätigkeit beschrieben.54 Unter einer Verrichtung ist ein konkretes, das heißt räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten zu verstehen, welches seiner Art nach von einer dritten Person beobachtbar ist.55 In seiner neuesten Rechtsprechung ergänzt das Gericht, dass dieses Verhalten subjektiv und zumindest aus der Laiensphäre betrachtet auf die Erfüllung des versicherten Tatbestandes ausgerichtet sein müsse.56 Beim „inneren Zusammenhang“ handelt es sich nicht um einen Kausalitätszusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, der nur gegebeZeitpunkt des Unfalls rekurriert wird, s. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 16a. Wohl um diesem Problem auch terminologisch gerecht zu werden und Missverständnisse zu vermeiden, spricht das BSG in jüngerer Zeit hinsichtlich der Tatbestände in § 2 Abs. 1 SGB VII von den „grundsätzlich versicherten Tätigkeiten“, s. BSG, Urt. v. 26. 10. 2004 – B 2 U 41/03 R, NZS 2005, 383 (385), zu § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII. 52  Schulin, in: Schulin HS-UV, § 30 Rn. 1. Becker hebt hervor, dass dies mit dem Telos der Unfallversicherung korrespondiert, mit welchem es ansonsten nicht zu vereinbaren wäre, wenn undifferenziert das umfassende und gegebenenfalls von der vertraglich vorgesehenen Arbeitstätigkeit vollkommen losgelöste Tun eines Beschäftigten im Verlauf seines Arbeitstages vom Versicherungsschutz erfasst wäre, s. Becker, SGb 2007, 721 (722). 53  Die in Rechtsprechung und Literatur verwandte Terminologie ist nicht einheitlich. Das BSG verwendet synonym den Begriff „sachlicher Zusammenhang“, vgl. BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NJW 2010, 1692. In der Literatur findet sich der Begriff bspw. bei Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 2 Rn. 2. Schulin, in: Schulin HS-UV, § 27 Rn. 107, sieht im Begriff des „inneren Zusammenhangs“ den in der Praxis etablierten Terminus und rät zur Vermeidung von Missverständnissen von Bezeichnungen wie „sachlicher Zusammenhang“ oder „sachliche Verbindung“ ab. 54  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 30. 7. 1958 – 2 RU 177/55, BSGE 8, 48 (50); dass., Urt. v. 28. 7. 1961 – 2 RU 77/60, BSGE 14, 295 (296); dass., Urt. v. 30. 7. 1975 – 2  RU 3/73, BSGE 40, 113 (114). Aus dem Schrifttum Krasney, NZS 2013, 681; Marburger, NZV 2012, 159 (160); Richter/Klatt, DStrR 2010, 1791 (1794); Ricke, NZS 2011, 213 (214); Wallerath/Rühr, NZS 2007, 63 (64). 55  BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 14/10 R, NZS 2011, 784 (785). 56  BSG, Urt. v. 13. 11. 2012 – B 2 U 27/11 R, NZS 2013, 351 (352). Hieran dürfte zu kritisieren sein, dass die bloße Definition der „Verrichtung“ bereits mit der Frage nach der Zuordnung der Verrichtung zur versicherten Tätigkeit vermischt wird.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

nenfalls durch eine Bewertung des rechtlich Wesentlichen einzuschränken wäre.57 Die Frage, was letztlich als eine versicherte Tätigkeit anerkannt wird, entzieht sich vielmehr gänzlich kausalen Maßstäben.58 Demzufolge ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG eine „wertende Betrachtungsweise“ vorzunehmen.59 Kernelemente sind in objektiver Hinsicht der Rechts- und Pflichtenkreis des Beschäftigten und in subjektiver Hinsicht die sogenannte „Handlungstendenz“.60 Mit der Handlungstendenz wird das Vorstellungsbild des Versicherten von seinem Handeln als einer dem Betrieb dienenden Tätigkeit benannt,61 wobei es bezüglich dieser Betriebsdienlichkeit nicht entscheidend darauf ankommen soll, ob das nach dem Vorstellungsbild des Arbeitnehmers dem Betrieb zugutekommende Tun dem Unternehmen in tatsächlicher Hinsicht einen Nutzen bringt.62 Das subjektive Element der Handlungstendenz steht in einer Wechselwirkung mit objektiven Krite57  BSG, Urt. v. 30. 4. 1985 – 2 RU 24/84, BSGE 58, 76 (77); Kunst, Kausalitätsnachweis im Arbeitsunfallversicherungsrecht, 1994, S. 12 f. Krasney, in: Schulin HS-UV, § 8 Rn. 34 ff., weist drauf hin, dass dies in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Vergangenheit nicht immer deutlich zum Ausdruck kam, sondern die Frage, ob eine bestimmte Verrichtung der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden kann, fälschlicherweise mit der Problematik der haftungsbegründenden Kausalität in Verbindung gebracht wurde. 58  Krasney, in: Schulin HS-UV, § 8 Rn. 34; ders., NZS 2000, 373 (374). Benz, NZS 1999, 435 (436), kritisiert die Bezeichnung „innerer Zusammenhang“ als unglücklich, da es sich ausschließlich um einen Aspekt der „normativen Zurechnung“ handele. Watermann, Ordnungsfunktionen, 1968, S. 145, führt dazu aus: „Was eine versicherte Tätigkeit ist, kann nicht mit kausalen Maßstäben ermittelt werden, sondern ist jenseits von Kausalität durch eine rechtliche Wertinterpretation zu ermitteln“. Kritisch gegenüber einer Abgrenzung des inneren Zusammenhangs von Kausalitätserwägungen Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 17 f. 59  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 30. 4. 1985 – 2 RU 24/84, BSGE 58, 76 (77); dass., Urt. v. 20. 1. 1987 – 2 RU 27/86, BSGE 61, 127 (128). Aus der Literatur Krasney, SGb 2006, 69. 60  Vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (294) m.w.N.; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 17; Köhler, NZV 2011, 105 (109); Rolfs, in: ErfK, SGB VII, § 8 Rn. 3; Winter, NZS 2009, 199 (201). Krasney hat der Funktion der Handlungstendenz und ihrer Bestimmbarkeit mit zeitlichem Absatand zwei grundlegende Aufsätze unter derselben Überschrift gewidmet s. Krasney, NZS 2000, 373 ff., sowie ders., NZS 2013, 681 ff. 61  Benz, SGb 2007, 721 (724); Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 29. 62  BSG, Urt. v. 36. 6. 2001 – B 2 U 25/00 R, NZS 2002, 98 (100); Krasney, NZS 2000, 373 (374 f.); ders., NZS 2014, 607 (608); Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 109. Dies wäre auch nicht mit der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses in Einklang zu bringen, denn der Arbeitsvertrag verpflichtet den Arbeitnehmer zur Erbringung einer Leistung und nicht zur Bewirkung eines Erfolgs, s. Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 46. Sofern die Handlungstendenz auf die Interessen des Betriebs gerichtet ist, soll selbst ein objektiver Schaden für das Unternehmen durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers den inneren Zusammenhang nicht zwangsläufig ausschließen, s. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 20. Mit dem BSG genügt es, dass der Arbeitnehmer davon ausgehen durfte, sein

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rien. Die Vorstellung auf Seiten des Beschäftigten von der Betriebsdienlichkeit der Tätigkeit muss sich nach Auffassung des BSG in nachvollziehbarer Weise mit den objektiv gegebenen Umständen, unter welchen die Verrichtung vorgenommen wird, in eine sinnvolle Übereinstimmung bringen lassen.63 Diesbezüglich ist der objektive Rechts- und Pflichtenkreis des Arbeitnehmers zu berücksichtigen,64 wobei es – hier wird die Tendenz hin zu einer differenzierten Bewertung besonders erkennbar – auf eine die Umstände des Einzelfalls miteinbeziehende Gesamtschau ankommen soll.65 Entsprechend rekurriert das BSG terminologisch auch auf die „objektivierte Handlungstendenz“.66 Der objektive Pflichtenkreis des Beschäftigten ergibt sich zuvörderst aus den Vereinbarungen, die im Arbeitsvertrag schriftlich festgehalten worden sind, obgleich mündliche Ergänzungen oder konkludent vereinbarte Abänderungen des Arbeitsvertrags sowie gegebenenfalls betriebliche Weisungen inkludiert sind.67 Der klassische Fall, in denen der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ohne problematisierende Überprüfung der Handlungstendenz zu bejahen ist, bildet daher die Erfüllung der arbeitsvertraglich vereinbarten Pflichten.68 In welchem Umfang die Entscheidung Tätigwerden stimme mit dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers überein, s. BSG, Urt. v. 26. 6. 2001 – B 2 U 25/00 R, NZS 2002, 98 (100). 63  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (294); dass., Urt. v. 4. 9. 2007 – B 2 U 24/06 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 Rn. 12 m.w.N. 64  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 18, unter Bezugnahme auf die BSG-Rechtsprechung. 65  BSG, Urt. v. 20. 1. 1987 – 2 RU 15/86, SGb 1988, 21 (22); dass., Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 5/04 R, NZS 2006, 100 (102). In jüngerer Zeit formuliert das Gericht beispielhaft folgendermaßen: „Maßgebend ist (…), ob der Beschäftigte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Handlung ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird“, s. BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 14/10 R, NZS 2011, 784 (785). 66  Vgl. statt vieler aus jüngerer Zeit BSG, Urt. v. 17. 12. 2015 – B 2 U 1/14 R, juris Rn. 12. 67  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 18a. 68  Vgl. statt vieler Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 18 f., sowie Krasney, NZS 2013, 681 (682). In seinem Urteil vom 13. 11. 2012 stellte der Unfallversicherungssenat erneut fest, dass dies gegeben sei, wenn der Beschäftigte entweder darauf hinwirke, eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis oder Arbeitsvertrag ergebende Haupt- oder Nebenpflicht zu erfüllen, oder aber eine objektiv aus dem Beschäftigungsverhältnis oder dem Arbeitsvertrag gar nicht resultierende Handlung vornehme, in dem unter den gegeben Umständen nachvollziehbaren Glauben, hierdurch eine vermeintliche vertragliche Verpflichtung zu erfüllen oder im Übrigen unternehmensbezogene Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis wahrnehme, s. BSG, Urt. v. 13. 11. 2012 – B 2 U 27/11 R, NZS 2013, 351. Dies ist in der neueren Literatur von Krasney – hier kommt wiederum das ambivalente Verhältnis arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Betrachtungsweise zum Vorschein – unter dem Gesichtspunkt kritisiert worden, dass die Unterscheidung von Haupt- und Nebenpflichten zuvörderst eine Kategorie aus dem Arbeits- und nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis darstelle und es sich für das Unfallversicherungsrecht empfehle, von vorneherein auf Pflichten aus dem im Vergleich zum Arbeitsverhältnis weiterreichenden Beschäftigungsverhältnis abzustel-

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

im Übrigen wertungsabhängig ist, wird anhand der Judikatur des zweiten Senats evident: Einerseits soll zwar nicht schlechthin entscheidend sein, ob der Unfallbetroffene durch die zum Unfallzeitpunkt konkret ausgeübte Tätigkeit dem im Arbeitsvertrag ausgewiesenen Aufgabenkreis nachgekommen ist,69 andererseits sei aber sehr wohl zu berücksichtigen, ob sich der Arbeitnehmer unter sozial- und arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten normgerecht und vertragstreu verhalten habe.70 Funktionell dient das Kriterium der objektivierten Handlungstendenz dem Ausschluss sogenannter „eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten“ aus dem Bereich des Versicherungsschutzes.71 Mit „eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten“ sind dabei solche Tätigkeiten gemeint, die dem privaten Bereich des Arbeitnehmers zuzurechnen sind, folglich nur ihm persönlich nutzen und in der Folge auch dann unversichert bleiben, wenn sie unmittelbar im räumlichen Bereich des Betriebs vorgenommen werden.72 Vereinzelt taucht in Rechtsprechung und Literatur für bestimmte Tätigkeiten wie die Nahrungsaufnahme auch der Begriff der „höchstpersönlichen Verrichtung“ auf, wobei zuweilen unklar bleibt, inwiefern in diesem Sinne höchstpersönliche Verrichtungen bereits unter einen Oberbegriff der „eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten“ als deren prototypischer Fall zu subsumieren oder als eine selbstständige Kategorie unter die nicht betriebsbezogenen und damit unversicherten Tätigkeiten einzuordnen sein sollen.73 len, insofern also auf die zuvor vom BSG nicht angewandte Differenzierung von arbeitsvertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten zu verzichten, s. Krasney, NZS 2013, 681 (682). 69  BSG, Urt. v. 22. 1. 1976 – 2 RU 73/75, BSGE 41, 141 (144). 70  BSG, Urt. v. 26. 6. 2001 – B 2 U 25/00 R, NZS 2002, 98 (99 f.). 71  Während das BSG diese Begrifflichkeit verwendet, vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 31. 1. 2012 – B 2 U 2/11 R, NZS 2012, 513, lehnen Teile der Literatur den Terminus „eigenwirtschaftlich“ aufgrund des nicht zwingend erforderlichen „wirtschaftlichen“ Charakters der Tätigkeit ab, so bspw. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 16a. Schulin, in Schulin HS-UV, § 30 Rn. 25, schlägt stattdessen u.a. den Terminus „Privattätigkeiten“ vor. Kritisch auch Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 41, der von unversicherten Tätigkeiten ausgeht, wenn diese „privaten = persönlichen Zwecken“ zu dienen bestimmt sind. Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 46, präferiert den Begriff „privatnützige Verrichtungen“. 72  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 213; Fischer, in: Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, § 17 Rn. 37 m.w.N.; Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 8; Igl/Welti, Sozialrecht, § 40 Rn. 9 ff.; Plagemann, in: Plagemann/Radtke-Schwenzer, Kap. 2 Rn. 11; Rolfs, in: ErfK, SGB VII, § 8 Rn. 4; Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 110; Siefert, in: Hassel/Gurgel/Otto, Kap. 10 Rn. 66; Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 46; Watermann, Ordnungsfunktionen, 1968, S. 151. 73  So erweckt Köhler in einem jüngeren Aufsatz den Eindruck, dass letzteres der Fall sei, wenn er formuliert „Unversichert sind typischerweise höchstpersönliche Verrichtungen (…) oder eigenwirtschaftliche (…)“, s. Köhler, WzS 2011, 203. Auch das BSG scheint in diese Richtung zu tendieren, wenn es bspw. ausführt „(…) dass ein Versicherter, der (…) einer höchst persönlichen oder eigenwirtschaftlichen Verrichtung nachgeht, ebenso wenig versichert ist (…)“, s. BSG, Urt. v. 31. 1. 2012 – B 2 U 2/11 R, NZS 2012, 513 (515).

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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bb)  Urteile des BSG vom 26. 6. 2014 Nach einer längeren Phase relativer Konstanz im Hinblick auf den Zurechnungszusammenhang ist im Jahre 2014 wieder Bewegung in die höchstrichter­liche Rechtsprechung gekommen. Mit drei Urteilen vom 26. 6. 201474 hat der zweite Senat des BSG zu erkennen gegeben, dass er jedenfalls am bewährten Terminus des „inneren Zusammenhangs“ zukünftig nicht mehr festzuhalten, sondern diesen durch die Prüfung der „Erfüllung des Versicherungstatbestandes“ zu ersetzen gedenkt. Gegenwärtig noch nicht eindeutig zu klären ist, ob mittel- und langfristig auch die Beurteilungsmaßstäbe modifiziert werden sollen oder sich die Änderung im Ergebnis auf terminologische Aspekte beschränkt.75 Unter Festhalten an der bisherigen Definition der objektivierten Handlungstendenz führt das BSG in Bezug auf den Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nunmehr zunächst allgemein und durchaus weitschweifend aus, dass eine Tätigkeit als Beschäftigter voraussetze, dass der Betroffene „(…) zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und damit Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. (…)“76

Hierauf aufbauend unterteilte das Gericht die Prüfung einerseits in das objektive Kriterium der Eingliederung des Handelns der in Rede stehenden Person in den Betrieb und andererseits, in subjektiver Hinsicht, in die Absicht des Handelnden, mit seiner Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen erzielen zu wollen.77 Sowohl den objektiven als auch den subjektiven Aspekt fasste das BSG sodann mit Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung wieder dahingehend zusammen, dass für eine Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII die Verrichtung entweder darauf gerichtet sein müsse, eine bestehende Haupt- oder Nebenpflicht 74  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788; dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 7/13 R, juris; dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 9/13 R, juris. 75  Für letzteres könnte sprechen, dass das BSG in einem der Urteile wie folgt formuliert: „Die Erfüllung des Versicherungstatbestandes (nach früherem Sprachgebrauch: der innere oder sachliche Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) der Beschäftigung (….)“, s. BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788 (790). Zudem ist festzustellen, dass das Gericht im genannten Urteil an anderer Stelle und in Auseinandersetzung mit dem Urteil in der Vorinstanz noch vom „sachlichen Zusammenhang zwischen einer Verrichtung und der versicherten Tätigkeit“ spricht. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn 16, weist mit einigem Recht darauf hin, dass ein Verzicht auf den „inneren Zusammenhang“ zugunsten der Erfüllung des „Versicherungstatbestandes“ für die Zukunft keinen Fortschritt verspricht. 76  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788 (789); ganz ähnliche Formulierung in der Parallelentscheidung bei dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 7/13 R, juris Rn. 12. 77  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788 (789); dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 7/13 R, juris Rn. 12.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, oder aber der Betroffene eine objektiv nicht geschuldete Handlung in der Annahme vornehmen müsse, mit dieser einer ihn aus dem Rechtsverhältnis vermeintlich treffenden Pflicht zu entsprechen, sofern er hiervon nach den Umständen des Einzelfalls ausgehen durfte.78 Welche Schlussfolgerungen aus diesen neuesten Ausführungen des BSG für das Arbeitsunfallrecht zu ziehen sind, insbesondere ob sie den Beginn einer strengeren Beurteilung markieren, bleibt indes abzuwarten und dürfte erst im Lichte kommender Urteile realistisch zu beurteilen sein. Dies umso mehr, als in den seither ergangenen Entscheidungen der Landessozialgerichte diese Änderung zwar teilweise ­adaptiert worden ist,79 teils aber fürderhin auf das klassische Verständnis des inneren Zusammenhangs rekurriert wird.80 3.  Zurechnungsdogmatik im Dienstunfallrecht Mit der „objektivierten Handlungstendenz“ hat das BSG ein Bewertungsinstrumentarium entwickelt, das auf die konkrete Verrichtung des Arbeitnehmers abstellt und sein Vorstellungsbild von der Betriebsdienlichkeit des Handelns in den Fokus nimmt, wie es sich in den objektiven Umständen manifestiert. Überträgt man diese Betrachtungsweise gedanklich auf das Dienstunfallrecht, so wäre zu erwarten, dass es für die Bejahung des Dienstzusammenhangs maßgeblich auf die vom Beamten konkret ausgeübte Tätigkeit und dem mit ihr intendierten Handlungszweck anzukommen habe. Vor dieser Folie ist die Rechtsprechung des ­BVerwG zur Bestimmung des Dienstzusammenhangs zu betrachten. a)  Alternativen „in Ausübung“ und „infolge“ Zunächst sticht ins Auge, dass sich gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG das Unfall­ ereignis „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ zugetragen haben muss.81 Durch die Alternative „in Ausübung“ unterscheidet sich die Norm schon auf den ersten 78  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788 (789); dass., Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 7/13 R, juris Rn. 12. 79  So bspw. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 4. 9. 2014 – L 2 U 42/12, juris Rn. 17. 80 Vgl. aus den vielen ergangenen Urteilen bspw. LSG Bayern, Urt. v. 12. 2. 2015 – L 17 U 21/14, juris Rn. 20, mit zahlreichen Verweisen auf die langjährige BSG-Rechtsprechung; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 9. 2. 2015 – L 1 U 1882/14, juris Rn. 20; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 19; SG Karlsruhe, Urt. v. 17. 7. 2014 – S 1 U 369/14, juris Rn. 13. 81  Als rechtlich unproblematisch darf der Begriff des „Dienstes“ als solcher gelten. Mit dem BVerwG ist dieser großzügig auszulegen und umfasst sämtliche Tätigkeiten, die der Beamte innerhalb seines individuellen Aufgabenkreises verrichtet, welcher ihm durch Gesetz, Verordnung, Geschäftsverteilung, Organisationsverfügung oder durch die Weisung eines Vorgesetzten beim eigenen oder einem fremden Dienstherren übertragen wird, st.Rspr., vgl. statt vieler nur BVerwG, Urt. v. 17. 10. 1991 – 2 C 8.91, BVerwGE 89, 117 (120). Innerhalb der Literatur wird diese Definition geteilt, vgl. nur Groepper/Tegethoff, in: Plog/ Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 52; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 19.

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Blick von § 8 SGB VII.82 Dies wirft die Frage auf, wie sich die beiden Alternativen zueinander verhalten, insbesondere, ob eine hiernach getrennte Betrachtung zu erfolgen hat. „In Ausübung“ des Dienstes scheint hier die nachgerade klassische Erfüllung dienstlicher Aufgaben zu meinen und ließe sich somit – ähnlich der Erfüllung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag im Unfallversicherungsrecht – als den in jedem Falle abgesicherten Kernbereich interpretieren. Käme dann der Alternative „infolge des Dienstes“ die Funktion eines darüber hinausgehenden Auffangtatbestandes zu? Ein Blick auf die Interpretation durch Rechtsprechung und Literatur legt nahe, dies zu verneinen. Mit dem Merkmal „infolge des Dienstes“ sollen mit dem BVerwG Konstellationen erfasst werden, „in denen die den Dienstunfall kennzeichnende Kausalkette zwischen dem den Schaden auslösenden Ereignis und dem Eintritt des Körperschadens zwar während der Erfüllung der Dienstobliegenheiten durch den Beamten begonnen, aber erst nach deren Abschluss ihr Ende gefunden hat“.83 Diese Beschreibung findet sich zugleich in der BeamtVGVwV wieder.84 Evident wird, dass hierin eine Klarstellung in Bezug auf den zeitlichen Ablauf eines Dienstunfalls zu sehen sein soll, nicht aber eine Erweiterung des tätigkeitsbezogenen Schutzbereichs durch eine geringere Anforderungen an die Zurechenbarkeit der Handlung zum Dienst. Mit dieser Erkenntnis korrespondiert, dass das BVerwG bereits in seiner älteren Rechtsprechung zum Dienstunfalltatbestand hat erkennen lassen, dass es die Alternative „infolge des Dienstes“ gerade nicht als eine „Generalklausel“ zu interpretieren gedenke, nach welcher jedweder Unfall, der zwar nicht in unmittelbarer Ausübung des Dienstes, jedoch in irgendeinem Zusammenhang mit dem Dienst steht, erfasst sein solle.85 Im Schrifttum weist Schnellenbach86 darauf hin, dass eine nähere Abgrenzung der beiden Alternativen für die rechtliche Praxis ohne Relevanz sei und es nur auf den Gesamtbereich ankomme, der mit der Formulierung „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ umschrieben werden soll. In die gleiche Richtung geht die Auslegung bei Brockhaus87, wonach eine Differenzierung zwischen „in Ausübung“ und „infolge“ zwar seine methodische Berechtigung habe, im Hinblick auf die identische Rechtsfolge es aber entscheidend auf den „Gesamtbereich“, den die gesetzgeberische Formulierung abzudecken 82 Gleichwohl wird im unfallversicherungsrechtlichen Schrifttum gelegentlich abweichend vom Wortlaut des § 8 Abs. 1 SGB VII die Formulierung „in Ausübung der versicherten Tätigkeit“ synonym verwandt, so bei Eichenhofer, Sozialrecht, § 18 Rn. 401. 83  St.Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 (153) m.w.N. Bereits in der älteren Literatur dahingehend tendierend Stein, ZBR 1960, 340 (345). 84  Tz. 31. 1. 3. BeamtVGVwV: „›Infolge des Dienstes‹ (§ 31 Abs. 1 S. 1) ist ein Unfall eingetreten, wenn der Beamte im Zeitpunkt der den Unfall auslösenden äußeren Einwirkung dienstliche Aufgaben verrichtet hat, das Unfallereignis und der hierdurch verursachte Körperschaden aber erst nach der Dienstausübung eingetreten sind. (…)“. 85  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (62 f.). 86  Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 20. Anderer Ansicht hingegen noch Schütz, PersV 1971, 260 (261), der hier von rechtlich nebeneinander stehenden und getrennt zu betrachtenden Prüfungsalternativen ausgeht. 87  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 56.

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gedenke, ankomme. Dieser herrschenden Ansicht folgend, besteht im Folgenden jedenfalls keine Notwendigkeit für eine getrennte Untersuchung der in § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG zum Ausdruck kommenden Alternativen. b)  Bestimmung des Dienstzusammenhangs Wenn sich eine nach „in Ausübung“ oder „infolge“ getrennte Prüfung demnach erübrigt, bleibt die Frage: Wie wird die Zuordnung einzelner Verrichtungen zu diesem „Gesamtbereich“ seitens der Verwaltungsgerichte vorgenommen? Zwar existiert in der Rechtsprechung des BVerwG eine Kontinuität dahingehend, dass das Merkmal „in Ausübung oder infolge“ eine „besonders enge Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst“ zur Voraussetzung habe.88 Nach welchen Maßstäben eine solche „besonders enge Verknüpfung“ aber zu beurteilen sein soll, unterlag einer steten Entwicklung. Diese Transformation der Bestimmungskriterien soll hier vereinfachend anhand einer „älteren“ und einer „neueren“ Bewertungsweise des BVerwG illustriert werden, obgleich die Vielfalt der ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteile und der im Schrifttum vertretenen Auffassungen eine lineare Unterteilung anhand einschneidender zeitlicher Fixpunkte nur schwer ermöglichen. aa)  Ältere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterium der dienstbezogenen Aufgaben In früheren Entscheidungen stellte das BVerwG maßgeblich darauf ab, ob die vom Beamten verrichtete Tätigkeit in Zusammenhang mit den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben steht. Dabei sollten eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die nur kurzfristiger oder geringfügiger Art sind, den Zusammenhang mit den Dienstaufgaben nicht entfallen lassen, in diesem Sinne keine „Loslösung vom Dienst“ bewirken können.89 Dieser strenge, auf die konkreten Dienstaufgaben bezugnehmende Ansatz findet sich nicht nur im älteren Schrifttum90, sondern 88  St.Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 m.w.N. Demgegenüber wird die unfallversicherungsrechtliche Terminologie des „inneren Zusammenhangs“ weitgehend gemieden, wenngleich er von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Kontext des qualifizierten Dienstunfalls und des erhöhten Unfallruhegehaltes nach § 37 BeamtVG als innerer Zusammenhang zwischen Angriff und Dienstausübung Verwendung findet, s. bspw. BVerwG, Urt. v. 25. 10. 2012 – 2 C 41.11, NVwZ-RR 2013, 320 (321). 89  s. bei BVerwG, Urt. v. 28. 1. 1960 – II C 79.58, BVerwGE 10, 128. So fasst im Übrigen auch Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 31 Rn. 9, die frühere Judikatur des Gerichts zusammen. 90  s. zB bei Teutsch, in: FS-Krohn 1954, S. 305 (310): Kein Dienstzusammenhang, wenn die konkrete Tätigkeit des Beamten „in seine persönliche Sphäre oder in seine Eigenwirtschaft fällt“. Ebenso Schütz, PersV 1971, 260 (261 f.): Eine Schädigung des Beamten im Dienstzimmer soll keinen Dienstunfall darstellen können, wenn dessen Handeln im Unfallzeitpunkt dem „persönlichen Bereich“ zuzurechnen sei.

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scheint in der Kommentarliteratur noch bei Wilhelm91 und Reich92 erkennbar zu werden, wenn diese konstatieren, dass Dienstunfallschutz nur gegeben sein könne, sofern es sich bei der konkreten Tätigkeit des Beamten im Zeitpunkt des Unfallereignisses um die Ausübung dienstlicher Aufgaben gehandelt habe. Indes kann hierbei offenbar nicht nur von vereinzelten Exempeln für einen noch tradierten, heute aber bedeutungslosen Ansatz gesprochen werden. Exemplarisch zu nennen ist eine Entscheidung des nordrhein-westfälischen OVG aus dem Jahre 2006.93 Das Gericht verneinte einen Dienstunfall in einem Fall, in dem ein Beamter aus Anlass seines Einstandes eine kleine Feier im Kollegenkreis innerhalb der Diensträume und während der Dienstzeit organisiert hatte. Nach dieser Feier kam der Beamte zu Schaden, als er einen zuvor zum Zwecke der Feier verschobenen Schreibtisch wieder an seinen ursprünglichen Platz rücken wollte. Die Verwaltungsrichter erkannten in der Tatsache, dass das Zurückrücken des Schreibtisches während der Dienstzeit und am Dienstort des Beamten stattfand, lediglich eine Indizwirkung für das Bestehen eines wesentlichen Zusammenhangs zum Dienst.94 Das OVG verneinte sodann den Zusammenhang zur dienstlichen Tätigkeit mit der Begründung, dass das Verschieben des Tisches zwar einerseits der Wiederaufnahme dienstlicher Tätigkeiten zu dienen bestimmt gewesen sei, andererseits aber noch der sich als einheitlicher Vorgang darstellenden, privatnützigen Organisation der Feier zuzurechnen sei.95 Bezüglich dieses Abstellens des OVG auf den mit der konkreten Verrichtung verfolgten Zweck, insbesondere darauf, ob dieser Zweck in der Erfüllung dienstlicher Aufgaben gesehen werden kann, ist eine Anlehnung an die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung unverkennbar. bb)  Neuere Rechtsprechung des BVerwG: Kriterien Dienstort und Dienstzeit Demgegenüber lässt sich die dargestellte Betrachtungsweise nicht mehr mit den Kriterien in Übereinstimmung bringen, die das BVerwG heute an die Beurteilung der Dienstbezogenheit anlegt. Wenn hier auf die gegenwärtige Rechtslage eingegangen wird, muss angemerkt werden, dass es sich nicht um einen zeitlich eindeutig zu determinierenden Wechsel in der Rechtsprechung handelt, sondern um einen fluiden Prozess. Bereits mit Urteil vom 24. 10. 196396 wurde eine Tendenz des BVerwG erkennbar, die Anforderungen an die Dienstbezogenheit weit91  Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 50, mit Verweis auf die Rechtsprechung des BSG zum Arbeitsunfall. 92  Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 4: Es komme darauf an, „ob die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt gewesen sei“. 93  OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17. 2. 2006 – 1 A 1268/04, DÖD 2006, 252. 94  OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17. 2. 2006 – 1 A 1268/04, DÖD 2006, 252. 95  OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17. 2. 2006 – 1 A 126804, DÖD 2006, 252 (253 f.). 96  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59.

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aus weniger strengen Maßstäben zu unterwerfen, als dies mit einem konsequenten Rekurs auf die Erfüllung konkreter dienstlicher Aufgaben einhergehen würde. Das Gericht urteilte damals, dass es bei einer die „Lebenswirklichkeit“ reflektierenden Betrachtungsweise nicht darauf ankommen könne, ob der Beamte im Zeitpunkt des Unfalls eine spezifisch den Dienstaufgaben zuzurechnende Tätigkeit ausgeübt habe.97 Eine derart strenge Auslegung des Merkmals „in Ausübung des Dienstes“ liefe schon nach damaliger Ansicht des Gerichts Gefahr, einheitliche Lebensvorgänge künstlich zu separieren.98 Der Beamte bleibe demgegenüber auch im Dienst immer „ein Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen, Gedanken und Empfindungen“ und zeige ein Gesamtverhalten, dass regelmäßig nicht sinnvoll als rein dienstlich oder rein privat klassifiziert werden könne.99 Eine fehlende Dienstbezogenheit könne letztlich nur dann angenommen werden, wenn die „Gemengelage“ des vom Beamten gezeigten Verhaltens „eindeutig dem privaten Bereich“ zuzurechnen sei.100 Schon zu diesem Zeitpunkt tendierte das BVerwG also dazu, Tätigkeiten nicht bereits dann aus dem dienstunfallgeschützten Bereich herauszunehmen, wenn sie nicht explizit auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben hin ausgerichtet sind, sondern erst dann, wenn der eigenwirtschaftliche Charakter der Tätigkeit in einer Art und Weise evident wird, dass diese keine Bezugspunkte mit den dienstlichen Aufgaben mehr erkennen lässt. Hiervon ausgehend erscheinen die Urteile aus neuerer Zeit wie eine dezidierte Zuspitzung dieser Betrachtungsweise. Zuletzt in seiner Entscheidung vom 29. 8. 2013101 hat das BVerwG zu den Anforderungen einer „besonders engen Verknüpfung“ detailliert Stellung genommen. In Einklang stehend mit früheren Entscheidungen soll hierfür der „Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge“ maßgeblich sein, welcher „im über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen“ zu sehen sei, „die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend auf Grund der Anforderungen des Dienstes tätig wird“.102 Hiervon ausgehend sieht das Gericht unter dem Gesichtspunkt der „Beherrschbarkeit der Geschehnisse durch den Dienstherrn“ im konkreten Dienst­ ort des Beamten den determinierenden Ausgangspunkt für den Dienstunfallschutz, denn dieser unterliege dem „vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereich“, sodass Risiken, die sich innerhalb dieser räumlich abgegrenzten Risi-

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BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (63). BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (63). 99  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (63 f.). 100  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (63 f.): So stehe der Beamte auch unter Dienstunfallschutz, wenn er sich bspw. auf dem Flur ein Glas Wasser hole oder am Schreibtisch sitzend privaten Gedanken nachhänge. 101  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152. 102  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152. 98 

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kosphäre während der Dienstzeit realisieren, dem Dienstherrn zurechenbar seien.103 Unter dem Dienstort ist dabei nach traditioneller Rechtsprechung der Ort zu verstehen, an welchem der Beamte die ihm zur Erledigung übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erbringen hat.104 Ist der Beamte dazu angehalten, seine Aufgaben nicht an seinem gewöhnlichen Arbeitsplatz im regulären Dienstgebäude zu erledigen, sondern an einem anderen Ort, so soll dieser für die entsprechende Zeitdauer als Dienstort anzusehen sein.105 Ausdrücklich stellt das BVerwG nunmehr fest, dass dies unabhängig davon gelte, ob die im Zeitpunkt des Unfalls ausgeübte Tätigkeit auch tatsächlich in irgendeiner Form dienstlich geprägt war.106 Letzteres verdient besondere Beachtung. Zwar fordert das BVerwG auch abstrakt nach wie vor eine „besonders enge Verknüpfung“ mit dem Dienst ein, ist zugleich aber der Auffassung, dass es während der Dienstzeit und innerhalb des Dienstgebäudes gerade nicht entscheidend darauf ankommen soll, ob die Tätigkeit durch dienstliche Belange geprägt ist.107 Es liegt nicht fern, das Erfordernis einer „besonders engen“ Verknüpfung mit dem Dienst in Anbetracht der neueren Bewertungsmaßstäbe als nunmehr anachronistisch zu bewerten. Wenn die bloße Anwesenheit des Beamten im Dienstgebäude während der Arbeitszeit nicht nur dazu geeignet sein soll, eine Verknüpfung mit dem Dienst zu begründen, sondern dieser bereits hierdurch einen „besonders engen“ Charakter gewinnen soll, ist nur schwerlich zu erkennen, welche graduellen Zwischenstufen sinnvoll konstruiert werden könnten. Dem gegenteiligen Szenario, der Abwesenheit des Beamten vom Dienstgebäude nach Feierabend, am Wochenende oder in der Urlaubszeit wohnt schließlich nicht nur keine „weniger enge“, sondern gar keine Verknüpfung mit dem Dienst mehr inne. 103 

BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 f. Urt. v. 15. 11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269; dass., Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708 (709). 105  BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708 (709). 106  BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708; dass., Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 f. Zustimmend bspw. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 52. 107 Ablehnend Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 4. Dieser Ambivalenz begegnet man auch bei einem Blick in die BeamtVGVwV. Dort heißt es einerseits zunächst in Tz. 31. 1. 1.: „,In Ausübung des Dienstes‘ (§ 31 Abs. 1 Satz 1) ist ein Unfall eingetreten, wenn der Beamte im Zeitpunkt der den Unfall auslösenden äußeren Einwirkung und des den Körperschaden verursachenden Ereignisses dienstliche Aufgaben verrichtet hat. Durch eine Tätigkeit, die lediglich eigenen Interessen oder Bedürfnissen des Beamten dient (eigenwirtschaftliche Tätigkeit), wird der Zusammenhang mit dem Dienst gelöst“. Demgegenüber aber andererseits Tz. 31. 1. 2: „Als Abgrenzungsmerkmale für das Tatbestandsmerkmal ›in Ausübung des Dienstes‹ ist im Regelfall die räumliche und zeitliche Beziehung zum Dienst anzusehen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine dem privaten Lebensbereich zuzurechnende Verrichtung der Zusammenhang mit dem Dienst nur dann unterbrochen, wenn die private Betätigung des Beamten mit der Dienstausübung schlechthin nicht in Zusammenhang gebracht werden kann (…)“. 104 BVerwG,

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cc)  Tendenz zum faktischen „Betriebsbann“? Das BVerwG vollzieht demnach mit seiner Bezugnahme auf eine Beherrschbarkeit des Risikos seitens des Dienstherrn in dessen räumlichen Machtbereich die Abgrenzung des dienstlichen vom privaten Bereich nicht anhand einer Betrachtung der Tätigkeit, sondern nimmt diese in räumlich-zeitlicher Hinsicht vor. Es knüpft damit an rein objektive Merkmale an.108 Besonders deutlich wird das Augenmerk des Gerichts auf eine objektive und nicht tätigkeitsbezogene Abgrenzung, wenn es darauf verweist, dass die genannten Kriterien „leicht feststellbar“ und mit diesen einhergehende Ungereimtheiten hinzunehmen seien, sofern es nicht zu einer „vom Gesetzgeber nicht gewollten und deshalb nicht mehr akzeptablen Ausdehnung der Unfallfürsorge auf die Bereiche kommt, deren Gefahrenlage der Beamte im Wesentlichen selbst beherrschen und beeinflussen kann“.109 Die Beherrschbarkeit des Risikos stelle sich nach Auffassung des Gerichts zudem als ein „unschwer zu konkretisierender unbestimmter Rechtsbegriff“ dar, der zur Vermeidung einer ausufernden Kasuistik beispielsweise durch „eindeutige und sinngerechte Grenzziehungen, wie etwa durch das Abstellen auf Außentüren“ flankiert werden könne.110 Diese Ausführungen des BVerwG könnten zu der Annahme verleiten, dass das Gericht faktisch zu jenem Konzept tendiert, welches in der gesetzlichen Unfallversicherung als „Betriebsbann“ bezeichnet wird. Das VG Berlin111 stellte in einem jüngeren Urteil ganz in diesem Sinne auch die Ablehnung eines Betriebsbanns in der gesetzlichen Unfallversicherung in einen expliziten Gegensatz zur Bestimmung des Dienstzusammenhangs in der Dienstunfallfürsorge.112 Käme es während der Dienststunden am Dienstort überhaupt nicht darauf an, welche Tätigkeit der Beamte vornimmt, müsste es sich nachgerade aufdrängen, eine Art „Dienstortbann“ anzunehmen. Dann aber wäre von einer Dichotomie gegenüber dem Unfallversicherungsrecht auszugehen, in welchem die Existenz eines „Betriebsbanns“ mit Blick auf den Arbeitnehmer, der sich während seiner Arbeitsschicht im Betriebsgebäude aufhält, explizit abgelehnt wird. Ein solcher „Dienstortbann“ im strengen Sinne ließe sich der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG jedoch nur dann entnehmen, würde es diesbezüglich keinerlei Ausnahmen zulassen, dem Dienstherrn also in dessen Risikobereich sämtliche Tätigkeiten des Beamten zurechnen. So weit geht das BVerwG dann doch nicht. In seiner Rechtsprechung nimmt es solche Tätigkeiten des Beamten vom Dienstzusammenhang aus, die ihm vom Dienstherrn entweder verboten worden sind oder dessen wohlverstandenen Interessen entgegenstehen.113 108 

Vgl. BVerwG, Urt. v. 15. 11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269. BVerwG, Urt. v. 15. 11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269. 110  BVerwG, Urt. v. 15. 11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269. 111  VG Berlin, Urt. v. 4. 5. 2016 – 26 K 54.14, juris. 112  VG Berlin, Urt. v. 4. 5. 2016 – 26 K 54.14, juris Rn. 24. 113  BVerwG, Urt. v. 22. 1. 2009 – 2 A 3.08, 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21; dass., Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 (153). 109 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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Dabei sind die „wohlverstandenen Interessen“ des Dienstherren aber nicht in einer Weise auszulegen, die eine mit der gesetzlichen Unfallversicherung vergleichbare Herausnahme eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten aus dem dienstunfallgeschützten Bereich herbeiführen würde. Eine signifikante Begrenzung des Dienstzusammenhangs durch diese Rückausnahme ist der Rechtsprechung des BVerwG kaum zu entnehmen. Zwar hat der Begriff der „eigenwirtschaftlichen Tätigkeit“ als Antipode zur dienstlichen Tätigkeit in einer mit dem unfallversicherungsrechtlichen Verständnis identischen Definition als „Tätigkeit, die lediglich eigenen Interessen oder Bedürfnissen des Beamten dient“ Eingang in die BeamtVGVwV gefunden.114 Hingegen greift das BVerwG hierauf zur Bezeichnung ungeschützter Tätigkeiten regelmäßig115 nicht zurück, sondern stellt im Rahmen einer ungleich abstrakteren Betrachtung Risiken der „dienstlichen Sphäre“ denjenigen aus der „privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre“ des Beamten gegenüber.116 Von entscheidender Bedeutung dürfte daher die Feststellung des Gerichts bleiben, dass es jenseits der räumlich-zeitlichen Parameter auf die dienstliche Prägung der Tätigkeit nicht näher ankommen soll, was sich zugleich kaum anders interpretieren lässt, als dass nach gegenwärtiger Auffassung des BVerwG kein konkreter Bedarf für eine spezifizierte Abgrenzung der dienstlichen von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit besteht.117 Insbesondere kann dann auch der Handlungstendenz des Beamten keine hervorstechende Bedeutung zukommen.118 Zwar wird in der Literatur teils vertreten, dass der Unfallschutz ausnahmsweise entfallen solle, wenn sich der Beamte „in nennenswertem Umfang mit privaten Angelegenheiten“ befasse119 oder aber das „rein eigenwirtschaftliche Tätigkeiten“ den Dienstzusammenhang lösen würden120. Eine unmittelbare Stütze finden diese Ansätze in der Rechtsprechung des BVerwG zumindest derzeit jedoch nicht.

114 

Tz.  31. 1. 1. BeamtVGVwV. Ausnahmen bspw. BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 2, zum Wegeunfall hinsichtlich von Umwegen aus „wesentlich eigenwirtschaftlichen Gründen“; dass., Urt. v. 17. 1. 1991 – 2 C 8.91, BVerwGE 89, 117 (120): „privaten, eigenwirtschaftliche‘ Lebensführung“; dass., Urt. v. 9. 12. 2010 – 2 A 4.10, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 24 Rn. 14, zum Wegeunfall: „Eigenwirtschaftliche Betätigung“. 116  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152. 117  Diesen Gegensatz zur Rechtsprechungslinie des BSG stellen auch Groepper/Teget­ hoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 58a, so fest. 118 Dies gerade verkennend das OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.  2. 2006 – 1 A 1268/04, juris Rn. 13, welches unter insofern fehlerhafter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BVerwG zum Wegeunfall angibt, den Dienstzusammenhang anhand der nach außen in Erscheinung tretenden Handlungstendenz des Beamten bestimmen zu müssen. 119  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 59, unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG. 120  Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 34. 115 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

c)  Dienstzusammenhang außerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit Den Kriterien Dienstzeit und Dienstort ist immanent, dass sie keine Anwendung finden können, sobald die Frage zu beantworten ist, ob eine Tätigkeit des Beamten außerhalb seines Dienstgebäudes oder außerhalb seiner planmäßigen Dienstschicht der unfallgeschützten Sphäre zugerechnet werden kann.121 Dies jedenfalls dann nicht, wenn man unterstellt, dass sich der Dienstunfallschutz nicht vollends auf den Aufenthalt in einem Dienstgebäude zu einer vorgegebenen Arbeitszeit beschränkt. Dass dem nicht so sein kann, wird bereits anhand des § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BeamtVG122 deutlich.123 Dann aber muss es zu einer Substitution durch andere Parameter kommen, die eine sinnvolle Beurteilung ermöglichen. Dies erst recht, wenn mit der Rechtsprechung und dem Schrifttum außerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit eine grundsätzliche Vermutung zulasten des Beamten, das bedeutet für einen nicht abgesicherten Unfall sprechen soll.124 Nur folgerichtig erscheint es daher, wenn exemplarisch das OVG Berlin-Brandenburg125 „besondere objektive Umstände“ zur Voraussetzung machen will, „die den Schluss rechtfertigen“ sollen, „dass die fragliche Verrichtung des Beamten nicht der vorgegebenen Privatsphäre“ zuzurechnen sei.126 aa)  Außerhalb der Dienstzeit Es liegt nahe, hier an Überstunden bzw. Mehrarbeit des Beamten zu denken, wenn er nach planmäßig vorgesehener Beendigung seiner Dienstschicht die Arbeit an seinem Arbeitsplatz fortsetzt. Unter welchen Bedingungen steht er dann unter Dienstunfallschutz? Einlassungen des BVerwG aus neuer Zeit existieren, soweit ersichtlich, nicht. Im älteren Schrifttum findet sich bei Summer/Baumgartner127 die Auffassung, dass Dienstunfallschutz im Dienstgebäude außerhalb der Dienstzeit nur zu gewähren sei, wenn festgestellt werden könne, dass der Beamte im Zeitpunkt des Unfalls tatsächlich mit einer konkreten dienstlichen Verrichtung beschäftigt war, denn der Beamte befinde sich außerhalb der Dienstzeit in den Räu121  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 54a. Dabei handelt es sich kaum um eine Randproblematik, denn für eine Vielzahl von Beamtengruppen, bspw. für Polizeibeamte und verbeamtete Feuerwehrleute, ist der sogenannte „Außendienst“ ein Charakteristikum ihrer Tätigkeit, s. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 62; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 17. 122  § 31 Abs. 1 S. 2 BeamtVG: „Zum Dienst gehören auch (Nr. 1): Dienstreisen und dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort“. 123  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 62. 124  BVerwG, Beschl. v. 22. 6. 2005 – 2 B 107.04, juris Rn. 10; dass., Beschl. v. 25. 7. 2014 – 2 B 62.13, juris Rn. 10; VG Saarland, Urt. v. 29. 3. 2011 – 2 K 1879/08, juris Rn. 33; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 52a. 125  OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 9. 2006 – OVG 4 B 16.05, juris. 126  OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 9. 2006 – OVG 4 B 16.05, juris Rn. 16. 127  Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 16.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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men seiner Dienststelle grundsätzlich nicht mehr „im Banne des Dienstes“.128 Diese Interpretation stellt heute nicht mehr die herrschende Auffassung dar. Letztere geht davon aus, dass in diesen Fällen weiterhin Dienstunfallschutz anzunehmen ist, sofern der Beamte mit seiner Tätigkeit nicht dem entweder erklärten oder zumindest für ihn erkennbaren Willen seines Dienstherrn zuwiderhandelt,129 wobei es hier umgekehrt, insbesondere in den Fällen der Mehrarbeit nach Dienstschluss, keiner gesonderten dienstlichen Anordnung für diese bedarf, um Dienstunfallschutz herbeizuführen.130 Anerkennt man diese im Schrifttum mehrheitlich vertretene Ansicht als die heute maßgebliche Betrachtungsweise, so liegt der Schluss nahe, dass dem Kriterium der Dienstzeit isoliert betrachtet eine geringere Relevanz bei der Beurteilung des Dienstzusammenhangs zukommt, als es der von der Rechtsprechung regelmäßig wiedergegebene Gleichklang „im Dienstgebäude während der Dienstzeit“ insinuiert. bb)  Außerhalb des Dienstgebäudes Hieran anknüpfend wäre umgekehrt anzunehmen, dass der Dienstunfallschutz bei Tätigkeiten außerhalb des Dienstgebäudes (und gegebenenfalls zugleich außerhalb der eigentlichen Dienstzeit) umso prägnanteren Anforderungen genügen müsste. In einem Beschluss vom 22. 6. 2005131 führte das BVerwG für Unfälle „außerhalb des durch Dienstzeit und Dienstort geprägten Geschehensablaufs“ aus, dass es nicht nur darauf ankommen müsse, dass der Beamte der „subjektiven Vorstellung“ unterliege, „in Ausübung oder im Interesse des Dienstes“ zu handeln, sondern dass darüber hinaus „besondere objektive Umstände“ gegeben sein müssten, die es rechtfertigen, den Unfall nicht dem grundsätzlich indizierten privaten, sondern dem dienstlichen Bereich zuzurechnen.132 Eben diese besonderen Umstände müssten die „wesentliche (objektive) Ursache“ für die vom Beamten vorgenommene Verrichtung darstellen, bei welcher der Betroffene zu Schaden gekommen ist.133 Interessant ist hieran vor allem das Abstellen auf das subjektive Vorstellungsbild des Beamten von der Dienlichkeit seines Tuns für die Interessen des Dienstes, die eine große Ähnlichkeit zur „Betriebsdienlichkeit“ im Bereich der unfallversicherungsrechtlichen Handlungstendenz aufzuweisen scheint. Indes fällt auf, dass das BVerwG diese subjektive Komponente in der Folge nicht konse-

Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 16. Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 67; Kazmaier, in: Stegmüller/ Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 80; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 25. 130  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 67. 131  BVerwG, Beschl. v. 22. 6. 2005 – 2 B 107.04, juris. 132  BVerwG, Beschl. v. 22. 6. 2005 – 2 B 107.04, juris Rn. 10. 133  BVerwG, Beschl. v. 22. 6. 2005 – 2 B 107.04, juris Rn. 10. 128  129 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

quent beibehalten hat. Im Urteil vom 22. 1. 2009134 stellte es für den Unfallschutz außerhalb des Dienstgebäudes fest, dass die konkrete Tätigkeit, bei der sich das Unfallereignis zuträgt, durch dienstliche Erfordernisse geprägt, demnach in den Dienstbetrieb einbezogen sein müsse. Als Kriterien für die dienstliche Prägung sollen alternativ ein enger Zusammenhang der konkreten Tätigkeiten mit den obligatorischen Dienstaufgaben oder das Tätigwerden des Beamten im dienstlichen Über- und Unterordnungsverhältnis anzusehen sein.135 Als Gegenpol hierzu sollen Tätigkeiten betrachtet werden, die auf einer „autonomen Entscheidung des Beamten“ beruhten.136 Zwar wird auch hier noch eine stärkere Differenzierung zwischen dienstlich geprägten Tätigkeiten einerseits und andererseits solchen Handlungen, zu denen sich der Beamte unabhängig vom Dienst entschließt, evident. Der Rekurs auf eine „autonome Entscheidung“ stellt sich hingegen als wenig gelungen dar, da hiermit eine Vorverlagerung der Betrachtung auf den Entschlussvorgang und weg von der Beurteilung der eigentlichen Tätigkeit und ihrer Zielrichtung der Weg bereitet wird. Hier ließe sich argumentieren, dass in diesem Sinne auch jede Entscheidung des Beamten, eine dienstliche Verrichtung zu tätigen oder eine dienstliche Weisung zu befolgen, auf einem „autonomen Beschluss“ beruht, der schließlich jedem bewussten Handeln vorangeht. Im Schrifttum finden sich darüber hinaus Stimmen, die sich im Ergebnis noch akzentuierter gegen eine maßgeblich auf die konkrete Tätigkeit abstellende Betrachtung wenden. So vertritt Brockhaus137 für den Außendienst eine sich an die Kriterien des BVerwG zum Dienstzusammenhang innerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit anlehnende Auffassung. Demnach soll in diesen Konstellationen die räumliche Risikosphäre des Dienstgebäudes durch den räumlichen Bereich substituiert werden, innerhalb dessen der Beamte angehalten ist, seinen dienstlichen Aufgaben nachzukommen, wobei sich dieser Bereich regelmäßig anhand der Konkretisierung durch Gesetz, Verordnung oder im konkreten Einzelfall durch eine entsprechende Dienstanweisung determinieren lasse.138 Analog zum Dienst 134  BVerwG, Urt. v. 22. 1. 2009 – 2 A 3.08, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 17 m.w.N. 135  BVerwG, Urt. v. 22. 1. 2009 – 2 A 3.08, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 18; vgl. auch dass., Beschl. v. 26. 2. 2008 – 2 B 135.07, NVwZ-RR 2008, 410. So auch die Zusammenfassung bei Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 62, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG. 136  BVerwG, Urt. v. 22. 1. 2009 – 2 A 3.08, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 20. Ähnlich auch zuvor BVerwG, Urt. v. 14. 12. 2004 – 2 C 66.03, NVwZ-RR 2005, 422 (423): In dem Urteil zum Nichtbestehen von Dienstunfallschutz bei einer Sportveranstaltung ist vom „autonomen Willen“ der Betroffenen die Rede. 137  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 64 f. 138  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 65. Dabei sollen etwaige räumliche Unklarheiten sich nach Brockhaus nicht zulasten des verunfallten Beamten auswirken, wenn sich dieser zuvor um eine „pflichtgemäße, nicht durch Eigeninteressen bestimmte Auslegung“ bemüht habe. Diese stärker das subjektive Vorstellungsbild des Beamten von seinen dienstlichen Aufgaben und Verpflichtungen miteinbeziehende Einschätzung schei-

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innerhalb des Dienstgebäudes würde diese Betrachtungsweise dazu führen, dass auch außerhalb des Dienstgebäudes der Unfallfürsorgeschutz nur bei einem Verhalten des Beamten entfallen soll, welches mit dem Dienst schlechterdings nicht in Verbindung gebracht werden kann.139 In Anbetracht der genannten Urteile des BVerwG muss diese Auffassung als Alternativvorschlag gewertet werden. Mit der derzeitigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung steht sie nicht in Einklang. cc)  Sonderfall „Indienstversetzung“ Abschließend ist auf einen Sonderfall des Dienstzusammenhangs außerhalb von Dienstgebäude und Dienstzeit einzugehen. Sowohl in der Rechtsprechung140 als auch im Schrifttum141 wird anerkannt, dass sich insbesondere Beamte in leitenden Stellungen sowie Polizeivollzugsbeamte aus eigener Entscheidung heraus „selbst in den Dienst versetzen“ können sollen. Bedeutung erlangt dieser Ausnahmetatbestand vor allem bei Beamten, die sich im fraglichen Zeitpunkt im Erholungs- oder Sonderurlaub befinden.142 In praxi kommt dies beispielhaft bei einem Polizeibeamten143 in Betracht, der außerhalb seines vorgeschriebenen Dienstes an einem Tatort eine Fahndungsmaßnahme einleitet.144 Die Möglichkeit einer den Dienstunfallschutz indizierenden, selbstständigen Versetzung in den Dienst unterliegt engen tatbestandlichen Voraussetzungen. Limitiert wird diese nach der Rechtsprechung insbesondere durch den Umfang des dienstlichen Aufgabenkreises bzw. durch die Reichweite der Opportunität, den dienstlichen Aufgabenbereich eigenständig denen Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 18a, abzulehnen, wenn sie ausführen, dass „der Unfallfürsorgeberechtigte bei Eintritt des Unfalls eine bestimmte dienstliche Verrichtung ausgeführt“ haben müsse. 139  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 64. So im Ergebnis auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 24. 140 BVerwG, Urt. v. 12. 2. 1971 – VI C 36.66, BVerwGE 37, 203 (208), wenn auch tendenziell zurückhaltend, wenn das Gericht formuliert „es mag [solche] Fälle geben“; OVG Niedersachsen, Urt. v. 11. 1. 1972 – V A 40/69, DÖD 1972, 116; VG Wiesbaden, Urt. v. 19. 1. 2005 – 8 E 499/03, juris Rn. 30; OVG Saarland, Beschl. v. 2. 2. 2012 – 1 A 457/11, NVwZ-­R R 2012, 562; VG Bayreuth, Urt. v. 19. 4. 2013 – B 5 K 11.632, juris Rn. 18. 141  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 72 ff.; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 73; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, ­BeamtVG, § 31 Rn. 62; Minz, Beamtenversorgungsrecht, Rn. 342; Pflaum, RiA 2011, 198 (200); Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 4; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 36; Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 18c. 142 Vgl. Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 67. 143  Exemplarisch OVG Niedersachsen, Urt. v. 11. 1. 1972 – V A 40/69, DÖD 1972, 116: Anerkennung eines Dienstunfalls bei einem Polizeibeamten, der sich in seiner Freizeit als Zeuge eines Verkehrsunfalls auf einer Bundesautobahn zur Abwendung weiterer Gefahren als Polizeibeamter zu erkennen gibt und polizeiliche Maßnahmen ergreift. Ebenso für eine Schlägerei nach einem Gaststättenbesuch VG Wiesbaden, Urt. v. 19. 1. 2005 – 8 E 499/03, juris. 144  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 73.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

terminieren zu dürfen.145 So wird davon ausgegangen, dass eine eigenmächtige Indienstversetzung nicht in Frage komme, wenn bei objektiver Betrachtung die in Rede stehende Tätigkeit nicht den Erfordernissen des gerade für diesen Beamten typischen Dienstes zugerechnet werden kann.146 In diesem Sinne hat das saarländische OVG in einer jüngeren Entscheidung die eigenständige Versetzung in den Dienst bei einem Polizeibeamten abgelehnt, der eine Verkehrskontrolle durchgeführt hat, obgleich er bereits seit Jahren zum Bereich der Kriminaltechnik beim Landeskriminalamt abgeordnet war.147 Pflaum ergänzt dies in der Literatur noch dahingehend, dass ein dienstliches Tätigwerden auch insoweit notwendig sein müsse, als dass ein Tätigwerden als Privatperson jedenfalls nicht in gleichem Maße erfolgversprechend wäre.148 Demnach sei es nicht hinreichend, aus einer ex-post-Perspektive festzustellen, dass die in Rede stehende Handlung zumindest auch dem wohlverstandenen Interesse des Dienstherrn gedient habe und damit hypothetisch in den dienstlichen Aufgabenbereich des Beamten gefallen wäre.149 Da außerhalb von Dienstzeit und Dienstort eine grundsätzliche Vermutung für das Agieren als Privatperson spreche, besteht ferner Einigkeit darüber, dass sich der Wille des Beamten zur eigenmächtigen Indienstversetzung nach außen hin erkennbar manifestieren müsse und sei es auch nur auf konkludentem Wege.150 4.  Auswirkungen der divergierenden Zurechnungsdogmatik Welche praktischen Konsequenzen sich aus den unterschiedlichen Bestimmungsmethoden ergeben, soll im Folgenden anhand ausgewählter Kasuistik dargestellt werden. a)  Unfallschutz am Arbeitsplatz Aufgrund der großen Zahl an denkbaren Tätigkeiten und ihren vielseitigen Erscheinungsformen hat sich im Laufe der Zeit eine äußerst umfangreiche Kasuistik entwickelt, auf die im Einzelnen einzugehen den Rahmen dieser Arbeit sprengen 145  BVerwG, Urt. v. 12. 2. 1971 – VI C 36.66, BVerwGE 37, 203 (208); dass., Urt. v. 25. 6. 1969 – VI C 49.65, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 36 S. 2; VG Mainz, Urt. v. 23. 8. 2013 – 4 K 1016/12.MZ, juris Rn. 28. 146  BVerwG, Urt. v. 12. 2. 1971 – VI C 36.66, BVerwGE 37, 203 (208); VG Bayreuth, Urt. v. 19. 4. 2013 – B 5 K 11.632, juris Rn. 19. 147  OVG Saarland, Beschl. v. 2. 2. 2012 – 1 A 457.11, NVwZ-RR 2012, 562. 148  Pflaum, RiA 2011, 198 (200). 149  Pflaum, RiA 2011, 198 (200), unter Bezugnahme auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des BVerwG. 150  OVG Niedersachsen, Urt. V. 11. 1. 1972 – V A 40/69, DÖD 1972, 116 (117); VG Bayreuth, Urt. v. 19. 4. 2013 – B 5 K 11.632, juris Rn. 20. Nach Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 18c, setze dies bei Polizeivollzugsbeamten jedenfalls nicht zwingend voraus, dass sie uniformiert sind. Diese Auffassung wird durch VG Wiesbaden, Urt. v. 19. 1. 2005 – 8 E 499/03, juris Rn. 30, bestätigt.

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würde.151 Stellvertretend sollen hier mit der Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz und dem Aufsuchen der Toiletten zwei Tätigkeiten betrachtet werden, die aufgrund ihres alltäglichen Charakters in der Arbeitswelt von besonderer Bedeutung sind. aa) Nahrungsaufnahme In der gesetzlichen Unfallversicherung wird die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Grundsatz als eigenwirtschaftliche und daher unversicherte Tätigkeit bewertet, da sie in erster Linie ein menschliches Grundbedürfnis darstelle und diesen Charakter auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsdienlichkeit, etwa des arbeitgeberseitigen Interesses an der Erhaltung der physischen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers verliere.152 Die mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängenden Wege, die der Arbeitnehmer im Betrieb zurücklegen muss, werden demgegenüber dem unfallversicherten Bereich zugeordnet.153 Die Essenseinnahme in einer Betriebskantine steht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn betriebliche Umstände den Arbeitnehmer dazu zwar nicht zwingen, aber zumindest dazu veranlassen. Hingegen tangiere die bloße Existenz einer Kantine im Betrieb für sich genommen noch nicht den eigenwirtschaftlichen Charakter einer dort vorgenommenen Essens­einnahme.154 151  s. hierzu bspw. die ausführliche Auflistung hinsichtlich der Einordnung von Tätigkeiten in der Rechtsprechung des BSG bei Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 55 ff., sowie bei Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 15 ff. 152  St.Rspr., vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 24. 2. 2000 – B 2 U 20/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 2 S. 10; dass., Urt. v. 10. 10. 2002 – B 2 U 6/02 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 11 S. 48; dass., Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 5/04 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 Rn. 13. Für die Literatur bspw. Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 77; Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 64; Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 315. Die Zurechnung anhand der objektivierten Handlungstendenz bringt es hierbei allerdings mit sich, dass auch die Qualifikation als „eigenwirtschaftlich“ nur grundsätzlichen Charakter hat und es gleichsam einer sich an den Umständen des Einzelfalls orientierenden, wertenden Betrachtung bedarf, die zu Gegenausnahmen führen kann, vgl. statt vieler nur SG Duisburg, Urt. v. 14. 6. 2002 – S 26 U 2/02, juris Rn. 19; Ziegler, in: Becker/Franke/ Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 58. So kann Versicherungsschutz bei der Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit unter dem Gesichtspunkt begründet sein, dass die Einnahme von fester Nahrung oder das Trinken von Flüssigkeit im Einzelfall notwendig war, um die weitere Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten oder wieder erlangen zu können, wenn die zu verrichtende Arbeit ihrer Natur nach in besonderem Maße schweißtreibend und daher dursterregend ist, s. BSG, Urt. v. 30. 6. 1961 – 2 RU 78/60, SozR Nr. 41 zu § 542 RVO S. 34. Zu den in der Rechtsprechung des BSG anerkannten Ausnahmen im Rahmen der grundsätzlich unversicherten Nahrungsaufnahme bspw. bei BSG, Urt. v. 24. 2. 2000 – B 2 U 20/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 2 S. 11 f. 153  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 91. 154  BSG, Urt. v. 24. 2. 2000 – B 2 U 20/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 2 S. 11; dass., Urt. v. 10. 10. 2002 – B 2 U 6/02 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 11 S. 48 jeweils m.w.N. Als hinreichende betriebliche Umstände erkennt das BSG im erstgenannten Urteil bspw. die Unzumutbarkeit

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Im Dienstunfallrecht hingegen führt die räumlich-zeitliche Sphärenbetrachtung nicht nur dazu, dass die Nahrungsaufnahme in einer vom Dienstherrn bereitgestellten Kantine155 bzw. auf dem Weg156 zwischen Dienstbüro und dieser, unter Dienst­ unfallschutz stehen soll,157 sondern auch dazu, dass am eigentlichen Arbeitsplatz des Beamten oder an einem beliebigen anderen Ort innerhalb des Dienstgebäudes bei der Nahrungsaufnahme ein genereller unmittelbarer räumlich-zeitlicher Zusammenhang mit dem Dienst angenommen wird.158 bb) Toilettengang Auch der Aufenthalt auf der Toilettenanlage eines Betriebs wird im Unfallversicherungsrecht dem typisch eigenwirtschaftlichen und damit unversicherten Bereich zugeordnet,159 sofern sich nicht ganz ausnahmsweise – auch hier ist wieder auf die wertende Gesamtbetrachtung mit ihren Einzelfallsbezügen hinzuweisen – aus den jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten eine besondere Gefahrenquelle ergibt.160 Versicherungsschutz besteht nach den Sozialgerichten nur auf den Wegen von und zur Toilettenanlage, da der Betroffene diesen Weg aufgrund seiner erforderlichen Anwesenheit auf der Betriebsstätte zwangsweise zurücklegen muss.161

des Aufsuchens einer für ihn als überteuert einzustufenden Gaststätte an. Für die Instanzgerichte s. bspw. LSG Bayern, Urt. v. 15. 1. 2014 – L 2 U 240/1, juris Rn. 42. 155  Zum Bestehen von Dienstunfallschutz beim Speisen in der Kantine des Dienstgebäudes bereits BVerwG, Urt. v. 22. 11. 1971 – VI C 49.69, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 44; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 1. 10. 1969 – 2 A 46/69, ZBR 1970, 21. Aus dem Schrifttum Minz, Beamtenversorgungsrecht, Rn. 338. 156  Zur Anerkennung eines Dienstunfalls auf dem Weg zu einer im Keller des Dienstgebäudes gelegenen Kantine bereits BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59. 157  s. schon bei Leube, ZTR 2012, 682 (686 f.), der im Rahmen eines „Exkurses“ den Gegensatz zur Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung in Bezug auf den essensbedingten Aufenthalt in der Kantine herausarbeitet. 158  So explizit aus der neueren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung OVG Sachsen, Beschl. v. 28. 1. 2013 – 2 A 358/10, juris Rn. 9. Für die Literatur Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 58a. Dies unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG verkennend Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 66, sowie Wilhlem, in: GKÖD, ­BeamtVG, § 31 Rn. 51. 159  Vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 12. 10. 1973 – 2 RU 19/72, juris Rn. 16 m.w.N; LSG Bayern, Urt. v. 28. 9. 2011 – L 18 U 354/09, juris Rn. 22; Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 69; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 130. 160  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 57. 161  BSG, Urt. v. 12. 10. 1973 – 2 RU 19/72, juris Rn. 16 m.w.N.; dass. Urt. v. 27. 8. 1981 – 2 RU 47/79, juris Rn. 21; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11. 8. 1993 –  L 3 U 323/97, juris; LSG Bayern, Urt. v. 6. 5. 2003 – L 3 U 323/01, NJW-RR 2003, 1462; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 2. 2014 – L 3 U 208/12, juris Rn. 40.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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Dieser ende bzw. beginne jeweils mit dem Durchschreiten der Toilettenaußentür.162 Im Dienstunfallrecht stehen ebenfalls Hin- und Rückweg im Zusammenhang mit dem Dienst und damit unter Dienstunfallschutz.163 Ob auch der Aufenthalt auf der Toilette selbst geschützt ist, war über lange Zeit nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen. Im August 2013 hatte schließlich das VG München164 darüber zu befinden, ob eine innerhalb der Toilettenanlage erlittene Verletzung als Dienstunfall anzuerkennen sei. Das Gericht vertrat analog zur Rechtslage im Unfallversicherungsrecht die Auffassung, dass Unfallschutz abzulehnen sei. Zwar führte das VG mit Hinweis auf die ältere BVerwG-Rechtsprechung aus, dass der Zusammenhang mit dem Dienst beim Aufenthalt im Dienstgebäude während der Dienstzeit regelmäßig indiziert werde, betonte aber im Hinblick auf ältere Urteile des BVerwG auch, dass dies dann nicht gelten könne, wenn die bei einer Tätigkeit oftmals vorliegende „Gemengelage“ eindeutig dem privaten Bereich des Beamten zuzuordnen sei.165 Im Weiteren ging das Gericht davon aus, dass aufgrund einer vergleichbaren Interessenlage die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung von betrieblicher und eigenwirtschaftlicher Risikosphäre „trotz der Verschiedenheit der Systeme“ auf die Eingrenzung der Risikosphäre des Dienstherrn herangezogen werden könne.166 Hierauf aufbauend folgerte das VG, dass in Anlehnung an die sozialgerichtliche Rechtsprechung auch im Dienstunfallrecht eine unfallschutzbezogene Grenzziehung anhand der Außentür der Toilette adäquat erscheine.167 In dieser Rechtsauffassung zumindest indirekt bestätigt wurde das VG München vom bayerischen VGH in einer Entscheidung vom Februar 2015168, in der das Gericht lediglich eine Gewährung von Dienstunfallschutz für den Fall bejahte, dass das Aufsuchen der betrieblichen Toilettenanlage im konkreten Fall nicht zur Verrichtung der Notdurft dienen sollte, sondern auf dienstlich geprägten Zwecken beruht.169 Indes ist dieser Argumentationsweg mit der gegenwärtigen Rechtsprechungslinie des BVerwG nicht mehr vereinbar. Der Aufenthalt innerhalb der Toilettenanlage eines Dienstgebäudes kann unter den einschlägigen räumlich-zeitlichen 162  Vgl. statt vieler LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11. 8. 1993 – L 3 U 323/97, juris; LSG Bayern, Urt. v. 6. 5. 2003 – L 3 U 323/01, NJW-RR 2003, 1462. 163  Groepper/Tegethoff, BeamtVG, § 31 Rn. 58a; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 23. Kazmaier bezeichnet das Aufsuchen einer sich im Dienstgebäude befindenden Toilette als „eigenwirtschaftliche Handlung“, die gleichwohl im „Banne des Dienstes“ erfolge und somit geschützt sei, s. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 68. 164  VG München, Urt. v. 8. 8. 2013 – M 12 K  3.1024, ZBR 2014, 67 (68). Normativer Bezugspunkt war die mit § 31 BeamtVG inhaltsgleiche Norm des Art. 46 BayBeamtVG. 165  VG München, Urt. v. 8. 8. 2013 – M 12 K 13.1024, ZBR 2014, 67 (68). 166  VG München, Urt. v. 8. 8. 2013 – M 12 K 13.1024, ZBR 2014, 67 (68). 167  VG München, Urt. v. 8. 8. 2013 – M 12 K 13.1024, ZBR 2014, 67 (69). 168  VGH Bayern, Beschl. v. 24. 2. 2015 – 3 ZB 13.1706, juris. 169  VGH Bayern, Beschl. v. 24. 2. 2015 – 3 ZB 13.1706, juris Rn. 15.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Gesichtspunkten nur als genauso mit dem Dienst zusammenhängende Tätigkeit wie die Nahrungsaufnahme in einer Betriebskantine eingeordnet werden. Sie stellt unter Wertungsgesichtspunkten auch keine Handlung dar, die den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn schlechterdings widersprechen würde.170 Es wäre im Übrigen ein Wertungswiderspruch, eine Kantine dem Risikobereich des Dienstherrn zuzuordnen, die sich gleichsam im Dienstgebäude befindende Toilettenanlage hingegen nicht. Richtigerweise ist vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung von Dienstunfallschutz auf der Toilettenanlage auszugehen.171 Exakt in diesem Sinne erkannte das VG Berlin172 jüngst einen Dienstunfall in einem gleichgelagerten Fall an und lehnte die Argumentation des VG Münchens aus dem August 2013 nunmehr als nicht überzeugend explizit ab.173 Es ist zu begrüßen, dass das VG Berlin in seinem – in der Sache überzeugenden – Urteil sowohl Berufung als auch die Sprungrevision zugelassen hat, um gegebenenfalls eine höchstrichterliche Bestätigung zu ermöglichen.174 b)  Gemischte Tätigkeit und gemischte Motivationslage Inwiefern Unfallschutz in den Fällen der gemischten Tätigkeit und der gemischten Motivationslage besteht, ist in der unfallversicherungsrechtlichen Dogmatik eine intensiv behandelte Problematik. aa)  Im Arbeitsunfallrecht In der weit überwiegenden Zahl der Fälle ist die Frage, ob der innere Zusammenhang zu bejahen ist oder ob von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen ist, tatsächlich unproblematisch zu beantworten. Von besonderem dogmatischem Interesse sind daher Konstellationen, in welchen die Feststellung des inneren Zusammenhangs nicht auf den ersten Blick eindeutig zu klären ist, wenn es um Tätigkeiten geht, mit denen der Arbeitnehmer sowohl einen versicherten Zweck als

170  Auch in der älteren Literatur finden sich schon Stimmen, die von Dienstunfallschutz auf der Toilettenanlage unter Bejahung des örtlichen und zeitlichen Dienstzusammenhangs ausgehen, s. bspw. Weimar, RiA 1965, 8 m.w.N. 171  Dienstunfallschutz wird entgegen Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 52, über die beiden genannten Beispiele hinaus sogar für die Wege von und zu einer kurzen Raucherpause gelten und sogar – sofern existent – für den Aufenthalt in einem dem Dienstgebäude zuzurechnenden Raucherbereich angenommen werden müssen. Wilhelm überträgt hier den im Grunde unfallversicherungsrechtlichen Gedanken einer höchstpersönlichen Tätigkeit ohne „inneren Bezug“ zur dienstlichen Tätigkeit auf das Dienstunfallfürsorgerecht, ohne die gegenwärtige Rechtsprechung des BVerwG hinreichend zu würdigen, die mit diesen Bewertungen nicht kompatibel ist. 172  VG Berlin, Urt. v. 4. 5. 2016 – 26 K 54.14, juris. 173  VG Berlin, Urt. v. 4. 5. 2016 – 26 K 54.14, juris Rn. 23. 174  VG Berlin, Urt. v. 4. 5. 2016 – 26 K 54.14, juris Rn. 26.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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auch ein eigenwirtschaftliches Interesse verfolgt.175 Da im Unfallversicherungsrecht das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ gilt,176 demnach Versicherungsschutz nur entweder in vollem Umfang zuerkannt oder verneint werden kann, bedarf es zur Beurteilung dieser Fälle einer Zuordnung in die eine oder andere Richtung. Bereits ein flüchtiger Blick in die höchstrichterliche Rechtsprechung und das Schrifttum führt zur Konfrontation mit einer Reihe auf diesem Gebiet einschlägiger Begrifflichkeiten wie „gemischte Tätigkeit“, „gemischte Motivationslage“, „gemischte Handlungstendenz“ oder „gespaltene Handlungstendenz“, die sich zwar allesamt auf das Problemfeld beziehen, deren exakter Konstellationsbezug und Abgrenzung unter- und gegeneinander jedoch zuweilen undurchsichtig erscheint. Nicht immer wird ersichtlich, inwieweit es sich um Synonyme handeln oder aber verschiedene Problemkomplexe gemeint sein sollen.177 Anhand der BSG-Rechtsprechung lässt sich im Wesentlichen folgende Entwicklung skizzieren: Unter dem Begriff der „gemischten Tätigkeit“ fasste das BSG in früherer Zeit Konstellationen zusammen, in welcher eine einheitliche Verrichtung untrennbar sowohl eigenwirtschaftlichen als auch betrieblichen Zwecken diente.178 Damit waren ausschließlich Fälle gemeint, in denen betriebliche und eigenwirtschaftliche Aspekte der Handlung und somit deren versicherte bzw. unversicherte Teile nicht sinnvoll getrennt werden können.179 Lässt sich eine Verrichtung hingegen in zwei solche Bereiche zerlegen, so lag dem Zweiten Senat zufolge keine gemischte Tätigkeit vor.180 Das BSG wendete für die Zuordnung der gemischten Tätigkeit das Kriterium der Wesentlichkeit an, nach welcher die Tätigkeit dann als versichert anzusehen war, wenn sie dem versicherten Tätigkeitsbereich wesentlich diente,181 wobei ein „wesentliches“ Dienen nicht notwendigerweise ein „überwiegendes“ Dienen voraussetzen sollte.182 Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses war nach der Rechtsprechung auf die anhand objektiver Anhaltspunkte nachvollziehbare, subjektive Vorstellung der versicherten Person 175  Ricke, NZS 1999, 486 (489), spricht treffend von einer Art „Grauzone“ bei Lebenssachverhalten, in denen betriebliche und private Zwecke einer Tätigkeit zusammenkommen und eine eindeutige Zuordnung anhand der Handlungstendenz problembehaftet ist. 176  Tomandl, in: FS-50-Jahre BSG, 2004, S. 557 (558); Wagner, in: Schlegel/Voelzke/ Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 48. Zu dessen Bedeutung auch im Privatversicherungsrecht v. Koppenfels-Spies, VersR 2006, 23 ff. 177  Deutlich wird die Zuordnungsproblematik unter Berücksichtigung der älteren und neueren BSG-Rechtsprechung vor allem bei Köhler, WzS 2011, 203 ff., und der Replik von Spellbrink, WzS 2011, 351 ff. 178  So bspw. noch BSG, Urt. v. 10. 10. 2006  – B 2 U 20/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 Rn. 21. Diese ältere Rechtsprechung zusammenfassend noch Jung, WzS 2011, 227 (230). 179  BSG, Urt. v. 10. 10. 2006 – B 2 U 20/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 Rn. 21. 180  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R BSGE 94, 262 (264). 181  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 31. 8. 1956 – 2 RU 129/54, BSGE 3, 240 (245 f.); dass., Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (508). 182  BSG, Urt. v. 5. 5. 1994 – 2 RU 26/93, NZS 1994, 522 (523) m.w.N.

