Abhandlungen und Aufsätze: Zweiter Band [2]

Die Idole der Selbsterkenntnis Versuche einer Philosophie des Lebens Die Psychologie der sogennanten Rentenhysterie und

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Abhandlungen und Aufsätze: Zweiter Band [2]

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ALOYS BAUER BUCHHANDLUNG SCHREIBWAAREN

COCHEMVMOSEL

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Special

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'The search for truth even unto

In

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innermost parts'

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25th Anniversary of

Dr. and Mrs. Melvin L. Afremow The

Gift of

Mrs. Walter

E

.Ehr man

Brandeis University National

Women's Committee

ABHANDLUNGEN UND AUFSÄTZE VON

MAX SCHELER ZWEITER

BAJNfD

^9^5 VERLAG DER WEISSEN BÜCHER LEIPZIG

^

H'^

COPYRIGHT

1915

BY VERLAG DER WEISSEN BÜCHER,

LEIPZIG

INHALT DES ZWEITEN BANDES Seite

Die Idole der Selbsterkenntnis

3

Versuche einer Philosophie des Lebens

169

Die Psychologie der sogenannten Rentenhysterie

und der rechte Kampf gegen das Übel

Zum

.

.

.

Sinn der Frauenbewegung

263

Der Bourgeois Der Bourgeois und

293 die religiösen

Die Zukunft des Kapitalismus

2o3862

229

Mächte

....

335 381

DIE IDOLE DER SELBSTERKENNTNIS.

DIE IDOLE DER SELBSTERKENNTNIS. Vorbemerkung.

FRANZ Bacon schickte dem Teile Organen, in

dem

er die positive

seines

Novum

Methodik der

Erforschung der äußeren Natur entwickelte, ein negatives Lehrstück voraus, seine Lehre

von den

Der »getrübte Spiegel« unseres Verstandes meint

er



Idolen.

sollte

durch Kenntnis von natürlichen Nei-

gungen zu Täuschung und Irrtum und durch luten

Kampf

was Bacon



gegen

sie gereinigt

für die

Sphäre der

mung unternahm,

reso-

Eben das, äußeren Wahrneh-

werden.

im Folgenden für die Sphäre der inneren und Selbstwahrnehmung versucht werden. Es gibt vielleicht nichts, was für alle Art von Erkenntnis der seelischen Welt ein so prinzipielles Hindernis darstellt, als die von vielen Forschern und Philosophen der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit angenommene Meinung, daß innere Wahrnehmung im Gegensatze zur äußeren Wahr-

nehmung

soll

der Natur nicht täuschen könne, ja daß

und adäquatem Wissen von den Erlebnissen zusammenfielen.

hier die Erlebnisse selbst mit evidentem

Diese von Descartes

stammende Lehre von einem

Evidenzvorzug der inneren Wahrnehmung vor der äußeren, die eine der Grundlagen alles philosophischen subjektiven

Idealismus

gleichzeitig eine der

und Egocentrismus

ist,



Grundlagen jener falschen Art

der Selbstgewißheit, die

im Verlaufe

des Aufbaues

unserer Kultur insbesondere der Protestantismus zu einer berechtigten menschlichen

suchte,

und

die für viele

Haltung zu machen

zum Stützpunkt

für einen

maßlosen Negativismus und Kritizismus gegen

alles

ist,

ihrer

Sein außerhalb des Ichs — Gott, Natur und objektive Kultur — geworden wird in Folgendem

vermeintlichen Stützen beraubt werden.

Im Gegen-

und Agnostizismus darf eine auf das Verfahren der phänomenologischen Wesensschau gegründete Philosophie behaupten, daß absolutes Sein in jeder Sphäre der Außen- und Innenwelt evident und adäquat erkennbar ist und alle faktische Geschiedenheit und Getrenntheit unseres Geistes von diesem Sein nicht satze zu allem sogen. »Phänomenalismus«

in einer unabänderlichen Konstitution des erkennen-

den Geistes, sondern nur in prinzipiell überwindbaren Schwächen und Neigungen der menschlichen

Natur beruht.

Aber gerade wenn

die

phänome-

nologische Philosophie diesen Grundsatz, der die Meta-

physik und mit ihr ein, absoluten Gegebenheiten zugewandtes Sein und Leben wieder in seine alten

Rechte erhebt, erweisen zu können meint, so

ist es

Formen der Abgesperrtheit des Menschen (und des Menschen unserer Tage im besonderen), desgleichen die Gründe und Motive aller möglichen Täuschungsrichtungen im Blick auf Gott, die Außendinge und sich selbst eingehend und genau zu erforschen. Es gibt aber für sie doppelt geboten, die vielartigen

gegenwärtig keines dieser Absperrungssysteme des

Menschen von den Sachen, das von ihm Besitz ergriffen hätte als

ihm und

seiner Seele

liegt.

tiefer

und stärker

jenes, das

zwischen

Die Lehre und der

Glaube an die Untäuschbarkeit der inneren Wahrnehmung drückt diesem Elende auch noch den Charakter eines auf.

Zustandes mit »gutem Gewissen«

Und damit hemmt

er

eben

am

stärksten den

Blick des Menschen in seine wahre Tiefe.

Aber auch als Beitrag zur Täuschungslehre überhaupt darf das Nachfolgende Verständnis erbitten. Der Begriff der »Täuschung« muß in einer Philosophie, die ihre Endergebnisse nicht rationeller Konstruktion verdanken will, sondern einem, dem puren Was (»Wesen«) der Welt zugewandten anschauenden Verhalten, eine ähnlich zentrale Rolle spielen wie

der

Begriff

des

»Irrtums«

in

den

Systemen des

Rationalismus. Ja, während die rationalistische Philosophie alle Täuschungen auf Irrtümer des Urteils

und

Schließens,

schließlich aber

sogar das

Wesen

der Täuschung auf das des Irrtums zurückzuführen suchte, wird sich für die intuitive Philosophie zei-

gen, daß alle Irrtümer durch sind, ja

Täuschungen fundiert

daß der Irrtum selbst noch (seinem Wesen

nach) ein Grenzfall der Täuschung einer gewissen Art, nämlich eine Reflexionstäuschung

ist,

die sich

beim Hinsehen auf die Ergebnisse unserer Denkakte Sowenig aber wie der philosophische einstellt^). Rationalismus, vermag der sensualistische Empirismus das Wesen der Täuschung zu verstehen. Die Täuschung hat in keiner ihrer Arten etwas mit dem puren Empfindungsmaterial zu tun, auf das

Phantom aufbaut. Beides Wahrnehmungstäuschung kurz gezeigt. ihr Objekt, das

sei

sich

an der

Das gesamte Feld der Wahrnehmungstäuschungen (und zwar der inneren und äußeren Wahrnehmung) hat seine Lage gleichsam zwischen dem eigentlichen Denken, der Urteils- und Schlußsphäre und den puren »Empfindungen«, die immer nur da oder nicht da sein können,

desgl. in

normaler

oder anormaler Weise da oder nicht da, die wohl ein

Anlaß zum Zustandekommen

sein können,

nie

aber

als

einer

solche

Täuschung

dasjenige

sein

können, worin die Täuschung und ihr Phantom bestehen.

Würde

gäbe in sensu

^)

der bekannte Satz des Aristoteles, es

stricto keine

»Sinnestäuschungen«, nur

Die ganze Bedeutung, welche

der Begriff der Täuschung für

demnächst M. Niemeyer (Halle a.d. S.) erscheinenden Arbeit: ,, Phänomenologie und Erkenntnistheorie", genauer auseinandergesetzt. die phänomenologische Philosophie gewinnt, ist in meiner

bei

8

Gesagte meinen oder der gleichsinnige

eben

das

die Sinne

Satz,

könnten

als solche

weder täuschen

wäre er zu unterschreiben. Da aber Aristoteles die Folgerung daraus zieht, daß eben darum alle Täuschungen nur irrige Urteile seien,

noch

irren, so

nur eben solche Urteile, die sich durch ihre Unmittelbarkeit von sonstigen

Irrtümern

(die

z.

B.

durch falsches Schließen irrig sind) unterscheiden,

damit auch schon angezeigt, daß sein Satz falsch ist. Das Wesen der Täuschung ist eben der so ist

Tatbestand, daß anschaulich Etwas »gegeben« (also

auch für

ja selbst

alle

ist

möglichen Urteile und Schlüsse,

bloßen »Annahmen« gegeben), was »selbst

darum hat die Täuschung mit »wahr« ganz und gar der Satz- und Urteilssphäre angehören, prinzipiell Nichts zu tun. Denn nicht da

und

ist«;

»falsch«, die

dem Gegebenen angemessen, so ist es »wahr«, und es ist »falsch«, wenn es ihm widerstreitet. »Der Mond (als Sehding) ist eine goldene Scheibe ist

am

das Urteil

Nachthimmel,«

ist

— für

eine gewisse Stufe der

Daseinsrelativität des Gegenstandes los

wahrer Satz und

dies



ein zweifel-

ganz gleichgültig, wie

A

und B ihn (je nach Standort) sehen oder ob C blind ist und ihn überhaupt nicht sieht, oder ob D vermöge einer Farbenblindheit oder einer Einengung seines Gesichtsfeldes ihn anders sieht, als der Nor-

male.

das

Daß

ist

der Normale ihn als solche Scheibe sieht,

eine Folge nur davon,

daß

er

eine solche

Scheibe

ist.

Es

»Ich sehe den

ist also

Mond

als

nicht so, daß nur der Satz:

goldene Scheibe« ein wahrer

Satz wäre, nicht aber der Satz: »Der solche

Scheibe«^).

Desgleichen

und

illusionierten

halluzinierten

und unrichtig

Mond

ist

kann über

eine

einen

Gegenstand richtig

und der Satz kann je nach seiner Angemessenheit an das Phantom »wahr« oder »falsch« sein. Der Unterschied von Wahrnehmungstäuschung und evidenter Wahrneh-

mung

ist

geurteilt werden,

wohl

Unterschied

ein

des

Erkenntnis-

wertes im Wissen, Kennen, Erkennen, hat aber mit

dem

Unterschied von »wahr« und »falsch« so wenig

zu tun, daß ein Wesen, das sich nie in seiner Wahr-

nehmung

täuschte, doch gleichzeitig in lauter irrigen

und umgekehrt ein Wesen, das in lauter Täuschungen lebte, fähig wäre, über alle von ihm vorgestellten Phantome wahre und richtige Urteile zu fällen^). Nicht minder scharf muß die Täuschung von einem anderen Maßstab, der gleichfalls ein Maßstab des bloßen Wissens, Kennens, Erkennens ist, aber ebensowenig mit wahr und falsch und mit Irrtum und rechtem Denken zu tun hat, geschieden werden: Ich meine den Maßstab der AdäUrteilen befangen sein könnte

^)

Eine Täuschung wird die

scheibe« erst,

dem *)

wenn

dieser

betrachtenden Menschen in der

wenn der

als

der »goldenen

Mond-

daseinsabsolut gegenüber

Wahrnehmung gegeben den

ist.

aussagen, »wahr«

ist;

daß der Satz dem Sachverhalt angemessen

ist,

Urteile sind richtig,

dies hat zur Folge,

über den des Urteil ergeht.

10

Wahrnehmung

Gegenstand

Satz,

sie

quation oder Inadäquation der Wahrnehmung.

wenig

und

es

möghch

falsch

(so

ist,

wie

So

den Unterschied von wahr

es

Spinoza

z.

B. wollte)

auf

Stufen der Adäquation einer intuitiven Erkenntnis

zurückzuführen, so wenig auch die »Täuschung«

und ihren Gegensatz

die »Selbstgegebenheit«.

»Adä-

quatio« bedeutet die Fülle dessen, was uns in einem Akte der Wahrnehmung (oder Vorstellung usw.) von einem Gegenstand gegeben ist. Sie ist von bloßer »Vollständigkeit« einer durch Wahrnehmung erfolgten Kenntnis einer Sache unterschieden, die nur auf die Menge der möglichen Seiten - Merkmale, Eigenschaften geht, die in eine Mehrheit von möglichen Wahrnehmungen der Sache eingehen können. Nun schließt aber eine Täuschung durchaus nicht in sich ein, daß, sei es weniger, Merkmale der wahrgenommenen Sache gegeben seien, als in einer die Sache treffenden Wahrnehmung; sei es daß der einzelne Wahrnehmungsakt weniger adäquat sei, als in diesem letzten Fall. Wer eine Wachsfigur für eine Dame hält, der kann durchaus alle Merkmale der Wachsfigur (oder beliebig viele) erfaßt haben nur daß sie ihm eben als Merkmale der Dame gelten; er



kann auch

jedes

quation besitzen.

Merkmal in beliebig großer AdäDie Täuschung hebt sich auch

dadurch von der Adäquationsstufe scharf ab, daß sie gegenüber der kontinuierlichen Steigerung und

Abnahme

der letzteren

stets

sprunghaft

einsetzt

11

(wenn

auch gleich

sie

ihrerseits

wieder größer und

damit die Abgrenzung der Wahrnehmungstäuschungnach oben (gegen die Denkkleiner sein kann).

Ist

sphäre hin) generell vollzogen, so

gilt

für ihre Ab-

grenzung nach unten hin, daß sich eine Wahrneh-

mungstäuschung zwar auf Seh- und Hörtäuschungen usw. aufbauen kann, niemals aber eine solche ist. Andererseits

auch Seh- und Hörtäuschungen

sind

echte Täuschungen

;

sie

sind also gleichfalls

von dem

Bestände des Empfindungsmaterials (sowie seiner normalen oder anormalen Herkunft) ganz verschieden.

Man

scheidet

die

also

echten Wahrnehmungstäu-

schungen von den bloßen (echten) Sinnestäuschungen.

Daß

z.

B. der halb im Wasser liegende Stab als ge-

brochen erscheint,

ist

keine »echte«

Wahrnehmungs-

täuschung, sondern eine (normale) Sinnestäuschung

und

zwar

eine

das Sehding Stab

physikalisch bedingte. ist

Denn nur

gebrochen, nicht das haptische

Das Empfindungsmaterial ist dabei sowohl beim Sehding als beim haptischen Stabding ein streng normales. Denn die Täuschung ist Stabding.



physikalisch

Ebenso

ist

das

durch Lichtbrechung



bedingt.

Größersein der Vertikalen gegen-

über der Horizontalen im Sehding eines gezeichneten

oder

aus

feinen

Stäben verfertigten

Qua-

drats eine optische Sinnestäuschung, aber hier eine

physiologisch bedingte.

Quadrats 12

um

Denn nach Umdrehung

des

einen rechten Winkel wird die als

und die andere Dagegen liegt eine echte Wahrnehmungstäuschung z. B. überall da vor, wo verschiedene gesehene

größer

Strecke

kleiner

größer.

Sinnesfunktionen gleichzeitig oder sukzessiv eben diejenigen Sinnesinhalte geben, welche der Täuschungs-

gegenstand,

Phantom und

das

heit erwarten läßt.

Dies

halluzinierter Stuhl auch,

am Fuße angefaßt

ist z.

seine

Beschaffen-

B. der Fall,

wo

ein

wenn

wird, den

er an der Lehne oder Form- und Tasteindruck

einer Stuhllehne oder eines

Stuhlfußes vermittelt.

Hier nehmen wir ja nicht etwas objektiv Nichtexistierendes

darum wahr,

optische oder

weil wir eine, sei es primär

haptische Täuschung

erleben,

son-

dern wir erleben eine solche optische oder haptische

Sinnestäuschung darum, weil wir ein solch Nicht-

wahrnehmend vor uns zu haben meinen. Innerhalb der Breite des Normalen existierendes wie einen Stuhl

sind in einem gewissen Sinne auch die

bekannten Bur-

mesterschen Täuschungen Wahrnehmungstäuschungen,

obgleich hier die Täuschungsgegenstände für

den Tastsinn nicht wie im obigen Falle beharren.

Was

also auf

täuschung, wie

den sie

Namen

einer

Wahrnehmungs-

beispielsweise die echte Hallu-

Anspruch hat, das sind alle anormalen Empfindungen wie z. B. die entoptischen Farbenempfindungen, die sog. »sekundären« Empfindungen, die verschiedenartigen Nachbilder und Analoges. Gewiß können sie zum Stoff zination

darstellt,

gar keinen

13

von Täuschungen werden, insbesondere wenn sie jenseits der Breite des Normalen liegen; aber dies prinzipiell nicht anders wie alle Empfindungen, auch die normalen. Auch für die echtesten Halluzinationen andererseits pflegt irgend welcher findungsstoff zu

existieren,



schwierig es

so

einzelnen Falle sein mag, ihn aufzudecken

etwa nur für die Illusionen.

Es

Empim

— nicht

keine aus-

gibt

schließlich zentral bedingte Halluzination, d. h. eine

irgendeinen

solche,

die

nicht

prozeß

zur

Mitbedingung hätte

Umwegen immer,

zentrifugalen



auf

Reiz-

welchen

eventuell auch über die zentrale

Sphäre hinweg jene zentrifugale Reizung zustande

kommen mag. Im Folgenden

sei

die Täuschungslehre nur soweit

um

Täuschungen über seelische Erlebnisse handelt; und auch hier nur soausgeführt, als es sich

weit,

vornehmlichen Täuschungsrichtungen

als die

der inneren

Wahrnehmung

in Frage

kommen. Eine

Erweiterung der Betrachtung über die Sphäre der

Täuschungen überhaupt, gibt neuerdings das an unsere Ausführungen anknüpfende Buch von H. Leyendecker »Zur Phänomenologie der Täuschungen« :

(I. Teil),

Halle 1913.

Es gibt ein dreifaches Interesse, das man an den Täuschungen über seelische Vorgänge so wollen



wir

zunächst

das

schungen« verstehen 14

vieldeutige

Wort

— nehmen kann.

»Selbsttäu-

Einmal das

Phänomenologen und Erkenntnistheoretikers, der zu sagen hat, was denn eine solche Täuschung im Unterschiede von einem Irrtum ist. Interesse

des

Die unmittelbar gegebenen Tatsachen des seelischen Seins, ihre Erkenntnisart sowie die Stufen, in

denen

angeschaut, wahrgenommen, bemerkt, beachtet

sie

und

schließlich

in

Urteilen

bestimmt Diese Aufgabe ge-

begrifflich

werden, sind hier aufzuweisen.

hört nicht zur Psychologie, sondern zur Theorie der

Erkenntnis des Psychischen, die analog

vorhergeht

erkenntnis Interesse

der des

wie

Theorie

die

er

das

Täuschungen den Mechanismus

Drittens

darlegt.

esse des Psychopathologen,

Natur-

der die

zu »erklären« sucht, indem ihrer Verwirklichung

der

Zweitens

Naturwissenschaft.

Psychologen,

Psychologie

aller

das Inter-

für den es wichtig

ist,

zu wissen, welche seelischen Funktionen es sind, die bei den nicht

normalen Selbsttäuschungen die Störung

oder den Ausfall erlitten; ob dies bei den verschiedenen Arten, Halluzinationen und Illusionen z. B.,

schon das pure Empfindungsmaterial

ist,

oder die

Funktion der Wahrnehmung und ihre Teilfunktionen, oder die mit deren Gehalt verschmelzenden Elemente des Sinnengedächtnisses oder

die

dazu

tretenden

reproduzierten Vorstellungen, oder erst die im Urteil liegende Funktion des

Es

muß

Behauptens und Glaubens.

analog für ihn von Interesse sein, zu wissen,

welche Stufen der Einbildung

z.

B. eines Schmerzes 15

dem

es gibt,

wie etwa

objektiv

Schmerz gegeben ist. ist und was nicht, der mit der Unfallgesetzgebung verbundenen

hysterischen Patienten sein

gegründeter

nicht

Die Streitigkeiten, was Simulation z.

B. bei

traumatischen Neurose^), lassen sich nur schlichten,

wenn

es eine tiefer fundierte

täuschungen

gibt,

die

wegs zusammenfällt. logischen

Die Aufhebung von patho-

Selbsttäuschungen durch den Arzt oder

den Erzieher hängt mit

Funktionen

denn

Morphologie der Selbst-

mit ihrer Erklärung keines-

der

eines

Seelenvorgangs

zusammen.

jeweilig gestört sind, aufs engste

Ein noch weit esse scheint

tieferes

mir daher

und

für

prinzipielleres

!in

Inter-

den Psychotherapeuten

mit unserer Frage verknüpft zu Ich sehe

welche

der Erkenntnis,

Erfassung

sein.

den gegenwärtigen psychotherapeu-

tischen Bestrebungen zwei Auffassungen des Zieles jeglicher

psychotherapeutischen

Hilfeleistung mit-

einander ringen, die sich ausschließen und auf grund-

verschiedene theoretische Seelenleben

zurückgehen.

fassungen könnte

man

Vorstellungen

Die

erste

bezeichnen

über das

dieser

als die des

Aufpsy-

chischen Chirurgen. Hiernach bedeutet Psychotherapie einen irgendwie zu

kausalen

Ablauf

der

machenden psychischen

Patienten mit der Endabsicht, ^)

Erlebnisse

sie in die

Bahn

des einer

Siehe die folgende Abhandlung über »Die Psychologie der sog.

Rentenhysterie und der rechte

16

Eingriff in den

Kampf

gegen das Übel«.

normalen Verlaufsform zu zwingen.

zum

Sugge-

Beispiel hierauf.

Den

Hintergrund für diese Ansicht

vom

stionsmethoden beruhen theoretischen

Alle

Ziele der Psychotherapie pflegt eine mechanistische

Assoziationspsychologie zu bilden.

fassung kann man

oder wie ich lieber sagen sich

Namen

diesen

nen. Hiernach

will,

gab,

durcheinandergehen —

Die zweite Auf-

des Psychoanalytikers

als die



da in der Schule, die

beide Auffassungen wirr

als die

»Sokratische« bezeich-

Endabsicht jeder Psychotherapie,

ist es

den Patienten zur Einsicht über sich

selbst,

be-

sonders seine tatsächlichen Erlebnisse der Vergangenheit zu führen, zur Einsicht in ihren

Sinnzusammen-

hang, oder auch, ihn von »Selbsttäuschungen« frei

Mag

zu machen.

zu diesem Ende auch wieder ein

technisches Eingreifen in seinen seelischen Ablauf stattfinden

z.

B. auch

Hypnose und Suggestion An-

wendung finden, so stellt sich doch dieses Verfahren hier immer in den Dienst des Zieles, ihm hierdurch jene mangelnde Einsicht zu gewähren. Der kausale Eingriff in die

Erscheinungen hat hier nicht den

technischen Zweck,

sie

abzuändern, Teile zu unter-

drücken oder neue einzusetzen, sondern einen analogen Zweck, wie ihn der Eingriff in die Natur gelegentlich

des

Experimentes hat,

handenes schärfer und

Zusammenhängen theoretische II.

2

isoliert

sichtbar

verständlich

Hintergrund

ein

zu

dieses

schon Vor-

und

in seinen

machen.

Der

therapeutischen 17

Ideals aber ist eine Auffassung,

nach der eine Art des

»seelischen Krankseins« gar nicht in den real erlebten

Vorgängen des Patienten, in ihrem Inhalt und in ihrem Ablauf selbst wurzelt, sondern nur in der Art und Weise, wie sie in den Funktionen psychischen

und Selbstwahrnehmung aufgefaßt, unterdrückt und gedeutet, interpretiert und beurteilt werden; wie wir Stellung zu ihnen nehmen, und in welcher Weise und in welcher Art wir sie der

inneren

erkennen.

Es

sind

Funktionsstörungen

des

Be-

wußtseins »von« den psychischen Erlebnissen, auf

denen hiernach das seelische Kranksein beruht. Erst diesem letzteren Zusammenhange gewinnt der

in

Begriff der Selbsttäuschung seine volle

Bedeutung.

Denn

therapie

ordnet sich

dann

Ziel ein,

Selbsttäuschungen aufzuheben.

ragende

die

und über-

gesamte Psycho-

letzten

Endes

in

das

Zwei Dinge sind mit diesem Unterschiede der psychotherapeutischen

Ideale

nicht

berührt

:

Die

eindeutige Determination der psychischen Störung

und ihr Verhältnis zu Störungen des Nervensystems und des Gehirns. Der Begriff der Selbsttäuschung und die Ansicht, daß es mannigfache Funktionen und Akte gibt, durch die wir die psychischen Vorgänge erfassen, zu Einheiten gliedern, deuten usw., enthält durchaus nicht, daß in diesem Sichtäuschen,

dem anormalen Stattfinden dieser Funktionen Moment von Willkür lieoe. Vielmehr kann auch

also in

ein 18

nach dieser zweiten Ansicht

alles

streng determiniert

vor sich gehen, wenn auch die Gesetzlichkeit der

Funktionen von denen der psychischen Inhalte unt erschieden werden muß. Auch eine Selbsttäuschung

kann notwendig und eindeutig determiniert sein. Auch hier hüte man sich, Gesetzlichkeit mit mechanischer Gesetzlichkeit (resp. assoziativer Gesetzlichkeit)

gleichzusetzen.

Und auch

die zweite Ansicht

gestattet, in jeder seelischen Störung, die auf einer

solchen

Funktionsstörung beruht, unter anderem

auch ein Zeichen zu sehen für eine Störung im Nervensystem und Gehirn. Es ist nicht der theoretische Gegensatz einer materialistischen und einer spiritualistischen Auffassung der Geistes- und Gemütskrankheiten,

um

den

es

sich hier handelt,

sondern der

funktionstheoretischen und einer inhaltstheoretischen Auffassung, ein Gegensatz, der in der Psychologie und Physiologie gleichzeitig herrscht und darum auf beiden Seiten selbstständig ausgetragen werden muß. Dies kann hier freilich nicht genauer gezeigt werden. Nur eine Andeutung möge hier stehen. Wer die zweite Auffassung zu Ende denkt, der wird auch brechen müssen mit jener Ansicht über das Verhältnis von Leib und Seele, wonach der Inhalt der psychischen Erlebnisse durch Zustände des Nervensystems und GeGegensatz

einer

hirns eindeutig

bestimmt wäre

(sei

es

kausal oder

in der Vorstellungsweise des sogen. Parallelismus). 2*

19

Nicht der Inhalt, sondern was wir von ihm wahr-

nehmen, wie wir

es

wahrnehmen, kurz das

Ins- Spiel-

treten der Funktionen, in denen wir unsere seelischen

Tatsachen erfassen, hat dann irgendeine eindeutige Determinationsbeziehung

Genau

system.

nehmung

so,

zum Gehirn und Nerven-

wie auch in der äußeren Wahr-

nicht der Inhalt »rot«, »grün«, »sauer« usw.,

sondern das Empfinden, das Sehen, das Schmecken,

Wahrnehmens dieser Inhalte durch Vorgänge auf der Netzhaut und Zunge, in den Seh- und Geschmacksnerven und ihren Endstellen im Gehirn und seinen Teilen eindeutig bedie verschiedenen Stufen

des

stimmt ist. Der Psychotherapeut im letzteren Sinne wird und kann daher nie eine Kritik am Gehalt des Lebens seines Patienten üben, sei es eine moralische oder

sonst irgend

eine.

