Amt - Ämter - Dienste: Entwurf zur Erprobung 9783767571525, 3954788956, 3767571528

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Amt - Ämter - Dienste: Entwurf zur Erprobung
 9783767571525, 3954788956, 3767571528

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Trauer und Beerdigung.Eine Hilfe für Angehörige
Das Erleben von Tod
Wenn der Tod eintritt
M enschen, die Ihnen zur Seite stehen
Stationen des Abschieds
Die Zeit der Trauer
Ein Grab – sich erinnern, verweilen, Kraft schöpfen für Neues
Praktisches
Erinnerungen und Jahrestage
Checkliste

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Dr. Christina Kayales ist Pastorin in der Hamburger St. Gertrud-Gemeinde.

ISBN 978-3-7675-7152-5

9 783767 571525

Christina Kayales

Christina Kayales Trauer und Beerdigung

Dieses Taschenbuch bietet durch klar gegliederte Informationen praktischen Beistand aber auch behutsam tröstliche Anregungen zum Umgang mit Tod und Sterben. Die erfahrene Pastorin Christina Kayales schildert, was nach einem Sterbefall zu beachten ist. Sie erklärt die Abläufe einer christlichen Beerdigung und verschiedene Rituale und Traditionen, die beim Abschiednehmen zur Verfügung stehen. Gedichte, Zitate, Bilder, kurze Texte und Lieder zum Umgang mit Tod und Sterben laden ein, innezuhalten und der eigenen Trauer Raum zu geben.

Trauer und Beerdigung Eine Hilfe für Angehörige

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Mahnmal auf dem Kirchlichen Friedhof Lübeck-Schlutup

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Christina Kayales

Trauer und Beerdigung Eine Hilfe für Angehörige

Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K.

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Mit 24 Abbildungen. Bilder von Andreas Kayales. Die Bibelzitate folgen der Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart. Autorin und Verlag haben sich haben sich bemüht, für urheberrechtlich geschützte Texte die derzeitigen Rechteinhaber ausfindig zu machen (vgl. Verzeichnis der abgedruckten Texte Seite 110–111). Diejenigen Rechteinhaber, bei denen das nicht gelungen ist, bitten wir auf diesem Weg um Kontaktaufnahme mit dem Verlag. Herzlichen Dank für Beratung zum Manuskript an Michael Bracht, Christian Hennecke, Andrea Klopfer, Thomas Lessmann, Michael Schätzel und Arnd Schomerus!

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Eine eBook-Ausgabe ist erhältlich unter DOI 10.2364/3954788956 © Edition Ruprecht, Inh. Dr. R. Ruprecht e.K., Postfach 17 16, 37007 Göttingen – 2011 www.edition-ruprecht.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Diese ist auch erforderlich bei einer Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke nach § 52a UrhG. Lektorat: Susanne Albrecht, Leverkusen Layout und Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Umschlaggestaltung: klartext GmbH, Göttingen Druck: CPI – Ebner & Spiegel GmbH, Neu-Ulm ISBN 978-3-7675-7152-5

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Inhaltsverzeichnis Trauer und Beerdigung. Eine Hilfe für Angehörige Das Erleben von Tod

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Fragen bleiben 12 In Ruhe Abschied nehmen, den Tod begreifen 16 Wenn der Tod eintritt

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Menschen, die Ihnen zur Seite stehen

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Freunde und Verwandte 21 Die Seelsorger 22 Der Bestatter 23 Die eigenen Bedürfnisse 23 Der Schmerz 25 Die Wahl des Bestattungsunternehmens 26 Stationen des Abschieds 29 Sterbebegleitung 29 Aussegnung 36 Trauergespräch 38 Der Trauerbrief / Die Traueranzeige 39 Eine Auswahl an Bibelworten und Zitaten 40 Die Trauerfeier 44 Termin und Ort der Trauerfeier 44 Ablauf der Trauerfeier 46 Abschied am Grab 47 Auswahl der Musik bei der Trauerfeier 49 Einige beliebte Lieder und Musikstücke für kirchliche Trauerfeiern 51 Blumen- und Kerzenschmuck 53 Gedenken im Familien- und Freundeskreis 54

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Würdige Trauerkleidung 55 Kondolieren 56 Fürbitten im Gemeindegottesdienst 58 Trauerbesuch 59 Die Zeit der Trauer

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Einige Anregungen zur Trauerbewältigung 63 Was helfen kann 68 Auch Kinder trauern 69 Kinder bei der Trauerfeier 75 Ein Grab – sich erinnern, verweilen, Kraft schöpfen für Neues

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Formen der Bestattung 81 Die Erdbestattung 82 Die Feuerbestattung / Urnenbestattung 83 Grabarten 85 Seebestattung 87 Ablauf einer Seebestattung 88 Naturbestattungen – Baumbestattungen bzw. sog. Friedwälder 89 Andere Bestattungs- und Erinnerungsformen 90 Praktisches

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Was eine Bestattung kostet 92 Tod im Ausland 94 Erinnerungen und Jahrestage

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Totengedenken am Ewigkeitssonntag (Totensonntag) 97 Stilles Gedenken 100 Trauerportale im Internet 100 Checkliste 105 Notizen 109 Verzeichnis der abgedruckten Texte 110

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Trauer und Beerdigung. Eine Hilfe für Angehörige Der Tod ist und bleibt immer ein ganz eigener, ein besonderer Moment. Der Tod verändert vieles. Die Trennung von einem Menschen kann das eigene Leben ins Wanken bringen. Selbst wenn sich der Tod lange vorher angekündigt hat, zum Beispiel durch eine schwere Krankheit, wird er doch häufig als plötzlich eintretendes Ereignis erlebt. Manche Menschen fühlen im ersten Moment mehr Wut und Zorn als Trauer. Anderen scheint es, als ob sie gar nichts fühlen würden und sind erschrocken über ihre Distanziertheit. Nach langem Leiden kann der Tod auch als Erlösung erlebt werden und Erleichterung spürbar werden lassen. Vielen fällt es schwer, ihre Gedanken zu sortieren und Entscheidungen zu treffen

Auch der Umgang mit dem Tod wird in ganz unterschiedlicher und ganz eigener Weise erlebt. Die einen sind froh, von vielen Aufgaben, die eine Beerdigung erfordert, entlastet zu werden. Für andere ist es hilfreich und wichtig, bei möglichst vielen Aufgaben beteiligt zu werden und eine persönlich gestaltete Beerdigungzu erleben, – gerade auch als Gegengewicht zu der Hilflosigkeit angesichts des Todes. 7

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Die Beerdigung kann als gemeinsames Abschied nehmen, als eine letzte öffentliche Begegnung, auf ganz eigene Weise dazu beitragen, loszulassen. Die kirchliche Beerdigung bietet Raum und Zeit, Bilder und Sprache für diesen Abschied. Im gottesdienstlichen Rahmen finden sich Worte für das Schwere und vielfach schwer Fassbare: für den Tod, für den Schmerz, für den Wunsch, dass die Toten bei Gott geborgen sind und für neue Hoffnung auf ein Leben, das mächtiger ist als der Tod.

Dieses Buch möchte zweierlei: Zum einen wurden Hinweise und Informationen gesammelt: was bei einem Sterbefall zu bedenken ist, was vor der Beisetzung zu entscheiden ist, der Ablauf einer kirchlichen Trauerfeier, Bestattungsformen, so manches, was zu bedenken ist und gerade in solchen Momenten des Abschieds so schwer im Kopf bleibt. Und auch nach der Beisetzung ist Verschiedenes zu regeln. Diese Informationen „rund um die Beerdigung“ wollen und sollen keine Trauerarbeit ersetzen. Sie sollen die Hinterbliebenen unterstützen: durch Sachinformationen Klärung bringen, die Scheu nehmen und ermöglichen, die Beerdigung in aller Ruhe, persönlich und passend zum Verstorbenen gestalten zu können.

Zum anderen wurden kurze Texte, Gebete, Bibel- und Liedtexte zusammengestellt, die eingestreut an verschiedenen Abschnitten im Buch zu finden sind. Dabei handelt es sich um Annäherungen an das Thema Tod, Sterben, Abschied nehmen.

Dieses Buch lehnt sich bewusst an unsere abendländisch-christlichen Traditionen an und verweist auf die Unterstützung christlicher Traditionen gerade in derartigen krisenhaften Zeiten. Die Erinnerung daran, welche christlichen Abschiedsrituale uns zur Verfügung stehen, sollen hier gebündelt vorgestellt werden. Maßgeblich wurde dieses Buch durch die vielen Beerdigungen geprägt, die ich als evangelische 8

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Pastorin begleitete und bei denen ich erlebte, mit welchen Themen, Schwierigkeiten und Fragen die Hinterbliebenen umzugehen hatten. Dabei steht die evangelische Tradition im Mittelpunkt– andere Konfessionen, Religionen oder andere Rituale sollen damit nicht abgewertet werden, können aber nur knappe Betrachtung finden. Traditionen, Regelungen auf dem jeweiligen Friedhof und Abläufe sind immer regional unterschiedlich und durch die Persönlichkeiten geprägt, die an der Gestaltung mitwirken. Insofern kann das Vorgestellte nur eine grobe Orientierung bieten. Jeder Abschied gestaltet sich naturgemäß immer etwas anders.

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Das Erleben von Tod Dass der Tod im hohen Lebensalter zu Hause im Kreis der Familie eintritt, ist heute eher selten der Fall. Die meisten Menschen sterben im Krankenhaus, oft nach längerer Krankheit. Dieses Leid mit ansehen zu müssen und nicht helfen zu können, belastet Angehörige meist sehr. So ist es nur verständlich, dass der Tod auch als „Erlösung“ empfunden werden kann. In heftiger Weise trifft der Tod besonders, wenn ein Kind oder ein junger Mensch stirbt. Die Ohnmacht, die Wut oder auch die Frage nach dem „Warum?“ bleibt dann oft lange quälend im Raum stehen. Nach einem Selbstmord sind diese Fragen besonders belastend. Auch wenn schon seit vielen Jahren keine Unterschiede mehr gemacht werden in der Art der Beerdigung, sind viele verunsichert, wie mit einem Selbstmord umzugehen ist. Noch immer scheuen sich viele, anderen zu sagen, wenn der Tod durch Suizid eingetreten ist, ganz besonders, wenn es sich um eine ältere Person gehandelt hat. 10

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Wenn ein naher Mensch stirbt, stürmen viele Fragen auf einen ein. Es gibt verschiedene Anlaufstellen und Beratungsstellen:

In Krankenhäusern können Krankenhausseelsorger von Patienten, aber auch von deren Angehörigen kontaktiert werden. Die Telefonseelsorge kann anonym und kostenfrei angerufen werden. Hospize umsorgen sterbende Menschen und ihre Angehörigen zu Hause oder im Hospiz.

Bei Unfällen oder schwerem Unglück leistet auch die Notfallseelsorge „erste Hilfe für die Seele“. Die Mitarbeiter kommen, wenn ein schweres Unglück geschehen ist. Die Mitarbeiter von Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdiensten fordern gern die Notfallseelsorge auf Nachfrage an. Immer ist auch Ihr Gemeindepastor bzw. Ihre Gemeindepastorin für Sie da.

Hinweis Die zuständige Kirchengemeinde bzw. Pastor oder Pastorin finden Sie in Ihrem Telefonbuch, über das Internet oder über Ihren Bestatter. Kostenfreie Nummer der Telefonseelsorge: Tel. 08 001 110 111 und 08 001 110 222 Suizid: Agus e. V. Angehörige um Suizid www.agus-selbsthilfe.de; www.suizidprophylaxe.de; www.forlife.de Hospiz: Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e. V.: Tel. 0 2428 802 937 oder E-Mail: [email protected] Infos für eine Patientenverfügung finden Sie unter: www.patientenverfügung.de

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Es ist wichtig, all den oft widersprüchlichen Gefühlen von Hilflosigkeit, Traurigkeit, Dankbarkeit oder auch Zorn Raum zu geben. Zur Beschäftigung mit dem Tod gehört, seine Gegenwart nicht zu leugnen und ihn nicht aus dem eigenem Leben auszuklammern. Wenn wir jemanden „gehen lassen“ müssen, dürfen wir uns auch selbst ein Stück weit „gehenlassen“ und Gefühle wie Angst, Überforderung und Trauer zeigen. All diese Reaktionen sind nur allzu verständlich.

Fragen bleiben Sosehr wir es uns auch wünschen: Das Woher und Wohin des Lebens ganz zu ergründen, bleibt uns Menschen letztlich verwehrt. So, wie wir bei unserer Geburt nicht ahnen können, in welche Welt wir hineingeboren werden, bleibt uns auch der Blick über die Schwelle des Todes versperrt. Doch der Glaube daran, im Leben und bei allem, was diesem Leben folgt, bei Gott geborgen zu sein, gibt eine Orientierung, die den Tod nicht mehr als Ende von allem begreift. Auferstehung im christlichen Sinn bedeutet: Dem Tod ist die Macht genommen, alles, was gewesen ist, für beendet zu erklären. – Wir sind nicht verloren, sondern in Gott geborgen.

„Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.“

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Ich bin zu Hause in diesem Kosmos Ich glaube an das Leben nach dem Tod, das Leben, das weitergeht nach meinem individuellen Tod, an den Frieden, der vielleicht irgendwann einmal sein wird, wenn ich schon lange tot bin, an die Gerechtigkeit und die Freude. Ich glaube nicht an eine individuelle Fortexistenz, und ich möchte auch nicht in die Lage kommen, daran glauben zu müssen. Ich empfinde das als Krücke des Glaubens, aber eigentlich sollten wir ja gehen lernen. Eine junge Frau fragte mich einmal: „Ist für Sie mit dem Tod alles aus?“ Ich antwortete: „Es kommt darauf an, was Sie unter ‚alles‘ verstehen. Wenn Sie für sich ‚alles‘ sind, dann ist für Sie alles aus. Wenn nicht, dann geht alles weiter, ,merläbn ewig‘, wie ein schönes jiddisches Lied singt.“ Die individuelle und geistige Existenz endet mit dem Tod. Das ist kein Gedanke, der mir Schrecken einflößt, dass ich ein Teil der Natur bin, dass ich wie ein Blatt herunterfalle und vermodere, und dann wächst der Baum weiter, und das Gras wächst und die Vögel singen, und ich bin ein Teil dieses Ganzen. Ich bin zu Hause in diesem Kosmos. Dorothee Sölle

Es ist eine lebenslange Aufgabe, vertrauensvoll zu glauben: Unser Leben und Sterben hat Sinn, auch wenn wir es nicht immer verstehen können. Die christliche Tradition hält Worte, Bilder, Rituale und Lieder bereit, die über die Jahrhunderte immer wieder Menschen getröstet haben und ihnen bis heute bei der Bewältigung von Sterben und Tod Hoffnung und Zuversicht spenden. Sie können Kraft geben, Abschied zu nehmen und helfen, die Zeit der Trauer zu überstehen.

„In deine Hände befehle ich meinen Geist“ (Psalm 31,6)

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Gibt es ein Leben nach der Geburt Ein Zwillingspaar, Bruder und Schwester, unterhält sich vor ihrer Geburt im Schoß ihrer Mutter. Die Schwester sagte zu ihrem Bruder: »Ich glaube an ein Leben nach der Geburt!« Ihr Bruder erhob lebhaft Einspruch: »Nein, nein, das hier ist alles. Hier ist es schön dunkel und warm, und wir brauchen uns lediglich an die Nabelschnur zu halten, die uns ernährt.« Aber das Mädchen gab nicht nach: »Es muss doch mehr als diesen dunklen Ort geben; es muss anderswo etwas geben, wo Licht ist und wo man sich frei bewegen kann.« Aber sie konnte ihren Zwillingsbruder immer noch nicht überzeugen. Dann, nach längerem Schweigen, sagte sie zögernd: »Ich muss noch etwas sagen, aber ich fürchte, du wirst auch das nicht glauben: Ich glaube nämlich, dass wir eine Mutter haben!« Jetzt wurde ihr kleiner Bruder wütend: »Eine Mutter, eine Mutter!«, schrie er. »Was für Zeug redest du denn daher? Ich habe noch nie eine Mutter gesehen, und du auch nicht«. Die kleine Schwester wagte eine Zeit lang nichts mehr zu sagen. Aber sie konnte ihre Gedanken nicht einfach abschalten, und sagte schließlich doch wieder: »Spürst du nicht ab und zu diesen Druck? Das ist doch immer wieder ganz unangenehm. Manchmal tut es richtig weh.« – »Ja«, gab er zur Antwort, »aber was soll das schon heißen? « Seine Schwester darauf: »Weißt du, ich glaube, dass dieses Wehtun dazu da ist, um uns auf einen anderen Ort vorzubereiten, wo es viel schöner ist als hier und wo wir unsere Mutter von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Wird das nicht ganz aufregend sein?« erzählt nach Henry Nouwen

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Wenn ein Mensch stirbt, ist es tröstlich zu erfahren, dass dieses Leben weiterhin Geborgenheit findet bei Gott, auch wenn wir weder wissen, wie wir uns das vorstellen können oder in welcher Weise dies geschieht. Der bzw. die Verstorbene bleibt geborgen bei Gott, der alles Leben erschaffen hat. Entsprechend wird in der kirchlichen Trauerfeier der bzw. die Verstorbene in Gottes Hand übergeben. Ängste und Sorgen können abgelegt werden, denn wir können darauf vertrauen: Bei Gott sind die Verstorbenen gut aufgehoben.

„Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ (Römerbrief 8, 38f).

Ich sagte zu dem Engel, der an der Pforte stand: Gib mir ein Licht, damit ich sicheren Fußes der Ungewissheit entgegensehen kann. Aber er antwortete: Geh nur hin in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes. Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg. aus China

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Hinweis Wenn ein Ihnen naher Mensch im Sterben liegt, können Sie sich für ein seelsorgerliches Gespräch an Ihren Gemeindepastor oder Ihre Gemeindepastorin wenden und diese auch gern einladen zu einem Besuch, allein oder mit anderen. Auch für eine gemeinsame Abendmahlsfeier besucht Sie Ihr Gemeindepastor gerne, zu Hause oder auch im Krankenhaus, oder Sie wenden sich dort an den Krankenhausseelsorger bzw. die Krankenhausseelsorgerin.

In Ruhe Abschied nehmen, den Tod begreifen In vielen Fällen geht alles ganz schnell. Etwa 50 Prozent der Menschen in unserem Land sterben in einem Krankenhaus, weitere 30 Prozent in einem Pflegeheim. Selbst wenn in diesen Fällen der Tod in gewisser Weise nicht überraschend kommt, können die Angehörigen nicht immer selbst zum Todeszeitpunkt am Sterbebett sein. Sie werden dann umgehend verständigt. Oft wird als Nächstes ein Bestattungsunternehmen benachrichtigt, das den Angehörigen (auf Wunsch!) vieles abnimmt und mit professioneller Routine für die nächsten Schritte sorgt. Dennoch ist es ratsam, sich für die persönliche Situation und die eigenen Überlegungen Zeit zu nehmen.

Hinweis Wichtig zu wissen ist: Niemand von außen hat über den Verstorbenen zu bestimmen, in jedem Fall müssen die Angehörigen den vorgeschlagenen Schritten zustimmen.

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Die Angebote der Bestattungsunternehmen sind eben dies: Angebote! Es steht den Angehörigen frei, vieles eigenständig zu regeln bzw. dem Bestattungsunternehmen konkrete Vorgaben zu machen. So sehr manche Menschen es als große Entlastung erleben, dass sich das Bestattungsunternehmen um alles kümmert, so sehr haben andere das Bedürfnis, so viele dieser „letzten Dinge“ wie möglich für den Verstorbenen noch selber zu tun. Wenn ein vertrauter Mensch gestorben ist, erleben Viele große Ratund Hilflosigkeit. Der, der da reglos liegt, scheint irgendwie nicht mehr der Mensch zu sein, den man kannte und liebte. Dieser Moment ist für viele Angehörige daher mit Scheu oder auch mit Angst verbunden. Aber es kann dennoch sehr hilfreich sein, die Verstorbenen noch einmal anzuschauen und zu berühren. Diese letzte Nähe, bei der zumeist der Eindruck entsteht, als würde der bzw. die Verstorbene schlafen, erleichtert es oft, loszulassen und den Tod anzunehmen. Die Hand des Verstorbenen zu halten, kann die innere Verbundenheit noch einmal auf sehr eigene Weise zum Ausdruck bringen. Eine ruhige und persönliche Umgebung, ob zuhause oder in einem speziellen Abschiedsraum, schafft den angemessenen Rahmen dafür. Oft tut es einfach gut, da zu sein. Manche berühren die vertraute Person, drücken noch einmal die Hand, setzen sich eine kleine Weile hin und erinnern sich oder setzen sich gemeinsam mit anderen zum Verstorbenen und erzählen über ihn oder sie. Manche beten noch einmal, zünden eine Kerze an oder führen eine letzte Zwiesprache. Es gibt für solche letzten Besuche keine Regeln. Entscheidend ist, in sich hineinzuhorchen, sich zu nichts zu zwingen, aber auch der ersten inneren Unruhe nicht unbedingt gleich nachzugeben. Besondere Todesumstände, wie ein Unfall oder ein Verbrechen, erlauben möglicherweise kein unmittelbares Abschiednehmen.