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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abzustellen.183 Entscheidend für die Bejahung des inneren Zusammenhangs im Falle einer so definierten gemischten Tätigkeit war die positive Beantwortung der Frage, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Handlungsmotivation hinweggedacht würde.184 In seinen zwei grundlegenden Urteilen vom 12. 5. 2009185 und 9. 11. 2010186 hat sich der zweite Senat erneut mit dem Problemfeld eines Zusammentreffens von betrieblicher und privater Handlungstendenz befassen müssen. In diesen prägte er nunmehr den Begriff einer „gemischten Motivationslage“ und verwendet hierfür synonym den Terminus der „gespaltenen Handlungstendenz“.187 Beiden Entscheidungen lag die beschriebene Konstellation zugrunde, dass die Betroffenen jeweils zum Zeitpunkt des Unfallereignisses objektiv nur eine einzige Verrichtung vornahmen, die in subjektiver Hinsicht sowohl einem eigenwirtschaftlichen Interesse als auch dem Zweck der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt waren. Das BSG führte diesbezüglich aus, dass der innere Zusammenhang dann gegeben sei, wenn die konkrete Verrichtung vom Betroffenen hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns wegfiele. Die Verrichtung in ihrer konkreten Ausprägung müsse demnach ihren Grund in der betriebsbezogenen Handlungstendenz haben.188 Im Gegensatz zur gemischten Motivationslage setze dem BSG zufolge in einer offensichtlichen Änderung der bisher verwandten Terminologie eine gemischte Tätigkeit nunmehr voraus, dass zugleich zwei voneinander untrennbare Verrichtungen ausgeübt werden, von denen mindestens eine im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht.189 Spell183 

Früher st.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 5. 5. 1994 – 2 RU 26/93, NZS 1994, 522 (523). BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (264) m.w.N. 185  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507. 186  BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 14/10 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 39. 187  Auch wenn das BSG die Begriffe „gemischte Motivationslage“ und „gespaltene Handlungstendenz“ in den beiden Urteilen formulierungsbezogen als Synonyme verwendet hat, s. BSG, Urt. v. 18. 6. 2013 – B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48 Rn. 14, in dem das Gericht ebenfalls von „mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage“ spricht, bestehen in der Literatur noch Zweifel, ob die beiden Terminologien vom BSG tatsächlich als übereinstimmend angesehen werden, zumindest aber daran, ob ein übereinstimmender Gebrauch als sinnvoll erscheinen kann, s. bei Krasney, NZS 2013, 681 (684). Spellbrink merkt an, dass die „gespaltene Handlungstendenz“ im Vergleich zur „gemischten Motivationslage“ als „weniger präzise am subjektiven Erleben ausgerichtet“ erscheine. Zudem sei es eine weitgehend neue Tendenz, mit dem Begriff der „Motivationslage“ nunmehr der „Motivation“ des Handelns selbst rechtliche Bedeutung zuzusprechen, wenn die Zuordnung zur versicherten Tätigkeit in Frage stehe, s. Spellbrink, WzS 2011, 351 (352), unter Fn. 11. 188 BSG, Urt. v. 12.  5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (508); dass., Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 14/10 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 39 Rn. 24. Zuletzt bestätigt durch dass., Urt. v. 18. 6. 2013 – B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48 Rn. 14. 189  BSG, Urt. v. Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 14/10 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 39 Rn. 22. Aus der Judikatur der Instanzgerichte LSG Bayern, Urt. v. 18. 6. 2015 – L 2 U 298/14, juris Rn. 40; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 3. 9. 2015 – L 6 U 96/13, NZS 2016, 73. 184 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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brink190 interpretiert die neuen Entscheidungen überzeugend dahingehend, dass der maßgebliche Prüfungsausgangspunkt das Herausarbeiten der „Verrichtung“ als „kleinster, von Dritten beobachtbarer Handlungssequenz“ sein müsse, bei welcher die subjektive Determination der Handlung außen vor zu bleiben habe, da die Motivation des Handelnden erst auf der Ebene der Zurechnung zur versicherten Tätigkeit relevant werden könne. Die bislang jüngste Entwicklung brachte das Revisionsurteil des BSG vom 26. 6. 2014191. Anlass für die abermalige Beschäftigung des Gerichts mit diesem Problemfeld war eine Entscheidung des nordrhein-westfälischen LSG vom 18. 12. 2012192. Das LSG hatte über einen Fall zu entscheiden, in welchem nach seiner Ansicht unter Berücksichtigung der neuen BSG-Rechtsprechung die Konstellation einer „gemischten Tätigkeit“ gegeben war. Dem Sachverhalt nach unternahm die betroffene Arbeitnehmerin während ihres Bereitschaftsdienstes einen Schneespaziergang. Als ihr Diensthandy klingelte, nahm sie das Gespräch an und stolperte während des Telefongesprächs über eine Bordsteinkante. Das LSG führte aus, dass es offen bleiben müsse, unter welchen Grundsätzen das BSG zukünftig die Zuordnung im Falle einer gemischten Tätigkeit vornehmen würde, wandte aber die beschriebene Abgrenzungsmethode des BSG für die Konstellation einer gemischten Motivationslage an.193 Das BSG hielt im Revisionsurteil an seiner neueren Gegenüberstellung von gemischter Tätigkeit und Tätigkeiten mit gemischter Motivationslage fest.194 Zugleich wandte sich der zweite Senat gegen die vom LSG vorgenommene Prüfung der gemischten Tätigkeit anhand der im Rahmen der gemischten Motivationslage maßgebenden hypothetischen Betrachtungsweise. Mit dem Argument, dass bei der gemischten Tätigkeit per definitionem stets eine der beiden Verrichtungen bereits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei und damit Versicherungsschutz begründet werde, verortet das BSG die Problematik der gemischten Tätigkeit nunmehr nicht als ein den inneren Zusammenhang betreffendes Sujet, sondern ausschließlich auf der Ebene der Wesentlichkeit im Rahmen der Unfallkausalität.195 bb)  Im Dienstunfallrecht In der Kommentarliteratur wird zum Teil ohne nähere Ausführungen und offenbar in Ermangelung einschlägiger Urteile des BVerwG die Rechtsprechung des BSG zu dem Themenkomplex der gemischten Tätigkeit bzw. gemischten Motivationslage widergegeben und damit – so wird man es deuten müssen – für auf

Spellbrink, WzS 2011, 351 (352 f.). BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, NZS 2014, 788. 192  LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18. 12. 2012 – L 15 U 270/12, juris. 193  LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18. 12. 2012 – L 15 U 270/12, juris Rn. 24 ff. 194  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 Rn. 20 ff. 195  BSG, Urt. v. 26. 6. 2014 – B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 Rn. 23. 190  191 

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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das Dienstunfallrecht übertragbar erklärt.196 Dies vermag nicht zu überzeugen. Es fehlt nach der gegenwärtigen Rechtsprechungslinie des BVerwG bereits der dogmatische Anwendungsspielraum. Überträgt man hier die Konstellationen der gemischten Tätigkeit und der gemischten Motivationslage auf das Gebiet der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge und betrachtet man es vor dem Hintergrund der über den Dienstzusammenhang maßgeblich entscheidenden Kriterien Dienstort und Dienstzeit, so wird deutlich, dass es in diesen Fällen keiner näheren Untersuchung bedarf, um Dienstunfallschutz bejahen zu können. c)  Unfallschutz außerhalb des regulären Arbeitsplatzes Im Folgenden sollen Fallgruppen untersucht werden, in denen die in Rede stehenden Tätigkeiten typischerweise nicht innerhalb des Betriebs bzw. der Dienststelle verrichtet werden. Als Beispiele aus der Rechtsprechung werden der Betriebs- und Dienstsport, die sogenannte „Telearbeit“, die dem Arbeitnehmer oder Beamten empfohlene Schutzimpfung und die auswärtige Übernachtung in einem Schullandheim in den Fokus genommen. aa)  Betriebs- und Dienstsport Die Bestimmung der Reichweite des Unfallversicherungsschutzes kann problematisch sein, wenn der Betroffene im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, beispielsweise auf einem Betriebsausflug oder einer Betriebsfeier geschädigt wird.197 Auf diesem Themenfeld ist der Betriebssport aufgrund seiner hohen Unfallträchtigkeit besonders praxisrelevant. Sofern der Versicherungsschutz nicht bereits deswegen gegeben ist, weil sich die sportliche Betätigung als in den Arbeitsablauf integrierte Ausgleichsübungen darstellen,198 soll unter bestimmten Voraussetzungen Unfallversicherungsschutz in Betracht kommen.199 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Arbeitgeber ein betriebliches Interesse am Erhalt eines guten Gesundheitszustands des Arbeitnehmers und an dessen intakter Arbeitskraft zukommt.200 Im Anschluss an die Rechtsprechung Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 57. der umfangreichen sozialversicherungsrechtlichen Literatur zu diesem Problembereich ausführlich bspw. v. Steinau-Steinrück/Ziegler, NJW-Spezial 2009, 770 f. Die Entwicklung in der Judikatur des BSG nachzeichnend Greiner, SGb 2009, 581 (582 f.). Zu dem gesonderten Problemfeld des Versicherungsschutzes im Rahmen des studentischen Hochschulsportes und der damit verbundenen Frage der Reichweite des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII jüngst ausführlich Schlaeger, SGb 2016, 80 ff. 198  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 66. 199  Nicht mit dem Betriebssport im klassischen Sinne zu verwechseln sind Fragen der unfallversicherungsrechtlichen Absicherung von Berufssportlern in Sportvereinen. Dazu ausführlicher Kranig, WzS 2014, 165 ff. 200  So schon das BSG, Urt. v. 28. 11. 1961 – 2 RU 130/59, BSGE 16, 1 (3 f.); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 66. 196 Exemplarisch 197 Aus

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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des RVA 201 hat das BSG zur Abgrenzung des eigenwirtschaftlichen Interesses am Erhalt der physischen Leistungsfähigkeit und des betriebsdienlichen Charakters einer Sportveranstaltung unter Beschäftigten des Betriebes im Wesentlichen folgende Kriterien herausgearbeitet: Der Zweck der sportlichen Betätigung müsse im Ausgleich für physische oder psychische Arbeitsbelastung und nicht in einem Wettbewerbscharakter liegen, eine gewisse Regelmäßigkeit der Veranstaltung müsse erkennbar werden und die Teilnehmenden im Wesentlichen dem entsprechenden Betrieb angehören. Zudem sollen Zeit und Dauer einen dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit erkennen lassen und die Organisation der Veranstaltung insgesamt einen unternehmensbezogenen Charakter aufweisen.202 Nicht alle sich hieraus ergebenden Detailfragen sind in Rechtsprechung und Literatur bisher abschließend geklärt worden. Hinsichtlich der Ausgleichsfunktion des Betriebssports ist in der Literatur beispielhaft umstritten, wie der Begriff des „Sports“ auszulegen ist und insbesondere welche Sportarten ihrer Eigenart nach diesem Regenerations- und Ausgleichszweck zu dienen geeignet sind.203 Auch welche Anforderungen an eine hinreichende Regelmäßigkeit zu stellen sind, ist bislang nicht abschließend zu beantworten gewesen.204 Mehr Klarheit besteht mittlerweile in Bezug auf das Kriterium des Wettbewerbscharakters. War das BSG früher tendenziell noch großzügig, wenn eine Betriebssportgruppe ab und an auch an Wettkämpfen teilnahm,205 so soll nach der neueren Rechtsprechung des Unfallversicherungssenats der Wettkampfcharakter

201  Zur Entwicklung in der Rechtsprechung des RVA Ludwig, ZfS 1996, 257 (258). Zur Frage, inwiefern die Rechtsprechung des RVA zum Betriebssport in der NS-Zeit Ausfluss nationalsozialistischer Ideologie gewesen ist jüngst ausführlich Köhler, VSSR 2016, 31 (insbesondere 40 ff.). 202  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 13. 12. 2005 – B 2 U 29/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 16 Rn. 12 m.w.N. Hierzu auch die Zusammenfassung der Rechtsprechung in der Literatur bspw. bei Holtsraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 35; Radek, NZA 1986, 414 (415); Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 41; Schwede, NZS 1996, 562 (563 f.); Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 84 ff. 203 Ausführlich Bieresborn, SGb 2007, 472 ff. Nach wohl herrschender Auffassung sind rein geistige Sportarten, wie Schach oder Skat, nicht geeignet, einen betriebsdienlichen Ausgleich gegenüber den täglichen Arbeitsbelastungen herbeizuführen und daher nicht versichert, s. Bieresborn, SGb 2007, 472 (478); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 67; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 61; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 42. Anderer Ansicht Greiner, SGb 2009, 581 (585); im Ergebnis wohl auch Leube, in: Kater/Leube, SGB VII, § 2 Rn. 82. Die praktischen Auswirkungen der verschiedenen Betrachtungsweisen dürften angesichts der geringen Unfalllastigkeit bei rein geistigen Sportarten im Grundsatz freilich gering sein, obgleich Bieresborn, SGb 2007, 472 (478), unter Fn. 101, durchaus mit Recht darauf hinweist, dass nur in den Fällen der Annahme einer versicherten Tätigkeit auch Versicherungsschutz auf den Hin- und Rückwegen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in Betracht kommt. 204  Zur Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur Gitter, SGb 1990, 393 (395). 205  BSG, Urt. v. 2. 7. 1996 – 2 RU 32/95, SozR 3-2200 § 548 Nr. 29 S. 101.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

einer Veranstaltung den Versicherungsschutz rigoros ausschließen.206 Demgegenüber lässt sich mit Blick auf die Teilnehmerquote wiederum keine klare Grenzziehung ausmachen. Prozentuale Richtwerte dafür, wie viele im Betrieb Beschäftigte an der Sportveranstaltung teilnehmen müssen, damit diese als betriebliche Veranstaltung angesehen werden könne, existieren nicht.207 In der Literatur wird teils gar eingefordert, vom Kriterium einer Mindestbeteiligung gänzlich abzusehen und es stattdessen genügen zu lassen, dass die Sportveranstaltung allen Betriebsangehörigen zumindest offen stehe.208 Mit dem BSG soll sich der Teilnehmerkreis einer Betriebssportgruppe jedenfalls auf die Mitarbeiter des Unternehmens oder, falls die Gruppe unternehmensübergreifend organisiert ist, auf die Angehörigen der beteiligten Unternehmen beschränken.209 Da sportliche Betätigungen von Beamten, sofern es sich nicht um dienstplanmäßig vorgeschriebene Sportübungen beispielsweise für Polizeibeamte oder Sportlehrer handelt,210 zwangsläufig außerhalb des Dienstgebäudes und ganz regelmäßig außerhalb der Dienstzeit stattfinden, werden sie im Dienstunfallrecht grundsätzlich dem ungeschützten Bereich der privaten Lebensführung des Beamten zugerechnet,211 sodass ein Dienstunfall jedenfalls nach der Grundnorm des § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG regelmäßig ausscheiden soll.212 Nicht ausgeschlossen ist hingegen eine Einbeziehung der sportlichen Betätigung des Beamten in den Dienstunfall206  BSG, Urt. v. 13. 12. 2005 – B 2 U 29/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 16 Rn. 14 ff. Gegen diese Auffassung aus der älteren Literatur Wolber, SozVers 1974, 149 (150), der unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für einen Verzicht auf die Bewertung des Wettkampfcharakters plädiert, um im Einzelfall unbillige Härten zu vermeiden. 207 Ausführlich Krasney, NZS 2006, 57 (59 f.). Das schleswig-holsteinische LSG entschied im September 2012, dass eine Quote von sieben Prozent der Betriebsangehörigen jedenfalls nicht hinreichend sei, s. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 26. 9. 2012 – L 8 U 5/11, juris Rn. 33. 208  Krasney, NZS 2006, 57 (59); vgl. auch Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 47. 209  BSG, Urt. v. 28. 11. 1961 – 2 RU 130/59, BSGE 16, 1 (5); dass., Urt. v. 19. 3. 1991 – 2 RU 23/90, BSGE 68, 200 (204 f.); dass., Urt. v. 27. 10. 2009 – B 2 U 29/08 R, juris Rn. 12. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat zudem in der Vorinstanz zu letztgenanntem Urteil entschieden, dass es am inneren Zusammenhang jedenfalls dann fehle, wenn ein Betriebssportverein auch privaten Dritten offensteht, s. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 1. 7. 2008 – L 15 U 297/07, juris Rn. 18. 210  Diese unterliegen dem Dienstunfallschutz, s. Baßlsperger, PersV 2014, 133 (136); Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 143; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 82. 211  Fleig, ZBR 1993, 142; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 25. 212  Vgl. statt vieler OVG Niedersachsen, Urt. v. 22. 11. 1994 – 5 L 5418/93, DÖD 1995, 211. Eine Ausnahme soll sich mit Fleig, ZBR 1993, 142, jedenfalls nicht schon daraus ergeben, dass das BVerwG eine den einzelnen Beamten treffende Gesunderhaltungspflicht anerkennt, die sich aus der Treuepflicht des Beamten und der Pflicht zur vollen Hingabe seiner Arbeitskraft ergebe. Für diese Rechtsprechung exemplarisch BVerwG, Urt. v. 14. 5. 1997 – 1 D 58.96, BVerwGE 113, 85.

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schutz über die Erweiterung des § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BeamtVG213, nach welcher auch „dienstliche Veranstaltungen“ in den Dienst miteinbezogen sein sollen. An dieser Stelle sticht ins Auge, dass im beamtenrechtlichen Schrifttum die vom BSG herausgearbeiteten Kriterien für den Betriebssport explizit als nur eingeschränkt übertragbar erachtet werden.214 So vertreten Groepper/Tegethoff 215 in diesem Punkt die Ansicht, dass hinsichtlich der Zuordnung einer Sportveranstaltung zum Dienst im Vergleich zum Unfallversicherungsrecht strengere Anforderungen angelegt werden müssten. Ob entsprechend dieser Auffassung tatsächlich von strengeren Voraussetzungen im Dienstunfallrecht ausgegangen werden darf, muss nicht nur im Hinblick auf Tz. 31. 1. 7 BeamtVGVwV216, sondern auch angesichts der Rechtsprechung zu § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BeamtVG angezweifelt werden. Das BVerwG217 führt hierzu allgemein aus, dass die Sportveranstaltung entscheidend durch die dienstliche Sphäre geprägt sein müsse, insbesondere im Zusammenhang mit dienstlichen Aufgaben stehen, dienstlichen Aufgaben zu dienen bestimmt und zumindest mittelbar von der Autorität des Dienstherrn getragen sein, also in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein müsse. In der Rechtsprechung des BVerwG218, der Instanzgerichte219 und in der Literatur220 werden diese abstrakten Anforderungen auch mit den Begriffen der „formellen“ und „materiellen“ Dienstbezogenheit zusammengefasst. Unter materieller Dienstbezogenheit soll zu verstehen sein, dass die Veranstaltung im Zusammenhang mit den Dienstaufgaben steht und dienstlichen Interessen dient, während die formelle Einbeziehung erfordert, dass die Veranstaltung in die dienstliche Sphäre integriert ist und von

213  § 31 Abs. 1 S. 2 BeamtVG: „Zum Dienst gehören auch (…) (Nr.2:) die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen (…)“. 214  Vgl. nur Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 139. 215  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 106a. 216  Tz. 31. 1. 7 BeamtVGVwV: „Dienstliche Veranstaltungen (§ 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) sind solche Veranstaltungen, die im Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und durch organisatorische Maßnahmen sachlicher und personeller Art in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sind; auf eine Verpflichtung des einzelnen zur Teilnahme kommt es nicht an. (…) Betriebssport kommt als dienstliche Veranstaltung nur in Betracht, wenn er dem Ausgleich der Belastungen durch die dienstliche Tätigkeit dient; die weiteren Voraussetzungen des Satzes 1 müssen stets erfüllt sein. Dies ist nicht der Fall, wenn Betriebssport wettkampfmäßig oder zur Erzielung von Spitzenleistungen ausgeübt wird“. 217  St.Rspr., BVerwG, Urt. v. 13.8. 1973 – VI C 26.70, BVerwGE 44, 36 (38); dass., Urt. v. 14. 12. 2004 – 2 C 66.03, NVwZ-RR 2005, 422 (423). Aus der instanzgerichtlichen Judikatur bspw. VG Ansbach, Urt. v. 17. 11. 2009 – AN 1 K 09.01335, juris Rn. 48. 218  BVerwG, Urt. v. 14. 12. 2004 – 2 C 66.03, NVwZ-RR 2005, 422 (423). 219  OVG Niedersachsen, Urt. v. 22. 11. 1994 – 5 L 5418/93, DÖD 1995, 211; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8. 5. 1998 – 6 A 6426/96, juris Rn. 14; VG Aachen, Urt. v. 28. 8. 2014 – 1 K 519/13, juris Rn. 23; VG Hannover, Urt. v. 9. 4. 2015 – 13 A 11333/14, juris Rn. 23 ff. 220  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 90.

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der Autorität des Dienstherrn getragen wird.221 Einen praktischen Mehrwert hat die Aufspaltung der Zurechnungsfrage in einen formellen und materiellen Aspekt jedoch kaum. Die Komponenten lassen sich in der dargebotenen Allgemeinheit nicht eindeutig voneinander trennen, gar dichotomisch einander gegenüberstellen. Mit ihnen wird das Zurechnungserfordernis noch einmal gesondert umschrieben, jedoch nicht unter qualitativen Gesichtspunkten einer Präzisierung zugeführt. Lässt sich die im Schrifttum postulierte strengere Beurteilung im Dienstunfallrecht anhand dieser abstrakten Kriterien aufrechterhalten? Auf beiden Gebieten besteht Übereinstimmung dahingehend, dass der physische Ausgleichscharakter maßgeblicher Zweck der sportlichen Betätigung sein muss und dieser kein primär leistungsorientierter Wettkampfcharakter zukommen darf. Nimmt man sodann die Prägung durch die dienstliche bzw. unternehmensbezogene Sphäre in den Blick, stößt man in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf eine Konkretisierung dahingehend, dass die Prägung als dienstliche Veranstaltung insbesondere dann angenommen werden könne, wenn die sportliche Veranstaltung mit Zustimmung des Dienstherrn gerade auch der Verbesserung des Betriebsklimas sowie der Kontaktpflege unter Beamten einer oder mehrerer Dienststellen dienen soll.222 Diesbezüglich misst das BSG einer besonderen Prägung der Sportveranstaltungen im Sinne eines starken Bezugs zum Unternehmen ebenfalls große Bedeutung bei. Zwar soll in der Unfallversicherung eine ausdrückliche Erlaubnis des Betriebsleiters oder eine finanzielle Unterstützung durch das Unternehmen nicht zwingend erforderlich sein.223 Doch lässt die Rechtsprechungslinie des BSG zum Teilnehmerkreis und die betonte Abgrenzung zu unternehmensfernen Sportveranstaltungen eine starke Schwerpunktlegung auf die Integration der sportlichen Veranstaltung in die Sphäre des Unternehmens erkennen, die der vom BVerwG eingeforderten Einbeziehung der Veranstaltung in die dienstliche Sphäre jedenfalls nicht zwingend nachstehen muss. Hier bleibt die zukünftige Rechtsprechungsentwicklung abzuwarten, insbesondere ob die Verwaltungsgerichte ihre Anforderungen an den Dienstzusammenhang bei sportlichen Betätigungen des Beamten weiter spezifizieren werden. Von einer sich eindeutig unterscheidenden Absicherung des Dienst- gegenüber dem Betriebssport kann nach derzeitigem Stand nicht ausgegangen werden. bb) Telearbeit Vor allem die moderne Kommunikationstechnologie und die fortschreitende Digitalisierung bringen es mit sich, dass Arbeitnehmer und Beamte unter Umständen die Wahl haben, ob sie Pflichten aus ihrem Beschäftigungsverhältnis im Büro oder 221  OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8. 5. 1998 – 6 A 6426/96, juris Rn. 14; VG Aachen, Urt. v. 28. 8. 2014 – 1 K 519/13, juris Rn. 23. 222  BVerwG, Urt. v. 14. 12. 2004 – 2 C 66.03, NVwZ-RR 2005, 422 (423); OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3. 2. 2012 – 10 A 11071/11, NVwZ-RR 2012, 560. 223  BSG, Urt. v. 28. 11. 1961 – 2 RU 130/59, BSGE 16, 1 (6); dass., Urt. v. 19. 3. 1991 – 2 RU 23/90, BSGE 68, 200 (204).

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von zu Hause aus erledigen wollen.224 Gleichsam können Beamte je nach Eigenart ihres Dienstverhältnisses gegebenenfalls optieren, ob sie ihre Tätigkeit in einem ihnen angebotenen Dienstzimmer verrichten wollen oder ein privates häusliches Arbeitszimmer bevorzugen.225 Für diese Form der Arbeit hat sich im rechtswissenschaftlichen Diskurs der Oberbegriff der „Telearbeit“ etabliert.226 Hierunter werden letztlich sehr verschiedene Formen der Heimarbeit gefasst,227 denen im weiten Sinne das Charakteristikum einer engen Verknüpfung von privater und beruflicher Sphäre gemein ist,228 ohne dass sich ein universelles Begriffsverständnis hat herauskristallisieren und etablieren können.229 An dieser Stelle soll die Sachverhaltsgestaltung betrachtet werden, in welcher der Betroffene in seiner Wohnung neben dem rein privat genutzten Wohnraum ein oder mehrere Arbeitszimmer zur Erledigung beruflicher Arbeitsaufgaben nutzt. In dieser Konstellation stehen in der gesetzlichen Unfallversicherung nach der objektivierten Handlungstendenz sämtliche Unfälle im inneren Zusammengang mit der versicherten Tätigkeit, die sich unmittelbar aus den vertraglich geschuldeten und daher betriebsbezogenen Aufgaben des Arbeitnehmers ergeben, da eine Bindung an einen bestimmten Arbeitsort im Unfallversicherungsrecht nicht existiert.230 Un224 Teils führt die technologische Entwicklung unter dem Stichwort „Mobile Office“ auch zur schleichenden Abkehr von räumlich festgelegten Arbeitsplätzen. Zu den arbeitsund arbeitsschutzrechtlichen Fragestellungen Oberthür, NZA 2013, 246 ff. 225  s. bspw. Weimar, RiA 1965, 8, der, noch ohne den Begriff der „Telearbeit“ zu verwenden, auf Richter, verbeamtete Lehrer sowie verbeamtete Ärzte, welche in ihrer Privatwohnung Gutachten erstellen, verweist. Regelmäßig geht dies mit einer Dienstvereinbarung einher, in welcher sich der Beamte dazu verpflichtet, den Heimarbeitsplatz unter Beachtung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen auszugestalten, s. Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG,§ 31 Rn. 57a. 226  Grundlegend zu Erscheinungsformen und individual- sowie kollektivarbeitsrechtliche Fragestellungen Lammeyer, Telearbeit, 2007, passim. Zur Entwicklung des Telearbeitsverhältnisses auch Boemke, BB 2000, 147 ff., der die Wurzeln dieser neuen Arbeitsform in den 1970er Jahren verortet. Zu den arbeitsrechtlichen Aspekten aus der älteren Literatur ebenso bei Kilian/Borsum/Hoffmeister, NZA 1987, 401 ff., sowie Simon/Kuhne, BB 1987, 201 ff. 227  So kann der Telearbeiter möglicherweise ein festes Arbeitszimmer in seiner Wohnung besitzen, gegebenenfalls auch ein Zimmer sowohl zu privaten als auch zu beruflichen Zwecken benutzen oder die berufliche Tätigkeit an wechselnden Orten innerhalb der eigenen vier Wände ausüben, s. Leube, SGb 2012, 380 (381). Ausführlich zu verschiedenen Erscheinungsformen der Telearbeit auch Wedde, NJW 1999, 527. 228  Albrecht, NZA 1996, 1240 (1244 f.). 229  Hornberger, Individualisierung in der Arbeitswelt aus arbeitswissenschaftlicher Sicht, 2006, S. 73. 230  Vgl. BSG, Urt. v. 7. 11. 2000 – B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 18 f.; dass., Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 28/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 20 Rn. 17, mit zustimmender Anmerkung von Eichenhofer, SGb 2007, 746 (747). Im Schrifttum auch Leube, SGb 2012, 380 (381); Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 129a; Wolber, SozVers 1997, 239. Aufgrund dieser tätigkeitsbezogenen Bewertung soll es zudem unerheblich sein, ob sich der im häuslichen

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

fälle, die sich demgegenüber im rein privaten Wohnraum zutragen, stellt das BSG nur in den speziellen Ausnahmefällen einer Rufbereitschaft bei sofortiger Handlungsnotwendigkeit des Arbeitnehmers unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.231 In der dienstunfallrechtlichen Literatur ist in früherer Zeit vertreten worden, den Dienstunfallschutz in der Privatwohnung immer zu bejahen, wenn der Beamte im Unfallzeitpunkt mit dienstlichen Aufgaben beschäftigt war.232 Dies habe für den Beamten eine zur Leistung anspornende Wirkung und liege deshalb mittelbar auch im Interesse des Dienstherrn.233 Den geringen Fallzahlen dürfte es geschuldet sein, dass die Rechtslage bei Unfällen in einem häuslichen Büro über lange Zeit nicht als eindeutig angesehen werden konnte. Als das OVG Berlin-Brandenburg234 im September 2006 einen entsprechenden Sachverhalt zur Entscheidung vorgelegt bekam, führte es aus, dass „Wortlaut, systematische Stellung und Entstehungsgeschichte des § 31 BeamtVG“ keinerlei Rückschlüsse auf Dienstunfallschutz bei Telearbeit zuließen235 und entschied den Fall anhand einer teleologischen Betrachtungsweise. Treffend bemerkte es am Ende des Urteils, dass es im Wege der Revision dem BVerwG möglich sein werde, eine grundsätzliche Klärung der Thematik herbeiführen zu können.236 Dem Revisionsurteil des BVerwG vom 31. 1. 2008237 dürfte in diesem Bereich heute dann auch grundlegende Bedeutung zuzumessen sein. Zu entscheiden war über einen Sachverhalt, in welchem eine Schulleiterin in ihrem häuslichen Arbeitszimmer eine Schulleiterbesprechung abhalten und dienstliche Schreiben anfertigen wollte. Zur Vorbereitung gedachte sie das Zimmer mittels des dort installierten Kohleofens aufzuwärmen. Als sie zu diesem Zweck zwei gefüllte Kohleneimer in das Zimmer verbringen wollte, stolperte sie, prallte mit dem Kopf gegen die Zimmertür und zog sich eine schwere Verletzung zu. Das Gericht lehnte im Ergebnis die Annahme eines Dienstunfalls ab. Es führte hierzu zunächst allgemein aus, dass derjenige, der im Rahmen einer ihm gegebenen Wahlmöglichkeit gegen den Dienst im Dienstgebäude optiert, damit auch im Grundsatz den dienst­unfallrechtlich geschützten Bereich hinter sich lasse, denn diesen zu erweitern stehe nicht im Vermögen des Betroffenen.238 Gleichwohl bedeute dies nicht, dass Dienstunfallschutz schlechthin Bereich gewählte Arbeitsplatz als vom privaten Bereich separiertes Heimbüro oder als ein durchaus auch gemischt privat und beruflich genutzter Raum darstelle, solange der innere Zusammenhang mit den Aufgaben der Telearbeit bestehe, s. Leube, SGb 2012, 380 (381). 231  BSG, Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 1/06 R, BSGE 98, 20 (24). 232  Weimar, RiA 1965, 8 (9). 233  Weimar, RiA 1965, 8 (9). 234  OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 9. 2006 – OVG 4 B 16.05, juris. 235  OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 9. 2006 – OVG 4 B 16.05, juris Rn. 20. 236  OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7. 9. 2006 – OVG 4 B 16.05, juris Rn. 25. 237  BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411. 238  BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411. So auch der VGH Bayern hinsichtlich der Frage, ob der Weg zur Toilette innerhalb des vom Beamten bewohnten Hauses dienstunfallgeschützt sein kann und der im Hinblick auf

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ausscheiden müsse. Dafür müsse aber der Unfall umgebungsunabhängig seine wesentliche Ursache in einer dienstlichen Verrichtung haben.239 Die konkrete Handlung müsse auch in den eigentlich der privaten Sphäre zuzurechnenden Räumlichkeiten eine Dienstausübung darstellen, was zur Voraussetzung habe, dass die Verrichtung im Rahmen einer objektiven Betrachtungsweise den typischen Dienstaufgaben zurechenbar sein müsse, in ihrer Eigenart also maßgeblich von den dem Beamten übertragenen Aufgaben gekennzeichnet und geprägt zu sein habe.240 Da das Transportieren der Kohle lediglich im weiteren Sinne der Vorbereitung der dienstlichen Abhaltung einer Schulleiterkonferenz zu dienen bestimmt war und zudem maßgeblich durch die spezifische Ausgestaltung der privaten Räumlichkeit mit einem alten Kohle­ofen geprägt war, fehlte es nach Auffassung des BVerwG gerade an einer durch die dienstliche Aufgaben vorgegebenen und damit unfallschutzbegründenden Verrichtung.241 Auch die seit dieser Entscheidung ergangene Rechtsprechung242 akzentuiert ganz im Sinne des BVerwG den Ausnahmecharakter des dienstunfallgeschützten Arbeitsplatzes außerhalb des Dienstgebäudes.243 Vergleicht man diese Rechtsprechung, so ergibt sich, dass sowohl der Arbeitnehmer als auch der Beamte in einem häuslichen Arbeitszimmer unter Unfallschutz stehen, solange sie hier die ihnen übertragenen Arbeitsaufträge erfüllen. Zugleich wird der Beamte erkennbar stärker auf ein bestimmtes und abgrenzbares dienstlich genutztes Arbeitszimmer festgelegt. cc)  Innerhäusliche Betriebswege Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Telearbeit steht die Frage, wie der Unfallschutz auf innerhäuslichen Wegen zu beurteilen ist, die der Betroffene in die Abgrenzung von dienstlich geschützter und privater Risikosphäre feststellt, dass der Beamte grundsätzlich das Unfallrisiko in seinen eigenen Räumlichkeiten beherrsche und der Dienstherr auf diese keinen Einfluss nehmen könne, s. VGH Bayern, Beschl. v. 10. 6. 2008 – 3 ZB 07.2366, ZBR 2010, 127 (128). Ebenso VG Bayreuth, Urt. v. 17. 4. 2009 – B 5 K 08.751, juris Rn. 29. 239  So auch die Kommentierung bei Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 38. 240  BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411. Ebenso Groepper/ Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 64. 241  BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411 (412). 242  Insbesondere der VGH Bayern hatte sich seitdem mit der Thematik zu beschäftigen, s. VGH Bayern, Beschl. v. 10. 6. 2008 – 3 ZB 07.2366, juris; ders., Beschl. v. 20. 2. 2012 – 3 ZB 09.1735, juris. 243  VGH Bayern, Beschl. v. 20. 2. 2012 – 3 ZB 09.1735, juris Rn. 8, unter Bezugnahme auf das BVerwG: Optiert ein Beamter im Rahmen einer ihm vom Dienstherrn überlassenen Entscheidung dafür, dienstliche Tätigkeiten von einem privaten häuslichen Arbeitszimmer aus zu verrichten, soll Dienstunfallschutz nur eingeschränkt in Betracht kommen, da der Beamte sich in seinem privaten und von ihm beherrschbaren Risikobereich aufhalte, sich bewusst gegen das eigentliche Dienstgebäude entschieden und damit die dem Dienstherren zuzurechnenden Risikosphäre verlassen habe.

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seinen eigenen vier Wänden zurücklegt, um vom privaten Bereich zu seinem Arbeitszimmer oder zurück zu gelangen.244 Im Dienstunfallrecht kommt hier ein Wegeunfall gemäß § 31 Abs. 2 ­BeamtVG nicht in Betracht, da sich der Beamte im eigenen Haus nicht auf einem Weg zwischen Wohnung und Dienststelle befinde.245 Aus den ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteilen, nach denen nicht der gesamte häusliche Bereich unter Dienstunfallschutz gestellt werden könne, sondern nur das dienstlich genutzte Arbeitszimmer als solches, wird deutlich, dass Dienstunfallschutz nach § 31 Abs. 1 BeamtVG auf innerhäuslichen Wegen zum und vom Arbeitsbüro nicht gewährt werden soll.246 Das VG Bayreuth hat in einem Urteil vom 17. 4. 2009247 diese Betrachtung unter dem Blickwinkel der dem Dienstherrn nicht mehr zurechenbare Risikosphäre räumlich anhand des Betretens bzw. Verlassens des häuslichen Arbeitszimmers präzisiert.248 Im Unfallversicherungsrecht wird in dieser Konstellation ein Wegeunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gleichsam ausgeschlossen.249 Grundsätzlich in Betracht komme aber ein versicherter Betriebswegeunfall.250 Ein solcher Betriebsweg unterscheidet sich vom Weg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII dadurch, dass er unmittelbar in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird und daher bereits nach § 8 Abs. 1 SGB VII versichert ist.251 Hieraus folgt, dass ein versicherter Betriebswegeunfall innerhalb der Wohnung nicht für den ersten Weg vom rein privaten Bereich zu den Arbeitsräumlichkeiten in Betracht kommt, da der Ar244 Hierzu jüngst für die gesetzliche Unfallversicherung Spellbrink, NZS 2016, 527 (529 ff.). 245  VGH Bayern, Beschl. v. 10. 6. 2008 – 3 ZB 07.2366, juris Rn. 10. 246  VGH Bayern, Beschl. v. 10. 6. 2008 – 3 ZB 07.2366, juris Rn. 11: Kein Dienstunfallschutz auf dem Weg von der Toilette zum Telearbeitsplatz im nächsthöheren Stockwerk; VG Bayreuth, Urt. v. 17. 4. 2009 – B 5 K 08.751, juris Rn. 29: Kein Dienstunfallschutz auf dem Weg vom Telearbeitszimmer zum PKW. 247  VG Bayreuth, Urt. v. 17. 4. 2009 – B 5 K 08.751, juris. 248  VG Bayreuth, Urt. v. 17. 4. 2009 – B 5 K 08.751, juris Rn. 29. Diese Grenzziehung wird im genannten Revisionsurteil des VGH Bayern nicht explizit aufgegriffen, jedoch betont, dass Vorbereitungstätigkeiten, die außerhalb des dienstlich genutzten Arbeitszimmers durch die Beschaffenheit des privaten häuslichen Bereichs zu Unfällen führen, nicht unter Dienstunfallschutz stünden, s. VGH Bayern, Beschl. v. 20. 2. 2012 – 3 ZB 09.1735, juris Rn. 11. 249  LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. 9. 2007 – L 17 U 106/07, NZS 2008, 379; Leube, SGb 2012, 380 (382); Spellbrink, NZS 2016, 527 (529). 250  BSG, Urt. v. 30. 11. 1972 – 2 RU 24/71, SozR Nr. 38 zu § 548 RVO S. 50 f.; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23. 11. 2006 – L 10 U 3788/06, juris Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. 9. 2007 – L 17 U 106/07, NZS 2008, 379; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 3. 9. 2015 – L 6 U 96/13, NZS 2016, 73; Leube, SGb 2012, 380 (382). 251  BSG, Urt. v. 7. 11. 2000 – B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 15 f.; Leube, SGb 2012, 380 (382); ders., NZV 2015, 275 (279); Plagemann, ArbRAktuell 2015, 38; Ricke, NZV 2014, 200 (201).

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beitnehmer zu diesem Zeitpunkt eine versicherte Tätigkeit noch nicht aufgenommen haben kann.252 Hat der Arbeitnehmer die betrieblich genutzten Räume seiner Wohnung erreicht und bewegt sich innerhalb dieser, besteht dann im Grundsatz Betriebswegeunfallschutz.253 Darüber hinaus lässt die jüngere Rechtsprechung des BSG erkennen, dass dieser versicherte Bereich nicht auf die Arbeitsräumlichkeiten limitiert bleiben muss, sondern auch innerhäusliche Wege außerhalb des unmittelbar betrieblich genutzten Arbeitsbereichs als Betriebsweg unter Unfallversicherungsschutz stehen können. Der zweite Senat des BSG urteilte am 12. 12. 2006254 über einen Sachverhalt, in dem ein Außendienstmitarbeiter einer Versicherung in einem Mehrfamilienhaus ein Dreizimmerappartment bewohnte und von diesen Zimmern eines als beruf­ liches Arbeitszimmer benutzte. Der klagende Arbeitnehmer erlitt im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses einen Unfall, nachdem er zuvor in seinem Arbeitszimmer betriebliche Aufgaben erledigt hatte und sodann die Dreizimmerwohnung verließ, um einen Kundenbesuch vorzunehmen. Das BSG stellte zunächst seine traditionelle Rechtsprechungslinie dar, nach welcher Unfälle, die der Betroffene in dem von ihm bewohnten Haus auf dem Weg zur Ausübung einer versicherten Tätigkeit erleidet, nicht unter Versicherungsschutz stünden.255 Zugleich hob der zweite Senat hervor, dass diese Rechtsprechungslinie „so nicht anwendbar“ sei, wenn sich der Arbeitsplatz und die Wohnung des Arbeitnehmers im selben Haus befänden.256 In dieser Konstellation müsse es maßgeblich darauf ankommen, ob der Teil der Wohnung, in dem sich der Unfall ereignet, wesentlich betrieblichen Zwecken diene, wobei das BSG hierfür eine „ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung“ zur Bedingung macht.257 Erkennbar wird in diesen Ausführungen, dass eine starre Betrachtungsweise, nach welcher zurückgelegte Wege im betrieblich genutzten Arbeitszimmer unfallversichert sind, alle weiteren Wege von oder zur Arbeitsstätte innerhalb der Wohnung hingegen ungeschützt seien, nicht der Auffassung des BSG entspricht.

252  BSG, Urt. v. 25. 2. 1993 – 2 RU 12/92, NJW 1993, 2070; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. 9. 2007 – L 17 U 106/07, NZS 2008, 379 (380). Das Gericht verweist diesbezüglich aber auf mögliche Ausnahmefälle, wenn der Unfall auf dem Weg zur betrieblichen Tätigkeit ganz wesentlich durch betriebsbedingte Umstände verursacht worden sei. 253  So vertreten von Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 33b. Ablehnend Leube, SGb 2012, 380 (382 f.), der dafür plädiert, den Unfallversicherungsschutz des Telearbeitnehmers auf die unmittelbare betriebsdienliche Tätigkeit in seinem Arbeitszimmer zu beschränken und zurückgelegte Wege auch im betrieblich genutzten Teil der Wohnung nicht als versichert anzusehen. 254  BSG, Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 1/06 R, BSGE 98, 20. 255  BSG, Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 1/06 R, BSGE 98, 20 (22 f.). 256  BSG, Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 1/06 R, BSGE 98, 20 (23). 257  BSG, Urt. v. 12. 12. 2006 – B 2 U 1/06 R, BSGE 98, 20 (24).

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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Hervorzuheben ist in diesem Zusammengang ein Urteil des LSG Rheinland-Pfalz aus dem Januar 2015258, welches die vom BSG herausgestellten Parameter zur Grundlage hat. Im vom LSG entschiedenen Fall hatte die telearbeitende Klägerin einen Unfall erlitten, als sie ihr Arbeitszimmer verließ, um sich in der Küche ein Getränk zu holen. Im Anschluss hieran gedachte sie, ihre Arbeit fortzusetzen. Auf dem Weg zurück zum Arbeitszimmer stürzte die Betroffene, die aus gesundheitlichen Gründen auf eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr angewiesen war, auf der Treppe. Diese Treppe war innerhalb des Hauses nach Feststellung des LSG weder eindeutig dem rein privaten noch dem betrieblich genutzten Bereich zuzuordnen.259 Obgleich diese Treppe demnach zumindest auch dem privaten Teil des Hauses zugerechnet werden musste, bejahte das LSG einen inneren Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit und damit einen versicherten Betriebsweg.260 Unter Bezugnahme auf das genannte Urteil des BSG vom Dezember 2006 führte es begründend aus, dass, wenn sich wohnlicher Bereich und Arbeitsstätte in einem Haus befinden, ein genereller Ausschluss des Versicherungsschutzes auf Wegen im bewohnten Haus nicht postuliert werden könne.261 Wenn der privat genutzte Bereich, in dem sich der Unfall ereignet, funktionell auch betrieblichen Zwecken diene, müsse vielmehr Unfallversicherungsschutz angenommen werden.262 Da die Klägerin auf die Benutzung der Treppe als einziger Zugangsmöglichkeit zu ihrem Arbeitszimmer angewiesen war, sei dieses Kriterium erfüllt gewesen.263 Im Juli 2016 lag der Fall dem BSG in der Revision zur Entscheidung vor.264 dd) Schutzimpfungen Zuweilen kommt es vor, dass Vorgesetzte den ihnen unterstehenden Arbeitnehmern oder Beamten eine Schutzimpfung gegen übertragbare Krankheiten empfehlen, beispielsweise in Zeiten einer grassierenden Grippewelle. Je nach individueller physischer Konstitution können Impfungen zu ungewollten und behandlungsbedürftigen Reaktionen des Körpers führen und einen gesundheitlichen Schaden herbeiführen.

258 

LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 21. 260  LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 21. 261  LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 21. 262  LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 21. 263  LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. 1. 2015 – L 3 U 171/14, juris Rn. 21. 264  Anm. d. Verf.: Laut einer offiziellen Pressemitteilung des BSG hat das Gericht unter dem Aktenzeichen B 2 U 5/15 R am 5. 7. 2016 entschieden, dass entgegen der Ansicht des LSG Rheinland-Pfalz nicht von einem Arbeitsunfall ausgegangen werden könne. Zum Zeitpunkt der Drucklegung der vorliegenden Untersuchung, lagen die Entscheidungsgründe der Öffentlichkeit noch nicht vor. 259 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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Das BSG verortet Schutzimpfungen im Bereich des eigenwirtschaftlichen Interesses des Betroffenen an gesundheitserhaltenden Maßnahmen.265 In diesem Sinne haben das hessische LSG266 und das SG Düsseldorf 267 in der Vergangenheit im Falle einer im Betrieb bekannt gemachten Gelegenheit zur freiwilligen Impfung das Bestehen eines inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit abgelehnt. Eine vom Arbeitgeber offerierte Grippeschutzimpfung diene den Urteilen zufolge, wie andere Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit, lediglich dem eigenwirtschaftlichen Interesse des Betroffenen und falle daher in den privaten und unversicherten Bereich, unbenommen der Tatsache, dass die Erhaltung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers unternehmensdienlich ist.268 Etwas anderes ist der sozialgerichtlichen Judikatur nur für Sachverhaltskonstellationen zu entnehmen, in denen nicht mehr von einer bloßen Empfehlung oder einem Angebot zur Impfung ausgegangen werden konnte, sondern der Arbeitgeber die bei ihm angestellten Personen kraft seines Direktionsrechts zu einer Impfung angehalten hatte.269 Die Rechtslage in der Unfallfürsorge weicht hiervon ab. Schon Schick stellte 1969 fest, dass Impfschäden selbst dann von der Unfallfürsorge kompensiert werden, wenn kein „Befehl“, sondern lediglich eine „Empfehlung“ zur Impfung an den Beamten ergeht.270 Die kontemporäre Rechtsprechung spiegelt dies wider. In einem Urteil vom 28. 3. 2013271 hat das BVerwG eine Schädigung bei einer freiwillig vorgenommenen Grippeschutzimpfung als Dienstunfall anerkannt. Im konkreten Fall war der Dienstort des Polizeioberkommissars ein Polizeirevier, von welchem aus er sich mit Einverständnis seines Dienststellenleiters während der Dienstzeit und mit einem Dienstauto zum ein paar Straßen entfernten polizeiärztlichen Dienst begab. Zwar schied eine direkte Zuordnung der Grippeimpfung zur Risikosphäre des Dienstherrn nach den Kriterien Dienstzeit und Dienstort damit aus.272 Jedoch erkannte das BVerwG die vom Dienstherrn angebotene freiwillige Impfung als dienstliche Veranstaltung nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BeamtVG an und ordnete den 265 

BSG, Urt. v. 7. 9. 2004 – B 2 U 35/03 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 Rn. 12 m.w.N. LSG Hessen, Urt. v. 1. 8. 1973 – L 3 U 14/73, juris. 267  SG Düsseldorf, Urt. v. 3. 4. 2007 – S 16 U 34/05, juris. 268  LSG Hessen, Urt. v. 1. 8. 1973 – L 3 U 14/73, juris Rn. 25; SG Düsseldorf, Urt. v. 3. 4. 2007 – S 16 U 34/05, juris Rn. 6. So allgemein für die der Gesundheit des Arbeitnehmers dienenden Maßnahmen auch das LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28. 9. 2000 – L 7 U 139/00, juris Rn. 21, und das SG Mainz, Urt. v. 21. 3. 2013 – S 10 U 48/11, NZS 2013, 590 (591), für vom Arbeitgeber bloß bekannt gemachte und finanzierte allgemeine Grippeschutzimpfungen ohne konkreten Anlass. Das Gericht sah demgegenüber einen Impfschaden als versichert an, der sich aus einer vom Arbeitgeber aus aktuellem Anlass „initiativ und wesentlich“ beworbenen Schweinegrippenschutzimpfung ergeben hatte. 269  So wiederum das LSG Hessen in einer Entscheidung vom Dezember 2010, s. LSG Hessen, Urt. v. 1. 12. 2010 – L 9 U 47/07, juris: Eine Krankenpflegerin war von ihrem Arbeitgeber zu einer vorsorglichen Impfung gegen Hepatitis A und B aufgefordert worden. 270  Schick, ZBR 1969, 65. 271  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152. 272  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 (153). 266 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Unfall der Risikosphäre des Dienstherrn zu.273 Es liegt hier auf der Hand, dass das BVerwG auch einen Dienstunfall unmittelbar auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG anerkannt hätte, sofern die offerierte Impfmöglichkeit zur gleichen Zeit im Dienstgebäude selbst bestanden hätte. ee)  Übernachtungen im Schullandheim Die letzte zu beleuchtende Fallgruppe betrifft speziell die Berufsgruppe der Lehrer. Nicht zuletzt abhängig davon, in welchem der bundesdeutschen Länder sie ihren pädagogischen Aufgaben nachkommen, werden sie entweder in einem Dienstverhältnis oder als privatrechtlich beschäftigte Arbeitnehmer tätig. Sowohl die Sozial- als auch die Verwaltungsgerichte hatten in der jüngeren Vergangenheit über die Anerkennung eines Arbeits- bzw. Dienstunfalls bei Lehrern zu entscheiden, die auf Klassenfahrten in Schuldlandheimen einen Unfall erlitten hatten. Hier ist zuerst der Blick auf das Dienstunfallrecht zu richten. Der VGH Baden-Württemberg hatte am 28. 9. 2007274 über einen Fall zu entscheiden, in dem eine verbeamtete Lehrerin beim morgendlichen Duschen in einem Schullandheim ausglitt und sich verletzte. Das zuständige Oberschulamt hatte einen Dienstunfall mit der Begründung verneint, dass eine Lehrerin im Schullandheim nicht rund um die Uhr im Dienst sei. Das morgendliche Aufsuchen der Dusche stelle keine Tätigkeit dar, die von den dienstlichen Erfordernissen geprägt werde, sondern falle unter die außerhalb der Risikosphäre des Dienstherrn angesiedelte Eigenverantwortung des Beamten an der Erhaltung seiner allgemeinen Dienstfähigkeit.275 Der baden-württembergische VGH lehnte die Argumentation der Behörde ab und bejahte einen Dienstunfall. Mit der Durchführung einer Klassenfahrt nehme ein Lehrer nach Auffassung des Gerichts im Grundsatz schulische und damit dienstliche Pflichten wahr.276 Die Beamtin habe sich während des Aufenthalts im Schul273  BVerwG, Urt. v. 29. 8. 2013 – 2 C 1.12, NVwZ-RR 2014, 152 (153). Demgegenüber mit kritischer Tendenz Hoffmann, RiA 2013, 243 (247), der die Gefahr sieht, dass von Seiten des Dienstherrn künftig auf „Freiwilligkeit“ beruhende Angebote aufgrund des unfallfürsorgerechtlichen Haftungsrisikos restriktiver gehandhabt werden könnten, sodass die dem Beamten zugutekommende rechtliche Ausweitung des Dienstunfallschutzes mit für ihn negativen Folgen auf tatsächlicher Ebene verbunden sein könnten. Entgegen dieser Rechtsprechung des BVerwG hat das VG Leipzig in einem unveröffentlicht gebliebenen Urteil vom Januar 2015 offenbar eine Schutzimpfung im Dienstgebäude des Polizeiarztes nicht als Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 S. 2 BeamtVG anerkannt, VG Leipzig, Urt. v. 15. 1. 2015 – 3 K 836/12. Zu Recht hat das sächschische OVG jüngst mit Verweis auf das oben genannte Urteil des BVerwG die Berufung gegen das Urteil des VG Leipzig aufgrund ernsthafter Zweifel an seiner Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, s. OVG Sachsen, Beschl. v. 16. 2. 2016 – 2 A 112/15, juris Rn. 8 f. 274  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225. 275 s. die Wiedergabe der Argumentation bei VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225. 276  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225. So auch das OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11. 4. 2007 – 21 A 3006/05, juris Rn. 27, mit

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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landheim schon wegen ihrer höchstpersönlichen Präsenz- und Aufsichtspflichten durchgehend „im Banne des Dienstes“ befunden, sodass das Duschen auch nicht als eigenwirtschaftliche Tätigkeit qualifiziert werden könne, die mit ihrer dienstlichen Bereitschaft vor Ort schlechterdings nicht in Verbindung gebracht werden könne.277 Vielmehr sei dieses Voraussetzung für das Erfüllen ihrer dienstlichen Verpflichtung gewesen.278 Darüber hinaus argumentierte das Gericht damit, dass insbesondere die Unkenntnis des Beamten über die örtlichen Verhältnisse sowie sich daraus ergebenden besonderen Gefahren, denen der Beamte aufgrund des ihm vorgeschriebenen Aufenthalts- und Übernachtungsort zwangsweise ausgesetzt sei, die Gewährung von Dienstunfallschutz rechtfertigen würden.279 Daraus ergebe sich wertungsmäßig, dass der Dienstherr auch das spezifische örtliche Risiko für Verrichtungen trage, die an sich in die private Sphäre des Beamten fallen.280 Im Beschluss vom 26. 2. 2008281 bestätigte das BVerwG die Auffassung des baden-württembergischen VGH, was seitens des Schrifttums von Biletzki als eine zu extensive Auslegung des § 31 Abs. 1 BeamtVG zulasten des Dienstherrn kritisiert worden ist.282 Die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung weicht von dieser wertenden Zurechnung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung deutlich ab. In einem Fall mit weitgehend identischem Sachverhalt setzte sich das BSG am 18. 11. 2008283 ausführlich mit der Argumentation des VGH Baden-Württemberg auseinander. Stehe fest, dass es sich bei der Klassenfahrt um eine grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Dienstreise handelt, so bleibe im zweiten Schritt die Prüfung erforderlich, ob die konkrete Verrichtung im Unfallzeitpunkt der versicherten Tätigkeit zurechenbar ist.284 Letzteres bestimme sich auch hier unter dem Zurechnungsgesichtspunkt der objektivierten Handlungstendenz.285 Die Ansicht des VGH, ein Beamter sei während seines Aufenthalts im Schullandheim Hinweis darauf, dass dies nicht zwangsläufig für jede auf der Klassenfahrt durchgeführte Tätigkeit gilt, sondern nur insoweit, als diese den pädagogischen Aufgaben des Lehrers und damit den Erfordernissen des Dienstes entspricht. 277  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225 (226). 278  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225 (226). Breunig, VBlBW 2008, 410 (417), merkt in rechtspolitischer Hinsicht an, dass der VGH mit dieser Argumentation einer teilweise zu beobachtenden Neigung der Behörden eine Absage erteile, den Dienstunfalltatbestand allzu restriktiv auszulegen, um öffentliche Gelder einzusparen. 279  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225 (226). 280  VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2007 – 4 S 516/06, VBlBW 2008, 225 (226). 281  BVerwG, Beschl. v. 26. 2. 2008 – 2 B 135.07, NVwZ-RR 2008, 410. Eine Zusammenfassung findet sich bei Braun, RiA 2008, 270. 282  Biletzki, NVwZ 2010, 688 (690). 283  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris. 284  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 14. 285  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 11.

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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prinzipiell durchgehend im Dienst, lasse sich nach Ansicht der Sozialrichter nicht in entsprechender Weise auf den privatrechtlich angestellten Lehrer übertragen. Auch bei einem vorgeschriebenen Aufenthalt im Schullandheim müsse nichtsdestotrotz zwischen Tätigkeiten unterschieden werden, die in den Bereich der versicherten Tätigkeit fallen und solchen, die in der privatwirtschaftliche Sphäre zu verordnen sind.286 Da die alltägliche Körperpflege nach ständiger Rechtsprechung als eigenwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei und für eine wertende Ausnahme keine Anhaltspunkte vorgelegen hätten, verneinte das BSG den inneren Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit und damit einen Arbeitsunfall.287 5.  Wegfall des Zusammenhangs aus anderen Gründen Im Rahmen der bisherigen Fallgruppen stand die Frage im Fokus, inwiefern bestimmte Tätigkeiten dem Versicherungstatbestand bzw. dem Dienst zugerechnet werden können. Hiermit zusammenhängend bleibt noch zu untersuchen, wie der Zurechnungszusammenhang zu beurteilen ist, wenn die in Rede stehende Tätigkeit verbotswidrig oder im alkoholbedingten Rauschzustand vorgenommen worden ist. a)  Verbotswidriges Handeln In der gesetzlichen Unfallversicherung scheidet die Anerkennung eines Versicherungsfalls gemäß § 7 Abs. 2 SGB VII nicht bereits deswegen aus, weil der Arbeitnehmer verbotswidrig gehandelt hat.288 Diese vom Gesetzgeber getroffene Grundsatzentscheidung wurzelt im sozialen Schutzgedanken der gesetzlichen Unfallversicherung, mit dem es nicht vereinbar wäre, würde man den Wegfall von Versicherungsschutz zu einem Instrument der Pönalisierung verbotswidrigen Handelns machen.289 Der Begriff der Verbotswidrigkeit erfährt hierbei eine extensive Auslegung. Rekurriert wird auf sämtliche Verbotsnormen der Rechtsordnung.290 Aus den vergangenen Jahrzehnten existiert hierzu eine umfangreiche Judikatur des BSG, die unter anderem den Verstoß gegen strafrechtlich bewehrte Verbote291, gegen Unfallverhütungsvorschriften im Betrieb,292 aber auch gegen vom Arbeit286 

BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 14 ff. BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 21. 288  Gleichwohl zu beachten sind hier die nach § 101 Abs. 2 SGB VII möglichen Sanktionen im Leistungsrecht, sofern der Versicherte für die in Rede stehende Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist und es sich um ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen gehandelt hat. 289  Vgl. statt vieler nur Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 8. 290  Vgl. statt vieler nur Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 7 Rn. 5. 291  BSG, Urt. v. 4. 6. 2002 – B 2 U 11/01 R, NJW 2002, 3275 (3276), zu einem verbotswidrigen und strafbaren Überholmanöver mit zusammenfassender Besprechung bei Dahm, NZV 2014, 114. 292  BSG, Urt. v. 29.6. 1966 – 2 RU 104/65, BSGE 25, 102 (104); dass., Urt. v. 26. 7. 1977 – 8 RU 8/77, SozR 2200 § 548 Nr. 35 S. 95. 287 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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geber aufgestellte Gebote293 umfasst. Das BSG fügte in früheren Entscheidungen noch hinzu, dass bei Missachtungen von arbeitgeberseitigen Anordnungen dort eine Grenze zu ziehen sei, wo die maßgebliche Handlung des Arbeitnehmers als evident unsinnig anzusehen sei oder den Interessen des Unternehmers offensichtlich zuwiderlaufe.294 In diesen Ausnahmefällen dürfte es allerdings schon ganz regelmäßig am inneren Zusammenhang zum Versicherungstatbestand fehlen, denn in jedem Falle kann ein verbotswidriges Handeln nur versichert sein, wenn auch der innere Zusammenhang zwischen eben jener Handlung und der versicherten Tätigkeit gegeben ist.295 Im BeamtVG fehlt es an einer mit § 7 Abs. 2 SGB VII korrespondierenden Norm.296 Dieser Befund könnte zunächst vermuten lassen, dass in der Dienstunfallfürsorge der Frage nach der Verbotswidrigkeit eines Handelns bereits für sich genommen Relevanz für die Anerkennung eines Dienstunfalls zukommt. Tatsächlich führt die Auswertung der Literatur und der ergangenen Rechtsprechung nicht zu eindeutigen Erkenntnissen. So soll mit Reich der Dienstzusammenhang einerseits unabhängig davon zu bewerten sein, ob der Beamte „rechtmäßig oder rechtswidrig“ agiert,297 andererseits sollen strafbewehrte Handlungen nicht dem Dienst zugerechnet werden können.298 Dieser Ansatz hätte eine Differenzierung nach der Qualität der Verbote zur logischen Konsequenz. Andere Stimmen in der Literatur gehen hingegen offenbar davon aus, dass der unfallversicherungsrechtliche Grundsatz der Unschädlichkeit verbotswidrigen Handelns auf die Beamtenunfallfürsorge ohne eine solche Differenzierung zu übertragen sei.299 Das BVerwG selbst hat sich bislang noch nicht explizit mit der Frage auseinandersetzen müssen. Doch wird der in der Literatur vertretene Gedanke einer Übertragung zumindest auf der Ebene der Verwaltungsgerichte in neuerer Zeit zustimmend aufgegriffen.300 Indes 293  BSG, Urt. v. 24. 1. 1991 – 2 RU 35/90, juris Rn. 16, zum Verstoß gegen eine arbeitgeberseitige Anordnung zur auswärtigen Übernachtung. 294  BSG, Urt. v. 29. 6. 1966 – 2 RU 104/65, BSGE 25, 102 (104), noch zur alten Fassung von § 542 Abs. 2 RVO; vgl. auch dass., Urt. v. 28. 5. 1957 – 2 RU 150/55, BSGE 5, 168 (171 f.). 295  Krasney, in: Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 7 Rn. 17 m.w.N.; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 7 Rn. 5. In vergleichender Perspektive zum französischen Recht s. Namgalies, Das französische Arbeitsunfallrecht, 1981, S. 80 ff. Für die Praxis folgt hieraus, dass die Verbotswidrigkeit eines Handelns sich zumindest als Indiz für das Fehlen des inneren Zusammenhangs darstellt, s. Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/ Waltermann, SGB VII, § 7 Rn. 6. 296  Mit § 44 Abs. 1 S. 1 BeamtVG hat der Gesetzgeber lediglich eine Norm für das Leistungsrecht geschaffen, welche die Gewährung von Unfallfürsorgehilfe ausschließt, wenn der Beamte den Dienstunfall vorsätzlich herbeigeführt hat. 297  Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 4. 298  Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 10. 299  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 54; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 64. 300  s. zB VG Freiburg, Urt. 4. 12. 2012 – 5 K 1220/11 juris Rn. 19, unter Bezugnahme auf Stimmen in der Literatur; VG Ansbach, Urt. v. 30. 1. 2007 – AN 1 K  06.02532, juris

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis eine solche Übertragung zur Rechtsprechung des BVerwG steht, nach welcher der Zusammenhang mit dem Dienst und somit auch die Anerkennung eines Dienstunfalls ausscheiden soll, wenn der Beamte entgegen „den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn“ handelt oder eine Handlung vom Dienstherrn „ausdrücklich verboten“ worden ist.301 Dass der Dienstzusammenhang nach der Rechtsprechung des BVerwG entfällt, wenn der Beamte entgegen den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn agiert, darf wohl nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass jedes verbotswidrige Handeln unter dem Blickwinkel des Interesses des Dienstherrn an einem rechtskonformen Verhalten des Beamten zu einem Ausschluss der Unfallfürsorge führen muss.302 Andernfalls wäre eine Übertragung des Rechtsgedankens aus § 7 Abs. 2 SGB VII auf das Dienstunfallrecht ein bedeutungsloser Formalismus, welcher prüfungsdogmatisch auf der Ebene des Dienstzusammenhangs unmittelbar ins Leere laufen würde. Angesichts der Tatsache, dass von § 7 Abs. 2 SGB VII Verbote sämtlicher Art erfasst werden und somit auch rein betriebliche Verbote, erscheint es nicht überzeugend, vor dem Hintergrund der BVerwG-Rechtsprechung zur Beachtlichkeit von Verboten seitens des Dienstherrn von einer vorbehaltlosen Übertragung der sozialrechtlichen Regelung auf das Dienstunfallrecht auszugehen. b) Alkoholisierung Ein Alkoholrausch kann im Unfallversicherungsrecht wie eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit entfallen lassen. Dies setzt einen durch Volltrunkenheit herbeigeführten Leistungsausfall voraus, der zu einer „Lösung vom Betrieb“ führt.303 Unterschieden wird dieser von einem alkoholbedingten qualitativen oder quantitativen Leistungsabfall, bei dem der Arbeitnehmer weiterhin eine versicherte Tätigkeit aus­übe, wobei gegebenenfalls der Kausalzusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und schädigendem Unfallereignis entfallen könne.304 Da es zur Abgrenzung zwischen Rn. 29. Kritisch gegenüber einer Übertragung des Gedankens aus § 7 Abs. 2 SGB VII auf das Dienstunfallrecht Reich, LKV 2014, 193 (197 f.). 301  s. oben unter Erstes Kap. A. II. 3. b) cc). 302  So wird man es jedenfalls dem Urteil des VG Freiburg vom 4. 12. 2012 entnehmen können, in welchem das Gericht einen Dienstunfall bejahte, nachdem ein Lehrer entgegen der Hausordnung an einer Schnellballschlacht auf dem Schulgelände teilgenommen und sich hierbei verletzt hatte, s. VG Freiburg, Urt. 4. 12. 2012 – 5 K 1220/11, juris Rn. 20. 303  BSG, Urt. v. 5. 9. 2006 – B 2 U 24/05 R, BSGE 97, 54 (61 f.) m.w.N.; dass., Urt. v. 30. 1. 2007 – B 2 U 23/05 R, BSGE 98, 79 (83); LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19. 6. 2008 – L 1 U 104/06, juris Rn. 36 f.; Bengelsdorf, NZS 1999, 1304 (1310); Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 19; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 275; Mehrtens, in: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 8 Rn. 9.2. 304  BSG, Urt. v. 28. 6. 1979 – 8a RU 34/78, BSGE 48, 224 (226); LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19. 6. 2008 – L 1 U 104/06, NZS 2009, 405 (407); Holtstraeter, in: Knickrehm/ Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 19; Wolber, NZA 1988, 233 (234).

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einem Leistungsausfall und einem bloßen Leistungsabfall auf das verbleibende Leistungsvermögen des Arbeitnehmers ankommt, welches in Abhängigkeit von einer individuell stärker oder geringer ausgeprägten Alkoholtoleranz steht, existiert kein fester Grenzwert hinsichtlich der Blutalkoholkonzentration, ab dem zwangsläufig eine vollständige Loslösung von der versicherten Tätigkeit anzunehmen wäre.305 Auch der Beamte soll sich durch Trunkenheit vom Dienst lösen können.306 Mit Verweis auf die vom BSG geprägte Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung wird eine alkoholbedingte Dienstunfähigkeit vorausgesetzt, die dem Leistungsausfall des Arbeitnehmers entspricht, während eine alkoholbedingte Verminderung der Dienstfähigkeit analog zum Leistungsabfall des Arbeitnehmers noch keine Lösung des Dienstzusammenhangs bewirken können soll.307 An dieser Stelle aber gewinnt die Wechselwirkung mit dem fehlenden Dienstzusammenhang bei verbotswidrigem Handeln an Bedeutung. Dort wo ein dezidiert niedergelegtes Verbot jeglichen Alkoholkonsums während der Dienstzeit existiert, kann auch bei einem bloß relativen Leistungsabfall des Beamten der Dienstzusammenhang abzulehnen sein, lässt doch ein ausdrückliches Verbot des Dienstherrn den Zusammenhang mit dem Dienst nach der Rechtsprechung des BVerwG entfallen.308 Unter diesem Gesichtspunkt ist zu konstatieren, dass von einer vorbehaltslosen Anwendbarkeit der im Unfallversicherungsrecht geltenden Maßstäbe in Bezug auf eine Alkoholisierung des Betroffenen im Ergebnis wiederum nicht ausgegangen werden kann.

305  BSG, Urt. v. 28. 6. 1979 – 8a RU 34/78, BSGE 48, 224 (226 f.): Blutalkoholkonzentration nur „chemische Bezugsgröße“, welche keine „abschließende Aussage über die Auswirkungen eines Rauschzustandes zulässt“; Kater, in: Kater/Leube, SGB VII, § 8 Rn. 84; Köhler, VSSR 2011, 63 (64); Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 133 f. 306  VG Würzburg, Urt. v. 17. 6. 2008 – W 1 K 08.876, juris Rn. 20; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 87; Minz, Beamtenversorgungsrecht, Rn. 340. Aus der älteren Literatur zum alkoholbedingten Dienstunfall im Soldatenversorgungsrecht Wolfrum, Die Kriegsopferversorgung 1968, 81 (82). 307  VG Hannover, Urt. v. 28. 11. 2012 – 5 A 3356/11, juris Rn. 23; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 87 f.; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 58. Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23. 2. 1989 – 2 C 38.86, BVerwGE 265 (268 f.), wonach eine „alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit“ nicht der den Dienstunfallschutz begründenden Risikosphäre des Dienstherrn zuzurechnen sei. 308  Eine solche Konstellation lag einem Urteil des VG Würzburgs aus dem Jahr 2008 zugrunde. Das Gericht urteilte, dass sich ein Lokomotivführer bereits bei einer relativ niedrigen Blutalkoholkonzentration von 0,86 Promille vom Dienst gelöst habe, da in der einschlägigen allgemeine Dienstanweisung der Deutschen Bahn ein Verbot des Konsums alkoholischer Getränke während des Dienstes festgesetzt war, s. VG Würzburg, Urt. v. 17. 6. 2008 – W 1 K 08.876, juris Rn. 22.