Er wird

es nicht

dringliche kynische Seelenarzt

wie der auf-

und Prediger zu

ver-

ändern suchen, oder ihm eine andere Richtung zu geben suchen

Borne

als diejenige ist, die

Sein einziges Ziel

quillt.

aus seinem eigenen

ist,

daß der Patient

den Inhalt seines Lebens sehe und übersehe

und

vollständig

damit tue,

Was

in

gehalt

nommen,

wie möglich.

seine Sache

und nicht

Was

er

so

dann

die des Arztes.

seinem Leben an Gehalt, auch an Wert-

liegt,

änderlich.

20

ist

klar



das

ist

durch keine Psychotherapie ver-

Nur was, wie erfaßt wird,

ist

viel es.

und wie

es

aufge-

Das therapeutische Ideal im zweiten Sinne

um

ein Erhebliches bescheidener als jenes des psy-

chischen Chirurgen.

ihm

ist

ist



eigen

Vordringlichkeit

Die sokratische Zurückhaltung

im Unterschiede von kynischer in

der

Lebenslenkung

fremder

Menschen. 1.

Wesen der Täuschung im Unterschied

vom Nimmt man

einen

Irrtum.

fertigen

einen wirklichen Gegenstand, so heit

eine

zwiefache

falschen

kann

Quelle haben,

Volkssprache scheidet in »Irrtum«

Satz über

seine Falsch-

die

schon die

und »Täuschung«.

Die Täuschung hat hierbei immer im unmittelbaren

Erkennen, der besonders

Wenn

im

Irrtum im mittelbaren Erkennen, Schließen,

seine

eigentliche

Sphäre.

Grund einer gesehenen Nässe auf dem Wege vor meinem Hause urteile: »es hat geregnet«, und ich finde hernach, daß es weiter unten auf der Straße nicht naß ist, und endlich, daß ein ich

auf

Spritzwagen hier gefahren

ist,

so ist das ein Irrtum.

war mir nicht der Regen irgendwie gegeben; sondern ich zog den Schluß, daß es regnete, oder assoziierte die Vorstellung des Regens und brachte sie dann mit der Nässe in einen logischen Zusammenhang. Es ist etwas ganz anderes, wenn ich im »Nebelkleid die Eiche zum aufgetürmten Riesen« vergrößert finde. Das ist eine Täuschung. In der gesehenen Nässe

21

Oder wenn

den Stab, der zur Hälfte im Wasser gebrochen sehe. Auch das ist eine Täu-

liegt,

ich

schung. In der halt,

Täuschung Hegt zunächst

ein

bestimmter

In-

eben das, was ich zu sehen, zu spüren, zu fühlen

usw. meine. Es

ist

dabei gleichgültig, ob ich dies und

jenes darüber urteile. Urteile ich, so ergibt sich ein Satz, der auf das »Wirkliche« bezogen »falsch«

ist,

auf

das Täuschungsphantom bezogen aber »wahr« sein

kann; aber ich brauche auch gar kein Urteil zu

Aber

ziehen.

in der

Täuschung

liegt

voll-

abgesehen von

diesem Inhalt noch einAnderes. Die bloße Erscheinung des gebrochenen Stabes

ist ja

noch keine Täuschung.

Die Täuschung besteht vielmehr darin, daß ich diesen

Sachverhalt des Gebrochenseins, der mir in der Er-

scheinung vorliegt,

als

eine reale Eigenschaft des

Obgleich ich den wirk-

»wirklichen« Stabes ansehe.

lichen Stab in seiner wirklichen Beschaffenheit nicht in der

Anschauung habe

schung unmöglich



— habe

sonst wäre ja die Täu-

ich

doch schon im ersten

Anblick die Seinssphäre »fester Dinge« gegenwärtig. Ich blicke durch die Erscheinung in diese Seinssphäre hinein; halt

und

ich verlege

den Erscheinungssachver-

in diese Seinssphäre.

Es gibt Leute,

die

da

meinen: wozu diese schwierigen Unterscheidungen!

Der gebrochene Stab und der gerade Stab im Wasser sind zwei ganz gleichwertige Erscheinungen,

und

es

besteht nur der Unterschied, daß die erste Erschei22

iiuiig eine

solche des Gesichtssinnes, die zweite eine

Tastsinnes ist. Zur Täuschung führe gewohnte »Erwartung«, daß der Stab auch

des

solche erst die

für den

Tastsinn

täuscht,

wenn

Daß

gebrochen

ich den

Diese wird ent-

sei.

Stab berühre und abtaste.

wir den Stab für den Tastsinn dann den »re»wirklichen«

alen«,

nennen,

im

sei

Grunde unbe-

und komme daher, daß wir eine instinktive Neigung haben, die Daten des Tastsinnes denen

rechtigt

des Gesichtssinnes vorzuziehen.^) so

müßte

Wäre

dies richtig,

hier ein Schluß stattfinden (oder ein gleich-

Vorgang)

wertiger

des

Inhalts:

»auch

Angreifen wird der Stab gebrochen

sein.«

für

gebaute Erwartung würde enttäuscht.

hierauf

mein

Und

die

Die

Täuschung wäre dann auf einen Irrtum zurückgeführt. Indes der Unterschied zwischen Täuschung und Irrtum bleibt diesem Reduktionsversuche zum Trotz bestehen. Diese Auffassung vermag gar nicht verständlich zu machen, wieso wir denn die beiden Erscheinungen auf dasselbe Reale, denselben Stab beziehen. Warum sagen wir nicht: es gibt zwei Stäbe, einen für den Gesichtssinn und einen für den Tastsinn

Auch

?

Dann gäbe

es

auch keine Täuschung.

der »Vorzug« des Tastsinnsdatums erklärt hier

Ein

nichts.

solcher

»Vorzug«

der

einen

nung vor der anderen macht doch jene

Erscheiidentische

Beziehung auf »denselben« Stab nicht verständlich. ^j

So

z.

B. E.

Mach

in seiner

Analyse der Empfindungen.

23

Und außerdem

ist es

nicht richtig, daß wir generell

Daten des Tastsinnes als Zeichen für Reales (denn daß der Sinn des Wortes »real« durch eine Tastempfindung gedeckt sei, wird doch wohl auch diese Theorie nicht zu behaupten wagen) denen des Gedie

Wenn

sichtssinnes vorziehen.

mir bei übereinander-

gelegten Fingern zwei Kugeln gegeben sind,

nur eine da sage

so

ist

ich

und auch

doch

Dazu

vor.

tritt,

für den Gesichtssinn eine,

nicht:

Hier ziehe ich also das

daß

während

es

sind

Datum

die

wirklich

zwei.

des Gesichtssinnes

Täuschung durch

die

Ab-

tastung des Stabes nicht verschwindet, sondern nur der darauf aufgebaute falsche Satz abgelehnt wird.

Nicht nur die Erscheinung bleibt, ihr purer Inhalt;

sondern noch immer »meine«

ich,

den Stab

als ge-

brochen zu »sehen«. Die Täuschung kann daher nicht darin bestehen, daß jene unerfüllte Erwartung besteht. ist die

Denn

jetzt besteht sie

Täuschung

Man muß

da.

also zugestehen,

unmittelbar

nehmen und

erst hierdurch

gebrochen«,

ist

umgekehrt

in

beiden Er-

Reale

wird ein Widerspruch

gerade« möglich. Nicht aber kann

ein solcher Widerspruch als Konstruktions-

mittel für das Reale angesehen werden^). 1)

Ebensowenig kann

lichen objektiven Größe,

24

wahr-

aufgebauten Sätzen: »der Stab

sie

»ist

daß wir

dasselbe

scheinungen

zwischen den auf

nicht mehr; und doch

die z.

Annahme

Es

ist

der Existenz einet kontinuier-

B, des objektiven Gewichts aus den Wider-

eben die Voraussetzung dieser Theorie, daß wir zunächst Gesichtserscheinungen und Tasterscheinungen

wahrnehmen und

erst

aus ihnen den realen Ding-

körper konstruieren, eine ganz

irrige.

Wir nehmen



wie unvollwahr die Dinge selbst und und erst durch ständig und einseitig auch immer als solche



nachträgliche

finden

Reflexionsakte

wir,

welche

Gegebenen uns im bloßen Sehen oder Tasten gegeben sind. Ich sehe auch in der Gesichtserscheinung des »gebrochenen« Stabes von vornherein auf das Stabding hin; eine Erwartung, unter bei Ablauf der mit dem gewissen Bedingungen Erfassen verbundenen Muskelempfindungen usw. eine Tastempfindung zu erhalten, ist dazu nicht nötig. Und die Täuschung besteht nun darin, daß

Teilinhalte des



ich



den in der Gesichtserscheinung gegebenen Sach-

verhalt des Gebrochenseins ohne weiteres als reale

Eigenschaft des Stabdinges erfasse,

d. h.

ich ver-

lege diesen Sachverhalt, der ja als Sehinhalt unan-

fechtbar

ist

und

einer Erklärung

einer physikalischen Erklärung

— in diesem Falle — bedarf, eine in

Seinsschicht, in die er nicht gehört, in die Schicht

des dinglichrealen Daseins. Sprüchen verstanden werden, die sich gemäß unserer EmpfindHchkeit Gewicht A=B, B=C, A>Gegeben«

fremde Körper so



Theorie der Sympathiegefühle« (Niemeyer, Halle 1913).

IL

3

3B

oder nicht und in der allein psychischen Tatsache

und Erkenntnis

in die Erscheinung

treten.

Die Existenz einer besonderen Aktrichtung »innere

Wahrnehmung«

ist

denen aber, die

von vielen Seiten

sie

von

bestritten,

behaupten, in verschiedenem

Sinne behauptet worden.

Man

hat einmal behauptet,

daß Physisches und Psychisches nur gattungsmäßig verschiedene

Gegenstände seien,

so

etwa wie Bäume

und Häuser; Gegenstände, die aber in derselben Weise »gegeben« seien, bzw. wahrgenommen würden. Diese gattungsmäßig verschiedenen Einheiten müßten in diesem Falle definierbar sein, d. h. es müßte angebbar sein, in welchen Merkmalen sich psychische und physische Gegenstände unterscheiden. Ich will diese Definitionsversuche insbesondere

den kartesiani-

Ausgedehntem, Psychisches gleich Nichtausgedehntem setzt, sodann den-

schen,

der Physisches

jenigen F. Brentanos,

Glauben oder

alles

darin gefaßten

gleich

wonach Hören, Sehen,

Urteilen,

Aktartige usw. psychisch

Inhalte aber physisch,

z.

ist,

B.

die

Ton,

Farbe, zunächst etwas genauer betrachten.

Nachdem

der antike Begriff der Psyche

= Lebens-

kraft der Zerstörung anheimfiel^), gab es nur einen

einzigen Versuch, eine Definition, rein nach Inhalts-

^) Für Aristoteles fällt daher Biologie mit Psychologie der ernährenden Seele (tö x^psiTTiv.öv), die er den Pflanzen, und der empfindenden und ortsbewegenden Seele, die er neben der ersten den Tieren und Menschen zuschreibt, zusammen.

34

merkmaien der Gegenstände zu geben, und ich kenne keinen weiteren. Es ist die Scheidung der physischen und psychischen Gegenstände in ausgedehnte und unausgedehnte oder positiv in »denkende« und »ausgedehnte« seitens des Descartes.

Diese Scheidung

ist

aber 1. eine pure metaphysische Konstruktion ohne jede phänomenale Voruntersuchung. Es wird im Grunde nichts Gemeinsames an den Erscheinungen

an den Einzeltatsachen aufgesucht; sondern zwei Arten von realen Substanzen werden einfach aufgestellt und physisch ist dann, was zur einen Art, selbst,

was zur anderen als Modus »gehört«. diese Scheidung ungegründet. 2. Phänomenal ist Wieso wäre — phänomenal — das Psychische nicht ausgedehnt, zumal noch in dem weiten Sinne des Wortes, in dem es Descartes nimmt, so daß auch psychisch,

alle

Qualitäten Farbe, Ton, ja Festigkeit, ja sogar

Zeit

und

fallen.

Kraft

Ist

Farbe

die Farbe, der

dehnten nicht

usw.

Ton usw.

ein

Ist

Modus

ein

Wie

?

Seite soll

eines unausge-

sinnlicher

Schmerz

Hunger nicht ausgedehnt, Magengegend ausfüllend gespürt ist ?

ausgedehnt

?

Ist

mir eine rote Wand vor. »sehend« vor, und zwar eine bestimmte

Ja noch mehr: Ich Stelle ich sie

psychische

die

ausgedehnt

nicht

Dings sein?

da er doch die

auf

existierende rote

stelle

Wand

als existierend,

mir auch in ihrer Ausdehnung



so tritt sie

ob zwar ohne

den Leibhaftigkeitscharakter des Wahrgenommenen 3*

35

entgegen;

hier

ist

die

und der

Vorstellen gegeben

lung

ist

ausgedehnt

gegebene

Wand

in

Ausdehnung der Wand im



Inhalt dieser Vorstel-

sowenig auch die

sie

real

In einem anderen

ihn eingeht.

Falle stelle ich mir vielleicht nur eine rote

(ohne

als

Wand

vor

innerlich vor mir zu sehen) oder erinnere

an das Sehen einer bestimmten roten Wand, indem ich ein Erinnern des Sehens vollziehe. Hier ist ein Unterschied gegenüber dem ersten Falle, inich bloß

wo

ich die

Wand

selbst innerlich sehe. In den beiden

letzten Fällen tritt mir nicht die rote

phänomenal entgegen;

es ist nicht

Wand

derselbe

selbst

Raum

um

mich hier, in dem ich sie jetzt vorstelle. Ich weiß, das Gegebene von mir abhängig und gleichsam gehalten. Dazu hat es jetzt nur eine Symbolbeziehung zur Wand selbst. Aber ausgeder wirklichen Dinge

dehnt

ist

das Vorgestellte nicht weniger als vorher.

Sagt man: Ja, aber nicht das Vorstellen dehnt, so bestreite ich, daß es

diesem Akt zu tun hat. Sie hat i.

e.

Vorstellungsdingen

zu

ist

ausge-

die Psychologie mit

es

mit »Vorstellungen«

tun;

und

diese

sind

Gewiß: Nie und nie mit Dingen im gleichwohl mit ausgedehnten Dingen! Aber Raum! Ausdehnung ist ja noch lange nicht räumliche Ausdehnung. Worin bestünde denn der Unterschied zwischen Denken der Ausdehnung und Vorstellung der Ausdehnung, wenn nicht darin, daß die Vorstellung (als Gehalt) selbst ausgedehnt wäre? »Vor-

ausgedehnt.

36

stellen« der roten

logischeni

gewiß.

Wand, in philosophisch-phänomeno-

Sinne,

Dieser

Akt

aber dieser Akt

ist

Beziehung,

eine intentionale

ist

zweifellos nicht ausgedehnt;

ist

auch nicht das Vorstellungsding

Und mit

»Vorstellung einer roten Wand«.

ihm, mit

diesem dinglich gegebenen Etwas der inneren Wahr-

nehmung hat

empirische Psychologie zu tun. Gegenstand »rote Wand« und der reale es die

Der reale Gegenstand »Vorstellung« der roten Wand — sie entspringen aus demselben phänomenalen Gehalt, der im Vollzug des Vorstellens der roten Wand »selbst

Auch

gegeben

ist«.

die sinnlichen Gefühle sind zweiffellos aus-

gedehnt. Die Descartes'sche Lehre, daß ein Schmerz

oder das Annehmlichkeitsgefühl des Zuckers Ausdeh-

nung und

Ort,

den

sie

phänomenal

besitzen,

erst

vom

Zen-

einem Prozeß der sogenannten »Projektion«

trum auf peripherische ist

Stellen des Leibes verdankten,

eine völlig grundlose

Annahme;

sie ist so

grundlos

wie die schon von Hering, Mach, Avenarius widerlegte Lehre, daß der Inhalt der erst

in

den

Raum

u.

A.

Empfindung

»projiziert« werde.

Sie ist die

Folge einer metaphysischen Konstruktion, die von

einem im Gehirn befindlichen punktuellen Seelen-

wesen ausgeht, dessen Modus unausgedehnt sein müßte. Sowenig aber so

wenig

ist

alles

freilich

»zunächst«

Psychische unausgedehnt

ist,

andererseits alles Physische ausgedehnt. 37

Die intensiven Größen

(z.

B. die Geschwindigkeit,

Spannungsgrößen usw.) bleiben gegen Descartes Versuch, sie aus dem Naturgegebenen auszuscheiden die

und

vollständig auf extensive Größen »zurückzu-

sie

führen« ein unreduzierbares

auch

durch

ihre

Datum

Proportionalität

wie immer

zu

sie

extensiven

Größen gemessen werden mögen. Auch der Versuch, den Kraftbegriff oder das ihn erfüllende Anschauungsdatum auf sogenannte Einfühlung seelischer Tätigkeitserlebnisse, oder gar bloßer Muskel-

spannungsempfindungen rückzuführen,

ist

in

die

in all seinen

Naturobjekte

besonderen Modali-

täten völlig mißlungen. Schon daß wir gewisse

pfindungen im Muskel sind





die als

zu-

Em-

Empfindungen passiv

auf Empfindungen der

Muskel Spannung

deuten, setzt die physische Gegebenheit der »Span-

nung« voraus. Der Bewegungsbegriff, den Descartes auf den Begriff eines bloßen Ortswechsels zurück-

führen

will,

findet seine Erfüllung nur in

dem,

bei

continuierlichem Ortswechsel eines identischen Etwas,

immer mitgegebenen zuständlichen und dynamischen Momentes einer Tendenz des Beweglichen von Punkt zu Punkt, durch das der bloße Ortswechsel erst ein durch »Bewegen« bestimmter Ortswechsel,

und

d.

lität aber, eine

»Bewegung« wird. Die QuaKategorie, die Descartes allem Phyi.

erst

dem Psychischen

sischen absprach

und

zuweisen

behält sogar in der Mathematik

38

wollte,

die er

nur

B. qualitative Geometrie des Analysis situs)

(z.

Physik

ebenso in der deutung.

Ich darf hier

außerpsychische

eine

— wo

Be-

Fragen nicht im

diese

Einzelnen erörtert werden sollen

und

— auf

die ausgezeich-

nete Behandlung dieses letzten Punktes durch Du-

hem^) verweisen. Völlig zerbricht die Descartes'sche Konstruktion

überdies an der Tatsache, daß die Gesamtheit der

Lebenserscheinungen und die Gegebenheit des von der

Summe

der Organempfindungen und allen bloß

Einheiten scharf unterschiedenen »Lei-

körperlichen

Scheidung

der

in

bes«

bloß

»ausgedehnter«

und

nichtausgedehnter »denkender« Substanzen und ihrer

Modi keinerlei Ort finden. »Leben« und »Leib« können in ihrer Gegebenheit weder auf Einfühlung eines

primär

seelischen

Gefühls in äußere

Wahr-

nehmungsobjekte, noch auf bloße Gruppierung solcher physischen

Erscheinungen,

wie

sie

sich

auch im

(phänomenal) Toten finden, noch auf einen bloßen

»Zusammenhang« psychischer und

physischer Er-

scheinungen zurückgeführt werden.

Sie 'Stellen eine

letzte elementare

Man el

suche wie

Siehe

P.

Grundklasse von Phänomenen

man

wolle:

Duhems Arbeiten

Man

dar^).

wird kein Merk-

zur Grundlegung und Geschichte

der Mechanik und Physik. -) Ich habe diese Frage genauer behandelt im Anhang zu meinem Buche über Sympathiegefühle und gedenke sie nach ihrer für die Grundlegung der Biologie wichtigen Seite hin in einer in Kürze erseheinenden Arbeit über die Grundlagen der Biologie zu fördern.

39

mal finden, das die psychischen Tatsachen besäßen und die physischen nicht besäßen. Meumann beder merkte einmal in einer Kritik W. Wundts gleichfalls mit Recht leugnet^), es sei der Unterschied von psychisch-physisch ein solcher definierbarer Gattungen von Gegenständen wie z. B. »Baum«, »Haus« —



daß »Gefühle, Tätigkeiten, Relationen« nur innerhalb des Psychischen vorkämen. Atome z. B. aber nur in der Welt physischer Gegenes

doch

sei

klar,

Nun, das ist erstens keine Definition! Aber auch abgesehen davon ist irrig, was Meumann meint. Was versteht er unter Gefühlen ? Man kann darunter verstehen eine Qualität oder einen Inbegriff von Quastände.

litäten, solche z. B. die in

einem Lusterlebnis oder

und in dem Angenehmen und Unangenehmen einer Sache, in meiner gefühlten Heiterkeit und Ruhe und in der Heiterkeit des blauen Himmels und der Ruhe eines Waldes identisch sind. Versteht man diese Qualität unter diesem Wort Unlusterlebnis



so darf

man

auch nicht sagen, daß »Gefühle« psy-

Denn dieses angenehm und unangenehm, kann ebenso ursprünglich am und ruhig

chisch sind. heiter



Gegenstand der äußeren Anschauung, also an physischen Gegenständen vorgefunden werden. Versteht

man

aber unter Gefühl

— wie

z.

B. Lipps

— eine »Ich-

bestimmtheit«, eine Bestimmtheit des Sicherlebens

— so ^)

40

sind dies freilich psychische Tatsachen; aber

W. Wundt

:

Grundriß der Psychologie,

S. 3.

man bestimmt dann auch

Gefühle nicht nach ihrem

Gehalt, sondern nach ihrer Seins-

und Gegebenheits-

weise, die eo ipso nicht weiter definierbar

enthält auch

z.

im fliegenden

Steine, den ich

und

aufhalten will

spürte »Kraft des Widerstandes« oder die eines Fadens,

Analog

ist.

B. alles »Aufstreben in mir«

die



ge-

Spannung

den ich zupfe, etwas Gemeinsames:

»Dynamischem« meine von mir ausgehende Tätigkeit und die Tätigkeit, die im »Springen« oder im »Fließen« eines als »Tendenz« wie gesagt Flusses liegt und die in jede äußere Erscheinung von Bewegung eingeht: Eine identische Materie reiner Anschauung, die soeinen identischen Gehalt von etwas



wohl psychisch

als



physisch sein

darum nicht von Hause

;

ist.

kann; aber es eben Noch weniger aber

hat es Sinn, Relationen »psychisch« zu nennen.

Ist

Entfernung zweier Körper, z.B. der Sonne und Erde nicht eine physische Tatsache ? Auch hier sind

die

Das Wesen der Relationen selbst und das Wesen des Bewußtseins von Relationen z. B. zu

scheiden:

das

Wesen

1.

des Unterschiedsbewußtseins (etwa zweier

Gewichte), also physischer Gegenstände oder zweier

Empfindungsgegenstände, sachen.

2.

also

psychischer

Faktisch bestehende Relationen

Tatz.

B.

Entfernung zweier Körper, Verschiedenheit zweier Farben, Relationen von Bewußtseinszuständen; Re-

von physischen Gegenständen oder von psychischen Zuständen wie Empfindungsunterschie-

lationen also

41

Nur

den.

die Erlebnisrelationen (im letzten Sinne)

nicht aber die Rela-

sind »psychische Tatsachen«,

und nicht die Relationen physischer Gegenstände. »Atome« aber gehören überhaupt nicht hierher. Es handelt sich hier um die phänomenalen Ausgangspunkte aller denkenden Konstruktion,

tionserlebnisse

nicht

um

irgendwelche Konstruktionsgebilde selbst.

Eben dadurch, daß hebt sich heit ist

keine solche Definition gibt, heraus, daß »psychisch« eine echte Wesen-

— nicht

es

ein besonderer Daseinsgehalt, sondern



Form des D a seins der nach dem Wesenszusammenhang von Art- und Daseinsform auch eine besondere Form der Anschauung entspricht. Der Beeine

griff

des »Psychischen«

ist also

psychischen Tatsachen

ihnen abstrahiert.

noch

als

nicht an den einzelnen

ein

»Gemeinsames« an

Gleichwohl aber

ist

»Psychisch«

eine Materie des Seins überhaupt, resp. die zu-

gehörige

Form

der

Anschauung noch

eine Materie

purer und formloser Anschauung. Die sog. Ordnungstheorie

und Gesichtspunktslehre

folgt

aus unserer

These keineswegs. Nur darum, weil Psychisches eine

Form

und Gegebenseins ist, hat es auch Sinn von äußerer und innerer Anschauung (und Wahrnehmung) als von einem Richtungs- und Formunterschiede der Anschauung zu reden. Wenn die des Daseins

psychischen Gegenstände durch definitorisch angebbare gemeinsame Merkmale von physischen Gegen-

ständen oder nur in der Ordnungsweise derselben 42

Elemente geschieden wären, hätte diese Rede keinen Sinn. Wir müßten dann sagen: Psychisches und Physind beide nicht ein in zwei verschiedenen

sisches

»Weisen«,

sondern ein in derselben Weise Wahr-

genommenes.

Sowenig

es eine Pflanzen-

und

Tier-

wahrnehmung gibt, könnte es dann eine innere und äußere Wahrnehmung als Arten und Weisen des

Wahrnehmens Wahrnehmung

geben.

Der Formunterschied der

hebt sich eben dadurch erst heraus,

daß der Unterschied kein empirisch gegenständlicher ist.

An der

2.

Grenze von jenem Typus von Theorien,

und physische Tatsachen für definierbar verschieden halten und den Ordnungstheorieen, die ihn zu einem solchen der Methode der Betrachtung herabsetzen, steht die Lehre von Fr. Brentano, die psychische

S.

Alexander, Karl Stumpf. Sie besagt

Form)

:

(in

Brentanos

Psychisch sind die Akte und Funktionen

z.

B. Urteilen, Bemerken, Zusammenfassen, Auffassen,

Wollen, Hören, Sehen, Empfinden, Erinnern; physisch sind die Erscheinungen,

die in diesen

Akten Stumpf

oder Funktionen »intentional« gegeben sind. bestimmt die Lehre schärfer und ändert sie dahin ab: 1. Erscheinungen und Akte sind unmittelbar im

Erleben verschieden; kein Prädikat der Funktionen

kommt den Erscheinungen

(und umgekehrt) zu.

variieren unabhängig voneinander:

kann

Sie

Derselbe Ton

gehört, vorgestellt, geurteilt sein, bemerkt, be-

achtet

usw.

Auch

die »Verhältnisse

von Erschei43

nungen« und »Inbegriffe«: sind nicht erst durch Akte ihnen angetan, sondern werden in bestimmten Funktionen vorgefunden.

