Antlitz und Geschichte des Kreises Kolmar (Posen)

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Antlitz und Geschichte des Kreises Kolmar (Posen)

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Antlitz

und

Geschichte des Kreises Kolmar (Posen)

Zusammengestellt von Reg. Amtsrat a. D. Paul Krüger Kiel, früher Ratschin Kr. Kolmar

Herausgegeben von der Heimatkreisgemeinschaft Kolmar (Posen) Druck: Carius Druck Kiel 1970 Nachdruck. auch auszugsweise. nur mit Genehmigung des Herausgebers gestattet.

Antlitz

und Geschichte des Kreises Kolmar (Posen)

Druckfehlerberichtigung zu "Antlitz und Geschichte des Kreises Kolmar/Posen. " Seüe 5 muß es unter 26 "Josephsruh" heißen. 7 lm Abs. 2, Zeile 6 muß es statt "eine" "eines" heißen. 11 muß es in der vorletzten Zeile "Menschlicheg" heißen. 25 Im 2. Absatz von oben muß es in der vorletzten Zeile "Rücksicht" 40 43 47 53 61

heißen. ' Im Abschnitt 12 ist in der 6. Zeile vor Czarnikau einzufügen “von Napoleon 1807 gezogene Grenze. Die späteren Kreise Filehne, " In der 3. Zeile von unten ist statt "entstand" zu setzen "entgand_t". Im 4. Absatz von unten muß es in Zeile drei statt 191_8_ "1912" heißen. In der vorletzten Zeile von unten ist hinter "Sieger" einzusetzen ”es". Bei lfd. Nr. 23 sind in der 1. Zeile die Worte "auf dem" durch "im"

zu ersetzen.

62 64 71

120 142 171 177

in der letzten Zeile von unten muß es statt Kunkglewo Kunkglewo heißen. Im 2. Absatz von unten muß es in der 2. Zeile statt "im" "in" heißen. im 4. Absatz von oben muß es statt "Stü_'dte""Städte" heißen. Strelitz wird ohne "h" geschrieben. ist 1908, 1. Absatz, letzte Zeile hinter "Chaussee" das Wort "Sarnotschin" einzufügen. In der 2. Zeile von oben muß es statt "Jahr1" "Jahre_" heißen. Im 5. Abs. von oben muß in Zeile 2 das Halbwort "feidens-" durch

"Lebens- " ersetzt werden.

188 239 251 259 259

260 280 287 367 373

In der vorvorletzten Zeile muß es "Bleic__h" statt "Bleiä" heißen. Die Mühle heißt nicht Säge- sondern Sage--mühle. Bei Plöttke muß es in der 4. Zeile von oben ”zur" heißen. Die 8. Mühle hieß "Mu_c_h-" nicht "Muc_k_mühle".

Im 4. Absatz von unten muß es in der 1. Zeile statt "Reihen-" "Straßendorf" heißen. In der 1. Zeile von oben ist statt Wolckow "Wolskow" zu setzen. Im 4. Absatz von oben muß es in der vorvorletzten Zeile "Dürre­ mühle" heißen.

Statt "Flintg" muß es "Flinta" heißen. Statt "Sternburg" muß es "Sternberg" heißen. Hinter "Schulzentrum" ist "Kalletal" zu setzen.

Inhaltsübersicht

Ortschaftsverzeichnis ...........................................

5

Geleitwort desLandkreises Lemgo .................................... Vorwort derHeimatkreisgemeinschaft .................................. Heimat —LandderHerkunft, LandderSehnsucht —........................... Lied: Heimat, mein Heimatland ......................................

12

Bild:Landratsamt Kolmar, SitzderKreisverwaltung Kolmar.......................

13

BerichtüberdiePatenschaftsübernahme —Lippe’scheRundschauvom28.6.65— ............

Patenschaftsurkunde ...........................................

14

BildervonderÜberreichung derPatenschaftsurkunde undderFestveranstaltung.............

16

Denkstein zurErinnerung andieTotenderHeimatamSt.Johannisturm.................

18

|.