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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III. Unfallereignis Nachdem im Vorangegangenen untersucht worden ist, unter welchen Kriterien einzelne Tätigkeiten in der Unfallversicherung und der Dienstunfallfürsorge abgesichert sind, ist nun der Blick auf das Unfallereignis als solches zu richten. Das BSG differenziert einerseits zwischen dem äußeren, zeitlich begrenzten Ereignis als Ursache des Unfalls, welches es als „Unfallereignis“ bezeichnet, und andererseits der Schädigung, welche erst den „Unfall“ als solchen eintreten lasse.309 Dieser Differenzierung folgend soll hier zunächst auf das schädigende Ereignis als solches eingegangen und der Gesundheitsschaden erst im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität thematisiert werden. 1. Ereignis Weder im Arbeits- noch im Dienstunfallrecht werden an das „Ereignis“ einschränkende Anforderungen gestellt, die für die Rechtsanwendung praktische Bedeutung erlangen würden. Eine feststehende und allgemein verbindliche Definition existiert nicht. Doch lassen sich Rechtsprechung und Literaturstimmen ohne weiteres dahingehend zusammenfassen, dass hierunter sämtliche Geschehnisse gefasst werden sollen, die eine Zustandsveränderung bewirken und seien sie auch bloß geringfügiger Natur.310 2.  Äußere Einwirkung Dieses im weiten Sinne verstandene Ereignis muss nach beiden Tatbeständen in einer äußeren Einwirkung auf den Betroffenen bestehen. Hierin unterscheiden sich § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII und § 31 Abs. 1 BeamtVG lediglich im exakten Wortlaut der Definition. 309 

BSG, Urt. v. 29. 11. 2011 – B 2 U 10/11 R, SGb 2012, 666 (667). Begriffslogisch erscheint diese Zweiteilung als problematisch. Es überzeugt wenig, ein Ereignis, welches durch das Fehlen eines Gesundheitsschadens die notwendige Bedingung vermissen lässt, um insgesamt als „Unfall“ qualifiziert zu werden, dennoch im Grundsatz bereits als „Unfallereignis“ begrifflich zu identifizieren. Für die Praxis hat dies freilich kaum Bedeutung, denn in den Fällen, in denen es erkennbar an jeglichem kompensationsfähigen Gesundheitsschaden mangelt, erübrigt sich in der Regel von vorneherein die Prüfung, ob ein Arbeitsunfall anzuerkennen ist. In der Literatur wird diese Trennung nicht immer konsequent vollzogen, dazu bspw. die Übersicht zum Arbeitsunfall bei Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 321. 310  Für das Unfallversicherungsrecht exemplarisch BSG, Urt. v. 29. 11. 2011 – B 2 U 23/10, NZS 2012, 390 (391), wonach für den Unfallbegriff ein „besonderes, ungewöhnliches Geschehen“ nicht gegeben sein müsse. Für das Dienstunfallrecht Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 16, mit einer Übersicht über die ergangene Rechtsprechung; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 35 f.; Riedmaier, RiA 1979, 41 (42); Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 4; Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 7.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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a) Funktion Das Merkmal eines „von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses“ in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII dient nach ständiger Rechtsprechung des BSG funktionell der Klarstellung, dass sogenannte „innere Ursachen“, also ausschließlich innerkörperliche Vorgänge, die zu einer krankhaften Erscheinung führen, ohne dass ein Einfluss aus der außerhalb des Körpers liegende Sphäre hinzutritt, grundsätzlich aus dem Unfallbegriff herausfallen.311 Auf dem Gebiet der Dienstunfallfürsorge vermeidet das BVerwG den Terminus der „inneren Ursache“ weitgehend und geht begrifflich vorzugsweise von einem „inneren Vorgang“ aus.312 Auch nach dessen Ansicht kommt dem Tatbestandsmerkmal die Funktion zu, „Vorgänge der Außenwelt von krankhaften Abläufen innerhalb des menschlichen Körpers“ zu unterscheiden.313 Dies entspricht exakt der Auslegung im Arbeitsunfallrecht.314 Als klassische Beispiele für solche inneren Ursachen bzw. Vorgänge, die die Annahme eines Unfallereignisses ausschließen, werden sowohl in der gesetzlichen Unfallversicherung als auch in der Unfallfürsorge epileptische Anfälle, Schwindel, Ohnmacht oder ein plötzlicher Herztod angesehen.315 b)  Qualitative Anforderungen Ebenso ergibt eine Auswertung der Rechtsprechung und Literatur, dass das Merkmal auf beiden Gebieten materiell nur geringen Anforderungen unterliegt.316 311  St.Rspr., vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270); dass., Urt. v. 15. 5. 2012 – B 2 U 16/11 R, BSGE 111, 52 (54); Kunze, VSSR 2005, 299 (313); Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 25; Rolfs, in: ErfK, SGB VII, § 8 Rn. 1. Zur Kasuistik in der Rechtsprechung und Abgrenzungsfragen sowie zur Verwendung des Begriffs der „inneren Ursache“ bereits in der frühesten Rechtsprechung des RVA bei Keller, NZS 1995, 58 ff. 312  BVerwG, Urt. v. 30. 6. 1988 – 2 C 3.88, BVerwGE 80, 4 (7). 313  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (61). Für die Literatur vgl. nur Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 5. 314  Hierauf verweist auch das BSG, s. BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270). Auch hat das BVerwG schon vor Schaffung des BeamtVG darauf hingewiesen, dass der Unfallbegriff auf der Judikatur des Reichsgerichts beruhe, in welcher die „äußere Einwirkung“ bereits der Abgrenzung gegenüber Ursachen aus dem Körperinneren dienen soll, s. BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (61). 315 Für das Arbeitsunfallrecht exemplarisch bei Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 4; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 124 m.w.N. Für das Dienstunfallrecht die Übersicht über die Rechtsprechung bei Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 20, sowie Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienst­u nfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 8. 316  In Anbetracht der extensiven Interpretation des Merkmals in der Judikatur ist es innerhalb des Schrifttums als inhaltlich ausgehöhlt und letztlich verzichtbar kritisiert worden, so v.a. durch Schulin, in: Schulin HS-UV, § 28 Rn. 5; ders., BG 1996, 140 (143). Kernpunkt der Kritik ist, dass es dem Tatbestandsmerkmal der äußeren Einwirkung weitgehend an einer selbstständigen Abgrenzungs- bzw. Ausschlussfunktion mangele.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Illustrieren lässt sich dies an einigen Eckpunkten: So brauche sich die Einwirkung nicht als außergewöhnliches, dem regulären Arbeitsablauf zuwiderlaufendes oder sonst wie sozial auffälliges Ereignis darstellen. Alltägliche Vorgänge wie ein bloßes Stolpern317 oder ein Ausgleiten auf rutschigem Boden sollen genügen.318 Auch die Gefahren des alltäglichen Lebens wie ein Insektenstich oder eine Infektion können daher als Unfallereignis anzusehen sein.319 Desgleichen brauche die äußere Einwirkung nicht optisch-visuell erfassbar sein, sodass auch Einwirkungen durch Lärm320 sowie durch radioaktive Strahlung oder elektromagnetische Wellen in Betracht kommen und gegebenenfalls auch eine besonders intensive Sonneneinstrahlung genügen könne.321 Ebenso sei auch dann eine hinreichende äußere Einwirkung gegeben, wenn ein Gegenstand nicht unmittelbar mechanisch gegen den Körper seine Kraft entfaltet, sondern sich der Körper auf den Gegenstand zubewegt oder in anderer Form dessen Widerstand erfährt, so beispielsweise bei einem Sturz auf den Boden322 oder beim Anheben323 bzw. Schieben einer schweren Last.324 Das bayWagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 114, merkt an, dass, wenn sich nahezu immer eine äußere Einwirkung konstruieren lasse, sich die erforderliche Abgrenzung zu den inneren Ursachen weitgehend auf die Ebene der rechtlichen Wesentlichkeit im Rahmen der Unfallkausalität hin verlagere. Ricke weist darauf hin, dass sich die Differenzierung zwischen den Tatbestandsmerkmalen der Einwirkung von außen und des Gesundheitsschaden in der Praxis aber als kaum relevant erweise, s. Ricke, WzS 2013, 241 (242 f.); ders., in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 24. Gegen diese Kritik führt Keller an, dass dem Merkmal insoweit durchaus eine eigene Bedeutung als Abgrenzungsmerkmal zukomme, als dass ein Unterlassen nicht als „Einwirkung“ in Betracht kommen könne, s. Keller., SGb 2012, 668 (671). Letzterem zustimmend Köhler, SGb 2014, 69 (70). 317  BSG, Urt. v. 13. 3. 1959 – 2 RU 167/57, BSGE 9, 222 (224); dass. Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270); Köhler, SGb 2014, 69 (70) m.w.N. 318  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (62). 319  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 3. Mehrtens, in: Bereiter-Hahn/Merhtens, SGB VII, § 8 Rn. 11.1. 320  Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 3. 4. 2014 – 2 LB 19/13, juris Rn. 28. 321  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (271). 322  BSG, Urt. v. 29. 11. 2011 – B 2 U 10/11 R, NJOZ 2013, 131 m.w.N. 323  Vom BSG bejaht im Fall einer erlittenen Hirnblutung beim Anheben eines 70 Kilogramm schweren Steins, BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270). Für das Überwinden der Gegenkräfte beim Anheben einer schweren Patientin LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. 7. 2009 – L 31 U 378/08, juris Rn. 18. Anders zuvor noch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 26. 1. 2009 – L 1 U 3612/08, juris Rn. 27, wonach die Verletzung beim Anheben einer 25 Kilogramm schweren Glasscheibe auf einer körpereigenen Kraftanstrengung ohne äußere Einwirkung beruhen solle. Kritisch dazu Keller, SGb 2012, 668 (670), der bei körpereigenen Bewegungen lediglich absolute Bagatellfälle ausschließen möchte und das Problem nicht bei der äußeren Einwirkung, sondern im Rahmen der Unfallkausalität verortet. 324  LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 3. 12. 2008 – L 17 U 154/07, juris Rn. 25, für ein Wegrutschen beim Schieben eines schweren Schranks. Gleichsam für das Bewegen eines 50 Kilogramm schweren Kartons VGH Bayern, Urt. v. 5. 9. 1990 – 3 B 90.418, DÖD 1991, 90.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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rische LSG sieht darüber hinaus bereits „körpereigene Bewegungen wie Laufen und Springen“ als Einwirkungen von außen an und dies auch für den Fall, dass diese „gewohnt und üblich“ seien.325 Zwar könnte der Wortlaut des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII, wenn er von einem „von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis“ ausgeht, nahelegen, dass dieses auf den Körper einwirkende Ereignis physisch-mechanischer Natur sein muss. Doch hat das BSG bereits vor Jahrzehnten auch psychisch-seelische Einwirkungen als umfasst angesehen.326 Anerkannt wird daher, dass Beleidigungen oder Mobbing sowie ähnliche Einwirkungen auf die Psyche wie eine drastische und unangemessene Zurechtweisung durch einen Vorgesetzten äußere Einwirkungen darstellen können sollen.327 Demgegenüber fehlt es in § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG bereits an der Feststellung, dass das Ereignis auf den Körper hin wirken muss. Damit erscheint es schon im Hinblick auf den Wortlaut unproblematischer, wenn das BVerwG für das Dienstunfallereignis ebenso wie die sozialgerichtliche Rechtsprechung Einwirkungen auf die Psyche wie Beschimpfungen oder Beleidigungen als hinreichend bewertet.328 3.  Zeitliche Limitierung Sowohl § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII als auch § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG setzen eine Limitierung des Einwirkungszeitraums voraus. a) Funktion Dem Merkmal „zeitlich begrenzt“ kommt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Funktion der Abgrenzung des Arbeitsunfalls von der Berufskrankheit329 sowie gegenüber dem Versicherungsfall der Krankheit in der gesetzlichen Kran325  LSG Bayern, Urt. v. 13. 8. 2008 – L 2 U 410/07, juris Rn. 27. Zustimmend Keller, SGb 2012, 668 (670). Auch hier anderer Ansicht LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16. 4. 2010 – L 8 U 5043/09, juris Rn. 23, wonach es bei „betrieblich bedingter Fortbewegung zu Fuß ohne Hinzutreten weiterer Einflüsse“ an einer äußeren Einwirkung mangele. Für den Dienstunfalltatbestand, aber ebenso wie das bayerische LSG der VGH Baden-Württemberg, der die beim Laufen einwirkende Schwerkraft und den Widerstand des Bodens als äußere Einwirkung anerkannt hat, s. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 30. 1. 1991 – 4 S 2438/90, DÖD 1992, 94. 326  So schon BSG, Urt. v. 18. 12. 1962 – 2 RU 189/59, BSGE 18, 173 (175). 327  Grundlegend dazu bei Benz, NZS 2002, 8 ff. Im Grundsatz in der Literatur unbestritten, s. bspw. Köhler, SGb 2014, 69 (70); ders., SGb 2001, 481 (483); Wagner, in Schlegel/ Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 107. Marschner, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB VII, § 8 Rn. 7, merkt an, dass es in Fällen des Mobbings eines Mindestmaßes an Einwirkungsintensität bedürfen solle. So auch Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 15. 328  BVerwG, Urt. v. 9. 4. 1970 – II C 49.68, BVerwGE 35, 133 (134 f.). s. auch bei Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 19, mit Nachweisen aus der Judikatur der Instanzgerichte. 329  Gunkel/Jegust, Arbeitsunfall, 1965, S. 13; Igl/Welti, Sozialrecht, § 40 Rn. 39.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

kenversicherung zu.330 Obgleich es sich erst mit der Überführung der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB VII auch im Gesetzeswortlaut wiederfindet, war es schon im Geltungszeitraum der alten RVO331 in Rechtsprechung332 und Literatur333 allgemein anerkannt. In § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG ist demgegenüber von einem „plötzlichen“ Ereignis die Rede. Der Terminus der „Plötzlichkeit“ fand in den vergangenen Jahrzehnten zwar auch in der Arbeitsunfalldogmatik Verwendung, ist aber mit Einführung der Legaldefinition in § 8 Abs. 1 SGB VII außer Gebrauch gekommen.334 Das BVerwG zieht in Übereinstimmung mit der Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung das Merkmal der Plötzlichkeit zur Abgrenzung des den Dienstunfall kennzeichnenden Ereignisses von schädlichen Dauereinwirkungen heran.335 Damit dient die zeitliche Begrenzung auch hier der Abgrenzung des Unfalls von der auf längerfristigen Einwirkungen basierenden und tatbestandlich weiter gefassten Dienstbeschädigung im Sinne der § 28 BeamtStG336 und § 49 BBG, welche allenfalls als Berufskrankheit im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG qualifiziert werden können.337 b) Höchstdauer Übereinstimmend wird weder aus „zeitlich begrenzt“ im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII noch aus der Plötzlichkeit im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG gefolgert, dass sich der Vorgang in Sekundenschnelle ereignen muss, wie es zumindest der umgangssprachliche Gebrauch des Wortes „Unfall“ insinuieren könnte.338 Im Ar330  Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 147. Nach Heinze/Ricken/ Giesen, NZA 1999, 532, sei die zeitliche Begrenzung dem Unfall im Gegensatz zur Krankheit „begriffsimmanent“. 331  Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19. 7. 1911, RGBl. I S. 509. 332  s. schon RG, Urt. v. 6. 7. 1888 – III 80/88, RGZ 21, 77 (78); BSG, Urt. v. 30. 6. 1965 – 2 RU 175/63, BSGE 23, 139 (141). 333  Vgl. statt vieler nur Benz, WzS 1988, 97 (98). 334  s. bspw. BSG, Urt. v. 27. 11. 1980 – 8a RU 18/79, SozR 2200 § 762 Nr. 2 S. 3. Ausführlich und mit zahlreichen Nachweisen noch zum Merkmal der „Plötzlichkeit“ als Tatbestandsmerkmal des Unfallbegriffs in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Pürckhauer, VersR 1983, 11 ff. Als historisches Beispiel aus dem begleitenden Schrifttum zur näheren Bestimmung des Unfallbegriffs durch das RVA Schulte-Holthausen, Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, Drittes Buch, 1929, S. 47. 335  BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 2006 – 2 B 46.05, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 17 Rn. 6. Aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung bspw. VGH Bayern, Beschl. v. 25. 10. 2012 – 3 ZB 10.2737, juris Rn. 5; VG Trier, Urt. v. 25. 9. 2012 – 1 K 429/12.TR, juris Rn. 24. Für die Literatur bspw. Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 31 Rn. 20. 336  Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) v. 17. 6. 2008, BGBl. I S. 1010. 337  Pflaum, RiA 2011, 198 (199); Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 4. 338  Für das Dienstunfallrecht Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 12. Für das Arbeitsunfallrecht Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 10a; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 23; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 146.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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beitsunfallrecht wird das Merkmal dahingehend ausgelegt, dass das schädigende Ereignis im Laufe eines Arbeitstages bzw. einer Arbeitsschicht aufgetreten sein müsse.339 Im Unfallfürsorgerecht soll unter „plötzlich“ ein in jedem Falle relativ kurzer Zeitraum zu verstehen sein,340 wobei eine allgemein anerkannte zeitliche Grenze nicht existiert.341 Das BVerwG ging in der Vergangenheit unspezifisch von einem „nicht längere Zeit“ einwirkenden Ereignis aus.342 Im Schrifttum existiert eine starke Auffassung, die für die Heranziehung der Rechtsprechung des BSG plädiert. Von der Plötzlichkeit eines Ereignisses wäre demnach noch im Rahmen der zeitlichen Grenzen einer Dienstschicht auszugehen.343 Auf der Ebene der Instanzgerichte orientierte sich der VGH Bayern in jüngerer Vergangenheit in einer Reihe von Entscheidungen344 mit Verweis auf die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung an der Höchstgrenze von einer Dienstschicht.345 Ob das B ­ VerwG sich in Zukunft auf diese Grenzziehung einlassen wird oder sich hier einen Interpretations- und Bewertungsspielraum bewahren möchte, bleibt abzuwarten.

339 St.Rspr., vgl. schon BSG, Urt. v. 26. 9. 1961 – 2 RU 191/59, BSGE 15, 112 (113); dass., Urt. v. 28. 1. 1966 – 2 RU 151/63, BSGE 24, 216 (219). Aus neuerer Zeit dass., Urt. v. 31. 1. 2012 – B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43 Rn. 24. Ebenso ganz herrschende Auffassung im Schrifttum, vgl. statt vieler nur Kunze, VSSR 2005, 299 (313); Marschner, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB VII, § 8 Rn. 6. Im Vorfeld der Eingliederung der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch hat Krasney vorgeschlagen, die zeitliche Limitierung auf eine Woche auszudehnen, s. Krasney, VSSR 1993, 81 (93). Dieser Impuls ist von der Rechtsprechung nicht übernommen worden. 340  Baßlsperger, PersV 2014, 133 (137); Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 181; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 36; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 30. Aus der älteren Literatur Bochalli, Grundriss des deutschen Beamtenrechts, 1965, S. 81: „Einflüsse von längerer Dauer“ sollen den Dienstunfall ausschließen. 341  So explizit Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 30. 342  BVerwG, Urt. v. 8. 5. 1963 – VI C 89.61, Buchholz 232 § 181a BBG Nr. 8 S. 21. Aufgegriffen durch dass., Urt. v. 9. 4. 1970 – II C 49.68, BVerwGE 35, 133. 343  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 23; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 9; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 8; Schütz, PersV 1971, 260; Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 11; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 12 Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 37, gehen davon aus, dass Ereignisse, die sich über „mehrere Dienstschichten oder Tage“ erstrecken, nicht mehr als „plötzlich“ qualifiziert werden könnten. 344  s. VGH Bayern, Beschl. v. 4. 5. 2011 – 3 ZB 09.2463, juris Rn. 4; ders., Beschl. v. 12. 9. 2011 – 3 ZB 09.1477, juris Rn. 2; ders., Beschl. v. 25. 10. 2012 – 3 ZB 10.2737, juris Rn. 5. 345  Dies teils aber wiederum mit der nicht näher konkretisierten Einschränkung, dass eine Übertragung zumindest „in bestimmten Fällen“ in Betracht komme, s. VGH Bayern, Beschl. v. 25. 10. 2012 – 3 ZB 10.2737, juris Rn. 5.

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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c)  Örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit Mit dem Erfordernis der „örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit“ enthält § 31 Abs. 1 S. 1 BeamtVG eine präzisierende Komponente, die sich in der Legaldefinition des Arbeitsunfalls nicht findet. Das BVerwG sieht den besonderen Zweck des Merkmals in der Begrenzung des Risikobereichs des Dienstherrn, welcher nur für Schadensereignisse haftbar gemacht werden solle, die konkret nachgewiesen werden können.346 Die örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit erfordere daher die eindeutige Abgrenzung des plötzlichen Ereignisses von anderen in Betracht kommenden Geschehnissen in einer Weise, die eine Verwechslungsgefahr zulasten der Fürsorge des Dienstherrn ausschließe.347 Ins Auge fällt, dass das Gericht die örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit als Bezugsrahmen und Voraussetzung dafür ansieht, das Ereignis dem Dienst des Beamten zurechnen zu können348 und davon ausgeht, dass erst die so vorgenommene räumliche und zeitliche Konkretisierung die Feststellung erlaube, ob die Veränderung des Gesundheitszustandes des Beamten auf einem Dienstunfall beruhe und daher im Rahmen der Dienstunfallfürsorge zu entschädigen ist.349 Streng genommen wird man hier attestieren müssen, dass das Merkmal innerhalb der Dienstunfalldogmatik nicht bloß als konstitutives Element des Unfallereignisses aufzufassen ist, sondern in seiner Bedeutung darüber hinausgeht und zugleich die Frage nach der Dienstbezogenheit des schädigenden Ereignisses tangiert. Für die gesetzliche Unfallversicherung gilt, dass ein exakter, gar minutiös rekonstruierbarer Unfallzeitpunkt nach der Rechtsprechung des BSG nicht zwingend ermittelt werden können muss, solange mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass das schädigende Ereignis innerhalb der zeitlichen Grenzen der betroffenen Arbeitsschicht stattgefunden haben muss.350 Im Dienstunfallrecht entspricht die bloße Möglichkeit, das plötzliche Ereignis auf einen bestimmten Zeitraum mittels Anfangs- und Schlusstags näher eingrenzen zu können, laut dem BVerwG dem Erfordernis örtlicher und zeitlicher Bestimmbarkeit jedenfalls nicht.351 Das saarländische OVG entschied darüber hinaus im Jahr 2009, dass, im Gegensatz zum Unfallversicherungsrecht352, in jedem Falle der konkrete Tag

346 

BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708 (709). BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708 (709). 348  BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 2006 – 2 B 46.05, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 17 Rn. 6. 349  BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708 (709). Hierzu auch die in diesem Punkte zustimmende Anmerkung von Biletzki, NVwZ 2010, 688 (689). 350  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 31. 1. 2012 – B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43 Rn. 24; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 12; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 140. 351  BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 2006 – 2 B 46.05, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 17 Rn. 6. 352  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 12a m.w.N. 347 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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feststellbar sein müsse.353 Damit weicht die Rechtslage in der Dienstunfallfürsorge von derjenigen in der Unfallversicherung ab.354 d)  Problembereich Infektionskrankheiten Für die praktische Rechtsanwendung relevant werden die Anforderungen an eine räumliche und zeitliche Bestimmbarkeit insbesondere bei Infektionskrankheiten, die durch Bakterien oder Zeckenstiche übertragen werden und deren Symptome sich erst mit einigem zeitlichen Abstand bemerkbar machen. Zwar kann auch in der gesetzlichen Unfallversicherung ein Arbeitsunfall abzulehnen sein, wenn es nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse offensichtlich ist, dass der Ansteckungsprozess nicht innerhalb der Grenzen einer Arbeitsschicht erfolgt sein kann.355 Für die örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit bei § 31 Abs. 1 BeamtVG konstatiert das BVerwG hingegen ungleich strenger, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung „fast ausnahmslos“ nicht mit der Präzision feststellen lasse, die den Anforderungen an die zeitliche Bestimmbarkeit des Unfallereignisses genügen würde.356 Nach der Auffassung des Gerichts sei dies insofern unproblematisch, als dass der Gesetzgeber mittels § 31 Abs. 3 BeamtVG357 die Voraussetzungen geschaffen habe, die in der Anlage 1 der BKV358 gelisteten Infektionskrankheiten359 als Dienstunfall anzuerkennen, sofern dessen Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind.360 Rechtstechnisch ist diese Möglichkeit dadurch geschaffen, dass nach Einführung des BeamtVG die damalige Bundesregierung von der Ermächtigung in § 31 Abs. 3 S. 3 BeamtVG361 Gebrauch gemacht und eine 353 

OVG Saarland, Urt. v. 22. 4. 2009 – 1 A 155/08, juris Rn. 32. Zu dieser Feststellung kommt auch Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 12a. 355  Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 141 f. 356  BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 2006 – 2 B 46.05, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 17 Rn. 6. 357  § 31 Abs. 3 S. 1 BeamtVG: „Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat“. 358  Berufskrankheitenverordnung (BKV) v. 31. 10. 1997, BGBl. I S. 2397. 359  BKV Anl. 1 mit den folgenden enumerativ aufgelisteten Krankheiten: „3101: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war; 3102: Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten; 3103: Wurmkrankheiten der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale oder Strongyloides stercoralis; 3104: Tropenkrankheiten, Fleckfieber“. 360  BVerwG, Beschl. v. 19. 1. 2006 – 2 B 46.05, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 17 Rn. 6 m.w.N. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen bspw. Groepper/Tegethoff, in: Plog/ Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 178 ff. 361  § 31 Abs. 3 S. 3 BeamtVG: „Die in Betracht kommenden Krankheiten bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung“. 354 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Durchführungsverordnung362 zu § 31 BeamtVG erlassen hat, in der auf die BKV verwiesen wird.363 Dieser Lösungsweg ist freilich auch in der gesetzlichen Unfallversicherung gangbar, wenn die Anerkennung der Infektion als Arbeitsunfall ausscheiden muss. Stellt die Ansteckung im Unfallversicherungsrecht tatbestandlich sowohl einen Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII als auch eine Berufskrankheit im Sinne des § 9 SGB VII dar,364 so wird das Konkurrenzverhältnis sogar zugunsten der Anerkennung als Berufskrankheit aufgelöst, was dem Versicherten im Ergebnis zum Vorteil gereicht, da hiermit die Möglichkeit der Erbringung zusätzlicher Leistungen nach § 3 BKV einhergeht.365 Für den Beamten könnte sich jedoch im Vergleich zumindest theoretisch eine Unfallschutzlücke auftun, wenn sich im konkreten Fall eine Infektionskrankheit nicht unter die aufgelisteten Krankheitstatbestände der BKV subsumieren lässt. Ist dies der Fall, so besteht für den Arbeitnehmer immer noch die Möglichkeit, dass die Infektion als eine sogenannte „Quasi-Berufskrankheit“ im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII366 anerkannt wird.367 An dieser sozialpolitisch motivierten Regelung, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die Aktualisierung der BKV mit neuen oder vertieften medizinischen Erkenntnissen nicht simultan Schritt halten kann,368 fehlt es in § 31 BeamtVG, sodass der Beamte bei Nichtanerkennung einer Listen-Berufskrankheit vollständig ohne Leistungen der Unfallfürsorge verbleibt.369 362  Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG§31DV – Bestimmung von Krankheiten für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge) v. 20. 6. 1977, BGBl. I S. 1004. 363  § 1 BeamtVG§31DV: „Als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes werden die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 8. Dezember 1976 (…) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt“. 364  Ausführlich zur Prüfungsstruktur einer Berufskrankheit im Sinne des § 9 SGB VII sowie zu Beweisfragen und arbeitsmedizinischen Fragestellungen Bieresborn, NZS 2008, 354 ff.; ders., SGb 2016, 310 ff. 365  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 15a. 366  § 9 Abs. 2 SGB VII: „Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind“. 367  Axer, SGb 2016, 177 (178); dazu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7. 2. 2008 – L 17 U 132/05, NZS 2008, 46: Nichtanerkennung einer genau bestimmten Listen-Berufskrankheit beinhaltet nicht konkludent die Ablehnung des Vorliegens einer Berufskrankheit im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII. Zur Struktur des Versicherungsfalls „Berufskrankheit“ Becker, SGb 2010, 131 ff. 368  Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 9 Rn. 21; Spellbrink, WzS 2012, 259 (260). 369  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 181b; vgl. auch Budzinski, NVwZ 2012, 1593 (1595).

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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4. Unfreiwilligkeit Normativ setzen weder § 8 Abs. 1 SGB VII noch § 31 Abs. 1 BeamtVG die Unfreiwilligkeit des Unfallgeschehens voraus. Einigkeit besteht auf beiden Gebieten insoweit, als dass das Unfallereignis für den Betroffenen jedenfalls nicht unvorhersehbar oder unabwendbar gewesen sein muss.370 Ob die Einwirkung den Betroffenen auch unfreiwillig treffen muss, inwiefern „Unfreiwilligkeit“ demnach als ein autonomes und konstitutives Tatbestandsmerkmal des Unfallereignisses in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII hinein zu lesen ist, wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet und stellt im Unfallversicherungsrecht eine der wenigen Kontroversen um den Unfallbegriff dar. Das BSG legt sich dahingehend fest, dass die Unfreiwilligkeit der Einwirkung aufseiten des Betroffenen dem Begriff des Unfalls „immanent“ sei.371 Dazu ist anzumerken, dass der allgemeine Sprachgebrauch des Wortes „Unfall“ wohl stets die Unfreiwilligkeit impliziert.372 Keineswegs aber ist die Legaldefinition in diesem Punkte zwingend. Eine vom Versicherten freiwillig eingegangene Selbstschädigung wird sich gleichsam regelmäßig als ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis darstellen. Das BSG stellt folgerichtig auch nicht auf die Legaldefinition ab, sondern postuliert, dass ein geplantes bzw. willentliches Herbeiführen der Einwirkung per se dem Begriff des Unfalls widerspreche.373 In der Literatur war das Kriterium der Unfreiwilligkeit als konstituierender Bestandteil des Unfallbegriffs in der Vergangenheit stets umstritten.374 Bis in die jüngere Zeit hinein finden sich ablehnende Stimmen,375 insbesondere unter Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber bei entsprechendem Willen im Rahmen der Einordnung der Unfallversicherung in das SGB die Möglichkeit gehabt hätte, die Unfreiwilligkeit in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu in370  Für die gesetzliche Unfallversicherung vgl. BSG, Urt. v. 15. 5. 2012 – B 2 U 16/11 R, BSGE 111, 52 (56); Für das Unfallfürsorgerecht vgl. die Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 4. 2. 1966 – II C 65.63, BVerwGE 23, 201 (209), in welcher das Gericht die Frage nach der Vorhersehbarkeit eines Schadenseintritts damals unter dem Prüfungspunkt der „Plötzlichkeit“ behandelte; Pflaum, RiA 2011, 198 (199); Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 12. Anderer Ansicht offenbar Riedmaier, RiA 1979, 41 (42): Der „Plötzlichkeit“ sei das „Merkmal des Unerwarteten, Unentrinnbaren“ immanent. 371  BSG, Urt. v. 18. 12. 1986 – 4a RJ 9/86, BSGE 61, 113 (115); dass., Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270). 372  Köhler, SGb 2014, 69 (73 f.), weist darauf hin, dass der umgangssprachliche Gebrauch des Unfallbegriffs nahezu zwangsläufig impliziere, dass der Betroffene nicht „als Subjekt einer bewussten Selbstschädigung“ agiert habe. 373  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270 f.). 374 Die Unfreiwilligkeit mit dem BSG befürwortend bspw. Wagner, in: Schlegel/ Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 118. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 25a, sieht den Begriff „Unfreiwilligkeit“ als „missverständlich“ an und betont eine notwendige „Unabsichtlichkeit“ als Merkmal des Unfallbegriffs. 375  So u.a. Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 92; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 143; Schulin, in: Schulin HS-UV, § 28 Rn. 7; ders., BG 1996, 140.

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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tegrieren.376 Diese Sichtweise überzeugt, zumal bei einer ergebnisorientierten Herangehensweise kaum praktischer Bedarf für das Kriterium der Unfreiwilligkeit zu bestehen scheint: Eine freiwillig vorgenommene Schädigung des Körpers wird sich nach der gegenwärtigen Arbeitsunfalldogmatik in aller Regel im Rahmen der Unfallkausalität als die ganz wesentliche Ursache darstellen, womit das Vorliegen eines Versicherungsfalls sodann auf dieser Ebene negativ beschieden werden muss.377 Mit der Begründung, dass das Subjekt einer vorsätzlichen Selbstschädigung nicht als Unfallopfer angesehen werden könne, sehen Groepper/Tegethoff 378 die Unfreiwilligkeit einer Schädigung als „tatbestandliche Voraussetzung“ für den Dienstunfall an.379 Unklar bleibt hier aber, auf welcher Prüfungsebene der Ausschluss der Selbstschädigung zu erfolgen hat, insbesondere, ob bei einer solchen bereits das Unfallereignis als solches abzulehnen sein soll.

IV.  Ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Unfallereignis Nach dem Unfallereignis sind nun die Anforderungen zu fokussieren, die jeweils an den rechtlichen Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und dem Unfallereignis gestellt werden. 1.  „Unfallkausalität“ im Arbeitsunfallrecht Den Zurechnungszusammenhang zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfallereignisses einerseits und dem Unfallereignis andererseits ermittelt das BSG in seiner neueren Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der „Unfallkausalität“.380 Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 143. So explizit Köhler, SGb 2014, 69 (75); Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 143. 378  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 32, mit Verweis auf weitere Stimmen in der Literatur. 379  Dem ließe sich entgegenhalten, dass in § 44 Abs. 1 S. 1 BeamtVG zum Ausdruck kommt, dass der Beamte einen Dienstunfall „vorsätzlich“ herbeiführen könne. 380  Vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 24. 7. 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 Rn. 27. Für die Instanzgerichte und die Literatur zB LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25. 3. 2014 – L 15 U 243/12, juris Rn. 26; Becker, SGb 2012, 691 (692); Bultmann, in: MAH-Sozialrecht, § 25 Rn. 78. Vereinzelt wird dieser Zurechnungsaspekt in der Judikatur der Instanzgerichte auch als „innerer bzw. sachlicher Zurechnungszusammenhang“ zwischen Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit beschrieben, so bei LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 2. 2014 – L 3 U 208/12, juris Rn. 33, was angesichts der traditionellen Verwendung der Terminologie „innerer Zusammenhang“ für die Zurechnung der konkreten Verrichtung zur versicherten Tätigkeit zu Irritationen führen kann. Kritisch zur Abtrennung der „Unfallkausalität“ vom früher für den Zurechnungszusammenhang gebrauchten Begriff der „haftungsbegründenden Kausalität“ Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 7a. 376 

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A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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a)  Begriff und Funktion Den Terminus der „Unfallkausalität“ führte das BSG erstmals mit Urteil vom 9. 5. 2006381 ein, nachdem es, beginnend mit dem Urteil vom 12. 4. 2005382, dazu übergegangen war, die einzelnen Zurechnungszusammenhänge in der Arbeitsunfalldogmatik terminologisch neu zu definieren.383 Die Prüfung der Unfallkausalität dient funktionell der Abgrenzung des von der gesetzlichen Unfallversicherung erfassten Schutzbereiches vom unversicherten Bereich. Unter Zweckgesichtspunkten soll der Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht schon deshalb gegeben sein, weil den Versicherten während seiner versicherten Tätigkeit ein Unfall­ereignis trifft, sondern nur dann, wenn ein Verursachungszusammenhang zwischen dem Ereignis und der ausgeübten Tätigkeit anzuerkennen ist.384 381 

BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198). Der vom BSG neu verwandte Begriff der Unfallkausalität ist in der Literatur teils auf deutliche Kritik gestoßen. Ricke kritisiert, dass „Unfallkausalität“ begrifflich suggeriere, ein Bejahen dieses Ursachenzusammenhang würde bereits den „Unfall“ begründen, obwohl es hierzu noch der Feststellung eines eingetretenen Gesundheitsschadens bedürfe, weswegen an dieser Stelle von „Ereigniskausalität“ die Rede sein müsste, s. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 7a. Ein Blick in die ältere Literatur zeigt zudem, dass der Begriff der „Unfallkausalität“ terminologisch keine gänzlich neue Schöpfung des Gerichts ist. Bereits deutlich vor der genannten Entscheidung des BSG aus dem Jahr 2006 taucht der Begriff bei Schulin auf, der ihn als adäquaten Terminus für die „Kausalität zwischen unfallbringendem Verhalten und Unfallereignis“ empfiehlt, s. Schulin, in: Schulin HS-UV, § 27 Rn. 112; ders., in: FS-Gitter, 1995, S. 911, und als Vorschlag übernommen bei Igl/Welti, Sozialrecht, § 40 Rn. 3 (Fn. 77). Becker, SGb 2012, 691 (693), weist zutreffend darauf hin, dass die damalige Definition und Verwendung des Begriffs das heutige dogmatische Verständnis von Unfallkausalität und haftungsbegründender Kausalität noch nicht vorweggenommen hat und insbesondere der Ausdruck „unfallbringend“ als Kausalausdruck nicht unproblematisch sei. 382  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262. 383 Dazu auch die Zusammenfassung bei Wallerath/Rühr, NZS 2007 63 (64 ff.). Bis dato bezeichnete das BSG den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfallereignisses und dem Ereignis selbst als „haftungsbegründende Kausalität“ und den Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden als „haftungsausfüllende Kausalität“, vgl. zB noch BSG, Urt. v. 15. 2. 2005 – B 2 U 1/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12 Rn. 13. Auch in der neuen Dogmatik des BSG werden die beiden Kausalitätsstufen „haftungsbegründend“ und „haftungsausfüllend“ begrifflich beibehalten. Nunmehr hat das Gericht eine Verschiebung dahingehend vorgenommen, dass die haftungsbegründende Kausalität den Zurechnungszusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden umschreiben soll, während nur noch Fragen der ursächlichen Verknüpfung von Gesundheitserstschäden und hieraus entstehenden Unfallfolgeschäden dem Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität zugeordnet werden. Holtstraeter fasst dieses neue Vierstufenmodell des BSG dahingehend zusammen, dass die ersten drei Stufen, also innerer Zusammenhang, Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität, zusammengenommen „quasi die haftungsbegründende Seite“ bilden, deren Bejahung die Bejahung des Versicherungsfalls zur Folge hat, s. Holtstraeter, SGb 2008, 57 (58). 384  Vgl. statt vieler nur Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 4c; Ziegler, in: Becker/ Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 155.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

b)  BSG: „Theorie der wesentlichen Bedingung“ Für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs wird die im Unfallversicherungsrecht, wie auch allgemein im deutschen Sozialversicherungsrecht etablierte „Theorie der wesentlichen Bedingung“ herangezogen.385 Diese war noch zur Zeit des Kaiserreichs vom RVA entwickelt und angewandt worden.386 Das BSG hat sie von Anbeginn an adaptiert.387 Obgleich sie damit auf einer langen Tradition in der Rechtsanwendung beruht, ist die Theorie der wesentlichen Bedingung im Hinblick auf ihren Aussagegehalt seitens des Schrifttums nicht ohne Kritik geblieben.388 Die „Theorie der wesentlichen Bedingung“ bildet ein Spezifikum, anhand dessen sich die Zurechnungsdogmatik des Sozialversicherungsrechts maßgeblich von derjenigen des allgemeinen Privatrechts unterscheidet, in welchem in erster Linie auf die sogenannte „Adäquanztheorie“ zurückgegriffen wird.389 Gleichsam wie die Adäquanztheorie basiert die Theorie der wesentlichen Bedingung im Grundsatz auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Äquivalenztheorie, nach welcher jede Bedingung ursächlich für einen Erfolg ist, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt ausbliebe.390 Auf dem Gebiet des privatrechtlichen Schadensersatzrechts bleiben hierauf aufbauend so geartete Ursachen außer Betracht, welche nur unter in höchstem Maße ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen dazu geeignet sind, den Schadenserfolg

385  Aus der Rechtsprechung statt vieler BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198 f.); LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16. 6. 2016 – L 10 U 2544/13, juris Rn. 37. Für die Literatur vgl. statt vieler nur Bultmann, SGb 2016, 143 (144); Köhler, VSSR 2013, 47 (52). Im Schrifttum teilweise auch als „Theorie der wesentlichen Ursache“ bezeichnet, s. Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 284. 386  Bultmann, SGb 2016, 143 (144). Instruktiv zur Judikatur des RVA Barta, Kausalität im Sozialrecht: Entstehung und Funktion der sogenannten Theorie der wesentlichen Bedingung, 1983, passim, sowie Peltzer, Theorie der wesentlichen Bedingung, 1964, S. 45 ff. 387  s. bereits BSG, Urt. v. 10. 6. 1955 – 10 RV 390/54, BSGE 1, 72 (76). Dazu ausführlich Deutsch, in: FS-25-Jahre BSG, Bd. 2, 1979, S. 497 (498 ff.). 388  So bewertet Eichenhofer, Sozialrecht, § 18 Rn. 399, sie als „angreifbar“ und fasst die in der Literatur vorgebrachte Kritik dahingehend zusammen, dass die Theorie „wenig aussagekräftig“ sei, da sie keine Konkretisierung vornehme, wann eine Ursache als „wesentlich“ anzusehen ist und somit das zentrale Zurechnungsproblem letztlich nur beschreibe, ohne es aufzulösen, wenngleich eine „besser fundierte Alternative“ kaum zu finden sei. 389  Vgl. statt vieler nur Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 319. 390  BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (199); Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 318. Die Äquivalenztheorie wurde auf dem Gebiet des Strafrechts bereits vom RG in ständiger Rechtsprechung angewendet, s. bspw. RG, Urt. v. 14. 6. 1927 – I 303/27, RGSt 61, 318 (319). Sie führt ihrer Natur nach stets zu einer uferlosen Anzahl von ursächlichen Bedingungen. Ricke, BG 1985, 150 (151), spricht zutreffend von einem „Grobfilter“, der im Rahmen der analytischen Betrachtungsweise nur die „negativsten der negativen Kandidaten“ herauszufiltern vermag.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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eintreten zu lassen.391 Nach ganz herrschender Auffassung können die anhand der Adäquanztheorie ermittelten Ergebnisse den Problemstellungen im Unfallversicherungsrecht nicht gerecht werden. Es entspricht dem Telos des Unfallversicherungsschutzes, dass auch gänzlich ungewöhnliche Geschehensabläufe im Ergebnis abgesichert und entschädigt werden sollen.392 Auf der ersten Stufe ist nach dem klassischen naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungszusammenhang im Sinne des „conditio sine qua non“-Gedankens danach zu fragen, ob der eingetretene Gesundheitsschaden bzw. der Tod der versicherten Person sich auch gänzlich ohne das Unfallereignis realisiert hätte.393 Das BSG benutzt in seiner neuesten Rechtsprechung hierfür den Begriff der „Wirkursache“,394 der auch von den Instanzgerichten aufgegriffen wird.395 Ergibt diese Betrachtung, dass für das Unfallereignis auch andere Ursachen jenseits der versicherten Tätigkeit, demnach aus dem nicht versicherten Bereich vorliegen, so bedarf es auf einer zweiten Stufe einer Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit. Hiernach sollen nur die Ursachen als kausal und rechtserheblich angesehen werden, die aufgrund ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Realisierung wesentlich mitgewirkt haben.396 391  Vgl. statt vieler nur BGH, Urt. v. 16. 4. 2002 – VI ZR 227/01, NJW 2002, 2232 (2233) m.w.N. Dazu auch die Ausführungen bei Oetker, in: MüKo, BGB, § 249 Rn. 109 ff. Ein guter Überblick über die historische Entwicklung der Äquivalenztheorie im Zivilrecht und der an ihr vorgebrachten Kritik geben Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd. I/2, S. 231 ff. Zur Anwendung der Adäquanztheorie auf dem Gebiet des Privatversicherungsrechts im Rahmen von § 81 VVG Looschelders, in: MüKO, VVG, § 81 Rn. 48 f. m.w.N. 392  Heute ganz herrschende Meinung, vgl. statt vieler Köhler, in: Kompetenz und Verantwortung in der Bundesverwaltung, 2009, S. 583; ders., Kausalität, Finalität und Beweis, 2001, S. 89 ff.; ders., WzS 2002, 262 (267 f.); Müller-Oberthür, Zurechnungsprobleme im Arbeitsunfallrecht, 1978, S. 25 f.; Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 319. Instruktiv dazu auch Wallerath, NJW 1971, 228 ff. In der älteren Judikatur finden sich hingegen vereinzelt noch Stimmen, die keinen inhaltlichen Unterschied zwischen der Adäquanztheorie und der Theorie der wesentlichen Bedingung erkennen wollen, s. zB LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 4. 2. 1959 – L 14 Ko 2142/56, ZfS 1959, 275. Kritisch in der Literatur bezüglich einer strengen Unterscheidung der Theorieansätze zB Reiff, NJW 1961, 630 (633), sowie jüngst Knittel, SGb 2016, 124 (134). Zutreffend auf die Differenz hinweisend hingegen Haueisen, JZ 1961, 9, der zudem feststellt, dass die Adäquanztheorie die Rechtsprechungslinie des RVA zumindest dahingehend beeinflusst habe, dass in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht jede äquivalente Ursache auch Ursache im rechtlichen Sinne sein könne. 393  Vgl. statt vieler hier nur Benz, WzS 2000, 178 (179); Holtstraeter, in: Knickrehm/ Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 76 f.; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 291a. 394  BSG, Urt. v. 13. 11. 2012 – B 2 U 19/11 R, BSGE 112, 177 (184). Kritisch zu diesem Begriff Ricke, WzS 2013, 241 f. 395  s. bspw. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29. 3. 2016 – L 15 U 547/14 ZVW, juris Rn. 27; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 18. 3. 2016 – L 8 U 1327/15, juris Rn. 48. 396  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (199) m.w.N. Für die Literatur zB bei Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII,

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Bei der Beantwortung der Frage, welche Ursache denn im Ergebnis als „wesentlich“ anzuerkennen ist, verweist das BSG auf die „Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs“.397 Dabei soll „wesentlich“ nicht zwangsläufig im Sinne von „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“ aufzufassen sein, denn auch eine im Verhältnis betrachtet niedriger einzuschätzende Ursache könne für den Erfolg in diesem Sinne rechtlich wesentlich sein, solange eine oder mehrere andere Ursachen daneben keine überragende Bedeutung besitzen.398 Die Sozialgerichte vermuten das Vorliegen der Unfallkausalität in der Regel, wenn es bei der Ausübung der versicherten Tätigkeit zu einem Unfallereignis gekommen ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Konkurrenzursache wirksam geworden ist.399 c)  Abgrenzung gegenüber konkurrierenden Ursachen Demnach ist zu prüfen, ob das Unfallereignis durch die versicherte Tätigkeit rechtlich wesentlich verursacht worden ist.400 Im Unfallversicherungsrecht werden für mögliche Ursachen aus dem nicht versicherten Bereich oftmals die Bezeichnungen „Konkurrenzursachen“401 oder „konkurrierende Ursachen“402 gebraucht. Die dabei maßgeblich in Betracht kommenden Konkurrenzursachen lassen sich in den Fallgruppen des Vorhandenseins einer inneren Ursache beim Versicherten, der Schädigung unter dem Einfluss von Alkohol, der Ausübung einer gemischten

§ 8 Rn. 77; Mehrtens, in: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 8 Rn. 8. 1. 2; Reiff, NJW 1961, 630 (633); Schwerdtfeger, in: Lauterbach, SGB VII, § 8 Rn. 37. 397  BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (199). Kritisch demgegenüber Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 9, der an dieser Stelle eine „Leerformel“ des BSG sieht. 398  Vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198). Ablehnend hingegen Benz, NZS 1999, 435 (437), der davon ausgeht, dass sich eine solche Auslegung unter dem Aspekt des Normzwecks verbiete. Die Risikotragung durch den beitragszahlenden Unternehmer sei nur dann gerechtfertigt, wenn die versicherten Bedingungen im Vergleich zu Bedingungen aus der eigenwirtschaftlichen Sphäre „mindestens gleichwertig“ seien. 399  BSG, Urt. v. 30. 1. 2007 – B 2 23/05 R, BSGE 98, 79 (81); SG Stade, Urt. v. 4. 4. 2016 – S 22 U 107/13, juris Rn. 24. 400  Vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 18. 6. 2013 – B 2 U 10/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 47 Rn. 15 ff. m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 4. 9. 2014 – L 2 U 42/12, juris Rn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6. 5. 2014 – L 15 U 563/12, juris Rn. 28. 401  So bspw. bei Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 75. 402  So u.a. bei Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 115; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 163. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 271b, geht begrifflich von „konkurrierenden Faktoren“ aus.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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Tätigkeit sowie einer sogenannten „selbstgeschaffenen Gefahr“ aus dem privaten Bereich des Versicherten zusammenfassen.403 Für die Unfallkausalität im Zusammenhang mit dem Auftreten innerer Ursachen gilt folgendes: Konkurriert eine äußere Einwirkung mit einer zugleich vorhandenen inneren Ursache, so ist die Unfallkausalität zu bejahen, wenn das Ausüben der versicherten Tätigkeit im Hinblick auf die körpereigene Schadensanlage zumindest als rechtlich wesentliche Mitursache anzusehen ist.404 Ist ein alkoholbedingter Leistungsabfall (und nicht schon ein Leistungsausfall) gegeben, so ist im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung entscheidend, ob neben der Alkoholisierung auch eine Ursache aus der versicherten Tätigkeit für das Unfallereignis in Betracht kommt und ob dieser gegenüber die Alkoholisierung des Beschäftigten als allein wesentliche Ursache anzusehen ist oder nicht.405 2.  Zurechnung im Dienstunfallrecht Unbestritten ist, dass auch im Dienstunfallrecht das eingetretene Unfallereignis dem Dienst des Beamten zurechenbar sein muss, demzufolge eine ursächliche Verknüpfung zwischen dem Dienst bzw. der dienstlichen Tätigkeit des Beamten und dem in Rede stehenden Ereignis bestehen muss.406 Ginge man an dieser Stelle gedanklich von einer Übertragung der dargelegten unfallversicherungsrechtlichen Dogmatik auf das Dienstunfallrecht aus, so wäre eine schematisch streng getrennte Prüfung dergestalt zu erwarten, dass nach der Prüfung, ob die konkrete Tätigkeit des Beamten im Zusammenhang mit dem Dienst stand, es zu überprüfen gilt, ob die im Dienstzusammenhang stehende Tätigkeit des Beamten ursächlich für das eingetretene Unfallereignis gewesen ist. Demgegenüber ergibt eine Auswertung der jüngeren und jüngsten Rechtsprechung des ­BVerwG, dass das Gericht bislang keine strenge schematische Unterscheidung zwischen den Zurechnungsfragen vornimmt. Weder das BVerwG noch die Instanzgerichte haben bis zum jetzigen Zeitpunkt die vom BSG ersonnene isolierte Prüfung der Unfallkausalität für das Dienstunfallrecht adaptiert. In der begleitenden Kommentarliteratur lässt sich eine dem Unfallversicherungsrecht vergleichbare Trennung der beiden Ebenen ebenfalls nicht ausmachen.407 Ausgangspunkt der Prüfung im Eins. die Darstellung bei Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 163 ff. Außerdem bei Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 75, sowie Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 123 ff. 404  Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 164. 405  Sandbiller, SGb 2012, 576; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 168. 406  s. nur Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 50, der „eine kausale und telelogische Verknüpfung zwischen Dienst und Ereignis“ voraussetzt. 407 Ganz exemplarisch hierfür schreibt Kazmaier, dass der Dienst alleinige oder wesentliche Ursache für das Unfallereignis sein müsse, was im Regelfall bejaht werden könne, wenn sich das Unfallereignis „örtlich und zeitlich während des Dienstes“ abgespielt hat, s. 403 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

zelfall ist für das BVerwG stattdessen das Tatbestandsmerkmal „in Ausübung des Dienstes“, welches nicht nur einen kausalen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Schädigung, sondern auch einen „bestimmten Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Ausübung des Dienstes“ voraussetze.408 Diese Anknüpfung an das Merkmal „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ wird auch im Schrifttum aufgegriffen.409 Nach der Rechtsprechung des BVerwG soll dabei „nicht jedweder ursächliche Zusammenhang“ hinreichend sein, sondern nur „eine besonders enge ursächliche Verknüpfung mit dem Dienst“.410 Hiervon ausgehend wäre zu erwarten, dass das Gericht Stellung dazu bezieht, wie dieser Zusammenhang rechtlich zu ermitteln und zu beurteilen ist und wann eine besonders enge Verknüpfung gegeben ist. Indes ist zu konstatieren, dass das BVerwG in jüngeren Entscheidungen an dieser Stelle Ausführungen macht, die im Wesentlichen nur die Verknüpfung von konkreter Handlung und Reichweite des Dienstzusammenhangs betreffen und auf die räumlich-zeitliche Determination der dem Dienstherrn zuzurechnenden Risikosphäre verweisen.411 Die Prüfung, ob eine besonders enge Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst vorliegt, fasst die im Unfallversicherungsrecht vom BSG in seiner neueren Rechtsprechung getrennten Zurechnungsfragen des „inneren Zusammenhangs“ und der „Unfallkausalität“ erkennbar in einer Problemstellung zusammen.412 Dort, wo das BVerwG in der Vergangenheit über die Ursächlichkeit Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 100. In dieselbe Richtung gehend Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 16, der die beiden Zurechnungsfragen unter dem Oberbegriff des „Dienstzusammenhangs“ beschreibt, der dann zu bejahen sei, wenn sich „durch das Unfallereignis im dienstlichen Bereich liegende Risiken realisieren, weil die Beamtin oder der Beamte dienstlich tätig war“. 408  BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411. 409  s. etwa Reich, RiA 2013, 67: „Das Erfordernis „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ verlangt zudem, dass der Dienst für den Unfall ursächlich gewesen ist. Deshalb muss (…) zwischen der Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben beziehungsweise zwischen dem dienstlichen Anlass und der Körperverletzung eine Ursächlichkeit vorliegen“. 410 BVerwG, Urt. v. 15.  11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269; dass., Urt. v. 31. 1. 2008 – 2 C 23.06, NVwZ-RR 2008, 411. 411  Exemplarisch eben BVerwG, Urt. v. 15. 11. 2007 – 2 C 24.06, NVwZ-RR 2008, 269: Der Entscheidung lag eine „Nothelfer“-Konstellation dergestalt zugrunde, dass ein Beamter in seinem Büro von der Straße herkommende Schmerzensschreie vernahm und sich beim zu Hilfe eilen an einer Durchgangstür verletzte. Ob Dienstunfallschutz besteht, ist streng genommen hier nur unter dem Gesichtspunkt fraglich, ob die versuchte Hilfeleistung als Tätigkeit dem Dienst zuzurechnen ist. Ausführungen darüber, ob das Unfallereignis selbst dem Dienst zugerechnet werden kann, bedarf es nach Beantwortung dieser Frage nicht. 412  Denklogisch könnte der weitgehende Verzicht auf eine eigenständige Prüfung der „Unfallkausalität“ zumindest bei Unfällen während der Dienstzeit im Dienstgebäude dabei als durchaus schlüssige Konsequenz aus der Rechtsprechung zum Dienstzusammenhang aufgefasst werden. Wenn es hier mit dem BVerwG nicht einmal entscheidend darauf ankommen soll, ob die konkrete Verrichtung überhaupt dienstlich geprägt ist, verliert zugleich die Frage an Bedeutung, welche anderen Konditionen für das Unfallereignis entscheidender sein könnten als die dienstliche Tätigkeit.

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einer Alkoholisierung für das Unfallereignis zu entscheiden hatte, findet sich zwar die Betrachtung anhand der Wesentlichkeit wieder. Dies jedoch in der Regel unter dem Gesichtspunkt, ob die Alkoholisierung des Beamten für den eingetretenen Schaden wesentlich ursächlich war und damit letztlich, der früheren BSG-Rechtsprechung entsprechend, im Bereich der haftungsbegründenden Kausalität.413 3.  Besondere Fallgruppen Vier Fallgruppen, in denen sich während der Tätigkeit jeweils eine spezielle Gefahr verwirklicht, sind in ihrer rechtlichen Behandlung durch die Sozial- und Verwaltungsgerichte gesondert darzustellen. a)  Allgemein wirkende Gefahren In Judikatur und Schrifttum zur gesetzlichen Unfallversicherung ist allgemein anerkannt, dass ein Unfallereignis, in welchem sich eine sogenannte „allgemein wirkende Gefahr“ realisiert, nicht versichert sein soll.414 Unter „allgemein wirkend“ in diesem Sinne wird eine Gefahr verstanden, welcher jeder Mensch letztlich unabhängig von seiner konkreten Tätigkeit zumindest innerhalb eines bestimmten Gebietes in gleicher Weise ausgesetzt ist, also klassischerweise Fälle höherer Gewalt wie Überschwemmungen, Erdbeben oder vergleichbare Naturkatastrophen.415 Hierbei kommt es zu einem bloß zufälligen Zusammentreffen von versicherter Tätigkeit einerseits und schädigendem Ereignis andererseits.416 Für das Dienstunfallrecht wird im Schrifttum eine dem Unfallversicherungsrecht entsprechende Auffassung vertreten.417 Unter dem im Rahmen der Dienstzurechnung vom BVerwG angeführten teleologischen Gesichtspunkt, dass die 413  BVerwG, Urt. v. 23. 2. 1989 – 2 C 38.86, BVerwGE 81, 265 (268). Ähnlich auch VG Hannover, Urt. v. 28. 11. 2012 – 5 A 3356/11, juris Rn. 22 f. 414  BSG, Urt. v. 27. 11. 1980 – 8a RU 18/79, SozR 2200 § 762 Nr. 2 S. 7; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 50; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 157. 415  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 271a; Winter, NZS 2009, 199; Wolber, NZA 1991, 260 (261). 416  Schwerdtfeger, in: Lauterbach, SGB VII, § 8 Rn. 96-97. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Unfallkausalität bei allgemein wirkender Gefahren jedoch ausnahmsweise dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer sich durch seine betriebliche Tätigkeit bedingt in einem Gebiet aufhält, in welchem er solchen Allgemeingefahren in besonderer Weise ausgesetzt ist, s. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 46a. Zum Falle der Entsendung eines Arbeitnehmers in einen Staat, in welchem politische Unruhen herrschen, BSG, Urt. v. 27. 11. 1980 – 8a RU 18/79, SozR 2200 § 762 Nr. 2 S. 4 ff. 417  Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 102; Lewer, DÖD 1961, 209. Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 21, sieht hiervon Fälle ausgenommen, in denen der Beamte explizit zur Bekämpfung der sich aus der Naturkatastrophe ergebenden Folgen zum Einsatz kommt. Dies aber stellt im Grunde genommen keine Ausnahme dar, denn unter dem Blickpunkt der wesentlichen Ursache wäre dann nicht mehr die Naturkata-

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Dienstunfallfürsorge nicht in einer Weise zweckentfremdet ausgedehnt werden soll, die dazu führen würde, dass der Dienstherr auch für Risiken einzustehen hätte, die sich seiner Beherrschbarkeit entziehen, erscheint die Nichtanerkennung eines Dienstunfalls im Falle der Realisierung einer allgemein wirkenden Gefahr geradezu geboten. Ganz in diesem Sinne und unter Verweis auf die in der Literatur vertretene Auffassung argumentierte der bayerische VGH418 in einem Beschluss von 2008. Das Gericht führte aus, dass sich bei einer allgemein wirkenden Gefahr ein Risiko realisiere, welches „ohne jede Beziehung zu den Anforderungen des Dienstes steht und sich als latent vorhanden auch schicksalhaft dem Einfluss des Dienstherrn völlig entzieht“ und in der Folge daher nicht der Risikosphäre des Dienstherrn zugerechnet werden dürfe.419 Mag diese Bewertung auch zutreffend und überzeugend sein, sie würde sich unter dogmatischen Gesichtspunkten als kohärenter darstellen, wenn die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung explizit herausstellen würde, dass die dem Dienst zuzurechnende Tätigkeit für das Unfall­ ereignis wesentlich ursächlich sein muss. b)  Unfälle des täglichen Lebens Für das Unfallversicherungsrecht erfordert der mit dem Begriff der Unfallkausalität beschriebene Ursachenzusammenhang nach der Rechtsprechung des BSG420 und der herrschenden Ansicht in der Literatur421 nicht, dass sich mit dem Unfallereignis eine erhöhte Gefahr aus der betrieblichen Sphäre realisiert haben muss. In der Praxis relevant wird dies bei sogenannten „Unfällen des täglichen Lebens“. Hierunter werden Unfallereignisse gefasst, die nicht auf einer Risikoerhöhung aus der betrieblichen Sphäre beruhen, in denen sich also keine der betrieblichen Tätigkeit immanente Gefahr verwirklicht.422 Zu denken ist hier insbesondere an Insektenstiche, die gesundheitliche Implikationen nach sich ziehen.423 Vor allem der während der Arbeit erlittene Insektenstich hat die Sozialgerichte in der Vergangenheit wiederholt beschäftigt. In zwei kurz aufeinander folgenden Entscheidungen des hessischen424 wie des rheinland-pfälzischen LSG425 im Jahr 1997, die strophe als solche allein ursächlich, sondern eben die nachfolgend dem Beamten dienstlich übertragene Aufgabe ihrer Bekämpfung oder Folgenbeseitigung. 418  VGH Bayern, Urt. v. 8. 7. 2008 – 3 B 04.1164, juris. 419  VGH Bayern, Urt. v. 8. 7. 2008 – 3 B 04.1164, juris Rn. 35. Ebenfalls in diese Richtung gehend VG Lüneburg, Urt. v. 21. 2. 2007 – 1 A 134/05, juris Rn. 25. 420 Diesbezüglich grundlegend BSG, Urt. v. 22. 8. 1990 – 8 RKn 5/90, SozR 3-2200 § 548 Nr. 4. 421  Vgl. bei Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 271; Krasney, WzS 2012, 131; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 156. 422  Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 47. 423  Instruktiv hierzu Köhler, VSSR 2012, 183 ff. 424  LSG Hessen, Urt. v. 30. 4. 1997 – L 3 U 97/95, juris. 425  LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16. 9. 1997 – L 7 U 199/95, juris.

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in der jüngeren Judikatur Bestätigung erfahren,426 hoben die Gerichte hervor, dass der Versicherungsschutz nicht schon deshalb ausscheiden müsse, weil sich mit dem schädigenden Ereignis eine Gefahr des täglichen Lebens realisiere und eine erhöhte Gefahr aus der betrieblichen Sphäre nicht erkennbar werde. Dies jedenfalls, sofern zwischen der konkreten Tätigkeit und dem Unfallereignis ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang gegeben sei, was insbesondere zur Voraussetzung habe, dass der Betroffene sich gerade aufgrund seiner versicherten Tätigkeit an dem Ort aufgehalten hat, an welchem ihn der Insektenstich ereilte.427 Demgegenüber konnten für das Dienstunfallrecht aus jüngerer Zeit mehrere Entscheidungen des VG Wiesbaden428, des VG Darmstadt429 und des VG Arnsbach430 sowie insbesondere die Entscheidung des niedersächsischen OVG vom 17. 4. 2008431 nahelegen, dass sich im Rahmen von § 31 Abs. 1 BeamtVG gerade eine Gefahr aus der dienstlichen Sphäre realisiert haben muss.432 Das niedersächsische OVG hatte den auf einer Waldexkursion von einem verbeamteten Lehrer erlittenen Zeckenbiss nicht als Dienstunfall anerkannt, da sich die Dienstbezogenheit des Unfalls nur dann bejahen ließe, wenn die dienstliche Tätigkeit des Beamten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für den Eintritt gerade dieses schädigenden Ereignisses zur Folge habe.433 Diese Auffassung lehnte das BVerwG434 in der Revision jedoch als mit § 31 Abs. 1 BeamtVG nicht vereinbar ab. Die Anerkennung als Dienstunfall setze nicht voraus, dass sich der Beamte bei seiner konkreten Tätigkeit gegenüber der allgemeinen Bevölkerung einer erhöhten Gefährdung 426  LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28. 9. 2006 – L 10 U 3430/05, juris Rn. 21, sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26. 1. 2012 – L 3 U 329/09, juris Rn. 23. 427  LSG Hessen, Urt. v. 30. 4. 1997 – L 3 U 97/95, juris Rn. 18; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16. 9. 1997 – L 7 U 199/95, juris Rn. 42. Der gegenteiligen Auffassung ist Benz, WzS 1992, 39 (45). S. im Übrigen auch die Zusammenfassung des Meinungsstandes in der Literatur und eine Bewertung bei Köhler, VSSR 2012, 183 (193 ff.). 428  VG Wiesbaden, Gerichtsbescheid v. 25. 8. 1998 – 8 E 420/90(V), juris Rn. 16 ff.: Kein Dienstunfallschutz bei Wespenstich im Auto während einer Dienstfahrt. 429  VG Darmstadt, Urt. v. 4. 11. 2004 – 1 E 436/02, juris Rn. 15 ff.: Zeckenbiss als nicht dem Unfallschutz unterliegendes „allgemeines Lebensrisiko“; dass., Urt. v. 3. 5. 2005 – 1 E 1470/03, juris Rn. 17. 430  VG Ansbach, Urt. v. 15. 1. 2008 – AN 1 K 07.00915, juris Rn. 37: Ebenfalls Zeckenbiss als „allgemeines Lebensrisiko“. 431  OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17. 4. 2008 – 5 LA 178/07, juris. 432  In der älteren Literatur findet sich eine differenzierende Auffassung bei Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (313), der einerseits postuliert, dass den Beamten eine Gefahr treffen müsse, welcher aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit in besonderem Maße exponiert war und die ihn nicht zum identischen Zeitpunkt außerhalb seines Dienstes betroffen hätte. Andererseits solle nicht maßgebend sein, dass der Beamte dieser Gefahr speziell durch die Art seiner dienstlichen Tätigkeit signifikant ausgesetzt war, sodass auch „Unfälle des täglichen Lebens“ als Dienstunfälle anzuerkennen sein könnten. 433  OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17. 4. 2008 – 5 LA 178/07, juris Rn. 6. 434  BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708.

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aussetze oder aber gerade der dienstlichen Verrichtung eine spezifische Gefahr innewohne.435 c)  „Selbstgeschaffene Gefahr“ Im Unfallversicherungsrecht war über die letzten Jahrzehnte hinweg die Figur der sogenannten „selbstgeschaffenen Gefahr“ in der Diskussion.436 Gemeint ist eine vom Betroffenen durch ein in besonderem Maße sorgloses und unvernünftiges Verhalten geschaffene Gefahr, die punktuell einen Wegfall des Unfallversicherungsschutzes bewirken können sollte, wenn diese sich als allein wesentlich für den Eintritt des Unfalls erweist.437 In seiner neueren Rechtsprechung betont das BSG nunmehr, dass der Begriff „eng auszulegen“ und nur mit „größter Zurückhaltung“ anzuwenden sei.438 Insbesondere in seinem Urteil vom 12. 4. 2005439 hat das Gericht zu dieser Figur noch einmal ausführlicher Stellung bezogen. Dabei führte der zweite Senat zunächst aus, dass die selbstgeschaffene Gefahr jedenfalls für die Bestimmung des inneren Zusammenhangs ohne jede eigene Bedeutung sei.440 Einen Rechtssatz, der zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen könnte, sobald sich der Betroffene bewusst einer höheren Gefahr aussetze, existiere nicht, vielmehr sei in der gesetzlichen Unfallversicherung auch leichtsinniges und objektiv unvernünftiges oder unüberlegtes Verhalten geschützt.441 Wenn die Gefahrerhöhung der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, beispielsweise durch einen Verstoß gegen Bestimmungen zur Arbeitssicherheit, bleibe schon im Hinblick auf § 7 Abs. 2 SGB VII der innere Zusammenhang unberührt.442 Steht die selbstgeschaffene Gefahr aber nicht im Zusammenhang mit dem Versicherungstatbestand, weil sie dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen sei, könne dies im Rahmen der Unfallkausalität unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit im Hinblick auf die Abwägung mit der dem versicherten Bereich zugehörigen

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BVerwG, Urt. v. 25. 2. 2010 – 2 C 81.08, NVwZ 2010, 708. Ecker,in: FS-100 Jahre sozialgerichtliche Rechtsprechung, 1984, S. 299 ff. sowie Krasney, in: FS-Deutsch, 1999, S. 189 (190 ff.). Rechtsvergleichend zu diesem Problemfeld im österreichischen und deutschen Unfallversicherungsrecht Fellinger, in: FS-Bauer/Maier/Petrag, 2004, S. 355 ff. 437  Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 51, der die selbstgeschaffene Gefahr noch analog zur älteren BSG-Terminologie als ein Problemfall der „haftungsbegründenden Kausalität“ einordnet; Leube, ZTR 2006, 301 (303). 438  BSG, Urt. v. 5. 9. 2006 – B 2 U 24/05 R, BSGE 97, 54 (59); dass., Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R , BSGE 94, 262 (266 f.). 439  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262. 440  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (266). 441  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (266). 442  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (267). 436 Grundlegend

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

97

Ursachen Bedeutung erlangen.443 Aufgrund der vom Verschulden grundsätzlich unabhängigen Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung könne aber auch ein noch so eklatant vernunftwidriges Verhalten die Unfallkausalität nicht entfallen lassen, sofern der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfallereignisses lediglich die Zwecke verfolgt, die im Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit stehen.444 Eine Untersuchung über die Bedeutung der „selbstgeschaffenen Gefahr“ im Unfallfürsorgerecht ergibt, dass sie in der Literatur als aus der Rechtsprechung des BSG entlehnter Ausnahmetatbestand begriffen wird, der übereinstimmend mit der heutigen Handhabung im Unfallversicherungsrecht lediglich in besonderen Ausnahmefällen den Zusammenhang zwischen Dienst und Unfallereignis entfallen lassen können soll.445 Das BVerwG hat sich zur „selbstgeschaffenen Gefahr“, soweit ersichtlich, bislang nicht geäußert. In der Judikatur der Instanzgerichte fand die Figur in jüngerer Zeit beim VGH Bayern446 Erwähnung. Unter Wiedergabe der sozialgerichtlichen Rechtsprechung befand das Gericht, dass eine selbstgeschaffene Gefahr ausnahmsweise dann den „Zusammenhang zwischen Arbeitsverrichtung und Unfallereignis“ entfallen lassen könne, wenn die in Rede stehende Handlung des Beamten „außerhalb jeder durch Vernunft gebotenen Überlegung“ anzusiedeln sei.447 Eine vom Unfallversicherungsrecht abweichende selbstständige Bedeutung oder Funktion der „selbstgeschaffenen Gefahr“ im Dienstunfallrecht lässt sich demnach nicht belegen. Dessen unbenommen kann auch hier angeführt werden, dass sich ohne die gesonderte Prüfung einer Unfallkausalität unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit die Ausführungen der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht stringent herleiten lassen. d)  „Besondere Betriebsgefahr“ Vom Grundsatz des fehlenden Versicherungsschutzes bei Ausübung einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit macht das BSG in gefestigter Rechtsprechung eine Ausnahme für den Fall, dass auf den Betroffenen während einer privaten Verrich443  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (267). Auch das LSG Niedersachsen-Bremen erkennt in der „selbstgeschaffenen Gefahr“ einen Gesichtspunkt zur Ermittlung der Wesentlichkeit im Rahmen der Unfallkausalität, s. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 29. 11. 2006 – L 9 U 77/05, NZS 2007, 500 (502). 444  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 290a. 445  s. bspw. die Kommentierung von Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 57, die die Figur der „selbstgeschaffenen Gefahr“ unter dem Aspekt des Dienstzusammenhangs problematisieren bzw. beim „ursächlichen Zusammenhang zum Dienst zwischen Dienst und Unfallereignis“ verorten und die Rechtsprechung des BSG auf das Dienstunfallrecht anwenden. 446  So unter Heranziehung der BSG-Rechtsprechung in jüngerer Zeit VGH Bayern, Beschl. v. 7. 6. 2010 – 3 B 05.3273, juris. 447  So explizit VGH Bayern, Beschl. v. 7. 6. 2010 – 3 B 05.3273, juris Rn. 25, unter Bezugnahme auf Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 65.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

tung eine sogenannte „besondere Betriebsgefahr“ eingewirkt hat.448 Diese Figur tangiert dogmatisch nicht ausschließlich den Bereich der Unfallkausalität, sondern zugleich die Frage nach dem inneren Zusammenhang.449 Ausgangspunkt ist, dass der Beschäftigte zwar im konkreten Unfallzeitpunkt eine Verrichtung vornimmt, die als solche eigenwirtschaftlichen Charakter hat, jedoch dabei einer Einwirkung erliegt, die darin wurzelt, dass er sich wegen einer ansonsten versicherten Tätigkeit gerade an diesem Ort aufhält und sich eine spezifische Gefahr verwirklicht, welcher der Beschäftigte qua seiner Eingliederung in den Betrieb des Unternehmers in besonderer Weise ausgesetzt ist.450 Diese spezifische Gefahr kann sehr vielfältiger Gestalt sein und beispielsweise von der Beschaffenheit und Eigenart des betrieblichen Gebäudes oder von betrieblichen Maschinen oder sonstigen Vorrichtungen ausgehen.451 Das BSG führt als prototypisches Exempel das private Telefongespräch eines Beschäftigten an, währenddessen sich in seiner unmittelbaren Nähe eine betriebsbedingte Explosion ereignet.452 Es begründet dabei die Bejahung von Versicherungsschutz im Falle einer Betriebsgefahr mit Verweis auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung.453 Dieser soll den Betroffenen vor jenen Gefahren schützen, denen er im Wesentlichen aufgrund seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt ist.454 In das Dienstunfallrecht hat die Figur keinen Eingang gefunden. In Anbetracht der weitgehenden Unfallschutzgewährung beim Aufenthalt im Dienstgebäude zur Dienstzeit existiert auch kein erkennbarer Bedarf. Diejenigen Konstellationen, in 448  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (509) m.w.N. 449  Becker, SGb 2012, 691 (693 f.); Mutschler, NZS 2014, 647 (648). Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 177, spricht hierbei von einem „Sonderstatus innerhalb der Unfallkausalität“. Neben der objektivierten Handlungstendenz begründet eine besondere Betriebsgefahr die Möglichkeit, die Voraussetzungen des Versicherungstatbestands des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu erfüllen. Becker konstatiert, dass es beim Vorliegen einer besonderen Betriebsgefahr auf die zugrundeliegende Handlungstendenz des Betroffenen nicht ankomme, das übliche Prüfungskriterium des inneren Zusammenhangs dementsprechend entbehrlich sei und durch die besondere Betriebsgefahr als eine Art „spezifischer Zurechnungstatbestand“ verdrängt werde, s. Becker, SGb 2012, 691 (694). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch Mutschler, SGb 2011, 684 (690), der ein für die Fälle der besonderen Betriebsgefahr entsprechend modifiziertes Schema entwirft. 450  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (509) m.w.N.; Becker, SGb 2012, 691 (694); Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 8 u. 31; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 178. Ausführlich zu den Voraussetzungen der besonderen Betriebsgefahr unter Berücksichtigung der ergangenen BSG-Rechtsprechung Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 45 ff. 451  Mutschler, SGb 2011, 684 (685). 452  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (509). 453  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (509). 454  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 12/08 R, NZS 2010, 507 (509).

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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denen die sozialgerichtliche Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die „besondere Betriebsgefahr“ zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls kommt, dürften durch die räumlich-zeitliche Bestimmung der Unfallschutzreichweite im Dienstunfallrecht weitestgehend erfasst sein. Es ist daher nicht ersichtlich, dass mittels eines Rückgriffs auf diese Figur aus dem Unfallversicherungsrecht unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Schutzlücke geschlossen werden müsste.

V.  Ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Schädigung Das BSG beschreibt in seiner Rechtsprechung mit dem in der Literatur nicht unumstrittenen455 Terminus der „haftungsbegründenden Kausalität“ den Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden bzw. dem Tod der versicherten Person.456 Im Beamtenversorgungsrecht ist dessen Notwendigkeit ebenfalls anerkannt, wenngleich eine schematisch und terminologisch einheitliche Beschreibung schwerlich auszumachen ist und der Begriff der haftungsbegründenden Kausalität zumeist entweder gar nicht oder zumindest nicht im Sinne der heutigen Unfallversicherungsrechtsdogmatik Verwendung findet.457 Erkennbar ist zudem, dass das BVerwG im Rahmen der haftungsbegründenden 455  Schulin hat in der Vergangenheit den Begriff der „Haftung“ als für das Unfallversicherungsrecht verfehlt kritisiert, da es im Gegensatz zum Privatrecht hier nicht um eine Haftung des Unfallversicherungsträgers für einen von eben diesem verursachten Schaden, sondern lediglich um dessen gesetzliche Verpflichtung zur Leistungsgewährung geht, s. Schulin, in: Schulin HS-UV, § 27 Rn. 111. 456  BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198) m.w.N. Im Gegensatz dazu in der jüngeren Vergangenheit noch das LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. 4. 2008 – L 17 U 131/07, juris Rn. 19 u. 22. Das Gericht scheint hier die haftungsbegründende Kausalität noch im Sinne der älteren BSG-Rechtsprechung als Zusammenhang zwischen ausgeübter versicherter Tätigkeit und Unfallereignis aufzufassen. 457  Schöttler, RiA 1962, 326, geht vom „wesentlichen inneren Zusammenhang zwischen ,Ereignis‘ und ,Schaden‘“ aus; Schütz, PersV 1971, 260 (262), benennt einen „ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Körperschaden“; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 12, beschreibt einen „unmittelbaren Ursachenzusammenhang zwischen Unfall und Körperschaden“. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 38, postuliert ganz ähnlich einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 75, gehen schlicht davon aus, dass ein „mehrfacher Zurechnungszusammenhang“ gegeben sein müsse und zwar zwischen „dem Dienst, dem Ereignis und dem Körperschaden“. Im Wesentlichen ebenso Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 31 Rn. 5. Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 3, beschreibt den Zusammenhang dahingehend, dass ein Ereignis existieren müsse, welches als Begebenheit eine Ursächlichkeit für den Körperschaden darstellen müsse. Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 16, sieht einen „ursächlichen Zusammenhang“ in zweifacher Hinsicht, wobei er mit Verweis auf die ältere BSG-Dogmatik den Zusammenhang zwischen Dienst und Unfallereignis als „haftungsbegründend“ und den hier in Rede stehenden Zusammenhang als „haftungsausfüllend“ betitelt.