Stumpf

2.

identifiziert nicht wie

Brentano Erscheinungen mit Physischem, sondern weist

der »Phänomenologie« zu, die keine Reali-

sie

tätsfrage

stellt.

Erscheinungen sind erstens die

In-

halte der Sinnesempfindungen (und ihrer räumlichen

und

zeitlichen Eigenschaften), zweitens

dächtnisbilder

(Erscheinungen

zweiter

deren Ge-

Ordnung).

Diese drei unmittelbaren Gegebenheiten (Funktionen,

Erscheinungen, Verhältnisse) sind nicht Gegenstände der Forschung, sondern Material der Begriffsbildung, die erst

zu Gegenständen führt. »Physisch« sind nur

»Gegenstände«, also nicht Erscheinungen, und zwar solche, die »aus

und

in

den Erscheinungen erschlossen sind

raumzeitlichen Verhältnissen

Träger von Veränderungen Bei Brentano aber

angeordnete

sind«.

tritt die

Lehre hinzu, daß die

Akte und Funktionen durch innere Wahrnehmung wahrgenommen werden, und daß diese Wahrnehmung »evident« sei, wogegen die in den Akten wahrgenommenen »Inhalte« z. B. Farben, Töne nie evident

wahrgenommen

seien, also

immer noch

sein

oder nicht sein können. (»Evidenzvorzug der inneren

Wahrnehmung«.) Diese Scheidung

ist

für die

Phänomenologie wie

für die Psychologie in gleichem Ist

U

denn etwa das, was hier und was

Maße

verwirrend.

in der

Phänomeno-

!

logie »Akt«

genannt wird dasselbe? Durchaus nicht

Blicke ich in »innerer das,

was

als

zu mir gehörig gegeben

Akt

ich einen

der Beobachtung

ist,

so vollziehe

Wahrnehmung, von ihm umauch einen Akt des Bemerkens,

z.

B. eines jetzt vorhandenen Phan-

eines sinnlichen Gefühls usw.

Wahrnehmung

auch in äußerer

wie ich

auf mich und

innerer

spannt vielleicht

tasiebildes,

Wahrnehmung«

der Beobachtung

z.

genau so

;

einen

Akt

B. der Sonne durch ein Fernrohr

In diesem Sinne des Wortes »Akt« kann Akt nie zum Gegenstand irgendeiner Wahrnehmung

vollziehe.

werden

;

nie zu

einem »Gegenstande« überhaupt, nie

Das Sein des echten Aktes be-

zu einem »Dasein«. steht

vielmehr in seinem Vollzug und er

darin absolut

Gegenstandes



nicht relativ



vom

Vollzug

verschieden.

Dieser

und mit

»Reflexion«.

schlicht erfolgen

ist

eben

Begriff des

kann

Diese »Re-

flexion« ist indes keine »Vergegenständlichung«, keine

»Wahrnehmung«, mung«, die ja

Akten

auch keine »innere Wahrneh-

also

selbst

nur eine besondere Art von

Mitschweben des völlig unqualifizierten »Bewußtseins von« mit dem sich vollziehenden Akt nur möglich da, wo die ist.

Die Reflexion

ist allein ein



Person nicht ganz im Aktvollzug aufgeht. Der Tatbestand der »Reflexion« stelligen

verschieden von

Haltung überhaupt. Auch

Wahrnehmung kann Vollzug

ist

gegeben

ein

aller vor-

Akt äußerer

so in der Reflexion in seinem

sein.

Purer

Anschauung

kann 45

weiterhin »gegeben« sein sein

die

Qualität

Verschiedenheit,

des

und gegenständlich gegeben Aktes und die Gleichheit, der

Identität

Mehrheit von Akten. Aber

all

Qualität

das

ist

einer

in

durchaus nicht

der Akt selbst. So kann ich wohl in einem zweiten Akte feststellen, »daß ich mich eben an das gestrige schöne Wetter erinnerte«. Nicht der eben vollzogene Erinnerungsakt qua Akt ist mir dann im Akt 2 ge-

geben, sondern allein seine Qualität als Erinnerungs-



Grund eines Wesenszusammenhangs, daß zu ihm ein Akt »gehört« d. h. Etwas von gleicher Natur, wie das, was ich eben akt und ich weiß nur

vollziehe.

auf

Mit Akten in diesem Sinne, deren Gehalts-

wesen »Intentionalität«, »Bewußtsein von« deren Seinswesen »Vollzug« nie

und nirgends zu

hat es mit

diesem Akt

tun.

ist,

es

Psychologie

alle

Psychologie

hat

Denn

und

ist

daseienden Gegenständen zu tun. liegt

1.

In

nichts an Tätigkeit, (wie in

allem Beachten) die steigerungsfähig wäre;

2.

nichts

von phänomenaler Zeitdauer; Akt ist in diesem Sinne etwas, das jede phänomenale Zeitdauer schneidet und nie sich in ihr erstreckt oder dauert 3. »Akt« ist weiterhin absolut vom Gegenstand verschieden. Ich kann in dieser (phänomenologischen Betrachtung) noch sagen: Dieser eben vollzogene Akt ist ;

Erinnerungsakt,

ist

Erinnerungsakt

ist

Willensakt usw. so

und

so

;

beschaffen«.

dessen kann ich sicher sein: Niemals 46

nie aber »dieser

ist es

Denn

das,

wo-

rauf ich hier hinbKcke, der

Akt

immernoch

Erinnerns, sondern

selbst, der

Akt des

etwas, was zu seinem

(voll reduzierten) Gehalt gehört.

Etwas total Anderes als »Akt«, der vollzogen wird und nur in seinem Vollzug »sein« kann, ist nun aber das, was Stumpf »Funktionen« nennt. Funktionen werden nicht vollzogen, sondern »vollziehen sich« Sehen, Hören,



ja

z.

B.

auch noch Bemerken, Beachten,

Zusammenfassen, Urteilen usw. Ich leugne also nicht, es »Funktionen« gibt, sondern gebe Stumpf recht,

daß

wenn

er die

in ihnen

Funktionen von dem unterscheidet, was

erscheint,

Sehen,

B.

z.

Hören usw. von

Farbe, Ton. Aber die Funktionen gehören,

Akt und seinen inneren

vom echten

Qualitäts-, Form-, Richtungs-

unterschieden aus gesehen, selbst noch zu den »Ge-

samtmaterien«

der

wieder in

selbst

Akte,

welche

Funktionen

Materien

also

und Erscheinungen

Der Unterschied zwischen Funktionen

zerfallen.

und Akten besteht also: 1. In der Weise des Seins und Gegebenseins: Akte werden vollzogen (durch Personen) (als

3.

Funktionen vollziehen

psychische).

innerer sten

;

2,

laufen

ab

Funktionen werden noch in

Wahrnehmung

in

sich,

unmittelbarer

gegenständlich,

Erinnerung,

zum mindeAkte

nicht.

Psychische Funktionen sind wechselnde Weisen

des Verhaltens

und des Ablaufs,

die irgend einen

Aktvollzug und eine Gegebenheit in ihm bereits voraussetzen.

Sie

haben keine konstitutive Bedeutung 47

für das Wesen des »Bewußtseins von«



und

seine Arten auch keine für das Wesen des Psychischen. immer zu den Akten und ihren Qualitäts-,

also

Was

Form-,

und Grundartenunterschieden auch für jedes endHche »Bewußtsein

Richtungs-

gehört, das

ist

von Etwas« konstitutiv und für jeden Augenbhck seiner Existenz es ist auch ganz unabhängig von der Stufe der Entwicklung dieses Bewußtseins (so ;

z.

B.

Wahrnehmen,

unmittelbares Erwarten,

un-

mittelbare Erinnerung; Streben, Fühlen, Vorstellung

haben innere Wahrnehmung, äußere Wahrnehmung, Leibbewußtsein). Es ist also enthalten in jeder seiner Erfahrungen, (wie einfach diese immer der Ablauf von

sei).

Nicht

Beachtung kann fehlen. Sehen, Hören kann da sein und nicht da sein usw. Es mag schwer sein, zu scheiden, was Funktion und Akt ist. Wer z. B. meinte. Erinnern und Erwarten auf Reproduktion und Urteil zurückführen zu können, der müßte bestreiten, daß sie zur Aktso

Besonders schwierig

sphäre gehören. für das Urteil,

sphäre rechne,

Funktionen:

ist

die

Frage

das ich meinerseits nicht zur Akt-



wohl aber »Denken« im Sinne von

Bedeutungserfassung von Etwas überhaupt.

Aber abgesehen hiervon: Ich muß gegenüber Brentano den Satz bestreiten, es gäbe nur physische

Erscheinungen

seien

als

1.

48

solche

oder

»physisch«;

alle

»Erscheinungen«

gegenüber

Stumpf,

»Erscheinungen« erster und zweiter Ordnung seien

Gegenstände

nicht

Psychologie;

der

es

2.

gäbe

keine physischen Erscheinungen, sondern »physisch«

nicht erscheinungsmäßigen erschlossenen und gedachten Gegenstände; 3. Gegenstand sei gleich viel mit »gedacht«, ja in einem Begriff gefaßt; 4. Funktionen seien immer »psychisch«. Es seien erst die

nicht nur physische

gibt vielmehr

psychische Erscheinungen. chologie bekannt, die sich nicht

Mir

sondern

auch

keine Psy-

ist

auch mit Gedächtnis-

bildern, Phantasiebildern, Gefühlszuständen beschäftigte

und dem Verlauf

Dinge.

aller dieser

Alle kon-

sequente Assoziationspsychologie, die überhaupt keine

Funktionen kennt, wäre

von vornherein Und doch hat sie

ja hier

ein total Unsinniges verurteilt.

nachweisliches Recht. die

Es

als

ein

aber ausgeschlossen,

ist

Funktionen von den Erscheinungen

so zu schei-

den, daß beide ganz verschiedenen Wissenschaften zu-

gewiesen werden. Auch Stumpf folgt in praxi nicht seiner Scheidung.

Zu sagen, Töne, Farben

seien nicht

— notwendig — psychische Erscheinungen, lich völlig richtig.

Aber sagen

sein, ist unrichtig.

:

Sie

ist frei-

können auch keine

Sie sind es als Teilgehalte eines

bestimmten Ichbewußtseins, sie sind es, sofern sie auf das Ich bezogen erlebt sind. Auch der gehörte eine psychische Tatnotwendig Ton ist nicht





sache.

»Hören«

ist

zwar

eine Funktion, aber sie ist

sofern sie sich abspielt in äußerer

Wahrnehmung

der Gerichtetheit auf Körperdinge II. 4

z.

in

B. nicht not49

wendig eine psychische Funktion.

Es

ist

eine Leib-

funktion oder eine Vitalfunktion, die weder in innerer

noch äußerer Wahrnehmung gegeben zu sein braucht, aber gleichwohl gegeben sein kann. Aber der Ton,

von mir empfunden, der erlebte Ichbezogenheit hat, ist auch eine »psychische Er-

der erlebt

scheinung«; höre«,

die

bew^ußt,

was

in

ist

als

erst recht der

— mir

daß ich sie im Vorstellen »halte«. Alles, einem vom wirklichen Raum abweichenden

Vorstellungsraum, (z.

Ton, den ich »innerlich

Landschaft, »innerlich vor mir«

innerem Sehraum

gegeben

ist

B. Kandinskys »Pseudohalluzinationen«), das ist

auch eine »psychische Erscheinung«.

Dagegen

ist die

Landschaft des Starnberger Sees, die ich jetzt im erinnernden Sehen selbst erfasse, so wie liegt

— eingeordnet

psychische,

in das reale

sondern

eine

sie

dort

Deutschland keine

physische

Erscheinung,

ob ich sie gleich nur im Erinnern habe. Ich kann mich ebensowohl an physische Vorgänge z. B. ein Gewitter wie an psychische Vorgänge z. B. an ein Erlebnis mit einem Menschen erinnern. Wird nun

etwa das psychische Erlebnis (nach Brentano) eine »physische Erscheinung«, da es Erscheinung

ist

und

Oder eine »Erscheinung zweiter Ordnung«, mit der es die Phänomenologie zu tun hätte ? Hier ist die Unmöglichnicht Funktion wie das »Erinnern an« es

keit

dieser

Bestimmung offenkundig.

?

Und

wieso

wäre nun gar der vorgestellte Apollo oder ein Genta ur 50

eine physische Erscheinung

stand

ist

Gewiß

?

dieser Gegen-

verschieden von seinem »Vorstellen«.

dieses »Vorstellen« ist

Aber

der Akt im Sinne der Phä-

nomenologie. Es hat mit der »Vorstellung« des Psy-

chologen gar nichts zu tun.

Und doch

hat dieser

Das

zeigt sich

Begriff der »Vorstellung« ein Recht.

wenn

sofort,

ich

konstatiere:

Für den gläubigen

Griechen war Apollo nicht nur ein

vom

Vorstellen

des Apoll verschiedener intentionaler Gegenstand,

wie er das für denPhänomenologen immer er

war

stand

in seiner Intention



also

Für mich

ist

ist,

sondern

auch ein religiöser Gegenz. B. der Anbetung.

ein Gegenstand er

aber kein religiöser Gegenstand,

sondern nur die »Vorstellung« eines solchen. ist klar:

für

»Das Vorstellen«

als

den Griechen, der Apollo

der ich

diese

muß.

Wort

Hier

sowohl nötig

vorstellte als für mich,



in

Gegen-

diesem Sinne



»Vorstellung« einer »Vorstellung«

hat eben nur Sinn erste

ist

Vorstellung eines religiösen

standes mir auch wieder »vorstellen«

Akt



als

Wortverbindung, wenn das

»Vorstellung« den

Akt des

Vorstellens,

das zweite aber das Vorstellungsding des Psychologen bezeichnet.

eben genau so

Eine sogenannte »Vorstellung«

Ding

wie ein Stein ein Ding

ist.

ist

Es

gehört daher die Vorstellung durchaus in die Reihe der Gegenstände

und Erscheinungen.

Es gibt mit-

hin ebensowohl physrsche als psychische Erschei-

nungen. 4*

51

Wir sahen

also,

daß keiner dieser Definitions-

versuche der Kritik standhält^).

Die Untersuchung

der Frage zeigt, daß wir die Einheit des »Psychischen« gar nicht anders fassen können, als durch den

Hinblick auf die besondere Weise, wie wir es wahr-

Wahrnehmung« geWahrnehmung ist also nicht

nehmen, und

die eben »innere

nannt wird.

Innere

Wahrnehmung Definition

eines

bereits

unabhängig von

sondern »Psychisches«

immer dann

erfüllt,

wenn

richtung einer »inneren

und

^)

Wahrnehmung

Die Sphäre des Psychischen

die sich

wir diese besondere Akt-

Wahrnehmung«

ihr gleichsam nachgehen.

durch innere

als

von Gegenständen;

eine Bedeutung,

ist

durch

»Psychischen«

festgelegten

einer gattungsmäßigen Einheit

ihr

ist

einschlagen

»Psychisch«

ist,

was

in Erscheinung tritt. sicher weiter als diejenige der

umfaßt auch Empfindungen und zuständHche Gefühle. Auch wird man nicht leugnen können, daß der Inhalt einer Phantasievorstellung psychisch ist was immer auch darin vermeint wird, ein physisches Ding oder wieder ein psychisches. Andererseits dürfen die Akte, in denen Psychisches gegeben wird, also der Akt der inneren Wahrnehmung selbst und alle seine Modi nicht wieder psychisch heißen, sofern der unendliche Regreß vermieden werden soll. Von den drei Bewußtseinsbegriffen: = jedes »Bewußtsein von«, jedes intentionale 1. Bewußtsein Meinen und Gerichtetsein, = Inbegriff der Erscheinungen innerer Wahr2. Bewußtsein nehmung, 3. Bewußtsein = Inbegriff der realen Erlebnisse eines Indiviintentionalen Akte,

Sie



ist

der

duums zweite eine Art des ersten; und

zweiten abgeleitet.

52

der dritte

ist

aus

dem

Es bestünde



wie gesagt

äußeren und inneren



kein Recht, von einer

Wahrnehmung

zu reden,

wenn

Psychisches und Physisches definierbare gattungs-

mäßige, gegenständHche Unterschiede wären. Wir sprechen ja auch nicht von einer Bäume- und Häuser-

wahrnehmung. Das Wesen des Psychischen wird also in jedem Akte innerer Wahrnehmung erschaubar wie das Wesen des Physischen in jedem Akte äußerer Wahrnehmung. Es bedarf dazu keines Vergleiches von mehreren Objekten, und andererseits kann Physisches nur in äußerer Wahrnehmung, Psychisches

nur in Auch

innerer

Wahrnehmung

die vielfach

erscheinen.

gemachten Versuche, den Unter-

von Psychisch und Physisch auf einen Unterschied der Ordnungsweise derselben Inhalte zurückzuführen, an Stelle zweier Arten des Wahrnehmens also bloße Unterschiede des denkenden Beziehens zu setzen, sind undurchführbar. Der Unterschied von Psychisch und Physisch mag im konkreten schied

Falle zweifelhaft sein, d. h. es

mag

zweifelhaft sein,

ob eine bestimmte Erscheinung eine psychische oder physische

ist



keinesfalls wird der

Wesensunter-

Denken und Urteilen erst geschaffen. Es ist ein Unterschied im Wesen der Phänomene und der ihnen entsprechenden Wahrnehmungsarten. schied durch

Sagt die

man

mit Mach, Avenarius

»psychisch«

sei

Umwelt, bezogen auf einen Organismus, oder

die

u. A.,

53

Umweltserscheinungen, so weit

sie sich

von einem

zentralen Nervensystem als abhängig erweisen, so

macht man das »Psychische«

Beziehung zwischen

faktisch zu einer bloßen

physischen Phänomenen, aus

denen doch auch der »Organismus« oder das »Nervensystem« besteht.

Was man

hiermit definiert,

ist

lediglich der Tatsachenkreis der Sinnesphysiologie^),

und man muß schon der Meinung

sein, es lasse sich

Psychische auf Empfindungsinhalte, auch Streben und Gefühl auf Organempfindungen, Gedächtnis auf mattes Wiedererscheinen von Wahrnehmungsinhalten, zurückführen, um diese Scheidung auch nur in ernste Erwägung zu ziehen. Aber auch jede alles

andere Theorie der Anordnung versagt an der einfachen Tatsache, daß physisch und psychisch keine erst

durch das Denken zu kreierenden, sondern vor-

gefundene

Unterschiede sind.

theorie ist nur das richtig, es sich

was

An

der Ordnungs-

sie

verneint:

daß

um keinen definierbaren Unterschied gattungs-

mäßiger Art handelt, nicht aber, was

sie

behauptet.

beiden Wahr-

Es ist auch jeder nehmungsarten aufeinander zurückzuführen, als mißlungen anzusehen. So machten Berkeley und seine idealistischen Nachfolger den Versuch, die Versuch,

»Sensation« als weisen.

Indem

Grenzfall

u

der »Reflexion«

er die »äußere«

^) So schon ganz richtig nenten Philosophie«.

die

W. Wundt

nachzu-

Wahrnehmung

in seiner Kritik der

so-

»Imma-

fort

mit der »sinnlichen«

und

sie

Wahrnehmung

nur graduell von der Erinnerung und Vor-

stellung unterschieden sein läßt,

innerung

als

Urphänomen

nur

als

starke Erinnerung

also

identifiziert

indem

auffaßt;

Qualitäten,

die

er

die



dabei die Er-

festhaltend



dieselbe

und »Vorstellung« von Locke sog. sekundären

diesem,

obgleich

relativ

auf den

Menschen, durchaus noch nicht Tatsachen der »Resondern der »Sensation« waren,

flexion«,

sachen

der

Reflexion

ansieht

als

Tat-

und außerdem zu

zeigen sucht, daß die primären Qualitäten mit den

sekundären untrennbar verbunden seien (eine Tast-

empfindung z. B. graduell in Schmerz übergeführt werden könne, Ausdehnung nur ein unselbständiges Moment an der Farbe sei, nur in Worten trennbar nach seinem Nominalismus) — meint er gezeigt zu haben, daß es eine ursprüngliche Wahrnehmung der Materie gar nicht gäbe. Es kann hier nicht gezeigt werden, daß die von Berkeley angeführten Gründe für seine Lehre, wonach der Gehalt der äußeren

Wahrnehmung nur ist,

was

die peripherste

Schicht

dessen

er vieldeutig »Bewußtseinsinhalt« nennt, die

äußerste Grenze gleichsam der

um

das »Ich«, dessen

absolute Existenz er voraussetzt, gruppierten Inhalte,



unstichhaltig sind.

Immerhin hatte

er

noch positive Gründe für seinen Satz Esse-Percipi anzugeben gesucht und sich nicht mit der zweideutigen Redensart begnügt, daß alles Wahrge55

nommene und Gedachte eben schon darum auch »Bewußtseinsinhalt« sei, weil es wahrgenommen und gedacht listen«.

sei;

wie die meisten sog. modernen »Idea-

Bezeichnen wir mit

dem Namen »Bewußtseins-

was überhaupt in einem intentionalen Akte erfaßt und gemeint werden kann, so sind freilich auch Sonne, Mond und Sterne »Bewußtseins-

inhalt« alles,

Nur ist das ein ganz unsinniger Sprachgebrauch. Etwas völlig anderes ist dagegen gemeint, wenn unter »Bewußtseinserscheinung« eine in innerer inhalt«.

Wahrnehmung gegebene

Erscheinung,

psychische Erscheinung gemeint sein

aber schließt

die

Behauptung,

daß

kurz

Dann

soll.

alle

eine

Erschei-

nungen Bewußtseinserscheinungen seien, einen radikalen Irrtum in sich; denn dann schließt sie die Behauptung ein, daß alles anschaulich und unmittelbar Gegebene — nicht erst auf Schluß und Urteil Beruhende — eine psychische Erscheinung oder eine

und

Wahrnehmung sei, Wahrnehmung« gar nicht gäbe.

Erscheinung der inneren es eine

»äußere

Diesem sonderbaren Vorurteil gegenüber aber ist zu es auch physische Erscheinungen

behaupten, daß gibt,

Erscheinungen, die niemals ursprünglich »Be-

wußtseinsinhalte«

oder

»psychisch«

waren;

die

in

keinem Sinne aus Psychischem abzuleiten oder

im

Psychischen fundiert sind. einander

von

Raum und

physische Erscheinung; was 56

Was immer im Zeit

erscheint,

immer

Außerist

eine

erscheint in einer

Ichbeziehung

unmittelbaren

überhaupt,

einem

in

»Zusammen«, dem dieses räumHch-zeitHche Außereinander fremd reduzible

ist

und das

Mannigfaltigkeit

eine auf jene niemals erfüllt^),

ist

eine

psy-

Beide Erscheinungsarten sind

chische Erscheinung.

und im Aufbau der

gleich unmittelbar gegeben,

»Gegenstände«, die in beiden Bereichen des Erkennens

das unmittelbar und mittelbar identifizierende Er-

kennen und Denken

Es

der Mittelbarkeit.

dieselben Stufen

erfaßt, gibt es ist

daher ein grundlegender

Irrtum, das Gebiet des Phänomenalen, überhaupt

unmittelbar

der

scheinung, mit

und anschaulich gegebenen Er-

dem

Gebiet der »Bewußtseinserschei-

nung« oder der »psychischen« Erscheinung zusetzen und das Physische erst

als

gleich-

auf Denkakten

(sei

bloß ein identifizierender Akt oder gar ein Schluß

es

aus seelischen

Wahrnehmungen

oder aus der

Emp-

findung auf eine »Außenwelt«) beruhend anzusehen; oder auch

— wie

Wundt

es z. B,

tut



das Physische

dem

bloß »mittelbar« Gegebenen gleichzusetzen. Das Physische überhaupt — als Wesenheit — ist uns in jedem Akte äußerer Wahrnehmung gegeben, wie immer es sich mit dessen »Realität« verhalte und

wie immer innerhalb der Gesamtheit der physischen

Phänomene

die weitere

die physikalisch

So ^)

ist

die

und

Scheidung derjenigen

erfolge,

die physiologisch bedingt sind.

Erscheinung des gebrochenen Stabes im

Siehe hierzu Abschnitt

4.

57

Wasser

eine physikalisch bedingte,

Bild

vische

Körpers eine geometrisch und

eines

physische

bedingte

physiologisch

das perspekti-

Erscheinung^).

Die Abhängigkeit einer Erscheinung äußerer Wahr-

nehmung vom Leibe diese nicht zu

zu einem

(je

des

Wahrnehmenden macht

einem psychischen Inhalt, sondern nur

nach Art der Abhängigkeit) mehr oder

weniger daseinsrelativen alle daseinsrelativen

Aber nicht

Gegenstand.

Gegenstände sind darum »psy-

chisch« oder »subjektiv«.

So wenig aber der Gehalt der äußeren Wahrneh-

mung

als ein

ursprünglicher Teilgehalt der inneren

umgekehrt

angesehen werden kann, so wenig Gehalt der inneren

Wahrnehmung

Wahrnehmung

der Gehalt der inneren tisches

als

ursprünglich gegeben



der

durch äußere etwa

Wahrnehmung nur

so,

daß

ein gene-

Entwicklungsprodukt von »Elementen« wäre,

die »zunächst« im Gehalte der äußeren Wahrnehmung

anzutreffen wären.

entgegengesetzte

Diese

dem

Irrung liegt

Lehre zugrunde, nach der

»Idealismus« genau der

sensualistischen

alle seelischen

Tatsachen,

auch Gefühle, Strebungsakte usw. auf komplizierten

Verbindungen von sollen

(mit

^)

Alle

Organe und Viszeralnach dieser Lehre an der innersten

Einschluß

empfindungen, die Spiegelbilder,

»Empfindungen« beruhen

sog.

der

virtuelle

Bilder,

Regenbogen

obgleich nicht physisch real, so doch echte

nungen. 58

z.