1. Die Völkerwanderungen .................................... 2.Die Wendenzeit ........................................

19 20

4. ErsteSiedlungsversuche —Mönche,Deutschritter, Tempelherren...............

24

Bild:Schloß Brake, SitzderKreisverwaltung Lemgo...........................

Allgemeine Geschichte

3. Wendisch-polnische Grenzkämpfe ...............................

5. Bäuerliche Zustände vor1580.................................

10

13

15

21 23

6 Diezweite deutsche Einwanderung .............................. 7 Rückblick aufdiewirtschaftliche Lage............................ 8 Die Bevölkerung 1772-1774 ................................. 9. Die].preußische Zeit—1772—1807 ............................. 10. DieWarschauer Zeit—1807—1815 ..............................

26 32

12. Verwaltung undWirtschaft —1815—1848 ...........................

13.Der Polenaufstand 1848 .................................... 14.ImZeitalter Bismarcks .....................................

40

15. Von1890 bisinden1.Weltkrieg hinein............................

16. Der1.Weltkrieg unddieTeilung desKreises.........................

45

17.Die Zeit von1920 bis1939.................................. 18.Der Krieg gegen Polen 1939..................................

49 49

21. DerNetzedistrikt mit2Landkarten ..............................

54

Die Geschichte der Kirchen

]. Kirchliche Kämpfe .......................................

57

3. wie vorvon1920 bis1945 ................................... 4. Die katholischen Kirchen ...................................

61 62

ll. Der Wiener Kongreß —1815 ..................................

19. Vorübergehend unterdeutscher Verwaltung .......................... 20. Scimeidemühl undUmgegend 1920bis1945.........................

Lied „Mein Posener Land“..................................

11.

7 9

2. Dieevangelischen Kirchen nach1772.............................

5. Jüdische Mitbürger undihreSynagogen ............................

111. Die Geschichte der Schulen

1. Schulen bis1772.......................................

2. 3. 4. 5. 6.

Schulen von1772 bis1815.................................. Schulen von1815 bis1872.................................. Schulen von1872 bis1920.................................. Schulen von1920 bis1939................................. Schulen von1939 bis1945..................................

34 36 38

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50 52

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59

64

66

67 68 69 69 70

IV. Geschichte des Kreises Kolmar, seiner Städte, Dörfer und Güter A.

Der Kreis Kolmar

]. Unser Heimatkreis Kolmar ................................ 2. Behörden desKreises Kolmar ..............................

71 72

3. Diewirtschaftliche Betätigung derKolonisten ......................

73

B. Städte (siehe Ortsverzeichnis) .................................

76

C. Landgemeinden (siehe Ortsverzeichnis) ............................

186

Lied „Wo‘s Dörflein dort zu Ende geht“

D. Verdiente Landsleute .....................................

317

E. Katastrophen ......................................... V.Die Forsten .............................................

322 326

VI.Volkskimdliches, Sitten undBräuche ................................ VII.Sagen, Humoresken, Erzählungen ..................................

VII]. Heimatgedichte und -lieder ..................................... IX.Aus unserem Patenkreis Lemgo ................................... X. Anhang

327 334

352 363

A. Erläuterung derimTextenthaltenen Fußnoten ........................

376

C. Schlußbemerkungen ...................................... D. Literatumachweis .......................................

379 380

B. Erläuterung von Ausdrücken ..................................

378

Ortsverzeichnis B. Städte

]. Budsin 2. Kolmar 3. 4. 5. 6.

C. Landgemeinden

Margonin Samotschin Schneidemühl Usch

]. Adolfsheim 2. Alyrode 3. Antonienhof 4. Aschenforth 5. Athanasienhof 6. Augustenau 7. Bergtal 8. Bischwitz 9. Bismarcksruhm 10. Braknitz 1]. Braknitz-Hauland 12. Brodden 13. Byschke 14. Christinchen 15. Dziembowo 16. Ebenfeld 17. Erpel 18. Freirode 19. Freundstal 20. Helldorf 21. Hermstal 22. Hohendorf 23. Jablonowo 24. Jaktorowo 25. Jankendorf 26. Josepfsruh 27. Kahlstädt 28. Kamionke 29. Karlshöh 30. Kirchdorf 31. Klothildenhof 32. Knarrhütte 33. Küddowtal 34. Kunkolewo 35. Kunkolewo-Hauland 36. Liebental 37. Liepe 38. Lindenwerder 39. Lipin 40. Lipin-Heuland 41. Margoninsdorf 42. Milsch 43. Miroslaw 44 Morzewo 45. Naientscha