100

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Kausalität nicht in gleicher Weise eine begriffliche Differenzierung zwischen den Begriffen „Unfall“ und „Unfallereignis“ vornimmt wie das BSG. Während letzteres im Hinblick auf die haftungsbegründende Kausalität prüft, ob das Unfallereignis wesentliche Bedingung für einen Gesundheitsschaden gewesen ist und erst bei positiver Feststellung begrifflich von einem Arbeitsunfall ausgeht,458 scheint das BVerwG begrifflich bereits einen Dienstunfall festzustellen.459 Es prüft lediglich, ob der Körperschaden ursächlich auf diesen zurückgeht oder durch konkurrierende Ursachen verdrängt wird.460 Hinsichtlich des Wortlauts des § 31 BeamtVG muss dies zumindest als ungenau bezeichnet werden. Aus der Gesetzesformulierung wird deutlich, dass ein Dienstunfall nur ein Ereignis sein kann, welches einen Körperschaden verursacht, ein Dienstunfall ohne Körperschaden ergo nicht möglich ist. Präziser und damit überzeugender wäre es, wenn das BVerwG in Anlehnung an die BSG-Rechtsprechung terminologisch lediglich von einem „Unfallereignis“ ausgehen würde, welches erst dann zu einem Dienstunfall wird, wenn es rechtlich ursächlich einen Körperschaden hervorgerufen hat. 1.  Wesentlichkeit des Unfallereignisses Wie im Rahmen der Unfallkausalität rekurriert das BSG bei der haftungsbegründenden Kausalität auf die Theorie der wesentlichen Bedingung.461 Auch im Dienstunfallrecht konnte sich nach anfänglicher Tendenz zum Rückgriff auf die privatrechtliche Adäquanztheorie,462 welche in der Literatur auf Ablehnung gestoßen ist,463 die heute ganz herrschende Ansicht durchsetzen, dass diese ebenso wie in der gesetzlichen Unfallversicherung als Zurechnungslehre nicht geeignet erscheint.464 Das BVerwG zieht für die Ermittlung des Zurechnungszusammenhangs die sogenannte „Theorie der wesentlichen Ursache“465 heran. Ihr kommt nach dem 458 

s. oben unter Erstes Kap. A. III. Vgl. statt vieler BVerwG, Urt. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris Rn. 6: „(…) Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem dadurch ausgelösten Körperschaden (…)“. 460  Vgl. statt vieler BVerwG, Urt. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris Rn. 6 m.w.N. 461  Vgl. statt vieler BSG, Urt. v. 4. 12. 2014 – B 2 U 18/13 R, juris Rn. 16; Benz, NZS 2004, 125 (126); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 291a. 462  Dazu grundlegend und mit Nachweisen aus der früheren Rechtsprechung und Literatur Pesch, DVBl. 1959, 43 (44). 463  s. die Diskussion um die für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge zutreffende rechtlich Beurteilung des Ursachenzusammenhangs insbesondere bei Pesch, DVBl. 1959, 43 (44 ff.); Schlegel, DVBl. 1962, 8 (9 ff.); Stich, ZBR 1958, 298 (301). 464 Dies in der Judikatur ausdrücklich feststellend bspw. OVG Sachsen, Beschl. v. 6. 2. 2012 – 2 A 171/09, juris Rn. 11; Vgl. auch VG Lüneburg, Urt. v. 25. 8. 2004 – 1 A 113/03, juris Rn. 18. Ganz herrschende Auffassung in der Literatur, s. Riedmaier, RiA 1979, 41 (43); Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 18. 465 Die exakte Terminologie in der Judikatur variiert. Zum Teil wird die Theorie auch bezeichnet als „Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache“, s. bspw. bei VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. 6. 2012 – 4 S 1384/10, juris Rn. 24, oder als „Theorie der 459 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

101

Gericht die Funktion zu, in dem Sinne eine sachgerechte Risikoverteilung zu gewährleisten, als dass der Dienstherr diejenigen Risiken zu tragen haben soll, die sich aus der spezifischen Gefahr der Beamtentätigkeit ergeben bzw. nach allgemeiner Lebenserfahrung auf diese zurückzuführen sind.466 Hingegen sollen solche Risiken beim Dienstherrn verbleiben, die aus dem privaten außerdienstlichen Lebensbereich des Beamten herrühren.467 Mit dem BVerwG sind im Sinne dieser Theorie „(mit)ursächlich nur solche für den eingetretenen Schaden kausalen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben“.468 In der Literatur469 und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung470 wird allgemein die Auffassung vertreten, dass die vom BVerwG angewandte Theorie inhaltlich der vom BSG angewandten „Theorie der wesentlichen Bedingung“ entspreche. Teils verweisen BSG471 und BVerwG472 wechselseitig auf eine Identität der beiden Kausalitätslehren. Unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung führte das BVerwG in einem Beschluss vom 23. 10. 2013473 in Bezug auf den wesentlichen kausalen Zusammenhang aus: wesentlich mitwirkenden (Teil)Ursache“, s. bspw. bei VG Bayreuth, Urt. v. 29. 11. 2013 – B 5 K 10.825, juris Rn. 38; Finger, ZBR 1970, 137 (145). Das BVerwG verwandte in der Vergangenheit zudem die Bezeichnung „Relevanztheorie“, s. BVerwG, Urt. v. 11. 2. 1983 – 8 C 178.81, BVerwGE 67, 13 (15). Der bayerische VGH ging jüngst von der Bezeichnung „Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teil­ ursache“ aus, s. VGH Bayern, Urt. v. 28. 7. 2016 – 3 B 15.563, juris Rn. 31. Für die Literatur Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 32 ff.; Groepper/ Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 77; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/ Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 9. 466  BVerwG, Urt. v. 1. 3. 2007 – 2 A 9.04, juris Rn. 8; dass., Beschl. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris Rn. 8. 467  BVerwG, Urt. v. 1. 3. 2007 – 2 A 9.04, juris Rn. 8; dass., Beschl. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris Rn. 8. 468  St.Rspr., s. nur BVerwG, Urt. v. 1. 3. 2007 – 2 A 9.04, juris Rn. 8. Weitere Nachweise aus der Rechtsprechung des BVerwG bei Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 78. 469  Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 31 Rn. 6; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 77; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 9 u. 11; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 19. 470 So bspw. VG Darmstadt, Urt. v. 20. 1. 2006 – 5 E 1420/04 (3), juris Rn. 55; VG Ansbach, Urt. v. 12. 3. 2014 – N 11 K 13.01618, juris Rn. 19; dass., Urt. v. 23. 10. 2013 – AN 11 K 13.00473, juris Rn. 24. 471  BSG, Urt. v. 13. 12. 1984 – 2 RU 83/83, juris Rn. 14. 472  s. bspw. BVerwG, Urt. v. 8. 5. 1963 – VI C 89.61, Buchholz 232 § 181a BBG Nr. 8 S. 22, bereits mit weiteren Nachweisen aus der bis dato ergangenen Rechtsprechung des Gerichts; BVerwG, Beschl. v. 14. 11. 2011 – 2 B 71.11, juris Rn. 11. 473  BVerwG, Beschl. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

„In derartigen Fällen ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt. (…)“474

Diese Formulierung des Gerichts erscheint in zweierlei Hinsicht wenig gelungen. Zum einen setzt § 31 Abs. 1 BeamtVG für das Vorliegen eines Dienstunfalls die Verursachung eines Körperschadens bereits definitionsgemäß voraus.475 Zum anderen fällt ins Auge, dass das BVerwG die Theorie dergestalt definiert, dass die als „wesentliche Ursache“ zu erkennende Bedingung entweder überragende Bedeutung haben müsse oder aber annähernd gleichwertig zu sein habe, wenn man ihr alle anderen unter Äquivalenzgesichtspunkten miteinzubeziehenden Ursachen „insgesamt“ gegenüberstelle. Vor der Folie der allgemein unterstellten inhaltlichen Identität besehen, ist hier zumindest anzumerken, dass das BSG die Auffassung vertritt, dass „Wesentlichkeit“ gerade nicht „Gleichwertigkeit“ voraussetze, dass vielmehr die in den versicherten Bereich fallende Ursache nicht einmal „annähernd gleichwertig“ sein müsse, sofern andere Ursachen ihr gegenüber nicht von überragender Bedeutung seien.476 Demgegenüber legt die Definition des BVerwG zunächst einmal höhere Anforderungen an die Wesentlichkeit der Ursache nahe. Angesichts der ganz herrschenden Auffassung, dass die „Theorie der rechtlich wesentlichen Ursache“ mit der „Theorie der wesentlichen Bedingung“ inhaltlich identisch ist, darf aber davon ausgegangen werden, dass diese abweichende Definition keine Divergenzen in der praktischen Rechtsanwendung nach sich zieht und für die Zurechnungsfrage in praxi von einer Identität auszugehen ist. 477 Negativ ausgedrückt bedeutet der Wesentlichkeitsgedanke hier, dass die Zurechnung dann entfällt, wenn das Unfallereignis zwar im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne eine Bedingung für den eingetretenen Gesundheitsschaden darstellt, aber im Hinblick auf konkurrierende Ursachen davon ausgegangen werden muss, dass es keine wesentliche Ursache für den Schaden bildet.478 Die haftungsbe474 

BVerwG, Beschl. v. 23. 10. 2013 – 2 B 34.12, juris Rn. 6 m.w.N. Zutreffend müsste daher danach gefragt werden, ob nach rechtlicher Bewertung im Unfallereignis die wesentliche Bedingung für den eingetretenen Körperschaden zu sehen ist und infolgedessen ein Dienstunfall angenommen werden kann. 476  s. oben unter Erstes Kap. A. IV. 1. b). 477  So im Übrigen schon bei Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (313), als Feststellung zu finden. 478  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 84. Exemplarisch für das Unfallfürsorgerecht bspw. OVG Saarland, Urt. v. 23. 1. 2015 – 1 A 451/13, juris Rn. 50: Kommt für den eingetretenen Körperschaden neben dem Unfallereignis auch ein anlagebedingtes Leiden in Betracht, so soll nach der verwaltungsgerichtlichen Definition der Theorie rechtlich wesentlichen Ursache ein Dienstunfall gegeben sein, wenn das Unfall­ ereignis bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Schaden beigetragen hat oder doch zumindest annähernd die gleiche Bedeutung besitzt, wie die anderen äquivalenten Ursachen zusammen genommen. S. für die ältere Rechtsprechung des ­BVerwG schon die Übersicht bei Becker, RiA 1970, 161 (163), unter Fn. 134. 475 

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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gründende Kausalität kann insbesondere dann zu verneinen sein, wenn neben dem Unfallereignis beim Geschädigten bereits bestehende Schadensanlagen mitgewirkt haben, die sich als die wesentliche Ursache für den entstandenen Schaden darstellen, sodass das Unfallereignis selbst nur mehr als rechtlich unwesentliche Ursache, sogenannte „Gelegenheitsursache“ zu qualifizieren ist.479 Nach übereinstimmendem Verständnis in der gesetzlichen Unfallversicherung wie in der Unfallfürsorge wird hierunter für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität eine bereits vorhandene Krankheitsdisposition verstanden, die derart leicht ansprechbar war, dass jedes beliebige alltägliche Ereignis diese hätte aktivieren können, ohne dass es des Unfallereignisses hierfür im Besonderen bedurft hätte, demnach zwischen Schaden und versicherter Tätigkeit bzw. dem Dienst eine bloß zufällige Beziehung besteht.480

Demgegenüber wird mit dem Begriff der „überholenden Kausalität“ (auch: „hypothetische Ursache“, „hypothetischer Schadensverlauf“, „verdrängende Kausalität“ oder „Reserveursache“, ausführlich zu diesem Komplex Kater, in: Kater/Leube, SGB VII, Vor §§ 7-13 Rn. 27 ff.) in beiden Rechtsgebieten der Sachverhalt bezeichnet, dass der Unfallbetroffene zwar körperlich geschädigt oder gar getötet wird, das Unfallereignis im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität folglich den Gesundheitsschaden verursacht hat, der Betroffene aber zu einem späteren Zeitpunkt aus Ursachen im betriebsfremden Bereich, beispielsweise einer schweren Krankheit, dieselbe Schädigung erlitten hätte oder ebenfalls verstorben wäre, s. nur Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 86; Wagner, in: Schlegel/ Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 159. Trotz der missverständlichen Terminologie handelt es sich richtigerweise nicht um eine Frage der Kausalität. Der spätere hypothetische Schadenseintritt aus Gründen im privaten Bereich tangiert den tatsächlichen Geschehensablauf nicht, womit es bereits im Sinne der Äquivalenztheorie an der Ursächlichkeit des betriebs- bzw. dienstfremden Ereignisses für den eingetretenen Schaden fehlt, s. diesbezüglich für das Unfallversicherungsrecht bspw. Bartsch/Hillmann, SGb 2015, 669 (674); Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 96; Schwerdtfeger, in: Lauterbach, SGB VII, § 8 Rn. 40, und für das Unfallfürsorgerecht bspw. Groepper/ Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 86; Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 15. 479 BSG, Urt. v. 30. 1. 2007 – B 2 U 23/05 R, BSGE 98, 79; Westermann, in: Brall/ Kerschbaumer/Scheer/Westermann, SGB VII, § 8 Rn. 55. Kritisch zum Begriff der „Gelegenheitsursache“ u.a. Krasney, in: FS-Deutsch, 1999, S. 189 (193 ff.). Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 55, plädiert für das Begriffspaar „innere Ursache“ und „rechtlich unwesentliche Teilursache“. Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 198, schlägt den Begriff „Gelgenheitsanlass“ vor. Keller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 297, tritt für die Bezeichnung „unwesentliche Mitursache“ ein. 480  In der älteren Literatur stellte dies auch Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 219 f., so fest. Für das Arbeitsunfallrecht: BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (200) m.w.N.; Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 92; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 157. Für das Dienstunfallrecht: BVerwG, Urt. v. 1. 3. 2007 – 2 A 9.04, juris Rn. 8; dass., Beschl. v. 8. 3. 2004 – 2 B 54.03, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 13 S. 4 m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 23. 5. 2014 – 1 A 1988/11, juris Rn. 74 ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 22. 4. 2013 – 23 K 4991/11, juris Rn. 18; VGH Bayern, Urt. v. 28. 7. 2016 – 3 B 15.563, juris

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Als klassische Beispiele für solche Gelegenheitsursachen gelten Vorerkrankungen, bereits angelegte Leiden und sonstige Schadensanlagen.481 2. Primärschaden Davon ausgehend, dass die Bestimmung des Zurechnungszusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden in identischer Weise erfolgt, ist im Folgenden auf den Gesundheitsschaden als solchen einzugehen. a) Gesundheitsschaden Der im allgemeinen Sprachgebrauch verwandte Begriff des „Unfalls“ setzt den Eintritt einer gesundheitlichen Schädigung im Zweifelsfall nicht zwingend voraus. Hiervon ausgehend ließe sich durchaus auch ein „glimpflich ausgegangenes“ alltägliches Vorkommnis, beispielsweise ein versehentlicher Zusammenstoß mit einer anderen Person, ohne dass eine der Beteiligten irgendeine körperliche Verletzung davon trägt, als Unfall bezeichnen.482 Für den Arbeitsunfall stellt § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII heraus, dass das Entstehen eines Gesundheitsschadens oder der Eintritt des Todes konstitutive Elemente des Unfallbegriffs sind.483 Dieser notwendige Gesundheitsschaden wird zur Abgrenzung von Folgeschäden, die sich erst aus dem ursprünglichen Schaden heraus entwickeln, regelmäßig als „Gesundheitserstschaden“ bezeichnet.484 In § 31 Abs. 1 BeamtVG wird neben einem „Körperschaden“ der Todeseintritt nicht ausdrücklich genannt, gleichwohl es unbestritten ist, dass der Todeseintritt als die extremste Ausprägung eines unfallbedingten Körperschadens zu begreifen ist.485 Rn. 32; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 80; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 20. 481  BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196; BVerwG, Beschl. v. 8. 3. 2004 – 2 B 54.03, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 13 S. 5; Baßlsperger, PersV 2014, 133 (137); Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 80. 482  Becker, SGb 2007, 721 (727); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 10a; Köhler, SGb 2014, 69 (70). Anderer Ansicht Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 5, der das Entstehen eines Schadens als dem Begriff des Unfalls „immanent“ bezeichnet. 483  Zur noch im Geltungszeitraum der RVO und vor Einführung der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII mitunter undurchsichtigen Differenzierung zwischen dem Schaden als Teil des Unfallbegriffs einerseits und des Versicherungsfalls andererseits Schulin, in: Schulin HS-UV, § 27 Rn. 19 ff. 484  Vgl. statt vieler nur LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17. 5. 2013 – L 8 U 2652/12, NZS 2013, 830, sowie Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 83, der von „gesundheitlichem Erstschaden“ spricht. Der Begriff „Primärschaden“ ist hierzu als Synonym zu begreifen, vgl. bei Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 21. 485  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 29 m.w.N.; Weber, in: Lenders/ Peters/Weber (u.a.), Dienstrecht des Bundes, Rn. 101.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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b) Mindestintensität Der Begriff des „Gesundheitsschadens“ unterliegt in § 8 SGB VII keinen Konkretisierungen über einen zu bestimmenden Schweregrad. Einer bestimmten Mindestintensität des Gesundheitsschadens bedarf es nach der Rechtsprechung des BSG nicht.486 Für das Dienstunfallrecht wird in der Literatur zum Teil Entsprechendes vertreten,487 obgleich das BVerwG eine Ausnahme bei sogenannten „Bagatelleinbußen“ macht.488 In ähnlicher Form wird teils vorgebracht, dass zumindest solche Schädigungen keine Berücksichtigung finden sollen, in denen die negative Beeinträchtigung des Betroffenen allenfalls philosophisch-theoretischer Natur ist.489 Für die Praxis dürfte die Nichtbeachtung gänzlich marginaler Beeinträchtigungen, für die es auf der leistungsrechtlichen Ebene ohnehin keine definierbaren Kompensationsleistungen geben könnte, keine Auswirkungen haben. c)  Psychische Schädigungen Der Arbeitsunfalltatbestand rekurriert auf ein „auf den Körper einwirkendes Ereignis“, in dessen Folge sich ein „Gesundheitsschaden“ manifestieren muss. Ein im engeren Sinne physischer Schaden wird nicht explizit vorausgesetzt.490 Nach der Rechtsprechung und dem Schrifttum muss die Schädigung auch nicht körperlich-organischer Natur sein. Ausschließlich psychisch-geistige Beeinträchtigungen bei ansonsten unberührt bleibender physischer Integrität sollen hinreichend sein.491 Vergleichbar unproblematisch erscheint die Rechtslage im Dienstunfallrecht zunächst nicht, könnte doch der Terminus „Körperschaden“ zur Schlussfolgerung verleiten, dass reine Schädigungen an der Psyche eines Beamten, unbenommen medizinischer Abgrenzungsfragen, nicht miterfasst sein sollen. Doch ging schon

486 

BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 (270). Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 11; Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 3; Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 7. 488  BVerwG, Urt. v. 29. 10. 2009 – 2 C 134.07, BVerwGE 135, 176 (184 f.). 489 So Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 45, die beispielhaft auf den völlig folgenlosen Riss eines Fingernagels oder auf eine bloße Beeinträchtigung des „seelischen Wohlbefindens“ verweisen. Zum Teil wird angeführt, dass ein Körperschaden dann rechtserheblich sei, wenn er „aus medizinischer Sicht Krankheitswert besitzt“, s. Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 31 Rn. 21; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 36. 490  Gleichwohl wird in der Literatur zuweilen der Begriff des „Körperschadens“ synonym zum „Gesundheitsschaden“ gebraucht, s. bspw. bei Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 129. Vor Einführung des SGB VII verwandte auch das BSG den Terminus der „Körperschädigung“, s. bspw. BSG, Urt. v. 18. 12. 1986 – 4a RJ 9/86, BSGE 61, 113 (116). 491  BSG, Urt. v. 18. 12. 1986 – 4a RJ 9/86, BSGE 61, 113 (116); Benz, NZS 2002, 8 (10). Bedingung hierfür ist in jedem Falle, dass für die seelische Beeinträchtigung hinsichtlich der zeitlichen Grenzen der Einwirkung dasselbe gilt, wie für eine „klassische“ physische Schädigung, s. wiederum Benz, NZS 2002, 8 (10); Kunze, VSSR 2004, 299 (313). 487 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

der Ausschussbericht vor Verabschiedung des BBG von einer Einbeziehung aus.492 In der Literatur493 werden rein psychische Schäden als Körperschaden seit langem anerkannt. In diesem Sinne definiert auch das BVerwG494 den „Körperschaden“ unmissverständlich als „jede (….) Verletzung der körperlichen und seelischen Integrität“. d)  Hilfsmittel und Körperersatzstücke Auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Gesetzgeber mit § 8 Abs. 3 SGB VII495 eine Ausweitung des Begriffs des Gesundheitsschadens vorgenommen, wonach als solcher auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels gelten.496 Diese Regelung beruht auf der Vorgängervorschrift des § 548 Abs. 2 RVO, der noch auf die Beschädigung eines „Körperersatzstückes“ bzw. eines „größeren orthopädischen Hilfsmittels“ rekurrierte.497 Mit dem Wegfall dieser Limitierung zugunsten des „Hilfsmittels“ geht § 8 Abs. 3 SGB VII ein Stück weit über die alte Vorschrift hinaus.498 Die Fiktion des § 8 Abs. 3 SGB VII setzt voraus, dass, abgesehen von der Substitution des Merkmals „Gesundheitsschaden“ durch die Beschädigung oder den Verlust eines Hilfsmittels, sämtliche tatbestandliche Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 SGB VII gegeben sind.499 Schon aufgrund der notwendigen äußeren Einwirkung auf den Körper des Versicherten folgt hieraus, dass sich das Hilfsmittel regelmäßig am oder im Körper des Betroffenen in entsprechender funktionsgemäßer Verwendung befunden haben muss.500 Das BSG lässt bislang die Frage offen, ob auch ausnahmsweise hinreichend sein kann, dass 492 

BT-Drucks. 1/4246 S. 18. statt vieler nur Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 182 m.w.N.; Schütz, PersV 1971, 260. 494  BVerwG, Urt. v. 29. 10. 2009 – 2 C 134.07, BVerwGE 135 ,176 (184 f.). Ebenso VG Düsseldorf, Urt. v. 24. 1. 2014 – 13 K 1563/11, juris Rn. 36. 495  § 8 Abs. 3 SGB VII: „Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels“. 496 Teilweise findet sich in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur daher eine begriffliche Differenzierung zwischen „echten“ Gesundheitsschäden und „unechten“ Gesundheitsschäden im Sinne des § 8 Abs. 3 SGB VII, so bei Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 20. 497  § 548 Abs. 2 RVO: „Dem Körperschaden steht die Beschädigung eines Körperersatzstücks oder eines größeren orthopädischen Hilfsmittels gleich“. Nach der Gesetzesbegründung zum UVEG ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Rechtslage mit § 8 Abs. 3 SGB VII „weitgehend“ derjenigen zur RVO entspräche, s. BT-Drucks.13/2204, S. 77. 498  Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 310. 499  BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 24/09 R, BSGE 107, 91 (94). 500  BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 24/09 R, BSGE 107, 91 (95 f.); LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21. 1. 2009 – L 8 U 11/07, juris Rn. 23 ff. S. dazu auch SG Karlsruhe, Urt. v. 12. 12. 2013 – S 1 U 3461/13, juris Rn. 18: Kein Fall des § 8 Abs. 3 SGB VII, wenn die Betroffene infolge einer äußeren Einwirkung auf eine in ihrer Handtasche mitgeführten Lesebrille stürzt und diese dabei zerstört wird. 493  Vgl.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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ein baldiger Einsatz des Hilfsmittels im Rahmen der versicherten Tätigkeit beabsichtigt war.501 Sinn und Zweck der Gleichstellung ist es, eine Benachteiligung von Versicherten zu verhindern, die auf ein Hilfsmittel angewiesen sind, dessen Beschädigung für die Betroffenen vergleichbare Beeinträchtigung bedeuten kann, wie bei einer unmittelbaren Schädigung des Körpers.502 Der Begriff des Hilfsmittels erfasst neben klassischen Körperersatzstücken wie Beinprothesen auch orthopädische und andere Hilfsmittel im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB VII wie (Lese-) Brillen oder Hörgeräte.503 Die Rechtslage in der Dienstunfallfürsorge ist in diesem Punkt nicht eindeutig. Eine inhaltlich entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber in § 31 BeamtVG nicht implementiert. Doch hat er schon im Entwurf zum BBG zu erkennen gegeben, dass auch ohne gesetzliche Verankerung die Beschädigung eines Körperersatzstückes als Körperschaden anzuerkennen sein soll.504 Ebenso ist in der Literatur vor Einführung des BeamtVG vertreten worden, dass ein Körperschaden auch in der Beschädigung eines Körperersatzstücks bestehen könne.505 Heute stellt Tz. 31. 1. 4 der BeamtVGVwV506 die Beschädigung oder Zerstörung, nicht aber den Verlust eines „Körperersatzstückes“ dem Körperschaden gleich. Die inhaltliche Aussage dieser Regelung in der BeamtVGVwV stößt allerdings in Teilen der Literatur auf Ablehnung.507 Groepper/Tegethoff508 sehen hierin eine unzulässige Analogie zum Unfallversicherungsrecht und lehnen einen unmittelbaren Anspruch aus § 31 BeamtVG ab. Stattdessen solle die Beschädigung eines Körperersatzstückes als Sachschaden einzuordnen sein, der nur über § 32 BeamtVG509 kompensiert werden könne.510 Hierbei ist allerdings kritisch anzumerken, dass die Erstattung von Sachschäden 501 

BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 24/09 R, BSGE 107, 91 (96). BSG, Urt. v. 9. 11. 2010 – B 2 U 24/09 R, BSGE 107, 91 (95), sowie in der Anmerkung von Schmitt, SGb 2011, 644 (646). Auch Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 33. 503  Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 34; Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 311. 504 s. die Erläuterung zu § 132 BBG im Gesetzesentwurf v. 19. 11. 1951, BT-Drucks. 1/2846, S. 50. 505  s. zB Bochalli, Grundriss des deutschen Beamtenrechts, 1965, S. 81. 506  Tz. 31. 1. 4 BeamtVGVwV: „Einem Körperschaden steht die Beschädigung oder Zerstörung eines Körperersatzstückes gleich“. 507  Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 12, unter Fn. 31. 508  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 46. 509  § 32 S. 1 BeamtVG: „Sind bei einem Dienstunfall Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhandengekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden“. 510  So auch Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 15. Auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 12, unter Fn. 31, plädiert dafür, diese Konstellationen über eine analoge Anwendung des § 32 S. 1 BeamtVG zu lösen. Kazmaier geht aufgrund der Gleichstellung der Körperersatzstücke mit dem Körperschaden von der Möglichkeit der Entschädigung über § 33 BeamtVG aus, während andere „Hilfsmittel“ wie bspw. ein Rollstuhl oder eine Brille nach § 32 BeamtVG zu kompensieren seien, s. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 37. 502 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

nach § 32 S. 1 BeamtVG tatbestandlich das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne des § 31 BeamtVG und damit einen eingetretenen Körperschaden voraussetzt.511 Nicht anders ist die Rechtslage in Bezug auf § 33 Abs. 1 Nr. 2 BeamtVG512 zu bewerten, wonach das Heilverfahren auch die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln umfasst. Das Heilverfahren ist gemäß § 30 Abs. 2 BeamtVG Teil des Leistungskatalogs der Unfallfürsorge, die nach § 30 Abs. 1 BeamtVG das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne des § 31 BeamtVG zur Voraussetzung hat. Hiervon ausgehend müsste in den Fällen, in denen beim Unfall­ ereignis ausschließlich ein Ersatzstück beschädigt wird, der Beamte im Übrigen aber physisch unversehrt bleibt, ein Dienstunfall abgelehnt werden. Dies würde ein eindeutiges „Minus“ an Absicherung gegenüber dem Arbeitnehmer bedeuten. Doch auch für den Fall, dass man mit der BeamtVGVwV abweichend von dieser Literaturauffassung bei der Auslegung des § 31 BeamtVG die Beschädigung oder Zerstörung eines Körperersatzstückes dem echten Körperschaden gleichstellt, bleibt für den Beamten ein „Minus“ dahingehend, dass Hilfsmittel jenseits von Körperersatzstücken, die bei einem Unfallereignis zerstört werden oder verloren gehen, nicht erfasst werden. e)  Kompensation von Sachschäden Eine normativ angelegte Divergenz zwischen gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge, die zugleich das Leistungsrecht berührt, besteht hinsichtlich des sachlichen Umfangs der Entschädigungsleistungen.513 Gemäß § 32 BeamtVG514 besteht für den Beamten die Möglichkeit, Ersatz für Kleidungsstücke und sonstige mitgeführte Gegenstände zu beantragen, die durch das Unfallereignis beschädigt worden sind. Dabei handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, in dessen Rahmen einem eventuellen Mitverschulden des Beamten am Unfallgeschehen gemäß § 254 BGB durch Selbstbeteiligung oder Versagung des Anspruchs getragen werden kann.515 Insbesondere kann grobe Fahrlässigkeit des Beamten dazu führen, dass ein Anspruch auf Entschädigung nach § 32 BeamtVG ausscheidet.516 Demgegenüber existiert eine vollständige Ersatzpflicht des Dienst­ 511  Dies stellen Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 46, auch ausdrücklich fest. 512  § 31 Abs. 1 BeamtVG: „Das Heilverfahren umfasst (…) 2. die notwendige Versorgung mit Arznei- und anderen Heilmitteln, Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Unfallfolgen erleichtern sollen“. 513  Dazu bereits Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 248 f., für die damaligen gesetzlichen Normierungen. 514  § 32 S. 1 BeamtVG: „Sind bei einem Dienstunfall Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, die der Beamte mit sich geführt hat, beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden“. 515  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 32 Rn. 28. 516  VG Ansbach, Urt. v. 16. 9. 2015 – AN 11 K 14.01003, juris Rn. 25 ff.

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herrn im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null nur in den Fällen, in denen dem Beamten andernfalls eine vollkommen unzumutbare finanzielle Belastung auferlegt würde.517 Einen vergleichbaren Anspruch des Arbeitnehmers auf Kompensation von entstandenen Sachschäden kennt die gesetzliche Unfallversicherung im Grundsatz nicht.518 Lediglich Tatbestände innerhalb der „unechten“ Unfallversicherung519 lassen ausnahmsweise die Geltendmachung von Sachschäden zu. Gemäß § 13 SGB VII520 werden einem nach den Tatbeständen der § 2 Abs. 1 Nr. 11a, 12, 13 SGB VII versicherten Hilfeleistenden auch entstandene Sachschäden erstattet.521

VI.  Ursächlicher Zusammenhang zwischen Primärschaden und Folgeschäden In welchem Umfang in der gesetzlichen Unfallversicherung der Unfallversicherungsträger zur Leistungsgewährung verpflichtet ist, richtet sich danach, in welchem Maße Gesundheitsschäden durch den Arbeitsunfall hervorgerufen worden sind.522 Erschöpft sich der vom Arbeitnehmer erlittene Gesundheitsschaden in eben diesem Primärschaden, so ist die Frage nach dem Umfang der Kompensation einfach zu beantworten. Möglich ist aber auch, dass sich beim Betroffenen auf der Basis des Erstschadens noch weitere Folgeschädigungen ergeben. Bei diesen ist dann eine genaue Prüfung geboten, inwieweit sie dem erlittenen Arbeitsunfall noch zuzurechnen und sodann mit zu entschädigen sind. Diese Zurechnungsfrage beurteilt 517 

VG Düsseldorf, Urt. v. 2. 4. 2014 – 10 K 4033/13, juris Rn. 36 f. m.w.N. Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht, Rn. 596; Eichenhofer, Sozialrecht, § 18 Rn. 400; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 13 Rn. 1. 519  Instruktiv zum Begriff der „unechten“ Unfallversicherung und deren gesetzessystematischen Kompatibilität Fries, Die Haftungsbeschränkung der §§ 104 ff. SGB VII in den Fällen der unechten Unfallversicherung, 2013, S. 28 ff.; Seewald, in: FS-Watermann, 1996, S. 161 ff., sowie in der älteren Literatur bei Schneider, Die „unechte“ Unfallversicherung in der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung, 1975, passim. 520  § 13 S. 1 SGB VII: „Den nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 Buchstabe a, Nr. 12 und Nr. 13 Buchstabe a und c Versicherten sind auf Antrag Schäden, die infolge einer der dort genannten Tätigkeiten an in ihrem Besitz befindlichen Sachen entstanden sind, sowie die Aufwendungen zu ersetzen, die sie den Umständen nach für erforderlich halten durften, soweit kein anderweitiger öffentlich-rechtlicher Ersatzanspruch besteht“. 521  Grundlegend zum Anspruch aus § 13 SGB VII Leube, NZV 2011, 277 ff. Speziell zu den unfallversicherungsrechtlichen Ansprüchen des Nothelfers nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a und 13c Loyal, VersR 2013, 966 (969 f.). Zur Möglichkeit der satzungsgemäßen Mehrleistung durch die Unfallversicherungsträger nach § 94 SGB VII Leube, NZS 2006, 410 ff. 522  Kainz, Behindertenrecht 2013, 112 (115). Wobei der ursächliche Zusammenhang in Bezug auf den Erstschaden, wie dargestellt, bereits im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität zu thematisieren ist, da andernfalls schon kein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall existiert, s. Ziegler, in: Becker/ Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 199. 518 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

das BSG heute unter dem Gesichtspunkt der „haftungsausfüllenden Kausalität“,523 wenngleich sich in der begleitenden Literatur dieses neuere Verständnis von Inhalt und Funktion der haftungsausfüllenden Kausalität und ihre Abgrenzung zum Bereich der haftungsbegründenden Kausalität bisweilen nicht eindeutig darstellt.524 Da eine Unfallfolge im Sinne eines über die Erstschädigung hinaus wirkenden Gesundheitsschadens keine Voraussetzung für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist, bildet die positive Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität auch keine notwendige Bedingung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern ist die Voraussetzung für die Gewährung bestimmter Leistungen, insbesondere für einen Anspruch des Beschäftigten auf eine Verletztenrente im Sinne des § 56 SGB VII.525 Auch die Bestimmung der haftungsausfüllenden Kausalität erfolgt unter Heranziehung der Theorie der wesentlichen Bedingung.526 Im Dienstunfallrecht bildet dieser Zurechnungsaspekt hingegen keinen einheitlich anerkannten Prüfungspunkt. Der Begriff der „haftungsausfüllenden Kausalität“ findet zwar Verwendung, jedoch auch in der jüngeren und jüngsten verwaltungsgerichtlichen Judikatur unter Verweis auf die frühere BSG-Rechtsprechung als Bezeichnung für die ursächliche Beziehung zwischen Unfallereignis und Körperschaden, ohne dass die Begriffsverschiebung der neueren arbeitsunfallrechtlichen Prüfungsdogmatik erkennbar rezipiert worden wäre.527 Jenseits dieser terminologischen Divergenzen ist eine inhaltliche Abweichung gegenüber 523  Ricke erkennt hierin seitens des zweiten Senats eine „begrüßenswerte Klarstellung“, denn würde man bereits den Zusammenhang zwischen dem äußeren Ereignis und dem Erstschaden terminologisch als „haftungsausfüllend“ einordnen, so käme man begrifflich mitunter zu einem Unfall ohne Körperschaden, was im Rahmen einer Unfallversicherung gegen erlittene Schädigungen irritieren müsste, s. Ricke, WzS 2013, 241 (242). 524  So beschreibt etwa noch Schmitt in seiner Kommentierung die haftungsausfüllende Kausalität als Kausalitätszusammenhang zwischen dem durch die versicherte Tätigkeit ausgelösten Ereignis und dem Gesundheitsschaden und somit als einen letztlich im Bereich des Gesundheitserstschadens anzusiedelnden Ursachenzusammenhang und erklärt damit fälschlicherweise die haftungsausfüllende Kausalität – im Gegensatz zu etwaigen Gesundheitsfolgeschäden – als für den Arbeitsunfall konstitutiv, s. Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 146 f. 525  BSG, Urt. v. 30. 1. 2007 – B 2 U 23/05 R, BSGE 98, 79 (80) m.w.N.; dass. Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 (198); Becker, SGb 2007, 721 (727); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 269; Köhler, VSSR 2013, 47 (48 f.); Mehrtens, in: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 8 Rn. 8.4. Zur Verletztenrente sowie überblicksweise auch zum sonstigen Leistungsrecht Kainz, Behindertenrecht 2013, 144 ff. 526  Vgl. statt vieler LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 18. 3. 2016 – L 8 U 3578/15, juris Rn. 29; Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 95. Stehen mehrere potentielle Unfallfolgeschäden im Raum, so ist die haftungsausfüllende Kausalität für jeden einzelnen dieser Schäden separat zu prüfen, s. Ziegler, in: Becker/Franke/ Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 200. 527 Exemplarisch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. 6. 2012 – 4 S 1384/10, juris Rn. 18; OVG Saarland, Urt. v. 26. 11. 2008 – 1 A 144/08, juris Rn. 47; VG Ansbach, Urt. v. 12. 3. 2014 – AN 11 K 13.01618, juris Rn. 19; VG Lüneburg, Urt. v. 20. 8. 2008 – 1 A 129/06, juris Rn. 13.

A.  Der Grundtatbestand des Arbeits- und Dienstunfalls

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dem Unfallversicherungsrecht nicht auszumachen.528 Auch hier bestimmt sich die Ermittlung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem beim Dienstunfall erlittenen primären Körperschaden und hieraus resultierenden langfristigen Folgeschädigungen nach der inhaltsgleichen Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache.529

VII.  Ergebnisse für den Grundtatbestand Der Vergleich der Grundtatbestände führt in der Zusammenfassung zu folgenden Ergebnissen: Ob die vom Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübte Handlung dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt oder als eigenwirtschaftliche Tätigkeit unversichert bleibt, beurteilt das BSG unter dem Blickwinkel der objektivierten Handlungstendenz. Die Annahme eines generellen Unfallversicherungsschutzes von Arbeitnehmern, die sich während ihrer regulären Arbeitszeit im Betriebsgebäude oder auf dem Betriebsgelände aufhalten, hat sich weder in der Rechtsprechung noch in der sozialversicherungsrechtlichen Literatur etablieren können. Eine bedeutende Ausnahme von der Nichtanerkennung des Versicherungsschutzes bei Ausübung einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung existiert in der Dogmatik des Arbeitsunfallrechts für die Fälle, in denen sich im Unfallereignis eine „besondere Betriebsgefahr“ realisiert. Hingegen ermittelt das BVerwG den Dienstzusammenhang heute weitestgehend nicht tätigkeitsbezogen, sondern unterstellt den Beamten anhand räumlich-zeitlicher Kriterien während der Dienstzeit innerhalb des Dienstgebäudes grundsätzlich dem Dienstunfallschutz, ohne dass es einer gesonderten Fokussierung auf die konkret ausgeübte Tätigkeit des Beamten unter Heranziehung des Gedankens der Handlungstendenz bedarf. Dies führt bezüglich eigenwirtschaftlicher Verrichtungen am Arbeitsplatz zu Divergenzen im Hinblick auf die Reichweite der Absicherung zwischen beiden Personengruppen. Bei in der Praxis klassisch-alltäglichen Tätigkeiten wie der Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz oder in einer Kantine sowie dem Aufsuchen der Toilette, steht der Beamte im Gegensatz zum Arbeitnehmer nicht nur auf betriebsinternen Wegen unter kontinuierlichem Unfallschutz, sondern ortsunabhängig bei der Essenseinnahme selbst sowie innerhalb der Toilettenanlage. Bei Unfällen außerhalb des unmittelbaren Arbeitsplatzbereichs werden von den Gerichten in bestimmten Fallgruppen unterschiedliche Bewertungen vorgenommen. Während bei der Einbeziehung des Betriebs- und Dienstsportes in den unfallgeschützten Bereich derzeit nicht von einer substanziell unterschiedlichen Bewertung auszugehen ist, führt die Bestimmung des inneren Zusammenhangs anhand der objektivierten Handlungstendenz auf dem Problemfeld der Telearbeit zu einer großzügigeren Absicherung des Arbeitnehmers auf innerhäuslich zurückgelegten 528  Zu diesem Ergebnis kommt auch schon Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 221. 529  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 85, mit einer Übersicht über die auf diesem Gebiet ergangene Rechtsprechung des nordrhein-westfälischen OVG.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Betriebswegen. In Bezug auf Schädigungen bei freiwillig vorgenommenen Grippeschutzimpfungen wird von den Verwaltungsgerichten Dienstunfallschutz gewährt. Die hier bisher ergangenen Entscheidungen der Sozialgerichte liefen hingegen auf die Ablehnung eines Arbeitsunfalls hinaus. Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei der auswärtigen Übernachtung von Beamten im Rahmen von Klassenfahrten. Während das BVerwG einen Dienstunfallschutz unabhängig von der dienstlichen Prägung der konkret ausgeübten Tätigkeit, beispielsweise beim morgendlichen Duschen, gewährt, führt die auf die objektivierte Handlungstendenz fokussierte Bewertung im Unfallversicherungsrecht in Bezug auf privatnützig ausgerichtete Tätigkeiten hier zur Nichtanerkennung eines Arbeitsunfalls. Bei den Anforderungen, die an das Unfallereignis selbst gestellt werden, ergeben sich trotz weitgehender Übereinstimmungen noch Divergenzen in Detailfragen. Während im Arbeitsunfallrecht das BSG und die herrschende Literaturmeinung übereinstimmend die Dauer einer Arbeitsschicht als zeitliche Limitierung für die äußere Einwirkung ansehen, fehlt es im Dienstunfallrecht bislang an einer ähnlich expliziten Grenzziehung. Eine mit der gesetzlichen Unfallversicherung vergleichbare Festlegung auf die Dauer einer Dienstschicht wird zwar in der Literatur erwogen, hat sich aber in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte bislang nicht etablieren können. In beiden Rechtsgebieten herrscht Einigkeit dahingehend, dass Unfallschutz nicht gegeben ist, wenn sich das Unfallereignis als Folge einer allgemein wirkenden Gefahr darstellt. Mit seinem Urteil vom 25. 2. 2010 zum Dienstunfallschutz bei einem Insektenstich hat das BVerwG zudem deutlich gemacht, dass es im Dienst­ unfallrecht wie in der gesetzlichen Unfallversicherung keiner besonderen Gefahr aus der betrieblichen bzw. dienstlichen Sphäre bedarf, um das Unfallereignis dem Dienst zurechnen zu können. Übereinstimmend wird im Rahmen des Zurechnungszusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserstschaden („haftungsbegründende Kausalität“) die Beurteilung, ob das Unfallereignis gegenüber beim Betroffenen bereits vorhandenen Schadensanlagen für den Schaden rechtlich ursächlich gewesen ist oder eine bloße Gelegenheitsursache darstellt, anhand der Theorie der wesentlichen Bedingung bzw. der rechtlich wesentlichen Ursache vorgenommen. Im Bereich des Gesundheitsschadens fehlt es im Dienstunfallrecht an einem Äquivalent zur Vorschrift des § 8 Abs. 3 SGB VII, wonach anstelle eines körperlichen Schadens auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels infolge eines von außen auf den Körper wirkenden Ereignisses einen zu entschädigenden Arbeitsunfall begründen können. Die Gleichstellung in Tz. 31. 1. 4 BeamtVGVwV beschränkt sich auf Körperersatzstücke, sodass die Beschädigung oder der Verlust einer Brille oder eines Hörgerätes vom Dienstunfallschutz nicht abgedeckt sind. Der alternativ in der Literatur vorgeschlagene Weg einer analogen Anwendung von § 32 oder § 33 BeamtVG vermag Konstellationen nicht abzudecken, in denen es an einem Körperschaden im Sinne des § 31 BeamtVG fehlt und ausschließlich ein Hilfsmittel beschädigt wird. Beide Alternativen führen im Ergebnis zu einem

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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Weniger an Unfallschutzqualität für den Beamten gegenüber dem Arbeitnehmer. Welche Lösung das BVerwG hier in Zukunft gegebenenfalls finden wird, bleibt noch abzuwarten. Umgekehrt besteht für den Beamten gemäß § 32 BeamtVG die Möglichkeit, die bei einem Unfallgeschehen aufgetretenen Sachschäden ersetzt zu bekommen. Hierauf hat der Arbeitnehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung derzeit keinen vergleichbaren Anspruch. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Primärschaden und gegebenenfalls auftretenden langfristigen Folgeschäden, in der BSG-Rechtsprechung in neuerer Zeit als „haftungsausfüllende Kausalität“ bezeichnet, wird auf beiden Rechtsgebieten wiederum anhand derselben Wesentlichkeitserwägungen beurteilt.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls In der Praxis nicht weniger bedeutsam als der klassische Arbeits- und Dienstunfall sind Unfälle auf dem Weg von und zur Arbeitsstelle. Nachdem das Grundmodell des Arbeits- und Dienstunfalls bereits untersucht worden ist, soll in diesem Teil nun das Augenmerk auf den Wegeunfalltatbestand gerichtet werden.

I. Grundlagen Auch hier ist zu Anfang auf die normativen Grundlagen und den Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem Dienst einzugehen. 1.  Normative Ausgangspunkte Sowohl im SGB VII als auch im BeamtVG finden sich die Vorschriften zum Wegeunfall unmittelbar im Anschluss an den Grundtatbestand. a)  § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII Die Norm des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII530 beinhaltet in der gesetzlichen Unfallversicherung den Wegeunfall in seiner Grundkonstellation. Dem Tatbestand des Wegeunfalls hat der Gesetzgeber anknüpfend an die Definition in Abs. 1 die Formulierung „Versicherte Tätigkeiten sind auch“ vorangestellt und damit dem Arbeitsunfall nicht im Wege einer Fiktion gleichgestellt, sondern normativ als einen spezielleren Unterfall eines Arbeitsunfalls ausgestaltet.531 Wie auch im Rahmen 530 

§ 8 Abs. 2 SGB VII: „Versicherte Tätigkeiten sind auch: Nr. 1: das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit“. Abs. 2 Nr. 2-4 enthält darüber hinaus enummerierte Erweiterungen des Wegeunfallschutzes. 531  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 104; Leube, ZTR 2012, 682 (683).

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

der Grundtatbestände wird im Schrifttum kritisch angemerkt, dass die Vielzahl an denkbaren Konstellationen zu einer ausgeprägten Kasuistikbildung in der Rechtsprechung geführt hat, die aufgrund ihrer Abweichungen im Einzelfall nicht stets eine einheitliche Rechtsfortentwicklung erkennen ließe.532 b)  § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG Die Vorschrift des § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG533 enthält den Wegeunfalltatbestand im Dienstunfallrecht. Mit der Formulierung „Als Dienst gilt auch“ hat der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 BeamtVG das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle dem Dienst im Sinne des Abs. 1 fiktiv gleichgestellt.534 Relevanz erlangt dieser gegenüber § 8 SGB VII bestehende Unterschied nach Auffassung des BVerwG bei Auslegung und Anwendung des Wegeunfalltatbestandes. Die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG vorgenommene Gleichstellung im Wege der gesetzlichen Funktion und darüber hinaus Telos und Konzeption der Norm ließen nach Auffassung des Gerichts den sozialpolitisch motivierten Ausnahmecharakter evident werden und würden eine restriktive Auslegung des Wegeunfalltatbestandes gebieten, wobei es eine Ausweitung der Unfallfürsorge auf die vom Beamten beherrschbaren privaten Lebensbereiche zu vermeiden gelte.535 Diese Betrachtungsweise stößt in der Literatur teils auf Zustimmung,536 obgleich beispielsweise Groepper/Tegethoff537 darauf hinweisen, dass sich für die Abgrenzung der privaten Risikosphäre des Beamten gegenüber dem vom Dienstherrn zu tragenden Verantwortungsbereich bis heute keine allgemeingültigen und überzeugenden Kriterien herauskristallisiert hätten, was zu einer ausgeprägten Kasuistik mit immer neuen Ansätzen geführt habe.

532  Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 80, unter Verweis auf weitere kritische Beiträge in der Literatur. 533  § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG: „Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle“. Vergleichbar mit dem § 8 Abs. 2 SGB VII folgen auch hier in Hs. 2 sowie in S. 2 Erweiterungen des Wegeunfallschutzes, die eine Absicherung über S. 1 Hs. 1 hinaus begründen. 534  Vgl. statt vieler BVerwG, Urt. v. 26. 11. 2013 – 2 C 9.12, NVwZ-RR 2014, 423 (424); VG Halle, Urt. v. 25. 6. 2014 – 5 A 136/11, juris Rn. 23; Leube, ZTR 2012, 682; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 85. 535  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (361 f.); VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.08, juris Rn. 13. 536  So sieht Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 85, in der Vermeidung der Ausdehnung des Unfallschutzes auf im Wesentlichen vom Beamten beherrschbare private Lebensbereiche als „Grundgedanke[n] des Dienstunfallrechts“ an und erblickt hierin eine adäquate Begrenzung des Fürsorgegrundsatzes. 537  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 118.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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2.  Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem Dienst Entsprechend dem Grundtatbestand des Arbeitsunfalls setzt der Wegeunfall nach allgemeiner Ansicht voraus, dass ein innerer Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit besteht, der eine Zurechnung des Verhaltens zur eigentlich versicherten Tätigkeit rechtfertigt.538 Das Zurücklegen des Weges muss daher stets einer versicherten Tätigkeit vorangegangen sein oder nachfolgen.539 Zu bejahen ist der innere Zusammenhang mit dem BSG dann, wenn das Zurücklegen des Weges dazu bestimmt ist, der betrieblichen Tätigkeit nachzukommen.540 Wegeunfallschutz wird nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG nur gewährt, wenn das Zurücklegen des Weges im Dienst seine wesentliche Ursache findet, wenn also andere, mit dem Dienst nicht in Verbindung zu bringende Ursachen demgegenüber in den Hintergrund treten.541 Im Grundsatz unterscheidet sich der Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 BeamtVG bezüglich der Notwendigkeit eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs mit der geschützten Tätigkeit nicht von § 8 Abs. 2 SGB VII.542

II.  Anfangs- und Endpunkt des Weges § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII setzt das Zurücklegen eines Weges „nach und von dem Ort der Tätigkeit voraus“, während § 32 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG auf den Weg „nach und von der Dienststelle“ rekurriert. 1.  Ort der Tätigkeit Der arbeitsplatzbezogene Anfangs- und Endpunkt kann hier in aller Kürze behandelt werden.543 Der Ort der Tätigkeit in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine geschuldete Tätigkeit verrichtet (und nicht beispielsweise der Sitz des Unternehmens)544 und wird im Falle des klassischen Betriebs räumlich begrenzt durch das Werkstor des Betriebsgeländes bzw. dort, wo ein sol538  St.Rspr., vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 18. 3. 1997 – 2 RU 17/96, SozR 3-2200 § 550 Nr. 16 S. 59; Hering, SVR 2012, 375; Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 190a; ­Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 172; ders., in: SRH, § 16 Rn. 139. 539  Vgl. statt vieler nur Dahm, NZV 2016, 113. 540  BSG, Urt. v. 18. 3. 1997 – 2 RU 17/96, SozR 3-2200 § 550 Nr. 16 S. 59 m.w.N. 541  St.Rspr., vgl. statt vieler nur BVerwG, Urt. v. 9. 12. 2010 – 2 A 4.10, RiA 2011, 89 (90). Hierzu auch Reich, LKV 2014, 193 (194). In der Literatur findet sich hierfür oftmals auch der an die Rechtsprechung des BSG angelehnte Terminus des „inneren Zusammenhangs“, so bspw. bei Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 30. 542  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 120. 543  s. schon die Darstellung bei Leube, ZTR 2012, 682 (686). 544  BSG, Urt. v. 8. 7. 1980 – 2 RU 17/79, juris Rn. 23; Krasney, SGb 2013, 313 (315) m.w.N.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

ches nicht existiert, durch die Außentür des Betriebsgebäudes.545 Identisches gilt im Dienstunfallrecht in Bezug auf die Dienststelle. Hier muss die Dienststelle nicht ein bestimmtes Dienstgebäude sein, sondern diese wird durch den dienstlichen Einsatzort im Einzelfall definiert.546 Auch hier beginnt und endet der geschützte Weg mit dem Betreten des Dienstgebäudes bzw. des als dienstlichem Areal anzusehenden Bereichs.547 Unfälle auf zurückgelegten Wegen nach Erreichen und vor dem Wiederverlassen des betrieblichen bzw. dienstlichen Bereichs sind keine Wegeunfälle, sondern können gegebenenfalls als Betriebswegeunfälle nach § 8 Abs. 1 SGB VII bzw. § 31 Abs. 1 BeamtVG abgesichert sein.548 2. Außenhaustür Offen bleibt dem jeweiligen Wortlaut nach für den Hinweg die Frage nach dem Ausgangspunkt der versicherten Strecke und entsprechend für den Rückweg die Bestimmung des Endpunkts.549 a)  Abstrakte Grenzziehung In der gesetzlichen Unfallversicherung ist der Anfangspunkt des unter Versicherungsschutz stehenden Weges der Punkt, an dem der Versicherte seinen häuslichen Wirkungskreis verlässt.550 Der eigene häusliche Bereich soll nach steter Auffassung des BSG unversichert bleiben, weil er dem Versicherten vertraut sei und eine Gefahrenquelle darstelle, auf deren Beherrschung der Versicherte weitestgehend selbst Einfluss ausüben könne.551 Um das Verlassen des häuslichen Wirkungskreises in der Rechtsanwendung in eine praktikable, das bedeutet notgedrungen räumliche Konkretisierung zu überführen, hat das BSG diese anhand der Außenhaustür desjenigen Gebäudes vollzogen, in welchem der Versicherte wohnt – oder im Fall eines Mehrparteienhauses – eine Wohnung bezogen hat.552 Als „Außenhaustür“ gelten sämtliche Türen, durch die das Wohngebäude verlassen werden

545  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 193 m.w.N.. Ausführlich zur Abgrenzung des Ortes der Tätigkeit Krasney, WzS 2013, 313 (315). 546  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 129 m.w.N. 547  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 129. 548  BSG, Urt. v. 23. 5. 1973 – 8/2 RU 68/70, SozR Nr. 3 zu § 725 RVO; Groepper/Teget­ hoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 129. 549  Dazu auch Leube, ZTR 2012, 682 (683). 550  Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 88; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 182. Zur Entwicklung dieser Grenze schon durch die Rechtsprechung des RVA bei Schulz, Begriff des Wegeunfalls, 1950, S. 45 ff. 551  St Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 7.11. 2000 – B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 16 m.w.N. 552  BSG, Urt. v. 7.11. 2000 – B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 16 m.w.N.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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kann, somit auch eine Keller- oder Veranda- bzw. Terrassentür.553 Die Entscheidung für eine starre räumliche und in der Praxis regelmäßig unproblematisch festzustellende Grenze begründet der Unfallversicherungssenat im Wesentlichen mit dem Gedanken der Rechtssicherheit.554 In der Literatur stößt diese verabsolutierte Grenzziehung mitunter auf Kritik.555 So wendet Ricke556 ein, dass der Betroffene generell auf seinem Grundstück Risiken ausgesetzt sei, die er weitestgehend selbst beherrschen könne und die mit den innerhäuslichen Risiken vergleichbar seien, sodass sich die vom BSG vorgenommene Abgrenzung sich mindestens genauso sinnvoll an der Grundstücksgrenze ziehen ließe. Für den Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 BeamtVG steht das BVerwG auf dem Standpunkt, dass aus Gesetzessystematik und –zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Norm als Anfangs- bzw. Endpunkt des Weges nur die Wohnung des Beamten in Betracht komme.557 In Entsprechung zur gesetzlichen Unfallversicherung hat das Gericht die Grenze zum privaten Lebensbereich ebenfalls anhand des Durchschreitens der Außenhaustür des vom Beamten bewohnten Gebäudes gezogen.558 Bezüglich der Vorteile einer Grenzziehung anhand objektiver Merkmale verweist es auf die Rechtsprechung des BSG und betont, dass zugunsten dieses Vorteils auch Ungereimtheiten hinzunehmen seien, die sich mit dem Gedanken der Beherrschbarkeit des Risikos im privaten Lebensbereich nicht stringent begründen ließen.559 Die auch hier im Schrifttum geäußerte Kritik an einer generalisierenden Grenzziehung entspricht inhaltlich derjenigen im Unfallversicherungsrecht.560 553  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 197; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 229. 554  BSG, Urt. v. 7. 11. 2000 – B 2 U 39/99, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 16. 555  s. bspw. Schulin, in: Schulin HS-UV, § 33 Rn. 47. Thüsing, SGb 2000, 595 (596), geht von „merkwürdigen Konsequenzen“ aus. 556  Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 182. 557  Aus der jüngeren Zeit BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 360 122, 360 (361 f.); dass., Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601 (602). 558  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 230 (261), unter ausdrücklichem Verweis auf die BSG-Rechtsprechung. Für die Literatur Kazmaier, in: Stegmüller/ Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 180; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 86. Vgl. auch Tz. 31. 2. 1. BeamtVGVwV: „Der Weg nach und von der Dienststelle (§ 31 Abs. 2 S. 1 Halbsatz 1) beginnt und endet an der Haustür. (…)“. 559  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 360 (362), wenn beispielsweise Unfälle im Vorgarten unter dem Schutz der Unfallfürsorge stehen, die Gemeinschaftsflächen innerhalb eines Mehrfamilienhauses hingegen dem ungeschützten Bereich zugerechnet werden müssen. 560  s. zB Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 46, der das Vorgehen des BVerwG als nicht durchgehend überzeugend kritisiert und empfiehlt, bspw. für Unfälle im Vorgarten oder in auch öffentlich genutzten Hochhäusern, sachangemessene Ausnahmen zuzulassen. Schick führte Jahre 1969 aus, dass die schematische Grenzziehung regelmäßig zu sachgerechten Ergebnissen führen würde, wies aber daraufhin, dass „extreme atypische Fälle“ durchaus „entgegen der Regel behandelt werden“ könnten, s. Schick, ZBR 1969, 65 (67).

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

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b)  Präzedenzfall Haustürschwelle Die soeben dargelegten Rechtsprechungslinien von BSG und BVerwG legen eine Gleichläufigkeit der Abgrenzung der geschützten Wegstrecke vom ungeschützten häuslichen Bereich nahe. Doch geben neuere Urteile aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit Anlass zum Zweifel, ob von einer ausnahmslos deckungsgleichen Rechtslage ausgegangen werden kann. Die Rede ist hier von jenen seltenen Sachverhalten, in denen sich das Unfallgeschehen unmittelbar im Außenhaustürbereich zuträgt. Hierzu im Folgenden ein Vergleich. Das SG Gießen hatte im Februar 1994561 über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem die Klägerin auf dem Heimweg beim Durchschreiten der Haustür mit dem rechten Sprunggelenk umknickte und im Bereich vor der Tür auf den Boden stürzte. Im Hinblick darauf, dass die Betroffene im Zeitpunkt des Unfallereignisses das Haus noch nicht in Gänze betreten hatte und vor der Haustür zum Liegen kam, der Versicherungsschutz aber erst mit dem vollendeten Durchschreiten der Haustür sein Ende finde, sah das SG den versicherten Weg als noch nicht abgeschlossen an und bejahte einen Wegeunfall. Das Gericht argumentierte damit, dass eine weitergehende Differenzierung dem einheitlichen Lebensvorgang des Durchschreitens der Haustür nicht gerecht werden könne.562 Evident wird hier das Bestreben der Sozialgerichte, einen solchen Grenzfall mit größtmöglicher Konsequenz entlang der räumlich determinierten Grenzziehung zu entscheiden. Vergleichbare Sachverhalte lagen im Oktober 2012 dem VG Regensburg563 sowie im März 2014 dem VG Gelsenkirchen564 zur Entscheidung vor. Im ersten Fall hatte sich der klagende Beamte auf dem Weg zur Nachtschicht nach dem Öffnen der Haustür das Knie an deren Kante gestoßen und sich verletzt.565 Unklar und zwischen den Parteien strittig war, ob der Kläger sich beim Unfallereignis noch vollständig innerhalb des Wohngebäudes befand oder die Tür bereits teilweise durchschritten hatte und in rechtlicher Hinsicht, ob gegebenenfalls auch ein teilweises Durchschreiten für den Beginn des Wegeunfallschutzes ausreichend sein könnte.566 Das VG Regensburg maß demgegenüber der Frage, ob ein teilweises oder ein vollständiges Durchschreiten für den Beginn des Unfallschutzes einzufordern sei, für die Entscheidung des Falls keine Bedeutung bei. Im Hinblick auf Sinn und Zweck der Beamtenunfallfürsorge sei es sachgerechter danach zu urteilen, ob der Gesche-

561 

SG Gießen, Urt. v. 17. 2. 1994 – S 1 U 913/94, Breithaupt 1995 Nr. 52 S. 210. SG Gießen, Urt. v. 17. 2. 1994 – S 1 U 913/94, Breithaupt 1995 Nr. 52 S. 210 (211). 563  VG Regensburg, Urt. v. 17. 10. 2012 – RN 1 K 12.1111, juris. Maßgebliche Norm in dieser Entscheidung war die mit § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG inhaltlich identische Vorschrift des Art. 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BayBeamtVG. 564  VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris. 565 s. die Wiedergabe des Tatbestandes bei VG Regensburg, Urt. v. 17.  10. 2012 – RN 1 K 12.1111, juris Rn. 2. 566  VG Regensburg, Urt. v. 17. 10. 2012 – RN 1 K 12.1111, juris Rn. 18. 562 

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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hensablauf der häuslichen oder der dienstlichen Risikosphäre zuzuordnen war.567 Nach Ansicht der Verwaltungsrichter käme es zu einer ungewollten Ausdehnung des dienstunfallgeschützten Bereichs, würde man einen Wegeunfall auch dann bejahen, wenn der Betroffene die Haustür bereits teilweise durschritten hat, sich aber im Unfall ein Risiko aus der privaten Sphäre des Beamten realisiere.568 Eine ähnliche Argumentation entwickelte auch das VG Gelsenkirchen im zweiten Fall. Der Beamte befand sich nach Rückkehr vom Dienst mit seinem Fahrrad unmittelbar in der bereits von ihm geöffneten Haustür, als ihm der Schlüssel entglitt und zu Boden fiel. Beim Versuch sich zu bücken und diesen mit der rechten Hand wieder aufzulesen, hielt er sich mit der linken Hand am Fahrradlenker fest, als ein Windstoß die Tür zuschlagen und gegen seine linke Hand prallen ließ. Auf die Nichtanerkennung eines Wegeunfalls hin klagte der Beamte mit der Begründung, dass nach der Rechtsprechung des BVerwG von Belang sei, ob er im Unfallzeitpunkt die Haustür bereits durchschritten habe und es zu einer künstlichen und daher lebensfremden Separation eines einheitlichen Vorgangs führen müsse, sollten die Körperteile, die sich bereits jenseits der Haustür befanden – wie eben die eingeklemmte Hand – nicht mehr unfallgeschützt sein, diejenigen, die aber die Schwelle noch nicht überwunden hatten, hingegen schon. Der maßgebliche Geschehensablauf habe sich im Bereich vor der Außenhaustür ereignet, sei daher dem dienstunfallgeschützten Weg zuzuordnen und eine Gefahr aus dem innerhäuslichen und mithin privaten Bereich habe sich im Unfallereignis nicht realisiert.569 Auch hier betonte das VG im Unterschied zum oben dargestellten Urteil des Sozialgerichts, dass die Frage, ob die maßgebliche Tür bereits endgültig durchschritten worden ist, offen bleiben könne.570 Ein alleiniges Abstellen auf die Außenhaustürgrenze müsse in den Fällen versagen, in denen sich ein Unfall in einem „unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ mit der Außentür zutrage.571 Unbesehen der kaum möglichen exakten Rekonstruktion des genauen Geschehensablaufs und des Standorts des Beamten sei auf die hinter § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG stehenden „gesetzlichen Grundwertungen“ abzustellen und danach zu fragen, ob sich in dem Unfall ein Risiko aus dem Privatbereich des Beamten realisiert habe oder nicht.572 Da der Windstoß aus dem innerhäuslichen Bereich gekommen und mutmaßlich durch ein offen stehendes Fenster verursacht worden sei, habe sich ein privates Risiko des Beamten im 567 

VG Regensburg, Urt. v. 17. 10. 2012 – RN 1 K 12.1111, juris Rn. 18. VG Regensburg, Urt. v. 17. 10. 2012 – RN 1 K 12.1111, juris Rn. 18. 569  s. zu dem Vorangegangenen die ausführliche Wiedergabe des Tatbestandes und der Klägerargumentation bei VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 5. 570  VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 24. 571  VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 24. 572  VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 24. Mit identischer Argumentation und unter Bezugnahme auf das oben dargestellte Urteil des VG Regensburg hatte das VG Gelsenkirchen am 11. 10. 2013 bereits einen vergleichbaren Fall im Anwendungsbereich des mit § 31 BeamtVG inhaltsgleichen § 31 LBeamtVG NRW entschieden, s. dass., Urt. v. 11. 10. 2013 – 3 K 4303/12, juris Rn. 26 ff. 568 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Unfallereignis realisiert, sodass die Anerkennung eines Wegeunfalls abzulehnen sei.573 Die Argumentation des VG Gelsenkirchen wurde im Juni 2014 vom OVG Nordrhein-Westfalen bestätigt.574 In den beiden Urteilen wird eine Tendenz in der neueren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung deutlich, im Dienstunfallrecht in Grenzfällen von einer formal-objektiven Beurteilung entlang der Außenhaustürgrenzen zugunsten einer risikosphärenorientierten Bewertung anhand der für das Unfallereignis ursächlichen Gefahrenquelle abzusehen. Eine strikt räumliche Abgrenzung anhand des Standorts des Beamten in Relation zur Außentür und eine sphärenorientierten Betrachtung anhand der Beherrschbarkeit der für das Unfallereignis ursächlichen Risikoquelle sind vom Grundgedanken her aber nicht in Einklang zu bringen. Das VG Gelsenkirchen vermag zwar diesbezüglich keinen Widerspruch zum BVerwG zu erkennen, da dieses von einer „Ergänzung der Risikobetrachtung durch das Abstellen auf die Außentür“ ausgehe und somit einer Abgrenzung von privater und dienstlicher Sphäre unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschbarkeit nicht im Wege stehe.575 Demgegenüber ist jedenfalls kritisch anzumerken, dass das BVerwG die starre Grenzziehung gerade mit dem Argument der Rechtssicherheit begründet und darüber auch bereit ist, sich unter Wertungsgesichtspunkten ergebende Ungereimtheiten, die sich in der Praxis mal zugunsten und mal zulasten des Beamten auswirken können, in Kauf zu nehmen. Dieses Bestreben lässt sich als Argumentationspunkt freilich nur aufrechterhalten, wenn die räumlich-starre Abgrenzung gerade auch in Grenzfällen sachentscheidend bleibt und nicht zugunsten einer sphärenbezogenen Wertung für vernachlässigbar erachtet wird. 3.  Private Garage Weniger ein Präzedenzfall im zuletzt behandelten Sinne, gleichwohl aber eine separat zu behandelnde Konstellation, die die Abgrenzung zwischen privatem Bereich und geschützter Wegstrecke betrifft, bilden Unfälle in einer privaten Garage. Sowohl die Sozial- als auch die Verwaltungsgerichte hatten sich in der Vergangenheit wiederholt mit diesen Fallgestaltungen auseinanderzusetzen. Das BSG differenziert zwischen zwei Fallgruppen, die sich an der baulichen Eigenart der Garage bzw. an der räumlichen Verbindung zwischen der Garage und der Wohnung des Arbeitnehmers festmachen. Ist die Garage baulich mit dem Wohngebäude verbunden und besteht eine unmittelbare Zugangsmöglichkeit vom Wohngebäude in die Garage, werden Garagentür oder –tor vom Gericht als maßgebliche Außentür interpretiert, sodass erst mit deren Durchschreiten die versicherte Wegstrecke beginnen soll und ein Unfall im Garageninnenraum nicht unter

573 

VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 29. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 2. 6. 2014 – 1 A 988/14, juris. 575  VG Gelsenkirchen, Urt. v. 5. 3. 2014 – 12 K 5622/12, juris Rn. 26 ff. 574 

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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Versicherungsschutz stehe.576 Existiert diese Verbindung nicht und ist die Garage nur von außen zugänglich, sei demgegenüber Wegeunfallschutz zu bejahen. Hier bilde dann die Außentür des Wohnungsgebäudes die maßgebliche Grenze und das Betreten der Garage wird vom BSG nicht als (Wieder-)Eintritt in den privaten häuslichen Risikobereich des Arbeitnehmers bewertet.577 Eine andere Beurteilung nimmt das BVerwG für dieses Sujet vor. Im Dienstunfallrecht soll der Innenraum der Garage stets und ohne Ausnahme dem privaten Lebensbereich des Beamten zuzuordnen sein, mit der Folge, dass dieser auch dann keine Leistungen der Unfallfürsorge beanspruchen kann, wenn sich der Unfall in einer vom Wohngebäude räumlich getrennten Garage ereignet.578 Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen an, dass der Beamte auch in der privaten Garage die Unfallgefahr weitestgehend selbst beherrschen könne, sodass unter Anerkennung der damit einhergehenden dogmatischen Inkonsequenz der Garageneingang in Entsprechung zur Außentür des Wohngebäudes als Begrenzung in Betracht komme.579 Auch hier hebt das BVerwG hervor, dass der Wegeunfallschutz des § 31 Abs. 2 Hs. 1 BeamtVG eine sozialpolitisch motivierte, zusätzliche Leistung des Dienstherrn darstelle, die den Gefahrenbereich betreffe, der weder vom Dienst­ herrn noch vom Beamten zu kontrollieren sei. Hieraus folge, dass dem Dienstherrn nicht diejenigen Risiken auferlegt werden sollen, die in den privaten Bereich des Beamten fallen, wozu auch diejenigen Gefahren zu rechnen seien, denen er sich in seiner eigenen privaten Garage aussetze.580 Dabei fällt auf, dass das BVerwG den evidenten Unterschied gegenüber der Rechtsprechung der Sozialgerichte thematisiert und die „Vorteile einer einheitlichen Rechtsprechung“ auf diesem Gebiet durchaus anerkennt.581 Dessen unbenommen sieht das Gericht aber unter teleologischen Gesichtspunkten keinen Bedarf, § 31 Abs. 2 Hs. 1 BeamtVG „zu Lasten der öffentlichen Kassen“ im Lichte der 576  BSG, Urt. v. 31. 5. 1988 – 2/9b RU 6/87, BSGE 63, 212 (213) m.w.N. Aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung s. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 3. 2. 2009 – L 15 U 93/08, juris Rn. 19 f., sowie LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30. 6. 2005 – L 1 U 104/04, NZS 2006, 325. S. im Übrigen auch die Übersicht zu den beiden Fallgruppen bei Keller, in: Hauck/ Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 198, sowie bei Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 183b ff. 577  BSG, Urt. v. 27. 10. 1976 – 2 RU 247/74, BSGE 42, 293 (296). 578  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (362) m.w.N., und zuletzt noch einmal bestätigend aufgegriffen durch dass., Urt. v. 26. 11. 2013 – 2 C 9.12, NVwZ-RR 2014, 423 (424). Ebenso aus der neueren Rechtsprechung OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28. 1. 2004 – 1 A 228/01, juris Rn. 48 ff., dass., Beschl. v. 2. 6. 2014 – 1 A 988/14, juris. s. auch die Zusammenstellung ergangener Urteile bei Leube, ZTR 2012, 682 (684) unter Fn. 20. Frühere Auffassungen in der Literatur, wie bspw. bei Salzmann, VR 1979, 56 (57), die implizit von einer Übertragung der BSG-Rechtsprechung auf das Dienstunfallrecht ausgingen, sind damit als obsolet anzusehen. 579  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (362 f.). 580  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (362 f.). Anderer Auffassung ist Wölke, Dienstunfall, 2005, S. 15. 581  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363).