B.,

sind

physische Erschei-

Grenze der äußeren

Wahrnehmung

liegen

und un-

analysiert einen besonderen elementaren Tatbestand

und eine besondere Wahrnehmung, die »innere Wahrnehmung«, vortäuschen sollen). Die Vorstellung wird hier einem abgeblaßten, an Inteni), und sität geringeren Sinnesinhalt gleichgesetzt »seelisch«

Gefühle,

Ich sollen

Streben,

sich

gefallen lassen,

Komplexe von Organ- und Viszeralempfindungen und bestimmter »Töne« dieser Elemente aufgelöst zu werden. Es ist dann ziemlich gleichgültig für diese

in

Frage, ob

man

bei diesen

Phänomene stehen

bleibt

Elementen der äußeren und alle mechanische

Reduktion derselben in der Physik als einen bloßen zweckmäßigen Symbolismus ansieht, ihre Abhängigaufzuzeigen,

keitsbeziehungen

mechanische Reduktion

als

oder

ob

man

die

ein Erfassen des »Re-

macht man die »seelischen« Tatsachen zu bloßen Komplexen physischer Elementarphänomene und »seelisch« selbst wird alen«

ansieht.

eine Kategorie,

In beiden

die

Fällen

eigentlich

nur eine künftige,

ungelöste Aufgabe der Naturwissenschaft bezeichnet. Das Seelische ist dann nur der jeweilige Rest des naturwissenschaftlich noch nicht völlig analysierten und erklärten Tatbestandes. Mit jedem Fortschritt der Naturwissenschaft würde dem »Seelischen« der Boden abgegraben und in einer voll^)

Wie widersprechend

gezeigt worden, als

daß

allen

Tatsachen dies ist, ist schon zu häufig werden müßte.

es hier wiederholt

59

kommenen

Naturwissenschaft würde diese Kategorie

verschwinden. Ist

mithin der Unterschied innerer und äußerer

Wahrnehmung weder reduzieren, so

nur

ist die

erlebbaren

zu leugnen noch weiter zu

Frage, was, abgesehen von

Richtungsunterschied

der

dem

beiden

Akte des Wahrnehmens, sie scheidet^). Da ist für unseren Zweck vor allem wichtig, daß der Unterschied der beiden Richtungen des Wahrnehmens in keiner Hinsicht als relativ auf den Leib und demgemäß auch auf die Sinnesfunktionen und -Organe anzusehen besteht,

wenn

ist.

Die Scheidung

ist

eine solche, die

wir auch die Existenz des Leibes auf-

gehoben denken^).

»Äußere Wahrnehmung«

als

Akt-

richtung hat daher mit »Sinnes Wahrnehmung« zu-

nächst gar nichts zu tun; lichung wie

immer an

die

mag

ihre reale Verwirk-

Mitwirkung der sinnlichen

Wesen

davon ganz unabhängig. Von der Fülle dessen, was ein Akt äußerer Wahrnehmung gibt, ist es eine zweite Frage, Funktionen gebunden

sein, ihr

ist

was uns davon durch diese oder jene Sinnesfunktion, durch Sehen, Hören, Riechen zugeht, und eine dritte, unter Mitwirkung welcher Organe und Veränderungen in ihnen und ihren Fortsätzen bis zum Gehirn uns ^)

Vgl.

hierzu Abschnitt

dieser Frage

kann

4.

Eine vollgenügende Untersuchung

hier nicht gegeben werden.

^) Daß »innere Wahrnehmung« mit Wahrnehmung des »in« den Leib Lokalisierten nichts zu tun hat, braucht nicht gesagt zu werden.

60

der betreffende Inhalt zugeht^). Unter den Erschei-

nungen aber, die uns äußere Wahrnehmung gibt, sind die Gruppen physikahsch und physiologisch bedingter Erscheinungen oder die betreffenden so verschieden bedingten

Momente an einer Erscheinung noch

different;

sie

scheiden sich erst innerhalb des Be-

reiches der »Erscheinungen äußerer

Wahrnehmungen« Das nur oder

oder der »physischen Phänomene«.

mag

überwiegend physiologisch Bedingte lich«,

selbst

in-

»subjektiv« heißen

logisch bedingten

(z.

»mensch-

B. alle physio-

Sinnestäuschungen), es wird da-

durch nicht im mindesten »psychisch«.

Es war

ein

Irrweg, den zuerst Descartes inauguvon allen äußeren Erscheinungen zuerst eine physikalische Erklärung zu fordern und dann erst die stattfindenden physiologischen Vorgänge soweit heranzuziehen, als sie durch die, den Erprinzipieller

rierte,

scheinungen supponierten, physikalischen Reizrealitäten als bewirkt angesehen werden dürfen. Sinnesphysiologie hat zuerst

Hering

(durch

In der

Vor-

aussetzung der wohlgeordneten Farbenerscheinungen

und nicht

ihrer physikalischen Definitionen), in er-

weitertem

Maße

erst

Pawlow durch

seine Erweite-

rung der Physiologie mit diesem Irrweg prinzipiell

^)

Dies finden wir erst durch eine Reflexion auf das Sehen, Hören,

Schmecken usw. und durch einen Hinblick darauf, was an dem wahrgenommenen Ganzen durch die Funktion herausgehoben wird.

61

Es

gebrochen^).

nungen zunächst erst

ist

also

auch

irrig,

»psychisch«

als

alle Erschei-

anzusehen und

durch einen »Schluß« oder eine »Deutung« in

das Gebiet des Physischen überhaupt hineingelangen

zu wollen. wird

die

In

jedem Akte äußerer Wahrnehmung

Existenz des

Physischen,

einer »Natur«

und nur nach der Stufe der des in dieser Erscheinung im

schlechthin evident, Daseinsrelativität

Denken zu erfassenden Gegenstandes, d. h. nach dem Maße und der Art seiner Abhängigkeit von den Eigenschaften des auffassenden Wesens (den generellen und individuellen, normalen und abnormen) kann dann noch eine weitere Frage gehen, die man summarisch oft mit »Realität der Außenwelt« beNicht aber auf eine zuvor angenommene zeichnet. »Realität« »jenseits des Bewußtseins« (wie der un-

klare Ausdruck lautet)

ist die

Außenwelt, sondern auf

Außenwelt schon als Phänomen ist die weitere Frage, was daran »real« ist und in welchem Sinne, zu stützen-). Es bedarf auch keiner »gesetzlichen Verknüpfung« der Indie evident gegebene Existenz der

halte

^)

mehrerer Akte,

Eine kurze

keiner besonderen »Ordnung«,

Belehrung über Pawlows erweiterte Physiologie

gibt sein auf der Königsberger Naturforscherversammlung gehaltene»

Vgl. zu dem oben Gesagten meine Ausführungen in der Abhandlung »Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik«, Niemeyer 1913, S. 100. sei hier nicht 2) Auf die Frage nach dem Wesen der »Realität«

Vortrag.

eingegangen.

62

um

uns zu einem »Physischen« zuführen. Vielmehr ist in jedem Akte äußerer Wahrnehmung uns »Natur« als ein unbestimmtes Ganzes gegeben, auf dessen

Hintergrund die sinnlichen Inhalte des gegenwärtigen

Momentes nicht

so,

Und

schärfer hervortreten.

daß uns

erst zerstückte

dabei

ist

es

Inhalte verschie-

dener sinnlicher Funktionen gegeben wären, wie rot und hart und sauer und laut, die erst durch eine hinzutretende Verknüpfungs- und »Ordnungstätigkeit«

zu »verbinden« wären;

sondern

es

ist

unmittelbar

dieselbe materielle Einheit, die wir tasten

wenn wir

heit überhaupt ist

Sphäre äußerer Wahrnehmung

Wahrnehmung

existierend evident gegeben; »Flypothese«, sein,

und

die »Materie« oder die dingliche Einin der

uns in jedem Akte äußerer

kann nur

sehen,

B. eine rote harte Fläche berühren

z.

Auch

sehen ^).

und

wie

sie

beschaffen

ist,

als

Deutung

kontinuierlich

oder diskret, resp. welche Bestimmungen wir je nach

Stand der Wissenschaft ihren letzten Elementen zuschreiben. Nicht aber ist sie selbst eine »Hypothese«.

Und

ganz analog

ein Ich

eines

und

ist in

innerer

Wahrnehmung immer

überhaupt gegeben, und zwar die Totalität

Ich,

auf dessen Hintergrund sich dann dies

jenes abhebt; auch dessen Existenz

bar evident und

es

ist

unmittel-

bedarf dabei keiner »Hypothese«

^) Alle »Entwicklung« und alles »Lernen« betrifft nur die Zuordnung der gegebenen Inhalte zu bestimmten realen Dingen; nicht

aber

ist

jene Identität selbst eine erlernte oder entwickelte.

63

oder eines »Schlusses« oder einer metaphysischen An-

nahme einer »Substanz« usw. Es bedarf auch keiner »Zusammenfassung« und »Synthese« einer Mehrheit von Bewußtseinsmomenten, vermittelt durch Erinnerung oder gar durch Reproduktion.

Wahrnehmung

inneren

Können spannt

geht

Der Akt der

dem Rechte und um-

nach auf jedes Erlebnis des Ich; er

alle

Stufen des Bewußtseins und alle zeitlich

wie immer getrennten Lebensmomente und nur die

Auswahl dessen, was in ihm als Teil des Jetztmomentes faktisch erscheint, ist durch Leibvorgänge und in zweiter Linie durch psychische Kausalität bestimmt.

Wie irrig es ist, äußere und innere Wahrnehmungen auf den Leib relativ zu setzen, das zeigt am besten die unumstößliche Tatsache, daß der »Leib«

— ein Tatbestand, den man doch vom »Körper« scharf scheiden möge, — uns sowohl in innerer wie äußerer Wahrnehmung

gegeben

durch Zuordnung, uns es ist »dieselbe

und als

unmittelbar,

nicht

»derselbe« gegeben ist;

Hand«, die ich hier sehe und in der

Schmerz vorfinde^) Täuschungen in dieser Richtung gelten also nur für die Zuordnung der be-

ich diesen

^)

Daß

;

der Schmerz unausgedehnt

sei

oder erst

vom Zentrum

Behauptung, die gleichfalls zu jenen Irrungen gehört, die ich im 3. Absatz bespreche und in denen der normale Fall nach Analogie mit anormalen Täuschungen (z. B. Schmerz im amputierten Glied) verständlich gemacht werden aus projiziert werde,

soll.

64

ist

eine ganz willkürHche

sonderen Inhalte zu der realen Sphäre wirklicher Erlebnisse

und wirklicher Körperteile;

diese unmittelbare Identifizierung

Derselbe Leib

nehmung

als

Bestandteil

ärzt-

diesem Grund-

uns also in äußerer Wahr-

»Körperleib«

seele« gegeben, in

stets

ist

setzen aber

voraus. Alle

liche »innere Diagnostik« beruht auf satz.

sie

und innerer

als

»Leib-

deren einheitlicher Totalität, die unseres

Bewußtseinsinhalts

ist,

Empfindungsgruppen der einzelnen ViszeralOrgane und Eingeweide (Organ- und

sich

erst

die

empfindung) heraussondern. Die äußere

Wahrnehmung

vollzieht

sich

durch

Vermittlung von Sinnesfunktionen, deren einheittion

Modi hindurchgreifende Grundfunkdas phänomenal aufweisbare pure »Empfinden«

ist;

sie

liche,

durch

alle

erfolgt

durch äußere Sinnlichkeit, die zu-

nächst funktionell und erst in zweiter Linie durch die Sinnesorgane bei

Lebewesen verschiedener Art

eigentümlich bestimmt

^)

Gesetzmäßigkeiten

der

ist^).

Die

Funktionen,

des

Sinnesfunktion

»Sehens«,

»Hörens«

können daher bestimmt werden unabhängig von der bestimmten Reizung und Beschaffenheit der Sinnesorgane und sind bei dem sog. inneren Sehen, inneren Hören (eines etwa in der Erinnerung gegebenen Tatbestandes) dieselben wie bei wirklichem Sehen und Hören (z. B. Umfang der an die bestimmten Funktionen gebundenen sog. »sinnlichen Aufmerksamkeit«, perspektivische Veränderungen der Inhalte mit Nah- und Fernlokalisation usw.). Diese Funktions-

verschiedener Ausstattung des Apparates der Sinnesorgane bei verschiedenen Tieren weithin dieselben und haben

gesetze sind auch bei

in ihrer Eigengesetzmäßigkeit erforscht zu werden.

II. 5

65

den Akt der

also schiebt sich sozusagen zwischen

äußeren

Wahrnehmung und

deren möghchen Ge-

Mitte und schneidet nur

halt in die

die

für die

Aktionsrichtungen des Lebewesens wichtigen Ele-

mente

Gesamtbereich

diesem

aus

Die

heraus.

hat also lediglich den Charakter Lebewesen bedeutsamen Analysators; keinerlei produktive Bedeutung für den Gehalt der äußeren Anschauung kommt ihr zu^). Nun ist es aber von grundlegender Bedeutung Sinnesfunktion

eines für das

und ihren weiteren Fortgang, daß anerkannt werde, daß auch die innere Wahrnehmung nicht unmittelbar auf das Ich und seine Erlebnisse geht, sondern gleichfalls vermittelt durch einen »inneren Sinn«. Es ist ein gewaltiger Irrtum, wenn man gemeint hat, seelische Existenz habe nur: einmal das jeweilig gegenwärtig im Bewußtfür die Psychologie

sein

Vorgefundene;

alles

vergangene Erleben

sei

da-

gegen nur in physiologischen Dispositionen oder auch in Dispositionen einer metaphysischen Seelensubstanz

und

dergl.

vorhanden; sodann nur das, wovon das

Individuum sich im Erleben bewußt uns in

^)

Eine interessante

Zusanimenstiminung

Bergson »Memoire

et

matiere«,

Pawlows genannten Vortrag.

66

daß

es dies

es erlebt.

F.

Alcan,

diesem Gedanken und Pawlow. Siehe

in

zeigen neuerdings die Forschungen von Bergson

H.

sei,

Genau so sinnlos als es wäre, den der Sinneswahrnehmung eben gegenwärtigen

und was

Paris 1908.

Desgl.

Ausschnitt der Natur für allein »wirklich« zu halten

und

alles

keiten

andere nur in »Dispositionen«, »Möglich-

Wahrnehmung^)«, genau

der

falsch

so

diese Vorstellung für die seelische Realität.

ist

Nicht

das Erlebnis selbst, sondern nur seine Erscheinung für den inneren Sinn ist uns in

uns

momentan gegenwärtig

ist

dem

(von

gegeben, was

aller

besonderen

Aufmerksamkeit, Bemerken, Beobachten noch ganz

Und

abgesehen).

so

wenig Sonne,

Mond und

von »Gehirn« und »Sinnen« abhängig das psychische Erlebnis selbst.

aber

ist die

Tatsache

sind, so

In beiden

Sterne

wenig Fällen

äußere und innere Sinneserscheinung der

vom Leibe, und

vensystem abhängig.

Es

in erster Stelle ist

Irrtum, der Biologie, Physik

vom

Ner-

eben ein prinzipieller

und Psychologie

gleich-

mäßig schädigt, das Psychische vom Leibe irgendwie abhängiger zu denken als das Physische. In beiden Gegenstandsbereichen gibt es vielmehr prinzipiell vom Leibe abhängige und davon unabhängige Erscheinungen und Erscheinungsmomente; und in beiden gibt es eine ganz bestimmte Ordnung unter den auf den Leib und bestimmte Beschaffenheiten seiner daseinsrelativen Gegenstände. In beiden

aber gibt

es

auch eine Schicht des absoluten Da-

seins, die unabhängig

vom Leibe besteht.

Sosinnlos

^) J. St. Mill und andere haben ja auch dieses behauptet. In seiner Untersuchung der Philosophie Hamiltons setzt Mill auch die Materie zu einer »konstanten Gruppe von Wahrnehmungsmöglichkeiten« herab.

5*

67

ein

Mensch

sich

wähnte, wenn

er

und

konstatierte

verhielte,

der Physik zu treiben

nur äußere sinnHche Erscheinungen sie

nach Abhängigkeit

vom

Leibe

erforschte (denn er treibt doch Physiologie der Sinne), so sinnlos ist es auch, die Tatsachen und Erscheinungen

des »inneren Sinnes« mit der seelischen Realität gleichzusetzen.

Freilich

gibt

eine

es

»Physiologie

des

inneren Sinnes« so gut wie eine solche des äußeren

Zu

Sinnes.

ihr

der Hauptinhalt der sog.

gehört

»Physiologischen Psychologie«.

Aber von Psychoda

logie ist diese Wissenschaft grundverschieden,

es

um das reale seelische Erum das, was das Individuum

sich in der Psychologie

leben handelt und nicht davon

in

seinem »inneren Sinne« erfaßt.

hängig

ist

vom

Erlebnis,

Leibe, das

ist

Was

ab-

nicht das reale seelische

sondern seine Auffassung durch den

pertubiert werden,

und nicht psychische Störungen,

sondern Störungen der Auffassung durch den neren Sinn« sind handelt.

Hierbei

in-

Diese allein kann »gestört«,

neren Sinn und ihre Art.

die alle Psychopathologie be-

es, ist

»in-

indes nicht das unsere

Meinung

(wie es Kants völlig anders orientierte Lehre

vom

»inneren Sinn« in sich schließt), daß das Psychische,

wie

es

unabhängig

vom

Erscheinung »wirklich« Sinne eines »Ding an

inneren Sinn und seiner

ist,

»transzendent« wäre

sich«^).

Wir scheiden

im

innere

^) überhaupt hat unser Begriff des »inneren Sinnes« mit jenen Kants nicht das mindeste zu tun. Kant setzt innere Wahrnehmung

68

Wahrnehmung von »innerem Sinn

ist

Sinn«; auch der innere

wie der äußere Sinn nur ein iVnalysator des

Wahrnehmens, nicht etwas, was positiv den Gehalt der Anschauung gibt; dies leistet allein die innere Wahrnehmung, in deren Gehalt durch den inneren Sinn nur das herausgeschnitten und abgestuft hell beleuchtet wird, was am psychischen Erlebnis für die Tätigkeits- und Interessensphäre des Leibes von entsprechend abgestufter Bedeutung ist. Wie wir aber durch Anschauung und Denken uns hinsichtlich der Außenwelt von der momentanen Sinneserscheinung frei machen können, so vermögen wir dies auch in der Sphäre der inneren Wahrnehmung, in der Psychologie, — und zwar in jedem denkbaren Grade; prinzipiell bis zur Anschauung des absoluten Gegenstandes — wenn wir so den Gegenstand nennen, der nur durch den Akt äußerer und innerer Wahrnehmung — und sonst durch nichts bedingt ist. Der innere Sinn, in unserem Verstände, ist keine Hypothese, geschweige gar eine metaphysische. Er Er enthält nichts weiter als ist ein Tatbestand. die

Anerkennung, daß jedes psychische Erlebnis,

das einem Lebewesen zur faktischen inneren und inneren Sinn

gleich,

Lehre, daß die Zeit die stichhaltig.

Die Zeit

ist

was wir gerade zurückweisen.

Form

des »inneren Sinnes«

sei,

Wahr-

Auch ist

seine

ganz un-

auch ein Wesensmoment des Gehaltes äuße-

Anschauung und wird nicht erst vermittelt durch eine zeitliche Ordnung der Auffassungsakte z. B. der Auffassungsakte einer Reihe von Bewegungsphasen auf diese Phasen übertragen.

rer

69

nehmung kommen

soll,

in dessen Leibzustand irgend

Variation setzen muß, die zu den Bewegungsimpulsen des Leibes eine bestimmte

eine charakteristische

Gesetzmäßigkeit aufweist i). So wenig die psychischen Erlebnisse auf Leibzustände,

findungen usw.

Komplexe von Emp-

zurückzuführen sind, so

doch

ist

mit jeder Wahrnehmung aines psychischen Erlebnisses ein charakteristischer Leibzustand

und

eine

mit ihm zusammenhängende, bestimmte Bewegungsintention verbunden, ohne die es die Schwelle des

inneren Sinnes nicht zu überschreiten vermag.

In-

sofern bleibt auch nach unserer Ansicht jedes Er-

wahrgenommen

von Zuständen des Leibes, also auch des Seelen- und Körperleibes, lebnis, sofern es

wird,

einem Maße abhängig; niemals aber

in irgend

der psychophysiologische Parallelismus meint

— —

wie das

Erlebnis selbst und sein purer Anschauungsgehalt.

Auf der Tatsache, daß zwischen die Erlebnisse und ihre Wahrnehmung ein »innerer Sinn«, ein Analysator des Lebenswichtigen eingeschaltet beruht

es

nun, daß

der inneren

^)

es

so etwas wie

Wahrnehmung«

gibt;

ist,

»Täuschungen

daß

es also

auch

Eine genauere Begründung dieses Satzes soll eine selbständige vom »inneren Sinn« gewidmete Arbeit geben. Eine An-

der Lehre

regung zur Wiederaufnahme des Begriffes »innerer Sinn« ist neuerdings von O. Külpe in seinen Arbeiten zur Psychologie der Abstraktion Gegenwart) aus(siehe auch Einleitung in die Philosophie der gegangen; deutung).

70

eine andere (ziemlich abstruse)

Vgl. auch H. Bergson:

Memoire

von Freud

(siehe

et matiere.

Traum-

und »Wirklichkeit« gibt, ja eine ganze Reihe von Schichten der psychischen Gegenständ-

hier »Schein«

desselben

hchkeit

Erlebnisses,

die

in

ganz

schiedenem Maße von der Beschaffenheit des

ver»in-

neren Sinnes« abhängig und darum in verschiedenem

Maße zu dem auffassenden Individuum Es

sind.

relativ«

ist

leider

eine

»daseins-

der beliebtesten

Lehren der gegenwärtigen Modephilosophie geworden,

daß

es

»Schein« und »Wirklichkeit« in der psychischen

Welt gar nicht gäbe, daß hier nur alles nur da sei oder nicht da sei, daß Psychisches so sei, wie es scheine; daß es also ein wahrhaftes »Ding an sich« sei. Wäre das richtig, so gäbe es freilich keine Täuschung der inneren Wahrnehmuno;^). Neuerdings hat auch E. Husserl, dessen Werken auch wir uns

^)

tief

verpflichtet fühlen, sich dieser Lehre angeschlossen.

»das psychische Sein, das Sein als »Phänomen«,

mehreren gesonderten Wahrnehmungen

eine Einheit, die in duell

identische

erfahrbar wäre,

desselben Subjekts.

Er sagt:

ist prinzipiell

nicht einmal in

nicht

als indivi-

Wahrnehmungen

In der psychischen Sphäre gibt es mit anderen

Worten keinen Unterschied zwischen Erscheinung und Sein usw.« (Logos, 1913), siehe auch das folgende. Wir sehen erstlich nicht, wie diese Behauptung mit den tiefdringenden Ausführungen in den »logischen Untersuchungen« über »innere und äußere Wahrnehmung« (S.

694), in

denen nicht nur der Vorzug der Evidenz der inneren vor der äußeren (wie sie Descartes und Brentano

Wahrnehmung lehren)

bestritten

gegenüber

mung von (S.

703,

will es

wird,

sondern ausdrücklich gesagt wird: »Dem-

mir erscheinen, daß innere und äußere Wahrneh-

ganz gleichem erkenntnistheoretischen Charakter sind usf.« übereinzubringen sei. Husserl hat hier seine Meinung

4)

geändert.

Sachlich aber scheint mir hier Husserl das

Wesen

des »Phäno-

mens« mit dem des »Psychischen«, Phänomenologie mit Psychologie

71

Nun

Ist es

aber schon eine Unterscheidung inner-

halb der Gemeinsprache, das Neuhinzutreten von Erlebnissen von neuer oder anderer Auffassung der zu verwechseln, obgleich an einer anderen Stelle (S.302 des Aufsatzes) die »Phänomenologie des Bewußtseins«, die es mit dem »reinen Bewußtsein« zu tun habe, von der »Psychologie«, die es mit dem »empirischen Bewußtsein« zu tun habe oder mit dem Bewußtsein als »Natur« scharf getrennt wird.

Natürlich hat Husserl recht,

wenn

er

»Ein

sagt:

Phänomen

ist

keine substantielle Einheit, es hat keine »realen Eigenschaften«, es

Phänomenen eine kennt keine realen Teile und keine Kausalität. reale Natur beimessen, nach ihren realen Bestimmungsstücken, nach das ist reiner Widerihren kausalen Zusammenhängen forschen .

.



sinn

.

.



Gewiß, darum ist ein »Phänomen« auch nicht »beobachtbar«, sondern nur »erschaubar«. Aber eben aus diesem sicheren Tatbestand da jeder Satz eines Lehrbuches der Psychologie schließe ich, daß eine »Empfindung«, eine »Vorstellung« z. B. wie eine substantielle



Einheit behandelt, ihr »reale Eigenschaften« zuweist (die

dem Erlebenden gegeben

sie

Teile«

sie hat,

ob

oder nicht gegeben sind), auch »reale

und Kausalität zwischen den behandelten Gegenständen an-

nimmt — daß

es Psychologie niemals,

selbst die beschreibende Psy-

chologie (die doch auch auf »Beobachtung« beruht) mit

zu tun hat.

Phänomenen

Die Phänomenologie des Psychischen, die Lehre von den

wesenhaften Konstituentien des Psychischen und seinen Gegebenheitsweisen andererseits hat mit »Psychologie« so wenig zu tun wie Andererseits Phänomenologie der Zahl mit der Arithmetik. was Husserl vom »Phänomen« sagt, auch vom physischen Phänomen. »Phänomen« besagt doch nur das im lebendigen Akte unmittelbar Gegebene, das was in Selbstgegebenheit vor mir steht, so ist, wie es gemeint ist. Diese Gegebenheit aber kann ich an jedem beliebigen Gegenstand aufsuchen, an nichtpsychischen wie an psychidie

gilt alles,

schen; auch wieder an »Dingheit« und »Wirklichkeit«. Völlig recht

Ding-,

hat Husserl darin, daß der naturwissenschaftliche

Vorgangs-, Kausalbegriff usw. auf die Sphären der psychi-

schen Tatsachen nicht übertragen werden darf und daß die »Einheit« des Psychischen ihre ganz »eigenen Formen« hat.

72

Aber hieraus

ist

Erlebnisse bei deren Wiedererleben oder in der Er-

Es

innerung zu unterscheiden. ob Liebe und

Haß zu

ist ein

Unterschied,

einer Person aufhört,

oder

ob sich der Betreffende »getäuscht« hat und etwas

und Haß genommen hat, was gar nicht und Haß war^) ob weiter eine Liebe nicht da Liebe ist oder ob der Mensch sie zeitweise nicht fühlen kann für Liebe

;

oder sich dieselbe nicht »eingesteht«.

Es

ist

aus-

geschlossen, in solchen Fällen etwa zu sagen: alle Ge-

mütsbewegungen

(d. h. alles,

was

diese Qualität hat)

nicht zu schließen, daß diese Begriffe in der psychischen Sphäre überhaupt keinen Sinn haben, sondern nur, daß sie von den spezifischen Modalitäten, die sie in der Sphäre der äußeren Wahrnehmung und der besonderen Mannigfaltigkeit des Naturseins annehmen, dem raumzeitlichen Außereinander. Zwischen zu befreien sind »Ding«, »Materie«, »Körper« gibt es eben scharfe Unterschiede und so sicher das reale Ich, der »Charakter« kein Stück Materie oder ein



Körper

ist,

so sicher sind die Dinge.

zum

Eine »Vorstellung«, die eine

Elemente roit jener und hat »reale Teile«. Ein Motiv eines Willensaktes ist ein realer Vorgang und kann bestehen, während der Handelnde es nicht kennt oder sich ein ganz anderes Motiv zu haben einbildet, und ist die Ursache dieses Willensaktes. Freilich kann eine Beobachtungstatsache und eine kausale Lehre der Psychologie der Phänomenologie des Psychischen nie widersprechen und nie ihre Aufstellungen beweisen, da die Lehre von den Wesenheiten des Psychischen und deren Wesenszusammenhängen wie Husserl so treffend einandere hervorruft, weil

sie

Teil identische

hat, ist ein »Ding«

schärft





die

Voraussetzung

aller

Psychologie

für die Naturwissenschaft, auch für die

scheint uns Husserl ^)

Sondern

z.

nicht

ist.