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„Gott, lange habe ich nicht gebetet. Hier, umgeben vom Tod, bitte ich Dich: Hilf mir. Ich bin verzweifelt, voller Angst, fühle mich gelähmt und möchte doch gleichzeitig weglaufen. Sei du mein Gegenüber, dem ich alles anvertrauen kann, damit ich wieder zu mir komme. Schenke mir Tränen, die befreien, gib mir Mut, damit ich nicht innerlich die Flucht ergreife.“ (AFÖ)

„Gott, du rufst uns ins Leben, und du rufst uns in den Tod. Du hast nun diesen Menschen zu dir gerufen. Für uns, die wir zurückbleiben, ist das ein schwerer Moment. Wir leiden in dieser Stunde des Abschieds. Stärke uns in dieser schweren Stunde und stärke unseren Glauben, dass dieser Mensch nun bei dir, Gott, geborgen ist.“ 18

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Wenn der Tod eintritt Wenn der Tod zuhause eintritt, ist es notwendig, eine Ärztin oder einen Arzt zu rufen, damit ein Totenschein ausgestellt wird. Ein Mensch, der verstirbt, darf nach Eintritt des Todes bis zu 36 Stunden im Hause bleiben, in einigen Bundesländern bis zu 48 Stunden. Es besteht also keine Eile. Sollten Sie Fragen zu gewissen Hygienemaßnahmen haben, beraten Sie die Bestattungsunternehmer gern. Theoretisch darf ein Verstorbener sogar durch einen Bestatter aus dem Krankenhaus oder dem Altersheim zurück nach Hause geholt werden, wenn dies der Wunsch der Angehörigen ist. Viele Krankenhäuser und Pflegeheime, manchmal auch die Bestattungsunternehmen selbst, haben besondere Räume, in denen Verstorbene aufgebahrt werden können. Auch im Krankenhaus gilt: Es besteht keine Eile. Krankenhäuser müssen zuweilen das Zimmer sofort wieder belegen, haben aber andere Räume, in denen Sie von der oder dem Verstorbenen Abschied nehmen können. Sie können das Krankenhaus19

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personal bitten, einen dieser Räume zu nutzen. Eine geeignete Umgebung hilft Ihnen, auf Ihre Weise Abschied zu nehmen. Auch bietet sie die Möglichkeit, dass bei diesem letzten Besuch Angehörige teilnehmen können, die von weit her kommen.

Hinweis Die Pastorin oder der Pastor kommen nach Möglichkeit umgehend für eine Aussegnung ans Sterbebett, wenn Sie dies wünschen.

Sie können am Sterbebett auch selbst ein Gebet sprechen, etwa das Vaterunser, oder auch in aller Stille gedenken. Im Gesangbuch finden Sie im hinteren Teil weitere Gebete speziell für diesen Anlass. Meist ist es möglich, Kerzen bei dem verstorbenen Menschen auf zustellen. Blumen, ein Kreuz, eine Bibel, oder ein anderer Gegenstand, der für den Verstorbenen eine Bedeutung hatte, können in die Hände oder auf die Brust des verstorbenen Menschen gelegt werden. Auch wenn es erst einmal Überwindung kosten kann: Erfahrungsgemäß tut es gut, den Verstorbenen bzw. die Verstorbene zu berühren, noch einmal das Haar zu kämmen, so wie er oder sie es eben gern hatte, der Verstorbenen vielleicht die Ohrringe oder die Kette umzulegen, die sie so gern hatte, oder eben die Krawatte oder das Hemd, das dem Verstorbenen so gut gefiel.

„Vater unser im Himmel. Geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen“

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Menschen, die Ihnen zur Seite stehen Freunde und Verwandte Es tut gut, in der Zeit der größten Trauer vertraute Menschen um sich zu haben. Mit Familienangehörigen oder Freunden können Sie über den verstorbenen Menschen sprechen und gemeinsame Erlebnisse austauschen, sich gegenseitig stützen oder sich einfach bei dem, was Sie tun müssen, helfen lassen. Zuweilen hatten Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen mit anderen Menschen zu tun, manchmal durch Umzug oder Trennungen dann jahrelang keinen Kontakt. Wenn jemand stirbt, nehmen wir Abschied angesichts der verschiedenen Lebensphasen, die unser Leben ausmachen. Dabei kann es hilfreich sein, aus den verschiedenen 21

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Lebensbereichen und Lebens-Stationen auch die entsprechenden Menschen zu informieren. Die Vielfalt und Bandbreite eines Lebens kommt so auch noch einmal zum Ausdruck. In nicht wenigen Fällen gibt es Angehörige, die man länger nicht gesprochen hat oder mit denen wenig Kontakt herrschte. Der Tod hat jedoch eine besondere Qualität. Daher bietet es sich an, das weite Spektrum von Angehörigen, Vertrauten und Freunden zu informieren – am besten noch, wenn jemand im Sterben liegt, oder sonst nach dem Tod. Für Viele ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben, einem vertrauten Verstorbenen „die letzte Ehre“ erweisen zu können.

Die Seelsorger Ihre Pastorin bzw. Ihr Pastor weiß, wie sehr ein Sterbefall aufwühlt und wird Ihnen behutsam und angemessen begegnen. Sie können selbst anrufen, ansonsten übernimmt das Bestattungsunternehmen, das Sie ausgewählt haben, die erste Kontaktaufnahme. Der Abschied von einem geliebten Menschen und der anschließende Trauerprozess verlaufen nicht in vorhersehbaren Bahnen. Ihr Pastor hilft Ihnen, wichtige Stationen wie die Trauerfeier zu klären und bespricht mit Ihnen die nächsten Schritte. Ihre Pastorin bzw. Ihr Pastor steht Ihnen auch in der Zeit nach der Bestattung seelsorglich zur Seite, wenn Sie es wünschen. Neben den persönlichen Kontakten zum Pastor steht Ihnen Ihre Kirchengemeinde zur Seite. Die Kirche hält verschiedene Angebote bereit, die in dieser Situation und in den Monaten danach helfen können. Sprechen Sie bei Interesse dies gerne bei Ihrem Pastor an.

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Der Bestatter Ein Bestattungsinstitut Ihrer Wahl kann Sie unterstützen, indem es sich um den verstorbenen Angehörigen kümmert und viele notwendige Formalitäten für Sie regelt. Auch bei Erledigungen wie dem Drucken der Trauerkarten oder der Veröffentlichung einer Traueranzeige in der örtlichen Tageszeitung kann Sie das Bestattungsinstitut beraten. Viele sind bemüht, mit Ihnen gemeinsam eine angemessene Form des Abschieds zu finden, und beraten Sie bezüglich der Auswahl eines Sarges, des Kerzenschmucks oder der Blumen. Natürlich steht es Ihnen frei, für welches Bestattungsinstitut Sie sich entscheiden und welche dieser Aufgaben Sie selber übernehmen möchten oder von anderen erledigen lassen.

Die eigenen Bedürfnisse Menschen reagieren sehr unterschiedlich in Momenten der Trauer. Es hilft, die eigenen Bedürfnisse zu beachten. Einige möchten allein sein und brauchen den Rückzug. In diesen Zeiten, ganz mit sich allein, schreiben einige gern eine Art „Trauertagebuch“ – wo all das, was sie bewegt, zu Papier gebracht wird. Anderen hilft es, Kerzen anzuzünden, zu Hause oder auf dem Friedhof, oder sie besuchen eine Kirche, um dort für einige Zeit zu verweilen. Manche schreiben noch einmal einen Brief an den Verstorbenen, Dinge, die nie oder zu wenig gesagt wurden, oder was man dem oder der Verstorbenen noch einmal sagen möchte. So ein Brief kann dann auch mit in den Sarg gelegt werden oder mit ins Grab getan werden. Oft tut Bewegung gut, sei es ein Spaziergang oder auch das bewusste Eintauchen in sportliche Aktivität. Aber bitte bedenken Sie: Sie sind unkonzentriert, es besteht also höhere Verletzungsgefahr!

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Du hast ein Recht auf deine Trauer Du hast ein Recht auf deine Trauer. Du darfst dich deinem Verlust widmen, musst nicht verdrängen, was dich beschwert. Du hast ein Recht, das abzutrauern, was dich so tief enttäuscht hat und was du nicht ändern kannst. Du hast ein Recht auf deine Tränen, auf dein Schweigen, auf deine Ratlosigkeit, auf deine innere und äußere Abwesenheit. Du musst nicht den Glücklichen spielen, nicht über den Dingen stehen. Du hast ein Recht, die wegzuschicken, die dich mit Gewalt aus deiner Trauer herausholen wollen, weil deine Trauer sie selbst bedroht. Du hast ein Recht auf deine Trauerzeit. Du hast ein Recht, mit denen nicht reden zu wollen, die dir ein schlechtes Gewissen machen für deine Dunkelheit und Trauer. Die dich mit ihren Sprüchen unter Druck setzen wollen. Du hast ein Recht auf deine Trauerstille. Du hast ein Recht, dich zu wehren gegen die, die dir sagen, was du fühlen darfst und was nicht, die dich nicht als Einzelnen, sondern als Fall behandeln und sich innerlich nicht wirklichmit dir einlassen. Nichts ist so menschlich wie deine Trauer. Über sie kann ein Trauernder sich dir nähern und auf Verständnis hoffen. Trauern zu können ist eine Gabe. Lass dir das Recht auf deine Trauer nicht nehmen. Ulrich Schaffer

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Der Schmerz Manche möchten den Schmerz nicht fühlen und nehmen Beruhigungsmittel. – Es kann Situationen geben, in denen das wirklich hilft, aber es ist auch zu bedenken: so sehr es schmerzt, mit Beruhigungsmitteln entsteht leicht eine Benommenheit und im Nachhinein das Gefühl, einiges nicht richtig mitbekommen zu haben – doch das ist dann unwiederholbar. Lassen Sie sich in Ihrem Schmerz von anderen stützen und trösten. Aber dass der Tod schmerzt, ist etwas, das eher in Ausnahmefällen z. B. bei Krankheiten, mit Beruhigungsmittel betäubt werden sollte. Auf jeden Fall sollten Sie solche Entscheidungen mit Ihrem Hausarzt abstimmen.

Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich. Dietrich Bonhoeffer

Schmerz und Klage sind unsere erste, natürliche Antwort auf den Verlust eines geliebten Menschen. Sie helfen uns durch die erste Trauer und Not. Sie genügen aber nicht, um uns mit dem Toten zu verbinden. [… Dies geschieht] durch Gedenken, durch genaueste Erinnerung, durch Wiederaufbau des geliebten Wesens in unserem Inneren. Vermögen wir dies, dann geht der Tote weiter neben uns, sein Bild ist gerettet und hilft uns, den Schmerz fruchtbar zu machen. Hermann Hesse

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„Ich hebe meinen Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von Gott, der Himmel und Erde gemacht hat.“ (Psalm 121, 1–2)

Die Wahl des Bestattungsunternehmens In den meisten Fällen wird der Kontakt zum Bestattungsinstitut erst nach dem Tod aufgenommen. Natürlich können Sie aber auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt Auskünfte einholen und sich beraten lassen, z. B. wenn während einer langen Krankheit der Tod absehbar ist, oder ein Verwandter im Altersheim untergebracht wird und eine Vorsorge getroffen werden soll. Trotz Trauer und Benommenheit kann es hilfreich sein, sich von verschiedenen Instituten Angebote geben zu lassen. Ein Preisvergleich ist keineswegs pietätlos. Zum einen geht es um eine vierstellige Summe, zum anderen müssen Sie den Eindruck haben, dass dieser Bestatter auf Ihre Wünsche eingeht. Oft ist es hilfreich, sich im Freundes- und Bekanntenkreis zu erkundigen, wie zufrieden Betroffene waren. Die Nachfrage beim Bestattungsunternehmen, Sie wollen den Verstorbenen noch einmal sehen – unabhängig davon, ob Sie davon Gebrauch machen – gibt Ihnen die Gelegenheit, zu überprüfen, wie ordentlich der Verstorbene eingebettet wurde. Selbstverständlich dürfen Sie bei der Sarglegung dabei sein. Bitten Sie um eine Auflistung der einzelnen Positionen, das erspart Missverständnisse, und nehmen Sie einen Durchschlag des Auftrags mit nach Hause. Die Kosten für den Sarg und den Blumenschmuck unterscheiden sich stark. Ein würdevoller Abschied verlangt nicht nach der teuersten Lösung. Bitte berücksichtigen Sie, dass zu den Bestattungskosten noch die Kosten für Kränze, Anzeigen, etc. hinzukommen.

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Vieles können Sie sehr persönlich gestalten: Soll der oder die Verstorbene in eigener, vertrauter Kleidung beerdigt werden? Möchten Sie oder jemand aus der Familie den Verstorbenen ankleiden oder soll dies der Bestatter übernehmen? Möchten Sie oder andere nahe Freunde oder Angehörige noch einen letzten Brief schreiben oder wollen Kinder noch einmal ein Bild für den Verstorbenen malen, was dann dem Sarg beigelegt wird? Möchten Kinder oder Enkelkinder noch eine Kerze gestalten, die dann neben dem Sarg steht und angezündet wird bei der Trauerfeier? Vielen hilft es, sehr persönliche, individuell gestaltete Abschiedsformen einzubeziehen. Für den einen ist dies ein letzter Brief, der dem Sarg beigelegt wird, für den anderen eigens ausgesuchte Blumen, wieder andere suchen Musik aus, die ganz zu dem oder der Verstorbenen passte.

Manche Bestattungsunternehmen geben auch die Möglichkeit, den Sarg individuell zu bemalen, eine Möglichkeit, die z. B. bei Beerdigungen von Kindern als tröstlich empfunden wird.

Bei der Organisation der Bestattung sind viele unterschiedliche Aufgaben zu erledigen. Ihr Bestattungsunternehmen übernimmt dies meist, aber Sie selber entscheiden, welche Aufgaben Sie delegieren und welche Sie selber erledigen möchten. Viele Hinterbliebene empfinden es als Erleichterung, dass der Bestatter die Organisation übernimmt, andere sind gerade für die Beschäftigung mit diesen letzten Aufgaben dankbar, die sie für den bzw. die Verstorbene erledigen können. Im Beratungsgespräch können Sie den gewünschten Umfang der Beteiligung klären.

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Aufgaben, die der Bestatter Ihres Vertrauens übernehmen kann x

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Erledigen der Behördengänge, einschl. Sterbe- und Überführungsdokumente Veranlassen der Erd-, Feuer-, oder Seebestattung Überführung Angebot einer Auswahl an Särgen und Bestattungsartikeln Beratung bei den Traueranzeigen und Trauerbriefen Benachrichtigung oder Herstellung eines Kontakts mit dem Pastor / der Pastorin Organisation der Lieferung von Blumenschmuck und Kränzen Vermittlung von Kontakten zu Steinmetzen und Friedhofsgärtnern Vermittlung von Kontakten für Haushaltsauflösungen Abrechnung mit der Krankenkasse und Versicherungen

Papiere, die im Todesfall vorliegen müssen x x x

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Geburtsurkunde, Heiratsurkunde Rentenausweise bei Rentnern / Rentnerinnen Versorgungsnachweise von Versorgungsämtern, Pensionskasse etc. ggf. Beleg über Sterbeversicherung oder andere Versicherungspolicen Versicherungskarte von der Krankenkasse ggf. Grabdokumente

„Gott, lass uns verstehen, dass Leiden und Tod zum Leben gehören sich darin unser eigenes Leben vertieft. Sei bei uns in unserer Mutlosigkeit und Verlassenheit. Hilf uns zu erkennen, dass der Tod nicht das letzte Wort hat.“

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Stationen des Abschieds Sterbebegleitung Wenn Sie wissen, dass ein Ihnen naher Mensch im Sterben liegt, können Sie sich gern an Ihre Gemeindepastorin oder Ihren Gemeindepastor wenden, wenn Sie vielleicht selber ein Gespräch brauchen, um einen Weg zu finden, wie Sie mit dem nahen Tod umgehen können. Vielleicht möchten Sie ihn auch zum Sterbenden bitten, für ein Gespräch oder um noch einmal gemeinsam Abendmahl zu feiern. Für viele Sterbende ist dies ein sehr wichtiger Moment, wenn sie allein oder zusammen mit Familie oder Freunden noch einmal das gemeinsame Abendmahl erleben können. Auch wenn der Tod unmittelbar bevor steht, können Sie Ihre Pastorin oder Ihren Pastor kontaktieren. Sie werden, wenn es irgendwie geht, sicher kommen. Manchmal, wenn der Tod nahe ist, die Kraft schwindet und das miteinander Reden nicht mehr geht, kann es auch eine Hilfe sein, neben dem Bett zu sitzen und zu singen. Die, die es einmal erlebt haben, erzählen oft, wie eindrücklich es war, den Sterbenden in diesen letzten Stunden zu begleiten und dabei eben altvertraute Melodien zu singen. Alle stimmen „irgendwie“ mit ein, man begleitet die letzte Zeit 29

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und singt Lieder zur Stärkung. Das Gesangbuch hat einige ganz wunderbare Lieder für solche Momente, Lieder die auch jeder mitsingen kann, wie Taize-Lieder. Aber auch alte Paul Gerhard Lieder eignen sich mit ihren einfühlsamen Texten gut für solche Momente. Und wer nicht singen mag, der kann ja auch summen.

So nimm denn meine Hände (EG 376) 1. So nimm denn meine Hände Und führe mich Bis an mein selig Ende Und ewiglich! Ich mag allein nicht gehen, Nicht einen Schritt; Wo du wirst geh’n und stehen, Da nimm mich mit.

2. In dein Erbarmen Hülle Mein schwaches Herz Und mach es gänzlich stille In Freud und Schmerz. Lass ruh’n zu deinen Füßen Dein armes Kind; Es will die Augen schließen Und glauben blind.

