Ad-hoc-Compliance: Informationsorganisationspflichten von Emittenten [1 ed.] 9783428582761, 9783428182763

Die Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, wie Emittenten ihre Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung v

115 30 2MB

German Pages 190 [191] Year 2022

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Ad-hoc-Compliance: Informationsorganisationspflichten von Emittenten [1 ed.]
 9783428582761, 9783428182763

Citation preview

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 197

Ad-hoc-Compliance Informationsorganisationspflichten von Emittenten

Von

Johannes Sebastian Blassl

Duncker & Humblot · Berlin

JOHANNES SEBASTIAN BLASSL

Ad-hoc-Compliance

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 197

Ad-hoc-Compliance Informationsorganisationspflichten von Emittenten

Von

Johannes Sebastian Blassl

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18276-3 (Print) ISBN 978-3-428-58276-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

„Sir Robert Chiltern: And, after all, whom did I wrong by what I did? No one. Lord Goring: [Looking at him steadily.] Except yourself, Robert. Sir Robert Chiltern: [After a pause.] Of course I had private information about a certain transaction contemplated by the Government of the day, and I acted on it. Private information is practically the source of every large modern fortune. Lord Goring: [Tapping his boot with his cane.] And public scandal invariably the result.“ Oscar Wilde: An Ideal Husband, 1895, Zweiter Akt, thematisiert hier bereits vor etwa 125 Jahren den Insiderhandel.

Vorwort Die hinreichende Informationsversorgung von Kapitalmärkten leistet einen wesentlichen Beitrag zu deren Funktionsfähigkeit. Daher versucht das Kapitalmarktaufsichtsrecht eine solche Informationsversorgung zu gewährleisten. Als zentrales Werkzeug dient dem Kapitalmarktaufsichtsrecht dazu die Pflicht zur Ad-hoc-Publikation von Insiderinformationen (Ad-hoc-Mitteilungen). Mit der möglicherweise verspätet abgegebenen Ad-hoc-Mitteilung von Volkswagen hinsichtlich bevorstehender Strafzahlungen in den USA aufgrund der „DieselThematik“ ist dieses Thema nun auch in den breiten öffentlichen Fokus gerückt. Der europäische Normengeber hat durch die europaweit direkt geltende Marktmissbrauchsverordnung und die sie konkretisierenden Rechtsakte im Jahre 2016 ein einheitliches Regime zur Kapitalmarktregulierung geschaffen, das unter anderem die Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht von Insiderinformationen durch Emittenten regelt. Die Marktmissbrauchsverordnung folgt dabei dem Ansatz, dass Kapitalmärkte durch den Abbau von Informationszugangshürden effizienter werden. Fraglich ist, wie Emittenten ihre Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderformationen konkret erfüllen können und ob es dazu einer besonderen internen Unternehmensstruktur bedarf, die die Ad-hoc-Compliance sicherstellt. Die vorliegende Abhandlung betrachtet die Ad-hoc-Publikationspflicht dazu unter anderem nach ökonomischen Gesichtspunkten und geht der Frage nach, welche Maßnahmen Emittenten implementieren müssen, um den Kapitalmarkt hinreichend mit Informationen zu versorgen, damit dieser möglichst effizient funktioniert. Die Untersuchung wurde von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer im Jahre 2020 als Dissertation angenommen. Normgebung, Rechtsprechung, aufsichtsrechtliche Verlautbarungen und Schrifttum befinden sich auf dem Stand von Januar 2022. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater Professor Dr. Wolfgang Weiß, der dieses Forschungsvorhaben in vorbildlicher Weise betreut und gefördert hat. Er hat mit vielen wertvollen Ratschlägen entscheidend zu dessen Gelingen beigetragen. Frau Professorin Dr. Michèle Morner danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dem Bundesverband Alternativer Investments e. V. (BAI) danke ich für die freundliche Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ danke ich Herrn

10

Vorwort

Professor Dr. Holger Fleischer, Herrn Professor Dr. Hanno Merkt und Herrn Professor Dr. Gerald Spindler. Großen Dank schulde ich daneben meinen Freunden und Arbeitskollegen, die mich bei meiner fachlichen Arbeit sowie auch persönlich stets unterstützt haben. Daneben gebührt mein großer Dank meinen Eltern, die mir nicht nur mein Studium ermöglicht, sondern mich auch danach noch nach Kräften unterstützt haben. Ihnen ist diese Arbeit in großer Verbundenheit gewidmet. Frankfurt am Main, im Januar 2022

Johannes Blassl

Inhaltsübersicht Teil 1 Einführung

23

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 D. Gang der Darstellung und angewandte Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Teil 2 Compliance

27

A. Begriff der Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ethische und wirtschaftliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Compliance bei Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsgebietsspezifische Präzisierung: ausländisches Kapitalmarktaufsichtsrecht V. Definition von Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 28 28 29 32 33

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgangspunkt: Legalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Legalitätskontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflicht zur Legalitätskontrolle durch ein Compliance-Management-System? . . . IV. Fehlen eines (hinreichend funktionsfähigen) Compliance-Management-Systems.

33 33 34 42 61

C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Teil 3 Ad-hoc-Compliance

67

A. Vermeidung von Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Marktmissbrauchsverordnung als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insiderhandelsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 68 71 96

B. Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unmittelbarkeit der Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeitpunkt und Form der Ad-hoc-Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufschubmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97 97 100 100

12

Inhaltsübersicht

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Verpflichtete Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Unverzügliche Veröffentlichung als Compliance-Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 114 115 115 116

Teil 4 Ad-hoc-Compliance-Struktur A. Ökonomische Analyse des Sinn und Zwecks kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendung der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Effizientere Kapitalmärkte durch Abbau von Informationsungleichheit? . . . . . . . III. Kapitalmarkteffizienz als Regelungsziel der MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kritik der Kapitalmarkteffizienztheorie: reasonable investor vs. behavioral finance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Prinzip der niedrigeren Informationskosten: cheapest information provider . . . . VI. Wirkung des Prinzips der niedrigeren Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gefahrbeherrschung durch Informationsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117 118 118 122 124 126 128 129 130

B. Informationsorganisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmensanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationsidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Informationssuche? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vertrauliche Informationsweiterleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sachverhaltsaufklärung / Informationsverifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Informationsbewertung, insbesondere Prüffrist und Meldungsentwurf . . . . . . . . . VII. Gegebenenfalls Informationsveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 131 133 133 135 136 137 139

C. Haftungsfolgen unzureichender Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwaltungsrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zivilrechtliche „Sanktionen“: Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 140 141 141

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Teil 5 Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

144

A. Ad-hoc-Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 B. Ad-hoc-Komitee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II. Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Inhaltsübersicht

13

III. Entscheidungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 C. Erweiterte Insiderliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D. Freigabepflicht für Eigengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 E. Erweiterung der closed periods . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 F. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Teil 6 Ergebnisse und Ausblick

157

A. Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 B. Ausblick: Ad-hoc-Meldungen und Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einführung

23

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 D. Gang der Darstellung und angewandte Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Teil 2 Compliance

27

A. Begriff der Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Ethische und wirtschaftliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 II.

Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

III. Compliance bei Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Emittentenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Organisationsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4. Ausschluss nicht organisationsbezogener Rechtsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 IV. Rechtsgebietsspezifische Präzisierung: ausländisches Kapitalmarktaufsichtsrecht 32 V.

Definition von Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Ausgangspunkt: Legalitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II.

Legalitätskontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Zivilrechtliche Legalitätskontrollpflicht: Verkehrssicherungspflicht . . . . . . . . 35 a) Haftung für Verrichtungsgehilfen aus § 831 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Zurechnung zum Unternehmen nach § 31 BGB analog . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Aktienrechtliche Legalitätskontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Strafrechtliche Legalitätskontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

16

Inhaltsverzeichnis III. Pflicht zur Legalitätskontrolle durch ein Compliance-Management-System? . . . 42 1. Gesamtanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Aus § 130 OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. IdW PS 980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4. Für Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Fehlender Compliance-Anreiz aufgrund von Haftungsbeschränkungen bei Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Überwachungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Deutscher Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 d) Schadensabwendungspflicht und Marktstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 e) Business Judgement Rule und hindsight bias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 aa) Ermessen bezüglich der Einrichtung eines Compliance-ManagementSystems? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb) Ermessen bezüglich der Ausgestaltung eines Compliance-Management-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 f) Ausstrahlung des Aufsichtsrechts auf das Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 g) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 5. Emittenten von Finanzinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 IV. Fehlen eines (hinreichend funktionsfähigen) Compliance-Management-Systems 61 1. Keine Außenhaftung der Unternehmensleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Haftung bzw. Sanktionierung nur bei Rechtsverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3. Bußgeldrelevanz von Compliance-Management-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . 62 4. Verbreitung von Compliance-Management-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 5. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Teil 3 Ad-hoc-Compliance

67

A. Vermeidung von Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. II.

Die Marktmissbrauchsverordnung als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Insiderhandelsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Insiderpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Hinreichend präzise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Bezüglich Ereigniseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Bezüglich Kursbeeinflussungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) (Noch) nicht öffentlich bekannt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Inhaltsverzeichnis

17

d) Geeignet zur erheblichen Preisbeeinflussung: die Sicht des „verständigen“ Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 aa) Der relevante Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Ausmaß der Preisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Wenig Erfahrung von Freiverkehrsemittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 e) Entstehungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Allgemeine Informationslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Zeitlich gestreckte Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 cc) Zwischenschritte bei M&A-Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Spector-Vermutung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4. Verbotene Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5. Verschärfungen durch die MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 6. Privilegierte Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Rückkaufprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Marktsondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 c) Chinese Walls – geschützte Vertraulichkeitsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 B. Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I.

Unmittelbarkeit der Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

II. Zeitpunkt und Form der Ad-hoc-Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 III. Aufschubmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I.

Verpflichtete Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Handelsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

II.

Unverzügliche Veröffentlichung als Compliance-Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Wissenserfordernis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Teleologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 d) Wissensorganisationspflicht statt Wissensnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. „Unverzüglichkeit“ als Konkretisierung der Compliance-Dimension . . . . . . . 110 a) Auslegung des Merkmals der Unverzüglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Kein Verschuldensausschluss aufgrund von Nichtwissen . . . . . . . . . . . . . . . 113

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I.

Insiderinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

II. Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

18

Inhaltsverzeichnis Teil 4 Ad-hoc-Compliance-Struktur

117

A. Ökonomische Analyse des Sinn und Zwecks kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I.

Anwendung der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

II. Effizientere Kapitalmärkte durch Abbau von Informationsungleichheit? . . . . . . . 122 III. Kapitalmarkteffizienz als Regelungsziel der MAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV. Kritik der Kapitalmarkteffizienztheorie: reasonable investor vs. behavioral finance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 V. Prinzip der niedrigeren Informationskosten: cheapest information provider . . . . 128 VI. Wirkung des Prinzips der niedrigeren Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 VII. Gefahrbeherrschung durch Informationsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 B. Informationsorganisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 I. II.

Unternehmensanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Informationsidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

III. Informationssuche? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV. Vertrauliche Informationsweiterleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Weiterleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 V. Sachverhaltsaufklärung / Informationsverifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 VI. Informationsbewertung, insbesondere Prüffrist und Meldungsentwurf . . . . . . . . . 137 VII. Gegebenenfalls Informationsveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 C. Haftungsfolgen unzureichender Ad-hoc-Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. II.

Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Verwaltungsrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

III. Zivilrechtliche „Sanktionen“: Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Teil 5 Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

144

A. Ad-hoc-Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 B. Ad-hoc-Komitee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II.

Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

III. Entscheidungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Inhaltsverzeichnis

19

C. Erweiterte Insiderliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 D. Freigabepflicht für Eigengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 E. Erweiterung der closed periods . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 F. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

Teil 6 Ergebnisse und Ausblick

157

A. Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 B. Ausblick: Ad-hoc-Meldungen und Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Abkürzungsverzeichnis a. F. ABl. Abs. AcP AG AktG Art. Aufl. BaFin BB Bd. BeckRS BGB BGBl. BGH BKR BörsG BT-Drucks. bzw. CCZ CESR DB ders. dies. DStR Duke L. J. EG ESMA EU EuGH EuR EuZW EWG EWiR f./ff. FAQs FFG FiMaNoG Fn. FS GmbH

alte Fassung Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Artikel Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Band Beck-Rechtsprechung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Drucksachen des Deutschen Bundestages beziehungsweise Corporate Compliance Zeitschrift Committee of European Securities Regulators Der Betrieb derselbe dieselbe Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Duke Law Journal Europäische Gemeinschaften European Securities and Markets Authority Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europarecht (Zeitschrift) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende/fortfolgende Frequently Asked Questions Finanzmarktförderungsgesetz Finanzmarktnovellierungsgesetz Fußnote Festschrift Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Abkürzungsverzeichnis GmbHG GmbHR h. M. HdB Hrsg. i. V. m. JURA JZ KapMuG LG m. w. N. MAR MiFID NJOZ NJW Nr. NZA NZG OLG OWiG Q&A RabelsZ RL Rn. S. StGB U. S. Unterabs. VO wistra WM WpAV WpHG z. B. ZBB ZEuP ZfBR ZGR ZHR ZIP ZRP

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau herrschende Meinung Handbuch Herausgeber; herausgegeben in Verbindung mit Juristische Ausbildung Juristenzeitung Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Landgericht mit weiteren Nachweisen Market Abuse Regulation (Marktmissbrauchsverordnung) Markets in Financial Instruments Directive Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Questions and Answers Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Richtlinie Randnummer(n) Seite; Seiten Strafgesetzbuch United States (of America) Unterabsatz Verordnung Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wertpapier-Mitteilungen Wertpapierhandelsanzeigeverordnung Gesetz über den Wertpapierhandel Zum Beispiel Zeitschrift für Bank- und Börsenrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik

Daneben wird auf Kirchner/Böttcher, Das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage, Berlin/Boston 2018, verwiesen.

21

Teil 1

Einführung A. Einleitung Die Beachtung des Kapitalmarktaufsichtsrechts (sogenannte „KapitalmarktCompliance“) ist für Emittenten existenziell. Spektakuläre Fälle, wie die möglicherweise verspätete Ad-hoc-Mitteilung der Volkswagen AG, werden nicht nur vom interessierten Fachpublikum, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, wie Emittenten ihre Ad-hoc-Publizitätspflicht hinsichtlich der Ermittlung von Insiderinformationen ordnungsgemäß erfüllen können (sogenannte Ad-hoc-Compliance). Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob die Emittenten von Finanzinstrumenten als „Ad-hoc-Verpflichtete“ eine Informationsstruktur vorhalten müssen, die im gebotenen Umfang gewährleistet, dass Insiderinformationen an die dafür zuständigen Stellen im Unternehmen gelangen, um dort entsprechend „weiterverarbeitet“ zu werden. Eine solche Informationsstruktur wird im Folgenden als Ad-hoc-Compliance-Struktur bezeichnet. Bei Unternehmen sammeln sich viele Informationen. Da aber nicht die juristische Person als solche Kenntnis über die Informationen hat, sondern deren verschiedene Angehörige, sind die Informationen im Unternehmen verstreut. Dies gilt insbesondere auch für Insiderinformationen, die überall im Unternehmen vorhanden sein können. Um nun aber die gesetzliche Pflicht zu erfüllen, diese Insiderinformationen im Rahmen einer sogenannten Ad-hoc-Meldung zu veröffentlichen, müssen diese Insiderinformationen auch von den zuständigen Stellen im Unternehmen gefunden und entsprechend verarbeitet werden. Man kann hier also von kapitalmarktrechtlichen Informationsorganisationspflichten sprechen, die durch die Emittenten zu erfüllen sind. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, neben einer Herleitung dieser kapitalmarktrechtlichen Informationsorganisationspflichten den Umfang dieser Pflichten näher auszuleuchten und durch praktische Maßnahmen zu konkretisieren. Letztlich wird also die Ad-hoc-Compliance-Struktur von Emittenten rechtlich hergeleitet und dann praktisch skizziert. Dazu wird einmal anhand einer rechtsdogmatischen Auslegung der relevanten deutschen und europarechtlichen Normen überprüft, inwieweit Emittenten zu Ad-hoc-Compliance-Maßnahmen verpflichtet sind. Daneben wird mit Hilfe eines wirtschaftlichen Forschungsansatzes danach

24

Teil 1: Einführung

gefragt, wie die Informationsbeschaffungskosten am Kapitalmarkt aussehen und wer den Kapitalmarkt unter Effizienzgesichtspunkten, heißt am günstigsten, mit Informationen versorgen kann. Dabei wird auch die These diskutiert, nach der die Kapitalmärkte dann besonders effizient bei der Kapitalverteilung sind, wenn die Kapitalmarktteilnehmer über ein möglichst hohes Informationsniveau verfügen.

B. Untersuchungsgegenstand Seit dem 3. Juli 2016 verpflichtet Art. 17 der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – „MAR“) Unternehmen, die öffentlich gehandelte Wertpapiere ausgeben (sogenannte „Emittenten“), Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen (sogenannte Ad-hoc-Publizitätspflicht), um so die anderen Kapitalmarktteilnehmer über die entsprechenden Informationen zu unterrichten. Insiderinformationen sind dabei alle nicht öffentlich bekannten Informationen, die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs von Finanzinstrumenten mehr als nur unerheblich beeinflussen. Bei der Ad-hocPublizitätspflicht bestehen nach wie vor erhebliche tatsächliche und rechtliche Unsicherheiten, wie diese ordnungsgemäß zu erfüllen ist. Ungeklärt ist bisher insbesondere die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals der „unverzüglichen“ Veröffentlichung. Dies ist einigermaßen erstaunlich, da mit § 15 WpHG a. F. eine fast wortgleiche Vorschrift bereits vor Inkrafttreten der MAR viele Jahre lang Emittenten dazu verpflichtete, die sie betreffenden Insiderinformationen „unverzüglich“ zu veröffentlichen. Nach der Rechtsprechung und der herrschenden Literaturmeinung ist keine positive Kenntnis des Emittenten von der Insiderinformation für das Bestehen einer Adhoc-Publizitätspflicht erforderlich.1 Dann stellt sich aber die bisher noch nicht beantwortete Frage, inwieweit Emittenten ihr Unternehmen so organisieren müssen, dass die ad-hoc-relevanten Informationen an den Stellen im Unternehmen ankommen, die über die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Meldung entscheiden, um so eine „unverzügliche“ Veröffentlichung der Insiderinformation zu gewährleisten. Der Beantwortung dieser Frage soll die vorliegende Untersuchung nachgehen.

1

Vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10, Rn. 36; Hellgardt, DB 2012, 673, 675; Klöhn, in: Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage 2014, § 15 Rn. 98; ders., in Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 MAR Rn. 119 ff.; ders., NZG 2017, 1285, 1286 f.; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 15 Rn. 28; Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker (Hrsg.), WpHG, 2015, § 15 WpHG Rn. 93; Versteegen, in: Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage 2014, § 15 Rn. 110; Behn, Ad hocPublizität und Unternehmensverbindungen, 2011, S. 119; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integren Finanzmarktes, 2004, S. 184; Thomale, NZG 2018, 1007, 1008 f.; so wohl auch LG Stuttgart, Vorlagebeschluss vom 28. Februar 2017 – 22 AR 1/17 Kap, Rn. 158 und 240.

C. Forschungsstand

25

Daneben skizziert die Untersuchung wie Emittenten, als „Ad-hoc-Verpflichtete“ ihrer Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Ad-hoc-Meldungen nachkommen können (sogenannte Ad-hoc-Compliance) und beschreibt dazu spezifische Ad-hoc-Compliance-Maßnahmen.

C. Forschungsstand Höchstrichterliche Rechtsprechung zu verspäteten oder unterlassenen Ad-hocMitteilungen gab es etwa in Sachen IKB Bank, die den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über den Umfang der von ihr gehaltenen notleidenden Hypotheken-Anleihen informiert hatte.2 Mit Aufkommen der Dieselaffäre und des sich daran anschließenden KapMuGVerfahrens vor dem OLG Braunschweig sind in letzter Zeit einige Aufsätze rund um das Thema „Ad-hoc-Pflichten“ erschienen. Die Aufsätze befassen sich mit ganz verschiedenen Aspekten rund um die Ad-hoc-Pflicht. Von den Stimmen in der Literatur, die dabei eine Kenntnis des Emittenten zur Begründung seiner Ad-hocPflicht ablehnen, diskutieren dann einige wenige folgerichtig, wie die Emittenten sicherstellen müssen, dass die sie betreffenden Insiderinformationen auch unverzüglich veröffentlicht werden.3 An verschiedenen Stellen in der Literatur wird die Pflicht des Emittenten erwähnt, organisatorische Vorkehrungen zur Informationserkennung bzw. zur Gewährleistung eines unternehmensinternen Informationsflusses zu tätigen,4 allerdings nicht genauer ausgeführt, was für organisatorische Vorkehrungen diese konkret sein sollen.

D. Gang der Darstellung und angewandte Methodik Um die Frage zu beantworten, ob Emittenten eine Ad-hoc-Compliance-Struktur vorhalten müssen, sind zuerst der Begriff der Compliance im Allgemeinen (dazu 2

Vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10. So etwa Klöhn, in: Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage 2014, § 15 Rn. 106 ff.; ders., in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 105; ders., NZG 2017, 1285, 1287 ff.; Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, 2015, § 15 Rn. 93; Rückert/Kuthe, in: Kutze/Rückert/Sickinger (Hrsg.), Complicance-Handbuch Kapitalmarktrecht, 2. Auflage 2008, 5. Kap. Rn. 35; Sajnovits, WM 2016, 765, 769. 4 Vgl. Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer (Hrsg.), KMRK, 4. Auflage 2010, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 54; Bauling/Niermann, in: Szeny/Kuthe (Hrsg.), Kapitalmarkt Compliance, 2014, Kap. 4 Rn. 81; Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 3. Auflage 2015, § 15 Rn. 28; Schneider, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 3 Rn. 79; Seibt/Cziupka, AG 2015, 93, 96; BuckHeeb, NZG 2016, 1125, 1131; hierzu vgl. auch OLG München, Beschluss vom 15. Dezember 2014, KAP 3/10. 3

26

Teil 1: Einführung

sogleich Teil 2 A.) und anschließend die Frage nach einer allgemeinen CompliancePflicht von Unternehmen zu untersuchen (vgl. dazu unten unter Teil 2 B.). Im nächsten Schritt ist dann der Begriff der Ad-hoc-Publikationspflicht als solcher (vgl. dazu unten unter Teil 3) zu betrachten. In Teil 3 werden somit die relevanten Begrifflichkeiten und Definitionen dargelegt sowie die in der praktischen Rechtsanwendung problematischen Themen rund um das Insiderhandelsverbot und die Adhoc-Publikationspflicht skizziert. Hierzu wird sich insbesondere an rechtspraktischen Erwägungen festgehalten, die Ad-hoc-Publikationspflicht wird mithin so skizziert, wie sie momentan von den Aufsichtsbehörden und Gerichten verstanden wird. Dies insbesondere deshalb, da die in Teil 4 darzustellende Ad-hoc-Compliance-Struktur sich an der Rechtspraxis orientieren muss, um ihren Zweck, der letztlich in der Haftungsvermeidung liegt, hinreichend zu erfüllen. Im Teil 4 werden dann die Erkenntnisse hinsichtlich der allgemeinen Compliance mit den Erkenntnissen bezüglich der Ad-hoc-Publikationspflicht zusammengeführt, um so eine Ad-hoc-Compliance-Struktur aus Unternehmensperspektive zu skizzieren, deren Umfang dann insbesondere mit Hilfe einer betriebswirtschaftlichen Methodik (Effizienzhypothese) bestimmt wird. Die angewandte Methodik fragt dabei, welche Kosten den Emittenten durch die Ad-hoc-Publikationspflicht auferlegt werden, um den Kapitalmarkt zu informieren und welche Kostenvorteile ein hierdurch informierter Kapitalmarkt mit sich bringt. Im Anschluss daran wird im letzten Teil 5 mithilfe eines organisationstheoretischen Ansatzes gezeigt, wie eine solche Ad-hoc-Compliance-Struktur aussehen kann. Hierzu wird aus Perspektive der Unternehmensleitung skizziert, welche konkreten Maßnahmen in einem Unternehmen sinnvoll sein können, um einen Unternehmensbetrieb zu ermöglichen, bei dem es zu so wenig Verstößen wie möglich gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht kommt. Bei dem organisationstheoretischen Ansatz wird insbesondere auf den Kommunikationsbegriff von Luhmann eingegangen. Hierdurch sollen die notwendigen Compliance-Maßnahmen so beschrieben werden, dass sie nicht nur von der Unternehmensführung implementiert, sondern auch von Unternehmensmitarbeitern verstanden und daher richtig umgesetzt werden. Da es aufgrund der Einführung der Marktmissbrauchsverordnung zum 3. Juli 2016 zu zahlreichen Änderungen kam, werden in dieser Untersuchung auch die Vorgängernormen und insbesondere die Literatur sowie die Rechtsprechung hierzu mitberücksichtigt, da sie sich in ihrem Wesensgehalt häufig mit der aktuellen Rechtslage vergleichen lassen. Es wird aufgrund der besseren Les- und Belegbarkeit dazu nicht an jeder Stelle erneut deutlich gemacht, dass etwa das vorgebrachte Argument sich auf die alte Rechtslage bezieht, sich aber ebenso, mangels inhaltlicher Veränderungen, auch auf die neue Rechtslage beziehen lässt. Sofern es freilich Unterschiede zwischen der alten und der neuen Rechtslage gibt, sind diese an den entsprechenden Stellen herausgearbeitet.

Teil 2

Compliance A. Begriff der Compliance Um sich mit der Frage nach einer Ad-hoc-Compliance-Struktur zu befassen, gilt es zunächst den „Compliance-Begriff“ zu klären.5 Dieser wird heutzutage nahezu inflationär verwendet: Beinahe jedes Unternehmen ist „compliant“ bzw. betreibt „Compliance“ oder achtet auf „Compliance“. Trotzdem ist das Begriffsverständnis noch sehr vage. Daher ist es geboten, dieser Untersuchung eine konkrete Definition des Compliance-Begriffs zugrunde zu legen. Der Begriff „Compliance“ leitet sich sprachlich aus dem Angelsächsischen „to comply with“ ab und lässt sich wörtlich mit „etwas befolgen“ bzw. „etwas einhalten“ übersetzen.6 Eine genaue Definition des Compliance-Begriffs bleibt der Gesetzgeber, obwohl er sich in bestimmten Vorschriften des Begriffs bedient,7 bis heute schuldig.8 Auch durch die Rechtsprechung hat der Begriff Compliance wenig inhaltliche Konturen erhalten. Hinzu kommt, dass sich um den Compliance-Begriff eine Vielzahl mit ihm verbundener Begrifflichkeiten, wie beispielsweise „Criminal Compliance“,9 „Regulatory Compliance“,10 „Corporate Compliance“,11 Compliance

5 Die nachfolgenden Ausführungen unter Teil 2 A Compliance beruhen in Teilen auf eigenen Vorarbeiten aus Blassl, Zur Garantenpflicht des Compliance-Beauftragten, 2017, S. 33 ff. 6 Vgl. etwa Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 1 Rn. 2; Faust, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 109 Rn. 1. 7 Im Gesetz wird der Compliance-Begriff in §§ 80 Abs. 13 S. 2, 81 Abs. 4 S. 2 und 3, 87 Abs. 5 S. 1 WpHG genannt; ferner findet sich der Compliance-Begriff in: § 3 Nr. 1.5 InvestAusbV, § 15 Abs. 1 InhKontrollV; In der deutschen Rechtssprache tauchte der Begriff „Compliance“ erstmals im Jahre 1994 in einer Gesetzesbegründung zum WpHG auf, vgl. BTDrucks. 12/7918, S. 105. 8 Vgl. Casper, FS Schmidt, 2009, S. 199, 201, wonach § 33 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WpHG „apodiktisch“ ausführt, die „Compliance-Funktion“ solle sicherstellen, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst und seine Mitarbeiter den Verpflichtungen des WpHG nachkommen, ohne aber Hinweise darauf zu geben, worin diese „Compliance-Funktion“ denn bestehen soll. 9 Rotsch, ZIS 2010, 614. 10 Krachler/Rzehorska, EuCML 2017, 36.

28

Teil 2: Compliance

im „engen und weiten Sinne“12 oder „Hard- und Soft-Compliance“13 ranken. Durch derartige Zusätze wird eine inhaltliche Konkretisierung des Compliance-Begriffs suggeriert. Diese englischen Begriffszusätze tragen allerdings nur bedingt zu einem differenzierten Compliance-Verständnis bei.

I. Ethische und wirtschaftliche Aspekte Forderungen nach ethischem bzw. moralischem Handeln der Wirtschaft sind allgegenwärtig, sodass auch ethische, moralische14 sowie betriebswirtschaftliche15 Aspekte Einzug in die Compliance-Diskussion gehalten haben.16 Bei einer Beschäftigung mit Compliance-Themen sind daher stets, neben den rechtlichen Aspekten, auch solche der Wirtschaft und der Ethik zu betrachten.

II. Corporate Governance Corporate Governance17 bezeichnet einen Ordnungsrahmen zur Leitung und Überwachung von Unternehmen.18 Damit steht Corporate Governance für die Ge11

Etwa Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 1 Rn. 1. 12 Etwa Cauers/Haas/Jakob/Kremer/Schartmann/Welp, DB 2008, 2717; vgl. auch Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 19; ferner Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 26 f. der von einem „weitem“ und einem „engen“ Verständnis von Compliance spricht, wobei sich diese Begrifflichkeiten nicht mit den Begriffen der Compliance im „engen“ und im „weiten“ Sinne decken. 13 Mengel, Compliance und Arbeitsrecht, 2009, S. 43, wobei es bei sogenannten „HardCompliance“ um die Vermeidung von Strafen und Bußgeldern gehen soll, wobei die „SoftCompliance“ das Unternehmensimage verbessern soll. Konkret soll dies mit Maßnahmen zur Anti-Diskriminierung, zur Verschwiegenheit, zur Förderung von politischer Aktivität und Verbesserung der Medienkontakte erreicht werden. 14 Vgl. etwa Dix, ZIS 2011, 110, 111; Mahnhold, Compliance und Arbeitsrecht, 2004, S. 30; Momsen, ZIS 2011, 508; Roth, Compliance, 2000, S. 1; Runte/Eckert, in: Bürgers/Körber (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2017, § 161 Rn. 95 f.; Schröder, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Auflage 2015, Rn. 1020; so auch Hilgendorf, ZLR 2011, 303, 315, nach dem Compliance-Maßnahmen Verstöße gegen Normen des Rechts und der Moral verhindern sollen. 15 Vgl. etwa Blasche, CCZ 2009, 62, 63; Schröder, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Auflage 2015, Rn. 1018. 16 Vgl. dazu aber Schneider/Novak, FS Kreutz, 2010, S. 855, 861: „Es geht also nicht um die Frage, was kaufmännisch vernünftig oder betriebswirtschaftlich zu fordern ist. Es geht nicht um Good Practice, sondern es geht um die rechtliche Bestimmung des Inhalts der ComplianceOrganisationspflichten.“ 17 Wörtlich lässt sich der Begriff der „Corporate Governance“ mit „Herrschaft im Unternehmen“ übersetzen, vgl. Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 36; zur geschichtlichen Entwicklung der „Corporate Governance“ in Deutschland Lohse, Unternehmerisches Ermessen, 2005, S. 1 ff.

A. Begriff der Compliance

29

samtheit der Maßnahmen zum „guten und verantwortungsvollen“ Leiten eines Unternehmens.19 Eine präzisere Definition des Begriffs scheint kaum möglich.20 Auch die Einhaltung und Aufstellung von Selbstverpflichtungen durch Unternehmen wird unter dem Begriff „Corporate Governance“ diskutiert.21 Im Ergebnis stellt Compliance einen bedeutenden Bestandteil der sogenannten Corporate Governance dar,22 wobei diese neben der Compliance noch weitere Aspekte umfasst.23

III. Compliance bei Emittenten Das Compliance-Verständnis, das dieser Untersuchung zugrunde gelegt wird, bezieht sich auf Unternehmen, präziser auf solche, deren Finanzinstrumente auf Handelsplätzen gehandelt werden, sogenannte Emittenten.

18 Bergmoser/Theusinger/Gushurst, BB-Beilage 2008, S. 1; Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 1 Rn. 1; Kirschbaum/Wittmann, JuS 2005, 1062; Schwalbach/Schwerk, in: Habisch/Schmidpeter/ Neureiter (Hrsg.), Corporate Citizenship, 2008, S. 72. 19 Leyens, in: Allmendinger/Dorn/Lang/Lumpp/Steffek (Hrsg.), Corporate Governance, 2011, S. 3, 6; zur ökonomischen und politischen Bedeutung des Begriffs vgl. Martin/Zimmermann, in: Allmendinger/Dorn/Lang/Lumpp/Steffek (Hrsg.), Corporate Governance, 2011, S. 81, 82. 20 Vgl. Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 37 f. der drei unterschiedliche Ansätze der Corporate Governance gegenüberstellt; vgl. auch Benicke, Wertpapiervermögensverwaltung, 2006, S. 83 ff. 21 Zu Anerkennung von privater Regelsetzung im Zuge einer zunehmenden Privatisierungstendenz vgl. Klösel, Compliance-Richtlinien, 2012, S. 109 ff.; allgemein zur Wirkungsweise von Unternehmensrichtlinien aus betriebswirtschaftlicher und kriminologischer Sicht Theile, ZIS 2008, 406, 408 ff.; zur Privatisierung der Strafverfolgung allgemein vgl. Taschke, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, 2013, S. 1413; ders., in: Hassemer/Kempf/Moccia (Hrsg.), FS Volk, 2009, S. 801, 806 ff. 22 Berndt/Hoppler, BB 2005, 2623, 2627; Groß, Chief Compliance Officer, 2012, S. 38; Klüppelberg, Untreuestrafbarkeit des Vorstands, 2014, S. 218; Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 63; Roos, Compliance Defence, 2015, S. 31; Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 1 Rn. 1 ff.; der zur Unterscheidung der beiden Begriffe auf einen dualistischen Ansatz abstellt; ebenfalls anders Schwedhelm, AnwBl 2009, 90, nach dem Compliance sich auf alle im Unternehmen Tätigen und Corporate Governance nur auf die Unternehmensleitung bezieht. 23 Hefendehl, JZ 2006, 119, 122, nennt Compliance eine „bedeutende Komponente der Corporate Governance“; ders., ZStW 2007, 816, 844; Campos Nave/Bonenberger, BB 2008, 734, 735, sprechen von einem „wichtigen Baustein zur ordnungsgemäßen Corporate Governance“; so auch Schneider, ZIP 2003, 645, 647; anders Fleischer, CCZ 2008, 1, nach dem Compliance nicht nur Bestandteil von Corporate Governance ist, sondern deren zentrale Leitungsaufgabe darstellt.

30

Teil 2: Compliance

1. Unternehmensbegriff Unternehmen lassen sich definieren als „planmäßig zusammengefügte Einheit mehrerer Personen und Sachmittel unter einheitlicher Leitung zur Erreichung des auf eine gewisse Dauer gerichteten arbeitstechnischen Zwecks, Güter oder Leistungen materieller oder immaterieller Art hervorzubringen oder zur Verfügung zu stellen“.24 Zwar ist vereinzelt umstritten, ob zwischen den Begriffen „Unternehmen“ und „Betrieb“ zu unterscheiden ist;25 im Hinblick auf diese Untersuchung bedarf es einer solchen Unterscheidung allerdings nicht.26 Für die weitere Untersuchung werden daher die Begriffe „Unternehmen“ und „Betrieb“ synonym verwendet. 2. Emittentenbegriff Der Begriff Emittent stammt aus dem Lateinischen und steht für „emittere“, was so viel bedeutet wie „herauslassen“ oder „loslassen“. Ein Emittent im Sinne der hier relevanten MAR ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 MAR eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die Finanzinstrumente emittiert oder deren Emission vorschlägt.

24 Zur Kritik an der Verwendung des Unternehmensbegriffs im juristischen Kontext vgl. Kudlich, in: Kuhlen/Kudlich/Urbina (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, 2013, S. 210 Fn. 7: „Der Begriff des Unternehmens ist unpräzise, da er kein eindeutiges Korrelat hat, sondern eher eine wirtschaftlich-phänomenologische Beschreibung liefert“; ebenfalls kritisch Achenbach, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht, 2012, S. 271. 25 Teilweise wird der Begriff des Unternehmens gebraucht, wenn es sich mehr um eine kaufmännische Einrichtung handelt. Der Begriff Betrieb hingegen wird verwendet, wenn es sich um eine technische Einrichtung handelt; hierzu Eidam, in: Eidam (Hrsg.), Unternehmen und Strafe, 5. Auflage 2018, Kap. 2 B. Rn. 7 ff.; Schünemann, in: Laufhütte/Rissing-van Saan/ Tiedemann (Hrsg.), LK-StGB, 12. Auflage 2007, § 14 Rn. 57; Perron/Eisele, in: Schönke/ Schröder (Hrsg.), StGB, 30. Auflage 2019, § 14 Rn. 28 f. verstehen den Begriff des Unternehmens als einen „Komplex von mehreren Betrieben“; vgl. auch Müller-Gugenberger, in: Müller-Gugenberger/Bieneck (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 6. Auflage 2015, § 23 Rn. 2, nach denen die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „Unternehmen“ sich auch in der rechtlichen Terminologie wiederfindet und die gesamte Rechtsordnung durchziehe und dem Begriff teilweise sogar innerhalb desselben Paragraphen unterschiedliche Bedeutung zukomme; ausführlich zum Begriff des „Unternehmens“ Lüderssen, Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts III, 2014, S. 143 ff.; Schmitt-Leonardy, Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? 2013, S. 5 ff. 26 Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 27, verwendet diese Begrifflichkeiten ebenfalls synonym; so auch Többens, NStZ 1999, 1, 2 Fn. 22; unterscheidend Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 257 f.

A. Begriff der Compliance

31

3. Organisationsbezug Die Compliance-Diskussion beschränkt sich aber nicht auf privatwirtschaftliche Strukturen.27 Dies folgt bereits aus der Klarstellung des Gesetzgebers in § 130 Abs. 2 OWiG, wonach § 130 OWiG, der Organisationsverschulden sanktioniert, auch auf alle Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung, mit denen diese am Wirtschaftsleben aktiv teilnehmen, anwendbar ist.28 Zur Verdeutlichung, dass Compliance nicht nur in Unternehmen relevant ist, wäre es treffender, von „Organisationen“ bzw. von „Angehörigen einer Organisation“ anstatt, wie häufig, von „Angestellten“ zu sprechen.29 Der Entwurf zur Einführung eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unternehmenskriminalität spricht von „Verbänden“ und umfasst in § 1 Abs. 1 Nr. 1 a) des Verbandssanktionsgesetzes (Verband-E) auch juristische Personen des öffentlichen Rechts. 4. Ausschluss nicht organisationsbezogener Rechtsrisiken Wenig hilfreich für die Compliance-Diskussion ist neben der Verengung auf Wirtschaftsunternehmen auch eine Überfrachtung der Diskussion durch die Einbeziehung sämtlicher Maßnahmen, die der Erfüllung von rechtmäßigem Verhalten dienen: Das Einbehalten des Autoschlüssels eines betrunkenen Kneipenbesuchers durch den Gastwirt dient sicherlich auch der Verhinderung einer strafbaren Trunkenheitsfahrt, sollte aber nicht im Rahmen der Compliance-Diskussion erörtert werden. Um einer Konturlosigkeit des Compliance-Begriffs entgegenzuwirken, sollte daher stets ein „Organisationsbezug“ verlangt werden.30 Durch eine solche Abgrenzung werden Maßnahmen, die zwar auf eine Haftungsvermeidung abzielen,

27

So auch Rieble, CCZ 2010, 107, 108: „Compliance als organisationale Regeltreueverantwortung, ja als Verkehrssicherungspflicht vor menschlichen Verhaltensgefahren, ist nicht auf Unternehmen beschränkt“. In diesem Sinne auch Rotsch, in: Rotsch (Hrsg.), Handbuch Criminal Compliance, 2015, S. 70. Vgl. zum folgenden Abschnitt auch bereits die Vorarbeiten bei Blassl, Zur Garantenpflicht des Compliance-Beauftragten, 2017, S. 42 ff. 28 Vgl. auch Otto/Fonk, CCZ 2012, 161, 164, die darauf hinweisen, dass für kommunale Unternehmen Compliance-Anforderungen gestellt werden, die über die allgemeinen für private Wirtschaftsunternehmen geltenden Compliance-Anforderungen hinausgehen; hierzu auch Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 29, der zwar Organisationen nennt, in die jeder Mensch eingebunden ist (Schulen, Krankenhäuser, Betriebe, Unternehmen, Vereine), leider aber eine Beantwortung der Frage schuldig bleibt, ob er diese „Organisationen“ auch unter ComplianceGesichtspunkten diskutieren möchte; zur Compliance in der öffentlichen Verwaltung vgl. auch Böttger, FS Wessing, 2015, S. 493 ff.; Fuhrmann, FS Wagner, 2013, S. 109 ff.; Heuking/Coelln, DÖV 2012, 827, 830 ff.; Ohrtmann, Compliance, 2009, S. 29 ff.; Passarge, NVwZ 2015, 252; Sonder, VR 2014, 229 ff.; Stober, FS Adams, 2013, S. 85, 92 ff. 29 So auch Hilgendorf, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, 2013, S. 20 f.; dem folgend Rotsch, ZStW 2013, 481, 489 f.; zum Organisationsbegriff vgl. auch Eidam, Der Organisationsgedanke im Strafrecht, 2015, S. 12 ff. 30 Zum etwas engeren Merkmal des Betriebsbezugs vgl. Blassl, ZIP 2020, 537, 539 ff.

32

Teil 2: Compliance

aber keinerlei Organisationsbezug aufweisen, von der Compliance-Diskussion ausgeschlossen.

IV. Rechtsgebietsspezifische Präzisierung: ausländisches Kapitalmarktaufsichtsrecht Der Compliance-Begriff ist rechtsgebietsspezifischen Präzisierungen zugänglich.31 Versteht man als Compliance die Gesamtheit aller Maßnahmen, um ein rechtmäßiges Verhalten im Hinblick auf gesetzliche Ge- und Verbote zu gewährleisten, fallen unter diese „Gesamtheit“ zunächst „alle“ gesetzlichen Regelungen, also insbesondere auch ausländische Regelungen. Unternehmen, die ihre Wertpapiere etwa an ausländischen Börsen listen lassen, unterliegen häufig dem jeweiligen ausländischen Kapitalmarktaufsichtsrecht.32 So kommen deutsche Unternehmen regelmäßig in erheblichem Umfang mit ausländischen Rechtsordnungen in Kontakt.33 So bietet etwa das US-amerikanische Recht umfangreiche Möglichkeiten zur Anknüpfung an Auslandssachverhalte, selbst für Unternehmen, deren Wertpapiere nicht an einer US-Börse gehandelt werden und die nicht unternehmerisch in den USA tätig sind. Ausreichend für eine entsprechende Anknüpfung ist bereits, dass Personen oder Unternehmen Handlungen zur Förderung der Korruption innerhalb der USA begehen.34 Im Hinblick auf diese weiten Anwendungsmöglichkeiten des US-amerikanischen Rechts, insbesondere mit der in den USA bestehenden Unternehmensstrafbarkeit,35 kann Compliance sich also keinesfalls nur auf die Befolgung nationaler oder europäischer Regeln beziehen.

31 Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 21; auch Rotsch, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage 2015, Teil 1 Kap. 4 Rn. 9, der darüber hinaus Compliance noch innerhalb des Strafrechts abzugrenzen versucht: „Criminal Compliance im weiten und im engen Sinne“. 32 Klopp, Der Compliance-Beauftragte, 2012, S. 23; Schneider, CCZ 2008, 18. 33 Bock, in: Rotsch (Hrsg.), Compliance-Diskussion, 2012, S. 72; Gerst, CCZ 2012, 1; Krebs/Eufinger/Jung, CCZ 2011, 213, 215; Pelz, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, 2013, S. 165 f. 34 Zur Anwendung US-amerikanischen Rechts in Deutschland, Cohen/Holland, CCZ 2008, 7, 8; Bachmann/Kremer, in: Kremer/Bachmann/Lutter/Werder (Hrsg.), DCGK, 7. Auflage 2018, Ziffer 4.1.5. Rn. 841 f.; Wehnert, NJW 2009, 1190, 1191. 35 Zur bisherigen Diskussion über die Einführung einer kriminalstrafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen auch in Deutschland vgl. etwa Alwart, ZStW 1993, 752; Böse, ZStW 2014, 132 ff.; Bottke, wistra 1997, 241 ff.; Dannecker/Bülte, in: Wabnitz/Janovsky (Hrsg.), Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Auflage 2014, 1.F. Rn. 133 ff.; Leipold, NJW-Spezial 2008, 216 f.; Dannecker, GA 2001, 101 ff.; v. Freier, GA 2009, 98, 99 ff.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

33

V. Definition von Compliance Damit ist Compliance als die „Gesamtheit aller Maßnahmen, die das rechtmäßige Verhalten des Unternehmens (der Organisation) und dessen (deren) Angehörigen im Hinblick auf alle gesetzlichen Ge- und Verbote gewährleisten sollen“, zu definieren36 – wobei sich Compliance nicht auf nationale Regeln beschränkt, sondern stets alle Regeln im Blick haben muss, die für die jeweilige Organisation relevant sein können.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance? Um sich der Frage zu nähern, ob Emittenten eine Ad-hoc-Compliance-Struktur vorhalten müssen, ist zunächst der Frage nachzugehen, inwieweit Unternehmen überhaupt dazu verpflichtet sind, eine allgemeine Compliance-Struktur im Unternehmen vorzuhalten, die sich nicht auf die Erfüllung der Ad-hoc-Publikationspflicht beschränkt, sondern die gesamte Rechtsbefolgung sichern soll. Für Unternehmen außerhalb des spezifisch regulierten Finanz- und Versicherungssektors ist dies bis heute eine ungeklärte und in ihren Einzelheiten immer noch umstrittene Fragestellung. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst zwischen der Legalitätspflicht, der Legalitätskontrollpflicht und der Legalitätskontrollpflicht durch ein ComplianceManagement-System zu unterscheiden.

I. Ausgangspunkt: Legalitätspflicht Legalitätspflicht meint die Pflicht von natürlichen und juristischen Personen, sich an bestehende Gesetze und Regeln zu halten. Die Pflicht, im Einklang mit den geltenden Gesetzen zu handeln, ist deren Daseinsberechtigung – Regeln ohne Befolgungsanspruch sind Makulatur. Gerade Unternehmen, die selbst rechtlich verfasst sind und deren Umwelt mit dem Ordnungsmechanismus des Rechts ausgestaltet ist, haben sich selbstverständlich rechtstreu zu verhalten.37 Sofern man also unter der „Compliance-Pflicht“ lediglich die Pflicht versteht, dass sich Unternehmen gesetzeskonform zu verhalten haben (sogenannte Legalitätspflicht), handelt es sich, jedenfalls heutzutage, um eine Trivialität. Dass dies nicht 36 Die vorherrschende Definition von Compliance in Deutschland, zurückgehend auf Schneider, ZIP 2003, 645, 646; dem folgend Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 23. Auflage 2018, § 7 Rn. 303; Eufinger, CCZ 2012, 21, 22; Groß, Chief Compliance Officer, 2012, S. 37; Fleischer, in: Fleischer/Goette (Hrsg.), MüKo-GmbHG, 3. Auflage 2019, § 43 Rn. 143; Rau, Compliance und Unternehmensverantwortlichkeit, 2010, S. 21; Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 764, spricht von einem „sich mittlerweile durchsetzenden Verständnis“ von Compliance. 37 Zur Herleitung der Legalitätspflicht vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, S. 46 ff.

34

Teil 2: Compliance

immer so selbstverständlich war, zeigt eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1985, in der er entschieden hat, dass Unternehmen zumindest im Ausland nicht an die Legalitätspflicht gebunden sind und daher ausländische Staatsorgane „bestechen durften“.38 Auslandsbestechungen sind nach der aktuellen Rechtsprechung und Rechtslage allerdings schon seit längerem eindeutig verboten. Auch in der Literatur wird die Theorie der sogenannten effektiven Rechtsbrüche (efficient breach of law), wonach ein Gesetzesverstoß dann gerechtfertigt sein kann, wenn er dem Unternehmensinteresse dient, zumindest diskutiert wenngleich auch nicht befürwortet.39

II. Legalitätskontrollpflicht Die „Compliance-Pflicht“ von Unternehmen geht allerdings deutlich über die reine Legalitätspflicht hinaus. Sie umfasst neben der selbstverständlichen Verpflichtung, sich rechtskonform zu verhalten, auch die Pflicht, auf ein regeltreues Verhalten der Unternehmensmitarbeiter im betrieblichen Kontext hinzuwirken (sogenannte Legalitätskontrollpflicht40). Die Legalitätskontrollpflicht unterscheidet sich von der reinen Legalitätspflicht. Eine Gleichsetzung von Legalitätspflicht und Legalitätskontrollpflicht würde bereits den organisatorischen Ansatz der Legalitätskontrollpflicht verkennen, der eben auf die Sicherstellung von Rechtskonformität durch organisatorische Maßnahmen, also auf „organisierte Rechtskonformität“, abzielt. Bei der Legalitätskontrollpflicht handelt es sich somit um die Frage nach einer (betrieblichen) Organisation der Legalitätspflicht. Die Unternehmensleitung ist also nicht nur verpflichtet, Rechtsverletzungen, die aus der Sphäre des unter ihrer Herrschaft betriebenen Unternehmens heraus begangen werden, abzustellen („Repression“), sondern auch dazu, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um solche Rechtsverstöße von vornherein zu vermeiden („Prävention“). Die Unternehmensführung trägt damit in bestimmten Grenzen nicht nur die Verantwortung für ihr eigenes, rechtmäßiges Verhalten, sondern auch für das

38 Vgl. BGH, NJW 1985, 2405 f.: „Von einem deutschen Unternehmer kann nicht erwartet werden, dass er in den Ländern, in denen staatliche Aufträge nur durch Bestechung der zuständigen Staatsorgane zu erlangen sind, auf dieses Mittel völlig verzichtet und damit das Geschäft weniger gewissenhaften Konkurrenten überlässt. Er wird daher seinen Angestellten und Handelsvertretern, die bei der Bewerbung um solche Aufträge in ortsüblicher Weise mit Schmiergeldern arbeiten, nicht den Vorwurf einer Verletzung ihrer Dienst- oder Vertragspflichten machen können; er wird ihnen unter Umständen sogar die von ihnen verauslagten Schmiergelder gem. §§ 670, 675 BGB, 87d HGB ersetzen müssen.“ 39 Vgl. dazu etwa Bicker, AG 2014, 8 f.; Fleischer, ZIP 2005, 141, 146; ders., BB 2008, 1070 f. 40 Auch als Legalitätsdurchsetzungspflicht bezeichnet vgl. Harbarth, ZHR 2015, 136, 138.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

35

der übrigen Unternehmensmitarbeiter.41 Dies begründet sich normativ dadurch, dass jeder, der eine potenzielle Gefahrenquelle eröffnet und betreibt (wie etwa ein Unternehmen), auch dafür verantwortlich ist, diese Gefahrenquelle so zu kontrollieren, dass sich möglichst wenige der mit ihr verbundenen Gefahren in der Außenwelt realisieren. Die Legalitätskontrollpflicht der Unternehmensleitung ist in verschiedenen Rechtsfiguren in wiederum unterschiedlichen Rechtsgebieten verankert: die Verkehrssicherungspflicht im Zivilrecht (vgl. dazu sogleich unter Teil 2 B.II.1.), die Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung im Aktienrecht (vgl. unter Teil 2 B.II.2.) und die Geschäftsherrenhaftung42 im Strafrecht (vgl. unter Teil 2 B.II.3.). 1. Zivilrechtliche Legalitätskontrollpflicht: Verkehrssicherungspflicht Die Legalitätskontrollpflicht in Unternehmen findet sich unter anderem im Zivilrecht.43 Dort ist durch ständige Rechtsprechung anerkannt, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich auch dazu verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die Gefahrenquelle so zu sichern, dass eine Schädigung Dritter in gebotenem Umfang vermieden wird (sogenannte Verkehrssicherungspflicht).44 Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch, für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.45 Die Verkehrssicherungspflichten konkretisieren somit den Schutzumfang von Rechtsgütern durch die Bestimmung gewisser Verhaltensstandards und sollen die Schutzinteressen des Rechtsgutinhabers mit den Freiheitsinteressen des Verkehrs ausgleichen. Sie steuern damit also letztlich die Risikoverteilung zwischen dem Verpflichteten und dem Gefährdeten.46 Die Legalitätskontrollpflicht im Zivilrecht ist somit eine Ausprägung der Verkehrssicherungspflicht von Unternehmen hinsichtlich deren Rechtstreue. Wird diese 41 Die Legalitätskontrollpflicht ist mittlerweile unstreitig, vgl. etwa BGHZ 125, 366, 372; Bürkle, CCZ 2015, 52 f.; Fleischer, CCZ 2008, 1 f.; Goette, ZHR 2011, 388, 400; Meier-Greve, CCZ 2010, 216; Merkt, NJW 2014, 2310, 2313; Pahlke, NJW 2002, 1680, 1683; Rodewald/ Unger, BB 2006, 113; Zimmermann, WM 2008, 433, 435; kritisch zur überzogenen Anwendung der Legalitätspflicht vgl. Bachmann, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2007, 2008, S. 76 f. m. w. N.; vgl. auch ders., ZIP 2014, 579 ff. 42 Zur strafrechtlichen Geschäftsherrenhaftung vgl. Blassl, ZIP 2020, 537. 43 So auch Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 564; Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen, 2. Auflage 2012, S. 508. 44 Allgemein zu Verkehrssicherungspflichten vgl. etwa Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 252, 267 ff. 45 Ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. etwa BGH, NJW 2013, 48; NJW 2010, 610 f.; NJW 2008, 3775 f.; NJW 2007, 1683 f.; NJW 2006, 610 f.; NJW 1993, 1799, 1801; NJW 1973, 460, 461. 46 Vgl. etwa Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 253, 267.

36

Teil 2: Compliance

Legalitätskontrollpflicht verletzt, räumt das BGB Dritten verschiedene Schadensersatzmöglichkeiten ein: a) Haftung für Verrichtungsgehilfen aus § 831 Abs. 1 BGB § 831 Abs. 1 BGB statuiert unter Compliance-Gesichtspunkten eine zivilrechtliche Haftung für die Verletzungen der Legalitätskontrollpflicht, sofern die Unternehmensleitung ihre Mitarbeiter nicht mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auswählt und infolgedessen einem Dritten ein Schaden durch einen Rechtsverstoß eines Unternehmensmitarbeiters entsteht.47 Haftungsgrund des Unternehmens für seine Verrichtungsgehilfen gemäß § 831 Abs. 1 BGB ist letztlich die Verletzung einer betrieblichen Organisationspflicht: Die Unternehmensleitung, die nicht selbst tätig wird, sondern sich ihrer Mitarbeiter, deren Handlungen sie grundsätzlich beherrschen (steuern) kann, zur Erfüllung bedient, soll ihre Verrichtungsgehilfen mit hinreichender Sorgfalt auswählen.48 Dadurch soll ein Anreiz für die Unternehmensleitung geschaffen werden, Schäden bei Dritten zu verhindern. Kommt es bei der Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit zu Rechtsgutverletzungen durch Rechtsverstöße eines Unternehmensmitarbeiters, kann die Unternehmensführung über § 831 Abs. 1 BGB selbst zur Haftung herangezogen werden. Eine Möglichkeit zur Exkulpation bietet dann aber eine Dokumentation der Unternehmensführung, aus der hervorgeht, dass sie ihrer Legalitätskontrollpflicht hinreichend nachgekommen ist, indem sie die entsprechenden Mitarbeiter mit hinreichender Sorgfalt ausgewählt hat, also etwa keine Handwerker zu Hausbesuchen bei Kunden entsendet hat, die mehrfach wegen Wohnungseinbruchdiebstahls vorbestraft sind.49 Sofern man den Pflichtenkreis des § 831 BGB, wonach der Geschäftsherr seine Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen hat, um die fortlaufende Mitüberwachung erweitern möchte,50 kann das, jedenfalls bei eigenverantwortlich begangenen Rechtsverletzungen von Unternehmensmitarbeitern, nicht überzeugen. Zwar ist 47 Hauschka, Bankrechtstag 2008, 2009, S. 103, 115 f. nennt § 831 BGB eine „ComplianceNorm“, da sie in der Compliance-Terminologie die Funktion der Schadensprävention durch richtige Auswahl von Verrichtungsgehilfen wahrnimmt. 48 Bernau, in: Staudinger (Begr.), BGB, 17. Auflage 2018, § 831 Rn. 2. 49 Die Vorschrift des § 831 BGB nennt nur die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Verrichtungsgehilfen, hierunter fällt nach Teilen der Rechtsprechung und der Literatur auch die sogenannte „Überwachungssorgfalt“, so bereits schon RGZ 128, 150, 153, das auf den Grundsatz hinweist, dass „nur ein wohlbeaufsichtigtes Personal als ein wohlausgewähltes gelten darf“; dem folgend BGHZ 8, 239, 243; BGH, NJW-RR 1996, 867 f.; BGH, NJW 2003, 288, 290; Bernau, in: Staudinger (Begr.), BGB, 17. Auflage 2018, § 831 Rn. 156; Walker, in: Brox/Walker (Hrsg.), Besonderes Schuldrecht, 43. Auflage 2019, § 48 Rn. 6 ff.; Sprau, in: Palandt (Begr.) BGB, 77. Auflage 2018, § 831 Rn. 13. 50 So etwa Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 252, 267.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

37

richtig, dass der Einsatz von Gehilfen eine „Personalgefahr“ erzeugt (Gefahrerhöhung), der Geschäftsherr von der Tätigkeit seiner eingesetzten Gehilfen profitiert, daher grundsätzlich auch bestimmte „Überwachungskosten“ tragen kann (KostenNutzen-Prinzip) und seinen Gehilfen gegenüber weisungsbefugt ist (Gefahrbeherrschungsprinzip).51 Dies alles begründet aber nicht, warum das Autonomieprinzip, nach dem jeder zunächst einmal selbst für sein Tun verantwortlich ist, unter Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut („sorgfältige Auswahl“, nicht „sorgfältige Überwachung“) aufgegeben werden sollte. Es ist etwas gänzlich anderes, ob im Unternehmen eine hinreichend funktionsfähige Compliance-Struktur vorgehalten werden muss oder ob jeder Verrichtungsgehilfe individuell bei der Ausführung einer bestimmten ihm übertragenen Tätigkeit zu überwachen ist.52 Eine solche individuelle Überwachung wäre bei großen Unternehmen mit vielen Beschäftigten, die arbeitsteilig agieren, kaum darstellbar. b) Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB Hauptanwendungsfall der zivilrechtlichen Sanktionierung von Legalitätskontrollpflichtverletzungen ist allerdings nicht § 831 BGB, sondern § 823 Abs. 1 BGB.53 Über die Rechtsfigur der „Unternehmensorganisationspflicht“ in § 823 Abs. 1 BGB wird die Haftung (neben der zuvor beschriebenen Haftung für die sorgfältige Auswahl der Unternehmensmitarbeiter) auf die hinreichende Kontrolle der Unternehmensmitarbeiter ausgedehnt. Diese Pflicht zur Kontrolle der Unternehmensmitarbeiter wurde mit der Zeit dahingehend konkretisiert, dass innerbetriebliche Abläufe so zu organisieren sind, dass Schädigungen Dritter durch Rechtsverstöße von Unternehmensmitarbeitern in gebotenem Umfang vermieden werden. Die rechtlich gebotene Unternehmensorganisation beinhaltet die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden durch Rechtsverstöße zu bewahren. Liegt nun eine Verletzung der Legalitätskontrollpflicht in Form eines Organisationsverschuldens aufseiten der Unternehmensführung vor und kommt es zum Rechtsverstoß durch einen Unternehmensmitarbeiter, besteht bei § 823 Abs. 1 BGB keine Exkulpationsmöglichkeit zugunsten der Unternehmensführung wie bei § 831 BGB. Diese Sanktionierung von betrieblichem Organisationsverschulden bei Rechtsverletzungen von Unternehmensmitarbeitern über § 823 Abs. 1 BGB ist zwar seit längerem in der Rechtsprechung anerkannt, ist aber trotzdem kritisch zu bewerten: 51

Vgl. Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 252, 267 f. So aber offenbar Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 252, 267 f. 53 § 831 BGB besitzt in diesem Kontext kaum noch praktische Bedeutung und fristet ein „Schattendasein“, so Wagner, in: Säcker/Rixecker/Oetker (Hrsg.), MüKo-BGB, 7. Auflage 2017, § 831 Rn. 2 m. w. N.; zur weiteren Kritik vgl. statt vieler Bernau, in: Staudinger (Begr.), BGB, 17. Auflage 2018, § 831 Rn. 11. 52

38

Teil 2: Compliance

Der Gesetzgeber hat sich nämlich durch § 831 BGB bewusst dazu entschieden, die Unternehmensführung eben nur zu sorgfältiger Auswahl und nicht auch zusätzlich zur Überwachung ihrer Mitarbeiter zu verpflichten. Dass die Rechtsprechung nun seit langem die Pflichten der Unternehmensführung im Hinblick auf die Überwachung ihrer Mitarbeiter, teils massiv, ausweitet, findet so keine Stütze im Gesetz und ist daher eher dem Bereich einer „judikativen Rechtssetzung“ zuzuordnen. Da hilft es auch wenig, dass zwar nach fast einhelliger Meinung54 grundsätzlich keine „reinen“ Vermögensschäden über § 823 Abs. 1 BGB kompensiert werden. Denn es ist auch anerkannt, dass ein völliger Haftungsausschluss für Vermögensschäden ebenfalls zu weit ginge.55 Es verbleibt zumindest auch bei § 823 Abs. 1 BGB eine partielle Haftung für Vermögensschäden, die in Kombination mit der Haftung für die in § 823 Abs. 1 BGB absolut geschützten Rechtsgüter eine weite Sanktionierung für die Verletzung der Legalitätskontrollpflicht statuiert. Für die Unternehmensleitung besteht somit die von der Rechtsprechung aus § 823 Abs. 1 BGB abgeleitete Pflicht, innerbetriebliche Abläufe so zu organisieren, dass Schädigungen Dritter durch Rechtsverstöße von Unternehmensmitarbeitern möglichst vermieden werden. Die Mitarbeiter sind daher im gebotenen Umfang zu instruieren und die sorgfältige und rechtmäßige Ausführung der übertragenen Tätigkeit ist zu überwachen.56 Kommt es trotz der entsprechenden Vorkehrungen zum Rechtsverstoß durch Unternehmensmitarbeiter, kann die Unternehmensleitung anführen, ihr falle kein betriebliches Organisationsverschulden zur Last, da sie ihrer Legalitätskontrollpflicht hinreichend nachgekommen sei.57 Zur Beurteilung wird die Rechtsprechung die betriebene Legalitätskontrolle bei vergleichbaren Unternehmen, also den Marktstandard, heranziehen. Sofern der Marktstandard im Hinblick auf die Legalitätskontrollpflicht unterlaufen wurde, könnte die Rechtsprechung bereits daraus ein entsprechendes betriebliches Organisationsverschulden ableiten. Die Rechtsprechung hat die Frage zu beantworten, ob die Unternehmensleitung das legale Verhalten ihrer Mitarbeiter mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt überwacht hat. Hierzu muss das Gericht, immer bezogen auf den konkreten Einzelfall, entscheiden, ob es die vorgenommene Überwachung (Compliance) als ausreichend erachtet oder nicht. Aus diesen Einzelfallentscheidungen lassen sich zwar grundsätzlich keine allgemein verpflichtenden Vorgaben zu bestimmten Compliance-Maßnahmen ableiten. Eine Auswertung der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu vergleichbaren Unternehmen mag aber ein ungefähres Konstrukt

54 Vgl. nur Wagner, in: Säcker/Rixecker/Oetker (Hrsg.), MüKo-BGB, 7. Auflage 2017, § 823 Rn. 370 m. w. N. 55 Zu den Einzelheiten vgl. etwa Wagner, in: Säcker/Rixecker/Oetker (Hrsg.), MüKo-BGB, 7. Auflage 2017, § 823 Rn. 371 ff. 56 Etwa RGZ 53, 276, 281 f.; 89, 136, 137 f.; BGHZ 4, 1 f.; 17, 214, 220 f. 57 Zur gezielten Umgehung von Compliance-Maßnahmen durch Unternehmensmitarbeiter und die Auswirkung auf eine Haftung nach § 130 OWiG vgl. Blassl, CCZ 2016, 201, 204 f.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

39

liefern, was die Rechtsprechung als eine „ausreichende“ Legalitätskontrolle ansieht bzw. welche sie für unzureichend erachtet.58 Diese drohende zivilrechtliche Haftung des Unternehmens bei Rechtsverstößen durch Unternehmensmitarbeiter verpflichtet die Unternehmensführung zumindest mittelbar dazu, geeignete Maßnahmen im Unternehmen vorzuhalten, um so das Unternehmen vor Schadensersatzansprüchen Dritter zu schützen. Damit stellt sich dann die Frage, mit welchen Instrumenten, stets bezogen auf die aktuelle Risikoexposition des Unternehmens, der Gefahr zu Rechtsverstößen effektiv begegnet werden kann bzw. muss. c) Zurechnung zum Unternehmen nach § 31 BGB analog § 31 BGB erstreckt die oben beschriebene Haftung der Unternehmensleitung wegen Verletzung ihrer Legalitätskontrollpflicht auf das Unternehmen selbst, womit dann Unternehmen selbst für Schäden bei Dritten, die infolge von Rechtsverstößen durch ihre Mitarbeiter entstehen, haften.59 Wird also im Unternehmen unzureichende Legalitätskontrolle betrieben und kommt es zum Rechtsverstoß eines Unternehmensmitarbeiters, kann der geschädigte Dritte seinen Schaden grundsätzlich auch gegen das Unternehmen selbst mit der Begründung geltend machen, das Unternehmen treffe mangels einer hinreichenden Legalitätskontrolle ein Organisationsverschulden. 2. Aktienrechtliche Legalitätskontrollpflicht Weder die Pflicht, durch organisatorische Vorkehrungen für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen durch die Unternehmensangehörigen zu sorgen, noch die ausdrücklich normierte Pflicht für Aktiengesellschaften, ein Compliance-Ma-

58 Eine gesicherte höchstrichterliche zivilrechtliche Rechtsprechung zu Aufsichts- und Organisationspflichten in Unternehmen wäre insbesondere auch für das Strafrecht interessant. Sofern das Compliance-Management-System im Unternehmen zivilrechtlichen Anforderungen genügt, zivilrechtlich also keine Organisationspflichtverletzung festgestellt werden kann, dürfte es unter dem Ultima-Ratio-Grundsatz schwierig sein, trotzdem eine strafrechtlich relevante Organisationspflichtverletzung zu bejahen, vgl. hierzu auch Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 565 f.; allgemein zum Rechtsgüterschutz durch das Zivilrecht Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 413 ff. 59 Kritisch zu dieser ausgedehnten Unternehmenshaftung Wagner, in: Säcker/Rixecker/ Oetker (Hrsg.), MüKo-BGB, 7. Auflage 2017, § 823 Rn. 103, der bemängelt, dass durch die extensive Anwendung des § 31 BGB der dezentralisierte Entlastungsbeweis des § 831 BGB wieder rückgängig gemacht wird; zum Ganzen vgl. Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2001, S. 601 ff.; vgl. auch Bachmann, NJW-Beilage 2014, 43, 46, der kritisiert, dass § 31 BGB zu einer Art Schuldbeitritt führt und die Haftung des Verbandes neben die Organhaftung tritt und diese nicht etwa ablöst.