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

BSG-Rechtsprechung auszulegen, da es für eine starre Grenzziehung im Falle der Garage keine Notwendigkeit gebe.582 Gänzlich ohne Abgrenzungsprobleme kommen die Verwaltungsgerichte indes nicht aus, was evident wird, wenn man das Augenmerk nicht auf private Kleingaragen, sondern auf Großgaragen oder Parkhäuser richtet. In der Vergangenheit fand sich in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine eindeutige Linie.583 So lehnte es der VGH Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 25. 11. 2009584 ab, eine vom Wohngebäude des Beamten räumlich getrennte Großgarage mit einem täglich wechselnden Nutzerkreis von etwa 400 Personen noch der häuslichen Sphäre des Beamten zuzurechnen. In diesem Fall galt zur Abwicklung des beträchtlichen Garagenverkehrs die Straßenverkehrsordnung entsprechend, sodass das Gericht im Gegensatz zu Großgaragen bei Mehrfamilienhäusern keine prinzipielle Beherrschbarkeit des Risikos durch den Beamten mehr anzunehmen bereit war.585 Zum gegenteiligen Ergebnis bei weitgehend vergleichbarem Sachverhalt kam der bayerische VGH im März 2012.586 Der Innenraum einer nichtöffentlichen Großgarage mit einem zivilrechtlich eingegrenzten Nutzerkreis von 450 bis 500 Personen könne trotz entsprechender Geltung der Straßenverkehrsordnung nicht mehr dem öffentlichen Verkehrsraum zugerechnet werden, sondern sei Teil der privaten Risikosphäre des Beamten, obgleich für den anschließende Weg vom Parkhaus zur Wohnung Dienstunfallschutz zu bejahen sei.587 Eine Bewertung anhand der Größe des Berechtigtenkreises würde dem Gericht zufolge zu weiteren impraktikablen Abgrenzungsschwierigkeiten führen.588 Entscheidend sei demgegenüber die erfolgte zivilrechtliche Beschränkung, die eine Zuordnung zum allgemeinen Straßenverkehr nicht erlaube.589 Das BVerwG hat die Auffassung des VGH Bayern mittlerweile bestätigt.590 Aus denselben Gründen, aus denen ein Unfall des Beamten innerhalb des von ihm selbst beherrschten privaten Lebensbereichs nicht der Risikosphäre des Dienstherrn zugerechnet werden dürfe, sei Dienstunfallschutz auch auf solchen privaten Flächen 582 

BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363). Kritisch zu dieser Entscheidung und sie als Beispiel für Ungereimtheiten in der Außentür-Rechtsprechung anführend Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 126. 583  Vgl. hierzu die Darstellung der Rechtsprechung bei Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 87. 584  VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25. 11. 2009 – 4 S 2016/08, juris. 585  VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25. 11. 2009 – 4 S 2016/08, juris Rn. 7. 586  VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.08, juris. 587  VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.08, juris Rn. 17. 588  VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.08, juris Rn. 17. 589  VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.08, juris Rn. 17. Andere Auffassung bei Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 87, der auf die heutige Lebensrealität in den Städten hinweist, in denen auch Beamte regelmäßig zur Anmietung von Stellplätzen in größeren Parkhäusern angewiesen seien, wobei von einer Beherrschbarkeit der Unfallgefahr durch den Beamten nicht ausgegangen werden könne. 590  BVerwG, Urt. v. 26. 11. 2013 – 2 C 9.12, NVwZ-RR 2014, 423.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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ausgeschlossen, über deren Nutzung ein Dritter frei verantwortlich entscheiden kann.591 4.  „Dritter Ort“ In der gesetzlichen Unfallversicherung soll aufgrund des offenen Wortlauts von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII neben der Wohnung des Versicherten auch ein sogenannter „dritter Ort“ den Ausgangs- oder Endpunkt einer versicherten Wegstrecke bilden können.592 Dies aber stets nur insoweit, als dass der Versicherte diesen Ort an Stelle seiner Wohnung aufsucht. Sobald er seine Wohnung erreicht hat, endet der Wegeunfallschutz in jedem Falle.593 Entscheidend für die Klassifizierung als „dritter Ort“ ist die zeitliche Aufenthaltsdauer. Existierte hierfür in der Rechtsprechung über lange Zeit kein allgemeiner Maßstab, so hat der zweite Senat des BSG sich beginnend mit seinem grundlegenden Urteil vom 5. 5. 1998594 für eine generelle Zwei-Stunden-Grenze entschieden.595 Die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung als „dritter Ort“ erhält das abweichende Ziel demnach dann, wenn der Versicherte sich dort zwei Stunden oder länger aufhält. Ein vorhergehender oder im Anschluss erfolgender Weg hin zur eigenen Wohnung steht dann nicht unter Versicherungsschutz.596 Umgekehrt kann von einem rechtlich relevanten „dritten Ort“ auch nur gesprochen werden, wenn er sich in diesem Sinne als Ausgangs- oder Endpunkt eines eigenständigen Weges darstellt. Ist dies nicht der Fall, weil es sich bei dem Ort lediglich um einen sogenannten „Zwischenort“ handelt, an dem der Betroffene sich keine zwei Stunden aufhält, finden die Grundsätze über die Um- und Abwege Anwendung. Dann ist nur die Strecke geschützt, die einen Teil des normalen Weges zwischen Arbeitsstätte und Wohnung bildet.597 Das BSG hat diese Rechtsprechung 591 

BVerwG, Urt. v. 26. 11. 2013 – 2 C 9.12, NVwZ-RR 2014, 423 (424). St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 10. 10. 2006 – B 2 U 20/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 19 Rn. 23; dass., Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 11/08 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 34 Rn. 17 ff.; Fuchs, in: Perspektiven der Unfallversicherung, 2009, S. 53 (54); Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 203. Einen anschaulichen Überblick über die Thematik des „dritten Ortes“ gibt Benz, WzS 2003, 71 ff. 593  BSG, Urt. v. 12. 5. 2009 – B 2 U 11/08 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 34 Rn. 16 ff. 594  BSG, Urt. v. 5. 5. 1998 – B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138. 595  BSG, Urt. v. 5. 5. 1998 – B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138 (141 f.). 596  BSG, Urt. v. 5. 5. 1998 – B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138 (141 f.). 597  BSG, Urt. v. 5. 5. 1998 – B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138 (141 f.); Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 189; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 225. Die vom BSG angewandte Zwei-Stunden-Grenze definiert somit nur, wann ein abweichender Ort mehr als nur bloßer Zwischenort auf dem Weg zur eigenen Wohnung sein kann, lässt aber die Frage unberührt, ob die Wegstrecke zu einem abweichenden Ort beliebig lang sein darf, mit der dann zwangsläufigen Folge, dass auch Wegstrecken, die den Weg zur eigenen Wohnung um ein vielfaches übertreffen würden, unter dem vom Unternehmer getragenen Unfallversicherungsschutz stehen würden und dessen Risikosphäre in ganz erheblichem Maße ausgedehnt 592 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

auch für die Fallkonstellationen konkretisiert, in denen der Versicherte einen Unfall auf der Wegstrecke zwischen dem Ort seiner betrieblichen Tätigkeit und dem Erreichen des von ihm angesteuerten, von seiner Wohnung abweichenden Orts erleidet. Es handelt sich mit dem BSG dann um einen versicherten Wegeunfall, wenn es dem objektiv nachvollziehbaren Vorstellungsbild des Arbeitnehmers entsprach, sich an diesem anvisierten Ort für mehr als zwei Stunden aufhalten zu wollen.598 Alle diese vom BSG angewandten Grundsätze lehnt das BVerwG im Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG gänzlich ab.599 In seiner Entscheidung vom 27. 5. 2004600 hat es dahingehend Stellung bezogen, dass im Dienstunfallrecht als Anfangs- oder Endpunkt des Weges ein „dritter Ort“ nur dann in Betracht komme, wenn der Gesetzgeber eine solche Bestimmung ausdrücklich vornimmt, wie es bei den in § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG verankerten Erweiterungen des Wegeunfallschutzes geschehen ist. Über diese expliziert normierten Ausnahmen hinaus bedürfe es für alle weiteren Konstellationen erst einer zukünftig vom Gesetzgeber zu schaffenden Regelung,601 denn Systematik, Telos und Entstehungsgeschichte des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG ließen den zwingenden Schluss zu, dass grundsätzlich nur die Wohnung des Beamten Anfangs- oder Endpunkt des geschützten Weges sein könne.602 Auch der bayerische VGH entschied im Jahre 2007603, dass vor dem Hintergrund der Eingrenzung der Risikosphäre des Dienstherrn Leistungen für einen Wegeunfall nur auf dem Weg zwischen Dienststelle und Wohnung des Beamten in Frage kommen könnten.604 Es entspreche daher auch dem gesetzgeberischen Willen anzunehmen, dass sobald der Beamte einen anderen Ort als seine Wohnung

würde. Das BSG spricht davon, dass die Wegstrecke „in einem angemessenen Verhältnis“ zu dem ansonsten üblicherweise zurückgelegten Weg von und zum Tätigkeitsort stehen müsse, s. BSG, Urt. v. 3. 12. 2002 – B 2 U 19/02 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 14 S. 62. Hierzu bei Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 207, auch die Auswahl von Beispielsfällen aus der Judikatur des BSG, die die Relation von ursprünglicher Wegstrecke und Wegverlängerung zum Gegenstand hatten. 598  BSG, Urt. v. 3. 12. 2002 – B 2 U 19/02 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 14 S. 62 m.w.N. 599  Zu dieser abweichenden Rechtslage bereits Leube, ZTR 2012, 682 (685). 600  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67. Das Gericht bestätigte damit weitgehend den Argumentationsweg, den tendenziell schon das OVG Schleswig-Holstein in der Vorinstanz dargelegt hatte, vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22. 8. 2003 – 3 LB 18/03, juris Rn. 23. 601  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (69). 602  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (69). Im Zusammenhang mit der Frage zum Unfallschutz in einer privaten Garage ebenso dass., Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (362), und zuletzt bestätigend aufgegriffen durch dass., Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601 (604). So auch VG Ansbach, Urt. v. 27. 3. 2007 – AN 1 K 06.03751, juris Rn. 37. Zustimmend Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 123c. 603  VGH Bayern, Beschl. v. 22. 2. 2007 – 3 BV 02.2117, juris. 604  VGH Bayern, Beschl. v. 22. 2. 2007 – 3 BV 02.2117, juris Rn. 26.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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ansteuere, er sich notwendigerweise im Bereich seiner privaten und damit nicht unfallgeschützten Risikosphäre bewege.605

III.  Unmittelbarer Weg Unter Wegeunfallschutz steht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII der „unmittelbare Weg“ nach und von dem Ort der Tätigkeit. An diesem Unmittelbarkeitserfordernis fehlt es in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG. Lediglich in den ergänzenden Tatbeständen des § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG rekurriert das Gesetz auf ein unschädliches, sofern vertretbares Abweichen vom „unmittelbaren Wege“. Kann hieraus auf eine größere Reichweite des Wegeunfallschutzes für den Beamten geschlossen werden? Das BVerwG lehnt dies strikt ab.606 Nach Ansicht des Gerichts wäre es widersprüchlich, wenn im Erweiterungstatbestand des Abs. 2 S. 2 nur der unmittelbare Weg zwischen Dienststelle und Wohnung des Beamten geschützt wäre, dies aber für den Grundtatbestand in Abs. 2 S. 1 nicht gelte.607 Diese Auslegung mag zwar bei vernünftiger und abwägender Betrachtung zutreffend den gesetzgeberischen Willen widerspiegeln. Gleichwohl ist sie methodisch, wie Leube608 zutreffend feststellt, nicht unproblematisch. Der vom Gesetzgeber zeitlich später eingefügte § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG ergänzt seiner Konzeption nach den Grundtatbestand des Abs. 2 S. 1 um sachliche Ausnahmeregelungen, die den im Grundtatbestand fingierten Zusammenhang zum Dienst noch ausweiten. Aus der Formulierung einer Erweiterungsregelung auf im Wortlaut des Grundtatbestandes nicht angelegte Tatbestandsmerkmale zu schließen, vermag als systematisches Argument nicht zu überzeugen.609 1.  Fortbewegungsmittel und Streckenführung Weder in § 8 Abs. 2 SGB VII noch in § 31 Abs. 2 BeamtVG hat der Gesetzgeber Vorgaben implementiert, die die Art des Fortbewegungsmittels oder die Streckenführung betreffen. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist der Versicherte nach allgemeiner Ansicht frei in der Wahl seines Verkehrsmittels.610 Dar605 

VGH Bayern, Beschl. v. 22. 2. 2007 – 3 BV 02.2117, juris Rn. 26. Bestätigend aufgegriffen vom VG Gießen, Urt. v. 1. 8. 2013 – 5 K 2902/12.GI, juris Rn. 24. 606  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (70). 607  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (70). 608  Leube, ZTR 2012, 682. 609 So eben auch Leube, ZTR 2012, 682 (685), der einen Rückschluss von den Sonderregelungen zum Verbringen von Kindern in Obhut und zu Fahrgemeinschaften auf den Grundtatbestand des Wegeunfalls in § 31 Abs. 2 S.1 BeamtVG als unzulässiges „argumentum a minore ad maius“ beurteilt. 610  Vgl. statt vieler hier zB Benz, WzS 1997, 263 (266); Krasney, in: Becker/Burchardt/ Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 8 Rn. 211 m.w.N.; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 180 f. Auch die zeitliche Dauer der Fahrt mit einem vom Versicherten gewählten Fort-

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

über hinaus steht es bis zu einem gewissen Grad ebenso in seinem Ermessen, für welche konkrete Wegstrecke er sich entscheidet.611 In der Praxis führt dies dazu, dass Versicherungsschutz nicht bereits zu versagen ist, weil sich der Betroffene nicht für den entfernungsmäßig kürzesten Weg entscheidet und die alternativ von ihm bevorzugte Strecke zwar länger ausfällt, dafür aber als verkehrsgünstiger oder kostensparender einzustufen ist, den Witterungsverhältnissen Rechnung trägt oder schlicht seinen persönlichen Neigungen entspricht.612 Im Dienstunfallrecht gelten bezüglich der vom Beamten gewählten Wegstrecke dieselben Grundsätze.613 Hinsichtlich der Wahl des Fortbewegungsmittels stellt sich die Rechtslage hingegen differnzierter dar. Zwar soll auch dem Beamten grundsätzlich die Wahl überlassen bleiben, für welche Art der Fortbewegung er optiert.614 Doch lassen zumindest ältere Urteile615 den Schluss zu, dass im Gegensatz zum Unfallversicherungsrecht mit der Auswahl eines bestimmten Fortbewegungsmittels auch die Versagung von Wegeunfallschutz einhergehen kann. Hier geht es um Fallgestaltungen, die die Frage nach dem Wegfall von Dienstunfallschutz bei verbotenen Tätigkeiten tangieren. Eine Versagung des Wegeunfallschutzes solle nämlich zumindest dann in Betracht kommen, wenn sich der Beamte über eine dienstliche Anordnung hinwegsetzt, die ihm die Benutzung eines bestimmten Verkehrsmittels untersagt bzw. ihm ein bestimmtes Fortbewegungsmittel ausdrücklich vorschreibt.616 2. Abwege Unter einem Abweg wird im Unfallversicherungsrecht eine aus privaten Motiven erfolgende Änderung der Wegstrecke verstanden, die nicht mehr im Einklang mit der

bewegungsmittel hat keine Auswirkungen auf das Bestehen des Versicherungsschutzes, s. Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 190. 611  Schmitt, SGB VII, § 8 Rn. 213 m.w.N. 612  Adolph/Bröseler, Wegeunfall in der gesetzlichen Unfallversicherung, 1960, S. 27; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 235. 613  Vgl. statt vieler VG Düsseldorf, Urt. v. 9. 12. 2013 – 23 K 3209/12, juris Rn. 34: „Geschützt is der zweckmäßigste, nicht notwendig kürzeste Weg (…)“; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 135; Salzmann, VR 1979, 56 (58). 614 BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II C 39.68, BVerwGE 35, 234 (241); dass., Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 3; Kazmaier, in: Stegmüller/­ Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 184; Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 10. 615  BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1977 – II C 22.75, DÖD 1978, 74; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9. 12. 1983 – 6 A 2521/81, NJW 1984, 2239. 616  BVerwG, Urt. v. 25. 8. 1977 – II C 22.75, DÖD 1978, 74, für den Fall, dass ein Beamter entgegen einer dienstlichen Anordnung sein privates Kfz anstelle eines ihm zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs benutzt sowie auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9. 12. 1983 – 6 A 2521/81, NJW 1984, 2239 f. So auch Schütz, DÖD 1960, 181 (183): Das Ignorieren einer dienstlichen Anweisung zur Benutzung eines bestimmten Fortbewegungsmittels soll eine Zurechnung zum Dienst ausschließen.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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Zielrichtung des versicherten Weges steht.617 Klassischerweise ist ein solcher gegeben, wenn der Versicherte die exakte Gegenrichtung einschlägt oder den versicherten Weg zum Zielort aus eigenwirtschaftlichen Gründen überschreitet.618 Unfälle, die der Versicherte auf einem Abweg erleidet, stehen nach allgemeiner Ansicht nicht unter Wegeunfallschutz.619 Dieser endet bereits an dem Punkt des Weges, an welchem der Versicherte von der ursprünglichen Zielrichtung aus eigenwirtschaftlichen Gründen abweicht.620 Die sozialgerichtliche Rechtsprechung sieht bei Abwegen von wertungsmäßigen Ausnahmen im Einzelfall konsequent ab. In diesem Sinne urteilte das bayerische LSG621, dass für den Fall eines Abweges jede Annahme einer den Versicherungsschutz unberührt lassenden kurzzeitigen Unterbrechung ausscheiden müsse, da der Betroffene nach jeder Betrachtungsweise die versicherte Wegstrecke verlassen habe.622 In der Praxis ist daher nicht die rechtliche Bewertung eines festgestellten Abweges als solche problematisch, sondern im Einzelfall die Abgrenzung des Abweges von einem bloßen Umweg. Als sicheres Kriterium zur Feststellung eines Abweges könne gelten, dass der Versicherte sich zum Wiedererreichen der versicherten Wegstrecke erst zum ursprünglichen Ausgangspunkt der Wegeabkehr zurück begeben muss.623 Wertungsmäßig abzulehnen sei ein Abweg mit Keller624 regelmäßig dann, wenn der Versicherte die Wegeabkehr aus Gründen vornimmt, die entweder betriebsbedingt in der eigentlich versicherten Tätigkeit wurzeln oder straßenverkehrsbedingt im Zusammenhang mit der versicherten Wegstrecke stehen. Für das Dienstunfallrecht nehmen die Verwaltungsgerichte – wie Leube625 bereits feststellt – keine abweichende Bewertung des Abweges vor. Das BVerwG hat in seiner Rechtsprechung auf die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung verwiesen.626 Auch in der Fachliteratur wird die Auffassung geteilt, dass die Auslegung des Abweges mit der Handhabung im Unfallversicherungsrecht übereinstimme.627 617  LSG Bayern, Urt. v. 13. 11. 2007 – L 3 U 387/05, juris Rn. 45; Köhler, SGb 2004, 533 (537); Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 202. 618  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 119. 619  Vgl. statt vieler LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10. 8. 2005 – L 17 U 74/05, juris Rn. 28; Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 326. 620  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 240a; Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 147; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 249; vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 14. 7. 2015 – L 3 U 118/13, NZS 2015, 829 (831). 621  LSG Bayern, Urt. v. 13. 11. 2007 – L 3 U 387/05, juris. 622  LSG Bayern, Urt. v. 13. 11. 2007 – L 3 U 387/05, juris Rn. 45. 623  Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 8 Rn. 119. 624  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 241. 625  Leube, ZTR 2012, 682 (684). 626  BVerwG, Urt. v. 6. 7. 1965 – II C 39.63, BVerwGE 21, 307 (311), unter direkter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG. 627  Wölke, Dienstunfall, 2005, S. 16. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 194, weist darauf hin, dass schon die Begrifflichkeit „Abweg“ aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung übernommen worden sei.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

3.  Umwege und private Unterbrechungen Im Gegensatz zum Abweg ist ein Umweg in der gesetzlichen Unfallversicherung628 wie auch im Unfallfürsorgerecht629 gegeben, wenn der Betroffene zwar vom unmittelbaren Weg abkehrt, sich aber im Wesentlichen noch auf das ursprüngliche Ziel hin bewegt und sich lediglich die Wegstrecke verlängert.630 Regelmäßig erfolgt ein Umweg aus eigenwirtschaftlichen Motiven und stellt zugleich eine privat motivierte Unterbrechung des unmittelbaren Weges dar. Sowohl die Sozial- wie auch die Verwaltungsgerichte differenzieren nach Ausmaß und Bedeutung dieser Unterbrechung. a)  Bloß geringfügige Unterbrechungen Der Unfallversicherungsschutz entfällt jedenfalls dann nicht, wenn die Abweichung vom Weg nicht eigenwirtschaftlich motiviert ist, sondern ihre wesentliche Ursache im Zurücklegen des Weges hat, also vor allem aus verkehrstaktischen Gründen erfolgt.631 Sofern der Versicherte von seinem Weg abweicht, um eigenwirtschaftlichen Interessen nachzugehen, soll nach der Rechtsprechung wie folgt zu unterscheiden sein: Eine bloß geringfügige Abweichung für eine private Tätigkeit, die bei lebensnaher Betrachtung ganz nebenbei ausgeführt werden kann, lässt den bestehenden Versicherungsschutz unberührt.632 Als geringfügig soll eine private Tätigkeit nach dem BSG dann anzusehen sein, wenn sie sich bei natürlicher Betrachtungsweise räumlich und zeitlich noch als Teil des versicherten Weges interpretieren lässt, das heißt faktisch „im Vorbeigehen“ ohne nennenswerte Verzögerung und im räumlichen Bereich der Straße erledigt werden kann.633 Auch im Dienstunfallrecht sind Umwege und sonstige private Unterbrechungen, soweit sie nicht gesetzlich wie mittels § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG ausdrücklich unter Schutz gestellt werden, generell nicht abgesichert, sofern sie nicht bloß unerheblich sind.634 Bloß geringfügige Unterbrechungen zwecks eigenwirtschaftlicher 628  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 243; Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 252. 629  Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 193. 630  Auch hier schon bei Leube, ZTR 2012, 682 (684). 631  Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 252. 632  BSG, Urt. v. 12. 4. 2005 – B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 (265); LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 6. 6. 2013 – L 2 U 221/12, juris Rn. 18; SG Frankfurt, Urt. v. 17. 3. 2016 – S 23 U 92/14, NZS 2016, 628 (630). Dazu auch schon Gitter, in: FS-25-Jahre BSG, Bd. 1, 1979, S. 251 (265), mit Nachweisen aus der frühen BSG-Rechtsprechung. 633  St.Rspr., vgl. nur BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (295); dass., Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 3/13 R, NZS 2013, 872 (873). Für die Literatur bei Krasney, WzS 2013, 313 (316). Eine ausführliche Darstellung der umfangreichen Kasuistik auf diesem Gebiet findet sich bspw. bei Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8 Rn. 95. 634 BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 2; dass., Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (71); OVG Niedersachsen, Urt. v.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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Tätigkeiten sollen auch im Dienstunfallrecht nach Rechtsprechung und Literatur entsprechend der Handhabung im Unfallversicherungsrecht den Unfallfürsorgeschutz noch nicht entfallen lassen.635 Demnach entspricht nicht nur die unfallschutzrechtliche Behandlung des Abweges, sondern auch die des Umweges in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich der sozialgerichtlichen Judikatur.636 b)  Zwei-Stunden-Grenze und Loslösung Anders bei nicht nur geringfügigen Unterbrechungen. In diesem Fall stehe der Arbeitnehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung jedenfalls für die Dauer seiner eigenwirtschaftlichen Verrichtung nicht unter Wegeunfallschutz. Dieser könne erst dann wieder zum Tragen kommen, wenn der Betroffene seinen ursprünglichen Weg wieder aufnimmt.637 Hier besteht allerdings kein Automatismus. Zwar sei dies nach dem BSG im Grundsatz der Fall, „sofern nicht aus der Art und der Dauer der Unterbrechung auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Weg von dem Ort der Tätigkeit“ geschlossen werden könne.638 Doch hat das BSG bei der rechtlichen Bewertung zugleich einen klaren Fokus auf die zeitliche Komponente vorgenommen. Eine Rückkehr unter den Wegeunfallschutz komme nicht mehr in Betracht, wenn ein Versicherter den Weg aus eigenwirtschaftlichen Gründen um mehr als zwei Stunden unterbrochen hat.639 Ist die Unterbrechung nicht bloß geringfügiger Natur, setzt auch in der Dienst­ unfallfürsorge mit dem Beginn der eigenwirtschaftlichen Unterbrechung der Wegfall des wesentlichen Zusammenhangs mit dem Dienst ein, der den Wegeunfallschutz für die Dauer der Unterbrechung entfallen lässt, aber ebenso mit deren Beendigung wieder aufleben kann.640 Das Wiederaufleben des Unfallschutzes nach einem vorangegangenen unterbrechungsbedingten Wegfall beruht aber auch im Dienstunfallrecht nicht auf einer Zwangsläufigkeit. Erhebliche Unterbrechun28. 2. 2012 – 5 LB 8/10, DÖD 2012, 140 (141); VG Magdeburg, Urt. v. 13. 8. 2012 – 5 A 338/11, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urt. v. 9. 12. 2013 – 23 K 3209/12, juris Rn. 34. Vgl. auch Marburger, Die Versorgung der Beamten und anderweitig Beschäftigten im öffentlichen Dienst, 2016, Kap. 2. 8. 2. Rn. 68. 635  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (71); Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 136b; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 30. 636  Zum identischen Ergebnis kommt auch Leube, ZTR 2012, 682 (684). 637  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (295). Zu den entsprechenden Abgrenzungen wesentlicher von unwesentlichen Unterbrechungen bereits durch das RVA s. die Übersicht über die Rechtsprechung bei Friedrich, ErsK 1956, 39 (42 f.). 638  BSG, Urt. v. 19. 5. 1983 – 2 RU 79/82, BSGE 55, 141 (143). 639  BSG, Urt. v. 19. 5. 1983 – 2 RU 79/82, BSGE 55, 141 (143 f.). 640  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (71), mit Hinweis auf ein früheres Urteil unter Heranziehung der BSG-Rechtsprechung. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 135a; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 186.

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

gen können zu einer endgültigen Lösung des Beamten vom Dienst führen, sodass eine spätere Wiederherstellung des Unfallschutzes nach Beendigung der Unterbrechung oder des Umweges nicht mehr in Betracht kommt.641 Eine nähere Beleuchtung verdient angesichts der für den Arbeitnehmer in der Unfallversicherung geltenden Zwei-Stunden-Grenze die Frage, wann einerseits eine Loslösung des Beamten vom Dienst mit der Folge einer endgültigen Aufhebung des Wegeunfallschutzes anzunehmen ist und wann andererseits nach Ende des Umweges oder einer eigenwirtschaftlichen Unterbrechung ein Wiederaufleben desselbigen möglich ist. In der Literatur lässt sich kein einheitliches Meinungsbild identifizieren. Zum Teil wird eine Orientierung an der vom BSG angewandten Zwei-Stunden-Grenze für ein taugliches Instrument erachtet.642 Als vorherrschend dürfte die Ansicht gelten, dass die Grenzziehung anhand einer starren zeitlichen Höchstdauer der Unterbrechung nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe und es einer Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände bedürfe, in dessen Rahmen die zeitliche Komponente zwar zu berücksichtigen, aber nicht allein entscheidend sei und es gerade bei Umwegen auch auf die entfernungsmäßige Relation zum eigentlich versicherten Weg ankommen soll.643 Das BVerwG hat in einem Urteil von 1962 eine Unterbrechung von zweieinhalb Stunden so beurteilt, dass anschließender Unfallschutz nicht mehr in Betracht komme.644 Zugleich betonte das Gericht in dieser Entscheidung, dass sich eine allgemeine Regel nicht aufstellen ließe.645 In späteren Entscheidungen wurde vom Gericht betont, dass es auf die Art und Dauer der Unterbrechung ankomme und zudem die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien.646 Auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte ist eine Orientierung an einer starren Zeitgrenze bislang nicht

641  Vgl. BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, DÖD 1983, 160 f.; Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 30. 642  Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 30. Lewer, DÖD 1961, 66 (68 f.), vertrat zu einem Zeitpunkt, als das BSG sich noch nicht auf eine Zwei-Stunden-Grenze festgelegt hatte, für das Dienstunfallrecht die Ansicht, dass als „Faustregel“ Unterbrechungen von einer Stunde nur ausnahmsweise zu einer Lösung vom Dienst führen können, dies bei mehr als zwei Stunden jedoch „fast immer“ der Fall sei. 643  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 132; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 139b; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 56, sieht unter Fn. 217 keine Möglichkeit für die Aufstellung einer „unschädlichen Höchstdauer“; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 92. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 197, verweist auf die prinzipielle Anwendbarkeit der BSG-Rechtsprechung bei inhaltsgleichen Normen, tritt aber im Ergebnis für die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung ein. So fasst im Übrigen auch Leube, ZTR 2010, 682 (684), den Meinungsstand in der Literatur und Rechtsprechung zur Unterbrechung im Dienstunfallrecht zusammen. 644  BVerwG, Urt. v. 26. 9. 1962 – VI C 147.59, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 7 S. 22 f. 645  BVerwG, Urt. v. 26. 9. 1962 – VI C 147.59, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 7 S. 22. 646  BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, NJW 1983, 642 (643).

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erkennbar. So entschied das OVG Nordrhein-Westfalen647 in einem Fall, in dem ein Rechtsreferendar seinen grundsätzlich abgesicherten Rückweg von einer Pflichtarbeitsgemeinschaft durch die Teilnahme an einer privaten Arbeitsgemeinschaft zur Vorbereitung auf das Assessorexamen unterbrochen hat, dass auch eine mehrstündige Unterbrechung je nach den Umständen des Einzelfalls nicht der Anerkennung eines später erlittenen Wegeunfalls entgegenstehen müsse.648 Hingegen lehnte das OVG Rheinland-Pfalz649 Wegeunfallschutz kategorisch ab, wenn ein Beamter nach Dienstschluss an einer privaten Kegelrunde unter Kollegen teilnimmt und auf dem Weg von dieser Veranstaltung zu seiner Wohnung einen Unfall erleidet.650 Das niedersächsische OVG651 setzte sich in einem Beschluss von 2011, der die Konstellation einer schlafbedingten Unterbrechung einer Rückfahrt des Beamten von seiner Dienststelle von insgesamt drei Stunden und zehn Minuten zum Gegenstand hatte, explizit mit der Frage auseinander, ob die Verwaltungsgerichte der Rechtsprechung des BSG zur Zwei-Stunden-Grenze beitreten müssten und ließ diese Frage im Ergebnis offen.652 Dabei stellte das Gericht fest, dass jedenfalls nicht allein auf das Verhältnis der Unterbrechungsdauer zur üblichen Fahrzeit abgestellt werden könne und entschied den Fall dahingehend, dass die Unterbrechung „sowohl nach ihrer Art als auch nach dem zeitlichen Ausmaß“ so geartet gewesen sei, dass bei Fortsetzung der Fahrt nicht mehr von der Wiederherstellung eines wesentlichen Zusammenhangs mit dem Dienst ausgegangen werden könne.653 Angesichts der Tatsache, dass es den Instanzgerichten und dem BVerwG ohne weiteres möglich wäre, die in der Unfallversicherung mittlerweile etablierte Zwei-Stunden-Grenze zu übernehmen, wird deutlich, dass ein Gleichlauf der beiden Versorgungssysteme in diesem Punkt von Seiten der Verwaltungsgerichte weder angestrebt noch als im Hinblick auf Umstände des Einzelfalls sinnvoll erachtet wird. c)  Unterbrechungen zwecks Betankung Für die Praxis sind insbesondere die sogenannten „Tankstellenfälle“ relevant. Gemeint ist die Fragestellung, ob eine auf dem Weg von oder zur Arbeits- oder Dienststelle vorgenommene Betankung des Kfz an einer an der Straße gelegenen Tankstelle unter Wegeunfallschutz steht. Hier zeigt sich eine Gleichläufigkeit in der sozial- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sowohl von den Sozi647 

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8. 1. 1990 – 12 A 1850/87, NVwZ 1990, 891. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8. 1. 1990 – 12 A 1850/87, NVwZ 1990, 891. 649  OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. 1. 1988 – 2 A 29/87, DÖD 1989, 47. 650  OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. 1. 1988 – 2 A 29/87, DÖD 1989, 47. 651  OVG Niedersachsen, Beschl. v. 15. 4. 2011 – 5 LA 79/10, NVwZ-RR 2011, 573. 652  OVG Niedersachsen, Beschl. v. 15. 4. 2011 – 5 LA 79/10, NVwZ-RR 2011, 573 (574). Dem Beschluss vorangegangen war ein nicht veröffentlichtes Urteil des VG Hannover, in welchem das Gericht eine Anlehnung an die Zwei-Stunden-Grenze des BSG empfohlen hatte, VG Hannover, Urt. v. 18. 2. 2010 – 2 A 1024/08. 653  OVG Niedersachsen, Beschl. v. 15. 4. 2011 – 5 LA 79/10, NVwZ-RR 2011, 573 (574). 648 

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

al- 654 als auch von den Verwaltungsgerichten655 wird die Vornahme des Tankvorgangs im Grundsatz als erhebliche und daher nicht unter Unfallschutz stehende Unterbrechung bewertet, die dem eigenwirtschaftlichen persönlichen Lebensbereich zuzurechnen sei und nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe bzw. nicht in die dienstliche Sphäre falle. Der Wegeunfallschutz lebe daher erst nach Beendigung des Tankens wieder auf. Dieser Grundsatz wird nach Rechtsprechung des BSG durchbrochen von einer Ausnahme, nach welcher der Tankvorgang dem abgesicherten Bereich zuzurechnen ist, wenn eine Nachbetankung des Fahrzeugs während der Fahrt unvorhergesehen notwendig geworden ist, um die Strecke noch zurücklegen zu können, was insbesondere dann anzunehmen sei, wenn während oder schon bei Antritt der Fahrt auf den Reservetank zurückgegriffen werden muss.656 Das BVerwG hat diese Ausnahmerechtsprechung für das Dienstunfallrecht unter Bezugnahme auf die Rechtslage im Unfallversicherungsrecht übernommen.657 4.  Wegeunfall im „öffentlichen Verkehrsraum“ Eine spezielle Fallgruppe der privaten Unterbrechungen des unmittelbaren Wegs bilden die Unfälle innerhalb des „öffentlichen Verkehrsraums“. Es dürfte sich um den Bereich des Wegeunfallrechts handeln, der in den letzten Jahrzehnten den meisten Rechtsprechungsänderungen unterlag. a)  Ältere Rechtsprechung des BSG Die dargelegte Linie des BSG bezüglich nicht bloß geringfügiger Unterbrechungen hat das Gericht in früheren Jahren mit der bedeutsamen Ausnahme versehen, dass der Versicherungsschutz jedenfalls solange erhalten bleiben solle, wie sich der Betroffene, gleichgültig ob er sich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder motorisiert fortbewegt, noch im „öffentlichen Verkehrsraum“ der zur Wegstrecke gehörenden Stra654  BSG, Urt. v. 11. 8. 1998 – B 2 U 29/97 R, NJW 1999, 84 (85); LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 3. 11. 2011 – L 3 U 7/09, juris Rn. 11; dass., Urt. v. 16. 5. 2013 – L 3 U 268/11, juris Rn. 17. 655  BVerwG, Urt. v. 9. 12. 2010 – 2 A 4.10, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 24 Rn. 15; OVG Saarland, Beschl. 6. 12. 2005 – 1 Q 74/05, juris Rn. 11. 656 BSG, Urt. v. 11. 8. 1998 – B 2 U 29/97 R, NJW 1999, 84 (85) m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. 5. 2013 – L 3 U 268/11, juris Rn. 17. Andere Ansicht bei Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 8 Rn. 218, der einerseits auf Beweisschwierigkeiten hinweist und andererseits herausstellt, dass dem Versicherten der Kraftstoffbestand regelmäßig bekannt sei und in der Folge, dass Argument der „unvorhergesehenen“ Tanknotwendigkeit allenfalls für Extremfälle wie einem Kraftstoffverlust aufgrund eines technischen Defekts Plausibilität beanspruchen könne. 657  BVerwG, Urt. v. 9. 12. 2010 – 2 A 4.10, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 24 Rn. 16 f. Gleichgerichtet aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte bspw. VG Magdeburg, Urt. v. 13. 8. 2012 – 5 A 338/11, juris Rn. 22. Auch Leube, ZTR 2012, 682 (685), geht hier von einer Identität der Rechtslge im Arbeits- und Dienstunfallrecht aus.

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

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ße aufhält, sodass beispielsweise ein mehrmaliger Wechsel der Straßenseite für den Erhalt des Versicherungsschutzes unschädlich sein sollte.658 Die gesetzliche Unfallversicherung, so diese ältere Rechtsprechung, gewähre dem Versicherten in diesem Punkt ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit, ohne dass dieser mit der Versagung des Versicherungsschutzes zu rechnen brauche.659 Vor dem Hintergrund dieser auf objektiv-räumlich determinierte Kriterien abstellenden Linie, sah sich der Unfallversicherungssenat im Laufe der Jahre unter dem Druck einzelfallbezogener Wertungen und Gerechtigkeitserwägungen dazu veranlasst, mehr und mehr Ausnahmen und Gegenausnahmen in seine Rechtsprechungslinie zu integrieren. b)  Neuere Rechtsprechung des BSG Aus diesem Grunde unterzog das BSG in seinem Grundsatzurteil vom 9. 12. 2003660 diese Rechtsprechung einer kritischen Prüfung.661 Es bewertete seine bisherige Linie im Ergebnis als nicht mehr praktikabel, da diese zu immer neuen Abgrenzungsschwierigkeiten geführt habe, die der Rechtssicherheit auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung abträglich seien.662 Selbstkritisch führte das BSG an, dass es unter Wertungsgesichtspunkten nicht zu überzeugen vermöge, wenn im öffentlichen Verkehrsraum ein längerer, gegebenenfalls auch rückwärtsgewandter Fußweg zwecks eines privaten Einkaufs unter Wegeunfallschutz stehe, das bloße Verlassen des Straßenbereichs um nur wenige Meter trotz fehlender Gefahrerhöhung hingegen unversichert bleibe.663 An die Stelle eines generell-abstrakten Abstellens auf einem Verbleiben im öffentlichen Verkehrsraum trat mit diesem Urteil eine Fokussierung auf die objek658  So zuletzt noch BSG, Urt. v. 2. 7. 1996 – 2 RU 16/95, SozR 3-2200 § 550 Nr. 14 S. 51. Aus früherer Zeit dass., Urt. v. 28. 2. 1964 – 2 RU 185/61, BSGE 20, 219 (221 f.); dass., Urt. v. 30. 9. 1964 – 2 RU 161/60, BSGE 22, 7 (9). Ausführliche Darstellung der früheren Rechtsprechung und kritische Bewertung bei Köhler, SGb 2004, 533 (542 ff.). 659  BSG, Urt. v. 2. 7. 1996 – 2 RU 16/95, SozR 3-2200 § 550 Nr. 14 S. 51. 660  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293. Zustimmend Köhler, SGb 2004, 533 (544 f.). 661  Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine Klägerin, die sich auf dem versicherten Weg zu einem dritten Ort bewegte, kurz vor Erreichen ihres Ziels einen Zwischenstopp vornahm, um in einem Fischgeschäft einen Einkauf zu tätigen. Das Geschäft befand sich aus ihrer Fahrtrichtung betrachtet auf der linken Straßenseite. Die Klägerin fuhr zunächst an diesem vorbei, um 97 Meter hinter dem Fischgeschäft auf der rechten Seite einen Parkplatz nehmen zu können. Als sie daraufhin ihr Kfz verließ, um die Straße zu überqueren und das Geschäft zu erreichen, wurde sie von einem Auto erfasst und verletzt. 662  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (296 ff.). Das Gericht hob hervor, dass das Kriterium des „öffentlichen Verkehrsraums“ noch maßgeblich in der Zeit vor der allgemeinen Motorisierung entwickelt worden war, in welcher der überwiegende Teil der Beschäftigten den Weg von und zur Arbeit zu Fuß zurücklegten und sich diese Rahmenbedingung vollständig gewandelt hat, s. BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (297). 663  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (301).

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1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

tivierte Handlungstendenz.664 Solange diese auf die Zurücklegung des Weges von oder zum Ort der Tätigkeit gerichtet ist, stehe es der versicherten Person weiterhin frei, sich innerhalb des öffentlichen Verkehrsraums nach Belieben zu bewegen und sich beispielsweise auf einer mehrspurigen Straße für eine beliebige Fahrbahn zu entscheiden.665 Wegeunfallschutz sei hingegen abzulehnen, sobald die Handlungstendenz auf eigenwirtschaftliche Zwecke hin ausgerichtet ist, wobei es unerheblich sei, ob die eigenwirtschaftliche Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums ausgeführt werden soll.666 Benutzt der Versicherte für die Fortbewegung ein Fahrzeug, so soll bei der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke bereits das Verlassen oder Abstellen desselbigen und nicht erst das Verlassen des Straßenraums zu Fuß den Übergang in den unversicherten Bereich markieren.667 Bereits mit Verlassen des Fahrzeugs werde die nunmehr privat gerichtete Handlungstendenz nach außen hin objektiv erkennbar.668 c)  Urteile des BSG vom 4. 7. 2013 In zwei Urteilen vom 4. 7. 2013669 hat das BSG eine Konkretisierung dieser maßgeblich auf die objektivierte Handlungstendenz abstellenden Rechtsprechung vorgenommen. Im Mittelpunkt standen Anfang und Ende einer eigenwirtschaftlichen Unterbrechung des versicherten Weges. Im Sachverhalt zum sogenannten „Tankstellenurteil“670 war ein Arbeitnehmer in eine Kollision verwickelt worden, als er auf seinem Weg zur Arbeit mit dem Motorroller eine Tankstelle auf der linken Straßenseite ansteuerte und beim Wiederverlassen des Tankstellengeländes die Straße überqueren wollte, um auf die rechte Fahrbahnseite zurück zu gelangen. Das BSG bejahte einen Wegeunfall. Es ordnete dabei die Betankung seiner ständigen Rechtsprechung entsprechend als eigenwirtschaftliche und unversicherte Tätigkeit ein.671 Die Tatsache, dass der Betroffene nach dem Tankvorgang im Zeitpunkt des Unfalls noch nicht wieder den rechten Fahrbahnstreifen erreicht hatte, auf dem er den Straßenverkehrsregeln gemäß seinen Weg fortzusetzen hatte, stehe der Anerkennung eines Wegeunfalls nicht im 664  Hierzu auch die zustimmende Anmerkung zum Urteil und zur Argumentation des BSG bei Kunze, SGb 2004, 495. 665  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (300 f.). 666  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (301). 667  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (301). 668  BSG, Urt. v. 9. 12. 2003 – B 2 U 23/03 R, BSGE 91, 293 (301). Baumann, NVwZ 2014, 603 (604), sieht darin ein Entgegentreten des BSG gegenüber einer zuvor sichtbaren Tendenz zur fortwährenden Ausdehnung des Versicherungsschutzes in den privaten Bereich. 669  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 12/12 R, SGb 2014, 392; dass., Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 3/13 R, NZS 2013, 872. 670  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 12/12 R, SGb 2014, 392. 671  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 12/12 R, SGb 2014, 392 (394).

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

135

Wege.672 Entscheidend sei, dass der Versicherte bereits den Straßenraum, der ihn in Richtung seines ursprünglichen Fahrziels führen sollte, wieder erreicht hatte und dies mit der nach außen erkennbar gewordenen Handlungstendenz, eben zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen.673 Der zweiten, als „Erdbeerurteil“ bezeichneten Entscheidung674, lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Versicherter auf dem Heimweg auf ein Privatgrundstück abbiegen wollte, um dort Erdbeeren einzukaufen. Aufgrund der Verkehrssituation musste der Arbeitnehmer für den Abbiegevorgang sein Kfz bis zum völligen Stillstand abbremsen, was in der Folge auf dem unübersichtlichen Straßenabschnitt zu einem Auffahrunfall führte. In dieser Konstellation verneinte das BSG einen Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Ausgehend von der Feststellung, dass es sich bei dem anvisierten Erdbeerkauf um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt hätte, argumentierte der zweite Senat dahingehend, dass sich bereits in dem unfallträchtigen Herunterbremsen des Fahrzeugs nach außen hin die Handlungstendenz manifestiert habe, den versicherten Weg zu privaten Zwecken unterbrechen zu wollen.675 Demnach sei schon die Einleitung des Abbremsvorgangs als Teil der nicht geringfügigen und daher unversicherten Unterbrechung anzusehen.676 Diese Vorverlagerung des Unterbrechungsbeginns auf den Zeitpunkt des Abbremsvorgangs ist im Schrifttum nicht ohne Kritik blieben.677

672 

BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 12/12 R, SGb 2014, 392 (395). BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 12/12 R, SGb 2014, 392 (395). Hierzu auch die ablehnende Urteilsanmerkung von Leube, SGb 2014, 395 (397 f.), der das Queren der Straße zum Erreichen der Gegenfahrbahn als unversichert ansieht und die Ansicht vertritt, dass im Gleichlauf mit der neueren BSG-Rechtsprechung zum Beginn der privatwirtschaftlichen Unterbrechung deren Beendigung erst mit Wiedererreichen der rechten Fahrbahnseite als dem „unmittelbaren Weg“ anzunehmen sei, sowie hinsichtlich der Konsistenz der neueren BSG-Rechtsprechung zum Wegeunfall im „öffentlichen Verkehrs­ arm“ noch „erheblichen Klärungsbedarf“ sieht. 674  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 3/13 R, NZS 2013, 872. 675  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 3/13 R, NZS 2013, 872. 676  BSG, Urt. v. 4. 7. 2013 – B 2 U 3/13 R, NZS 2013, 872. In einem vergleichbaren Fall ebenso auf die nach außen erkennbare Änderung der Handlungstendenz abstellend das LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 3. 11. 2011 – L 3 U 7/09, juris Rn. 30. Die neuere BSG-Rechtsprechungslinie aufgreifend auch LSG Hessen, Urt. v. 2. 2. 2016 – L 3 U 109/14, juris Rn. 35. 677  Ausdrücklich kritisch gegenüber der Argumentation des BSG v. Koppenfels-Spies unter Hinweis darauf, dass im Abbremsvorgang innerhalb des laufenden Straßenverkehrs zunächst einmal ein „neutraler, verkehrsüblicher Vorgang“ zu erblicken sei, dessen Funktionalisierung als Grenzziehung zum unversicherten Bereich im Sinne einer sich ändernden und in diesem Moment nach außen manifestierenden Handlungstendenz durchaus fragwürdig sei, s. v. Koppenfels-Spies, NZS 2014, 881 (884). 673 

136

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

d)  Ältere Rechtsprechung des BVerwG Ein Blick in die ältere Judikatur des BVerwG678 zeigt eine Orientierung an der Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung. Parallel zur früheren Argumentation des BSG hat das BVerwG in der Vergangenheit eine Loslösung vom Dienst im Regelfall verneint, solange sich der Beamte auf der Fahrt von oder zur Dienststelle trotz des Verlassens seines Kfz noch räumlich im Bereich der Straße aufhält. Das Gericht betonte in diesen Entscheidungen, dass der gesamte Straßenraum grundsätzlich dienstunfallschutzrechtlich erfasst sei, sofern der Beamte mit seinem Verhalten im Einzelfall den Dienstzusammenhang nicht ausnahmsweise unterbreche oder sich vom Dienst löse.679 e)  Urteil des BVerwG vom 10. 12. 2013 Mit der Rechtsprechungsänderung des BSG vom 9. 12. 2003 war zugleich die Frage aufgeworfen, ob sich das BVerwG auf die neue Rechtlage in der gesetzlichen Unfallversicherung hin orientieren würde. Die Gelegenheit zur Positionierung erhielt das Gericht schließlich am 10. 12. 2013680 anhand einer zuvor ergangenen Entscheidung des OVG Niedersachsen681. Ein Beamter befand sich mit seinem Dienstwagen auf dem Weg von seiner Dienststelle zu einem Hotel und parkte das Kfz auf der rechten Straßenseite, um zum Kauf von Mineralwasser, Süßigkeiten und Zigaretten einen auf der linken Straßenseite liegenden Kiosk aufzusuchen. Auf seinem Rückweg stürzte er über die Bordsteinkante und zog sich eine schwere Verletzung zu. Das niedersächsische OVG stellte zunächst erwartungsgemäß fest, dass die bisherige Rechtsprechung des BVerwG mit der Rechtsprechung des BSG vor dessen Neuausrichtung im Jahr 2003 übereinstimme.682 Demnach müsse das Einkaufen im Kiosk als eigenwirtschaftliche Tätigkeit gewertet werden, die den dienstunfallrechtlichen Schutz unterbreche. Mit Verlassen des Kiosks habe sich der Beamte wieder in den öffentlichen Verkehrsraum der Straße begeben, sodass nach der bis dato ergangenen Rechtsprechung des BVerwG der Unfallschutz als wieder hergestellt gelten müsste. Unter Hinweis auf die Rechtsprechungsänderung des BSG führte das OVG aus, dass es der „sorgfältig und nachvollziehbaren Begründung“ des BSG zu folgen gedenke und begründete dies damit, dass sich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG nicht wesentlich 678  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II C 39.68, BVerwGE 35, 234; dass., Urt. v. 22. 11. 1971 – VI C 34.68, BVerwGE 39, 83. 679  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II C 39.68, BVerwGE 35, 234; dass., Urt. v. 22. 11. 1971 – VI C 34.68, BVerwGE 39, 83 (86), mit Verweis auch auf die damalige Rechtsprechung des BSG. 680  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601. 681  OVG Niedersachen, Urt. v. 28. 2. 2013 – 5 LB 8/10, DÖD 2012, 140. 682  OVG Niedersachen, Urt. v. 28. 2. 2013 – 5 LB 8/10, DÖD 2012, 140 (141).

B.  Der Tatbestand des Wegeunfalls

137

unterscheiden würden.683 Damit stand nach Auffassung des OVG der Kläger auf dem Weg zurück zum Kfz nicht unter Dienstunfallschutz.684 Zwar ließ das Schrifttum hinsichtlich einer Übertragung der neueren BSG-Rechtsprechung auf den Wegeunfall in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG lange keine eindeutige Tendenz erkennen,685 doch signalisierten einige Autoren Zustimmung für die Argumentation des OVG unter Hinweis darauf, dass der Beamte sich mit Verlassen des Fahrzeugs einer geänderten Gefahrenlage aussetze, die nur mehr in seine Sphäre falle und dem Dienstherrn nach dem gesetzlichen Zweck der Dienst­ unfallfürsorge nicht mehr zugerechnet werden könne.686 Das BVerwG schloss sich der Auffassung des OVG hingegen nicht an und verneinte im Ergebnis eine Adaption der sozialgerichtlichen Rechtsprechung.687 Zwar lehnte auch das BVerwG in der Revision einen Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG ab. Dies allerdings ausschließlich mit der Begründung, dass Zielort nur die Wohnung eines Beamten sein könne, nicht aber ein Hotel, da ein „dritter Ort“ im Dienstunfallrecht nicht in Betracht komme. Hingegen bejahte es für diesen Fall den dienstunfallrechtlichen Schutz auf einer Dienstreise nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BeamtVG.688 In Bezug auf den Wegeunfall nach § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG führte das BVerwG aus, dass der wesentliche Zusammenhang mit dem Dienst nicht per se als gelöst anzusehen sei, wenn der Beamte zum Zwecke einer privaten Verrichtung kurzzeitig sein Kfz verlasse und zu Fuß die Straßenseite mit der Absicht wechsele, nach Beendigung der Verrichtung seinen Heimweg fortzusetzen.689 Dies bedürfe weiterhin einer einfallsbezogenen Bewertung unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung. Jedenfalls während unbeachtlicher Unterbrechungen befürwortet das BVerwG weiterhin mit Verweis auf früher ergangene Entscheidungen Wegeunfallschutz im Bereich des allgemeinen Verkehrsraums.690 Mit diesen Ausführungen des BVerwG ist evident geworden, dass sich die Rechtslage in diesem Teilbereich des Wegeunfallrechts auseinander entwickelt.

683 

OVG Niedersachen, Urt. v. 28. 2. 2013 – 5 LB 8/10, DÖD 2012, 140 (142). OVG Niedersachen, Urt. v. 28. 2. 2013 – 5 LB 8/10, DÖD 2012, 140 (144). 685  Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 30, führt den Kauf am Automaten innerhalb des öffentlichen Verkehrsraums weiterhin als Beispiel für eine unfallgeschützte geringfügige Unterbrechung an. Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 92, thematisiert die neuere BSG-Rechtsprechung nicht, sondern weist auf die Sinnhaftigkeit der Bewegungsfreiheit im öffentlichen Verkehrsraum hin, die dem Unfallschutz nicht abträglich sein dürfe. 686  So ausdrücklich Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 139c; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 190. 687  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601. Zustimmend Baumann, NVwZ 2014, 603 (604), sowie v. d. Weiden, jurisPR-BVerwG 8/2014, Anm. 3. 688  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601. 689  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601 (602). 690  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, NVwZ 2014, 601 (602). 684 

138

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

IV.  Ergebnisse für den Wegeunfalltatbestand Wie beim Grundtatbestand lässt sich auf dem Gebiet des Wegeunfalls einerseits ein hohes Maß an Übereinstimmungen konstatieren, andererseits hat sich gezeigt, dass bei einzelnen Aspekten von einer identischen Rechtslage nicht ausgegangen werden kann. Divergenzen bezüglich Umfang und Reichweite der Absicherung ergeben sich dabei sowohl in räumlicher wie in zeitlicher Hinsicht. Auch wenn sich BSG und BVerwG hinsichtlich des Anfangs- und Endpunktes des abgesicherten Weges grundsätzlich im Gleichlauf für die starre Außenhaustürgrenze entschieden haben, wird in der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte die Tendenz erkennbar, bei Präzedenzfällen, die sich im unmittelbaren Haustürbereich ereignen, von einer starren räumlichen Grenzziehung zugunsten einer wertenden Betrachtungsweise unter dem Gesichtspunkt der Risikosphären abzusehen. Sollte sich diese Rechtsprechungslinie zukünftig weiter manifestieren, so wäre zu konstatieren, dass dieser Ansatz mit der im Unfallversicherungsrecht zumindest bislang auch in Grenzfällen streng gehandhabten räumlichen Grenzziehung nicht mehr in Übereinstimmung steht. In Bezug auf die Außenhaustürgrenze ergeben sich zudem Unterschiede bei Unfällen in einer privaten Garage. Das BSG nimmt das Garageninnere nur in Fallkonstellationen vom versicherten Bereich aus, in denen eine räumliche Verbindung im Sinne einer Zugangsmöglichkeit zwischen Wohnungsgebäude und Garage existiert. Im Gegensatz dazu hat das BVerwG sich auf eine Rechtsprechungslinie festgelegt, nach welcher der Innenbereich der Garage unabhängig von einer vorhandenen baulichen Anbindung stets als dem Risikobereich des Beamten zugehörig zu betrachten sei. Bei identischen Sachverhaltskonstellationen bleibt der Unfallschutz des Beamten diesbezüglich eindeutig hinter dem des Arbeitnehmers zurück. Ein Minus bei der Absicherung des Beamten gegenüber dem Arbeitnehmer im Wegeunfallrecht lässt sich auch beim Sujet des sogenannten „dritten Ortes“ ausmachen. Während das BSG in gefestigter Rechtsprechung einen anderen Ort als die Wohnung des Arbeitnehmers als möglichen Anfangs- und Endpunkt des Wegs anerkennt, sieht das BVerwG für das Dienstunfallrecht jenseits der bislang gesetzlich normierten Ausnahmen keine Veranlassung für eine sich an die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung anlehnende Auslegung des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG. In zeitlicher Hinsicht gehen BSG und BVerwG unterschiedliche Wege bei der Festlegung einer Höchstdauer für privatwirtschaftliche Unterbrechungen, die noch nicht zum endgültigen Verlust des Unfallschutzes führen sollen. Hat sich das BSG für eine abstrakte Grenze von zwei Stunden entschieden, so beurteilt das BVerwG die Problematik zwar unter Berücksichtigung der zeitlichen Komponente, im Ergebnis jedoch nach den Gesamtumständen des Einzelfalls, innerhalb derer die zeitliche Dauer nur ein Gesichtspunkt unter mehreren sein soll. Ob mit der Einzelfallbewertung für den Beamten im Vergleich zum Arbeitnehmer zumindest in der Tendenz der Gerichte eine restriktivere oder großzügigere Gewährung von Unfall-

C.  Zusammenfassung des Kapitels

139

schutz einhergeht, lässt sich anhand der bisher ergangenen Rechtsprechung nicht eindeutig ausmachen. Es dürfte derzeit noch viel dafür sprechen diese Divergenz zumindest in ihren praktischen Auswirkungen als weitgehend neutral zu qualifizieren. Ein anderes Bild ergibt sich im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung von BSG und BVerwG zur Begrenzung des Wegeunfallschutzes aus Anlass privater Unterbrechungen im allgemeinen Verkehrsraum. Das BSG vertritt in seiner neueren Rechtsprechung eine restriktivere, sich wieder stärker an der objektivierten Handlungstendenz orientierende Linie und verneint den Versicherungsschutz, sobald der Betroffene sein Fahrzeug zum Zwecke einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung abstellt oder verlässt. In diesem Punkt hält das BVerwG in Anlehnung an die frühere sozialgerichtliche Rechtsprechung an der grundsätzlichen Bejahung von Wegeunfallschutz im Bereich des allgemeinen Verkehrsraums fest und lehnt die vom BSG vertretene Grenzziehung ab. Hier ist derzeit feststellbar, dass dem Beamten in dieser Konstellation eine weiterreichende Unfallabsicherung gewährt wird.

C.  Zusammenfassung des Kapitels Bilanziert werden kann, dass punktuell mal in der gesetzlichen Unfallversicherung und mal in der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge die Grenzen der Absicherung weiter gezogen werden. Im Hinblick auf das gewährte Schutzniveau ist kein durchgängiges Prinzip erkennbar geworden, nach welchem wahlweise der Arbeitnehmer oder der Beamte durchgehend bevorteilt oder benachteiligt würde. Verschluckt sich ein Beamter beim Mittagessen in der Kantine seines Dienstgebäudes an einer Gräte und erleidet er daraufhin einen Erstickungsanfall, so ist nach der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung ein Dienstunfall gegeben. Die Sozialgerichte würden dem Arbeitnehmer im Regelfall unter Hinweis auf den eigenwirtschaftlichen Charakter des Kantinenbesuchs keinen Unfallversicherungsschutz zusprechen. Ebenso ist der Beamte, der in der Dusche eines Schullandheims verunglückt oder sich bei einer freiwillig vorgenommenen Schutzimpfung während seiner Dienstzeit einen Schaden zuzieht, im Vorteil gegenüber dem jeweils ungeschützten Arbeitnehmer. Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Beamte außerhalb seines Dienstgebäudes an einem Telearbeitsplatz innerhalb seiner Privatwohnung arbeitet und auf dem Weg von seinem Wohnzimmer in sein Arbeitsbüro, in welchem er seine dienstlichen Aufgaben abarbeiten möchte, verunglückt. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer, der bei identischem Sachverhalt einen Unfall auf einem versicherten Betriebsweg erlitten hätte, hat der Beamte hier in Ermangelung eines Dienstunfalls keinen Anspruch auf unfallbezogene Leistungen. Es wird rasch deutlich, dass die Frage, ob der Status des Beamten oder des Arbeitnehmers einen relativen Vorteil bezüglich der unfallbezogenen Absicherung bewirkt, nur in Abhängigkeit vom konkreten Unfallszenario und nicht allgemeingültig beantwortet werden kann.

140

1. Kap.: Die Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes

Nicht anders ist die Situation beim klassischen Wegeunfall zu bewerten. Erleidet der Arbeitnehmer in seiner privaten Garage, sofern sie nicht unmittelbar mit dem Wohnhaus verbunden ist, nach der Rückfahrt von seiner Arbeitsstelle beim Ent­steigen aus seinem Kfz eine Fußverstauchung, so hat er einen Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII erlitten. Der Beamte genießt bei identischem Lebenssachverhalt keinen Unfallschutz. Das gleiche Muster findet sich, wenn es sich beim Ausgangs- oder Endpunkt des Weges zum oder vom Ort der Tätigkeit nicht um die Wohnung des Betroffenen handelt. Die „dritter Ort“-Rechtsprechung des BSG sichert die Arbeitnehmerin, die einen oder mehr Tage in der Woche in der Wohnung ihres Lebensgefährten übernachtet, arbeitsunfallrechtlich auf ihrem morgendlichen und abendlichen Weg zur Arbeitsstelle ab. Die Beamtin kann in der gleichen Situation nach der Rechtsauslegung des BVerwG bei einem Straßenverkehrsunfall nicht mit einer Anerkennung als Wegeunfall rechnen.691 Umgekehrt stellt sich die Situation bei Unfällen im öffentlichen Verkehrsraum dar. Der Lehrer im Angestelltenverhältnis, der auf dem Weg von seiner Schule nach Hause in der Stadt kurz rechts ran fährt, um in der Apotheke auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch Kopfschmerztabletten einzukaufen, ist nach der stark auf die äußere Manifestierung der objektivierten Handlungstendenz ausgerichteten Rechtsprechung des BSG unversichert, wenn er beim Queren der Straße von einem Kfz angefahren wird und sich dabei Prellungen oder Knochenbrüche zuzieht. Ist er hingegen verbeamtet, so würden ihm die Verwaltungsgerichte alle Leistungen zusprechen, die die beamtenrechtliche Unfallfürsorge vorsieht, da er sich beim unfallbringenden Wechseln der Straßenseite noch im öffentlichen Verkehrsraum befand. Auch diese Beispiele zeigen: Ob der Beamte oder der Arbeitnehmer ein „mehr“ an Unfallschutz genießt, lässt sich nach alledem nicht verallgemeinernd feststellen.

691 

Zu dieser Divergenz das anschauliche Beispiel bei Leube, ZTR 2012, 682 (687).

Zweites Kapitel

Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung der vorgebrachten Erklärungsansätze 2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung d er vorgebrachten Erklärungsansätze

A. Ausgangsüberlegungen Die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung des ersten Kapitels haben die eingangs aufgestellte Vermutung bestätigt, dass einerseits im Arbeits- und Dienstunfallrecht weitreichende Parallelen in der Rechtslage bestehen, es andererseits in der Judikatur mitunter durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Anerkennung eines Arbeits- oder Dienstunfalls kommt. Diese Divergenzen lassen sich sowohl beim klassischen Arbeits- und Dienstunfall wie auch beim Wegeunfall ausmachen und sind nicht punktuell auf einen thematischen Teilbereich beschränkt.

I.  Bewertung der Divergenzen Im Folgenden sollen zunächst die Divergenzen ihrer Art nach näher betrachtet und ihre Auswirkungen auf die unfallschutzbezogene Absicherung der beiden Berufsgruppen beleuchtet werden. 1.  Uneinheitlichkeit der Terminologie Bloß terminologische Differenzen im Arbeits- und Dienstunfallrecht können, wie es auch bei Leube1 anklingt, mangels Auswirkungen auf die beiden Berufsgruppen als für die Praxis unbeachtlich eingeordnet werden. Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive dürfte dennoch punktuell die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer abweichenden Terminologie bei einer lebensweltlich weitgehend einheitlichen Thematik im Raum stehen. Eine identische Begriffsbildung wäre für die dogmatische Fortentwicklung und die praktische Rechtsanwendung durch die Gerichte zweifelsohne nicht von Nachteil und würde den wissenschaftlichen Austausch zwischen dem Beamten- und dem Sozialversicherungsrecht befördern. Mit einigem Recht mag man an dieser Stelle einwenden, dass auch innerhalb der beiden Gebiete die jeweils von den Gerichten verwandten oder seitens der Literatur vorgeschlagenen Begrifflichkeiten divergieren und im Laufe der Zeit einem Wan1 Vgl.

Leube, ZTR 2012, 682 (687).

142

2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

del unterliegen. Hier sei nochmals auf die bereits angesprochene Begriffsverschiebung hinsichtlich der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität in der Rechtsprechung des BSG verwiesen. Doch unbenommen solcher notwendigen Verschiebungsprozesse bei der Fortentwicklung des Rechts innerhalb eines der beiden Rechtsgebiete haben sich teilweise auch terminologische Gegensätze zwischen dem Arbeits- und Dienstunfallrecht ohne erkennbaren Grund verfestigt. Genannt werden müssen hier die Kausalitätslehren. Im Hinblick auf die Rechtsprechung von BSG und BVerwG erscheint es kaum nachvollziehbar, warum die in ihrem Aussagegehalt als identisch erachteten Kausalitätstheorien nunmehr schon über Jahrzehnte hinweg eine abweichende Bezeichnung erfahren. Eine Verständigung über eine einheitliche Terminologie wäre ohne weiteres möglich und sollte zukünftig auch erzielt werden. 2.  Unklarheit bei zeitlichen Limitierungen im Dienstunfallrecht Ein Teil der im ersten Kapitel identifizierten Unterschiede beruht darauf, dass die Sozialgerichte stärker als die Verwaltungsgerichte auf zeitliche Obergrenzen Bezug nehmen. Dies gilt sowohl für die zeitliche Begrenzung der äußeren Einwirkung beim Unfallereignis wie für die Bewertung eigenwirtschaftlicher Wegeunterbrechungen.2 Das BSG limitiert die äußere Einwirkung auf die Dauer einer Arbeitsschicht und rekurriert bei der rechtlichen Bewertung privatnütziger Unterbrechungen des Weges auf eine selbst festgelegte Zwei-Stunden-Grenze. Das BVerwG vermeidet in seiner Rechtsprechung, sich in dieser Eindeutigkeit festzulegen. Hier ist zwar anzumerken, dass das BVerwG eine Übertragung dieser Grenzen auf das Dienstunfallrecht bislang nicht expressis verbis abgelehnt hat. Auch können die hierzu ergangenen Entscheidungen so interpretiert werden, dass sich das Gericht nicht dezidiert gegen eine Adaption der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ausspricht, sondern sich eine zukünftige Festlegung noch vorbehalten möchte.3 Von einer dezidiert divergierenden Rechtslage lässt sich daher nicht mit Sicherheit sprechen. Jedenfalls aber tragen diese hier bestehenden Undeutlichkeiten im Recht der Dienstunfallfürsorge nicht zu dem Eindruck einer identischen Rechtslage bei. Diese Unklarheiten erscheinen wenig verständlich. Es drängt sich jedenfalls keine Begründung dafür auf, warum die zeitliche Limitierung der äußeren Einwirkung oder die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Wegeunterbrechung für Arbeitnehmer und Beamte voneinander abweichend beurteilt werden sollten.

2  Aufgrund der fehlenden Anerkennung des „dritten Ortes“ im Dienstunfallrecht ist die hier vom BSG postulierte Maßgeblichkeit der Zwei-Stunden-Grenze mangels Vergleichbarkeit nicht als weiteres Beispiel zu sehen. 3  Die vom BVerwG und den Instanzgerichten bei der Wegeunterbrechung vorgenommene wertende Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung nicht bloß zeitlicher Faktoren lässt dies allerdings unwahrscheinlich erscheinen.

A. Ausgangsüberlegungen

143

3.  Mangelnde Kohärenz bei divergierender Reichweite des Unfallschutzes Die eindeutigsten Divergenzen zwischen sozialgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung betreffen die Reichweite der abgesicherten Tätigkeiten. a) Grundtatbestand Die vom BVerwG vollzogene Abgrenzung des dienstunfallgeschützten Bereichs anhand der Kriterien von Dienstzeit und -ort führt faktisch zu einer Ausdehnung des vom Dienstherrn zu verantwortenden Risikobereichs auf eigenwirtschaftliche Tätigkeiten des Beamten. Zweifellos trägt diese Rechtsprechungslinie zur Eingrenzung der Kasuistik bei.4 Sie umgeht diffizile Differenzierungs- und Beweisprobleme, die in der Rechtsprechung des BSG mit der Beurteilung anhand der objektivierten Handlungstendenz einhergehen. Doch überzeugt die Argumentation, diese Abgrenzung des dienstlichen vom privaten Risikobereich lasse sich auf der Grundlage einer prinzipiellen „Beherrschbarkeit des Risikos“ durch den Dienstherrn begründen, im Ergebnis allenfalls eingeschränkt. Für Gefahrenquellen, die sich aus den spezifischen Gegebenheiten des Dienstgebäudes ergeben, seien es bestimmte bauliche Eigenarten wie eine besonders steile Treppe oder eine unzureichend isolierte Stromleitung, seien es defekte und daher gefahrenträchtige Arbeitsgeräte oder auch bestimmte Gegebenheiten des Alltags wie beispielsweise ein frisch gewischter und daher besonders glatter Flurboden, mag die Zurechnung unter dem Gesichtspunkt der „Beherrschbarkeit“ noch zu vertreten sein. Der Dienstherr hat schließlich unbestritten dafür Sorge zu tragen, dass das dem Beamten zugewiesene Arbeitsumfeld frei ist von sämtlichen vermeidbaren Gefahren, die über das normale und alltägliche Lebensrisiko hinausgehen. Von einer generellen Kontrollierbarkeit des Risikos innerhalb des Dienstgebäudes auszugehen, erscheint aber jedenfalls in den Fällen abwegig, in denen der Dienstherr nicht einmal mehr bei abstrakt-theoretischer Betrachtung geeignete Präventionsmaßnahmen ergreifen könnte. Verschluckt sich der Beamte in der Mittagspause an einer Gräte in seinem mitgebrachten Fischbrötchen oder klemmt er sich in einem Moment der Unaufmerksamkeit ohne hinzutretende Gefahr beim Schließen der Bürotür einen Finger ein, so kann von einer wie auch immer gearteten Kontrollierbarkeit oder Einflussnahmemöglichkeit des Dienstherrn nicht mehr ernsthaft die Rede sein.5 Insbesondere an den dargestellten Fallgruppen der Grippeschutzimpfung und des 4  So auch offenbar positiv bewertend Kugele in einer Anmerkung zur Entscheidung des BVerwG zum Unfall beim Duschen im Schullandheim, s. Kugele, jurisPR-BVerwG 15/2008, Anm. 4. 5  Konsequenter als mit der „Beherrschbarkeit des Risikos“ zu argumentieren, wäre es mit Groepper/Tegethoff anzunehmen, dass der Dienstherr schlicht die „Verantwortung (…) für den räumlichen Bereich übernimmt, in dem sich die Dienststelle befindet“, s. Groepper/ Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 58a.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Aufenthalts im Schullandheim wird evident, dass die räumlich-funktionale Bestimmung des wesentlichen Zusammenhangs mit dem Dienst gegenüber der Bestimmung des inneren Zusammenhangs anhand der objektivierten Handlungstendenz zu einer teils erheblichen Ausweitung des Dienstunfallschutzes gegenüber dem Unfallversicherungsschutz führen kann. Hier werden privatnützige Tätigkeiten des Beamten, die in der gesetzlichen Unfallversicherung ungeschützt bleiben würden, in den Dienstunfallschutz miteinbezogen. Das BVerwG erweitert die abstrakte Risikosphäre des Dienstherrn zu dessen Lasten auf eigenwirtschaftliche Tätigkeiten des Beamten, auf die er keinen Einfluss hat. Einerseits wird nicht erkennbar, warum der Dienstherr ein gewichtigeres Interesse daran hätte, dass ein ihm untergeordneter Beamte eine gesundheitliche Präventivmaßnahme vornimmt und somit gegebenenfalls das Risiko eines Arbeitsausfalls bei sich oder seinen ansteckungsgefährdeten Kollegen mindert, als dies bei einem Unternehmer gegenüber seinen Beschäftigten der Fall ist. Für Beamte und Arbeitnehmer ist die subjektive Motivationslage dafür, sich impfen lassen zu wollen, identisch. Andererseits spricht auch nichts dafür, dass der Dienstherr einen größeren Einfluss auf das Risiko, dass es bei einer Grippeschutzimpfung zu unerwünschten Schädigungen kommt, hätte als der Unternehmer. Hier führen die unterschiedlichen, den Zurechnungszusammenhang definierenden Konstruktionen schlicht zu einer unterschiedlichen Bewertung desselben Lebenssachverhaltes unter dem faktischen Gesichtspunkt einer Bewertung der Schutz- und Entschädigungswürdigkeit. Einer vergleichbaren Kritik lässt sich auch die unterschiedliche Beurteilung des Unfallschutzes beim Aufenthalt eines Lehrers auf einer Klassenfahrt in einem Schullandheim unterziehen. Beachtlich ist in diesem Rahmen eine Bewertung von Schnellenbach6, die auch von Richtern des VG Aachen in einem Urteil aus jüngerer Zeit7 aufgegriffen wurde. Demnach sei hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 BeamtVG zu konstatieren, dass die „Konturen des Rechtsinstituts ,Dienstunfall‘“ mittlerweile „unscharf“ geworden seien.8 Dieser Einschätzung ist sicherlich im Ergebnis beizupflichten. Weniger überzeugend ist allerdings die Begründung, die das VG hierfür anbietet. Nach Ansicht des Gerichts sei diese Unschärfe mittelbare Folge einer Ausweitungstendenz auf Seiten des Gesetzgebers, der den Dienstunfallschutz aus „unterschiedlichen (…) rechtspolitischen Erwägungen auf Verhaltensweisen ausgedehnt“ habe, „die sich nicht mehr als ,Dienst‘ im eigentlichen Sinne darstellen“ würden.9 Tatsächlich aber weisen die tatbestandlichen Fassungen des Dienstunfalls seit Jahrzehnten ein vergleichsweise hohes Maß an Kontinuität auf. Es sind daher gerade nicht fortwährende gesetzgeberische Novellierungen, die

Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 2. VG Aachen, Urt. v. 28. 8. 2014 – 1 K 519/13, juris. 8  Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 2; VG Aachen, Urt. v. 28. 8. 2014 – 1 K 519/13, juris Rn. 21. 9  Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, § 14 Rn. 2; VG Aachen, Urt. v. 28. 8. 2014 – 1 K 519/13, juris Rn. 21. 6 

7 

A. Ausgangsüberlegungen

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die monierte Konturlosigkeit evoziert hätten, sondern die Auslegungspraxis des § 31 BeamtVG in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. b) Wegeunfall In Bezug auf die im Wegeunfalltatbestand zu findenden Divergenzen ergibt sich ein ähnliches Bild. Zwar folgen auch hier die Verwaltungsgerichte in vielerlei Hinsicht der Interpretation durch die Sozialgerichte, was in der häufigen unmittelbaren Bezugnahme auf die sozialgerichtliche Judikatur ihren sichtbaren Ausdruck findet. In den Konstellationen einer abweichenden Beurteilung lässt sich hier gleichsam ein im Ergebnis fehlendes Muster monieren. Während das BVerwG für den Wegeunfall in einer privaten Garage eine gegenüber der Außenhaustürgrenze im Prinzip regelwidrige Ausnahme befürwortet und den Beamten unter Hinweis auf eine gebotene strenge Auslegung des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG gegenüber dem Arbeitnehmer schlechter stellt, scheint sich dieser Gedanke im Hinblick auf die weiterhin großzügige Anerkennung von Wegeunfällen im „öffentlichen Verkehrsraum“ nicht zu realisieren, ohne dass hierfür eine schlüssige Begründung ersichtlich wäre. 4.  Keine Ausfallhaftung der gesetzlichen Unfallversicherung Diese wechselseitigen Schlechterstellungen sind nicht bloß abstrakt-theoretischer Natur, sondern wirken sich in der Praxis schon deswegen aus, weil eine alternierende Inanspruchnahme der beiden Absicherungssysteme für den Unfallbetroffenen nicht möglich ist. Dies ergibt sich für den Arbeitnehmer freilich ganz von selbst, kann er doch mangels Beamtenstatus nicht in den Anwendungsbereich der Beamtenunfallfürsorge miteinbezogen sein.10 Es gilt aber eben auch im umgekehrten Sinne für den Beamten. Anders wäre dies nur dann, wenn man die gesetzliche Versicherungsfreiheit des Beamten in der Unfallversicherung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dahingehend interpretieren würde, dass sie nur insoweit eingreift, als dass ein Unfallgeschehen im Dienst auch tatsächlich als Dienstunfall nach § 31 BeamtVG anerkannt wird.11 Eine solche Sichtweise entspricht jedoch nicht der geltenden Rechtslage. Die Versicherungsfreiheit des Beamten in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird so verstanden, dass sie für sämtliche Unfälle im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit besteht, unabhängig davon, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Dienstunfalls im Ergebnis zu bejahen sind.12 10 

Zu den berechtigten Personenkreisen oben unter Erstes Kap. A. I. 2. Dieser Gedanke findet sich bei Linthe, BArbBl. 1962, 93. Vollmar, SozSich 1963, 270, bezeichnet diese Idee in seiner ablehnenden Replik als „Ausfallhaftung“ gegenüber dem Beamten. 12  Vgl. BSG, Urt. v. 13. 12. 1984 – 2 RU 83/83, juris Rn. 14 f.; Marschner, in: Rolfs/ Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB VII, § 4 Rn. 3; Vollmar, SozSich 1963, 270. 11 

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Im Schrifttum stößt man teils auf die Aussage, dass die Versicherungsfreiheit sich nicht auf Tätigkeiten beziehe, die mit dem Dienstverhältnis „in keinem wesentlichen Zusammenhang“ stünden.13 Diese Beschreibung birgt das Potential zum Missverständnis. Sie könnte zu der Annahme verleiten, die Versicherungsfreiheit des Beamten würde immer dort eine Begrenzung erfahren, wo die Verwaltungsgerichte die Anerkennung eines Dienstunfalls aufgrund einer fehlenden Zurechenbarkeit der konkreten Tätigkeit zum Dienst ablehnen. Demnach gerade in dem Bereich, der regelmäßig den Ausschlag hinsichtlich des Bestehens von Unfallschutz gibt.14 Sprachlich präziser und näher an der geltenden Rechtslage sollte daher mit Vollmar15 von einer Versicherungsfreiheit gesprochen werden, die sich „auf den gesamten dienstlichen Tätigkeitsbereich“ bezieht, auch wenn die in Rede stehende Handlung im Unfallzeitpunkt nicht den notwendigen Dienstzusammenhang aufweist. Erleidet also ein Beamter in seiner privaten Garage einen nach der Rechtsprechung des BVerwG nicht als Wegeunfall einzustufenden Unfall, kommt auch kein Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in Betracht, der subsidiär von den Unfallversicherungsträgern zu kompensieren wäre. Hier wird erkennbar, dass die Divergenzen auch realiter zu einer tatsächlichen finanziellen Schlechterstellung der einen gegenüber der anderen Berufsgruppe führen können. 5.  Identische Gefährdungslage Die Bedeutung der Ungleichläufigkeiten in der Anerkennung von Unfällen gewinnt mit Blick auf die bestehenden Unfallrisiken am Arbeitsplatz noch weiter an Gewicht. Die berufsbedingten Gefahren dürften sich für beide Berufsgruppen im Allgemeinen nicht in einer Weise unterscheiden, die von vorneherein zu einer Erklärung der unterschiedlichen Reichweiten der Absicherung taugen würde. a)  Unfallrisiken am Arbeitsplatz In der Fachliteratur war die prinzipielle Vergleichbarkeit der beiden Berufsgruppen und der sie treffenden arbeitsplatzbezogenen Unfallrisiken nie umstritten. Schon Teutsch16 stellte 1954 im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung zur rechtlichen Unfallabsicherung fest, dass sich Arbeitnehmer und Beamte in soziologischer Hinsicht insofern nicht voneinander unterscheiden, als dass ihnen die alltägliche Notwendigkeit gemein ist, zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ihre Schlegel, in: Schulin HS-UV, § 20 Rn. 12. In der Konsequenz müsste dann – unzutreffend – bei einem Unfall in einer privaten Garage nach Ablehnung eines Dienstwegeunfalls gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG über einen Arbeitswegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nachgedacht werden. 15  Vollmar, SozSich 1963, 270 (271). Ähnlich zutreffend auch bei Bauer, in: Stegmüller/ Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 44 Rn. 1. 16  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 ff. 13 

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A. Ausgangsüberlegungen

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Arbeitskraft und ihre Fähigkeiten fremdnützig zur Verfügung zu stellen.17 Ganz ähnlich bewertete Bulla 1970 die Gemeinsamkeiten von Arbeitnehmern und Beamten mit Blick auf die Fremdnützigkeit ihrer Tätigkeit bei gleicher Gefahrenlage.18 Am prägnantesten führte Riedmaier19 aus, dass in Bezug auf die Absicherung bei Dienstunfällen die spezifischen Eigenarten des Berufsbeamtentums gegenüber privatrechtlich Beschäftigten „nicht (…) in Erscheinung treten“. Im Gegenteil stelle sich „die ,Arbeitswelt‘ der Arbeiter, Angestellten und Beamten“ als ein „einheitliches Ganzes“ dar, „in dem gleiche Lebenssachverhalte zu gleichen rechtlichen Folgen führen“.20 Abseits des Schrifttums bestätigte der Gesetzgeber eine identische Gefährdungslage am Arbeitsplatz in der Vergangenheit zumindest konkludent. Erkennbar wird dies exemplarisch im Recht der Berufskrankheiten. Zur Bestimmung derjenigen Krankheitsbilder, die als Berufskrankheiten entschädigt werden können, wird in der Dienstunfallfürsorge auf die BKV zur gesetzlichen Unfallversicherung verwiesen.21 Damit werden für beide Berufsgruppen dieselben standardisierten Berufskrankheiten kompensiert. Wäre der Gesetzgeber der Auffassung gewesen, dass der Beamte bestimmten Gefährdungseinflüssen ausgesetzt ist, die den Arbeitnehmer nicht betreffen, oder, im umgekehrten Fall, von bestimmten Gefährdungen gerade nicht tangiert wird, so hätte es nahe gelegen, hier eine eigene Verordnung zu schaffen. b)  Beispiel: Öffentlicher Dienst In besonderem Maße augenscheinlich wird die angesprochene Vergleichbarkeit der Arbeitswelt von Arbeitnehmern und Beamten freilich dort, wo beide Berufsgruppen unmittelbar räumlich und zeitlich zusammenarbeiten und weitgehend identischen Arbeitsaufgaben nachgehen. Hier ist mit Fieberg22 und Leube23 das Nebeneinander von Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst24 zu nennen. Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (306). Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 69. 19  Riedmaier, RiA 1979, 41 (44). 20  Riedmaier, RiA 1979, 41 (44). 21  § 1 BeamtVG§31DV: „Als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes werden die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 8. Dezember 1976 (…) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt“. 22  Fieberg, ZTR 2007, 421. 23  Leube, ZTR 2012, 682. 24  Zur Problematik einer allgemeinen juristischen Definition des Begriffs „öffentlicher Dienst“, insbesondere unter dem Blickwinkel, dass sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben zum Teil auch privatrechtlicher Organisationsformen bedient, Müller/Landshuter, in: Müller/Preis, Erster Abschn., A. Rn. 1 ff., sowie Battis, BBG, § 4 Rn. 3, mit weiteren Literaturangaben. 17 

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

In der Bundesrepublik sind hier traditionellerweise einerseits Beamte für ihren Dienstherrn tätig,25 andererseits verrichten hier Arbeitnehmer ihre auf Grundlage eines klassischen zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses vertraglich geschuldete Tätigkeit.26 Ungeachtet ihres rechtlichen Status arbeiten die Angehörigen beider Berufsgruppen in diesem Bereich – bildlich gesprochen – „Schreibtisch an Schreibtisch“ zusammen.27 Sie sind demzufolge sowohl an ihrem Arbeitsplatz selbst als auch auf ihrem Weg nach und von dem Ort ihrer beruflichen Tätigkeit de facto denselben potentiellen Unfall- und Schädigungsgefahren ausgesetzt.28 Ob diese Doppelspurigkeit des öffentlichen Dienstes im Sinne einer rechtlichen Differenzierung von Beamten und Arbeitnehmern überhaupt als erhaltenswert anzusehen ist, war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand rechtspolitischer Diskussionen und Reformvorschläge.29 Es berührt letztlich die Frage nach der raison d‘être des Berufsbeamtentums.30 Dessen Daseinsberechtigung war historisch des Öfteren umstrittener als heute. Insbesondere in der unmittelbaren Nachkriegszeit und im Entstehungsprozess der Bundesrepublik31 stand die Beibehaltung eines Berufsbeamtentums in einigen Ländern zur Diskussion.32 Politische Forderungen nach einem einheitlichen Dienstrecht für alle im öffentlichen Dienst beschäftigten Personengruppen fanden sich schon in der Konsolidierungsphase der Weimarer Republik.33 An dieser Stelle gilt es indes nicht, dieses vorwiegend rechtspolitische Vgl. statt vieler nur Minz, Beamtenversorgungsrecht, Rn. 322. statt vieler nur Müller-Gloge, in: MüKo, BGB, § 611 Rn. 256; Voßkuhle, in: GVwR III, § 43 Rn. 7 ff. 27  Abseits des klassischen öffentlichen Dienstes lässt sich als weiteres Beispiel auch das Nebeneinander von Beamten und Arbeitnehmern bei privatisierten ehemaligen Staatsunternehmen wie der Deutschen Post anführen. Instruktiv zu den damit einhergehenden rechtlichen Fragestellungen Zobel, Beamtenrechtliche Folgeprobleme einer Privatisierung von Staatsunternehmen, 2007, passim. 28  Dies stellen sowohl Fieberg, ZTR 2007, 421, als auch Leube, ZTR 2012, 682, so fest. 29  Aus der umfangreichen Literatur bspw. Lorse, DÖD 2007, 24 ff. 30  Instruktiv zur Geschichte des Berufsbeamtentums in Deutschland Hattenhauer, Geschichte des deutschen Beamtentums, 1993, passim. 31  Ausführlich zur Entwicklung des Beamtenrechts in der unmittelbaren Nachkriegszeit und den ersten Jahren nach Gründung der Bundesrepublik Thiele, Die Entwicklung des deutschen Berufsbeamtentums, 1981, S. 68 ff. 32  Vor allem in den neugegründeten Ländern der US-amerikanischen Besatzungszone Bremen und Hessen sowie in Berlin, s. Großkord, Beamtenversorgung und gesetzliche Rentenversicherung, 1986, S. 10; Thiele, Die Entwicklung des deutschen Berufsbeamtentums, 1981, S. 68 ff. Aus der zeitgenössischen Literatur zur (Wieder-)Einführung des Berufsbeamtentums auf dem Gebiet der ehemaligen DDR im Zuge der Wiedervereinigung und des Einigungsvertrags Nicksch, DtZ 1990, 340 ff. 33  Vgl. hier etwa das Kapitel zur Ausgestaltung der Verwaltung im „Heidelberger Programm“ der SPD aus dem Jahre 1925: „Für alle Beamten und Angestellten der öffentlichen Körperschaften ist ein einheitliches Dienstrecht zu schaffen, das Auswahl, Stellung, Beförderung, Interessenvertretung und Schutz nach demokratischen und sozialen Gesichts25 

26  Vgl.

A. Ausgangsüberlegungen

149

Terrain samt seiner verfassungsrechtlichen Implikationen34 zu beschreiten. Angeführt sei hier lediglich, dass sich die zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts wieder aufgeflammte Diskussion über die Schaffung eines beide Personengruppen umfassenden einheitlichen Dienstrechts auch als Indiz für die Erklärungsbedürftigkeit einer Differenzierung zwischen Arbeitnehmern und Beamten in den Bereichen des Arbeitsrechts und der sozialen Absicherung interpretieren lässt. Hier wäre exem­ plarisch auf die 2001 von der damaligen nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzte Regierungskommission zur Reform des öffentlichen Dienstes35 hinzuweisen, welche in ihrem Abschlussbericht unabhängig vom verfassungsrechtlichen Status quo für eine weitgehende Abschaffung der rechtlichen Differenzierung zwischen Arbeitnehmern und Beamten im öffentlichen Dienst zugunsten eines von dieser Zweigleisigkeit losgelösten Beschäftigtenbegriffs plädierte und in der Konsequenz zu einer Orientierung am privatrechtlichen Arbeitsrecht riet.36 Mag im Rahmen solcher Reformgedanken die Absicherung bei berufsbedingten Unfällen auch nicht im Vordergrund stehen, so kommt doch der Gedanke einer prinzipiellen Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und Beamten hinlänglich zum Vorschein. Diese unterstreicht die Erklärungsbedürftigkeit einer divergierenden Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen.