Julie Hausmann 1862

Der Tod meiner Mutter Im September 1990 ist meine Mutter gestorben, sie war in jenem Sommer 87 Jahre alt geworden. Ich war die letzten neun Nächte und acht Tage an ihrem Sterbebett in meinem Elternhaus. Zunächst erkannte sie mich nicht, hielt aber meine beiden Hände mit ihren knochendürren fest. Sie gestikulierte und stöhnte tief oder rief laut, nach „Mama“, „Papa“, nach Straßburg, der Stadt ihrer Kindheit, manchmal auch nach ihren Enkeln, meinen Kindern. Als ich bei ihr stand, fing ich an zu reden, was mir in den Sinn kam. „Es dauert nicht mehr lange. Es ist ein dunkler Tunnel, da musst du durch, dahinter ist es hell. Fürchte dich nicht! Ich bleibe jetzt bei dir. Der Tunnel ist schrecklich, er ist zu eng, aber dann ist es weit und Licht.“

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Dabei dachte ich daran, wie oft meine Mutter, die fünf Kinder geboren hat, den Tod mit den Mühen und Schmerzen der Geburt verglichen hat. Es war ein Gedanke, der sie zu beruhigen schien, der Tod eine Arbeit, die man zu Ende bringen muss. Ich wusste nicht, ob sie irgendetwas von meinen Worten aufnahm; sicher beruhigten sie die Berührung und meine halblaute, aber feste Stimme. Dann fiel mir ein zu singen, weil die Worte nicht mehr trugen. Ich sang „Befiehl du deine Wege“, ein Kirchenlied, das sie gern hatte und das eine meiner Töchter ihr zum 80. Geburtstag aufgesagt hatte. Ich sang die drei oder vier Strophen, die ich auswendig kannte, ich fügte dann andere Lieder an, auch liturgische Rufe wie das aus Taize stammende „Laudate omnes gentes, laudate dominum“. Wenn ich nicht weiter wusste, summte ich die Melodie noch einmal, laut und deutlich. Meine Mutter wurde ruhiger und schlief ein. In den folgenden Nächten und Tagen habe ich viele Stunden lang gesungen. Ich besorgte mir ein Gesangbuch und las die Strophen nach, die mir fehlten. Dabei entdeckte ich, dass viele Lieder das Sterben einbeziehen, auch wenn sie über den anbrechenden Morgen oder die ruhenden Walder handeln. Bei dem Vers „Der Leib eilt nun zur Ruhe/legt ab das Kleid, die Schuhe/das Bild der Sterblichkeit“ nickte meine Mutter und streckte ihre; es hat sie oft erleichtert, die Schuhe loszuwerden. Ich wusste nicht, wie weit sie die Fortsetzung „die zieh ich aus dagegen/wird Christus mir anlegen/den Rock der Ehr und Herrlichkeit“ mithörte oder gar glaubte. Aber alles, was ich sang, schien mir in Beziehung zu stehen. Ihre Füße waren blau und geschwollen, aber Paul Gerhardt wusste mehr als das über die Füße meiner Mutter zu sagen: „Der Wolken, Luft und Winden/gibt Wege, Lauf und Bahn/ der wird auch Wege finden/da dein Fuß gehen kann.“ Das Wort „Luft“ hörte sie, die oft nach Luft schrie, genau. Viel deutlicher als meine Prosaworte war die Sprache der Lieder, die oft mit Erinnerungen an andere verbunden waren. So sang ich auch das sentimentale Lied „So nimm denn meine

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Hände“ in Erinnerung an meine Patentante, die Diakonisse in Bethel war. Sie ist vor über fünfzig Jahren gestorben und war die erste Tote, die ich als Kind bewusst sah. Der Vers „In dein Erbarmen hülle/mich gänzlich ein“ rief uns – oder nur mir, wer will das wissen – die große Decke des Abends, der Nacht und des Todes vor Augen. Was tat ich da? Ich lud die Toten, die meine Mutter geliebt hat, ein, da zu sein; ich nannte den Namen meines in Kriegsgefangenschaft verstorbenen Bruders. Mit den Gestorbenen kam die Vergangenheit zurück. Ich sang auch „Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken hin“, ein Lied, das sie noch ihrem Urenkel sang wegen des zärtlichen Verses „Leuchte freundlich/ den Betrübten/in das stille Kämmerlein“. Meine Mutter war ein Kind des 19. Jahrhunderts, obwohl sie von Freunden manchmal als eine Dame des 18. Jahrhunderts tituliert worden ist. Ihr Verhältnis zu Kirche und Frömmigkeit war formal, in den letzten Jahren eher kühl. „Das weiß man nicht“, war eine Formel, mit der sie Religion und Glauben abwehrte. Es hat mich erstaunt, wie oft sie in ihrem fast vier Wochen währenden Todeskampf die Hände faltete. Als wäre das Schreien nicht genug. Hin und wieder habe ich auch einen Psalm gesprochen, den 23. vom guten Hirten und den 126. Psalm. „Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, werden wir sein wie die Träumenden.“ Aber es schien mir fast, als ob die Fremdsprache lateinischer Gebetsrufe näher an sie herankam. Während der Zeit des Singens hatte ich ein Gefühl der Verbundenheit, als sei sie’s so zufrieden. Es war nicht so, als täte ich etwas „für sie“, sondern als wären wir zusammen und gingen miteinander auf etwas zu, das größer ist als wir. Meine alte theologische Überzeugung, dass Liebe ohne Gegenseitigkeit, ohne Geben und Nehmen von beiden Seiten, nicht möglich ist, dass auch Gott uns nichts „geben“ kann, wenn wir nicht Träger und Geber eben der Kraft Gottes werden, hat sich in diesen Nächten am Sterbebett gefestigt.

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Das Singen und Beten, wie es in der dörflich-katholischen Kultur noch lebendig ist, ist eine Hilfe im Übergang für die aktiv Sterbenden wie für die Begleitenden. „Swing low, sweet chariot“, habe ich für die Mutter wie für mich selber gesungen, „coming to carry me home“ als stünden wir alle vor dem Jordan, dort, wo Christus den alten finsteren Fährmann Charon abgelöst hat. Der Arzt und die verschiedenen Familienangehörigen hatten den Tod schon oft vorausgesagt. Und wie sehr hatte sie ihn selber seit einem Jahr gewünscht! Oft hat sie eine Anekdote vom Sterben Hindenburgs erzählt, der den Arzt Sauerbruch fragte: „Herr Professor, ist Freund Hein schon im Zimmer?“ und die Antwort erhielt: „Nein, Exzellenz, aber er steht vor der Tür.“ Mit solchen Geschichten drückte sie die Gewöhnung an das Sterben aus, ja; den erst spät zugegebenen, dann aber immer lauter artikulierten Wunsch. Aber die Lebensenergie war stärker als ihr Bewusstsein. Sie wollte immer noch viel: sich aufrichten, mehr Luft haben, herumgedreht werden, trinken. Einen ganzen Tag lang rief sie „Drehen!“ in klagendem, forderndem, beschwörendem Ton, als seien diese Wörter wie „Hilfe“, „Mama“, „Drehen“, „Raus“ zwar auf verschiedene Tage verteilt, aber alle auf das gleiche Ziel gerichtet. Oft ging sie noch weiter von der Sprache fort, antwortete nur mit Kopfnicken oder -schütteln. Die Bewegungen der Arme und Hände waren kleiner geworden. Am ersten Abend hatte ich den Vers „Wenn ich einmal soll scheiden“ kaum zu Ende bringen können, weil mir die Tränen kamen. Am letzten Abend sang ich es ruhig, und bei der folgenden Strophe „Erscheine mir zum Bilde/zum Trost in meinem Tod“ dachte ich an die vielen verschiedenen Bilder, die beim Sterben auftauchen, aus der Kindheit, aus der Angst, verlassen zu werden. Die Namen der Enkelinnen und Enkel kamen meiner Mutter öfter als die der eigenen Kinder. Sollen wir uns an Bildern – wie das vom Tunnel mit dem Licht dahinter – festhalten? Werden

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sie gebraucht – von uns, den passiv Sterbenden, oder von denen, die den Tod suchen? Wenn der Tod der bilderlose Zustand schlechthin ist, ist es dann möglich, ihn mit Bildern auszustatten und ihn so zu humanisieren? Kann der Tod als „Freund, und komme nicht zu strafen“, wie es bei Matthias Claudius – und Schubert – heißt, kommen? Das letzte Lied, das ich sang, war „Herr, erbarme dich“. Meine Mutter atmete seit längerem zum ersten Mal wieder stetig, wenn auch kurz. Ich hatte meine Hand auf ihre gelegt, ihr Gesicht war ganz entspannt. Der letzte Seufzer war leicht, wie ein erstauntes „Ach“. Einen Augenblick lang zweifelte ich an der Präsenz des lang Erwarteten. Aber er war schon ins Zimmer getreten. Dorothee Sölle

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Befiehl du deine Wege (EG 361) Befiehl du deine Wege Und was dein Herze kränkt, Der allertreusten Pflege Des, der den Himmel lenkt! Der Wolken, Luft und Winden, Gibt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Da dein Fuß gehen kann.

Dem Herren musst du trauen, Wenn dir’s soll wohl ergeh’n; Auf sein Werk musst du schauen, Wenn dein Werk soll besteh’n. Mit Sorgen und mit Grämen Und mit selbsteigner Pein Lässt Gott sich gar nichts nehmen, Es muss erbeten sein.

Auf, auf, gib deinem Schmerze Und Sorgen gute Nacht! Lass fahren, was dein Herze Betrübt und traurig macht! Bist du doch nicht Regente Der alles führen soll; Gott sitzt im Regimente Und führet alles wohl.

Mach End’, o Herr, mach Ende An aller unsrer Not, Stärk unsre Füß’ und Hände Und lass bis in den Tod Uns allzeit deiner Pflege Und Treu’ empfohlen sein, So gehen unsre Wege Gewiss zum Himmel ein.

Paul Gerhardt 1653 35

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Aussegnung Sie können Ihre Pastorin bzw. Ihren Pastor bitten, am Sterbebett eine Aussegnung vorzunehmen. Die ursprüngliche Bedeutung der Aussegnung geht zurück auf Zeiten, in denen die Menschen meist zuhause starben. Unter geistlichem Beistand nahmen die Hinterbliebenen von dem verstorbenen Menschen Abschied, bevor der Sarg aus dem Haus getragen wurde. Heute findet die Aussegnung oft in Abschiedsräumen statt, wie sie Krankenhäuser, Pflegeheime oder Bestattungsinstitute zur Verfügung stellen. Bei der Aussegnung lassen Sie den verstorbenen Menschen nicht einfach nur los, sondern übergeben ihn in die fürsorglichen Hände Gottes. Dabei liest der Pastor einen Abschnitt aus der Bibel vor, spricht segnende Worte, die daran erinnern, dass der bzw. die Verstorbene Gottes Fürsorge anvertraut wird, es wird gemeinsam gebetet, den Abschluss bildet der Segen. Kerzen werden angezündet, auf Wunsch wird auch gemeinsam gesungen. Selbstverständlich können Sie auch ohne Pastor mit vertrauten Freunden, der Familie oder auch allein die Aussegnung machen, aber es wird meist als entlastend und tröstend erlebt, wenn jemand anderes diese Aufgabe übernimmt, dem dies auch vertraut ist.

„So spricht der Herr: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jesaja 43,1)

Ubi caritas et amor deus ib est. Wo Güte ist und Liebe, da ist Gott. Lied aus Taize

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„Herr unser Gott, die Wege, die du mit uns gehst, sind uns oft verborgen und wir begreifen sie nicht. Aber du kennst unsere Trauer und unsere Ratlosigkeit. Darum bringen wir vor dich, was unsin dieser Stunde bewegt. Tröste uns durch dein Wort. Mach uns deiner Liebe gewiss, damit wir die Wege weitergehen können, die du uns führen willst. Darum bitten wir dich durch Christus. Amen.“

„Wir wollen Abschied nehmen von …. und in der Stille bedenken, was uns mit … verbindet: Wir denken an die Liebe, die wir…. geschenkt und die wir von … empfangen haben. (Stille) Wir denken an gute Zeiten und an Zeiten, in der wir es schwer miteinander hatten. (Stille) Wem … einmal – oder öfter – weh getan hat, möge …vergeben, und daran denken: auch ich brauche Vergebung bei Gott und den Menschen. Wir denken an das, was wir … schuldig geblieben sind und an das, was wir … nun vergeben haben (Stille) So nehmen wir Abschied mit Dank für alles Gewesene und im Frieden.“

„Gottes Weisheit leite uns, wenn wir Abschied nehmen müssen. Gottes Kraft halte uns aufrecht, damit wir neu lernen können, das Leben zu lieben. Gottes lebendige Schöpfung lehre uns zu erkennen, dass das Leben stärker ist als der Tod.“ (Heidi Rosenstock)

„Gott segne und behüte dich. Gott lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“ (4. Buch Mose, 6,24–26) 37

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Trauergespräch Je nachdem, zu welcher Gemeinde der bzw. die Verstorbene gehörte, wird die zuständige Pastorin bzw. Pastor vom Bestattungsunternehmen informiert, falls Sie dies nicht schon persönlich getan haben. Im Einzelfall können Sie mit dem Bestattungsunternehmen auch besprechen, ob ein anderer Pastor die Beerdigung vornehmen könnte, z. B. wenn dieser den Verstorbenen gut kannte. Im Trauergespräch mit Ihrer Pastorin bzw. Ihrem Pastor können Sie Ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen. Sprechen Sie darüber, wie Ihnen zumute ist und was die oder der Verstorbene Ihnen bedeutet hat. Führen Sie sich noch einmal vor Augen, welche Stationen dieses Leben genommen hat und was Sie davon gemeinsam erlebt haben. Dabei geht es um das, was im Leben gelungen ist, genauso wie um das, was möglicherweise schwierig war oder unvollendet geblieben ist. Die Pastorin bzw. der Pastor wird alles, was gesagt wird, vertraulich behandeln. Nur mit Ihrem Einverständniswerden Inhalte des Trauergesprächs in der Traueransprache aufgegriffen. Das Trauergespräch dient auch dazu, mit Ihnen den Ablauf der Trauerfeier zu besprechen. Sie haben die Möglichkeit, gemeinsam ein Bibelwort als Grundlage für die Predigt auszusuchen. Auch können Sie eigene Wünsche und Vorstellungen zur Gestaltung der Trauerfeier benennen oder Vorschläge für geeignete Musikstücke machen.

Trostlied am Totensonntag (EG 532) 1. Nun sich das Herz von allem löste, was es an Glück und Gut umschließt, komm, Tröster, Heiliger Geist, und tröste, der du aus Gottes Herzen fließt. 2. Nun sich das Herz in alles findet, was ihm an Schwerem auferlegt, komm, Heiland, der uns mild verbindet, die Wunden heilt, uns trägt und pflegt. Jochen Klepper 1941

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Der Trauerbrief / Die Traueranzeige Eine wichtige Aufgabe ist die Bekanntmachung des Todes. Heutzutage entscheiden sich viele dafür, die nächsten Angehörigen und Freunde per Telefon zu informieren. Diese Telefonate können aber sehr zeit- und besonders kräfteraubend sein. Der Rückgriff auf die traditionelle Benachrichtigung über einen Trauerbrief bzw. eine Traueranzeige in der Zeitung ist oft hilfreich. Sollen Trauerbriefe verschickt werden, müssen die nächsten Angehörigen Adressenlisten mit den Empfängern zusammenstellen, einen Brieftext formulieren, der muss Brief gedruckt und verschickt werden. Ebenso kanneine Traueranzeigeformuliert werden. Bestattungsunternehmen haben unterschiedliche Vorlagen, die entsprechend persönlicher Vorgabe verändern werden können. Der Trauerbrief folgt meistens einer bestimmten Form, die es erleichtert, die passenden Worte für diesen Moment zu finden. Er ähnelt im Aufbau vielfach einer Traueranzeige, kann aber selbstverständlich auch sehr persönliche Beschreibungen beinhalten. Die Kosten für einen Trauerbrief variieren sehr, je nach Arbeitsaufwand für den Grafiker, dem verwendeten Papier etc. Es kann sinnvoll sein, sich von der Papier- und Druckqualität eine Vorlage zeigen zu lassen. Enthält der Trauerbrief eine Einladung zur Trauerfeier, sollte er rechtzeitig verschickt werden. Sollten Sie sich dafür entscheiden, einen eigenen Trauerbrief zu entwerfen, auszudrucken und zu verschicken, kann es hilfreich sein, jemand Außenstehenden Korrektur lesen zu lassen.

„Wer glaubt, dass er einen gnädigen Gott durch Christus hat, stirbt gerne, denn er weiß, wo er hin soll.“ Martin Luther

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Eine Auswahl an Bibelworten und Zitaten Lange vor unserer Zeit haben Menschen Worte gefunden für Trauer und Trost, Worte, gesprochen oder in Liedern vertont, die uns heute oft auch helfen können. Vielen schon tat es gut in sie einzustimmen und sich von ihrem fremden Klang stützen zu lassen. Es sind Worte, die wir sprechen können, wenn wir am Bett eines sterbenden Menschen sitzen, Worte, an die wir uns halten können, wenn wir den oder die Verstorbeneaufgebahrt sehen. Es sind Worte, die nicht ablenken und vertrösten wollen, sondern den Tod, die Klage, die Trauer deutlich machen, ohne uns damit allein zu lassen. Nach einem Sterbefall ermöglichen Zitate bzw. biblische Verse in Trauerbriefen, Traueranzeigen, Danksagungen oder auf Kranzschleifen eine persönliche, auf den Verstorbenen hin bezogene Gestaltung. Eine kleine Auswahl an möglichen Zitaten finden Sie überall im Buch. Beachten Sie bitte, dass bei Zitaten eine Autorennennung notwendig ist.

Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. 1. Korintherbrief 13,12 f

Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Offenbarung des Johannes 21,4–5a

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Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Psalm 23, Vers 1 + 4

Die Hoffnung gibt die Kraft zum Weiterleben. Die Liebe gibt die Stärke zum Überwinden der Trauer. Der Glaube ist das tröstende, durch Wolken strahlende Licht.

Danke, dass es dich gab.

Du bist nicht mehr da, wo du warst. Aber du bist überall dort, wo wir sind.

Trauer kann man nicht überwinden wie einen Feind. Trauer kann man nur verwandeln: den Schmerz in Hoffnung, die Hoffnung in tieferes Leben. Unbekannt

Das Bleibende zu erkennen, bedeutet Einsicht. Das Ewige zu erkennen, klärt den Sinn. Laotse, 6. Jh. v. Chr.

Wen man in Liebe in sein Herz geschlossen hat, den kann man selbst durch den Tod nicht verlieren.

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Wenn die Kraft zu Ende geht, ist die Erlösung eine Gnade.

Herr, du kennst mein Herz. Bei dir bin ich geborgen. Psalm 139

Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus. Joseph von Eichendorff

Ihr, die ihr mich geliebt habt, seht nicht auf das Leben, das ich gelebt habe, sondern auf das, welches ich beginne. Augustinus

Wir wissen nicht, was uns erwartet, aber wir wissen, wer uns erwartet. Das ist genug. Helmut Thielicke Geduld ist die Kraft, zu hoffen. Marquis de Vauvenargues

Glaube ist der Vogel, welcher singt, wenn die Nacht noch dunkel ist. Rabindranath Tagore

Du bist mein einziger Trost im Leben und im Sterben. Nach dem Heidelberger Katechismus

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Der Engel Gottes sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist. Irischer Segenswunsch

Niemand weiß, wie weit seine Kräfte gehen, bis er sie versucht hat. Johann Wolfgang von Goethe

Als Gott sah, dass der Weg zu lang, der Hügel zu steil und der Atem zu schwer wurde, legte er seinen Arm um dich und sagte: „Komm heim“ Anonym

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen. Psalm 37,5

Jesus spricht: Ich lebe, und ihr sollt auch leben. Johannes 14,19

Gott wird abwischen alle Tränen. Offenbarung 21,4

Meine Zeit steht in Gottes Händen. Psalm 31,16

So spricht Gott: Ich will euch trösten. Jesaja 66,13

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Die Trauerfeier „Beerdigung, ein schwerer Tag, der vielen bevorsteht. Die Verwandten und Freunde kommen zusammen. Mancher meint, Haltung bewahren zu müssen. Andere verlieren die Fassung. Echte Gefühle und unechte Etikette vermischen sich. Jeder wünscht sich ein Wort, das ihn erreicht und ihm Abschied möglich macht.“ (AFÖ)

Termin und Ort der Trauerfeier Die Trauerfeier findet üblicherweise in einer Trauerhalle, einer Friedhofskapelle oder in einer Kirche statt. Falls Sie die Trauerfeier in der Kirche wünschen, besprechen Sie dies mit Ihrem Pastor bzw. Ihrer Pastorin, sie übernehmen ohne Kosten für Sie die Gestaltung des Trauergottesdienstes, anders als ein Trauerredner, die Kosten hierfür müssen Sie selber tragen. Für die Beerdigung eines nächsten Verwandten wird man üblicherweise beurlaubt. Bei längeren Anfahrten sollten zeitliche „Puffer“ eingeplant werden. Es wäre sehr bedauerlich, Sie verspäten sich gerade um die halbe Stunde, die die Beerdigung dauert. In der Regel bereits vorher, aber spätestens beim Trauergespräch wird Ihre zuständige Pastorin bzw. der für Sie zuständige Pastor mit Ihnen den genauen Termin der Trauerfeier abstimmen. Dieser ergibt sich daraus, wann die Friedhofskapelle frei ist und der Bestatter, Pastor und die Angehörigen Zeit haben. Alle sind bemüht, einen für alle möglichen Termin zu finden, Sonderwünsche werden gemeinsam abgesprochen. Üblicherweise findet die Beisetzung nach 3–9 Tagen statt, es sei denn, es ist eine Trauerfeier mit einer Urne, dann kann es noch später sein. Eine Trauerfeier dauert in der Regel ca. 30–45 Minuten.