40

Teil 2: Compliance

nagement-System einzurichten, finden sich expressis verbis im AktG.60 Die Verpflichtung der Aktiengesellschaft zur Legalitätskontrolle leitet sich aber aus einer Zusammenschau verschiedener aktienrechtlicher Normen ab: Der Großteil der Literatur leitet die Legalitätskontrollpflicht der Aktiengesellschaft aus der Leitungs- und Organisationsverantwortung des Vorstands her, die ihrerseits wiederum aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG folgt.61 Aus den entsprechenden Vorstandspflichten lassen sich dann wiederum mittelbar Pflichten für die Aktiengesellschaft ableiten. § 76 Abs. 1 AktG normiert die Pflicht des Vorstands, die Aktiengesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten und dabei gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.62 Diese beiden Normen definieren im Zusammenspiel somit generalklauselartig die objektiven Verhaltenspflichten des Vorstands.63 § 93 Abs. 1 S. 1 AktG besitzt dabei eine doppelte Bedeutung: Die Vorschrift gibt zunächst einen Sorgfaltsmaßstab des Vorstands vor, umschreibt darüber hinaus aber auch Verhaltenspflichten des Vorstands, aus denen Rechtsprechung und Rechtslehre situationsbezogene Einzelpflichten ableiten.64 Ein Vorstand, der überhaupt keine organisatorischen Maßnahmen zur Legalitätskontrolle ergreift, verstößt gegen seine in § 93 Abs. 1 AktG verankerten Sorgfaltspflichten.65 Folglich besteht also kein Entschließungsermessen des Vorstands, ob überhaupt Legalitätskontrolle betrieben wird. 60 So auch Fleischer, in: Spindler/Stilz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 49 f.; Winter, FS Hüffer, 2010, S. 1103 f. 61 Bürgers, ZHR 2015, 174, 175; Bürkle, BB 2005, 565, 570; Mertens/Cahn, in: Zöllner/ Noack (Hrsg.), Kölner Kommentar zum AktG, 3. Auflage 2010, § 91 Rn. 35; Fleischer, in: Spindler/Stilz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 47, führt aus, dass eine „CompliancePflicht“ des Vorstands „heute allgemein anerkannt“ wäre; ebenso Hüffer, FS Roth, 2010, S. 299, 303, der dies als „heute herrschenden Standpunkt“ bezeichnet; anders Spindler, WM 2008, 905 f. der die Pflicht einer Aktiengesellschaft zur Compliance über § 91 AktG herleitet; vgl. auch Fischer, StraFo 2010, 329, 336; aus der Rechtsprechung für eine „Compliance-Pflicht“ von Aktiengesellschaften LG München I, NZWiSt 2014, 183, 187 Besprechungen bei Fleischer, NZG 2014, 321 ff.; Markfort, ZRFC 2014, 180 ff.; Simon/Merkelbach, AG 2014, 318 ff. 62 Die Vorschrift des § 93 Abs. 1 S. 1 knüpft an den allgemeinen Verhaltensstandard des § 347 Abs. 1 HGB (Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns) an, vgl. Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), AktG, 13. Auflage 2018, § 93 Rn. 6. 63 Bergmoser/Theusinger/Gushurst, BB-Beilage 2008, 1, 3; zur Leitungsaufgabe des Vorstands im Aktienrecht vgl. etwa Fleischer, ZIP 2003, 1 ff. Diese Grundsätze gelten über § 43 Abs. 1 GmbHG und über § 34 Abs. 1 S. 1 GenG auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genossenschaften, vgl. auch OLG Celle, NZG 2000, 1178 f.; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, 6. Auflage 2017, § 43 Rn. 13; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck (Hrsg.), GmbHG, 21. Auflage 2017, § 43 Rn. 7. 64 Link, in: Wachter (Hrsg.), AktG, 3. Auflage 2018, § 93 Rn. 6; Fleischer, in: Spindler/ Stilz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 93 Rn. 10; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack (Hrsg.), Kölner Kommentar zum AktG, 3. Auflage 2010, § 93 Rn. 11. 65 Fleischer, CCZ 2008, 1, 3; Schmidt, in: Heidel (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2014, § 93 Rn. 75; Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 161.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

41

Demgegenüber besteht allerdings ein großer Spielraum hinsichtlich des Auswahlermessens, wie die Legalitätskontrollpflicht zu erfüllen ist. Dieser große unternehmerische Spielraum ist letztlich Ausfluss einer allgemeinen unternehmerischen Freiheit, die der Dynamik im Marktgeschehen Rechnung tragen soll (sogenannte „Business Judgement Rule“).66 Die Ausgestaltung der Legalitätskontrolle hängt damit von unterschiedlichen Faktoren ab und liegt grundsätzlich im Vorstandsermessen (vgl. ausführlicher dazu unten unter Teil 2 B.III.f)). 3. Strafrechtliche Legalitätskontrollpflicht Auch aus vielen Straftatbeständen folgen zumindest mittelbar Pflichten zur Legalitätskontrolle. Insbesondere der Strafbarkeit wegen Unterlassens gemäß § 13 Abs. 1 StGB liegt im Ergebnis häufig eine Aufsichtspflichtverletzung zugrunde.67 Insoweit mag neben der zivilrechtlichen Rechtsprechung auch die Rechtsprechung zu strafrechtlich relevanten Unterlassungen (hierbei insbesondere die sogenannte strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung) in Unternehmen Anhaltspunkte liefern, welche Maßnahmen für eine hinreichende Legalitätskontrolle erwartet werden.68

66

Bicker, ZWH 2013, 473 f.; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, 6. Auflage 2017, § 43 Rn. 16; Spindler, in: Goette/Habersack (Hrsg.), MüKo-AktG, 5. Auflage 2019, § 93 Rn. 43, wobei dieser noch weiter geht und von einem „richterlich nicht zu kontrollierenden Freiraum“ für unternehmerische Entscheidungen spricht. 67 Wobei eine solche strafrechtliche Aufsichtspflicht über Dritte erheblichen Einschränkungen unterliegt. Von der Garantenstellung abgesehen, scheidet insbesondere durch das Korrektiv der sogenannten „hypothetischen“ Kausalität („Quasikausalität“) in vielen Fällen eine strafrechtliche Haftung wegen unterlassener Aufsicht aus. In der Regel ist nämlich bei Delikten, die Dritte vorsätzlich begehen, der Nachweis nur schwer zu erbringen, der Dritte hätte die vorsätzliche Tat nicht begangen, wenn er nur genügend beaufsichtigt worden wäre. Ähnlich auch Achenbach, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage 2015, Teil 1 Kap. 3 Rn. 32 ff. 58 ff. 68 Vgl. hierzu beispielhaft BayOLG, VRS 1982, 390 f. das für die Aufsichtspflicht im Speditionsunternehmen zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten begrüßenswert konkret ausführt: „Der Unternehmer ist somit verpflichtet, seine kaufmännische Disposition jedenfalls so zu treffen, dass unter der Berücksichtigung des Bestimmungsorts, der Streckenführung, der Zeiten der An- und Abfahrt sowie der Be- und Entladung dem Fahrer die Einhaltung der Lenkund Ruhezeiten möglich ist. Er hat außerdem seine Fahrer eindringlich und wiederholt zu belehren, dass sie die Sozialbestimmungen im Straßenverkehr einzuhalten haben und auf die Folgen der Verstöße hinzuweisen. Er hat ferner seine Fahrer regelmäßig zu überwachen. Die bloße stichprobenweise Kontrolle (…) reicht insoweit nicht aus“; dem folgend BayOLG, VRS 1982, 302 f.; OLG Hamm, VRS 1983, 67, 69; OLG Köln, VRS 1983, 313 f.; OLG Düsseldorf, NVZ 2007, 322 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2008, 930 f.; sodass man hinsichtlich dieser speziellen Unternehmensorganisationspflicht von einer gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung ausgehen kann.

42

Teil 2: Compliance

4. Zwischenfazit Sowohl aus dem Zivilrecht (Überwachung der „Gefahrenquelle Unternehmen“) wie auch aus dem Strafrecht (Geschäftsherrenhaftung) und dem Aktienrecht (Leitungs- und Organisationsverantwortung des Vorstands) ergibt sich die Pflicht der Unternehmensleitung, auf ein gesetzeskonformes Verhalten der Unternehmensmitarbeiter im betrieblichen Kontext hinzuwirken. Im folgenden Abschnitt wird erörtert, was diese Legalitätskontrollpflicht konkret umfasst und insbesondere die Frage erörtert, ob sie die Einrichtung eines eigenständigen Compliance-ManagementSystems gebietet.

III. Pflicht zur Legalitätskontrolle durch ein Compliance-Management-System? Unternehmen sind also rechtlich dazu verpflichtet, Legalitätskontrolle zu betreiben, aber sind sie auch dazu verpflichtet, ihre Legalitätskontrollpflicht durch ein Compliance-Management-System zu erfüllen? Da außerhalb des Finanzdienstleistungs- und des Versicherungssektors Vorschriften bezüglich der Mindeststandards von Compliance-Management-Systemen fehlen, orientiert sich die konkrete Ausgestaltung eines Compliance-ManagementSystems unbestritten an der rechtlichen Risikolage des jeweiligen Unternehmens. Wenn im Folgenden allerdings die Pflicht zur Einführung eines Compliance-Management-Systems diskutiert wird, ist damit ein solches gemeint, das zumindest die marktüblichen Mindeststandards umfasst: zu wiederholende Risikoanalyse zur Identifizierung der unternehmensspezifischen Compliance-Risiken, Benennen von mindestens einer für Compliance zuständigen Person (der sogenannte Compliance Officer69), Festlegen und Veröffentlichen von Compliance-Richtlinien (sogenannte „code of conducts“), unternehmensinternes Mitarbeiter-Handbuch, ComplianceSchulungen der Mitarbeiter, Überprüfen der Einhaltung der Richtlinien und der gesetzlichen Vorschriften und Sanktionierung bei Nichtbefolgung, Vorhalten eines Whistleblowing-Systems, hinreichende Unterrichtung der Unternehmensleitung bezüglich Compliance.70 Dazu gehört aber auch, eine entsprechende Organisation von Informationsflüssen vorzusehen.71 Ein Compliance-Management-System beinhaltet auch den Aufbau von Informationssystemen zur möglichst lückenlosen Informationsbeschaffung und zum ungehinderten Informationsfluss von unten nach oben, sodass das Leitungs-

69

Vgl. zur Person des Compliance Officers Blassl, WM 2018, 603 ff. Vgl. hierzu etwa Eufinger, ZIP 2018, 615, 617; Grützner/Boerger/Momsen, CCZ 2018, 60; Sonnenberg, JuS 2017, 918; Harbarth, ZHR 2015, 136, 154. 71 Buck-Heeb, CCZ 2019, 18; Kiethe, GmbHR 2007, 393, 395. 70

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

43

organ die notwendigen gesetzlich festgeschriebenen Pflichten erfüllen kann.72 Eine hinreichende Informationsorganisation setzt damit einen Informationsfluss voraus, der gewährleistet, dass die im Unternehmen entstehenden Informationen zu den entscheidungsbefugten Personen gelangen und von diesen auch wahrgenommen werden. Für die Diskussion um die Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems gibt es unterschiedliche Anknüpfungspunkte: 1. Gesamtanalogie Die Herleitung einer Rechtspflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems aus einer Gesamtanalogie73 vermag nicht zu überzeugen, sei aber hier trotzdem kurz besprochen, da der ihr zugrunde liegende Gedanke – Übertragung von Organisationsanforderungen von regulierten Bereichen auf nicht regulierte Bereiche – durchaus verbreitet ist und immer häufiger praktiziert wird. So wird etwa von einer „Ausstrahlung“ des Aufsichtsrechts auf das Aktienrecht gesprochen.74 Nach einer Gesamtanalogie – häufig auch als Rechtsanalogie bezeichnet, bei der konträr zur Gesetzesanalogie nicht eine einzelne Vorschrift ausgelegt wird, sondern vielmehr ein Rechtsgedanke aus einem Komplex von Vorschriften extrahiert wird75, soll eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems für sämtliche Unternehmen bestehen.76 Diese Verpflichtung soll sich aus dem Gesellschaftsrecht, mittelbar aus § 130 OWiG und aus einer Reihe von Spezialnormen (§ 91 Abs. 2 AktG, § 52b Abs. 2 BImSchG, § 58 KrWG und § 14 Abs. 2 GwG) 72 Rodewald/Unger, BB 2006, 113 f.; Hauschka, AG 2004, 461, 463; Wendel, CCZ 2008, 45, 46. 73 Schneider, ZGR 1996, 225, 230; vgl. bereits im Ansatz ders., ZHR 1979, 485, 507; vgl. auch die breite sich daran anschließende Diskussion in der Literatur: Abendroth, Prolegomena einer strafrechtlichen Bewertung von Corporate Governance, 2011, S. 130 ff.; Klopp, Der Compliance-Beauftragte, 2012, S. 64 ff.; Kutschelis, Korruptionsprävention und Geschäftsleiterpflichten, 2014, S. 124 ff.; Lebherz, Emittenten-Compliance, 2008, S. 418 ff.; Rathgeber, Criminal Compliance, 2012, S. 340 ff.; Schlieker, Compliance und Verfassung, 2015, S. 50 ff.; Sonnenberg, Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben, 2014, S. 123 ff.; Wuttke, Straftäter im Betrieb, 2010, S. 76 f. 74 Vgl. etwa Fleischer, NZG 2014, 321, 325; Dreher, ZGR 2010, 496; Weber-Rey, ZGR 2010, 543; Thaten, Die Ausstrahlung des Aufsichts- auf das Aktienrecht am Beispiel der Corporate Governance von Banken und Versicherungen, 2014. 75 Vgl. Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 2008, S. 634; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 10. Auflage, 2018, Rn. 891 f. 76 Schneider, ZGR 1996, 225, 230; ders./v. Buttlar, ZIP 2004, 1621 f.; ders./Schneider, ZIP 2007, 2061, 2056; vgl. bereits Schneider, FS 100 Jahre GmbH, 1992, S. 473, 479; ähnlich auch Rieble, NZA 2008, 796, 798: „Die Rechtstreueverantwortung (Compliance) verlangt von jeder arbeitsteilig agierenden Organisation, dass sie Vorkehrungen zur Regeltreue der eingesetzten ,Mitarbeiter‘ trifft. Der Sache nach handelt es sich um eine Form der Verkehrssicherungspflicht für die Eröffnung einer Gefahrenquelle.“

44

Teil 2: Compliance

herleiten.77 Die damals im Jahre 2003 zur Bildung der Gesamtanalogie herangezogenen Normen könnten mittlerweile noch um eine Vielzahl von Normen ergänzt werden, die heute ebenfalls die Einrichtung bestimmter rechtssichernder Strukturen und Maßnahmen für bestimmte Branchen vorschreiben. Zu nennen wären hier insbesondere noch: § 25a Abs. 1 Nr. 3c KWG (Pflicht zur Einrichtung einer Compliance-Funktion für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute), § 29 Abs. 1 VAG (Pflicht zur Einrichtung einer Compliance-Funktion für Versicherungen), § 80 Abs. 13 S. 2 WpHG i. V. m. Art. 22 EU-Verordnung 2017/565 (Pflicht zur Einrichtung einer Compliance-Funktion für Wertpapierdienstleistungsunternehmen). Einer solchen Gesamtanalogie wurde entgegengehalten, dass es sich bei den eben genannten Vorschriften lediglich um spezialgesetzliche Bestimmungen handelt, die eben nur auf bestimmte Branchen Anwendung finden und deshalb für eine allgemeine Verpflichtung sämtlicher Unternehmen zur Einrichtung eines ComplianceManagement-Systems nicht ausreichen.78 Diese Kritik verkennt allerdings den Sinn einer Analogie, der ja gerade darin besteht, eine bestehende gesetzliche Regelungslücke zu schließen.79 Würden bestimmte Vorschriften die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems ohnehin für alle Unternehmen vorschreiben, bedürfte es bereits keiner Analogie. Die in Rede stehende Gesetzeslücke liegt hier ja gerade darin, dass jedenfalls bisher keine Verpflichtung für sämtliche Unternehmen besteht, ein Compliance-Management-System einzurichten. Es gibt zwar sogenannte „sektorale Organisationspflichten“, die die Rechtsbefolgung als Ganzes sichern sollen, allerdings sind diese dann eben immer nur auf eine bestimmte Unternehmensgruppe, etwa Finanzdienstleistungsinstitute (hier insbesondere im WpHG) oder Versicherungen (hier insbesondere im VAG), anwendbar. Durch einen Analogieschluss hin zur Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-ManagementSystems für alle Unternehmen würden die genannten Spezialnormen generalisiert werden. Diese Generalisierung müsste sich auch damit begründen lassen, dass die Unterschiede zwischen gesetzlich geregelten und nicht geregelten Fällen nicht ausreichen, um eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.80 Die zur Begründung der Gesamtanalogie herangezogenen Normen, insbesondere § 91 Abs. 2 AktG, § 52b Abs. 2 BImSchG, § 58 KrW-/AbfG a. F. und § 14 Abs. 2 GwG, sind in ihrer Zusammenschau aber nicht geeignet, eine solche Analogie zu begründen. Dies liegt nicht daran, dass sie unterschiedliche Bereiche regeln, sondern daran, dass den genannten Vorschriften kein gemeinsamer Grundgedanke innewohnt, der aber Voraussetzung für eine Gesamtanalogie wäre.81 So bezieht sich etwa 77 Vgl. Schneider, ZIP 2003, 645, 648 f. wobei die entsprechenden Normen aktualisiert wurden. 78 Bachmann/Prüfer, ZRP 2005, 109, 111; Harbarth, ZHR 2015, 136, 139; Kremer/Klahold, ZGR 2010, 113, 119. 79 Vgl. nur Müller/Christensen, Juristische Methodik, Band I, 11. Auflage 2013, S. 393. 80 Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Auflage 2012, S. 55. 81 Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 2008, S. 634; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 10. Auflage, 2018, Rn. 891 f.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

45

§ 91 Abs. 2 AktG auf bestandsgefährdende Entwicklungen, knüpft damit also an die Intensität gewisser Vorgänge an, bzw. auf Compliance bezogen, an die Auswirkungen von Rechtsverstößen auf das Unternehmen. § 52b Abs. 2 BImSchG hingegen soll eine umweltschutzsichernde Betriebsorganisation gewährleisten, stellt mithin also auf die Art der zu verhindernden Rechtsverstöße ab. Weiter fehlt auch die Planwidrigkeit der Nichtverpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems für sämtliche Unternehmen. Der Gesetzgeber hat bewusst entschieden, nur in gewissen Bereichen (begrenzte) Compliance-Management-Systeme vorzuschreiben, in denen Rechtsverstöße besonders gravierende Auswirkungen entfalten können, oder dort, wo Rechtsverstöße aufgrund der Komplexität oder der Gefahrgeneigtheit der unternehmerischen Tätigkeit besonders wahrscheinlich sind.82 Sinnvoll ist es, jede Norm einzeln zu betrachten und die Frage zu stellen, ob diese aufgrund einer vergleichbaren Interessenlage auch analog auf andere Unternehmensbereiche anzuwenden ist. An der vergleichbaren Interessenlage dürfte es aber regelmäßig fehlen, da die genannten Normen unternehmensspezifischen bzw. branchenbezogenen Gefahren begegnen, die dem durch sie geregelten Bereich speziell anhaften, und in anderen Bereichen nicht oder jedenfalls nicht in entsprechender Intensität bestehen.83 Im Ergebnis begründen die genannten Vorschriften somit keine allgemeine Pflicht für sämtliche Unternehmen, ein Compliance-Management-System zu implementieren.84 Auch die in der MAR angelegten Vorgaben zur Gewährleistung der Kapitalmarkt-Compliance sind erkennbar nur auf solche Unternehmen zugeschnitten, die Finanzinstrumente der Öffentlichkeit zum Kauf anbieten und lassen sich daher kaum sinnhaft auf andere Rechtsbereiche übertragen. Infolge der ansteigenden Finanzmarktregulierung (Basel 4, MiFiD II, MAR, PRIIPs-VO usw.) haben die Anforderungen an das Compliance-Management-System im Finanzdienstleistungsbereich stark zugenommen, sodass hauptsächlich große finanzstarke Unternehmen über die notwendigen Ressourcen verfügen, um die 82 So auch Bachmann, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2007, S. 74 f.; Lang, Corporate Compliance, 2013, S. 73. 83 Es sind aber durchaus solche Konstellationen denkbar, in denen eine vergleichbare Interessenlage besteht, die eine analoge Anwendung einzelner rechtssichernder Organisationsvorschriften auf von ihnen eigentlich nicht erfasste Organisationen ermöglicht. So hat etwa das VG Frankfurt am Main den nun für Kreditinstitute geltenden § 25a KWG auf ein Versicherungsunternehmen mit der Begründung angewandt, dass Versicherungsunternehmen nach internationalem Verständnis auch Finanzdienstleistungsunternehmen sind, vgl. VG Frankfurt am Main, WM 2004, 2157, 2160. 84 Die Pflicht zur Errichtung eines Compliance-Management-Systems im Ergebnis auch verneinend Bachmann, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2007, S. 75; Gößwein/Hohmann, BB 2011, 963; Hauschka, NJW 2004, 257, 261; Kröger, Korruptionsschäden, 2013, S. 46; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 199 f.; vgl. auch Racky, in: Inderst/Bannenberg/Poppe (Hrsg.), Compliance, 3. Auflage 2017, Kapitel 6 Rn. 135, mit dem Hinweis, dass eine Pflicht zur Implementierung von Compliance-Programmen als Anknüpfungspunkt für eine Unterlassensstrafbarkeit dienen könnte.

46

Teil 2: Compliance

Anforderungen an das Compliance-Management umzusetzen. Die Intention des europäischen Normengebers, eine erneute Finanzmärktekrise zu verhindern, ist zwar begrüßenswert.85 Im Finanzdienstleistungsbereich aber eine solche Regulierungsdichte herbeizuführen, die für viele mittelständische Unternehmen nur schwierig zu erfüllen sein wird, könnte sich als kontraproduktiv erweisen.86 Damit konzentriert man im Ergebnis die Finanzdienstleistungen bei einigen wenigen großen Instituten, die dann aufgrund ihrer „Systemrelevanz“ „too big to fail“ sein könnten und so die durch eine erneute Finanzmärktekrise entstehenden Schäden erneut auf die EUMitgliedstaaten verlagert würden, was durch die neuen Regulierungen jedoch gerade verhindert werden soll. 2. Aus § 130 OWiG Ebenfalls im Zusammenhang mit der „Compliance-Pflicht“ wird immer wieder § 130 OWiG bemüht.87 Zwar sanktioniert § 130 OWiG das Unterlassen der erforderlichen Aufsicht im Unternehmen und somit letztlich auch das Nichtvorhalten eines Compliance-Management-Systems; die Sanktionierung greift aber nur dann, wenn es auch zu einer „Zuwiderhandlung“ gekommen ist. Die Sanktionierung durch § 130 OWiG greift also immer erst dann, wenn es im Unternehmen bereits zur Verletzung einer Straf- oder Bußgeldvorschrift (Zuwiderhandlung) gekommen ist, da die Zuwiderhandlung eine objektive Bedingung der Ahndbarkeit darstellt. Die sanktionierte Rechtspflicht zum Vorhalten eines Compliance-Management-Systems aus § 130 OWiG lebt also quasi erst mit der Verwirklichung der Zuwiderhandlung auf und erlischt im Anschluss an diese auch unmittelbar wieder.88 Somit begründet § 130 OWiG keine dauerhafte rechtliche Verpflichtung, für sämtliche Unternehmen ein Compliance-Management-System vorzuhalten, da das Unterlassen der Einrichtung eines Compliance-Management-Systems nur dann sanktioniert wird, wenn es auch zu Rechtsverstößen kommt. Allerdings entfaltet § 130 OWiG eine gewisse Vorwirkung auf Unternehmen dahingehend, dass diese durch die drohende Sanktionierung zumindest dazu angehalten werden, Legalitätskontrolle in dem erforderlichen Umfange zu betreiben. 85 Zur Regulierung und auch zur Selbstregulierung in Folge der Finanzmärktekrise vgl. auch Weiß, Der Staat 2014, 555. 86 Vgl. auch Binder, ZGR 2018, 88, der von einem „Regulierungstsunami“ spricht; Manns/ Schulte-Mattler, WM 2010, 1577, sprechen von einem „Aufsichtsfeuerwerk“; hierzu auch Negenborn, Bankgesellschaftsrecht und Sonderkonzernrecht, 2019, S. 1. 87 Vgl. etwa Pampel, BB 2007, 1636, 1638; Krebs/Eufinger/Jung, CCZ 2011, 213 ff.; vgl. auch Liese, BB-Beilage 2008, 17, 21, der in § 130 OWiG die Pflicht erblickt, durch ordnungsgemäße Organisation des Unternehmens Rechtsverletzungen zu vermeiden; ebenfalls eine Rechtspflicht zur Einrichtung einer Compliance-Struktur aus § 130 OWiG bejahend Bachmann, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2007, S. 70; Dreher, FS Konzen, 2006, S. 85, 97; Moosmayer, NJW 2012, 3013 f.; Schmidt, Compliance in Kapitalgesellschaften, 2010, S. 70 f. 88 Vgl. hierzu auch Blassl, Zur Garantenpflicht des Compliance-Beauftragten, 2017, S. 126.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

47

3. IdW PS 980 Die IdW Prüfungsstandards 980 (IdW PS 980) wurden im Jahr 2010 vom Institut der Wirtschaftsprüfer veröffentlicht und richten sich an Wirtschaftsprüfer, die mit der Wirksamkeitsprüfung von Compliance-Management-Systemen beauftragt sind. Laut der Vorbemerkung der IdW PS 980 soll die freiwillige Prüfung von Compliance-Management-Systemen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer dazu beitragen, eine ermessensfehlerfreie Ausübung der Organisationspflichten nachzuweisen. Bei der Prüfung nach dem IdW PS 980 werden die acht Grundelemente der international empfohlenen Compliance-Standards berücksichtigt (ComplianceKultur, -Ziele, -Risiken, -Programm, -Organisation, -Kommunikation, -Überwachung und -Verbesserung). Bezüglich der rechtlichen Einordnung der IdW PS 980 besteht Übereinstimmung, dass es sich bei ihnen nicht um verbindliche Rechtsnormen handelt, da das Institut der Wirtschaftsprüfer als privater Verein über keine Rechtssetzungsbefugnis verfügt.89 Als rein betriebswirtschaftlicher Prüfungsstandard kann der IdW PS 980 die Unternehmen also rechtlich nicht dazu verpflichten, ein Compliance-ManagementSystem einzurichten. Auch im Falle eines Gesetzesverstoßes führt die vollständige Befolgung der IdW PS 980 Standards nicht per se zum Ausschluss von Haftungen aufgrund eines defizitären Compliance-Management-Systems.90 Eine unmittelbare rechtliche Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems folgt aus den IdW PS 980 also nicht. 4. Für Aktiengesellschaften Für Aktiengesellschaften ist die Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems nochmals differenzierter zu betrachten als für die anderen Gesellschaftsformen, da die Regelungsdichte im Aktienrecht hinsichtlich der Organisation der Aktiengesellschaft deutlich ausgeprägter ist als bei den meisten anderen Unternehmensformen und die meisten aktienrechtlichen Regelungen auch nicht abdingbar sind (sogenannte Formstrenge des Aktienrechts). Hinzu kommt, dass gerade internationale Großkonzerne, für die Compliance-Themen regelmäßig einen besonders hohen Stellenwert besitzen, häufig als Aktiengesellschaft firmieren. Darüber hinaus ist die ganz überwiegende Anzahl der ad-hoc-verpflichteten Emittenten als AG organisiert. Grundsätzlich kommt einerseits eine direkte Verpflichtung der Aktiengesellschaft gegenüber Dritten bzw. der Allgemeinheit in Betracht, ein Compliance-Management-System zu implementieren, also eine im Außenverhältnis bestehende Pflicht. Andererseits kann eine Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management89

Böttcher, NZG 2011, 1054 f. Harbarth, ZHR 2015, 136, 143; Fleischer, NZG 2014, 321, 325; Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), AktG, 13. Auflage 2018, § 76 Rn. 17. 90

48

Teil 2: Compliance

Systems aber auch im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Vorstand bestehen. Hier wäre die Gesellschaft zwar nicht gegenüber Dritten verpflichtet, ein Compliance-Management-System zu implementieren, aber der Vorstand gegenüber seiner Gesellschaft. Für die Frage nach dem Bestehen einer Pflicht zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems kann zunächst auf die Differenzierung verzichtet werden, ob die Pflicht im Verhältnis Gesellschaft gegenüber Dritten oder im Verhältnis Vorstand gegenüber der Gesellschaft besteht, da beides letztlich darauf hinausläuft, dass in der Gesellschaft ein Compliance-Management-System zu implementieren ist. Für die Frage nach den möglichen Folgen bei einem Verstoß gegen eine etwaige Pflicht, ein Compliance-Management-System zu implementieren, spielt die aufgeworfene Frage, ob die Gesellschaft als solche oder aber der Vorstand als Gesellschaftsorgan gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist, freilich eine erhebliche Rolle. a) Fehlender Compliance-Anreiz aufgrund von Haftungsbeschränkungen bei Kapitalgesellschaften Die Gesellschaftseigentümer von Kapitalgesellschaften haften gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AktG (für die GmbH gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG) nur in Höhe ihrer jeweiligen Einlage für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die unter Einsatz von Eigen- und Fremdkapital erzielten Gewinne kommen ihnen allerdings voll zugute, während sie dabei für die Verluste nur in Höhe ihrer Einlage haften. Auf der Eigentümerseite kann daher aufgrund einer Kosten-Nutzen-Analyse ein Interesse daran bestehen, dass die Kapitalgesellschaft besonders risikoreich agiert bzw. nur unzureichende Sorgfaltsmaßnahmen trifft und etwa das Vorhalten eines kostspieligen und hinreichend funktionsfähigen Compliance-Management-Systems kurzfristigen Gewinninteressen unterordnet.91 Der Rechtswissenschaftler Rudolf von Jhering forderte 1893 sogar die Abschaffung der Aktiengesellschaft als Rechtsform: „Unter den Augen unserer Gesetzgeber haben sich die Aktiengesellschaften in organisierte Raub- und Betrugsanstalten verwandelt, deren geheime Geschichte mehr Niederträchtigkeit, Ehrlosigkeit, Schurkerei in sich birgt als manches Zuchthaus, nur daß die Diebe, Räuber und Betrüger hier statt in Eisen in Gold sitzen.“92

Um dem entgegenzusteuern und die berechtigten Interessen von Dritten (etwa den Fremdkapitalgebern) zu wahren, ist die Legalitätskontrollpflicht bei Kapitalgesellschaften ausgeprägter und verdichtet sich dort häufiger, allerdings nicht per se zur Pflicht, ein Compliance-Management-System zu implementieren. So wird sowohl einer ungerechten Risikoverteilung zwischen Gesellschaftern und Dritten entge91 92

Vgl. hierzu auch Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 252, 257 f. Jhering, Der Zweck im Recht, 1893, S. 218.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

49

gengewirkt, als auch vermieden, dass das Verlustrisiko der Gesellschafter infolge von Rechtsverstößen in zu großem Umfang auf Dritte externalisiert wird. b) Überwachungssystem § 91 Abs. 2 AktG normiert die Verpflichtung zur Etablierung eines Risikomanagementsystems in Aktiengesellschaften.93 Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Einrichtung eines Risikomanagementsystems, das bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig erkennt, verpflichtend. Bestandsgefährdend sind Entwicklungen dann, wenn sie die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft so stark treffen, dass sie ein Insolvenzrisiko hervorrufen oder ein solches verschärfen können.94 § 91 Abs. 2 AktG verpflichtet also nur insoweit, Compliance zu betreiben, als dies erforderlich ist, um bestandsgefährdenden Entwicklungen durch Rechtsverstöße zu begegnen. Entgegen dem Wortlaut von § 91 Abs. 2 AktG wird allerdings auch vertreten, dass die Vorschrift eine Pflicht zur Einrichtung eines umfassenden Risikomanagementsystems statuiert, das sämtliche für das Unternehmen relevanten Risiken ungeachtet ihrer Intensität abwenden soll.95 Würde § 91 Abs. 2 AktG tatsächlich ein solches „umfassendes“ Risikomanagement einfordern, müsste auch ein Compliance-Management-System eingerichtet werden,96 da ein Risikomanagementsystem ohne die Identifizierung und Verminderung von Risiken, die der Aktiengesellschaft durch Rechtsverstöße entstehen, nicht „umfassend“ wäre.97 Als Hauptargument für ein umfassendes Risikomanagementsystem (dann inklusive eines Compliance-Management-Systems) wird angeführt, dass eine ausschließliche Konzentration auf bestandsgefährdende Risiken nicht möglich sei, da 93

Zur grundsätzlichen Pflicht des Vorstands einer Aktiengesellschaft, ein solches Risikomanagementsystem einzuführen, Strieder, BB 2009, 1002, 1004. 94 Link, in: Wachter (Hrsg.), AktG, 3. Auflage 2018, § 91 Rn. 6 f. m. w. N. Zwar wird auch vertreten, dass eine Entwicklung schon bestandsgefährdend sei, wenn sich diese nur wesentlich auf die Ertragslage des Unternehmens auswirken würde, etwa Berg, AG 2007, 271, 276; Spindler, in: Goette/Habersack (Hrsg.), MüKo-AktG, 5. Auflage 2019, § 91 Rn. 21; ähnlich auch der Gesetzgeber: „die sich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft oder des Konzerns wesentlich auswirken“, vgl. BT-Drucks. 13/9712, S. 15. Eine solche Auslegung widerspräche aber dem Gesetzeswortlaut des § 91 Abs. 2 AktG, der den „Fortbestand“ der Gesellschaft nennt. 95 Hommelhoff/Mattheus, BB 2007, 2787, 2788; Lück, DB 1998, 8, 11; Preußner/Becker, NZG 2002, 846, 851; Säcker, NJW 2008, 3313, 3315; vgl. auch Spindler, FS Hüffer, 2010, S. 985, 992, der unter EU-rechtlichen Gesichtspunkten argumentiert und zum Ergebnis kommt, dass sich ein Unternehmen nicht mehr auf ein System zurückziehen kann, das lediglich bestandsgefährdende Risiken erkennt. 96 So auch Spindler, WM 2008, 905 f.: „Denn die Meidung von Sanktionen und Schäden infolge von Gesetzesverletzungen und Rechtsverstößen scheint sich wie selbstverständlich in das Gebäude eines Risikomanagementsystems einzufügen.“ 97 Vgl. BT-Drucks. 13/9712, S. 15; Fleischer, in: Spindler/Stilz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 43; Spindler, FS Hüffer, 2010, S. 985, 992.

50

Teil 2: Compliance

zunächst eine sachgerechte Selektion der Risiken notwendig sei, um so herauszufiltern, welche Risiken sich letztlich in bestandsgefährdenden Entwicklungen manifestieren könnten.98 Entgegen weitläufig verbreiteten Äußerungen führen die im OWiG und im Strafrecht vorgesehenen Sanktionen regelmäßig zu keiner unmittelbaren „Bestandsgefährdung“ von Aktiengesellschaften.99 Als unmittelbar bestandsgefährdend können nämlich nur solche Sanktionen eingestuft werden, die der Gesellschaft die rechtliche Grundlage entziehen100 (z. B. Widerruf einer betriebsnotwendigen Konzession) oder Geldbußen in einer Höhe vorsehen, die eine Insolvenzgefahr begründen. Zwar sollen Geldbußen Unternehmen wirtschaftlich belasten, um zukünftige Verstöße zu verhindern (Prävention), zur Bestandsgefährdung führen sie aber regelmäßig schon deshalb nicht, da bei der Festsetzung der Sanktionshöhe die finanzielle Leistungsfähigkeit des sanktionierten Unternehmens mitberücksichtigt wird, um eine Insolvenz gerade zu vermeiden. Hierzu wird neben § 30 OWiG regelmäßig auch § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG angewendet,101 nach dem bei der Festsetzung der Sanktionshöhe auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters (hier also des Unternehmens) Berücksichtigung finden.102 Die möglichen Reputationsschäden infolge des Bekanntwerdens eines Rechtsverstoßes mögen zwar letztlich den Betrag der Geldbuße (um ein Vielfaches) übersteigen, da sie gerade bei Aktiengesellschaften, die ihre Papiere öffentlich zum Kauf anbieten, häufig massive Kursein-

98

Vgl. etwa Dolezik/Drewes, DB 2003, 1005 f. So auch Bachmann/Prüfer, ZRP 2005, 109 f.; Bürkle, BB 2005, 565, 569; Hauschka, ZIP 2004, 877 f.; Immenga, FS Schwark, 2009, S. 199, 201; Klopp, Der Compliance-Beauftragte, 2012, S. 71. 100 Wobei eine solche „Todesstrafe“ für Unternehmen grundsätzlich existiert, vgl. für die Aktiengesellschaft auch § 396 Abs. 1 S. 1 AktG: „Gefährdet eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien durch gesetzwidriges Verhalten ihrer Verwaltungsträger das Gemeinwohl und sorgen der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung nicht für eine Abberufung der Verwaltungsträger, so kann die Gesellschaft auf Antrag der zuständigen obersten Landesbehörde des Landes, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, durch Urteil aufgelöst werden“; entsprechende Regeln existieren auch für die GmbH, § 62 Abs. 1 GmbH und für die Genossenschaft, § 81 Abs. 1 GenG; vgl. aber Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), AktG, 13. Auflage 2018, § 396 Rn. 1, nachdem diese Vorschriften bisher keine praktische Anwendung erfahren haben; hierzu auch Kelker, FS Krey, 2010, S. 221, 235. 101 Vgl. OLG Hamm, wistra 2000, 393, 395; OLG Frankfurt, openJur 2012, 69978, 1, 3; dem zustimmend Görtz, WiJ 2013, 38, 43. 102 Zunächst mag man etwa die von der EU-Kommission verhängte Geldbuße gegen den Chip-Hersteller Intel in Höhe von 1.06 Milliarden Euro als wesentlich und damit auch als bestandsgefährdend ansehen, vergleicht man diese aber mit dem aktuell geschätzten Marktwert von Intel von ca. 170 Milliarden Euro, wird deutlich, dass die Geldbuße nicht einmal 1 % des Unternehmenswerts ausmacht, vgl. FAZ 14. Mai 2009, Nr. 111, S. 11, wonach die verhängte Geldbuße ca. 4 % des Jahresumsatzes von Intel im Jahre 2008 entsprach. 99

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

51

brüche auslösen, aber letztlich trotzdem nicht zur Bestandsgefährdung führen.103 Zur „Todesstrafe“ für Unternehmen allein aufgrund von Geldbußen kommt es somit in aller Regel nicht. Deshalb folgt aus der aktienrechtlichen Verpflichtung zur Verhinderung von bestandsgefährdenden Entwicklungen auch keine Pflicht zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems.104 Auch Verstöße gegen das Kapitalmarktaufsichtsrecht, wie etwa gegen die Adhoc-Publikationspflicht, führen regelmäßig nicht zur Existenzgefährdungen von Emittenten. Zwar können sowohl die national und international verhängten Bußgelder, wie auch der Schadensersatz aufgrund von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen, eine ganz erhebliche Größenordnungen erreichen. Da diese Größenordnungen, insbesondere bei Sanktionierungen, regelmäßig im Verhältnis zum Unternehmenswert stehen, erreichen sie selten aber ein existenzbedrohliches Ausmaß. c) Deutscher Corporate Governance Kodex Teilweise wird vertreten, der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) statuiere i. V. m. § 161 AktG eine Pflicht zur Implementierung eines ComplianceManagement-Systems.105 Die in Ziffer 4.1.3 DCGK genannte Vorstandspflicht zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen entspricht der Pflicht zur sorgfältigen Leitung des Unternehmens aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG und damit seiner Legalitätspflicht. Weiter heißt es in Ziffer 4.1.3 DCGK, der Vorstand solle für angemessene, an der Risikolage des Unternehmens ausgerichtete Maßnahmen, also ein ComplianceManagement-System, sorgen und dessen Grundzüge offenlegen.106

103 Zwar gehen insbesondere die von der EU-Kommission verhängten Kartellstrafen teilweise weit über eine Milliarde Euro hinaus, vgl. etwa 1.71 Milliarden Euro für Manipulation der Interbanken-Zinssätze Libor und Euribor (Bankkartell) vgl. FAZ 5. Dezember 2013, Nr. 283, S. 1; Bildschirmkartell 1.47 Milliarden Euro vgl. FAZ 6. Dezember 2012, Nr. 285, S. 11; Autoglaskartell 1.38 Milliarden Euro vgl. taz 13. November 2008, S. 8, wobei diese Gesamtstrafen sich unter den am Kartell beteiligten Unternehmen aufteilten; ebenfalls auf „eindrucksvolle Verbandsgeldbußen“ im Kompetenzbereich der europäischen Wettbewerbshüter hinweisend Wiesenack/Klein, in: Eisele/Koch/Theile (Hrsg.), Sanktionsdurchgriff im Unternehmensverbund, 2014, S. 5, 7. Zu Insolvenzen allein aufgrund dieser Kartellstrafen ist es bisher jedoch noch nicht gekommen. 104 So auch Fleischer, in: Spindler/Stilz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 91 Rn. 32, 34; ders., BB 2008, 1070, 1072; Jakobus, Vorstandspflicht zum Risikomanagement, 2014, S. 113 f.; Mertens/Cahn, in: Zöllner/Noack (Hrsg.), Kölner Kommentar zum AktG, 3. Auflage 2010, § 91 Rn. 20; Pahlke, NJW 2002, 1680, 1682. 105 Bergmoser/Theusinger/Gushurst, BB-Beilage 2008, 1, 5; Bürkle, BB 2007, 1797 f.; Campos Nave/Bonenberger, BB 2008, 734 f.; Dreher, FS Hüffer, 2010, S. 162, 168; Kort, NZG 2008, 81, 83. Allgemein zum DCGK vgl. etwa Walther/Morner, Der Aufsichtsrat 2014, 38, 38 f. 106 Zu den Neuerungen des DCGK vgl. Makowicz, BB 2018, 556 ff.

52

Teil 2: Compliance

Bereits der Wortlaut („Empfehlungen“) des § 161 Abs. 1 S. 1 AktG macht deutlich, dass es sich bei dem DCGK nicht um zwingendes Recht handelt. Der DCGK ist weder Gesetz noch Rechtsverordnung, weshalb er unabhängig von seinem Inhalt schon keine Rechtspflicht zur Einrichtung eines Compliance-ManagementSystems statuiert. Der DCGK enthält somit lediglich Empfehlungen zur guten Unternehmensführung,107 und auch § 161 Abs. 1 AktG nennt ausdrücklich die Möglichkeit zur Nichtbefolgung des DCGK.108 d) Schadensabwendungspflicht und Marktstandards Den Vorstand einer Aktiengesellschaft trifft auch eine sogenannte Schadensabwendungspflicht als Ausfluss seiner Leitungsverantwortung und seiner Sorgfaltspflicht, die aus §§ 76, 93 Abs. 1 Satz1 AktG hergeleitet wird.109 Danach muss sich der Vorstand hinreichend darum bemühen, dass der Gesellschaft keine Schäden, etwa durch Rechtsverstöße, entstehen. Unterlässt der Vorstand die Implementierung einer hinreichend rechtssichernden Struktur, die dem Standard der rechtssichernden Struktur in vergleichbaren Unternehmen entspricht, macht er sich im Falle einer Sanktionierung der Aktiengesellschaft eventuell schadensersatzpflichtig. Kommt es nämlich infolge eines Gesetzesverstoßes zum Schaden bei einem Dritten oder der Gesellschaft, ist damit zu rechnen, dass die Compliance-Maßnahmen im Unternehmen von den Gerichten an den bestehenden Compliance-Standards in vergleichbaren Unternehmen gemessen werden.110 Wenngleich also etwa der IdW PS 980 keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung entfaltet (siehe oben), beeinflusst er die Compliance-Praxis trotzdem erheblich, indem er faktische Organisationsstandards (einen „State-of-the-art“-Maßstab) schafft bzw. zur Konkretisierung solcher Standards beiträgt.111 Werden diese Standards durch den Vorstand vollständig befolgt und umgesetzt, entfällt zwar im 107 OLG München, ZIP 2009, 133 f.; LG München I, ZIP 2007, 2360; Epe, CCZ 2008, 28, 30; Bachmann, WM 2002, 2137, 2143; ders., AG 2012, 565 ff.; vgl. auch Bergmoser/Theusinger/Gushurst, BB-Beilage 2008, 1, 5: „da dieser weder Gesetz noch Rechtsverordnung noch eine behördliche Allgemeinverfügung ist“; vgl. auch Lüderssen, FS Schiller, 2014, S. 474, 490. 108 Ebenfalls wird vertreten, dass die jährliche Pflicht einer öffentlichen Erklärung zur Einhaltung des DCGK zum „faktischen Befolgungszwang“ führt, da sich das Bekenntnis zur Nichtbefolgung des DCGK negativ auf den öffentlichen Ruf der Aktiengesellschaft und auf ihren Börsenkurs auswirken würde, so etwa Bergmoser/Theusinger/Gushurst, BB-Beilage 2008, 1, 5; auf die möglichen faktischen Zwänge durch den DCGK ebenfalls hinweisend Liese, BB-Beilage 2008, 17, 20. 109 Vgl. BGH Urteil vom 28. April 2008, Aktenzeichen: II ZR 264/06, Rn. 38; BGH Urteil vom 15. Oktober 1996, Aktenzeichen: VI ZR 319/95 Rn. 18; Bauer/Holle, NZG 2018, 14, 18; Walden, NZG 2020, 50, 54. 110 Vgl. LG München I Urteil vom 10. Dezember 2013 – Aktenzeichen: 5HK O 1387/10; Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), AktG, 13. Auflage 2018, § 76 Rn. 15. 111 Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), AktG, 13. Auflage 2018, § 76 Rn. 15, 17; Harbarth, ZHR 2015, 136, 144.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

53

Falle eines Gesetzesverstoßes nicht zwingend die Pflichtverletzung, jedenfalls ein Verschulden des Vorstands dürfte dann aber nur schwierig nachweisbar sein. Wird also der „State of the art“ bezüglich des Compliance-Management-Systems eingehalten, reduziert sich das Haftungsrisiko des Unternehmens und auch der Unternehmensleitung bei Rechtsverstößen durch Unternehmensmitarbeiter ganz erheblich. Trotzdem folgt auch aus der Schadensabwendungspflicht keine grundsätzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems für Aktiengesellschaften. Die Schadensabwendungspflicht verpflichtet den Vorstand nur, solche Rechtsverstöße zu verhindern, durch die dem Unternehmen auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden droht. Es mag also Konstellationen geben, in denen es aus der Gesellschaftsperspektive „lohnenswert“ erscheint, gesetzliche Vorgaben nicht zu beachten.112 Letztlich vermag die Schadensabwendungspflicht nicht mal die (bestehende) Legalitätspflicht des Vorstands zu begründen, sie kann daher erst recht keine Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems etablieren. Die Verhinderung von Rechtsverstößen, aus denen zumindest ein wirtschaftlicher Vorteil für das Unternehmen zu erwarten wäre, (sogenannte „nützliche Rechtsverstöße“, auch „Entlastungskriminalität“ genannt), die etwa aus Ex-ante-Sicht eine geringe Entdeckungswahrscheinlichkeit aufweisen oder niedrige Sanktionen erwarten lassen und so einen positiven wirtschaftlichen Erwartungswert aufweisen, wird nicht von der Schadensabwendungspflicht erfasst.113 Es verbleibt also für die Aktiengesellschaft ein Bereich von vermeintlich „nützlichen“ Rechtsverstößen, der jedenfalls nicht von der Schadensabwendungspflicht erfasst wird. Ein Compliance-Management-System soll aber – so zumindest das gegenwärtige Verständnis – sämtliche Rechtsverstöße verhindern und nicht nur solche, die sich in einer Momentaufnahme wirtschaftlich unmittelbar nachhaltig darstellen, um so das Unternehmen auch vor mittel- und langfristigen Reputationsschäden infolge von Rechtsverstößen zu schützen. e) Business Judgement Rule und hindsight bias Im Kontext der „Compliance-Pflicht“ wird häufig die seit 2005 auch gesetzlich kodifizierte Business Judgement Rule erwähnt. Nach US-amerikanischem Vorbild handelt danach ein Vorstand dann nicht pflichtwidrig, wenn er bei unternehmerischen Entscheidungen vernünftigerweise und nachdem er sich ausreichend informiert hat, davon ausgehen darf, dass seine Entscheidungen im Interesse der Gesellschaft liegen, vgl. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Damit soll den Vorstandsmitgliedern ein 112

S. 38. 113

Vgl. auch Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, Vgl. hierzu Paefgen, WM 2016, 433, 437; Verse, ZHR 2011, 401, 405.

54

Teil 2: Compliance

„sicherer Hafen“ („safe harbour“) bei ihren häufig risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen eingeräumt werden.114 Klar ist, dass die Business Judgement Rule dem Vorstand keinen Ermessensspielraum zur Begehung von Rechtsverstößen einräumt.115 Während bei der Legalitätspflicht also bereits von vornherein kein Anwendungsbereich für die Business Judgement Rule besteht, ist ihre Anwendung auf die Legalitätskontrollpflicht ungleich komplexer: aa) Ermessen bezüglich der Einrichtung eines Compliance-Management-Systems? Teilweise wird versucht, die Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems aus einer Ermessensreduzierung des Vorstandshandelns heraus zu entwickeln. Danach hat der Vorstand grundsätzlich ein weitgehendes Ermessen bei seinen unternehmerischen Entscheidungen,116 das aber durch seine Legalitätskontrollpflicht dahingehend reduziert wird, rechtssichernde organisatorische Maßnahmen vorzuhalten und somit letztlich auch ein Compliance-Management-System zu implementieren.117 Bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems habe der Vorstand dann grundsätzlich ein Auswahlermessen, das sich seinerseits wiederum durch spezialgesetzliche Regelungen und Branchenstandards reduziere.118 Des Weiteren begrenze auch § 91 Abs. 2 AktG das Ermessen dahingehend, Rechtsverstößen mit erheblichem Gefährdungspotenzial für den Fortbestand der Gesellschaft durch entsprechende Organisationsformen präventiv entgegenzuwirken.119 Nun mag dies zwar die geltende Rechtslage zutreffend beschreiben und auch erklären, warum das Nichtbetreiben jeglicher Legalitätskontrolle nicht vom Vorstandsermessen gedeckt ist. Es begründet aber letztlich nicht, warum das Vorstandsermessen dahingehend reduziert sein soll, dass er seine Legalitätskontrollpflicht nur noch durch ein Compliance-Management-System erfüllen kann.

114 Vgl. statt aller Fleischer, in: Spindler/Seitz (Hrsg.), AktG, 4. Auflage 2019, § 93 Rn. 59 ff. 115 Vgl. hierzu auch Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, S. 70. 116 Bürkle, BB 2005, 565, 569; vgl. auch BGHZ 135, 244, 253, wonach dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muss, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen, denen jeder Unternehmensleiter, mag er auch noch so verantwortungsbewusst handeln, ausgesetzt ist. 117 Bürkle, BB 2005, 565, 569; Fleischer, BB 2004, 2645 f.; Pant, VersR 2004, 690 f.; ähnlich auch Merkt, ZIP, 2014, 1705, 1711. 118 So Bürkle, BB 2005, 565, 569; vgl. auch Bachmann, ZIP 2014, 579 ff. 119 Bürkle, BB 2005, 565, 569 f.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

55

Der Vorstand ist zunächst nur dazu verpflichtet, eine hinreichend informierte Entscheidung dahingehend zu treffen, ob die Rechtsrisiken der jeweiligen Aktiengesellschaft es erfordern, ein Compliance-Management-System einzurichten. Auch die Rechtsprechung und dort namentlich das Landgericht München I führte in Sachen „Siemens/Neubürger“120 aus, der Vorstand erfülle seine Legalitätskontrollpflicht nur dann hinreichend, wenn er „bei entsprechender Gefährdungslage“ ein Compliance-Management-System einrichte. Entscheidend für den Umfang des Compliance-Management-Systems seien dabei Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch die Verdachtsfälle aus der Vergangenheit.121 Durch die Formulierung „bei entsprechender Gefährdungslage“ wird deutlich, dass das LG München nicht von einer Pflicht aller Aktiengesellschaften zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems ausgeht. Um eine solche informierte Entscheidung treffen zu können, ist es zwingend erforderlich, zuvor eine entsprechende Compliance-Risikoanalyse zur Identifizierung und Bewertung der wesentlichen Compliance-Risiken durchzuführen.122 Nur aufgrund einer auf die jeweilige Gesellschaft, ihr Markt- und Branchenumfeld sowie auf ihre Struktur zugeschnittenen Compliance-Risikoanalyse kann der Vorstand hinreichend informiert entscheiden, ob es notwendig ist, ein Compliance-Management-System zu implementieren. Diese Compliance-Risikoanalyse ist in bestimmten individuell festzulegenden Intervallen zu wiederholen, um stets hinreichend informiert entscheiden zu können, ob die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems notwendig ist. Es ist mithin nicht vom „sicheren Hafen“ („safe harbour“) der Business Judgement Rule erfasst, keine Compliance-Risikoanalyse durchzuführen. Ein Vorstand, der keine Compliance-Risikoanalyse durchführt, kann keine hinreichend informierte Entscheidung dahingehend treffen, ob die konkrete Risikosituation es erforderlich macht, ein Compliance-Management-System zu implementieren. Somit segelt ein Vorstand, der keine Compliance-Risiko-Analyse durchführt, nicht mehr im sicheren Hafen der Business-Judgement-Rule, sondern auf stürmischem Meer und kann schadensersatzpflichtig sein, wenn der Gesellschaft infolge von Rechtsverstößen Schäden entstehen. Sollte die Compliance-Risikoanalyse zutage fördern, dass aufgrund des geringen Risikos zu Rechtsverstößen die Einrichtung eines eigenen Compliance-Management-Systems nicht zwingend geboten ist, kann sich der Vorstand als Gesamtorgan 120 In Sachen Siemens/Neubürger hat das LG München I einen ehemaligen Vorstand der Siemens AG zur Schadensersatzzahlung verurteilt, da dieser zwar Compliance-Maßnahmen getroffen habe, diese aber nicht ausreicheichend gewesen sein sollen bzw. es an einer energischen Durchsetzung gefehlt haben soll, vgl. LG München, ZIP 2014, 570 ff. 121 Vgl. LG München, ZIP 2014, 570. 122 Zum Ablauf einer solchen Compliance-Risikoanalyse vgl. etwa Balke/Klein, ZIP 2017, 2038 ff.

56

Teil 2: Compliance

im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens dann auch gegen die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems entscheiden. Er genießt dann bei der Entscheidung, die aufgrund der zuvor durchgeführten Compliance-Risiko-Analyse als hinreichend informiert getroffen gilt, den Schutz der Business Judgement Rule. bb) Ermessen bezüglich der Ausgestaltung eines Compliance-Management-Systems Nun wurde dargelegt, dass das „Ob“ der Einrichtung eines Compliance-Management-Systems von der Business Judgement Rule erfasst wird. Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die Business Judgement Rule auch auf das „Wie“, also die konkrete Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems, Anwendung findet.123 Zwar stellt die Ausgestaltung eines Compliance-Management-Systems keine klassische – für die Anwendbarkeit der Business Judgement Rule eigentlich vorausgesetzte – unternehmerische Entscheidung im eigentlichen Sinne dar (wie etwa die Einführung eines neuen Produkts), dennoch ist die Entscheidung über die Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems letztlich einer unternehmerischen Entscheidung hinreichend ähnlich, sodass sie ebenfalls vom safe harbour der Business Judgement Rule erfasst wird.124 Letztlich ist damit die unternehmensinterne Ausgestaltung der Betriebsabläufe, wie der Aufbau eines Compliance-ManagementSystems, ebenfalls als unternehmerische Entscheidung zu klassifizieren. Durch die Business Judgement Rule soll vermieden werden, dass der Vorstand unternehmerische Risiken scheut und deshalb gegen die gewinnorientierten Interessen seiner Aktionäre handelt.125 Daher werden unternehmerische Entscheidungen haftungsrechtlich privilegiert (vgl. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG). Es handelt sich insbesondere dann um eine unternehmerische Entscheidung, sofern die Folgen im Entscheidungszeitpunkt noch nicht klar absehbar sind (Prognoseentscheidungen).126 Jede Auswahl von Compliance-Maßnahmen beinhaltet gleichzeitig auch eine Negativentscheidung, gewisse Compliance-Maßnahmen nicht umzusetzen. Der Vorstand geht also zumindest mittelbar durch die Nichteinführung bestimmter Compliance-Maßnahmen das kalkulierte Risiko ein, dass sich bestimmte Rechtsverstöße inklusive ihrer negativen Auswirkungen eher realisieren, trifft die Entscheidung also unter Unsicherheit.127 Dieses Risiko muss der Vorstand aber eingehen 123

Für eine Anwendbarkeit der Business Judgement Rule: Harbarth, ZHR 2015, 136, 152; Hüffer, FS Roth, 2011, S. 299, 304 f.; Reichert/Ott, NZG 2014, 241, 242; Schraud, Compliance in der Aktiengesellschaft, S. 68. 124 So auch Balke/Klein, ZIP 2017, 2038, 2042 f.; Nietsch, ZGR 2015, 631, 638 ff.; Ott, ZGR, 2017, 149, 162 ff. 125 Vgl. statt aller vgl. Hüffer/Koch, AktG, 13. Auflage 2018, § 93 Rn. 9. 126 Allgemein zur Frage, wann eine Entscheidung „unternehmerischen“ Charakter besitzt, vgl. etwa Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, S. 71 f. 127 In diesem Sinne auch Balke/Klein, ZIP 2017, 2038, 2043; Nietsch/Hastenrath, CB 2015, 177, 181 f.; Ott, ZGR 2017, 165 f.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

57

dürfen, da eine Umsetzung aller denkbaren Compliance-Maßnahmen unwirtschaftlich wäre. Die Entscheidung, wie das Compliance-Management-System konkret auszugestalten ist, besitzt einen erheblichen Prognosecharakter, da die Compliance-Risiken einem stetigen Wandel, etwa durch Gesetzesänderungen, unterliegen. Ein solcher Prognosecharakter ist ein typisches Kennzeichen für eine unternehmerische Entscheidung.128 Für einen solchen Prognosecharakter spricht auch, dass der Vorstand die Wirksamkeit der von ihm beschlossenen Compliance-Maßnahmen ohnehin erst im Nachhinein (also bei Ausbleiben oder Aufkommen entsprechender Verdachtsfälle) überprüfen kann. Schließlich ist die Anwendung der Haftungsprivilegierung der Business Judgement Rule bei der Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems bereits deshalb geboten, damit die Rechtsprechung nicht in der Folge von Rechtsverstößen konstruiert, welche Compliance-Maßnahmen den eingetretenen Schaden voraussichtlich verhindert hätten, und aus dem Unterlassen dieser Maßnahmen dann auf eine Pflichtverletzung schließt.129 Richter unterliegen – wie andere Menschen auch – häufig dem Phänomen der sogenannten „Rückschaufehler“ (hindsight bias).130 Dabei wird nach dem Ereigniseintritt (hier dem Rechtsverstoß im Unternehmen), die Vorhersehbarkeit des Ereignisses überschätzt. Die Kenntnis des Ereignisses verändert also die Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit.131 Ein später eingetretener Geschehensablauf, wie etwa der Eintritt eines Rechtsverstoßes, verleitet dazu, die Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses höher einzuschätzen, als sie sich aus Ex-ante-Perspektive tatsächlich darstellte.132 Die Gerichte dürfen somit nicht aufgrund eines eingetre128

So auch Balke/Klein, ZIP 2017, 2038, 2043. Vgl. etwa Harbarth/Brechtel, ZIP 2016, 241, 248 f.; Ott/Klein, AG 2017, 209; anders das LG München I, ZIP 2014, 571: Das Gericht verurteilte den ehemaligen Siemensvorstand nicht dafür, dass er keinerlei Compliance-Anstrengungen unternommen habe, sondern dafür, dass das vorhandene Compliance-Management-System „mangelhaft“ bzw. nicht „ausgefeilt“ genug gewesen sei. Die Überprüfung von Beraterverträgen, das Aufdecken von Briefkastenadressen, die ausgedehnte Anwendung der Compliance-Richtlinien, Treffen mit leitenden Angestellten zur Verbesserung des Compliance-Management-Systems und das Durchführen interner Untersuchung, genügten dem LG München allerdings nicht. Das Gericht erklärte sehr detailliert, wie es sich ein pflichtgemäßes Compliance-Management-System für den konkreten Fall vorgestellt hätte: klare Zuweisung auf Ebene des Gesamtvorstands, wer für die Compliance die Hauptverantwortung trägt, zentrale Erfassung und Überprüfung sämtlicher Beraterverträge, mehr Befugnisse für die Compliance-Verantwortlichen, „klare Berichtslinie“ mit daraus abzuleitenden „Kompetenzen für disziplinarische Maßnahmen“. 130 Vgl. auch Liebscher, ZIP 2019, 1837, 1847: „Denn wir neigen im Nachhinein immer dazu, negative Entwicklungen, insbesondere solche, die katastrophale Auswirkungen haben, für vorhersehbar und vermeidbar zu halten (sog. Rückschauverzerrung bzw. Hindsight-BiasEffekt). 131 Allgemein zu Rückschaufehlern Risse, NJW 2018, 2848, 2850; vgl. auch Thelen, ZHR 2018, 62, 72. 132 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, S. 72 f. 129

58

Teil 2: Compliance

tenen Rechtsverstoßes den falschen Rückschluss ziehen, dass das ComplianceManagement-System unzureichend war, weil es ja schließlich den eingetretenen Rechtsverstoß nicht verhindert hat. Eine solche gerichtliche Bewertung würde der konkreten Entscheidungssituation nicht gerecht werden. Vielmehr muss das Gericht das Compliance-Management-System zum Zeitpunkt des Rechtsverstoßes betrachten und den eingetretenen Rechtsverstoß bei der Beurteilung des ComplianceManagement-Systems ausblenden.133 Eine „rückschauende Wertung“ ist dem Gericht, das die Sorgfaltsgemäßheit einer Entscheidung ausschließlich aus der Ex-antePerspektive zu beurteilen hat, somit versagt.134 Andernfalls gelangt man beim Vorwurf, bestimmte Compliance-Maßnahmen unterlassen zu haben, stets zur Bejahung der Pflichtwidrigkeit, da nach einem tatsächlich eingetretenen Rechtsverstoß schließlich immer feststeht, dass noch mehr hätte getan werden müssen. Das liefe letztlich auf eine Erfolgshaftung hinaus, die das Aktienrecht nicht nur ablehnt, sondern untersagt.135 Einer solchen Ex-post-Bewertung von riskanten unternehmerischen Entscheidungen, wie hier dem Unterlassen bestimmter Compliance-Maßnahmen, soll die Business Judgement Rule gerade entgegenwirken, indem sie bei dem Ein- bzw. Nichteinrichten von bestimmten Compliance-Maßnahmen zur Anwendung gelangt. Sofern das Unternehmen aufgrund der spezifischen Risikolage dazu verpflichtet sein sollte, ein Compliance-Management-System zu implementieren, besitzt der Vorstand hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einen erheblichen Ermessensspielraum, der gerichtlich aufgrund der Business Judgement Rule auch nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. f) Ausstrahlung des Aufsichtsrechts auf das Aktienrecht Zur weiteren Ausformung der aktienrechtlichen Legalitätskontrollpflicht kann sich zumindest auch an einzelnen „finanzspezifischen“ Organisationspflichten des

133

Hieran hat sich das LG München I, ZIP 2014, 571 nicht gehalten: Betrachtet man mit genügend zeitlichem Abstand das Ausmaß der systematischen und organisierten Rechtsbrüche bei Siemens, die über viele Jahre hinweg andauerten, wird selbstverständlich sofort deutlich, dass das damalige Compliance-Management-System bei Siemens nicht ausreichend war, um den dort vorhandenen Korruptionssumpf auszutrocknen. Die richtige Anschlussfrage nach der Feststellung der offensichtlichen Tatsache, dass das Compliance-Management-System defizitär war, stellte das Gericht aber nicht: Hätte der beklagte Vorstand ohne das Wissen um die systematischen und organisierten Rechtsbrüche inklusive eigenständiger, rechtswidriger Strukturen im Unternehmen und der damals nur sehr eingeschränkten Verbreitung von ComplianceManagement-Systemen wissen müssen, dass das Compliance-Management-System bei Siemens unzureichend war und auch die veranlassten Verbesserungen unzureichend waren? Diese Frage wäre jedenfalls intensiv unter Beachtung der Rückschauproblematik zu erörtern gewesen. 134 BGHZ 80, 186, 193; 75, 96, 113. 135 Vgl. etwa Kutscher, Organhaftung als Instrument der aktienrechtlichen Corporate Governance, 2017, S. 53 ff.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

59

KWG, VAG, KAGB oder des WpHG als Inspirations- oder Rechtserkenntnisquelle orientiert werden.136 Wie bereits für alle Unternehmen dargestellt (vgl. oben unter III. 1.), lassen sich die aufsichtsrechtlichen Vorgaben als ein Organisationssonderrecht für Finanzdienstleistungsinstitute, Banken und Versicherungen nicht pauschal auf Aktiengesellschaften übertragen. Dies steht einem punktuellen Rückgriff aber nicht entgegen, da aktien- und aufsichtsrechtliche Compliance trotz verschiedener Ausgangspunkte ein ähnlicher Grundgedanke vereint: Sie sollen das Unternehmen und Dritte durch entsprechende Organisationspflichten vor Nachteilen und Schäden bewahren, die sich aus Regelverstößen ergeben,137 wobei der Schutz der Allgemeinheit weiter im Vordergrund steht als im Aktienrecht. Bestimmte spezialgesetzliche Organisationspflichten allgemeineren Zuschnitts mögen zur Konkretisierung der aus den §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG hergeleiteten Legalitätskontrollpflicht helfen, wie etwa die Pflicht zur klaren Zuordnung und Abgrenzung der Compliance-Verantwortung138, die Pflicht zur angemessenen Ressourcenausstattung der Compliance-Funktion und die regelmäßige ComplianceBerichterstattung. Angesichts der „Detailfreudigkeit“ und Regelungstiefe der übrigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben mitsamt ihren erläuternden Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) sind die weiteren aufsichtsrechtlichen Vorgaben jedoch nicht geeignet, den Pflichtenumfang eines Vorstands näher zu konkretisieren, da dies das unternehmerische Ermessen zu weit beschneiden würde.139 g) Zwischenfazit Aus der aktienrechtlichen Legalitätskontrollpflicht folgt keine Pflicht, per se ein Compliance-Management-System einzurichten. Auch die Bezeichnung einer in der Aktiengesellschaft eingerichteten Organisationsform zur Gewährleistung von rechtmäßigem Verhalten ist daher frei und nicht zwingend unter dem Begriff Compliance zu führen. Hinsichtlich der konkreten organisatorischen Erfüllung der Legalitätskontrollpflicht in der Aktiengesellschaft besteht ein weites Ermessen. Dieses reduziert sich allerdings durch immer mehr spezialgesetzliche Regelungen (vgl. dazu oben unter Teil 2 B.III.), durch Branchenstandards (vgl. dazu oben unter Teil 2 A.I.4.d)) und durch die Pflicht zur Verhinderung von bestandsgefährdenden Entwicklungen aus 136 137 138 139

So auch Fleischer, NZG 2014, 321, 325. Fleischer, NZG 2014, 321, 325. Hierzu auch LG München, ZIP 2014, 571, 574. In diesem Sinne auch Langenbucher, ZHR 2012, 652, 667; Hopt, ZIP 2013, 1793, 1804.