II.  Keine Verletzung von Art.  3 Abs.  1 GG Wenn demnach die Gefahrensituation in der Arbeitswelt für beide Berufsgruppen als identisch angesehen werden muss, die gerichtliche Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen trotz nahezu identisch gefasster Tatbestände aber nicht einheitlich ausfällt, könnte sich zumindest auf den ersten Blick eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG37 aufdrängen.38 punkten ordnet“, hier zitiert nach SPD-Parteivorstand (Hrsg.), Das Heidelberger Programm, 1925, S. 34. 34  Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 59, weist darauf hin, dass aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 4, 5 der Weg zur Schaffung eines einheitlichen Dienstrechts verschlossen bleibe. 35  Regierungskommission Nordrhein-Westfalen, „Zukunft des öffentlichen Dienstes – Öffentlicher Dienst der Zukunft“, 2001. 36  s. den Abschlussbericht der Regierungskommission, S. 143 f., abrufbar unter http:// www.regierungskommission.nrw.de/imnrw/pdf/berrk.pdf (letzter Abruf am 31. 7. 2016). Im Weiteren auch die ausführliche Erläuterung und Einbringung des Vorschlags in den rechtswissenschaftlichen Diskurs durch das leitende Kommissionsmitglied bei Bull, DÖV 2004, 155 ff., sowie ders., DÖV 2007, 1029 ff. 37  Art. 3 Abs. 1 GG: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“. 38  Für die Virulenz der Gleichheitssatzproblematik auf einen ersten Blick hin spricht, dass das BVerfG in der Vergangenheit eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch eine gesetzgeberische Regelung bejaht hat, nach welcher Soldaten in integrierten militärischen Stäben im Auslandseinsatz zusätzlich zur fortwährenden Beziehung ihrer Dienstbezüge in den Genuss eines erhöhten Auslandszuschlags kamen, Beamte in identischer Verwendung

150

2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Der allgemeine Gleichheitssatz macht es schließlich Verwaltung, Gesetzgeber und Rechtsprechung39 nach gängiger Formel zur Pflicht, wesentlich Gleiches auch gleich zu behandeln,40 sofern für eine Ungleichbehandlung keine rechtfertigenden Gründe vorgebracht werden können.41 Bei näherer Betrachtung wird allerdings deutlich, dass verfassungsrechtliche Erwägungen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zielführend sind. In diesem Sinne hat auch das BVerwG diese denkbare verfassungsrechtliche Implikation in der Vergangenheit aufgegriffen und betont, dass in einer unfallschutzbezogenen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern in der Sozialversicherung einerseits und von Beamten in der Unfallfürsorge andererseits kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erblickt werden könne.42 Das Gericht erläuterte diese Feststellung zwar nicht näher, liegt im Ergebnis aber richtig. Das Gleichheitspostulat des Art. 3 Abs. 1 GG erlegt den Gerichten eine Rechtsanwendungsgleichheit43 auf, die eine willkürliche Rechtsfindung ausschließt.44 Aus dieser Rechtsanwendungsgleichheit lässt sich in Verbindung mit dem Gedanken der Rechtssicherheit zwar eine Selbstbindung der Rechtsprechung ableiten,45 wenngleich auch ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz nicht schon darin erblickt werden kann, dass verschiedene Behörden oder Gerichte ein und dieselbe Rechtsnorm voneinander abweichend auslegen.46 Bei der gerichtlichen Auslegung von § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG haben wir es aber hingegen nicht, s. BVerfG, Beschl. v. 31. 1. 1996 – 2 BvL 39/93, 2 BvL 40/93, BVerfGE 93, 386. Gegenstand der Entscheidung war die damalige Norm des § 55 Abs. 5 S. 6 BBesG. Doch vermag dieses Urteil hier keinen Präzedenzfall zu begründen, da sie sich auf gruppenspezifisch getrennt gewährte Leistungen bezog, es sich demnach um eine leistungsrechtliche Differenzierung handelte und nicht um die Frage nach der gerichtlichen Auslegung vergleichbarer Tatbestandsfassungen. 39  Vgl. statt vieler hier nur Epping, Grundrechte, Kap. 16 Rn. 769, 791; Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 1b. 40  Pietzcker, in: Merten/Papier (Hrsg.), HGR, Bd. 5, § 125 Rn. 3. 41  Vgl. statt vieler nur Britz, NJW 2014, 346. 42  BVerwG, Beschl. v. 12. 9. 1995 – 2 B 61.95, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1. Bezülich Divergenzen im Berufskrankheitenrecht jüngst BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2015 – 2 C 46.16, NVwZ-RR 2016, 466 (467). 43 Ausführlich Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Rn. 288 ff. 44  Vgl. dazu nur BVerfG, Beschl. v. 3. 11. 1982 – 1 BvR 710.82, BVerfGE 62, 189 (192); dass., Beschl. v. 13. 1. 1987 – 2 BvR 209.84, BVerfGE 74, 102 (127). Zu den mit dieser Feststellung implizit einhergehenden Frage nach den Problemen und Grenzen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Überprüfung von Entscheidungen der Fachgerichte Rennert, NJW 1991, 12 ff. 45  Gusy, NJW 1988, 2505 (2511 f.); Zippelius/Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, § 23 Rn. 65. 46  St.Rspr., vgl. statt vieler nur BVerfG, Beschl. v. 23. 11. 1951 – 1 BvR 208/51, BVerfGE 1, 82 (85); dass., Urt. v. 13. 6. 1952 – 1 BvR 137/52, BVerfGE 1, 332 (345 f.); dass., Beschl. v. 6. 5. 1987 – 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329 (347). So auch die Literatur, vgl. statt vieler bspw. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 9.

A. Ausgangsüberlegungen

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nicht nur mit zwei voneinander unabhängigen Normen zu tun. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich beim BSG und beim BVerwG um zwei eigenständige oberste Gerichtshöfe im Sinne des Art. 95 Abs. 1 GG47 handelt. Die obersten Gerichtshöfe aber sind zur Wahrung der Rechtsanwendungsgleichheit bei der Auslegung von Bundesrecht ausschließlich innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs angehalten.48 Eine hierüber hinausgehende Abstimmung ihrer Rechtsprechung mit dem jeweils anderen obersten Bundesgericht lässt sich Art. 3 Abs. 1 GG nicht entnehmen. Herstellung und Perpetuierung einer Anwendungsgleichheit zwischen den obersten Gerichtshöfen bleibt in seltenen, hier nicht relevanten Fällen dem gemäß Art. 95 Abs. 3 GG49 zu bildenden „Gemeinsamen Senat“ der obersten Gerichtshöfe vorbehalten.50

III.  Meinungsstand: Erklärungsbedürftigkeit der Divergenzen Fraglos kann die bloße Feststellung einer verfassungsrechtlichen Konformität von Unterschieden in der tatbestandlichen Anerkennung von Arbeits- und Dienst­ unfällen nicht schon Teil einer zufriedenstellenden Antwort darauf sein, warum Abweichungen in diesem Bereich sinnvoll oder gar notwendig sein sollten. 1.  Wesentliche Inhaltsgleichheit? Eine Auswertung der Literatur zu Abweichungen im Arbeits- und Dienstunfallrecht ergibt diesbezüglich eine weitgehende Zurückhaltung des unfallversicherungsrechtlichen Schrifttums. Auf abweichende Bewertungen der Verwaltungsgerichte in der Dienstunfallfürsorge wird äußerst selten inhaltlich Bezug genommen. Zumindest in Bezug auf das Dienstunfallrecht scheint gegenwärtig in der Sozialrechtswissenschaft ein weitgehendes Desinteresse an Unterschieden in der Rechtsprechung zur Sozialversicherung einerseits und zur Beamtenversorgung andererseits vorzuherrschen. 47  Art. 95 Abs. 1 GG: „Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht“. 48  Jachmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 95 Rn. 17. Vgl. auch BSG, Beschl. v. 12. 5. 2005 – B 3 P 13/04 B, SozR 4-1500 § 160 Nr. 6 Rn. 11. 49  Art. 95 Abs. 3 GG: „Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein Gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“. 50  Jachmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 95 Rn. 17. Instruktiv zur Historie eines Gemeinsamen Senats Miesbach, Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, 1971, S. 20 ff., sowie zu dessen Stellung in der Funktionenordnung Schulte, Rechtsprechungseinheit als Verfassungsauftrag, 1986, S. 38 ff.

152

2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

In der beamtenrechtlichen Literatur stellt sich die Situation hingegen etwas anders dar. Im Bereich der Kommentierungen der §§ 31 ff. BeamtVG setzen sich die meisten Autoren mit der Frage nach der sachlichen Kongruenz im Arbeits- und Dienstunfallrecht auseinander. Dabei wird ein komplexes und im Ergebnis wenig stringentes Meinungsbild erkennbar. So führt Wilhelm51 aus, dass die Unfallfürsorge mit der gesetzlichen Unfallversicherung „sachlich (…) weitgehend“ übereinstimme, geht aber nicht näher auf die hiermit implizierte Feststellung ein, dass von einer inhaltlichen Deckungsgleichheit nicht ausgegangen werden kann. Ähnlich unbestimmt konstatiert Kazmaier52, dass der „Bereich der geschützten Unfälle“ in der Unfallfürsorge „zum Teil“ mit dem der gesetzlichen Unfallversicherung identisch sei. Im beamtenrechtlichen Schrifttum allgemein verbreitet ist zudem der Hinweis, dass bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 31 BeamtVG die Rechtsprechung des BSG zum Arbeitsunfallrecht herangezogen werden könne, soweit inhaltliche Übereinstimmungen bestünden.53 Auch diese Aussage verbleibt dabei im Unbestimmten und bestätigt letztlich nur die oben wiedergegebenen Einlassungen von der engen Verwandtschaft des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes einerseits und einer fehlenden vollständigen Identität andererseits. Der praktische Mehrwert ist daher zweifelhaft. Mit dem Kriterium einer „inhaltlichen Übereinstimmung“ wird das Spannungsfeld nur abstrakt beschrieben, aber nicht befriedigend aufgelöst. Das Erfordernis der „inhaltlichen Übereinstimmung“ legt nahe, dass für eine punktuelle Übertragung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung auf das Dienstunfallrecht der jeweils relevante Wortlaut der Tatbestände zwar identisch gefasst sein kann, aber nicht zwingend muss. Unabdingbar wäre daher eine hieraus folgende Auseinandersetzung mit der Frage, nach welchen Parametern denn eine Inhaltsgleichheit bestimmt werden kann. Indes, eine Konkretisierung dahingehend, welche Bestandteile der Tatbestände als inhaltlich übereinstimmend anzusehen sind oder vice versa, bei welchen es an inhaltlicher Kongruenz mangeln soll, erfolgt jedoch nicht. Ohne eine brauchbare Bestimmung dessen, was als inhaltlich vergleichbar gelten kann, wird aber die zur Voraussetzung gemachte Inhaltsgleichheit zu einer Leerformel und die Frage nach einem Rekurs auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung lediglich auf den Rechtsanwender im Einzelfall verlagert.

Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, Vor § 30 Rn. 26. Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 30 Rn. 1. 53  Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 30 Rn. 1; Kümmel, BeamtVG, § 30 Rn. 9; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, Vor § 30 Rn. 7. In diesem Punkt offenbar deutlich zurückhaltender Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 6, die ausführen, dass die „Auslegung der jeweiligen Bestimmungen“ separat voneinander erfolgen würde und auch „gleichlautende Vorschriften (…) in einem anderen gesetzlichen Kontext unterschiedliche Bedeutung haben“ könnten. 51 

52 

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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2.  Gedanke der Rechtseinheit Wenngleich die vorgenannten Ausführungen keinen Erkenntnisgewinn über das Verhältnis von Deckungsgleichheit einerseits und etwaiger Unterschiede andererseits hervorzubringen vermögen, so ergibt sich doch in der beamtenrechtlichen Literatur ein eindeutiges Bild hinsichtlich der Begründungsbedürftigkeit von Divergenzen. Die Notwendigkeit einer nachvollziehbaren Begründung für eine vom Arbeitsunfallrecht abweichende Auslegung des Dienstunfalltatbestandes wird gar explizit eingefordert. Im Vordergrund stehen hier Erwägungen unter den Gesichtspunkten von Rechtseinheit und Rechtssicherheit. So stellen exemplarisch Groepper/Tegethoff54 fest, dass dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung die Bedingung innewohne, dass eine divergierende Beurteilung der Rechtslage im Arbeits- und Dienstunfallrecht „sorgfältiger Prüfung und Begründung“ im konkreten Einzelfall bedürfe. Erforderlich sei gar ein „hohes Maß an übereinstimmenden Lösungsversuchen“.55 Ganz ähnlich und nicht minder deutlich findet sich diese Auffassung schon vor Jahrzehnten bei Schick56, der ausführte, dass es „im Interesse der Rechtseinheit und des Recht suchenden Bürgers“ stehe, dass die im Wesentlichen gleichlautenden Normierungen der Arbeits- und Dienstunfalltatbestände „nicht ohne Not“ unterschiedliche Auslegungsergebnisse nach sich ziehen dürften.57 Konkret dürften nach Schick Divergenzen in der tatbestandlichen Auslegung „nicht ohne unterschiedliche Interessenlage“ herbeigeführt werden.58 Diesen zentralen Gedanken aufgreifend, ist im Fortgang dieser Arbeit nun zu prüfen, ob für die herausgearbeiteten Abweichungen in den Tatbestandsauslegungen und die damit einhergehenden wechselseitigen Schlechterstellungen von den Sozial- und Verwaltungsgerichten Begründungen gegeben werden, die dem Erfordernis einer stichhaltigen Begründung genügen und einer kritischen Überprüfung standhalten.

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen Im folgenden Abschnitt soll die Judikatur des BVerwG und des BSG auf Ausführungen hin untersucht werden, die von den Gerichten in der Vergangenheit in Bezug auf die von der Rechtslage im jeweils anderen Gebiet abweichende Ausle-

Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 9. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 9, zudem mit Hinweis darauf, dass eine verwaltungsgerichtliche Instanzentscheidung, die von der Rechtsprechungslinie der Sozialgerichte zum Arbeitsunfallrecht abweicht, prozessualrechtlich regelmäßig eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe. 56  Schick, ZBR 1969, 65. 57  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 58  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 54  55 

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

gung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes gemacht worden sind. Wo es notwendig erscheint, wird die vorhandene Literatur in die Bewertung miteinbezogen.

I.  Zirkelschlüssige Begründungsansätze Als taugliche Begründungen scheiden von vorneherein zirkelschlüssige Argumentationsansätze aus. Unterschiede in der Rechtsprechung von BSG und B ­ VerwG bei identischem Lebenssachverhalt lassen sich nicht mit Verweis auf andere Divergenzen zwischen Arbeits- und Dienstunfallrecht begründen, die ihrerseits das ausschließliche Produkt einer unterschiedlichen Auslegung durch die Gerichte sind. Wenn beispielsweise Baumann59 die vom BVerwG vorgenommene Abgrenzung gegenüber der neueren Rechtsprechungslinie des BSG im Hinblick auf Wegeunfälle im öffentlichen Verkehrsraum für gerechtfertigt erachtet, weil schon die Divergenzen in der Rechtsprechung zum „dritten Ort“ die „wesentlichen Unterschiede“ zwischen gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge deutlich machen würden,60 so ist dies für sich genommen nicht schlüssig. Die unterschiedliche Rechtslage in Bezug auf den „dritten Ort“ ist schließlich bloß eine weitere auf die Rechtsprechung zurückgehende Divergenz. Sie kann daher nicht zugleich als Ursache für die Annahme „wesentlicher Unterschiede“ herangezogen werden. Auch das BSG lässt vereinzelt ähnlich unzulässige Argumentationsmuster erkennbar werden. Im Jahr 200461 führte der neunte Senat des Gerichts in einer Entscheidung, welche die Anerkennung eines Wegeunfalls nach dem SVG62 zum Gegenstand hatte, aus, dass die beamtenrechtliche Unfallfürsorge „im Wesentlichen“ der gesetzlichen Unfallversicherung entspräche, jedoch „im Einzelnen (…) anders ausgestaltet“ sei, wobei das Gericht beispielhaft auf die vom Unfallversicherungsrecht abweichende Rechtsprechung des BVerwG zum „dritten Ort“ verwies.63

II.  Dienstunfalltatbestand – „enger gefasst“? Eine Begründung für Divergenzen in der Auslegung des Arbeits- und Dienst­ unfalltatbestandes könnte in den tatbestandlichen Normierungen selbst zu finden sein. Dies mag anhand der im ersten Kapitel herausgearbeiteten Ähnlichkeit der Tatbestände zunächst fernliegend erscheinen. Doch ergibt die Auswertung der Kommentarliteratur zum BeamtVG, dass ein solcher Ansatz nicht nur in der äl-

Baumann, NVwZ 2014, 603. Baumann, NVwZ 2014, 603 (604). 61  BSG, Urt. v. 16. 12. 2004 – B 9 VS 1/04 R, BSGE 94, 133. 62  Gesetz über die Versorgung der ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz – SVG) v. 26. 7. 1957, BGBl. I S. 785. 63  BSG, Urt. v. 16. 12. 2004 – B 9 VS 1/04 R, BSGE 94, 133 (136). 59 

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B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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teren Literatur gefunden werden kann,64 sondern bis heute virulent ist. Groepper/ Tegethoff65 sowie Wilhelm66 verweisen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG darauf, dass der Dienstunfalltatbestand „enger gefasst“ sei als der Arbeitsunfalltatbestand. 1.  Urteile des BVerwG vom 16. 5. 1963, 24. 10. 1963 und 6. 7. 1965 Hier ist zunächst auf drei Urteile des BVerwG aus den 1960er-Jahren einzugehen. Die erste Entscheidung vom 16. 5. 196367 hatte den Wegeunfalltatbestand im nordrhein-westfälischen Landesrecht zum Gegenstand.68 Im Hinblick auf die Bestimmung der engen ursächlichen Verknüpfung des Weges mit dem Dienst verwies das BVerwG in dieser Entscheidung auf die bis dato ergangene Rechtsprechung des BSG zur „im wesentlichen gleichen Vorschrift“ des § 543 Abs. 1 S. 1 RVO.69 Zeitlich nur kurz darauf, in den Urteilen vom 24. 10. 196370 und 6. 7. 196571, schien sich das Gericht von der Annahme einer wesentlichen Vergleichbarkeit wieder entfernt zu haben. Die Richter konstatierten, dass der sozialversicherungsrechtliche Begriff des Arbeitsunfalls „weiter gefasst“ sei als der Tatbestand des Dienstunfalls. Im Speziellen bezog sich das BVerwG darauf, dass der damals in § 548 RVO72 normierte Arbeitsunfallbegriff von einer Schädigung „bei einer versicherten Tätigkeit“ ausging. In der Folge könne dieser nicht mit den engeren Voraussetzungen

64  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 184. 65  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 3, mit Verweis auf ältere Urteile des BVerwG. 66  Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, Vor § 30 Rn. 7. In dieselbe Richtung gehend wohl Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 31 Rn. 1, der ebenfalls unter Verweis auf das BVerwG davon ausgeht, dass die „in § 31 getroffenen Regelungen“ mit den Arbeitsunfallvorschriften der früheren RVO und des jetzigen SGB VII „nur zum Teil“ übereinstimmen würden. 67  BVerwG, Urt. v. 16. 5. 1963 – II C 27.60, BVerwGE 16, 103. 68  Die damalige landesgesetzliche Normierung des Dienstunfalltatbestandes in § 124 Abs. 1 LBG NRW enthielt gleichsam die Bestimmung, dass sich der Unfall „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ ereignet haben müsse. 69  BVerwG, Urt. v. 16. 5. 1963 – II C 27.60, BVerwGE 16, 103 (106). Eindeutiger formulierte diesen Ansatz im Schrifttum noch Spillner in einer Urteilsanmerkung zu einem den Wegeunfall betreffenden Urteil des BVerwG im Jahr zuvor, in welchem das Gericht auf die Rechtsprechung des BSG Bezug nahm, wenn er feststellt, dass die Rechtslage bezüglich des Wegeunfalls im Beamten- und Sozialrecht „die gleiche sei“, s. Spillner, DVBl. 1963, 331. 70  BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 71  BVerwG, Urt. v. 6. 7. 1965 – II C 39.63, BVerwGE 21, 307. 72  § 548 Abs. 1 S. 1 RVO (1964): „Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet“.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

des Dienstunfalls verglichen werden, der einen Unfall „in Ausübung oder infolge des Dienstes“73 voraussetze.74 2.  Urteil des BVerwG vom 4. 6. 1970 Wenige Jahre später folgte auf die genannten Entscheidungen das als grundlegend anzusehende Urteil vom 4. 6. 1970.75 In diesem hatte sich das BVerwG damit auseinanderzusetzen, inwieweit beim Wegeunfall die rechtliche Ausgangslage zwischen Unfallversicherung und Unfallfürsorge vergleichbar ist. Die Entscheidung basierte auf einem Sachverhalt, in dem ein Beamter im Jahr 1960 die Anerkennung eines auf seinem Heimweg vom Dienst erlittenen Unfalls als Wegeunfall begehrte. Der Kläger hatte bei dem fraglichen Ereignis kurzzeitig sein Kfz verlassen, um auf der gegenüberliegenden Straßenseite in einer Metzgerei einzukaufen, wobei er auf dem Rückweg zum Fahrzeug angefahren und verletzt wurde. Entscheidender Argumentationspunkt des Klägers war die zwischenzeitliche Rechtsprechungsänderung des BSG, wonach nur eine nach Art und Dauer erheblich ins Gewicht fallende Unterbrechung den inneren Zusammenhang beim Wegeunfall entfallen lassen sollte. Diese damals neue Ansicht des BSG sollte nach Auffassung des Beamten nunmehr zu einer Einstufung seines Unfalls als dienstunfallrechtlicher Wegeunfall führen. In der Instanz sah der bayerische VGH die Klage des Beamten als unbegründet an, da der Wegeunfall in der RVO im Hinblick auf die Abgrenzung zur eigenwirtschaftlichen Sphäre einer für den Betroffenen großzügigeren Auslegung zugänglich sei. Hingegen würde die bis dato ergangene strengere, räumlich und zeitlich scharf gezogene Rechtsprechung des BVerwG in unzulässiger Weise verwässert werden, würde man die BSG-Rechtsprechung auf den Wegeunfall im Unfallfürsorgerecht übertragen.76 Dieser Argumentation schloss sich das BVerwG nicht an und wandte sich gegen die Auffassung des VGH, dass die unfallversicherungsrechtlichen Normen zum Wegeunfall weiter auszulegen seien, als dies im Dienstunfallrecht zu geschehen habe. Zwar wiederholte das BVerwG seine These, dass der Arbeitsunfalltatbestand weiter gefasst sei.77 Dies aber gelte ausdrücklich nicht für den Wegeunfalltatbestand. Vielmehr seien die einschlägigen Vorschriften zum Wegeunfall in der gesetzlichen Unfallversicherung und in der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge „im

73  Vgl. die damals für den Dienstunfalltatbestand einschlägige Norm des § 135 Abs. 1 BBG. 74 BVerwG, Urt. v. 24. 10. 1963 – II C 10.62, BVerwGE 17, 59 (64 f.); dass., Urt. v. 6. 7. 1965 – II C 39.63, BVerwGE 21, 307 (309). 75  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 224. 76  In Ermangelung einer Veröffentlichung des VGH-Urteils s. hier die Wiedergabe des Verfahrensgangs bei BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 234. 77  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 234 (239). Später noch einmal wiederholt bei dass., Urt. v. 12. 7. 1972 – VI C 10.70, BVerwGE 40, 220 (222).

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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Wesentlichen inhaltsgleich“.78 Daher komme dem vom VGH Bayern postulierten Unterschied zwischen der Auslegung des Arbeitsunfalltatbestandes durch die Sozialgerichte und derjenigen des Dienstunfalls durch die Verwaltungsgerichte „keine Bedeutung“ zu.79 Den Wegeunfall betreffende Fragestellungen seien nach der Auffassung des BVerwG in diesem Urteil vielmehr „nach gleichen rechtlichen Erwägungen“ zu beurteilen, welche eine weitgehende Übereinstimmung von sozialund verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zum Resultat habe.80 Diese „wesentliche Inhaltsgleichheit“ in Bezug auf den Wegeunfalltatbestand ist vom BVerwG noch in späteren Urteilen aufgegriffen worden.81 Sie findet sich vereinzelt bis heute in verwaltungsgerichtlichen Urteilen, wenn es um die Übertragbarkeit der höchstsozialrichterlichen Rechtsprechung auf das Dienstunfallrecht geht.82 3. Bewertung Die damalige Argumentation des BVerwG mag aus heutiger Sicht insoweit erstaunen, als dass das Gericht sich beim Dienstzusammenhang im Laufe der Zeit selbst für eine Rechtsprechungslinie entschieden hat, die unter Verweis auf die räumlich-zeitlichen Kriterien von Dienstort und Dienstzeit keine vergleichbar enge Verknüpfung einfordert, wie dies im Rahmen der objektivierten Handlungstendenz in der gesetzlichen Unfallversicherung der Fall ist. Dessen unbenommen könnte der damalige Verweis des BVerwG auf den Arbeitsunfalltatbestand in der RVO zunächst einmal durchaus plausibel erscheinen und die Formulierung „bei einer versicherten Tätigkeit“ insinuieren, dass der Kreis der versicherten Tätigkeit in der Unfallversicherung großzügiger zu bestimmen sein könnte. Doch ist eine solche Interpretation spätestens mit Einführung des SGB VII im Jahre 1997 obsolet geworden. Seither setzt der Arbeitsunfalltatbestand in § 8 Abs. 1 SGB VII voraus, dass sich das schädigende Ereignis nicht „bei“, sondern „infolge“ einer unter Unfallversicherungsschutz stehenden Tätigkeit zugetragen hat. Der Begründung zum Entwurf des UVEG vom 24. 8. 1995 lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Wort „infolge“ bewusst in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII anstelle des früheren „bei“ integrieren wollte, um die Notwendigkeit eines ursächlichen inneren Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und Unfall auch im Wortlaut stärker kenntlich zu machen.83 Damit bleibt für eine an den Gesetzeswortlaut angelehnte

78  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 234 (239), unter Bezugnahme auf das oben dargestellte Urteil vom 16. 5. 1963. 79  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 234 (239). 80  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II. C 39.68, BVerwGE 35, 234 (240). 81  BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 2 f. 82  s. zB VG Ansbach, Urt. v. 30. 1. 2007 – AN 1 K 06.02532, juris Rn. 29. 83  BT-Drucks. 13/2204, S. 77: „Die Vorschrift definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das geltende Recht (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO) und übernimmt den Unfallbegriff aus der Rechtsprechung. Das Wort „infolge“ in Satz 1 solle „deutlicher als das bisherige ,bei‘ zum

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Auffassung, der Tatbestand des Arbeitsunfalls sei vom Gesetzgeber „weiter gefasst“ als derjenige des Dienstunfalls, freilich kein Raum mehr. Doch sind darüber hinaus erhebliche Zweifel angebracht, ob dieses vom ­ VerwG­früher vertretene Argument jemals zutreffend gewesen ist. Wäre dies der B Fall gewesen, hätte sich mit Schaffung des § 8 Abs. 1 SGB VII auch die Rechtslage im Arbeitsunfallrecht ändern müssen. Soweit der Gesetzgeber 1997 angemerkt hat, dass mit der Substitution von „bei“ durch „infolge“ die Notwendigkeit eines „inneren Zusammenhangs“ deutlicher zum Ausdruck gebracht werden solle, lässt dies nicht darauf schließen, dass er davon ausging, die Sozialgerichte mögen fortan einen strengeren Maßstab an den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit anlegen. Es liegt weitaus näher, dass der Gesetzgeber hiermit sein Einverständnis mit den zuvor in langjähriger Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum „inneren Zusammenhang“ zum Ausdruck gebracht hat. Es handelte sich demnach um eine Präzisierung des Wortlauts im Hinblick auf die geltende Rechtslage, nicht aber um eine Verschärfung des Zurechenbarkeitserfordernisses.84 Diese Änderung der Tatbestandsfassung bei Einführung des SGB VII ist in der dienstunfallrechtlichen Kommentarliteratur indes kaum rezipiert worden.85 Zudem spricht einiges dafür, dass das BVerwG nach seinem Urteil vom 4. 6. 1970 selbst nicht mehr von der dargestellten Argumentationslinie überzeugt war. In seinem Urteil vom 12. 7. 197286 lehnte es die Übertragung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Gewährung von Unfallschutz beim Lohnempfang außerhalb der Arbeitszeit ab. Das Gericht rekurrierte dabei auf entgegenstehende „durchgreifende rechtssystematische Bedenken“ und darauf, dass es keinen „hergebrachten beamtenrechtlichen Grundsatz“ gebe, der es unfallrechtlich erforderlich machen würde, Beamte in jeder Hinsicht Arbeitnehmern in der gesetzlichen Unfallversicherung gleichzustellen.87 Dies lässt sich als Perspektivwechsel des Gerichts auffassen. Nunmehr rechtfertigt es eine divergierende Beurteilung nicht mehr mit einer sich aus dem Wortlaut ergebenden Notwendigkeit, sondern nur mehr abstrakt damit, dass es nicht dazu angehalten sei, Beamten dieselbe Absicherung wie Arbeitnehmern zukommen zu lassen. Den Hinweis auf einen fehlenden beamtenrechtlichen Grundsatz einer unfallrechtlichen Gleichstellung von BeamAusdruck bringen, dass für die Annahme eines Arbeitsunfalls ein ursächlicher innerer Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit erforderlich“ sei. 84  Dies wird auch in der Rechtsprechung und Literatur so gesehen, s. bspw. BSG, Urt. v. 7. 11. 2000 – B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 S. 14 f.; Igl/Welti, Sozialrecht, § 40 Rn. 6: „Die Rechtslage wurde dadurch nicht geändert, sondern nur verdeutlicht“. 85  Brockhaus geht auf die dargestellte Änderung ein und konstatiert, dass der Arbeitsunfallbegriff in § 8 SGB VII nunmehr „enger“ gefasst sei als in § 548 Abs. 1 RVO, jedoch ohne der Frage nachzugehen, ob es hierdurch zu einer Änderung der BSG-Rechtsprechung gekommen ist, s. Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 31 Rn. 3. 86  BVerwG, Urt. v. 12. 7. 1972 – VI C 10.70, BVerwGE 40, 220. 87  BVerwG, Urt. v. 12. 7. 1972 – VI C 10.70, BVerwGE 40, 220 (222).

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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ten und Arbeitnehmern im allgemeinen Wirtschaftsleben hat das BVerwG bis in die jüngere Zeit als wiederkehrende Konstante beibehalten.88 4. Fazit Der Wortlaut der Grundtatbestände liefert entgegen früherer Auffassung des BVerwG keinen überzeugenden Anhaltspunkt dafür, die Reichweite des Dienstunfallschutzes abweichend von der Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung zu bestimmen. Sofern in der Literatur diese Ansicht noch tradiert wird, ist diese spätestens und jedenfalls mit der Überführung der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB VII obsolet geworden.

III.  Wegeunfall in § 31 Abs. 2 BeamtVG – zurückhaltend auszulegen? In seiner gegenwärtigen Rechtsprechung verweist das BVerwG unter verschiedenen Gesichtspunkten darauf, dass die Auslegung des Wegeunfalltatbestands gemäß § 31 Abs. 2 BeamtVG in zurückhaltender Weise zu geschehen habe. Ob die vom Gericht in diesem Rahmen angeführten Argumentationsansätze dazu geeignet sein könnten, eine sich von § 8 Abs. 2 SGB VII unterscheidende Auslegung vorzunehmen, gilt es im Folgenden zu untersuchen. 1.  Urteil vom 27. 5. 2004 zum „dritten Ort“ Im Urteil vom 27. 5. 200489 lehnte das BVerwG eine mit der Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung korrespondierende Anerkennung eines „dritten Ortes“ als Anfangs- bzw. Endpunkt für den geschützten Weg ab. Es stellte klar, dass abseits der in § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG gesondert normierten Ausnahmefälle ein Abweichen des Beamten vom unmittelbaren Weg zwischen Dienststelle und Wohnung zwangsläufig den Verlust des Wegeunfallschutzes bedeute.90 Das ­BVerwG führte aus, dass ein anderer Anfangs- oder Endpunkt als die Wohnung des Beamten im Dienstunfallrecht, vorbehaltlich einer Änderung durch den Gesetzgeber, nicht in Betracht komme. § 31 Abs. 2 BeamtVG und § 8 Abs. 2 SGB VII würden sich „insoweit unterscheiden“.91 Eine nähere Bestimmung dieses postulier88  BVerwG, Beschl. v. 13. 1. 1978 – VI B 57.77, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59 S. 10, zur Anerkennung der Krankheit multiple Sklerose als Berufskrankheit; dass., Beschl. v. 29. 7. 1987 – 2 B 65.87, juris Rn. 7, zum Wegeunfall; dass., Beschl. v. 12. 9. 1995 – 2 B 61.95, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1, zur Verfassungsmäßigkeit der enumerativen Festlegung von Berufskrankheiten; dass., Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360, zum Dienstunfall in einer privaten Garage. 89  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67. 90  s. oben unter Erstes Kap. B. II. 4. 91  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (69).

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

ten Unterschieds unter vergleichender Bezugnahme auf den Wortlaut der beiden Normen nahm das Gericht indes nicht vor. 2. Bewertung Wenn das BVerwG die Anerkennung eines „dritten Ortes“ im Dienstunfallrecht mit der Begründung verneint, dass sich die Norm des § 31 Abs. 2 BeamtVG von § 8 Abs. 2 SGB VII unterscheiden würde, so überrascht dies zunächst vor dem Hintergrund, dass es im Urteil vom 4. 6. 1970 noch davon ausging, dass sich die Beurteilung des Wegeunfalltatbestandes nach identischen rechtlichen Kriterien zu vollziehen habe. Zum damaligen Zeitpunkt war es der Auffassung, dass sich die Rechtslage in diesem Punkt gerade nicht gegenüber derjenigen in der gesetzlichen Unfallversicherung abgrenzen lasse.92 Hier änderte das Gericht offenbar seine Betrachtungsweise.93 Schon im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut vermag die Ansicht des BVerwG dabei nicht zu überzeugen. Sowohl in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII als auch in § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG ist vom Weg „nach und von“ der versicherten Tätigkeit bzw. der Dienststelle die Rede. Dass es sich beim Anfangs- und Endpunkt dieses Weges grundsätzlich um die Wohnung des Arbeitnehmers bzw. des Beamten handeln muss, lässt sich weder dem SGB VII noch dem BeamtVG eindeutig entnehmen.94 Beide Normen sind ihrem Wortlaut nach theoretisch dafür offen, in einer Weise ausgelegt zu werden, nach welcher jeder Ort, den sich der Arbeitnehmer oder Beamte als Anfangs- oder Zielort wählt, als Beginn oder Ende der abgesicherten Strecke anerkannt werden könnte. Dass in beiden Rechtsgebieten heute grundsätzlich auf die Wohnung des Betroffenen abgestellt wird, ist die Folge einer langjährigen Rechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG. Nicht anders aber ist in logischer Folge auch die Anerkennung eines hiervon abweichenden Ortes als Ausgangs- und Endpunkt des Weges ein genuines Produkt der Rechtsprechung des BSG, gleichsam wie dessen Nichtanerkennung durch das BVerwG. Dass das BVerwG hier im Gegensatz zum BSG von der exzeptionellen Berücksichtigung eines „dritten Ortes“ absieht, lässt sich daher jedenfalls nicht schlüssig darauf zurückführen, dass § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII eine extensivere Auslegung vorgeben würde, als dies bei § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG der Fall ist. 92 

s. soeben unter 2. Kap. B. II. 2. rekurrierte das BVerwG auch im Urteil vom 27. 5. 2004 zur Auslegung anderer Tatbestandsmerkmale fürderhin auf die Rechtsprechung des BSG, so bei dem Erfordernis des „unmittelbaren Weges“ wie auch zum Problemkomplex des Umweges und der eigenwirtschaftlichen Unterbrechung BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (71 f.). 94  Auch in der BeamtVGVwV findet sich für § 31 Abs. 2 BeamtVG keine Klarstellung, sondern es wird auf die Haustürgrenze verwiesen, ohne dass diese zwingend in Bezug zur eigenen Wohnung des Beamten gesetzt wird. Vgl. Tz. 31. 2. 1 BeamtVGVwV: „Der Weg nach und von der Dienststelle (…) beginnt und endet an der Haustür“. 93  Nichtsdestotrotz

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die Grundtatbestände des Wegeunfalls in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG in ihrem systematischen Kontext betrachtet. Ein Rückschluss von § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BeamtVG95, wonach auch der Weg von und zu einer sich nahe des Dienstorts befindlichen Unterkunft abgesichert ist, wenn der Beamte aufgrund der großen Entfernung zu seiner Familienwohnung dazu gezwungen ist, sich eine solche zu nehmen, mag durchaus dazu taugen, für § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BeamtVG die Familienwohnung des Beamten als den vom Gesetzgeber intendierten Normalfall zu interpretieren. Hierauf aufbauend einen Unterschied zu § 8 Abs. 2 SGB VII begründen zu wollen, kann aber wegen der mit § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BeamtVG inhaltsgleichen Norm des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII96 nicht überzeugen. Der Hinweis des BVerwG darauf, dass der Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 S. 2 BeamtVG bestimmte Abweichungen vom unmittelbaren Weg von und nach der Wohnung des Beamten in den Wegeunfallschutz miteinbezogen habe und es für jegliche darüber hinausgehenden Abweichungen eines Tätigwerdens des Gesetzgebers bedürfe,97 entpuppt sich bei einem Vergleich mit § 8 Abs. 2 SGB VII gleichsam als ungeeignet dafür, eine Unterschiedlichkeit der Normen zu begründen. Auch die Regelungen in § 8 Abs. 2 Nr. 2–4 SGB VII bewirken funktionell eine Ausweitung des Wegeunfallschutzes auf Konstellationen, die nicht bereits unter den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fallen, deren Einbeziehung in den Unfallschutz dem Gesetzgeber aber als sozial gerechtfertigt und sinnvoll erschien.98 Ein vom BVerwG erkannter Unterschied zwischen § 31 Abs. 2 BeamtVG und § 8 SGB VII lässt sich nach alledem weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzessystematik überzeugend ableiten. Das Gericht projiziert die selbst herbeigeführte Divergenz auf den Gesetzgeber. 3.  Urteil des BVerwG vom 27. 1. 2005 zum Unfallschutz in der Garage Zeitlich an die oben dargelegte Rechtsprechung zum „dritten Ort“ anknüpfend, ist das BVerwG dazu übergegangen, bei der Auslegung des Wegeunfalltatbestandes in § 31 Abs. 2 BeamtVG zu konstatieren, dass dieser zurückhaltend auszulegen sei, um eine Ausdehnung der Absicherung „auf die im Wesentlichen vom Beamten

95  § 31 Abs. 2 S. 1 Hs. 2: „(…); hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Halbsatz 1 auch für den Weg von und nach der Familienwohnung“. 96  § 8 Abs. 2 SGB VII: „Versicherte Tätigkeiten sind auch (…) (Nr. 4:) das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben (…)“. 97  BVerwG, Urt. v. 27. 5. 2004 – 2 C 29.03, BVerwGE 121, 67 (71). 98  Ziegler, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, § 8 Rn. 260.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

beherrschten privaten Lebensbereiche“ zu verhindern.99 Als Ausgangspunkt darf das Urteil des Gerichts vom 27. 1. 2005 angesehen werden.100 Dieses wird seitdem auch in der Rechtsprechung der verwaltungsgerichtlichen Instanzgerichte regelmäßig aufgegriffen.101 Das BVerwG führt an, dass die bloß fiktive Gleichstellung des Wegeunfalls mit dem Dienstunfalltatbestand sowie dessen Charakter als sozialpolitisch motivierte Ausnahmeregelung seitens des Gesetzgebers, die den Beamten vor den weder von ihm noch vom Dienstherrn beeinflussbaren Risiken des öffentlichen Straßenverkehrs schützen solle, eine restriktive Interpretation des Wegeunfalltatbestandes gebieten würden.102 Zwar legte das BVerwG nicht expressis verbis dar, dass diese „restriktive Auslegung“ im Unfallversicherungsrecht vergleichsweise nicht geboten sei. Doch lässt der Kontext des Urteils erahnen, dass das Gericht mit diesen Ausführungen eine Begründung dafür zu geben versucht, warum dem Beamten im Kontrast zum Arbeitnehmer in gleicher Situation die Anerkennung eines Wegeunfalls versagt bleibt.103 4. Bewertung Sowohl der Verweis auf die bloß fiktionale Gleichstellung des Wegeunfalls im Dienstunfallrecht als auch der Hinweis auf dessen exzeptionellen Charakter als sozialpolitische Maßnahme sind daraufhin zu untersuchen, ob sie die Grundlage für eine engere Auslegung des Wegeunfalls in der Unfallfürsorge im Vergleich zur gesetzlichen Unfallversicherung bilden könnten. a)  Fiktionale Gleichstellung Voraussetzung für die Überzeugungskraft dieses Arguments wäre die Existenz eines rechtstheoretischen Grundsatzes dergestalt, dass die fiktionale Gleichstellung ein qualitatives Minus gegenüber der unmittelbaren Miteinbeziehung in die Ausgangsnorm darstellt. Hieran muss gezweifelt werden. Überzeugend kritisiert Leube104 an der Argumentation des BVerwG, dass es dem Wesen der Fiktion als Rechtsinstitut gerade eigen sei, dass sie eine vollständige Gleichstellung gegenüber 99  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (362). Sinngemäß aufgegriffen durch dass., Urt. v. 26. 11. 2013 – 2 C 9.12, NVwZ-RR 2014, 423 (424); dass. Urt. v. 10. 12. 2013 – 2 C 7.12, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 27 Rn. 7. s. auch schon oben Erstes Kap. B. I. 1. b). 100  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360. 101  Vgl. statt vieler OVG Saarland, Urt. v. 26. 11. 2008 – 1 A 44/08, juris Rn. 39; VGH Bayern, Beschl. v. 19. 3. 2012 – 3 B 11.8, juris Rn. 13. 102  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360. 103  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363): Gegenstand des Urteils war die Nichtanerkennung eines Dienstwegeunfalls in einer privaten Garage. 104  Leube, ZTR 2012, 682 (687).

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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dem Tatbestand bewirke, auf den verwiesen wird.105 Sofern man grundsätzlich von der Annahme ausgeht, dass die gesetzlichen Regelungen zum Wegeunfalltatbestand in Unfallversicherung und Unfallfürsorge im Wesentlichen inhaltsgleich sind, lässt sich eine restriktivere Auslegung der Tatbestandsanforderungen in der Unfallfürsorge jedenfalls nicht auf die in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG zu findende Verweisungstechnik der Fiktion stützen.106 Auch unbenommen rechtstheoretischer Betrachtungen gibt ein Blick auf die gesetzgeberische Entwicklung im Dienstunfallrecht Anlass zur Skepsis gegenüber der Argumentation des BVerwG. Bei Einführung des Wegeunfalltatbestandes in das DBG107 im Jahre 1941 wurde die entsprechende Passage im damals einschlägigen § 107 Abs. 2 Nr. 3 DBG108 als Fiktion ausgestaltet. In der noch jungen Bundesrepublik sah ein früher Entwurf für ein BBG109 die bloß fiktive Einbeziehung des Weges in den Dienst vor. Ohne nähere Ausführungen beinhaltete demgegenüber der spätere Entwurf der Bundesregierung vom 19. 11. 1951110, dessen einschlägiger § 132 Abs. 2 Nr. 1 BBG111 der späteren Gesetzesfassung entsprach, eine unmittelbare Einbeziehung des Weges von und zur Dienststelle in den Dienst. Mit der Substitution des § 132 Abs. 2 Nr. 1 BBG durch die bis heute einschlägige Normierung in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG fand ein erneuter Wechsel zur im BBG-Entwurf angedachten gesetzlichen Fiktion statt. Auch bei der Verabschiedung des BeamtVG sah sich der Gesetzgeber nicht dazu veranlasst, Ausführungen über eine mit dieser Modifikation der rechtstechnischen Ausgestaltung etwaig verfolgte Absicht zu machen.112 Der Schluss liegt nahe, dass es sich bei der Wahl der fiktionalen Gleichstellung um eine Koinzidenz handelt. Die Gleichstellung im Wege der Fiktion mag man unter den Gesichtspunkten von Funktionalität und gesetzesgestalterischer Ästhetik unterschiedlich bewerten können. Die These, der Gesetzgeber könnte die Intention verfolgt haben, auf diesem Wege die Verwaltungsgerichte zu einer zurückhaltenden Auslegung des Wegeunfalltatbestandes anzuhalten, lässt sich nicht Leube, ZTR 2012, 682 (687) m.w.N. Leube, ZTR 2012, 682 (687). 107  Deutsches Beamtengesetz v. 26. 1. 1937, RGBl. I S. 39. 108  § 107 Abs. 2 Nr. 3 DBG (1941): „(…) Das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle gilt als Dienst“. Der identische Wortlaut findet sich in der Bundesfassung des Deutschen Beamtengesetzes v. 30. 6. 1950, BGBl. I S. 279. 109  s. den Entwurf eines Bundesbeamtengesetzes des Abgeordneten Nowacks (u.a.), BTDrucks. 1/618, S. 33: § 109 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs lautete: „(…) Das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle gilt als Dienst“. Ausführlich zu diesem frühen Entwurf und zur weiteren Entstehungsgeschichte des BBG Wengst, Beamtentum zwischen Reform und Tradition, 1988, S. 253 ff. 110  Vgl. BT-Drucks. 1/2846, S. 20, 50. 111  § 135 Abs. 2 BBG: „Zum Dienst gehören auch (…) Nr. 2: das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. (…)“. 112  Vgl. den Entwurf zum BeamtVG v. 26. 8. 1974, BT-Drucks. 7/2505, S. 50. 105 

106 

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

überzeugend aufrechterhalten. Dies zumal sich eine ähnliche Entwicklung auf dem Gebiet der Berufskrankheiten vollzogen hat. Waren diese in § 135 Abs. 3 BBG113 noch als Dienstunfall angesehen worden, so sieht § 31 Abs. 3 BeamtVG114 eine bloß fiktionale Gleichstellung mit dem Dienstunfalltatbestand vor, ohne dass der Gesetzgeber sich bei Schaffung des BeamtVG 1977 hierzu geäußert hätte. Zu keiner anderen Bewertung führt ein vergleichender Blick auf die Rechtsentwicklung im Unfallversicherungsrecht. Lässt man sich auf das Argument des BVerwG ein, dass allein die bloß fiktionale Gleichstellung eine restriktivere Auslegung insinuieren würde, so wäre umgekehrt mit Einführung des SGB VII eine Änderung der Rechtsprechung des BSG zu erwarten gewesen. Mit der Eingliederung der Unfallversicherung in das SGB hat der Gesetzgeber die ursprünglich fiktionale Gleichstellung des Wegeunfalltatbestandes in § 550 Abs. 1 RVO115 mit dem Grundtatbestand im Rahmen der neuen Vorschrift des § 8 Abs. 2 SGB VII nicht mehr beibehalten.116 Doch sah auch das BSG keine Veranlassung, auf dem Gebiet des Wegeunfalls nunmehr punktuell eine Ausweitung der versicherten Wege vorzunehmen. Im Gegenteil ging der Unfallversicherungssenat von der fortwährenden Anwendbarkeit der zuvor zur RVO ergangenen Rechtsprechungslinie aus, soweit einer Kontinuität nicht explizit materiell rechtliche Änderungen entgegenstünden.117 Für ein anderes Vorgehen des BSG lieferte der Gesetzgeber im Übrigen gar keinen Anlass. Vergleichbar mit der Entwicklung im Dienstunfallrecht erschien dem Gesetzgeber in der Begründung zum UVEG der Abschied von der gesetzlichen Fiktion in § 550 Abs. 1 RVO nicht erwähnenswert.118 Zu erwähnen ist auch, dass sich der Hinweis des BVerwG auf die bloß fiktive Zurechnung des Weges zum Dienst nicht mit dem Urteil des Gerichts vom 4. 6. 1970119 in Übereinstimmung bringen lässt. Damals führte das Gericht aus, dass die Anerkennung eines Wegeunfalls in der Unfallversicherung wie in der Unfallfürsorge den identischen rechtlichen Wertungen unterliegen würde,120 obgleich die einschlägige Dienstunfallnorm sich damals von der Regelung in der RVO dahinge113  § 132 Abs. 3 BBG (1953): „Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten übertragbaren Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so liegt ein Dienstunfall vor. (…)“. 114  § 31 BeamtVG (1977): „Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies als Dienstunfall, (…)“. 115  § 550 Abs. 1 RVO: „Als Arbeitsunfall gilt auch ein Unfall auf einem mit den in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit“. 116  Hierauf hinweisend noch während des damaligen Gesetzgebungsverfahrens Graeff, SGb 1996, 297 (299). 117  Hierzu BSG, Urt. v. 14. 12. 1999 – B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1 S. 2. 118  Vgl. BT-Drucks. 13/2204, S. 77. 119  BVerwG, Urt. v. 4. 6. 1970 – II C 39.68, BVerwGE 35, 234. 120  s. oben unter Zweites Kap. B. I. 2.

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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hend unterschied, dass es sich nicht um eine bloß fiktionale Einbeziehung handelte. Das BVerwG sah sich damals gar nicht erst dazu veranlasst, zu thematisieren, ob eine unterschiedlich strenge Prüfung geboten sein könnte.121 Schlussendlich zeigt der Vergleich mit dem Unfallversicherungsrecht noch ein weiteres. Das BVerwG hält die Auslegung des Wegeunfalltatbestandes nicht in jeder Hinsicht durch. Während es beim Unfall in der privaten Garage versucht, die Risikosphäre des Dienstherrn eng zu fassen und den Beamten damit im Ergebnis schlechter stellt als den Arbeitnehmer, ergibt sich bei der Konstellation des Unfalls im öffentlichen Verkehrsraum, wie im ersten Kapitel gezeigt,122 ein konträres Bild. b)  Sozialpolitischer Hintergrund Das BVerwG nimmt wiederholt Bezug auf den sozialpolitischen Ausnahmecharakter des Dienstwegeunfalls. Die Richtigkeit dieser Aussage steht außer Zweifel. Als Argument für eine im Vergleich zum Arbeitsunfallrecht zurückhaltendere Gewährung von Wegeunfallschutz könnte diese Feststellung freilich nur unter der Annahme taugen, dass es sich bei der Einbeziehung des Wegeunfalls in die gesetzliche Unfallversicherung nicht um eine exzeptionelle sozialpolitische Maßnahme gehandelt habe. Doch ist gerade dies der Fall. In der gesetzlichen Unfallversicherung stellte die im Jahre 1925 vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung, den Unfallversicherungsschutz auf die Wege von und nach dem Ort der versicherten Tätigkeit auszudehnen, ein im Grunde systemwidriges Novum dar. Die Einbeziehung bedeutete im strengen Sinne auch eine Abkehr vom ursprünglichen Prinzip der Unfallversicherung, den Unternehmer von einer Haftung für Unfälle freizustellen, die sich speziell aus den Gefahren in seinem Betrieb ergeben.123 Durch die Erstreckung des Unfallversicherungsschutzes auf den Weg von und zur Arbeitsstelle erfolgte, wie Gitter124 es beschrieb, eine Erweiterung des sozialen Schutzes des Arbeitnehmers zulasten des Unternehmers, obwohl letzterer die straßenverkehrsbedingten Risiken weder vermindernd gestalten noch sonst in irgendeiner Form beeinflussen kann. Die raison d’être des Wegeunfallschutzes wird daher traditionell darin gesehen, den Arbeitnehmer dafür zu entschädigen, dass er sich, um seiner fremdnützigen Arbeit nachgehen zu können, gezwungenermaßen den

121  Eben auf diese Tatsache, dass der frühere Unterschied zwischen § 135 Abs. 2 Nr. 2 BBG und § 543 Abs. 1 RVO zur damaligen Zeit keine Beachtung fand, weist auch Leube, ZTR 2012, 682 (687), ausdrücklich hin. 122  s. oben unter Erstes Kap. B. III. 4. e). 123  Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 190; Wagner, in: Schlegel/Voelzke/Brandenburg, SGB VII, § 8 Rn. 177. Ausführlich zur gesetzgeberischen Entwicklung Kranig/ Aulmann, NZS 1995, 203 (204 ff.), sowie zur vergleichenden Darstellung der Wegeunfallregelungen in anderen Rechtsordnungen und zu sozialpolitischen Reformvorschlägen dies., NZS 1995, 255 ff. 124  Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 61.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Gefahren des Straßenverkehrs aussetzen muss.125 Ebenso wie das BVerwG für die Dienstunfallfürsorge sehen das BSG126 und das BAG127 im Wegeunfalltatbestand der Unfallversicherung eine gesetzgeberische Maßnahme, die dem Interesse an einer erhöhten sozialen Absicherung des Arbeitnehmers dient und demzufolge sozialpolitisch motiviert ist. Das BVerwG128 und die beamtenrechtliche Literatur129 selbst verkennen nicht, dass die jeweilige Einbeziehung des Wegeunfalls in die unfallschutzbezogene Absicherung letztlich auf identischen Erwägungen beruht. Ein „Minus“ in der Absicherung des Beamten beim Wegeunfall lässt sich daher auch nicht damit schlüssig begründen, dass „sozialpolitische Erwägungen“ eine restriktive Auslegung erforderlich machen würden. 5. Fazit Eine zurückhaltende Auslegung des Wegeunfalltatbestandes im Dienstunfallrecht im Vergleich zur gesetzlichen Unfallversicherung, wie sie sich beispielhaft in der Nichtanerkennung eines „dritten Ortes“ manifestiert, lässt sich weder mit gesetzessystematischen noch aus sozialpolitischen Erwägungen schlüssig begründen. Die bloß fiktionale Gleichstellung des Wegeunfalls in § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG mit dem Tatbestand des Dienstunfalls gibt eine restriktive Auslegung keineswegs vor. Die sozialpolitischen Gründe, die zu einer Einbeziehung des Weges von und zur Arbeitsstelle in den Schutzbereich der beiden Absicherungssysteme geführt haben, unterscheiden sich nicht voneinander. Darüber hinaus steht die fortwährend großzügige Gewährung von Wegeunfallschutz im öffentlichen Verkehrsraum zu dem Ansinnen des BVerwG, die Risikosphäre des Dienstherrn nicht übermäßig weit auslegen zu wollen, tendenziell in einem inneren Widerspruch.

IV.  Finanzierung, Versicherungsprinzip und Entstehungsgeschichte als Ansatzpunkte? Wenn es nach den bisherigen Ausführungen nicht zu überzeugen vermag, eine unterschiedliche Auslegung von Arbeits- und Dienstunfalltatbestand anhand der tatbestandlichen Wortlautfassung, der gesetzestechnischen Ausgestaltung oder dem sozialpolitischen Telos festzumachen, müsste es Gründe geben, die einem grundsätzlicheren Ansatzpunkt entspringen. Hierfür könnte neben der Rechtsprechung des BVerwG auch die des BSG Anhaltspunkte liefern. 125 Vgl. statt vieler Müller-Oberthür, Zurechnungsprobleme im Arbeitsunfallrecht, 1978, S. 52 f. 126  BSG, Urt. v. 25. 10. 1989 – 2 RU 26/88, SozR 2200 § 548 Nr. 96 S. 272. 127  BAG, Urt. v. 14. 12. 2000 – 8 AZR 92/00, NJW 2001, 2039. 128  BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363), mit Verweis des Gerichts auf das zitierte Urteil des BAG. 129  Reich, BeamtVG, § 31 Rn. 10.

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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1.  Urteile des BSG Grundlegende Einlassungen des BSG im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Beamtenunfallfürsorge mit der gesetzlichen Unfallversicherung, gar Entscheidungen, in denen diese unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung den hauptsächlichen Gegenstand gebildet hätten, existieren bislang nicht. Bisweilen finden sich in verschiedenen Entscheidungen kürzere Ausführungen des Gerichts zu diesem Sujet. a)  Urteil des BSG vom 21. 9. 1967 Am bislang ausführlichsten beschäftigte sich das BSG mit Unterschieden zwischen Unfallversicherung und Unfallfürsorge im Urteil vom 21. 9. 1967130. Gegenstand der Entscheidung waren nicht divergierende Tatbestandsauslegungen, sondern die Rückwirkung im Recht der Berufskrankheiten. Der klagende Eisenbahner erstrebte die Anerkennung einer im Laufe seiner Arbeitsjahre erlittenen Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit. Die in den Jahren der Schädigung geltende 5. BKVO131 beinhaltete im Gegensatz zur späteren 6. BKVO132 ein solches Krankheitsbild noch nicht. Einen zentralen Gedanken des Klagevorbringens bildete die Tatsache, dass in der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge eben jene Rückwirkung später anerkannter Berufskrankheiten erfolgte, die von den Sozialgerichten für die gesetzliche Unfallversicherung abgelehnt wurde.133 Das BSG befand in diesem Urteil, dass sich die gesetzliche Unfallversicherung und die beamtenrechtliche Unfallfürsorge „hinsichtlich ihrer Grundlagen, ihrer wesentlichen Merkmale und ihrer Zielsetzung erheblich unterscheiden“ würden.134 Zur Unterlegung dieser Betrachtungsweise verwiesen die Richter darauf, dass die gesetzliche Unfallversicherung einen „Teil des Gesamtsystems der Sozialversicherung“ darstelle.135 Kennzeichnend hierfür sei, dass Leistungen in Abhängigkeit vom Eintritt eines definierten Versicherungsfalls gewährt werden und die hierfür notwendigen finanziellen Ressourcen aus dem Kreis der Beitragspflichtigen bereitgestellt werden, also den in den Berufsgenossenschaften zusammengeschlossenen Unternehmern, 130 

BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. Verordnung über Ausdehnung der gesetzlichen Unfallversicherung auf Berufskrankheiten (Fünfte Berufskrankheiten-Verordnung – 5. BKVO) v. 26. 7. 1952, BGBl. I S. 395. 132  Sechste Verordnung über Ausdehnung der gesetzlichen Unfallversicherung auf Berufskrankheiten (Sechste Berufskrankheiten-Verordnung – 6. BKVO) v. 28. 4. 1961, BGBl. I S. 505. 133  In Ermangelung einer Veröffentlichung der Urteile des sozialgerichtlichen Instanzenzugs s. für die ausführliche Wiedergabe des Sachverhalts, der zum damaligen Zeitpunkt einschlägigen Normen im Berufskrankheitenrecht und der Klagebegründung bei BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. 134  BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. 135  BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. 131  Fünfte

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

denen hierfür eine weitgehende Haftungsfreistellung zugutekomme.136 Im Kontrast zur gesetzlichen Unfallversicherung gründeten sich die Leistungen der Beamtenunfallfürsorge, ebenso wie die Besoldung und Versorgung der Beamten, auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie das gegenseitige Treueverhältnis.137 b)  Urteil des BSG vom 18. 11. 2008 Im Urteil vom 18. 11. 2008138 begründete das BSG die Nichtübertragbarkeit der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg zum Dienstunfallschutz im Schullandheim auf das Arbeitsunfallrecht.139 Hinsichtlich eines angestellten Lehrers könne, im Gegensatz zum verbeamteten Lehrer in der Dienstunfallfürsorge, nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass dieser rund um die Uhr unter Unfallversicherungsschutz stehe. Das BSG bemühte sich erkennbar um eine Differenzierung. Es führte diesbezüglich aus, dass es zwischen der gesetzlichen Unfallversicherung und der Beamtenunfallfürsorge zwar „gewisse Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung“ gebe, aber nichtsdestotrotz „erhebliche strukturelle Unterschiede“ zwischen beiden Rechtsinstituten bestünden.140 In gewisser Weise an die Entscheidung vom 21. 9. 1967 anknüpfend, würden diese erheblichen Unterschiede nach Auffassung des BSG in diesem Urteil auf den verschiedenen Inhalten von Versicherungsverhältnis einerseits und Beamtenverhältnis andererseits basieren.141 2.  Urteil des BVerwG vom 6. 5. 1975 Nicht nur das BSG war in der Vergangenheit bemüht, strukturelle Unterschiede zwischen der gesetzlichen Unfallversicherung und der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge hervorzuheben. Ganz ähnliche Ausführungen finden sich beim BVerwG in einer Entscheidung vom 6. 5. 1975142, in der es um die Übertragung von Fortentwicklungen in der gesetzlichen Unfallversicherung auf die außerhalb dieser stehenden Beamten ging. Die Verwaltungsrichter führten damals aus, dass es „angesichts 136 

BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. BSG, Urt. v. 21. 9. 1967 – 2 RU 14/66, SozR Nr. 4 zu § 4 der 6. BKVO. Auch im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass die Beamtenunfallfürsorge im Kontrast zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht auf dem Versicherungsprinzip beruht und dementsprechend nicht auf dem Prinzip der Beitragsfinanzierung aufgebaut ist, vgl. statt vieler nur Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 3. 138  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris. 139  s. oben unter Erstes Kap. A. II. 4. c) ee). 140  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 13. Zustimmend aufgegriffen wurden diese Ausführungen des BSG jüngst vom VG Berlin in dessen Urteil zum Dienstzusammenhang auf einer Toilettenanlage, s. VG Berlin, Urt. v. 4. 6. 2016 – 26 K 54.14, juris Rn. 24. 141  BSG, Urt. v. 18. 11. 2008 – B 2 U 31/07 R, juris Rn. 13. 142  BVerwG, Urt. v. 6. 5. 1975 – II C 35.73, ZBR 1976, 119. 137 

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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der wesentlichen Unterschiede zwischen sozialversicherungspflichtigem Arbeitsverhältnis einerseits und Beamtenverhältnis andererseits“ und unter besonderem Verweis auf eine „ganz anders strukturierte soziale Absicherung des Beamten“ im Wege der Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn dem Ermessen des Gesetzgebers vorbehalten bleiben müsse, ob und inwiefern er Verbesserungen des Unfallversicherungsschutzes zugleich auch in die beamtenrechtliche Unfallfürsorge zu implementieren gedenke.143 In seinem Urteil vom 10. 12. 2015144 zu Divergenzen im Recht der Berufskrankheiten griff das BVerwG seine damalige Argumentation im Wesentlichen wortgleich bestätigend auf.145 3. Bewertung Die vom BSG und BVerwG gemachten Ausführungen zu grundlegenden Unterschieden zwischen Unfallversicherung und Dienstunfallfürsorge bleiben alles in allem recht vage. Im Hinblick auf das BSG lässt sich zudem eine argumentative Unsicherheit beobachten. Zweifellos muss ein erheblicher Unterschied darin gesehen werden, ob man mit dem bereits zu Anfang dieses Kapitels erwähnten Urteil des neunten Senats146 von einer wesentlichen Vergleichbarkeit der Regelungen von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge unter Hervorhebung unterschiedlicher Ausgestaltung in Einzelfragen ausgeht oder ob man, wie der zweite Senat es offenbar tut, lediglich „gewisse Gemeinsamkeiten in der Ausgestaltung“ konzediert, diese aber mit dem Verweis auf überdeterminierende Strukturunterschiede als nur vordergründig bewertet. In der Literatur wird diesen postulierten grundlegenden Unterschieden wenig Bedeutung beigemessen. Vielmehr besteht weitgehende Übereinstimmung darin, dass die Parallelen zwischen Arbeits- und Dienstunfallrecht nicht einer Beliebigkeit der Rechtsentwicklung, gar einer bloßen historischen Koinzidenz geschuldet sind, sondern darin wurzeln, dass die Regelungen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge unter Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung den Normierungen der gesetzlichen Unfallversicherung nachgebildet worden sind.147 Bulla148 und Riedmaier149 fassten diese Erkenntnis prägnant dahingehend zusammen, dass „das Dienstunfallrecht nach 143 

BVerwG, Urt. v. 6. 5. 1975 – II C 35.73, ZBR 1976, 119 (121). BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2015 – 2 C 46.13, NVwZ-RR 2016, 466. 145  BVerwG, Urt. v. 10. 12. 2015 – 2 C 46.13, NVwZ-RR 2016, 466 (467). 146  s. oben unter Zweites Kap. B. I. 147  Bendiek, Dienstunfall des Beamten, 1973, S. 7; Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 30 Rn. 2; Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 30 Rn. 1; Kümmel, BeamtVG, § 30 Rn. 4; Lümmen/Grunefeld/Kempf, Beamtenversorgung, S. 96; Minz, Beamtenversorgungsrecht, Rn. 322; Riedmaier, RiA 1979, 41 (43); Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 1; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, Vor § 30 Rn. 7; Wolff, ZBR 2007, 361. 148  Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 211. 149  Riedmaier, RiA 1979, 41 (43). 144 

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

seiner Entstehungsgeschichte, seiner Zweckbestimmung und seiner ganzen Ausgestaltung“ letztlich „eng mit der gesetzlichen Unfallversicherung verbunden“ sei. Wie gefestigt diese Auffassung ist, wird daran erkennbar, dass sie sich auf eine ausgeprägte Kontinuität berufen kann. Bereits im Jahre 1893 konstatierte Rosin150 in seinem umfassenden Werk über die Arbeiterversicherung, dass die Unfallfürsorge der Beamten zwar nicht als ein integraler Bestandteil der Sozialversicherungsgesetzgebung angesehen werden könne, aber nichtsdestotrotz als „durch sie veranlasst und auf sie zurückwirkend“ zu betrachten sei.151 Doch bedürfen die postulierten „erheblichen strukturellen Unterschiede“ einer näheren Betrachtung, zumal das Schrifttum – ganz im Gegenteil – „strukturell weitgehende Gemeinsamkeiten“ zwischen Unfallversicherung und Unfallfürsorge feststellt.152 Fasst man die hier unter diesem Oberbegriff genannten Aspekte zusammen, bliebe für die Untersuchung zu fragen, ob sich aus der Zielrichtung der beiden Absicherungssysteme und ihrer Finanzierung Argumente herleiten lassen können, die eine unterschiedliche tatbestandliche Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes nachvollziehbar erscheinen ließen. a)  Rehabilitation des Unfallbetroffenen als gemeinsame Zielsetzung Nicht plausibel erscheint es, aus der Zielsetzung von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge eine divergierende Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen zu begründen. Das primäre Ziel der Dienstunfallfürsorge liegt in der Wiederherstellung der Gesundheit und des körperlichen Normalzustandes des Beamten sowie, wenn sich dies aufgrund der Schwere des Unfalls nicht mehr realisieren lässt, in der ökonomischen Absicherung des Beamten oder gegebenenfalls seiner Hinterbliebenen.153 Die gesetzliche Unfallversicherung verfolgt, neben der präventiven Unfallverhütung154, schon ausweislich des § 1 SGB VII155 das identische Ziel. Hier findet das soziale Schutzprinzip, welches neben dem Haftungsersetzungsprinzip die gesetzliche Unfallversicherung charakterisiert, seinen besonderen Ausdruck.156 Die Anerkennung eines bei der berufsbedingten Tätigkeit erlittenen Unfalls als Rosin, Das Recht der Arbeiterversicherung, Bd. 1, 1893. Rosin, Das Recht der Arbeiterversicherung, Bd. 1, 1893, S. 26. 152  Wolff, ZBR 2007, 361. 153  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 6; Hebeler/Sitzer, ZBR 2016, 115 (117). 154  Müller-Petzer, NZS 2015, 851 (852); Niemeyer/Freund, NZS 1996, 497 (499). 155  § 1 SGB VII: „Aufgabe der Unfallversicherung ist es, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches (…) (Nr. 2:) nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen“. 156  Vgl. statt vieler Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5. 150  151 

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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Arbeits- oder Dienstunfall ist dabei die rechtliche Voraussetzung, um die Rehabilitationsleistungen der beiden Absicherungssysteme zu aktivieren. Wenn aber in der Beseitigung von Unfallfolgen das gemeinsame Ziel von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge erblickt werden kann, lassen sich hieraus keine Rückschlüsse darauf ziehen, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen die Gewährung von Kompensationsleistungen erfolgen soll. Ganz Ähnliches muss für den Verweis auf die anders strukturierte soziale Absicherung von Arbeitnehmern und Beamten gelten. Das Zusammenspiel von Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung auf Seiten des Arbeitnehmers und die verschiedenen Bereiche der Beamtenversorgung auf Seiten des Beamten mögen sich im Bereich der Leistungsgewährung nach Feststellung des Arbeits- oder Dienstunfalls auswirken können. Hinsichtlich der Anerkennungspraxis auf tatbestandlicher Ebene dürften sich hieraus keine sinnvollen Rückschlüsse ziehen lassen. b)  Historische Perspektive Auch ein Blick auf die Entstehungsgeschichte und die Absichten des historischen Gesetzgebers zeigt, dass sich eine unterschiedliche Auslegung des Arbeitsund Dienstunfalltatbestandes damit kaum überzeugend begründen lässt. Die historischen Wurzeln der modernen Sozialversicherung sind in den wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts zu finden.157 In ihrer Genese ist sie als eine sozial- und rechtspolitische Antwort des Gesetzgebers auf die im Zuge der Industrialisierung aufgekommene „question sociale“ anzusehen und damit einhergehend als eine der wesentlichen rechtlich-institutionellen Hervorbringungen des Industriezeitalters.158 Zwar fanden sich auch im vorindustriellen Zeitalter in den verschiedensten Epochen Ansätze und Elemente gesellschaftlich organisierter sozialer Absicherung mit mehr oder minder allgemeinem Fürsorge- oder Wohlfahrtscharakter.159 Die Entstehung der modernen Sozialversicherung hingegen ist ohne die immense ökonomische und soziale Transformation des 19. Jahrhunderts nicht zu denken. Die noch zu Anfang des Jahrhunderts weitestgehend agrarisch geprägten gesellschaftlichen Verhältnisse in den deutschen 157  Vgl. statt vieler hier nur Eichenhofer, Sozialrecht, § 2 Rn. 15; Wallrabenstein, Versicherung im Sozialstaat, 2009, S. 11 ff. 158  Brackmann, BG 1973, 23; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, S. 1 f.; Mikesic, Sozialrecht als wissenschaftliche Disziplin, 2002, S. 172. Vgl. auch Maier, Historische Voraussetzungen des Sozialstaats in Deutschland, 2002, S. 9 ff. 159  Stolleis, SGb 1984, 378 (379). Grundlegend zu frühen unfallrechtlichen Institutionen Schönberger, BG 1960, 199 ff.; Tambert, Heinrich Rosin und die Anfänge des Sozialversicherungsrechts, 1977, S. 18. Ausführlich zu den Gilden im mittelalterlichen Europa Schewe, Geschichte der sozialen und privaten Versicherung im Mittelalter, 2000, S. 57 ff. Zur sozialen Absicherung im Rahmen der mittelalterlichen Zünfte Fröhlich, Soziale Sicherung bei Zünften und Gesellenverbänden, 1976, S. 15 ff. Für den deutschsprachigen Raum kann als Frühform einer sozialversicherungsähnlichen Absicherung ab dem 13. Jahrhundert das Knappschaftswesen im Bergbau angesehen werden, dazu bei Dapprich, SGb 1982, 514 ff.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

Staaten der napoleonischen Zeit und der Vormärz-Epoche wichen sukzessive der genuin neuen Industriegesellschaft des 1871 begründeten Kaiserreichs.160 Der von Lohnarbeit abhängige Industriearbeiter, der mit seinem Gehalt sich und seine Angehörigen mit dem Lebensnotwendigen versorgen musste, avancierte rasch zu einer eigenen sozialen Schicht.161 In den großen Industriebetrieben jener Zeit war ein evidenter Anstieg von Arbeitsunfällen zu verzeichnen, die für die Betroffenen mit schweren Verletzungen oder tödlich endeten.162 aa)  Ablösung privatrechtlicher Gefährdungshaftung als historischer Zweck Die Rechtsordnung brauchte eine erhebliche Zeit, bis sie sich zu einer Anpassung ihrer Regelungen an den einschneidenden Wandel der sozialen Verhältnisse durchringen konnte.163 Für die finanzielle Absicherung der Arbeiterschaft bei betrieblichen Unfällen war der bedeutendste Schritt die Schaffung der gesetzlichen Unfallversicherung als Bestandteil der maßgeblich von Otto von Bismarck auf den Weg gebrachten Sozialversicherungsgesetzgebung der 1880er-Jahre.164 In rechtsdogmatischer Hinsicht bestand die Bedeutung der Unfallversicherungsgesetzgebung in der Abkehr von einer Anwendung zivilrechtlicher Haftungskonstruktionen bei Unfällen im Betrieb hin zur Absicherung über ein öffentlich-rechtlich organisiertes Sozialversicherungsmodell.165 Vor Inkrafttreten der gesetzlichen Unfallversicherung waren die Arbeiter aus einer Reihe von Gründen de facto und de jure nicht in der Lage, bei Erleiden eines Unfalls finanzielle Ersatzansprüche 160  Vgl. statt vieler nur Breuer, in: Schulin HS-UV, § 1 Rn. 12; Stolleis, SGb 1984, 378 (379); Wannagat, SGb 1981, 373. Aus der umfangreichen geschichtswissenschaftlichen Literatur zur Industrialisierung Deutschlands sei hier nur stellvertretend auf Henning, Die Industrialisierung in Deutschland 1800–1914, 1995, verwiesen. 161  Breuer, in: Schulin HS-UV, § 1 Rn. 15; Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 8 f.; Waltermann, Sozialrecht, § 3 Rn. 55. Ausführlich Wicke, Soziale Sicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1999, S. 71 ff. 162  Brackmann, BG 1973, 23; Fuchs, SGb 1995, 421. 163  Gitter, SGb 1993, 297. Rückblickend waren in diesem Prozess die Bemühungen um eine rudimentäre Arbeitsschutzgesetzgebung in den deutschen Staaten ab etwa der Mitte des Jahrhunderts, die vor allem Frauen, Jugendliche und Kinder vor den Belastungen und Gefahren körperlicher Schwerstarbeit bewahren sollten, die ersten Versuche, mit einem rechtlichen Instrumentarium auf die sozialen Herausforderungen des Industriezeitalters zu reagieren, s. Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, S. 7 f. 164 Hierzu ausführlich Tennstedt, in: Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats: Denkschrift 60-Jahre Bundessozialgericht, Bd. 1, 2014, S. 73 ff. 165  Vgl. statt vieler bspw. v. Heinz, SGb 1988, 89; Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 283. Auf die rechtsdogmatische Frage, inwiefern die mit dem UVG begründete Regelungssystematik sich konsequent unter den Rechtsbegriff der Versicherung fassen lässt, soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Hierzu sei stellvertretend auf die Diskussion bei Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, S. 14 ff., verwiesen.