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Hinweis Erläuterungen zur römisch-katholischen Trauerfeier finden Sie z. B. bei: Georg Schwikart: Die Begräbnisfeier, Paderborn 2006 Erläuterungen zur orthodoxen Trauerfeier finden sich unter www.andreas-bote.de/download

Auferstehung ist unser Glaube, Wiedersehen unsere Hoffnung, Gedenken unsere Liebe Augustinus

Ablauf der Trauerfeier Der Ablauf der Trauerfeier kann regional variieren. Üblicherweise erscheinen die nächsten Angehörigen einige Minuten vorher und können direkt in die Kapelle eintreten. An manchen Orten ist ein gemeinsamer Einzug üblich. Es besteht die Möglichkeit, kurz vor den Sarg zu treten, innezuhalten, eine Blume am Sarg abzulegen, eine Kerze anzuzünden oder ein stilles Gebet zu sprechen. Mit Worten der Begrüßung und einem Gebet eröffnet die Pastorin bzw. der Pastor die Trauerfeier. Es folgt eine Schriftlesung aus der Bibel. Nun kann ein Gemeindelied oder Musik erklingen. In der Traueransprache würdigt die Pastorin bzw. der Pastor das Leben des verstorbenen Menschen und erinnert an den Trost, den uns Gott zugesagt hat. Ein Bibelwort wird ausgelegt. Anschließend stimmt die Gemeinde erneut ein Lied an oder es erklingt Musik. Die Trauerfeier in der Kapelle schließt mit der Aussegnung und einem Gebet für den verstorbenen Menschen und alle, die trauern. Der weitere Verlauf unterscheidet sich je nach Bestattungsform. Ist eine Urnenbestattung vorgesehen, verabschiedet sich hier die Trauergemeinde mit einem Segen der Pastorin oder des Pastors vor dem Sarg. Bei einer Erdbestattung wird die Trauerfeier fortgesetzt, indem die Angehörigen dem Sarg zu Fuß zur Grabstelle folgen. Dann findet dort gemeinsam der letzte Abschied statt. 46

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Abschied am Grab Nachdem die Trauergemeinde sich am offenen Grab versammelt hat, erfolgt das Absenken des Sarges. Die Bestattungsformel „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“ wird gesprochen. Anschließend besiegelt der Erdwurf den Abschied und die endgültige Trennung. Damit wird symbolisch der Abschied vollzogen. An vielen Orten wird dann das Evangelium von der Auferstehungshoffnung gelesen und gemeinsam das Vaterunser gebetet, die Hinterbliebenen werden für ihr weiteres Leben mit dem Segen Gottes gestärkt. Im Anschluss hat jede und jeder Einzelne Gelegenheit, persönlich – durch einen Erdwurf oder mit Blumen – Abschied am Grab zu nehmen. Sofern dies nicht anders gewünscht ist, drücken die Trauergäste den engsten Angehörigen nun ihr Mitgefühl durch einen Händedruck und ein paar persönliche Worte aus. Dieses Kondolieren hat für viele Menschen eine positive Wirkung: Es bestärkt den Kontakt zu anderen Menschen und zeigt, dass sie in ihrer Trauer nicht sich selbst überlassen sind.

Üblicherweise übernimmt der Pastor bzw. die Pastorin den „Redeteil“ und nicht Freunde oder Angehörige. Damit soll denjenigen, die dem Verstorbenen nahestanden, ermöglicht werden, zu trauern und nicht durch einen Redebeitrag in eine offizielle Rolle genötigt werden. Je näher Sie dem Verstorbenen standen, desto weniger empfehlenswert ist es, bei der Trauerfeier selbst das Wort zu ergreifen. Ausnahmen sind selbstverständlich möglich, wenn Sie es wünschen. Es handelt sich dabei um Empfehlungen aufgrund von Erfahrungen, die gezeigt haben, wie sehr eigene Wortbeiträge das eigene Trauern erschweren können. Bei einigen Trauerfeiern wird auf Wunsch ein Bild des Verstorbenen aufgestellt oder Kerzen bzw. Teelichter angezündet, zuweilen nur von den Kindern oder Enkeln, manchmal von allen. Falls Sie den Wunsch haben, dies zu tun, besprechen Sie dies bitte mit Ihrer zuständigen Pastorin oder dem Pastor. 47

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Sollten Sie nach der Trauerfeier hinterher noch gemeinsam zusammenbleiben, zu Hause oder in einem Lokal, kann Ihre Pastorin bzw. Ihr Pastor dies auf Wunsch nach dem Segen ankündigen und z. B. im Namen der Familie dazu einladen. Selbstverständlich können Sie auch nur einzelne dazu einladen und dies gesondert tun. Das Zusammenbleiben hinterher ist eine gute Möglichkeit, sich gemeinsam zu stärken und gemeinsam wieder „ins Leben zurückzufinden“. Vielen tut es gut, nach der Trauerfeier nicht einfach allein wieder nach Hause zurückzukehren, sondern sich noch gemeinsam zu stärken.

Manchen Angehörigen fällt es schwer, nach der Trauerfeier an der Tür stehen zu bleiben. Sie erleben das Kondolieren der anderen als Belastung. So sehr andere das Bedürfnis haben, den nächsten Angehörigen nach einer Trauerfeier ihr Beileid auszudrücken, so sehr bleibt es Ihre Entscheidung, ob Sie meinen, dafür die Kraft zu haben. Auch dies kann im Trauergespräch besprochen werden und Ihr Pastor kann gegebenenfalls bereits nach dem Segen darauf hinweisen, dass um Verständnis gebeten wird, dass die nächsten Angehörigen sich dazu nicht in der Lage sehen und eventuell bereits direkt wieder nach Hause oder ins Lokal fahren.

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Auswahl der Musik bei der Trauerfeier Musik stellte seit je her eine eigene Form der Würdigung des Verstorbenen dar. Welche Musik zur Begleitung einer Beerdigung angemessen ist, hängt vom Verstorbenen ab, seinen bzw. ihren Wünschen, aber auch von den Hinterbliebenen. Wichtig ist, dass der bzw. die Verstorbene gewürdigt wird und die Hinterbliebenen die Musik für die Trauerfeier als angemessen und passend empfinden.

Singen verbindet die Trauergemeinde: Menschen haben sich immer wieder von Liedern stärken lassen, die schon andere vor ihnen in Not und Verzweiflung gesungen haben. Gesang kann gerade auch in schweren Momenten eine befreiende, erleichternde Wirkung haben. Niemand muss sich schämen, wenn beim Singen bei einer Trauerfeier die Tränen kommen. Bei einer Trauerfeier stellt der Gesang für die Trauernden oft auch eine gute Möglichkeit dar, selbst aktiv zu werden. Das Singen nötigt einen, „Luft zu holen“, auch wenn so manches die Kehle eng macht. Das kann sehr entlastend sein. Zudem hören die nächsten Angehörigen die Stimmen derer, die hinter ihnen sind und wissen sich so nicht allein, was als tröstlich erlebt wird.

Üblicherweise werden Lieder aus dem Kirchlichen Gesangbuch genommen, die auch durch die Liedtexten die Geborgenheit bei Gott zum Ausdruck bringen, wie z. B. bei Dietrich Bonhoeffers Lied, das er kurz vor seiner Hinrichtung schrieb: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Ihre Pastorin bzw. Ihr Pastor wird Ihnen gern entsprechende Lieder zeigen, die auch leicht mitzusingen sind.

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Manche entscheiden sich dafür, dass nicht gesungen wird, sondern dass z. B. klassische Musik gespielt wird, entweder von der Orgel, von zusätzlichen Solisten oder von der CD. Manche entscheiden sich für modernere Lieder von der CD, vielfach Musikstücke, die dem Verstorbenen vertraut waren oder die er bzw. sie sehr mochte. Heutzutage ist fast in jeder Kapelle ein CD-Player vorhanden, sodass Sie auf diese Variante zurückgreifen können. Ihr Pastor bzw. Ihre Pastorin berät sie gerne, welche Musikstücke empfehlenswert sind und welche eher nicht.

Hinweis Für kirchliche Trauerfeiern haben die Kirchen Verträge mit der GEMA, die das Abspielen von Musik regeln. Zu beachten ist allerdings, dass das Spielen von Musik bei nichtkirchlichen Trauerfeiern als öffentliche Aufführung gilt. Wer urheberrechtlich geschützte Musik abspielen oder aufführen will, muss im Vorhinein eine Lizenz bei der GEMA erwerben. In der Regel haben Bestattungsinstitute entsprechende Verträge mit der GEMA, sodass man sich den Aufwand für den Erwerb einer Einzellizenz sparen kann.

Aus tiefer Not schrei ich zu dir (EG 299) 1. Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen. Dein gnädig Ohren kehr zu mir und meiner Bitt sie öffne. Denn so du willst das sehen an, was Sünd und Unrecht ist getan, wer kann, Herr, vor dir bleiben?

3. Darum auf Gott will hoffen ich auf mein Verdienst nicht bauen; auf ihn mein Herz soll lassen sich und seiner Güte trauen, die mir zusagt sein wertes Wort, das ist mein Trost und treuer Hort, des will ich allzeit harren.

Martin Luther 1524

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„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag, Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ (Dietrich Bonhoeffer)

Einige beliebte Lieder und Musikstücke für kirchliche Trauerfeiern x

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Ave Maria in der Vertonung von Franz Schubert oder von Bach/ Gounod So nimm denn meine Hände, Ev. Gesangbuch Nr. 376 Von guten Mächten wunderbar geborgen Ev. Gesangbuch Nr. 65 Befiehl du deine Wege, Ev. Gesangbuch Nr. 361 Gefangenenchor von Nabucco, Oper von G. Verdi Largo aus Händels Oper Xerxes Ave Verum, W. A. Mozart Time to say Good Bye, Andrea Bocelli Air aus der 3. Orchestersuite von J. S. Bach

„Gott, du Quelle allen Lebens, mit deinen warmen Strahlen löse die Angst von mir, die mir die Kehle zuschnürt. Zeige mir, wie es weitergeht, stütze mich, denn ich brauche jetzt deine Kraft und Unterstützung.“

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Nun legen wir den Leib ins Grab (EG 520) 1. Nun legen wir den Leib ins Grab und zweifeln nicht: Durch Gottes Gab wird, was wir hier verweslich sä’n, einst unverweslich aufersteh’n.

5. Hier war er krank in Angst und Not; dort wird er leuchten frei vom Tod in lauter Wonn und lauter Freud hell wie die Sonne allezeit.

6. Wir lassen ihn im Grabe ruh’n und gehen unsre Straßen nun und fügen uns des Herrn Gebot: Uns kommt in gleicher Weis der Tod. Michael Weisse 1531

„Der Herr hat seinen Engeln befohlen dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ (Psalm 91, 11)

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Blumen- und Kerzenschmuck Blumen haben als Zeichen der Liebe und der aufblühenden Hoffnung bei Trauerfeiern und Beerdigungen eine besondere Bedeutung. Angesichts der Schwere des Abschieds lassen blühende Blumen viel Tröstliches spürbar werden. Ähnlich verhält es sich mit Kerzenschmuck. Jesus spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12) Deshalb zünden Christen in Gottesdiensten zu allen Zeiten Kerzen an. Die Wahl des Blumenschmucks ist Ihre Entscheidung. Rote Rosen können beim Abschied des geliebten Ehepartners stimmig sein, aber ebenso wilde Blumen vom Feld oder ein Kranz aus Sonnenblumen – das ist jeweils abhängig von der Person, um die man trauert. Dies gilt auch für weitere Blumen, die zu einer Trauerfeier mitgebracht werden. Besprechen Sie mit dem Bestattungsunternehmen oder der Floristin bzw. dem Floristen die Art des Blumenschmucks – und nicht zuletzt den Preis. Sie können auch zusammen mit Kindern, Verwandten oder Freunden den Blumenschmuck individuell selber gestalten. Wenn es sie entlastet, delegieren Sie diese Aufgabe, wenn Sie jedoch den Wunsch verspüren, sie selbst zu übernehmen, weil es Ihnen beim Abschiednehmen hilft – dann tun Sie es. Das Anzünden von Kerzen bei einer Trauerfeier ist inzwischen nicht mehr nur in katholischen Gegenden beliebt. Die Kerze bleibt ein unnachahmliches Symbol für das Licht, das uns gerade in dunklen Zeiten Geborgenheit spüren lässt und uns symbolisch den Weg leuchten will. Besprechen Sie mit dem Bestattungsunternehmen und dem Pastor bzw. der Pastorin, wenn Sie dies auch wünschen, es gibt hierfür sogenannte Kerzenbäume, aber es können auch Teelichter angezündet werden. In manchen Familien basteln die Kinder bzw. Enkel auch eine besondere Kerze, die sie dann zur Trauerfeier mitnehmen und dort anzünden. Auch diese Varianten können Sie im Trauergespräch bedenken.

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Gedenken im Familien- und Freundeskreis Nach der Trauerfeier laden viele Familien die Trauergäste zu einem Beerdigungskaffee oder einem Imbiss ein. Der Bruch in der Atmosphäre, der Übergang von tiefer Traurigkeit zu familiärer Geselligkeit, irritiert manche. Doch die Hinwendung zur Gemeinschaft mit anderen stärkt die Hinterbliebenen für die anschließende Trauerzeit. Im gemeinsamen Gespräch können Erinnerungen an den Verstorbenen ausgetauscht werden. Während des Essens bietet sich die Gelegenheit, sich gemeinsam zu erinnern, Geschichten von früher zu erzählen. Diese Gemeinsamkeit kann Trauernde stützen: sie erleben, sie sind mit ihrer Trauer nicht allein und finden gemeinsam wieder etwas zurück ins Leben. Soziale Bindungen zu denjenigen, mit denen der Verstorbene vertraut war, werden wahrgenommen, zuweilen trifft man Menschen, denen man lange nicht mehr begegnet ist. In der Regel wird hierfür ein Lokal in der Nähe des Friedhofs ausgesucht, das Essen besprochen und ausreichend Plätze reserviert. Die Einladung hierzu erfolgt gewöhnlich im Trauerbrief, kann aber auch persönlich am Grab erfolgen oder vom Pastor, von der Pastorin für alle ausgesprochen werden. Um Überraschungen zu vermeiden, kann es ratsam sein, beim Lokalbesitzer im Vorwege den Ausschank von Alkohol zu klären. Aufwändige Gerichte sind bei einem Trauermahl eher unüblich. Meistens werden Kaffee, Kuchen, eventuell vorweg eine Suppe oder belegte Brötchen gereicht. Das Trauermahl ist schließlich kein Gradmesser für die Trauer, sondern bietet der Trauergemeinde einen Ort für Gespräche und eine kleine Stärkung für den Rückweg. Eine schöne Form, im engen Familienkreis des Verstorbenen zu gedenken, ist auch der abendliche Gang zum Grab am Tag der Beerdigung.

„Gott ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“ (Psalm 34,19)

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Würdige Trauerkleidung Der Maßstab, was würdevolle und angemessene Trauerkleidung ist, hat sich, besonders in den Städten, gelockert. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war die Wahl der Trauerkleidung nach sozialem Stand, Verwandtschaftsgrad, aber ebenso über regionale Bräuche streng geregelt. Noch immer ist schwarz die gebräuchlichste Farbe bei Beerdigungsfeiern, doch auch gedeckte Farben wie dunkelblau sind heute üblich. Generell sollte die Kleidung eher festlich und dezent sein. Sollte der Verstorbene keine schwarze Kleidung bei seiner Trauerfeier gewünscht haben, sollte dies gesondert im Trauerbrief vermerkt werden. Ob überhaupt und auch nach der Beerdigung weiter schwarz getragen wird, wie lange und in welcher Form, ist zunehmend der persönlichen Entscheidung überlassen. Schwarze Kleidung symbolisierte früher ganz ohne Worte: „pass auf, ein Trauerfall macht mich empfindlich, geh vorsichtig mit mir um.“ Dieses „Signal“ kann in bestimmten Situationen auch heute noch in der ersten Zeit der Trauer eine wichtige Stütze sein.

„Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Herr, höre meine Stimme! Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens! Wenn Du, Herr, Sünden anrechnen willst – Herr, wer wird bestehen? Denn bei dir ist Vergebung, dass man dich fürchte. Ich harre des Herrn, meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort. Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen.“ (Psalm 130)

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Kondolieren Viele wissen nicht, was man einem Menschen bei einem Todesfall sagen oder schreiben soll. Eigene Worte erscheinen einem angesichts der Schwere und Endgültigkeit des Todes oft ungenügend. Wichtig ist, zu zeigen, dass man die Trauer sieht. Oft tut es gut, ein paar Worte zum Verhältnis zu dem Verstorbenen bzw. der Verstorbenen und der trauernden Person mitzuteilen. Es reicht oft ein kurzer Satz des Mitgefühls, aber es kann sich auch sehr lohnen, eigene persönliche Erinnerungen mit dem Verstorbenen aufzuschreiben und mitzuteilen. Dabei können Sie etwas schreiben, was Sie an dem Verstorbenen geschätzt haben oder wie es Ihnen mit Ihrer Trauer selbst geht.

„Herr, auf dich traue ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen. In deine Hände befehle ich meinen Geist, du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott. Du stellst meine Füße auf weiten Raum. Ich Herr hoffe auf dich und spreche: du bist mein Gott. Meine Zeit steht in deinen Händen.“ (Psalm 31)

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Fürbitten im Gemeindegottesdienst In allen Gemeinden besteht die Praxis, die Namen der in der vergangenen Woche Bestatteten jeweils im Sonntagsgottesdienst zu nennen und für sie in der Fürbitte zu beten. Die Angehörigen sind zu diesem Gottesdienst besonders eingeladen. Sollten Sie an diesem Tag verhindert sein, kann oft im Trauergespräch auch besprochen werden, ob diese Mitteilung auf einen der nächsten Gottesdienste verschoben wird, damit Sie, falls Sie wünschen, bei dieser Abkündigung dabei sein können. In manchen Gemeinden wird dabei auch eine Kerze für den Verstorbenen angezündet, andere Kirchen haben Möglichkeiten, dass die Angehörigen selber eine Kerze für den Verstorbenen anzünden. Diesen Gottesdienstbesuch erleben viele gerade in dieser Zeit der Trauer als wichtig. Die Abkündigung vermittelt zudem, dass allen in der Gemeinde mitgeteilt wird, dass einer aus ihrer Mitte verstorben ist, aber im Gebet weiter bedacht wird.

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zu frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde wohnen im Hause des Herrn immerdar.“ (Psalm 23)

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Trauerbesuch Auch nach der Trauerfeier steht Ihnen Ihre Pastorin oder Ihr Pastor gern hilfreich zur Seite. Sollten Sie es wünschen, melden Sie sich und vereinbaren Sie einen Termin für einen Besuch. Ist ein naher Angehöriger verstorben, muss oft der Alltag ganz neu gestaltet werden. War der Verstorbene länger krank, drehte sich oft Monate vorher alles um den Kranken. Dann ist es besonders hilfreich, mit anderen zu überlegen, wie der Alltag neu strukturiert wird, vielleicht auch, welche neuen Aktivitäten begonnen werden oder auch, welche Unterstützung bei der Verarbeitung gesucht werden kann. Hierbei berät Sie Ihr Pastor bzw. Ihre Pastorin gern.

„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit, behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit.“ (Prediger 3,1–7)

Ich bin nicht tot, ich tausche nur die Räume. Ich leb’ in euch und geh’ durch eure Träume. Michelangelo

Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt ist ja nicht tot, er ist nur fern! Tot ist nur, wer vergessen wird. Joseph Konrad

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Die Zeit der Trauer Trauer ist wie ein Fluss, in dem man nicht gegen den Strom schwimmen kann. Man wird von der Strömung erfasst, muss sich mitnehmen lassen. Tief im Innern fühlt man Trauer aufsteigen wie das Wasser einer Flut. Nichts scheint mehr sinnvoll: warum essen und trinken, warum leben und reden, wo doch dieser große Verlust so schmerzt? Und so reißt dieser Fluss der Trauer den Trauernden mit sich. Es ist wie bei einer wirklichen Flussüberquerung – wer durch einen großen Strom schwimmen muss, kann nie einfach geradewegs zum anderen Ufer gelangen, sondern wird von der Strömung flussabwärts mitgenommen. Genauso ist es auch für einen Menschen in Trauer. Man ändert sich, sieht erst nach einer gewissen Zeit ein neues Ufer. Und kann auch beim besten Willen nicht wieder zurück. Kraft finden für den Neuanfang braucht Zeit. Aus diesem Grund gab und gibt es zum Teil heute noch die Erinnerung an die Bedeutung des Trauerjahrs. Angehörige, Freunde und Nachbarn wussten von der außergewöhnlichen Situation, in der sich der Trauernde befindet. 60

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Auch wenn heute Zeit und Form der Trauer verschieden empfunden und gestaltet werden, ist es doch wichtig, der Trauer Raum – und Zeit – zu geben.