60

Teil 2: Compliance

§ 91 Abs. 2 AktG (vgl. dazu oben unter Teil 2 B.III.4.b)). Das Vorstandsermessen ist somit dahingehend reduziert, dass das Unterlassen einer Compliance-Risikoanalyse jedenfalls nicht die Haftungsprivilegierung der Business Judgement Rule genießt. Darüber hinaus ist der Vorstand verpflichtet, zumindest Maßnahmen zu ergreifen, die bestandsgefährdende Entwicklungen der Gesellschaft verhindern sollen. Sowohl das „Ob“, als auch das „Wie“ der Einrichtung eines Compliance-Management-Systems unterfallen der Haftungsprivilegierung der Business Judgement Rule. Man mag zwar etwa unter vielen Gesichtspunkten die Einrichtung eines unabhängigen und selbstständigen Compliance-Management-Systems in Aktiengesellschaften ab einer bestimmten Größe bzw. ab einer bestimmten Risikolage zu Rechtsverstößen für sinnvoll erachten, rechtlich vorgeschrieben ist dieses aber nicht für sämtliche Aktiengesellschaften.140 Art und Ausführung von rechtssichernden Maßnahmen sind aufgrund des weiten unternehmerischen Ermessens und des Einzelfallbezugs flexibel. Zu beachten bleibt, dass es insbesondere bei kleinen Aktiengesellschaften mit wenigen Mitarbeitern und keinerlei internationalen Berührungspunkten häufig bereits branchenunüblich ist, ein eigenes Compliance-Management-System einzurichten. Auch die damit einhergehenden Kosten dürften kleine Aktiengesellschaften regelmäßig überfordern. Ab einem gewissen Risiko zu Rechtsverstößen wird für Aktiengesellschaften regelmäßig die Pflicht zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems bestehen141 – insbesondere auch deshalb, weil sich die für alle Unternehmen bestehende Legalitätskontrollpflicht durch aktienrechtliche Normen noch weiter verdichtet und somit in Aktiengesellschaften schon von Gesetzes wegen deutlicher ausgeprägt ist als bei anderen Unternehmensformen. Um der Haftungsbeschränkung auf die Kapitaleinlage Rechnung zu tragen und das Risiko von Rechtsverstößen nicht unzulässig weit auf Dritte zu verlagern, ist die Legalitätskontrollpflicht bei Kapitalgesellschaften ausgeprägter als bei den übrigen Unternehmensformen und verdichtet sich daher häufiger zur Pflicht, ein Compliance-Management-System zu implementieren. 5. Emittenten von Finanzinstrumenten Emittenten, deren Finanzinstrumente öffentlich zum Kauf angeboten werden, sind häufig als AG organisiert. Erfasst werden durch die MAR aber auch alle anderen Gesellschaftsformen, sofern diese Finanzinstrumente emittieren, die auf Handels140 Ähnlich auch Fleischer, in: Fleischer/Goette (Hrsg.), MüKo-GmbHG, 3. Auflage 2019, § 43 Rn. 147. 141 Vgl. hierzu aus der Literatur: Arnold, ZGR 2014, 76, 79; Bicker, AG 2014, 8 f; Bürgers, ZHR 2015, 174 f.; Bürkle, BB 2005, 565, 570; von Busekist/Hein, CCZ 2012, 41, 43; Dreher, AG 2006, 213 f.; Fleischer, AG 2003, 291, 300; Habersack, AG 2014, 1 ff.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

61

plätzen gehandelt werden.142 Sofern Eigenkapital (equity) in Form von Aktien emittiert wird, geschieht dies regelmäßig in der Rechtsform der AG.143 Für diese AG ist die Pflicht zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems noch weiter verdichtet. Sie folgt einmal aus den oben dargelegten Besonderheiten der AG und daneben auch noch aus der Anwendbarkeit der MAR. Die durch die MAR statuierten Pflichten und Verbote in Kombination mit der Gesellschaftsform der AG lassen es mithin praktisch kaum möglich erscheinen, die jeweiligen rechtlichen Pflichten zu erfüllen und die Verbote zu beachten, ohne dazu in der AG ein eigenständiges Compliance-Management-System vorzuhalten.

IV. Fehlen eines (hinreichend funktionsfähigen) Compliance-Management-Systems Mit welchen rechtlichen Folgen hat nun aber ein Unternehmen bzw. die Unternehmensführung zu rechnen, wenn es zu Rechtsverstößen aus dem Unternehmen heraus kommt und es in dem Unternehmen kein bzw. kein hinreichend funktionsfähiges Compliance-Management-System gegeben hat? 1. Keine Außenhaftung der Unternehmensleitung Eine Haftung der Unternehmensleitung selbst gegenüber Dritten aufgrund einer Verletzung der Legalitätskontrollpflicht ist abzulehnen. Dies sieht der BGH zumindest allgemein für Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten mittlerweile ähnlich.144 Richtig ist es, die von der Geschäftsaktivität ausgehenden Gefahren in die Verantwortung der Gesellschaft und nicht der Unternehmensleitung zu stellen, da die Gesellschaft Profiteur der wirtschaftlichen Aktivität sowie Gefahrenquelle ist und nicht die Unternehmensleitung.145 2. Haftung bzw. Sanktionierung nur bei Rechtsverstößen Allein das Nichtvorhalten eines hinreichend funktionsfähigen Compliance-Management-Systems führt an sich noch zu keiner Haftung oder Sanktionierung des Unternehmens. Ausgenommen hiervon sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen 142

Vgl. Zöllter-Petzoldt/Höhling, NZG 2018, 687. Zu anderen Möglichkeiten vgl. Mayer-Uellner/Otte, NZG 2015, 737. 144 In seiner „Baustoff-Entscheidung“ aus dem Jahre 1989 hatte der BGH noch eine Eigenhaftung des Geschäftsführers aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung bejaht, vgl. BGH, NJW 1990, 976. Mittlerweile hat der BGH der Außenhaftung der Unternehmensleitung für Verkehrssicherungspflichtverletzung allerdings eine Absage erteilt, vgl. BGH, NJW 1994, 1801; NJW 2012, 3439; NZG 2014, 991. 145 So auch Habersack/Zickgraf, ZHR 2018, 253, 293 f. 143

62

Teil 2: Compliance

und Banken, bei denen bereits die Nichteinrichtung eines Compliance-ManagementSystems bußgeldbewährt sein kann. Sobald es allerdings zu Rechtsverletzungen im Unternehmen kommt, wirkt sich das Fehlen eines hinreichend funktionsfähigen Compliance-Management-Systems zivil-, ordnungswidrigkeiten- und auch strafrechtlich haftungsbegründend sowie haftungsverschärfend aus. Zu denken ist hier etwa an zivilrechtliche Schadensersatzforderungen, die aus einem Organisationsverschulden abgeleitet werden, oder an eine Bußgelderhöhung.146 3. Bußgeldrelevanz von Compliance-Management-Systemen Was zuvor in der einschlägigen Compliance-Literatur diskutiert wurde,147 ist nun seit kurzem auch höchstrichterlich durch den BGH bestätigt: Compliance-Management-Systeme sind bei der Bußgeldbemessung zu berücksichtigen. In einer lesenswerten Entscheidung hat der BGH zur Festsetzung von Unternehmensgeldbußen nach § 30 OWiG Folgendes ausgeführt: „Für die Bemessung der Geldbuße ist zudem von Bedeutung, inwieweit die Nebenbeteiligte ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss.“148

Diese Urteilspassage besitzt gleich in mehrfacher Hinsicht eine erhebliche149 Bedeutung für die (zukünftigen) Compliance-Bemühungen von Unternehmen. Umso bedauerlicher ist es daher, dass die Urteilspassage in der Praxis durchaus missverstanden wurde. Zum Urteil finden sich viele Artikel mit der sinngemäßen Überschrift „Bußgeldmindernde Wirkung eines Compliance-Management-Systems“, wohingegen es aber richtigerweise heißen müsste: „Berücksichtigung von Compliance-Management-Systemen bei der Bußgeldbemessung“. Mitnichten hat der BGH nämlich ausgeführt, dass sich ein hinreichend funktionsfähiges Compliance-Management-System nur bußgeldmindernd auswirken könne. Vielmehr ist nach der BGH-Entscheidung davon auszugehen, dass auch das Fehlen eines hin146 Pointiert brachte dies der ehemalige U. S. Deputy Attorney General Paul McNulty mit der Aussage ”If you think compliance is expensive, try non-compliance!” auf den Punkt. Auch die Bundesregierung vertritt mittlerweile die Auffassung, dass von der drohenden Sanktionierung mittelbar auch eine präventive Wirkung für Unternehmen ausgehe, da so die Unternehmensleitung motiviert werde, ein effektives Compliance-Management-System zu installieren, um so ein rechtswidriges Verhalten der Unternehmensangehörigen und eine anschließende Sanktionierung zu verhindern, vgl. hierzu BT-Drucks. 18/12760, S. 34. 147 Vgl. etwa Bosch, ZHR 2013, 454, 469 ff.; Brömmelmeyer, NZKart 2014, 478 ff.; Rönnau, ZGR 2016, 277, 294; Voet van Vormizeele, CCZ 2009, 41, 45 f. 148 BGH Urteil vom 9. Mai 2017 – Aktenzeichen: 1 StR 265/16, Rn. 118. 149 So auch Bürkle, BB 2018, 525, der von einem „Meilenstein“ für die bußgeldrechtliche Bedeutung von Compliance-Management-Systemen spricht.

B. Allgemeine Rechtspflicht zur Compliance?

63

reichend funktionsfähigen Compliance-Management-System bußgelderhöhend zu berücksichtigen ist.150 Zwar führt der BGH nicht genauer aus, wann ein Compliance-ManagementSystem zur Reduktion und wann zur Erhöhung des Bußgeldes führt, es kann aber – unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze zur Straf- bzw. Bußgeldbemessung – davon ausgegangen werden, dass die Unternehmen, deren Compliance-Management-System bei Realisierung des Rechtsverstoßes unter dem jeweiligen Marktstandard lag, mit einer Bußgelderhöhung rechnen müssen.151 Andersherum können die Unternehmen, deren Compliance-Management-System marktüblich war bzw. sogar darüber hinausging, mit einem „Sanktionsbonus“ rechnen.152 Nicht weniger interessant ist auch die folgende Passage des oben zitierten Urteils: „Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob die Nebenbeteiligte in der Folge dieses Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und ihre betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden.“153

Hier wendet der BGH nun den bei natürlichen Personen gesetzlich normierten Strafzumessungsgrundsatz (vgl. § 46 Abs. 2 S. 2 StGB) des sogenannten „entlastenden Nachtatverhaltens“ auch auf Unternehmen an. Wurde also im Unternehmen ein Rechtsverstoß festgestellt und optimiert das Unternehmen im Hinblick auf die Vermeidung solcher Rechtsverstöße sein Compliance-Management-System bis zur Verhängung der Geldbuße, kann dies sanktionsmildernd berücksichtigt werden. Der umgekehrte Fall, dass ein Unternehmen infolge eines Rechtsverstoßes seine Compliance-Bemühungen zurückfährt (sogenanntes belastendes Nachtatverhalten), ist zwar theoretisch denkbar und wäre dann richtigerweise auch bußgelderhöhend zu berücksichtigen, dürfte jedoch in der Praxis kaum vorkommen. Bei der Bedeutung eines Compliance-Management-Systems hinsichtlich der Bußgeldhöhe sind also zwei Aspekte relevant: (i) der Stand des Compliance-Management-Systems bei Realisierung des Rechtsverstoßes (Vortatverhalten) und (ii) die etwaigen Anpassungen des Compliance-Management-Systems infolge des Rechtsverstoßes (Nachtatverhalten). Diese gerichtliche Berücksichtigung von Compliance-Management-Systemen bei der Sanktionierung von Unternehmen ist zu begrüßen. Wie oben erwähnt, fordert die Literatur seit langem eine entsprechende Berücksichtigung von ComplianceManagement-Systemen bei der Bußgeldbemessung. Die genannte BGH-Entscheidung wird sehr wahrscheinlich dazu führen, dass Unternehmen ihrer ComplianceBemühungen spürbar verstärken. Effiziente Compliance-Management-Systeme 150

So auch Bürkle, BB 2018, 525, 527 f.; Kleine, CCZ 2017, 241. Vgl. hierzu bereits KG Urteil vom 30. April 1997– Aktenzeichen: Kart 10/96, in dem das Kammergericht festgestellt hat, dass es sich bußgelderhöhend auswirkt, wenn Unternehmen keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung von Gesetzesverstößen treffen. 152 Vgl. auch Eufinger, CCZ 2016, 209, 213; Krebs/Eufinger/Jung, CCZ 2011, 213 ff. 153 BGH Urteil vom 9. Mai 2017 – Aktenzeichen: 1 StR 265/16, Rn. 118. 151

64

Teil 2: Compliance

dienen nämlich nach der BGH-Entscheidung nicht mehr nur der Haftungsvermeidung, vielmehr sind sie nun auch dazu geeignet, die Haftungshöhe bei bereits eingetretenen Rechtsverstößen zu reduzieren. Damit setzt die Rechtsprechung einen weiteren Anreiz zur Implementierung von Compliance-Management-Systemen. 4. Verbreitung von Compliance-Management-Systemen In der Praxis lautet (jedenfalls für größere Unternehmen) die Frage schon länger nicht mehr, ob sie überhaupt ein Compliance-Management-System implementieren, sondern nur noch, wie dieses konkret gestaltet sein muss, um eine Haftung des Unternehmens bei Rechtsverstößen möglichst weit zu reduzieren. Klar ist aber auch, dass selbst das beste und noch so ausgefeilte ComplianceManagement-System nicht jeden Rechtsverstoß verhindern kann.154 Daher sollten Unternehmen, die im Hinblick auf ihr Compliance-Management-System kein Organisationsverschulden trifft, richtigerweise überhaupt nicht für die Rechtsverstöße ihrer Mitarbeiter haften.155 Für Unternehmen ohne ein effizientes Compliance-Management-System bestehen erhebliche und kaum zu kalkulierende Haftungsgefahren, insbesondere auch für die Unternehmensführung selbst, sofern ihr infolge von Rechtsbrüchen bescheinigt wird, dass sie keine notwendige und hinreichend funktionsfähige ComplianceStruktur im Unternehmen implementiert hatte.156 Diese hohen Haftungsrisiken für Unternehmen und Vorstand erhöhen sich durch eine Tätigkeit am Kapitalmarkt und die damit einhergehende Anwendbarkeit der MAR nochmal erheblich. 5. Ausblick Die erwähnte aktuelle BGH-Entscheidung zur Berücksichtigung eines Compliance-Management-Systems bei der Bußgeldbemessung verdeutlicht, dass nur noch wenige Unternehmen auf die Implementierung eines funktionsfähigen ComplianceManagement-Systems verzichten können. Neben dem BGH vertritt nämlich mittlerweile auch die im Jahre 2017 amtierende Bundesregierung die Auffassung, dass Compliance-Bemühungen zugunsten des Unternehmens berücksichtigt werden 154 Vgl. hierzu auch Baur/Holle, NZG 2018, 14, 17; Bürkle, BB 2018, 525; Rönnau, ZGR 2016, 277, 293. 155 Zum Ausschluss einer Unternehmenshaftung nach §§ 30, 130 OWiG, wenn ein Unternehmensmitarbeiter fest zur Tat entschlossen ist (sogenannten omnimodo facturus) und hierzu auch bereit ist, sich über (sämtliche) betriebliche Aufsichtsmaßnahmen (Compliance) hinwegzusetzen, vgl. Blassl, CCZ 2016, 201, 204. 156 Vgl. hierzu insbesondere das bereits eingangs erwähnte Urteil des Landgerichts München I vom 10. Dezember 2013, Aktenzeichen 5HK O 1387, das ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Siemens AG zur Schadensersatzzahlung in Höhe von 15 Millionen Euro verurteilt hatte, weil dieses es versäumt hatte, ein angemessenes, funktionierendes Compliance-System zu etablieren.

C. Zwischenergebnis

65

können, wenn es trotz ernsthafter Compliance-Maßnahmen zu Rechtsverstößen gekommen ist.157 Verschwiegen werden darf allerdings nicht, dass das Bundeskartellamt158, der EuGH159, das EuG160 und auch die EU-Kommission161 sich bei Kartellverstößen derzeit noch gegen eine sanktionsmildernde Wirkung von Compliance-Management-Systemen aussprechen. Ob das genannte BGH-Urteil, die entsprechenden Literaturstimmen und die Meinungsäußerung der Bundesregierung hier zum wünschenswerten Umdenken beitragen, bleibt abzuwarten, ist aber nicht unwahrscheinlich.

C. Zwischenergebnis Es besteht keine Verpflichtung, für sämtliche Unternehmen ein ComplianceManagement-System vorzuhalten. Wann die Legalitätskontrollpflicht letztlich so weit verdichtet ist, dass sie nur durch ein Compliance-Management-System erfüllt werden kann, lässt sich nur im Hinblick auf das konkrete Unternehmen entscheiden. Hierbei kommt es maßgeblich auf die individuelle Organisationsstruktur des Unternehmens und die potenziellen Konflikte der Unternehmenstätigkeit mit der Rechtsordnung (Rechtsrisiken) an. Dabei sind unter anderem Aspekte wie Größe, Branche und Internationalisierungsgrad des Unternehmens sowie Art und Umfang der im Unternehmen bereits stattgefundenen Rechtsverstöße zu berücksichtigen. Auch aus der aktienrechtlichen Legalitätskontrollpflicht folgt keine Pflicht, per se ein Compliance-Management-System einzurichten. Wie dargestellt, verdichtet sich aber die Legalitätskontrollpflicht bei Aktiengesellschaften, sodass diese häufiger dazu verpflichtet sein werden, ein Compliance-Management-System zu implementieren. Hinsichtlich der konkreten organisatorischen Erfüllung der Legalitätskontrollpflicht in der Aktiengesellschaft besteht ein weites Ermessen. Dieses reduziert sich allerdings durch immer mehr spezialgesetzliche Regelungen, durch Branchenstandards und durch die Pflicht zur Verhinderung von bestandsgefährdenden Entwicklungen aus § 91 Abs. 2 AktG. Es ist nicht vom „sicheren Hafen“ („safe harbour“) der Business Judgement Rule erfasst, keinerlei Compliance-Risikoanalyse durchzuführen. Ein Vorstand, der keine 157

Vgl. BT-Drucks. 18/12760, S. 34. Pampel, BB 2007, 1636. 159 EuGH Urteil vom 28. Juni 2005 – C-189/02 P, Rn. 372. 160 EuG Urteil vom 26. April 2007 – T-109/02, Rn. 653. 161 EU-Kommission Entscheidung vom 18. Juli 2001, Abl. EU 2002 L 100/1, Rn. 193; Entscheidung vom 9. Dezember 2004, Abl. EU 2005 L 190/22, Rn. 20. 158

66

Teil 2: Compliance

Compliance-Risikoanalyse unternimmt, kann keine hinreichend informierte Entscheidung dahingehend treffen, ob die konkrete Risikosituation des Unternehmens es erforderlich macht, ein Compliance-Management-System zu implementieren. Zu beachten bleibt, dass es insbesondere bei kleinen Aktiengesellschaften mit wenigen Mitarbeitern und keinerlei internationalen Berührungspunkten häufig bereits branchenunüblich ist, ein eigenes Compliance-Management-System einzurichten. Auch die damit einhergehenden Kosten dürften kleine Aktiengesellschaften regelmäßig überfordern. Ab einem gewissen Risiko zu Rechtsverstößen wird für Aktiengesellschaften regelmäßig die Pflicht zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems bestehen – insbesondere auch deshalb, weil sich die für alle Unternehmen bestehende Legalitätskontrollpflicht durch aktienrechtliche Normen noch weiter verdichtet und somit in Aktiengesellschaften schon von Gesetzes wegen deutlicher ausgeprägt ist als bei anderen Unternehmensformen. Die im Folgenden besprochenen Aktiengesellschaften, die ihre Finanzinstrumente an einem Handelsplatz listen bzw. einbeziehen und dann handeln lassen, werden ganz überwiegend eine Größe und eine Risikolage zu Rechtsverstößen, insbesondere auch bedingt durch die Anwendbarkeit der Marktmissbrauchsverordnung, aufweisen, die sie verpflichtet, ein Compliance-Management-System vorzuhalten.

Teil 3

Ad-hoc-Compliance Um sich sinnhaft mit der Frage nach einer Pflicht zu einer Ad-hoc-ComplianceStruktur bei Emittenten zu beschäftigen, sind, nach den Darstellungen zur allgemeinen Compliance-Pflicht, das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publizitätspflicht darzustellen. Hier ist vieles – beinahe alles – umstritten. Diese Streitstände sollen hier nicht aufgelöst oder auch nur vollständig aufbereitet werden. Folgend werden die Begrifflichkeiten des Insiderhandelsverbotes und anschließend der Adhoc-Publizitätspflicht skizziert. Soweit für die Frage nach einer Pflicht zur Ad-hocCompliance relevant, werden auch die entsprechenden Meinungsstände dargelegt und einer Lösung zugeführt. Unstreitig dient die Ad-hoc-Publikationspflicht auch der Insiderhandelsprävention.162 Daneben dient das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publikationspflicht auch dem Vertrauensschutz der Anleger und der Allgemeinheit in die Integrität der Kapitalmärkte.163 Weiterhin fördert der Abbau von Informationsasymmetrien auch die Effizienz der Kapitalmärkte und trägt damit zu einer möglichst optimalen Ressourcenverteilung bei (vgl. dazu ausführlich unten unter Teil 4 A.).164 Um also die Ad-hoc-Publikationspflicht und deren Hintergründe korrekt einordnen zu können, ist es zunächst erforderlich, sich mit dem Sinn und Zweck der Adhoc-Publikationspflicht (Vermeidung des Insiderhandels) vertraut zu machen und daher als Erstes das Insiderhandelsverbot näher zu betrachten.

162

Vgl. statt aller etwa Hefendehl, wistra 2019, 1, 2; Markworth, ZHR 2019, 46, 49. Vgl. hierzu etwa Goshen/Parchomovsky, Duke Law Journal 2006, 711, 714; Lev/de Villiers, Stanford Law Review 1994, 7, 14; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 33; Weber, Insiderrecht und Kapitalmarktschutz, 1999, S. 30; Caspari, NZG 2005, 98, 99 ff.; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 9; vgl. ausführlich zum Anlegerschutz im Sinne der MAR Schütt, Europäische Marktmissbrauchsverordnung und Individualschutz, 2019, S. 130 ff. 164 Vgl. hierzu aus der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur etwa Wied-Nebbeling/ Schott, Grundlagen der Mikroökonomik, 2007, S. 1; Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 13. Auflage 2020, S. 340 ff.; Coase, Journal of Law and Economics 1960, 1, 6 ff.; Fama, Journal of Finance, Vol. 25, 1970, 383; Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 253 ff.; siehe auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 39. 163

68

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

A. Vermeidung von Insiderhandel Es herrscht zumindest beim europäischen Gesetzgeber und in einem Großteil165 der Wirtschaftswissenschaften die Ansicht vor, dass Insiderhandel wirtschaftlich schädlich sei und daher verhindert werden solle.166 Letztlich wirkt der Gesetzgeber auf eine Vermeidung des Insiderhandels durch entsprechende Regel hin, da er der These folgt, dass ein gleichberechtigter Informationszugang der Kapitalmarktteilnehmer ein essentieller Bestandteil von funktionierenden Märkten ist und dass Informationsasymmetrien in eine falsche, heißt ineffiziente, Ressourcenverteilung münden (vgl. hierzu ausführlich unten unter Teil 4 A.).

I. Die Marktmissbrauchsverordnung als Rechtsgrundlage Ab Sommer 2016 gilt europaweit die Marktmissbrauchsverordnung (englisch: Market Abuse Regulation – „MAR“)167. Als unmittelbar geltende Verordnung löste die MAR die Marktmissbrauchsrichtlinie168 von 2003 sowie in Teilen das direkt auf der Marktmissbrauchslinie beruhende WpHG ab. Die wesentlichen Themen des Kapitalmarktaufsichtsrechts, wie etwa das Insiderhandelsverbot, die Ad-hoc-Publizitätspflicht, das Marktmanipulationsverbot und die Pflicht zur Veröffentlichung von Eigengeschäften von Führungskräften, sogenannten Directors‘ Dealings169, sind

165 Es finden sich allerdings auch Stimmen, die Insiderhandel für wirtschaftlich nutzbringend halten, vgl. etwa Manne, Insider Trading and the Stock Market, New York, 1966, S. 80 ff. 99 ff. Dieser Ansicht haben sich verschiedene Personen angeschlossen, vgl. etwa Hartmann, Regelungsprobleme des Insiderhandels, S. 21 ff.; Hopt, AG 1995, 353, 353 ff.; Schneider, DB 1993, 1429; vgl. hierzu auch Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 66 ff. 166 Manche Ökonomen halten die Insiderproblematik allerdings schon für gar nicht existent, da eine asymmetrische Informationsverteilung sowohl Ausgangspunkt als auch Resultat jedes wettbewerblichen Prozesses sei, vgl. etwa Oberender/Daumann, ORDO 1992, 255, 261: „Welche Gründe sollten dafür sprechen, Informationen, die durch das Bekleiden bestimmter Positionen, durch die Kenntnis bestimmter unternehmensinterner Sachverhalte und des Marktgeschehens erworben werden, brachliegen zu lassen und von einer sinnvollen Nutzung auszuschließen? Vielmehr erhellen Insiderinformationen den Wert, der den abstrakten Vermögenstiteln beizulegen ist.“, vgl. hierzu auch Hopt, AG 1995, 353, 357. 167 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch, vgl. ABl. EU 2014 L 173/1. 168 Richtlinie EU 2003/6/EG vom 28. Januar 2003 über Insidergeschäfte und Marktmanipulation, vgl. ABl. EU 2003 L 96/16. Zur geschichtlichen Entwicklung des Insiderhandels vgl. etwa bei Waschkowski, Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung, 2019, S. 28 ff.; Spatz, Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019, S. 28 ff. 169 Meint das Kaufen und Verkaufen von Finanzinstrumenten durch Vorstände oder Aufsichtsräte des Unternehmens, das die Finanzinstrumente emittiert.

A. Vermeidung von Insiderhandel

69

seit dem 3. Juli 2016 nun nicht mehr durch Gesetze in den einzelnen Mitgliedsstaaten geregelt, sondern europaweit.170 Die MAR hat sich zum Ziel gesetzt, die europäische Kapitalmarktunion zu fördern.171 Dazu schafft die MAR einen europaweiten Rechtsrahmen zur Veröffentlichung von Insiderinformationen und regelt weitere Maßnahmen, die einen Marktmissbrauch der Kapitalmärkte verhindern sollen. Es sollen integre europäische Finanzmärkte als eine Art kollektives Vertrauensrechtsgut gefördert und daneben der individuelle Anleger geschützt werden.172 Das in der MAR verankerte regulierende Kapitalmarktrecht kann, wie andere Kapitalmarktregulierungen auch, in drei Hauptteile unterteilt werden: (i) ein Marktmanipulationsverbot, (ii) ein Insiderhandelsverbot sowie (iii) die Veröffentlichungspflichten. Dem folgend regelt auch die MAR ein Insiderhandelsverbot, ein Marktmanipulationsverbot und mit der Ad-hoc-Publizitätspflicht die bedeutendste der kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten. Die MAR kann man daher ohne Übertreibung als „das Herzstück“ der europäischen Kapitalmarktregulierung bezeichnen.173 Wie bei vielen europäischen Rechtsakten wird auch die MAR durch weitere europäische und nationale Rechtsakte konkretisiert (sogenannte Level-2- und Level3-Maßnahmen).174 Mit der MAR wirken insbesondere die Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055,175 die Delegierte Verordnung (EU) 2016/522,176 die Durchfüh170

Allgemein zum kapitalmarktrechtlichen Normsetzungsverfahren auf europäischer Ebene vgl. Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 456 ff. Zur historischen Entwicklung der Ad-hoc-Publizitätspflicht und des Insiderhandelsverbot auf europäischer Ebene vgl. Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 111 ff.; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 73 ff. 171 Vgl. hierzu ausführlich auch Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 63 ff. 172 Vgl. hierzu etwa Koldehofe, Die Nutzung einer Insiderinformation und legitime Handlungen, 2021, S. 31 f.; Baedorff, Verwendung von Insiderinformationen, S. 31 ff.; Greching, ZBB 2010, 232, 239; Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 46 ff.; Schall, JZ 2010, 392, 396 f.; Siebold, Das neue Insiderrecht, S. 33 f. Zum Rückzug von Anlegern aufgrund von mangelndem Vertrauen in die Integrität des Kapitalmarkts vgl. etwa bei Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 253 ff. 173 So etwa Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Einleitung Rn. 1; Veil, ZGR 2016, 305, 308; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 20. 174 Vgl. hierzu auch Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 456 ff. 175 Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055 der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards hinsichtlich der technischen Mittel für die angemessene Bekanntgabe von Insiderinformationen und für den Aufschub der Bekanntgabe von Insiderinformationen gemäß Verordnung (EU) 596/2014, vgl. ABl. EU 2016 L 173/47. 176 Delegierte Verordnung (EU) 2016/522 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 596/2014 im Hinblick auf eine Ausnahme für bestimmte öffentliche Stellen und Zentralbanken von Drittstaaten, die Indikatoren für Marktmanipulation, die Schwellenwerte für die Offenlegung, die zuständige Behörde, der ein Aufschub zu melden

70

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

rungsverordnung (EU) 2016/3474177 und die §§ 26 Abs. 1, 119, 120 WpHG zusammen. Ergänzt werden diese Regelungen durch verschiedene Leitlinien der European Securities and Markets Authority (ESMA).178 Außerdem bestehen kommentierende ESMA-Questions and Answers (Q&A) zur MAR.179 Daneben hat die BaFin am 25. März 2020 das Modul C „Regelungen aufgrund der MAR“ ihres Emittentenleitfadens veröffentlicht.180 Der Emittentenleitfaden soll praktische Hilfestellungen für den Umgang mit den kapitalmarktrechtlichen Pflichten geben und die Verwaltungspraxis der BaFin erläutern. Eine detaillierte Darstellung sämtlicher genannter Rechtsakte im Hinblick auf die Ad-hoc-Publizitätspflicht und das Insiderhandelsverbot würde den Rahmen der Untersuchung sprengen und ist für die Beantwortung der Frage nach der Pflicht zur Ad-hoc-Compliance ohnehin nicht notwendig. Sofern geboten, wird an den jeweiligen Stellen der Untersuchung auf die weiteren, die MAR flankierenden Rechtsakte eingegangen. Es klingt zunächst einmal wenig überraschend, dass Kapitalmärkte möglichst manipulationsfrei betrieben werden sollten und es nicht zu Insiderhandel kommen darf. Beschäftigt man sich allerdings mit den Art. 14 und 15 MAR inklusive der genannten weiteren Rechtsakte, erkennt man, dass häufig, etwa bei Kapitalmarkttransaktionen, erhebliche Unwägbarkeiten existieren, ob nicht gegen das Marktmanipulations- oder das Insiderhandelsverbot verstoßen wird. Wie bereits erwähnt, ist für die vorliegende Untersuchung insbesondere das Insiderhandelsverbot relevant, weshalb dessen Grundlagen im Folgenden skizziert werden.

ist, die Erlaubnis zum Handel während eines geschlossenen Zeitraums und die Arten meldepflichtiger Eigenschäfte von Führungskräften, vgl. ABl. EU 2016 L 88/1. 177 Durchführungsverordnung (EU) 2016/347 der Kommission vom 10. März 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards im Hinblick auf das genaue Format der Insiderlisten und für die Aktualisierung von Insiderlisten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 596/ 2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, vgl. ABl. EU 2016 L 65/49. 178 MAR-Leitlinien, Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen (ESMA/2016/ 1478DE); MAR-Leitlinien, Personen, die Marktsondierungen erhalten (ESMA/2016/ 1477DE); MAR-Leitlinien, Informationen über Warenderivate oder verbundene Spotmärkte im Hinblick auf die Definition von Insiderinformationen über Warenderivate (ESMA/2016/ 1480DE); Final Report, Guidelines on the Market Abuse Regulation – market soundings and delay of disclosure of inside information (ESMA/2016/1130). 179 Questions and Answers on the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111). 180 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020.

A. Vermeidung von Insiderhandel

71

II. Insiderhandelsverbot Zum Verständnis der Ad-hoc-Publikationspflicht und deren Grundlagen ist es also geboten, sich zunächst allgemein mit dem Insiderhandelsverbot auseinanderzusetzen. Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil die meisten Begrifflichkeiten beim Insiderhandelsverbot dieselben wie bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht sind. Des Weiteren ist die Ad-hoc-Publizitätspflicht eng mit dem Insiderhandelsverbot verknüpft, sodass ein vertieftes Verständnis der Ad-hoc-Publikationspflicht voraussetzt, dass man die Ad-hoc-Publikationspflicht im Lichte des Insiderhandelsverbotes erörtert. Zum Verständnis des in Art. 14 MAR statuierten Insiderhandelsverbots und später dann auch der Ad-hoc-Publizitätspflicht ist es zunächst notwendig, sich einen Überblick über die relevanten Begrifflichkeiten und deren Bedeutungen zu verschaffen: 1. Insiderpapier Die MAR nennt nun nicht mehr ausdrücklich den Begriff „Insiderpapier“, der in § 12 WpHG a. F. noch auftauchte.181 Dort, wo in der MAR von „Finanzinstrumenten, auf die sich die Insiderinformation bezieht“ gesprochen wird, meint sie den Begriff des Insiderpapiers.182 Insiderpapiere sind damit Finanzinstrumente, die an einem Handelsplatz gehandelt werden (vgl. hierzu ausführlicher unter Teil 3 C.I.1.). Es genügt, wenn ein Antrag auf Zulassung bzw. Einbeziehung der jeweiligen Finanzinstrumente in einem Staat des europäischen Wirtschaftsraumes gestellt wurde (vgl. Art. 2 Abs. 1 MAR).183 Mit der Bezugnahme auf die Definition der Finanzinstrumente in Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 MAR i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente184 (markets in financial instruments directive „MiFID II“) wird eine über die verschiedenen EU-Rechtsakte hinweg einheitliche Begriffsbildung vorgenommen. Der Begriff des Finanzinstruments ist weiter als der des Wertpapiers und berücksichtigt damit auch die zahlreichen Finanzinnovationen. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 i. V. m. Anhang I Abschnitt C der MiFID II gehören zu den Finanzinstrumenten übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsanteile), Derivate, derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken, finanzielle Differenzgeschäfte (sogenannte contracts for 181

Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 306. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 306. 183 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 22. 184 Vgl. ABl. EU 2014 L 173/34. 182

72

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

difference (CfD)) und Emissionszertifikate.185 Dies lässt erkennen, dass der europäische Gesetzgeber eine umfängliche Erfassung möglichst aller gehandelten Finanzprodukte erreichen wollte. Der Finanzinstrumentebegriff ist daher nach dem Willen des EU-Gesetzgebers weit auszulegen.186 Zu den übertragbaren Wertpapieren gehören Aktien, Dividendenscheine, Schuldverschreibungen, einschließlich Optionsscheinen und Zertifikate, soweit sie, wie dies regelmäßig der Fall ist, als Schuldverschreibungen begeben werden.187 Aufgrund der erkennbaren Intention des Gesetzgebers, handelbare Finanzprodukte möglichst weitgehend zu erfassen, muss der Begriff Wertpapier so verstanden werden, dass auch Wertrechte erfasst werden, also insbesondere auch die grundsätzlich nichtverbrieften Anleihen der öffentlichen Hand. Übertragbarkeit bedeutet hier, dass der jeweilige Wertpapierinhaber die Wertpapiere auf einen anderen transferieren kann. Schwierig kann im Einzelfall die Bestimmung sein, ob die an einem Handelsplatz zum Kauf angebotenen Produkte als Finanzinstrumente zu klassifizieren sind.188 Das Problem entschärft sich allerdings, sofern man nicht in die schwierigen Abgrenzungen innerhalb des Finanzinstrumentebegriffs eintaucht, sondern lediglich prüft, ob ein Finanzinstrument vorliegt, ohne dieses dann näher zu bestimmen, da es für die Anwendbarkeit der MAR nicht darauf ankommt, welches Finanzinstrument vorliegt. Daher dürften nahezu sämtliche Finanztransaktionen, die über öffentliche Handelsplätze ablaufen, auch solche mit Finanzinstrumenten im Sinne der MiFID II und damit auch im Sinne der MAR sein. 2. Insiderinformation „Information ist eine überraschende Selektion aus mehreren Möglichkeiten. Sie kann als Überraschung weder Bestand haben noch transportiert werden; und sie muß systemintern erzeugt werden, da sie einen Vergleich mit Erwartungen voraussetzt. Außerdem sind Informationen nicht rein passiv zu gewinnen als logische Konsequenz von Signalen, die aus der Umwelt empfangen werden. Vielmehr enthalten sie immer auch eine volitive Komponente, das heißt einen Vorausblick auf das, was man mit ihnen anfangen kann. Bevor es

185 Vgl. hierzu auch bei Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 104 ff. 186 So auch Erwägungsgrund 3 der MiFID II: „In den letzten Jahren wurden immer mehr Anleger auf den Finanzmärkten aktiv; ihnen wird ein immer komplexeres und umfangreicheres Spektrum an Dienstleistungen und Finanzinstrumenten angeboten. Angesichts dieser Entwicklungen sollte der Rechtsrahmen der Union das volle Angebot der anlegerorientierten Tätigkeiten abdecken.“ 187 Die einzelnen Finanzinstrumente werden in Anhang I Abschnitt C der MiFID II namentlich genannt. 188 Vgl. hierzu etwa Hanten/Stump, RdF 2018, 189.

A. Vermeidung von Insiderhandel

73

zur Erzeugung von Informationen kommen kann, muß sich also ein Interesse an ihnen formieren.“189 „The most valuable commodity I know of is information.“190

Der im Kapitalmarktaufsichtsrecht wesentliche191 Begriff der Insiderinformation wird in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) MAR rechtlich definiert. Dabei handelt es sich um einen, wenn nicht den, grundlegenden Begriff des Kapitalmarktaufsichtsrechts. Der Begriff der Insiderinformation besitzt für das Insiderhandelsverbot und die Ad-hocPublizitätspflicht die zentrale Bedeutung (sogenanntes „einstufiges Modell“).192 Vor Inkrafttreten der MAR konnten die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie in nationales Recht entweder das „einstufige“ oder das „zweistufige Modell“ wählen. Beim zweistufigen Modell knüpfen das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publizitätspflicht an jeweils zwei unterschiedliche Insiderinformationsbegriffe an. Einige Mitgliedstaaten entschieden sich damals für dieses zweistufige Modell. In diesem griff das Insiderhandelsverbot früher als die Ad-hoc-Publizitätspflicht, da der Insiderinformationsbegriff beim Insiderhandelsverbot weiter auszulegen war.193 Mit dem nun normierten einstufigen Modell wird durch das Vorliegen einer Insiderinformation sowohl das Insiderhandelsverbot als auch die Ad-hoc-Publizitätspflicht relevant.194

189

Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 39. Gordon Gekko, im Film Wall Street aus dem Jahre 1987. 191 Hopt, ZGR 1991, 17, 29: „Zentralbegriff jeder Insiderregelung“; Klöhn, FS 25 Jahre WpHG, 2019, 524: „Herzstück“; Mülbert/Sajnovits, WM 2020, 1557, 1563: „Die Insiderinformation ist unter dem Regime der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) als zentrales Tatbestandsmerkmal sowohl der Insiderverbote als auch der Ad-hoc-Publizität konzipiert.“ Vgl. auch Hemeling, ZHR 2020, 397: „Die Ad-hoc-Publizität bildet zusammen mit den Insiderhandelsverboten einen Kernbereich des europäischen Kapitalmarktrechts und ist zugleich der interessanteste Teil der Kapitalmarktpublizität.“ Kiefner/Krämer/Happ, DB 2020, 1386: „Aus Sicht der Emittenten steht naturgemäß die Konturierung des Begriffs der Insiderinformation im Sinne von Art. 7 Abs. 1 MAR im Vordergrund, knüpfen hieran doch sowohl das Verbot von Insidergeschäften (Art. 8 ff. MAR) als auch die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität (Art. 17 MAR) an.“ 192 Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 8. Auflage 2016, S. 153; Krause, CCZ 2014, 248, 250; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 36; Kuthe, ZIP 2004, 883, 884 f.; Möllers, ZBB 2003, 390, 391; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, 148 f. 193 Vgl. hierzu auch Veil/Brüggemeier, in: Meyer/Veil/Rönnau (Hrsg.), Handbuch zum Marktmissbrauchsrecht, 2018, § 10 Rn. 42. 194 Teilweise wird allerdings ein zweistufiges Modell befürwortet, um zu verhindern, dass die Ad-hoc-Publizität zu früh eingreift und die Kapitalmärkte mit zu vielen Informationen geflutet werden, vgl. hierzu Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 37; Gunßer, ZBB 2011, 76, 80; Merkner/Sustmann, AG 2012, 315, 321; Möllers/Seidenschwann, NJW 2012, 2762, 2765; Vetter/Engel/Lauterbach, AG 2019, 160, 168. 190

74

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Die Insiderinformation nach der MAR entspricht hauptsächlich der Insiderinformation wie sie zuvor im deutschen Recht definiert wurde:195 Gemäß Art. 7 MAR sind Insiderinformationen „nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.“ Die Bestimmung dieser Tatbestandsmerkmale ist äußerst schwierig. Weiterhin ist es auch mit erheblichem Organisationsaufwand verbunden, die Informationsfülle, die täglich in Unternehmen entsteht, dahingehend zu separieren, was eine Insiderinformation und was noch eine gewöhnliche „Nichtinsiderinformation“ ist. Eine Insiderinformation zeichnet sich also insbesondere durch vier Tatbestandsmerkmale aus: 1. die Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit (vgl. unter Teil 3 A.II.2.a)), 2. eine hinreichend präzise Information (vgl. unter Teil 3 A.II.2.b)), unter Teil 3 A.II.2.b), 3. keine öffentliche Bekanntheit (vgl. unter Teil 3 A.II.2.c)) und 4. die Eignung zu erheblicher Kursbeeinflussung (vgl. Teil 3 A.II.2.d)).196 Beim Insiderhandelsverbot kommt es allerdings nur auf die drei letztgenannten (hinreichend präzise Information, fehlende öffentliche Bekanntheit und erhebliche Kursrelevanz) der vier Merkmale an. Die Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit besitzt also beim Insiderhandelsverbot keine eigenständige Bedeutung. Bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht werden hingegen alle vier Merkmale, inklusive des Merkmals der Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit, relevant. Der Übersichtlichkeit halber werden im Folgenden alle vier Tatbestandsmerkmale einer Insiderinformation erörtert, auch wenn das Merkmal „Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit“ nur bei der Ad-hoc-Publikationspflicht eine eigenständige Relevanz besitzt. a) Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit Um als eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation eingestuft werden zu können, muss sich die Information direkt oder indirekt auf einen oder mehrere Emittenten oder auf ein oder mehrere Finanzinstrument(e) selbst beziehen.197 Die Information muss also die Vermögenslage, die geschäftliche Situation oder die 195

Krause, CCZ 2014, 248, 250; Von der Linden, DStR 2016, 1036, 1037; Poelzig, NZG 2016, 528, 531. 196 EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 25; EuGH Urteil vom 11. März 2015 – C-628/13, Rn. 24; Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 44. 197 Siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 312.

A. Vermeidung von Insiderhandel

75

personelle bzw. organisatorische Struktur des Emittenten betreffen.198 Dazu reicht auch ein mittelbarer Bezug aus. Kursrelevante Informationen können daher z. B. auch bevorstehende Gesetzesänderungen oder allgemeine Wirtschaftskrisen sein.199 Wie oben bereits erwähnt, besitzt das Tatbestandsmerkmal der Emittenten- bzw. Finanzinstrumentebezogenheit neben der „erheblichen Kursrelevanz“ (vgl. Teil 3 A.II.2.d)) beim Insiderhandelsverbot keine eigenständige Bedeutung: Jede kursrelevante Information beim Insiderhandelsverbot betrifft auch den Emittenten oder ein Finanzinstrument .200 b) Hinreichend präzise Der Begriff der Insiderinformation war vor Inkrafttreten der MAR in § 13 WpHG a. F. definiert. § 13 WpHG a. F. enthielt den Begriff der „konkreten“ Information. Art. 7 MAR spricht nun von einer „präzisen“ Information. Nach allgemeinem Verständnis entspricht der Begriff der „präzisen Information“ dem Begriff der „konkreten Information“, der noch in § 13 WpHG a. F. verwendet wurde, da die Definition der präzisen Information aus Art.1 1 Abs. 1 RL 2003/124/EG in Art. 7 Abs. 2 Satz 1 MAR überführt wurde. Es handelt sich also lediglich um eine unterschiedliche Bezeichnung ohne inhaltliche Bedeutung.201 aa) Bezüglich Ereigniseintritt „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“202

Gemäß Art. 7 Abs. 2 S. 1 MAR ist eine Information präzise genug, um eine Insiderinformation darzustellen, wenn sie entweder bereits eingetretene oder vernünftigerweise zu erwartende Umstände oder Ereignisse betrifft. Hiervon sind also auch zukünftige Ereignisse, die eine Insiderinformation darstellen können, erfasst. Fraglich ist, wann ein Ereigniseintritt „vernünftigerweise“ zu erwarten ist. Die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Eintritts eines zukünftigen Ereignisses erfordert eine zweifache Prüfung: Wie bei jeder Insiderinformation muss die „Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Kursrelevanz“ geprüft werden. Zusätzlich muss aber auch die „Eintrittswahrscheinlichkeit“ des zukünftigen Ereignisses be198 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 51. 199 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 51. 200 Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 77 f.; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7 Rn. 116. 201 Siehe Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7 Rn. 17. 202 Goethe, Faust, Der Tragödie erster Teil, 1808, Vers 765.

76

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

trachtet werden.203 Das Thema der „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“ war auch bereits bei der „deutschen Vorgängernorm“ (vgl. § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG a. F.) umstritten.204 Es haben sich unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsbegriffe herausgebildet: (i) den der „hinreichenden Wahrscheinlichkeit“205, (ii) den der „realistischen Wahrscheinlichkeit“206, (iii) den der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“207 sowie (iv) den der „hohen Wahrscheinlichkeit“208. Die Wahrscheinlichkeitshöhe bemisst sich danach, inwieweit ein verständiger Anleger das künftige Ereignis einem bereits eingetretenen Ereignis gleichstellt.209 Im Jahr 2012 lehnte der EuGH das Erfordernis einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ und der sog. „Probability-Magnitude-Formel“210, zumindest hinsichtlich der Bestimmung der präzisen Information, ab.211 Laut der Probability-Magnitude-Formel beachtet ein vernünftiger Anleger nicht nur die Eintrittswahrscheinlichkeit eines zukünftigen Ereignisses (probability), sondern auch die durch das zukünftige Ereignis zu erwartende Kursauswirkung (magnitude).212 Nach dem EuGH soll eine hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit dann vorliegen, wenn der zukünftige Ereigniseintritt „vernünftigerweise“ vorhersehbar ist.213 Dies entwickelte der EuGH aus den Sprachfassungen anderer Mitgliedstaaten, die anders als das deutsche WpHG nicht auf eine „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ verwiesen, sondern auf den Begriff der „Vernünftigkeit“ abstellten.214

203 Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 138; Park, NStZ 2007, 369, 373 f. 204 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 319; Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 116; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 136. 205 Kleinmann, Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, 1998, S. 42. 206 Kümpel, WM 1994, 2137, 2040. 207 Bachmann, ZHR 2008, 597, 603; Meyer/Kiesewetter, WM 2009, 340, 341; Lebherz, WM 2010, 154, 157. 208 Weber, BB 1995, 157, 164; Gunßer, NZG 2008, 855, 858; Kocher/Widder, NZI 2010, 925, 926; Parmentier, NZG 2007, 407, 411. 209 Kocher/Widder, NZI 2010, 925, 926. 210 Zur Probability-Magnitude-Formel vgl. Leyens, ZGR 2020, 256, 262 ff. 211 EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 46, 50; vgl. auch Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 320; Giering, CCZ 2016, 214, 215; vgl. auch Spatz, Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019, S. 79; auch Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, 155 f. 212 Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 67; Gunßer, NZG 2008, 855, 857. 213 EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 44; Hopt/Kumpan, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 45. 214 EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 42; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 71.

A. Vermeidung von Insiderhandel

77

Folgt also aus einer möglichst umfassenden Würdigung der bereits verfügbaren Anhaltspunkte, dass das künftige Ereignis eintreten wird, liegt nach dem EuGH eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor.215 An dieser EuGH-Rechtsprechung orientiert sich auch die MAR.216 Gemäß Erwägungsgrund 16 S. 2 MAR muss in einer Gesamtbewertung aller existierenden Faktoren eine „realistische Wahrscheinlichkeit“217 festgestellt werden, dass das Ereignis tatsächlich eintritt.218 Wie wahrscheinlich dieser Ereigniseintritt sein muss, damit „vernünftigerweise“ mit dessen Eintritt zu rechnen ist, wird allerdings nicht beantwortet. Ob eine realistische Wahrscheinlichkeit zumindest eine Eintrittswahrscheinlichkeit von „50 % + x“ voraussetzt, bleibt auch nach der EuGH-Entscheidung weiter unklar.219 BaFin220, BGH221 und die herrschende Literaturmeinung222 gehen von einer überwiegenden Eintrittswahrscheinlichkeit aus, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit bei 50 % + x liegt.223 Der Emittent prüft somit nach einer Würdigung der verfügbaren Anhaltspunkte (Gesamtbetrachtung) und unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten, ob die Eintrittswahrscheinlichkeit des betrachteten Ereignisses größer ist, als diejenige des Nichteintritts.224 Es sind dabei alle Umstände und Informationen zu würdigen, wobei auch zu berücksichtigen ist, wie sich vergleichbare Sachverhalte in der Vergangenheit realisiert oder nicht realisiert haben und was im konkreten Fall für oder gegen den Ereigniseintritt spricht.

215

EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 45; Giering, CCZ 2016, 214, 215; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 71. 216 Krause, CCZ 2014, 248, 250 f.; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 320; Giering, CCZ 2016, 214, 215. 217 Siehe Poelzig, NZG 2016, 528, 532; Söhner, BB 2017, 259, 260. 218 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 321. 219 EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11; Giering, CCZ 2016, 214, 215. 220 BaFin FAQ zu Art. 17 Nr. III. 5. a). 221 Vgl. dazu BGH Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, NZG 2013, 708, 712, Rn. 29 f. 222 Vgl. etwa Seibt/Danwerth, NZG 2019, 121, 123; Giering, CCZ 2016, 214, 215; Hopt/ Kumpan, ZGR 2017, 765, 774 f.; Klöhn, AG 2016, 423, 428; Poelzig, NZG 2016, 528, 532; Ekkenga, NZG 2013, 1081, 1084; Klöhn, AG 2016, 423,428; Kraack, ZIP 2020, 1389, 1390; Merkner/Sustmann/Retsch, AG 2019, 621, 625; Poelzig, NZG 2016, 528, 532; RedeniusHövermann/Walter, ZIP 2020, 1331, 1333. 223 Hierzu auch Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 58; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 71; BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 10; 224 BGH Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, NZG 2013, 708, 712, Rn. 29; Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 57 f.; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 71.

78

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Wird schließlich bejaht, dass der Ereigniseintritt wahrscheinlicher ist, als der des Nichteintritts, so ist mit dem Eintritt vernünftigerweise zu rechnen und das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit erfüllt. bb) Bezüglich Kursbeeinflussungspotenzial Um als eine Insiderinformation zu klassifizieren, muss die jeweilige Information hinreichend „kursspezifisch“ sein. Hinreichend spezifisch ist eine Information dann, wenn man aus ihr folgern kann, dass sich das Ereignis auf den zukünftigen Kurs des Finanzinstruments auswirkt, sofern es öffentlich bekannt werden würde.225 Es genügt eine nur „mögliche“ Kursauswirkung; der Umfang und auch die Richtung der Preisbewegung spielen an dieser Stelle noch keine Rolle.226 Nach Art. 7 Abs. 2 S. 1 MAR ist eine Information dann spezifisch genug, wenn sie einen Rückschluss auf die mögliche Auswirkung der Umstände auf den Kurs des Finanzinstruments zulässt. Dieser Prüfungsschritt besitzt in der Praxis, neben dem Merkmal der „erheblichen Kursrelevanz“, jedoch keine eigenständige Bedeutung.227 Denn sofern die Eignung zur erheblichen Preisbeeinflussung bejaht wird, liegt automatisch auch eine hinreichend präzise Information vor.228 Durch das Merkmal der kursspezifischen Information werden lediglich frühzeitig offensichtlich irrelevante Informationen, von denen keine wirklichen Preisbewegungen zu erwarten sind, im Rahmen einer Evidenzkontrolle aussortiert.229 Unspezifisch und damit keine Insiderinformationen sind solche Informationen, aus denen kein Schluss hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkungen auf den Kurs des Finanzinstruments gezogen werden kann, wie etwa Gedankenspiele eines Vorstands über ein mögliches Wachstumspotenzial des Unternehmens.230 Bedeutsam sind somit nur solche bereits gegebenen oder hinreichend wahrscheinlichen Umstände, die einen Sachverhalt inhaltlich so prägen, dass ein verständiger Anleger anhand dieser Umstände mit einem zukünftig veränderten Wert des Finanzinstruments rechnet, weshalb er diese Umstände bei seiner Anlageent-

225

EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 29. EuGH Urteil vom 11. März 2015 – C-628/13, Rn. 34; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7 Rn. 90. 227 So auch Kraack, ZIP 2020, 1389, 1390: „Der Sache nach wird es vom Kriterium des Kursbeeinflussungspotentials konsumiert.“; vgl. auch Herfs, DB 2013, 1650, 1653. 228 Klöhn, NZG 2015, 809, 810; Herfs, DB 2013, 1650, 1653. 229 Bayram/Meier, WM 2018, 1295, 1301; Klöhn, NZG 2015, 809, 813; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7 Rn. 82; EuGH Urteil vom 11. März 2015 – C-628/13, Rn. 31. 230 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 11. 226

A. Vermeidung von Insiderhandel

79

scheidung berücksichtigen wird.231 Dann ist die Information hinreichend präzise und klassifiziert damit auch als Insiderinformation.232 Liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit des zur Preisbewegung grundsätzlich geeigneten Ereignisses über 50 %, liegt eine präzise Information vor.233 c) (Noch) nicht öffentlich bekannt „Man muß einschätzen können, welche Mitteilungen für andere Information bedeuten, also etwas, was sie nicht oder nicht sicher wissen, ergänzen.“234

Eine Insiderinformation liegt nur dann vor, wenn sie (noch) „nicht öffentlich bekannt“ ist. Das Tatbestandsmerkmal der nicht öffentlichen Bekanntheit ist negativ abzugrenzen.235 Es ist also danach zu fragen, wann eine Information als hinreichend öffentlich bekannt gilt. Hinreichend öffentlich bekannt ist eine Information dann, wenn eine unbestimmte Personenanzahl über allgemein zugängliche Informationsquellen von ihr Kenntnis nehmen kann und daher die Kursrelevanz der Information einschätzen kann.236 Ausschlaggebend ist, dass grundsätzlich jeder interessierte Marktteilnehmer (das sogenannte „breite Anlegerpublikum“) Kenntnis von der Information nehmen kann. Auf ein tatsächliches Kenntnisnehmen einer bestimmten Personenanzahl kommt es hingegen nicht an.237 Die BaFin schreibt dazu in ihrem Emittentenleitfaden: „Die Veröffentlichung der Insiderinformation in einem nur in bestimmten Kreisen einschlägigen (Börsen-)Informationsdienst oder Newsboard genügt grundsätzlich dem Erfordernis der Information eines breiten Anlegerpublikums nicht. Aus dem gleichen Grund gilt eine Information auch nicht als öffentlich bekannt, wenn sie lediglich im Handelsregister abrufbar ist. Veröffentlichungen in der Lokalpresse führen in der Regel ebenfalls nicht dazu, dass eine Information als „öffentlich bekannt“ im Sinne des Art. 7 Abs. 1 MAR gilt. Denn auch in diesen Fällen ist nicht davon auszugehen, dass die Information einem breiten Anlegerpu231 Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 70, 76; vgl. auch Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 174 f. zum Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Ereignisses vor Eintritt der MAR. 232 Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 70 f. 233 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 175; Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 35. 234 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 39. 235 Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 166 ff. 236 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 325; Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 82, 93. 237 Siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 325; Kumpan, in: Baumbach/Hopt (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 38. Auflage 2018, VO (EU) Nr. 596/2014 Art. 7 Rn. 5.

80

Teil 3: Ad-hoc-Compliance blikum zugänglich gemacht worden ist. Veröffentlichungen mittels sozialer Netzwerke gewährleisten ebenfalls keinen schnellen, zielgerichteten Zugang an ein breites Anlegerpublikum. Wird jedoch die Information nachfolgend von der überregionalen Presse aufgenommen und weiterverbreitet, ist die Information als öffentlich bekannt anzusehen. Ebenfalls nicht ausreichend für ein öffentliches Bekanntsein ist es, wenn die in Rede stehende Information im Rahmen einer Pressekonferenz des Unternehmens oder anlässlich einer Hauptversammlung bekannt gegeben wurde. Diese Veranstaltungen richten sich gerade nicht an eine unbestimmte Zahl von Interessierten, sondern gewähren nur einem bestimmten Kreis von Personen Zutritt. Dies gilt auch, wenn die Hauptversammlung „live“ im Internet übertragen wird oder die Information auf der Homepage des Unternehmens eingestellt wird. In keinem dieser Fälle ist hinreichend gewährleistet, dass die Insiderinformation zeitgleich dem breiten Anlegerpublikum bekannt wird. Auch die Gerichtsöffentlichkeit erfüllt grundsätzlich nicht den Begriff des öffentlichen Bekanntseins im Sinne der MAR.“238

Damit wird deutlich, dass relativ hohe Anforderungen daran bestehen, eine Information als öffentlich bekannt einzustufen, da nach der BaFin-Ansicht wohl nur die Veröffentlichung in solchen Medien ausreichend ist, die nicht nur frei zugänglich sind, sondern daneben auch regelmäßig von einem „Nicht-Fachpublikum“ wahrgenommen werden. Hier kann man schon die Frage stellen, ob die BaFin die Anforderungen nicht etwas überdehnt.239 Warum sollte es nicht ausreichen, Informationen dort zu haben, wo sie regelmäßig von kapitalmarktinteressierten Teilnehmern wahrgenommen werden? Die Einstufung von Informationen als nicht öffentlich bekannt, sofern diese nur in Fachmedien veröffentlicht werden, sollte daher überdacht werden. Zwar ist es Zweck der Ad-hoc-Pflicht, Informationsasymmetrien am Kapitalmarkt möglichst weit zu reduzieren, es lässt sich aber durchaus vertreten, dass dieser Zweck fast genauso gut gefördert wird, indem man die Informationsveröffentlichung in solchen Medien ausreichen lässt, die regelmäßig von Kapitalmarktteilnehmern zur Kenntnis genommen werden. Sofern eine vermeintliche Insiderinformation durch allgemeine Medien wie Zeitung, Radio oder Fernsehen und nicht durch den Emittenten selbst bekannt gemacht wurde, gilt zu beachten, dass „nicht öffentlich bekannt“ beim Insiderhandelsverbot eine andere Bedeutung besitzt als bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht:240 Beim Insiderhandelsverbot genügt jedwede öffentliche Bekanntgabe, um eine Insiderinformation und das damit einhergehende Insiderhandelsverbot nach Art. 14 MAR auszuschließen. Es ist hier also unerheblich, ob der Emittent selbst die Information öffentlich bekannt gemacht hat, etwa durch die Veröffentlichung einer Insiderinformation im Rahmen des Art. 17 MAR, oder diese auf sonstige Weise durch Dritte der Öffentlichkeit hinreichend zugänglich gemacht wurde. 238

BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020 S. 10 f. 239 Kritisch auch Kraack, ZIP 2020, 1389, 1390: „Praxisfern“. 240 Vgl. zum Folgenden Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 189 f.; siehe auch Ziemons, NZG 2004, 537, 542.

A. Vermeidung von Insiderhandel

81

Bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht hingegen zählt eine Insiderinformation nur dann als öffentlich bekannt, wenn sie durch den Emittenten selbst oder durch offiziell anerkannte Mechanismen veröffentlicht wurde. Offiziell anerkannte Mechanismen sind in Deutschland beispielsweise die Veröffentlichung im überregionalen Börsenpflichtblatt oder andere Börseninformationsdienste, zu denen jeder interessierte Marktteilnehmer Zugang hat. Würde die öffentliche Bekanntgabe irgendwo online ausreichen, entfiele häufig das Merkmal „keine öffentliche Bekanntgabe“. Somit läge keine Insiderinformation vor und es bestünde auch keine Ad-hoc-Publizitätspflicht. Bei der Informationsbekanntgabe durch solche Kommunikationsmittel, die außerhalb des Einflussbereiches des Emittenten liegen, besteht aber das Risiko der Verbreitung von Falschinformationen. Daher sind Emittenten weiterhin zur Abgabe einer Ad-hoc-Mitteilung verpflichtet. Für die Ad-hoc-Publikationspflicht gilt daher, dass der Emittent die Insiderinformation grundsätzlich selbst publizieren muss, die bereits erfolgte anderweitige Bekanntgabe genügt regelmäßig nicht. Dies empfahl auch der Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Wertpapierwesen (sogenanntes Committee of European Securities Regulators (CESR) – Vorgängerinstitution der ESMA) für die Auslegung des unter der alten Rechtslage geltenden Art. 6 Abs. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie.241 Bei einer bereits erfolgten öffentlichen Bekanntgabe in anderen Medien scheiden aber Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot aus, da dem Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Bekanntheit beim Insiderhandelsverbot eine andere Bedeutung als bei der Ad-hoc-Publikationspflicht zukommt. d) Geeignet zur erheblichen Preisbeeinflussung: die Sicht des „verständigen“ Anlegers „a difference which makes a difference“242

Um als Insiderinformation zu gelten, muss die Information zudem dazu geeignet sein, den Marktpreis im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens erheblich zu beeinflussen. Dem Merkmal der Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung wird eine hohe Bedeutung beigemessen, um den Begriff der Insiderinformation und die damit einhergehenden Pflichten nicht uferlos werden zu lassen,243 da so Bagatellfälle ausgesondert werden.244 241

CESR Empfehlung zu Art. 6 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG: CESR’s Advice on Level 2 Implementing Measures for the proposed Market Abuse Directive, CESR/ 02-089d, S. 21. 242 Bateson, Steps to an Ecology of Mind, 1972, S. 452. 243 Bingel, AG 2012, 685, 689.