Daß

dies aber

Mathematik weniger

gälte,

gezeigt zu haben.

B. eine Interessensolidarität, die sich unter »Liebe«

versteckte; oder ein Angezogensein durch einen äußeren Ausdruck,

der einem früher Geliebten glich; oder Selbstflucht; oder heit; oder

Gewohn-

Uberzeugungsgemeinschaft usw.

73

Mensch hat den anderen eben fünf Minuten oder drei Wochen geliebt und gehaßt und seine Angabe, er habe »sich getäuscht«, drücke nur aus, daß seine Erwartung einer längeren Dauer oder bestimmter Wirkungen seiner Gemütsbewegungen auf das Handeln nicht erfüllt worden sei. Viel mehr unterscheiden wir schon im Leben scharf zwischen diesem Tatbestand und einer echten sind gleich wirklich; der

Desgleichen zwischen einer bloß irrigen

Täuschung.

Subsumption

eines Erlebnisses unter einen Begriff,

unter den es nicht gehört, und

dem anschaulichen

Vermeinen, das Erlebnis

real

sei

So

vorhanden.

halten wir in der »Sentimentalität« bloß vorstelHg gefühlte Gefühle für wirkliche

und

reale; oder die

angelesenen Gefühle der Personen eines wirkliche

und

eigene.

Romans

für

In solchen Fällen liegt nicht

nur ein »Irrtum« vor, eine falsche Subsumption sondern eine »Täuschung« im

z.

B.,

früher bestimmten Sinne.

Es ist nicht richtig, daß der Zorn, die Trauer, ja der Schmerz eines hysterischen Patienten als Erlebnis mit einem Zorn, einer Trauer, einem Schmerz des Normalen psychisch ganz gleich ist und nur die objektiven Ursachen und Wirkungen (z. B. Ausdrucksbewegungen) verschieden sind; vielmehr sieht dieser Kranke sehr wohl noch jene tiefere Schicht seiner seehschen Person, auf der

z.

B.

während der stärksten

Äußerungen des vermeinten Zornes

Ruhe 74

liegt;

ein Gefühl der

nur diese Ruhe selbst sieht

er nicht

und

verlegt in

darum seinen bloß

diese tiefere Seinsschicht seines

Aber noch mehr;

Zorn

vorstellig gefühlten

es ist ein

halb des seelischen Gebietes

Ich.

Irrtum zu sagen, inner-

komme

der Unterschied

von Ding oder Vorgang und seinen »Erscheinungsweisen« gar nicht zur Verwendung. Der Psychologe, der von einer »Vorstellung« redet,

oder jenes wirken läßt,

sie

dieses

dieselbe

verblassen läßt oder

reproduzieren läßt, kann gar nicht umhin,

sie

unter

sie

der Kategorie eines realen Dinges oder Vorgangs

zu fassen und ihr Bestimmtheiten, Wirkungsweisen,

Beziehungen zuzuschreiben, die da

sind,

Vorstellenden erscheinen oder nicht. freilich ist

die Vorstellung nicht; aber

ob

dem

sie

Ein »Körper«

man

scheide

doch scharf die für die äußere und innere Wahr-

nehmung indifferente Dingidee und die Körperidee. Auch die Begriffe »Charakter«, »Seele«, »reales Ich« sind Dingbegriffe, ihre Gegenstände echte Dinge



ohne

darum transzendente Substanzen zu sein. Ein und dasselbe reale Erlebnis kann jetzt genauer, jetzt weniger genau wahrgenommen werden, z. B. ein Leid, das in mir steckt; ja wir

können uns

in der

äußersten Schicht unseres Lebens so »verlieren«, daß das Leid unserem Blicke ganz entschwindet oder

nur

als

ganz »allgemeiner Druck« gegenwärtig

ist,

während wir lachen und scherzen und diese Gefühle der »Freude« auch auf jener äußersten Schicht fühlen. Trotzdem ist es ein ganz bestimmtes Leid 75

mit einer Fülle aussagbarer Merkmale.



Ein Er-

vermag uns abwechselnd auch verschiedene Seiten darzubieten, wobei man unter »Seiten« nur

lebnis

muß, wie sie das Körperding oder der physische Vorgang hat. Das

nicht räumliche Seiten verstehen

aber

ist

etwas anderes

anders aus, erleben,

z.

als eine

Veränderung des Er-

Ein und derselbe Schmerz sieht

lebnisses selbst.

wenn

wir ihn in verschiedenen Modi

hingebend, ihm Widerstand leistend bietet

ihm usw. und er

B. leidend, duldend, genießend, uns

immer

dabei

neue

»Erscheinungen«

dar.

Die realen Erlebnisse und ihr kausaler Zusammen-

hang sind

also

im Phänomen der inneren Sinnes-

wahrnehmung so wenig gegenwärtig wie der reale Zusammenhang der Natur im Phänomen der äußeren Sinneswahrnehmung.

Die Daseinsstufen, dort

gekannzeichnet durch das

Maß

alle

der Abhängigkeit des

wahrgenommenen Gegenstandes vom auffassenden Subjekt und seinen generellen und individuellen Eigenschaften, entsprechen eben so viele Bewußtseinsstufen hier.

da

sein,

Ein Krankheitsgefühl

z.

aber auch nur der Sphäre des Bemerkens; in

B.

kann

aber der inneren Sinnessphäre entrückt sein;

dieser

liegen,

aber der

es

kann

Sphäre des Beachtens

entrückt sein; es kann hier liegen, ohne doch bees

kann beobachtet werden,

Urteil, eine

subsumierende Feststellung

obachtet zu werden;

ohne daß ein

darüber ergeht. 76

Wie

weit liegt also voneinander

und was er erlebend so weiß, daß er sagen kann, was er erlebt! Wir können den Erlebniszusammenhang, der je-

ab,

was jemand

erlebt

auch in symbolisch für ihn fungierenden Erscheinungen der Sphäre des inneren Sinnes entrückt ist, den »unterbewußten Teil« des Ich nennen. Aber weils,

es

muß dann

klar

»Unbewußten«,

d.

daß

sein,

h.

mit dem

dies

einer bloßen

Konstruktion zu

kausaler Erklärung des Seelenlebens,

Schon darum

z.

B. als Ort

genommen, gar nichts

»psychischer Dispositionen«

zu tun hat.

sog.

nicht, da ja das »unter-

bewußte« Erlebnis durchaus nicht für

schauung einfach fehlt oder

die innere

An-

erst erschlossen wäre,

sondern sein Dasein und Fehlen, sein Sosein und Anderssein sehr wohl den jeweiligen innerer

Anschauung modifiziert, wenn auch

Modifikation ihrem besonderen

ohne

weiteres

angebbar ein

ist.

Bewußtes,

gegen

durch

Das »Unterbewußte« so gut wie das

ja das sog.

ist

sprachlich also

noch

»Oberbewußte«, wo-

>>Unbewußte« in keinem Sinn für

sondern

soll,

Das unterbewußte Erlebnis

Wahrnehmung

diese

nach nicht

Inhalt

Erlebenden

den

das Bewußtsein da sein ist.

Gesamt gehalt

prinzipiell

unterbewußt macht,

ist

erst erschlossen

ist

zugänglich

also

innerer

und was

es

nur, daß es jeweilig nicht

auf den inneren Sinn einwirkt, durch dessen Reizung die Erlebnisse erst jene

bestimmte Lebhaftigkeits-

größe erhalten, durch die

sie

aktuell als gegenwärtige 77

Vorkomnmisse wahrgeiiommeii werden. Nicht weniger verschieden aber ist das Unterbewußte vom Unbemerkten, das bereits zur Sphäre des Oberbewußten gehören muß.

Ein genereller Irrtum in der Auffassung und Erklärung der Täuschungen.

3.

und Erklärung der und äußeren) finde ich eine irrige methodische Voraussetzung, von der es mir zweckmäßig erscheint, sie nicht nur von Fall zu Fall immer aufs neue aufzuweisen, sondern ihr an der Hand von Beispielen einmal prinzipiell In der bisherigen Auffassung

Täuschungen überhaupt

die fernere

Verwirrung dieser Fragen abzuschneiden.

Sie besteht darin, als

(der inneren

daß

man den

für jede

Täuschung

Korrelat dienenden Fall der »richtigen« Einsicht

um

Täuschung verständlich zu machen, sondern umgekehrt von den Täuschungen ausgehend auch den Fall der richtigen Einsicht genau so erklärt, wie man die Täuschung erklären zu müssen glaubt; daß man, wie wir kürzer sagen können, das Normale aus dem Anormalen, als einen Spezialfall derselben Gesetzmäßigkeit, die im Anor-

nicht voraussetzt,

die

malen herrscht, zu erreichen sucht — nur mit der Anmerkung, daß dem normalen Gebilde eben auch noch ein objektiv Reales entspreche. Dies

ist

z.

wahrnehmung 78

B. der Fall, als

wo

die

normale Sinnes-

eine »halluzination vraie« aufge-

faßt wird

(Taine),

ein

als

Gebilde also, das sich

von der Halluzination unterscheidet, sondern nur darin, daß ihr ein Wirkliches entspricht, daß also ein auf sie aufgebautes Existenzurteil »wahr« ist, während jener nichts entspricht; resp. daß zur Erklärung dieser ein objektiver Reiz phänomenal

in nichts

angenommen

wird, zu jener entweder nur eine rein

zentrale Reizung oder eine zentrifugal bedingte Rei-

zung der peripheren Sinnesflächen. ausgezeichnetes

logisch

Wahrnehmung

soll

es

Merkmal

Ein phänomenoder

natürlichen

hiernach nicht geben.

Man

schheßt: da auch die natürliche Wahrnehmung in ihrem gesamten Gehalte durch die Intaktheit ge-

und Fasern der Großhirnrinde und Reizung und Erregung dieser bedingt ist, die

wisser eine

Zellen

Halluzination aber ausschließlich durch eine solche (sehen wir hier von zentrifugaler Reizung ab), so in

der unmittelbaren Ursache

keinerlei

der

ist

Erscheinungen

Unterschied; eben darum könne man auch

die entfernteren Ursachen, die Glieder der Kausalkette, die in jener unmittelbaren Ursache endigen, aufge-

hoben oder ist,

so weit variiert denken, als es

nur möglich

sofern sie nur in diesem letzten Gliede der un-

mittelbaren Ursache endigen sollen



ohne hierdurch

den Gehalt der Erfahruno; zu verändern.

fertigt.

Es

nehmung

ist

Eine solche

nun ganz ungerechtganz unberechtigt, die natürliche Wahr-

oder ähnliche Schlußweise

in Analogie

ist

mit einer Halluzination zu be79

Einmal besteht

urteilen.

erst

unter der Voraussetzung,

daß uns die natürliche Wahrnehmung Bestehendes

gibt, dessen

ein wirklich

Gehalt nicht durch unseren

Leib, also auch nicht durch unser »Gehirn« bedingt ist,

das Recht, auch von sonst ähnlichen Erschei-

nungen zu reden, die dies nicht tun, die also zur Sphäre der Täuschungen — hier der Halluzinationen - gehören. Auch was wir von Leib, Gehirn, Reizung usw. aussagen, das können wir nur aussagen eben unter der

Voraussetzung

der

Dignität

der

natürlichen

Wahrnehmung, uns Wirkliches und nach seinem Gehalte von unserem Leib Unabhängiges zu geben.

Und

nur, weil wir aus der natürlichen

Wahrnehmung

was »Wirkliches«, was »Außenwelt«, was ein von uns unabhängig dem Wirklichen zukommender Gehalt ihrem Wesen nach sind, nur darum kann es vorkommen, daß auch Inhalte, die tatsächlich nicht so, d. h. real und außer uns begelernt haben,

dingt sind wie die der natürlichen

sondern nur zentral bedingt



Wahrnehmung



gleichwohl mit jenem

»Bewußtsein« der Wirklichkeit, der Außenweltlichkeit, der

bunden Fall ist;

Unabhängigkeit von unserem Gehirn ver-

auftreten, wie es bei der Halluzination der

oder kürzer: daß dieser Inhalt mit

dem

Aktcharakter und seinen Wesensbestandstücken des

»Wahrnehmens« behaftet Schlußweise nach

dem

auftritt.

Wollen wir jene

Satze von der »Ersparnis der

Ursachen« machen, so müssen wir vielmehr sagen: da 80

Aufhebung der Kausalglieder bis zur unmittelbaren Ursache im Großhirn die Inhalte der Erfahrung die

nicht verändern könnte,

so

muß

der zweifel-

bei

von natürlicher Wahrnehmung, die uns Wirkliches und nicht durch unser Gehirn bedingte Inhalte gibt — im Gegensatz zur Halluzination — der Sinn dieser »kausalen BedinVerschiedenheit

losen

,

gung« hier und dort ganz verschieden natürlichen

Wahrnehmung

ist

sein.

Bei der

gehirnbedingt eben

nur das Wahrnehmen dieses bestimmten Inhalts der Wirkhchkeit im Unterschied zu anderen Inhalten.

Es

ist

Selektion

gehirnbedingt die

dieses

Inhalts

aus der Fülle der sonst existierenden Inhalte.

mal

also

Ein-

das »Wahrnehmen« als der reale Vollzug

gerade dieser Aktqualität im Vorstellen,

Urteilen

usw.

Unterschiede von

und sodann

die

Wahl,

daß gerade dieser Inhalt der Wirklichkeit und nicht ein anderer ebenso wirklicher Inhalt von dem betreffenden Individuum, das dieses Gehirn hat, wahr-

genommen

Dagegen ist im Falle der Halluzination der Inhalt selbst (und nicht die Wahl aus möglichen anderen) und in zweiter Linie die Reprowird.

duktion der mit einer natürlichen

wesenhaft

verknüpften

Wahrnehmung

Erscheinungsmomente

hirnbedingt; das heißt, die Halluzination

ist

ge-

eine

Täuschung, in der wir wahrzunehmen bloß meinen,

ohne faktisch wahrzunehmen; und ihr Inhalt ist relativ auf das Gehirn des Halluzinanten, wogegen II.

6

81

der Gehalt der natürlichen ist;

Wahrnehmung

er ist relativ auf die Dinge,

da

die

dies nicht sind,

und

wirklich.

Dasselbe

für die

gilt

Illusionstheorie der

Wahr-

nehmung. Hiernach soll »Illusion« darin beruhen, daß die durch simultane Assoziation bzw. durch Assimilation mit den reinen Empfindungselementen Verbindungen eingehenden Gedächtniselemente ein quantitativ zu starkes Übergewicht über die

Nun

findungselemente erhalten. natürliche

Wahrnehmung nach

mehr oder weniger

des

je reicher

Emp-

aber auch jede

dieser Lehre bereits

reich mit solchen Gedächtnis-



und dies offenbar um so und entwickelter das geistige Leben

elementen durchsetzt

mehr,

ist

Wahrnehmenden

ist.

Nicht nur bestünde hier-

nach kein Wesensunterschied zwischen Wahrneh-

mung und Illusion, es

sondern nur ein solcher des Grades,

ergäbe sich auch die merkwürdige Folge, daß, je

reicher unsere Erfahrung würde,

die

Wahrnehmung

immer weniger mit den vorhandenen Sachen übereinstimmte und immer mehr mit den Illusionen des Kranken auf eine und dieselbe Stufe geriete. Der Naturforscher, z.

B. der

dem

Färbung

Beobachtung Spektrum der

bei einer einfachen

einer Linie

im

Sonne eine gewaltige Fülle von »Gedächtniselementen« herbeieilen, um das bloße Datum der Beobachtung zum

Gliede

eines

Tatsachenzusammenhanges, 82

reichen z.

anschaulichen

B. einer

bestimmten

Beschaffenheit der Sonne, zu machen^), wäre hier-

nach

am

meisten

dem

illusionierenden Irreji ähnhch,

dem bhnkenden Knopf

der in

seiner Bettstelle alle

möglichen Gesichter und Fratzen ja nicht

Es geht

erblickt.

etwa an, nach dieser Theorie zu sagen, daß

daß

der Unterschied darin bestehe,

der

bei

sion eben Gedächtniselemente hinzutreten,

Illu-

die gar

Reproduktionen von Merkmalen »derselben

nicht

Sache« sind, die da jetzt empfunden wird und die früher andere

der

Empfindungen gab

Wahrnehmung

dies

der

;

Fall

daß hingegen sei.

Denn

bei

der

Gehalt der Wahrnehmung, sofern er ein bestimmtes

Ding gibt und eben damit den Empfindungsinhalt überragt, der auch bei anderen und anderen Ding-

wahrnehmungen derselbe sein kann (z. B. weiß das Weiß des Schnees, oder das eines weißen Pulvers usw.), soll sich

nach dieser Lehre

ja

den

erst aus

hinzutretenden Gedächtniselementen aufbauen!

Es

hat also gar keinen Sinn mehr, zu sagen,

es seien

Wahrnehmung Reproduktionen von

früheren

bei der

Empfindungen der

Illusion

»derselben

nicht.

Sache« vorhanden,

Denn

diese

bei

Sache

»dieselbe«

im Bewußtsein nur durch das Hinzutreten jener reproduktiven Elemente vertreten und konsoll

ja

statierbar

sein.

auch bei der ^)

Dies

Hinzutreten

Illusion der Fall sein.

Man denke etwa an den Hergang

könnte

Auch

aber

ist,

so-

der Entdeckung der Spektral-

analyse durch Kirchhoff. 6*

83

lange

man

und Assoziation nicht

die Assimilation

zwischen den fertigen Wahrnehmungs- und Vorstellungsgebilden,

»Elementen« sich abspielen terium gegeben, nach es

um

sich

schon

sondern

entscheiden wäre, ob

Reproduktionen von Elementen

Denn

selben Sache« handelt oder nicht. die

A

Empfindungselemente der Sache bereitliegenden

sitionell

B

Sache

es

»der-

können

den dispo-

Gedächtniselementen

der

beliebig ähnlich sein oder mit ihnen ge-

meinsame Unterbestandteile haben, die sich und umgekehrt können Dispositionen von lungselementen der Sache findungselementen gleichen, sich also es sich

deren

noch gar kein Kri-

läßt,

dem zu

zwischen

um

die

der

A

da

die

sein,

A

Sache

durchaus

fertigen Gebilde der



die

Vorstel-

den Empnicht

wo Wahrnehmung

abschwächen müßten.

und Erinnerung handelt

stärken,

auch

Erst

als

Erinne-



kann von der Prüfung die ob das Reproduzierte auf die Wahr-

rungen gegeben sind

Rede sein, nehmung »derselben Sache« zurückgeht.

Davon

ist

aber hier gar nicht die Rede.

Ganz analog diesen Fehlerklärungen sind folgende Fälle. Die Anschauung eines Reliefs meinen Einige »erklärt« zu haben, wenn sie auf die Licht- und Schattenverteilung auf einer hinweisen,

kann. liche

84

die in

B. gemalten) Fläche

der Tat ein Relief vortäuschen

Aber wer sähe

Phänomen

(z.

nicht,

daß

man

das ursprüng-

eines Reliefs schon besitzen

muß,

um

es in solche Licht-

Es

einzusehen? wie in eine

dem

Falle,

bei

der

anders

dies

wo

wir in Vexierbildern plötzlich

Die zusammenfassende Tätigkeit

Katze sehen.

auch

nicht prinzipiell

hin-

ist

der Linien, Farben, ja

und Schattenverteilung

Formen

des Gegebenen, die wir

Wahrnehmung

einer

Katze vollziehen müssen, genügt nicht,

wirklichen

um

dieses

Denn machen. sollen diese Tätigkeiten so stattfinden, daß sie zum Bild einer Katze führen, so muß die Bedeutungseinheit »Katze« irgendwie bereits vorschreiben, nach Sehen verständlich zu

plötzliche

welchen Elementen des Gegebenen die zusammenfassende Tätigkeit greifen

Wir dürfen

lässigen.

das in der

soll

und welche vernach-

also das

Wahrnehmung

einer

Bedeutungsmäßige,

Katze

steckt, nicht

»erklären« wollen in der Art, wie wir die Erfassung

der Katze

im Vexierbild

erklären.

Oder: wir täuschen uns über den seelischen Vor-

gang eines Menschen. schung

ist,

Die Grundform dieser Täu-

daß wir die bloße Wirkung seiner Aus-

drucksbewegung auf uns auf unser seelisches Leben in die fremde Person »einfühlen« sei es die direkte Wir;

kung auf unser Gefühl, sei es die durch Auslösung einer Nachahmungstendenz der gesehenen Bewegung hervorgerufene Reproduktion von Erlebnissen, die gemeinhin auch bei uns zu einem solchen Ausdruck führten.

In

dem Maße,

als

so

etwas geschieht,

täuschen wir uns über den Seelenvorgang

des an-

85

deren,

indem wir

So bei

seine halten^).

die unsere sind,

Erlebnisse, aller

Mitlachen, Mitweinen, Mitdrohen

Das

erregungen).

ist

für

Gei'ühlsansteckung durch (z.

B. bei Massen-

offenbar das Gegenteil von

verständnisvollem Mitgefühl,

wo

sich erst auf das

intentionale Fühlen eben der fremden Trauer usw.,

das fühlende »Verstehen« dieses Gefühles des

auf

anderen das eigene Trauern, Sichfreuen usw. auf-

Eben

baut. Falle

der

dieses

auf

fremde Gefühl

Nachahmung

kommt

fundierten

uns im Gefühls-

ansteckung durch den anderen gar nicht zu sicht.

Wie verkehrt

ist

nun

z.

B. der Versuch

Ge-

von

Th. Lipps uud Anderen, auch das echte Mitleid nach

Analogie mit

Was

der Gefühlsansteckung

wir so erklären,

ist

darüber, daß wir »mit«

zu

erklären!

doch nur die Täuschung

dem Anderen

leiden.

Ge-

Ansteckung durch fremdes Klagen, Weinen oder auch bloß die momentane Schwäche ihrer Nerven oder einen Shok von ästhetischer Ablehnung für »echtes« Mitleid. Das Motiv mag Eitelkeit sein, die so gerne einen Vorgang, der einem positiv wertvollen Vorgang ähnlich ist, als diesen positiv wertvollen Vorgang wiß

:

viele

solche

Aber das ist eine Täuschung. Und sie voraus, daß wir den Tatbestand echten Mit-

ansehen setzt

Leute halten eine

läßt.

leidens usw.

kennen; wie sollten wir ihn sonst in

^) Vgl. hierzu den Anhang meines Buches »Zur Phänomenologie und Theorie der Sympathiegefühle« (Halle 1913).

86

den Tatbestand der

Gefühlsansteckung hineinzu-

sehen vermögen?

Ganz Analoges

schungen, wie

daß

z.

B.,

man

gilt

von Täu-

etwas bereue, während

man

nur die kausalen Unlustfolgen einer Handlung in den erinnerten Tatbestand dieser Handlung hin-

und Furcht vor sozialen Folgen, welche das Bekanntwerden dieser Handlung haben kann. Die echte Reue läßt sich nicht nach Maßgabe dieser Reuetäuschung erklären. Das einträgt,

z.

B. die Angst

Phänomen ist dazu vorausgesetzt. Dasselbe gilt, wenn z. B. jemand eine Wirkung einer ursprünglich krankhaften Tendenz, sich selbst zu quälen, sich

wehe zu

tun, sich zu züchtigen, für »Reue«, »Sünden-

bewußtsein«, »schlechtes Gewissen« hält.

man

Dann kann

doch niemals diese echten Erscheinungen selbst

mit solchen Mitteln erklären!

(Vgl. Fr. Nietzsches

Erklärung des »schlechten Gewissens«.) So

man

ist es

auch eine

das Verstehen fremdpsychischer Vorgänge,

historischer

seelischer

lung« verständlich lichste

auf,

prinzipielle Fehlerklärung,

wenn z.

B.

Tatbestände durch »Einfüh-

machen

will.

Ich weise die wesent-

Täuschungsquelle über fremdes Seelenleben

wenn

ich zeige, daß

A

seine Erlebnisse in

B

hineinträgt, daß die »Herren ihren eigenen Geist für

den Geist der Zeiten halten«, nicht aber weise ich den normalen Hergang der psychischen Fremdwahrnehmung auf. Fremdes Verständnis beruht gerade darin,

daß ich die

sich

mir darbietenden 87

eigenen Erlebnisse, die mir bei der Erzählung eines

um

fremden

Erlebnisses

z.

B.

zurückhalte,

einfallen,

das Fremde rein zu hören; deshalb führt auch

die

analogische

Heranziehung

von

Be-

Sitten,

griffen der eigenen Epoche zwecks historischen Ver-

ständnisses nie zur Klärung, sondern nur zu Täu-

schungen über das historisch Gegebene,

so »geistreich«

sich solches Verfahren auftut; gerade so wie

schen sofort in Täuschung lebte, das ein

Anderer

Men-

verfallen über das Er-

wenn sie in mit den Worten

erzählt,

tung kommen, die sich »ja, ähnliches ist mir auch schon

passiert«,

die Rich-

einführt:

und dann

nur mehr in den Schemata dieses Selbsterlebten das Fremde aufzunehmen und umzugestalten ver-

mögen. Demselben Typus gehören weitverbreitete Theorien an, die das Bewußtsein von »Kraft« in der äußeren Natur, von »belebten« Wesen, von »Werten« durch Hineintragung von Gefühlen, Begehrungen usw. in die sinnlich ständlich sie die

machen

wahrgenommenen

Inhalte ver-

wollen. Sie gehen alle so vor, daß

besonderen Anlässe, die zu

Täuschungen

den objektiven Bestand dieser Tatsachen führen können, z. B. mythologische Verlebendigung des Toten auch zur Grundlage des Verstehens der

über

normalen Wahrnehmung dieser Dinge, lebendigen Organismen

88

machen

wollen.

z.

B.

der

4.

Generelle Quellen der Täuschungen der inneren Wahrnehmung. Franz Bacon hat — wie bemerkt — den Versuch

gemacht, eine Idolenlehre zu begründen, in der

Täuschungsquellen

wichtigsten

die

äußeren

der

Wahrnehmung und Beobachtung anzugeben Was — wie mir scheint — der Psychologie wärtig sehr zustatten käme, das

ist

ein

er

sucht.

gegen-

analoger

Versuch für das Gebiet der inneren Wahrnehmung.