Herbst Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde. Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält. Rainer Maria Rilke

Die christliche Tradition möchte mit ihren Ritualen daran erinnern: Gott ruft uns bei allem Schmerz zurück ins Leben. Er begleitet uns und trägt uns durch die Zeit der Trauer und den Schmerz hindurch. Gott will nicht, dass der Tod, auch nicht der Tod eines Anderen, unser Leben gefangen hält.

„Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen.“ (1. Thessalonicherbrief 4,14)

„Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir so sterben wir dem Herrn, Darum ob wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.“ (Römerbrief 14,8)

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Die Erinnerung ist eine Kraft, die etwas gegen den Tod vermag. Sie ist eine Kraft, die nicht verloren gibt, was verloren scheint. Wir brauchen die Erinnerung an das Leben derer, die vor uns waren, um unser Leben reicher zu machen und anzubinden an unsere Vorfahren. Wir werden erinnert: Das Band der Liebe, das uns mit der oder dem Toten verbindet, kann auch der Tod nicht endgültig zerreißen. Das Wort „Trauerarbeit“ sagt es bereits: Trauern ist kein tatenloses Erleiden. Trauer ist zunächst eine seelische Tätigkeit ohne äußere Erkennbarkeit. Sie auch mit einer aktiven Handlung zu verbinden, wirkt der Ohnmacht entgegen. Bestimmte wiederkehrende Handlungen dienen dazu, die Erinnerung wachzuhalten und gerade dadurch zurück in die neue alte Welt zu finden.

Und wenn uns die Menschen verlassen und verwunden, so breitet ja auch der Himmel, die Erde und der kleine blühende Baum seine Arme aus und nimmt den Verletzten darin auf. Jean Paul

Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren. Johann Wolfgang von Goethe

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Einige Anregungen zur Trauerbewältigung x

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Sich Zeit nehmen für Erinnerungen und damit verbundene Gefühle. Regelmäßig das Grab besuchen. Die individuelle Gestaltung und die Pflege des Grabes. In der Wohnung Fotos aufstellen und persönliche Gegenstände, Blumen oder Kondolenzkarten anordnen. Erinnerungen wachrufen beim Durchblättern der Fotoalben oder Hören einst gemeinsam geschätzter Musik. Mit anderen über den verstorbenen Menschen reden. Eine Reise zu wichtigen Orten, die im Leben mit der oder dem Verstorbenen eine Bedeutung hatten. Die Gemeinschaft anderer Menschen suchen. Beten hilft, die Gedanken zu sammeln und sie Gott anzuvertrauen. Viele, die sonst kaum zu Gottesdiensten gingen, erleben nun den Gottesdienstbesuch als Ort der Besinnung.

Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird. Immanuel Kant

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Oft zeigen die Empfindungen, die sich bei diesen Tätigkeiten einstellen, wie weit der Trauerprozess vorangeschritten ist. Der Anblick eines Fotos des Verstorbenen, das man zu Anfang vielleicht nur mit tiefem Schmerz betrachten konnte, ruft eines Tages wieder schöne Erinnerungen wach. Lassen Sie diese langsamen Veränderungen zu, die sich meist einstellen, wenn Sie die Trauer aktiv gestalten. Wann Trauer endet, kann nicht beantwortet werden, denn Trauergefühle haben einen Sog, auf die wir nur bedingt Einfluss nehmen können. Der Zwiespalt zwischen Hoffnung und Schmerz kennzeichnet die Zeit der Trauer. Es gehört dazu, auch widersprüchliche Gefühle zu erleben. Inmitten des größten Schmerzes kann einen ganz unvermittelt Lebenslust packen. Umgekehrt kann nach längerem zeitlichen Abstand die Trauer wieder aufwallen. Besonders an bestimmten Jubiläen oder zu besonderen Zeiten im Jahr wie Weihnachten oder Geburtstagen wird einem der Verlust des geliebten Menschen wieder schmerzhaft bewusst. Oft werden die ersten Jahrestage als sehr schmerzhaft empfunden: das erste Osterfest ohne den Anderen, der erste Geburtstag allein, der erste Hochzeitstag usw. Es dauert seine Zeit, bis wieder eigene Traditionen entstehen, bis es erste Erinnerungen gibt, die nicht mit dem schmerzhaften Vermissen des Verstorbenen verbunden sind. Das Leben heute ist viel mehr auf das Diesseits ausgerichtet als früher. Der Tod wird häufig ausgeblendet. Wie nahe wir alle dem Tod sind, merken wir deshalb umso schmerzhafter, wenn wir einen uns nahestehenden Menschen verlieren.

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90,12)

Du bist nicht mehr da, wo du warst, aber du bist überall, wo wir sind.

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Tatsächlich lehrt uns die Nähe des Todes, das Leben als Geschenk besser zu verstehen. Unser Leben darauf auszurichten heißt, bewusst zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Zur Bilanz eines erfüllten Lebens gehören dann nicht Erfolg, Besitz oder Leistung, sondern alles, was einen Menschen zu einer unverwechselbaren Persönlichkeit gemacht hat.

Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen. Albert Schweitzer

Wer auf diese Weise über das Leben nachdenkt, bleibt bei dem Tod nicht stehen. Die Frage, was nach unserem Tod geschieht, lenkt den Blick auf unseren Glauben. Die christliche Kirche erinnert daran: Durch den Tod gehen Menschen nicht unwiederbringlich verloren, sondern sind in Gott unverlierbar geborgen. Das Leben hat einen Sinn und ein Ziel, das von Gott gegeben ist.

Ich glaube, dass wenn der Tod unsere Augen schließt, wir in einem Licht stehen, von welchem unser Sonnenschein nur ein Schatten ist. Artur Schopenhauer

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Stufen Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in and’re, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten! Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen! Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden: des Lebens Ruf an uns wird niemals enden. Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde! Herrmann Hesse

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Was helfen kann x

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Es hilft, zu trauern, ohne danach zu fragen, was andere Menschen denken. Es hilft, die unterschiedlichen Gefühle, auch die Schmerzen zuzulassen, weinen zu dürfen, klagen oder auch zornig zu sein. Es hilft, einige Zeit sich ganz den Erinnerungen zu widmen. Es hilft, dasjenige sich zu vergegenwärtigen, wofür man dankbar ist aus der Zeit mit dem verstorbenen Menschen, gerade auch, wenn der Verlust schmerzt. Es hilft, Fragen, Erinnerungen und Momente zuzulassen, in denen manches nicht gut war, auch die Erinnerungen, wann man sich selbst schuldig gemacht hat oder Versäumnisse gegenüber diesem Menschen empfindet. Es hilft, sich einzugestehen, wann auch der oder die Verstorbene lieblos oder unachtsam gewesen ist. Wir nehmen Abschied angesichts der Gesamtheit der Person, mit allen Höhen und Tiefen. Es hilft, zu Gott zu beten, zu klagen, ihm im Gebet all das anzuvertrauen, was einen belastet. Es hilft, auf die Zusagen über ein Leben nach dem Tod zu vertrauen und trotzdem ganz in dieser Welt zu leben. Es hilft, nach Wegen zu suchen, die für einen selbst gut sind in Zeiten der Trauer und für die eigene Heilung wohltuend. Es hilft, das neue Leben nach der Trauer so zu führen, dass man zurück, aber eben auch nach vorne schauen kann.

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Auch Kinder trauern Auch Kinder müssen lernen, mit dem Verlust eines Menschen umzugehen und mit ihrer Trauer zu leben. Wichtig ist es, sie in dieser Situation nicht allein zu lassen. Seien Sie ehrlich zu Kindern und vermeiden Sie Sätze wie „Oma schläft nur“. Die Empathie von Kindern wird verwirrt, wenn sie spüren, dass Eltern oder andere Vertraute trauern, ihnen aber gesagt wird, es sei allesin Ordnung. Kinder können besser damit umgehen, wenn ihnen erklärt wird: Mama ist gerade traurig. Das kennst du ja auch, dass du mal traurig bist. Kleine Kinder finden oft eigene Formen, das Geschehene zu verarbeiten, z. B. im Spiel. Ältere Kinder kapseln sich manchmal ab. Für einige Zeit ist ein Rückzug eine ganz typische Reaktion für Kinder. Geben Sie ihnen diesen Raum, aber dann auch die Gelegenheit, zu reden, aber drängen Sie sich nicht auf. Vielleicht findet eine Freundin, ein Freund oder ein naher Verwandter eher den Zugang zum Gespräch. Oft tut es Kindern gut, noch einmal ein Bild zu malen oder auch wenn sie älter sind, z. B. eine Kerze anzünden zu dürfen für den Verstorbenen. Viele Kinderbücher behandeln auch auf sehr kindgerechte Weise das Thema Tod und Sterben. Es kann hilfreich sein, mit Kindern gemeinsam ein solches Buch anzuschauen. Suchen Sie etwas aus, was zu Ihrem Kind passt. Seien Sie nicht verwundert, wenn Erwachsene die größere Hemmschwelle bei dem Thema haben als Kinder.

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Wohin gehen die Toten? Brief an ein Kind Mein liebes kleines Mädchen, etwas sehr Schlimmes ist geschehen: Mitten in den Ferien, die Ihr fröhlich miteinander im Süden verbracht habt, ist Dein Vater ganz plötzlich gestorben. Sein Herz wollte nicht mehr schlagen, obwohl es noch ein junges Herz war, und so ist er schnell und ohne viel zu sagen davongegangen — über Nacht. Das ist etwas sehr Schweres für ein Kind, das jetzt keinen Vater mehr hat. Deshalb schreibe ich Dir diesen Brief. Vielleicht hilft er ein wenig, wenn Dir das Herz weh tut aus Heimweh nach dem Papa. Ich will Dir ein wenig von Deinem Vater erzählen: Wir haben uns vor vielen Jahren kennen gelernt, da warst Du noch gar nicht auf der Welt. Dein Vater war Arzt in einem Kinderkrankenhaus. Ich glaube, es war für ihn sehr wichtig, sich um kleine Kinder zu kümmern, wusste er doch aus der eigenen Kinderzeit, wie viel Angst und Schmerzen Kinder schon durchmachen müssen. Denn das Gemüt von Kindern ist so viel verwundbarer und hilfloser als das von Erwachsenen. Deshalb hat er für die Kinder gearbeitet, wenn sie krank waren an Leib und Seele. So habe ich Deinen Vater kennen gelernt. Ich war damals mit meinem kleinen Jungen in dem Krankenhaus, in dem Dein Vater arbeitete. Vielleicht erinnerst Du Dich an die Bilder des kleinen Micha, der im Krankenhaus fast zwei Jahre lang in einem Plastikzelt sein kurzes Leben verbrachte. Wie sein kleiner Bruder vor ihm, hatte auch Micha eine unheilbare Krankheit, die darin bestand, dass er keine Krankheitskeime in seinem Körper bekämpfen konnte. In dieser ganzen Zeit haben Dein Vater und die anderen Ärzte gemeinsam um das Leben des kleinen Micha gekämpft. Es war eine Zeit, in der wir uns gut kennen gelernt haben. Wir haben viel miteinander gesprochen, warum gerade Kinder so viel Schweres durchmachen müssen und wie man ihnen helfen kann. Wir haben nachgedacht, was in den Eltern von kranken Kindern vor sich geht und warum das Leben oft wie ein großer schwarzer Sack ist, den man schleppen muss

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Damals musste ich selbst dieses Schwerste lernen, das Du jetzt lernen musst: dass man keinen Menschen für immer besitzen kann. Jeder Mensch hat seinen eigenen Lebensweg. Er kommt ins Leben und geht, wann Gott es gibt, wie kurz oder lang, wie schön oder schwer das Leben auch gewesen ist. Du wurdest geboren, als mein Kind gerade ein Jahr alt war. Deine Eltern haben Dich als Baby manchmal in die Klinik gebracht, um Micha zu besuchen. Da warst Du die kleine Prinzessin, die den kleinen Prinzen in seinem verwunschenen Plastikschloss besuchen wollte. Du klopftest von außen an das Schloss, aber Du konntest nicht hinein. Micha hat Dich gesehen und mit Dir gelacht, ein kleiner verwunschener Prinz, aber niemand konnte ihn aus seiner Verwünschung erlösen. Damals wurdest Du mein Patenkind. Du warst immer auch ein wenig mein Kind — so wie Deine Eltern auch Micha wie ein eigenes Kind gerne gehabt haben. Sie trugen das Schwere mit uns, als er das Leben in seinem Plastikschloss leid war und aus diesem Leben wegging. Jetzt ist Dein Papa auch gegangen. Manchmal war es auch schwer, den Weg in das Lebensschloss Deines Papas zu finden, nicht wahr? Als Micha starb, hat Deine Mutter geschrieben: „Wir alle haben ein Kind verloren“. Das ist auch heute wahr: „Wir alle haben Deinen Papa verloren“! Wenn wir ihn in die Erde gelegt haben, bleibt die Frage: Wo ist Dein Papa, wo sind Micha und Frieder, wo ist Dein Großvater, dessen Tod Du ja auch schon erlebt hast? Wo sind sie hingegangen? Darüber habe ich viel nachgedacht, sehr viel, denn ich wollte es damals auch wissen, was mit meinen Kindern geschehen ist, wo sie sind, wie sie sind. So willst Du jetzt auch wissen, was mit Deinem Papa geschehen ist. Ja, Du bist schon sehr vernünftig und weißt allerhand, wie das ist, wenn jemand stirbt. Aber was wissen wir wirklich, was mit den Toten geschieht? Ich glaube, dass ich es Dir als einem Kind am ehesten erklären kann, was ich damals über den Tod herausgefunden habe, denn Kinder — so steht es in der Bibel — verstehen die Sprache von Gott besser als die Erwachsenen. Eines ist klar und sehr schmerzlich: Man kann mit den Toten nicht mehr sprechen wie früher, nicht

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mehr mit ihnen lachen oder essen. Nicht mehr spazieren gehenund schlafen. Sie können einen nicht mehr erfreuen oder beschimpfen, einem nicht mehr Geschichten vorlesen, nicht mehr Hausaufgaben mit einem machen oder spielen. Sie nehmen keine Geschenke mehr noch geben sie welche. Man kann nie mehr Auto fahren, telefonieren oder Ferien machen mit ihnen. Alles das — und vieles mehr — geht nicht mehr. Sie sind weggegangen in ein anderes, unsichtbares Land — dorthin, wo schon viele, viele andere sind: Dein Großvater, Micha und Frieder und viele andere Menschen warten dort schon auf Deinen Papa, auch Tiere, auch Pflanzen. Sie alle, wir alle, gehen einmal zurück zur Mutter Erde, die uns aufnimmt in ihren kühlen braunen Schoß, die ihre erdigen Arme um uns schlingt und uns eine neue Heimat gibt. Die Toten gehen zurück dahin, woher alles Leben kommt, zu Gott, der in der Tiefe der Erde, im Himmel über uns, in den Herzen der Menschen, überall ist. Gott hat einen großen weichen Schoß, in der Bibel dachten sie an Abrahams Schoß, aber vielleicht denkst Du eher an den Schoß Deiner Mutter. Dort dürfen alle sitzen, die einmal gelebt haben — und Gott lässt sich von ihnen ihre Erdengeschichten erzählen: ihren Kummer und ihre Freuden, worüber sie gelacht und geweint haben, von den Menschen, die mit ihnen gelebt haben, von Dir und mir. Dann lacht Gott und freut sich, oder er weint, ist zornig und empört, je nachdem. Wie schön zu denken, dass sich Dein Papa und Micha begegnen und an die Zeit denken, als wir alle zusammen noch im Krankenhaus waren. Wo wir oft auch fröhlich und glücklich gewesen sind, wenn es ein wenig gut war für uns alle. Wir wissen wenig Genaues über die Gestorbenen und müssen uns mit solchen Bildern helfen, die aber wahr sind. Eines aber wissen wir ganz genau — und ich habe es selbst oft auf ihren toten Gesichtern gesehen: Die Toten sind in einen großen Frieden gegangen. Alles, was sie gequält und unglücklich gemacht hat, die Sorgen, der Zorn, der Streit, alles das ist von ihnen weggenommen, und sie sind zur Ruhe gekommen. Tote muss man lange anschauen, dann entdeckt man dies. Kurze Blicke erschrecken uns nur.

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Wir können nicht mehr mit ihnen leben. Aber wir können sie weiter lieb haben, wir können an sie denken. Sie sind noch immer bei uns und beschützen uns. Sie helfen uns in einer unsichtbaren Weise. Wir können sie rufen, indem wir mit anderen über sie sprechen. Wir können uns an all die schönen, auch die schweren Sachen erinnern und stille Gespräche mit ihnen führen. Wir können uns ausdenken, was sie sagen oder tun würden. Wir können die Bilder anschauen, die Sachen anfassen, die ihnen gehörten. Das Beste aber ist, dass wir selbst sozusagen ein Stück ihres Lebens weiterleben können, sie wohnen in unseren Herzen. Die Toten haben eine neue Heimat in uns, sie sind nicht verloren. Du wirst es vielleicht erleben, dass Du auch zornig und wütend bist darüber, dass Dein Papa nicht mehr da ist. Das sollst und darfst Du auch sein. Denn es ist ein fach zu viel für ein kleines Mädchen — wie für jeden Menschen —, das einfach so hinnehmen zu sollen, was da passiert ist. Eines aber ist gewiss: All das Schwere, das Dein Papa auch tragen musste, ist jetzt vorbei. Wir alle, die wir ihn gekannt haben, denken mit Liebe und Dank an das, was er uns geben konnte, an seine ernsten klugen Augen, sein freundliches Lachen unter dem Schnurrbart, seine schönen Hände, mit denen er den Kindern geholfen hat. Ich sehe ihn vor mir auf einem Foto, das ich einmal aufgenommen habe: Da bist Du noch ein ganz kleines Mädchen, und er hat Dich auf dem Arm, du hältst seinen Finger umklammert — Du bist ganz winzig neben ihm. Er lacht in sich hinein und ist glücklich. Du bist zwar noch immer ein kleines Mädchen, aber doch gar nicht mehr klein, denn Du hast schon viel vom Leben kennen gelernt – mehr als manche Erwachsenen, nämlich den Tod. Wenn man viel vom Leben kennen gelernt hat wie Du schon, ist es einem oft möglich, sein Herz zu öffnen für das Leben der anderen Menschen um einen herum. Man sieht eher, wenn sie unglücklich sind, man kann sie besser verstehen und ihnen helfen, wenn sie einen brauchen. Es ist dann eine große Freude, wenn man das tun kann. Jetzt brauchen Du und Deine

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Mama, Dein Bruder und all die anderen solche Menschen, die Euch viel Liebe geben, damit es nicht so schwer ist, dass Dein Vater weg ist. Ich glaube, dass Gott sich immer gerade zu denen hinwendet, die es sehr schwer haben, und ihnen die Tränen abwischt. Er nimmt das Schwere nicht einfach weg, aber er schickt uns Menschen, die uns tragen wie Christophorus das Jesuskind, oder er gibt uns auf andere Weise Kraft, das Traurige auszuhalten, auch wenn wir manchmal schreien möchten. Ich will versuchen zu helfen, Euch mitzutragen. Gott behütet in der Zwischenzeit all die Toten mit großer Liebe und Freundlichkeit und nimmt ihnen nichts übel, gar nichts. Das Schöne, das zwischen Papa und Dir und uns allen gewesen ist, geht niemals verloren. Dein Papa ist auf andere Weise sehr lebendig und wird es in unseren Herzen immer bleiben. So umarme ich Dich mit großer Liebe Deine Patin Bärbel von Wartenberg-Potter

Die Autorin über diesen Text: „Diesen Brief schrieb ich vor 30 Jahren an meine Patentochter, als ihr Vater plötzlich verstorben war. Sie war damals neun Jahre alt. Der Text wurde später in verschiedenen religionspädagogischen Zusammenhängen verwendet, wenn es um den Umgang von Kindern mit dem Tod ging.“

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Hinweis Kinderbücher zum Thema Tod Christian Butt: Warum steht auf Opas Grab ein Stein? Beerdigungsbräuche erklärt für Kinder. Calwer Verlag 2010 Ulf Nilsson, Anna-Clara Tidholm, Ole Könnecke: Adieu, Herr Muffin, Abschied von Tieren, für Kinder ab 6 Jahren. Beltz Verlag 2010 Roland Kachler, Wie ist das mit … der Trauer, Geschichten zu unterschiedlichen Trauersituationen. Gabriel Verlag 2007 Sally Nicholls und Birgit Kollmann: Wie man unsterblich wird: Jede Minute zählt, Autobiografie eines krebskranken Jungen, ab 12 Jahren. Deutscher Taschenbuch Verlag 2010