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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durchzusetzen.166 Die rechtlichen Schwierigkeiten lagen zentral darin begründet, dass die privatrechtliche Rechtsordnung dem Verschuldensprinzip anhing, folglich nur Schadensersatz im Falle des Unrechtsschadens gewährte.167 Dieser setzte stets das vorwerfbare Verhalten eines Dritten voraus, wohingegen Unfälle im Betrieb ganz typischerweise auf höhere Gewalt, defekte Arbeitsgeräte, Maschinenschäden oder auf einem Selbstverschulden des Fabrikarbeiters beruhten.168 Doch auch für den Fall, dass tatsächlich ein Unrechtsschaden vorlag, war die praktische Ausgangslage für den Einzelnen mit Blick auf Schadensersatzforderungen allenfalls marginal günstiger: Ansprüche aus Delikt oder Vertragsverletzung unmittelbar gegen den Unternehmer ließen sich regelmäßig nicht konstruieren, da diesem meist nur eine übergeordnete Leitungsfunktion zukam.169 Seine herausgehobene Funktion in der Unternehmensleitung brachte es mit sich, dass er die Überwachungs- und Anleitungsaufgaben auf die Ebenen des untergeordneten Aufsichtspersonals im Betrieb transferieren konnte, für dessen schuldhaftes Verhalten er allenfalls in den Fällen einer ihm nachzuweisenden culpa in eligendo et inspicendo einzustehen hatte.170 Summa summarum wurde dieser juristische Status quo ante den dramatischen sozialen Folgen, die ein Betriebsunfall mit sich bringen konnte, in keiner Weise gerecht. In den Jahren und Jahrzehnten vor Begründung der gesetzlichen Unfallversicherung war die rechtswissenschaftliche Diskussion von Ansätzen geprägt, dieser für die Industriearbeiterschaft fatalen Situation durch eine Modifikation und Anpassung der zivilrechtlichen Haftungsvorschriften beizukommen.171 Im Mittelpunkt der Diskussion stand eine Ausweitung der zivilrechtlichen Gefährdungshaftung zu Lasten des Verschuldensprinzips.172 Gänzlich revolutionär und ohne jede Erprobungen in der Rechtspraxis waren solche Modelle einer privatrechtlichen Gefährdungshaftung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr.173 Nichtsdestotrotz wurden sie dem damaligen privatrechtlichen Diskurs entsprechend als 166  Igl/Welti, Sozialrecht, § 36 Rn. 1a; Littbarski, in: Langheid/Wandt, VVG, Vor §§ 100124 Rn. 9; Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 2; Stolleis, SGb 1984, 378 (379). 167  Lepa, Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden, 2004, S. 20; Schmitt, in: SRH, § 16 Rn. 2. Zum Widerstreit des Verschuldensprinzips mit Gerechtigkeitserwägungen s. Esser, Grundlagen und Entwicklung der Gefährdungshaftung, 1969, S. 69 ff. 168  Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 6; Ritter, Bismarck und die Entstehung der deutschen Sozialversicherung, 1998, S. 19; Waltermann, RdA 1998, 330 (336). 169  Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 7; Waltermann, Sozialrecht, § 10 Rn. 281. 170  Gitter, SGb 1993, 297. 171  Wickenhagen, Geschichte der gewerblichen Unfallversicherung, 1980, S. 22. 172  Ritter, Soziale Frage und Sozialpolitik, 1998, S. 32. 173  Hierbei wird im Schrifttum, statt vieler bspw. Lepa, Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden, 2004, S. 19, insbesondere auf das preußische Eisenbahngesetz von 1838 hingewiesen, mit dessen § 25 die Eisenbahngesellschaften in Preußen dazu verpflichtet wurden, Personen- und Sachschäden zu kompensieren, die beim Eisenbahnbetrieb anfielen, sofern sie nicht den Nachweis erbringen konnten, dass ein Selbstverschulden des Geschädigten oder aber ein unabwendbarer äußerer Zufall vorgelegen haben.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

exzeptionell und in der Folge als wenig vorbildhaft rezipiert.174 Ungeachtet dessen sind durchaus Versuche in diese Richtung unternommen worden, namentlich mit Verabschiedung des RHG175 im Jahre 1871.176 In § 1 RHG177 war für den Eisenbahnverkehr eine Durchbrechung des Verschuldensprinzips durch eine Gefährdungshaftung des Unternehmers vorgesehen, sofern dieser nicht beweisen konnte, dass der Unfall durch höhere Gewalt oder eigenes Verschulden des Geschädigten verursacht worden war. Nach § 2 RHG178 hafteten Unternehmer in besonders gefahrenträchtigen Wirtschaftszweigen, wie dem Betrieb von Bergwerken oder Steinbrüchen, gegenüber den Arbeitern auch für ein Verschulden des von ihnen ausgewählten Leitungs- oder Überwachungspersonals, sofern letztere schuldhaft gehandelt hatten. Somit musste der Unternehmer auch dann Schadensersatz leisten, wenn er seine leitenden Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt hatte.179 Alles in allem haben sich die Hoffnungen, die an das RHG zur Lösung der Betriebsunfallproblematik geknüpft worden waren, jedoch nicht verwirklicht.180 Von durchaus entscheidender Bedeutung für die Schaffung der öffentlich-rechtlich organisierten Sozialversicherung war zudem der politisch-strategische Gedanke der Reichsregierung, den repressiven Maßnahmen181 gegenüber der organisierten 174  Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 115. Rinck, Gefährdungshaftung, 1959, S. 3, bezeichnet es als „neuen Beginn“ und verweist auf die „fehlende rechtsgeschichtliche Kontinuität“. 175  Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen (Reichshaftpflichtgesetz) v. 7. 6. 1871, RGBl. 1871, S. 207. 176  Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 14. Ausführlich zur Entstehungsgeschichte des Reichshaftpflichtgesetzes Ogorek, Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S. 98 ff. 177  RHG (1871): „Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getödtet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebs-Unternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getödteten oder Verletzten verursacht ist“. 178  § 2 RHG (1871): „Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube) oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstvorrichtung den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, für den dadurch entstandenen Schaden“. 179  Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, S. 56. 180  Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, S. 66. Instruktiv zur damaligen Kritik am Reichshaftpflichtgesetz Ogorek, Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S. 106 ff.; Rolfs, Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, 2000, S. 20 ff., sowie Schneider, Die „unechte“ Unfallversicherung in der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung, 1975, S. 7 ff. 181  Insbesondere das Gesetz gegen die „gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ (oftmals kurz als „Sozialistengesetz“ bezeichnet) v. 21. 10. 1878, RGBl. 1878 S. 351, welches bis 1890 in Kraft war. Aus der umfangreichen rechts- und geschichtswissenschaftlichen Literatur Grebing, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 1966, insbe-

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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Arbeiterbewegung im Nachgang des Attentats auf Kaiser Wilhelm I. im Jahre 1878 nunmehr ergänzend ein der Industriearbeiterschaft entgegenkommendes Reformprojekt an die Seite zu stellen.182 Im Jahre 1884 wurde mit der Verabschiedung des UVG183 endgültig der Weg einer öffentlich-rechtlichen Absicherung beschritten. Wirft man sodann einen Blick auf Anfänge der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge, zeigt sich, dass die Ablösung der privatrechtlichen Gefährdungshaftungskonstruktion auch hier für den Gesetzgeber im Vordergrund stand. Das Berufsbeamtentum in unserem modernen Verständnis ist im Wesentlichen ein Produkt des 18. und 19. Jahrhunderts.184 Die Herausentwicklung eines für den Beamtenstand einschlägigen Versorgungsrechts vollzog sich in den deutschen Staaten nicht einheitlich.185 Noch in den Gründerjahren des Kaiserreichs existierten keine gesonderten Regelungen für die Gewährung besonderer Leistungen im Falle eines im Dienst erlittenen Unfalls.186 Das gut zwei Jahre nach der Bismarckschen Reichssondere S. 88 ff.; Pack, Das parlamentarische Ringen um das Sozialistengesetz Bismarcks, 1961, S. 8 ff.; hierzu auch Potthoff, Die Sozialdemokratie von den Anfängen bis 1945, 1974, S. 37 ff.; Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, 2008, S. 902 ff. 182  Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, § 20 Rn. 769 m.w.N.; Stolleis, SGb 1984, 378 (380); ders., Geschichte des Sozialrechts, 2003, S. 54 ff. Vor allem Bismarck sah in einer umfangreichen Sozialversicherungsgesetzgebung strategisch die Möglichkeit, die Arbeiterschaft mit dem hohenzollernschen Staat zu versöhnen und einer Hinwendung der Arbeiter zur politischen und gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung vorzubeugen und maßgeblich den massenhaften Zustrom der Industriearbeiter zur Sozialdemokratie einzudämmen, s. Held, Verfassungsmäßigkeit der Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen, 2011, S. 42 f. Hierzu ausführlich aus der geschichtswissenschaftlichen Literatur Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. I, 1991, VIII. Kapitel, insbesondere S. 337 ff.; Vogel, Bismarcks Arbeiterversicherung, 1951, S. 159 ff. Die Sozialversicherungsreformen der 1880er-Jahre sind insofern nicht nur als Antwort auf eine rein rechtliche oder gesellschaftliche Herausforderung zu begreifen, sondern auch vom politischen Impetus geprägt gewesen, einem weiteren Bedeutungszuwachs der politischen Bewegung innerhalb der Arbeiterschaft entgegenzuwirken, s. Haft, ZRP 2002, 457; Kaltenborn, JZ 1998, 770 (773); Ritter, Sozialversicherung in Deutschland und England, 1983, S. 28 ff. 183  Unfallversicherungsgesetz v. 6. 7. 1884, RGBl. 1884 S. 69. 184  Mehlhorn, VR 2010, 406. Kenntner sieht die Genese des idealtypischen Bild des Berufsbeamten im preußischen Staatsdienst des 17. und 18. Jahrhunderts, s. Kenntner, DVBl. 2007, 1321 (1322). Ausführlich zur Herausentwicklung eines selbständigen Beamtenstandes und eines sich auf diesen beziehenden gesonderten Beamtenrechts unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in den deutschen Einzelstaaten Beilke, „…und fortzuentwickeln“, 2011, S. 31 ff. 185 Hierzu Merten, NVwZ 1999, 809 f., sowie Till, Entwicklung des Alimentationsprinzips, 1979, S. 286 ff. Zur Entwicklung eines selbständigen Beamtenversorgungsrechts auch bei Großkord, Beamtenversorgung und gesetzliche Rentenversicherung, 1986, S. 4 ff.; Ruland, Möglichkeiten und Grenzen einer Annäherung der Beamtenversorgung an die gesetzliche Rentenversicherung, 1983, S. 152 ff., sowie Walther, Reformen der Beamtenversorgung aus ökonomischer Perspektive, 2014, S. 7 ff. 186  Kazmaier, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 30 Rn. 2.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

gründung verabschiedete RBG187 hatte zwar das Dienstrecht der Reichsbeamten zum Inhalt.188 Die einzige Regelung, die sich dem Bereich der Unfallfürsorge zuordnen lässt, bestand dabei jedoch in § 36 RBG189, welcher vorsah, dass diejenigen Beamten, die aufgrund einer Dienstbeschädigung dienstunfähig geworden waren, in Abweichung von § 34 RBG190 auch dann einen Anspruch auf eine lebenslängliche Pension hatten, wenn ihre vorige Dienstzeit noch keine zehn Jahre betragen hatte.191 Sodann darf das UVG als eine Etappe auf dem Weg zu einer Unfallfürsorge der Beamten betrachtet werden, denn es beschränkte sich nicht ausschließlich auf die Arbeiterschaft. Gemäß § 1 UVG192 waren nicht nur „Arbeiter“, sondern auch „Betriebsbeamte“ erfasst, obgleich nur bis zu einem Verdienst von 2000 Mark per anno. Einen ersten Schritt hin zu einer autonom gesetzlich verankerten Unfallfürsorge für Beamte im Kaiserreich bildete das UFG vom 15. 3. 1886.193 Ausweislich des § 1 UFG194 wurden Beamte der Reichsverwaltung, welche in Betrieben beschäftigt sind, die der zuvor mit dem UVG errichteten gesetzlichen Unfallver187 Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten (Reichsbeamtengesetz) v. 31. 3. 1873, RGBl. 1873 S. 61. 188  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (306 f.), beurteilt das RBG dahingehend, dass es den Beamten einmal abgesehen vom Schutz gegen Unfälle eine Absicherung zukommen ließ, wie sie „kaum einem anderen Berufsstand“ in der damaligen Zeit gewährt worden sei. 189  § 36 RBG (1873): „Ist die Dienstunfähigkeit (§ 34) die Folge einer Krankheit, Verwundung oder sonstigen Beschädigung, welche der Beamte bei Ausübung des Dienstes oder aus Veranlassung desselben ohne eigene Verschuldung sich zugezogen hat, so tritt die Pensionsberechtigung auch bei kürzerer als zehnjähriger Dienstzeit ein“. 190  § 34 RBG (1873): „Jeder Beamte, welcher sein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, erhält aus der letzteren eine lebenslängliche Pension, wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren in Folge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, und deshalb in den Ruhestand versetzt wird“. 191  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 30 Rn. 6; Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 21; Groepper/Tegethoff, in Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 10. 192  § 1 UVG (1884): „Alle in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Steinbrüchen, Gräbereien (Gruben), auf Werften und Bauhöfen, sowie in Fabriken und Hüttenwerken beschäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten, letztere sofern ihr Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt zweitausend Mark nicht übersteigt, werden gegen die Folgen der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes versichert. (…)“. 193  Gesetz, betreffend die Unfallfürsorge für Beamte und für Personen des Soldatenstandes in Folge von Betriebsunfällen v. 15. 3. 1886, RGBl. 1886 S. 53. 194  § 1 UFG (1886): „Beamte der Reichs-Civilverwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine und Personen des Soldatenstandes, welche in reichsgesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben beschäftigt sind, erhalten, wenn sie in Folge eines im Dienste erlittenen Betriebsunfalls dauernd dienstunfähig werden, als Pension sechsundsechzigzweidrittel Prozent ihres jährlichen Diensteinkommens, soweit ihnen nicht nach anderweiter reichsgesetzlicher Vorschrift ein höherer Betrag zusteht. (…)“.

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sicherung unterlagen, mit Pensionsleistungen entschädigt, falls sie durch einen im Dienst erlittenen Unfall dauerhaft dienstunfähig geworden waren.195 Was aber bewog den Gesetzgeber zwei Jahre nach der Unfallversicherungsgesetzgebung für die Arbeitnehmer nunmehr auch diejenigen Beamten abzusichern, die nicht als Betriebsbeamte über die unfallversicherungspflichtigen Betriebe mit der Sozialversicherungsgesetzgebung erfasst wurden? Die historische Gesetzesbegründung lässt eine sozialpolitisch ausgerichtete Motivation196 erkennbar werden, wenn sie die Überwindung der verschiedenartigen Behandlung von Beamten, die unter die zwei Jahre zuvor geschaffene gesetzliche Unfallversicherung fielen und Beamten, die zwar in unfallversicherungspflichtigen Betrieben beschäftigt, jedoch von der Unfallversicherung selbst ausgeschlossen waren, als Ziel benennt.197 In rechtspolitischer Hinsicht aber – und hier wird die mit der Unfallversicherungsgesetzgebung identische Zweckrichtung evident – sollte die Schaffung des UFG dazu beitragen, die „unzureichenden Bestimmungen“ des RHG und der privatrechtlichen Schadensersatzdogmatik auch für den mit dem UVG bislang nicht erfassten Teil der Beamtenschaft außer Kraft zu setzen.198 Beide Aspekte, sowohl die sozialpolitische Gleichstellung als auch die Verdrängung der bestehenden Regelungen des RHG für die Beamtenschaft, lassen erkennen, dass der Gesetzgeber inhaltlichen Unterschieden zwischen dem abhängigen Arbeitsverhältnis und der Anstellung im Staatsdienst in Bezug auf die Absicherung bei arbeitsbedingten Unfällen keine Bedeutung zumaß. Dies wirft die Frage auf, warum der historische Gesetzgeber davon abgesehen hat, die im UFG genannten Beamtengruppen unmittelbar in das UVG mit einzubeziehen. Letzteres hätte den Verzicht 195  Zum Inhalt des UFG (1886) auch Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 23 f. 196  So die Beurteilung auch schon bei Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 23. 197  Stenographische Berichte des Reichstages, VI. Leg. 1885/86, Bd. 89, Aktenstück Nr. 5, S. 52: „Aus sozialpolitischen und Billigkeitsgründen empfiehlt es sich und ist auch bereits bei den Berathungen über die Unfallversicherung als Bedürfniß anerkannt worden, die verschiedenartige Behandlung in der Fürsorge, welche zwischen den unter die Unfallversicherung fallenden Personen und den in unfallversicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten aber ausgeschlossenen Reichs-, Staats- und Kommunalbeamten nebst den Personen des Soldatenstandes zu Ungunsten der letzteren Kategorien besteht, thunlichst zu beseitigen“. 198 Stenographische Berichte des Reichstages, VI. Leg. 1885/86, Bd. 89, Aktenstück Nr. 5, S. 52: „(…) Allen übrigen in unfallversicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Reichs-, Staats- und Kommunalbeamten (…) steht, wenn man von den unzureichenden Bestimmungen des Haftpflichtgesetzes und den sonstigen civilrechtlichen Schadensersatzforderungen absieht, ein rechtlicher Anspruch auf Fürsorge für den Fall der Dienstunfähigkeit, welche sie durch einen im Dienst erlittenen Betriebsunfall sich zuziehen, nur nach Maßgabe ihrer Pensionsansprüche, also insoweit zu, als ihnen durch dienstpragmatische Gesetze oder durch besondere Dienstverträge das Recht auf den Bezug einer Pension beigelegt worden ist. (…) Hierdurch [durch die Einbeziehung der genannten Beamtengruppen] würde man auch dem bei dem Erlaß des Unfallversicherungsgesetzes angestrebten Ziel, die Anwendbarkeit des Haftpflichtgesetzes thunlichst auszuschließen, erheblich näher kommen“.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

darauf bedeutet, die unfallbezogene Absicherung von Beamten und Arbeitnehmern überhaupt in unterschiedlichen Gesetzen zu kodifizieren und sie vielmehr einem einheitlichen System und einem einheitlichen Regelungswerk zu unterstellen. Tatsächlich hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass die Schaffung des UFG neben der Ausdehnung der gesetzlichen Unfallversicherung auf sämtliche, in den unter das UVG fallenden Betrieben beschäftigten Beamten, nur eine von zwei Möglichkeiten darstellte.199 Er begründete die Verabschiedung eines eigenständigen Unfallfürsorgegesetzes mit der Aussicht, dass nur so der besonderen Stellung des Beamten in angemessener Weise Rechnung getragen werden könne.200 Doch betrafen diese Erwägungen in Bezug auf die „besondere Stellung“ des Beamten aus Sicht des historischen Gesetzgebers nur solche Besonderheiten, die die nach einem Unfall zu gewährenden Leistungen berührten.201 Von einer Differenzierung im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen respektive der Reichweite des Unfallschutzes ging der Gesetzgeber bei der erstmaligen Schaffung eines gesonderten Unfallfürsorgegesetzes nicht aus.202 Tatsächlich waren die beiden Absicherungsinstitute noch über Jahrzehnte in ihren personellen Anknüpfungspunkten miteinander verbunden, denn bis zur Aufhebung des Enumerationsprinzips durch das 6. Änderungsgesetz von 1942203 waren nur diejenigen Arbeitnehmer abgesichert, die in jenen Betrieben tätig waren, die der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung unterlagen.204 Auch das UFG205 199 Stenographische Berichte des Reichstages, VI. Leg. 1885/86, Bd. 89, Aktenstück Nr. 5, S. 52. 200  Stenographische Berichte des Reichstages, VI. Leg. 1885/86, Bd. 89, Aktenstück Nr. 5, S. 52: „Der letztere Weg verdient um deswillen den Vorzug, weil derselbe allein geeignet ist, den aus der besonderen Stellung des Beamten und Soldaten sich ergebenden Rücksichten Rechnung zu tragen“. 201 Vgl. Stenographische Berichte des Reichstages, VI. Leg. 1885/86, Bd. 89, Aktenstück Nr. 5, S. 52. So wird bspw. angeführt, dass „der mit Gehalt und Pensionsberechtigung angestellte Beamte einer ausreichenden Unfallsrente nicht vom Beginn der 14. Woche nach Eintritt des Unfalls ab, sondern mit der in der Regel erst später eintretenden Versetzung in den Ruhestand und dem hiermit zusammenfallenden Verlust des Diensteinkommens“. 202  Indirekt mag man dies auch aus einem Aufsatz der damaligen Strafrechtswissenschaft aus dem Jahre 1902 herauslesen, in welchem Bilse zum Ausdruck brachte, dass UVG und UFG „segensreiche Folgen für die auf Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesenen Gesellschaftskreise“ gehabt hätten und monierte, dass zur Arbeit angehaltene Strafgefangene seitens des RVA nicht unter denselben Schutz gestellt würden, s. Bilse, ZStW 1902, 142. Divergierende tatbestandliche Anforderungen für den erlittenen Unfall je nach Anwendung des UFG oder UVG waren im damaligen Diskurs erkennbar nicht relevant. 203  6. Änderungsgesetz zur Unfallversicherung v. 9. 3. 1942, RGBl. I S. 107. 204  Gitter, SGb 1993, 297 (299). 205  § 1 UFG (1901): „Beamte der Reichs-Civilverwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine sowie Personen des Soldatenstandes, welche in reichsgesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben beschäftigt sind, erhalten, wenn sie in Folge eines im Dienste erlittenen Betriebsunfalls dauernd dienstunfähig werden, als Pension sechsundsechzigzweidrittel Prozent ihres jährlichen Diensteinkommens. (…)“.

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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und mithin die Rechtsprechung206 knüpften bis zum Erlass des DBG an diese Betriebe an.207 Gleichsam lässt auch die Novellierung des UFG mit dem Gesetz vom 18. 6. 1901208 eine Fokussierung des Gesetzgebers ausschließlich auf die Frage der gewährten Leistungen, nicht aber auf prinzipielle Unterschiede in Bezug auf den Unfallschutz erkennen. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging es dem Gesetzgeber darum, „die beabsichtigte Gleichwerthigkeit der Fürsorge“ mit der Unfallversicherung wiederherzustellen, die durch vorherige Novellierungen des UVG nicht mehr gegeben gewesen sei.209 Auch hier sah er Abweichungen lediglich im Rahmen der gewährten Leistungen als gerechtfertigt an.210 bb)  „Betriebsunfall“ als historischer Ausgangstatbestand Fokussiert man konkret die Tatbestandsauslegung in den Anfangsjahren von Unfallversicherung und Unfallfürsorge, ergibt sich zudem, dass etwaige Divergenzen nicht angelegt waren. Schon an der Formulierung des „im Dienste erlittenen Betriebsunfalls“ wird ersichtlich, dass zu Beginn keine Vorstellung von einem selbstständigen beamtenrechtlichen Institut eines „Dienstunfalls“ existierte. Dieser in beiden Gesetzen vorausgesetzte Tatbestand des Betriebsunfalls ist durch die frühe Rechtsprechung in seinen begrifflichen Merkmalen und tatbestandlichen Voraussetzungen konkretisiert worden.211 Die rechtliche Erschließung des Betriebs­unfalls 206  Aus der zeitgenössischen Judikatur bspw. RG, Urt. v. 11. 3. 1919 – III. 408/18, RGZ 95, 131, zur Frage, ob ein in der Rechnungsstelle eines Postscheckamtes angestellter Beamter in einem Betrieb arbeitet, welcher der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt. 207  Zum Regelungsinhalt der Unfallfürsorgevorschriften sowie zur weiteren gesetzberischen Entwicklung Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 24 ff. 208  Unfallfürsorgegesetz für Beamte und für Personen des Soldatenstandes v. 18. 6. 1901, RGBl. 1901 S. 211. 209  Stenographische Berichte des Reichstages, X. Leg., 1900/02, Bd. 190, Aktenstück Nr. 176, S. 1114: „Die beabsichtigte Gleichwerthigkeit der Fürsorge ist seit dem 1 Oktober 1900 nicht mehr vollständig gewahrt, weil mit diesem Tage die im Jahre 1900 durchgeführte neue Fassung der Unfallversicherungsgesetze in Kraft getreten ist und durch letztere die Bezüge der unter die Unfallversicherung fallenden Personen sowie ihrer Hinterbliebenen mehrfach günstiger gestaltet sind, als die Bezüge der nach dem Gesetze vom 15. März 1886 zu entschädigenden Beamten und Personen des Soldatenstandes“. 210  Stenographische Berichte des Reichstages, X. Leg., 1900/02, Bd. 190, Aktenstück Nr. 176, S. 1114: „Abweichungen, die zwischen den früheren Unfallversicherungsgesetzen und dem Unfallfürsorgegesetze bereits bestanden und ihre Begründung in der Verschiedenheit der Verhältnisse und der gewährten Bezüge finden, waren unverändert zu belassen; aus dem gleichen Grunde konnten auch nicht alle Neuerungen, welche durch die Gesetze vom 30. Juni 1900 eingeführt sind, hierher übertragen werden“. 211  RG, Urt. v. 6. 7. 1888 – III. 80/88, RGZ 21, 77: Zur Frage der Subsumption gewerblicher Berufskrankheiten unter den Betriebsunfallbegriff; dass., Urt. v. 3. 7. 1899 – IV. 106/99, RGZ 44, 253: Zum Betriebsunfall aufgrund betriebsgemäßer Handlungen; dass., Urt. v. 24. 6. 1902 – III. 83/02, RGZ 52, 76: Zur Frage des dienstlichen Zusammenhangs bei einem erlittenen Blitzschlag; dass., Urt. v. 21. 2. 1907 – VI. 306/06, RGZE 65, 204: Zusammenhang

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

ist daher ein originäres Produkt der Rechtsprechung und der sie begleitenden Wissenschaft.212 Differenziert wurde nicht zwischen einem „Betriebsunfall“ im Sinne des UVG und einem „Betriebsunfall“ im Sinne der unfallfürsorgerechtlichen Sondergesetze.213 Dies gilt nicht nur für die Merkmale des Unfallbegriffs als solchen, sondern auch für die Frage der Zurechnung des Betriebsunfalls zur Beschäftigung bzw. zum Dienst. Exemplarisch deutlich wird das an Ausführungen des RG im November 1910214. Der dort urteilende Senat nahm auf eine offenbar noch zuvor ergangene Entscheidung eines anderen Senats Bezug und stellte fest: „(…) dass der Begriff der im Dienste erlittenen Betriebsunfälle (…) in einem gleich weiten Sinne verstanden werden müsse, wie der Begriff der beim Betriebe sich ereignenden Unfälle in den Unfallversicherungsgesetzen. (…)“215

In einem ganz ähnlichen Sinne urteilte das RG nur wenig darauf im Dezember 1912216: „(…) Kein Zweifel besteht weiterhin darüber, dass sich der Unfall (…) als ein im Dienst erlittener Betriebsunfall darstellt. Dieser Begriff ist (…) in gleich weitem Sinne zu verstehen, wie der Begriff der beim Betriebe sich ereignenden Unfälle in den Unfallversicherungsgesetzen. (…)“217

c)  Finanzierung und Versicherungsprinzip Das BSG und das BVerwG verweisen darauf, dass die Finanzierung von gesetzlicher Unfallversicherung und Unfallfürsorge sich strukturell unterscheidet. Während dabei die gesetzliche Unfallversicherung auf dem Versicherungsprinzip beruht, gründet sich die Beamtenunfallfürsorge auf der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Lassen sich hieraus Erkenntnisse über Unterschiede in der Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen ableiten? Vorstellbar wäre dies dann, wenn Arzwischen Unfall und betrieblicher Beschäftigung (u.a.); dass., Urt. v. 6. 11. 1907 – V. 86/06, RGZ 66, 434; RG, Urt. v. 8. 5. 1918 – VI. 68/18, RGZ 93, 33: Zum Betriebsunfall in der Landwirtschaft; dass., Urt. v. 18. 1. 1921 – III. 303/20, RGZ 101, 220: Innerer Zusammenhang zwischen Betrieb und Unfall. 212  So auch Riedmaier, RiA 1979, 41 (42). Aus dem frühen wissenschaftlichen Schrifttum zum Betriebsunfalltatbestand bspw. Kaskel/Sitzler, Grundriß des sozialen Versicherungsrechts, 1912, S. 310 f. 213  RG, Urt. v. 3. 7. 1899 – IV. 106/99, RGZ 44, 253 (260): „Der Revision ist zunächst unbedenklich darin beizutreten, daß unter ,Betriebsunfall‘ im Sinne des Beamtenfürsorgegesetzes vom 18. Juni 1887 dasselbe zu verstehen ist, wie unter ,Unfall bei dem Betriebe‘ im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884“. Exemplarisch auch RG, Urt. v. 6. 11. 1907 – V. 86/06, RGZ 66, 433. Das Gericht stellte die Entscheidung explizit unter die Überschrift „Zum Begriff des Betriebsunfalls im Sinne der Unfallversicherungs- und Fürsorgegesetze“. 214  RG, Urt. v. 3. 11. 1910 – VI. 466/09, RGZ 75, 11. 215  RG, Urt. v. 3. 11. 1910 – VI. 466/09, RGZ 75, 11 (14). 216  RG, Urt. v. 4. 12. 1912 – III. 87/12, RGZ 81, 55. 217  RG, Urt. v. 4. 12. 1912 – III. 87/12, RGZ 81, 55 (58).

B.  Wiedergabe und Bewertung der vorgebrachten Begründungen

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beitnehmer und Beamte in einer voneinander abweichenden Form an der Finanzierung der beiden Absicherungssysteme beteiligt würden. Dann ließe sich argumentieren, dass eine anteilig höhere Heranziehung einer der beiden Personengruppen mit einer größeren Reichweite des Unfallschutzes korrespondieren müsse. Zutreffend ist zunächst einmal, dass sich die Unfallfürsorge von der gesetzlichen Unfallversicherung in strukturell-organisatorischer Hinsicht dadurch unterscheidet, dass sie nicht auf dem Versicherungsprinzip aufbaut.218 Der einzelne Beamte muss grundsätzlich keine mit den Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers vergleichbaren Beiträge entrichten.219 Die im Rahmen der Unfallfürsorge gewährten Leistungen werden aus dem steuerbasierten Haushalt des Dienstherrn finanziert.220 Demgegenüber ist es ein wesentliches Charakteristikum der Sozialversicherung, dass sie, anders als viele staatliche Leistungen, nicht durch Steuermittel, sondern durch gesetzlich vorgesehene Beiträge finanziert wird.221 Inwiefern sich aus diesen Sozialversicherungsbeiträgen vor dem Hintergrund von Art. 14 GG und unter Berücksichtigung der fehlenden Beitragsäquivalenz für den Einzelnen grundrechtlich geschützte Anwartschaften ergeben, ist verfassungsrechtlich insbesondere hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung umstritten.222 Für die gesetzliche Unfallversicherung stellt sich die Frage nach einer solchen Anwartschaft des einzelnen Arbeitnehmers aber letztlich nicht. Ihre Finanzierung unterscheidet sich von der Finanzierung der anderen Sozialversicherungssäulen dadurch, dass die Beiträge gemäß § 150 SGB VII223 allein von den Unternehmern entrichtet wer218  Inwiefern das Versicherungsprinzip in seinem strengen rechtssystematischen und rechtstechnischen Bedeutungsgehalt auf dem Gebiet der deutschen Sozialversicherungsgesetzgebung und speziell im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung konsequent verwirklicht worden ist, war über Jahrzehnte Gegenstand von Untersuchungen in der Sozialrechtswissenschaft. Grundlegend und ausführlich dazu Gitter, Arbeitsunfallrecht, 1969, S. 51 ff. (insbesondere 72 ff.); Schnapp, VSSR 1995, 101 ff., der prägnant von einem „Dauerbrenner“ spricht. 219  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 3. 220  Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 30 Rn. 53; Jahnke, Der Personenschaden in der täglichen Regulierungspraxis, 1999, S. 162. Zu den verschiedenen Finanzierungsarten bereits Bulla, Dienst- und Arbeitsunfall als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1970, S. 62 ff. 221  Ruland, NZS 2012, 321 (325). Anders freilich für den Bereich der „unechten“ gesetzlichen Unfallversicherung. Hier zu vernachlässigen ist die Thematik der Bezuschussung der Sozialversicherung durch Steuermittel, wie sie sich insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt, dazu bspw. Rombach, NZS 2002, 72 ff. Zur verfassungsrechtlichen Konformität der Beitragserhebung Kayser, Inhalt und Grenzen der Sozialversicherung, 2005, S. 175 ff. 222  Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 136 ff., mit ausführlicher Darstellung der hierzu ergangenen Judikatur; Sodan, NZS 2005, 561 (562 f.). 223  § 150 S. 1 SGB VII: „Beitragspflichtig sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen“.

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2. Kap.: Bewertung der Divergenzen und kritische Überprüfung

den.224 Diese sind im Gegenzug durch die Haftungsausschlussvorschriften von einer privatrechtlichen Schadensersatzpflicht beim Eintritt eines Arbeitsunfalls befreit.225 Weder wird also der einzelne Beamte im System der Beamtenversorgung noch der einzelne Arbeitnehmer in der Sozialversicherung originär an den Kosten ihrer unfallbezogenen Absicherung am Arbeitsplatz anteilig beteiligt oder in sonstiger Form finanziell herangezogen. Eine divergierende Risikoabdeckung, die sich aus einer unterschiedlichen finanziellen Beteiligung der beiden Berufsgruppe herleiten lassen könnte, scheidet demnach aus. 4. Fazit Aus den von BSG und BVerwG benannten „strukturellen Unterschieden“ lassen sich keine Argumente für eine differierende Reichweite des Unfallschutzes im Rahmen der Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes herleiten. Dies gilt sowohl für die Zielrichtung als auch im Hinblick auf organisatorische Unterschiede und die Finanzierung der beiden Systeme. Insbesondere der Blick auf die Entstehung von gesetzlicher Unfallversicherung und Unfallfürsorge zeigt zudem auf, dass der historische Gesetzgeber etwaigen Differenzen zwischen Arbeitsund Dienstverhältnis auf dem Gebiet der Unfallabsicherung keine entscheidende Bedeutung zumaß. Auch waren Unterschiede in der tatbestandlichen Auslegung historisch nicht angelegt. Der ursprüngliche Betriebsunfalltatbestand ist durch die Rechtsprechung für Arbeitnehmer und Beamte in einheitlicher Weise konkretisiert worden.

224 Dazu Giesen, Sozialversicherungsmonopol, 1995, S. 205 f.; Krasney, NZS 1996, 259 (265); Möller, SGb 2014, 435; ders., VSSR 2014, 219 ff. Zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung Wiester, NJW 1991, 1654 ff. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften sowie die sonstigen in § 114 Abs. 1 SGB VII genannten Unfallkassen. Instruktiv zur Beitragsfinanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung Heldmann, Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, 2006, S. 47 ff. 225  Axer, SGb 2016, 177 (181); Ricke, in: KassKomm, SGB VII, Vorbem. Rn. 3. Die unfallfürsorgerechtliche Haftungsbegrenzung des Dienstherrn nach § 46 Abs. 1 BeamtVG entspricht inhaltlich dem Unfallversicherungsrecht, s. Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 46 Rn. 3. Ausführlich zur Systematik der heutigen §§ 104 ff SGB VII Deinert, RdA 2013, 146 ff.; Krasney, NZS 2004, 7 ff., sowie ders., NZS 2004, 68 ff. Zur Frage, inwiefern die Haftungsersetzung in der gesetzlichen Unfallversicherung noch zeitgemäß und erhaltenswert ist jüngst Plagemann, SGb 2016, 245 ff. Eine Gegenüberstellung mit der Haftungsprivilegierung beim Dienstunfall gemäß § 46 BeamtVG nimmt Jahnke, NZV 2012, 467 ff., vor. Zum möglichen Regressanspruch des Unfallversicherungsträger gegen den Unfallversucher nach § 110 SGB VII bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten v. Koppenfels-Spies, in: FS-Stürner, Bd. 1, 2013, S. 201 ff.

C.  Zusammenfassung des Kapitels

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C.  Zusammenfassung des Kapitels Die Fälle, in denen es bei der Anerkennung eines Arbeits- oder Dienstunfalls zu divergierenden Ergebnissen kommt, folgen keinem erkennbaren Prinzip. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, die sich in einer Vielzahl von Fällen bestätigend auf die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht, lässt dort, wo sie eine andere Bewertung vornimmt, keine in sich geschlossene Linie erkennen, die sich im Sinne einer konsequenten Besser- oder Schlechterstellung des Beamten interpretieren lassen könnte. Den Divergenzen scheint in den einzelnen Fallgruppen ein tendenziell beliebiges Moment innezuwohnen. Unbenommen der Tatsache, dass Divergenzen in der Rechtsprechung des BSG bzw. BVerwG zu § 8 SGB VII bzw. § 31 BeamtVG zwar keine verfassungsrechtlichen Bedenken evozieren, sind Divergenzen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Arbeits- und Dienstunfall, wie auch im Schrifttum nicht verkannt wird, im Interesse der Rechtseinheit nur bei stichhaltigen Begründungen wünschenswert. Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Begründungsansätzen hat indes gezeigt, dass für die unterschiedliche Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes bislang keine überzeugenden und in sich kohärenten Ansatzpunkte zu finden sind. Insbesondere lassen sich Erklärungen hierfür weder normativ aus den Tatbeständen selbst noch aus der Gesetzessystematik ableiten. Auch übergeordnete strukturelle Unterschiede kommen als taugliche Begründungen für eine unterschiedliche Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes nicht in Betracht. Diesbezügliche Divergenzen lassen sich nicht mit der Zielrichtung der beiden Absicherungssysteme oder aus der abweichenden Finanzierung sinnvoll begründen. Letztere mögen allenfalls dazu geeignet sein, Divergenzen auf dem Gebiet der gewährten Leistungen zu rechtfertigen, eignen sich aber nicht als Rechtfertigung für eine unterschiedliche Reichweite des Unfallschutzes auf tatbestandlicher Ebene. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Unfallversicherung und der Beamtenunfallfürsorge lässt Unterschiede bei der Anerkennung von Arbeitsund Dienstunfällen ebenfalls nicht verständlich werden, sondern zeigt den gemeinsamen Ursprung der beiden Rechtsinstitute auf. Dieser manifestiert sich nicht zuletzt im gemeinsamen historischen Ausgangstatbestand des Betriebsunfalls.

Drittes Kapitel

Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen 3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

A. Ausgangsüberlegungen Geht man zurück auf den Ausgangsgedanken des zweiten Kapitels, nach dem eine unterschiedliche Beurteilung bei Arbeits- und Dienstunfällen im Hinblick auf Rechtssicherheit und Rechtseinheit nur bei stichhaltigen Begründungen erfolgen sollte, bleibt zu bilanzieren, dass die derzeitige Rechtslage diesem Anspruch nicht gerecht wird. Hiervon ausgehend besteht demnach ein Veränderungsbedarf, der diesem Gedanken Rechnung trägt.

I.  Kontinuität der institutionellen Trennung Dieser Veränderungsbedarf kann sich unter Beibehaltung der institutionellen Trennung von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge realisieren lassen. Für eine grundsätzliche Reform, gar einer Zusammenlegung der unfallbezogenen Absicherung von Arbeitnehmern und Beamten in einem einheitlichen System, besteht weder ein ökonomischer noch ein sozialer Bedarf. Während im Hinblick auf den demographischen Wandel die Ausgaben des Bundes und der Länder für die Beamtenpensionen steigen und sich die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung mit Finanzierungsproblemen konfrontiert sehen,1 wird die gesetzliche Unfallversicherung in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Allgemeinen als besonders stabiler Zweig des Sozialversicherungssystems wahrgenommen.2 Die in der heutigen Zeit insgesamt überschaubar gewordene Anzahl an Arbeitsunfällen dürfte hierzu erfreulicherweise maßgeblich beigetragen haben.3 Damit korrespondiert, dass in rechtswissenschaftlicher Hinsicht zudem eine weitgehende Zurückhaltung des Gesetzgebers bei Novellierungen des Arbeitsun-

1  Dazu aus der umfangreichen Literatur bspw. Bull, Vom Staatsdiener zum öffentlichen Dienstleister, 2006, S. 80 ff.; Lenze, NVwZ 2006, 1229 ff.; dies., KritJ 2010, 132 ff.; Ruland, NVwZ 1995, 417 ff. 2  Leipold, WzS 2009, 173 (174); Marburger, NZV 2012, 159, sieht in der gesetzlichen Unfallversicherung den Bereich der Sozialversicherung, „der am wenigsten Schlagzeilen in der öffentlichen Presse verursacht“; Papier/Möller, NZS 1998, 353, bezeichnen die gesetzliche Unfallversicherung gar als eine „heile Welt“ innerhalb des Sozialversicherungssystems. 3  Marburger, NZV 2012, 159.

A. Ausgangsüberlegungen

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fallrechts erkennbar ist.4 Diese Stabilität manifestiert sich im Übrigen in der vergleichsweise niedrigen Rate in Bezug auf die Verfahrenseingänge am BSG.5 Hinzu kommt, dass eine tiefgreifende Reform der Beamtenversorgung, gar eine Aufgabe eines eigenständigen Versorgungssystems für Beamte im Hinblick auf Art. 33 Abs. 5 GG auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste.6

II.  Die Rechtsprechung als Ausgangspunkt In dieser Untersuchung ist deutlich geworden, dass die vorhandenen Divergenzen ihrer Genese nach auf der unterschiedlichen Auslegung gleicher Tatbestandsmerkmale durch die Sozialgerichte einerseits und die Verwaltungsgerichte andererseits beruhen. Keine Veränderung wird man sich auf diesem Gebiet durch die wiederkehrenden Vorschläge7 einer Aufhebung der institutionellen Trennung zwischen Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit und deren Überführung in eine 4  Auch ein Blick auf die seit Einführung des SGB VII ergangenen Reformen lässt diese relative Kontinuität erkennen. Mit dem Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen v. 9. 12. 2004, BGBl. I S. 3299, erweiterte der Gesetzgeber den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere auf Personen im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements, s. dazu und ausführlich zum neuen Status des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes dieser Personengruppe Molkentin, BG 2006, 17 ff., sowie Merten/Ziegler, SGb 2005, 427 ff. Zum Begriff des „Ehrenamtes“ in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Röcken, WzS 2014, 169. Das Gesetz zur Modernisierung der Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG) v. 30. 10. 2008, BGBl. I S. 2247, brachte als letzte große Gesetzesnovelle eine Überarbeitung der Verwaltungsstrukturen mit sich, in deren Rahmen insbesondere die Anzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften deutlich reduziert worden ist. Ausführlich zu Inhalt und Zielen des UVMG Colella/Kranig, BG 2008, 388 (insbesondere 390 ff.). Zur Reduzierung der Anzahl der Berufsgenossenschaften zB Dahm, WzS 2008, 289 f. Die Änderungen im Bereich der Zuständigkeit und Finanzierung werden zusammenfassend von Bigge/Merten, WzS 2008, 334 ff., dargestellt. Keine dieser Gesetzesnovellen hatten den Arbeitsunfalltatbestand als solchen zum primären Gegenstand. 5  So zeigt die Statistik für das Jahr 2012, dass gerade einmal 5,7% aller Verfahrenseingänge das Unfallversicherungsrecht betrafen. Im Vergleich zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung inklusive Vertragsarztrecht (39,5%) sowie zur gesetzlichen Rentenversicherung (14,8%) ein auffallend geringer Anteil. Prozentwerte nach Becker, SGb 2014, 1 (5), der diese anhand der Bundesstatistik für das Jahr 2012 errechnet hat. 6 Instruktiv Fürst, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Neuregelung der Beamtenversorgung, 1984, S. 5 ff. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken eines Abschieds vom Beihilfesystem und einer Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung Schwidden, RiA 1998, 60 (63 f.). Demgegenüber zur Frage, ob den Gesetzgeber eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Errichtung und Beibehaltung einer beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystems trifft Schenkel, Sozialversicherung und Grundgesetz, 2008, S. 199 ff. 7 Dazu Dürschke, NZS 2004, 302 ff.; Roller, VSSR 2004, 131 ff.; v. Renesse, NZS 2004, 452 ff. Zur verfassungsrechtlichen Kompatibilität einer Zusammenlegung von Gerichtsbar-

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

einheitliche öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit, gegebenenfalls unter Einschluss der Finanzgerichtsbarkeit, versprechen dürfen.8 Für eine Zusammenlegung einzel­ ner Fachgerichtsbarkeiten mögen sich zwar praktische Gründe anführen lassen,9 die freilich nicht die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Arbeits- und Dienstunfallrechts berühren. Doch auch unter der Prämisse, dass ein solches Vorhaben politisch zukünftig umgesetzt wird, dürfte dieses kaum Auswirkungen auf die hier behandelten Unstimmigkeiten haben. Eine gemeinschaftliche Zuständigkeit für die gesetzliche Unfallversicherung und die Beamtenunfallfürsorge im Rahmen einer vereinigten Gerichtsbarkeit würde solange jedenfalls nicht zu einer Veränderung des Status quo führen, wie eine solche zusammengelegte Gerichtsbarkeit nicht die bisherige Auslegung des § 8 SGB VII bzw. des § 31 BeamtVG modifizieren würde. Weder ist die organisatorische Zusammenführung der Gerichtsbarkeiten hierfür eine notwendige Bedingung, noch wäre sie für sich genommen hinreichend. Demnach muss es darum gehen, Orientierungspunkte zu definieren, die als Leitfaden für die Rechtsprechung der Sozial- und Verwaltungsgerichte dienen können. In Bezug auf den Wegeunfall tritt Leube10 für eine Herstellung gleicher Beurteilungsmaßstäbe ein. Dies würde im Ergebnis auf eine Angleichung der Rechtslage durch eine Harmonisierung der Rechtsprechung zu § 8 SGB VII und § 31 BeamtVG hinauslaufen. Im Folgenden soll thesenhaft ein Weg aufgezeigt werden, der ebenfalls den Gedanken der Angleichung im Sinne eines einheitlichen Mindeststandards bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen in den Vordergrund stellt und der sozialgerichtlichen Rechtsprechung eine Leitfunktion auferlegt. Dieser Gedanke soll dabei mit Überlegungen kombiniert werden, unter welchen Bedingungen ausnahmsweise ein über die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Unfallversicherung hinausgehende Anerkennung von Dienstunfallschutz durch die Verwaltungsgerichte sinnvoll und akzeptabel sein könnte.

B. Thesen Die folgenden drei Thesen sollen als Maßgabe für eine aufeinander abgestimmte gerichtliche Anerkennungspraxis von Arbeits- und Dienstunfällen dienen.

keiten auf Landesebene im Hinblick auf Art. 95 GG Schenkel, DÖV 2011, 481 ff., sowie auch hinsichtlich Art. 97 GG Stüer/Hermanns, DÖV 2001, 505 ff. 8  Instruktiv zu den verfassungsrechtlichen Implikationen sowie zum Für und Wider einer Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten Brand/Fleck/Scheer, NZS 2004, 173 ff. 9  Tabbara, NZS 2009, 483 (487 ff.), fasst die im Wesentlichen vorgebrachten Argumente übersichtlich zusammen und tritt im Ergebnis für den Erhalt einer eigenständigen Sozialgerichtsbarkeit ein. 10  Leube, ZTR 2012, 682 (688).

B. Thesen

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I.  Erste These: Anerkennung eines Arbeitsunfalls nach § 8 SGB VII als Mindeststandard für das Dienstunfallrecht Die sozialgerichtliche Anerkennungspraxis hinsichtlich des Arbeitsunfalltatbestandes sollte für die Anerkennung eines Dienstunfalls durch die Verwaltungsgerichte als Mindeststandard fungieren. Dies bedeutet im Hinblick auf die Ergebnisse des ersten Kapitels, dem Beamten auch dort Dienstunfallschutz zu gewähren, wo dessen Umfang und Reichweite im Vergleich zur gesetzlichen Unfallversicherung bislang noch zurücksteht. Die gesetzliche Unfallversicherung ist demnach als Grundmodell der unfallbezogenen Absicherung in der Arbeitswelt aufzufassen, die einen sozialen Mindestschutz sowohl für Arbeitnehmer als auch für die von der Versicherungspflicht befreiten Beamten statuiert. Dieser Gedanke unterliegt im Grunde einer doppelten Begründungsbedürftigkeit. Zum einen müsste sich aufzeigen lassen, dass sich der Gedanke eines im Grundsatz einheitlichen Schutzniveaus für Arbeitnehmer und Beamte am Arbeitsplatz auch an anderer Stelle durch die Rechtsordnung zieht. Zum anderen muss dargelegt werden können, dass dieser Mindeststandard durch die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung vorgegeben wird. 1.  Blick auf das Arbeitsschutzrecht Hinsichtlich des ersten Begründungsaspekts soll hier ein Blick auf die normativen Regelungen geworfen werden, die den Sicherheitsstandard am Arbeitsplatz betreffen. Der enge thematische Bezug des Arbeits- und Dienstunfallrechts zu den Alltagsgefahren der Arbeitswelt lassen einen Vergleich mit den Regelungen naheliegend erscheinen, die die Gesundheit der Arbeitnehmer und Beamten am Arbeitsplatz besonders schützen sollen. Die Leistungen der Unfallversicherung und der Unfallfürsorge nach Anerkennung eines Arbeits- bzw. Dienstunfalls schützen den Arbeitnehmer und den Beamten finanziell vor den Kosten, die sich aus den unfallbedingten Schäden für ihn ergeben. Es geht demnach um Rehabilitation für den Fall, dass sich bereits eine Gefahr realisiert hat, welcher der Betroffene während seiner berufs- und arbeitsplatzbedingten Tätigkeit ausgesetzt ist. Von Interesse ist es daher, welche präventiven Maßnahmen die Rechtsordnung in diesem Bereich getroffen hat. a) Arbeitsschutzgesetzgebung Die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz wird in der Bundesrepublik durch einen rechtlichen Dualismus geprägt:11 Einerseits durch die öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzgesetzgebung und andererseits, in seiner 11  Vogel, Die Rechtsbindung der Arbeitnehmer an Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII, 2000, S. 54; Wlotzke, NZA 2000, 19 (21). Ausführlich Müller-Petzer, Fürsorgeplichten des Arbeitgebers nach europäischem und nationalem Arbeitsschutzrecht, 2003, S. 36 ff.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

Zielrichtung eng mit der staatlichen Arbeitsschutzgesetzgebung verwandt,12 durch die insbesondere von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erlassenen Unfallverhütungsvorschriften,13 die sich heute auf § 15 SGB VII14 gründen.15 Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren zur Überführung der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB sprach sich der Bundesrat mit Verweis auf die europarechtlichen Rahmenbedingungen dafür aus, von der Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII den Bereich der Unfallverhütung auszunehmen.16 Die damalige Bundesregierung lehnte in ihrer Gegenäußerung eine partielle Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Unfallversicherung für den Bereich der Unfallprävention aus systematischen Erwägungen ab. Sie sah zur Herstellung eines gleichwertigen Unfallverhütungsniveaus für beide Berufsgruppen die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Beamtenrecht, insbesondere durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften, als hinreichend tauglich an.17 Exemplarisch kommt heute der Gedanke des gleichen Schutzniveaus in der 1. AVU Bund18 zur Geltung, 12  Wilhelm, Die Unfallverhütungsvorschriften im System des deutschen und des europäischen Rechts, 2002, S. 5. 13  Leube, ZTR 2015, 310 (311); Wlotzke, NZA 2000, 19 f. Instruktiv zur historischen Entwicklung der Unfallverhütungsmaßnahmen in der gesetzlichen Unfallversicherung Rink, Der Präventionsauftrag der gesetzlichen Unfallversicherung, 2010, S. 28 ff. Ausführlich zur Unfallverhütung in der gesetzlichen Unfallversicherung Leube, ZTR 2003, 380 ff.; Pflaum, Die Bedeutung der Unfallverhütungsvorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung, 1960, passim. Zur Rolle von Unfallverhütungsvorschriften im Bereich der technischen Sicherheitsanforderungen an Maschinen Lindl, Arbeitsschutzrecht, 1992, S. 27 f. Zur Zuständigkeit der Sozialgerichte im Rahmen der Überwachung der Unfallverhütung Leube, NZS 1997, 564 ff. 14  § 15 Abs. 1 S. 1 SGB VII: „Die Unfallversicherungsträger können unter Mitwirkung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. als autonomes Rechts Unfallverhütungsvorschriften über Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren oder für eine wirksame Erste Hilfe erlassen, soweit dies zur Prävention geeignet und erforderlich ist und staatliche Arbeitsschutzvorschriften hierüber keine Regelung treffen; (…)“. 15 Ausführlich zur Rechtssetzungsbefugnis der Berufsgenossenschaft auf Grundlage des § 15 SGB VII Wallerath, NZS 1997, 1 ff. Oftmals werden die von den Unfallversicherungsträgern erlassenen Unfallverhütungsvorschriften zusammen mit arbeitsschutzbezogenen Vereinbarungen seitens der Tarifpartner in Abgrenzung zur staatlichen Arbeitsschutzgesetzgebung als „autonomes Arbeitsschutzrecht“ bezeichnet, s. Vogel, Die Rechtsbindung der Arbeitnehmer an Unfallverhütungsvorschriften, 2000, S. 53 m.w.N. 16  BT-Drucks. 13/2333, S. 4: „Im Sinne der Gleichbehandlung von Arbeitern, Angestellten und Beamten und im Hinblick auf die zum Arbeitsschutz nach § 118a EWG-Vertrag erlassenen EU-Richtlinien darf es beim Arbeitsschutz im öffentlichen Dienst keine Differenzierung nach Beschäftigungsgruppen mehr geben“. 17  BT-Drucks. 13/2333, S. 19. Insbesondere verwies die Bundesregierung auf die fehlende Vertretung der Beamten in den Vertreterversammlungen der Versicherungsträger hin, die im Falle einer partiellen Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung notwendig sein würde. 18  Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung der Unfallverhütung im Bundesdienst v. 17. 3. 2005.

B. Thesen

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die das BMI im Jahr 2005 für den Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung erlassen hat. Deren § 319 verweist für den Fall des Fehlens hinreichender allgemeiner Verwaltungsvorschriften auf die sachlich einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften der Unfallversicherungsträger. Doch soll hier vor allem der Blick auf die staatlicherseits begründete Arbeitsschutzgesetzgebung gerichtet werden, die sich thematisch grob in die Gebiete des technischen, des sozialen und des medizinischen Arbeitsschutzes unterteilen lässt.20 Sie hat sich über den Zeitraum von nahezu einem Jahrhundert sukzessive, wenngleich fragmentarisch und lückenhaft entwickelt.21 Im Allgemeinen hat die staatliche Arbeitsschutzgesetzgebung zum Ziel, die Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung durch die Minimierung der Schädigungsgefahr am Arbeitsplatz zu erhalten und zu schützen.22 Auf die Entwicklung und Ausgestaltung der staatlichen Arbeitsschutzgesetzgebung haben in den letzten Jahren die europarechtlichen Rahmenbedingungen weitaus größeren Einfluss genommen als auf die materiell rechtliche Ausgestaltung des Sozialversicherungssystems.23 Mit der im Jahre 1989 verab-

19  § 3 1. AVU Bund: „Soweit Verwaltungsvorschriften nach § 1 und Anweisungen nach § 2 nicht bestehen, sind bis zum Erlass weiterer allgemeiner Verwaltungsvorschriften über Maßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB VII die sachlich einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften der in § 114 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 7 SGB VII aufgeführten Unfallversicherungsträger zu berücksichtigen. (…)“. 20 Ausführlich Müller-Petzer, Fürsorgepflichten des Arbeitgebers nach europäischem und nationalem Arbeitsschutzrecht, 2003, S. 36 ff. Eine strikte Auftrennung ist freilich nicht immer möglich, s. Vogel, Die Rechtsbindung der Arbeitnehmer an Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII, 2000, S. 53. 21  Wlotzke, NZA 2000, 19 (20). Ein kurzer geschichtlicher Abriss findet sich bei Beigel, Arbeitssicherheitsrecht in Deutschland und Frankreich, 1996, S. 51 f.; Instruktiv zur Entwicklung des Arbeitsschutzes in Deutschland Pieper, Das Arbeitsschutzrecht in der deutschen und europäischen Arbeits- und Sozialordnung, 1998, S. 11 ff. 22  Burgi, NVwZ 1993, 954 f.; Pieper, ArbSchR, Einl. Rn. 1; Schmidt am Busch, in: Kollmer/Klindt, ArbSchG, Einl. A. Rn. 1; Wlotzke, BArbBl. 1989, 5. 23  Zum heutigen Zeitpunkt existiert noch keine EU-Richtlinie, die speziell die sozialversicherungsrechtliche oder beamtenrechtliche Ausgestaltung der Unfallabsicherung von Arbeitnehmern und Beamten innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten zum Gegenstand hätte. Dies bedeutet indes nicht, dass das nationalstaatliche Unfallversicherungsrecht insgesamt bisher nicht Gegenstand des Gemeinschaftsrecht gewesen wäre. Zu beachten bspw. ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29. 4. 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. Nr. L 166 S. 1, ber. ABl. Nr. L 2004 S. 1 und ABl. 2007 Nr. L 204 S. 30 (…), welche in ihren Art. 36-45 Regelungen zum Leistungsrecht bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten beinhaltet. Ausführlich dazu die Kommentierung bei Fuchs, in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, VO (EG) Nr. 883/2004, Art. 36 ff. Zu bilateralen Abkommen in Europa auf dem Gebiet der Sozialversicherung und ihrem Verhältnis zum koordinierenden europäischen Sozialrecht jüngst Bokeloh, NZS 2015, 321 ff.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

schiedeten „Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie“ RL 89/391/EWG24 zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz25 wurden auf europäischer Ebene einheitliche Mindestbedingungen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes geschaffen, die unterschiedslos die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern wie von Beamten betrafen. Im Bereich des technischen Arbeitsschutzes, namentlich auf dem Gebiet des gefahrstoffbezogenen Arbeitsschutzes, ist die EG zuvor im Jahr 1980 mit Verabschiedung der RL 80/1107/EWG26 aktiv geworden. Auch hier wurden identische Schutzstandards für Arbeitnehmer und Beamte gesetzt.27 Eine Exklusion des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses würde dem gemeinschaftsrechtlichen Gedanken eines umfassenden Schutzes vor Gefahrstoffen zuwiderlaufen und es den Mitgliedstaaten ermöglichen, anhand ihrer nationalstaatlichen Rechtsvorschriften vom Begriff des Arbeitnehmers nach Belieben verschiedene Berufsgruppen auszunehmen.28 In den Neunzigerjahren war der deutsche Gesetzgeber bemüht, die europarechtlichen Vorgaben im Bereich des Arbeitsschutzes in das deutsche Recht zu überführen.29 Das im Jahre 1996 verabschiedete ArbSchG30 bildet gegenwärtig ein Rahmenwerk des betrieblichen Arbeitsschutzes in Deutschland.31 Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und zur Abwehr arbeitsbedingter Gesundheitsrisiken gehören zum Kernbereich dieses Gesetzes.32 Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben33 hat der Gesetzgeber ein für Arbeitnehmer wie für Beamten allgemein verbindliches Arbeitsschutzniveau geschaffen,34 indem

24  RL 89/393/EWG des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit v. 12. 6. 1989, ABl. EG Nr. L 183, S. 1. 25  Ausführlich zur Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie und zu den auf Grundlage dieser Rahmenrichtlinie erlassenen Einzelrichtlinien Wilhelm, Die Unfallverhütungsvorschriften im deutschen und europäischen Recht, 2002, S. 73 ff. 26  RL 80/1107/EWG des Rates v. 27. 11. 1980 zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit. 27  Börgmann, Die Gefahrstoffverordnung im Spannungsfeld zwischen Verfassungsund EG-Recht, 1996, S. 52 ff. 28  Börgmann, Die Gefahrstoffverordnung im Spannungsfeld zwischen Verfassungsund EG-Recht, 1996, S. 53. 29  s. die Ausführungen bei Wlotzke, NZA 1996, 1017 (1018). 30  Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG) v. 7. 8. 1996, BGBl. I S. 1246. 31  Wiebauer, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, ArbSchG, Vor § 1 Rn. 6. 32  BT-Drucks. 13/3540, S. 15. 33 Zur damaligen verspäteten Umsetzung der RL 89/391/EWG sowie mehrerer Einzel-RL durch den deutschen Gesetzgeber Gaul, AuR 1995, 445 ff. 34  Leube, ZTR 2015, 310 (311); Wank, in: ErfK, ArbSchG, § 1 Rn. 2 f. Im Sinne des § 18 ArbSchG ist das Schutzniveau hinsichtlich der arbeitgeberseitigen Maßnahmen und der die Beschäftigten betreffenden Pflichten durch Rechtsverordnungen

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er im personellen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 ArbSchG35 Arbeitnehmer und Beamte unter den Oberbegriff des „Beschäftigten“ ausdrücklich zusammenfasst.36 Diese Gleichbehandlung spiegelt sich heute auch im ursprünglich 1971 geschaffenen ASiG37 wieder. In § 16 ASiG38 hat der Gesetzgeber verfügt, dass für Beamte ein mit den Grundsätzen dieses Gesetzes vergleichbarer, „gleichwertiger“ Arbeitsschutz sicher zu stellen ist, in dessen Rahmen die Unfallversicherungsträger des öffentlichen Dienstes in den Dienststellen und Betrieben die entsprechende Organisation des Arbeitsschutzes zu gewährleisten haben.39 b)  Weitere Schutzgesetzgebung im Bereich des Arbeitsrechts Abseits des Arbeitsschutzrechtes im engeren Sinne, dennoch mit Bezug auf die alltäglichen Arbeitsbedingungen und den Schutz des Einzelnen am Arbeitsplatz, finden sich weitere Beispiele für ein identisches Schutzniveau bei Arbeitnehmern und Beamten, die in ihrem Ursprung gleichsam auf gemeinschaftsrechtlichen Impulsen basieren. Exemplarisch ist die RL 2003/88/EG40 („Arbeitszeitrichtlinie“) zu nennen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der RL41 sind die einzelnen EU-Mitgliedstaaten dazu angehalten, innerhalb ihrer nationalen Rechtsordnungen jedem Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen zu garantieren. Art. 7 Abs. 242 der Arbeitszeitrichtlinie verbietet darüber hinaus außer bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Substitution des Urlaubsanspruches zu konkretisieren. In den Beamtengesetzen der Länder wird regelmäßig auf die entsprechende Geltung der Rechtsverordnungen der Bundesregierung verwiesen, s. bspw. § 82 NBG. 35  § 2 Abs. 2 ArbSchG: „Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind: (Nr. 1:) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, (…) (Nr. 4:) Beamtinnen und Beamte, (…)“. 36  BT-Drucks. 13/3540, S. 15: „Wegen der Vielfalt der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, in denen abhängige Arbeit geleistet wird, erscheint der Begriff ,Beschäftigte‘ als geeigneter weiter Oberbegriff. Insbesondere sollen neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes auch Beamtinnen und Beamte erfaßt werden. (…)“. 37  Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit v. 12. 12. 1973, BGBl. I S. 1885. 38  § 16 ASiG: „In Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist ein den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz zu gewährleisten“. 39  Aufhauser, in: Aufhauser/Brunhöber/Igl, ASiG, § 16 Rn. 9. 40  RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4. 11. 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. 41  Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind“. 42  Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG: „Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden“.

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durch finanzielle Leistungen. Sich auf diese Regelungen beziehend legte das VG Frankfurt dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Diese betrafen einen vom VG zu entscheidenden Rechtsstreit darüber, ob die Stadt Frankfurt am Main einem in den Ruhestand getretenen Feuerwehrbeamten die finanzielle Kompensation für nicht genommenen Jahresurlaub verweigern durfte. Die Stadt hatte unter anderem damit argumentiert, dass ein solcher Anspruch dem deutschen Beamtenrecht fremd und Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG auf Beamte nicht anwendbar sei. Zudem stelle eine Ruhestandsversetzung nicht das dar, was in der genannten Vorschrift unter einer „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ verstanden werde. Das VG Frankfurt bezweifelte die Vereinbarkeit dieser Argumentation mit dem Unionsrecht. Der EuGH bestätigte die Bedenken des VG und urteilte am 3. 5. 201243, dass Beamte unter den Anwendungsbereich von Art. 7 RL 2003/88/ EG fallen.44 Der in Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie genannte Begriff des Arbeitnehmers sei nach Auffassung des EuGH unter Verweis auf seine bisher ergangene Rechtsprechung genuin europarechtlicher Natur und unabhängig vom Arbeitnehmerverständnis der nationalstaatlichen Rechtsordnungen zu interpretieren.45 Wesentliches Kriterium für die Annahme eines „Arbeitsverhältnisses“ in diesem Sinne sei, „dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält“.46 Damit müsse der Feuerwehrbeamte als Arbeitnehmer im Sinne des Art. 7 RL 2003/88/EG verstanden und die Ruhestandsversetzung als Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewertet werden. Dem Beamten komme demnach gemäß Abs. 2 der Vorschrift ein Anspruch auf eine finanzielle Vergütung zu.47 Keinen Bezug mehr zum eigentlichen Arbeitsschutzrecht weisen zwei Gesetze auf, die der Vollständigkeit halber hier noch Erwähnung finden sollen, da auch 43 

EuGH, Urt. v. 3. 5. 2012 – C-337/10 (Neidel/Stadt Frankfurt a.M.), NVwZ 2012, 688. Urt. v. 3. 5. 2012 – C-337/10 (Neidel/Stadt Frankfurt a.M.), NVwZ 2012, 688 (689). Dies ergibt sich nach der Interpretation des EuGH aus Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG i.V.m. RL 89/391/EWG, nach welchem grundsätzlich „alle öffentlichen oder privaten Tätigkeitsbereiche“ erfasst sind. Die in Art. 2 Abs. 2 RL 89/391/EWG normierten Ausnahmetatbestände seien mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Gerichts „eng auszulegen“ und existierten nur zu dem Zwecke, „das ordnungsgemäße Funktionieren der Dienste zu gewährleisten, die in Situationen von besonderer Schwere und besonderem Ausmaß für den Schutz der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Ordnung unerlässlich sind“. 45  EuGH, Urt. v. 3. 5. 2012 – C-337/10 (Neidel/Stadt Frankfurt a.M.), NVwZ 2012, 688 (689). Aus der Literatur zum primärrechtlichen Arbeitnehmerbegriff Forst, RdA 2014, 157 (164); Schneider/Wunderlich, in: Schwarze, AEUV, Art. 45 Rn. 9. Anders freilich bei EU-Richtlinien, die explizit auf den jeweiligen nationalen Arbeitnehmerbegriff Bezug nehmen, wie bspw. zum Betriebsübergang Art. 2 Nr. 1 lit. d). Hierzu auch die Auflistung in der Urteilsanmerkung bei Stiebert/Pötters, NVwZ 2012, 690 (691). 46  EuGH, Urt. v. 3. 5. 2012 – C-337/10 (Neidel/Stadt Frankfurt a.M.), NVwZ 2012, 688 (689) m.w.N. 47  EuGH, Urt. v. 3. 5. 2012 – C-337/10 (Neidel/Stadt Frankfurt a.M.), NVwZ 2012, 688 (689 f.). Hierauf bezugnehmend BVerwG, Urt. v. 31. 1. 2013 – 2 C 10.12, NVwZ 2013, 1295. 44  EuGH,

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sie beispielhaft eine rechtliche Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Beamten am Arbeitsplatz erkennbar werden lassen. In der Bundesrepublik stellt das im Jahre 2009 verabschiedete GenDG48, dessen Vorschriften ausweislich der Zweckbestimmung in § 1 GenDG i.V.m. §§ 19 ff. GenDG dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Verhinderung von Benachteiligungen im Rahmen genetischer Untersuchungen im Arbeitsleben dienen,49 in § 22 Nr. 1 GenDG50 die Beamten des Bundes51 im Anwendungsbereich des Gesetzes den privatrechtlich Beschäftigten gleich. Vergleichbares findet sich auf dem Gebiet der Antidiskriminierungsgesetzgebung. Die Vorschriften des ebenfalls auf europarechtlichen Vorgaben52 basierenden AGG53 finden ausweislich des § 24 Nr. 1 AGG54 auch auf Beamte Anwendung, sodass durch die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes der europarechtliche Gleichbehandlungsschutz auch in diesem Bereich realisiert wird.55 48 Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) v. 31. 7. 2009, BGBl. I S. 2529, ber. 2009, S. 3672. 49  Ausführlich zu Hintergrund und Zielen des GenDG Genenger, NJW 2010, 113 ff. 50  § 22 GenDG: „Es gelten entsprechend (Nr. 1:) für Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und Soldaten sowie Zivildienstleistende die für Beschäftigte geltenden Vorschriften, (…)“. 51  Fischinger, NZA 2010, 65 (66), kritisiert die fehlende Einbeziehung der Landesbeamten mit Recht als „rechtspolitisch zweifelhaft“, da eine verminderte Schutzbedürftigkeit nicht auszumachen ist. 52 Das Gesetz diente der Umsetzung der folgenden EU-Richtlinien: RL 2000/43 RL 2000/43/EG des Rates v. 29. 6. 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft; RL 2000/78/EG des Rates v. 27. 11. 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Geschäft und Beruf; RL 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23. 9. 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen; RL 2004/113/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23. 9. 2002 zur Änderung der RL 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. 53  Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) v. 14. 8. 2006, BGBl. I S. 1897. 54  § 24 AGG: „Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für (Nr 1:) Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, (…)“. 55  Mahlmann, in: Däubler/Bertzbach, AGG, § 24 Rn. 2. Die vom Gesetzgeber in die Vorschrift implementierte Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamten berührt nicht den im Vergleich zum Arbeitnehmer identischen Schutzbereich, sondern erweitert lediglich im Einzelfall den Bereich der Rechtfertigungsmöglichkeiten, s. Bauer/ Krieger, AGG, § 24 Rn. 6.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

Mögen die beiden letztgenannten Gesetze sicherlich einen sehr speziellen sachlichen Anwendungsbereich aufweisen, die einen allgemeinen Rückschluss jedenfalls nicht zwingend erscheinen lassen, so weist dennoch das Gesamtbild der in diesem Abschnitt genannten Regelungen eine eindeutige Tendenz auf. Der Schutz von Arbeitnehmern und Beamten am Arbeitsplatz ist in der heute zunehmend europarechtlich geprägte deutsche Rechtsordnung mittlerweile wesentlich von dem Gedanken durchzogen, ein einheitliches Schutzniveau für beide Personengruppen zu erzielen, wenn die Erhaltung der Gesundheit und die Abwehr von Gefahren im Mittelpunkt steht. Es erscheint daher auch gerechtfertigt, diesen Gedanken auf die Anerkennungspraxis im Arbeits- und Dienstunfallrecht zu übertragen. 2.  Orientierungsfunktion der gesetzlichen Unfallversicherung Als Grundmodell für einen einheitlichen Mindestschutz kann nur dasjenige Absicherungssystem begriffen werden, welches den „Regelfall“ der Absicherung darstellt. Angesichts der Tatsache, dass etwa 90% der Bevölkerung in das System der Sozialversicherung integriert sind56 und im Hinblick darauf, dass die Anzahl der privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmer diejenige der Beamten bei weitem übersteigt, stellt die Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung freilich den statistischen Normalfall in der Arbeitswelt dar. Doch abseits dieser faktischen Betrachtung lässt sich dieser Regelfall im Sinne eines „Regel-Ausnahme-Modells“ auch in rechtlicher Hinsicht ausmachen. Es ist dem gegenwärtigen Recht immanent, wie mit Blick auf die Gesetzessystematik sowie die Befreiung des Beamten von der gesetzlichen Versicherungspflicht gezeigt werden kann. a) Gesetzessystematik In systematischer Hinsicht wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis sowohl anhand von Normen im Sozialversicherungsrecht wie auch in den Vorschriften über die Unfallfürsorge erkennbar. Hierfür werden im Folgenden drei Beispiele aufgezeigt. aa)  „Beschäftigung“ nach § 7 Abs. 1 SGB IV Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beamten ist aus sozialversicherungsrechtlichem Verständnis heraus als eine „Beschäftigung“ im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV einzuordnen.57 Erst die speziellere Norm des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Kretschmer, SGb 2015, 357. Leube, ZTR 2012, 682 (688); Rittweger, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB IV, § 7 Rn. 5. Das BSG hat darüber hinaus bei Ehrenbeamten, so bspw. bei einem ehrenamtlichen Bürgermeister, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV bejaht, s. BSG, Urt. v. 25. 1. 2006 – B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rn. 14 f., mit zustimmender Anmerkung und zugleich für einen generellen Verzicht auf das Kriterium der Ehrenamtlichkeit eintretend Seewald, SGb 2006, 538 (541). 56  57 

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SGB VII58 befreit den Beamten wieder von der Einbeziehung in die Unfallversicherung und dies, wie bereits dargestellt, auch nur insoweit, als für ihn „beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze“ gelten.59 Die Vorschrift fungiert damit als Freistellungstatbestand gegenüber der grundsätzlich umfassenden Versicherungspflicht für alle abhängig Beschäftigte.60 Vergleichbare Regelungen zur Freistellungen von Beamten finden sich in allen Zweigen der Sozialversicherung.61 Hierbei handelt es sich nicht um eine vom Gesetzgeber bloß zufällig gewählte Regelungstechnik. Die Sozialversicherung beruht auf dem Gedanken der grundsätzlichen Pflichtversicherung sämtlicher gegen Entgelt beschäftigter Personen.62 Das BSG spricht gar explizit von einem „das Recht der Sozialversicherung beherrschenden Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten“.63 Eine Befreiung von dieser generellen Versicherungspflicht könne dem Gericht zufolge nur dort ihre Rechtfertigung finden, wo für die betroffene Personengruppe eine „umfassende, gleichwertige Versorgungsanwartschaft gewährleistet“ sei.64 Der Charakter der gesetzlichen Unfallversicherung als das allgemeine Grundmodell wird zudem daran deutlich, dass ein Beamter, der neben seinem Dienst einer privatwirtschaftlichen Nebentätigkeit nachgeht, für diese nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung freigestellt ist, sondern wie ein Arbeitnehmer in dieser versichert bleibt.65 Dieser Grundsatz gilt 58  In der RVO bestand zuvor eine entsprechende Normierung in § 541 Abs. 1 Nr. 1 (i.d.F. ab 1963): „Versicherungsfrei sind Personen hinsichtlich der Unfälle im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, für das beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten; (…)“. 59  Darüber hinaus findet die Befreiung für Beschäftigte in privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen entsprechende Anwendung, bei denen im Wege eines für allgemein gültig erklärten Tarifvertrags die Ansprüche aus der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge für anwendbar erklärt werden, s. Schlegel, in: Schulin, HS-UV, § 20 Rn. 14. 60  BSG, Urt. v. 10. 9. 1975 – 3/12 RK 6/74, BSGE 40, 208 (209). 61  Für die gesetzliche Krankenversicherung § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und die gesetzliche Rentenversicherung § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung sind beihilfeberechtigte Beamte zwar nicht pflichtversichert, jedoch zum Abschluss einer privaten Zusatzversicherung angehalten, s. § 23 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 SGB XI. Zur Verfassungskonformität dieser Bestimmung BVerfG, Beschl. v. 25. 9. 2001 – 2 BvR 2442/94, NZS 2002, 87. Auch im heutigen Arbeitsförderungsrecht findet sich in § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III eine Regelung mit der Beamte als „versicherungsfreie Beschäftigte“ vom Anwendungsbereich ausgenommen werden. 62  BSG, Urt. v. 10. 9. 1975 – 3/12 RK 6/74, BSGE 40, 208 (209). 63  BSG, Urt. v. 10. 9. 1975 – 3/12 RK 6/74, BSGE 40, 208 (209). Ganz ähnlich auch schon dass., Urt. v. 28. 1. 1960 – 3 RK 24/56, BSGE 11, 243 (247). 64  BSG, Urt. v. 28. 1. 1960 – 3 RK 24/56, BSGE 11, 243 (247). 65  BSG, Urt. v. 10. 9. 1975 – 3/12 RK 6/74, BSGE 40, 208 (210); Schmitt, SGB VII, § 4 Rn. 7 m.w.N. Linthe, BArbBl. 1962, 93, stellt fest, dass „Beamte, die außerhalb ihres amtlichen und dienstlichen Wirkungskreises einen Arbeitsunfall“ erlitten haben, schon zu Zeiten des RVA stets in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung miteinbezogen worden sind.