82

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Ob Informationen dazu geeignet sind, den Kurs eines Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen, ist aus der objektiven Ex-ante-Perspektive eines verständigen Anlegers zu beurteilen (sogenannter „reasonable investor test“, vgl. auch Art. 7 Abs. 4 MAR).245 Die Geburtsstunde des „verständigen Anlegers“ war im Jahre 1976, in dem der U. S. Supreme Court im Grundsatzurteil TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc. auf den „reasonable shareholder“ als Maßstab zum Nachweis der „materiality“ einer Information abstellte.246 Relevant ist, ob ein verständiger Anleger die jeweilige Information bei Kenntnis aller sonstigen öffentlich bekannten Umstände wahrscheinlich für seine Anlageentscheidung nutzen würde oder nicht.247 Es handelt sich hier wieder, wie bei dem Tatbestandsmerkmal der präzisen Information auch (vgl. Teil 3 A.II.2.b)), um eine Prognoseentscheidung.248 So ist auch bei der erheblichen Kursrelevanz zu prüfen, ob eine Wahrscheinlichkeit von über 50 % besteht, dass beim öffentlichen Bekanntwerden der Insiderinformation mit einer erheblichen Kursbeeinflussung zu rechnen ist.249

244

Cahn, ZHR 1998, 1, 16. BGH Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10, NJW 2012, 1800, Rn. 41; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7 Rn. 156; Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 117; Pananis, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2015, § 38 Rn. 61; vgl. Klöhn, ZHR 2013, 349; Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 40. 246 TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U. S. 438, 449 (1976): „An omitted fact is material if there is a substantial likelihood that a reasonable shareholder would consider it important in deciding how to vote. [. . .]. It does not require proof of a substantial likelihood that disclosure of the omitted fact would have caused the reasonable investor to change his vote. What the standard does contemplate is a showing of a substantial likelihood that, under all the circumstances, the omitted fact would have assumed actual significance in the deliberations of the reasonable shareholder. Put another way, there must be a substantial likelihood that the disclosure of the omitted fact would have been viewed by the reasonable investor as having significantly altered the ”total mix” of information made available.” Vgl. hierzu auch Kumpan/ Misterek, ZHR 2020, 180, 182. 247 Vgl. Häller/Roggemann, NZG 2019, 1005, 1007; Leyens, ZGR 2020, 256, 265 ff. Die Definition geht zurück auf die genannte Entscheidung des Supreme Courts aus dem Jahre 1976. Dieser entschied, in seinem Urteil TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., dass eine Information relevant (material) im Sinne von Securities Exchange Act Rule 14a-9 sei, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass ein verständiger Anleger (reasonable investor) die Information bei seiner Entscheidung berücksichtige, vgl. TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U. S. 1976, 438, 449; vgl. ausführlich zum Begriff des „verständigen Anlegers“ Spatz, Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019, S. 71 ff. 248 Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 136; Kumpan/Misterek, ZHR 2020, 180, 188. 249 Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 137. 245

A. Vermeidung von Insiderhandel

83

aa) Der relevante Anleger Es gibt unterschiedliche Ansichten, wie sich der für die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung maßgebliche fiktive Anleger bestimmt. Es wird auf einen durchschnittlichen250 oder auf einen börsenkundigen251 Anleger rekurriert. Der „börsenkundige Anleger“ ist mit den Gegebenheiten am Kapitalmarkt vertraut und kann Informationen eigenständig analysieren und bewerten.252 Emittenten, die aus der Sicht eines börsenkundigen Anlegers das Kursbeeinflussungspotenzial bewerten müssen, können regelmäßig ohne die Hinzuziehung von Experten keine hinreichend präzise Analyse der Kurserheblichkeit einer Information vornehmen.253 Das Hinzuziehen von Experten belastet aber insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen. „Durchschnittliche Anleger“ sind häufig nicht hinreichend in der Lage, Informationen und deren Auswirkungen auf den Kurs eines Finanzinstruments hinreichend zu bewerten. Emittenten könnten so wesentliche Informationen als nicht kursrelevant einstufen, sodass weder das Insiderhandelsverbot noch die Ad-hocPublizitätspflicht greifen würden. Die Emittenten könnten stets argumentieren, dass es sich zwar grundsätzlich um eine bedeutsame Information handele, der Durchschnittsanleger aber selbst solche bedeutsamen Informationen bei seinen Anlageentscheidungen regelmäßig nicht berücksichtige.254 Wie viel Wissen bzw. wie viel „weniger“ Wissen der durchschnittliche Anleger im Vergleich zum börsenkundigen Anleger besitzt, ist schwer zu bestimmen. Daher ist der Maßstab des durchschnittlichen Anlegers mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.255 Richtigerweise sollte man den Maßstab zwischen dem börsenkundigen und dem durchschnittlichen Anleger finden.256 Ein fixer Durchschnittswert ist nicht zielsicher zu bestimmen. Der Marktteilnehmerkreis ist dafür zu unterschiedlich. Aufgrund des unterschiedlichen Sachverständnisses der Marktteilnehmer sind stets unterschied-

250

So noch Assmann, in: Assmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 1995, § 13 Rn. 65; Caspari, ZGR 1994, 530, 540. 251 Misterek, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, S. 8; Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 162; Schwark/Kruse, in: Schwark/Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Auflage 2010, § 13 WpHG Rn. 47; Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 141. 252 Mennicke/Jakovou, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 13 Rn. 141; Kiefner/Krämer/Happ, DB 2020, 1386, 1387. 253 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integreren Finanzmarkts, 2005, S. 192. 254 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integreren Finanzmarkts, 2005, S. 193. 255 Sethe, in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalmarktrechts, 4. Auflage 2015, § 8 Rn. 66. 256 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 193; vgl. hierzu auch Hasselbach/Stepper, BB 2020, 1538, 1542.

84

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

liche Kursreaktionen (Szenarien257) vorstellbar. Daher ist zu fragen, wie der konkret betroffene Markt bei Offenlegung der Information reagieren würde, ob Schwankungen außerhalb der gewöhnlichen Volatilität zu erwarten sind.258 Somit ist auf erwartetes Marktverhalten abzustellen. Ob sich der Börsenkurs tatsächlich nach dem Bekanntwerden der Information ändert, ist unerheblich. Eine tatsächlich eingetretene Kursveränderung kann aber zumindest eine Anscheinsvermutung für das vorherige Vorliegen einer erheblichen Kursrelevanz besitzen.259 Als Indiz dient es deshalb auch, wenn vergleichbare Informationen in der Vergangenheit zu einer erheblichen Kursveränderung geführt haben.260 Daher können Emittenten, die bei bestimmten Informationen bereits in der Vergangenheit das Kursbeeinflussungspotenzial geprüft haben, auf ihre Erfahrungswerte zurückgreifen und die Ergebnisse von vergangenen Analysen heranziehen. Die grundsätzliche Unerheblichkeit der tatsächlichen Kursveränderung begründet sich damit, dass bereits die mögliche Verwendung von Insiderinformationen bewirken kann, dass das Anlegervertrauen auf den gleichberechtigten Informationszugang abnimmt, dass die MAR gerade schützen möchte.261 Daher wird auch bereits der versuchte Insiderhandel verboten. Erhebliche Kursrelevanz liegt somit vor, wenn der verständige Anleger davon ausgeht, dass sich ein Geschäft für ihn wirtschaftlich lohnen wird, weil er mit für seine Anlage positiven Kursschwankungen rechnet.262 Das Adjektiv “verständig” lässt den Schluss zu, dass der relevante Anleger über einen gewissen Erfahrungs- und Wissensschatz verfügt und auf der Basis von nachvollziehbaren Regeln agiert.263 Somit muss die nicht öffentlich bekannte Information einen Handelsanreiz für den Anleger schaffen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Anleger von einem nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil und Gewinn ausgeht, für den er sein Insiderwissen einsetzt.264

257

Klöhn, NZG 2015, 809, 811. Misterek, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, S. 9; so auch Klöhn, NZG 2015, 809, 811, der auf die Markterwartungen abstellt. 259 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 328; Kraack, ZIP 2020, 1389, 1392: „Je höher der Kursausschlag, desto stärker die Indizwirkung“. 260 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 195. 261 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 328; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 109 f. 262 Vgl. dazu BaFin FAQ zu Art. 17 Nr. III. 5. b); Pananis, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), MüKo-StGB, 2. Auflage 2015, § 38 Rn. 61; Kuthe/Lingen, CB 2020, 270, 272. 263 Kumpan/Misterek, ZHR 2020, 180, 182. 264 Vgl. dazu BaFin FAQ zu Art. 17 Nr. III. 5. b); Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 113, 193; Klöhn, NZG 2015, 809, 815. 258

A. Vermeidung von Insiderhandel

85

bb) Ausmaß der Preisbewegung Der Maßstab des „verständigen Anlegers“ ist in der Anwendung schwierig. Zunächst ist fraglich, ab welchem Schwellenwert eine Kursbeeinflussung als „erheblich“ klassifiziert.265 Fixe Schwellenwerte helfen nicht weiter, da ein genauer Prozentsatz einer möglichen zukünftigen Kursbewegung nicht zuverlässig ermittelt werden kann. Dies liegt unter anderem daran, dass neben der fraglichen Information auch viele weitere nicht hinreichend klar abgrenzbare Umstände den Kurs eines Finanzinstruments beeinflussen können.266 Kriterien hat etwa das CESR herausgegeben: „Bedeutung der Umstände/Ereignisse unter Beachtung aller Emittentenaktivitäten, Wichtigkeit der Information für die preisbildenden Faktoren, Zuverlässigkeit der Quelle und sämtliche Variablen, die das Finanzinstrument betreffen.“267

Die Kriterien sind allerdings nicht konkret genug, unverbindlich, unvollständig und damit letztlich wenig praktikabel, um eine hinreichend konkrete Beurteilung des Erheblichkeitskriteriums vorzunehmen. Das Kriterium der „sämtlichen Variablen“ bezieht faktisch wieder alle weiteren denkbaren Kriterien mit in die Prognose ein. Eine Ermittlung des „Kursbeeinflussungspotenzials“ lässt sich somit nicht mit mathematischer Genauigkeit durchführen. Zusätzlich ist die Beurteilung, ob eine hinreichend kursbeeinflussende Information vorliegt, innerhalb der EU-Mitgliedstaaten und auch von Insider zu Insider unterschiedlich.268 Zwar muss aufgrund der Einheitlichkeit und Effektivität des Unionsrechts eine möglichst identische Bestimmung des Kursbeeinflussungspotenzials erfolgen, es ist allerdings wahrscheinlich, dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche ökonomische Methoden zur Bestimmung des Kursbeeinflussungspotenzials angewendet werden. Die notwendige Prognose hängt von verschiedenen branchen-, unternehmensund wertpapierspezifischen Faktoren ab und ist damit eine Einzelfallentscheidung.269 Sie ist in Zweifelsfällen mit einem hohen Fehlerrisiko behaftet, da Emittenten nicht die Erwartungshaltung aller oder auch nur vieler Marktteilnehmer kennen können. Wichtige Merkmale zur Bestimmung des Kursbeeinflussungspotenzials sind etwa die bisherige Kapitalmarktkommunikation des Unternehmens, die Verlässlichkeit 265

Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 57; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 327 ff.; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 194. 266 Pananis, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), MüKo-StGB, 2. Auflage 2015, § 38 Rn. 62. 267 Zu den unverbindlichen Kriterien siehe die CESR Empfehlung: CESR’s Advice on Level 2 Implementing Measures for the proposed Market Abuse Directive, CESR/02-089d, S. 11, (Nr. 27); vgl. auch Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 194 f. 268 So auch Poelzig, NZG 2016, 528, 532; dazu auch Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 153. 269 Hölters, in: Hölters (Hrsg.), AktG, 3. Auflage 2017, § 93, Rn. 209; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 199.

86

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

der Informationsquelle, die Markterwartung sowie die Gesamttätigkeit des Unternehmens.270 cc) Wenig Erfahrung von Freiverkehrsemittenten Kleinere und mittlere Unternehmen, die ihre Papiere im Freiverkehr einbeziehen lassen, haben weniger Erfahrungswerte hinsichtlich der Analysen im Zusammenhang mit der „erheblichen Kursrelevanz“, da sie vor Inkrafttreten der MAR keine Adhoc-Meldungen abgeben mussten.271 Freiverkehrsemittenten könnten daher vorsichtshalber vorschnell Informationen als hinreichend „kursrelevant“ einstufen und so Ad-hoc-Mitteilungen zu früh abgeben. So ist es etwa bei anstehenden Transaktionen häufig notwendig, einzelne Informationen lange vertraulich zu behandeln.272 Wegen einer zu frühen Veröffentlichung und einer darauffolgenden negativen Presseberichtserstattung können etwa die Platzierungschancen am Markt negativ beeinflusst werden, sodass die Aktiennachfrage aufgrund einer Negativberichterstattung sinkt.273 So kann durch die frühzeitige Informationsveröffentlichung der Transaktionsabschluss gefährdet werden.274 Auch können sich Umstände nachträglich verändern und die frühzeitig veröffentlichte Information trifft nicht mehr auf den nachträglich eingetretenen Sachverhalt zu.275 Dadurch können Anlegererwartungen enttäuscht und das Anlegervertrauen in die Kapitalmärkte geschwächt werden.276 Dies verschärft sich dadurch, dass Anleger dazu neigen, veröffentlichte Informationen zu überschätzen und diese wie vollendete Tatsachen behandeln.277 e) Entstehungszeitpunkt Schwierig ist auch die Bestimmung des genauen Zeitpunktes, ab dem sich eine Nichtinsiderinformation in eine Insiderinformation verwandelt. Diese Bewertung kann sich innerhalb weniger Stunden ändern.

270 Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 54. 271 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 195. 272 Schmid, BKR 2012, 338, 345; Parmentier, NZG 2007, 407, 409. 273 Parmentier, NZG 2007, 407, 408. 274 Schmid, BKR 2012, 338, 345. 275 Vgl. Schmid, BKR 2012, 338, 345. 276 Parmentier, NZG 2007, 407, 415; Gunßer, NZG 2008, 855 ff.; Schmid, BKR 2012, 338, 345; vgl. ausführlich zum Anlegervertrauensschutz Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 54 ff. 277 Gunßer, NZG 2008, 855, 857.

A. Vermeidung von Insiderhandel

87

aa) Allgemeine Informationslage „Ich lese keine Zeitungen. Was wirklich wichtig ist, erfahre ich an der Börse.“278

Auch die allgemeine Nachrichtenlage kann eine Rolle beim Entstehungszeitpunkt einer Insiderinformation spielen. Eine Information kann am Vortag noch eine gewöhnliche Nichtinsiderinformation darstellen, wenn beispielsweise an diesem Tag in den Medien viele, den Emittenten nicht betreffende, Nachrichten veröffentlicht werden, die die Kapitalmarktteilnehmer vorrangig beschäftigen. Zu diesem Zeitpunkt ist daher noch mit keiner erheblichen Kursreaktion zu rechnen, mit der Folge, dass auch keine Insiderinformation vorliegt. Dies kann an einem darauffolgenden „ruhigen Tag“ wiederum anders aussehen, wenn wegen des an diesem Tag geringen Nachrichtenflusses der betreffenden Information von den Anlegern größere Bedeutung zugemessen wird und deswegen eine erhebliche Kursreaktion erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass stets auch unternehmensexterne Umstände bei der Bestimmung von Insiderinformationen zu berücksichtigen sind. Für Emittenten stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Sie müssen anhand vieler Faktoren permanent prüfen, ob sich gewöhnliche Informationen zu Insiderinformationen gewandelt haben. bb) Zeitlich gestreckte Sachverhalte Mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist auch die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem eine Insiderinformation vorliegt, sofern sich die Information auf einen Prozess, also auf einen sogenannten „zeitlich gestreckten Sachverhalt“, bezieht. Ausgelöst durch den Rechtsstreit in der Sache Geltl/Daimler, wurde dies zu einem zentralen Thema des Insiderrechts.279 Inhalt des Rechtsstreits war die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Ex-Daimler-Aktionär Geltl gegen die Daimler AG, die den geplanten Rücktritt ihres am Kapitalmarkt unbeliebten Vorstandsvorsitzenden zu spät veröffentlicht haben soll.280 Fraglich war, ob die Rücktrittsabsicht oder die Mitteilung selbiger an den Aufsichtsratsvorsitzenden bereits als ein veröffentlichungspflichtiger Zwischenschritt hin zum eigentlichen Rücktritt zu qualifizieren war.281 Grundsätzlich jedenfalls ist bereits die Rücktrittsabsicht eines Vorstandsmitglieds dazu geeignet, den Kurs eines Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen. Solche sog. „gestreckten Sachverhalte“ stellen einen zeitlich gestreckten Vorgang dar, bei dem es zu einem Endereignis kommt, es aber dazu Zwischenschritten bedarf , 278 279 280 281

Das Zitat stammt vom Bänker Amschel Meyer Rothschild. Zur Problematik vgl. auch EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11. Zum Sachverhalt vgl. EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11. Zum Sachverhalt vgl. EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11.

88

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

damit das Endereignis eintritt.282 EuGH und BGH haben bereits ausgeführt, dass neben dem zukünftigen Endereignis innerhalb eines zusammengehörenden Geschehensablaufs auch Zwischenschritte präzise Informationen und somit eigenständig zu veröffentlichende Insiderinformationen sein können, sofern sie für sich alleine betrachtet die Voraussetzungen einer Insiderinformation erfüllen.283 Der europäische Gesetzgeber hat diese, zuvor von den Gerichten verwendete, wenig hilfreiche Formulierung, nach der auch Zwischenschritte eine hinreichend präzise Insiderinformation sein können, nun auch in die MAR übernommen. Daher kann das Insiderhandelsverbot und die die Ad-hoc-Publizitätspflicht bereits sehr früh zur Anwendung gelangen.284 Ein Zwischenschritt kann als eine Insiderinformation klassifizieren, wenn er für sich allein genommen (wie oben unter Teil 3 A.II.2.d) aufgeführt) schon erhebliche Kursauswirkungen haben kann. Die anspruchsvolle Bestimmung der erheblichen Kursrelevanz ist bei zeitlich gestreckten Sachverhalten noch komplexer. Nach dem BGH ist für die Feststellung der erheblichen Kursrelevanz eines Zwischenschritts eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Dabei sind auch die Eintrittswahrscheinlichkeit des Endereignisses und die Intensität der möglichen Kursauswirkung des Endereignisses als wichtige Faktoren zu berücksichtigen.285 Bedeutsam in diesem Kontext ist auch die sogenannte „Probability-MagnitudeFormel“.286 Nach dieser Formel hängt das Preisbeeinflussungspotenzial von der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses und von der Intensität seiner Preisauswirkung ab. Umso stärker die Preisauswirkungen sind, desto geringer muss dessen Eintrittswahrscheinlichkeit sein, um eine erhebliche Kursbeeinflussung zu bejahen. Der BGH stellt dazu aber fest, dass der verständige Anleger bei der Bewertung der erheblichen Kursbeeinflussung auch die Wahrscheinlichkeit des Ereigniseintritts und die möglichen Ereignisauswirkungen berücksichtigt.287 Bei der Beurteilung der

282

Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 50. EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 31 ff.; BGH Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, NJW 2013, 2114, 2116; hierzu auch Seibt/Danwerth, NZG 2019, 121, 123; Hölters, in: Hölters (Hrsg.), AktG, 3. Auflage 2017, § 93 Rn. 210; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 166 ff. 284 Schmid, BKR 2012, 338, 344. 285 BGH Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, NZG 2013, 708, Rn. 25; vgl. hierzu auch Ekkenga, NZG 2013, 1081, 1083; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau (Hrsg.), Handbuch zum Marktmissbrauchsrecht, 2018, § 6 Rn. 110 ff. 286 Vgl. hierzu auch bei vgl. ausführlich zum Anlegervertrauensschutz Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 128 f. 287 BGH Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, NZG 2013, 708; EuGH Urteil vom 28. Juni 2012 – C-19/11, Rn. 55; Krause, in: Meyer/Veil/Rönnau (Hrsg.), Handbuch zum Marktmissbrauchsrecht, 2018, § 6 Rn. 110ff.; Krause, CCZ 2014, 248, 251. 283

A. Vermeidung von Insiderhandel

89

Kursrelevanz eines Zwischenschritts ist also letztlich auch die Probability-Magnitude-Formel zu berücksichtigen, wenn auch gleichwohl nur in einer Gesamtschau. cc) Zwischenschritte bei M&A-Transaktionen Unternehmenstransaktionen bestehen ganz regelmäßig aus mehreren, zeitlich aufeinander folgenden Schritten, wie dem Screening des Zielunternehmens, der Unterzeichnung eines Letter of Intent, der Unterzeichnung eines Non-Disclosure Agreements, der Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung, Kaufvertragsverhandlungen, dem sog. „Signing“, und dem sog. „Closing“.288 M&A-Transaktionen sind somit stets zeitlich gestreckte Sachverhalte. Vor der endgültigen Entscheidung zur Transaktionsdurchführung finden zahlreiche Verhandlungsrunden zwischen dem potenziellen Erwerber und dem Verkäufer statt.289 Insbesondere im Rahmen dieser Verhandlungsrunden und der einzelnen Zwischenschritte bis hin zum Transaktionsabschluss besteht die Möglichkeit, dass Insiderinformationen entstehen. Der Erwerber erhält durch den Due-Diligence-Bericht nicht öffentlich bekannte Informationen über das Zielobjekt. Hierbei handelt es sich häufig um Insiderinformationen.290 Bei M&A-Transaktionen sind also stets genaue Prüfungen vorzunehmen, wann eine Ad-hoc-Publikationspflicht entsteht und ob man gegebenenfalls von der Möglichkeit zum Aufschub der Ad-hoc-Meldung Gebrauch machen kann. 3. Spector-Vermutung des EuGH In seiner sogenannten „Spector Photo Group“-Entscheidung hat der EuGH entschieden, dass eine erste Vermutung dafür besteht, dass Insider, die Insiderinformationen besitzen und dabei mit Finanzinstrumenten handeln, diese Insiderinformationen hierbei auch vorsätzlich verwenden und daher gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen.291 Die Rechtsprechung hat in der Folge dazu sogenannte SpectorAusnahmen entwickelt, wie diese Vermutung widerlegt werden kann. In sämtlichen Fällen eines Geschäfts, das bei Besitz einer Insiderinformation getätigt wird, gilt somit die sogenannte Spector-Vermutung, wonach die Kausalität – Geschäftsabschluss aufgrund der Insiderinformation – vermutet wird.292 Eine solche Beweislastumkehr zu Lasten eines vermeintlichen Insiderhändlers ist bei strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen, wie dem Insiderhandel, problematisch. Daher sollten zumindest an eine erfolgreiche Widerlegung der „Spector-Vermutung“ nur 288

Vgl. hierzu auch Merkner/Sustmann/Retsch, NZG 2020, 688, 691. Lebherz, WM 2010, 154, 157; Bühren, NZG 2017, 1172. 290 Bühren, NZG 2017, 1172; vgl. herzu ausführlich Hasselbach, BB 2020, 204. 291 EuGH Urteil vom 23. Dezember 2009 – C-45/08, Rn. 52 ff.; vgl. dazu auch Gehrmann, ZBB 2010, 48; Krause, CCZ 2014, 248, 252; Schulz, ZIP 2010, 609; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 100 f. 292 Vgl. hierzu auch Zöllter-Petzoldt, BKR 2020, 272, 275. 289

90

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

geringe Anforderungen gestellt werden. Inwieweit dieses Vorgehen einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung darstellt, ist hier nicht zu beantworten, könnte aber durchaus Gegenstand einer anderen Untersuchung werden.293 4. Verbotene Verhaltensweisen Das Insiderhandelsverbot umfasst verschiedene Verhaltensweisen: das eigentliche Handelsverbot, das Empfehlungs- und Verleitungsverbot sowie das Offenlegungsverbot (vgl. Art. 14 MAR). Ein Insidergeschäft liegt vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung der Informationen für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert, vgl. Art. 8 Abs. 1 MAR. Der Insider muss über die Insiderinformation „verfügen“ und diese auch „nutzen“. Damit hat er bereits begriffsnotwendig Kenntnis von der Insiderinformation.294 Der Insider muss im Rahmen des Insiderhandelsverbots Kenntnis von der Information als solcher haben. Zusätzlich muss er wissen oder zumindest wissen müssen, dass es sich bei der Information auch um eine Insiderinformation handelt.295 Was unter dem Merkmal der „Nutzung“ einer Insiderinformationen zu verstehen ist, ist weder in der MAR noch in den sie konkretisierenden Level-2-Vorgaben296 näher beschrieben. Von einer Nutzung der Insiderinformation wird man wohl dann ausgehen können, wenn die Kenntnis der Insiderinformation mindestens mitursächlich für den Geschäftsabschluss war.297

293

Vgl. hierzu etwa Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 103; Cascante/Bingel, NZG 2010, 161, 163. 294 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 8 Rn. 96. 295 Misterek, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, S. 11; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 8 Rn. 96. 296 Dies sind insbesondere: Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055 der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards hinsichtlich der technischen Mittel für die angemessene Bekanntgabe von Insiderinformationen und für den Aufschub der Bekanntgabe von Insiderinformationen gemäß Verordnung (EU) 596/2014, vgl. ABl. EU 2016 L 173/47; Delegierte Verordnung (EU) 2016/522 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 596/2014 im Hinblick auf eine Ausnahme für bestimmte öffentliche Stellen und Zentralbanken von Drittstaaten, die Indikatoren für Marktmanipulation, die Schwellenwerte für die Offenlegung, die zuständige Behörde, der ein Aufschub zu melden ist, die Erlaubnis zum Handel während eines geschlossenen Zeitraums und die Arten meldepflichtiger Eigenschäfte von Führungskräften, vgl. ABl. EU 2016 L 88/1; Durchführungsverordnung (EU) 2016/347 der Kommission vom 10. März 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards im Hinblick auf das genaue Format der Insiderlisten und für die Aktualisierung von Insiderlisten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, vgl. ABl. EU 2016 L 65/49. 297 Für ein solches Vorgehen vgl. auch Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 8 Rn. 119 und Kumpan, in: Baumbach/Hopt (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 38. Auflage 2018, § 107 Rn. 69; Hauck, ZIS 2015, 336, 343.

A. Vermeidung von Insiderhandel

91

5. Verschärfungen durch die MAR Die MAR knüpft größtenteils an die alte Rechtslage unter der Marktmissbrauchsrichtlinie an und verschärft diese weiter. Nun ist etwa auch die Stornierung oder Änderung eines Kauf- oder Verkaufsauftrags ein verbotenes Insidergeschäft, wenn der Auftrag bereits erteilt wurde, bevor der Insider die Insiderinformation erlangt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 S. 2 MAR).298 Insider sollen auch nachträglich erlangte Insiderkenntnisse nicht gegenüber anderen Marktteilnehmern ausnutzen können.299 Der Insider wird an den Auftrag, den er vor Kenntniserlangung der Insiderinformation erteilt hat, gebunden, solange die Insiderinformation noch nicht veröffentlich ist. Flankiert wird die Regelung durch das Verbot, einem Dritten die Empfehlung auszusprechen, einen bereits erteilten Auftrag zu stornieren oder diesen zu ändern (vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b MAR). Dieser durch die MAR neu eingeführte Tatbestand besitzt insbesondere bei Übernahmeangeboten Relevanz.300 Potenzielle Unternehmenserwerber beauftragen häufig Dritte, etwa eine Bank, die dann für diese nach und nach die Aktien einer Zielgesellschaft erwirbt, mit dem Ziel, das Unternehmen letztlich vollständig zu übernehmen.301 Der potenzielle Erwerber steigert hierdurch seine Chancen für die bevorstehende Unternehmensübernahme, da mit den nach und nach hinzuerworbenen Aktien der Einfluss auf die Zielgesellschaft wächst.302 Erlangt nun der potenzielle Erwerber Kenntnis von einer Insiderinformation, soll er so lange an seine Kaufaufträge gebunden bleiben, bis die Insiderinformation veröffentlicht ist.303 Der Erwerber soll die weiteren Kaufaufträge der Bank nicht stornieren oder ändern dürfen, da er so sein gegenüber den anderen Anlegern bestehendes Sonderwissen dazu einsetzen könnte, einen (ungerechtfertigten) Vorteil zu erlangen. Letztlich muss der Insider also immer weiter und weiter Aktien erwerben und kann den Prozess aus eigenem Willen nicht mehr stoppen – eine rechtlich wie wirtschaftlich sicher unbefriedigende Lage. 6. Privilegierte Sachverhalte Trotz des Vorliegens einer grundsätzlich verbotenen Verhaltensweise kann aufgrund spezifischer Ausnahmeregelungen kein Insiderhandel vorliegen. Für die spätere Beschreibung der Ad-hoc-Compliance von Emittenten spielen diese Aus298

Krause, CCZ 2014, 248, 251; Graßl, DB 2015, 2066, 2067. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 345. 300 Krause, CCZ 2014, 248, 251; Giering, CCZ 2016, 214, 216. 301 Misterek, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, S. 22; Bühren, NZG 2017, 1172, 1177. 302 Misterek, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, S. 22. 303 Oppenhoff, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, Rn. 112 ff.; vgl. auch von der Linden, DStR 2016, 1036, 1037; Graßl, DB, 2015, 2066, 2067. 299

92

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

nahmen vom Insiderhandelsverbot eine erhebliche Rolle, da die Ad-hoc-Compliance so ausgestaltet sein muss, dass sie das Vorliegen dieser Ausnahmen erkennt, richtig bewertet und für eine entsprechende Berücksichtigung bei den weiteren Prozessen sorgt. Die MAR nimmt nun im Gegensatz zur alten Rechtslage einzelne Handlungsweisen als „legitime Handlungen“ explizit von der Anwendung der Spector Vermutung aus und privilegiert diese Handlungen damit im Hinblick auf das Insiderhandelsverbot (vgl. Art. 9 MAR).304 Art. 9 MAR ist dabei direkt auf die Spector/ Photo Group-Entscheidung305 des EuGH zurückzuführen (zur Spector/Photo GroupEntscheidung des EuGH vgl. bereits oben unter Teil 3 A.II.3.).306 Die in Art. 9 MAR enthaltenen „legitimen Handlungen“ sind allerdings nicht abschließend.307 So kann auch außerhalb von Art. 9 MAR eine Ausnahme greifen, sofern die jeweilige Transaktion dem Zweck des gleichberechtigten Informationszugangs nicht widerspricht.308 In Art. 9 MAR finden sich sogenannte „legitime Handlungen“,309 die letztlich von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen entsprechen, die diese infolge der Spector-Group-Entscheidung entwickelt hat.310 Diese möglichen Ausnahmen, etwa bei M&A-Transaktionen, sind stets zu prüfen und spielen daher im Unternehmensalltag eine bedeutende Rolle. a) Rückkaufprogramme Der Rückkauf von eigenen Aktien fällt unter den Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 bis 3 MAR nicht unter das Insiderhandelsverbot. Gleiches gilt für den Handel mit Aktien bezüglich sogenannter Kursstabilisierungsmaßnahmen, vgl. Art. 5 Abs. 4 und 5 MAR. Somit schafft Art. 5 MAR eine Bereichsausnahme für den Handel von Emittenten mit eigenen Aktien.311 Durch die Bereichsausnahme wird für Emittenten mehr Rechtssicherheit geschaffen. Die Emittenten müssen sich um die Einhaltung der Bereichsausnahme kümmern, statt aktiv zu widerlegen, dass sie gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen.312

304

Krause, CCZ 2014, 248, 252. EuGH Urteil vom 23. Dezember 2009 – C-45/08, Rn. 52 ff. 306 Vgl. dazu Krause, CCZ 2014, 248, 252; Koldehofe, Die Nutzung einer Insiderinformation und legitime Handlungen, 2021, S. 25. 307 Krause, CCZ 2014, 248, 258. 308 Klöhn, WM 2017, 2085, 2089. 309 Bühren, NZG 2017, 1172, 1175. 310 Vgl. dazu Bühren, NZG 2017, 1172, 1174 f. 311 Vgl. Veil, in: Meyer/Veil/Rönnau (Hrsg.), Handbuch zum Marktmissbrauchsrecht, 2018, § 4 Rn. 110; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 5 Rn. 2. 312 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 5 Rn. 4 ff. 305

A. Vermeidung von Insiderhandel

93

Emittenten müssen sorgfältig prüfen, ob tatsächlich ein erlaubtes Rückkaufprogramm vorliegt. Nicht privilegiert durch die MAR ist etwa der Rückkauf von eigenen Anleihen, da Art. 5 MAR nur den eigenen Aktienrückkauf erfasst. Sollten die Voraussetzungen für ein durch Art. 5 MAR erlaubtes Rückkaufprogramm nicht vorliegen, kann bereits der Entscheidungsweg zum Aktienrückkauf eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation darstellen. Die Entscheidung zum Aktienrückkauf wird in der Regel geeignet sein, den Aktienkurs des Emittenten erheblich zu beeinflussen,313 da durch den Aktienrückkauf eine steigende Nachfrage entsteht. Auch hier wird die faktische Notwendigkeit einer Ad-hoc-Compliance-Struktur deutlich, sofern die Emittenten aktiv am Kapitalmarkt operieren. Grundsätzlich gibt es drei Arten von Aktienrückkaufprogrammen: (i) das Unternehmen erwirbt die eigenen Aktien direkt über die Börse, (ii) es macht allen Aktionären ein öffentliches Angebot zum Aktienrückkauf oder (iii) es werden einzelne außerbörsliche Rückkaufvereinbarungen mit den Aktionären vereinbart. Der börsliche Aktienrückkauf kann allerdings auch eine verbotene Marktmanipulation sein. Ein solcher „stiller Rückkauf“ ist grundsätzlich dazu geeignet, den Börsenkurs anormal zu beeinflussen. Hier werden häufig unabhängig handelnde Unternehmen zwischengeschaltet, um eine festgelegte Aktienanzahl weisungsfrei in einem bestimmten Zeitraum zu erwerben. Dieser andauernde Kaufauftrag darf dann aber nicht mehr geändert oder gestrichen werden.314 b) Marktsondierung Bei der Offenlegung und der Weitergabe von Insiderinformationen sind auch die sogenannten Marktsondierungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, vgl. Art. 11 Abs. 4 MAR.315 Eine zulässige Marktsondierung liegt vor, wenn ein potenzieller Verkäufer seine Finanzinstrumente, vor deren öffentlichen Anbieten, potenziellen Investoren vorstellt, um so das Anlegerinteresse zu beurteilen.316 Diese Marktsondierungsaktivitäten sind durch die MAR mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand belegt.317 Vor einer Marktsondierung ist zu prüfen, ob, und gegebenenfalls welche, Insiderinformationen offengelegt werden und warum diese Offenlegung zur Marktsondierung erforderlich ist.318 Diese Überlegungen sind vom Anbieter der Finanzinstrumente schriftlich festzuhalten und auf Anforderung der zuständigen Auf313

Fleischer, in: Fuchs (Hrsg.), WpHG, 2. Auflage 2016, § 20a Rn. 94. Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 8 Rn. 205. 315 Poelzig, NZG 2016, 528, 534; vgl. hierzu ausführlich Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 408 ff. 316 Vgl. dazu Weber, NJW 2017, 991, 994. 317 Hierzu etwa Kubesch, Marktsondierung nach dem neuen Marktmissbrauchsrecht, 2019, S. 373. 318 Poelzig, NZG 2016, 528, 535. 314

94

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

sichtsbehörde zu übermitteln (Art. 11 Abs. 3 MAR). Auch an dieser Stelle wird die faktische Notwendigkeit einer Ad-hoc-Compliance-Struktur deutlich, die allein schon notwendig ist, um konkret ermitteln und bewerten zu können, welche Insiderinformationen bei einer Marktsondierung konkret offengelegt werden. Vor der Offenlegung der Insiderinformationen ist von potenziellen Investoren eine Zustimmung darüber einzuholen, dass diese Insiderinformationen erhalten. Potenzielle Investoren müssen somit über die Insiderinformationseigenschaft aufgeklärt werden. Weiterhin ist den Investoren zu erklären, dass die Informationen streng vertraulich zu behandeln sind und nicht für Transaktionen in den relevanten Finanzinstrumenten verwendet werden dürfen. Zusätzlich muss der sondierende Verkäufer genau dokumentieren, wann (Uhrzeit und Datum) und an wen er Insiderinformationen übermittelt hat. Diese Aufzeichnungen sind für mindestens fünf Jahre aufzubewahren, vgl. Art. 11 Abs. 8 MAR. Die konkreten Insiderinformationen, die der sondierende Verkäufer den Kaufinteressenten tatsächlich offengelegt hat, muss grundsätzlich nicht unmittelbar dokumentiert werden. Diese Aufzeichnung muss der zuständigen Aufsichtsbehörde auf deren Verlangen zur Verfügung gestellt werden. Dies führt damit letztlich ebenfalls zu einer Dokumentationspflicht, da ansonsten der Aufsichtsbehörde bei deren Auskunftsverlangen die entsprechenden Informationen nicht zur Verfügung gestellt werden können, vgl. Art. 11 Abs. 6 Unterabs. 2 MAR. Letztlich können also nur die Emittenten in rechtsicherer Weise von der Ausnahmeregelung für Marktsondierung profitieren, die durch ihre Ad-hoc-Compliance bestimmen können, welche Insiderinformationen wann und wem gegenüber offengelegt werden. Diese zahlreichen Dokumentations- und Informationspflichten, die wohlgemerkt bei jeder Marktansprache319 neu erfolgen müssen, sind relativ umfangreich und zeitaufwendig.320 Hier wird ebenfalls wieder die faktische Notwendigkeit eines Adhoc-Compliance-Systems deutlich, was sich mit den vorstehenden Themen auseinandersetzt und diese im täglichen Geschäftsablauf auch umsetzt. c) Chinese Walls – geschützte Vertraulichkeitsbereiche Sehr relevant für die Kapitalmarkt-Compliance ist auch der Ausnahmetatbestand der „angemessenen internen Regelungen und Verfahren“ in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) MAR. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) MAR wird aufgrund der bloßen Tatsache, dass eine juristische Person im Besitz von Insiderinformationen ist oder war, nicht angenommen, dass sie diese Informationen zum Handel in Finanzinstrumenten genutzt hat, sofern die juristische Person zuvor angemessene und wirksame interne Regelungen und Verfahren eingeführt, umgesetzt und aufrechterhalten hat, durch die 319

Kumpan, in: Baumbach/Hopt (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 38. Auflage 2018, VO (EU) Nr. 596/2014 Art. 11 Rn. 4. 320 Vgl. dazu Kubesch, Marktsondierung nach dem neuen Marktmissbrauchsrecht, 2019, S. 373.

A. Vermeidung von Insiderhandel

95

wirksam sichergestellt wird, dass die natürliche Person, die mit Finanzinstrumenten handelt, nicht auch im Besitz der Insiderinformationen gewesen ist. Als Standardmittel zur Erfüllung der Anforderungen von Art. 9 Abs. 1 MAR dient die Errichtung sogenannter Informationsbarrieren im Unternehmen (auch Chinese Walls genannt). In Unternehmen ist nämlich insbesondere darauf zu achten, dass zwischen einzelnen Abteilungen kein Informationsfluss stattfindet, der Insiderhandel begünstigt.321 So darf etwa ein Wertpapierberater bei einem Finanzdienstleister, der selbst mit Wertpapieren handelt, keinen Kontakt mit Insiderinformationen haben, da er diese nichtöffentlichen Informationen im Rahmen seiner Anlageberatung nutzen könnte.322 Dies kann dazu führen, dass Personen, die Insiderinformationen zwangsläufig bei ihren Arbeitsaufgaben erhalten, in der Wahrnehmung ihrer beruflichen Aufgaben, wie etwa der Kundenberatung, eingeschränkt sein können. Diese vertraulichen Informationen dürfen den jeweiligen Geschäftsbereich grundsätzlich nicht verlassen. Dazu werden sogenannte „Vertraulichkeitsbereiche“ auch „Chinese Walls“ genannt, geschaffen.323 Solche Chinese Walls gelten als ein „Standardmittel“ von Emittenten, um die Anforderungen der Privilegierung von Art. 9 Abs. 1 MAR (Nichtvermutung von Insiderhandel) zu erfüllen. Gleichzeitig stellen sie eine gesetzlich determinierte Compliance-Maßnahme zur Vermeidung des Insiderhandels dar.324 Wie die Chinese Walls ausgebaut werden, ist den Unternehmen selbst überlassen.325 Eine sichtbare Maßnahme, um einen unkontrollierten Informationsfluss durch persönliche Kontakte zu unterbinden, besteht in einer räumlichen Trennung der jeweiligen Vertraulichkeitsbereiche.326 Geschäftliche Aktivitäten, die zum Informationsaustausch hinsichtlich Insiderinformationen führen könnten, werden in abgetrennten Räumen bzw. unterschiedlichen Stockwerken und Gebäuden organsiert.327 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten zu anderen Vertraulichkeitsbereichen nur unter besonders definierten Voraussetzungen Zutritt erhalten. Sensible Daten sind ebenfalls getrennt zu speichern und mit Identifikations- und Berechtigungssystemen, etwa Passwörtern, zu schützen. Somit sind grundsätzlich nur die Geschäftsräume zu betreten, die zur Ausübung der jeweiligen Tätigkeiten auch 321

Krause, CCZ 2014, 248, 252. Siehe dazu Krause, CCZ 2014, 248, 252. 323 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 9 Rn. 42 ff.; Grimme/Buttlar, WM 2003, 901, 909. 324 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 9 Rn. 42 ff. 325 Vgl. Fuchs, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 33 Rn. 109. 326 Siehe Fuchs, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 33 Rn. 109; Faust, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 109 Rn. 142a. 327 Siehe Fuchs, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 33 Rn. 109; Faust, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 109 Rn. 142a. 322

96

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

aufgesucht werden müssen. Telefonische Kontakte zwischen den einzelnen Vertraulichkeitsbereichen sind nach Möglichkeit zu begrenzen. In Mitarbeiterschulungen sind diese entsprechenden Verhaltensanweisungen und die Folgen bei Verstößen zu unterrichten.328 Für die Implementierung und die Überwachung der Verhaltensanweisungen ist dann die Compliance-Abteilung zuständig. Teilweise wird es erforderlich sein, gewisse Informationen zwischen den Vertraulichkeitsbereichen auszutauschen, sogenanntes „Wall-Crossing“.329 Eine solche Informationsweitergabe sollte nur vorgenommen werden, wenn dies zur Aufgabenerfüllung zwingend notwendig ist („Need-to-know-Basis“), und die ComplianceAbteilung involviert wird.330 Wie bei Emittenten die vertrauliche Informationsweiterleitung organisatorisch ausgestaltet werden kann, wird unten unter Teil 4 B.IV. genauer skizziert. Nachdem nun die Grundlagen des Insiderhandelsverbots erörtert wurden, widmet sich der folgende Abschnitt der Ad-hoc-Publizitätspflicht, deren Hauptanliegen die Vermeidung des Insiderhandels ist.

III. Zwischenfazit Die MAR bezweckt, unter anderem, die Vermeidung von Insiderhandel. Dafür statuiert sie neben der Ad-hoc-Publikationspflicht insbesondere das im vorstehenden Teil beschriebene Insiderhandelsverbot. Ausgangspunkt des Insiderhandelsverbots ist der Begriff der Insiderinformation. Die dargestellten Aspekte zur Begriffsbestimmung der Insiderinformation werden im Folgenden auch für die Skizzierung der Ad-hoc-Publizitätspflicht herangezogen, da der Begriff der Insiderinformation beim Insiderhandelsverbot und der Ad-hoc-Publikationspflicht weitestgehend inhaltsgleich ist. Für eine noch darzustellende Ad-hoc-Compliance-Struktur sind insbesondere die erwähnten Chinese Walls relevant. Da in Unternehmen darauf zu achten ist, dass zwischen einzelnen Abteilungen kein Informationsfluss stattfindet, der Insiderhandel begünstigt, muss dies auch für das entsprechende Weiterleiten von möglichen Insiderinformationen an die dafür zuständigen Stellen gelten und ist daher im Rahmen einer Ad-hoc-Compliance-Struktur zu berücksichtigen (vgl. dazu ausführlich unten unter Teil 4 B.IV.).

328 Vgl. Fuchs, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 33 Rn. 109 f. 329 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 9 Rn. 51; Fuchs, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 33 Rn. 107. 330 Vgl. Faust, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 109 Rn. 141a, 147.

B. Ad-hoc-Publizitätspflicht

97

B. Ad-hoc-Publizitätspflicht Die Ad-hoc-Publizitätspflicht ist die bedeutsamste Publizitätspflicht im europäischen Kapitalmarktrecht.331 Emittenten von Finanzinstrumenten sind grundsätzlich dazu verpflichtet, jede nicht öffentlich bekannte, kursrelevante und sie unmittelbar betreffende Insiderinformation unverzüglich zu veröffentlichen.332 Diese Offenlegungspflicht gilt mit Inkrafttreten der MAR auch für den deutschen Freiverkehr, sofern die Finanzinstrumente des Emittenten auf dessen Initiative hin dort gehandelt werden.333 Da oben (vgl. Teil 3 A.II.2.) beim Insiderhandelsverbot bereits die Merkmale einer Insiderinformation besprochen wurden, wird hier nur auf weitere Aspekte eingegangen. Art. 17 MAR erfasst die Emittenten von Finanzinstrumenten, die Finanzinstrumente an einem Marktplatz handeln lassen. Zum Begriff der Insiderinformation gilt das bereits beim Insiderhandelsverbot Gesagte (vgl. dazu unter Teil 3 A.II.2.).334 Sofern es Unterschiede zum Insiderhandelsverbot bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht hinsichtlich der Bestimmung der Insiderinformation gibt, werden diese im Folgenden dargelegt.

I. Unmittelbarkeit der Insiderinformation Die Ad-hoc-Publizitätspflicht erfasst nur solche Insiderinformationen, die den Emittenten „unmittelbar“ betreffen.335 Im Rahmen der Ad-hoc-Publizitätspflicht muss also eine „unmittelbare“ Betroffenheit des Emittenten und nicht bloß seiner Finanzinstrumente vorliegen (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 MAR).336 Das Unmittelbarkeitskriterium grenzt die zu veröffentlichenden Insiderinformationen ein, indem nicht jede Insiderinformation von der Ad-hoc-Publizitätspflicht erfasst wird.337

331 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Vor Art. 17 Rn. 1. Allgemein zum Begriff der Ad-hoc-Publizität vgl. auch Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hocPublizität nach MAR, 2021, S. 71 ff. 332 Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Vor Art. 17 Rn. 1. 333 Krause, CCZ 2014, 248, 250; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 35. 334 Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 36. 335 Von der Linden, DStR 2016, 1036, 1038. 336 Simons, CCZ 2017, 182, 183; Von der Linden, DStR 2016, 1036, 1038; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 33. 337 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 180.

98

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Sinn und Zweck der Ad-hoc-Publizitätspflicht ist es unter anderem, die informationelle Chancengleichheit338 der Anleger zu gewährleisten, indem deren Suchund Analysekosten bezüglich der relevanten Informationen möglichst gering gehalten werden.339 Daneben dient die Ad-hoc-Publikationspflicht auch dazu, eine möglichst weitgehende Chancengleichheit der Kapitalmarktteilnehmer zu gewährleisten und durch einen Abbau von Informationszugangshürden die Effizienz der Kapitalmärkte zu erhöhen, damit es zu einer möglichst optimalen Ressourcen- bzw. Kapitalverteilung kommt (vgl. dazu ausführlich unten unter Teil 4 A.). Durch die Ad-hoc-Publizitätspflicht werden die Informationsbeschaffungskosten insgesamt reduziert, da Emittenten die sie unmittelbar betreffenden relevanten Informationen regelmäßig zu den geringsten Kosten suchen, analysieren und veröffentlichen können.340 Die Informationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen, fallen nämlich typischerweise in seinem Geschäftsbereich an, sodass er von diesen direkt erfährt und seine Such- und Analysekosten daher geringer sind, als die der übrigen Marktteilnehmer.341 Durch die Veröffentlichung wird dann sichergestellt, dass sämtliche Anleger zumindest die Möglichkeit haben, die Information wahrzunehmen und bei ihren Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen.342 Das Unmittelbarkeitskriterium dient auch dazu, Emittenten nicht mit der Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen zu belasten, die sich lediglich auf den Markt oder andere beziehen.343 Anderes würde zum unerwünschten Ergebnis führen, dass eine Flut von Unternehmensmeldungen veröffentlicht wird und insbesondere Privatanleger mit wenig Kapitalmarkterfahrung damit überfordert wären, die Informationen als wesentlich bzw. unwesentlich einzuordnen.344 Diese Flut an Unternehmensmeldungen stiege insbesondere dadurch, dass dieselbe Information häufig von mehreren Emittenten veröffentlicht werden müsste.345

338 Mennicke, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 14 Rn. 221; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 34; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 49 f.; vgl. auch Wilken/Hagemann, BB 2016, 67: „informatorische Anlegergleichbehandlung“. 339 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 69; vgl. ausführlich zum Schutzzweck der Ad-hoc-Publizitätspflicht Schütt, Europäische Marktmissbrauchsverordnung und Individualschutz, 2019, S. 386 ff. 340 Klöhn, WM 2010, 1869, 1878; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 69; Seibt, ZHR 2013, 388, 393; Köndgen, FS Druey, 2002, S. 791, 796. 341 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 69. 342 Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 24. 343 Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 182; Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 70. 344 Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 21. 345 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 70.

B. Ad-hoc-Publizitätspflicht

99

Nach § 15 Abs. 1 S. 3 WpHG a. F. bezog sich eine Information dann unmittelbar auf den Emittenten, wenn diese sich auf Umstände bezog, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten waren.346 Alle nicht öffentlichen, kurssensitiven und firmenspezifischen Informationen bezüglich unternehmensinterner Entwicklungen sowie alle Vorgänge mit einer nicht nur unerheblichen Kursrelevanz, betreffen den Emittenten grundsätzlich unmittelbar.347 Durch das Unmittelbarkeitskriterium soll gewährleistet werden, dass der Emittent nicht zur Veröffentlichung von „allgemeinen Informationen“ verpflichtet wird.348 Anders als seine Vorgängernorm, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG a. F., enthält Art. 17 MAR keine ausdrückliche Berichtigungspflicht hinsichtlich unwahrer am Markt vorhandener Informationen. Da aber auch unwahre Informationen den Emittenten stets unmittelbar betreffen, ist er im Rahmen der Ad-hoc-Publizität auch verpflichtet, diese unmittelbar zu berechtigen.349 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht betrifft sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne Umstände.350 Die BaFin führt in ihrem Emittentenleitfaden einen Beispielkatalog mit publizitätspflichtigen Insiderinformationen auf, die den Emittenten unmittelbar betreffen. Darunter fallen etwa der Erwerb oder die Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen am Unternehmen, Übernahme- und Abfindungs-/ Kaufangebote und bevorstehende Zahlungseinstellungen/ Überschuldung. 351 Allgemein zugängliche Marktdaten betreffen die Emittenten regelmäßig nur mittelbar und müssen daher nicht im Rahmen der Ad-hoc-Publizitätspflicht veröffentlicht werden.352

346 Franke/Grenzebach, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 17 Rn. 71. 347 Siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 412. 348 Franke/Grenzebach, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 17 Rn. 71. 349 Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 418; Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 140. 350 Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 36. 351 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 15 ff.; vgl. auch Franke/Grenzebach, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 17 Rn. 71; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 36. 352 Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 36; Pfüller, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 121.

100

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

II. Zeitpunkt und Form der Ad-hoc-Mitteilung Ad-hoc-Mitteilungen sind „unverzüglich“ zu veröffentlichen. Der Begriff der Unverzüglichkeit wird im deutschen Zivilrecht als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert, vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. dazu auch unten unter Teil 3 C.II.).353 Die Emittenten haben einen angemessenen Prüfungszeitraum. Dieser bemisst sich nach der Komplexität des Sachverhalts. Der Prüfungszeitraum umfasst auch die Möglichkeit, sich externen Rechtsrat einzuholen.354 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht entsteht bereits mit dem Börsenzulassungsantrag also auch schon dann, wenn es noch gar keinen Kurs eines Finanzinstruments gibt, auf den sich mögliche Insiderinformationen auswirken können.355 Die Veröffentlichung der Insiderinformationen soll so erfolgen, dass die Öffentlichkeit rasch auf sie zugreifen und sie vollständig, korrekt und rechtzeitig bewerten kann, vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 S. 1 1. Alt. MAR. Die Ad-hoc-Meldungen müssen für mindestens fünf Jahre auf der Website des Emittenten verbleiben.356

III. Aufschubmöglichkeiten Es besteht die Möglichkeit, die Veröffentlichung einer Insiderinformation aufzuschieben,357 wenn der Schutz berechtigter Interessen des Emittenten dies erfordert und keine Irreführung der Öffentlichkeit befürchtet werden muss sowie die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleistet werden kann, vgl. Art. 17 Abs. 4 MAR.358 Ein „berechtigtes Interesse“ kann etwa bei noch laufenden Vertragsverhandlungen oder bestimmten unternehmerischen Entscheidungen vorliegen.359 Im Rahmen der Ad-hoc-Compliance sollte also stets überprüft werden, ob die Möglichkeit zum Aufschub der Ad-hoc-Meldung besteht. Schwierigkeiten bereitet neben der Sicherstellung der erforderlichen Vertraulichkeit auch die Einschätzung, dass durch die Aufschiebung der Veröffentlichung die Öffentlichkeit nicht irregeführt wird.

353

Zur Geltung der Legaldefinition im gesamten privaten und öffentlichen Recht Gehrt, Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz, 1997, S. 170. 354 Von der Linden, DStR 2016, 1036, 1038; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 33. 355 Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 419; Horcher, in: Dirnhausen/Eckstein (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage 2018, § 22 Rn. 35. 356 Weber, NJW 2017, 991, 993. 357 Nikoleyczik, GWR 2009, 82, 84. 358 Krause, CCZ 2014, 248, 255; Schmid, BKR 2012, 338, 345. 359 Kocher/Widder, NZI 2010, 925, 928; Krause, CCZ 2014, 248, 255.

B. Ad-hoc-Publizitätspflicht

101

Nach Art. 17 Abs. 4 MAR nimmt der Emittent die Aufschiebung „auf eigene Verantwortung“ vor. Hierzu muss der Emittent eine bewusste Befreiungsentscheidung treffen.360 Nach alter Rechtslage war es umstritten, ob der Emittent eine „bewusste“ Befreiungsentscheidung treffen muss.361 Die ESMA jedenfalls verlangt eine aktive Befreiungsentscheidung von Emittenten.362 Die Vertraulichkeit einer Insiderinformation ist dann nicht mehr hinreichend gewährleistet, wenn es im Markt bereits hinreichend präzise Gerüchte mit einem zutreffenden Kern gibt.363 Der Aufschub der Veröffentlichung ist dann unzulässig, weil der Emittent kein wirkliches Geheimhaltungsinteresse mehr besitzt, da die Information ja ohnehin bekannt ist.364 Die Insiderinformation ist dann aufgrund des nachträglichen Wegfalls der Befreiungsvoraussetzungen unverzüglich zu veröffentlichen. Nach alter Rechtslage wurde teilweise dann eine zulässige Aufrechterhaltung der Selbstbefreiung vertreten, wenn die Marktgerüchte nicht aus der Sphäre des Emittenten stammten.365 Eine solche Aufrechterhaltung der Selbstbefreiung kann allerdings unter der aktuellen Rechtslage nicht mehr angenommen werden. Emittenten sollten die Vertraulichkeit so lange wie möglich sicherstellen, etwa indem der Kreis der Informierten möglichst klein gehalten wird. Die BaFin ist über den Aufschub und die dafür ursprünglich vorliegenden Voraussetzungen (erst) unmittelbar nach der Offenlegung der Insiderinformation schriftlich zu informieren, sogenannte „ex post notification“.366 Kredit- oder Finanzinstitute können die Offenlegung einer Insiderinformation auch im „öffentlichen Interesse“ aufschieben, vgl. Art. 17 Abs. 5 MAR. Dazu muss die Informationsoffenlegung das Risiko in sich bergen, die finanzielle Stabilität des 360

Retsch, NZG 2016, 1201, 1205. Vgl. dazu OLG Stuttgart Beschluss vom 22. April 2009 – 30 Kap 1/08 – NZG 2009, 624, 635, das gegen eine aktive Befreiungsentscheidung war sowie: Ihrig/Kranz, BB 2013, 451, 452 f.; Nikoleyczik, GWR 2009, 82, 84; Veith, NZG 2005, 254, 255; Im Gegensatz dazu bereits die früher herrschende Lehre in der Literatur, die damals schon für eine aktive Befreiungsentscheidung war: Widder, BB 2009, 967, 969 ff.; Bülow, NZG 2009, 741; Mennicke, NZG 2009, 1059 1061; Langen, BB 2009, 1266; Schneider/Gilfrich, BB 2007, 53, 56. 362 ESMA Consultation Paper, ESMA/2014/809, 15. 7. 2015, S. 61 Rn. 272; ESMA Final Report, ESMA/2015/1455, 28. 9. 2015, S. 53 Rn. 243; vgl. hierzu auch Klöhn, AG 2016, 423, 431; Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 157; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 431. 363 Parmentier, NZG 2007, 407, 416; Kocher/Widder, NZI 2010, 925, 929; vgl. hierzu auch Seibt/Kraack, BKR 2020, 313, 315. 364 Parmentier, NZG 2007, 407, 416. 365 Vgl. dazu Hopt/Kumpan, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 5. Auflage 2017, § 107 Rn. 157; Zur Annahme einer Aufrechterhaltung der Selbstbefreiung vgl. den alten BaFin-Emittentenleitfaden, 4. Auflage 2013, S. 61 f.; sowie Stimmen in der Literatur wie beispielsweise Pfüller, in: Fuchs (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 489 f. 366 Vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 433. 361

102

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Emittenten und des Finanzsystems zu untergraben; der Aufschub muss im öffentlichen Interesse liegen; die Geheimhaltung der Insiderinformation muss gewährleistet sein und die zuständige Behörde muss dem Aufschub hier vorher zugestimmt haben („ex-ante-notification“).367 Schwierig ist allerdings die Bestimmung dieses „öffentlichen Interesses“ – ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dem kaum eine eindeutige Zuordnung des Einzelfalls vorgenommen werden kann. Insbesondere die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal „Risiko, dass die finanzielle Stabilität (…) des Finanzsystems untergraben wird“, dürfte kaum hinreichend rechtssicher möglich sein, sofern es hier nicht gerade um den Zusammenbruch von großen Banken oder Versicherungen geht.

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance Vorstehend wurden die Begrifflichkeiten und die Hauptprobleme rund um die Adhoc-Publikationspflicht skizziert, sofern dies nicht schon beim Insiderhandelsverbot getan wurde. Im Folgenden soll nun der Frage nachgegangen werden, ob Unternehmen de lege lata dazu verpflichtet sind, eine Ad-hoc-Compliance-Struktur vorzuhalten. Neben der oben diskutierten Pflicht, ein allgemeines Compliance-Management-System im Unternehmen zu implementieren (vgl. oben unter Teil 2 B.III.), stellt sich hier nun im Besonderen die Frage, ob Unternehmen ein System implementieren müssen, das es ihnen ermöglicht, ihrer Rechtspflicht zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen aus Art. 17 MAR nachzukommen. Interessant ist zunächst, dass die MAR lediglich die Handelsplätze in Art. 16 MAR ausdrücklich dazu verpflichtet, „wirksame Regelungen, Systeme und Verfahren zur Vorbeugung und Aufdeckung von Insidergeschäften, Marktmanipulation, versuchten Insidergeschäften und versuchter Marktmanipulation zu schaffen und aufrechtzuerhalten“. Es findet sich daneben in der gesamten MAR aber kein Pendant, das neben den Handelsplätzen auch die Emittenten ausdrücklich zu solchen organisatorischen Vorgaben verpflichtet.368

367

Siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 9. Auflage 2017, § 6 Rn. 452. Etwas anders Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351: „Die MAR fordert die Marktteilnehmer auf, wirksame Maßnahmen, Systeme und Verfahren zur Verhinderung von Marktmissbrauch zu treffen. Sie flankiert damit die allgemeine Pflicht des Vorstands, eine effiziente Compliance-Organisation einzurichten und zu unterhalten.“ Vgl. hierzu auch Schneider, in: Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 3 Rn. 46: „Die Regelungen zur Veröffentlichung von Insiderinformationen schreiben nicht ausdrücklich vor, dass ein Emittent Informationen, die möglicherweise eine Adhoc-Pflicht auslösen, systematisch sammeln, kontinuierlich bewerten und die rechtzeitige Veröffentlichung ordnungsgemäß organisieren muss.“ 368

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

103

I. Verpflichtete Unternehmen Bereits die Feststellung, welche Unternehmen dazu verpflichtet sind, Ad-hocMeldungen abzugeben, bereitet gewisse Schwierigkeiten. Der Anwendungsbereich der Ad-hoc-Publizitätspflicht bestimmt sich im Wesentlichen nach den betroffenen Finanzinstrumenten und den Handelsplätzen. Die Veröffentlichungspflicht trifft ausschließlich den Emittenten. Emittent ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 MAR jede juristische Person, die Finanzinstrumente emittiert. 1. Handelsplätze Der Ad-hoc-Publizitätspflicht unterliegen gemäß Art. 17 Abs. 1 MAR Emittenten von Finanzinstrumenten, die eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt, an einem multilateralen oder organisierten Handelssystem erhalten oder dafür beantragt haben. Die Begriffe des multilateralen (multilateral trading facility – „MTF“) und organisierten (organised trading facilitiy – „OTF“) Handelssystems sind in Art. 3 Abs. 1 MAR unter Verweis auf die MiFID II legaldefiniert.369 Zu den multilateralen Handelssystemen gehört auch der Freiverkehr. In Deutschland unterliegen der Adhoc-Pflicht somit alle die Emittenten, deren Finanzinstrumente auf deren Antrag im regulierten Markt im Sinne des BörsG gehandelt werden oder deren Instrumente über ein MTF oder OTF erworben werden können. 2. Finanzinstrumente Schwieriger als die Einordnung als Handelsplatz ist die Prüfung, ob die zum Kauf angebotenen Produkte als Finanzinstrumente zu klassifizieren sind oder nicht. Unabhängig von diesen schwierigen inhaltlichen Bestimmungen des Finanzinstrumentebegriffs wird der Begriff jedenfalls weit verstanden. Daher sind beinahe sämtliche Finanztransaktionen, die über öffentliche Handelsplätze ablaufen, auch solche mit Finanzinstrumenten im Sinne der MiFID II und damit auch im Sinne der MAR (vgl. dazu aber bereits oben unter Teil 3 A.II.1.).

369

Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 22 MiFID II ist ein „multilaterales Handelssystem (MTF) ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebenes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß Titel II dieser Richtlinie führt.“ Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 23 MiFID II ist ein „organisiertes Handelssystem (OTF) ein multilaterales System, bei dem es sich nicht um einen geregelten Markt oder ein MTF handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems in einer Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag gemäß Titel II dieser Richtlinie führt.“

104

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

II. Unverzügliche Veröffentlichung als Compliance-Pflicht Zu untersuchen ist nun, ob sich aus dem Merkmal der „Unverzüglichkeit“ ableiten lässt, dass Emittenten eine Ad-hoc-Compliance-Struktur vorhalten müssen, die ihnen das Aufspüren und das Weiterverarbeiten von Insiderinformationen ermöglicht. Solche Informationsorganisationspflichten wären dann durch eine entsprechende Ad-hoc-Compliance-Struktur beim Emittenten umzusetzen.370 1. Wissenserfordernis? Hierzu ist zunächst die Frage zu beantworten, ob Emittenten nur dazu verpflichtet sind, solche Information zu veröffentlichen, die ihnen ohnehin bekannt sind.371 Also, ob die Ad-hoc-Publikationspflicht nur bei Kenntnis des Emittenten über die Insiderinformation besteht also, ob die Kenntnis ein Tatbestandsmerkmal der Ad-hocPublizitätspflicht ist. Sofern im Folgenden die Rede von „Kenntnis des Emittenten“ bzw. „Wissen des Emittenten“ ist, ist damit die Kenntnis der entsprechend für die Adhoc-Meldungen zuständigen Personen beim Emittenten gemeint, also entweder die der Vorstandsmitglieder oder die der Mitglieder des Ad-hoc-Komitees.372 Ein Adhoc-Komitee ist eine Stelle im Unternehmen, die extra dazu geschaffen wurde, um über die Veröffentlichung von vermeintlich insiderrelevanten Informationen zu entscheiden (auch Ad-hoc-Gremium genannt, vgl. dazu ausführlich unten unter Teil 5 B). Die Frage danach, ob der Emittent, der zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen verpflichtet ist, Kenntnis von den Umständen, die diese Pflicht begründen, haben muss, mag auf den ersten Blick irritieren.373 Schließlich könnten derartige Überlegungen die Frage aufwerfen, wie ein Emittent, der keine Kenntnis von den entsprechenden Umständen hat, denn überhaupt in der Lage sein soll, eine Ad-hocMeldung bezüglich dieser Umstände zu veröffentlichen.374 Dass es nicht möglich ist, Ad-hoc-Meldungen über unbekannte Umstände zu veröffentlichen, ist eindeutig. Dennoch wird richtigerweise sowohl von der Rechtsprechung als auch in der Literatur die Ansicht vertreten, dass eine positive Kenntnis 370

Vgl. hierzu auch Koch, ZGR 2020, 183, 194: „(. . .) mittels derer die ganz grundsätzliche Frage beantwortet werden muss, welchem Zweck Art. 17 MAR dient: Handelt es sich dabei entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift um eine Veröffentlichungspflicht oder um eine Wissensorganisationspflicht mit einer nachgelagerten Informationspflicht?“; siehe auch Ihrig, 2017, 381, 409 f. 371 Vgl. zu § 15 Abs. 1 WpHG auch ausführlich bei Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 77. 372 Vgl. hierzu auch Ihrig, 2017, 381, 395. 373 Vgl. dazu etwa Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70: „Die Mitteilung einer Information setzt naturgemäß ihre Kenntnis voraus.“ 374 Vgl. auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 28; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 113 ff.