Kinder bei der Trauerfeier Selbstverständlich können Kinder bei einer Trauerfeier dabei sein. Bereiten Sie ein Kind auf das vor, was während einer Trauerfeier geschieht. Erklären Sie ihm, dass auch Erwachsene weinen und dass die schwarze Kleidung ein Zeichen der Traurigkeit ist und dass Menschen, die bei einer Trauerfeier schwarz tragen, für alle zeigen: „Schau hin, mir geht es nicht gut, geh bitte vorsichtig mit mir um.“ Schildern Sie kurz den Ablauf, damit das Kind nicht erschrickt, wenn der Sarg am Ende in die Erde gesenkt wird. Einem Kind gibt es Sicherheit, wenn es während der Trauerfeier von einem nahestehenden, aber nicht zu stark betroffenen Erwachsenen begleitet wird. Fragen Sie Jugendliche, ob sie einen Freund oder eine Freundin zur Trauerfeier mitbringen möchten. Vielleicht tut es ihnen auch gut, bereits beim Trauergespräch mit dabei zu sein oder bei der Gestaltung der Trauerfeier zu helfen, z. B. Kerzen anzuzünden oder eine Blume auf den Sarg zu legen. Sollten Sie selbst stark betroffen sein, kann es hilfreich sein, zu wissen, dass sich jemand anderes um Ihr Kind kümmert, und Sie selbst während der Trauerfeier entlastet werden. 75

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Ein Grab – sich erinnern, verweilen, Kraft schöpfen für Neues Manche Menschen verbinden den Gang zum Friedhof mit lästigen Pflichten. Sie denken: „Ach was, so ein Grab macht doch nur Arbeit: Die Pflanzen müssen gepflegt werden, der Grabstein muss gereinigt werden, das Laub der großen Bäume muss entfernt werden, oder da hat doch tatsächlich jemand etwas von der Grabstätte gestohlen.“ Bei allem Aufwand oder auch mal Ärger kann eine andere Perspektive entdecken lassen, dass eine Grabstätte auch eine heilsame, Kraft spendende und hilfreiche Wirkung auf unser Leben haben kann. Eine Grabstätte würdigt das Leben eines Menschen, sie gibt uns eine Anlaufstelle und ermöglicht uns, die Verbindung von Generationen über den Tod hinaus zu pflegen. Eine Grabstätte ist ein sichtbares Zeichen für die nachfolgenden Generationen – Kinder, Enkelkinder, Freunde, Nachbarn: Der hier begrabene Mensch hat gelebt, war uns wichtig, hat uns geprägt. Die Grabstätte hält die Erinnerung an den Toten wach und hilft den Hinterbliebenen, mit ihrer Trauer besser leben zu können. Wenn Ihnen die Grabpflege viel Mühe macht, gestalten Sie Ihre Grabstätte so, dass möglichst wenig Pflegeaufwand erforderlich 76

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ist. Bei der Anlage und Pflege der Grabstätte können Ihnen die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung und die Friedhofsgärtner mit Rat und Tat zur Seite stehen. Immer wieder ist zu hören: „Ich will meinen Angehörigen nicht zur Last fallen und möchte deshalb anonym bestattet werden“. Rasengräber sind eine Alternative, Möglichkeiten anzubieten, bei denen Angehörige keine Grabpflege übernehmen müssen. Aber der Name auf dem Grabstein würdigt das Leben der verstorbenen Person über Generationen hinweg. Insbesondere im Laufe der Jahre tut es vielen gut zu wissen, wo genau jemand beigesetzt ist. Auch das innere Bild im Kopf hat dann einen konkreten Bezugspunkt, auch in Zeiten wenn man nicht hingeht.

Das kostbarste Vermächtnis eines Menschen ist die Spur, die seine Liebe in unseren Herzen zurückgelassen hat. Vinzenz Erath

Es gibt in unserer christlich geprägten Kultur zwar Begräbnisse und Friedhöfe, aber kaum Riten, die einem zeigen, was man im Alltag am Grab tun kann, um die positiven Wirkungen einer Grabstätte für sich zu erfahren. Hier ein paar einfache Anregungen, um diese Wirkungen erleben zu können: Nutzen Sie den Weg zum Friedhof, dem Ort, der vom Alltagsleben abgeschieden ist, und lassen Sie die Alltagssorgen hinter sich. Der Friedhof ist ein besonderer Ort, eine Art räumliche Auszeit, der den Toten Ruhe und Frieden schenkt. Eine besondereWirkung hat ein Besuch am Grab, wenn Sie alleine hingehen und sich ganz auf ihre Gedanken einlassen können. Erinnern Sie sich an gemeinsam Erlebtes, an Begegnungen, Gespräche, vor allem, was der Tote Ihnen allen an Erfahrungen und Anregungen hinterlassen hat. Wenn Sie in Begleitung hingehen, kann es gut tun, sich auszutauschen und gemeinsam über Ihre guten und evtl. auch schwierigen Erinnerungen zu sprechen. 77

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Meiner Mutter Wie oft sah ich die blassen Hände nähen, ein Stück für mich – wie liebevoll du sorgtest! Ich sah zum Himmel deine Augen flehen, ein Wunsch für mich – wie liebevoll du sorgtest! Und an mein Bett kamst du mit leisen Zehen, ein Schutz für mich – wie sorgenvoll du horchtest! Längst schon dein Grab die Winde überwehen, ein Gruß für mich – wie liebevoll du sorgtest! Detlev von Liliencron

Wenn Sie mögen, bringen Sie etwas mit zum Grab – vielleicht eine Blume oder ein Gesteck. Gestalten und pflegen Sie das Grab nach Ihren Vorstellungen. Der eigene Geschmack kann sich dabei über die Jahre durchaus verändern und auch neue Facetten im Umgang mit der Trauer ausdrücken. Nehmen Sie sich Zeit, setzen Sie sich auf eine Bank und lassen Sie den aufkommenden Gedanken und Gefühlen einfach ihren Lauf. Manches kommt uns zuweilen in den Sinn, was lange verschüttet war. Nicht die Dauer des Friedhofsaufenthalts ist entscheidend. Auch ein kurzer Besuch am Grab kann eine gute Wirkung danach haben. Sprechen Sie ein Gebet am Grab und stellen Sie sich vor, dass die Pflanzen und der Grabstein auch ein Gebet sind. Sollten dabei Tränen fließen, ist das gut, denn Tränen sind eine wichtige Ausdrucksformin Ihrer Trauer und können gerade auch im Nachhinein als wohltuend empfunden werden. Besuchen Sie ruhig auch das Grab eines Menschen, der Sie verärgert, enttäuscht oder gekränkt hat. Davon kann eine heilende Wirkung ausgehen. Halten Sie inne, bevor Sie den Friedhof wieder verlassen, und sagen Sie sich auf für Sie passende Weise: „Mit mir soll es gut weitergehen.“ Lassen Sie die Toten bewusst zurück, wenn Sie vom Grab weggehen. Die Toten dürfen auf dem Friedhof bleiben – „Es darf vorbei sein.“ Genießen Sie es, langsam wieder in Ihren Alltag zurückkehren zu können. Freuen Sie sich über Ihr Leben. Planen Sie Neues. So kann der Be78

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such an einem Grab von einer lästigen Pflicht immer wieder zu einer guten Kraftquelle werden.

Viele Menschen sind bemüht, ihren Verlust schnell hinter sich zu bringen und weiterzugehen, um über die Trauer schnell hinwegzukommen. Wenn aber eine wichtige Person stirbt, hinterlässt der Tod ein Vakuum im Leben derer, die zurückbleiben. Das Leben ist niemals wieder so, wie es vorher war. Dies bedeutet nicht, dass man im Leben nie mehr glücklich sein kann oder dass die Erfahrung des Verlustes sich nicht in etwas Positives umwandeln kann. Aber Trauer hat keinen Anfang, keine Mitte und kein Ende. Trauer verändert sich mit der Zeit, sie kann schwächer werden und andere Formen annehmen, ganz verschwindet sie nie.

Wenn Sie merken, dass Sie in Ihrer Trauer versinken und auch nach längerer Zeit nicht mehr zum Leben zurückfinden, lassen Sie sich helfen. Scheuen Sie sich nicht, Ratgeber aufzusuchen, die Ihnen aufhelfen. Adressen von Trauergruppen und anderen Kontakten finden Sie regional zum Beispiel über Ihre Kirchengemeinde oder auch über das Internet.

Einschlafen dürfen, wenn man müde ist und eine Last fallen lassen dürfen, die man lange getragen hat, das ist eine köstliche, eine wunderbare Sache. Herrmann Hesse

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Ich kenne jene etwas sonderbaren Familien, welche an ihrem Tisch einem Toten den Platz freihalten. Sie leugnen das Endgültige. Aber nie schien mir dieser Trotz ein Trost zu sein: Tote muss man zu Toten machen. Dann wird ihnen, in der Rolle des Totseins, eine andere Form des Daseins zuteil. Jene Familien aber verzögern ihre Wiederkehr. Sie machen ewig Abwesende aus ihnen, Tischgenossen, die zu spät daran sind für die Ewigkeit. Sie vertauschen die Trauer für ein leeres Warten. Diese Häuser schienen mir in ein hoffnungsloses Unbehagen getaucht, das ganz anders würgt als der Kummer. Um den Flieger Guillomet, den letzten Freund, den ich verlor und der im Dienste der Flugpost umkam, mein Gott, da hab ich die Trauer auf mich genommen, Guillomet wird sich nie mehr verändern. Er wird nie mehr da, aber auch nie mehr fort sein. Ich habe sein Gedeck von meinem Tisch fortgeräumt, diese überflüssige Schlinge, ihn zu fangen, und habe aus ihm einen richtigen toten Freund gemacht. Antoine de Saint-Exupéry

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Formen der Bestattung Für die Bestattung selbst sehen die deutschen Gesetze den Friedhof vor („Friedhofszwang“). Friedhöfe gibt es in kirchlicher und in kommunaler Trägerschaft. Kommunale Friedhöfe stehen allen Menschen offen. Auch Friedhöfe in kirchlicher Trägerschaft können von allen genutzt werden. Allerdings sind die jeweiligen Satzungen zu beachten, was z. B. die Wahl der Grabinschriften angeht, die die Würde eines christlichen Friedhofes zu beachten haben. Falls die oder der Verstorbene eine bestimmte Form der Bestattung ausdrücklich gewünscht hat, sollte diesem Wunsch nach Möglichkeit entsprochen werden. In allen anderen Fällen liegt es an den Angehörigen, eine Entscheidung zu treffen. Bedenken Sie dabei, dass die Art der Bestattung über Jahre und Jahrzehnte hinweg über den Ort des Gedenkens entscheidet. In der Vorstellung, dass der verstorbene Mensch an einem bestimmten Platz gut aufgehoben ist, liegt etwas Beruhigendes. Es ist ein Unterschied, ob man ein sichtbares Grab vor sich hat, das man besuchen kann und das, falls gewünscht eben auch pflegen und gestalten kann, oder ob jemand im Gedenken allein auf seine Vorstellungskraft angewiesen ist, wie es beispielsweise bei einer anonymen Bestattung der Fall ist. Für die Entscheidung kann es sinnvoll sein, die unterschiedlichen Bestattungsarten und -abläufe zu kennen.

Hinweis Bitte beachten Sie, dass es nicht immer alle Bestattungsformen in allen Gemeinden gibt. Zum Teil sind es Ländergesetze, zum Teil auch Gemeindeordnungen, die einzelne Formen ausschließen. Nicht überall sind z. B. Friedwälder oder Aschestreuwiesen vorhanden, und nicht jeder Friedhof verfügt über Rasenfelder zur Bestattung von Särgen. Informieren Sie sich bei Ihrer Gemeinde oder fragen Sie Ihren Bestatter nach den Möglichkeiten, die für Sie in Frage kommen.

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Die Erdbestattung Ablauf „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zum Staube“ – mit diesen Worten werden seit Jahrhunderten Verstorbene beerdigt. Der Verstorbene wird in die Erde gelegt, aus der sein Leib nach biblischem Verständnis geschaffen wurde (Schöpfungsgeschichte, 1. Buch Mose 1). Demzufolge wird bei der Erdbestattung der Körper in einem Sarg der Erde übergeben. Nach der Trauerfeier in der Kapelle bzw. der Kirche tragen die Sargträger den Sarg hinaus, gemeinsam folgt die Trauergemeinde schweigend diesem letzten Weg und sieht zu, wie der Sarg langsam in das Grab hinuntergelassen wird. Dann tritt zunächst der Pastor bzw. die Pastorin an das Grab, spricht neben den Worten: Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zum Staube noch ein biblisches Votum, gemeinsam wird das Vaterunser gebetet und der Segen gesprochen. Dann treten nach und nach die Angehörigen, Freunde und Nachbarn ans Grab und werfen entweder auch etwas von dem Sand oder auch eine Blume ins Grab.

„Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ (Psalm 139,5)

Die Anwesenden nehmen bei einer Erdbestattung an der Trauerfeier und der Beisetzung unmittelbar teil. Sie gehen zu Fuß mit zur Grabstelle und sehen, wo sich die letzte Ruhestätte befindet. Auf diese Weise wird der Abschied begreiflich. Dies kann gerade für Kinder sehr hilfreich sein, dass sie sehen, was weiter geschieht und nicht erleben, dass Opa, Oma oder ein anderer Vertrauter „auf einmal weg“ ist.

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Die Feuerbestattung / Urnenbestattung Ablauf Viele Menschen entscheiden sich zu Lebzeiten für eine Feuerbestattung. Sie erfordert nur ein kleines Urnengrab bzw. weniger Platz im Familiengrab. Jedoch sind bei dieser Bestattungsform einige traditionelle Abschiedszeremonien nicht oder nur in Unterbrechung möglich. Je nach Kommune dauert die Einäscherung einige Tage oder auch bis zu mehreren Wochen. Die Trauerfeier in der Kirche oder Kapelle unterscheidet sich im Ablauf nicht von der bei einer Erdbestattung. Der Unterschied ist, dass die Trauergemeinde sich bei einer Urnenbestattung nach der Trauerfeier in der Kapelle verabschiedet, ohne den verstorbenen Menschen zur letzten Ruhestätte begleiten zu können. An manchen Orten sehen die Anwesenden zu, während der Sarg aus der Kapelle ins Auto getragen wird und der Bestatter mit dem Sarg dann zum Krematorium fährt. Erst mit größerem zeitlichem Abstand erfolgt die Urnenbeisetzung, der meist nur die engsten Angehörigen beiwohnen.

Die Beisetzung der Urne kann in einem Erdgrab erfolgen, in einem speziellen Urnengräberfeld oder auch in einer Urnenwand. Auch die spätere Urnenbeisetzung wird auf Wunsch von der Pastorin bzw. dem Pastor begleitet.

In einigen Fällen wird die Trauerfeier mit der Urnenbeisetzung verbunden. Dann wurde der Verstorbene zunächst gleich vom Bestattungsunternehmen zum Krematorium gefahren. Bei der Trauerfeier wird die Urne statt des Sargs, umgeben von Kerzen, Kränzen und Blumen, in der Kapelle aufgebahrt. Die Urnenbeisetzung schließt sich in diesem Fall direkt der Trauerfeier an. 83

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Die Urnenbeisetzung erfolgt örtlich verschieden nach 1–3 Wochen, abhängig vom vor Ort tätigen Krematorium. Je nach Wunsch wird der Pastor bzw. die Pastorin noch einmal einbezogen oder der Bestatter übernimmt diese Aufgabe. An dem vereinbarten Zeitpunkt wird die Urne noch einmal in einem Abschiedsraum oder der Kapelle aufgestellt, auf Wunsch ist ein Blumenkranz um die Urne gelegt. Nach einer kurzen Begrüßung wird die Urne von einem Mitarbeiter des Friedhofs aufgenommen und der letzte Weg zum Grab gegangen. Dort erfolgt wie bei einer Sargbeisetzung der dreimalige Erdwurf mit den Worten Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zum Staube. Ist ein Pastor oder eine Pastorin anwesend, folgt das gemeinsame gesprochene Vaterunser und der den Anwesenden zugesprochene Segen. Dann können die Anwesenden allein noch einmal zur Grabstelle, Erde ins Grab werfen oder eine Blume ablegen. Da keine zweite Trauerfeier erfolgt, ist dies zeitlich „sehr schnell vorbei“ – für viele Angehörige fast zu schnell. Daher tut es gut, vielleicht indem man eher zum Friedhof kommt oder noch irgendwo verweilt, sich auf eigene Weise einzustimmen auf die dann folgende Beisetzung.

Der größere zeitliche Abstand zwischen dem Todeszeitpunkt und der Beisetzung wird von manchen als Belastung erlebt, weil es irgendwie als noch „unabgeschlossen“ empfunden wird.

Vielleicht bedeutet Liebe auch jemanden gehen lassen, wenn die Zeit gekommen ist. Unbekannt

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Grabarten Reihengrab (Einzeln) Reihengrabstätten sind Grabstätten für Erdbeisetzungen (Sargbeisetzungen), die im Todesfall der Reihe nach einzeln für die Dauer der Ruhezeit (20 Jahre) vergeben werden Die Verlängerung der Nutzungszeit ist nicht möglich.

Wahlgrab für Särge (einzeln, doppelt über- und nebeneinander) Wahlgrabstätten werden für Erdbestattungen (Sargbeisetzungen) mit einer oder mehreren Grabstellen vergeben. Auf jedem Sargplatz können zusätzlich zwei Urnen beigesetzt werden. Für die Pflege sind die Angehörigen zuständig. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist möglich.

Wahlgrab im Rasenfeld für Särge (einzeln, doppelt überund nebeneinander) Gräber im Rasenfeld werden für Erdbestattungen (Sargbeisetzungen) mit einer oder zwei Grabstellen übereinander vergeben. Als Grabmal ist nur ein liegender Stein in der Größe 50 × 50 cm mit einer Einfassung von 15 cm Breite gestattet. Die Rasenpflege übernimmt der Friedhof, die Kosten dafür sind in der Grabnutzungsgebühr enthalten. Ein kleiner Blumenkasten und eine Steckvase dürfen je nach Friedhofssatzung hinter den Stein gestellt werden. Bepflanzungen sind nicht gestattet. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist möglich.

Wahlgrab für Urnen (einzeln, doppelt über- und nebeneinander) Urnenwahlgrabstätten sind Grabstätten für Urnenbeisetzungen mit mehreren Grabstellen. Für die Pflege sind die Angehörigen zuständig. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist möglich. 85

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Wahlgrab im Rasenfeld für Urnen (einzeln, doppelt übereinander) Urnengräber im Rasenfeld sind Grabstätten für Urnenbeisetzungen mit einer oder zwei Urnen übereinander. Als Grabmal ist nur ein liegender Stein in der Größe 50 × 50 cm gestattet. Die Rasenpflege übernimmt der Friedhof, die Kosten dafür sind in der Grabnutzungsgebühr enthalten. Ein kleiner Blumenkasten und eine Steckvase dürfen je nach Friedhofssatzung hinter den Stein gestellt werden. Bepflanzungen sind nicht gestattet. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist möglich.

Urnengemeinschaftsgrab Hierbei handelt es sich um eine vom Friedhof angelegte und gepflegte Grabstätte für mehrere, oft bis zu 24 Urnen. Die Plätze werden der Reihe nach vergeben. Ein Vorkauf ist nicht möglich. Sonderwünsche sind nicht möglich. Die Kosten beinhalten anteilig die Kosten für die Bepflanzung und Pflege, das Grabmal und die Erdarbeiten anlässlich der Urnenbeisetzung.

Anonymes Urnenfeld Anonyme Beisetzungen werden ausschließlich als Urnen durchgeführt auf einem Rasenfeld ohne Kennzeichnung des einzelnen Grabplatzes Die Beisetzung erfolgt ohne Angehörige. Blumenvasen können an einen dafür vorgesehenen Platz gestellt werden. Die Pflege des Grabfeldes wird von der Friedhofsverwaltung übernommen. Eine Verlängerung der Nutzungszeit ist nicht möglich. Die Ruhezeit für Särge und Urnen beträgt jeweils je nach Friedhof 20–25 Jahre.