Es

gibt

nichts,

wodurch

die

Evidenzvorzuges der inneren äußeren,

dieser

Lehre eines

falsche

Wahrnehmung vor

Grundstütze

der

»idealistischen«

aller

und »psychologistischen« Erkenntnistheorien, besser ad absurdum geführt werden kann; und wodurch zugleich die echte Evidenz innerer

und Beobachtung auch

die

schärfer ins

Wahrnehmung

Auge

eminente Schwierigkeit

fällt;

freilich

echten

aller

in-

neren Wahrnehmunor und die Fülle der möglichen Stufen der Geoebenheit eines seelischen in ihr, zur Klarheit

kommt. Ohne auf

Gebildes

Vollständig-

Anspruch zu erheben, möchte ich hier zunächst einige Hauptquellen der normalen Täuschungen

keit

innerer

Wahrnehmung

ins

Auge

fassen.

Nichts hat der Psychologie so geschadet als die These,

sie

müsse nach Analogie mit der Natur-

wissenschaft heißen,

daß

betrieben sie

»genau« verfahren

werden.

Sollte

möglichst »exakt« im soll,

daß

sie sich

dies

nur

Sinne von

auf Beobachtung. 89

Experiment, induktive Methode aufbauen

soll,

so

natürlich dagegen nicht das mindeste zu sagen.

ist

wenn

Völlig in die Irre aber führt jene Forderung,

man

die

Grundkategorien

des

Naturseins,

sei

es

bewußt oder unbewußt, auf die seelischen Tatsachen überträgt oder gar unbewußt oder bewußt nach dem methodischen Prinzip verfuhr, daß die Scheidung der seelischen Mannigfaltigkeit in einzelne Gebilde erst

durch die Vermittlung von deren Beziehung

zu Naturobjekten (seien

die physischen

es

stände und Vorgänge der Außenwelt, seien

Gegenes

die

leiblichen Substrate der psychischen Vorgänge) er-

folgen dürfe.

Die

Idee einer »reinen Psychologie«,

entgegengesetzte Aufgabe zu auch die in der natürlichen in-

die sich gerade die

setzen hätte,

neren

alle,

Wahrnehmung noch mitgegebenen,

erst

durch

Hinblick auf die Außenwelt erfolgten Scheidungen, Charakteristiken usw. prinzipiell aus den seelischen

Tatbeständen und deren Beschreibung auszuschei-

den, und dann erst an dem eine Erklärung zu versuchen, verloren gegangen.

stimmung als

einer

Es

ist

ist klar,

Empfindung

Muskelempfindung,

so gereinigten Material

als

als

eben hierdurch fast

daß

z.

B. eine Be-

Gelenkempfindung,

Spannungs-,

als

Bewe-

Begungsempfindung usw. keine stimmung ist; denn von der Empfindung wird nur gesagt, es sei diejenige, die ich bei den Leistungen psychologische

dieser

90

und jener Organe

(Muskel,

Gelenk

usw.)

Bestimmungen sind außerpsycholowenn der Begriff der Empfindung überhaupt erst durch Anwendung der empfundenen

habe; solche

gisch; so auch,

wie Farbe, Ton, in Arten gespalten wird

Inhalte,

oder Empfindung überhaupt

wendung des Weiß ich von von

durch An-

erst

werden soll. Vorstellung nur, daß sie die Vor-

Reizbegriffes einer

stellung eines Hauses

nichts

gar

definiert

so weiß ich psychologisch

ist,

sage ja nur,

ihr; ich

sie

sei

das x der

symbolisch darstellenden Beziehung zu einem Hause steht, einem bestimmten physischen Ding. Es gibt keine seelischen

das

Mannigfaltigkeit,

einer

in

Art der Vorstellungen, die »Hausvorstellung« heißen dürfte;

und genau

so

Gelenkempfindungen

Auch

die

wenig gibt

als

Muskel- und

es

Arten von Empfindungen.

Voraussetzung dieser »naturwissenschaft-

lichen« Psychologie,

daß der Größenbegriff,

ja

schon

der Begriff der Zahl, daß Kausalität nach Art der

Naturkausalität, gesetze«

»Gesetze« nach Art

anwendbar und da zu war erkenntniskritisch von der äußerPsychisches

auf

finden seien, sten Naivität.

Ob

das der Fall

die Frage, ob der Zahlbegriff

Begriffe der

Größe



^)

als

ist

oder nicht, selbst

auch nur



ob gar der

auf Psychisches und die

seiner Mannigfaltigkeit ist

der »Natur-

Anwendung

Form

finden dürfte,

eine durchaus offene zu betrachten^).

Siehe hierzu auch Bergson: Essay sur les donnees immediates

de conscience, Alean,

Paris 1908.

Die Ergebnisse Bergsons teilen

wir indes keineswegs.

91

Es

ist

in

wenn

sehen,

Hinsicht

einer

Neuere

einige

als

Fortschritt

geradezu

verzichten,

Psychisches selbst zu messen, zu zählen solche Möglichkeit selbst leugnen

zum zu

aber dafür es

Täuschung,

man messe,

dabei

der doch

gründet

nicht

diese

wurde;

undenkbar

also

Größen und Zahlbestimmtem zu Es ist ein Fortschritt insofern, als

physischen

selbst, in

ja eine

nach seiner Beziehung zu Physischem,

bestimmen^). die

,



Prinzip erheben, alles Psychische erst indirekt,

h.

d.



anzu-

ist.

zähle usw. das Psychische

stattfindet,

eine Täuschung,

Richtung der Psychologie be-

und ohne die ihre Entstehung Aber indem es nun zugleich zu

einem bewußten Prinzip gemacht wird, daß seelische Tatsachen erst indirekt durch den Übergang über Physisches »gegeben« und »bestimmbar« sind, ja sogar die Behauptung von einigen aufgestellt wird,

das Psychische

sei

nur der jeweilige Rest des ur-

sprünglich Gegebenen, der bei logischer Bearbeitung der Daten in der äußeren Naturerklärung übrig bleibe, oder es sei das,

was

»jeweilig nur

Einem

ge-

und es könne daher nur eine indirekte Bestimmung und Beschreibung des Seelischen und erst recht nur eine indirekte Erklärung auf Grund — der physiologischen Zusammenhänge geben, geben«

1)

Siehe Münsterberg: Grundzüge der Psychologie,

Leipzig.

92

sei,

I.

A. Barth»

bricht diese Richtung noch viel

Idee einer

radikaler mit der reinen Psychologie und muß solchen, die

gleichwohl eine reine Psychologie für möglich halten, als ein

noch

größerer Irrweg erscheinen.

nur ein ausgedehnter Versuch,

Nun kann

alle naturalistischen

Kategorien aus der Beschreibung, Bestimmung und

Erklärung des seelischen Tatbestandes auszuscheiden,

und

gleichzeitig die

Anschauungsformen,

Scheidung jener Denk- und

die

noch

gegenständliche Bedeutung und

von denen,

die

eine allgemeine Anwendung haben,

nur auf die materiale Region des

»äußeren Naturseins« beschränkt sind, und endlich die

Herstellung

einer

positiven

psychologischen

Kategorien- und Anschauungslehre über Prinzipienfrage

entscheiden.

diese

Eine solche hier zu

kann nicht Aufgabe dieser Bemerkungen sein. Nur von der Überzeugung ausgehend, daß eine »reine Psychologie« möglich ist, und daß es die Aufgabe der

geben,

Psychologie

ist, alle

in der

Erkenntnis der physischen

Welt spezifisch notwendigen und gebräuchlichen Denk- und Anschauungsformen gerade auszuscheiden, soll das nachfolgende gesagt sein.

Von zwei

der prinzipiellsten Täuschungsquellen,

die es gibt, hat die bisherige

eine

hervorgehoben,

Lehre vorwiegend die

daß der Mensch neige, Tat-

sachen seiner inneren Wahrnehmung, kurz seelische Erlebnisse in die

physischen Naturobjekte

legen oder zu »projizieren«.

Weit

einzu-

seltener aber ist

93

gesehen und zugegeben, daß er auch die Neigung hat, Tatsachen, Verhältnisse,

Formen,

die dein

mate-

riellen Dasein angehören, auf die seelische Welt zu

Nicht nur unsere Sprache

übertragen. Stelle

Außenweltssprache;

Menschen

Interesse des

zugelenkt.

So wenig

ist ist



,

daß

aa erster

zunächst der Außenwelt also

»zunächst« seine »Vorstellung«,

mus« salbadert

ist

auch das vorwiegende die



Welt auch nur

wie der »Idealis-

er des flüchtigen

Gebildes

und

ihrer nie

seiner Vorstellung, ihres Oszillierens

ruhenden Verwandlung hinter den festen Dingen, Obgleich die sie symbolisiert, kaum gewahr wird. beide Welten und ihre Inhalte gleich sind,

lich«

so

Außenweltsrealität, der das

Erkenntnis

»nur

eine Vorstellung«,

usw., gleich als wäre es

Obgleich

gestellt wird.

»wirk-

bedeulen doch schon diese Worte an

erster Stelle die

sche als »nur

»real«,

aus

die

»kaum

wirklich«,

vom Standpunkt

entgegen-

einer reinen

Tatsachen

seelischen

Seeli-

ein Gefühl«

nicht

weniger ursprünglich »existieren«, real sind, so sorgt

doch eine



biologisch

wohlbegreifliche

stellung dafür, daß in dem, einer lichen Gehalt, der

nach



ihr,

mungen fällt

94

Ein-

Anschauung mög-

Ordnung der Folge der Erkenntnis

zunächst die physische Wirklichkeit ins

wo im Kampf Bearbeitung und Formung Hem-

Auge gefaßt und beachtet mit



in ihrer

eintreten,

wird.

Störungen

Erst

irgendwelcher

Art,

der Blick auf die gleichzeitige psychische Tat-

0. Külpe^) hat in seinen

Sache zurück.

schönen

Untersuchungen über die Objektivierung und Subjektivierung von Sinneseindrücken,

z.

B. eines Ge-

räusches oder eines LichtbHtzes gezeigt, daß in den

wo

von ihm angeführten »unmittelbaren und Subjektivierung der Inhalte schwankende sind, nicht eine Subjektivierung, sondern eine nach mittelbaren Kriterien fälschliche Objektivierung erfolgt. So wenig Fällen,

die

Kriterien« für die Objektivierung

erkenntnistheoretisches Vorrecht

dies ein

ßeren

Wahrnehmung

vor

der

inneren

der

oder

äueine

erkenntnistheoretische Fundierung dieser auf jener beweist, so zeigt es doch, daß in der natürlichen

normalen Weltanschauung schungsrichtung meintlich

für

ist,

die

vorwiegende Täu-

nicht wirklich Psychisches ver-

physisch,

sondern

wirklich

sches vermeintlich für psychisch zu halten.

Physi-

Es

ist

meines Erachtens

als

pathologische Erscheinung

wenn

ein

Vorwiegen der entgegenge-

anzusehen, setzten

Täuschungsrichtung

ganzen Zeitaltern sich

bei

einstellt.

Individuen

oder

Bisher sind keine Ver-

suche gemacht worden, die dies aufwiesen. Es wäre von großem Interesse, wenn dies geschähe. Bei allen Psychosen, in denen eine gesteigerte Gefühls-

verbunden mit einer dauernden Einstellung des Kranken auf die Zustände des Leibichs, findet — wie mir scheint — in der

erregbarkeit

1)

Wundt,

sich

Philos.

einstellt,

Stud. Bd.

meist

XIX. 95

Tat eine solcheUnikehr der vorwiegendeiiTäuschungsDie gesamte Umwelt mit ihren Vor-

richtung statt.

gängen

nur »gegeben«

ist hier

selnder

sonders

als eine

die

Die »Welt«

Leibgefühle

sinnlichen

ist

hier wirklich



Summe

wech-

Gefühle und be-

Erregungsmittel für die

nicht

des

Kranken.

im verkehrten

erkenntnistheoretischen Sinne einer soidisant »idealistischen Philosophie«

Und

gegeben.

das

— ihm als seine »Vorstellung« nicht nur für das Gebiet

gilt

der Vorstellungssphäre, sondern auch für die Willensbetätigung.

Das normale Wollen

zielt

unmittelbar

auf die Realisierung des gewollten Inhaltes ab,

das

Zimmer zu

verlassen.

Alles

z.

B.

Wollen der hierzu

nötigen Mittel, wie »zur Türe schreiten«, die »Klinke drücken«, die

Ausführung der hierzu nötigen Be-

wegungen usw. ordnet sich diesem Zielinhalt unter und tritt — so weit sich keine besonderen Hem-

mungen ein.

einstellen

— in

fast

automatischen Impulsen

Findet das Wollen eine

realisiert sich der gewollte

Erwartung, so geben«; es

ist

Inhalt nicht

das heißt,

gemäß der

Widerstandsphänomen »gegegeben sein, daß es nicht

ein

kann dabei

Hemmung,

so

auch schon alternativ, sei es auf die widerstandleistenden äußeren Objekte (physische oder auch soziale Tatsachen), sei es auf Hemmungen durch den Leib und die zur Ausführung der Bewegung dienenden Mechanismen, Widerstände, bezogen 96

sei es

ist.

auf innere psychische

Es

ist

in diesem Falle

zunächst indifferent

einfach

Das normale

da.

nun aber dadurch charakterisiert, daß im Zweifelsfalle der Grund der Hemmung immer auf die relativ äußere Seite geschoben wird; und erst da, wo die hier angenommenen WiderStrebensieben

ist

stände sich nicht beseitigen lassen,

fällt

der Blick

auf die leibliche, bzw. psychische Sphäre als mög-

Hemmung

lichen Sitz der

malen

Willensleben.

zurück. Anders

im anor-

Hier schieben sich die Inhalte B. der Strebensinhalt der

des mittelbaren Strebens,

z.

Armbewegung,

ist,

die nötig

um

einen Gegenstand

vom Kasten herunterzunehmen,

gesonderte, mehr oder weniger lebhafte Inhalte des Strebens vor die eigentlichen Zielinhalte und werden selbst Gegenstand eines bewußten Strebens. Eben hierdurch ergeben sich die Erscheinungen des »Zögerns« und der pathologischen Unentschlossenheit. Der Kranke,

Zimmer

der das Inhalt

Türe gehen«

»zur

drücken«

verlassen

usw.

Auch

als

»will«,

verweilt bei

und dann

gewisse

»die

dem

Klinke

psychisch bedingte

Arten des Stotterns gehören hierher;

Fälle, die dar-

Grund haben, daß der Kranke innerhalb der Bedeutungssphäre an das denkt, was er jetzt eben sagen will und nicht wie der Normale schon auf den zukünftig auszudrückenden Gedanken geistig gerichtet ist; und daß er, anstatt das Gedachte sich ihren

in

automatisch lassen, das n.

7

in

das

Aussprechen

Aussprechen selbst

als

übersetzen

zu

Sonderinhalt der 97

Es ist sicher, daß es biologisch zweckmäßig ist, daß wir im Zweifelsfalle einen erlebten Widerstand auf die Außendinge und nicht Betätigung intendiert.

auf »uns« schieben, seien es unsere leiblichen oder

Wer eben im

seelischen Widerstände.

Begriffe

ist,

mit einem von ihm geleiteten Automobil an einen

Baum im

aufzufahren, der wird weniger Aussicht haben,

letzten Augenblick die

Richtung des Fahrzeuges

wenn er, anstatt den Baum und das Ausweichen, die von ihm zu vollziehende Armund Handbewegung ins Auge faßt. Eine Umkehr der Ordnung der Intentionenfolge also, so daß im Falle der erlebten Hemmung ihr Grund zunächst richtig zu verändern,

in

uns gesucht wird,

Einstellung. Es erfolgt

ist

eine zweifellos

dann

anormale

ein pathologisches Sich-

vordrängen der Frage »kann ich« bei allen Dingen vor die Frage »will ich«

und

Und eben

»soll ich«.

hieraus

resultiert die pathologische Unentschlossenheit.

Es

gibt

Fälle,



mir

wo bestimmte Lehren

sich gerade

was

so scheint

sie

dadurch

als



eine ganze Reihe

der Normalpsychologie

falsch erweisen,

daß

das,

behaupten, nur in pathologischen Sonder-

fällen stattfindet, im normalen Leben aber keineswegs.

Ich rechne

z.

B. auch hierher die assozia-

tionspsychologische Ansicht

vom Denken. Der

Nor-

male reproduziert bereits auf eine Frage die Inhalte, die er »antwortet« in der Richtung einer Bedeutungseinheit (der »Obervorstellung«, wie

98

Liepmann

sagt),

vmd nur der Ideenflüchtige Sinne.

D. h. es

muß

»assoziiert«

im strengen

ein determinierendes

tungsmoment') »ausfallen«, damit genähert reinen Assoziieren

es

kommt;

Bedeu-

zu einem an-

nicht aber

»ist«

die »Bedeutung« nur ein komphziertes Assoziieren

oder Anklingen von dispositionell erregten Inhalten

an den Kern eines Lautkomplexes, wie der Nominalismus lehrt.



Analog verweilen wir im

»Erinnerungsbild« nur da,

oder

ist

wo

durch gegenwärtige

sog.

das Erinnern gestört

Reize

gehemmt

ist,

wogegen im normalen Erinnern ein gegenwärtiges »Bild« gar nicht gegeben ist. Trotzdem macht die herrschende

Lehre

vom

Gedächtnis

dieses

»Bild«

zum Ausgangspunkt der Lehre vom Erinnern! Auch wo das »Bild« vorhanden ist, haben seine Eigenschaften z. B. die Fülle oder Armut seiner Merkmale, seine Vagheit keit nelle

und Mattheit keinerlei eindeutige funktioBeziehung zur objektiven Treue, aber auch

keinerlei solche

und zur seits

oder Bestimmtheit, seine Lebhaftig-

Beziehung zur Evidenz des Erinnerns

Fülle dessen,

was erinnert wird.

Anderer-

führt gerade das Sichvordrängen des »Bildes«

zu jenen Erinnerungstäuschungen, in denen Phantasie-erlebnisse

für

von Erinnerungen lesungen S. 268.) ')

7*

über

den Patienten die Bedeutung

erhalten. (Vgl.

auch Störring, Vor-

Psychopathologie,

In analoger

Leipzig

1900,

Weise vermag gerade der pa-

Resp. eine gedankliche Beziehungsstruktur.

99

thologische

Ausfall des Wirklichkeitsbewußtseins

zu zeigen,

daß im »Wirklichsein« der

Sinnes-

in

inhalten gemeinten Gegenstände ein eigentümliches

Phänomen

das mit diesen Sinnesinhalten

vorliegt,

ihrer Fülle,

selbst,

gegeben

nicht

ist

Intensität

(wie

die

meinte); kann doch auch das

etwas Wirkliches« da

und Lebhaftigkeit

sensualistische

Phänomen:

vhier ist

ohne daß ein bestimmter

sein,

Bildinhalt, ein bestimmtes »Was« vor

Augen

steht.

W. James,

»Die religiöse Erfahrung in

Mannigfaltigkeit«,

Abschnitt »Das Realitäts-

(Siehe auch ihrer

Lehre

Auch die Urteilstheorie des Realitätsbewußtseins, wonach der Begriff »wirkhch« in. einer bewußtsein«.)

Reflexion auf das bejahende Urteil seine Erfüllung finden

soll,

die Wirklichkeit abgelehnt wird,

vorhanden

wo im Urteil aber im Phänomen

wird durch Fälle widerlegt,

ist,

Halluzinationen.

wie bei einer gewissen Art echter Desgleichen die Theorien, wonach

sich das Wirklichkeitsbewußtsein auf das Verhältnis

zum Wollen aufbauen

soll,

auf die Erscheinung des

»Aufdrängens gegen unser Wollen«. Die von Kawdinsky beschriebenen Pseudohalluzinationen

sich

V.

(siehe

auch Störring,

scheinung sein kann. in

seiner

S.

62) zeigen,

ohne Wirklichkeitsbewußtsein vorhanden — Analog zeigen Fälle, wo der Patient Wahrnehmung faktisch auf den Lihalt

eines Dinges eingeengt

ist,

der von

(Oberfläche und zugekehrte Seite), 100

daß diese Er-

ihm gesehen ist ihm die anderen

;

Inhalte

Ding ein

das

(daß

momentan

Inneres

Form

hat) aber nur in sind, die er,

um

daß

hat,

nicht gegebene Eigenschaften

es

und Seiten

einer »Erwartung« gegeben

das Ding herumgehend,

öffnend

es

(oder »sich umsehend, ob hinter ihm die Welt noch

da

ist«,

wie es der Verfasser an einem hysterischen

könnte, — daß jene Theorien, wonach die normale Dingwahrnehmung auf einem »Erwartungszusammenhang« beruht)^, Kinde beobachtete)



erfüllen

irrig sind. In der normalen

Wahrnehmung

erwarten

wir die andere Seite zu sehen, weil wir ein »wirkliches

Ding« zu sehen meinen und nicht umgekehrt

wir »erwarten« dies, weil wir »daß es eine andere ein

Seite hat,

Inneres hat« schon

im Gehalt der

unmittelbaren Anschauung mithaben. Analog zeigen Fälle

von »Entfremdung der Wahrnehmungswelt«,

normalen Wahrnehmung eine Qualität von »Bekanntheit« und »Sicherheit« steckt, die weder mit der Intaktheit des Erinnerns noch des Wieder-

daß

in der

erkennens (die beide bei dieser Erscheinung ungestört sein

können) etwas zu tun hat und die wahr-

scheinlich mit einem Faktor intentionalen Fühlens,

der

in

jede

normale Wahrnehmung eingeht,

sammenhängt.

Wiederum analog

zeigen Fälle,

zu-

wo

Seelenblindheit nicht mit einer Störung der Assoziationstätigkeit

^)

verbunden

So Hans Cornelius

ist,

daß

in

die

normale

in seiner »Theorie des Existenzialsurteils«.

101

Wahrnehmung

»Bedeutungsmoment« (ohne Urteil und Subsumtion des Wahrgenommenen) eingeht, dessen Ausfall eben jene Erscheinung hervorruft. Die Fülle der in der normalen Wahrnehmung enthaltenen asensuellen Momente und die Ärmlichkeit

ein

der meisten philosophischen

Wahrnehmungs-

theorien tritt eben erst durch die hier angewandte

Methode der Pathopsychologie ins rechte Licht. Ihr abstrakter Ausdruck ist der Grundsatz: Im Gehalt der normalen Wahrnehmung ist alles das als »gegeben« anzusehen, dessen pathologischer Ausfall oder dessen Steigerung

und Minderung den Wahrnehmungsgehalt in irgendeiner zu eruierenden Richtung verändert; und es ist dann Aufgabe der Phänomenologie d er Wahrnehmung dieses »Etwas« zum Gegenstand einer besonderen Intention zu machen und es so zu einer möglichst isolierten

Durch

Anschauung zu bringen. eine

Grundsatzes irrige

ist

systematische

auch

Voraussetzung,

sensuell ist oder

am es

Anwendung

dieses

ersten zu hoffen, daß die

müsse

alles,

was nicht

von sensuellem Gehalt abgeleitet

(wie die assoziativen Elemente), logisch sein, d. h. in

der Urteilssphäre liegen,

endlich verschwindet,

Komponenten der Wahrnehmung in ihrer ganzen Fülle und als das genommen werden, was sie sind und nicht als das, was sie einer beliebigen

und daß

102

die

genetischen Theorie zuliebe sein »könnten« oder sein »sollten«.

Zu eben

dieser Reihe

von Fällen gehört auch

Lehre, daß wir bei der willkürlichen

Organes,

Bewegung

die

eines

B. der Hand, zuerst eine Bewegungs-

z.

vorstellung, eine Reproduktion einer früher vollzoge-

Bewegung haben müßten. Das ist, wie die Selbstbeobachtung zeigt, im normalen Leben durchaus nicht der Fall. Ein normales Kind z. Bvermag die ihm vom Lehrer an der Tafel vorgenen

gleichen

schriebene kopieren.

Gestalt

Mit

die Reihe der

eines

dem Sehen

Buchstabens einfach zu der Gestalt

ist

ihm auch

Bewegungsintentionen irgendwie ge-

geben, durch die eine solche Gestalt hervorgebracht wird,

und

Diese

lernt

unabhängig von der Folge der an bestimmte Organe und ihre jeweilige Ausgangslage eindeutig geknüpften sog. »Bewegungsempfindungen«. dies

es

Ausführung

Bewegung müssen geführt

z.

erst

jener

der

durch und

in

der

Bewegungsintentionen,

in

der

kennen

ersten Schreibversuche ^).

B. idiotische Kinder die

bekommen,

um

Dagegen

Hand vom Lehrer

das Gesehene kopieren zu

Erst durch Ausfall der natürlichen Bindung der Bewegungsintentionen an die gesehene Ge-

lernen.

^) In diesen Zusammenhang ordnen sich auch die Fälle ein, in denen die Fähigkeit zu sprechen und zu gehen plötzlich erlangt wurde, ohne daß entsprechende Lernversuche vorausgegangen waren. Vgl. dazu Bastian, Über Aphasie und andere Sprachstörungen, S. 8 ff.

103

stalt

erhält

also

»Bewegungsvorstellung« jene

die

Bedeutung, die ihr von manchen Psychologen,

von Ziehen, auch

für die normale

z.

B.

Bewegung zuge-

Ich sagte, daß eine Tendenz, er-

schrieben wird.

lebten Widerstand zunächst an sich selbst zu suchen, eine anormale Tatsache Fälle

von Abulie,

Auch

ist.

die eigentlichen

denen nicht nur die Durch-

in

setzung des Wollens gegen reproduktive oder perseverative

gehemmt

Tendenzen^) oder

ist,

im gar

nur

Wollens, des Entschlusses in in

einer

miehr

inneren

intentionen beruhen

Leben selbst Umsetzung des

seelischen die

Bewegung (was wieder

Störung

kann,

z.

B.

der

BewegungsFehlbewe-

bei

gungen, vergreifen usw., und in mangelnden Zuordnungen der reproduzierten Bewegungsempfindungen der Organe, schließlich in bloßer objektiver Lähmung), sondern der Akt des Wollens selbst diese

Hemmung

erleidet,

bestätigen das

Hier geht jene Verschiebungstendenz

des

Gesagte.