46. Neubuden 47. Neuhütte 48. NewStrelitz 49. Nikolskowo 50. Nowen 51. Oberlesnitz 52. Pietronke 53. Plöttke 54. Podanin 55. Podstolitz 56. Prochnowo 57. Prossen 58. Radwonke 59. Ratschin 60. Rattai 61. Rzadkowo 62. Sagemühl 63. Samotschiner—Hammermühle 64. Schmiedenau 65. Schmilau 66. Schönfeld 67. Seefeld 68. Seeort 69. Segenfelde 70. Selgenau 71. Siebenschlößchen 72. Smolary 73. Sokolitz 74. Stöwen 75. Strelitz 76. Strelitz-Hauland 77. Studsin 78. Stüsselsdorf 79. Usch-Hauland 80. Usch-Neudorf 81. Waldberg 82. Waldtal 83. Wilhelmshöhe

84. 85. 86. 87. 88. 89. 90.

Wilhelmstreu Wilsbach Wisclu'n Wischin-Hauland Wischin-Neudorf Zachasberg Zbyszewice

G e l e i t w o r t

Der Kreis Lemgohat durch Beschluß seines Kreistages

vom

11.2.1965 die Patenschaft über die ehemals deutschen Be­ wohner des Kreises Kolmar übernommen. Er will damit allen vertriebenen Kolmarern und ihren Nachkommenzur Pflege ihrer Heimatliebe und Kultur ein Mittel- und Sammelpunktsein. Wir können mit Freude feststellen, daß das gelungen ist, denn die Zahl der Besucher des jährlichen Kolmarer Heimattreffens ist von anfangs 500 auf fast 1.000 angestiegen. Dazu hat auch der in der Stadt Lemgoerrichtete Gedenkstein, der den im Frieden und im Kriege verstorbenen und gefallenen Kolmarern

gewidmetist, beigetragen. Er steht stellvertretend für die nicht mehr zu besuchenden Grabmale im Osten.

Jetzt sind es 25 Jahre her, seitdem die Kolmarer ihre Heimat verlassen mußten. Allmählich werden die Erinnerungen an die Heimat schwächer. Es droht die Gefahr, die jahrhundertealte

wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungdes Netzedistrikts durch unsere deutschen Landsleute könnte in Vergessenheit geraten. Der Gedanke eine umfassenden Heimatbuches ist deshalb gern aufge­ griffen und unterstützt worden. Der Oberkreisdirektor dieses Kreises Lemgofühlt sich mit den Kolmarern und ihrem Schicksal besonders verbunden, weil seine Eltern auch aus dem Kreise Kolmar stammen.

In diesem Dokumentationsbericht ist gezeigt, daß Deutsche und Polen einst gemeinsamden Netzedistrikt urbar gemacht und zu einer blühenden Landschaft gestaltet haben. Mögen diese Gemeinsamkeitennicht in Vergessenheit geraten, sondern mehr herausgestellt werden, um auf ihnen einen neuen, guten Anfang mit unseren östlichen Nachbarn zu machen. Allen Kolmarern möge das Lesen dieses Buches sagen, daß auch eine

Heimat in der Ferne unverlierbare geistige Heimat bleibt. Schloß Brake, im März 1970

( w i n t e r )

Landrat

( K r ü g e r )