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nicht nur im Rahmen genehmigter Nebentätigkeiten, sondern auch für beurlaubte Beamte, die mit Billigung des Dienstherrn für einen Arbeitgeber tätig werden.66 In der gesetzlichen Unfallversicherung galt dieses Prinzip von Anfang an.67 Darüber hinaus wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis erkennbar, wenn der Beamte einen Dienstunfall erleidet und seine Tätigkeit nicht ausschließlich seinem Dienstherrn, sondern zugleich auch dem Betrieb eines anderen Unternehmers zugutekommt. Das BSG hat im Jahre 198468 für diese Konstellation entschieden, dass die gleichzeitige Einordnung des Unfalls auch als Arbeitsunfall aufgrund einer „Wie-Beschäftigung“ nicht ausgeschlossen sei, auch wenn die gesetzliche Unfallversicherung in diesem Falle dann nicht zu leisten brauche.69 bb)  Vorrangverhältnis nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BeamtVG Einen weiteren Beleg beinhaltet das Dienstunfallrecht selbst zudem in § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BeamtVG70. Demnach werden zwar der Dienst und damit die Reichweite der Unfallfürsorge grundsätzlich auch auf bestimmte privilegierte Nebentätigkeiten ausgedehnt. Besteht aber für eine solche Nebentätigkeit zugleich durch Erfüllung eines Versicherungstatbestandes nach § 2 SGB VII bereits eine Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung, so kommt dieser der Vorrang gegenüber den Leistungen aus der Dienstunfallfürsorge zu.71 Damit gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass er selbst in den Fällen, in denen ein Beamter eine Nebentätigkeit ausübt, die von ihm im Zusammenhang mit dem Dienst erwartet wird, die Zurechnung dieser Tätigkeit zum Dienst und damit die Gewährung von Dienstunfallfürsorge unter den Vorbehalt stellt, dass nicht bereits eine tatbestandliche Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung gegeben ist. Die Frage, ob der Beamte überhaupt dienstlich handelt oder nicht, ist demnach folgerichtig von 66  BSG, Urt. v. 22. 2. 2012 – B 11 AL 4/11 R, BSGE 110, 112; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 3. 9. 2010 – L 4 (15) U 228/09, NZI 2011, 157 (158). 67  Hierzu aus der historischen Kommentierung zur Versicherungsfreiheit verschiedener Beamtengruppen nach § 554 RVO (1911) von Stier-Solmo aus dem Jahre 1916: „Er gilt nicht, wenn die dort [in § 554 RVO (1911), Anm. d. Verf.] bezeichneten Personen außerhalb ihres amtlichen oder dienstlichen Wirkungskreises in einem versicherten Betrieb einen Unfall erleiden. Dies gilt namentlich von beurlaubten Soldaten, die z.B. in einem landwirtschaftlichen Betriebe bei den Erntearbeiten Hilfe leisten und hierbei verunglücken“ – zitiert aus Stier-Solmo, Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, Bd. 2, Drittes Buch: Unfallversicherung, 1916, S. 150. 68  BSG, Urt. v. 16. 5. 1984 – 9b RU 68/82, BSGE 56, 279. 69  So eben explizit BSG, Urt. v. 16. 5. 1984 – 9b RU 68/82, BSGE 56, 279 (282) m.w.N. 70  § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BeamtVG: „Zum Dienst gehören auch (…) Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch)“. 71  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 117.

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der Überprüfung abhängig, ob eine Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht.72 cc)  Leistungen an Beamte nach § 82 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 61 SGB VII Dass die gesetzliche Unfallversicherung für den Beamten zur Anwendung kommen kann, ergibt sich normativ auch aus § 82 Abs. 4 S. 1 SGB VII73. Die Vorschrift muss im Zusammenspiel mit § 61 SGB VII74 gelesen werden. Auch hier wird vom Gesetzgeber der Fall aufgegriffen, dass ein Beamter, der ansonsten grundsätzlich unfallfürsorgeberechtigt ist, einen von der gesetzlichen Unfallversicherung zu kompensierenden Unfall außerhalb seines Beamtendienstes erleidet, beispielsweise in einem versicherten Ehrenamt oder als Unfallhelfer.75 b)  Normzweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Abseits der Gesetzessystematik wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis mit Blick auf den Zweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ersichtlich. Die Befreiung des Beamten von der Versicherungspflicht beruht auf dem Gedanken, dass dieser anderweitig hinreichend abgesichert,76 demnach nicht auf den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung angewiesen ist.77 Durch die Nichteinbeziehung dieser Berufsgruppe in die Unfallversicherung sollen, wie schon im langen Geltungszeitraum der RVO,78 im Schadensfall Doppelleistungen an den Betroffenen verhindert werden.79 72  Kritisch dazu Kümmel, der diesen Vorbehalt des Gesetzgebers als „rechtssystematisch problematisch“ einstuft und argumentiert, dass die Wahrnehmung einer dienstlich erwarteten Tätigkeit den Dienstzusammenhang tatbestandlich herstellt, sodass an und für sich ein vorbehaltsloser Leistungsanspruch des Beamten aus dem Recht der Unfallfürsorge gegeben sein sollte, s. Kümmel, BeamtVG, § 31 Rn. 22. 73  § 82 Abs. 4 S. 1 SGB VII: „Erleidet jemand, dem sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist, einen Versicherungsfall, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, gilt als Jahresarbeitsverdienst der Jahresbetrag der ruhegeldfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären“. 74  § 61 Abs. 1 SGB VII: „Die Renten von Beamten, die nach § 82 Abs. 4 berechnet werden, werden nur insoweit gezahlt, als sie die Dienst- oder Versorgungsbezüge übersteigen; den Beamten verbleibt die Rente jedoch mindestens in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre. (…)“. 75  Beispiele bei Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 82 Rn. 14. 76  Schmitt, SGB VII, § 4 Rn. 1. 77  Marschner, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Marschner, BeckOK, SGB VII, § 4 Rn 2. 78  BSG, Urt. v. 16. 5. 1984 – 9b RU 68/82, BSGE 56, 279 (281), zu § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Aus der Literatur bspw. Lauterbach, Unfallversicherung, 1954, S. 18. 79  Vgl. statt vieler nur Schlegel, in: Schulin HS-UV, § 20 Rn. 5; Ziegler, in: Becker/ Franke/Molkentin, SGB VII, § 4 Rn. 1. Leube, ZTR 2012, 682 (688), betont mit Verweis auf Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur, dass die Verhinderung von Doppelleistungen der abschließende Zweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sei.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

Schlegel80 fasst dies prägnant dahingehend zusammen, dass die Versicherungsfreiheit „Ausdruck einer partiellen Subsidiarität der gesetzlichen Unfallversicherung gegenüber Sonderversorgungssystemen“ sei. Ruhland81 brachte die Versicherungsfreiheit des Beamten in der gesetzlichen Unfallversicherung mit dem Subsidiaritätsgedanken der katholischen Soziallehre in Verbindung.82 Die prinzipiell jedermann erfassende Unfallversicherung brauche dort nicht „helfend tätig werden“, wo der arbeitenden Person der Schutz eines spezielleren Versorgungskreises zugutekomme.83 Begreift man die Versicherungsfreiheit des Beamten in der gesetzlichen Unfallversicherung teleologisch exakt in dem Sinne, dass sie durch die fehlende Schutzbedürftigkeit des Beamten gerechtfertigt ist und eine zweckwidrige doppelte Kompensation aus zwei Absicherungssystemen präventiv verhindert werden soll, kann hieraus nur folgen, dass der Beamte in allen Fallkonstellationen, in denen dem Arbeitnehmer mittels der Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 SGB VII die parallele Gewährung von Dienstunfallschutz nach § 31 BeamtVG sichergestellt sein muss. Nur dann fehlt es tatsächlich an der Schutzbedürftigkeit des Beamten, die eine Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung überflüssig macht und nur dann bestünde realiter die Gefahr einer Doppelversorgung, die erst mittels der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII normierten Versicherungsfreiheit umgangen werden kann.84 Mit dieser Betrachtungsweise korrespondiert es auch, wenn in der beamtenrechtlichen Literatur beispielsweise Brinktrine nicht nur die Modellfunktion betont, die die gesetzliche Unfallversicherung für die Unfallfürsorge der Beamten innehat, sondern auch ausführt, dass es originärer Zweck der Beamtenunfallfürsorge sei, den Beamten vor Unfallrisiken aus der dienstlichen Sphäre zu schützen, da er im Falle des Unfalleintritts keine Kompensationen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erlangen kann.85 3.  Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums Sofern es bisher zu einer Schlechterstellung des Beamten gekommen ist, hob das BVerwG regelmäßig hervor, dass kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums existiere, nachdem ein Beamter in jeder Hinsicht eine identische Ab-

Schlegel, in: Schulin HS-UV, § 20 Rn. 5. Ruhland, SGb 1981, 468. 82  Ruhland, SGb 1981, 468 (469). 83  Ruhland, SGb 1981, 468 (469). 84  Wenn bspw. Schroeder-Printzen, SozSich 1963, 161 (164), zu § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO festhielt, dass „es durchaus Tatbestände gibt, in denen ein Beamter schlechter gestellt ist, als wenn er wie ein Arbeitnehmer versicherungspflichtig wäre“ und hierbei auf den damals noch existenten Ausschluss der Dienstunfallfürsorge bei „grober Fahrlässigkeit“ verweist, stellt dies eine zutreffende Beschreibung des (damaligen) rechtlichen Status quo dar, ohne dass hiervon ausgehend auf ein normatives Sollen geschlossen werden sollte. 85  Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, § 30 Rn. 2. 80  81 

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sicherung zu erfahren habe, wie ein privatrechtlich beschäftigter Arbeitnehmer.86 Hiermit verweist das BVerwG implizit auf die verfassungsrechtliche Norm des Art. 33 Abs. 5 GG87, nach welcher das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung jener hergebrachten Grundsätze zu regeln ist.88 Normadressat des Art. 33 Abs. 5 GG ist primär, aber nicht ausschließlich der Gesetzgeber.89 Im Rahmen ihrer Auslegung haben auch die Gerichte die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen.90 Im Zuge der Föderalismusreform des Jahres 200691 ist die Ergänzung „(…) und fortzuentwickeln“ in die Norm integriert worden,92 wobei im wissenschaftlichen Schrifttum zunächst umstritten war, welche praktischen Konsequenzen sich aus der Novellierung ergeben würden,93 insbesondere, ob die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums fortan als entwicklungsoffen zu interpretieren sind und damit prinzipiell jederzeit neu bewertet oder ergänzt werden könnten.94 Das BVerfG stellte mit seiner Entscheidung vom 19. 9. 200795 heraus, dass der schon bisher maßgebliche Regelungsgehalt der Vorschrift von der Änderung unberührt bleibe und allein das Recht des öffentli86  BVerwG, Beschl. v. 29. 7. 1987 – 2 B 65.87, juris Rn. 7; dass., Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363), in Bezug auf die Nichtgewährung von Unfallschutz in einer privaten Garage. In der Judikatur der Instanzgerichte, vgl. statt vieler nur VGH Bayern, Beschl. v. 29. 4. 2014 – 3 ZB 11.1420, juris Rn. 15; OVG Niedersachsen, Urt. v. 15. 12. 2009 – 5 LC 388/07, juris Rn. 30; OVG Saarland, Urt. v. 27. 8. 2013 – 1 A 21/13, juris Rn. 53 f., wird dieser Verweis des BVerwG ebenso übernommen wie in der beamtenrechtlichen Literatur, vgl. nur Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, Vor § 30 Rn. 5 u. 7. Diese Formulierung wird in der Judikatur der Instanzgerichte zustimmend übernommen, s. allein aus jüngerer Zeit bspw. VGH Bayern, Beschl. v. 29. 4. 2014 – 3 ZB 11.1420, juris Rn. 15; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. 11. 2013 – 1 A 802/12, juris Rn. 28; OVG Saarland, Urt. v. 27. 8. 2013 – 1 A 21/13, juris Rn. 53. 87  Art. 33 Abs. 5 GG: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln“. 88  Zur begrifflichen Herkunft der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“, insbesondere zur Problematik des maßgeblich vom NS-Regime geschaffenen Begriffs des „Berufsbeamtentums“ Krause, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 6 ff. 89  Battis, BBG, § 4 Rn. 11. 90  Battis, BBG, § 4 Rn. 11 m.w.N. 91  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 28. 8. 2006, BGBl. I S. 2034. 92  Ausführlich zur Entstehungsgeschichte der Integration der Klausel in Art. 33 Abs. 5 GG Höfling/Burkiczak, DÖV 2007, 328 (330 ff.). Instruktiv zu Inhalt und Auswirkungen der Föderalismusreform von 2006 Ipsen, NJW 2006, 2801 ff.; Nierhaus/Rademacher, LKV 2006, 385 ff.; Papier, NJW 2007, 2145 ff. 93  Ausführliche Nachzeichnung der damaligen Diskussion in der Literatur mit Nachweisen bei Deja, Besoldung und Versorgung der Beamten, 2012, S. 54 f. 94  Knopp kritisierte bereits in einem Aufsatz von 2006, dass im Rahmen einer solchen Interpretation der Verfassungsänderung der Art. 33 Abs. 5 GG in der Folge „kein praktisches Gewicht“ mehr habe, s. Knopp, NVwZ 2006, 1216 (1219). 95  BVerfG, Beschl. v. 19. 9. 2007 – 2 BvF 3/02, BVerfGE 119, 247.

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chen Dienstes fortzuentwickeln sei, nicht aber die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als solche.96 Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass als hergebrachte Grundsätze nur solche gelten können, die dem Kernbestand der Strukturprinzipien zuzurechnen sind und sich während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums herauskristallisiert haben. Diese Voraussetzung soll nur dann erfüllt sein, wenn ein Grundsatz zumindest schon zu Zeiten der WRV allgemeine Anerkennung und Akzeptanz gefunden habe.97 Dieser enge Kreis an Strukturprinzipien betreffe den unmittelbaren Kern des Berufsbeamtentums, sodass eine Veränderung eines dieser Prinzipien zugleich eine Änderung des Wesens des Berufsbeamtentums mit sich bringen würde.98 Hier stellt sich die Frage, welche Berührungspunkte die Dienstunfallfürsorge zu den inhaltlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG aufweist. Im Schrifttum weist Wolff 99 darauf hin, dass nach wie vor umstritten sei, ob die Existenz einer vom Dienstherrn gewährten Dienstunfallfürsorge an sich einen hergebrachten Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 bildet.100 Jedenfalls aber wird sie nach überwiegender Meinung als Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn angesehen,101 96  BVerfG, Beschl. v. 19. 9. 2007 – 2 BvF 3/02, BVerfGE 119, 247 (260 ff.). Vgl. auch die Ausführungen wenig darauf bei dass., Beschl. v. 28. 5. 2008 – 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 (219 ff). Hiernach dürfte feststellen, dass die Fortenwicklungsklausel keine entscheidende Änderung der bisherigen Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG zur Folge hat, hierzu: Findeisen, BetrAV 2009, 345 (346): „nur deklaratorische Bedeutung“; Hermann, Die Reform der bundesstaatlichen Ordnung Deutschlands, 2012, S. 108 ff. (insbesondere 112 f.); Knopp, NVwZ 2006, 1216 (1219); Pechstein, ZBR 2006 285 (286). Lecheler, ZBR 2007, 18 (23), bilanziert sie als „überflüssig, aber nicht schädlich“. Kritischer Bochmann, ZBR 2007, 1 (10), der die Änderung aufgrund fehlender praktischer Auswirkungen als „verfassungspolitisch verfehlt“ einstuft. 97 St.Rspr., vgl. des BVerfG, vgl. statt vieler nur BVerfG, Beschl. v. 20.  3. 2007 – 2 BvL 11/04, BVerfGE 117, 372. Für die Literatur vgl. statt vieler Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 65 m.w.N.; Summer, ZBR 1992, 1. Das BVerfG hat in seiner Rechtsprechung über die Jahre hinweg die einzelnen anerkannten Grundsätze des Berufsbeamtentums näher konkretisiert, s. hierzu die Zusammenstellungen und Übersichten in der Literatur bspw. bei Bergmann, in: Hömig/Seifert, GG, Art. 33 Rn. 19; Budjarek, ZBR 2010, 229 (231 ff.); Lecheler, in: BerKomm, GG, Art. 33 Rn. 66 ff. Aus der älteren Literatur zur ergangenen Rechtsprechung des BVerwG s. Becker, ZBR 1978, 255 ff., sowie Lecheler, AöR 1978, 349 (354 ff.). Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke, GG, Art. 33 Rn. 143, spricht mit Recht von einer „vielfältigen Kasuistik der Gerichte und der Auseinandersetzung in der Literatur“. 98  Werres, Beamtenverfassungsrecht, Rn. 37. 99  Wolff, ZBR 2007, 361. 100  Wolff, ZBR 2007, 361 (362 f.). 101  Ausführlich und unter Berücksichtigung der Diskussion im Schrifttum Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, § 30 Rn. 2 f. Zur Frage, ob die Dienstunfallfürsorge zugleich auch dem Versorgungsgedanken des Alimentationsprinzips zuzuordnen ist Wolff, ZBR 2007, 361 (363). Letzteres ablehnend Summer/Baumgartner, Grundriß zum Dienstunfallrecht, 1966, Abschn. III Rn. 2.

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welche als hergebrachter Grundsatz anerkannt wird102 und als Korrelat zur der dem Beamten obliegenden Treuepflicht gegenüber seinem Dienstherrn fungiert.103 Ob hingegen einzelne Ausprägungen der Dienstunfallfürsorge unter Art. 33 Abs. 5 GG fallen, darf insofern bezweifelt werden, als dass sich das Unfallfürsorgerecht erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als eigenständiger Bereich der Beamtenversorgung entwickelt hat. In der Zeit der Weimarer Republik konnte es noch kaum als gefestigt angesehen werden, brachte doch erst das DBG im Jahre 1937 die rechtliche Grundlage für die Erfassung von Dienstunfällen sämtlicher Beamten mit sich.104 Hier fehlt es indes an Eindeutigkeit, was mit Blick auf die Haftungsbegrenzungsvorschriften in der Dienstunfallfürsorge deutlich wird. Zumindest diese betreffend hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 8. 1. 1992105 zu erkennen gegeben, dass es möglich wäre, die Haftungsbegrenzung des § 46 BeamtVG als einen Bestandteil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums aufzufassen.106 Doch entscheidend für die hier vertretene These sind diese Fragestellungen nicht. Ein fehlender hergebrachter Grundsatz einer Orientierung an der gesetzlichen Unfallversicherung bedeutet im Umkehrschluss keineswegs, dass die Verwaltungsgerichte daran gehindert wären, diesen Weg in ihrer Rechtsprechungspraxis zu beschreiten. Obgleich es an einer normativen Bindungsregelung mangelt,107 bedarf es nicht erst eines anerkannten Grundsatzes im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, die es den Verwaltungsgerichten aus verfassungsrechtlich erst ermöglichen würde, in den Fallgruppen einer geringeren Reichweite des Dienstunfallschutzes eine Änderung vorzunehmen, die der Anerkennungspraxis der Sozialgerichte im Arbeits102  Statt vieler und teils mit weiteren Nachweisen Ahrens/Beisel, RiA 1985, 149; Günther, ZBR 2013, 14; Werres, Beamtenverfassungsrecht, Rn. 54. 103  Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 71. 104 So Wolff, ZBR 2007, 361 (363). 105  BVerfG, Beschl. v. 8. 1. 1992 – 2 BvL 9/88, BVerfGE 85, 176. 106  So interpretiert es Wolff, ZBR 2007, 361 (363), und so wird man es auffassen müssen, wenn das Gericht zur Vereinbarkeit von § 46 Abs. 2 BeamtVG mit Art. 33 Abs. 5 GG ausführt: „Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der der zu prüfenden Regelung entgegenstünde. Diese Regelung steht vielmehr ihrerseits in einer über hundertjährigen Tradition. Schon das Gesetz betreffend die Fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes infolge von Betriebsunfällen vom 15. März 1886 (…), welches auf Betriebsunfälle der Beamten der Reichs-Civilverwaltung, des Reichsheeres, der Kaiserlichen Marine und Personen des Soldatenstandes in der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben Anwendung fand (§ 1 Abs. 1), kannte den Ausschluß eines Schadensersatzanspruchs gegen die Betriebsverwaltung, in deren Dienst sich der Unfall ereignete (§ 8 Abs. 1)“, s. BVerfG, Beschl. v. 8. 1. 1992 – 2 BvL 9/88, BVerfGE 85, 176 (184). 107  Ein Beispiel für eine solche Norm – wenn auch nicht mit Bezug zur Verwaltungsgerichtsbarkeit – bildet § 108 SGB VII, deren Zielsetzung in der Wahrung der Rechtseinheit in einem Bereich dient, in welcher neben den Sozialgerichten auch die ordentlichen Gerichten sowie die Arbeitsgerichte Entscheidungen zu treffen haben, s. v. Koppenfels-Spies, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SGB VII, § 108 Rn. 2. Ausführlich zur Bindungswirkung des § 108 SGB VII Dahm, NZV 2011, 118 ff.; v. Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373 (375 f.).

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unfallrecht entsprechen würde. Auch das BVerwG leitet aus dem Fehlen eines solchen hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums nicht etwa eine von der gesetzlichen Unfallversicherung abweichende Behandlung des Dienstunfalls ab, sondern postuliert damit lediglich, dass es zu einer Übernahme der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet sei. Auch in der Literatur wird im hier vertretenen Sinne darauf hingewiesen, dass die Verwaltungsgerichte zwar nicht dazu angehalten sind, sich die Rechtsprechung der Sozialgerichte zu eigen zu machen, sie aber hieran auch nicht gehindert wären.108 4.  Orientierung des Unfallfürsorgeschutzes am Niveau der Sozialversicherung aus gesetzgeberischer Perspektive Das BVerwG ergänzt im Urteil zum fehlenden Dienstunfallschutz in einer privaten Garage seine Bezugnahme auf Art. 33 Abs. 5 GG mit dem Hinweis darauf, dass es dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsse, ob und inwieweit er eine Erweiterung der Absicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung auf das Unfallfürsorgerecht überträgt.109 Damit begründet das Gericht eine Abweichung gegenüber der Rechtslage in der Unfallversicherung mit einem fehlenden Tätigwerden des Gesetzgebers, obgleich sich dieses Abweichen „nach unten“ nicht mit normativen Differenzen gegenüber § 8 Abs. 2 SGB VII begründen lässt, sondern einzig einer vom BVerwG vorgenommenen Ausnahme innerhalb der Außenhaustür-Rechtsprechung entstammt. Gerade ein Blick auf die gesetzgeberische Entwicklung zeigt hingegen auf, dass der Gesetzgeber stets darum bemüht war, tatbestandliche Ausweitungen des Unfallschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung auch in das Dienstunfallrecht zu integrieren und somit normative Unterschiede, die eine Schlechterstellung des Beamten begründen könnten, zu beseitigen. Bereits in der Begründung zur Novellierung des UFG von 1901 hat der historische Gesetzgeber erklärt, dass die den Beamten zu gewährende Unfallfürsorge mindestens dem Niveau entsprechen solle, das dem berechtigten Personenkreis in der gesetzlichen Unfallversicherung zustehe.110 Wenn aber dem Gesetzgeber daran gelegen ist, normativ keine Anknüpfungspunkte für eine geringere Reichweite des Dienstunfallschutzes gegenüber den unfallversicherungsrechtlichen Vorschriften vorzugeben, lässt sich argumentieren, dass dieses Bestreben nicht mittels einer restriktiveren Auslegungspraxis umgangen werden sollte.

Leube, ZTR 2012, 682 (688); Schick, ZBR 1969, 65 (66). BVerwG, Urt. v. 27. 1. 2005 – 2 C 7.04, BVerwGE 122, 360 (363). So auch bezüglich eines anderen Sachverhaltes bereits BVerwG, Beschl. v. 13. 1. 1978 – VI B 57.77, DÖV 1979, 105. 110  Stenographische Berichte des Reichstages, X. Leg., 1900/02, Bd. 190, Aktenstück Nr. 176, S. 1124: „(…) Diese Fürsorge soll derjenigen mindestens gleichwertig sein, welche den genannten Personen nach den Unfallversicherungsgesetzen zustehen würde“. 108 

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a) Schrifttum In der Literatur findet sich verbreitet die Auffassung, der Gesetzgeber habe eine Angleichung in Bezug auf Umfang und Ausmaß des Unfallschutzes von Beamten und Arbeitnehmern von Anbeginn an intendiert, was anhand der rechtshistorischen Entwicklung in den letzten rund 130 Jahren deutlich zum Vorschein komme.111 Exemplarisch ging bereits im Jahre 1954 Teutsch112 davon aus, dass sich Unfallversicherungs- und Unfallfürsorgerecht in materiell-rechtlicher Hinsicht wechselseitig befruchtet haben.113 Vor allem hätten „die sozialen Fortschritte“, die in der gesetzlichen Unfallversicherung zu einer verbesserten Absicherung geführt haben, einer ebensolchen Entwicklung in der Unfallfürsorge „den Boden bereitet“.114 Mehr noch, die „sozialpolitischen Ziele“ von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge seien „so eng miteinander verwandt, dass es für die Allgemeinheit ein dringliches Anliegen“ sei, „sich Rechenschaft darüber zu geben, inwieweit die Entwicklung der Unfallversicherung und der Unfallfürsorge miteinander Schritt gehalten haben“.115 Ganz ähnliche Ausführungen sind dem gegenwärtigen Schrifttum zu entnehmen. Groepper/Tegethoff führen aus, dass „in größerem Umfange strukturelle Übereinstimmung“ zwischen beiden Absicherungssystemen bestünden, die „nicht zuletzt darauf beruhen“ würden, dass innerhalb der Rechtsentwicklung das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig für das Unfallfürsorgerecht eine „Schrittmacher- und Modellfunktion“ innegehabt habe.116 b)  Beispiel: Entwicklung des Wegeunfallrechts Nach der 1911 erfolgten Eingliederung der gesetzlichen Unfallversicherung in die neu geschaffene RVO als deren drittes Buch,117 erließ der Gesetzgeber in den darauf folgenden Jahrzehnten eine Reihe von Änderungsgesetzen. Das 2. Ände111  Leube, ZTR 2012, 682 (688), geht von einer fortwährenden Anpassung der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgegesetze an die Rechtsentwicklung in der RVO aus. Im Rahmen der Betrachtung der für das Unfallfürsorgerecht einschlägigen Kausalitätstheorie so zu finden auch bei Pesch, DVBl. 1959, 43 (45), und Riedmaier, RiA 1979, 41. 112  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305. 113  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (307). 114  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (307). 115  Teutsch, in: FS-Krohn, 1954, S. 305 (308). 116  Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 30 Rn. 3. 117  Die RVO stellte noch keine umfassende Kodifikation des Sozialrechts dar, wie sie ab den 1970er Jahren mit dem Sozialgesetzbuch in Gang gesetzt worden ist. Nichtsdestoweniger wurde mit ihr das Sozialversicherungsrecht als eine in sich geschlossene Materie erstmals strukturell geordnet und eine wissenschaftliche Begleitung dieses neuen Rechtsgebiets ermöglicht, s. Stolleis, Geschichte des Sozialrechts, 2003, S. 104, die sich zudem in der schrittweisen Etablierung des Sozialversicherungsrechts als akademisches Fach an deutschen Universitäten niederschlug, dazu ausführlich bei Eichenhofer, SGb 2014, 249 (250 ff.).

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rungsgesetz118 von 1925 führte zur Versicherung auch des Wegeunfalls, womit erstmals eine Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf einen Tatbestand erfolgte, der nicht mehr der unternehmerischen Risikosphäre im eigentlichen Sinne zugeordnet werden119 und bei Schaffung der gesetzlichen Unfallversicherung noch nicht antizipiert werden konnte.120 Der beamtenrechtliche Gesetzgeber vollzog diese Entwicklung mit einigen Jahren Verzögerung nach. Während der Dienstunfalltatbestand in § 107 DGB in seiner ursprünglichen Fassung von 1937 den Wegeunfalltatbestand noch nicht beinhaltete, wurde dieser durch ein Änderungsgesetz im Jahre 1941121 in die Norm integriert.122 Dieses Nachziehen des beamtenrechtlichen Gesetzgebers lässt sich auch im Hinblick auf die wichtigsten Ergänzungen des Wegeunfalltatbestandes in der gesetzlichen Unfallversicherung dokumentieren. Die Einbeziehung der Familienheimfahrt in den Wegeunfalltatbestand im BBG durch das Änderungsgesetz vom 21. 8. 1965123 basierte auf einer Angleichung an die damals bereits bestehende Absicherung in der RVO.124 Nachdem in der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1971 durch ein Änderungsgesetz125 der sogenannte „Kindergartenumwegwegeunfall“ in den wegeunfallgeschützten Bereich integriert wurde, sah der Entwurf zum 2. BesVNG126 vom März 1974 unter Verweis auf die geänderte Rechtslage im Unfallversicherungsrecht die Einbeziehung dieser Sonderkonstellation in das Dienstunfallrecht vor.127 Sie wurde schließlich bei Schaffung des BeamtVG kurze Zeit später realisiert.128 Ebenso hat der Gesetzgeber bei Schaffung des neuen § 31 BeamtVG zum 1. 1. 1977 die Erstreckung des Wegeunfallschutzes auf Umwege vorgenommen, die der Beamte als Teilnehmer an einer 118 

2. Änderungsgesetz zur Unfallversicherung v. 14. 7. 1925, RGBl. I S. 97. Gitter, SGb 1981, 387 (389). Zuvor hatte die Erfahrung in der Praxis gezeigt, dass die Rechtsprechung sich in dogmatischer Hinsicht vor erhebliche Probleme gestellt sah, die Konstellation des Wegeunfalls eindeutig unter den Begriff des Arbeitsunfalls einordnen zu können, s. Breuer, in: Schulin HS-UV, § 1 Rn. 98; vgl. hierzu auch Jantz, in: FS-Lauterbach, 1961 S. 15 (17 f.). 120  Plagemann, NZV 2001, 233. 121  Drittes Gesetz zur Änderung des Deutschen Beamtengesetzes v. 21. 10. 1941, RGBl. I S. 646. 122  § 107 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 (1941): „Das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle gilt als Dienst“. 123  Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften v. 21. 8. 1961, BGBl. I S. 1361. 124  Vgl. den schriftlichen Bericht des Innenausschusses des Bundestages BT-Drucks. 3/2851, S. 5. 125  Gesetz über die Unfallversicherung von Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten v. 18. 3. 1971, BGBl. I S. 237. 126 Zweites Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern v. 23. 5. 1975, BGBl. I S. 1173. 127  BT-Drucks. 7/1906, S. 77. 128  s. das Wiederaufgreifen im Entwurf zum BeamtVG, BT-Drucks. 7/2505, S. 50, mit dem Verweis auf die oben genannte Begründung zum Entwurf des 2. BesVNG. 119 

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Fahrgemeinschaft zwangsläufig zurücklegen muss.129 Auch diese Erweiterung geschah ausweislich der Gesetzesbegründung mit Blick auf die damals gültige äquivalente Norm des § 550 Abs. 2 Nr. 2 RVO.130 c)  Beispiel: Entwicklung des Berufskrankheitenrechts Ähnlich gestaltete sich die Entwicklung auf dem Gebiet der Berufskrankheiten. Fanden sich im UVG noch keine Regelungen über die Berufskrankheit als zu entschädigenden Versicherungsfall131 und lehnte die Rechtsprechung die Anerkennung „sog. gewerblicher Krankheiten“ als Betriebsunfälle unter Verweis auf die fehlende hinreichende zeitliche Begrenzung der Einwirkung noch ab,132 so wurde in der RVO die Regierung dazu ermächtigt, im Wege einer Verordnung die Unfallversicherung auf einzeln aufgelistete Berufskrankheiten zu erweitern.133 Die erste diesbezügliche Verordnung datierte vom 12. 5. 1925 und beinhaltete elf Berufskrankheiten.134 In der Unfallfürsorge wurden infolge des oben erwähnten Änderungsgesetzes zum DBG ab 1941 erstmals solche übertragbaren Krankheiten, welchen ein Beamter aufgrund seiner dienstlichen Verrichtungen in besonderer Weise ausgesetzt ist, dem Erleiden eines Dienstunfalls gleichgestellt.135 Diese Regelung wurde vom bundesdeutschen Gesetzgeber zunächst in § 133 Abs. 3 BBG, ab 1977 dann in § 31 BeamtVG beibehalten. d)  Beispiel: Unfallschutz beim Aufsuchen eines Geldinstituts Die beiden genannten Beispiele zeigen, dass der Gesetzgeber Ausweitungen des Unfallschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung mit zeitlichem Abstand in die Unfallfürsorgeschriften integriert hat. An einem anderen Exempel lässt sich darüber hinaus erkennen, dass eine solche Orientierung an der Unfallversicherung 129  Dies war schon im Antrag des Innenausschusses des Bundestags zum Entwurf des 2. BesVNG vorgesehen, s. BT-Drucks. 7/3213, S. 121. 130  BT-Drucks. 7/2505, S. 50. 131  Ausführlich zur Diskussion um die Berufskrankheit im Rahmen der Entstehung der gesetzlichen Unfallversicherung Ricke, WzS 2012, 43 ff., sowie Schönberger, in: FS-Lauterbach, 1961, S. 155 (170 ff.). 132  RG, Urt. v. 6. 7. 1888 – III. 80/88, RGZ 21 77 (79). 133  § 545 RVO (1911): „Durch Beschluss des Bundesrates kann die Unfallversicherung auf bestimmte gewerbliche Berufskrankheiten ausgedehnt werden. Der Bundesrat ist berechtigt, für die Durchführung besondere Vorschriften zu erlassen“. 134  Verordnung über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten (1. BKVO) v. 12. 5. 1925, RGBl. I S. 69. Zur beständigen Ausweitung des Berufskrankheiten-Katalogs durch die Verordnungsnovellierungen in den folgenden Jahrzehnten Breuer, in: Schulin HS-UV, § 1 Rn. 103 ff. 135  § 107 Abs. 3 DBG (1941): „Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten übertragbaren Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so liegt ein Dienstunfall vor, es sei denn, daß der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat“.

206 3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

auch dann erfolgt ist, wenn es nicht um eine Erweiterung, sondern um die Rücknahme eines Absicherungstatbestandes ging. Bei der Überführung der Unfallfürsorge in das BeamtVG übernahm der Gesetzgeber eine weitere Normierung aus der gesetzlichen Unfallversicherung in den § 31 BeamtVG. Der damalige § 548 Abs. 1 S. 2 RVO stellte das Abheben des Arbeitslohns vom Konto eines Kreditinstituts unter Unfallversicherungsschutz.136 Diese Regelung wurde unter Verweis137 auf die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung in die Fassung des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG von 1977 integriert,138 nachdem das BVerwG eine Übertragung im Urteil vom 12. 7. 1972 noch abgelehnt hatte.139 Anlässlich Integration der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB wurde diese Regelung abgeschafft. Der Gesetzgeber begründete dies mit den fortgeschrittenen Möglichkeiten des elektronischen Zahlungsverkehrs, die zu unübersichtlichen Differenzierungen und Zufälligkeiten beim Bestehen von Unfallversicherungsschutz führen würden, die nicht hinzunehmen seien.140 Ein Jahr nach der Einführung des SGB VII zog der Gesetzgeber mit dem Versorgungsreformgesetz141 von 1998 für den Bereich der Unfallfürsorge mit identischer Begründung und unter Verweis auf die geänderte Rechtslage in der Unfallversicherung nach.142

II.  Zweite These: Fortentwicklung des Dienstunfallrechts durch Adaption der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik Im Rahmen der ersten These ist gezeigt worden, dass die Verwaltungsgerichte bei der tatbestandlichen Anerkennung eines Dienstunfalls nicht hinter dem Schutzniveau in der gesetzlichen Unfallversicherung zurückbleiben sollten. Dies betraf den Umfang und die Reichweite des Unfallschutzes für Beamte im Vergleich zum Arbeitnehmer. Nicht zu übersehen ist, dass auf dem Gebiet von gesetzlicher Unfallversicherung und beamtenrechtlicher Unfallfürsorge eine im Grunde genommen paradoxe Situation entstanden ist, die sich als „Über-Kreuz-Konstellation“ bezeichnen ließe. Einerseits ist die Sozialgerichtsbarkeit eine selbstständig institutionalisierte „be136  Dies galt nur für das jeweils erstmalige Aufsuchen des Kreditinstituts, um keine ungewollte Besserstellung im Vergleich zur Barauszahlung des Lohns im Betrieb zu bewirken, s. Schroeder-Printzen, SozSich 1963, 199. 137  BT-Drucks. 7/2505, S. 50. 138 § 31 Abs. 2 BeamtVG (1977): „Als Dienst gilt auch (…) Nr. 2: Das Abheben eines Geldbetrags bei einem Geldinstitut, an das der Dienstherr die Dienstbezüge zu dessen Gunsten überweist oder zahlt, wenn der Beamte erstmalig nach Überweisung der Dienstbezüge das Geldinstitut persönlich aufsucht“. 139  BVerwG, Urt. v. 12. 7. 1971 – VI C 10.70, BVerwGE 40, 220 (222 ff.). 140  BT-Drucks. 13/2204, S. 77. 141  Gesetz zur Umsetzung des Versorgungsberichts (Versorgungsreformgesetz 1998 – VRefromG) v. 29. 6. 1998, BGBl. I S. 1666, 3128. 142  Begründung zum Entwurf des VReformG 1998, BT-Drucks. 13/9527, S. 39.

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sondere Verwaltungsgerichtsbarkeit“.143 Andererseits entscheidet sie auf dem Gebiet des Unfallversicherungsrechts über ein Rechtsgebiet, welches gegenüber dem spezielleren Unfallfürsorgerecht das grundlegende Modell darstellt. Als nächstes wird hier vertreten, dass die dienstunfallrechtliche Dogmatik sich seit jeher sehr stark an der Entwicklung im Unfallversicherungsrecht orientiert hat und das eine solche Orientierung an der Rechtsentwicklung im Arbeitsunfallrecht für die Zukunft auch verstärkt wünschenswert ist. Durch eine noch weitergehende Adaption der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik durch die Verwaltungsgerichte könnte eine weitgehende Harmonisierung zwischen beiden Rechtsgebieten erzielt werden. Mittels einer solchen Harmonisierung ließe sich die Angleichung des Dienstunfallschutzes an den Standard in der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne der ersten These praktisch realisieren, um so ein punktuell bestehendes „weniger“ an Absicherung des Beamten zu beseitigen. 1.  Leitfunktion des Unfallversicherungsrechts Mit der dem Unfallversicherungsrecht zugeschriebenen Vorbild- und Leitfunktion korrespondiert, dass in der beamtenrechtlichen Literatur schon vor Jahrzehnten versucht worden ist, Auslegungsfragen beim Dienstunfalltatbestand durch Heranziehung der BSG-Rechtsprechung zu klären, sofern es zu den jeweiligen Problemfeldern noch an einschlägigen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte mangelte.144 Diese Verfahrensweise beschränkt sich nicht auf die Literatur, sondern wird auch vom Gesetzgeber unmittelbar aufgegriffen, wenn dieser die Heranziehung der sozialgerichtlichen Judikatur bei Auslegungsfragen empfiehlt.145 Im Hinblick auf die gerichtliche Rechtspraxis ist kaum zu verkennen, dass das BVerwG bei der Auslegung des Dienstunfalltatbestandes in strittigen Punkten regelmäßig nicht nur auf die eigene Judikatur verweist, sondern die Rechtsprechung des BSG heranzieht, um eine Entscheidungslinie im Einzelfall zu erläutern und 143 Instruktiv dazu und zum Verhältnis der Sozial- zur Verwaltungsgerichtsbarkeit jüngst Harich, in: FS-60-Jahre Sozialgerichtsbarkeit Niedersachsen und Bremen, 2014, S. 103 ff. Zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für sozialrechtliche Materien außerhalb des Sozialversicherungsrechts bzw. außerhalb der Kodifikation des SGB bspw. die Ausführungen bei Eichenhofer, Sozialrecht, § 11 Rn. 257. 144 Exemplarisch Lewer, ZBR 1962, 247 ff., zur Bestimmung der Begriffe „Betriebs­ ausflug“ und „betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung“ anhand der zu diesem Zeitpunkt bereits ergangenen sozialgerichtlichen Judikatur. 145  So erachtete der bayerische Landesgesetzgeber im Jahre 2010 im Gesetzesentwurf zum neuen Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz die Rechtsprechung des BSG für auf § 31 BeamtVG übertragbar: „(…)Es bleibt daher bei dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis eines dem geltend gemachten Schaden entsprechenden „Unfallmechanismus“ bei physischen Schäden sowie der Rechtsprechung des BSG, Urt. v. 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R bei psychischen Schäden. Diese Rechtsprechung ist auf die Frage, ob ein Dienstunfall im Sinn von § 31 BeamtVG vorliegt, übertragbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 4. Juni 1970 – II C 39.68) (…)“, s. LT-Drucks. (Bayern) Nr. 16/3200, S. 482.

208 3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

zu untermauern.146 Dies steht in einem ausgeprägten Kontrast zur Rechtsprechung der Sozialgerichte auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung, die in weit geringerem Maße auf die Rechtslage im Dienstunfallrecht eingeht.147 2.  Blick auf das Beihilferecht Dieser Orientierungsfunktion der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für das Dienstunfallrecht lässt sich nicht entgegnen, es handele sich um eine Anomalie auf dem Gebiet der Sozialversicherung und der Beamtenversorgung. Auch auf anderen Gebieten, in denen sich die Sozialversicherung und die Beamtenversorgung als Absicherungssysteme gegenüber stehen, kann eine Vorbildfunktion des Sozialversicherungsrechts ausgemacht werden. Ein Exempel bildet der Blick auf die gesetzliche Krankenversicherung und dessen Pendant, die beamtenrechtliche Beihilfe. In diesem Bereich übernimmt das BVerwG die in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Definition des zentralen Begriffs der „Krankheit“ im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V.148 Das BSG hat den Zustand der Krankheit ausgelegt als einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, welcher entweder allein der Heilbehandlung bedarf oder zugleich bzw. ausschließlich die Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen zur Folge hat.149 Das BVerwG und die Instanzgerichte haben diese Auslegung in identischer Form auf das Beihilferecht übertragen, in welchem es an einer eigenständigen Definition des Begriffs fehlt.150 Einen Bedarf für eine eigenständige Handhabung des Krankheitstatbestands, etwa vor dem Hintergrund spezifischer Eigenheiten des beamtenrechtlichen Beihilfesystems, sieht die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung erkennbar nicht. 3. Fortentwicklungspotential Das erste Kapitel hat die Parallelen zwischen der Auslegung des Arbeitsunfall- und des Dienstunfalltatbestandes deutlich werden lassen. Im zweiten Kapitel wurde auf den gemeinsamen historischen Ausgangspunkt hinsichtlich der rechtlichen Erschließung des „Betriebsunfalls“ hingewiesen. Wenn hier demnach von einer Implementierung der unfallversicherungsrechtlichen Dogmatik in die ver146  Vgl. zB. BVerwG, Urt. v. 21. 6. 1982 – 6 C 90.78, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 61 S. 3 ff.; dass., Urt. v. 30. 6. 1988 – 2 C 77.86, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 6 S. 5; dass., Urt. v. 23. 2. 1989 – 2 C 38.83, BVerwGE 81, 265 (269). 147  Exemplarisch BSG, Urt. v. 29. 2. 1968 – 2 RU 35/66, juris Rn. 27; in der Literatur Keller, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 8 Rn. 197. 148  § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V: „Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern“. 149  St.Rspr., vgl. statt vieler nur BSG, Urt. v. 4. 3. 2014 – B 1 KR 69/12 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 24; Rn. 9 m.w.N.;  auch Lang, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 27 Rn. 14 m.w.N. 150 BVerwG, Urt. v. 10. 10. 2013 – 5 C 32.12, BVerwGE 148, 106 (109); OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v 24. 1. 2011 – 1 A 527/08, juris Rn. 42.

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waltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 31 BeamtVG ausgegangen wird, kann von der Fortführung einer ohnehin bestehenden Tendenz die Rede sein. a)  Realisierung des Mindeststandardgedankens Auf der Hand liegt dies in den Bereichen, in denen es im Sinne der ersten These bislang an einem im Vergleich zum Unfallversicherungsrecht äquivalenten Dienst­ unfallschutz für Beamte fehlt. Hier erweist sich eine weitgehende Übernahme der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik als Mittel, um die Anhebung des Dienstunfallschutzes sinnvoll umsetzen zu können. Da sich diese Schutzlücken im Wesentlichen im Wegeunfallrecht finden lassen, ergibt sich hier folglich auch der hauptsächliche Angleichungsbedarf. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sollte demnach insbesondere bei Unfällen in einer privaten Garage des Beamten, die keine räumliche Verbindung mit dem Wohngebäude aufweist, nach dem Vorbild der sozialgerichtlichen Rechtsprechung keine Ausnahme von der Außenhaustürgrenze gemacht werden, sodass zukünftig in diesen Fällen auch innerhalb der Garage Wegeunfallschutz zu bejahen wäre. In gleicher Weise sollte die Rechtsprechung der Sozialgerichte zum „dritten Ort“ als differierendem Ausgangs- und Endpunkt des Weges in die Dienstunfalldogmatik integriert werden, um die hiermit einhergehende Erweiterung des Wegeunfallschutzes in der Sozialversicherung zukünftig auch den Beamten zukommen lassen zu können. b)  Angleichung der Dienstunfallrechtsdogmatik in bisherigen Zweifelsfällen Ein Fortentwicklungspotential für das Dienstunfallrecht ergibt sich auch dort, wo die Frage einer Besser- oder Schlechterstellung des Beamten im Vergleich zum Arbeitnehmer sich nicht generalisierend beantworten lässt. Zudem kann die dienstunfallrechtliche Dogmatik in spezifischen Fallgruppen von einer Adaption der sozialgerichtlichen Dogmatik profitieren, in denen es bislang im Ergebnis zu keiner Differenz kommt, jedoch an einer tieferen dogmatischen Durchdringung mangelt. Im Folgenden sollen die drei wichtigsten Felder benannt werden. aa)  Zeitliche Limitierungen Mit Blick auf die im Dienstunfallrecht nicht abschließend determinierten Limitierungen hinsichtlich der Dauer der äußeren Einwirkung und der Beurteilung eigenwirtschaftlicher Unterbrechungen im Wegeunfalltatbestand151 würde eine Übernahme der von den Sozialgerichten gezogenen Grenzen zu einem höheren Maß an Klarheit und Rechtssicherheit führen. Eine mit den Sozialgerichten korrespondierende Orientierung der Verwaltungsgerichte an der zeitlichen Begrenzung auf den Umfang einer Dienstschicht und an der Zwei-Stunden-Grenze im Wegeunfallrecht könnte überdies dazu beitragen, eine Schlechterstellung der Beamten dort zu verhindern, wo sich die genannten zeitlichen Grenzen konkret auf die tatbe151 

s. oben unter Zweites Kap. A. I. 2.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

standliche Anerkennung eines Arbeits- und Dienstunfalls auswirken. Demnach wäre beispielsweise in einer Wegeunfallkonstellation, in welcher die Verwaltungsgerichte mittels einer „wertenden Gesamtbetrachtung“152 über eine endgültige Lösung vom Dienst entscheiden, jedenfalls dort ein Dienstunfall nach § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG anzuerkennen, wo sich die eigenwirtschaftlich ausgerichtete Unterbrechung in einem Zeitrahmen von weniger als zwei Stunden bewegt. bb)  „Objektivierte Handlungstendenz“ im Rahmen der Bestimmung des Dienstzusammenhangs außerhalb des Dienstgebäudes Die Rechtsprechung des BVerwG lässt bei der Prüfung des Dienstzusammenhangs außerhalb des Dienstgebäudes bislang in zu geringem Maße Parameter erkennen, die jenseits einer Wertung im Einzelfall auf ein generelles und für den einzelnen Beamten nachvollziehbares Prinzip schließen lassen.153 Eine verstärkte Implementierung des Gedankens der objektivierten Handlungstendenz in die dienst­unfallrechtliche Dogmatik birgt an dieser Stelle das Potential, die Bestimmung des Dienstzusammenhangs bei Tätigkeiten des Beamten außerhalb des Dienstgebäudes auf eine transparentere Grundlage zu stellen. Analog zur rechtlichen Handhabung im Unfallversicherungsrecht bliebe dann zu prüfen, ob sich die Verrichtung im Unfallzeitpunkt mit dem sich aus dem Inhalt des Dienstverhältnisses ergebenden Rechten- und Pflichtenkreises des Beamten zur Deckung bringen lässt. Mit einer Übernahme der Figur der objektivierten Handlungstendenz könnte zudem die bisherige Ausnahmekonstellation einer selbständigen „Indienstversetzung“154 des Beamten obsolet werden. Die hiermit beschriebenen Lebenssachverhalte ließen sich dann in eine einheitliche Prüfungsdogmatik des Dienstzusammenhangs außerhalb des Dienstgebäudes integrieren. cc)  „Unfallkausalität“ im Dienstunfallrecht Im ersten Kapitel wurde aufgezeigt, dass die Fallgruppen der „allgemein wirkenden“ wie der „selbstgeschaffenen“ Gefahr im Dienstunfallrecht zwar im Ergebnis keiner anderen Bewertung unterzogen werden als dies im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der Fall ist. Zugleich mangelt es aber bisher an einer in sich schlüssigen Integration dieser Rechtsfiguren in die dienstunfallrechtliche Dogmatik.155 Empfehlenswert erscheint eine konsequente dogmatische Trennung zwischen der rechtlichen Ermittlung eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen der Verrichtung des Beamten und seinen Dienstaufgaben einerseits und der Frage nach der Wesentlichkeit dieser Tätigkeit für den Eintritt des Unfallereignisses andererseits. Dies wird seit rund einem Jahrzehnt von den Sozialgerichten für 152 

s. oben unter Erstes Kap. B. III. 3. s. oben unter Erstes Kap. A. II. 3. c) bb). 154  s. oben unter Erstes Kap. A. II. 3. c) cc). 155  s. oben unter Erstes Kap. A. IV. 3. a) / c). 153 

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den Arbeitnehmer im Hinblick auf den Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in dieser Form praktiziert und würde im Dienstunfallrecht eine kohärente Einbettung der genannten Rechtsfiguren ermöglichen.

III.  Dritte These: Extensiver Dienstunfallschutz nur in konkretisierten Konstellationen Gezeigt worden ist, dass die Rechtslage im Arbeitsunfallrecht als Mindeststandard für die Anerkennung von Dienstunfällen angesehen werden sollte, von der die Verwaltungsgerichte nicht zum Nachteil des Beamten abweichen dürfen. Wenn hier nun zuletzt von der Möglichkeit eines punktuell extensiveren Dienstunfallschutzes die Rede ist, so ist nach den Ergebnissen des ersten Kapitels zuvörderst an die weitgehend ausnahmslose Gewährung von Dienstunfallschutz innerhalb des Dienstgebäudes und während der Dienstzeit zu denken. Diese zeigt sich bislang auch, wie in der Schullandheim-Konstellation,156 bei einer temporären Beschäftigung des Beamten außerhalb seines angestammten Dienstortes, wenn diesem abweichenden Arbeitsplatz vorübergehend die Funktion des Dienstortes zuerkannt wird. 1.  Vereinbarkeit mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Gezeigt wurde,157 dass der Gedanke der Versicherungsfreiheit des Beamten in der gesetzlichen Unfallversicherung es gebietet, ihn hinsichtlich des Dienstunfallschutzes gegenüber dem Arbeitnehmer nicht schlechter zu stellen. Umgekehrt gilt zunächst im Umkehrschluss, dass eine großzügigere Anerkennungspraxis, wie sie in den dargestellten Beispielsfällen der Nahrungsaufnahme oder dem Aufenthalt auf der Toilette innerhalb des Dienstgebäudes manifestiert,158 kompatibel mit dem Normzweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sein kann. Mit dem Gedanken des Mindestniveaus im Sinne der ersten These wäre eine punktuell über die Praxis in der gesetzlichen Unfallversicherung hinausgehende Gewährung von Dienstunfallschutz im Grundsatz zu vereinbaren. 2.  Besondere Treuepflicht des Beamten als Ausgangspunkt? In Anbetracht der sich gleichenden Unfallgefahren am Arbeitsplatz kann aber eine über das Schutzniveau der gesetzlichen Unfallversicherung hinausgehende Anerkennung von Dienstunfällen nur dann und nur dort erfolgen, wo sich hierfür eine spezifische Rechtfertigung finden lässt, die an den Beamtenstatus anknüpft. Ein gedanklicher Ansatzpunkt könnte sich aus der besonderen Verpflichtung des 156 

s. oben unter Erstes Kap. A. II. 4 c) ee). s. oben unter Drittes Kap. B. I. 2. 158  s. oben unter Erstes Kap. A. II. 4. a). 157 

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

Beamten als Staatsdiener gegenüber seinem Dienstherrn ergeben.159 Dieser Gedanke ist im Schrifttum in früherer Zeit vereinzelt aufgegriffen worden. So stellte Schick160 die Vermutung auf, dass die vom Unfallversicherungsrecht abweichende Bewertung des Dienstzusammenhangs anhand einer räumlich-zeitlichen Sphäre in der „bisherigen Vorstellung vom Berufsbeamtentum“ verwurzelt sei.161 Der Beamte unterscheide sich vom Arbeitnehmer dadurch, dass er „seine ganze Persönlichkeit dem Dienstherrn zur Verfügung“ stelle.162 Daher seien innerhalb des Dienstgebäudes zur Dienstzeit sämtliche Tätigkeiten, auch kurzzeitige Tätigkeiten eigenwirtschaftlicher Natur, berechtigterweise unter Unfallschutz zu stellen. 163 Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Tätigkeit mit dem Dienst schlechthin unvereinbar sei.164 Demgegenüber werde der auf privatrechtlicher Basis beschäftigte Arbeitnehmer „weniger als Gesamtperson verpflichtet“, woraus sich die stärkere Fokussierung des BSG darauf erklären lasse, ob gerade die unfallrelevante Tätigkeit auch tatsächlich im betrieblichen Interesse stand.165 Dies erscheint zunächst nicht fernliegend, ist der Beamte doch – mit dem BVerfG gesprochen – mit Beginn seines Beamtenverhältnisses dazu verpflichtet, sich für den Dienstherrn voll einzusetzen und ihm seine ganze Arbeitskraft bereit zu stellen.166 Unterhalb der Ebene des Verfassungsrechts erfahren wechselseitige Fürsorge- und Treuepflicht ihre Konkretisierung in einfachgesetzlichen Normen wie in § 34 BeamtStG167, § 36 S. 1 BRRG168 und den identisch gefassten § 45 BeamtStG und § 78 BBG.169 Nun wäre es kaum überzeugend, die heute vorhandenen Abweichungen zugunsten des Beamten in der Rechtsprechung des BVerwG damit erklären zu wollen, dass das Gericht von einer den Beamten treffenden, besonderen persönlichen Verpflichtung gegenüber seinem Dienstherrn ausginge, die eine umfassende Ab159  Dieser Ansatz findet sich schon in der älteren Literatur, vgl. Bochalli, Der Dienstunfall gemäß dem Deutschen Beamtengesetz, 1939, S. 14, der Ungleichmäßigkeiten in der Rechtsentwicklung mit dem Verweis auf die „Verschiedenheit des Beamtenverhältnisses einerseits und der Dienst- und Arbeitsverhältnisse andererseits“ kommentierte. 160  Schick, ZBR 1969, 65. 161  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 162  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 163  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 164  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 165  Schick, ZBR 1969, 65 (66). 166  St.Rspr. des BVerfG, s. aus jüngerer Zeit BVerfG, Beschl. v. 19. 9. 2007 – 2 BvF 3/02, BVerfGE 119, 247 (263 f.). 167  § 34 S. 1 BeamtStG: „Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen“. 168  § 36 S. 1 BRRG: „Der Beamte hat sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen“. 169  § 45 BeamtStG / § 78 BBG: „Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung“.

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sicherung sämtlicher, auch zuvörderst eigenwirtschaftlich motivierter Tätigkeiten erforderlich machen würde. Im Gegenteil macht die Rechtsprechung des BVerwG für den Dienstzusammenhang im Dienstgebäude gerade den abstrakten räumlichen Einfluss- und Machtbereich des Dienstherrn zum Ausgangspunkt und nicht eine besondere Treuepflicht des Beamten und eine ihm obliegende Verpflichtung zur vollen Bereitstellung seiner Arbeitskraft. Auch die bisher engere Auslegung des Wegeunfallschutzes in der privaten Garage ließe sich hiermit nicht sinnvoll in Übereinstimmung bringen. Dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung nicht positiv auf diesen Gedanken bezieht, also bei der vom Unfallversicherungsrecht abweichenden Bestimmung des Dienstzusammenhangs anhand der für den Beamten großzügigen Kriterien Dienstzeit und –gebäude nicht auf etwaige Besonderheiten des Beamtenstatus hinweist, muss freilich zunächst nicht gegen die Plausibilität dieses Ansatzes sprechen.170 Schließlich verpflichtet die ihn treffende Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu, den Beamten an seinem Arbeitsplatz in der bestmöglichen Weise gegen Unfallrisiken abzusichern und ihn vor Gefahren für Leib und Leben zu schützen. Diese Pflicht ist mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus § 618 BGB171 vergleichbar,172 welche im Privatrecht einen Ausfluss der Treuebindung im Arbeitsverhältnis bildet.173 Die großzügigere Gewährung von Dienstunfallschutz innerhalb des Dienstgebäudes ließe sich in Anbetracht der identischen Gefährdungslage hiermit aber wohl auch nicht nachvollziehbar begründen. Ansatzpunkt für einen punktuell extensiveren Dienstunfallschutz können daher letztlich nur Fallkonstellationen sein, in denen der Beamte qua seiner Rolle als Staatsdiener Gefährdungen ausgesetzt ist, die den privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmer schlicht nicht in gleicher Weise treffen. Es obliegt demnach den Verwaltungsgerichten zukünftig dort, wo sie abweichend von der Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung, Unfallschutz gewähren wollen, eine solche spezifische Gefährdungslage herauszuarbeiten.

170  Obgleich auch hier noch einmal mit Riedmaier, RiA 199, 41 (44), darauf hinzuweisen ist, dass die Bereitschaft des BVerwG sich in seinen Entscheidungen regelmäßig auf die Rechtsprechung des BSG zu beziehen wohl gerade als Ausdruck der Tatsache zu interpretieren sein dürfte, dass auf dem Gebiet der Unfallfürsorge gerade nicht etwaige besondere Merkmale des Berufsbeamtentums zum Vorschein kommen. 171  § 618 Abs. 1 BGB: „Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet“. 172  Vgl. hierzu bspw. die Darstellungen zur Reichweite der Fürsorgepflicht des Dienst­ herrn bei Kugele, in: Kugele, BeamtStG, § 45 Rn. 10 ff.; Leube, ZTR 2015, 310 (312); Reich, BeamtStG, § 45 Rn. 2. 173  Kort, NZA 1996, 854.

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3. Kap.: Leitlinien für eine Harmonisierung bei der Anerkennung von Unfällen

3.  Beispiel: § 31 Abs. 4 BeamtVG Seit langem existiert eine den Dienstunfalltatbestand des § 31 Abs. 1 BeamtVG ergänzende Norm, welche für die Konkretisierung solcher besonderen Fallgruppen in der Rechtsprechung als Exempel dienen könnte. Die Regelung des § 31 Abs. 4 BeamtVG174 stellt einen eigenen, von der Grundkonstellation des Abs. 1 unabhängigen Tatbestand dar.175 Der Norm liegen der Gedanke und die Erkenntnis zugrunde, dass Beamte auch außerhalb ihres eigentlichen Dienstes in die Gefahr geraten können, allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Staatsdiener und ihrer pflichtgemäßen Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zur Zielscheibe tätlicher Angriffe zu werden.176 An einer vergleichbaren Regelung fehlt es in der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein gewalttätiger Angriff wird im Unfallversicherungsrecht dann als Arbeitsunfall anerkannt, wenn dessen wesentliche Ursache in der versicherten Tätigkeit des Arbeitnehmers gründet.177 Für die zum Tatbestand des § 31 Abs. 4 BeamtVG äquivalente Konstellation, dass ein Arbeitnehmer während einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit bzw. in seinem Privatleben Opfer eines tätlichen Angriffs wird, dem seitens des Täters ein Tatmotiv aus der betrieblichen Sphäre zugrunde liegt, hat das BSG noch vor rund anderthalb Jahrzehnten Unfallversicherungsschutz verneint.178 Nur die in der Norm des § 31 Abs. 4 BeamtVG zum Ausdruck kommende besondere Schutzwürdigkeit des Beamten dort, wo er sich als Diener des Gemeinwesens erhöhten Gefahren ausgesetzt sieht, kommt als qualitativer Maßstab für eine extensive Gewährung von Dienstunfallschutz auch im Rahmen des § 31 Abs. 1 BeamtVG und des § 31 Abs. 2 S. 1 BeamtVG in Betracht. Die Verwaltungsgerichte sollten in der Anerkennung eines Dienstunfalls nur dort über das vergleichbare Schutzniveau der gesetzlichen Unfallversicherung hinausgehen, wo sich der Beamte im Dienste des Gemeinwohls in nachvollziehbarer Weise Risiken aussetzt, die einen Arbeitnehmer nicht im selben Maße treffen würden.

174  § 31 Abs. 4 S. 1 BeamtVG: „Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird“. 175  BVerwG, Urt. v. 29. 10. 2009 – 2 C 134.07, BVerwGE 135, 176 (181 f.); Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 123. Ausführlich zum Tatbestand des § 31 Abs. 4 S. 1 BeamtVG Biletzki, NVwZ 2010, 423 ff. 176  BVerwG, Urt. v. 29. 10. 2009 – 2 C 134.07, BVerwGE 135, 176 (181 f.); Groepper/ Tegethoff, in: Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn 197a; Wilhelm, in: GKÖD, BeamtVG, § 31 Rn. 123. 177  Ricke, NZS 2015, 572 (573). 178  BSG, Urt. v. 19. 12. 2000 – B 2 U 37/99 R, BSGE 87, 224 (227 f.). Heute ist hier nach einem Paradigmenwechsel des BSG von Unfallversicherungsschutz auszugehen, dazu Mutschler, NZS 2014, 647 (649).

C.  Zusammenfassung des Kapitels

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C.  Zusammenfassung des Kapitels Für eine zukünftige Ausgestaltung der Rechtslage in der wechselseitigen Beziehung zwischen Arbeits- und Dienstunfallrecht ergeben sich zusammengefasst die folgenden thesenhaften Ergebnisse. Erstens sollte die Anerkennungspraxis der Sozialgerichte hinsichtlich des tatbestandlichen Vorliegens eines Arbeitsunfalls zukünftig von den Verwaltungsgerichten als gleichsam für das Dienstunfallrecht maßgeblich aufgefasst werden. Der Dienstunfallschutz des Beamten darf nicht hinter dem Schutzniveau in der gesetzlichen Unfallversicherung zurückbleiben. Die bereits gesetzessystematisch angelegte Funktion der gesetzlichen Unfallversicherung als Grundmodell unfallschutzbezogener Absicherung für sämtliche Berufsgruppen gebietet es, im Rahmen eines einheitlichen Mindeststandards die tatbestandliche Anerkennungspraxis der Sozialgerichte beim Arbeitsunfall als allgemein verbindlichen Standard zu interpretieren. Diesem Gedanken einer Angleichung der Dienstunfallfürsorge an die Rechtslage im Unfallversicherungsrecht stehen keine durchgreifenden und überzeugenden Einwendungen entgegen. Insbesondere lässt sich Art. 33 Abs. 5 GG nicht als Hinderungsgrund anführen. Zweitens besteht in einer weitgehenden Adaption der sozialgerichtlichen Dogmatik durch die Verwaltungsgerichte das Potential einer sinnvollen Fortentwicklung des Dienstunfallrechts. Diese ist sowohl dazu geeignet, den Gedanken eines einheitlichen Standards bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen zu realisieren, als auch bisherige Unklarheiten in der Rechtslage innerhalb der Dienst­ unfallfürsorge zu beseitigen. Drittens sollte eine über diesen, aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entnehmenden, Mindeststandard hinausgehende Gewährung von Dienstunfallschutz nur dort erfolgen, wo eine solche sich überzeugend mit Besonderheiten des Beamtenstatus gegenüber dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis begründen lässt. Nur dort, wo dem Beamten gesonderte Gefahren auferlegt werden, die sich aus seiner besonderen Funktion als Staatsdiener ergeben und den Arbeitnehmer nicht in vergleichbarer Weise treffen, kann eine über den unfallversicherungsrechtlichen Standard hinausgehende Reichweite des Dienstunfallschutzes gerechtfertigt sein. Solche Fallgruppen zu identifizieren und herauszuarbeiten, würde es den Verwaltungsgerichten in Einzelfällen ermöglichen, aus § 31 BeamtVG ein gegenüber dem Arbeitsunfallrecht extensiveren Dienstunfallschutz abzuleiten.

Viertes Kapitel

Resümee und Ausblick 4. Kap.: Resümee und Ausblick 4. Kap.: Resümee und Ausblick

Die Untersuchung konnte aufzeigen, dass es nach derzeitigem Stand bei der Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes in der Rechtsprechung trotz nahezu gleichlautender Normierungen zu Divergenzen kommt, die in einzelnen Fallgestaltungen zu identifizierbaren Unterschieden bei der Anerkennung von Arbeits- und Dienstunfällen führen. Diese Fälle existieren sowohl im Bereich der Grundtatbestände wie auch auf dem Gebiet des Wegeunfalls.1 Von besonderer Bedeutung für die bestehenden Gegensätze ist die divergierende Vorgehensweise der Sozial- und Verwaltungsgerichte bei der Zurechnung konkreter Tätigkeiten zum versicherten Bereich bzw. zum Dienst. Während das BSG anhand der „objektivierten Handlungstendenz“ objektive und subjektive Bewertungsfaktoren kombiniert, rekurriert das BVerwG maßgeblich auf die Begrenzung des dienstunfallgeschützen Bereichs mittels einer räumlich-zeitlichen Sphärenbetrachtung. Eine eindeutige Bevorteilung einer der beiden Berufsgruppen im Hinblick auf die gerichtliche Anerkennungspraxis bei Arbeits- und Dienstunfällen ist nicht auszumachen. Zwar sind die Unterschiede verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, doch unterliegen sie unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheit im Rahmen lebensweltlich vergleichbarer Sachverhalte dem Erfordernis einer stichhaltigen Begründung. Die für diese Asymmetrien bisher in der Rechtsprechung zu findenden Erklärungsansätze haben sich nach näherer Überprüfung diesem Erfordernis gegenüber als nicht hinreichend tragfähig erwiesen.2 Weder lassen sich aus den tatbestandlichen Normierungen noch aus gesetzessystematischen Erwägungen noch aus strukturell-organisatorischen Unterschieden oder der historischen Genese der beiden Absicherungssysteme Schlussfolgerungen ziehen, die eine unterschiedliche Auslegung des Arbeits- und Dienstunfalltatbestandes legitimieren oder gar zwingend gebieten würden. Die identische Gefährdungslage in Bezug auf Unfallrisiken in der heutigen Arbeitswelt gebietet es vielmehr, die Reichweite des unfallbezogenen Absicherungsschutzes zukünftig in einheitlicherer Weise zu bestimmen. Dies bedeutet, dort Stringenz anzustreben, wo identische Lebenssachverhalte von den Sozial- und Verwaltungsgerichten rechtlich bislang unterschiedlich bewertet werden. Hier würde es eine überzeugende Lösung darstellen, die Rechtslage in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Anerkennung von Arbeitsunfällen als verbindlichen Mindeststandard für die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Dienstunfallrecht zu begreifen. Hierfür sprechen maßgeblich der Rechtsgedanke eines einheitlichen Schutzes von Arbeitnehmern und Beamten in Bezug auf Ge1  2 

s. oben unter 1. Kap. C. s. oben unter 2. Kap. B.

4. Kap.: Resümee und Ausblick

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fahren am Arbeitsplatz und das funktionale Verständnis der gesetzlichen Unfallversicherung als Grundmodell für die Absicherung der arbeitenden Bevölkerung, wie es in der Gesetzessystematik und im Normzweck des § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zum Ausdruck kommt. Eine künftige Orientierung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an diesem Mindeststandardgedanken steht zudem in Einklang mit der gesetzgeberischen Entwicklung auf dem Gebiet des Unfallfürsorgerechts, die sich stets an der Entwicklung des normativen Schutzniveaus in der gesetzlichen Unfallversicherung orientiert hat, und ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 5 GG als unbedenklich zu bewerten. Nicht nur zur Realisierung des Mindeststandardgedankens, sondern auch in Anbetracht der Tatsache, dass sich das BVerwG in Vergangenheit und Gegenwart in vielen wegweisenden Entscheidungen an der Judikatur speziell des BSG orientiert hat und noch orientiert, kann die dogmatische Durchdringung des Dienstunfallrechts auch zukünftig von einer Adaption der arbeitsunfallrechtlichen Dogmatik profitieren. Dies betrifft insbesondere den Rückgriff auf die Zurechnungsfigur der objektivierten Handlungstendenz wie auch die gesonderte Prüfung der Unfallkausalität. Diese Adaption wäre nicht nur rechtspolitisch sinnvoll, sondern würde für die Zukunft auch die einheitliche Fortentwicklung und wissenschaftliche Begleitung eines thematisch einheitlichen Rechtsgebietes fördern. Eine über das Absicherungsniveau der gesetzlichen Unfallversicherung hinausgehende Auslegung des Dienstunfalltatbestandes sollte von den Verwaltungsgerichten zukünftig nur mehr dort vorgenommen werden, wo sich konkrete Gefahren identifizieren lassen, denen der Beamte in seiner Funktion als Staatsdiener in höherem Umfang ausgesetzt sieht, als dies für die Berufsgruppe der Arbeitnehmer der Fall ist. Den Gerichten obliegt bei der Herausarbeitung solcher Fallgruppen eine Begründungspflicht. Ein zwingender Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers ist zur Erreichung der hier gemachten Vorschläge angesichts der weitreichenden normativen Übereinstimmungen nicht auszumachen.3

3  Allenfalls käme hinsichtlich des § 31 BeamtVG die Implementierung von zu § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 3 SGB VII äquivalenten Normen in Betracht. Denkbar wären bspw. folgende Erweiterungen des § 31 BeamtVG (im ersten Fall unter absteigender Verschiebung des bisherigen S. 2 als S. 3): § 31 Abs. 1 S. 2 n.F.: „Als Körperschaden im Sinne des Abs. 1 S. 1 gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels“. § 31 Abs. 2a: „Verbotswidriges Handeln schließt einen Dienstunfall nicht aus“.

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Sachwortregister Sachwortregister Sachwortregister

Abweg  123, 126 ff. Alimentationsprinzip 169 Alkohol  72, 74 f., 90 f., 93 Alles-oder-Nichts-Prinzip 55 Allgemeines Gleichbehandlungs­ gesetz 193 Angriff, tätlicher  40, 214 Arbeiterbewegung  174 f. Arbeitnehmerbegriff  26 ff., 192 Arbeitsförderungsrecht 195 Arbeitsschutzgesetz  190 f. Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie 190 Arbeitsschutzrecht  188 ff. Arbeitssicherheitsgesetz 191 Arbeitszeitrichtlinie  190 f. Außenhaustürgrenze  116 ff., 138, 145, 202, 209 Bagatellschaden 105 Beamte – Betriebs-  176 f. – Ehren-  19, 194 – in teilprivatisierten Unternehmen  148 – Lehrer  60, 63, 70 ff., 74, 95, 140, 144, 168 – Polizei-  46, 49 f., 60, 69 f. Beihilfe  185, 195, 208 Berufsgenossenschaft  167, 182, 185, 188 Berufskrankheit  84, 147, 150, 159, 164, 167, 169 f., 179, 188 f., 205 Betriebsgelände  111, 115 Betriebskantine  51 f., 54, 111, 131, 139 Betriebssport  58 ff., 111 Betriebsweg, innerhäuslicher  65 ff., 112 Bismarck, Otto von  172 f., 175 Bundesarbeitsgericht 166

Bundesministerium des Innern  189 Bundesverfassungsgericht  29, 149 f., 195, 199 ff., 212 Culpa in eligendo et inspicendo  173 Dienst – Begriff 38 – Indienstversetzung, eigenmächtige  49 f. – Lösung vom ~  40, 74, 130, 136, 210 Dienstbeschädigung  80, 176 Dienstsport  58, 111 Dienstunfähigkeit  75, 176 f. Dienstzusammenhang  38 ff., 44 ff., 54, 58, 62, 73 ff., 91 f., 97, 111, 136, 146, 157, 168, 197, 210, 212 f. Dritter Ort  123 f., 133, 137 f., 140, 142, 154, 159 ff., 166, 209 Ehrenamt  27, 185, 197 Eisenbahnverkehr 174 Enumerationsprinzip 178 Europäischer Gerichtshof  192 Fahrgemeinschaft  125, 205 Finanzierung  166, 170, 180 ff. Föderalismusreform 199 Gefahr – allgemein wirkende  93 f., 112, 210 – besondere Betriebs-  97 ff., 111 – des täglichen Lebens  78, 94 f. – selbstgeschaffene  91, 96 f., 210 Gefährdungshaftung  172 ff. Gendiagnostikgesetz 193 Gerichtsbarkeiten – getrennte Zuständigkeiten  19, 184

Sachwortregister

241

– Zusammenlegung von ~  184 ff.

Nahrungsaufnahme 36, 51 f. , 54, 111, 211

Gleichheitsgrundsatz  29, 149 f.

Öffentlicher Dienst 147, 149

Haftungsausschluss 182

Pflegeversicherung, soziale 185, 195

Handlungstendenz – gespaltene  55 f. – objektivierte  33 ff., 112, 134, 210 Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums  198 ff. Hilfsmittel  106 ff., 112, 217 Impfung  58, 68 ff., 112, 139, 143 f. Industrialisierung  171 f. Infektionskrankheiten  78, 83, 84 Innerer Zusammenhang  33 f., 40, 86 f., 115, 158, 180 Kausalität – haftungsausfüllende  87, 110, 113, 142 – haftungsbegründende  34, 76, 86 f., 93, 96, 99 f.,103, 109 f., 112, 142 – überholende 103 – Unfall-  57, 78, 86 f., 90 ff., 96 ff., 100, 210, 217 Kausalitätslehren – Adäquanztheorie  88 f., 100 – Äquivalenztheorie  88 f., 102 f. – Theorie der rechtlich wesentlichen Ursache  100 ff., 111 f. – Theorie der wesentlichen Bedingung  88 f., 91, 100 ff., 110, 112 Körperersatzstücke  106 ff., 112

Raucherpause 54 Rehabilitation  170 f., 187 Reichsbeamtengesetz 176 Reichshaftpflichtgesetz  174, 177 Reichsversicherungsamt  59, 77, 80, 88 f., 116, 129, 178, 195 Rentenversicherung, gesetzliche  19, 23, 171, 181, 185, 195 Sachschäden  107 ff., 113, 173 Schullandheim  58, 70 ff., 139, 143 f., 168, 211 Sozialdemokratie  174 f. Soziale Frage  171 Sozialistengesetz 174 Soziallehre, katholische  198 Sozialversicherungsbeiträge 181 Sozialversicherungssystem  24, 184 f., 189 Tätigkeit – eigenwirtschaftliche  36, 40, 42, 45, 51, 54, 71 f., 74, 97, 111, 134 ff., 143 f., 213 f. – gemischte  55 f. – höchstpersönliche  36, 54 Telearbeit  58, 62 ff., 111, 139 Toilettenanlage  52 ff., 111, 168

Mobbing 79

Überstunden 46 Umwege  127 ff., 160, 204 Unfallfürsorgegesetz  176 ff., 202 Unfallhelfer 197 Unfallversicherungsgesetz  172, 175 ff., 205 Unfreiwilligkeit  85 f. Ursache – Gelegenheits-  103 f., 112 – Konkurrenz- 90 – Wirk- 89

Motivationslage, gemischte  54 ff.

Verbotswidrigkeit  72 ff., 217

Krankenversicherung, gesetzliche  19, 23, 171, 184 f., 195, 208 Kreditinstitut 206 Lärmschwerhörigkeit 167 Leistungsrecht  72 f., 105, 108, 110, 150, 189 Mehrarbeit  46 f. Mindestjahresurlaub 191

242

Sachwortregister

Verkehrsraum, öffentlicher  122, 132 ff., 139 f., 145, 154, 165 f. Verschuldensprinzip  173 f. Versicherungsfreiheit  19, 25, 145 f., 188, 195 f., 198, 211 Versicherungsprinzip  166, 168, 180 f. Versorgungsreformgesetz 206

Wegstrecke – Fortbewegungsmittel  125 f. – Streckenführung  125 f. Werkstor 115 Wie-Beschäftigung  25, 196 Zwei-Stunden-Grenze  123, 129 ff., 142, 209