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

105

für das Bestehen einer Ad-hoc-Publizitätspflicht nach Art. 17 MAR (bzw. § 15 Abs. 1 WpHG a. F.) nicht erforderlich ist.375 Der Pflichtenkanon aus Art. 17 MAR begrenzt sich also nicht nur darauf, Insiderinformation zu veröffentlichen, sondern umfasst daneben auch die Pflicht, nach Insiderinformationen, die im Unternehmen entstehen, zu suchen und diese entsprechend weiterzuverarbeiten, sogenannte Informationsorganisationspflichten. Dies ergibt sich aus einer Auslegung von Art. 17 MAR, der die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen statuiert. a) Wortlaut Stellt man rein auf den Wortlaut der relevanten Vorschrift ab, ergibt sich weder aus § 15 Abs. 1 WpHG a. F., noch aus der aktuell geltenden Norm Art. 17 Abs. 1 MAR das Erfordernis einer positiven Kenntnis der Ad-hoc-pflichtigen Umstände.376 Dafür, dass sich der Gesetzgeber aktiv gegen die Aufnahme eines Wissenserfordernisses entschieden und dieses nicht etwa in den alten Normen lediglich vergessen hatte, spricht dann auch, dass er spätestens mit der Einführung der MAR die Möglichkeit gehabt hätte, ein Kenntniserfordernis in die entsprechende Vorschrift aufzunehmen.377 In Bezug auf Art. 17 Abs. 1 MAR ist auch zu berücksichtigen, dass der Wortlaut bei der Auslegung europarechtlicher Normen teilweise stärker gewichtet wird, als in der deutschen rechtswissenschaftlichen Methodenlehre, nach der der Wortlaut häufig nur als Indiz für die Auslegung einer Norm herangezogen werden kann.378 Eine 375 Vgl. BGH Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, Rn. 36; Hellgardt, DB 2012, 673, 675; Leyens, ZGR 2020, 256, 273; Klöhn, in: Hirte/Möllers (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage 2014, § 15 Rn. 98; Schäfer, in: Marsch-Barner/ Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 3. Auflage 2014, § 15 Rn. 28; Schneider, in: Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 3 Rn. 56; Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 168; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 190; Spindler/Speier, BB 2005, 2031, 2033; Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70; Ziemons, NZG 2004, 537, 541; mit ausführlichen Begründungen gegen ein Wissenserfordernis bei Art. 17 MAR Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 30 f. Für ein Wissenserfordernis: Koch, AG 2019, 273, 276; ders., ZGR 2020, 183, 193 ff.; Bekritsky, WM 2020, 1959, 1965 f.; Biermann, Wissenszurechnung im Fall der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2019, S. 14; Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 30 f.; Kumpan/Misterek, ZBB 2020, 10, 16; Ihrig, 2017, 381, 385; LeyendeckerLangner/Kleinhenz, AG 2015, 72, 76; Habersack, DB 2016, 1551, 1554. 376 So auch Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 51. 377 So auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 136. 378 Pieper, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 46. EL 2019, B.I.3. Rn. 8.; Dederichs, EuR 2004, 345, 349 ff.; Klöhn, NZG 2017, 1285, 1286; Biermann, Wissenszurechnung im Fall der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2019, S. 11; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 116; wohl auch Ihrig, ZHR 2017, 381, 383.

106

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

wortlautorientierte Auslegung im Europarecht trägt zur einheitlichen Anwendung der entsprechenden Normen in allen Mitgliedstaaten bei, in denen es häufig unterschiedliche Auslegungsmethoden gibt.379 Normalerweise ist bei der Wortlautauslegung im Europarecht die Sprachenvielfalt zu berücksichtigen, da die 24 sprachlichen Fassungen von Rechtsakten der Union grundsätzlich gleich maßgebend sind und keine Vorrang vor einer anderen beanspruchen kann.380 Die Wortlautauslegung hat also bei Verordnungen, wie der MAR, grundsätzlich alle sprachlichen Fassungen zu berücksichtigen.381 Da Art. 17 MAR aber in allen 24 Sprachfassungen kein Wissenserfordernis enthält, führt ein Vergleich der verschiedenen Sprachfassungen zu keinen Unterschieden. Dies ist als starkes Indiz für die vom Wortlaut von Art. 17 MAR nahegelegte Auslegung (kein Wissenserfordernis) zu werten.382 Dieses Indiz ist dann noch anhand von anderen Auslegungskriterien zu bestätigen (vgl. dazu sogleich unter Teil 3 C.II.1.b) und c)).383 Aus dem Wortlaut der Vorschrift kann folglich darauf geschlossen werden, dass es kein Wissenserfordernis bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht gibt. b) Systematik Ebenso unvereinbar wäre die Annahme eines Kenntniserfordernisses mit der Systematik der alten und aktuell geltenden Vorschriften.384 Beim Vergleich zwischen Art. 17 MAR und Art. 8, 9 MAR wird deutlich, dass der Gesetzgeber dort, wo er die Kenntnis von entsprechenden Insiderinformationen für notwendig erachtet, dies auch ausdrücklich in die jeweilige Norm hineinschreibt. Während nämlich Art. 8, 9 MAR verlangen, dass der Insider über eine Insiderinformation verfügt, also im Besitz einer solchen ist bzw. diese verwendet, fehlt ein diesbezügliches subjektives Element in Art. 17 MAR. Zum selben Ergebnis führt auch ein Vergleich innerhalb der alten Rechtslage zwischen § 14 Abs. 1 WpHG a. F. und § 15 WpHG a. F. Dieses fehlende subjektive Element ersetzt der Gesetzgeber durch die weitere objektive Anforderung des unmittelbaren Emittentenbezugs, wonach nur solche Insiderinformationen ad-hoc-pflichtig sind, die den Emittenten auch unmittelbar betreffen.385 Nähme man ein Kenntniserfordernis an, wäre die zusätzliche Anfor379

Schön, 2. FS Canaris, 2017, S. 151 m. w. N. zur Rspr. des EuGH. Riesenhuber, in ders. (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 205 m. w. N. 381 Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, 2014, S. 344; Riesenhuber, in ders. (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 205. 382 Vgl. Riesenhuber, in ders. (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 205. 383 Vgl. Riesenhuber, in ders. (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 205. 384 Anders Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 52 f. 385 Klöhn, NZG 2017, 1285, 1286. 380

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

107

derung der unmittelbaren Betroffenheit nicht notwendig und würde nur weitere Abgrenzungsschwierigkeiten schaffen.386 Vor dem Hintergrund einer Kenntnisunabhängigkeit der zu veröffentlichenden Information stellt das Kriterium der unmittelbaren Betroffenheit jedoch eine insofern sinnvolle Eingrenzung dar, als dem Emittenten nur die Pflicht auferlegt werden kann, nach denjenigen Informationen, die ihn unmittelbar betreffen, zu suchen.387 Das heißt, dass aus der Ad-hoc-Publizitätspflicht selbst wiederum Organisationspflichten resultieren, nach denen der Emittent Strukturen zu etablieren hat, die eine entsprechende Suche nach relevanten Informationen ermöglichen.388 Damit wird auch eine Überforderung des Emittenten verhindert, da er nicht nach allen Insiderinformationen suchen muss. Als weiterer Anknüpfungspunkt zur Ablehnung eines Kenntniserfordernisses kann die Bußgeldvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit. a) WpHG a. F. herangezogen werden, nach der „ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 15 Abs. 1 […] eine Veröffentlichung nicht […] oder nicht rechtzeitig vornimmt oder nicht oder nicht rechtzeitig nachholt“. Die Annahme eines Kenntniserfordernisses im Hinblick auf die ad-hoc-pflichtige Information stünde im Widerspruch zu der hier statuierten Tatbestandsvariante der Leichtfertigkeit. Unterlässt der Emittent in Kenntnis der Insiderinformation deren Veröffentlichung, läge schließlich regelmäßig eine vorsätzliche „Begehung“ vor, während bei mangelnder Kenntnis der objektive Tatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 5 lit a) WpHG a. F. vollständig entfiele389 und der Tatbestand hinsichtlich einer leichtfertigen Nichtveröffentlichung ins Leere liefe. c) Teleologie Auch aus einer teleologischen Auslegung der Ad-hoc-Publikationspflicht folgt, dass diese kenntnisunabhängig ist.390 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht verfolgt unter anderem den Zweck der schnellen und umfassenden Versorgung des Kapitalmarktes mit kursrelevanten Informationen, um Insidergeschäften und der Irreführung von Anlegern vorzubeugen.391 Damit dient sie dem Grundsatz des gleichberechtigten Informationszugangs („equal access“),

386 387

1287.

Klöhn, NZG 2017, 1285, 1286. Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker (Hrsg.), WpHG, 2015, § 15 Rn. 59; Klöhn, NZG 2017,

388 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 66, 119 ff.; in diesem Sinne auch Buck-Heeb, WM 2016, 1469, 1473. 389 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 45. 390 Anders Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 54 ff. 391 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 49 der MAR.

108

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

den auch der EuGH seinen Entscheidungen zum Insiderrecht zugrunde legt.392 Bestünde nun aber die Möglichkeit, ein Unternehmen so zu organisieren, dass die Kenntniserlangung von kapitalmarktrechtlich relevanten Informationen auf den Ebenen, die über die Veröffentlichung einer Insiderinformation entscheiden, möglichst weit verhindert werden würde und diese sich einfach auf seine Unkenntnis von der ad-hoc-pflichtigen Insiderinformation berufen könnte (sogenannte willful blindness393), liefe die Ad-hoc-Publizitätspflicht weitestgehend ins Leere.394 Zwar sind viele Insiderinformationen insbesondere auf Vorstandsebene bekannt, es besteht aber trotzdem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Insiderinformationen außerhalb der Vorstandsebene entstehen. Dafür, dass solche Insiderinformation nicht von der Ad-hoc-Publikationspflicht erfasst sind, gibt es keine Anhaltspunkte.395 Daneben ist es nach allgemeiner Ansicht auch zulässig, die Entscheidung über die Ad-hoc-Publikationspflicht zu delegieren, vgl. dazu unten unter Teil 5 B.. Hier wäre dann schon nicht mehr klar, wer überhaupt Kenntnis über die veröffentlichungspflichtige Insiderinformation haben muss, der Vorstand oder das Ad-hoc-Komitee, an das der Vorstand die Ad-hoc-Publikationspflicht delegiert hat. Auch im Hinblick auf eine Verringerung des Risikos zum Insiderhandel erschiene eine Subjektivierung der Ad-hoc-Publizitätspflicht nicht zweckmäßig. Das Risiko zum Insiderhandel entsteht schließlich nicht aufgrund der Kenntnis der für die Veröffentlichung zuständigen Stellen von der Insiderinformation, sondern bereits objektiv durch die Unterlassung der Veröffentlichung einer real vorhandenen Insiderinformation.396 392 Vgl. EuGH Urteil vom 22. November 2005 – C-384/02, Rn. 33; EuGH Urteil vom 10. Mai 2007 – C-391/04, Rn. 37 f.; EuGH Urteil vom 23. Dezember 2009 – C-45/08, Rn. 47 f.; EuGH Urteil vom 11. März 2015 – C-628/13, Rn. 21. 393 Leyens, ZGR 2020, 256, 273; zur Terminologie „willful blindness“ vgl. etwa Schemmel/ Kirch-Heim, CCZ 2008, 96; vgl. auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 86: „Richtigerweise kann die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F. nicht von der Kompetenzverteilung innerhalb der juristischen Person abhängen, denn es soll gerade verhindert werden, Anreize für eine Segmentierung von Wissen zu setzen.“ 394 Vgl. auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 62. In diesem Sinne auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 29: „Müsste der Emittent nicht auch dafür sorgen, dass potenzielle Insiderinformationen an die für die Veröffentlichung verantwortliche Stelle gelangen, könnten allenfalls ,Zufallsfunde‘ veröffentlicht werden und der Emittent die Pflichtenentstehung durch eigene Nachlässigkeit sogar vermeiden.“ Hierzu auch Ihrig, ZHR 2017, 381, 388: „Adressat der Pflicht zur Ad-hocPublizität ist nicht der Vorstand, sondern der Emittent, und deshalb kommt es auf dessen Wissen und nicht auf das Wissen des Vorstands an. Andernfalls wäre die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität ein ,stumpfes Schwert‘ und die Realisierung des Normzwecks von Art. 17 MAR weithin ausgeschlossen. In der typischerweise vielgliedrigen Organisationsstruktur börsennotierter Unternehmen können Insiderinformationen nämlich grundsätzlich an jeder Stelle und auf jeder Hierarchiestufe entstehen oder, sofern sie von außen an die Gesellschaft herangetragen werden, erstmals bekannt werden. 395 So auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 29. 396 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 45.

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

109

Ferner beruht die Verpflichtung des Emittenten zur Veröffentlichung von Insiderinformationen auf der Annahme, dass dieser bei der Suche und Bekanntgabe der Informationen grundsätzlich einen (Kosten-)Vorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern besitzt (vgl. hierzu ausführlich unten unter Teil 4 A.).397 Auch dieser Zweck würde durch die Beschränkung der Publizitätspflicht auf solche Informationen, die der Emittent ohnehin bereits kennt, verfehlt. Schließlich umfasst der relevante Kostenvorteil nicht nur die Veröffentlichung der Informationen, sondern erstreckt sich vielmehr auch auf die Informationssuche.398 Eine Anknüpfung der Adhoc-Publizitätspflicht an die Kenntnis des Emittenten von den Insiderinformationen wäre im Hinblick auf den Zweck der Vorschriften somit falsch. Auch die in Art. 17 Abs. 5 bis 7 statuierten Selbstbefreiungsprivilegierungen stützen diese Auslegung. Diese sind so zu verstehen, dass nur diejenigen Emittenten, die sich über die notwendigen Insiderinformationen in Kenntnis setzten, sich das Selbstbefreiungsprivileg durch eine hinreichende Informationsorganisation verdient haben, also ausnahmsweise von diesem Gebrauch machen dürfen und die jeweilige Insiderinformation nicht unverzüglich ad-hoc-melden müssen.399 Für eine derartige Deutung spricht, dass dem Emittenten der Anreiz zur Gewährleistung der Vertraulichkeit von Insiderinformationen genommen werden dürfte, könnte er sich auch durch schlichte Unkenntnis von der Ad-hoc-Publizitätspflicht befreien.400 Es geht letztlich zu Lasten der Emittenten, wenn dieser sich gegen die Schaffung einer hinreichenden Wissensorganisation entscheidet und das Selbstbefreiungsprivileg deshalb mangels Kenntnis von der Insiderinformation nicht nutzen kann.401 Damit spricht im Ergebnis auch eine teleologische Betrachtung des Selbstbefreiungsprivilegs in Art. 17 Abs. 5 bis 7 MAR gegen ein Kenntniserfordernis bei der Adhoc-Publizitätspflicht. d) Wissensorganisationspflicht statt Wissensnorm Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die oben aufgeworfene Frage, wie es einem Emittenten denn ohne Kenntnis möglich wäre, eine entsprechende Ad-hocMeldung trotz Unkenntnis zu veröffentlichen, nicht in die richtige Richtung weist. Vielmehr ist von Emittenten zu verlangen, dass sie entsprechende Strukturen etablieren, um es zu ermöglichen, Kenntnis über die relevanten Insiderinformationen zu erlangen. Schlecht organisierte Unternehmen oder solche, in denen es durch entsprechende Strukturen verhindert wird, dass die zuständigen Personen Kenntnis von 397

Klöhn, WM 2010, 1869, 1878. Seibt, ZHR 2013, 388, 393; Köndgen, FS Druey, 2002, S. 791, 796. 399 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 43. 400 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 43. 401 BGH, NJW 2013, 2114, 2118 f.; Veil/Brüggemeier, in: Meier/Veil/Rönnau (Hrsg.), Handbuch Marktmissbrauchsrecht, 2018, § 10 Rn. 133; Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 43. 398

110

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

ad-hoc-pflichtigen Informationen erhalten, würden ansonsten bessergestellt, wenn sie sich auf die Unkenntnis berufen könnten, als die Unternehmen, die ihrer Pflicht, entsprechende Strukturen zur Wissensorganisation zu etablieren, nachgekommen sind. Damit würde die Annahme eines Wissenselementes in Art. 17 Abs. 1 MAR geradezu zur Umgehung der Ad-hoc-Publizitätspflicht einladen. Die Vorschriften zur Ad-hoc-Publizitätspflicht knüpfen demnach lediglich rein objektiv an das Vorhandensein der Insiderinformationen im Tätigkeitsbereich des Emittenten an. Damit besteht die durch Art 17 Abs. 1 MAR statuierte Pflicht nicht nur in der Veröffentlichung von Insiderinformationen, sondern vielmehr in einer Verpflichtung der Emittenten, Insiderinformationen zu ermitteln. Damit handelt es sich bei der Ad-hoc-Publikationspflicht auch um eine Informationsorganisationspflicht.402 2. „Unverzüglichkeit“ als Konkretisierung der Compliance-Dimension Das Merkmal der Unverzüglichkeit in Art. 17 Abs. 1 MAR dient als Ausgangspunkt für die Diskussion um eine Ad-hoc-Compliance-Struktur. Sofern also, wie dargestellt, die Ad-hoc-Publikationspflicht kenntnisunabhängig besteht, stellt sich die Frage, welche Pflichten für Emittenten daraus resultieren, dass sie Insiderinformationen „unverzüglich“ veröffentlichen müssen. a) Auslegung des Merkmals der Unverzüglichkeit Wie das in Art. 17 Abs. 1 MAR enthaltene Kriterium der Unverzüglichkeit auszulegen ist, ist streitig. Eine Ansicht versteht „unverzüglich“ nicht etwa „ohne schuldhaftes Zögern“, wie es die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB vermuten lassen könnte, sondern als Synonym zu „prompt“ oder „sofort“. Demnach besäße das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit gerade kein Verschuldenselement.403 Die Ansicht stützt sich darauf, dass das Unverzüglichkeitskriterium nach unionsrechtlichen Grundsätzen auszulegen sei. Nach diesen gelte „unverzüglich“ als Synonym zu „prompt“ oder „sofort“ und beziehe sich mithin nicht auf ein Verschuldenselement.404 Das Merkmal

402 LG Stuttgart, WM 2017, 1451, 1471; Klöhn, NZG 2017, 1285, 1287; vgl. auch Wilken/ Hagemann, BB 2016, 67, 70: „Einmal erlangtes Wissen schließt die Verpflichtung ein, seine Verfügbarkeit zu organisieren“. 403 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 42; Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker (Hrsg.), WpHG, 2015, § 15 Rn. 92 ff. 404 Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 42; Voß, in: Just/Voß/Ritz/Becker (Hrsg.), WpHG, 2015, § 15 Rn. 92 ff.; Ablehnend Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17 Rn. 105.

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

111

der Unverzüglichkeit wäre also rein objektiv zu bestimmen, wobei die Auslegung „so bald wie möglich“ am besten passen würde.405 Nach richtiger und überwiegender Ansicht besitzt das Merkmal der Unverzüglichkeit aber ein Verschuldenselement. Demnach ist eine Veröffentlichung unverzüglich im Sinne von Art. 17 Abs. 1 MAR, wenn sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt.406 Dafür spricht bereits die Gesetzesentwicklung: In der ursprünglichen deutschen Sprachfassung von Art. 17 Abs. 1 MAR wurde die englische Wendung „as soon as possible“ – ebenso wie zuvor in Art. 6 Abs. 1 Marktmissbrauchs-RL 2003 – als „so bald wie möglich“ übersetzt. Es herrscht weitgehende Einigkeit407 darüber, dass „so bald wie möglich“ in Art. 17 MAR ebenso zu interpretieren ist, wie der Unverzüglichkeitsmaßstab in § 15 Abs. 1 WpHG a. F. Die deutsche Übersetzung wurde dementsprechend mit dem dritten Corrigendum zur MAR am 21. Dezember 2016 angepasst, und aus „so bald wie möglich“ wurde „unverzüglich“.408 Durch diese Korrektur hat der Normengeber klargestellt, dass er bei Art. 17 MAR, ebenso wie bei der Vorgängerregelung in Art. § 15 Abs. 1 WpHG a. F. von einer „unverzüglichen“ Veröffentlichung ausgeht. Damit wird die Intention des Normengebers in Art. 17 MAR, genauso wie in dessen Vorgängerregel, § 15 Abs. 1 WpHG a. F., ein Verschuldenselement zu implementieren, deutlich. Da es sich bei Art. 17 MAR um eine europarechtliche Regelung handelt und es hierbei auch nicht um Verträge und Willenserklärungen geht, kann § 121 BGB nur eingeschränkt zur Auslegung herangezogen werden.409 Die Grundaussage des § 121 405

Thomale, NZG 2018, 1007, 1013. Vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 105; ders., NZG 2017, 1285, 1288; ders., AG 2016, 424, 430; zur alten Rechtslage noch unter § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG a. F. der ebenfalls eine „unverzügliche“ Veröffentlichung verlangte, vgl. etwa OLG Frankfurt, BeckRS 2015, 00036 Rn. 140; BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 42; Assmann, in: Assmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 6. Auflage 2012, § 15 Rn. 248; Klöhn, in: Hirte/Möllers (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage 2014, § 15 Rn. 103; Pfüller, in: Fuchs (Hrsg.), WpHG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 327; Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Auflage 2010, § 15 WpHG Rn. 49. 407 Vgl. etwa Klöhn, AG 2016, 423, 430; Poelzig, NZG 2016, 761, 766; Kumpan, DB 2016, 2039, 2042 f.; von der Linden, DStR 2016, 1036, 1038. 408 Vgl. Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission, vgl. ABl. EU 2016 L 348/83. 409 Vgl. hierzu auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 33 f.; Buck-Heeb, WM 2020, 157, 159; vgl. auch bei Koch, ZGR 2020, 183, 193 f.: „Diese Fragestellung wurde ursprünglich unter dem Schlagwort der Wissenszurechnung diskutiert, was unglücklich war, weil diese schlagwortartige Etikettierung es nahelegte, ein nationales Zurechnungsvehikel heranzuziehen, dessen Anwendbarkeit im Kontext einer Vorschrift des europäischen Aufsichtsrechts aber sehr zweifelhaft ist.“ Vgl. auch Ihrig, ZHR 2017, 381, 390. 406

112

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

BGB, wonach unverzüglich ohne schuldhaftes Zögern bedeutet, lässt sich allerdings auch auf die Ad-hoc-Publikationspflicht anwenden. Dafür spricht unter systematischen Gesichtspunkten auch, dass das Merkmal der Unverzüglichkeit auch in anderen EU-Verordnungen vorkommt und ebenfalls mit Hilfe von § 121 BGB konkretisiert wird.410 In den Erwägungsgründen zur MAR finden sich keine weiteren Hinweise darauf, wie der europäische Gesetzgeber das Merkmal der Unverzüglichkeit verstanden haben möchte. Auch sofern man den vom EuGH herangezogenen Auslegungsgrundsatz des sogenannten „effet utile“411 heranzieht und damit danach fragt, wie die praktische Wirksamkeit bzw. die nützliche Wirkung einer „unverzüglichen“ Ad-hocPublikationspflicht zu beurteilen ist, wird klar, dass es um eine Veröffentlichung geht, die ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Sofern nämlich Umstände vorliegen, die ein Abwarten notwendig werden lassen, wie etwa eine weitere Sachverhaltsaufklärung, wird dem Sinn und Zweck der Ad-hoc-Publikationspflicht (Informierung der Kapitalmarktteilnehmer) die beste Wirkung verliehen. Würde man das Merkmal der Unverzüglichkeit als „sofort“ bzw. „prompt“ verstehen, so würde man Emittenten dazu verpflichten, auch Sachverhalte ad-hoc zu publizieren, die noch nicht hinreichend aufgeklärt sind. Damit wäre aber die (volle) Wirksamkeit der Ad-hocPublikationspflicht gefährdet. Somit spricht auch eine Auslegung im Hinblick auf das Wirksamkeitsprinzip dafür, dass eine Ad-hoc-Mitteilung nicht jeweils „sofort“ abzugeben ist, sondern erst dann, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist. Von einem schuldhaften Zögern kann daher nur ausgegangen werden, wenn das Zuwarten nicht durch die Umstände des Falles geboten ist. Schuldhaft ist das Zögern somit nur dann, wenn der Zeitpunkt überschritten wird, in dem ein sorgfältig handelnder Emittent die Ad-hoc-Meldung veröffentlicht hätte.412 Dies ist der Zeitpunkt, zu dem die Veröffentlichung möglich gewesen wäre, hätte der Emittent die erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen, um seine Ad-hoc-Pflicht zu erfüllen. Nicht unverzüglich ist die Ad-hoc-Mitteilung also 410 Vgl. etwa Peuker, in: Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Auflage 2018, DSGVO Art. 16 Rn. 13; anders aber vgl. hierzu auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 33: „Zuzugestehen ist aber, dass das unionsrechtliche Merkmal der Unverzüglichkeit in der Tat nicht mithilfe des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgelegt werden kann.“ Dagegen auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 120: „Während nach alter Rechtslage ,unverzüglich‘ in § 15 WpHG a. F. noch im Sinne der Definition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB als ,ohne schuldhaftes Zögern‘ verstanden werden konnte, kann dem Unionsgesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe sich für die MAR als europäischer Verordnung eine Wortbedeutung, die spezifisch dem nationalen Zivilrecht entstammt, zu eigen machen wollen.“; vgl. hierzu auch Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 77; ders., NZG 2018, 1007, 1009. 411 Vgl. dazu etwa Ihrig, 2017, 381, 387; allgemein zum „effet utile“ vgl. etwa Seibt/ Cziupka, AG 2015, 98, 100; Potacs, EuR 2009, 465, 467; Barczak, JuS 2021, 1, 6; siehe auch bei Biermann, Wissenszurechnung im Fall der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2019, S. 16. 412 Hierzu auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 34 f., der als Abgrenzung zu § 121 BGB lieber von einem „pflichtwidrigen“ als einem „schuldhaften“ Zögern sprechen möchte.

C. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance

113

dann, wenn der Emittent keine hinreichenden organisatorischen Vorkehrungen getroffen hat, damit die Veröffentlichung unverzüglich erfolgen kann. Hat der Emittent also nicht alles Erforderliche und Zumutbare getan, um eine Insiderinformation unverzüglich zu veröffentlichen, zögert er mithin schuldhaft. Um Informationen rechtzeitig veröffentlichen zu können, bedarf es einer entsprechenden Informationsorganisation im Unternehmen – jedenfalls, sofern man richtigerweise (vgl. dazu oben unter Teil 3 C.II.1.) annimmt, dass der Emittent nicht nur die Informationen veröffentlichen muss, die seine Vertreter ohnehin kennen. Somit verpflichtet das Merkmal der Unverzüglichkeit in Kombination mit dem fehlenden Kenntniserfordernis die Emittenten dazu, kursrelevante Informationen zu ermitteln, diese entsprechend zu bewerten und dann gegebenenfalls ad hoc zu veröffentlichen. Anderenfalls verletzt der Emittent seine Ad-hoc-Pflicht, da er aufgrund einer defizitären Informationsorganisation im Unternehmen die Insiderinformation nicht unverzüglich veröffentlicht. Damit statuiert Art. 17 Abs. 1 MAR eine Pflicht, die sich nicht nur in der Veröffentlichung von Insiderinformationen erschöpft, sondern vielmehr auch eine Verpflichtung des Emittenten beinhaltet, Insiderinformationen zu ermitteln. Damit handelt es sich bei der Ad-hoc-Publikationspflicht sowohl um eine Veröffentlichungspflicht, als auch um eine Informationsorganisationspflicht.413 Dass es der MAR nicht fremd ist, eine gewisse Informationsorganisationspflicht hinsichtlich Insiderinformationen zu statuieren, zeigt auch das oben besprochene Beispiel der Chinese Walls (vgl. dazu oben unter Teil 3 A.II.6.c)). Hier werden Unternehmen durch die MAR privilegiert, die ihren Insiderinformationsfluss so organisieren, dass die Unternehmensstellen, die mit Finanzinstrumenten handeln und damit eine besonders hohe Gefahr zum Insiderhandel aufweisen, möglichst nicht mit Insiderinformationen in Berührung kommen. b) Kein Verschuldensausschluss aufgrund von Nichtwissen Die Argumentation, dass die Ad-hoc-Meldung nicht schuldhaft unterlassen wurde, da der Emittent von dem fraglichen Umstand nichts wusste, trägt nicht (vgl. dazu oben unter Teil 3 C.II.1.a)). Wenn beim Emittenten Insiderinformationen vorhanden sind, die nicht an die über die Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung entscheidende Stelle weitergegeben wurden, ist zu prüfen, ob den Emittenten diesbezüglich ein Informationsorganisationsverschulden trifft. „Ohne schuldhaftes Zögern” erfasst also nicht nur den vom Unternehmen selbst tatsächlich geschaffenen Informationszustand, sondern auch die innerbetriebliche Organisation. Ansonsten könnte der Vorstand eine Weiterleitung insiderrelevanter Informationen an ihn selbst verhindern („willful blindness“), um so die Ad-hocPublikationspflicht auszuhebeln.414 Vielmehr wird der Emittent durch Art. 17 Abs. 1 413

So auch LG Stuttgart, WM 2017, 1451, 1471; Klöhn, NZG 2017, 1285, 1287. Hierzu auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 62. 414

114

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

MAR dazu verpflichtet, dass die im Unternehmen vorhandenen Insiderinformationen an die maßgeblichen Stellen im Unternehmen gelangen, die dann eigenverantwortlich über die Publikation von Ad-hoc-Mitteilungen entscheiden. Die für die Abgabe der Ad-hoc-Meldungen zuständigen Unternehmensstellen müssen also in die Lage versetzt werden, gegebenenfalls unter Einsatz von externen Beratern, zu prüfen, ob im konkreten Fall eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht besteht oder nicht. Damit beschreibt das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich” in Art. 17 Abs. 1 MAR die Tatsache, dass eine hinreichende Informationsorganisation bei Emittenten vorherrschen muss. Der Emittent kann sich nicht darauf berufen, dass er nicht auf das Erkennen der Veröffentlichungspflicht vorbereitet war, sondern hat alle erforderlichen Informationen so aufzubereiten bzw. zu ermitteln, dass er seiner Ad-hoc-Publikationspflicht unverzüglich nachkommen kann.

D. Zwischenergebnis Bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht ist vieles umstritten. Um die einzelnen Merkmale ranken sich nationale und europäische Rechtsprechung, zahlreiche Level-2Akte, wie Durchführungsrichtlinie, Durchführungsverordnung, Delegierte Verordnung sowie Auslegungshinweise der BaFin und der ESMA (Level-3-Maßnahmen, sogenannte ESMA Guidelines). In diesem Teil wurden nun die relevanten Begrifflichkeiten und Definitionen dargelegt sowie die in der praktischen Rechtsanwendung relevanten Themen rund um das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publikationspflicht skizziert. Hierbei wurde sich insbesondere an rechtspraktischen Erwägungen festgehalten. Die Ad-hoc-Publikationspflicht und die ihr zugrunde liegenden Begrifflichkeiten wurde also so skizziert, wie sie aktuell von den Aufsichtsbehörden und Gerichten verstanden werden. Man mag hier vieles – mit teilweise guten Gründen – anders sehen, die im folgenden Teil darzustellende Ad-hoc-Compliance-Struktur muss sich allerdings an der Rechtspraxis orientieren, um ihren Zweck, der letztlich in der Haftungsvermeidung liegt, hinreichend zu erfüllen.

I. Insiderinformation Insiderinformationen bestimmen sich danach wie folgt: Insiderinformationen sind nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt Emittenten oder Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, den Kurs dieser Finanzinstrumente erheblich beeinflussen könnten. Die Information muss sich direkt oder indirekt auf einen oder mehrere Emittenten oder auf ein oder mehrere Finanzinstrumente selbst beziehen. Nach gängiger De-

D. Zwischenergebnis

115

finition bedeutet dies, dass die Information die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage, den allgemeinen Geschäftsverlauf oder die personelle oder organisatorische Struktur des Emittenten oder den Handel mit den Insiderpapieren betreffen muss. Damit eine Information hinreichend präzise ist, muss sie entweder bereits eingetretene oder vernünftigerweise zu erwartende Umstände oder Ereignisse betreffen. Umstände sind dann vernünftigerweise zu erwarten, wenn deren Eintrittswahrscheinlichkeit bei über 50 % liegt. Öffentlich bekannt ist eine Information dann, wenn eine unbestimmte Personenzahl über allgemein zugängliche Informationssysteme von ihr Kenntnis nimmt. Entscheidendes Merkmal zur Bestimmung der Kursrelevanz ist, ob der verständige Anleger davon ausgeht, dass sich ein Geschäft unter Nutzung der Information für ihn wirtschaftlich lohnen wird, weil mit für seine Anlage positiven Kursschwankungen zu rechnen ist.

II. Ad-hoc-Publizitätspflicht Die Ad-hoc-Publikationspflicht trifft ausschließlich Emittenten. Emittent ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 MAR jede juristische Person, die Finanzinstrumente emittiert. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht bezieht sich nur auf solche Insiderinformationen, die den Emittenten „unmittelbar“ betreffen. Ad-hoc-Mitteilungen sind unverzüglich zu veröffentlichen. Den Emittenten steht ein angemessener Prüfungszeitraum, bemessen nach der Komplexität des Sachverhalts, zu. Hierbei muss den Emittenten auch genügend Zeit bleiben, sich extern rechtlich beraten zu lassen Für Emittenten besteht die Möglichkeit, die Veröffentlichung einer Insiderinformation aufzuschieben, wenn der Schutz ihrer berechtigten Interessen dies erfordert und keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist sowie die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleistet werden kann (Art. 17 Abs. 4 MAR).

III. Pflicht zur Ad-hoc-Compliance Die Vorschriften zur Ad-hoc-Publizitätspflicht knüpfen rein objektiv an das Vorhandensein der Insiderinformationen im Tätigkeitsbereich des Emittenten an. Art 17 Abs. 1 MAR statuiert damit nicht nur die Pflicht der Veröffentlichung von Insiderinformationen, sondern vielmehr auch die Verpflichtung der Emittenten, Insiderinformationen in ihrem Tätigkeitsbereich zu ermitteln. Damit handelt es sich bei der Ad-hoc-Publikationspflicht auch um eine Informationsorganisationspflicht.

116

Teil 3: Ad-hoc-Compliance

Eine positive Kenntnis des Emittenten von der Insiderinformation ist für das Bestehen einer Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 17 MAR nicht erforderlich. Der Pflichtenkanon aus Art. 17 MAR begrenzt sich nicht nur darauf, Insiderinformationen zu veröffentlichen, sondern umfasst daneben auch die Pflicht, nach Insiderinformationen, die im Unternehmen entstehen, zu suchen und diese entsprechend weiterzuverarbeiten (Informationsorganisationspflichten). Das Merkmal der Unverzüglichkeit in Art. 17 MAR besitzt ein Verschuldenselement. Demnach ist eine Veröffentlichung unverzüglich im Sinne von Art. 17 Abs. 1 MAR, wenn sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt.

IV. Fortgang der Untersuchung Bis hierhin wurde nun dargelegt, warum Emittenten dazu verpflichtet sind, nach Insiderinformationen zu suchen und diese dann entsprechend weiter zu verarbeiten, um diese dann gegebenenfalls veröffentlichen zu können. Die deutlich komplexere Anschlussfrage ist aber nicht die nach dem „Ob“ der Informationssuche und -verarbeitung, sondern die nach dem „Wie“.415 Die im Folgenden zu beantwortende Frage lautet somit, was im Zuge der Ad-hoc-Publikationspflicht für Emittenten rechtlich an Informationsorganisation geboten ist, damit diese ihre aus Art. 17 Abs. 1 MAR resultierende Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen erfüllen können. Der konkreten Bestimmung der Informationsorganisationspflichten wird im folgenden Teil der Untersuchung nachgegangen, der sich mit der Ausgestaltung der Ad-hoc-Compliance-Struktur im Unternehmen beschäftigt.

415 Vgl. hierzu auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 85: „Wenngleich dem Gesetz das ,Ob‘ einer Wissensorganisation entnommen wurde, lassen sich keine Hinweise dazu finden, wie ein effizientes Informationsorganisationssystem beschaffen sein muss. Angesichts der Vielgestaltigkeit der juristischen Personen, etwa im Hinblick auf ihre Größe, Anzahl der Mitarbeiter und eingehenden Informationen, war eine gesetzliche Festschreibung wohl auch nicht zielführend.“

Teil 4

Ad-hoc-Compliance-Struktur Die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen gemäß Art. 17 MAR stellt auch eine insiderrechtliche Präventivmaßnahme dar, mit der Insidergeschäften nicht nur mit strafrechtlichen Sanktionen begegnet werden soll, sondern diese bereits im Vorfeld durch die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität präventiv verhindert werden sollen. Neben der Veröffentlichungspflicht in Art. 17 MAR gibt es weitere Pflichten, die den Pflichtenkanon der Emittenten dahingehend konkretisieren, dass ergänzend Informationssuch-, -aufklärungs-, weiterleitungs- und -analysepflichten hinsichtlich insiderrelevanter Informationen bestehen.416 Diese Pflichten begründen sich durch das Tatbestandsmerkmal der „Unverzüglichkeit“, das als Verschuldensmaßstab impliziert, dass alles Notwendige getan werden muss, um eine unverzügliche Veröffentlichung ad-hoc-pflichtiger Insiderinformationen zu gewährleisten, woraus sich wiederum die genannten Informationsorganisationspflichten ableiten (vgl. dazu oben unter Teil 3 C.II.2.). Sozusagen als „lex specialis“ zur allgemeinen Unternehmens-Compliance existiert also die Verpflichtung, auch eine hinreichend funktionsfähige kapitalmarktrechtliche Compliance-Struktur im Unternehmen vorzuhalten, jedenfalls bezüglich der Ad-hoc-Publikationspflicht. Inwieweit andere kapitalmarktrechtliche Ge- und Verbote ebenfalls zur Einrichtung bestimmter Compliance-Strukturen verpflichten, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Welche Anforderungen der Emittent konkret umsetzen muss, um potenziell adhoc-pflichtige Informationen ordnungsgemäß zu verarbeiten, lässt sich nicht abschließend definieren, weil es nicht die eine richtige organisatorische Struktur gibt, sondern stets auch eine rechtlich zulässige Bandbreite solcher Strukturen. Dennoch gibt es einige allgemeine Grundsätze, die bestimmen, wie Emittenten ihre Pflicht zu einer ordnungsgemäßen Ad-hoc-Compliance-Organisation erfüllen können.417 416 So auch im Ergebnis, wenn auch mit anderer Herleitung Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 133: „Für den Emittenten ist es angesichts der sich auch aus anderen Normen ergebenden Compliance-Pflichten in Bezug auf Insiderinformationen keinesfalls überraschend, ein effektives Informationsmanagement auch zur Erfüllung der Ad-hocPublizitätspflicht betreiben zu müssen. Angesichts des somit ohnehin erforderlichen Informationsmanagements ergeben sich aus der Ad-hoc-Publizitätspflicht auch keine zu weitgehenden zusätzlichen Anforderungen an die Organisation des Emittenten.“ 417 Vgl. hierzu auch Ihrig, 2017, 381, 409 f.

118

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

Der Emittent muss angemessene und wirksame Vorkehrungen treffen, um die Entstehung potenziell ad-hoc-pflichtiger Informationen zu erkennen und den Sachverhalt dann aufklären sowie bewerten zu können.418 Um den notwendigen Umfang einer solchen Ad-hoc-Compliance-Struktur zu bestimmen und einzugrenzen, eignet sich eine rechtsökonomische Analyse der Adhoc-Publikationspflicht. Im Ausgangspunkt sind dazu allgemein die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten und der Insiderhandel einer rechtsökonomischen Analyse zu unterziehen. Insiderhandel kann wirtschaftswissenschaftlich als jede Kapitalmarkttransaktion definiert werden, die aufgrund (noch) nicht publizierter kursrelevanter Informationen getätigt wird.419

A. Ökonomische Analyse des Sinn und Zwecks kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten Um die Vorgaben einer Ad-hoc-Compliance-Struktur richtig verstehen und skizzieren zu können, muss man sich zunächst mit den einer solchen Struktur zugrundeliegenden wirtschaftlichen Themen beschäftigen.

I. Anwendung der ökonomischen Analyse Es spricht viel dafür, insbesondere das Kapitalmarktaufsichtsrecht einer ökonomischen Analyse zu unterziehen und letztlich danach den Pflichtenkanon der Kapitalmarktteilnehmer und hier insbesondere die Informationsorganisationspflichten der Emittenten zu untersuchen. Die ökonomische Analyse des Rechts, auch Rechtsökonomik420 genannt (auf Englisch „Law and Economics“421), wird in Deutschland zwar bereits seit den 70er Jahren betrieben.422 Trotzdem handelt es sich hierbei um eine Analysemethode, die 418 Leyendecker-Langner/Kleinhenz, AG 2015, 72, 73; Spindler/Speier, BB 2005, 2031, 2033; vgl. auch Schwintowski, ZIP 2015, 617, 623. 419 Picot/Dietel, Jahrbuch für neue Politische Ökonomen 1994, 113; vgl. hierzu auch Hopt, AG 1995, 353 f. 420 Zu den verschiedenen Begrifflichkeiten vgl. Kirchner, Ökonomische Theorie des Rechts, 1997, S. 5 f. 421 Der Ursprung der ökonomischen Analyse des Rechts liegt in den USA, vgl. dazu insbesondere die grundlegenden Beiträge Coase, Journal of Law and Economics 1960, 1; Posner, Economic Analysis of Law, 8. Auflage 2014; vgl. auch Parisi, European Journal of Law and Economics 2004, 259; Grechenig/Gelter, RabelsZ 2008, 513, 534 f. 422 Vgl. hierzu insbesondere Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Auflage 2012. Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. etwa Tröger/Scheibenflug, Ad Legendum 2017, 273; zur geschichtlichen Entwicklung in den USA vgl. Grechenig/Gelter, RabelsZ 2008, 513, 522 ff.

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

119

insbesondere auch von deutschen Juristen teils kritisch gesehen wird.423 Teilweise wird dagegen vorgebracht, man hänge zu sehr einem wirtschaftsliberalen Verständnis an und begreife das Recht nur als ein Mittel zur Verwirklichung von Zielen und nicht als einen Wert als solchen.424 Bei der ökonomischen Analyse des Rechts werden ökonomische Theorien auf Rechtsnormen angewendet. Sie beschäftigt sich mit den ökonomischen Folgen von rechtlichen Entscheidungen. Die Rechtsanwendung kann von der ökonomischen Analyse des Rechts insbesondere dort profitieren, wo durch Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung Kosten-Nutzen-Kalküle integriert werden können.425 Ohne dass in dieser Untersuchung Aussagen dazu getroffen werden, inwieweit eine ökonomische Analyse des Rechts anderen Analysearten (etwa soziologischen oder philosophischen Ansätzen) allgemein überlegen ist, sprechen jedenfalls gute Gründe dafür, eine ökonomische Analysemethode im Kapitalmarkt(aufsichts)recht anzuwenden.426 In den USA427 wird der ökonomische Zugang zum Recht in wirtschaftsnahen Rechtsgebieten, wie es das Kapitalmarktaufsichtsrecht zweifelsohne ist, sogar als die dominierende Methodik beschrieben.428 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht und insbesondere deren Umfang sind einer ökonomischen Betrachtung, also letztlich eine Kosten-Nutzen-Analyse, gut zugänglich.429 Dies liegt vor allem am Ziel der Ad-hoc-Publikationspflicht. Deren Ziel ist es, zunächst nicht zu verhindern, dass gewisse Marktteilnehmer aufgrund eines Informationsvorsprungs Vorteile haben, da ein solches Informationsungleichgewicht jedem funktionierenden Markt immanent ist, sondern lediglich für hinreichend

423 Vgl. dazu m. w. N. Grechenig/Gelter, RabelsZ 2008, 513, 516 f.; darauf ebenfalls hinweisend auch Tröger/Scheibenflug, Ad Legendum 2017, 273, 274: „Die klassische rechtsdogmatische Betrachtungsweise dominiert hingegen unangefochten“. 424 Vgl. etwa Kornhauser, Stanford Law Review 1984, 349, 361; Horwitz, Hofstra Law Review 1979, 905; zur Kritik im deutschen Rechtsraum vgl. etwa Taupitz, AcP 1996, 114, 129 f.; Fezer, JZ 1986, 817. 425 Vgl. Schwintowski, JZ 1998, 581, 587. 426 In diesem Sinne auch Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 465: „Das Kapitalmarktrecht ist in besonderer Weise offen für ökonomische Überlegungen“; ähnlich auch Möllers, AcP 2008, 1, 6: „(. . .) dass gerade das Kapitalmarktrecht ein exzellentes Rechtsgebiet für ökonomische Überlegungen eröffnet, weil der Gesetzgeber in seinen Gesetzesvorlagen oder Erwägungsgründen regelmäßig ökonomische Überlegungen aufnimmt.“ Vgl. hierzu auch das grundlegende Werk von Manne, Insider Trading and the Stock Market, 1966. 427 Eine Übersicht über US-amerikanische ökonomische Literatur zum Insiderrecht findet sich etwa Lahmann, Insiderhandel, 1994, S. 194 ff. 428 Tröger/Scheibenflug, Ad Legendum 2017, 273, 274. 429 Vgl. Schwintowski, JZ 1998, 581, 587 f. zum Kosten-Nutzen-Prinzip; ein sogenanntes „least cost information provider-Prinzip“ im Hinblick auf die Ad-hoc-Publikationspflicht wird in Deutschland maßgeblich durch Klöhn vertreten, vgl. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 105.

120

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

ausgewogene Informationszugangsmöglichkeiten zu sorgen.430 Aber auch eine gewisse Ausgewogenheit von Informationszugangsmöglichkeiten dient keinem Selbstzweck, sondern folgt dem Grundsatz, dass durch einen Abbau von Informationszugangshürden die Effizienz der Kapitalmärkte erhöht werden soll und es damit zu einer möglichst optimalen Ressourcen- bzw. Kapitalverteilung kommen soll, die wiederum gesamtgesellschaftlich nützlich ist.431 Die ökonomische Analyse des Rechts geht dabei zutreffend von einer allgemeinen Ressourcenknappheit aus und stellt die Frage, wie man dieser Knappheit durch eine möglichst effiziente Ressourcenverteilung (Allokation) begegnen kann.432 Diese, auch als allokative Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts bezeichnete, Theorie sieht volkswirtschaftlich den Zweck der Kapitalmärkte darin, private Ersparnisse in von Unternehmen benötigtes Investitionskapital umzuschichten. Kapitalmärkte sollen so die bestmögliche Zusammenführung von möglichen Kapitalgebern und nachfragenden Kapitalnehmern ermöglichen. Dies ist dann der Fall, wenn der Markt so ausgestaltet ist, dass das Kapital ungehindert dorthin fließen kann, wo es am dringendsten benötigt und wo gleichzeitig die höchste Rendite bei größtmöglicher Sicherheit erwirtschaftet wird.433 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht dient in Ergänzung anderer Publizitätspflichten der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Sie soll gewährleisten, dass der Kapitalmarkt und dessen Teilnehmer möglichst zeitnah alle für ein konkretes Finanzinstrument relevanten Informationen erhalten und Informationsvorsprünge einzelner Anleger möglichst abgebaut werden – wobei man richtigerweise nicht Informationsvorsprünge als solche abbauen kann, diese sind nämlich ein essentieller Bestandteil eines funktionierenden Marktes, man baut, präziser ausgedrückt, vielmehr Infor-

430

Vgl. hierzu auch Ihrig, 2017, 381, 385: „Dieser Normzweck zielt offenkundig darauf, die Existenz nicht öffentlich bekannter, kursrelevanter Insiderinformationen möglichst umfassend, idealiter ausnahmslos, auszuschließen und stattdessen deren sofortige Offenlegung zu gewährleisten, um jedwedes Informationsungleichgewicht weitestgehend zu eliminieren.“ Vgl. hierzu auch Augstein, Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, 2019, S. 67 f. 431 Vgl. hierzu auch Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Begr. Finanzausschuss 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 96; Baums, ZHR 2003, 139, 150; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Veil, ZHR 2003, 365, 367; Fülbier, Regulierung der Ad-hoc-Publizität, 1998, S. 144; Krause, ZGR 2002, 799, 811 f. Nach dem sogenannten Coase-Theorem werden Ressourcen im Wege privater Transaktionen immer dorthin gelangen, wo sie am effektivsten verwendet werden können, vgl. Coase, Journal of Law and Economics 1960, 1, 6 ff. 432 Hannemann/Dietlein/Nordmeyer, ZJS 2013, 163, 165; Wied-Nebbeling/Schott, Grundlagen der Mikroökonomik, 2007, S. 1; vgl. ferner auch Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Auflage 2012, S. 45 f. 433 Waschkowski, Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung, 2019, S. 40; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 301; hierzu auch Spatz, Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019, S. 36 ff.; Caspari, ZGR 1994, 530, 532; Bartsch, Effektives Kapitalmarktrecht, 2005, S. 21.

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

121

mationszugangshürden zu relevanten Informationen ab.434 Die Ad-hoc-Publizität zielt somit auf eine möglichst effiziente Preisbildung435 am Kapitalmarkt ab, die ihrerseits dafür sorgen soll, dass sich das am Markt vorhandene Kapital möglichst „optimal“ verteilt.436 Werden nun die Anleger möglichst schnell über kursrelevante Tatsachen informiert, zu denen sie ansonsten keinen oder nur erschwerten Zugang hätten, werden Informationsasymmetrien am Kapitalmarkt reduziert.437 Durch einen möglichst gleichberechtigten Informationszugang (equal access) der Kapitalmarktteilnehmer wird auch das Anlegervertrauen dahingehend geschützt, dass Chancengleichheit unter den Kapitalmarktteilnehmern herrscht und diese nicht befürchten müssen, dass sie durch andere, die über Insiderinformationen verfügen, übervorteilt werden.438 Die Veröffentlichung von Insiderinformationen schützt dieses Vertrauen, weil sie eine gleichberechtigte Chancennutzung fördert, sodass grundsätzlich jeder Anleger von kursrelevanten Neuigkeiten profitieren könnte.439 Ökonomisch ausgedrückt, fördert die Ad-hoc-Publizität also den Wettbewerb am Kapitalmarkt und sorgt letztlich auch dafür, dass mehr Anleger am Kapitalmarkt 434 Vgl. hierzu auch Wagner, Nichtlineare Zeitreihenanalyse als neue Methode für Eventstudien, 2019, S. 9: „Dabei wird der Begriff der Effizienz in erster Linie dazu benutzt, um einen Markt zu beschreiben, in dem die für ihn relevanten Informationen durch die Preise der Finanzanlagen reflektiert werden.“ 435 Vgl. hierzu Ayres, Virginia Law Review 1991, 945, 968 f.; Langevoort, Northwestern University Law Review 2002, 135, 140; Stout, Journal of Corporation Law 2003, 635, 640. Allgemein zur Preisbildung am Kapitalmarkt vgl. Georgakopoulos, The Logic of Securities Law, 2017, S. 29 ff. 436 Hierzu auch Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 20 f.; Waschkowski, Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung 2019, S. 38 ff. 437 Darauf auch hinweisend Oerke, Ad-hoc-Mitteilungen und deutscher Aktienmarkt, 1999, S. 16 f.; vgl. auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 30 ff.; Vgl. hierzu auch Gunßer, NZG 2008, 855, 856; Klöhn, NZG 2011, 166, 168; Möllers/Seidenschwann, NJW 2012, 2762, 2763; Parmentier, WM 2013, 970, 975. 438 Vgl. dazu bereits Erwägungsgrund 2 der Richtlinie 2003/6/EG vom 28. Januar 2003 über Insidergeschäfte und Marktmanipulation, ABl. EU 2003 L 96/16, S. 16. Für deutsches Recht vgl. etwa zur Einführung des WpHG 2. FFG, Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6679, S. 33: „Darüber hinaus will das Gesetz das Vertrauen der Anleger durch konkrete Verbesserungen im Bereich des Anlegerschutzes erhöhen. Die Chancen des gleichberechtigten, schnellen Zugangs zu öffentlichen Informationen über die Gegenstände der Wertpapiermärkte sollen verbessert und der Umfang der zu veröffentlichenden Informationen erweitert werden. Dies sind entscheidende Vorbedingungen für ein gerechtes und effizientes Marktergebnis“; in diesem Sinne auch 3. FGG, Begr. RegE, BT-Drucks.13/8922, S. 55; 4. FGG, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 62; vgl. auch Gbekor, Schaden, Kausalität und Kausalitätsbeweis, 2019, S. 357. 439 Hierzu auch Erwägungsgrund 24 Satz 3 der MAR: „(. . .) auf den Zweck dieser Verordnung untersucht werden, der darin besteht, die Integrität des Finanzmarkts zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu stärken, das wiederum auf der Gewissheit beruht, dass die Investoren gleichbehandelt und vor der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen geschützt werden.“ Vgl. auch Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 20 f.

122

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

aktiv werden, da sie darauf vertrauen, dass dort ein fairer Wettbewerb herrscht.440 Somit fördert die Ad-hoc-Publizitätspflicht letztlich auch einen Kapitalfluss hin zu den Kapitalmärkten.441 Anzunehmen ist also, dass möglichst geringe Informationszugangshürden bei den Kapitalmarktteilnehmern eine effiziente Kapitalverteilung begünstigen, eine solche effiziente Kapitalverteilung auch gesellschaftlich wünschenswert ist und daher durch die Rechtsordnung (hier das Kapitalmarktaufsichtsrecht) bezweckt und gefördert wird (vgl. dazu auch sogleich unter Teil 4 A.II.).442 Daraus folgt dann unmittelbar die Frage, wie man ein Informationsungleichgewicht am Kapitalmarkt möglichst kosteneffizient abbauen kann – wie baut man also Informationsungleichgewichte möglichst kapitalschonend, also unter möglichst geringem Ressourceneinsatz, ab? Es geht also um die Herstellung eines möglichst gleichberechtigten Informationszuganges mit dem Einsatz der dazu effizientesten, das heißt kostenschonendsten, Mitteln. Die ökonomische Analyse des Rechts ist also hier insbesondere deshalb sinnvoll anzuwenden, da Ziel der Ad-hoc-Publizitätspflicht letztlich die möglichst effiziente Kapitalverteilung ist.443 Um den Weg dazu festzulegen, bedarf es auch einer Auseinandersetzung mit den Kapitalkosten, die durch die Veröffentlichungspflicht von Insiderinforationen entstehen. Im nächsten Schritt ist die Ad-hoc-Publikationspflicht dann so auszulegen bzw. anzuwenden, dass bei gleichzeitig größtmöglichem Abbau des Informationszuganges die kleinstmöglichen Kosten verursacht werden.

II. Effizientere Kapitalmärkte durch Abbau von Informationsungleichheit? Eine ökonomische Analyse des Umfanges der Ad-hoc-Publikationspflicht und der aus ihr folgenden Informationsorganisationspflichten führt zu der grundsätzlichen wirtschaftstheoretischen Frage, ob Kapitalmärkte durch den Abbau von Informationszugangshürden effizienter werden.444 Diese Frage kann die vorliegende 440 So auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 33 f.; Drukarczyk, Theorie und Politik der Finanzierung, 1993, S. 84. 441 Hierauf hinweisend auch Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 17. 442 Vgl. hierzu auch Baums, ZHR 2003, 139, 150; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Veil, ZHR 2003, 365, 367; Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, S. 16 ff. 443 Vgl. auch Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 465 f. 444 Dies etwa annehmend: Leyens, ZGR 2020, 256, 267: „Kapitalmärkte sind informationseffizient, wenn die Varianz der vom Fundamentalwert abweichenden Bewertungen gering ist. Es handelt sich um einen Näherungsprozess, zu dem maßgeblich der informationsgestützte Handel beiträgt. Der fortlaufende Abgleich von Preisen und Fundamentalwerten durch sog.

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

123

Untersuchung nicht abschließend beantworten, gleichwohl muss sie sich aber mit ihr beschäftigen, da sie der Ausgangspunkt für eine ökonomische Analyse des Umfanges der Ad-hoc-Publikationspflicht ist. Nach der sogenannten Kapitalmarkteffizienzhypothese445 (efficient capital markets hypothesis – „ECMH“) sind die Kapitalmärkte effizient, wenn bereits vorhandene Informationen bei der Preisfindung berücksichtigt werden und somit kein Marktteilnehmer die Möglichkeit zum Insiderhandel hat und damit eine gerechte Preisbildung gewährleistet wird.446 Dies liegt daran, dass öffentlich bekannte Informationen unverzüglich im Preis von Finanzinstrumenten reflektiert werden.447 Das Insiderhandelsverbot soll damit also auch die Bildung von unangemessenen Marktpreisen verhindern, die durch Informationsdefizite entstehen können.448 Wenn der Markt alle verfügbaren Informationen unverzüglich und zutreffend verarbeitet, so die Theorie, müsste in dem Idealfall, in dem den Anlegern alle Informationshändler kommt dem Markt insgesamt, also auch Kleinanlegern zugute und fördert das übergreifende Ziel einer effizienten Allokation knapper Ressourcen nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.“ 445 Vgl. hierzu auch die Erklärung bei Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 89: „Die Effizienzhypothese nimmt an, dass Marktteilnehmer unverzerrte Prognosen über den zukünftigen Wert des jeweiligen Instruments anstellen und hierbei alle verfügbare Information verarbeiten. Fehlpreisungen liegen allein an der objektiven Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und gleichen sich gegenseitig aus. Da alle öffentlich bekannten Informationen zu jedem Zeitpunkt in den Preisen enthalten sind, ist die zukünftige Preisentwicklung allein abhängig von der unvorhersehbaren Wertentwicklung des jeweiligen Instruments.“ Eine ausführliche Beschreibung der historischen Entwicklung der Kapitalmarkteffizienzhypothese findet sich bei Read, The Efficient Market Hypothesists, 2003, S. 6 ff. Vgl. dazu auch Gutekunst, Die Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2021, S. 23 ff. 446 Vgl. hierzu auch Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 11 f. Zu den Grundlagen der Kapitalmarkteffizienzhypothese vgl. bei Samuelson, Industrial Management Review 1965, 41; Mandelbrot, Journal of Business 1966, 242. Zur Kapitalmarkteffizienzhypothese als Regulierungsmodell vgl. auch Cunningham, Washington and Lee Law Review 2002, 767, 831: „There is nothing inherently wrong with relying on a fiction. Corporate law is itself a fiction, after all“, vgl. auch Gilson/Kraakman, Virginia Law Review 1984, 549, 550; Langevoort, Northwestern University Law Review 2002, 135, 138; Shleifer, Inefficient Markets: An Introduction to Behavioral Finance, 2000, S. 3; Black, Loyola Law Journal 2013, 1493, 1499; Werner, Ein Publizitätskonzept, 2011, S. 75 ff. Ausführlich zur Kapitalmarkteffizienzhypothese vgl. auch Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 157 ff. 447 Vgl. grundlegend Fama, Journal of Finance, Vol. 25, 1970, 383: “The primary role of the capital market is allocation of ownership of the economy’s stock. In general terms, the ideal is a market in which prices provide accurate signals for resource allocation: that is, a market in which firms can make production-investment decisions and investors can choose among the securities that represent ownership firms’ activities under the assumption. A Market in which prices always “fully reflect” available information is called “efficient”. Zur Informationseffizienz der Kapitalmärkte und der efficient capital market hypothesis vgl. auch Brealey/Myers/ Allen, Principles of Corporate Finance, 13. Auflage 2020, S. 340 ff.; vgl. auch bei Vaupel/ Oppenauer, AG 2019, 502, 504; Berninger/Kiesel/Schiereck, BKR 2019, 408, 409. 448 Möllers, AcP 2008, 1, 7; in diesem Sinne auch Habersack, DB 2016, 1551, 1556.

124

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

kursrelevanten Informationen zugänglich sind, der Börsenpreis den „wirklichen Preis“ des Finanzinstruments reflektieren.449 Grundlage der Hypothese ist, dass die Marktteilnehmer fortlaufend den Wert der Finanzinstrumente bestimmen und den Preis durch Angebot und Nachfrage innerhalb kurzer Zeit anpassen.450 Unterstellt, Aktienkurse würden schon generell nicht die Informationen hinsichtlich des Unternehmenswerts widerspiegeln, sondern einem Zufallsprinzip – oder welchem Prinzip auch immer – unterliegen, dann könnte es gar keine nicht öffentlich bekannten Informationen geben, deren Nutzung zu einem „ungerechtfertigten Vorteil“ führen könnte. Die Kombination aus verbotenem Insiderhandel und der Verpflichtung von Emittenten, Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen, zeigt, dass der Gesetzgeber selbst jedenfalls grundsätzlich von einem Zusammenhang von Unternehmenswert und Aktienkurs ausgeht.451 Es soll also verhindert werden, dass aufgrund von Insiderhandel „falsche“ Aktienkurse entstehen, die nicht den realen Unternehmenswert widerspiegeln.452 Die Ad-hoc-Publikationspflicht trägt somit also auch zur „Preiswahrheit“ bei, die ihrerseits wiederum ein bedeutender Bestandteil von effizienten Märkten ist. Spiegelbildlich dazu lässt sich auch ein Anspruch der Anleger formulieren, dass ihnen bewertungserhebliche Informationen unverzüglich mitgeteilt werden müssen, damit sie in der Lage sind, ihr Vermögen aufgeklärt anzulegen und dabei dieselben Gewinnchancen wie die übrigen Marktteilnehmer haben.453 Man kann also im Hinblick auf die Theorie der effizienten Kapitalmärkte sowohl vom einzelnen Anleger und seinen Individualrechtsgütern, als auch von der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts als solchem und damit von einem kollektiven Rechtsgut ausgehen.

III. Kapitalmarkteffizienz als Regelungsziel der MAR Unabhängig davon, ob Kapitalmärkte tatsächlich in der beschriebenen Art und Weise „effizient“ sind und man die Richtigkeit der Kapitalmarkteffizienzhypothese durchaus mit guten Argumenten454 hinterfragen kann, ist es doch das unverkennbare 449

Vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 304. Möllers, AcP 2008, 1, 7; hierzu auch Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hocPublizität, 2018, S. 18 f. 451 Vgl. hierzu Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Begr. Finanzausschuss 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 96. 452 Möllers, AcP 2008, 1, 7. 453 Möllers, AcP 2008, 1, 7. 454 Einen guten Überblick über die Argumente für und gegen die Kapitalmarkteffizienzhypothese liefert Klöhn, ZHR 2013, 349, 352 ff., der sich auch mit den Argumenten für und gegen andere Kapitalmarkttheorien auseinandersetzt. 450

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

125

Ziel des europäischen Gesetzgebers, die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für einen in diesem Sinne beschriebenen „effizienten Kapitalmarkt“ zu schaffen.455 Der europäische Normengeber nennt an verschiedenen Stellen die Zielvorgabe, für eine effiziente Gestaltung der Kapitalmärkte zu sorgen.456 Das Regelungsziel der Kapitalmarkteffizienz findet sich auch routinemäßig in den Erwägungsgründen der einschlägigen Richtlinien und Verordnungen.457 Das europäische Kapitalmarktaufsichtsrecht fußt somit auf der Kapitalmarkteffizienzhypothese, deren maßgeblicher Angelpunkt die Informationseffizienz ist.458 Kapitalmarktrechtliche Regelungen sind daher auf die Sicherung von Informationseffizienz hin auszulegen.459 Erwägungsgrund Nr. 2 MAR formuliert dementsprechend ebenfalls das Ziel, dass ein integrierter, transparenter und effizienter Finanzmarkt Marktintegrität voraussetzt und dass Marktmissbrauch die Integrität der Finanzmärkte verletzt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in Wertpapiere untergräbt. Nennt der Gesetzgeber selbst, wie bei der MAR, eine effiziente Gestaltung als Regelungsziel, so ist weitestgehend unstreitig, dass der Rechtsanwender dann auch ökonomische Überlegungen zur Rechtsauslegung anstellen darf.460 Die Hypothese des effizienten Markts liefert folglich die wissenschaftliche Grundlage für das Insiderhandelsverbot und die Ad-hoc-Publizitätspflicht. Erwägungsgrund Nr. 23 MAR besagt dazu, dass das wesentliche Merkmal von Insidergeschäften ein ungerechtfertigter Vorteil ist, der mittels Insiderinformationen zum Nachteil Dritter erzielt wird, die diese Informationen nicht kennen. Die Veröffentlichung von Insiderinformationen fördert also, zumindest nach überwiegender Auffassung in Praxis und Wissenschaft, die Effizienz der Kapitalmärkte, beugt dem Insiderhandel vor und stärkt das Vertrauen der Anleger und auch der Allgemeinheit in die Integrität der Kapitalmärkte.461 455 Hierauf ebenfalls hinweisend Engel, Internationales Kapitalmarktdeliktsrecht, 2019 S. 16 f.; Waschkowski, Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung 2019, S. 44 f.; Möllers, AcP 2008, 1, 7; in diesem Sinne auch Bartmann, Ad-hoc-Publizität im Konzern, 2017, S. 41: „Die Kapitalmarkteffizienzhypothese als zugrundeliegendes Regelungsmodell zu wählen, ist alternativlos, im Gesetz angelegt und mit Blick auf Sinn und Zweck des Insiderhandelsverbots vorzugswürdig. Alternativlos ist sie deshalb, weil die Forschung zum realen Anlegerverhalten zwar mehr und mehr vorankommt, aber letztlich daran leidet, dass sie ein Sammelsurium von Einzelfallbeobachtungen ist.“ 456 Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 462. 457 Vgl. hierzu die Beispiele bei Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 462. Vgl. auf nationaler Ebene auch Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Begr. Finanzausschuss 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 96. 458 Fleischer/Zimmer, in: dies. (Hrsg.), Effizienz und Regelungsziel im Handels- und Wirtschaftsrecht, 2008, S. 19. 459 Kalss, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Auflage 2014, S. 465 f. 460 Möllers, AcP 2008, 1, 6; Kirchner/Koch, Analyse und Kritik 1989, 111, 115; vgl. hierzu auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Auflage 2015, S. 450 ff. 461 BGH, ZIP 2013, 1165 Rn. 34; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 255; Hopt, ZHR 1995, 135, 147; Kersting, ZBB 2011, 442, 446; Seibt, ZHR 2013, 388, 394.