Wider-

standes gegen das Ich hin nur bis zu seiner äußer-

und das Wollen selbst wird zum Ziel des Strebens. Der Kranke kann darum nicht mehr

sten Grenze,

»wollen«, weil er das

fortwährend

mit

Wollen

lebhafter

selbst erstrebt, weil er

Gefühlsbetonuno;

und

^) Eine Art besonders gesteigerter Hemmung des Willensaktes durch perseverative Tendenzen scheint auch der sog. »hysterische Gegenwille« darzustellen, der scheinbar völlig grundlos das Zustande-

kommen 104

eines Entschlusses vereitelt.

mit fortwährender Richtung der Aufmerksamkeit auf das Wollen »wollen will«. Eine Befreiung von dieser Einstellung auf das

Wollen und eine Lenkung

der Aufmerksamkeit auf die zu realisierenden In-

halte, die in der Richtung seiner vorwiegenden Interessen liegen,

vermag

— wie ich häufig sah — von Analog

diesem Zustande zu befreien.

ist

das bei

»modernen« Individuen so häufig mit Glauben verwechselte

»Glaubenwollen«

religiöse

eine

positive

Absperrung von allem echten Glauben^), Endlich zeigt auch das Gebiet der Werte und ihrer

Verhältnisse

zum Fühlen und

fühlsgegenständlichkeiten

zu

analoge

eine

den Genatürliche

Das Fühlen des Menschen ist auf die an den Sachen haftenden Werte gerichtet; und dies so sehr, daß er gegenüber den Werten, die er an den Dingen Täuschungsrichtung.

zunächst

fühlt,

ganz und

gar

seine eigene Gefühlsreaktion auf die Werte,

sein »Freuen« über etwas, »Trauern« über etwas, zu

übersehen neigt; oder doch neigt, seiner eigenen Gefühlsreaktion die Qualität desjenigen Wertes auf-

zuprägen, tritt.

angesichts

dessen

diese

Reaktion auf-

Nicht Einfühlung von Eigengefühlen in die

Sache und ihre Werte

ist

also

die

primäre Täu-

schungsrichtung, sondern das gerade Gegenteil dieses

Phänomens, nämlich das von außen nach innen

-)

Analoges

gilt

auch für das Liebenwollen.

105

Verlegen gefühlter,

der Weise des Fühlens

d. h. in

wahrgenommener Wert qu alitäten der Dinge und Situationen in die Gefühlssphäre der eigenen Ich-

So meinen wir uns häufig

zustände. weil uns

eine

weil uns ein

zu

freuen,

teure Speise dargeboten wird oder wertvoller Ring geschenkt wird; wir

meinen auch selbst traurig zu sein, weil wir in einem Leichenzuge gehen, obgleich ein Blick hinter die Peripherie unseres Bewußtseins uns zeigen würde, daß wir gar nicht traurig sind; d. h. nicht etwa, wir urteilen nur, daß wir traurig oder freudig sind.

Wir fühlen wohl das Gefühl

selbst,

aber auf eine nur

Das Gefühl ist wie ein »Schatten« des echten Gefühls. So scheinen die Heiterkeit, die Erhabenheit oder die Düsterheit einer Land-

»unechte« Weise.

schaft,

die

diesen

Sachen

feste Charaktere, die

selbst



anhaften,

als

mit unseren Gefühlszuständen

durchaus nicht variieren (eine düstere traurige Landschaft wird nicht heiter

und

hell

dadurch, daß ein

Mensch hindurchgeht, und auch nicht für diesen Menschen) und

so gestimmter es

prinzipiell erfassen

wird

sie

die

können, ohne die Gefühle,

wir d, h.

die Ichzustände derselben Qualität, schon erlebt zu

haben,



häufig auf uns selbst überzufließen.

»fühlen wir uns« selbst »geehrt«, betreten, das hier

stellt

Theorie, 106

Ruhm und

die

wenn wir

ein

Glanz umschwebt.

subjektivistische

für welche »Werte«

und

So

Haus Auch

idealistische

»zunächst«

nur Wir-

kungen der Dinge auf unseren Gefühlszustand sind, bzw. nur anklingende Reproduktionen von Gefühlen, für die in den Dingen die »konstanten Dispositionen« liegen und die erst in die Dinge »eingefühlt« würden, den Tatbestand geradezu auf den Kopf. Die »Einfühlung« ist die seltenere

— wo

und

sie

wirklich stattfindet



anormale Täuschungs-

sie ist die

Das Abgleiten des Blickes von dem an den Dingen und in den Dingen gefühlten Wert auf unser Gefühl während des Habens des Wertes, ja schon auf das Fühlen des Wertes als besondere Funktion der Wertaufnahme, ist der Anfang einer

richtung.

Erscheinung, die nur quantitativ gesteigert

Abnormen und Krankhaften

zum

Der Epikureer, und den

führt.

der nicht nach Besitz, Ehre, nach der Frau

immanenten Werten strebt, sondern nach der »Lust an ihnen« und der den natürlichen Menschen einen »Narren« schilt, weil er diesen Gegenständen

anstatt der Lust diese Sachwerte sucht, ist faktisch

seelenkrank und rechtfertigt mit seiner Theorie nur

So gleitet der Blick

seine krankhafte Einstellung.

des krankhaften Autoerotikers von

dem

geliebten

Gegenstand und seinem Werte immer auf die eigene

Empfindung

ab, bis sich diese

und

die ihr anhaften-

den sinnlichen Gefühle ganz vor die Wertgegenstände drängen und ihm diese immer mehr verdunkeln ;

so weit,

und

daß

in dessen

er schließlich

ganz im Eigenzustand

Analyse wie in einem Gefängnis

ein-

107

geschlossen

ist^).

Es scheint mir

in Fällen solcher

Art nicht an erster Stelle das pure Gefühlsmaterial, Qualität

die

der

Gefühle, ihre

Stärke,

ihre

Ver-

knüpfung mit bestimmten Inhalten, was eine Variation gegen das normale Leben gefunden hat, sondern die Funktion des Fühlens, die ihre primäre Richtung aufwerte, und zwar zunächst auf Außen- und Fremdwerte verloren hat; und die die Vorzugsrichtung »auf sich« und die eigenen Zustände genonamen hat. Gleichwohl

tiefer als eine

Störung der Aufmerksamkeitsrichtung, auf

bloße ^)

Störung

liegt eine solche

Autoerotismus darf, wo

lichen Wollust handelt, nicht

um

es sich

die

Sphäre der geschlecht-

objektiv definiert werden,

muß

Sinne der Selbstbefriedigung, sondern sionen intentional definiert werden.

wie

alle

z.

B.

im

solche Perver-

Selbstbefriedigung ist



wo

Suchen der Wollustempfindung ist, sondern mit Liebe verbunden nicht notwendig autoerotisch, z. B. nicht, wenn sie nur geübt ist, weil der geliebte Gegenstand abwesend ist aber die Richtung auf ihn durch Phantasie gegeben ist. Er ist völlig natürlich auch zu scheiden von allem, Avas die Sprache »Egoismus« nennt. Der »Egoist« erstrebt nicht Lust als »seine Lust«, als Lust, weil sie seine ist, als isoliertes Individuum wie dies der ohne dabei überhaupt auf andere hinzublicken Autoerotiker tut. Er sucht vielmehr Lust »ohne Rücksicht« auf den anderen oder gleichgültig gegen dessen Vorteil, wobei er aber doch auf den »anderen« überhaupt hinblickt, nur ihn nicht »berücksichtigt«. Auch im Falle, daß diese Lust Wollust ist, also der Egoismus in der sie

nicht völlig stumpf ein bloßes













Geschlechtssphäre stattfindet, bleiben beide

Autoerotismus

schieden.

ist andererseits

normalem Geschlechtsverkehr, wenn die eigene

die

Phänomene streng

ge-

vorhanden auch bei objektiv Richtung der Intention auf

Person geht, sowohl auf ihre Empfindung

als ihre erotisch

bedeutsamen Werte wie Schönheit, Lebenskraft usw., der andere also

nur

was

in

108

als

dem

»Diener« der eigenen Schönheit, bzw. als Ursache dessen,

betreffenden Individuum sich ereignet, aufgefaßt

ist.

die

man

häufig selbst Herzkrankheiten

Falle fortwährender



Aufmerksamkeit auf

wie im

die

Sen-

sationen des Herzschlages, zurückgeführt hat.

Das

von der Aufmerksamkeit geschiedene Funktion und untersteht der willentlichen Lenkung noch weniger als selbst die triebhafte AufmerkFühlen

ist

samkeit.

eine

Nicht weil wir auf unsere Gefühlszustände

mehr achten oder ihnen mehr Aufmerksamkeit zuwenden, fühlen wir sie mehr, im Gegenteil hat die Aufmerksamkeit

die Folge, die Gefühle zergehen

zu

lassen; sondern weil sich die Richtung des Fühlens einseitig

ihnen zukehrt und von den Werten ab-

können wir sie auch mehr beachten. Die Aufmerksamkeit als solche macht ja Gefühle nicht so wie Vorstellungsinhalte reicher und lebhafter, sondern zerstört sie vielmehr. Darum kann auch kehrt,

gesteigerte Gefühlserregbarkeit,

z.

B.bei hysterischen

Zuständen, nicht auf gesteigerter Aufmerksamkeit auf die eigenen Gefühle beruhen.

Nur

einen Spezialfall der Verkehrung der Täu-

schungsrichtung des emotionalen Lebens bieten auch gewdsse Störungen der sympathischen Gefühle des Liebens

und Hassens.

Wenn man

daß der Melancholiker schließlich

Erkrankung geübten aufgibt, eine liebte

Mutter

z.

und jede Sorge

»altruistischen« B., die ihr

z.

alle

und

B. findet,

vor seiner

Handlungen

Kind vorher heiß

für es trug,

gleichgültig zu-

sehen kann, wie ihr Kind sich vor Hunger rot und 109

blau schreit, so

ist es irrig

zu sagen, daß in diesen

und analogen Fällen der Akt des Liebens selbst oder seine Umsetzung in Wollen und Handeln eine Einbuße

erlitten habe.

Was

hier ausgefallen

sind vielmehr die Funktionen der klaren lichen Auffassung der

des

das

ist,

und deut-

fremden Seelenzustände,

z.

B.

Hungers und Schmerzes, auf deren fühlendes

Erblicken in den Ausdruckserscheinungen des An-

deren sich die Betätigung des Aktes des Liebens erst

aufbauen kann.

Diese Mutter sieht gleichsam

nur ein »schreiendes Kind mit rotem und blauem Kopf«, nicht aber seinen Hunger und seinen Schmerz. Diese

mögen

ihr

wohl assoziativ gegeben sein oder

auch durch Urteil und Schluß, aber nicht

in der

Weise des unmittelbaren Fühlens. Das Lieben als solches und auch seine Betätigung, wenn sie den Zustand des Kindes erblicken könnte, mag



dabei durchaus vorhanden sein^).

Darum

Defekt auch kein ethischer Defekt,

ist

ihr

der nur das

Verhalten gegen den schon gegebenen fremden Ge-

mütszustand betreffen kann.

Es

ist

auch hier die

vorwiegende Richtung des Fühlens auf sich ^)

Daß

Mitfühlen

selbst.

das Fühlen fremden Leides und fremder Freude noch nicht ist, zeigt ja die Tatsache, daß auch bei Bosheit oder noch

bei Grausamkeitswollust diese Komponente vorhanden ist, nur daß sich die Mitfreude an der fremden Freude oder das Leid an fremdem Leid nicht darauf aufbaut. Noch viel mehr gilt dies von Lieben und Hassen, die ursprünglicher sind als das bloße Mitfühlen. Siehe auch

mehr

meine Ausführungen

110

in

dem Buche

über »Sympathiegefühle«.

-

was

eine

Aufnahme

der fremden Zuständlichkeit

und

Man könnte

hier

der fremden Intentionen

hemmt.

geradezu von einer Fühlblindheit für

mütszustände

reden,

die

naturgemäß

auch

das

Auch Funktionsstörung vor und

Wirklichkeitsbewußtsein dieser hier liegt eine seelische

fremde Ge-

beeinflußt^).

keine notwendige Veränderung des Gefühlsmaterials.

Es

ist,

wie schon dieses Beispiel andeutet, durch-

aus nicht das Normale, daß wir fremde Gemüts-

zustände zunächst durch Reproduktion eigener ähn-

an analoge Ausdrücke gebundener Gefühls zustände und durch Einfühlung des so Reproduzierten in Andere uns zum Verständnis bringen. licher,

Vielmehr angesichts

ist

das Hinschielen auf das Selbsterlebte

fremder

Gefühlsäußerungen

oder

Er-

zählungen von Gemütszuständen bereits der Beginn Die Fühlfähigkeit fremder Gefühlszustände ist natürlich auch Geschichte einer reichen Entwicklung unterworfen gewesen

^)

in der

und

hält als Leidens-

und Freuensfähigkeit bzw. Genießensfähigkeit

mit der Entwicklung der Leidens- und Freuensfähigkeit eigener Schmerzen und sinnlicher Wohlgefühle im allgemeinen gleichen Sie ist völlig unabhängig von der Schmerz- und Schritt. Lustempfindlichkeit und deren Steigerungsgesetzen, da sie ja das Leiden und das Genießen dieser Empfindungsgefühle betrifft und Bei sittdieses weitgehend unabhängig von diesen variieren kann. licher Beurteilung unentwickelter Sitten, Gebräuche, Verhaltungsweisen müssen wir diesen Faktor stets in Anrechnung bringen, damit wir nicht den geringeren

Umfang und

die geringere Differenzierung

Fühlfähigkeit für einen Mangel an sympathischem Fühlen, Mitleid und Älitfreude oder gar für einen Mangel an Liebe nehmen

dieser

und

so

zu einem ganz ungerechten Urteil verleitet werden.

111

einer Störung der Fühlungsrichtung, die

im Extrem

zu

führt.

solchen

Fällen

der

Fühlblindheit

natürliche Täuschungsrichtung

ist

Die

nicht die, Eige-

nes für Fremdes zu halten oder sich in fremde Per-

sonen »einzufühlen«, sondern die umgekehrte, Fremdes für Eigenes zu halten.

Wir leben »zunächst«

in

den Fühlungsrichtungen unserer Umwelt, unserer

ehe wir unsere vielleicht von deren Gefühlsrichtungen abweichenden Gefühlsrichtungen gewahren; und von unseren eigenen Gefühlen gewahren wir zunächst nur diejenigen, die der Gefühlsrichtung unserer engeren und weiteren Gemeinschaft und ihrer Tradition entsprechen. Es Eltern, Familie, Erzieher,

bedarf

immer

eines

langen Weges der kritischen

Auseinandersetzung, bis wir hinter diesen nachgefühlten Gefühlen unsere

Klarheit geistiges

eigenen Gefühle uns zur

bringen, und gleichsam unser eigenes Haupt aus dem Strome der Gefühlstradi-

tion der Gemeinschaft herauszustrecken beginnen.

Wir halten eher

ein eigenes Gefühl für eine

Einbildung

bloßes Vorstellen

(ein

eines

bloße

Gefühls),

weil es zu den in der Gemeinschaft gefühlten Ge-

fühlen »nicht paßt«, als daß wir die Gefühle unserer

Nebenmenschen darum bezweifelten,

weil

wir

sie

nicht durch eigene analoge Selbsterlebnisse zu decken

vermögen.

Das

ist

die

normale Täuschungsrich-

tung, die sich sogar auf die in personalen Gebilden

der Kunst oder der Religion fühlbaren Gemütsvor112

gänge bezieht.

Das verliebte junge Mädchen fühlt

nicht seine Erlebnisse zunächst in Isolde

oder in

sondern die Gefühle dieser dichterischen

Julia ein,

Erst

Gestalten in seine kleinen Erlebnisse hinein.

später durchbricht vielleicht ein echtes Eigengefühl

das Gespinst dieser Gefühlsphantastik; und

nimmt

Täuschung vielleicht eine entgegengesetzte Richtung, die Richtung der echten Einfühlung^). Zu dieser ersten generellen Täuschungsquelle der

dann

die

inneren

Wahrnehmung,

Tatsachen,

stammen, ^)

in

Man kann

der

die

die allgemein darin besteht,

äußeren

ent-

den Gehalt der inneren Wahrnehmung, nicht von Gefühlsvorstellung reden,

Vorstellung einen Bildinhalt versteht.

kann man

Wahrnehmung

wenn man unter

In diesem Sinne vorstellen

Ursachen oder Wirkungen der Gefühle, nicht wäre es darum, zu sagen, es seien Gefühle immer gleich aktuell, sie verbänden sich nur durch Reproduktion Vielmehr gibt es in der mit Vorstellungen (Vorstellungsgefühle). Sphäre des Fühlens einen Unterschied, der dem von Wahrnehmung und Vorstellen, sofern diesen Worten »direktes Haben« und »indirektes Haben« (bzw. bloß symbolisches Meinen durch ein anderes hindurch) entspricht; das hat mit Reproduktion eines Gefühles nichts zu tun. Ich kann ein vergangenes Gefühlserlebnis nicht nur wissen und als ohne daß dadurch gehabt beurteilen, sondern auch »wiederfühlen« mein aktueller Gefühlszustand an Qualität dem vergangenen GeHeiteren Sinnes kann ich mich großer fühle irgendwie gleich wird. Schmerzen und tiefer Trauer »erinnern«, indem ich diese Gefühle »vorstellig« fühle. Dieses erinnernde Fühlen eines Gefühls ist nicht Dementsprechend gibt seine Wiederkehr in abgeschwächtem Maße. es nun aber auch eine Phantastik des Fühlens selbst, die nicht erst an der Phantastik des Vorstellungslebens als Lebens in »Bildern« erwacht, sondern ursprünglich ist und jenes häufig erst führt. Das ist da z. B. gegeben, wo wir spielend noch nie tatsächlich erlebte sie selbst.

sich nur die

Aber sehr

irrig



Gefühle »durchfühlen« und kombinieren.

II.

8

113

Tatsachen, die der

Fremdwahrnehmung entstammen,

den Gehalt der Selbstwahrnehmung zu verlegen,

in

nun gleich eine zweite an, die von keiner geringeren Bedeutung ist. Sie besteht darin, daß wir Formen der Mannigfaltigkeit, die nur der physischen Welt eigen sind, so wie bestimmte Zeit- und Kausalverhältnisse zwischen Ursachen und Wirkungen von seelischen Tatsachen; endlich auch die Einfachheit und Zusammengesetztheit der physischen Ursachen von seelischen Tatsachen auf führe ich

diese selbst übertragen.

Die

Einheit

inneren

und

Mannigfaltigkeit

Wahrnehmung Gegebenen

ist

des

in

eine

der

solche

und mit keiner anderen vergleichbar. Sie muß erstens völlig geschieden werden von jener Einheit, die zwischen den intentionalen Akten überhaupt in der gegenseitigen Identifizierbarkeit ihrer Gegenstände besteht. Nennt man diese Einheit sui

generis

»Einheit des Bewußtseins«, so meint

man

mit »Be-

wußtsein« ein jegliches »Bewußtsein von«, nicht nur jenes »Bewußtsein von«, das Bewußtsein

von den

»Bewußtseinserscheinungen« im engeren Sinne

ist,

ist, mit denen es Psychovon Arithmetik und Physik logie im Unterschiede z. B. zu tun hat, sondern auch jenes »Bewußtsein

d. h.

derjenigen Tatsachen

von«, in

dem uns

z.

B. Zahlen oder physische Er-

scheinungen gegeben sind. faltigkeit,

114

Die Einheit und Mannig-

von der wir hier reden,

ist

dagegen die

Einheit und Mannigfaltigkeit des

Wahrnehmung, noch nicht

die in jener allgemeinsten

liegt

und

die

nicht

intentionalen Erfassens eigen

Gegebenen Zweitens

der

ist

Gegebenen innerer

Akte

Akten des

sondern nur

ist,

dem

»innerer

Wahrnehmung«.

und

Mannigfaltigkeit

Einheit

diese

allen

Einheit

jener des Naturseins völlig disparat und entgegengesetzt.

Wie

die letztere Mannigfaltigkeit ein »Aus-

Formen von Raum und Zeit identisch einwohnt und durch dessen besondere Ordnung sich die Verschiedenheiten von Raum und Zeit noch bestimmen lassen, so stellt die einander«^)

darstellt,

ursprüngliche

das den

wie

Mannigfaltigkeit,

seelische

sie

jedem beliebigen Akt innerer Wahrnehmung angetroffen wird und mit dem Wesen dieses Aktes in

in

Wesenszusammenhang

steht,

eine Mannigfaltigkeit

dar, in der es kein »Auseinander«

überhaupt mehr

gibt,

sondern nur das nicht weiter definierbare »Zusammen«

im

wobei »Ich« eben nur die eigentümliche Einheit dieser Mannigfaltigkeit bedeutet. Die Art »Ich«,

also,

wie Gefühle, Gedanken, Bilder im

sammen

in großer Fülle

sind,

vielleicht in

bestimmten Akte innerer Wahrnehmung, eine zeitliche

^)

und

noch

ist

einem

weder

eine räumliche, gleichwohl aber

Die Idee des »Auseinander«, ein Phänomen, das zeitlichen

»Ich« zu-

Mannigfaltigkeit

identisch

in der

enthalten

räumlichen ist ganz

ist,

verschieden von der Idee der »Ausdehnung«, die auch vielem Psychischen zukommt.

8*

115

eine anschauliche, Sie wird

um

so

Schichten

peripherischen

nungen,

der

Leibichs,

wo

wenn auch eine solche sui generis. klarer, je mehr wir uns von den

Schicht die

der

der

Bewußtseinserschei-

Sinnenbilder

und

des

Scheidung zwischen Psychisch und

Physisch besonders schwer

ist,

den

tiefer

gelegenen

Schichten zuwenden, den Schichten der geistigen Gefühls-

und Strebenssphäre, und der Sphäre der Ge-

Auch

danken.

nimmt

der Schein eines »Auseinanderseins«

stetig ab, je

mehr wir uns zentralwärts auf

dasjenige Psychische hinbewegen, dessen psychischer

Charakter keinen

Zweifel

duldet;

und das eben

darum der Ausgangspunkt für die Erkenntnis des Wesens des Psychischen überhaupt sein muß. An der Peripherie einer solchen Bewußtseinseinheit finden

wir noch deutlich eine Ausdehnung und ein stromartiges

Sichfolgen

gebenen,

der Tatsachen mit einem aus-

Punkt,

gezeichneten

dem

des

»als

gegenwärtig«

das »als vergangen« und das »als zu-

künftig« Gegebene gegenübersteht;

Richtungen

Ge-

die

welch letzteren

Akte des »Erinnerns«

wartens« entsprechen.

So besitzt

z.

und »Er-

B. ein Schmerz

im Beine eine gewisse ursprüngliche Ausdehnung und eine Lokalisation, wie sinnlos es auch ist, ihn darum »räumlich« zu nennen, seine Ausdehnung messen zu wollen oder seinen Ort in Raum und Natur zu bestimmen. Auch »Müdigkeit« hat noch diese Bestimmtheiten, wenn auch vager, wogegen 116

mehr

B. »Mattigkeit« sie schon nicht

z.

Und

um

auch

so findet sich

und

so deuthcher

klater, als wir

uns an die Peri-

während

pherie des Bewußtseins halten,

abnimmt, wenn

aufweist.

dieses stromartige Folgen

es deutlich

wir uns der tieferen Gefühls-

Strebenswelt zuwenden^).

In

und

keinem Falle aber

Ausdehnung und dieses Sichfolgen ein Auseinander von Elementen, eine Form, die mit Ausdehnung und »Sichfolgen« noch keineswegs gegeben

ist diese

So erfasse ich

ist.

Töne

in

einer

Melodie;

sondern

gleichzeitig,

B. wohl das »Sichfolgen« der

z.

ich

erfasse

als »sich folgend«;

sie

nicht

und

als

keinerlei

bloße Ordnung in den ciualitativen Charakteren der

Töne, die »zunächst«

als gleichzeitig

gegeben wären,

könnte mir das Phänomen des »Sichfolgens« geben, läge es nicht schon

wohl findet ^)

im Phänomen

selbst; aber gleich-

dieses Sichfolgen in der Einheit

eines

Es gibt zwei verschiedene Grundphänomene dieses »Folgens«, nach der Stellungnahme, je nach dem Hineingerissensein

die sich je

des Interesses in die peripherere und zentralere Schicht einstellen. Sind wir auf das Leibich wesentlich eingestellt, so erscheint dieses

wie das konstante Ding, an

dem

unsere Strebungen, Gedanken so-

zusagen und im Bilde »vorüberfließen« als »flüchtige Gebilde«. Leben wir dagegen voll »gesammelt« in der zentralen Ichsphäre, so stellt sich deren Gehalt als »dauernd«, »fest« dar und der Gehalt des Leibals Summe sog. »Organempfindungen«, vag gegliedertes Ganzes erfassen, in dem sich dann »Organempfindungen« durch Analyse finden lassen),

ichs (das wir nicht zunächst

sondern erst

als

die

ein

sog.

nimmt jenen Charakter richtig

zu verstehen.

sondern

um

punkte

aller

erlebte

des »Vorbeiflutens« an.

Ich bitte Gesagtes

Es handelt sich hier nicht

Phänomene,

um

die in der Geschichte

»Theorien«,

Ausgangs-

möglichen schönen »Theorien« wurden.

117

Gebildes statt, das ich als Ganzes in

Mit der objektiven Folge der Tonerschei-

erfasse.

nung,

einem Akte

geschweige

mit

Folge

der

und

der Reize

Nervenchoks, die ihnen physikalisch und physiologisch entsprechen, hat dieses

Dieses »Sichfolgen«

tun.

ist

Phänomen

nicht meßbar, so wenig

wie die Ausdehnung des Schmerzes. fundiert auf das

nichts zu

Es

ist

dabei

Ganze der melodiösen »Form« und

der Einheit des »Rhythmus« und variiert

abhängig

von diesen Formen in seinem besonderen Charakter, von »schnell« und »langsam«, Qualitäten, die für die objektive meßbare Zeit keinen Sinn haben^). Auch im anschaulichen Gehalt eines Erinnerungsaktes und eines Erwartungsaktes treffe ich dieses »Sichfolgen« unter Umständen wieder unmittelbar an; und dies, ohne auf die objektive Zeitfolge der Begebenheiten der Außenwelt rekurieren oder gar schlußmäßige Operationen machen zu müssen. In jedem Akte innerer Wahrnehmung ist mir aber so einiges

als

»gegenwärtig«,

einiges als »zukünftig«

einiges

»als

gegeben und

vergangen«,

alles

auf un-

mittelbare Weise; wie auch die Gesamtfülle des so

Gegebenen wachsen und mir so gegeben

ist,

undeutlichen Hintergrund des ^)

es

Auch gegenwärtig

nicht für

mäßig 118

die

Was

abnehmen kann.

erscheint dabei stets auf einem

sein,

objektive

ganzen ungeteilten

zukünftig sein,

Zeit

an einen Leib gebunden.

vergangen sein

der Mechanik.

Sie sind

gibt

wesens-

Das

»Ich«.