Oberkreisdirektor

Vorwort

Bei unserem Heimattreffen 1968 in Lemgo wurde angeregt, einen Bildband über unseren Heimatkreis herauszugeben. Man hoffte die Zahl der bereits vorliegenden Bilder — 120 —durch Aufrufe auf mindestens 200 erhöhen zu können. Unser Patenkreis Lemgo stellte Unterstützung des Vorhabens durch Übernahme eines Teiles der Kosten in Aussicht. Darauf machten wir uns an die Arbeit. Im Herbst 1969 wurden wir dann auf eine von unserm Landsmann, Lehrer a.D. Paul Müller in Neumünster, geb. in Schrnilau, ehemals Lehrer in Gomitz und Margonin Kr. Kohnar, verfaßte Chronik des Kreises Kolmar aufmerksam gemacht; ihre Durchsicht ergab, daß sie geeignet war, mit einigen Änderungen und Ergänzungen zusammen mit dem geplanten Bildband als Heimatbuch herausgegeben zu werden. Das ist nun mit diesem Buch verwirklicht. Die Geschichte des letzten Jahrhunderts ist zwar wechselvoll gewesen, eines aber steht fest: Solange Deutsche und Polen zum Wohle ihrer gemeinsamen Heimat wirkten, ist es dem Staat gut gegangen, sobald aber lntolleranz herrschte, ging es bergab. Wenn in diesem Buch u.a. auch von Zeiten der Unduldsam­ keit die Rede ist, so sollen damit nicht alte Wunden aufgerissen, sondern es soll deutlich gemacht werden, daß überspitzter Nationalismus schuld daran ist, wenn nicht ein fiir beide Seiten befriedigender Zustand herrscht. Der einzelne Deutsche und der einzelne Pole haben sich fast zu allen Zeiten vertragen, sich vielfältig ergänzt und gemeinsam viel geleistet. In einem freien geeinten Europa sollte das auch in Zukunft wieder möglich sein. Das vorliegende Heimatbuch wird mit seinen Darlegungen und vielen belebenden Bildern —über 400 —bei den älteren Landsleuten liebe Erinnerungen wecken; der Jugend soll es Einblick in die Geschichte der Heimat geben, sie mit deren Sitten und Gebräuchen vertraut machen und die unermüdliche Aufbauarbeit ihrer Vor­ fahren achten und schätzen lernen. Mancher mag der Meinung sein, daß die vorliegende Arbeit in Anbetracht der letzten geschichtlichen Ereignisse überflüssig sei. Das ist ein Irrtum, denn wahrheitsgetreue, mit Archiv­ unterlagen belegte geschichtliche Darlegungen behalten immer ihren Wert, auch dann, wenn die Verwaltung des behandelten Gebiets in den Händen eines anderen Volkes liegt. Unsere Vorfahren haben, wie diese Aufzeichnungen beweisen, im Osten große Gebiete —Sümpfe, Wildnisse und dergl. —urbar gemacht und aus ihnen ertragreiche, blühende Landschaften geschaffen. Über ihrem Dasein und Wirken sollte daher niemals das harte Wort „Vom Winde verweht“ stehen. Am Zustandekommen dieses Werkes haben viele Landsleute mit Wort und Bild uneigennützig mitgewirkt: ihnen, insbesondere unserm Landsmann Paul Müller, sei dafür herzlich gedankt; ebenso sei unseres inzwischen verstorbenen Landsmanns, Fotomeister Preuß, früher Samotschin bzw. Margonin, von dem zahlreiche Fotos stammen, in Dankbarkeit gedacht. Besonderer Dank gebührt unserem Patenkreis Lemgo, der uns eine neue Heimat gegeben und unsere Arbeit stets mit großem Interesse verfolgt und unterstützt hat; vor allem aber danken wir ihm für die finanzielle Unterstützung bei Herausgabe dieses Heirnatbuches, sowie bei der Altenerholung und bei den Paketaktionen zur Heimat usw. Lemgo, im März 1970.