126

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

IV. Kritik der Kapitalmarkteffizienztheorie: reasonable investor vs. behavioral finance Wie dargestellt, fußt die gesamte europäische Kapitalmarktregulierung seit deren Beginn auf der ebenfalls dargestellten Kapitalmarkteffizienzhypothese. Gegen diese Hypothese sprechen allerdings gewichtige Argumente, die hier nicht verschwiegen werden sollen und zumindest bei der Anwendung der entsprechenden regulatorischen Vorgaben im Hinterkopf behalten werden sollten, damit berücksichtigt wird, dass auch die hier relevante Informationsversorgung der Kapitalmärkte nur ein Baustein der Kapitalmarktregulierung ist. Kritisiert wird an der Kapitalmarkteffizienzhypothese deren Unterkomplexität.462 Im Kern lautet der Vorwurf stets, dass die Kapitalmarkteffizienzhypothese das tatsächliche Marktgeschehen unzureichend abbilde, da sie relevante Faktoren außer Acht ließe.463 Die Kapitalmarkteffizienzhypothese endet nicht damit, dass möglichst alle Anleger möglichst alle Informationen kennen, sie müssen diese vielmehr in einer rationalen Weise464 bei ihren Anlageentscheidungen verwenden, damit sich so ein „richtiger“ Preis am Kapitalmarkt bildet. Klöhn beschreibt daher den Markt nach der Vorstellung der Kapitalmarkteffizienzhypothese als eine Person, die alle öffentlich verfügbaren Informationen kennt und auf dieser Grundlage eine perfekt rationale Schätzung der Preise von Finanzinstrumenten vornimmt.465 Die Hauptkritiker der Kapitalmarkteffizienzhypothese tragen dazu vor, dass sich die Kapitalmarktteilnehmer insgesamt nicht rational verhalten und daher alleine die ausreichende Informierung der Kapitalmarktteilnehmer nicht zur richtigen Preisbildung führt.466 Diese Gegenbewegung zur Kapitalmarkteffizienzhypothese lässt 462 Vgl. hierzu etwa anschaulich beschrieben bei Shiller, Finance and the Good Society, 2012, S. 132 f.: „The impulse toward perfection in framing any theory has been behind the widespread acceptance of efficient markets theory, the theory that financial markets efficiently incorporate all publicly available information, so that their price movements are not the result of any human error but, on the contrary, of some grander design that is essentially perfect. Implicit in much efficient-markets theorizing by economists is the notion that those who trade in markets are perfect rational calculators. Such a belief gives economic thinking a solid core.“ 463 Klöhn, ZHR 2013, 349, 359; ausführlich zur Kritik an der Kapitalmarkteffizienzhypothese vgl. auch Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 159 ff.; Spatz, Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019, S. 56 ff. 464 Zum Bild eines rational handelnden Anlegers vgl. auch van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S. 73 ff. 465 Klöhn, ZHR 2013, 349, 354. Dieses rationale Anlegerverhalten wird auch als „rational choice model“ oder „rational choice theory“ bezeichnet, vgl. hierzu etwa Eidenmüller, JZ 2005, 216, 217; Posner, Stanford Law Review 1998, 1551, 1558. 466 Zum irrationalen Anlegerverhalten vgl. auch Bekritsky, WM 2020, 1959, 1961: „Unter einer irrationalen Marktreaktion wird also jedes Anlegerverhalten verstanden, das nicht anhand des Fundamentalwerts des Emittenten nachvollzogen werden kann.“

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

127

sich unter der Bezeichnung „behavioral finance“467 zusammenfassen. Die Kernaussagen der behavioral finance lassen sich wie folgt zusammenfassen: Anleger machen zahlreiche Fehler bei der Bewertung von Finanzinstrumenten.468 Diesen Fehlereinschätzungen unterliegen sie systematisch, weshalb sich diese auch nicht gegenseitig ausgleichen.469 Die rational handelnden informierten Anleger setzen sich nicht regelmäßig effektiv gegen diese irrational handelnden Anleger durch und können daher die Preisbildung nicht hinreichend berichtigen. Einer der prominentesten Kritiker der Kapitalmarkteffizienzhypothese und Vertreter der behavioral finance ist Robert Shiller.470 Seine Untersuchungen zeigen, dass Kurse von Finanzinstrumenten einer höheren Volatilität unterliegen, als dies nach der Kapitalmarkteffizienzhypothese der Fall sein dürfte.471 Dies lässt darauf schließen, dass sich Kurse auch ohne korrespondierende Fundamentalwerte verändern, dass Spekulation Aktienpreise also von ihren Fundamentalwerten entfernen kann.472 Die Gegenargumente, insbesondere das des irrationalen Anlegerverhaltens hinsichtlich der Kapitalmarkteffizienzhypothese, mögen ihre Berechtigung haben und sollten bei der Schaffung zukünftiger Regulatorik auch Berücksichtigung finden. Da allerdings die Kapitalmarkteffizienzhypothese aktuell (noch) sowohl vom europäischen Normengeber als auch von der vorherrschenden Ansicht in den Wirtschaftswissenschaften zur Grundlage der Kapitalmarktregulatorik herangezogen wird, ist diese auch als Grundlage der im Folgenden darzustellenden Informationsorganisationspflichten und der Ad-hoc-Compliance-Struktur heranzuziehen. Dies insbesondere deshalb, da die Untersuchung darauf abzielt, Informationsorganisationspflichten und eine Ad-hoc-Compliance-Struktur so zu skizzieren, dass Emittenten damit die gegenwärtig geltenden Anforderungen erfüllen können, um so eine Haftung zu vermeiden. Dazu ist sich dann an den Grundtheorien zu orientieren, die auch der Gesetzgebung zu Grunde liegen.

467 Vgl. hierzu etwa Hirshleifer, Journal of Finance 2001, 1533; Rabin, Journal of Economic Literature 1998, 11; Shefrin, Börsenerfolg mit Behavioral Finance, 2000; Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 4. Auflage 2004. 468 Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 81. 469 Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 81. 470 Zur allgemeinen Kritik an den „Gesetzen der Finanzwirtschaft“ vgl. Shiller, Finance and the Good Society, 2012, S. 133: „There is a very human tendency to be a bit too attracted – perhaps distracted – by the symmetrical and the beautiful. The conservation laws of finance are only as valid as their underlying assumptions, and their applicability to real-world phenomena has been overrated. And yet the sense of beauty pervading the theory, tempered with reality, remains part of the satisfaction for practitioners of this or any other science.“ 471 Siehe Shiller, Journal of Political 1979, 1190; ders., American Economic Review 1981, 421; ders., Journal of Finance 1981, 291; ders., Market Volatility, 1989. 472 Zum Begriff des Fundamentalwertes vgl. etwa Li, Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2019, S. 53.

128

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

V. Prinzip der niedrigeren Informationskosten: cheapest information provider Die Indienstnahme des Emittenten zur Veröffentlichung von Insiderinformationen beruht darauf, dass der Emittent diese Informationen zu den niedrigsten Kosten erkennen, analysieren und bekannt geben kann (least cost information seeker).473 Damit wird der beschriebenen Intention des Normgebers Rechnung getragen, möglichst effiziente, also möglichst informierte Kapitalmärkte zu schaffen.474 Nicht sämtliche Anleger sollen gleichzeitig nach kursrelevanten Informationen über den Emittenten suchen müssen, da dies Informationsbeschaffungskosten auslösen würde, die ihrerseits wieder in höhere Transaktionskosten münden.475 Damit würde die operationale Effizienz476, die sich durch möglichst niedrige Transaktionskosten auszeichnet, der Kapitalmärkte beeinträchtigt. Dies würde der Intention des Normgebers, möglichst effiziente Kapitalmärkte zu schaffen, entgegenwirken.477 Stattdessen wird der Emittent verpflichtet, die Informationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich bekannt zu geben, damit sich die Anleger auf die Analyse und die umgehende „Einarbeitung“ der Informationen in den Preis der Finanzinstrumente konzentrieren können. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht senkt damit die am 473 Vgl. hierzu Klöhn, NZG 2017, 1285, 1287; ders., ZHR 2013, 349, 375; Zetzsche, Aktionärsinformation in der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2006, S. 37; Klöhn, WM 2010, 1869, 1878; Köndgen, FS Druey, 2002, S. 791, 796; Seibt, ZHR 2013, 387, 393. Vgl. aus der US-amerikanischen Literatur dazu auch Diamond, Journal of Finance 1985, 1071, 1083; Georgakopoulos, International Review of Law and Economics 1996, 417, 424; Goshen/Parchmovsky, Duke Law Journal 2006, 711, 737. Vgl. hierzu auch Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 107: „Die Aufgabenzuweisung an den cheapest information provider entspricht rechtlich gesehen der mildesten effektiven Beeinträchtigung von Rechten der Kapitalmarktakteure. Es ist im Sinne sowohl nationaler als auch europäischer Grundrechtsdogmatik folglich das erforderliche Mittel zur Erreichung der mit der Regelung verfolgten überragend bedeutsamen Zwecke der Stärkung und des Schutzes des Kapitalmarktes insgesamt und wegen dessen erheblicher volkswirtschaftlichen Bedeutung mittelbar auch der Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems innerhalb der europäischen Union.“ 474 Vgl hierzu auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 140: „Der effet utile-Grundsatz zwingt allerdings nicht zur Schaffung einer ,Kapitalmarkttransparenz um jeden Preis‘, sondern erfordert die Berücksichtigung gegenläufiger Zielsetzungen. Die Anforderungen an den Emittenten dürfen nicht höher sein als der Nutzen für das Informationsinteresse des Marktes.“; vgl. auch Grohmann, Das Informationsmodell, 2006, S. 61. 475 Vgl. hierzu auch Kleinmann, Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, 1998, S. 191 f., 194, der von einer insgesamten Steigerung der Transaktionskosten durch die Ad-hoc-Publizität ausgeht. 476 Vgl. dazu etwa Waschkowski, Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung, 2019, S. 39; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 300; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 30 f. 477 Vgl. hierzu auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hocPublizität, S. 62; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 91.

A. Ökonomische Analyse kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten

129

Kapitalmarkt insgesamt anfallenden Informationsbeschaffungskosten und erhöht daher nicht nur die informationelle, sondern auch die operative Effizienz des Kapitalmarktes.478 Emittenten müssen daher angemessene und wirksame Vorkehrungen treffen, um den Kapitalmarkt mit den geforderten Informationen zu versorgen. Ob eine bestimmte Maßnahme geboten ist, beurteilt sich einerseits nach dem erwarteten Ertrag der Maßnahme (Gewährleistung der „richtigen“ Preisbildung am Kapitalmarkt, also deren Beitrag zur Kapitalmarkteffizienz) und andererseits nach den Kosten, die für den Emittenten durch die Maßnahme entstehen (Informationsbeschaffungs-, Bewertungs- und Veröffentlichungskosten).479 Die Bestimmung, ob eine Organisationsmaßnahme geboten ist oder nicht, ist freilich nur dann sinnhaft durchzuführen, wenn die Emittenten verpflichtet sind, nach potenziell ad-hoc-pflichtigen Informationen zu suchen und nicht nur solche Informationen zu veröffentlichen, die sie ohnehin kennen (vgl. dazu bereits oben unter Teil 3 C.II.1). Nur dann besteht der Anreiz, die Emittenten dazu zu verpflichten, ihren komparativen Kostenvorteil bei der Informationsbeschaffung gegenüber den anderen Marktteilnehmern einzusetzen und so die insgesamt am Kapitalmarkt anfallenden Informationskosten und damit letztlich auch die Transaktionskosten, zu senken.480

VI. Wirkung des Prinzips der niedrigeren Kosten Die Theorie der niedrigeren Informationsbeschaffungskosten- bzw. Auswertungskosten ist in ihrer praktischen Anwendung auf Emittenten relativ komplex. Sie wirkt sich dabei letztlich so aus, dass Emittenten grundsätzlich nach allen Informationen, die sie unmittelbar betreffen, suchen müssen, sofern die Suchkosten der Emittenten geringer sind als die Kosten, die andere Marktteilnehmer hätten, um die betreffenden Informationen selbst zu beschaffen.481 Letztlich wird man hier mit Vereinfachungen und Pauschalisierungen arbeiten und sich damit begnügen müssen, dass Emittenten eben solche Informationen zu veröffentlichen haben, die sie „einfacher“ und damit effektiver (kostengünstiger) beschaffen können, als die übrigen Kapitalmarktteilnehmer. Jedoch ist dabei stets die operationelle Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes im Blick zu behalten. Daher sind die Emittenten nicht mit übermäßigen informationsorganisatorischen Vorgaben 478 Vgl. hierzu Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 9 ff.; Möllers, AcP 2008, 1, 10 f. 479 Zu den „Informationsproduktionskosten“ der Emittenten vgl. auch Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 187; Assmann, FS Kübler, 1997, S. 317, 331. 480 Vgl. hierzu auch Coase, Journal of Law and Economics 1960, 1, 27; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 198; Möllers, AcP 2008, 1, 10. 481 Zu Informationsbeschaffungskosten als Marktzutrittsschranke vgl. Uller, Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, 2018, S. 30.

130

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

zu belasten, da dies letztlich die Transaktionskosten in unverhältnismäßiger Weise erhöhen würde.482 Übermäßig ist die Kostenbelastung der Emittenten dann, wenn ein anderer Marktteilnehmer die in Rede stehenden Informationen günstiger beschaffen, bewerten und veröffentlichen kann, als der Emittent selbst. Die nicht übermäßige Kostenbelastung auf Seiten der Emittenten wird dadurch sichergestellt, dass diese eben nur solche Informationen unverzüglich veröffentlichen müssen, die sie unmittelbar betreffen. Die Emittenten sind dabei die Kapitalmarktteilnehmer, die am kostengünstigsten zu einem Informationsgleichgewicht hinsichtlich ihrer eigenen Finanzinstrumente am Kapitalmarkt beitragen können, da sie den „günstigsten“ Zugang zu den Informationen haben, die ihre eigenen Finanzinstrumente betreffen.

VII. Gefahrbeherrschung durch Informationsorganisation Letztlich stellen die Ad-hoc-Informationsorganisationspflichten auch eine Ausprägung des bekannten Grundsatzes der Gefahrbeherrschung dar: Eine kapitalmarktrechtliche Informationsorganisationspflicht für Emittenten, die regelmäßig einfacher an bei ihnen vorhandene Insiderinformationen gelangen können, rechtfertigt sich also durch den vereinfachten (günstigeren) Informationszugang dieser Emittenten. Daneben rechtfertigt aber auch die erhöhte Rechtsgutgefährdung, die aus der betrieblich bedingten personellen und sachlichen Ressourcenakkumulation bei Emittenten entsteht, diese Informationsorganisationspflichten.483 Nehmen betrieblich organisierte und arbeitsteilige Einheiten am Kapitalmarkt teil, entsteht bereits dadurch ein gesteigertes Risiko zum Insiderhandel, da bei diesen komplexen Einheiten häufiger Insiderinformationen anfallen, als etwa bei Privatpersonen. Dieses gesteigerte Insiderhandelsrisiko wird durch erhöhte Informationsorganisationspflichten für die am Kapitalmarkt teilnehmenden und von diesem regelmäßig profitierenden Unternehmen kompensiert. Die Rechtfertigung für solche kapitalmarktrechtlichen Informationsorganisationspflichten liegt also auch in der Risikoerhöhung für Rechtsgüter Dritter, die durch Insiderhandel geschädigt werden könnten. Der Kostennachteil, der für Emittenten durch diese Informationsorganisationspflichten entsteht, wird durch deren Zugang zum Kapitalmarkt zumindest abgemildert oder sogar kompensiert.

482 Hierzu auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 62. 483 Vgl. allgemein zu Grundprinzipien des kollektiven Handels in Unternehmen und Konzernen Frost/Morner/Queißer, in: Frost/Morner (Hrsg.), Konzernmanagement, 2010, S. 141 ff.

B. Informationsorganisationspflichten

131

Mit dem hier skizzierten ökonomischen Ausgangsprinzip eines möglichst effizienten (wirtschaftlichen) Abbaus von Informationszugangshürden lassen sich nun im Folgenden die Informationsorganisationspflichten der Emittenten näher skizzieren.

B. Informationsorganisationspflichten Legt man das oben dargelegte Prinzip der niedrigen Informationsbeschaffungskosten zugrunde, ist es sodann sinnvoll, zwischen verschiedenen Informationsorganisationspflichten zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist zwar rechtlich nicht zwingend notwendig und auch unter organisatorischen Gesichtspunkten nicht immer sinnvoll; jedoch bei größeren Emittenten ergibt es durchaus Sinn, zwischen verschiedenen Informationsorganisationspflichten zu differenzieren. Die reine interne effiziente Informationsbeschaffung ist dabei zunächst unter betriebswirtschaftlichen Faktoren zu betrachten. Die organisatorischen Maßnahmen zielen aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf eine Förderung des Informationsflusses innerhalb des Unternehmens ab. Hierzu haben sich eigene betriebswirtschaftliche Forschungsschwerpunkte unter den Bezeichnungen „Knowledge Management“ und/ oder „Informationsmanagement“ herausgebildet,484 die im Folgenden auch als Grundlage zur Skizzierung der Informationsorganisationspflichten im Hinblick auf die Ad-hoc-Publizitätspflicht fruchtbar gemacht werden.485 Ziel der in dieser Untersuchung486 betrachteten Informationsorganisation ist klar: kein Verstoß gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht. Dementsprechend soll dadurch auch die Haftung vermieden werden, die bei Verstößen gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht droht.487

I. Unternehmensanalyse Im ersten Schritt ist das konkrete Unternehmen einer spezifischen Risikoanalyse dahingehend zu unterziehen, wo für gewöhnlich kurserhebliche Insiderinformatio484

Schneider, in: Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 3 Rn. 8. 485 Vgl. dazu etwa Königer/Reithmayer, Management unstrukturierter Informationen: wie Unternehmen die Informationsflut beherrschen können, 1998. 486 Zu allgemeinen Zielen der Informationsorganisation im Unternehmen vgl. etwa die Fragestellung bei Naumann/Siegel, ZHR 2017, 273, 274: „Wie ist die Informationsversorgung in einem Unternehmen zu organisieren, damit ökonomische Entscheidungen zum Wohle des Unternehmens und seiner Stakeholder getroffen und rechtliche Organisations- und Informationspflichten sowie sonstige Pflichten des Unternehmens bzw. der Unternehmensorgane erfüllt werden können?“. 487 Vgl. auch Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 185.

132

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

nen entstehen können. Dies wird sicher auf der Ebene des Vorstands und des Aufsichtsrats488 der Fall sein. Aber insbesondere auch die darunter liegenden Ebenen sind daraufhin zu analysieren, inwieweit hier kursrelevante Informationen entstehen können.489 Aufgrund der unterschiedlichen Unternehmen lassen sich hier keine allgemeinverbindlichen Indikationen festlegen, nach denen bestimmt werden kann, an welchen Stellen im Unternehmen Insiderinformationen entstehen können. Klar ist, dass diese grundsätzlich überall im Unternehmen entstehen können, es aber Bereiche bzw. Abteilungen im Unternehmen gibt, wo die Wahrscheinlichkeit zum Entstehen von Insiderinformationen größer ist als in anderen. So kann beispielsweise in der Buchhaltung als erstes die Information entstehen, dass es in nächster Zeit zu erheblichen Gewinnen oder Verlusten kommt. Diese Informationen gehen normalerweise ohnehin ihren Weg bis zum Prokuristen bzw. zum Chief Financial Officer (CFO) und dann an den gesamten Vorstand. Nur ist es im Rahmen der Ad-hoc-Publikationspflicht nicht zulässig, dass eine Information (beispielsweise über erhebliche unerwartete anstehende Gewinne) erst dann in einen „Ad-hoc-Überprüfungsprozess“ hineingeben wird, wenn die entsprechende Information auf Vorstandsebene oder der Ebene darunter angelangt ist. Insbesondere die Mitarbeiter, die an der Erstellung eines Konzernabschlusses beteiligt sind, sind entsprechend zu schulen, ab wann sie vermeintlich insiderrelevante Informationen an die dafür zuständige Stelle im Unternehmen zur weiteren Prüfung kommunizieren müssen. So ist also etwa die Buchhaltung als Quelle möglicher Insiderinformationen im Unternehmen zu identifizieren und die dort handelnden Personen entsprechend zu instruieren und zu schulen, dass, wenn sie bedeutsame bzw. auffällige Zahlungsflüsse erkennen, diese unmittelbar an das Ad-hoc-Komitee oder den Vorstand zu melden sind. Diese organisatorische Pflicht zur Identifizierung derjenigen Personen, die tätigkeitsbedingt im Unternehmen mit Insiderinformationen in Berührung kommen, ergibt sich ohnehin bereits aus Art. 18 MAR. In Art. 18 Abs. 1 lit. a heißt es dazu: „Emittenten oder alle in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnden Personen sind verpflichtet, eine Liste aller Personen aufzustellen, die Zugang zu Insiderinformationen haben, wenn diese Personen für sie auf Grundlage eines Ar488

Vgl. hierzu auch Naumann/Siegel, ZHR 2017, 273, 274 f.; Zur Frage, inwieweit auch Insiderinformationen der Ad-hoc-Publikationspflicht unterliegen, die auf Ebene des Aufsichtsrats entstehen vgl. Bekritsky, BKR 2020, 328; Knorr, Kapitalmarktkommunikation durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, 2021, S. 195 ff. 489 Vgl. hierzu Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 162: „Neben den besonders betroffenen Bereichen Vorstand, Aufsichtsrat, Rechtsabteilung, Controlling, Finanzen, Public- und Investor-Relations sowie der Compliance-Abteilung ist insbesondere damit zu rechnen, dass kursrelevante Umstände in Entwicklungs- und Innovationsabteilungen ihren Ursprung finden.“

B. Informationsorganisationspflichten

133

beitsvertrags oder anderweitig Aufgaben wahrnehmen, durch die diese Zugang zu Insiderinformationen haben, wie Berater, Buchhalter oder Ratingagenturen.“

II. Informationsidentifikation Nachdem der Emittent die Stellen im Unternehmen identifiziert hat, an denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Insiderinformationen besteht, hat er dafür Sorge zu tragen, dass an diesen Stellen entsprechende Prozesse implementiert werden, die hinreichend gewährleisten, dass diejenigen Stellen im Unternehmen, bei denen häufig Insiderinformationen entstehen, diese Informationen auch entsprechend erkennen. Die Emittenten haben also hinreichend wirksame Vorkehrungen zu treffen, damit potenziell ad-hoc-pflichtige Sachverhalte im Unternehmen identifiziert werden.490 Damit ist zunächst gemeint, dass die Mitarbeiter in den entsprechenden Abteilungen so geschult werden müssen, dass sie überhaupt in die Lage versetzt werden, potenzielle Insiderinformation zu erkennen.491 Freilich müssen die Mitarbeiter, etwa in der Buchhaltung, nicht so geschult werden, dass sie diese Informationen auch eigenständig zutreffend und verbindlich bewerten können. Den Mitarbeitern ist lediglich „ein Gespür“ dafür zu vermitteln, wann entsprechende Vorgänge womöglich Insiderrelevanz besitzen könnten. Emittenten müssen somit alle zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen treffen, die erforderlich sind, um eingetretene oder zu erwartende ad-hoc-relevante Sachverhalte zu identifizieren.

III. Informationssuche? Bei Insiderinformationen, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten entstehen, wie etwa der geplante Erwerb einer bedeutenden Unternehmensbeteiligung, ist grundsätzlich zu verlangen, dass die jeweiligen Stellen beim Emittenten beim Eintreten solcher Umstände die mögliche Ad-hoc-Relevanz erkennen können.492 Eine darüberhinausgehende Informationssuche ist bei Umständen, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten entstehen, also grundsätzlich nicht erforderlich.493 Emittenten haben 490 Hellgardt, DB 2012, 673, 675; Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 62 f.; Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70: „Informationsgewinnung“; vgl. hierzu auch Gutekunst, Die Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, 2021, S. 300 ff. 491 So auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 90 f. 492 Habersack, DB 2016, 1551, 1555; Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70: Sprechen hier spiegelbildlich von einer „Informationsabfragepflicht“ des Vorstandes; hierzu auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 161 f. 493 Vgl. hierzu auch Koch, ZGR 2020, 183, 193: „Diese Frage lautet, ob Art. 17 MMVO eine Vorschrift ist, die darauf abzielt, bestehende Informationsasymmetrien zwischen Vorstand und Anleger abzubauen, oder ob die Norm den Vorstand verpflichtet, überall auf der Welt kurs-

134

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

allerdings ihre Unternehmen so zu organisieren, dass die dort anfallenden relevanten Informationen von den handelnden Personen entsprechend zur Kenntnis genommen werden (können). Regelmäßig bedarf es aber im Unternehmen keiner Suche nach Insiderinformationen, da Unternehmensangehörige ohnehin Kenntnis von den eventuell ad-hocrelevanten Umständen nehmen müssen, sodass nur eine entsprechende Informationsverarbeitung gewährleistet sein muss. Es besteht allerdings eine Verpflichtung, dass die betriebsinternen Abläufe so organisiert sind, dass Insiderinformationen von Unternehmensangehörigen wahrgenommen werden, damit diese die Information dann bewerten und gegebenenfalls an die zuständige Stelle weiterleiten können. Gemeint ist damit spiegelbildlich, dass es keine Strukturen im Unternehmen geben darf, die es begünstigen, dass gewisse Informationen, die Insiderrelevanz besitzen können, erst gar nicht an Unternehmensangehörige gelangen.494 Ein Beispiel für solche unzulässigen Strukturen wäre etwa eine weitgehend autonom computergesteuerte Buchhaltung, die etwa das Wegbrechen von großen Aufträgen automatisch verarbeitet, ohne dass Unternehmensangehörige davon Kenntnis erlangen. Nach unternehmensexternen Umständen, die Insiderrelevanz besitzen können, muss der Emittent grundsätzlich nicht suchen, da er außerhalb seiner Sphäre nicht dazu verpflichtet ist, potenzielle Insiderinformationen zu ermitteln. In vielen Fällen wird er dazu schon faktisch nicht in der Lage sein. Der Emittent hat bei externen Sachverhalten gegenüber den anderen Marktteilnehmern auch regelmäßig keinen Kostenvorteil hinsichtlich des Auffindens der Informationen, der eine Pflicht zur externen Informationssuche rechtfertigen würde.495 Externe Informationssuchpflichten können nur dann bestehen, wenn der Emittent konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass außerhalb seiner Sphäre gerade insiderrelevante Informationen entstehen können. Dies könnte z. B. dann der Fall sein, wenn der Emittent extern eine Unternehmensbewertung in Auftrag gibt. Die Beauftragung zur Unternehmensbewertung stellt nun regelmäßig noch keine Insiderinformationen dar, das Ergebnis der Bewertung könnte aber eine Insiderinformation darstellen, die zwar außerhalb der Sphäre des Emittenten eintritt (bei der beauftragten Firma), für dessen möglichen Eintritt der Emittent aber Anhaltspunkte hatte. Dargestelltes ergibt sich letztlich aus dem Merkmal der unmittelbaren Betroffenheit aus Art. 17 Abs. 1 MAR, das Emittenten eben grundsätzlich nur dazu verpflichtet, sie unmittelbar betreffende Insiderinformationen zu veröffentlichen. Eine relevante Informationen über sein Unternehmen zu suchen und zu sammeln, um sie sodann an den Kapitalmarkt weitergeben zu können.“ 494 Vgl. hierzu auch Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70: „Stellt sich die Information als ein planmäßiges Vorgehen dar, das in seiner Umsetzung die Mitwirkung einer größeren Zahl von Mitarbeitern erfordert, ist von einem solchen aktenmäßigen Festhalten zweifelsohne auszugehen. Dass ein komplexer Vorgang vollständig abgekoppelt von einer aktenmäßigen Dokumentation und ohne Kenntnis hiervon auf verschiedenen Ebenen abläuft, kann nicht ernsthaft behauptet werden.“ 495 Anders Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 163 f.

B. Informationsorganisationspflichten

135

den Emittenten nur mittelbar betreffende Insiderinformation ist folglich nicht nach Art. 17 Abs. 1 MAR ad-hoc-pflichtig, löst allerdings trotzdem das Insiderhandelsverbot aus.

IV. Vertrauliche Informationsweiterleitung Wenn die Insiderinformation an einer Stelle des Unternehmens entsteht, die nicht berechtigt ist, über die Veröffentlichung zu entscheiden, muss die unternehmensinterne Organisation gewährleisten, dass die Information unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, an die zuständige Unternehmensstelle vertraulich weitergeleitet wird.496 Es ist somit unabdingbar, die Mitarbeiter, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie bei ihrer Tätigkeit mit Insiderinformationen in Berührung kommen können, im richtigen Umgang mit diesen Informationen zu schulen. Dazu gehört einerseits die entsprechende Eskalation an die zuständigen Unternehmensstellen, andererseits aber auch die vertrauliche Behandlung dieser Information gegenüber externen Dritten sowie gegenüber den übrigen Unternehmensangehörigen. 1. Vertraulichkeit Wie bereits erwähnt, ist es zur Vermeidung des Insiderhandels unabdingbar, dass die Mitarbeiter im Unternehmen, die eine potenzielle Insiderinformation entdecken, diese vertraulich behandeln und nur gegenüber den dafür vorgesehenen Stellen kommunizieren. Wichtig ist dabei, dass die Vertraulichkeit so lange gewährleistet bleibt, bis die Information entweder ad-hoc-veröffentlicht wurde oder sich nach der Prüfung durch die dafür zuständige Stelle im Unternehmen herausstellt, dass es sich nicht um eine Insiderinformation, sondern lediglich um eine gewöhnliche Information handelt. Sofern sich für einen Aufschub der Offenlegung der Insiderinformation entschieden wird (vgl. Art. 17 Abs. 4 und 5 MAR), ist ebenfalls die vertrauliche Informationsbehandlung sicherzustellen, da ansonsten das Recht zur Aufschiebung der Ad-hoc-Meldung erlischt. 496

Hierzu auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 62; vgl. auch Leyendecker-Langner/Kleinhenz, AG 2015, 72, 73; Spindler/Speier, BB 2005, 2031, 2033; Naumann/Siegel, ZHR 2017, 273, 276; Wilken/Hagemann, BB 2016, 67, 70; Habersack, DB 2016, 1551, 1555; Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 90; Gutekunst, Die Ad-hoc-Publizität nach Artikel 17 MAR, 2021, S. 291 ff.; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 85; vgl. dazu auch BGH Urteil vom 12. November 1998 – Aktenzeichen: IX ZR 145/98; BGH Urteil vom 2. Februar 1996, Aktenzeichen: V ZR 239/94.

136

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

Der Informationsfluss ist also zu begrenzen und so zu steuern, dass nur die für die Ad-hoc-Meldung zuständige Unternehmensstelle Kenntnis von der Insiderinformation erlangt. Sofern andere Personen im Unternehmen zufällig Kenntnis von der Information erlangen, sind diese unmittelbar, gegebenenfalls erneut, über ihre Verschwiegenheitspflicht zu belehren. Ein wesentlicher Punkt der Vertraulichkeitssicherung ist die Dokumentation der jeweiligen potenziellen Insiderinformation.497 Daneben sind auch die bereits involvierten Personen sowie die Personen, an die eine Insiderinformation zur Prüfung weitergeleitet wird, schriftlich festzuhalten. Bei der Weiterleitung an die jeweils zuständigen Personen sollten die Informationsempfänger die weiterleitende Person (erneut) auf ihre Verschwiegenheitspflicht hinweisen. Dieser Hinweis auf die Vertraulichkeit sollte verbunden werden mit einer erneuten Aufklärung nach dem Vorbild des Art. 18 Abs. 2 MAR über die rechtlichen Pflichten, die sich aus dem Zugang zu Insiderinformationen ergeben, sowie über die Rechtsfolgen von Verstößen. Zur besseren Dokumentation sollte diese Belehrung schriftlich erfolgen und die belehrte Person sollte die Kenntnisnahme mit ihrer Unterschrift bestätigen sowie den Zeitpunkt der Kenntnisnahme unter Angabe von Datum und Uhrzeit minutengenau dokumentieren. Dieser Dokumentation kann später in ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahren oder in zivilrechtlichen Schadensersatzprozessen eine erhebliche Beweisdeutung zukommen. 2. Weiterleitung Neben der Gewährleistung der Vertraulichkeit ist es geboten, dass bei vorhersehbaren Konstellationen, aus denen Insiderinformationen resultieren können, bereits entsprechende Vorarbeiten geleistet werden, die eine Verzögerung bei der weiteren Verarbeitung der Informationen weitestgehend vermeiden. Im Detail sollten hier bereits entsprechende Kommunikationswege und -methoden festgelegt werden. Auch hier variieren die einzelnen Ausgestaltungen, zu denken wäre beispielsweise an die Verteilung zweier entsprechender Mobiltelefonnummern der Personen, die für die Ad-hoc-Meldungen verantwortlich sind, verbunden mit dem Hinweis, dass eine der verantwortlichen Personen erreicht werden muss, um sie über den möglicherweise ad-hoc-pflichtigen Sachverhalt zu unterrichten.

V. Sachverhaltsaufklärung / Informationsverifizierung Sofern die potenzielle Insiderinformation bei den zuständigen Personen angekommen ist, stellt sich für diese die Frage, ob die Information bzw. der sie betreffende Sachverhalt bereits hinreichend aufgeklärt ist oder ob es weiterer Aufklärung bedarf. Sofern der Sachverhalt bereits hinreichend konkret ist, kann dann direkt in die In497

Hierzu auch Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 159 f.

B. Informationsorganisationspflichten

137

formationsbewertung (siehe dazu sogleich) eingestiegen werden, andernfalls ist die Information zunächst weiter zu konkretisieren und der betreffende Sachverhalt weiter aufzuklären. Dies kann insbesondere dann notwendig sein, wenn nicht klar ist, ob gewisse Tatsachen zukünftig überhaupt eintreten.498 Der Umfang der erforderlichen Sachaufklärung hängt einerseits von den Aufklärungskosten des Emittenten und andererseits von dem Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an der Sachverhaltsaufklärung ab.499 Es ist also umso mehr Aufklärung geboten, je einfacher der Emittent den Sachverhalt weiter aufklären kann und je höher der vermutete Ertrag der weiteren Aufklärung ist. Der Aufklärungsertrag ist umso höher, je sicherer der Sachverhalt durch die Aufklärung wird und je präziser der Kapitalmarkt dann über die Insiderinformation unterrichtet werden kann.500 Begrenzt wird die Pflicht zur (weiteren) Sachverhaltsaufklärung auch durch das Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an einer möglichst raschen Veröffentlichung der Insiderinformation. Die zuständigen Personen müssen letztlich eine Abwägungsentscheidung dahingehend treffen, ob sie warten und den Sachverhalt weiter aufklären oder die noch nicht vollständig aufgeklärte, aber bereits kursrelevante Insiderinformation veröffentlichen. Ob im Marktinteresse weitere Aufklärung geboten ist, hängt, wie erwähnt, einerseits von dem erwarteten Nutzen der Aufklärung und andererseits dem Marktinteresse an der Veröffentlichung der noch nicht vollständig aufgeklärten Information ab. Letztlich wird man aber aus Gründen der Rechtssicherheit nicht umhinkommen, Informationen, die man für kurserheblich erachtet und die sich auf ein Ereignis beziehen, von dem man ausgeht, dass es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (50 % + X) eintritt, ad hoc zu publizieren. Selbstverständlich befreit dies den Emittenten nicht davon, auch nach Abgabe der Ad-hoc-Meldung den Sachverhalt weiter auszuforschen und gegebenenfalls eine weitere Ad-hoc-Meldung abzugeben, falls hinreichend neue kurserhebliche Informationen ermittelt werden.

VI. Informationsbewertung, insbesondere Prüffrist und Meldungsentwurf Ist der Sachverhalt um die potenzielle Insiderinformation hinreichend aufgeklärt und sind die notwendigen Informationen bei den dafür zuständigen Personen angelangt, steht nun die Bewertung an, ob es sich um eine Insiderinformation handelt und falls ja, ob diese veröffentlicht werden muss oder man die Informationsveröf498

Vgl. hierzu Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 7. Rn. 54 ff.; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 171 f. 499 Hierzu auch Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 169. 500 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 124.

138

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

fentlichung aufschieben kann.501 Jedenfalls bei größeren Emittenten ist es üblich geworden, sogenannte Ad-hoc-Komitees zur Beurteilung vermeintlich ad-hoc-relevanter Sachverhalte einzurichten (vgl. dazu ausführlich unten unter Teil 5 B.).502 Die Bewertung, ob eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorliegt oder nicht, erfolgt dann anhand der oben unter Teil 3 A.II.2. dargelegten Tatbestandsmerkmale. Praktisch äußerst relevant ist die Frage nach der Prüffrist, also die Frage danach, wie lange sich die zuständigen Personen Zeit nehmen dürfen, um die Information hinsichtlich ihres Charakters als Insiderinformation zu bewerten. Klar ist, dass es eine angemessene Zeit geben muss, damit die zuständigen Personen die häufig komplexe Prüfung mit hinreichender Sorgfalt vornehmen können, um festzustellen, ob es sich bei der betrachteten Information um eine Insiderinformation oder lediglich um eine gewöhnliche Information handelt.503 Der zuzubilligende Zeitraum muss dabei so bemessen sein, dass auch externe Berater hinzugezogen werden können.504 Die Hinzuziehung und die Prüfung von externen Beratern dürfen freilich nicht missbräuchlich zu Verzögerungszwecken eingesetzt werden.505 Sofern die zuständigen Personen bemerken, dass kein eindeutiger Fall vorliegt und die rechtliche Prüfung, ob eine Ad-hoc-Meldung gemacht werden muss oder nicht, einige Zeit in Anspruch nimmt, wird man allerdings von den Emittenten verlangen können, dass diese trotzdem bereits einen Entwurf einer Ad-hoc-Meldung verfassen. Falls die Prüfung dann ergibt, dass eine Ad-hoc-Meldung gemacht werden muss, verkürzt sich so die Zeit zur Veröffentlichung. Die zulässige Prüfungsdauer richtet sich dabei insbesondere nach der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des zu prüfenden Einzelfalls. Insbesondere bei Informationen, bei denen keine oder nur eine unzureichende Kasuistik vorliegt, ist eine längere Prüfungsdauer zuzubilligen als bei solchen Konstellationen, bei denen, wie etwa bei Gewinnwarnungen, auf bekannte Vergleichsfälle zurückgegriffen werden kann. Eine gewissenhafte Prüfung der vermeintlichen Insiderinformation stellt folglich kein schuldhaftes Zögern dar, und eine entsprechende Veröffentlichung nach sorgfältiger Prüfung ist damit noch als unverzüglich im Sinne von Art. 17 Abs. 1 MAR anzusehen. Zu empfehlen ist aber auch, dass der Emittent seine Be501

Vgl. hierzu BGH, NJW 2012, 1800, 1805 m. w. N; Habersack, DB 2016, 1551, 1555; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 173 f. 502 Vgl. Studie des Deutschen Aktieninstituts und Hengeler Mueller, Zwei Jahre EUMarktmissbrauchsverordnung, 2018, S. 3. 503 So auch BGH, NJW 2012, 1800, 1805; Möllers, FS Horn, 2006, S. 473, 488; Happ/ Semler, ZGR 1998, 116, 129; Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 46; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 173. 504 Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 129; Möllers, FS Horn, 2006, S. 473, 480; Steinrück, Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität, S. 168; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 173. 505 Vgl. auch BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 36; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 173.

B. Informationsorganisationspflichten

139

weggründe für eine längere Prüfung dokumentiert, um so auf Nachfrage darlegen zu können, warum er von einer komplexen Situation ausgegangen ist, die einer längeren Prüffrist bedarf. Falls der Charakter einer Information als Insiderinformation verneint wird und daher von einer Veröffentlichung abgesehen wird, sind die Gründe hierfür ebenfalls genau zu dokumentieren. Dadurch kann eine unter Umständen notwendig werdende Glaubhaftmachung der zum Beurteilungszeitpunkt vorzunehmenden Einstufung als Nichtinsiderinformation erleichtert werden.

VII. Gegebenenfalls Informationsveröffentlichung Sofern die Prüfung ergeben hat, dass eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorliegt, hat der Emittent die Insiderinformation unmittelbar zu veröffentlichen, falls kein entsprechender Aufschiebungsgrund vorliegt. Der Emittent ist unabhängig von den Börsenhandelszeiten zur Veröffentlichung verpflichtet, also grundsätzlich auch samstags und sonntags. Dies bedeutet allerdings nicht, dass er zwingend auch am Wochenende die Informationsbewertung vornehmen muss, dazu ist der Emittent nur verpflichtet, sofern er vorhersehen kann, dass am Wochenende eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine Insiderinformation anfällt. Sofern allerdings eine am Wochenende vorgenommene Prüfung ergibt, dass eine Insiderinformation vorliegt, muss der Emittent diese dann auch am Wochenende veröffentlichen. Falls der Emittent von den Regelungen zum Aufschub der Insiderinformation Gebrauch macht, hat er trotzdem die entsprechende Ad-hoc-Meldung vorzubereiten, damit er diese dann unverzüglich veröffentlichen kann, sofern der Aufschiebungsgrund wegfällt. Form und Inhalt der Ad-hoc-Mitteilung richten sich im Wesentlichen nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 MAR i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) i)-v) der DVO (EU) 2016/ 1055 sowie § 26 Abs. 4 WpHG i. V. m. § 4 WpAV. Die weiteren technischen Details, wie eine Ad-hoc-Meldung genau auszusehen hat und welche konkreten Angaben sie enthalten muss, sind soweit bekannt und relativ unstreitig und werden daher hier nicht ausführlich besprochen.506 Wichtig an dieser Stelle ist, dass Emittenten die Insiderinformation formell richtig veröffentlichen und dass diese daneben auch vorab an die BaFin und die Geschäftsführung des betroffenen Handelsplatzes sowie anschließend an das Unternehmensregister übermittelt wird. Hierzu ist die Stelle, die über eine Veröffentlichung entscheidet, mit der entsprechenden Expertise auszustatten. 506 Vgl. dazu ausführlich Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 514 ff.; BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020. S. 71 ff.; Neumann, Wissenszurechnung bei juristischen Personen, 2020, S. 175 ff.; Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 43 f.

140

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

C. Haftungsfolgen unzureichender Ad-hoc-Compliance Kurz soll in dieser Untersuchung noch auf die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht sowie auf die Folgen einer defizitären Ad-hocCompliance-Struktur eingegangen werden. Dabei ist zunächst festzustellen, dass das Unterlassen eines Vorhaltens einer hinreichend funktionsfähigen Ad-hoc-Compliance-Struktur nicht unmittelbar haftungsbegründend wirkt. Im Folgenden wird daher zwischen der Nichtabgabe einer gebotenen Ad-hoc-Mitteilung und dem Nichtvorhalten einer hinreichend funktionsfähigen Ad-hoc-Compliance-Struktur differenziert. Auch hier ist vieles umstritten und aufgrund aktueller großer Rechtsstreitigkeiten im Fluss. Eine detaillierte Bearbeitung dieses Themas soll hier nicht erfolgen, da die Arbeit sich im Schwerpunkt mit der Entwicklung einer Ad-hoc-Compliance-Struktur befasst und Folgen von Verstößen gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht somit nicht im Zentrum der Untersuchung liegen. Nicht behandelt werden die Folgen bei Verstößen gegen das Insiderhandels- oder das Marktmanipulationsverbot.

I. Strafrechtliche Sanktionen Die neue Marktmissbrauchsrichtlinie507 enthält Mindestvorschriften für strafrechtliche Sanktionen bei Insidergeschäften, unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen und Marktmanipulation. Der deutsche Gesetzgeber hat sich jedenfalls im Hinblick auf die Nichtveröffentlichung von Insiderinformationen nicht dazu entschieden, über das Mindestniveau der durch den EU-Gesetzgeber vorgeschriebenen strafrechtlichen Ahndung hinauszugehen und somit die Nichtveröffentlichung von Insiderinformationen nicht strafrechtlich zu ahnden, solange dadurch nicht gezielt eine Marktmanipulationen begangen oder der Insiderhandel gefördert wird.508 So ist die Nichtveröffentlichung einer gebotenen Ad-hoc-Mitteilung im deutschen Recht nicht mit strafrechtlichen Sanktionen bedroht. Im Hinblick auf das Vorhalten keiner oder keiner hinreichend funktionsfähigen Ad-hoc-Compliance-Struktur könnte allerdings ein Verstoß gegen Art. 14 c) MAR i. V. m. § 119 Abs. 3 Nr. 3 WpHG relevant werden. Danach macht sich derjenige strafbar, der unrechtmäßig Insiderinformationen offenlegt. Sofern die Ad-hoc507 Richtlinie 2014/57/EU vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie), vgl. ABl. EU 2014 L 173/179. 508 Zur Marktmanipulation aufgrund des Unterlassens der Abgabe einer Ad-hoc-Meldung vgl. Nietsch, WM 2020, 717; Rückert, NStZ 2020, 391. Vgl. hierzu rechtsvergleichend auch bei Hössl-Neumann, Informationsregulierung durch Insiderrecht, 2020. S. 231, wonach auch die internationalen Regeln zur Ad-hoc-Publizität kein schützenswertes Vertrauen bei den Marktteilnehmern erzeugen, zu jedem Zeitpunkt alle investitionsrelevanten Informationen von den Emittenten zu erhalten.

C. Haftungsfolgen unzureichender Ad-hoc-Compliance

141

Compliance-Struktur nicht hinreichend dafür sorgt, dass Unternehmensmitarbeiter, die aufgrund ihrer Tätigkeit gewöhnlich mit Insiderinformationen in Berührung kommen, nicht hinreichend geschult und überwacht werden, damit sie keine Insiderinformationen unrechtmäßig gegenüber Dritten offenlegen, wäre darin ein strafrechtlich relevantes Unterlassen der Unternehmensleitung (sogenannte strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung) zu sehen, was über § 13 Abs. 1 StGB deren strafrechtliche Haftung begründen könnte. Hierzu müsste die Unternehmensleitung die Einrichtung einer entsprechenden Ad-hoc-Compliance-Struktur allerdings mit dem Vorsatz unterlassen, dass Insiderinformationen unrechtmäßig veröffentlicht werden, was eher selten der Fall sein dürfte.

II. Verwaltungsrechtliche Sanktionen Wie bereits ausgeführt, führt die unrechtmäßige Nichtveröffentlichung von Insiderinformation zwar nicht zu einer Strafbarkeit, sie stellt allerdings eine Ordnungswidrigkeit dar. Gemäß § 120 Abs. 15 Nr. 6 1. Fall WpHG i. V. m. Art. 17 Abs. 1 MAR handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig eine Insiderinformation nicht oder verspätet veröffentlicht.509 Eine Verletzung der Veröffentlichungspflicht kann gemäß § 120 Abs. 18 Nr. 2 WpHG mit bis zu 2 % des Vorjahresgesamtumsatzes des Emittenten bebußt werden. Damit wäre beispielsweise unter aktueller Rechtslage im Fall von Volkswagen (Jahresgesamtumsatz 2018: EUR 235,8 Milliarden510) eine Geldbuße von bis zu EUR 4,7 Milliarden möglich.511 Auch wenn sich eine Geldbuße in Höhe von bis zu 2 % des Vorjahresgesamtumsatzes regelmäßig nicht als unmittelbar existenzgefährdend erweist, macht doch das Beispiel Volkswagen deutlich, wie hoch die Geldbußen für Verstöße gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht im Einzelfall ausfallen können.

III. Zivilrechtliche „Sanktionen“: Schadensersatz Noch größer als das beschriebene Risiko einer hohen Geldbuße ist allerdings das zivilrechtliche Schadensersatzrisiko. Die Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht

509 Vgl. hierzu ausführlich Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hocPublizität nach MAR, 2021, S. 538 ff. 510 Vgl. Zeit Online vom 12. März 2019: „Volkswagen steigert Gewinn trotz Dieselkrise“. 511 Zur neuen kapitalmarktrechtlichen Sanktionsordnung durch die Umsetzung von europäischen Regelungsaufträge und die damit verbundene drastische Erhöhung der Bußgeldrahmen vgl. v. Buttlar, EuZW 2020, 598.

142

Teil 4: Ad-hoc-Compliance-Struktur

kann für den Emittenten auch eine zivilrechtliche Haftung auslösen, die in §§ 97, 98 WpHG (§§ 37b, 37c WpHG a. F.) geregelt ist.512 § 97 WpHG regelt den Fall, bei dem eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation nicht oder nicht rechtzeitig veröffentlicht wird, und § 98 WpHG den Fall, dass der Emittent unwahre Informationen, getarnt als Insiderinformationen, veröffentlicht. § 97 und § 98 WpHG beziehen sich also auf zwei verschiedene Bereiche der Ad-hoc-Kommunikation: Während § 97 WpHG die Unterlassung der Kommunikation „sanktioniert“, die durch das Versäumnis einer rechtzeitigen Mitteilung rechtswidrig wird, regelt § 98 WpHG ein per se sanktionswürdiges Tun, nämlich eine unzulässige Marktbeeinflussung durch grob fahrlässige oder vorsätzlich unwahre und damit fehlleitende Informationsveröffentlichung, die als Ad-hoc-Mitteilung getarnt wird.513 Insbesondere § 97 WpHG bzw. sein fast wortgleicher Vorgänger § 37b WpHG a. F. ist im Zuge der VW-Dieselaffäre und der daraus resultierenden Schadensersatzklage von VW-Aktionären Gegenstand von Kritik in der Literatur geworden.514 Kritisiert wird dabei unter anderem, dass es zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Aktionären kommt, da letztlich die nichtklagenden Aktionäre wirtschaftlich für den Schadensersatz der klagenden Aktionäre einstehen müssen.515 Theoretisch ist daneben auch eine zivilrechtliche Haftung des Unternehmens denkbar, das über keine hinreichende Ad-hoc-Compliance-Struktur verfügt. Einen Anknüpfungspunkt bietet dazu beispielsweise eine wie oben unter Teil 2 B.II.1. beschriebene Verletzung der zivilrechtlichen Legalitätskontrollpflicht an. Inhaber von Wertpapieren dürften allerdings mögliche Schadensersatzansprüche effizienter über die §§ 97, 98 WpHG als lex specialis-Vorschriften geltend machen können, da dort die Anforderungen an die Kausalitätsnachweise geringer sind, als beispielsweise bei § 823 Abs. 1 BGB.

D. Zwischenergebnis Neben der reinen Veröffentlichungspflicht von Insiderinformationen in Art. 17 MAR begründet die Pflicht zur „unverzüglichen“ Informationsveröffentlichung auch gewisse Informationsorganisationspflichten. 512 Vgl. ausführlich zu den verschiedenen Anspruchsgrundlagen bezüglich Schadensersatz wegen Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht Gbekor, Schaden, Kausalität und Kausalitätsbeweis, 2019, S. 84 ff.; Winter, Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, 2019, S. 46 ff.; Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 487 ff.; vgl. auch Bitter/Jochum, ZIP 2021, 653, 655 ff. 513 Ähnlich auch Thomale, Der gespaltene Emittent, 2018, S. 63. 514 Vgl. etwa Reuter, NZG 2019, 321, 328 ff.; Thomale, AG 2019, 189. 515 Vgl. hierzu ausführlich Reuter, NZG 2019, 321, 328 ff.

D. Zwischenergebnis

143

Um den notwendigen Umfang dieser Informationsorganisationspflichten zu bestimmen, eignet sich eine ökonomische Analyse der Ad-hoc-Publikationspflicht. Ein möglichst geringes Informationsungleichgewicht begünstigt eine effiziente Kapitalverteilung. Die Indienstnahme des Emittenten zur Veröffentlichung von Insiderinformationen beruht darauf, dass der Emittent diese Informationen zu den niedrigsten Kosten erkennen, analysieren und bekannt geben kann (least cost information seeker). Die Theorie der niedrigeren Informationsbeschaffungs- bzw. Auswertungskosten ist in ihrer praktischen Anwendung auf Emittenten relativ komplex. Emittenten müssen grundsätzlich alle Informationen, die sie unmittelbar betreffen, veröffentlichen, sofern ihre Informationssuchkosten geringer sind, als die Kosten, die andere Marktteilnehmer hätten, um die betreffenden Informationen zu beschaffen. Eine hinreichend funktionsfähige Informationsorganisation beginnt mit einer spezifischen Risikoanalyse dahingehend, wo für gewöhnlich im jeweiligen Unternehmen kurserhebliche Insiderinformationen entstehen. Nachdem der Emittent die Stellen im Unternehmen identifiziert hat, an denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Insiderinformationen besteht, hat er dafür zu sorgen, dass an diesen Stellen entsprechende Prozesse implementiert werden, die hinreichend gewährleisten, dass diejenigen Stellen im Unternehmen, bei denen häufig Insiderinformationen entstehen, diese Informationen entsprechend erkennen. Regelmäßig bedarf es daher im Unternehmen keiner Suche nach Insiderinformationen, da die entsprechend geschulten Unternehmensangehörigen ohnehin Kenntnis von den eventuell ad-hoc-relevanten Umständen nehmen, sodass nur eine entsprechende Informationsverarbeitung gewährleistet sein muss. Nach unternehmensexternen Umständen, die insiderrelevant sein können, muss der Emittent grundsätzlich nicht suchen, da er außerhalb seiner Sphäre nicht dazu verpflichtet ist, potenzielle Insiderinformationen zu ermitteln, und dabei auch gegenüber den übrigen Kapitalmarktteilnehmern keinen Kostenvorteil hat. Wenn die Insiderinformation an einer Stelle des Unternehmens entsteht, die nicht berechtigt ist, selbst über die Veröffentlichung zu entscheiden, muss durch unternehmensinterne Organisation gewährleistet sein, dass die Information unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, vertraulich an die zuständige Unternehmensstelle weitergeleitet wird. Sofern die potenzielle Insiderinformation bei der zuständigen Stelle angekommen ist, muss diese, sofern notwendig, die Information weiter konkretisieren und dazu den betreffenden Sachverhalt weiter aufklären. Die Bewertung, ob eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorliegt, erfolgt anhand der dargelegten Tatbestandsmerkmale (vgl. oben unter Teil 3 A.II.2.). Sofern die Prüfung ergeben hat, dass es sich um eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation handelt, hat der Emittent die Insiderinformation unmittelbar, unter Beachtung der entsprechenden Vorgaben, zu veröffentlichen.

Teil 5

Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance „Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“516

In diesem Teil wird mithilfe eines organisationstheoretischen Ansatzes gezeigt, wie eine Ad-hoc-Compliance-Struktur konkret aussehen kann.517 Hierzu wird aus Perspektive der Unternehmensleitung skizziert, welche konkreten Maßnahmen in einem Unternehmen sinnvoll sein können, um einen Unternehmensbetrieb zu ermöglichen, bei dem es zu so wenig wie möglich Verstößen gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht kommt. Dabei wird sich bei den verschiedenen Organisationstheorien auf die soziologische Organisationstheorie von Luhmann und hier insbesondere auf den von ihm entwickelten und verwendeten Kommunikationsbegriff konzentriert. Dies insbesondere deshalb, weil bei Luhmann Kommunikation nicht bereits durch die reine Mitteilung (hier von Compliance-Maßnahmen) zustande kommt, sondern erst dann als realisiert gilt, wenn die Information vom Empfänger auch verstanden wird.518 Ein solches Kommunikationsverständnis ist, abseits von einer allgemeinen Bewertung dieser und anderer Kommunikationsmodelle, jedenfalls für die hier darzustellende Ad-hoc-Compliance-Struktur hilfreich, da es deutlich macht, dass die Implementierung einer hinreichend funktionsfähigen Ad-hoc-Compliance-Struktur auch das Verständnis und die Akzeptanz der übrigen Unternehmensangehörigen umfasst. Zu beachten gilt daher, dass die im Folgenden beschriebenen einzelnen Maßnahmen nicht nur seitens der Unternehmensführung implementiert werden müssen. Vielmehr ist für deren tatsächliche Wirksamkeit auch notwendig, dass die Maßnahmen von den Unternehmensmitarbeitern auch befolgt werden. Dazu ist es geboten, sowohl den Inhalt wie auch den Sinn und Zweck hinreichend im Unternehmen zu kommunizieren. Diese Kommunikation stellt auch in der systemtheoretischen Organisation ein Basiselement dar. Die Kommunikation besteht dabei aus den drei Bestandteilen Mitteilung, Information und Verstehen.519 516

Goethe, Maximen und Reflexionen, 1907, S. 190. Allgemein zur Organisationstheorie vgl. etwa Miebach, Organisationstheorie, 2. Auflage 2012; Bea/Göbel, Organisation: Theorie und Gestaltung, 5. Auflage 2018. 518 Luhmann, Soziale Systeme, 1984, S. 203. 519 Vgl. dazu grundlegend Luhmann, Soziale Systeme, 1984, S. 194 ff. Zur Bedeutung der Organisationstheorie der sozialen Systeme von Luhmann, auch für Compliance-Management517

D. Zwischenergebnis

145

Der von Luhmann entwickelte Kommunikationsbegriff ist für die weitere Untersuchung insoweit fruchtbar, da er deutlich macht, dass nicht nur Ad-ComplianceMaßnahmen seitens der Unternehmensführung zu implementieren sind, sondern, dass daneben auch stets darauf zu achten ist, dass diese Maßnahmen von den übrigen Unternehmensangehörigen verstanden, verinnerlicht und somit auch beachtet werden. Hierzu dient dann insbesondere auch der Ad-hoc-Leitfaden (vgl. dazu sogleich unten unter Teil 5 A.), der ein bedeutender Bestandteil der Kommunikation der Adhoc-Compliance darstellt. Es geht also bei dem im Folgenden skizzierten praktischen Modell einer Ad-hocCompliance-Struktur insbesondere auch immer darum, dass im jeweiligen Unternehmen, auch unterhalb der Unternehmensführungsebene, ein hinreichendes Verständnis der Notwendigkeit von Ad-hoc-Compliance besteht.520 Dieses Verständnis entsteht durch die nachfolgend dargestellten Maßnahmen zur Ad-Compliance oder wird durch diese zumindest gefördert. In dem „System“ Unternehmen ist damit mithin – neben bestimmten organisatorischen Einzelmaßnahmen – ein hinreichendes gesamtheitliches Verständnis zu erzeugen, das auch die vollständige Bedeutung der Ad-hoc-Compliance einschließt. Daneben ist es weiter zwingend erforderlich, dass nicht nur ein Verständnis hinsichtlich der Ad-hoc-Compliance bei den Unternehmensangehörigen implementiert wird, sondern diesem Verständnis auch eine Akzeptanz und eine Annahme der Ad-hoc-Compliance folgt.521 Für diese Akzeptanz ist es allerdings wichtig, dass die, insbesondere nicht juristisch geschulten, Unternehmensangehörigen nicht mit Informationen hinsichtlich der Ad-hoc-Meldungen und der Insiderinformationen überfrachtet werden, sondern dass ein Grundverständnis der Notwendigkeit einer Ad-hoc-Compliance und der relevanten Begrifflichkeiten hergestellt wird. Somit ist also darauf zu achten, dass die einzelnen Ad-hocCompliance-Maßnahmen und deren Bedeutung so kommuniziert werden, dass diese auch von nicht juristisch geschulten Mitarbeitern verstanden, akzeptiert und somit beachtet werden. Damit ist auch klar, dass Kommunikation nicht einseitig erfolgt, also nur von einem Akteur, hier der Unternehmensleitung, ausgeführt werden kann. Vielmehr handelt es sich um einen Prozess, der sowohl seitens der Unternehmensführung, als auch seitens der Unternehmensmitarbeiter durchlaufen werden muss, um breites Verständnis und Akzeptanz im Unternehmen hinsichtlich der Ad-hoc-Compliance zu implementieren und damit letztlich für eine hinreichende Wirksamkeit der Ad-hocCompliance zu sorgen. Eine insiderspezifische Compliance-Kultur beruht damit unter anderem auf einem ausdrücklichen Bekenntnis des Vorstandes zur Einhaltung Systeme vgl. Wendt, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, 3. Auflage 2016, § 9 Rn. 36 ff. 520 Vgl. hierzu auch Ihrig, 2017, 381, 409 f. 521 Vgl. hierzu auch Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 83: „Für die Autopoiesis der Gesellschaft und ihre Strukturbildungen ist es eine wesentliche Voraussetzung, daß Kommunikation nicht schon von selbst ihre eigene Akzeptanz enthält, sondern daß darüber erst noch durch weitere, unabhängige Kommunikation entschieden werden muß.“

146

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

der Ad-hoc-Publikationspflicht.522 Der Vorstand muss also den sensiblen Umgang mit Insiderinformationen im Unternehmen kommunizieren und vorleben.523 Im Folgenden werden nun verschiedene Organisationsmaßnahmen dargestellt, wie Emittenten ihre Pflicht zur Ad-hoc-Compliance erfüllen können. Die dargestellten Maßnahmen dienen der Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflicht, gehen allerdings insoweit teilweise darüber hinaus, da sie auch den „unternehmensinternen Insiderhandel“ verhindern sollen. Freilich gilt auch hier, dass es aufgrund der unterschiedlichen Unternehmensstrukturen und Risikolagen kein „one-size-fits-allmodell“ gibt. Die Ausgestaltung der Informationsorganisation lässt sich daher nur in ihren Grundzügen durch konkrete Maßnahmen beschreiben. Sie hängt von der Größe und der Art des Emittenten sowie der Wahrscheinlichkeit zum Entstehen von ad-hocrelevanten Sachverhalten ab. Ein börsennotierter Großkonzern, der regelmäßig großvolumige Transaktionen tätigt, bedarf einer komplexeren Informationsorganisation als der Mittelständler, der ein konstantes Geschäftsmodell verfolgt, das keinen großen Schwankungen unterliegt.524 Allerdings lassen sich gerade im Hinblick auf die Ad-hoc-Publikationspflicht einige Maßnahmen identifizieren, deren Umsetzung – wenngleich auch rechtlich nicht verpflichtend – vielversprechend im Hinblick auf die Erfüllung der Ad-hocCompliance-Pflicht sind.

A. Ad-hoc-Leitfaden Im Unternehmen sollte ein schriftlicher Leitfaden existieren, wie vermeintliche Insiderinformationen zu erkennen sind und wie mit diesen umzugehen ist (vgl. dazu oben unter Teil 4 B.).525 Um die dargestellten Informationsorganisationspflichten zu erfüllen, ist es notwendig, dass der Ad-hoc-Leitfaden festlegt, dass die verantwortliche Stelle unverzüglich über potenzielle Insiderinformationen in Kenntnis zu setzen ist. Diese Informationspflicht ist weit zu formulieren, damit verhindert wird, dass einzelne Mitarbeiter selbst prüfen, ob eine Insiderinformation vorliegt, und so Insiderinformationen möglicherweise nicht weitergeben, weil jemand an der falschen Stelle zu einer fehlerhaften Rechtsauffassung gelangt.526 Daher ist in dem Adhoc-Leitfaden ausdrücklich klarzustellen, dass die rechtliche Prüfung allein von der verantwortlichen Unternehmensstelle vorgenommen wird, die dann, sofern notwendig, externe Berater hinzuziehen kann. 522

Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 186. Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 186. 524 Vgl. auch Schneider, in: Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 3 Rn. 2. 525 Auch als Insider-Compliance-Richtlinie bezeichnet, vgl. Schulz/Kuhnke, BB 2012, 143. Vgl. auch Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 189 f. 526 Schulz/Kuhnke, BB 2012, 143, 145. 523

B. Ad-hoc-Komitee

147

Weiterhin sollten in dem Ad-hoc-Leitfaden auch die übrigen Organisationsmaßnahmen im Unternehmen erläutert werden, die die Ad-hoc-Compliance sicherstellen sollen.527 Damit soll bei den Mitarbeitern ein hinreichend vertrauter Umgang mit Insiderinformationen entstehen, der für einen rechtmäßigen Umgang der Mitarbeiter mit den Insiderinformationen sorgt.528 Weiterer Bestandteil eines Ad-hoc-Leitfadens ist die Belehrung zum Verbot der Nutzung und der Weitergabe von Insiderinformationen. Diese Beschreibung ist sinnvoll, um Erläuterungen zu ergänzen, die den konkreten Anwendungsbereich der Normen auch für die nicht juristisch geschulten Mitarbeiter besser verständlich macht (etwa durch Beispiele für Insiderinformationen und Insiderhandel).529 Der Ad-hoc-Leitfaden sollte sich an alle Mitarbeiter richten und von allen Mitarbeitern zur Kenntnis genommen werden und nicht nur von denjenigen, die ohnehin gemäß Art. 18 Abs. 2 MAR aufgrund ihres Zuganges zu Insiderinformationen entsprechend zu belehren sind. Wichtig ist hierbei die bereits beschriebene Akzeptanz bei den Unternehmensmitarbeitern. Hierfür ist es förderlich, dass der Ad-hoc-Leitfaden nicht nur die juristischen Begriffe und die einzelnen organisatorischen Maßnahmen erläutert, sondern darüber hinaus Verständnis und Akzeptanz bei den Unternehmensangehörigen kreiert. Dies kann insbesondere dadurch erreicht werden, in dem der Ad-hoc-Leitfaden beschreibt, warum Insiderinformationen zu veröffentlichen sind (Vermeidung des Insiderhandels) und warum Insiderhandel schädlich ist. Hierbei ist darauf zu achten, dass diese Beschreibung möglichst prägnant erfolgt, um so größtmögliches Verständnis und Akzeptanz, auch bei juristisch oder ökonomisch nicht geschulten Mitarbeitern, zu erzielen. Hierzu ist es auch sinnvoll, im Ad-hoc-Leitfaden kurz die Folgen einer „Non-Compliance“ im Hinblick auf die Ad-hoc-Publikationspflicht und den Insiderhandel zu skizzieren. Bei der Beschreibung der Notwendigkeit der Ad-hoc-Compliance, sowie den möglichen Haftungsfolgen, kann es die Akzeptanz weiter fördern, plakative und praktische Beispiele mitaufzunehmen, in denen etwa die Gesamtkosten für Unternehmen beschrieben werden, die in der Vergangenheit gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht verstoßen haben.