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Seebestattung Unter Seebestattung versteht man die „Bestattung“ der sterblichen Überreste eines Verstorbenen auf See. Auf See wurden bis ins frühe 20. Jahrhundert fast ausschließlich solche Personen bestattet, die als Angehörige einer Schiffsbesatzung auf hoher See starben, so dass eine Beisetzung des Leichnams an Land nicht möglich war. Mit dem vermehrten Aufkommen der „Feuerbestattung“ seit Anfang des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Funktion der Seebestattung grundlegend. Die Beisetzung einer Urne im Meer entwickelte sich zu einer Alternative zur Sarg- oder Bestattungsurne auf einem Friedhof. In Deutschland ist es seit 1934 möglich, statt einer Friedhofsbestattung eine Seebestattung vorzunehmen. Dafür wird die Asche in einer speziellen „Seeurne“ außerhalb der sogenannten Dreimeilenzone, in der Regel über „Rauhem Grund“, dem Meer übergeben. Mit „Rauhem Grund“ sind Gebiete gemeint, in denen nicht gefischt oder Wassersport getrieben wird. Möglichkeiten bestehen hierfür nahezu in jedem Meer, von Deutschland aus vorwiegend in der Nord- und Ostsee, Atlantischer Ozean oder im Mittelmeer. Seeurnen bestehen aus entsprechenden Materialien wie Zellulose, gepresstem Sandstein oder anderen Mineralien und lösen sich innerhalb kurzer Zeit nach der Beisetzung vollständig im Wasser auf. Die genauen Koordinaten der Position der Seebestattung werden in das Schiffslogbuch eingetragen. Auf Wunsch erhalten die Angehörigen eine Urkunde mit diesen Koordinaten und einen Auszug aus dem Logbuch des Beisetzungsschiffes.

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Ablauf einer Seebestattung In der Regel findet am Heimatort des Verstorbenen eine übliche Trauerfeier mit anschließender „Einäscherung“ statt. Der Bestatter übersendet die Krematoriumsurne an eine Seebestattungsreederei. Dort wird die Asche in eine Seebestattungsurne aus auflösbarem Material umgefüllt. Die Angehörigen haben die Wahl, ob sie an der Bestattung der Urne auf hoher See teilnehmen möchten oder nicht. Bei der Teilnahme von Angehörigen spricht man von einer begleiteten Seebestattung. Nehmen keine Angehörigen teil, spricht man von einer stillen Seebestattung. Bei einer stillen Seebestattung werden in der Regel mehrere Urnen bei einer Bestattungsfahrt dem Meer übergeben. Nehmen die Angehörigen teil, wird nur die Urne des Verstorbenen, dessen Angehörige an Bord sind, mit auf See genommen. Nach einer kurzen Ansprache wird die Urne an einem Tampen (Schiffstau) dem Meer übergeben. Ein nach speziellen Vorgaben vom Floristen gefertigter kleiner Kranz kann zur Markierung des Seegrabes verwendet werden, während das Schiff eine Ehrenrunde um das Seegrab fährt. Manche Angehörige entscheiden sich dafür, zu einer Trauerfeier auf dem Schiff einzuladen, sodass dann alle bei der Absenkung der Urne im Wasser anwesend sind. Der Ablauf der Trauerfeier entspricht nahezu dem der Erdbeisetzung. Zu beachten ist, dass aufgrund von Wetterverhältnissen ein Auslaufen des Schiffes, insbesondere in den Wintermonaten, plötzlich nicht möglich sein kann. Eine solche Verzögerung der Trauerfeier und damit des Abschieds kann manchen Angehörigen schwerfallen.

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Naturbestattungen – Baumbestattungen bzw. sog. Friedwälder Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde aus hygienischen Gründen die Bestattung von Verstorbenen durch staatliche Anordnungen reglementiert. Im „Allgemeines Preußisches Landrecht“ wurde in §184 das Bestatten von Leichen außerhalb von geschlossenen Wohnbebauungen angeordnet. Da sich die „Feuerbestattung“ als Alternative neben der Sargbestattung in Deutschland durchgesetzt hat, werden in den letzten Jahren vermehrt auch andere Bestattungsorte außerhalb von Friedhöfen nachgefragt. Der Wunsch von Trauernden richtete sich auf „naturbelassene Bestattungsorte“ (Baum, Landschaft, Wald, Wiese). Diese Bestattungsart kennzeichnet, dass Gräber naturbelassen sind und so keiner individuellen Pflege durch die Angehörigen bedürfen. Die jeweilige Bezeichnung dieser Bestattungsform ist durch kommerzielle Rechte geschützt und unterliegt dem Markenrecht. Naturbezogene Bestattungen werden in der Ausführung durch Bestattungsrecht in den Möglichkeiten begrenzt. Im deutschsprachigen Raum ist die Feuerbestattung des bzw. der Verstorbenen der vorausgehende Vorgang. Da sich neue Formen nur schrittweise einführen, können sich die Vorschriften von Kommune zu Kommune oder in der jeweiligen Friedhofssatzung wesentlich unterscheiden. Mit Naturbestattungen sind vorrangig Baumbestattungen gemeint. Eine Tradition hat die Bestattung unter Bäumen oder im Walde bei Förstern. Die Idee der Baumbestattung wurde vom Schweizer „Ueli Sauter“ im Jahre 1993 entwickelt und kommerzialisiert. Die Bezeichnung für sein Konzept „Friedwald“ ist als Markenrecht eingetragen.

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Ein Vorteil für die Nachkommen besteht darin, dass eine individuelle Pflege einer Grabstätte nicht nötig ist. Die bereitgestellten Flächen können auch außerhalb von Friedhöfen liegen. Baumbestattung auf Friedhofsflächen hat ebenfalls ihren Vorteil. In Waldfriedhöfen mit gutem Bestand an alten Bäumen ist das Anlegen von Baumfeldern möglich. Als Einzelgrabstätten um einen Baum oder auch als „Familienbaum“ für Familiengrabstätten. Der Vorteil von herkömmlichen Friedhofsflächen besteht in der vorhandenen Infrastruktur, wie Kapelle, Friedhofsgärtnerei und die mögliche Nähe zum Wohnsitz der Hinterbliebenen.

Andere Bestattungs- und Erinnerungsformen Aschestreuwiesen In einigen Bundesländern ist die Beisetzung von Totenasche ohne Urne gestattet. In anderen gilt, dass Asche nicht teilbar ist; das bedeutet, dass die Urne mit der Asche eines Verstorbenen nicht geöffnet werden darf. Für Aschestreuwiesen, also fest umgrenzte Bereiche, kann es Ausnahmeregelungen geben; Voraussetzung dafür ist aber, dass der Verstorbene dies vor seinem Tod schriftlich so verfügt hat. In Deutschland ist das Verstreuen von Asche lange Zeit verboten gewesen, um eine Ausbreitung von Krankheitserregern zu unterbinden. Das wachsende Interesse an Aschestreuwiesen ist sowohl ein Schritt hin zu individuellen Bestattungswünschen, als auch zu einer Anonymisierung von Verstorbenen, da das Verstreuen namenlos erfolgt. Bei Aschestreuwiesen handelt es sich um eine Wiesenfläche, die Besucher nicht betreten dürfen und auf der ein Mitarbeiter des Friedhofs die Asche je nach Friedhof oberirdisch oder unterirdisch verteilt. Ob die Bestattung auf einem Streufeld anonym erfolgt oder ob der Name des Verstorbenen an einer Tafel angebracht werden kann, hängt vom jeweiligen Friedhofsträger ab. Manchmal sind zentrale Gedenkstellen eingerichtet, an denen Blumen abgelegt werden können. 90

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Diamantbestattung Um eine Diamantbestattung durchzuführen, muss der Verstorbene zunächst eingeäschert werden. Anschließend erfolgt eine Überführung der Asche ins Ausland. So kann die in den deutschen Bestattungsgesetzen nicht vorgesehene Diamantbestattung auf legale Weise stattfinden. In einem mehrmonatigen Herstellungsprozess wird ein Teil der Asche in einem aufwändigen chemisch-physikalischen Prozess zu einem (oder mehreren) synthetischen Diamanten gepresst. Der Diamant kann in einer Schatulle aufbewahrt oder in ein Schmuckstück eingearbeitet werden. Zusätzlich ist eine Gravur in Mikroschrift möglich. Die übrige Asche des Verstorbenen wird dann in einer Urne beigesetzt. Fraglich bleibt nach deutschem Bestattungsgesetz, ob die in Diamanten verwandelte Asche noch als Teil eines Verstorbenen gilt und somit nach Überschreiten der deutschen Grenze bestattet werden müsste; dies ist eine rechtliche Grauzone.

Weltraumbestattung Bei einer Weltraumbestattung wird der Asche des Verstorbenen ein symbolischer Teil entnommen und in eine lippenstiftgroße Mikrourne gefüllt. Diese fasst bis zu 14 Gramm Asche, allerdings werden meist nur etwa 7 Gramm abgefüllt. Mit Hilfe einer Rakete gelangt die Mikrourne dann über die Erdatmosphäre hinaus. Die übrige Asche wird in einer Urne beigesetzt. Dem nicht nur finanziellen Aufwand entsprechend ist dies eine eher selten genutzte Variante.

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Praktisches Was eine Bestattung kostet Es kann viel Geld und Ärger ersparen, Preise für Bestattungen zu vergleichen. Auch bei Bestattungen kann heute erlebt werden, dass vermeintlich günstige Angebote dann letztlich teurer werden als zunächst angepriesen. Laut Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) gibt es in Deutschland etwa 5000 Bestattungsunternehmen. Diese Dienstleister haben unterschiedliche Angebote. Dabei sollte verglichen werden, welche Aufgaben jeweils inbegriffen sind und welche noch zusätzlich berechnet werden. Die Kosten für eine Bestattung setzen sich dabei aus mehreren Teilen zusammen: x Private Kosten entstehen den Angehörigen für das Trauermahl, die Trauerkleidung, die Traueranzeigen und -karten. x Bestatter berechnen Kosten für den Sarg und Sargschmuck wie Kreuz etc., die Totenkleidung, falls der Verstorbene nicht in eigener Kleidung beerdigt wird, die Leichenwäsche und die Überführung des Verstorbenen. Die Übernahme weiterer Dienstleistungen wie die Erledigung der Formalitäten, Blumenschmuck, Trauer92

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anzeige etc. werden gesondert aufgeführt und jeweils zusätzlich berechnet. Die Sargträger werden je nach Gemeindeordnung direkt oder auch über den Bestatter abgerechnet. x Friedhofsträger erheben Kosten für den Graberwerb, die Nutzung der Kapelle und die Bestattung. War der oder die Verstorbene nicht Mitglied der Kirche, entstehen weitere Kosten für Redner und Organist. Für Kirchenmitglieder entstehen keine Kosten für den Pastor und den Organisten (außer bei zusätzlichen eigenen musikalischen Wünschen: weiteren Musikern etc.). Der Träger eines Krematoriums erhebt Kosten, wenn der Verstorbene eingeäschert werden soll. Eventuelle Folgekosten entstehen für die Grabpflege, das Grabmal und dessen Pflege. x Grundsätzlich gilt: Je aufwändiger eine Bestattung ist, desto teurer wird sie. Generell sind Gräber, die sich Angehörige aussuchen können, teurer als Reihengräber, die zugeteilt werden. Die Preise der verschiedenen Bestattungsarten werden hauptsächlich von der Höhe der kommunalen Gebühren, etwa für den Grabplatz, sowie der Bestatterleistungen beeinflusst. Wichtig ist deshalb, welche Leistungen der Bestatter anbietet. In manchen Angeboten sind beispielsweise Trauerfeiern oder Blumenschmuck enthalten, bei anderen nicht. Auch ein Blick auf die Gebühren der Nachbarkommunen kann sich lohnen, zuweilen ergeben sich dabei gravierende Preisunterschiede. Es ist jedoch von der Friedhofssatzung der jeweiligen Gemeinde abhängig, ob ein Toter der Nachbargemeinde beigesetzt werden kann. Es gibt Städte, die keine Bestattungen von Verstorbenen aus Nachbarorten genehmigen.

Hinweis Unter: www.Bestattungsplanung.de gibt es ein Portal für die Themen Bestattung und Vorsorge. Hier finden Sie Informationen zu Bestattungskosten, Bestattungsarten und auch weitere Trauertexte. Ein „Bestattungskostenplaner“ dort errechnet Ihnen die ungefähren Kosten bei der von Ihnen gewählten Bestattungsart.

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Tod im Ausland In der Regel erfahren Angehörige entweder durch den Reiseveranstalter, durch Mitreisende oder die Polizei von einem Sterbefall im Ausland. In sehr seltenen Fällen informiert das deutsche Konsulat telefonisch über einen Todesfall. Bei einem Todesfall im Ausland müssen die Angehörigen die Überführung des Verstorbenen organisieren. Dabei können sie sich vom Deutschen Konsulat unterstützen lassen.

Hinweis Für Sterbefälle im Ausland ist bei allen Deutschen das Standesamt I in Berlin zuständig, Rückerstraße 9, 10119 Berlin Telefon: (+ 49 30) 90 207-0 Das Konsulat nennt Ihnen auch gern die Adresse einer deutschen Gemeinde bzw. der dort ansässigen Kirchengemeinde, an die Sie sich selbstverständlich auch wenden können.

Als erstes ist die Anzeige des Sterbefalls bei den Behörden des Landes, in dem der Tote verstorben ist, zu erledigen. In der Regel erfolgt das auf dem Standesamt. Im Zweifelsfall informiert die Polizei darüber, wohin man sich wenden soll. Anschließend gilt es zu klären, ob die Bestattung im Gastland oder in Deutschland stattfinden soll. Für eine Beisetzung im Ausland müssen Informationen über die gesetzlichen Bestimmungen des Gastlandes eingeholt werden. Die Überführung eines Toten aus dem Ausland kann sich vor allem dann schwierig gestalten, wenn keine Angehörigen vor Ort sind, um die notwendigen Formalitäten vor Ort regeln zu können. In solchen Fällen helfen und beraten die Mitarbeitenden des Deutschen Konsulats. Sie unterstützen deutsche Staatsbürger dabei, ein Bestattungsunternehmen vor Ort auszuwählen und zu beauftragen. Dieses organisiert anschließend die Überführung. Das Konsulat hilft Ihnen auch, Kontakt zur deutschen Gemeinde oder zur ansässigen Kirche aufzunehmen. Ebenso bestätigt das Konsulat auch ausländische Sterbeurkunden („Legalisierung“). 94

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Eine Überführung kann bei einem Todesfall während einer Reise unter Umständen aber auch mit dem Reiseveranstalter vereinbart werden. Wichtig ist bei beiden Möglichkeiten, dass der Bestatter oder das Reiseunternehmen die Anschrift des Bestattungsinstituts in Deutschland erhält, zu dem der Verstorbene überführt werden soll. Die Kosten für eine Überführung fallen sehr unterschiedlich aus. Unter anderem beeinflussen die Gepflogenheiten des Reiselandes und die Entfernung zum Heimatland diese Kosten. Günstiger ist meist eine Feuerbestattung im Ausland mit anschließender Überführung der Totenasche in das Heimatland. Die Überführung eines Sarges dagegen kann wesentlich mehr kosten. Die Kosten müssen die Angehörigen selbst tragen. Auslandsreiseversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten einer Überführung bis zu einem festgelegten Betrag. Beachten sollten Angehörige dabei etwaige Benachrichtigungsfristen.

Hinweis Der Tod deutscher Staatsbürger sollte innerhalb von sechs Monaten mündlich oder schriftlich beim Standesamt I angezeigt werden. Eine Anzeigepflicht für Todesfälle im Ausland besteht nicht, wenn stattdessen durch eine ordnungsgemäße ausländische Sterbeurkunde der Tod einer Person nachgewiesen wird. Informationen, was solch eine Urkunde beinhalten muss, erteilt das Standesamt I.

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Erinnerungen und Jahrestage Immer wieder werden Sie sich in den nächsten Monaten an den Verstorbenen oder an die Verstorbene erinnern: Wenn die Familie, die sich bei der Trauerfeier zuletzt gesehen hat, das nächste Mal zusammenkommt (zu Weihnachten, zu einem Geburtstag oder zu einer Familienfeier), aber auch am Geburtstag des Verstorbenen, an besonderen Jahrestagen wie Ihrem gemeinsamen Hochzeitstag, und natürlich am Todestag selbst. In der römisch-katholischen und in der orthodoxenTradition gibt es Gottesdienste, die zu einer bestimmten Zeit nach dem Tod gehalten werden (nach sechs Wochen, nach einem Jahr). Auch für evangelische Christinnen und Christen gibt es Möglichkeiten, die Erinnerung an Verstorbene zu begehen: Sprechen Sie Ihren Pastor oder Ihre Pastorin an – bei einem Besuch kann eine Andacht für Sie und andere Freunde und Angehörige gestaltet werden, 96

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oder auch in einem Gottesdienst eine Fürbitte gesprochen oder das Lieblingslied des Verstorbenen gesungen werden. Mehr und mehr Gemeinden öffnen sich neuen oder speziellen Formen des Totengedächtnisses. Gedenkgottesdienste bei größeren Unglücksfällen oder für Eltern, die von einem totgeborenen Kind Abschied nehmen müssen, sind nur zwei Beispiele dafür. An einigen Orten haben sich auch sogenannte Trauercafés etabliert als Treffpunkte für einen Austausch oder auch einfach zum Verweilen.

Totengedenken am Ewigkeitssonntag (Totensonntag) Der Ewigkeitssonntag wird im November, am Ende des Kirchenjahres, begangen. Es ist jeweils der Sonntag vor dem 1. Advent. Der Tradition nach erinnert er uns alljährlich an unsere begrenzte Lebenszeit und Gottes Ewigkeit. Am darauf folgenden Sonntag beginnt der Advent, eine Zeit der Erwartung und Freude über Gottes Kommen in die Welt. Diese auch zeitlich enge Verbindung von Ewigkeitssonntag und 1. Advent soll näherbringen, dass der Tod nicht das Ende ist. In allen evangelischen Kirchengemeinden wird am Ewigkeitssonntag der Gemeindemitglieder gedacht, die im Laufe des zurückliegenden Kirchenjahres verstorben sind. In den Gottesdiensten werden die Namen der Verstorbenen verlesen – in der römisch-katholischen Kirche geschieht dies zu Allerseelen (2. November). Vielerorts wird für jede und jeden Verstorbenen an der Osterkerze eine Kerze entzündet. Die Verstorbenen werden in die Fürbitten eingeschlossen. Zu diesem Sonntag werden üblicherweise die Angehörigen, bei denen im vergangenen Kirchenjahr jemand verstorben ist, besonders eingeladen, denn es tut gut, nach den ersten Wochen, die durch vielerlei Veränderungen im Alltag geprägt waren, mit etwas Abstand nun noch einmal im Gottesdienst gemeinsam an den Verstorbenen zu denken, für ihn bzw. sie zu beten und der Fürsorge Gottes versichert zu werden. Anschließend können die zuvor geschmückten Gräber besucht werden.

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Novembertage Mir sind diese Novembertage, die noch in unseren Kalendern stehen und Namen wie Volkstrauer, Gebet, Totensonntag haben, wichtig. Sie machen mich erinnern. Sie schicken mich, wenigstens innerlich, auf den Friedhof. Sie machen mir bewusst: Ich habe mir das Leben nicht selbst gegeben. In den Mantel meines Lebens ist hineingewoben all die Zuneigung und Zärtlichkeit der Menschen, die nicht mehr hier sind und an die ich mich erinnere. Ich muss nicht anfangen mit dem Leben und alles als Erste tun, ich muss auch nicht alles fertig bringen, was ich gern mit meinem Leben getan hätte. Ich kann fragmentarisch leben, wie das Leben meiner Toten Fragment gewesen ist. Sie lehren mich etwas, was ich nicht vergessen will, sie sagen mir, dass ich sterben werde. Jeder Mensch, der mir nahe ist und der vor mir stirbt, zieht einen Pflock heraus aus dem Zelt meines eigenen Lebens. Er löst Freundinnen und Freunde. Eltern und Geschwister, die gestorben sind, sagen mir: Was ich getan habe, wirst du auch tun müssen – sterben. Auf einem alten Grabstein fand ich den Spruch: Eram, quod es. Ich war, was du bist – lebendig: Eris, quodsum. Du wirst sein, was ich bin – tot. Die Toten sagen mir noch etwas anderes: Was ich gekonnt habe, das wirst du auch können – sterben. Es ist eine schwere Arbeit, das Leben loszulassen, aber keine unmögliche. Sie vermindern meine Angst, die Toten. Und manchmal denke ich, die Toten wärmen uns. Vielleicht nimmt die Kälte in unserem Land auch deswegen so zu, weil die Toten keine Stelle mehr haben und wir sie aus dem Gedächtnis verbannen. Zur Humanität gehört die Erinnerung, genauso wie der Blick auf die, die nach uns kommen. Man kann den Menschen geradezu definieren als das Wesen, das die Namen seiner Großeltern weiß und für die Enkelkinder vorsorgt. Es gibt eine skrupellose Heutigkeit, die mit dem Vergessen der Toten zusammenhängt und ihre gnadenlosen Folgen für alle später Geborenen bereithält. Ohne Erinnerung sein heißt, keine Zukunft brauchen.