Der Heimatkreisausschuß Kohnar:

%W—Wf%WW \Peplinski),thhütz),

(Paul Krüger)

Heimat

—Land der Herkunft, Land der Sehnsucht —

Wenn von „Heimat“ die Rede ist, denkt man in erster Linie an den ohne eigenes Zutun von Gott und den Eltern bestimmten Geburtsort und seine nähere Umgebung, in denen man Kindheit und Jugend verlebte, danach auch an den selbstgewählten Mittelpunkt des eigenen Familien- und Berufslebens, auch wenn dieser die längste Lebenszeit umfaßt. E.M. Arndt hat den Begriff „Heimat“ in seinem Gedicht „Heimat und Vaterland“ wie folgt umschrieben:

„0 Mensch, du hast ein Vaterland, ein heiliges Land, ein geliebtes Land, eine Erde, wonach deine Sehnsucht ewig dichtet und trachtet. Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels zuerst leuchteten, wo sei-neBlitze dir zuerst seine Allmacht offenbarten und seine Sturmwinde dir mit heiligem Schrecken durch die Seele brauseten, da ist deine Heimat, da ist dein Vaterland. Wo das erste Menschenauge sich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schoße trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit und des Christentums ins Herz gab, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland. Und seien es kahle Felsen und öde Inseln und wohnten Arbeit und Mühe dort dir, du mußt das Land ewig lieb haben; denn du bist ein Mensch und sollst die Heimat nicht vergessen, sondern behalten in deinem Herzen.“ Schiller sagt in Wilhelm Tell:

„Ans Vaterland, ans teure schließ’ Dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen; hier sind die starken Wurzeln Deiner Kraft, dort in der fremden Welt stehst Du allein, ein schwankend Rohr, das jeder Sturm zerbricht.“

Im Vorwort zum Bildband „Mitteldeutschland und der Osten wie er war“ führt Hagelstange u.a. aus: Wer eine Zeit lang, seien es nun friedliche Reisejahre oder unruhig schweifende Kriegsjahre gewesen, die Erde gemieden hat, die seine Kindheit nährte und ihn zum Manne aufzog, dem bedeutet Heimat mehr als dem­ jenigen, der immerfort in ihr lebte und dem das Geliebte vertraut und das Vertraute am Ende gewöhnlich geworden ist. Er sieht mit zärtlicheren Blicken, zurückgekehrt, das Bild seiner Geburtslandschaft, lauscht aufmerksamer dem Mutterlaut seiner Mundart und liebt —nach so viel zielloser Weite —den schmalen Grund, in dem er wurzelte. Er sieht, was die Eingesessenen und Seßhaften nicht mehr sehen oder doch übersehen. In allen Zeiten wiederholt sich dieses Spiel der Gefühle und Erfahrungen, und eine Ahnung von dem unendlichen Reiz solchen Wiedersehens und Wieder-in-Besitznehmens treibt, nach manchen Jahrzehnten noch, einen Auswanderer zurück in das Land seiner Kindheit und läßt ihn oft genug nicht wieder fort. Denn Heimat setzte uns die ersten Maße und blieb uns daher gemäß. Und wer an ewige Heimat glaubt, den dünkt die irdische eine Vorstufe zum Seligsein. Seit Generationen hat der Deutsche die Wahl gehabt, diese Erfahrung zu machen, und weil er ein reise­ freudiger Mann ist, haben viele sie gemacht. Wohl haben politische und kriegerische Händel hier und dort schon einmal Menschen gezwungen, ihre angestammte Bleibe aufzugeben. Aber meist waren es einzelne Gruppen oder Landsmannschaften, die auf so wehmütige oder schmerzliche Art ihrer Heimat inne wurden.