B. Ad-hoc-Komitee Es ist mittlerweile gängige Marktpraxis, bei größeren Emittenten die Beurteilung, ob eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorliegt und ob eine Selbstbefreiung vorgenommen werden kann (und soll), an ein gesondertes sogenanntes Ad-

527 528 529

Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 189; vgl. auch Ihrig, 2017, 381, 391. Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 189. Schulz/Kuhnke, BB 2012, 143, 145.

148

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

hoc-Komitee zu delegieren.530 Das Deutsche Aktieninstitut hat im Jahre 2018 eine Studie herausgegeben, nach der 90 % der befragten Unternehmen ein solches Adhoc-Komitee eingerichtet hatten. Bei den DAX- und MDAX-Unternehmen sind es sogar 100 %. Die Reichweite der Entscheidungskompetenz ist dabei unterschiedlich geregelt. Ca. die Hälfte der Ad-hoc-Komitees verfügt über vollumfängliche Entscheidungskompetenzen, während die andere Hälfte die Entscheidungen lediglich vorbereitet und dann der Vorstand darüber entscheidet, ob die jeweilige Information ad hoc zu veröffentlichen ist.531 Die Übertragung der für die Ad-hoc-Publizität relevanten Entscheidungskompetenzen an ein gesondertes Komitee ist nach allgemeiner und richtiger Ansicht zulässig.532 Nur der Emittent ist zur Veröffentlichung verpflichtet.533 Rechtlich existieren keine expliziten Vorgaben, wer innerhalb der Organisationsstruktur des Emittenten für die Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung zuständig ist.534 Das Marktmissbrauchsrecht verlangt lediglich, dass der Verantwortliche für die Übermittlung an die Medien (und dementsprechend auch für die Veröffentlichung) einschließlich seiner Position genannt wird, vgl. Art. 2 Abs. 1 Durchführungs-VO (EU) 2016/1055.535 Auch die BaFin führt in ihrem Emittentenleitfaden aus, dass die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Aufschub einer Ad-hoc-Meldung grundsätzlich beim Vorstand liege, dieser aber die Möglichkeit habe, die Entscheidungskompetenz auf ein untergeordnetes, vom Vorstand zu kontrollierendes Ad-hoc-Komitee zu delegieren.536 Sofern die Möglichkeit zur Delegation eines etwaigen Aufschubes einer Ad-hoc-Meldung möglich ist, muss auch die Entscheidung über die Abgabe einer Ad-hoc-Meldung delegierbar sein.

530 So auch Groß/Royé, BKR 2019, 272, 273; Hierzu auch Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 62 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 531 Vgl. Studie DAI und Hengeler Mueller, Zwei Jahre EU-Marktmissbrauchsverordnung, S. 9, abrufbar unter: https://www.dai.de/de/das-bieten-wir/studien-und-statistiken/studien.html? d=612, zuletzt abgerufen am 11. Oktober 2019; vgl. auch Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 295 ff. 532 Vgl. etwa Breuer, Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, 2020, S. 63; Frowein, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013, § 10 Rdn. 75; Pfüller, in: Fuchs (Hrsg.), WpHG, 2. Auflage 2016, § 15 Rn. 425; Retsch, NZG 2016, 1205, 1206; Ihrig/Kranz, BB 2013, 451, 456; Waldecker, Ad-hoc-Pflichten im deutschen Profifußball, 2021, S. 118; Kocher/Schneider, ZIP 2013, 1607, 1608 ff. 533 Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 209. 534 Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 209. 535 Roth, Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, 2021, S. 209. 536 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 36.

B. Ad-hoc-Komitee

149

I. Besetzung Diese Ad-hoc-Komitees sind meist „pluralistisch“ aus Vorstandsmitgliedern sowie Vertretern verschiedener Stabs- und Geschäftsbereiche besetzt. Aufgrund der Haftungsrelevanz und der originären Vorstandsverantwortung ist es rechtlich geboten, dass zumindest ein Vorstandsmitglied auch Mitglied im Ad-hoc-Komitee ist. Eine mittelbare Grenze der Gestaltungsfreiheit der Emittenten ergibt sich ohnehin aus den Frequently Asked Questions (FAQ) der BaFin zu Art. 17 MAR, wonach, jedenfalls nach der Auffassung der BaFin, ein Ad-hoc-Komitee nur dann über eine Selbstbefreiung entscheiden darf, wenn mindestens ein Vorstandsmitglied an der Entscheidungsfindung beteiligt ist.537 Besser, im Sinne eines „Vier-Augen-Prinzips“ auf Vorstandsebene, sollten allerdings zwei Vorstandsmitglieder dem Ad-hoc-Komitee angehören und einer von beiden sollte das Vorstandsmitglied sein, das auch für den Bereich Recht bzw. Compliance zuständig ist. Dies führt auch insbesondere bei Verhinderungen eines der beiden Vorstandsmitglieder dazu, dass das Ad-hoc-Komitee trotzdem hinreichend besetzt ist, um entscheidungsfähig zu sein. Neben den zwei Vorstandsmitgliedern sind dann typischerweise, neben dem Bereich Recht bzw. Compliance, auch die Bereiche Investor Relations, Kommunikation und Finanzen vertreten.538 Es ist zweckmäßig, die Befugnisse, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Ad-hoc-Komitees mittels einer Geschäftsordnung genau zu regeln und zu dokumentieren und auch die einzelnen Sitzungen und deren Inhalte genau zu protokollieren. So kann im Zweifelsfall gegenüber der BaFin oder anderen Dritten genau erläutert werden, wie die einzelnen Entscheidungen zustande gekommen sind und warum man sich innerhalb der jeweiligen Situation so und nicht anders entschieden hat. Die Etablierung eines solchen Ad-hoc-Komitees ist auch deshalb regelmäßig notwendig, um das mögliche Kursbeeinflussungspotenzial einer Information zu bewerten. Die komplexe Beurteilung der Kursrelevanz erfordert neben der rechtlichen Expertise typischerweise auch ein vertieftes tatsächliches Verständnis der Finanz- und Ertragslage, der Strategie sowie der bisherigen (Kapitalmarkt-)Kommunikation des betroffenen Emittenten. Eine solche Beurteilung scheint nur in einem Team möglich, in dem die entsprechenden Kompetenzen unterschiedlicher Fachbereiche (Compliance, Recht, Investor Relations, Kommunikation und Finanzen) vertreten sind. Aufgrund des sehr engen Zeitfensters bei den Entscheidungen über Ad-hocMeldungen sollten daher in dem Ad-hoc-Komitee möglichst zwei Vertreter aus jedem Bereich sitzen, damit die Abwesenheiten einzelner Mitglieder, etwa aufgrund von Urlaub oder Krankheit, nicht zu stark ins Gewicht fallen. 537 BaFin FAQ zu Art. 17 MAR vom 29. 05. 2019; Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351; vgl. hierzu auch Kocher/Schneider, ZIP 2013, 1607, 1608 ff. 538 Mülbert/Sajnovits, WM 2017, 2041, 2043; Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351.

150

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

Alleine schon aus Haftungs- und Effizienzgesichtspunkten sollten Unternehmen die hier vorgestellte fachkompetente Besetzung des Ad-hoc-Komitees befolgen. Die Kosten für die Emittenten dürften zwar zunächst höher sein, wenn sie ihr Ad-hocKomitee mit dem Spitzenpersonal des Unternehmens besetzen, insgesamt dürfte dies aber aufgrund der damit verbundenen Risikoreduzierung von Fehlentscheidungen auf lange Sicht trotzdem kostengünstiger und damit effizienter sein.

II. Arbeitsweise Es ist nicht zu verlangen, dass die für die Ad-hoc-Veröffentlichungen zuständige Stelle permanent, also 24h an sieben Tagen in der Woche, auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten, besetzt ist.539 War allerdings die Entstehung der Insiderinformation für den Emittenten vorhersehbar, so muss er entsprechende Vorkehrungen treffen, um sofort, also auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten, reagieren zu können.540 Ein dauerhafter Nacht- und Wochenendbereitschaftsdienst des Ad-hocKomitees ist aber auch für größere Emittenten nicht geboten.541 Es muss allerdings gewährleistet sein, dass das Ad-hoc-Komitee zu den gewöhnlichen Börsenhandelszeiten (Montag bis Freitag 8 bis 21 Uhr) so besetzt ist, dass es Informationen prüfen und gegebenenfalls Veröffentlichungsentscheidungen treffen kann. Die Kosten der Emittenten, wenn sie ein Ad-hoc-Komitee rund um die Uhr einsatzbereit halten würden, sind im Vergleich zu dem Marktinteresse an unmittelbarer Informierung zu hoch, da insbesondere außerhalb der Handelszeiten kein gesteigertes Informationsinteresse des Marktes besteht, das es rechtfertigen würde, die Emittenten mit derart hohen Kosten bezüglich einer sofortigen Informationsauswertung zu belasten. Eine gut dokumentierte und sorgfältig durchgeführte Prüfung kann dann auch zu Haftungserleichterungen führen. So hat auch der europäische Gesetzgeber die praktischen Schwierigkeiten bei der Bewertung von Insiderinformationen erkannt und führt dazu in Erwägungsgrund Nr. 15 MAR aus: „Im Nachhinein vorliegende Informationen (Ex-post-Informationen) können zur Überprüfung der Annahme verwendet werden, dass die Ex-ante-Informationen kurserheblich waren, sollten allerdings nicht dazu verwendet werden, Maßnahmen gegen Personen zu 539

Möllers, FS Horn, 2006, S. 473, 480. Klöhn, in: Klöhn (Hrsg.), MAR, 2018, Art. 17. Rn. 129; Möllers, FS Horn, 2006, S. 473, 480; vgl. hierzu auch Bafin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 42: „Ferner hat der Emittent bei vorhersehbaren Insiderinformationen Vorarbeiten zu leisten, die eine zeitliche Verzögerung weitestgehend vermeiden wie z. B. die Fertigung von Entwürfen einer Ad-hoc-Mitteilung, die rechtzeitige Einberufung von Ad-hocGremien, die Kontrolle der Funktionsfähigkeit der für die Veröffentlichung genutzten Systeme sowie der ausreichende Einsatz von in der Veröffentlichung geschultem Personal.“ 541 Möllers, FS Horn, 2006, S. 473, 481 spricht in diesem Kontext von einem „administrativen Overkill“. 540

B. Ad-hoc-Komitee

151

ergreifen, die vernünftige Schlussfolgerungen aus den ihnen vorliegenden Ex-ante-Informationen gezogen hat.“

Daraus lässt sich ableiten, dass der Emittent, der nachweisen kann, dass er bei der Beurteilung einer Information als Insiderinformation „vernünftige Schlussfolgerungen“ zugrunde gelegt hat, das Risiko reduziert, dass die BaFin wegen einer aus ihrer Sicht falschen Ad-hoc-Entscheidung gegen den Emittenten vorgeht. Das hier skizzierte Ad-hoc-Komitee kann den institutionellen Rahmen schaffen, um eine solche vernünftige Schlussfolgerung zu treffen und zu dokumentieren.542 Daher gehört es jedenfalls für größere Unternehmen zum „Best-practice-Modell“ einer Ad-hoc-Compliance-Struktur, dass dort ein entsprechend besetztes Ad-hocKomitee vorhanden ist, das die dort ankommenden Insiderinformationen entsprechend auswertet und dann eine Entscheidung trifft oder einen begründeten Entscheidungsvorschlag macht.

III. Entscheidungskompetenz Sofern das Ad-hoc-Komitee, was grundsätzlich zulässig ist, nur einen Entscheidungsvorschlag macht, über den dann der Vorstand letztinstanzlich entscheidet, ist aber Vorsicht geboten. Durch den Einbau eines Zwischenschritts im Entscheidungsprozess geht nämlich wieder Zeit verloren, was grundsätzlich nicht im Interesse der übrigen Kapitalmarktteilnehmer liegt, da sich deren Informationszugangsmöglichkeiten so verzögern. Sofern sich seitens des Emittenten später für eine Veröffentlichung der Information entschieden wird, gelangt diese durch den zusätzlich eingebauten Schritt (Entscheidung des Vorstands nach Vorschlag des Adhoc-Komitees) später an den Kapitalmarkt. Es ist sicherlich grundsätzlich zulässig, dass der Vorstand als Gesamtorgan sich die Entscheidungskompetenz vorbehält, ob eine Information ad hoc zu veröffentlichen ist oder nicht. Sofern allerdings das Adhoc-Komitee der Ansicht ist, dass die geprüfte Information ad-hoc-publikationspflichtig ist, ist Eile geboten: Die entsprechend aufbereitete Information ist, inklusive Entwurf der Ad-hoc-meldung, unmittelbar dem Vorstand vorzulegen, der dann über die Veröffentlichung zu entscheiden hat. Ansonsten kann nicht mehr von einer unverzüglichen, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgten, Informationsveröffentlichung gesprochen werden. Faktisch dürfte sich der Vorstand dann ohnehin kaum mehr gegen eine Informationsveröffentlichung entscheiden können, sofern das zuständige Ad-hoc-Komitee eine Veröffentlichung empfiehlt. Eine solche abweichende Entscheidung wäre jedenfalls sehr sorgfältig zu begründen und auch mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Gelangen nämlich die BaFin oder Gerichte zu der Auffassung, dass der nichtveröffentlichte Sachverhalt eigentlich ad-hoc-pflichtig gewesen wäre, wird dem Vorstand wahrscheinlich der Vorwurf gemacht, er habe grob fahrlässig verkannt, dass 542

Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351.

152

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

die ihm durch ein von ihm selbst eingesetztes Expertengremium vorgelegte Empfehlung die richtige war. Letztlich steht es zwar im unternehmerischen Ermessen, ob der Vorstand oder das Ad-hoc-Komitee letztentscheidungsbefugt ist. Insbesondere die im Ad-hoc-Komitee versammelte Kompetenz plus die Notwendigkeit zu unverzüglichen Entscheidungen streiten aber dafür, die Entscheidungsbefugnis über die Veröffentlichung einer Adhoc-Meldung direkt im Ad-hoc-Komitee zu verankern.

C. Erweiterte Insiderliste Emittenten sind dazu verpflichtet, sogenannte Insiderlisten zu führen, in denen sie alle Personen aufführen, die Zugang zu Insiderinformationen haben (vgl. Art. 18 Abs. 1 MAR), und diese entsprechend der Pflichten und Verbote zu belehren, die sich aus dem Umgang mit Insiderinformationen ergeben (vgl. Art. 18 Abs. 2 MAR). Es kann jedoch, insbesondere für größere Unternehmen mit vielen Beschäftigten bzw. Vertragspartnern, sinnvoll sein, diese Belehrungs- und Listenführungspflicht freiwillig auszudehnen. So kann man „vorsorglich“ neue Abschnitte auf der Insiderliste eröffnen, die auch solche Personen erfassen, die Zugang zu solchen Informationen haben, die der Emittent noch nicht als Insiderinformationen einstuft, er aber davon ausgeht, dass sich momentan ein Prozess abspielt, bei dem die Entstehung einer Insiderinformation wahrscheinlich ist. Hierzu kann auch eine gesonderte Liste geführt werden, die diejenigen Personen aufführt, die Zugang zu solchen vertraulichen Informationen haben, die aber noch nicht als Insiderinformation zu klassifizieren sind.543 Hierdurch wird der Kreis möglicher zukünftiger Insider frühzeitig dokumentiert.544 Weiterhin ist es sinnvoll, bei der freiwilligen Aufnahme in die erweiterte Insiderliste die aufgenommenen Wissensträger analog zu Art. 18 Abs. 2 MAR hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten zu belehren, die entstehen, sofern sich die momentane Nichtinsiderinformation in eine Insiderinformation wandelt. Die Vorzüge einer erweiterten Insiderliste zeigen sich insbesondere dann, wenn ein Emittent bei der Beurteilung eines gestreckten Sachverhalts, wie etwa bei einer M&A-Transaktion, zur Beurteilung gelangt, dass mangels hinreichender Kursrelevanz des Zwischenschritts noch keine Insiderinformation vorliegt. Somit besteht also noch keine Rechtspflicht zur Aufnahme der Wissensträger auf die Insiderliste gemäß Art. 18 MAR, der Emittent rechnet aber damit, dass im weiteren Transaktionsverlauf Insiderinformation entstehen können.545 543

626. 544 545

Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351; Merkner/Sustmann/Retsch, AG 2019, 621, Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351. Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2351.

D. Freigabepflicht für Eigengeschäfte

153

Eine erweiterte Insiderliste begegnet damit der Rechtsunsicherheit, ob und insbesondere wann eine Insiderinformation vorliegt. Dies wird durch die beschriebene „vorsorgliche Aufnahme“ derjenigen Personen erreicht, die etwa aufgrund der Teilnahme an einem bestimmten Projekt mit Insiderinformationen in Berührung kommen könnten. Eine freiwillige Erweiterung der Insiderliste hat insbesondere keine Nachteile in Bezug auf die Ad-hoc-Mitteilungspflicht. Die BaFin hat ausdrücklich klargestellt, dass aus der freiwilligen Erstellung einer Insiderliste im Vorfeld des Entstehens einer Insiderinformation nicht abgeleitet wird, dass der Emittent zum Zeitpunkt der freiwilligen Listenerstellung bereits von dem Vorliegen einer Insiderinformation ausgegangen ist.546 Im neuen Emittentenleitfaden geht die BaFin noch deutlich weiter. Dort führt sie aus, dass vorsorgliche Insiderlisten „erforderlich“ und „sinnvoll“ sein können.547 Dies gelte, so die BaFin, insbesondere für Sachverhalte, die bis zu ihrer Konkretisierung einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen und in die eine Vielzahl von Wissensträgern eingebunden sind.548 Die Personen, die bereits zum Zeitpunkt der Entstehung der Insiderinformation involviert sind, sollten somit in eine entsprechende vorsorgliche Insiderliste aufgenommen werden. Dies ist zwar keine rechtliche Pflicht, sollte aber insbesondere auch vor dem Hintergrund der BaFin-Empfehlungen so praktiziert werden.

D. Freigabepflicht für Eigengeschäfte Weiterhin kann eine gesonderte Freigabepflicht für sogenannte Eigengeschäfte von Organmitgliedern und bestimmten Mitarbeitern in Finanzinstrumenten des eigenen Unternehmens sinnvoll sein.549 Der Begriff „Eigengeschäfte“ meint dabei den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten des eigenen Unternehmens.

546

Vgl. BaFin FAQ zu Insiderlisten nach Art. 18 MAR, 3. Version, Stand: 13. 01. 2017, S. 5 und BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 90: „Die BaFin wird aus der reinen Aufnahme einer Information/eines Projektes in diese Liste keinen Rückschluss dahingehend ziehen, dass der Listenführungspflichtige zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen einer grundsätzlich ad-hoc-publizitätspflichtigen Insiderinformation angenommen hätte. Die BaFin berücksichtigt an dieser Stelle, dass der Listenführungspflichtige in aller Regel die Liste zu einem Zeitpunkt anlegen wird, in dem die Information noch nicht den für den Charakter einer Insiderinformation erforderlichen Konkretisierungsgrad erreicht hat.“ 547 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 90. 548 BaFin Emittentenleitfaden, Modul C, Regelungen aufgrund der MAR, Stand 25. März 2020, S. 90. 549 Vgl. dazu auch Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2352.

154

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

Diese Transaktionen kann man unter einen Zustimmungsvorbehalt stellen, wonach die jeweilige Transaktion dann nur getätigt werden darf, wenn zuvor eine entsprechende Freigabe des Emittenten eingeholt wurde. Die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Freigabe von Eigengeschäften könnte beispielsweise beim (Chief) Compliance Officer liegen. Sinnvoll ist es, insbesondere neben dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auch sonstige Personen, die üblicherweise oder in konkreten Fällen Zugang zu potenziellen Insiderinformationen haben, mit einer Freigabepflicht für Eigengeschäfte zu belegen.550 Die Freigabe zu Eigengeschäften sollte dann beispielsweise verweigert werden, wenn der Emittent zu diesem Zeitpunkt gerade eine der Ad-hoc-Meldungen aufschiebt, gerade besondere Transaktionen oder sonstige Ereignisse ablaufen, die eine erhöhte Gefahr für das Entstehen von Insiderinformation bergen. Die Einführung einer solchen freiwilligen Freigabepflicht für Eigengeschäfte gewisser herausgehobener Personen ist deshalb sinnvoll, da bestimmte Personen häufig mit Insiderinformationen in Berührung kommen. Die MAR begegnet dieser erhöhten Insiderhandelsgefahr bereits selbst durch zwei gesetzliche ComplianceMaßnahmen: einmal durch die Pflicht zur Führung von Insiderlisten (vgl. 18 MAR) und die Pflicht zur Meldung von Eigengeschäften (Directors Dealings, vgl. Art. 19 MAR), nichtsdestotrotz kann es sinnvoll sein, im Rahmen einer Best-practice-Adhoc-Compliance-Organisation eine solche zusätzliche unternehmensinterne Freigabepflicht einzuführen. Durch ein solches Freigabeerfordernis wird sichergestellt, dass niemand aus dieser Personengruppe Eigengeschäfte tätigt, wenn eine Insiderinformation im Hinblick auf den Emittenten besteht oder sich anbahnt. Dies kann mittelbar auch begünstigten, dass gewisse herausgehobene Personen im Unternehmen einer Veröffentlichung von Insiderinformationen nicht im Wege stehen bzw. versuchen, die Veröffentlichung zu verzögern, um so vorher noch ihren Informationsvorsprung auszunutzen.551 Im Hinblick auf die gesetzliche Privilegierung in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) MAR (chinese walls) kann die Freigabepflicht ebenfalls relevant werden. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) MAR wird aufgrund der bloßen Tatsache, dass eine juristische Person im Besitz von Insiderinformationen ist oder war, nicht angenommen, dass sie diese Informationen zum Handel in Finanzinstrumenten genutzt hat, sofern die juristische Person zuvor angemessene und wirksame interne Regelungen und Verfahren eingeführt, umgesetzt und aufrechterhalten hat, durch die wirksam sichergestellt wird, dass die natürliche Person, die mit Finanzinstrumenten handelt, nicht auch im Besitz der Insiderinformationen gewesen ist.

550 551

Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2352. Vgl. auch Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2352.

E. Erweiterung der closed periods

155

In der Freigabepflicht kann so eine interne Regelung gesehen werden, die die Vermutung des Insiderhandels widerlegt.

E. Erweiterung der closed periods Sinnvoll können auch weitere Beschränkungen hinsichtlich des Handels von Führungskräften in Finanzinstrumenten des Emittenten sein, die über die gesetzlich definierten „closed periods“ nach Art. 19 Abs. 11 MAR hinausgehen. Art. 19 Abs. 11 MAR bestimmt sinngemäß, dass Führungskräfte keine Eigengeschäfte in Finanzinstrumenten des Emittenten tätigen dürfen, und zwar während eines geschlossenen Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Ankündigung eines Zwischenberichts oder eines Jahresabschlussberichts. Es kann sinnvoll sein, diese „closed periods“ auszudehnen.552 Die konkreten Handelsbeschränkungen können unterschiedlich ausgestaltet werden. Einmal kann die 30-Tages-Frist rund um die Veröffentlichung von Unternehmenszahlen verlängert werden. Deutlich sinnvoller ist aber, nicht den Zeitraum zu verlängern, sondern an weitere Ereignisse neben der Veröffentlichung von Unternehmenszahlen anzuknüpfen. So sollten Vorgänge definiert werden, innerhalb derer eine erhöhte Insiderhandelsgefahr besteht, wie etwa eine bevorstehende Unternehmensübernahme. Innerhalb dieser vorab definierten, häufig nicht periodisch wiederkehrenden Prozesse sollte dann ebenfalls der Eigenhandel ausgeschlossen werden. Sinnvoll ist es weiter, die Handelsbeschränkungen neben den Führungskräften auch auf die übrigen Unternehmensmitarbeiter zu erstrecken.553 Eine alternative, weitergehende Gestaltungsform wäre ein generelles Verbot von Wertpapiergeschäften, außer in dafür vorgegebenen Handelszeiträumen („trading windows”).554 Freilich kann auch außerhalb der „closed periods“ oder in den „trading windows“ gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen werden, wenn beim Kauf oder Verkauf Insiderinformationen verwendet werden. Aus diesem Grund sollte der Ad-hocLeitfaden auch einen dahingehenden Hinweis enthalten, dass die Einhaltung der weitergehenden Handelsbeschränkungen keine Verstöße gegen das Insiderhandelsverbot ausschließt.555

552 553 554 555

Vgl. hierzu auch Diekgräf, Directors’ Dealings, 2016, S. 162 ff. Vgl. auch Walla/Knierbein, WM 2018, 2349, 2353. Schulz/Kuhnke, BB 2012, 143, 145 f. Schulz/Kuhnke, BB 2012, 143, 145 f.

156

Teil 5: Best-practice-Modell für die Ad-hoc-Compliance

F. Zwischenergebnis Aufgrund der unterschiedlichen Unternehmensstrukturen und der unterschiedlichen Risikolage hinsichtlich von Verstößen gegen die Ad-hoc-Publikationspflicht gibt es kein „Best-practice-Modell“ eines Ad-hoc-Compliance-Management-Systems. Trotzdem sollte jeder Emittent einen Ad-hoc-Leitfaden erstellen und den Mitarbeitern zur Kenntnis bringen, wie vermeintliche Insiderinformationen zu erkennen sind und wie mit diesem umzugehen ist. Die Einrichtung eines eigenen Ad-hoc-Komitees ist für kleinere Emittenten aufgrund der damit einhergehenden Kosten nicht notwendig, hier kann das zuständige Vorstandsmitglied unter Einbeziehung von externer oder interner juristischer Expertise die Informationsbewertung selbst vornehmen, sofern eine möglichst durchgängige Erreichbarkeit, jedenfalls während der Börsenhandelszeiten, gewährleistet ist. Für größere Emittenten gehört die Einrichtung eines solchen Ad-hocKomitees allerdings zum Marktstandard, und es sollte nur in Ausnahmekonstellationen darauf verzichtet werden. Das Führen von erweiterten Insiderlisten, eine Freigabepflicht für Eigengeschäfte und eine Erweiterung der „closed periods“ können je nach der spezifischen Risikolage im Unternehmen zum Insiderhandel sinnvoll sein, sind aber weder rechtlich verpflichtend, noch entsprechen sie dem in Deutschland üblichen Marktstandard. Eine rechtliche Pflicht, eine bestimmte der vorstehend genannten Ad-hocCompliance-Maßnahme einzuführen, gibt es aber nicht. Alle diese Maßnahmen sind von einer unabhängigen Unternehmensstelle oder von Externen regelmäßig auf ihre Angemessenheit und Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.556

556

So auch Bertus, Emittentenhaftung und Entlastung, 2020, S. 192.

Teil 6

Ergebnisse und Ausblick A. Ergebnisse in Thesen Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung thesenartig dargestellt, wobei sich die Reihenfolge der Thesen am Untersuchungsverlauf orientiert. 1. Compliance lässt sich definieren als die Gesamtheit aller Maßnahmen, die das rechtmäßige Verhalten einer Organisation und deren Angehöriger im Hinblick auf alle gesetzlichen Ge- und Verbote gewährleisten. 2. Es besteht keine Verpflichtung, für sämtliche Unternehmen ein ComplianceManagement-System vorzuhalten. Wann die für alle Unternehmen bestehende Legalitätskontrollpflicht letztlich so weit verdichtet ist, dass sie nur durch ein Compliance-Management-System erfüllt werden kann, lässt sich nur im Hinblick auf das konkrete Unternehmen entscheiden. Hierbei kommt es maßgeblich auf die individuelle Organisationsstruktur des Unternehmens und die potenziellen Konflikte der Unternehmenstätigkeit mit der Rechtsordnung (Rechtsrisiken) an. 3. Es ist nicht vom „sicheren Hafen“ („safe harbour“) der Business Judgement Rule erfasst, keine Compliance-Risikoanalyse durchzuführen. Ein Vorstand, der keine Compliance-Risikoanalyse durchführt, kann keine hinreichend informierte Entscheidung dahingehend treffen, ob die konkrete Risikosituation es erforderlich macht, ein Compliance-Management-System im Unternehmen zu implementieren. 4. Für Aktiengesellschaften, die ihre Finanzinstrumente öffentlich handeln lassen, besteht aufgrund des gesteigerten Risikos zu Rechtsverstößen auch aufgrund der gesteigerten Regulierungsdichte, insbesondere auch durch die verschiedenen kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten, zumindest regelmäßig eine faktische Pflicht, ein Compliance-Management-System zu implementieren. 5. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht knüpft rein objektiv an das Vorhandensein der Insiderinformationen im Tätigkeitsbereich des Emittenten an. Eine Kenntnis des Emittenten von der veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation ist nicht erforderlich, um die Ad-hoc-Publikationspflicht auszulösen. 6. Neben der reinen Pflicht zur raschen Veröffentlichung von Insiderinformationen, begründet die Pflicht zur „unverzüglichen“ Informationsveröffentlichung

158

Teil 6: Ergebnisse und Ausblick

auch gewisse Informationsorganisationspflichten, die die Anforderungen an das allgemeine Compliance-Management-System konkretisieren. 7. Ein möglichst gleichberechtigter Informationszugang der Kapitalmarktteilnehmer begünstigt eine effiziente Kapitalverteilung. Die Indienstnahme des Emittenten zur Veröffentlichung von Insiderinformationen, die zum Abbau von Informationszugangshürden beiträgt, beruht darauf, dass der Emittent diese Informationen zu den niedrigsten Kosten erkennen, analysieren und bekannt geben kann (least cost information seeker). 8. Emittenten haben grundsätzlich nach allen Informationen, die sie unmittelbar betreffen, zu suchen, sofern ihre Suchkosten geringer sind als die Kosten, die andere Marktteilnehmer aufwenden müssten, um die betreffenden Informationen zu beschaffen. 9. Der jeweilige Emittent muss eine spezifische Risikoanalyse dahingehend durchführen, wo für gewöhnlich Insiderinformationen im Unternehmen entstehen können. Nachdem der Emittent die Stellen im Unternehmen identifiziert hat, an denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Insiderinformationen besteht, hat er dafür Sorge zu tragen, dass an diesen Stellen entsprechende Prozesse implementiert werden, die hinreichend gewährleisten, dass dort die Insiderinformationen entsprechend erkannt werden. 10. Wenn die Insiderinformation an einer Stelle des Unternehmens entsteht, die selbst nicht berechtigt ist, über die Veröffentlichung zu entscheiden, muss durch die unternehmensinterne Organisation gewährleistet sein, dass die Information ohne schuldhaftes Zögern vertraulich an die zuständige Unternehmensstelle weitergeleitet wird. Sofern die potenzielle Insiderinformation bei den zuständigen Personen angekommen ist, ist diese, falls notwendig, weiter zu konkretisieren und der betreffende Sachverhalt weiter aufzuklären. Sofern die anschließende Prüfung des Emittenten ergeben hat, dass eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation vorliegt, hat der Emittent die Insiderinformation unmittelbar unter Beachtung der entsprechenden Vorgaben zu veröffentlichen oder zu prüfen, ob er die Veröffentlichung aufschieben kann. 11. Aufgrund der unterschiedlichen Unternehmensstrukturen und Risikolagen gibt es kein one-size-fits-all-Modell einer Ad-hoc-Compliance-Organisation. Die Ausgestaltung lässt sich daher nur in ihren Grundzügen abstrakt bestimmen. Sie hängt von der Größe und der Art des Emittenten sowie der Wahrscheinlichkeit zum Entstehen von ad-hoc-relevanten Sachverhalten ab. Es lassen sich aber, gerade im Hinblick auf die spezifische Ad-hoc-Pflicht, einige Maßnahmen identifizieren, deren Umsetzung, wenngleich auch rechtlich nicht verpflichtend, vielversprechend im Hinblick auf die Erfüllung der Ad-hoc-Compliance-Pflicht ist. 12. Jeder Emittent sollte einen Ad-hoc-Leitfaden vorhalten, der erläutert, wie vermeintliche Insiderinformationen zu erkennen sind und wie mit diesen umzugehen ist. Die Einrichtung eines eigenen Ad-hoc-Komitees ist für kleinere Emittenten

B. Ausblick: Ad-hoc-Meldungen und Compliance

159

aufgrund der damit einhergehenden Kosten nicht notwendig, hier kann das zuständige Vorstandsmitglied unter Einbeziehung von externer oder interner juristischer Expertise die Informationsbewertung selbst vornehmen, sofern eine möglichst durchgängige Erreichbarkeit der entscheidungsbefugten Personen, jedenfalls während der Börsenhandelszeiten, gewährleistet ist. Für größere Emittenten gehört die Einrichtung eines solchen Ad-hoc-Komitees allerdings zum Marktstandard und sollte nur in Ausnahmekonstellationen unterbleiben. 13. Das Führen von erweiterten Insiderlisten, eine Freigabepflicht für Eigengeschäfte und eine Erweiterung der „closed periods“ können je nach der spezifischen Risikolage des Unternehmens geboten sein. 14. Es gibt keine rechtliche Pflicht, eine bestimmte Ad-hoc-Compliance-Maßnahme zu implementieren, sondern lediglich die Pflicht, die Informationsflüsse im Unternehmen so zu organisieren, dass der Emittent seiner Pflicht aus Art. 17 Abs. 1 MAR zur unverzüglichen Informationsveröffentlichung hinreichend nachkommen kann.

B. Ausblick: Ad-hoc-Meldungen und Compliance Zweifelsohne wird die Abgasaffäre der deutschen Automobilindustrie den Autostandort Deutschland nachhaltig verändern. Mit der Klage der VW-Aktionäre aufgrund einer vermeintlich verspätet abgegebenen Ad-hoc-Meldung gewinnt daneben auch die Frage nach einer hinreichend funktionsfähigen Ad-hoc-ComplianceOrganisation nachhaltig an Bedeutung. Insbesondere die Frage nach den notwendigen organisatorischen Vorgaben, um die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten zu erfüllen, bedarf weiterer Erörterungen. Die vorliegende Untersuchung möge dazu im Hinblick auf die Ad-hocPublikationspflicht einen Beitrag leisten. Die Untersuchung zeigt daneben deutlich, dass sich jedes Unternehmen, das gemäß Art. 17 Abs. 1 MAR dazu verpflichtet ist, Ad-hoc-Meldungen abzugeben, sich intensiv mit den unternehmensinternen Prozessen befassen muss, die sicherstellen sollen, dass die anfallenden Insiderinformationen erkannt und veröffentlicht werden. Es ist davon auszugehen, dass die Aufsichtsbehörden und auch die Staatsanwaltschaften das Thema Ad-hoc-Compliance vermehrt aufgreifen werden. Den betroffenen Unternehmen kann nur dazu geraten werden, frühzeitig die entsprechenden Strukturen zu implementieren oder bestehende Prozesse zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern. Eine hinreichend funktionsfähige Ad-hocCompliance-Struktur kann zu einem Sanktionsbonus bei etwaigen Bußgeldern führen. Daneben kann eine solche Struktur auch zu einer geringeren oder ganz ausbleibenden zivilrechtlichen Haftung führen, da beim betroffenen Unternehmen

160

Teil 6: Ergebnisse und Ausblick

keine Verletzung der Legalitätskontrollpflicht im Hinblick auf die rechtzeitige Abgabe von Ad-hoc-Meldungen vorliegt.

Literaturverzeichnis Aaken, Anne van: „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, Zum Stellenwert der ökonomischen Theorie im Recht, Baden-Baden, 2003. Abendroth, Christiane: Prolegomena einer strafrechtlichen Bewertung von Corporate Governance, Compliance und Business Ethics – Eine Untersuchung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Kreditwirtschaft, Berlin 2011. Achenbach, Hans/Ransiek, Andreas/Rönnau, Thomas (Hrsg.), Handbuch zum Wirtschaftsstrafrecht, 4. Auflage, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2015. Achenbach, Hans: Gedanken zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Unternehmens, in: Kempf, Eberhard/Lüderssen, Klaus/Volk, Klaus (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht, Berlin, Boston 2012, S. 271 – 276. Adolff, Johannes: Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaft, München 2007. Alwart, Heiner: Strafrechtliche Haftung des Unternehmens – vom Unternehmenstäter zum Täterunternehmen, in: ZStW 1993, S. 752 – 773. Arnold, Michael: Verantwortung und Zusammenwirken des Vorstands und Aufsichtsrats bei Compliance-Untersuchungen, in: ZGR 2014, S. 76 – 106. Ascheid, Reiner/Preis, Ulrich/Schmidt, Ingrid (Hrsg.), Kündigungsrecht – Großkommentar zum gesamten Recht der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 5. Auflage, München 2017. Assmann, Heinz-Dieter/Schneider, Uwe: Wertpapierhandelsgesetz, 1. Auflage, Köln 1995. Assmann, Heinz-Dieter/Schneider, Uwe: Wertpapierhandelsgesetz, 6. Auflage, Köln 2012. Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A. (Hrsg.), Handbuch des Kapitalmarktrechts, 4. Auflage, München 2015. Assmann, Heinz-Dieter: Entwicklungslinien und Entwicklungsperspektiven der Prospekthaftung, in Assmann, Heinz-Dieter/Brinkmann, Thomas/Gounalakis, Georgios/Kohl, Helmut/ Walz, Rainer (Hrsg.), Wirtschafts- und Medienrecht in der offenen Demokratie, Freundesgabe für Friedrich Kübler zum 65. Geburtstag, Heidelberg, 1997, S. 317 – 354. Augstein, Nina: Neue Ansätze im Insiderrecht und ihre Auswirkungen auf die Beurteilung gestreckter Sachverhalte, Berlin 2019. Ayres, Ian: Back to Basics: Regulating How Corporations Speak to the Market, in: Virginia Law Review 1991, S. 945 – 999. Bachmann, Gregor/Prüfer, Geralf: Korruptionsprävention und Corporate Governance, in: ZRP 2005, S. 109 – 113. Bachmann, Gregor: Der „Deutsche Corporate Governance Kodex“ – Rechtswirkungen und Haftungsrisiken, in: WM 2002, S. 2137 – 2143.

162

Literaturverzeichnis

Bachmann, Gregor: Compliance – Rechtsgrundlagen und offene Fragen, in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2007 – Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung, Band 13, Köln 2008, S. 65 – 101. Bachmann, Gregor: Reform der Corporate Governance in Deutschland – Zum Juristentagsgutachten 2012, in: AG 2012, S. 565 – 579. Bachmann, Gregor: Reform der Organhaftung? Materielles Haftungsrecht und seine Durchsetzung in privaten und öffentlichen Unternehmen, in: NJW-Beilage 2014, S. 43 – 46. Bachmann, Gregor: Anmerkung zu LG München I, Urteil vom 10. 12. 2013 – 5 HK O 1387/10, in: ZIP 2014, S. 579 – 583. Balke, Michaela/Klein, Karen: Vorstandshaftung für fehlerhafte Ausrichtung der ComplianceOrganisation, in: ZIP 2017, S. 2038 – 2046. Barczak, Tristan: Baupläne für die normative Einheits- und Systembildung, in: JuS 2021, S. 1 – 7. Bartsch, Meinhard: Effektives Kapitalmarktrecht – Zur Rechtsfolgenseite der Richtlinien im Europäischen Kapitalmarktrecht, Augsburg 2005. Bartmann, Niklas: Ad-hoc-Publizität im Konzern, Berlin 2017. Bateson, Gregory: Steps to an Ecology of Mind, Chicago 1972. Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 38. Auflage, München 2018. Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred (Hrsg.), GmbH Gesetz, 21. Auflage, München 2017. Baums, Theodor: Haftung wegen Falschinformation des Sekundärmarktes, in: ZHR 2003, S. 139 – 192. Baur, Alexander/Holle, Philipp Maximilian: Bußgeldregress im Kapitalgesellschaftsrecht nach der (Nicht-)Entscheidung des BAG, in: ZIP 2018, S. 459 – 467. Bayram, Milan/Meier, Dominik: Pinging, Front Running und Quote Matching – Verbotene Handelspraktiken nach der Marktmissbrauchsverordnung? in: WM 2018, S. 1295 – 1302. Bea, Franz Xaver/ Göbel, Elisabeth: Organisation: Theorie und Gestaltung, 5. Auflage 2018, München. Bekritsky, Grigory: Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Ad-Hoc-Publizität – mehr als bloß Formsache, in: BKR 2020, S. 382 – 389. Bekritsky, Grigory: Die Insiderinformation im Lichte des neuen Emittentenleitfadens, in: WM 2020, S. 1959 – 1968. Benicke, Christoph: Wertpapiervermögensverwaltung, Tübingen 2006. Berg, Cai: Korruption in Unternehmen und Risikomanagement nach § 91 Abs. 2 AktG, in: AG 2007, S. 271 – 278. Bergmoser, Ulrich/Theusinger, Ingo/Gushurst, Klaus-Peter: Corporate Compliance – Grundlagen und Umsetzung, in: BB-Special 2008, S. 1 – 11. Berndt, Thomas/Hoppler, Ivo: Whistleblowing – ein integraler Bestandteil effektiver leborporate Governance, in: BB 2005, S. 2623 – 2629.

Literaturverzeichnis

163

Berninger, Marc/Kiesel, Florian/Schiereck, Dirk: Marktmanipulationen und Forensic Finance: Die Bedeutung von Faktormodellen für kurzfristige Bewertungshorizonte, in: BKR 2019, S. 408 – 412. Bertus, Jana: Emittentenhaftung und Entlastung – Zum Entlastungsbeweis nach § 97 Abs. 2 WpHG, Berlin 2020. Bicker, Eike: Compliance – organisatorische Umsetzung im Konzern, in: AG 2012, S. 542 – 552. Bicker, Eike: Corporate Compliance – Pflicht und Ermessen, in: ZWH 2013, S. 473 – 481. Bicker, Eike: Legalitätspflicht des Vorstands – ohne Wenn und Aber? in: AG 2014, S. 8 – 14. Biermann, Friedrich: Wissenszurechnung im Fall der Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, Halle-Wittenberg 2019. Binder, Jens-Hinrich: Der Aufsichtsrat von Kreditinstituten drei Jahre nach dem „Regulierungstsunami“ – eine Bestandsaufnahme, in: ZGR 2018, S. 88 – 125. Bingel, Adrian: Die „Insiderinformation“ in zeitlich gestreckten Sachverhalten und die Folgen der jüngsten EuGH-Rechtsprechung für M&A-Transaktionen, AG 2012, S. 685 – 700. Bitter, Georg/ Jochum, Marcus: Kein Nachrang kapitalmarktrechtlicher Schadensersatzansprüche in der Insolvenz des Emittenten, in: ZIP 2021, S. 653 – 668. Black, Barbara: Behavioral Economics and Investor Protection: Reasonable Investors, Efficient Markets, in: Loyola Law Journal 2013, S. 1493 – 1508. Blasche, Sebastian: Die Mindestanforderungen an ein Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG, in: CCZ 2009, S. 62 – 67. Blassl, Johannes Sebastian: Umgehung von Compliance als tatbestandausschließender Exzess bei § 130 OWiG, in: CCZ 2016, S. 201 – 206. Blassl, Johannes Sebastian: Zur Garantenpflicht des Compliance-Beauftragten, Frankfurt am Main 2017. Blassl, Johannes Sebastian: Strafrechtliche Pflichten des Compliance Officers, in: WM 2018, S. 603 – 610. Blassl, Johannes Sebastian: Straftatverhinderungspflichten von Vorgesetzten, in: ZIP 2020, S. 537 – 544. Bock, Dennis: Völkerstrafrecht und Criminal Compliance – Vorgesetztenverantwortlichkeit im Rechtsvergleich, in: CCZ 2010, S. 161 – 170. Bock, Dennis: Criminal Compliance, Baden-Baden 2011. Bock, Dennis: Stand der strafrechtswissenschaftlichen Compliance-Diskussion in Deutschland, in: Rotsch, Thomas (Hrsg.), Wissenschaftliche und praktische Aspekte der nationalen und internationalen Compliance-Diskussion, Baden-Baden 2012, S. 63 – 73. Böse, Martin: Strafbarkeit juristischer Personen – Selbstverständlichkeit oder Paradigmenwechsel im Strafrecht, in: ZStW 2014, S. 132 – 165. Böttcher, Lars: Compliance: Der IDW PS 980 – Keine Lösung für alle (Haftungs-)Fälle!, in: NZG 2011, S. 1054 – 1058.

164

Literaturverzeichnis

Böttger, Markus: Compliance in kommunalen Beteiligungsgesellschaften, in: Ahlbrecht, Heiko/Dann, Matthias/Wessing, Helga/Frister, Helmut/Bock, Dennis (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht – Festschrift für Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag, München 2015, S. 493 – 513. Bosch, Wolfgang: Verantwortung der Konzernobergesellschaft im Kartellrecht, in: ZHR 2013, S. 454–474. Bossard, Ernst: Die Abwehr von Wirtschaftskriminalität und Vermögensdelikten durch wirtschaftseigene Kontrolle und jährliche Abschlussprüfungen, in: Schimmelpfeng (Hrsg.), Aktuelle Beitrage zur Wirtschaftskriminalität, Frankfurt am Main 1974, S. 87 – 96. Bottke, Wilfried: Standortvorteil Wirtschaftskriminalrecht – Müssen Unternehmen „strafmündig“ werden? in: wistra 1997, S. 241 – 253. Brealey, Richard/Myers, Stewart/Allen, Franklin: Principles of Corporate Finance, 13. Auflage 2020, New York. Breuer, Christoph: Wissen, Zurechnung und Ad-hoc-Publizität, Berlin 2020. Brömmelmeyer, Christoph: Corporate Compliance im Kartellrecht – Besteht Regelungsbedarf? in: NZKart 2014, S. 478 – 485. Brox, Hans/Walker, Wolf-Dietrich: Besonderes Schuldrecht, 43. Auflage, München 2019. Buck-Heeb, Petra: Kapitalmarktrecht, 9. Auflage, Heidelberg 2017. Buck-Heeb, Petra: Informationsorganisation im Kapitalmarktrecht – Compliance zwischen Informationsmanagement und Wissensorganisationspflichten, in: CCZ 2009, S. 18 – 25. Buck-Heeb, Petra: Neuere Rechtsprechung zur Haftung wegen fehlerhafter oder fehlender Kapitalmarktinformation, in: NZG 2016, S. 1125 – 1133. Buck-Heeb, Petra: Wissenszurechnung und Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern – Zugleich Besprechung der Urteile des XI. Zivilsenats vom 26. 4. 2016, in: WM 2016, S. 1469 – 1474. Buck-Heeb, Petra: Aufsichts- und zivilrechtliche Normen im Bank- und Kapitalmarktrecht: einheitliche oder gespaltene Auslegung?, in: WM 2020, S. 157 – 164 Büche, Christian: Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts – Die Vorgaben der Marktmissbrauchs-Richtlinie und ihre Umsetzung in § 15 WpHG, BadenBaden 2005. Bühren, Lars: Auswirkungen des Insiderhandelsverbots der EU-Marktmissbrauchsverordnung auf M&A-Transaktionen, in: NZG 2017, S. 1172 – 1178. von Bülow, Christoph: Wertpapierhandelsgesetz, in: NZG 2009, S. 741. Bürgers, Thomas/Körber, Torsten: Aktiengesetz, 4. Auflage, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2017. Bürgers, Tobias: Compliance in Aktiengesellschaften – Arbeitsteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie innerhalb der Organe, in: ZHR 2015, S. 173 – 206. Bürkle, Jürgen: Corporate Compliance – Pflicht oder Kür für den Vorstand der AG?, in: BB 2005, S. 565 – 570.

Literaturverzeichnis

165

Bürkle, Jürgen: Corporate Compliance als Standard guter Unternehmensführung des Deutschen Corporate Governance Kodex, in: BB 2007, S. 1797 – 1801. Bürkle, Jürgen: Compliance als Aufgabe des Vorstands der AG – Die Sicht des LG München I, in: CCZ 2015, S. 52 – 56. Bürkle, Jürgen: Die Bußgeldrelevanz des Compliance-Managements, in: BB 2018, S. 525 – 529. von Busekist, Konstantin/Hein, Oliver: Der IDW PS 980 und die allgemeinen rechtlichen Mindestanforderungen an ein wirksames Compliance Management System (1) – Grundlagen, Kultur und Ziele, in: CCZ 2012, S. 41 – 48. Bussmann, Kai-D./Salvenmoser, Steffen: Der Wert von Compliance und Unternehmenskultur – Ergebnisse der aktuellen Studie von PricewaterhouseCoopers zur Wirtschaftskriminalität, in: CCZ 2008, S. 192 – 196. von Buttlar, Julia: Stärkung der Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse im EU-Kapitalmarktrecht, in: EuZW 2020, S. 598 – 603. Cahn, Andreas: Grenzen des Markt- und Anlegerschutzes durch das WpHG, in: ZHR 1998, S. 1 – 15. Campos Nave, José A./Bonenberger, Saskia: Korruptionsaffären, Corporate Compliance und Sofortmaßnahmen für den Krisenfall, in: BB 2008, S. 734 – 740. Cascante, Christian/Bingel, Adrian: Insiderhandel – in Zukunft leichter nachweisbar? – Die Auslegung des Insiderrechts durch den EuGH und Folgen für die M&A-Praxis, in: NZG 2010, S. 161 – 165. Caspari, Karl-Burkhard: Das geplante Insiderrecht in der Praxis, in: ZGR 1994, S. 530 – 546. Caspari, Karl-Burkhard: Anlegerschutz in Deutschland im Lichte der Brüsseler Richtlinien, in: NZG 2005, S. 90 – 103. Casper, Matthias: Der Compliancebeauftragte @ unternehmensinternes Aktienamt, Unternehmensbeauftragter oder einfacher Angestellter?, in: Bitter, Georg/Lutter, Marcus/Priester, Hans-Joachim/Schön, Wolfgang/Ulmer, Peter (Hrsg.), Festschrift für Karsten Schmidt zum 70. Geburtstag, Köln 2009, S. 199 – 216. Cauers, Lutz/Haas, Klaus/Jakob, Alexander/Kremer, Friedhelm/Schartmann, Bernd/Welp, Oliver: Ist der gegenwärtig viel diskutierte Begriff „Compliance“ nur alter Wein in neuen Schläuchen?, in: DB 2008, S. 2717 – 2719. Coase, Ronald Harry: The Problem of social cost, in: The Journal of Law & Economics, 1960, S. 1 – 44. Cohen, Joel M./Holland, Michael P.: Fünf Punkte, die ausländische Unternehmen über den United States Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) wissen sollten, in: CCZ 2008, S. 7 – 10. Corsten, Johannes: Einwilligung in die Untreue sowie in die Bestechlichkeit und Bestechung, Baden-Baden 2011. Cunningham, Lawrence A.: Behavioral Finance and Investor Governance, in: Washington and Lee Law Review 2002, S. 767 – 837.

166

Literaturverzeichnis

Dannecker, Gerhard: Zur Notwendigkeit der Einführung kriminalrechtlicher Sanktionen gegen Verbände – Überlegungen zu den Anforderungen und zur Ausgestaltung eines Verbandsstrafrechts, in: GA 2001, S. 101 – 130. Dauses, Manfred/Ludwigs, Markus: Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 46. Ergänzungslieferung, München, 2019. Dederichs, Mariele: Die Methodik des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, in: EuR 2004, S. 345 – 359. Diamond, Douglas W.: Optimal Release of Information By Firms, in: The Journal of Finance 1985, S. 1071 – 1094. Diekgräf, Moritz: Directors’ Dealings – Paradigmenwechsel im europäischen Marktmissbrauchsrecht, Baden-Baden 2017. Dirnhausen, Florian/Eckstein, Hans-Martin (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der AG, 3. Auflage, München 2018. Dix, Alexander: Compliance und Schutz der Privatsphäre im Unternehmen, in: ZIS 2011, S. 110 – 122. Dolata, Uwe: Compliance contra Wirtschaftskriminalität – Korruption im Wandel der Zeit, Hamburg 2014, Doleczik, Günter/Drewes, Michael: Risikomanagement in Sportunternehmen und dessen Prüfung Das Beispiel professioneller deutscher Fußballklubs, in: DB 2003, S. 1005 – 1011. Dreher, Meinrad: Die kartellrechtliche Bußgeldverantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern – Vorstandshandeln zwischen aktienrechtlichem Legalitätsprinzip und kartellrechtlicher Unsicherheit, in: Dauner-Lieb, Barbara/Hommelhoff, Peter/Jacobs, Matthias/Kaiser, Dagmar/ Weber, Christoph (Hrsg.), Festschrift für Horst Konzen zum siebzigsten Geburtstag, Tübingen 2006, S. 85 – 107. Dreher, Meinrad: Überformung des Aktienrechts durch die Rechtsprechung von Straf- und Verwaltungsgerichten, in: AG 2006, S. 213 – 223. Dreher, Meinrad: Ausstrahlungen des Aufsichtsrechts auf das Aktienrecht, in: ZGR 2010, S. 496 – 542. Dreher, Meinrad: Die Vorstandsverantwortung im Geflecht von Risikomanagement, Compliance und interner Revision, in: Kindler, Peter/Koch, Jens/Ulmer, Peter/Winter, Martin (Hrsg.), Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, München 2010, S. 161 – 177. Dreier, Thomas: Kompensation und Prävention – Rechtsfolgen unerlaubter Handlung im Bürgerlichen, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Tübingen 2002. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers – Eine Studie zum Privatund Wirtschaftsrecht unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Bezüge, Tübingen 1998. Dütz, Wilhelm/Thüsing, Gregor: Arbeitsrecht, 23. Auflage, München 2018. Drukarczyk, Jochen: Theorie und Politik der Finanzierung, 2. Auflage, München 1993. Easterbrook, Frank H./ Fischel, Daniel R.: The Economic Structure of Corporate Law, Harvard 1991.

Literaturverzeichnis

167

Eidam, Gerd (Hrsg.), Unternehmen und Strafe – Vorsorge- und Krisenmanagement, 5. Auflage, Köln 2018. Eidam, Gerd: Auswirkung und Stellenwert strafrechtlicher Expertengutachten auf die Anwendbarkeit von § 17 StGB in wirtschaftsstrafrechtliche Fallkonstellationen, in: ZStW 2015, S. 120 – 142. Eidam, Lutz: Der Organisationsgedanke im Strafrecht, Tübingen 2015. Eidenmüller, Horst: Der homo oeconomicus und das Schuldrecht: Herausforderungen durch Behavioral Law and Economics, in: JZ 2005, S. 216 – 224. Eidenmüller, Horst: Effizienz als Rechtsprinzip: Möglichkeiten und Grenzen der ökonomischen Analyse des Rechts, Tübingen 2015. Eisele, Jörg: Arbeitnehmerüberwachung und Compliance unter Berücksichtigung der Cybercrime-Konvention, in: ZIS 2012, S. 402 – 408. Eisele, Jörg/Koch, Jens/Theile, Hans: Der Sanktionsdurchgriff im Unternehmensverbund, Tübingen 2014. Ekkenga, Jens: Individuelle Entscheidungsprozesse im Recht der Ad-hoc-Publizität – Sieben Thesen zum Fall Geltl/Daimler/Schrempp, in: NZG 2013, S. 1081 – 1087. Engel, Andreas: Internationales Kapitalmarktdeliktsrecht – Eine Untersuchung zum anwendbaren Recht der Prospekthaftung und der Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation (insbesondere Ad-hoc-Publizität) in den USA und der EU, Tübingen 2019. Engelhart, Marc: Sanktionierung von Unternehmen und Compliance @ Eine rechtsvergleichende Analyse des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts in Deutschland und den USA, 2. Auflage, Berlin 2012. Engländer, Armin: Grund und Grenzen der Nothilfe, Tübingen 2008. Ensch, Jürgen: Compliance im öffentlich-rechtlichen Rundfunk @ Mit Schwerpunkt Schutz vor Wirtschaftskriminalität und Korruption, in: ZUM 2012, S. 16 – 21. Epe, Alex: Zur Bedeutung des Deutschen Corporate Governance Kodex für die Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen, insbesondere bei Aufsichtsratswahlen, LG München I, Urteil vom 22. November 2007 – 5 HK O 10614/07, in: CCZ 2008, S. 28 – 30. Eufinger, Alexander: Zu den historischen Ursprüngen der Compliance, in: CCZ 2012, S. 21 – 22. Eufinger, Alexander: Berücksichtigung von Compliance-Programmen bei der Bußgeldbemessung – Vorbild USA? in: CCZ 2016, S. 209 – 214. Eufinger, Alexander: Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG und Compliance, in: ZIP 2018, S. 615 – 621. Fama, Eugene F.: Efficient Capital Markets: A Review of Theory and Empirical Work, in: The Journal of Finance Vol. 25, No. 2, Papers and Proceedings of the Twenty-Eighth Annual Meeting of the American Finance Association New York, 1969 S. 383 – 417. Fezer, Karl-Heinz: Aspekte einer Rechtskritik an der economic analysis of law und am property rights approach, in: JZ 1986, S. 817 – 864. Fischer, Thomas: Unternehmensstrafrecht in der Revision, in: StrafFo 2010, S. 329 – 337.

168

Literaturverzeichnis

Fleischer, Holger: Vorstandsverantwortlichkeit und Fehlverhalten von Unternehmensangehörigen – Von der Einzelüberwachung zur Errichtung einer Compliance-Organisation, in: AG 2003, S. 291 – 300. Fleischer, Holger: Zur Leitungsaufgabe des Vorstands im Aktienrecht, in: ZIP 2003, S. 1 – 11. Fleischer, Holger: Zur Verantwortlichkeit einzelner Vorstandsmitglieder bei Kollegialentscheidungen im Aktienrecht, in: BB 2004, S. 2645 – 2652 Fleischer, Holger: Aktienrechtliche Legalitätspflicht und „nützliche“ Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern, in: ZIP 2005, S. 141 – 152. Fleischer, Holger: Kartellrechtsverstöße und Vorstandsrecht, in: BB 2008, S. 1070 – 1075. Fleischer, Holger: Corporate Compliance im aktienrechtlichen Unternehmensverbund, in: CCZ 2008, S. 1 – 6. Fleischer, Holger/Zimmer, Daniel: Effizienzorientierung im Handels- und Wirtschaftsrecht – Einführung und Überblick, in: dies. (Hrsg.), Effizienz und Regelungsziel im Handels- und Wirtschaftsrecht, Frankfurt am Main 2008, S. 9 – 43. Fleischer, Holger/Goette, Wulf: Münchener Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG, 3. Auflage München 2019. Fleischer, Holger: Aktienrechtliche Compliance-Pflichten im Praxistest: Das Siemens/Neubürger-Urteil des LG München I, in: NZG 2014, S. 321 – 329. von Freier, Friedrich: Zurück hinter die Aufklärung – Zur Wiedereinführung von Verbandsstrafen, in: GA 2009, S. 98 – 116. Frost, Jetta/Morner, Michèle: Konzernmanagement – Strategie für Mehrwert Wiesbaden 2010. Früh, Andreas: Legal & Compliance – Abgrenzung oder Annäherung (am Beispiel einer Bank) in: CCZ 2010, S. 121 – 127. Fuchs, Andreas: Wertpapierhandelsgesetz, 2. Auflage, München 2016. Fuchs, Andreas/Dühn, Matthias: Deliktische Schadensersatzhaftung für falsche Ad-hoc-Mitteilungen Zugleich Besprechung des Urteils des OLG München, BKR 2002, 1096, in: BKR 2002, S. 1063 – 1071. Fülbier, Rolf Uwe: Regulierung der Ad-hoc-Publizität: Ein Beitrag zur ökonomischen Analyse des Rechts, Wiesbaden 1998. Fuhrmann, Stefan: Compliance in der öffentlichen Verwaltung und die Aufgaben eines Rechtsamtes, in: Demel, Michael/Heck, Stefan/Schäfer, Thomas (Hrsg.), Auf festem Fundament – Festschrift für Christian Wagner zum 70. Geburtstag, Berlin 2013, S. 109 – 126. Gbekor, Sarah: Schaden, Kausalität und Kausalitätsbeweis beim Schadensersatzanspruch des Anlegers wegen Verletzung der ad hoc-Publizitätspflicht, Baden-Baden 2019. Gehrmann, Philipp: Das Spector-Urteil des EuGH – Zur Beweislastumkehr beim Insiderhandel, in: ZBB 2010, S. 48 – 52. Gehrt, John Alexander: Die neue Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz – Eine kritische Betrachtung im Vergleich zur französischen und anglo-amerikanischen Regelung, Baden-Baden 1997.

Literaturverzeichnis

169

Georgakopoulos, Nicholas L.: Why should disclosure rules subsidize informed traders? in: International Review of Law and Economics 1996, S. 417 – 431. Georgakopoulos, Nicholas L.: The Logic of Securities Law, Cambridge 2017. Gerig, Martin/Tsesis, Alexandra: Interessenvertretung und Compliance, in: CCZ 2015, S. 268 – 273. Gerst, Hans-Joachim: Unternehmensinteresse und Beschuldigtenrechte bei Internal Investigation – Problemskizze und praktische Lösungswege, in: CCZ 2012, S. 1 –5. Giering, Thomas: Das neue Kapitalmarktrecht für Emittenten, in: CCZ 2016, S. 214 – 220. Gilson, Roland/Kraakman, Reinier H.: The Mechanisms of Market Efficiency, in: Virginia Law Review 1984, S. 549 – 642. Göhler, Erich (Hrsg.), Ordnungswidrigkeitengesetz, 17. Auflage, München 2017. Göpfert, Burkard/Landauer, Martin: „Arbeitsstrafrecht“ und die Bedeutung von ComplianceSystemen: Straftaten „für“ das Unternehmen, in: NZA Beilage 2011, S. 16 – 21. Görtz, Laura: Zu den Zumessungskriterien für die Unternehmensgeldbuße – Anm. zu OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 Ss 63/11, in: WiJ 2013, S. 38 – 43. Gößwein, Georg/Hohmann, Olaf: Modelle der Compliance-Organisation in Unternehmen – Wider den Chief Compliance Officer als „Überoberverantwortungsnehmer“, in: BB 2011, S. 963 – 968. von Goethe, Johann Wolfgang: Faust, Der Tragödie erster Teil, Tübingen 1808. von Goethe, Johann Wolfgang: Maximen und Reflexionen. Nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs, Weimar 1907. Goette, Wulf/Habersack, Mathias (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Auflage, München 2019. Goette, Wulf: Organisationspflichten in Kapitalgesellschaften zwischen Rechtspflicht und Opportunität, in: ZHR 2011, S. 388 – 400. Goldberg, Joachim/von Nitzsch, Rüdiger: Behavioral Finance, Gewinnen mit Kompetenz, 4. Auflage, München 2004. Goshen, Zohar/Parchomovsky, Gideon: The Essential Role of Securities Regulation, in: Duke Law Journal 2006, S. 711 – 782. Graßl, Bernd: Die neue Marktmissbrauchsverordnung der EU, in: DB 2015, S. 2066 – 2072. Grechenig, Kristoffel/Gelter, Martin: Divergente Evolution des Rechtsdenkens – Von amerikanischer Rechtsökonomie und deutscher Dogmatik, in: RabelsZ 2008 S. 513 – 561. Grechenig, Kristoffel: Schadensersatz bei Verletzung von § 14 WpHG? Insiderhandel bei positiver und negativer Information, in: ZBB 2010, S. 232 – 241. Grimme, Leoni/von Buttlar, Julia: Neue Entwicklungen in der Ad-hoc-Publizität – Vom Vierten Finanzmarktförderungsgesetz zur Marktmissbrauchsrichtlinie, in: WM 2003, S. 901 – 910. Grohmann, Uwe: Das Informationsmodell im Europäischen Gesellschaftsrecht, Berlin 2006.