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Sterben lernt man, indem man zugibt, dass der Tote, der auf dem Grabstein spricht: „Du wirst sein, was ich bin“, Recht hat. Diese Lektion sollte nicht am Ende des Lebens zur Kenntnis kommen, sondern mitten im Leben. Das haben die Religionen alter Völker gewusst und eingeübt, dass wir begrenzt und sterblich sind. Erinnere dich, vergiss nicht! Das ist eine der großen Aufforderungen im Judentum wie im Islam. Gott zu vergessen heiß, die Realität Tod, klein, alt, schwach zu verleugnen. Wir werden nicht mehr gebraucht, darin liegt die eigentliche Schwierigkeit des Altwerdens. Aber dieses Nicht-gebrauchtWerden muss nicht in Bitterkeit und Verzweiflung umschlagen. Es kann auch zu einer Art von Freiheit führen, in der ich freier, angstloser und humorvoller werde: Ich muss nicht das Ganze tragen, die Welt geht nicht unter, wenn ich untergehe, und ich lerne, Macht und Einfluss abzugeben. Wenn der Tod wirklich mehr ist als eine vermeidbare Panne, wenn er; wie Franz von Assisi meinte, unsere Schwester ist, mit uns geboren und uns begleitend wie unser Schatten, dann entsteht aus seiner Annahme eine andere Art von Gewaltlosigkeit im Umgang mit anderen und der Schöpfung. Nicht wir garantieren das Leben, dieses wunderbare, sich erneuernde, unbeherrschbare, uns geliehene Leben. Das ist nicht nur eine philosophische Erkenntnis. Es hängt mit dem Glauben an einen anderen Garanten des Lebens zusammen. Dorothee Sölle

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Stilles Gedenken Neben den Gottesdiensten bietet die Kirche weitere Möglichkeiten für das Totengedächtnis. In vielen tagsüber geöffneten Kirchen liegt ein Gebetbuch für die Besucherinnen und Besucher aus. Trauernde können daraus Trost schöpfen und Momente der Stille erleben oder dort eben auch eine Kerze anzünden.

Trauerportale im Internet Verschiedene Internetportale bieten inzwischen die Dienstleistung an, Erinnerungen an den Verstorbenen digitalisiert über Jahrzehnte verfügbar zu machen. Einige erstellen Mikrochips mit Bildern und Informationen über den Verstorbenen, die am Grabstein eingesetzt werden und über ein Smartphone dann jeweils drahtlos abgerufen werden können. Andere bieten nach dem Vorbild von sozialen Netzwerken im Internet Profilseiten an, auf denen dann individuell gestaltet der Verstorbene erinnert werden kann, mit Videos, Fotos, Texten, virtuell angezündeten Kerzen, Gebeten usw. In einigen dieser Portale besteht auch die Möglichkeit, sich mit anderen Trauernden, die in einer vergleichbaren Situation sind (z. B. Verwitwete mit jüngeren Kindern), auszutauschen oder sich per Mail an einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin zu wenden.

Hinweis War der Verstorbene Mitglied in sozialen Netzwerken wie z. B. facebook müssen die Angehörigen entscheiden, wann der Eintrag gelöscht werden soll.

„Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.“ (Offenbarung 21, 4) 100

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Allein am Küchentisch So lange die Frau, mit der ich lange verheiratet war, noch lebte, war der Tisch in unserer Küche der entscheidende Ort unserer Gespräche, unserer Scherze, unserer Dispute und natürlich der Ort des geteilten Mahles. Später, nach ihrem Tod haben unsere Kinder, die bei mir einzogen, das Haus verändert. Viele Freunde, die davon hörten, fragten: „Aber die Küche habt ihr doch hoffentlich belassen, wie sie war?“ – Auch sie empfanden die Küche und den alten verschrammten Tisch mit den vielen Abdrücken von Rotweingläsern als das Herz des Hauses. Es war auch für sie der Ort des Glücks, des Streits, des Lachens und der geteilten Freundschaft. Nicht nur Menschen können verwaisen, sondern auch Orte. Und so verblasste der Charme der Küche mit dem Tod meiner Frau. Sie wurde immer weniger Heimat, und vielleicht ist es gut, dass sie jetzt nicht mehr existiert. Nach dem Tod meiner Frau war die Küche wichtig als der leere Ort. Sie war früher der Ort des Glücks. Jetzt wurde sie der Ort des verschwundenen Glücks, ein Trauerort. Der verwaiste Ort stieß mich auf die Unerbittlichkeit des Abschieds. Es gehört zur Lebensarbeit, die zu leisten ist, der Gewalt des Schmerzes nicht zu entfliehen. Man muss das harte Trauerbrot essen, damit man vielleicht später wieder andere Lebensspeisen genießen kann. Wohlmeinende Menschen möchten den Trauernden bald wieder ins Leben ziehen. Sie wollen mit ihm ins Kino gehen oder laden ihn zu Vergnügungen ein, die ihn auf andere Gedanken bringen sollen. Sie tun ihm nichts Gutes. Nicht getröstet hat mich, wenn jemand versuchte, meinen Schmerz zu mindern. „Das Leben geht weiter“, hat man mir manchmal gesagt. Es gibt abstrakte Richtigkeiten, die zugleich konkrete Falschheiten sind. Das Leben ging eben nicht weiter, den Schmerz darüber konnte mir niemand ausreden. Vorläufig war mit dem einen Gedanken zu leben: Dein Lebensglück ist gestorben! Erst wenn dieser bittere Kelch zur Neige getrunken ist, haben die anderen Gedanken ihr Recht. Früher haben sich Menschen

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als Trauernde bezeichnet, sie haben ihre Trauer inszeniert, und das hat sie vor gut gemeinter Ermäßigung geschützt. Man hat schwarze Kleider getragen. Man sollte seinen Sinn nur auf das eine richten, den Schmerz. Und so hat man die Sinne von allem freigemacht. Man hat den Augenschönheiten entsagt und Schwarz getragen. Man hat den Ohrenschönheiten entsagt und keine Musik gehört. Man trauert nicht nur mit dem Herzen, das den geliebten Menschen nicht vergessen will. Man trauert auch mit den Ohren, die sich der Musik verweigern. Man trauert mit den Augen, die sich den Farben verweigern. Sich der Härte der Trauer nicht zu entziehen, verhindert, dass sich die Trauer in ungreifbare Lebensunlust verwandelt. Trauer hat mit Lebensunlust nichts zu tun. Unmittelbar nach dem Tod eines Menschen hat man vielleicht das Recht, seinen eigenen Tod zu denken und zu wünschen. Man hat das Recht darauf, nichts mehr zu erwarten. Wenn man aber dem Schmerz nicht entflohen ist, wächst eine merkwürdige Lebenskräftigkeit. Man hört intensiv Musik, man sieht intensiv Farben und man erlebt intensiv die Schönheit der Natur. Dass ich später eine Partnerin gefunden habe, die ich ohne Vorbehalt, den die Tote erhoben hätte, lieben durfte, hat sicher etwas mit der Tiefe der durchgestandenen Trauer zu tun. Es ist übrigens keine leichte Einsicht, dass man auch in seiner Trauer endlich ist und dass man lernen muss, sich nicht in ihr einzukerkern. Noch einmal zurück zur Küche: Mit dem Tod eines nahen Menschen entschwindet ja nicht nur dieser Mensch. Es geht die Welt unter, in der man mit ihm gelebt hat. Unsere Küche ist das Symbol jener untergegangenen Welt. Aber nicht nur Orte verlieren ihre Farbe und ergrauen. Auch Zeiten und Gewohnheiten verändern sich. Gewohnheiten können manchmal Menschen verblöden, aber sie schützen ihn auch. Sie sagen, was kommt und was dran ist. Es ist 6 Uhr und die Gewohnheit, die man mit anderen teilt, sagt mir: Steh auf! Es ist 13 Uhr, und die Gewohnheit sagt mir: Deine Frau will jetzt essen. Die Welt ist vorhersehbar, wenn man mit anderen die Gewohnheiten teilt. Es sind Verabredungen, die man deswegen einhalten kann, weil man sie mit anderen getroffen

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hat und weil man nicht ihr alleiniger Autor ist. Was aber, wenn man allein ist? Warum soll ich nicht aufstehen, essen und schwimmen, wenn ich Lust dazu habe? Die Augenblickslaune tritt an die Stelle der Gewohnheit. Man ist sich selber und seinen schwachen Augenblicksinteressen ausgeliefert. Wenn ich Menschen, die verwitwet sind, einen Rat geben sollte, würde ich sagen: Achte die geläufigen Formen! Sie befreien dich von dir selber. Beachte Zeiten und Rhythmen; Rhythmen des Schlafens, des Essens, des Spazierengehens und des Arbeitens. Sie bewahren den Menschen davor, in sich selber zu verkommen. Man ist zu Hause, wo das Leben Konturen hat, wo also die Konturen von Zeiten und Abläufen erkennbar sind. Der Tod eines geliebten Menschen bedeutet den Zusammenbruch alter Konturen. Es gehört zur Arbeit an der Trauer, sich den Zusammenbrüchen nicht einfach zu fügen, jedenfalls nicht auf lange Zeit. Man muss solche Konturen suchen, damit das Leben nicht in Formlosigkeit versinkt. Der tiefste Trost nach dem Tod meiner Frau waren Freunde und Freundinnen und meine Kinder und Enkel, die mich oft besuchten und die den Schmerz ehrten. Sie haben keine tröstenden Worte gefunden, sie waren da, und sie haben sich von meinem Unglück nicht vertreiben lassen Das Unglück vertreibt ja oft die Freunde, und trostlos macht einen nicht nur, was man erlitten hat. Trostlos macht uns die Einsamkeit, weil Menschen in der eigenen Selbstverständlichkeit des Lebens so wenig die Weltuntergänge der anderen ertragen. Meine Freunde sind geblieben, sie haben mir den Schmerz gelassen. Die Trauer wurde nicht gemildert, aber geteilt. Der Trost der Freunde war ihre Anwesenheit, keine klugen Worte und kein Versuch, mich aus meinem Abgrund zu retten. Sie waren übrigens nicht nur für mich da, sie waren auch da als sie selber, mit ihrer Arbeit, von der sie erzählten, mit ihren eigenen Sorgen und mit ihrem Glück. Sie haben mich nicht eingeschlossen gelassen in einem Trauernarzissmus, in dem man nicht mehr wahrnehmen kann als sich selber im eigenen Unglück. Indem sie mit sich selber da waren, nicht nur für mich, haben sie mir gezeigt, dass es noch etwas anderes gibt als

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mein eigenes Unglück. Sie haben mich langsam in die Welt zurückgeführt, in die ich eigentlich nicht mehr wollte. Der erste Impuls, nachdem einem eine große Lebenswunde geschlagen wurde, ist die Flucht in die Einsamkeit. Eine schwer auszurottende Trostlosigkeit ist der Versuch, auch im Unglück Meister seiner selbst zu sein und nach außen zu tun, als sei nichts geschehen. Sich selber dem Trost nicht entziehen, heißt auch sich einzugestehen, dass man mit sich allein nicht fertig wird. Man ist angewiesen. In den wichtigsten Dingen des Lebens ist man nicht sein eigener Meister. Einen Menschen trösten, heißt ihn bedürftig sein lassen; ihn weinen lassen; ihn kleiner sein lassen, als er ist. Wenn ein Mensch einen Unglücklichen in den Arm nimmt, macht er fast automatisch eine wiegende Bewegung. Er wiegt den Geschlagenen, wie man ein trostloses Kind wiegt. Welche Lebenserleichterung, dass man in den Niederlagen des Lebens nicht sein einsamer Meister sein muss. Und welche Größe, auf die trostlose Kunst der eigenen Lebensmeisterschaft zu verzichten. Gewiss sind es nicht nur Menschen, die trösten. Man könnte es einen objektiven Trost nennen, dass am Morgen die Sonne aufgeht und am Abend unter, dass die Vögel singen und der See sein Lächeln nicht verloren hat. Es sagt keiner den dummen Spruch: Das Leben geht weiter. Aber man spürt es im Strahl der Sonne, im Spiel des Schattens und in der Farbe der Rose: Die Welt ist untergegangen und sie ist nicht untergegangen. Das Leben macht keine dummen Sprüche, es zeigt, dass es weitergeht. Fulbert Steffensky

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Checkliste Bei der Begleitung Sterbender x

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Ist noch ein Besuch eines Pastors, einer Pastorin gewünscht, ein Gespräch oder ein gemeinsames Abendmahl, eine Krankensalbung?

Soll gemeinsam besprochen werden, was sich die Person für die Trauerfeier wünscht?

Gibt es spezielle Wünsche, Begegnungen mit bestimmten Menschen, die noch arrangiert werden sollen?

Nach Eintritt des Todes x

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Verstirbt ein Mensch zu Hause, muss ein Arzt gerufen werden, der den Totenschein ausstellt. Der Verstorbene kann dann aber bis zu 36 Stunden, in einigen Bundesländern bis zu 48 Stunden, noch zu Hause bleiben, falls Sie wünschen, dass weitere Angehörige oder Freunde zu Hause Abschied nehmen können. Auch Krankenhäuser oder vielfach auch Bestattungsunternehmen haben heute Abschiedsräume, in denen Sie noch einmal in Ruhe Abschied nehmen können. Sollte z. B. wegen ungeklärter Todesursache eine Obduktion erforderlich sein, wird der Verstorben zunächst in die Gerichtsmedizin gebracht. Auf Wunsch kann jederzeit über die Polizei bzw. Feuerwehr die Notfallseelsorge verständigt werden.

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Wenn Sie eine Aussegnung wünschen, kontaktieren Sie Ihren Gemeindepastor oder die Krankenhausseelsorgerin Bei einem oder mehreren Bestattern nachfragen, dann den Bestatter Ihrer Wahl auswählen, der Sie bei der weiteren Organisation der Beisetzung berät. (Bei Ortwechsel beachten: Bestattungsgesetze bzw. -rechte sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich). Eventuelle Bestattungsverfügungen des Verstorbenen suchen. Wenn dies nicht vom Bestattungsunternehmen erledigt wird: Sterbeurkunde beim Standesamt beantragen: Dafür müssen Totenschein, Geburtsurkunde und Personalausweis eingereicht werden, ggf. auch Heiratsurkunde, Scheidungsurteil, Sterbeurkunde des früher verstorbenen Ehegatten. Mit dem Pastor bzw. der Pastorin den Termin für das Trauergespräch und die Trauerfeier klären, ebenso den Ablauf, die musikalische Begleitung und weitere offene Fragen besprechen. Eine Liste erstellen mit den Personen, die umgehend informiert werden müssen.

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Adressen für die Trauerbriefe zusammenstellen und abschicken.

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Ggf. in einer Zeitung Traueranzeige veröffentlichen.

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Blumenschmuck für die Trauerfeier bestellen.

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Räumlichkeiten in einem Restaurant, Café oder einer Gaststätte für das anschließende Beisammensein reservieren und das Essensangebot absprechen. Den Arbeitsgeber informieren und für den Termin der Trauerfeier freinehmen (je nach Verwandtschaftsgrad ist eine Freistellung für diesen Termin gesetzlich verankert) Falls Gäste von außerhalb kommen, Übernachtungsmöglichkeiten klären. Ggf. Babysitter oder Hundesitter für den Tag der Trauerfeier bestellen. 106

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Angemessene Trauerkleidung aussuchen. Bei älteren Verwandten, Freunden klären, wer diese zur Trauerfeier abholt und zurückbegleitet.

Nach der Beisetzung x

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Unterlagen des Verstorbenen sortieren und sorgfältig aufbewahren Verträge, Mitgliedschaften, Abonnements etc. kündigen, ummelden oder umschreiben Offene Rechnungen begleichen Falls ein Testament vorhanden ist, Testamentseröffnung beantragen (Falls kein Testament vorhanden ist, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft) Bei Vererbung von Immobilien, Bankguthaben, Wertpapieren, etc. einen Erbschein über einen Notar beim Nachlassgericht beantragen Ggf. Überbrückungsgeld, Hinterbliebenen- oder Witwenrente bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen Wenn vorhanden, Auszahlung der Lebens-, Unfallversicherung oder Sterbekasse beantragen Antwortschreiben auf die Kondolenzbriefe verfassen Termin für die Abkündigung des Verstorbenen im Gottesdienst vormerken Grabpflege organisieren, Grabstein aussuchen

Hinweis Verwahren Sie Rechnungen, die im Zusammenhang mit Bestattungs- und Nachsorgeaufwendungen stehen, sorgfältig auf. Bestattungskosten können als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein.

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Friedhof Ohlsdorf in Hamburg 108

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Notizen

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Verzeichnis der abgedruckten Texte Die Bibelzitate folgen der Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. 113 Dorothee Sölle, „Ich bin zu Hause in diesem Kosmos“, aus: Dies., Gewöhnen will ich mich nicht, Engagierte Texte und Gedichte, hrsg. von Bärbel Wartenberg-Potter, S. 90 © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau, 2. Auflage 2006 114 Henri Nouwen, „Gibt es ein Leben nach der Geburt“, aus Ders., In einem anderen Licht. Von der Kunst des Lebens und Sterbens. Herausgegeben von Andrea Schwarz. © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2006, 60–62. Das englische Original lautet: Inside the Womb. A Parable by Maurice Lamm, inspired by Israeli Rabbi Y. M. Tuckachinsky, from: Maurice Lamm, The Jewish Way in Death and Mourning, New York: Jonathan David Publishers 1969, p. 222–224.) 118 „Gott, habe ich lange nicht gebetet”, aus: „Zeit zu sterben – Zeit zu trauern – Zeit zu hoffen – Zeit zu leben“, S. 5, mit freundlicher Genehmigung des Amtes für Öffentlichkeitsdienst der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, Königstr. 54, 22767 Hamburg 124 Ulrich Schaffer, „Du hast ein Recht auf deine Trauer“, aus: Ders., Grundrechte, Ein Manifest, S. 42 © KREUZ VERLAG in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau, 2. Auflage 2010 125 Hermann Hesse, „Schmerz und Klage“, aus: Hermann Hesse, Sämtliche Werke, Band 10: Die Gedichte. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002 130 Dorothee Sölle, „Der Tod meiner Mutter“, aus: Dies., Gegenwind. Erinnerungen, Gesammelte Werke Bd. 12, S. 263ff © KREUZ VERLAG in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau, 2010

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136 „Ubi Caritas“, aus: Lateinisch-Deutsches Volksmeßbuch Das vollständige römische Meßbuch für alle Tage des Jahres, S. 395 f. Achte Auflage 1949 138 Jochen Klepper, „Trostlied am Totensonntag“, aus: Ders., Kyrie, S. 63 © Luther-Verlag, Bielefeld, 22. Auflage 2007 144 „Beerdigung“ aus: „Zeit zu sterben – Zeit zu trauern – Zeit zu hoffen – Zeit zu leben“, S. 15, mit freundlicher Genehmigung des Amtes für Öffentlichkeitsdienst der Nordelbischen Ev.Luth. Kirche, Königstr. 54, 22767 Hamburg 167 Hermann Hesse, „Stufen“, aus: Hermann Hesse, Sämtliche Werke, Band 10: Die Gedichte. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002. 170 Bärbel von Wartenberg-Potter, „Wohin gehen die Toten? Brief an ein Kind“, aus: Wartenberg-Potter, Bärbel, Mit-Leidenschaft. Geistliche Mut-, Mahn- und Trost-Reden einer ökumenischen Bischöfin, © W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2010, Seite 33–37 180 Antoine de Saint-Exupery, „Bekenntnis einer Freundschaft“, © Karl Rauch Verlag, Düsseldorf, 1955 und 2010 198 Dorothee Sölle, Novembertage (Auszug), aus: Dies., Mystik des Todes, S. 34–36 © KREUZ VERLAG in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau, 4. Auflage 2004 101 Fulbert Steffensky, Allein am Küchentisch, aus: Ders., Wo der Glaube wohnen kann, S. 49–52 © Radius Verlag, Stuttgart 2008

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