10

Nun aber, um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, hat das Schicksal das Volk der Deutschen auf das härteste geprüft, indem es die Frage nach der Heimat noch einmal von Grund auf neu stellte. Nicht, indem es einzelnen Teilen den Namen des Landes nahm, auf dem sie wurzelten, aber ihnen das Recht beließ, dort zu Haus zu sein, sondern indem es Millionen auf die Wanderschaft schickte und ihnen bedeutete, sie hätten Haus und Hof, Land und Stadt und alles, was Heimat hieß, zu verlassen —wie man ihnen sagte: auf Nimmcrwieder­ kehr. Eine unfreiwillige Völkerwanderung setzte ein, Länder wurden wie Steine im Brettspiel verschoben, Grenzen wie Streichhölzer verrückt, und im Mahlstrom der Geschichte trieben ganze Stämme westwärts, um neuen Wurzelgrund zu suchen, wo sich eine freie Krume Boden, eine Decke zum Schlafen, vier Wände zum Hausen boten. Und sie kamen zu denen, die ihre Heimat behalten hatten, und lehrten sie oder könnten sie lehren, was für eine Bewandtnis es mit diesem oft so dahingesagten Wort hat. Und wenn wir sagten, daß diejenigen, die nach Reisen und lrrfahrten in ihre Heimat wiederkehrten, diese mit zärtlicheren sehenderen Augen ansehen —wie erst und mit welchen Augen müssen die ihr Herkunftsland sehen, denen der Weg dorthin versperrt wurde! Da ist ein Garten, in dem wir als Kinder Beeren pflückten; da sind Straßen und Plätze, auf denen wir unsere Spiele trieben; da sind Häuser, in denen wir wohnten oder zu Gast waren; Kirchen, in denen wir sangen und beteten; Wälder, durch die wir wandernd streiften; Seen und Flüsse, auf denen wir fuhren. Da sind Orte, an denen sich unser Schicksal erfüllte, wo wir lieben lernten, Bindungen eingingen, ein Heim bauten, zu Wohlstand oder zu Ansehen kamen. Wir litten und freuten uns dort, hatten Freunde, haben Gräber dort. Menschliche geschah uns dort. Und so war das Land von Menschlichem durchdrungen und unser Leben mit dem Lande verwoben. Wir kennen seine Bilder.

Paul Krüger

11

Mein Heimatland

1.

Heimat, mein Heimatland am Warthe-Netzestrand, bist meines Lebens Freud’ zu aller Zeit. Refrain: Mein Herz gehöret Dir, schlägt treu Dir für und für, bleibt stets Dir zugewandt, mein Heimatland. Saaten so frisch und grün, Gärten so herrlich blühn’, und Deines Himmels Blau so gern ich schau. Refrain: Mein Herz gehöret Dir, schlägt treu Dir für und für, bleibt stets Dir zugewandt, mein Heimatland.

In Deiner Wälder Dom am Warthe-Netzestrom, Auf Deiner Wiesen Grün so gern ich bin. Refrain: Mein Herz gehöret Dir, schlägt treu Dir für und für, bleibt stets Dir zugewandt, mein Heimatland. Für Deine Vögel all’ mit ihrem süßen Schall, mit ihrer Lieder Klang, Heimat hab’ Dank. Refrain:

Mein Herz gehöret Dir, schlägt treu Dir für und für, bleibt stets Dir zugewandt, mein Heimatland.

Lehrer Konrad, Freundstal

12

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Landratsamt Kolmar

Schloß Brake —Kreisverwaltung Lemgo

13

„Was gerecht geregelt, ist auch dauerhaft geregelt!“

Die Heimat stets im Herzen tragen Landkreis Lemgoals Patenonkel der Kreisgemeinschaft Kolmar Lemgo (sehr). „Nur der ist in tiefster Seele treu, der die Heimat liebt wie Du!“ Das bewies wieder einmal das 7. Treffen der Heimatkreisgemein­ schaft Kolmar im Gasthaus „Zur Krone“ (Fr. Röding). Rund 500 Besucher, die früher in dem zum Netzedistrikt gehörenden Landkreis, dem nördlich­ sten der ehemaligen Provinz Posen, beheimatet waren. nahmen daran teil. Aus allen Gauen der Bundesrepublik waren sie gekommen, dariiber hinaus auch aus jenem Teil unseres Vaterlandes, den der Eiserne Vorhang vom freien Deutschland trennt. „Einigkeit und Recht und Freiheit Ueberschwenglich streute die Sonne strahlendes Gold aus. Leuchtende für das deutsche Vaterland!“ Wie Strahlen huschten über die Wahr­ inbriinstig die dritte Strophe des zeichen. die die Wände und auch die Deutschlandliedes, von der Kapelle große Bühne schmückten. Sie ver­ Baule begleitet, gesungen wurde! Wie weilten auf den Bildern mit den die Instrumente mahnten: „Brüder, Türmen und Zinnen von Kolmar und reicht die Hand zum Bunde!“ Wie sie tauchten die lippische Rose diesmal aber auch jene im Lied vom guten in helles Blau. Das täglich sich uns Kameraden beklagten, die nad: zum von Osten nahende Tagesgestirn Teil schweren Schicksalsschlägen nun hatte auf seinem Erdumlauf viele für immer ausruhen fern von Städten und herzliche Grüße mitzunehmen in und Dörfern, die ihnen einmal Hei­ mat waren. die ferne Heimat.