170

Literaturverzeichnis

Groß, Fee Viola: Chief Compliance Officer – Compliance-Funktionsträger im Spannungsverhältnis zwischen wirksamer Compliance und arbeitsrechtlicher /gesellschaftsrechtlicher Kompetenzordnung, Baden-Baden 2012. Groß, Wolfgang/Royé, Claudia: EU-Marktmissbrauchsverordnung: Ergebnisse einer Umfrage und Versuch einer Präzisierung, in: BKR 2019, S. 272 – 278. Grünewald, Anette: Notwehreinschränkung – insbesondere bei provoziertem Angriff, in: ZStW 2010, S. 51 – 86. Grützner, Thomas/Boerger, Björn/Momsen, Carsten: Die „Dieselaffäre“ und ihre Folgen für Compliance-Management-Systeme – Evolution durch Einbeziehung des Bereichs ProduktCompliance in ein CMS (zB zum Zweck der Prävention produktbezogener Täuschungen), in: CCZ 2018, S. 50 – 63. Gutekunst, Özlem: Die Ad-hoc-Publizität nach Artikel 17 MAR unter Berücksichtigung der kapitalmarktrechtlichen Compliance-Perspektive, Hamburg 2021. Gunßer, Christian: Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht bei zukunftsbezogenen Sachverhalten, in: NZG 2008, S. 855 – 858. Gunßer, Christian: Der Vorlagebeschluss des BGH zum Vorliegen einer „Insiderinformation“ in gestreckten Sachverhalten (Fall „Schremp“), in: ZBB 2011, S. 76 – 82. Habersack, Matthias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage, München 2013. Habersack, Mathias: Grund und Grenzen der Compliance-Verantwortung des Aufsichtsrats der AG, in: AG 2014, S. 1 – 8. Habersack, Mathias: Verschwiegenheitspflicht und Wissenszurechnung – insbesondere im Konzern und mit Blick auf die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität – Zugleich Besprechung des BGH-Urteils vom 26. 04. 2016 – XI ZR 108/15, in: DB 2016, S. 1551 – 1558. Habersack, Mathias/Zickgraf, Peter: Deliktsrechtliche Verkehrs- und Organisationspflichten im Konzern, in: ZHR 2018, 252 – 295. Habisch, André/Schmidpeter, René/Neureiter, Martin (Hrsg.), Handbuch Corporate Citizenship – Corporate Social Responsibility für Manager, Heidelberg 2008. Hammen, Horst: Insiderstrafrecht und Bestimmtheitsgebot – Eine Polemik, in: ZIS 2014, S. 303 – 308. Häller, Jan/Roggemann, Christoph: Publizitätspflichten beim Rückerwerb eigener Aktien zur Mitarbeitervergütung und Einziehung, in: NZG 2019, S. 1005 – 1016. Hannemann, Jan-Gero Alexander/Dietlein, Georg/Nordmeyer, Arne: Gerechtigkeit als Kostenfrage oder Kosten als Gerechtigkeitsfrage? Eine Einführung in die ökonomische Analyse des Rechts, in ZJS 2013, S. 163 – 169. Hanten, Mathias/Stump, Philipp: Finanzinstrumentsdefinition als Gateway in die Beaufsichtigung am Beispiel von Kryptowährungen, Initial Coin Offerings und Kundenbindungsprogrammen, in: RdF 2018, S. 189 – 196. Happ, Wilhelm/Semler; Johannes: Ad-hoc-Publizität im Spannungsfeld von Gesellschaftsrecht und Anlegerschutz, in: ZGR 1998, S. 116 – 141.

Literaturverzeichnis

171

Harbarth, Stefan: Anforderungen an die Compliance-Organisation in börsennotierten Unternehmen, in: ZHR 2015, S. 136 – 172. Harbarth, Stefan/Brechtel, Micha: Rechtliche Anforderungen an eine pflichtgemäße Compliance-Organisation im Wandel der Zeit, in: ZIP 2016, S. 241 – 250. Hartmann, Jörg: Juristische und ökonomische Regelungsprobleme des Insiderhandels: Eine rechtsvergleichende Darstellung USA – Deutschland, Frankfurt am Main 1999. Hasselbach, Kai: Veröffentlichungspflichten bei M&A-Transaktionen und bei Übernahmen börsennotierter Unternehmen, in: BB 2020, S. 203 – 211. Hasselbach, Kai/Stepper, Simon: Entwicklung des Übernahmerechts 2019/2020, in: BB 2020, S. 1538 – 1545. Hauschka, Christoph E.: Corporate Compliance – Unternehmensorganisatorische Ansätze zur Erfüllung der Pflichten von Vorständen und Geschäftsführern, in: AG 2004, S. 461 – 475. Hauschka, Christoph E.: Compliance am Beispiel der Korruptionsbekämpfung – Eine Erwiderung aus der Praxis auf Uwe H. Schneiders Vorschläge, ZIP 2003, 645, in: ZIP 2004, S. 877 – 883. Hauschka, Christoph E.: Compliance, Compliance-Manager, Compliance-Programme – Eine geeignete Reaktion auf gestiegene Haftungsrisiken für Unternehmen und Management? in: NJW 2004, S. 257 – 261. Hauschka, Christoph E.: Von Compliance zu Best Practice, in: ZRP 2006, S. 258 – 261. Hauschka, Christoph E.: Compliance im Gesellschaftsrecht und die aktuellen Entwicklungen in der Diskussion, in: Hadding, Walther/Hopt, Klaus J./Schimansky, Herbert (Hrsg.), Bankrechtstag 2008 @ Verbraucherschutz im Kreditgeschäft, Compliance in der Kreditwirtschaft, Berlin 2009, S. 103 – 137. Hauschka, Christoph E./Moosmayer, Klaus/Lösler, Thomas (Hrsg.), Corporate Compliance, Handbuch zur Haftungsvermeidung im Unternehmen, 3. Auflage, München 2016. Hefendehl, Roland: Corporate Governance und Business Ethics: Scheinberuhigung oder Alternativen bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität? in: JZ 2006, S. 119 – 125. Hefendehl, Roland: Außerstrafrechtliche und strafrechtliche Instrumentarien zur Eindämmung der Wirtschaftskriminalität, in: ZStW 2007, S. 816 – 847. Hefendehl, Roland: Schein und Sein – Die Informationsdelikte im Kapitalmarktstrafrecht, in: wistra 2019, S. 1 – 8. Heidel, Thomas (Hrsg.), Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage, Baden-Baden 2014. Heinz, Wolfgang: Begriffliche und strukturelle Besonderheiten des Wirtschaftsstrafrechts – Eine Übersicht über die Entwicklung des Wirtschaftsrechts in der Bundesrepublik Deutschland, in: Gropp, Walter (Hrsg.), Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in einem Europa auf dem Weg zu Demokratie und Privatisierung, Leipzig 1998, S. 13 – 50. Hellgardt, Alexander: Kapitalmarktdeliktsrecht – Haftung von Emittenten, Bietern, Organwaltern und Marktintermediären – Grundlagen, Systematik, Einzelfragen, Tübingen 2008. Hellgardt, Alexander: Praxis- und Grundsatzprobleme der BGH-Rechtsprechung zur Kapitalmarktinformationshaftung, in: DB 2012, S. 673 – 678.

172

Literaturverzeichnis

Hemeling, Peter: Ad-hoc-Publizität nach dem neuen Emittentenleitfaden der BaFin – Ist das Ende der Fahnenstange erreicht? In ZHR 2020, S. 397 – 407. Herfs, Achim: Weiter im Blindflug – Zur Ad-hoc-Pflicht bei gestreckten Geschehensabläufen aus Sicht der Praxis, Anmerkungen zum Beschluss des BGH vom 23. 4. 2013 – II ZB 7/09, in: DB 2013 S. 1350 (Geltl/Daimler), DB 2013, S. 1650 – 1656. Heuking, Christian/von Coelln, Sibylle: „Public Compliance“ – Maßnahmen zur Regelkonformität im öffentlichen Sektor, in: DÖV 2012, S. 827 – 837. Hilgendorf, Eric: Die Verantwortung für Innovationen: Lebensmittelrechtliche Compliance, Haftung und strafrechtliche Konsequenzen, in: ZLR 2011, S. 303 – 321. Hilgendorf, Eric: Grundfragen der strafrechtlichen Compliance am Beispiel der strafrechtlichen Produkthaftung für teilautonome technische Systeme, in: Thomas, Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, Baden-Baden 2013, S. 19 – 32. Hirshleifer, David: Investor Psychology and Asset Pricing, in: Journal of Finance 2001, S. 1533 – 1597. Hirte, Heribert/Möllers, Thomas: Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage, Köln 2014. Hölters, Wolfgang: Aktiengesetz, 3. Auflage, Vahlen 2017. Hössl-Neumann, Mario: Informationsregulierung durch Insiderrecht, Tübingen 2020. Holle, Philipp Maximilian: Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, Tübingen 2014. Hommelhoff, Peter/Mattheus, Daniel: Risikomanagementsystem im Entwurf des BilMoG als Funktionselement der Corporate Governance, in: BB 2007, S. 2787 – 2791. Hopt, Klaus J./Will, Michael R.: Europäisches Insiderrecht: Einführende Untersuchung, Ausgewählte Materialien, Stuttgart 1973. Hopt, Klaus J.: Europäisches und deutsches Insiderrecht, in: ZGR 1991, 17 – 73. Hopt, Klaus J.: Ökonomische Theorie und Insiderrecht, in: AG 1995, S. 353 – 362. Hopt, Klaus J.: Die Verantwortlichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat: Grundsatz und Praxisprobleme – unter besonderer Berücksichtigung der Banken, in: ZIP 2013, S. 1793 – 1806. Hopt, Klaus J.: Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapierhandelsgesetz, in: ZHR 1995, S. 135 – 163. Hopt, Klaus J./Kumpan, Christoph: Insidergeschäfte und Ad-hoc-Publizität bei M&A, in: ZGR 2017, S. 765 – 828. Huber, Hans-Peter/Uzuner, Gülsemin: Der Verdacht im Straf- und Arbeitsrecht, in: NZWiSt 2016, S. 94 – 98. Hüffer, Uwe: Compliance im Innen- und Außenrecht der Unternehmen, in: Altmeppen, Holger/ Fitz, Hans/Honsell, Heinrich (Hrsg.), Festschrift für Günter H. Roth zum 70. Geburtstag, München 2011, S. 299 – 309. Hüffer, Uwe; Koch, Jens: Aktiengesetz, 13. Auflage, München 2018. Ihrig, Hans-Christoph/Kranz, Christopher: EuGH-Entscheidung Geltl/Daimler: „Selbstbefreiung“ von der Ad-hoc-Publizitätspflicht, in: BB 2013, S. 451 – 458.

Literaturverzeichnis

173

Ihrig, Hans-Christoph: Wissenszurechnung im Kapitalmarktrecht – untersucht anhand der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gemäß Art. 17 MAR, in: ZHR 2017, 381 – 416. Immenga, Ulrich: Compliance als Rechtspflicht nach Aktienrecht und Sarbanes-Oxley-Act, in: Grundmann, Stefan/Kirchner, Christian/Raiser, Thomas/Schwintowski, Hans-Peter/Weber, Martin/Windbichler, Christine (Hrsg.), Unternehmensrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts – Festschrift für Eberhard Schwark zum 70. Geburtstag, München 2009, S. 199 – 208. Inderst, Cornelia/Bannenberg, Britta/Poppe, Sina: Compliance – Aufbau – Management – Risikobereiche, 3. Auflage, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2017. Jakobus, Philipp: Die Vorstandspflicht zum Risikomanagement, Baden-Baden 2014. von Jhering, Rudolf: Der Zweck im Recht, Leipzig 1893. Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. Auflage, München 2016. Just, Clemens/Voß, Thorsten/Ritz, Corinna/Becker, Ralf (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, München 2015. Kelker, Brigitte: Die Strafbarkeit juristischer Personen unter europäischem Konkurrenzdruck, in: Amelung, Knut/Günter, Hans-Ludwig/Kühne, Hans-Heiner (Hrsg.), Festschrift für Volker Krey zum 70. Geburtstag am 9. Juli 2010, Stuttgart 2010, S. 221 – 167. Kersting, Christian: Das Erfordernis des Gleichlaufs von Emittenten – und Anlegerinteresse als Voraussetzung für den Aufschub der Veröffentlichung einer Insiderinformation, in: ZBB 2011, S. 442 – 451. Kiefner, Alexander/Krämer, Lutz/Happ, Benedikt: Ad-hoc-Publizität und Insiderrecht nach dem neuen Modul C des Emittentenleitfadens, in: DB 2020, S. 1386 – 1393. Kirchner, Christian: Ökonomische Theorie des Rechts, Berlin, New York, 1997. Kirchner, Christian/Koch, Stefan: Norminterpretation und ökonomische Analyse des Rechts, in: Analyse & Kritik 1989, S. 111 – 133. Kirschbaum, Tom/Wittmann, Martin: Selbstregulierung im Gesellschaftsrecht: Der Deutsche Corporate Governance Kodex, in: JuS 2005, S. 1062 – 1067. Kleine, Maxim: Nicht effiziente Compliance Management Systeme sind bußgelderhöhend zu berücksichtigen, in: CCZ 2017, S. 241. Kleinmann, Niko J.: Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, Sternenfels 1998. Kliemt, Michael: Fristlose Kündigung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern bereits beim bloßen Verdacht strafbarer Handlungen?, in: Ahlbrecht, Heiko/Dann, Matthias/Wessing, Helga/Frister, Helmut/Bock, Dennis (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht – Festschrift für Jürgen Wessing zum 65. Geburtstag, München 2015, S. 833 – 843. Klopp, Thorben: Der Compliance-Beauftragte – Arbeitsrechtliche Stellung und Funktion in der Compliance, Berlin 2012. Klöhn, Lars: Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance – Eine interdisziplinäre und vergleichende Analyse zum Fluch und Segen der Spekulation und ihrer Regulierung durch Recht und Markt, Berlin 2006.

174

Literaturverzeichnis

Klöhn, Lars: Die Regelung selektiver Informationsweitergabe gem. § 15 Absatz 1 Satz 4 u. 5 WpHG – eine Belastungsprobe, in: WM 2010, S. 1869 – 1882. Klöhn, Lars: Der „gestreckte Geschehensablauf“ vor dem EuGH: Zum DaimlerChryslerVorlagebeschluss des BGH, in: NZG 2011, S. 166 – 171. Klöhn, Lars: Wertpapierhandelsrecht diesseits und jenseits des Informationsparadigmas, in: ZHR 2013, S. 349 – 387. Klöhn, Lars: Ad-hoc-Publizität und Insiderverbot im neuen Marktmissbrauchsrecht, in: AG 2016, S. 423 – 434. Klöhn, Lars: Die (Ir-)Relevanz der Wissenszurechnung im neuen Recht der Ad-hoc-Publizität und des Insiderhandelsverbots, in: NZG 2017, S. 1285 – 1292. Klöhn, Lars (Hrsg.), Marktmissbrauchsverordnung – Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch, München 2018. Klöhn, Lars: Insiderinformation–Entwicklung und Lehren nach 25 Jahren – Vom wissenschaftlichen Reiz eines praktischen Reizthemas, in: Klöhn, Lars/Mock, Sebastian (Hrsg.), Festschrift 25 Jahre WpHG – Entwicklung und Perspektiven des deutschen und europäischen Wertpapierhandelsrecht, Berlin/Boston 2019, S. 523 – 551. Klösel, Daniel: Compliance-Richtlinien – Zum Funktionswandel des Zivilrechts im Gewährleistungsstaat, Baden-Baden 2012. Klüppelberg, Kristian: Die Untreuestrafbarkeit des Vorstands bei Verstößen gegen den Deutschen Corporate Governance Kodex und § 161 AktG – Ein Restriktionsversuch im Hinblick auf den konturenlosen Tatbestand des § 266 StGB über den Weg der Einbindung eines Selbstregulierungsinstruments, Hamburg 2014. Knoor, Elisa Sophia: Kapitalmarktkommunikation durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft – Zulässigkeit und Grenzen des Investorendialogs mit dem Aufsichtsrat und seinem Vorsitzenden, Baden-Baden 2021. Koch, Jens: Die Ad-hoc-Publizität: Veröffentlichungs- oder Wissensorganisationspflicht?, in: AG 2019, S. 273 – 287. Koch, Jens: Informationsweitergabe und Informationsasymmetrien im Gesellschaftsrecht, in: ZGR 2020, S. 183 – 216. Kocher, Dirk/Widder, Stefan: Ad-hoc-Publizität in Unternehmenskrise und Insolvenz, in: NZI 2010, S. 925 – 932. Kocher, Dirk/Schneider, Sebastian: Zuständigkeitsfragen im Rahmen der Ad-hoc-Publizität, in: ZIP 2013, S.1607 – 1612. Köndgen, Johannes: Die Ad-hoc-Publizität als Prüfstein informations-rechtlicher Prinzipien, in: Schweizer/Burkert/Gasser (Hrsg.) Festschrift für Jean Nicolas Druey, Zürich 2002, S. 791 – 816. Königer, Paul/Reithmayer, Walter: Management unstrukturierter Informationen. Wie Unternehmen die Informationsflut beherrschen können, Frankfurt/Main, New York 1998. Koldehofe, Jan-Willem: Die Nutzung einer Insiderinformation und legitime Handlungen, Baden-Baden 2021.

Literaturverzeichnis

175

Kornhauser, Lewis A.: The Great Image of Authority, in: Stanford Law Review 1984, S. 349 – 390. Kort, Michael: Verhaltensstandardisierung durch Corporate Compliance, in: NZG 2008, S. 81 – 86. Krachler, Christian/Rzehorska, Martin: „Dieselgate“ and Consumer Law: Repercussions of the Volkswagen scandal in Austria, in: EuMCL 2017, S. 36 – 39. Kraack, Jörg-Peter: Der neue Emittentenleitfaden zum Marktmissbrauchsrecht – Neuakzentuierte Aufsichtspraxis zum Insider- und Ad-hoc-Recht nach dem Modul C des neuen Emittentenleitfadens der BaFin, in: ZIP 2020, S. 1389 – 1399. Krause, Hartmut: Kapitalmarktrechtliche Compliance: neue Pflichten und drastisch verschärfte Sanktionen nach der EU-Marktmissbrauchsverordnung, in: CCZ 2014, S. 248 – 260. Krause, Rüdiger: Ad-hoc-Publizität und haftungsrechtlicher Anlegerschutz, in: ZGR 2002, S. 799 – 841. Krebs, Peter/Eufinger, Alexander/Jung, Stefanie: Bußgeldminderung durch Compliance-Programme im deutschen Kartellbußgeldverfahren? in: CCZ 2011, S. 213 – 217. Kremer, Thomas/Klahold, Christoph: Compliance-Programme in Industriekonzernen, in: ZGR 2010, S. 113 – 143. Kremer, Thomas/Bachmann, Gregor/Lutter, Marcus/Werder, Alex von: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 7. Auflage, München 2018. Krieger, Gerd/Schneider, Uwe H. (Hrsg.), Handbuch Managerhaftung – Vorstand · Geschäftsführer · Aufsichtsrat – Pflichten und Haftungsfolgen – Typische Risikobereiche, 3. Auflage, Köln 2017. Kröger, Jens: Korruptionsschäden, Unternehmensgeldbußen und Imageschäden – Haftungsund schadensrechtliche Fragen der Organmitgliederhaftung, Baden-Baden 2013. Kubesch, Nicholas: Marktsondierung nach dem neuen Marktmissbrauchsrecht, Baden-Baden 2019. Kühl, Kristian: Der Abschied des Strafrechts von den guten Sitten, in: Pawlik, Michael/Zaczyk, Raniner (Hrsg.), Festschrift für Günther Jakobs zum 70. Geburtstag am 26. Juli 2006, Köln, Berlin, München 2007, S. 293 – 309. Kümpel, Siegfried: Zum Begriff der Insidertatsache, in: WM 1994, S. 2137 – 2143. Kuhlen, Lothar: Die Reaktion von Unternehmen auf Straftaten von Mitarbeitern: eine strafbare Nötigung, in: Prittwitz, Cornelius/Baurmann, Klaus Günther/Kuhlen, Lothar/Merkel, Reinhard/Nestler, Cornelius/Schulz, Lorenz (Hrsg.), Festschrift für Klaus Lüderssen zum 70. Geburtstag am 2. Mai 2002, Baden-Baden 2002, S. 649 – 661. Kuhlen, Lothar/Kudlich, Hans/Ortiz de Urbina, Íñigo (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2013. Kumpan, Christoph: Ad-hoc-Publizität nach der Marktmissbrauchsverordnung – Untersuchung wesentlicher Neuerungen und deren Auswirkungen auf Emittenten, in: DB 2016, S. 2039 – 2046. Kumpan, Christoph: Der verständige Anleger in der Marktmissbrauchsverordnung – Zu den Eigenschaften der Maßstabsfigur für Insiderinformationen, in: ZHR 2020, S. 180 – 221.

176

Literaturverzeichnis

Kumpan, Christoph/Misterek, Robin: Ad-hoc-Publizitätspflicht einer Muttergesellschaft bei konzerndimensionalen Sachverhalten, in: ZBB 2020, S. 10 – 21. Kuthe, Thorsten: Änderungen des Kapitalmarktrechts durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, in: ZIP 2004, S. 883 – 888. Kuthe, Thorsten/Lingen, Gero: Neuer BaFin-Emittentenleitfaden zur Ad-hoc-Publizität und Directors’ Dealings, in: CB 2020, S. 270 – 275. Kutschelis, Julian: Korruptionsprävention und Geschäftsleiterpflichten im nationalen und internationalen Unternehmensverbund – Ausländisches Recht als Schranke für Compliance im Konzern am Beispiel Argentiniens, Baden-Baden 2014. Kutscher, Nicolas: Organhaftung als Instrument der aktienrechtlichen Corporate Governance, Baden-Baden 2017. Lahmann, Kai: Insiderhandel – Ökonomische Analyse eines ordnungspolitischen Dilemmas, Berlin 1994. Lang, Peter: Corporate Compliance – Verantwortung, Implementierungspflichten und Umsetzung in der unverbundenen Aktiengesellschaft, Hamburg 2013. Langen, Markus: Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht erfordert keine bewusste Entscheidung des Emittenten – Daimler AG, in: BB 2009, S. 1266. Langenbucher, Katja: Bausteine eines Bankgesellschaftsrechts, in: ZHR 2012, S. 652 – 668. Langevoort, Donlad C.: Taming the Animal Spirits of the Stock Markets: A Behavioral Approach to Securities, in: Regulation Northwestern University Law Review 2002, S. 135 – 188. Laufhütte, Heinrich Wilhelm/Rissing-van Saan, Ruth/Tiedemann, Klaus (Hrsg.), Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, 12. Auflage, Berlin 2007. Lebherz, Axel: Emittenten-Compliance – Organisation zur Sicherstellung eines rechtskonformen Publizitätsverhaltens, Baden-Baden 2008. Lebherz, Axel: Publizitätspflichten bei der Übernahme börsennotierter Unternehmen, in: WM 2010, S. 154 – 163. Leipold, Klaus: Strafbarkeit von Unternehmen, in: NJW-Spezial 2008, S. 216 – 217. Lev, Baruch/de Villiers, Meiring: Stock Price Crashes and 10b-5 Damages, A Legal, Economic, and Policy Analysis, in: Stanford Law Review 1994, S. 7 – 37. Leyendecker-Langner, Benjamin E./Kleinhenz, Holger M.: Emittentenhaftung für Insiderwissen im Aufsichtsrat bei fehlender Selbstbefreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG, in: AG 2015, S. 72 – 77. Leyens, Patrick C.: Corporate Governance: Grundsatzfragen und Forschungsperspektiven, in: Allmendinger, Christoph/Dorn, Friederike/Lang, Thomas/Lumpp, Stephanie/Steffek, Felix (Hrsg.), Corporate Governance nach der Finanz- und Wirtschaftskrise – Vorbilder und Ziele eines modernen Wirtschaftsrechts, Tübingen 2011, S. 3 – 34. Leyens, Patrick C.: Ad-hoc-Information der Anleger: Zwischenschritte und Compliance-Vorfälle als Insiderinformation, in: ZGR 2020, S. 256 – 275. Li, Hai: Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR, Eine vergleichende Untersuchung mit chinesischem Recht, Frankfurt 2019.

Literaturverzeichnis

177

Liebscher, Thomas: Zurechnung als Rechtsproblem – Insbesondere die Problematik der zivilrechtlichen Wissenszurechnung, in: ZIP 2019, S. 1837 – 1849. Liese, Jens: Much Adoe About Nothing? oder: Ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft verpflichtet, eine Compliance-Organisation zu implementieren? in: BB-Beilage 2008, S. 17 – 22. von der Linden, Klaus: Das neue Marktmissbrauchsrecht im Überblick, in: DStR 2016, S. 1036 – 1041. Lohse, Andrea: Unternehmerisches Ermessen – Zu den Aufgaben und Pflichten von Vorstand und Aufsichtsrat, Tübingen 2005. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main 1984. Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1997. Lück, Wolfgang: Elemente eines Risiko-Managementsystems – Die Notwendigkeit eines Risiko-Managementsystems durch den Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) in: DB 1998, S. 8 – 14. Lüderssen, Klaus: Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts III, Baden-Baden 2014. Lüderssen, Klaus: Der archimedische Punkt der implikativen Unternehmensethik – Eine methodologische Fußnote, in: Lüderssen, Klaus/Volk, Klaus/Wahle, Eberhard (Hrsg.), Festschrift für Wolf Schiller zum 65. Geburtstag am 12. Januar 2014, Baden-Baden 2014, S. 474 – 492. Mahnhold, Thilo: Compliance und Arbeitsrecht- Insiderrechtliche Verhaltenskonzepte im nationalen und multinationalen Unternehmen, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2004. Makowicz, Bartosz: Integration neuer normativer, judikativer und administrativer Anforderungen in ein Compliance-Management-System, in: BB 2018, S. 556 – 560. Mandelbrot, Benoit: Forecast of Future Prices, Unbiased Markets, and Martingale Models, in: Journal of Business 1966, S. 242 – 255. Manne, Henry: Insider Trading and the Stock Market, New York, 1966. Manns, Thorsten/Schulte-Mattler, Hermann: Aufsichtsfeuerwerk Basel III und CRD IV – Antwort der Bankenaufseher auf die Finanzmarktkrise, in: WM 2010, S. 1577 – 1584. Mansdörfer, Marco: „Zuwiderhandlungen“ der „Entscheidungsträger“ und „Verletzung von Verbandspflichten“ – Dogmatische Inkonsistenzen im nordrhein-westfälischen Entwurf eines Verbandsstrafrechts, in: ZIS 2015, S. 23 – 31. Markworth, Rainer: Marktmissbrauchsverordnung und effet utile – Europarechtlich determinierte Zeitenwende im Kapitalmarktdeliktsrecht? in: ZHR 2019, S. 46 – 72. Markfort, Rainer: Verantwortung der Geschäftsleitung für Compliance – Urteil des LG München I vom 10. 12. 2013 – Az.: 5 HKO 1387/10, in: ZRFC 2014, S. 180 – 184. Marsch-Barner, Reinhard/Schäfer, Frank (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 4. Auflage, Köln 2017. Martens, Sebastian A. E.: Methodenlehre des Unionsrechts, Tübingen 2014.

178

Literaturverzeichnis

Martin, Johannes/Zimmermann, Stefan: Corporate Governance im Prinzipal-Agenten-Verhältnis, in: Allmendinger, Christoph/Dorn, Friederike/Lang, Thomas/Lumpp, Stephanie/ Steffek, Felix (Hrsg.), Corporate Governance nach der Finanz- und Wirtschaftskrise – Vorbilder und Ziele eines modernen Wirtschaftsrechts, Tübingen 2011, S. 81 – 105. Maschmann, Frank: Compliance versus Datenschutz, in: NZA-Beilage 2012, S. 50 – 58. Mayer-Uellner, Richard/Otte, Daniel: Die SE & Co. KGaA als Rechtsform kapitalmarktfinanzierter Familienunternehmen, in: NZG 2015, 737 – 743. Meier, Andreas/Veil, Rüdiger/Rönnau, Thomas: Handbuch zum Marktmissbrauchsrecht, München 2018. Meier-Greve, Daniel: Zur Unabhängigkeit des sog. Compliance Officers, in: CCZ 2010, S. 216 – 221. Mengel, Anja: Compliance und Arbeitsrecht, Implementierung, Durchsetzung, Organisation, München 2009. Mennicke, Petra: Ad-hoc-Publizität bei gestreckten Entscheidungsprozessen und die Notwendigkeit einer Befreiungsentscheidung des Emittenten, in: NZG 2009, S. 1059 – 1063. Menzies, Christof: Sarbanes-Oxley und Corporate Compliance: Nachhaltigkeit, Optimierung, Integration, München 2009. Merkner, Andreas/Sustmann, Marco/Retsch, Alexander: Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität im neuen Emittentenleitfaden der BaFin, AG 2019, S. 621 – 633. Merkner, Andreas/Sustmann, Marco/Retsch, Alexander: Reform des Marktmissbrauchsrecht: Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verschärfung des Insiderrechts, in: AG 2012, S. 315 – 324. Merkner/Sustmann/Retsch: Das neue Modul C des Emittentenleitfadens der BaFin – Auswirkungen auf die Kapitalmarktkommunikation bei M&A-Transaktionen, in: NZG 2020, S. 688 – 695. Merkt, Hanno: Unternehmenspublizität – Offenlegung von Unternehmensdaten als Korrelat der Marktteilnahme, Tübingen 2001. Merkt, Hanno: Der Syndikusanwalt und Corporate Governance, in: NJW 2014, S. 2310 – 2315. Merkt, Hanno: Compliance und Risikofrüherkennung in kleinen und mittleren Unternehmen, in: ZIP 2014, S. 1075 – 1714. Meyer, Andreas/Kiesewetter, Matthias: Rechtliche Rahmenbedingungen des Beteiligungsaufbaus im Vorfeld von Unternehmensübernahmen, in: WM 2009, S. 340 – 349. Michalke, Regina: Untreue – neue Vermögensbetreuungspflichten durch Compliance-Regeln, in: StV 2011, S. 245 – 251. Miebach, Bernhard: Organisationstheorie: Problemstellung – Modelle – Entwicklung, 2. Auflage, Wiesbaden 2012. Misterek, Robin: Insiderrechtliche Fragen bei Unternehmensübernahmen, in: Tietje, Christian/ Kraft, Gerhard/Kumpan, Christoph (Hrsg.), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 152, 2018. Mitsch, Wolfgang (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 5. Auflage, München 2018.

Literaturverzeichnis

179

Möllers, Thomas M.J.: Zur „Unverzüglichkeit“ einer Ad-hoc-Mitteilung im Kontext nationaler und europäischer Dogmatik, in: Berger, Klaus Peter/Hermann, Harald/Schlüter, Andreas/ Wackerbarth, Ulrich (Hrsg.), Zivil- und Wirtschaftsrecht im Europäischen und Globalen Kontext, Festschrift für Norbert Horn zum 70. Geburtstag, Berlin 2006, S. 473 – 489. Möllers, Thomas M.J.: Das europäische Kapitalmarktrecht im Umbruch, ZBB 2003, S. 390 – 409. Möllers, Thomas M.J.: Effizienz als Maßstab des Kapitalmarktrechts – Die Verwendung empirischer und ökonomischer Argumente, in: AcP 2008, S. 1 – 36. Möllers, Thomas M.J./Seidenschwann, Sabine: Anlegerfreundliche Auslegung des Insiderrechts durch den EuGH, in: NJW 2012, S. 2762 – 2765. Momsen, Carsten: Internal Investigations zwischen arbeitsrechtliche Mitwirkungspflicht und strafprozessualer Selbstbelastungsfreiheit, in: ZIS 2011, S. 508 – 516. Moosmayer, Klaus: Modethema oder Pflichtprogramm guter Unternehmensführung? – Zehn Thesen zu Compliance, in: NJW 2012, S. 3013 – 3017. Moosmayer, Klaus: Mut zur Compliance, in: CCZ 2015, S. 50 – 52. Mülbert, Peter O./Sajnovits, Alexander: Der Aufschub der Ad-hoc-Publizitätspflicht bei Internal Investigations, Teil I, in: WM 2017, S. 2001 – 2006. Mülbert, Peter O./Sajnovits, Alexander: Vertrauen im Finanzmarktrecht, ZfPW 2016, S. 1 – 50. Mülbert, Peter O./Sajnovits, Alexander: Der Aufschub der Ad-hoc-Publizitätspflicht bei Internal Investigations, Teil II, in: WM 2017, S. 2041 – 2047. Mülbert, Peter O./Sajnovits, Alexander: Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität im anbrechenden ESG-Zeitalter, in: WM 2020, S. 1557 – 1567. Müller, Friedrich/Christensen, Ralph: Juristische Methodik, Band I, Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis, 10. Auflage, Berlin 2009. Müller-Gugenberger, Christian/Bieneck, Klaus (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, Handbuch des Wirtschaftsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts, 6. Auflage, Köln 2015. Mues, Werner M./Eisenbeis, Ernst/Laber, Jörg (Hrsg.), Handbuch Kündigungsrecht, 2. Auflage, Köln 2010. Naumann, Klaus-Peter/ Siegel, Daniel P.: Wissensorganisation, in: ZHR 2017, S. 273 – 302. Negenborn, David: Bankgesellschaftsrecht und Sonderkonzernrecht – Der Einfluss des Aufsichtsrechts auf die interne Corporate Governance von Banken- und Versicherungsgruppen, Tübingen 2019. Neumann, Laura Sophie: Wissenszurechnung bei juristischen Personen nach der Reform der Ad-hoc-Publizität und des Insiderhandels durch die MAR, Berlin 2020. Nietsch, Michael: Geschäftsleiterermessen und Unternehmensorganisation bei der AG, in: ZGR 2015, S. 631 – 666. Nietsch, Michael/Hastenrath, Katharina: Business-Judgement bei Compliance-Entscheidungen – ein Ausweg aus der Haftungsfalle? Teil 1, in: CB 2015, S. 177 – 182.

180

Literaturverzeichnis

Nietsch, Michael: Kapitalmarkttransparenz und Marktmanipulation – Überlegungen zur Tatbestandsverwirklichung des § WPHG § 119 Abs. WPHG § 119 Absatz 1 WpHG durch Nichterfüllung kapitalmarktrechtlicher Transparenzpflichten, in: WM 2020, S. 717 – 726. Nikoleyczik, Tobias: Ad-hoc-Publizitätspflicht bei zukunftsbezogenen Sachverhalten – der Fall „Schrempp“, in: GWR 2009, S. 82 – 85. Oberender, Peter/Daumann, Frank: Verbot von Insidergeschäften im Börsenhandel?, in: ORDO 1992, S. 255 – 265. Oerke, Marc: Ad-Hoc-Mitteilungen und deutscher Aktienmarkt – Marktreaktion auf Informationen, Wiesbaden 1999. Ohrtmann, Nicola/Gimnich, Martin: Compliance – Praxishandbuch für öffentliche Unternehmen, 2. Auflage, Köln 2013. Ohrtmann, Nicola: Compliance – Anforderungen an rechtskonformes Verhalten öffentlicher Unternehmen, Köln 2009. Ott, Nicolas: Anwendungsbereich der Business Judgement Rule aus Sicht der Praxis – Unternehmerische Entscheidungen und Organisationsermessen des Vorstands, in: ZGR 2017, S. 149 – 173. Ott, Nicolas/Klein, Karen: Hindsight Bias bei der Vorstandshaftung wegen Compliance-Verstößen, in: AG 2017, S. 209 – 221. Otto, Sven-Joachim/Fonk, Christian F.: Haftung und Corporate Compliance in der öffentlichen Wirtschaft – Aspekte der Haftungsvermeidung aus Sicht kommunaler Unternehmen – in: CCZ 2012, S. 161 – 172. Paefgen, Walter: „Compliance“ als gesellschaftsrechtliche Organpflicht?, in: WM 2016, S. 433 – 444. Pahlke, Anne-Kathrin: Risikomanagement nach KonTraG – Überwachungspflichten und Haftungsrisiken für den Aufsichtsrat, in: NJW 2002, S. 1680 – 1688. Parisi, Francesco: Positive, Normative and Functional Schools in Law and Economics, in: European Journal of Law and Economics 2004, S. 259–272. Palandt, Otto (Begr.): Bürgerliches Gesetzbuch – Kommentar, 77. Auflage, München 2018. Pampel, Gunnar: Die Bedeutung von Compliance-Programmen im Kartellordnungswidrigkeitenrecht, in: BB 2007, S. 1636 – 1639. Pant, Michael: Angst ist ein schlechter Ratgeber – Anmerkungen eines langjährigen Unternehmensjuristen zur Haftung von Organmitgliedern, in: VersR 2004, S. 690 – 696. Park, Tido: Kapitalmarktrecht und Anlegerschutz, in: NStZ 2007, S. 369 – 377. Parmentier, Miriam: Ad-hoc-Publizität bei Börsengang und Aktienplatzierung, in: NZG 2007, S. 407 – 416. Parmentier, Miriam: Insiderinformation nach dem EuGH und vor der Vereinheitlichung, in: WM 2013, S. 970 – 978. Passarge, Malte: Compliance bei Unternehmen der öffentlichen Hand, in: NVwZ 2015, S. 252 – 257.

Literaturverzeichnis

181

Peemöller, Volker H. P./Reinel-Neumann, Birgit: Corporate Governance und Corporate Compliance im Akquisitionsprozess, in: BB 2009, S. 206 – 210. Pelz, Christian: We observe local law – Strafrechtskonflikte in internationalen ComplianceProgrammen, in: Thomas, Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, Baden-Baden 2013, S. 165 – 180. Picot, Arnold/Dietl, Helmut: Informations(de-)regulierung am Kapitalmarkt aus institutionenökonomischer Sicht, in: Schenk, Karl/Schmidtchen, Dieter (Hrsg.), Neue politische Ökonomie der Regulierung, Deregulierung und Privatisierung. Jahrbuch für neue politische Ökonomie, Bd. 13. Tübingen 1994, S. 113 – 138. Poelzig, Dörte: Insider- und Marktmanipulationsverbot im neuen Marktmissbrauchsrecht, in: NZG 2016, S. 528 – 538. Posner, Richard: Economic Analysis of Law, 8. Auflage 2014. Posner, Richard: Rational Choice, Behavioral Economics, and the Law, in: Stanford Law Review 1998, S. 1551 – 1575. Preußner, Joachim/Becker, Florian: Ausgestaltung von Risikomanagementsystemen durch die Geschäftsleitung – Zur Konkretisierung einer haftungsrelevanten Organisationspflicht, in: NZG 2002, S. 846 – 851. Rabin, Matthew: Psychology and Economics, in: Journal of Economic Literature 1998, S. 11 – 46. Ransiek, Andreas: Überlegungen zur strafrechtlichen Verantwortung des Unternehmensträgers, in: Kempf, Eberhard/Lüderssen, Klaus/Volk, Klaus (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht, Berlin, Boston 2012, S. 285 – 319. Rathgeber, Christian: Criminal Compliance – Kriminalpräventive Organisations- und Aufsichtspflichten am Beispiel der Wirtschaftskorruption, Baden-Baden 2012. Rau, Charlotte: Compliance und Unternehmensverantwortlichkeit – Materiellrechtliche Fragen der sanktionsrechtlichen Unternehmensverantwortlichkeit unter Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen, Frankfurt am Main 2010. Read, Collin: The Efficient MarketHypothesistsBachelier, Samuelson, Fama, Ross, Tobin, and Shiller, New York 2013. Redenius-Hövermann, Julia/Walter, Andreas: Ad-hoc-Veröffentlichungspflichten bei verbandsinternen Untersuchungen, in: ZIP 2020 1331 – 1336. Reichert, Jochem/Ott, Nicolas: Die Zuständigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat zur Aufklärung von Non Compliance in der AG, in: NZG 2014, S. 241 – 251. Renzikowski, Joachim: Notstand und Notwehr, Berlin 1994. Retsch, Alexander: Die Selbstbefreiung nach der Marktmissbrauchsverordnung, in: NZG 2016, S. 1201 – 1207. Reuter, Alexander: Schadensersatz und Bußgelder zu Lasten des Unternehmens bei Ad-hocPflichtverstößen: Ein Verstoß gegen die Grundrechte und die Treuepflicht der Aktionäre? in: NZG 2019, S. 321 – 335. Rieble, Volker: Flash-Mob – ein neues Kampfmittel? in: NZA 2008, S. 796 – 799. Rieble, Volker: Pädophile Priester und Kirchen-Compliance, in: CCZ 2010, S. 107 – 110.

182

Literaturverzeichnis

Riesenhuber, Karl: Europäische Methodenlehre – Handbuch für Ausbildung und Praxis, 3. Auflage, Berlin 2015. Risse, Jörg: Der Homo iuridicus – ein gefährliches Trugbild, in: NJW 2018, S. 2848 – 2853. Rodewald, Jörg/Unger, Ulrike: Corporate Compliance – Organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von Haftungsfällen der Geschäftsleitung, in: BB 2006, S. 113 – 117. Röhl, Klaus F./Röhl, Hans Christian: Allgemeine Rechtslehre – Ein Lehrbuch, 3. Auflage, Köln, München 2008. Rönnau, Thomas: Haftung für unterlassene Aufsicht nach § 130 OWiG und strafrechtlicher (Drittempfänger-)Verfall gemäß § 73 Abs. 3 StGB – zwei bedeutsame Bedrohungsszenarien für Unternehmen, in: ZGR 2016, S. 277 – 304. Rolf, Christian/Waskowski, Martin: Die forensische Praxis bei Kündigungen nach ComplianceVerstößen, in: CB 2014, S. 479 – 484. Roos, Alexander: Compliance defence – Kartellrechtliche Umsetzung im verfassungsrechtlichen Rahmen, Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa Wien 2015. Roth, Konrad: Kartellrechtliche Leniency Programmes und Ad-hoc-Publizität nach MAR, Baden-Baden 2021. Roth, Monika: Compliance – Begriff – Bedeutung – Beispiele, Basel 2000. Rotsch, Thomas: Criminal Compliance, in: ZIS 2010, S. 614 – 617. Rotsch, Thomas: Compliance und Strafrecht – Fragen, Bedeutung, Perspektiven – Vorbemerkungen zu einer Theorie der sogenannten „Criminal Compliance“, in: ZStW 2013, S. 481 – 498. Rotsch, Thomas (Hrsg.), Criminal Compliance Handbuch, Baden-Baden 2015. Rowedder, Heinz/Schmidt-Leithoff, Christian: Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) – Kommentar, 6. Auflage, München 2017. Roxin, Claus: Strafrecht Allgemeiner Teil, Band I, Grundlagen – Der Aufbau der Verbrechenslehre, 4. Auflage, München 2006. Roxin, Claus: Notwehr und Rechtsbewährung, in: Heger, Martin/Kelker, Brigitte/Schramm, Edward (Hrsg.), Festschrift für Kristian Kühl zum 70. Geburtstag, München 2014, S. 391 – 405. Rückert, Christian: Marktmanipulation durch Unterlassen und Bestimmtheitsprinzip, in: NStZ 2020, S. 319 – 397. Rüthers, Bernd/Fischer, Christian/Birk, Axel: Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 10. Auflage, München 2018. Säcker, Franz Jürgen: Gesellschaftsrechtliche Grenzen spekulativer Finanztermingeschäfte – Überlegungen aus Anlass der Garantieerklärung der Bundesregierung für die Hypo Real Estate-Group, in: NJW 2008, S. 3313 – 3376. Säcker, Franz Jürgen/Rixecker, Roland/Oetker, Hartmut: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Auflage, München 2013.

Literaturverzeichnis

183

Schäfer, Hans-Bernd/Ott, Claus: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Auflage 2012, Berlin, Heidelberg. Schall, Alexander: Insiderinformation und zivilrechtliche Aufklärungspflicht – Das Leitbild des Individualvertrags als neue Perspektive, in: JZ 2010, S. 392 – 397. Samuelson, Paul A.: Proof That Properly Anticipated Prices Fluctuate Randomly, in: Industrial Management Review 1965, S. 41 – 48. Schemmel, Alexander/Kirch-Heim, Claudio: „Willful Blindness“ im Wirtschaftsstrafrecht – Kann gewollte Unwissenheit vor Strafe schützen?, in: CCZ 2008, S. 96 – 100. Schimansky, Herbert/Bunte, Hermann-Josef/Lwowski, Hans Jürgen (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, Band II, 5. Auflage, München 2017. Schlieker, Beate: Compliance und Verfassung – Compliance-Maßnahmen auf dem Prüfstand von Grundrechten und verfassungsrechtlicher Ordnung, Frankfurt am Main 2015. Schmid, Martina: Europäischer Gerichtshof verschärft Ad-hoc-Pflichten bei gestreckten Sachverhalten – Anmerkung zu EuGH v. 28. 6. 2012 – C1911 C-19/11 („Geltl/Daimler“), in: BKR 2012, S. 338 – 345. Schmidt, Bernd: Compliance in Kapitalgesellschaften, Baden-Baden 2010. Schmitt-Leonardy, Charlotte: Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2013. Schneider, Dieter: Wider Insiderhandelsverbot und die Informationseffizienz des Kapitalmarkts, DB 1993, S. 1429 – 1435. Schneider, Uwe H.: Compliance als Aufgabe der Unternehmensleitung, in: ZIP 2003, S. 645 – 650. Schneider, Uwe H.: Die Personengesellschaft als herrschendes Unternehmen im Konzern – Ein Beitrag zum Konzernrecht der Personengesellschaften, in: ZHR 1979, S. 485 – 521. Schneider, Uwe H.: Die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Pflichten durch den Geschäftsführer – Zum Grundsatz der Gesamtverantwortung in der konzernfreien GmbH und im Konzern, in: Lutter, Marcus/Ulmer, Peter/Zöllner, Wolfgang (Hrsg.), Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, Köln 1992, S. 473 – 499. Schneider, Uwe H.: Die Überlagerung des Konzernrechts durch öffentlich-rechtliche Strukturnormen und Organisationspflichten – Vorüberlegungen zu „Compliance im Konzern“, in: ZGR 1996, S. 225 – 246. Schneider, Uwe H.: Ausländisches Unternehmensstrafrecht und Compliance, in: CCZ 2008, S. 18 – 19. Schneider, Uwe H./v. Buttlar, Julia: Die Führung von Insider-Verzeichnissen: Neue Compliance-Pflichten für Emittenten, in: ZIP 2004, S. 1621 – 1627. Schneider, Uwe H./Gilfrich, Uta: Die Entscheidung des Emittenten über die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht, in: BB 2007, S. 53 – 56. Schneider, Uwe H./Nowak, Claudia: Sind die Einrichtung einer Whistleblowing-Stelle und der Schutz des Whistleblowers Teil guter Corporate Compliance?, in: Hönn/Oetker/Raab (Hrsg.), Festschrift für Peter Kreutz, Köln 2010, S. 855 – 865.

184

Literaturverzeichnis

Schneider, Uwe H./Schneider, Sven H.: Compliance als Aufgabe der Konzernleitung, in: ZIP 2007, S. 2061 – 2065. Schön, Wolfgang: Die Analogie im Europäischen (Privat-)Recht, in: Grigoleit/Petersen (Hrsg.), Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, Berlin 2017, S. 147 – 180. Schönke, Adolf/Schröder, Horst (Hrsg.), Strafgesetzbuch Kommentar, 30. Auflage, München 2019. Schraud, Angélique: Compliance in der Aktiengesellschaft – Mysterium Compliance vor dem Hintergrund der Vorstands- und Aufsichtsratsverantwortung, Baden-Baden 2019. Schröder, Christian: Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, 3. Auflage, Köln 2015. Schütt, Jan-Sebastian: Europäische Marktmissbrauchsverordnung und Individualschutz, Berlin 2019. Schulze, Stephan: Das Insiderhandelsverbot nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG im Lichte der Spector- Rechtsprechung des EuGH – Zugleich Besprechung EuGH v. 23. 12. 2009 – Rs C45/08, ZIP 2010, 78 – Spector Photo Group, in: ZIP 2010, S. 609 – 613. Schulze, Stephan/Kuhnke, Michael: Insider-Compliance-Richtlinien als Baustein eines umfassenden Compliance-Konzepts in BB 2012, S. 143 – 150. Schulze, Philipp A.: Neuerungen im Kapitalmarktrecht – Europäische Regelungen zu Transparenzrichtlinie und Insiderrecht, Hamburg 2016. Schwark, Eberhard/Zimmer, Daniel: Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Auflage, München 2010. Schwedhelm, Rolf: Tax Compliance @ mehr als ein Trend? Im Spannungsfeld zwischen Haftungsvermeidung und Steueroptimierung, in: AnwBl 2009, S. 90 – 93. Schwintowski, Hans-Peter: Ökonomische Theorie des Rechts, in: JZ 1998, S. 581 – 588. Schwintowski, Hans-Peter: Die Zurechnung des Wissens von Mitgliedern des Aufsichtsrats in einem oder mehreren Unternehmen, in: ZIP 2015, S. 617 – 623. Seibt, Christoph H./Cziupka, Johannes: Rechtspflichten und Best Practices für Vorstands- und Aufsichtsratshandeln bei der Kapitalmarktrecht-Compliance, in: AG 2015, S. 93 – 109. Seibt, Christoph: Europäische Finanzmarktregulierung zu Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität, in: ZHR 2013, S. 388 – 426. Seibt, Christoph/Danwerth, Christopher: Ad-hoc-Publizitätspflichten beim Vorstandswechsel zwischen Börsenunternehmen, in: NZG 2019, S. 121 – 127. Seibt, Christoph H./Kraack, Jörg-Peter: Praxisleitfaden zum BaFin-Emittentenleitfaden Modul C – Insiderrecht und Ad hoc-Publizität, in BKR 2020, S. 313 – 320. Sengbusch, René: Die Subsidiarität der Notwehr – Zum Verhältnis von eigenhändiger Verteidigung und der Abwehr eines Angriffs durch staatliche oder private Helfer, Berlin 2008. Shefrin, Hersh: Börsenerfolg mit Behavioral Finance, Investmentpsychologie für Profis, Stuttgart 2000. Shiller, Robert J.: The Volatility of Long-Term Interest Rates and Expectations Models of the Term Structure, in: Journal of Political Economy 1979, S. 1190 – 1219.

Literaturverzeichnis

185

Shiller, Robert J.: Do Stock Prices Move Too Much to be Justified by Subsequent Changes in Dividends?, in: American Economic Review 1981, S. 421 – 436. Shiller, Robert J.: Market Volatility, Cambridge (MA), London, 1989. Shiller, Robert J.: The Use of Volatility Measures in Assessing Market Efficiency, 36 Journal of Finance 1989, S. 291 – 304. Shiller, Robert J.: Finance and the Good Society, Princeton 2012. Shleifer, Andrei: Inefficient Markets: An Introduction to Behavioral Finance, Oxford 2000. Simon, Stefan/Merkelbach, Matthias: Organisationspflichten des Vorstandes betreffend das Compliance-System – Der Neubürger-Fall – Kommentar zu LG München I v. 10. 12. 2013 – 5HK O 1387/10, AG 2014, 332, in: AG 2014, S. 318 – 321. Simons, Cornelius: (Weitere) Zweifelsfragen zur Insiderliste, in: CCZ 2017, S. 182 – 189. Siebold, Hanns Christoph: Das neue Insiderrecht, Berlin 1994. Söhner, Matthias: Praxis-Update Marktmissbrauchsverordnung: Neue Leitlinien und alte Probleme, in: BB 2017, S. 259 – 266. Sonder, Nicolas: Compliance in der öffentlichen Verwaltung – Bestandsaufnahme und Optimierungspotenziale, in: VR 2014, S. 229 – 223. Sonnenberg, Sebastian: Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen (§ 130 OWiG) – unter besonderer Berücksichtigung der Notwendigkeit und Ausgestaltung eines kriminalitätspräventiven Compliance-Systems, Hamburg 2014. Sonnenberg, Thomas: Compliance-Systeme in Unternehmen – Einrichtung, Ausgestaltung und praktische Herausforderungen, in: JuS 2017, S. 917 – 922. Spatz, Julian: Die Insiderinformation bei Unvorhersehbarkeit der Richtung der Kursauswirkung, Berlin 2019. Spindler, Gerald: Unternehmensorganisationspflichten, Köln, Berlin, Bonn, München 2001. Spindler, Gerald: Compliance in der multinationalen Bankengruppe, in: WM 2008, S. 905 – 918. Spindler, Gerald/Stilz, Eberhard (Hrsg.), Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage, München 2019. Spindler, Gerald/Speier, Torben: Die neue Ad-hoc-Publizität im Konzern, in: BB 2005, S. 2031 – 2035. Spindler, Gerald: Von der Früherkennung von Risiken zum umfassenden Risikomanagement – zum Wandel des § 91 AktG unter europäischem Einfluss, in: Kindler, Peter/Koch, Jens/ Ulmer, Peter/Winter, Martin (Hrsg.), Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, München 2010, S. 985 – 998. von Staudinger, Julius (Begr.): Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetz, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 830 – 838 (Unerlaubte Handlungen 3) 16. Auflage, Berlin 2012. Steinhauer, Carsten: Der Börsenpreis als Bewertungsgrundlage für den Abfindungsanspruch von Aktionären – Finanztheoretischer Hintergrund einer möglichen Trendwende in der gesellschaftsrechtlichen Praxis, in: AG 2019, S. 299 – 308.

186

Literaturverzeichnis

Steinrück, Philipp: Das Interesse des Kapitalmarkts am Aufschub der Ad-hoc-Publizität – Eine Studie zu Art. 17 Abs. 4 MAR, Tübingen 2018. Stober, Rolf: Compliance in der öffentlichen Verwaltung und in öffentlichen Unternehmen, in: Curti, Henning/Effertz, Tobias (Hrsg.), Die ökonomische Analyse des Rechts – Entwicklung und Perspektive einer interdisziplinären Wissenschaft – Festschrift für Michael Adams, Frankfurt am Main 2013, S. 85 – 121 Stout, Lynn A.: The Mechanisms of Market Inefficiency: An Introduction to New Finance, in: Journal of Corporation Law 2003, S. 635 – 669. Strieder, Thomas: Bilanzrecht – Erweiterung der Lageberichterstattung nach dem BilMoG, in: BB 2009, S. 1002 – 1006. Sydow, Gernot (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, Handkommentar, Kommentar, 2. Auflage, Baden-Baden 2018. Szesny, André-M./Kuthe, Thorsten (Hrsg.), Kapitalmarkt Compliance, Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg 2014. Taschke, Jürgen: Verteidigung von Unternehmen – Die wirtschaftsstrafrechtliche Unternehmensberatung, in: StV 2007, S. 495 – 500. Taschke, Jürgen: Die Verteidigung von Unternehmen – Ein neuer Typus von Strafverteidigung, in: Hassemer, Winfried/Kempf, Eberhard/Moccia, Sergio (Hrsg.), In dubio pro libertate – Festschrift für Klaus Volk zum 65. Geburtstag, München 2009, S. 801 – 811. Taschke, Jürgen: Zur Entwicklung der Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen in der Bundesrepublik Deutschland – Teil 3: Auf dem Weg zur Privatisierung der Strafverfolgung, in: NZWiSt 2012, S. 89 – 94. Taschke, Jürgen: „Interne Untersuchungen“ in internationalen Konzernen – rechtliche und tatsächliche Probleme, in: Thomas, Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, Baden-Baden 2013, S. 65 – 76. Taupitz, Jochen: Ökonomische Analyse und Haftungsrecht – Eine Zwischenbilanz, in: AcP 1996, S. 114 – 167. Thaten, Marlen: Die Ausstrahlung des Aufsichts- auf das Aktienrecht am Beispiel der Corporate Governance von Banken und Versicherungen, Berlin 2016. Theile, Hans: Unternehmensrichtlinien – Ein Beitrag zur Prävention von Wirtschaftskriminalität?, in: ZIS 2008, S. 406 – 418. Thelen, Martin: Schlechte Post in eigener Sache: Die Pflicht des Emittenten zur Ad-hocMitteilung potentieller Gesetzesverstöße, in: ZHR 2018, S. 62 – 95. Thomale, Chris: Der gespaltene Emittent, Tübingen 2018. Thomale, Chris: Kapitalmarktinformationshaftung ohne Vorstandswissen, in: NZG 2018, S. 1007 – 1013. Többens, Hans W.: Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch die Troika der §§ 9, 130 und 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, in: NStZ 1999, S. 1 – 8. Tröger, Tobias/Scheibenpflug, Philipp: Zum Nutzen der Rechtsökonomik für die Rechtswissenschaft, in: Ad Legendum 2017, S. 273 – 280. Uller, Frederik: Immaterielle Vermögenswerte und Ad-hoc-Publizität, Berlin 2018.

Literaturverzeichnis

187

Vaupel, Christoph F./Oppenauer, Li Alena: Zur Strafbarkeit eines unterlassenen, verspäteten oder verfrühten Aufschubs von der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht – Genauer Zeitpunkt des Entstehens der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht, in: AG 2019, S. 502 – 515. Veil, Rüdiger: Die Ad-hoc-Publizitätshaftung im System kapitalmarktrechtlicher Informationshaftung, in: ZHR 2003, S. 365 – 402. Veil, Rüdiger: Sanktionsrisiken für Emittenten und Geschäftsleiter im Kapitalmarktrecht, in: ZGR 2016, S. 305 – 328. Veith, Alexander: Die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 III WpHG, in: NZG 2005, S. 254 – 259. Vetter, Jochen/Engel, Daniel/Lauterbach, Theresa: Zwischenschritte als ad-hoc-veröffentlichungspflichtige Insiderinformation, in: AG 2019, S. 160 – 169 Voet van Vormizeele, Philipp: Kartellrechtliche Compliance-Programme im Rahmen der Bußgeldbemessung de lege lata und de lege ferenda, in: CCZ 2009, S. 41 – 49. Wabnitz, Heinz-Bernd/Janovsky, Thomas (Hrsg.), Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Auflage, München 2014. Wachter, Thomas (Hrsg.), Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, Köln 2018. Wagner, Waldemar: Nichtlineare Zeitreihenanalyse als neue Methode für Eventstudien – Eine empirische Studie am Beispiel der Ergebnismeldungen von NASDAQ-Unternehmen, Wiesbaden 2019. Waldecker, Patrick: Ad-hoc-Pflichten im deutschen Profifußball, Baden-Baden 2021. Walden, Daniel: Corporate Social Responsibility: Rechte, Pflichten und Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat, in: NZG 2020, S. 50 – 60. Waldhausen, Stephan: Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache – Eine Untersuchung zu § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG unter Berücksichtigung der Ad-hoc-publizität im Vereinigten Königreich, Baden-Baden 2002. Walla, Fabian/Knierbein, Michael: „State of the Art“-Compliance für Emittenten im Zeitalter der MAR – Freiwillige Instrumente der Kapitalmarkt-Compliance und ihre Funktion, in: WM 2018, S. 2349 – 2354. Walther, Alex/Morner, Michèle: Thesen zur Zukunft wertschaffender Corporate Governance, in: Der Aufsichtsrat 2014, S. 38 – 40. Waschkowski, Boris: Insiderhandel nach der Marktmissbrauchsverordnung – Eine kritische Betrachtung der Reform des Insiderrechts, Berlin 2019. Weber, Klaus-Peter: Insiderrecht und Kapitalmarktschutz, Berlin 1999. Weber, Martin: Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts in 2016/2017, in: NJW 2017, S. 991 – 996. Weber, Ulf Andreas: Das neue deutsche Insiderrecht, in: BB 1995, S. 157 – 166. Weber-Rey, Daniela: Gesellschafts- und aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Unternehmensorganisation, in: AG 2008, S. 345 – 359.

188

Literaturverzeichnis

Weber-Rey, Daniela: Ausstrahlungen des Aufsichtsrechts (insbesondere für Banken und Versicherungen) auf das Aktienrecht – oder die Infiltration von Regelungssätzen?, in: ZGR 2010, S. 543 – 590. Weber-Rey, Daniela: Festung Unternehmen oder System von Schlüsselfunktionen – ein Diskussionsbeitrag zum Thema Risiko, Haftung und Unternehmensstrafrecht, in: Kempf, Eberhard/Lüderssen, Klaus/Volk, Klaus (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht, Berlin, Boston 2012, S. 321 – 311. Weckert, Hans-Kurt: Bedeutung der Betriebskriminalität in der Wirtschaft, in: Deutsche Kriminologische Gesellschaft e. V. (Hrsg.), Betriebskriminalität, Hamburg 1976, S. 7 – 16. Wehnert, Anne: Die US-amerikanischen Richtlinien zur Strafverfolgung von Unternehmen – Ein importiertes Schrecknis auf dem Rückmarsch, in: NJW 2009, S. 1190 – 1193. Weiß, Wolfgang: Selbstregulierung der Wirtschaft – noch sinnvoll nach der Finanzkrise, in: Der Staat 2014, S. 555 – 575. Wendel, Heiko: Kapitalmarkt Compliance in der Praxis Anforderungen an die Organisation in börsennotierten Unternehmen zur Erfüllung insiderrechtlicher Pflichten, in: CCZ 2008, S. 41 – 49. Werner, Kai: Ein Publizitätskonzept – Marktteilnehmer- und Marktfunktionsschutz als Parameter einer konzeptionellen Integration von Publizitätspflichten börsennotierter Unternehmen, Berlin 2011. Widder, Stefan: Befreiung von der Ad-hoc-Publizität ohne Selbstbefreiungsbeschluss? in: BB 2009, S. 967 – 972. Wiedemann, Herbert: Verantwortung in der Gesellschaft – Gedanken zur Haftung der Geschäftsleiter und der Gesellschafter in der Kapitalgesellschaft, in: ZGR 2011, S. 183 – 217. Wied-Nebbeling, Susanne/Schott, Helmut: Grundlagen der Mikroökonomik, 4. Auflage, Berlin, Heidelberg 2007. Wieland, Josef: Unternehmensethik und Compliance Management – Zwei Seiten einer Medaille, in: CCZ 2008, S. 15 – 17. Wilken, Oliver/ Hagemann, Sebastian: Compliance-Verstöße und Insiderrecht, in: BB 2016, S. 67 – 74. Winter, Jan-Felix: Der nach den §§ 97 und 98 WpHG zu ersetzende Schaden, Berlin 2019. Winter, Martin: Die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats für „Corporate Compliance“, in: Kindler, Peter/Koch, Jens/Ulmer, Peter/Winter, Martin (Hrsg.), Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, München 2010, S. 1103 – 1127. Wuttke, Inken: Straftäter im Betrieb, München 2010. Zetzsche, Dirk: Aktionärsinformation in der börsennotierten Aktiengesellschaft, Köln 2006. Ziemons, Hildegard: Neuerungen im Insiderrecht und bei der Ad-hoc-Publizität durch die Marktmissbrauchsrichtlinie und das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, in: NZG 2004, S. 537 – 543. Zimmermann, Martin: Kartellrechtliche Bußgelder gegen Aktiengesellschaft und Vorstand: Rückgriffmöglichkeiten, Schadensumfang und Verjährung, in: WM 2008, S. 433 – 442. Zippelius, Reinhold: Juristische Methodenlehre, 11. Auflage, München 2012.

Literaturverzeichnis

189

Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, Köln 2010. Zöllter-Petzoldt, Irka/Höhling, Norman: Die Annahme von Aktienoptionen als Directors‘ Dealings, in: NZG 2018, 687 – 691. Zöllter-Petzoldt, Irka: Das Modul C des Emittentenleitfadens der BaFin – Neues zu Insiderinformationen, Ad-hoc-Veröffentlichungen und Managers’ Transactions, in: BKR 2020, S. 272 – 276.

Sachverzeichnis Ad-hoc-Compliance 9, 23, 25 – 27, 33, 67, 70, 91, 93 f., 96, 100, 102, 104, 110, 114 – 118, 127, 140, 142, 144 – 147, 151, 154, 156, 158 f. Ad-hoc-Komitee 104, 108, 132, 148 – 152 Ad-hoc-Leitfaden 145 – 147, 155 f., 158 Ad-hoc-Publikationspflicht 9, 26, 33, 51, 67, 71, 74, 81, 89, 96, 98, 102, 104, 107 f., 110, 112 – 119, 122, 124, 131 f., 140 f., 143 f., 146 f., 156 f., 159 Ad-hoc-Publizitätspflicht 23 f., 67 – 71, 73 f., 80 f., 83, 88, 96 – 100, 103 – 110, 114 – 117, 119 f., 122, 125, 128, 131, 140 – 142, 146, 157 Business Judgement Rule 65, 157

41, 53 – 58, 60,

Compliance-Abteilung 96 Compliance-Begriff 27, 32 Compliance-Management-System 33, 39 f., 42 – 49, 51 – 66, 102, 156 – 157 Compliance-Maßnahmen 23, 25 f., 28, 38, 52, 55 – 58, 65, 144 f., 154 Compliance-Risikoanalyse 55, 60, 65, 157 Compliance-Struktur 23, 25 – 27, 33, 37, 46, 64, 67, 93 f., 96, 102, 104, 110, 114, 116 – 118, 127, 140, 142, 144 f., 151, 159 Corporate Governance 28 f., 43, 51, 58 Emittenten 9, 23 – 26, 29, 33, 43, 47, 51, 60, 67, 73 – 75, 80 f., 83 – 85, 87, 91 – 104,

106 f., 109 f., 112 – 118, 124, 126 – 134, 137 – 143, 146 – 152, 154 – 158 Erhebliche Kursrelevanz 75, 78, 82, 84, 86, 88 Informationsorganisationspflichten 23, 104 f., 116 – 118, 122, 127, 130 f., 142 f., 146, 158 Insiderhandel 68, 70, 84, 89, 91, 95 f., 108, 113, 118 – 121, 123 – 125, 128, 130, 140, 146 f., 156 Insiderhandelsverbot 26, 67 – 71, 73 – 75, 80 f., 83, 88 – 90, 92, 96 f., 102, 114, 123, 125, 135, 155 Insiderinformation 24, 68, 71 – 76, 78 – 82, 86 – 91, 93, 96 f., 100 f., 104 – 109, 113 – 116, 120, 126, 133 – 139, 141 – 143, 146 f., 150 – 154, 157 f. Kapitalmarktaufsichtsrecht 9, 32, 51, 73, 118 f., 122, 125 Kapitalmarkteffizienzhypothese 123 – 127 Kursbeeinflussungspotenzial 78, 83 f., 149 Legalitätskontrollpflicht 33 – 42, 48, 54 f., 58 – 61, 65 f., 142, 157, 160 Organisationsverschulden 62, 64 Vertraulichkeitsbereiche Wissensorganisation

31, 37 – 39, 94 f.

109 f., 116