Spontan zehn Ferienplätze gestiftet Das siebte Heimattreffen der Kreis­ gemeinschaft Kolmar erhielt seine besondere Note durch die offizielle Uebernahme der Patenschaft durch den Landkreis Lemgo für die deut­ schen Bewohner aus dem ehemaligen Landkreis Kolmar, Oberkreisdirektor Krüger, dessen Eltern dem Netze—

distrikt entstammen, übergab Hei­ matkreisausschußvorsitzenden Paul Peplinski die Urkunde, während Landrat Winter aus dessen Händen das Wappen von Kolmar als Gegen­ gabe erhielt. Es soll in Schloß Brake einen Ehrenplatz erhalten. . Aber nicht nur das. Getreu der Ueberlieferung, daß der Patenonkel

gestellt — begrüßte Herr Peplinski zuvor auch Bürgermeister Flohr, Rektor i. R. Süvern als Vorsitzenden des Lippischen Heimatbundes, Bun— desspred1er Freiherr von Rosen, den

ersten Vorsitzenden der Landsmann­ schaft Weichsel/Warthe in Nieder­ sachsen, Herrn Bierschenk, und. Lan­ desgeschäftsführer Wilhelm aus Schleswig-Holstein. Der Landrat übermittelte zugleich die Grüße auch von Sozialminister Grundmann und Regierungspräsident Graumann. In seiner Ansprache stellte Herr Winter heraus daß das Entschei­ dende an der Übernahme der Paten­ schaft durch den Kreis nicht die finanzielle Seite ist. In erster Linie gehe es darum, den früheren deut­ schen Bewohnern des Landkreises Kolmar das Gefühl zu geben, daß sie im Landkreis Lemgo eine zweite Heimat erhalten haben. . Mit dem Hinweis, daß von den . 150 Millionen Einwohnern Euro­ l pas 60 Millionen das Schicksal der Vertriebenen erlitten, forderte der Landrat, niemals den Gedanken an die Heimat und die Wieder­ vereinigung unseres zweigeteilten Vaterlandes aufzugeben. Eine schöne, gottgewollte und ver­ pflichtende Aufgabe nannte Kreis­ vertriebenenvorsitzender Lehrer König die Uebernahme der Paten­

seinem Patenkind auch ein Angebinde mit auf den Lebensweg gibt, stiftete der Kreisausschuß, dessen Mitglieder ebenfalls zugegen waren, zehn Ferien­ freiplätze für betagte Mitglieder der Heimatkreisgemeinschaft. Sie sehen einen dreiwöchigen kostenlosen Auf­ enthalt im Landkreis vor. Dieses Geschenk wird bekanntlich seit lan­ gem auch 100älteren und bedürftigen Mitbürgern aus dem Bezirk Kreuz— schaft. berg der alten Reichshauptstadt Ber­ lin zuteil. Gerecht und dauerhaft Außer dem Landrat, dem Ober­ Den Weg der Mitte und des Rechts kreisdirektor und den Kreisaus­ anzustreben forderte Freiherr von sd1ußmitgliedern — diese hatten sich Rosen in seiner Festansprache. Er in einer gemeinsamen Sitzung vor­ zitierte die Worte Lincolns, denen zufolge das nur dauerhaft, was auch gerecht gereglt ist. Den Partnern in der Patenschaft wünschte der Refe­ „„._„+__‚daß

dieser

Zusammenschluß

reiche Früchte trägt, auf daß wir alle in schon absehbarer Zeit zu einem gerechten und für uns alle begltik­ kenden Frieden kommen!“ Ausklang des Heimatkreistreffens war ein harmonisches Beisammen­ sein, bei dem alte freundschaftliche Bande gefestigt und neue geschlos­ sen wurden.

——

14

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