Ich

in der inneren

Wahrnehmung

gegenwärtig,

also stets als Totalität^)

ist

der sich

z.

erscheinende

B. das Gegenwartsich nur

als ein

ders helleuchtender Gipfel heraushebt.

davon des

also,

daß ich

gegenwärtigen

erst

Ich

aus der

auf

beson-

Keine Rede

Wahrnehmung

mit erinnerten

Ichen der

Vergangenheit das Ich stückweise zu einer Einheit

verknüpfen müßte



so wie ich einen

Teilen zusammensetzte.

mit

seiner

gegeben

ist,

Erlebnisfülle

Was als

mir

vom

Körper aus ganzen Ich

Sonderinhalt

das kann doch noch

als ein

nicht

durch eine

Beziehungswahrnehmung zu einem Nichtgegebenen wohlbestimmtes und charakterisiertes »gegeben« sein; diese Beziehungsphänomene deuten sozusagen nach allen Punkten meines Lebens hin; ich habe ein unbildliches Bewußtsein davon, daß diese »Fäden«, die ich mit jedem Akt der inneren Wahrnehmung miterfasse, dort und da in meiner Vergangenheit enden, ohne daß mir die Endpunkte als gesehene Inhalte anschaulich gegeben sind.

Bewußtseinseinheiten, die ich in Akten innerer

Wahrnehmung

können an Fülle des Gehalts sehr verschieden sein. Aber jede dieser so verschiedenen, durch einen Akt geeinten Totalitäten gehören wieder einer Totalität derselben Natur und Mannigfaltigkeit an, wenn auch höherer antreffe,

^) Siehe auch W. Dilthey: »Aufbau der geschichthchen Welt den Geisteswissenschaften«, Schriften der BerHner Akademie.

in

119

Ordnung; und niemals besteht ein Recht, sie sich in der objektiven meßbaren Zeit sukzedieren zu lassen; so wenig Recht, als sie sich im Räume ausgebreitet zu denken.

Welt des Bewußtseins konstituierenden Form nach eine ganz

Das Gesagte schon der

sie

zeigt,

daß

die

andere Welt ist, als die der äußeren Wahrnehmung; und zeigt auch, wie wir mit unserer Außenweltssprache gleichsam ringen müssen,

um

sie

auch nur

nach ihrem einfachsten Baue zu beschreiben.

Die

eine der allerwesentlichsten Täuschungsquellen be-

steht

nun

Form

der Mannigfaltigkeit

darin,

daß wir diese

letzte unableitbare

mehr oder weniger

bild-

haft in die uns von der Außenwelt her bekannten

Formen von Raum und

Zeit übertragen,

vor allem dadurch, daß wir an

und

dies

Stelle der seelischen

Tatsachen selbst die bloßen

Symbole

die sie für physische Objekte

und deren raumzeit-

Ordnung dienen können; resp. an ihrer Ordnung der leiblichen Prozesse und der

liche

die

setzen, als

des Leibes,

auf die

sie

Stelle

Teile

noch eine angebbare Be-

ziehung geben; und endlich die leiblichen Ausdruckserscheinungen und Bewegungen, die

sie

hervorrufen.

an erster Stelle in den mannigfaltigen, der Außenwelt entnommenen Bildern hervor, die Dies

tritt

immer wieder

die Eigenart der

Bewußtseinsmannig-

und Einheit zu verstecken drohen. wenn man vom »Bewußtsein« redet, wie von faltigkeit

120

So einer

Bühne oder einem Kasten,

in

denen die »Vor-

stellungen« wie identische Dinge eintreten und abtreten, sich

hemmen und

stören, wie es

B. in

z.

dem

ganzen Bilderwerk der Herbartschen und englischen Ist doch die gesamte engPsychologie geschieht.



lische Assoziationspsychologie

wußte



sie

es

nur ein Versuch, die psychische Mannig-

faltigkeit so

zu zerlegen, und nur soviel an ihr

als

noch

daß Zuordnung zu raumzeitlichen Vorgängen des das Zerlegte

»gegeben« anzuerkennen, einer

insbesondere

Körpers,

bleibe^). Dies aber ist Fall,

ohne daß

wenn

sich

an

des

Nervensystems,

fähig

im strengen Sinne nur dann der

Stelle der

psychischen Tatsachen

Symbole schieben, die wie Atome gedacht werden (die Ideen und Impressionen Humes z. B.) und wenn nur eine ursprüngliche Verbindungsart selbst

zwischen

ihnen,

die

der Assoziation

durch

Be

-

rührung, angenommen wird^). Was sich diesem Schema ni cht fügt, wird dann überhaupt als seelischer Das ganze

Tatbestand nicht zugestanden.

Idol, eine

»psychische Mechanik« herzustellen, in der Grundbegriffe

der

echten Mechanik,

Energie usw., vage wissenschaftlich

bis

Anwendung in

die

wie Masse, finden,

äußerste

ist

Kraft,

nur die

Konsequenz

^)

Vgl. den Aufsatz über Versuche einer Philosophie des Lebens.

*)

Die Ähnlichkeitsassoziation

ist

bereits solcher

Zuordnung un-

meine Abhandlung im Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung, II. Teil, letzter Abschnitt.

fähig.

Vgl.

121

getriebene, aber schon in der natürlichen

Hegende

seeHsche

die

Formen von Raum und

in die

Auch

Tendenz,

die natürliche

Zeit zu versetzen.

vage Vorstellung, das Seelische

befinde sich »im« Leibe, das die

Anschauung

Mannigfaltigkeit

Denken »im« Kopfe und

bekannten primitiven Lokalisationstheorien,

Vorstellungen in Ganglienzellen

die

Wohnung nehmen

lassen, weiter die so lange die Philosophie beschäf-

tigende Frage nach die

hierbei

dem

»Sitz« der Seelensubstanz,

irgendwie punktförmig und über den

»Fluß« des seelischen Geschehens »erhoben«, in ihn

hineinwirkend oder

die zuerst zeitlich

»Ereignisse« »zusammenfassend«

hören hierher.

getrennten

vorgestellt wird, ge-

Nicht weniger aber gehört das Bild

hierher, das sich neuerdings als etwas Besseres als

mehr statischen Bilder der Seele ausgeben wonach das Seelische ein in der objektiven dahinfließender Strom von »Ereignissen« sein diese

will,

Zeit soll,

zwischen denen eine unmittelbare Kausalität und Gesetzmäßigkeit in der zeitlichen Sukzession bestehen

soll,

wie

z.

B.

beiW.Wundt. Nicht weniger auch

Behauptung, »Bewußtsein« sei nur ein »Gattungsbegriff« im Verhältnis zu den einzelnen Inhalten oder es sei nur eine andersartige »Ordnung derdie

selben Inhalte« wie die der physischen Erscheinungen,

etwa die Ordnung, die

sie

»bezogen auf einen Orga-

Behauptungen und Bilder verfolgen Täuschungsmotive, die schon in der

nismus« annehmen.

122

Alle

diese

natürlichen Anschauung hegen, Konsequenzen.

Sie halten die

bis in die letzten

Forschung an der

periphersten Schicht des Bewußtseins, an der

mit Macht

findungsschicht,

fest

und

Emp-

führen

zu

der absurden Behauptung, alles Seelische lasse sich

Komplexe

auf sog. Empfindungen und

solcher zurück-

führen oder in solche »umarbeiten«.

Wird

sprüngliche seelische Mannigfaltigkeit

z.

die ur-

B. der ob-

jektiven Zeit eingeordnet, so müssen sich sofort eine

Menge unlösbarer Probleme

ergeben.

Ich nenne hier

nur die sofort sich einstellende Unmöglichkeit, die Tatsache des Erinnerns (und des Erwartens) zu fassen. Diese Tatsache besteht ja nicht darin, daß in einem

Zeitpunkt eine Vorstellung stellung

A

B da

ist,

die einer Vor-

oder einem Erlebnis eines früheren Zeit-

punktes gleich

ist

oder ähnlich plus einer »symbo-

lischen Funktion« auf das frühere Erlebnis.

Woher

wüßten wir auch von jenem Erlebnis A, dessen Bestehen an einer Stelle der früheren Zeit doch bei dieser Auffassung vorausgesetzt wird

Wahrnehmung von sich«,

Wäre

die

Seelischem nur auf das Gegen-

wartsich eingeengt, so wäre

»Ding an

?

A

ewig transzendent, ein

das wir auch streichen

könnten,

Gegebene der Erfahrung irgendwie zu A^erändern. Es ist schon eine völlig irrige Grundvorstellung, wenn das A, das sich nach dieser Anohne das

sicht ja

an einer anderen

befindet, also gar nicht

Stelle der objektiven Zeit

mehr

»ist«,

also

auch sich 123

nicht als wirksam erweisen kann, dadurch wieder

Kontakt mit dem gegenwärtigen Seelenleben gebracht werden soll, daß man an seine Stelle

in zeithchen

eine sog. »Disposition«



sei es eine

gar nur eine physiologische

psychische,

— setzt.

sei es

Eine solche, aus

gegenw^ärtigem Bestände erschlossene »Disposition« erklärt gar nichts, da sie ein völlig

Annahme

Die

daß ich von

unbekanntes X ist.

einer Disposition für

A

nicht ein völlig leeres Zeichen sein die völlig

die

so

setzt voraus,

Läßt

soll.

man

sogenannten Unbewußten aber

eines

treibt

die

Mannigfaltigkeit in

tinuierlichen

Einordnung

der

objektive

Zeit

die

seelischen

zum

sachen überhaupt.

zur

d. h.

Nun

geringere Täuschung dar,

stellt

als

sie

aber dieser keine in der

Annahme

bestände, daß Natur nur so weit wirklich

gerade

wahrgenommen

tatsächliches

Epi-

Leugnung jedes konZusammenhangs der seelischen Tat-

phänomenalismus,

sie

sie

dunklen psychischen »Dispositionen« und

Annahme

fort,

A

selbst irgend etwas weiß, wenn

Erlebnis

wird.

in

Faktisch

der Einheit

sei,

als

A

ein

ist

des betref-

fenden Bewußtseins, das prinzipiell auf jeden der folgenden Bewußtseinsmomente wirken kann, ohne

vorher in einer besonderen Vorstellung reproduziert

zu werden.

Es erscheint

in

dem ihm zukommenden

Zusammenhang und mit seinem Hintergrund im Erinnern genau so unmittelbar wie der sog. gegenwärtige Bewußtseinsinhalt und braucht nicht »zu124

nächst« in

dem

»gegenwärtigen« Bewußtseinsinhalt

durch einen besonderen TeiHnhalt,

z,

»Erinnerungsbild« vertreten zu sein.

noch für eine Reihe von Problemen wie

B. ein sog.

Analoges z.

gilt

B. der Wirk-

samkeit des Erwarteten oder der »Wirksamkeit« der

von außen oder innen

(triebartig oder

durch Willens-

entschluß) gesetzten »Aufgaben« auf den Ablauf des

gegenwärtigen Geschehens; diese Wirksamkeit

er-

ohne daß die Inhalte der Erwartung oder der Aufgaben wieder neu »vorgestellt« würden^). Auch das Problem des Sukzessivvergleichs und des Zeitbewußtseins, schließlich das Problem der psychischen Kausalität überhaupt, wäre unter dieser Vorausfolgt,

setzung unlösbar.

Hier

sei

dies

nur angedeutet.

Ein generelles Idolon für die innere Wahrnehmung (ja die

Anschauung von phänomenaler Gegebenheit

überhaupt),

das eng mit

dem eben Betrachteten

zusammenhängt, besteht weiter

darin,

daß das Ge-

gebene nur so weit aufgefaßt, identifiziert und unterschieden und in begriffliche Einheiten gebannt wird, als es für die

physische Realsphäre

fungieren kann.

Man

als

Zeichen

weiß, daß die »natürliche«

Anschauung der Welt schon dadurch der physi^)

Das Vorwirken der Aufgabe

in der

posthypnotischen Suggestion,

dem Termin besteht, Problem der Wirksamkeit der (guten oder schlechten) »Zukunft«, die ein Mensch hat, auf sein gegenwärtiges Befinden, gehören gleichfalls hierher. Siehe hierzu den Aufsatz über

das in einer eigentümhchen Erregung kurz vor sowie das interessante

»Rentenhysterie«.

125

kaiischen Wissenschaft gleichsani entgegenkommt,

daß

sie

anschauHchen Vollgehalt der

den

Quali-

täten nur so weit aufnimmt, als in ihnen und in ihrer

Verknüpfung Zeichen liegen

für

Dinge und Dinge« und

hier wieder an erster Stelle für »feste

deren Verschiedenheit, resp. Ansatzpunkte für Be-

ziehungen und an erster »Zeichen« für

sind, erscheinen

praktisch wich-

Farben und Töne,

tige Beziehungen.

nur mehr

Stelle für

die in der

Bewegung

zwar noch

in

Physik

Punkte der »natürlichen An-

schauung«, aber doch nur so weit,

fester

als sie für

Ding-

wahrnehmungen, welche die eigentliche Intention der natürlichen Anschauung darstellen, und für gewisse Beziehungswahrnehmungen und Gestalten eine bestimmte symbolische Leistung übernehmen. Wir sehen da zunächst »Kirschen« und hören einen »Wagen fahren« und nur so weit und nur in jenen Einheiten, als Farbe und Ton diese »Wahrnehmungen« vermitteln,

»Gegebene«

gehen ein.

sie

selbst

sekundär in das hier

So steckt in der natürlichen An-

schauung selbst schon eine Art »Kryptomechanik«,

die wir gerade

zum phänomenalen

zerbrechen müssen,

Sein zu gelangen.

um

Dieses Motiv

reicht aber tief hinein in die Wissenschaft.

Eine

ganze Reihe formaler Grundeigenschaften der sinnlich

in

elementaren Erscheinungen, vermöge deren

bestimmte formale Ordnungen gebracht werden

können, 126

sie

wurden nur darum

so

lange

übersehen

bloße Komplexe angesprochen, weil

oder

als

den

physikalischen

Reizes

eines die

kein

Grundqualitäten täten

ihre

Töne^);

der

Ordnung

in

Variabilität

So

der Farben, die vokalen

Hinsichten,

die

der

Analogon haben.

strenges

spezifische Helligkeit

prinzipiell

als

Dimensionen

sie

als

könnten nicht

nach denen die Quali-

finden,

mehr an Zahl

sein

die physikalischen Variationsmöglichkeiten der

zugehörigen Reize; und als dürfte man die phänomenalen Variationsrichtungen überhaupt erst schei-

wenn man

den, keit

von

bereits ihre eindeutige

einer physikalischen

gefunden habe.

Ist es

Abhängig-

Richtung der Variation

doch von Anfang an nur eine

praktisch biologische Einstellung, die uns auf den

räumlich

zeitlichen

Zusammenhang

fester

Dinge

und die Bewegungsvorgänge zwischen ihnen zunächst und auf Qualitäten, Formen und Gestalten und mögliche Variationen ihrer nur so weit hinblicken läßt,

Welt

als

sie

fester

nicht aber

für

Variationen in dieser bewegten

Dinge Zeichen und Symbole sein können, das

Gebot irgend einer »Logik« oder

eines »apriorischen Verstandes«.

Eben

dies gilt aber

auch für Qualitäten mit stärkerem Subjektivitätscharakter und noch mehr für die zentraleren Tat-

sachen der inneren Wahrnehmung, die sich im Erlebnis

selbst

entweder

erst

durch die Vermittlung

^) Siehe hierzu die treffenden allgemeinen Bemerkungen Köhler, Zeitschrift für Psychologie Bd. 54, S. 241ff.

von

127

des Leibichs auf äußere Dinge beziehen oder sich

ohne diese Vermittlung unmittelbar wie die geistigen Gefühle.

am

Ich finden

Die Qualitätenfülle der

Geschmäcke der Speisen und Getränke bleibt im selben Maße unbekannt, als Hunger und Durst nach diesen Dingen greifen läßt. Dem Hungrigen geht die Geschmacksqualität der Speise und das damit verbundene besondere sinnliche Wohlgefühl verloren in der angenehmen Empfindung der Magenfülluno- und der sich daran schließenden Befriedigung. Erst im Maße, als das unmittelbare Bedürfnis zurücktritt, breiten sich die Fächer der Qualitätenfülle aus. Das Gesagte gilt für alle »Qualitäten« und für die Wertqualitäten ganz besonders. Die Wertqualitäten sind ihrer Natur nach nicht darum »subjektiv«, »menschlich« usw., weil sie im natürlichen Verhalten faktisch meist nur als Signale zu bestimmten Handlungen aufgefaßt werden und nur so weit geschieden, in Begriffe gebracht und mit Worten genannt werden, als sie Signale für verschiedenartige und durch bestimmte Ziele geeinte Handlungen sind. Das »Menschliche« und »SubjekGerüche,

tive« besteht vielmehr gerade darin,

sie

zu fassen

und sie dabei nur so weit zu fassen, als sie diese Bedeutung eines Signalements der Umwelt für unsere praktischen Schritte besitzen. Es besteht hier eine genaue Analogie zwischen den Wertqualitäten und den Qualitäten der sinnlichen Erscheinungen. Der 128

anschauliche Gehalt der letzteren hat schon in der natürlichen Anschauung die

Tendenz, nur so weit

aufgefaßt zu werden, als er räumliche und zeitliche Verhältnisse von festen Dingen, ihre

Größen und

ihre

Bedeutung

zur Unterscheidung bringt

;

der natürlichen Anschauung

Formen und

als »Kirsche«,

»Stuhl«

ganz analog werden in alle

Wertqualitäten zu-

nächst zu bloßen Unterscheidungsmitteln für die

Träger von Werten und

bestimmten Art von

einer

Werten, nämlich für die wirtschaftlich bedeutsamen Güter,

die

schaft«

ihren

schließlich

der künstlichen

in

Stufe der »Gesell-

Ausdruck im Preise und im Geldquantum finden, für die sie er-

hältlich sind.

reinsten

Die Geldwirtschaft hat die Tendenz,

genau so die Werte vollständig zu dequalifizi eren, wie dies die mechanische Naturansicht für die anschaulichen Sinnesqualitäten vollzieht^). Der »Warencharakter« der Sachen, der nicht in einem inhaltlichen

Merkmal

tauschbarkeit

mögen zu

derselben, sondern nur in ihrer Ver-

des Effektes,

hinsichtlich

vergrößern, beruht,

wird wie

das

Substanz, an die sich die übrigen Qualitäten, die ästhetischen, erst anlegen.

wie

man meinte



eine

Und

Ver-

zu einer B.

z.

dies ist nicht



bloße zufällige Analogie,

sondern beide Tatsachen haben dieselbe Wurzel. ^)

Siehe Simmel, Die Philosophie des Geldes,

Der moderne Kapitalismus, Bd. den »Bourgeois«. II. 9

II.

und W. Sombart,

Siehe auch den Aufsatz über

129

Beide Erscheinungen folgen

dem

Gesetze, daß alle

erscheinungsmäßigen Weltinhalte überhaupt (die gefühlten Werte wie

die

wahrgenommenen

Inhalte)

Tendenz aufweisen, zu bloßen Symbolen und

die

Unterscheidungsmitteln

für

diejenigen

unter

ihnen zu werden, auf die sich die elementarsten, generellsten

und

dringlichsten Triebe

eines

Lebe-

wesens richten; und in beiden Fällen sind die künstlichen

Formen von Geldwirtschaft und mechanischer

Naturansicht nur Steigerungen von Tendenzen ins Absolute, die bereits der natürlichen Verhaltungs-

Menschen einwohnend, die faktische Qualitätenfülle der Welt für unser Bewußtsein vermindern; und mit denen eine rein erkenntnismäßige Stellung zur Welt prinzipiell zu brechen hat. Das Gesagte gilt nun gedoppelt für die zentralen weise

des

Schichten des Tatbestandes innerer Wahrnehmung.

Was uns im dahingleitenden Strome unseres seelischen Lebens »zunächst« in die Wahrnehmung fällt, das sind erstens

Werteinheiten und

die objektiv »allgemein« sind

hier

(wenn

und

wieder sie

solche,

auch nicht

»als«

allgemein gegeben sind)

nach

solche, die für die Variationen unseres Leib-

;

ihrer

Qualität

zustandes von symbolischer Bedeutung sind. es

Daß

Werteinheiten sind, das zeigt schon die offen-

sichtliche Tatsache,

daß

es

uns so

viel leichter fällt,

fremdes und eigenes Erleben zu beurteilen und zu richten,

130

als

»psychologisch«

aufzufassen

und

zu

Das Hinsehen nach »schlecht« und »gut«

verstehen.

auszuschalten, keit

zu

ist

mit einer besonderen Schwierig-

und Anstrengung verbunden. Nicht

dem Gegebenen,

die

erst

eine »Zutat«

durch einen Akt der

Beurteilung und durch Reflexion auf diesen sich ergibt, ist der

Wert

des Erlebnisses (wie

z.

B. Herbart

und Franz Brentano annahmen), sondern

er ist die

primär gegebene Tatsache, von der wir erst künstlich absehen müssen, um den wertindifferenten Tatbestand zu erhalten.

Diese primäre Gegebenheit

daß bei

des Wertes zeigt auch die Tatsache,

hemmter Erinnerung und Erwartung uns

ge-

Wert-

die

qualität des betreffenden Inhalts zuerst in die Er-

scheinung

Wir wissen noch, daß

tritt.

genehmes«,

ein

»Peinliches«,

ein

es ein

»An-

»Wichtiges«

oder

»Gleichgültiges«, ein »Schmutziges« oder »Edles« war,

das uns »da gestern passierte« oder was morgen eintretenwird, aber wir wissen noch nicht, was es

ist.

schauen Werte von Erlebnissen, indem wir

fühlen,

immer

sie

So

den hellen Bezirk unseres Bewußtseins herein, deren Träger uns selbst nicht gegenwärtig sind.

in

Wir fühlen

eine

Regung schon

als »schlecht«,

deren innere Zielintention wir noch nicht

als

auf

bestimmten Inhalt gerichtet erfaßt haben, und haben darum die Möglichkeit, sie zu unterdrücken, bevor sie selbst reif wird. Die durch einen



Werteinheiten zu Erlebnissen schon gegliederte Mannigfaltigkeit des 9*

Bewußtseins

tritt

nun aber

in die

131

Wahrnehmung zunächst nur so weit, als die Erlebnisse Zeichen für Leibzustände sind und ihre Veränderung Zeichen für veränderte Leibinnere

zustände. Ein jedes Erlebnis, Geinütsbewegung,

z.

z.

B. die Einheit einer

B. eine Trauer, eine Freude, ein

starkes Mitleid oder ein Willensakt

ist

von

einer Ver-

änderung im Gesamtbestande der Leibempfindungen und der mit ihnen verknüpften sinnlichen Gefühle begleitet. liegt

nun

Wahrnehmung

In der gemeinen inneren die

Täuschungsquelle,

aller qualitativen

Differenzen derjenigen Gemütsbewegungen und Stre-

bensinhalte sowie des Strebensherganges zu übersehen, die schon gleichartige Folgen für den Leib-

zustand besitzen.

Wir sind »geborene« Organsempund erst die Überwindung

findungspsychologen dieser

ursprünglichen

Neigung,

Seelenleben nur so weit sieht,

die

als es

das

im Dienste

licher Bedürfnisbefriedigung sich bewegt,

für veränderte Leibzustände ist oder zu

leiblichen

Bewegungen

eigentlichen,

gesamte leib-

Anzeichen

bestimmten

auffordert, erschließt uns die

die »rein« seelischen Tatsachen.

Alle

jene Übergangserlebnisse, die nicht gleichzeitige Ver-

änderungen des Leibzustandes und mit ihnen differente Handlungen nach außen bestimmen, werden nur ganz vage und undeutlich aufgefaßt sie

es

überhaupt werden





so weit

sie sind ein »Nichts«.

Erst ein schwieriges prinzipielles Sichabwenden von

den Leibzuständen und der äußeren Handlungs132

Phänomene

Sphäre läßt die eigentlichen seelischen

ihre Differenzen sowie deren Gesetzmäßigkeit

und aus

dem

Die im

geheimnisvollen Dunkel des Ich auftauchen.

Leibe und

Vorgängen gegründete also nicht oder bestimmt

seinen

Gesetzmäßigkeit »erklärt«

auch nur eindeutig jene Phänomene und ihre Gesetze, sondern sie »stört« sie in dem Sinne, wie Reibung die reine

Durchsetzung des Fallgesetzes

Das Super-

»stört«.

ist dann erst durch eine position beider Gesetzmäßigkeiten zu begreifen^).

konkrete Geschehen

Was

und ihre objektiven Korrelate bedingen, ist nicht der Gehalt des in innerer Wahrnehmung Gegebenen — genau so wenig wie in der die Leibzustände

Sphäre der äußeren Wahrnehmung -

Auswahl

dessen,

was

,

wir in innerer

Wer

faktisch jeweilig erfassen.

Vorgängen und

Inhalten

entsprechen läßt



sondern nur die

Wahrnehmung

also allen seelischen

Leibzustände

eindeutig

wie der psycho-physiologische



Bedingung der Wahrnehmung von Psychischem mit einer Bedingung des Psychischen selbst. Parallelismus es tut

Er verhält

,

der verwechselt eine

sich so wie ein Sinnesphysiologe, der sich

einbildete, er treibe Physik.

Eine Psychologie, die

nicht eine generelle Neigung zur Selbsttäuschung

Prinzip ihrer Forschung machen streben,

die

seelischen

will,

Tatsachen

muß

zum

daher nicht

möglichst

auf

^) Vgl. die Weiterführung des Gesagten im II. Teile meiner Abhandlung über den »Formalismus in der Ethik usw.«. Abschn. »Person«.

133

Elemente des Leibzustandes, Organempfindungen

und sinnliche Gefühle zurückzuführen, sondern im Gegenteil darnach, die letzteren überall aus dem konkreten Tatbestande herauszuschälen und die Natur und Eigengesetzmäßigkeit des Restes zu erforschen. So quelle innerer tätenfülle der

ist es

nur eine Folge jener Täuschungs-

Wahrnehmung, wenn man Gefühle auf Lust und Unlust

objektive Korrelate zurückführen alle

will.

die Quali-

plus deren

Gewiß: wir

beachten an den Gefühlen zunächst

liicht ihre

grundverschiedenen qualitativen Charaktere, sondern

nur den Endpunkt

ihrer,

da

sie in

das sinnliche Lust-

und Unlustgefühl (die Sphäre des sinnlich Angenehmen) und das Leibich hineinmünden und hierdurch Förderungen und Hemmungen der Lebensvorgänge im Getriebe des Organismus anzeigen. Aber schon das »Lebensgefühl« ist nicht eine Summe von sinnlichen Gefühlen, und seine Modifikationen wie gesund und krank, matt und kraftvoll. Aufsteigen und Absteigen usw. sind durch Ausfall und

Hinzukommen

sinnlicher Gefühle

die Gesetzmäßigkeit seiner

Rhythmus

ist

nicht darstellbar;

Veränderungen und

lichen Gefühle nicht verständlich.

Noch

viel

die Gesetzmäßigkeit geistiger Gefühle wie

und Trauer, Gesagte. 134

usw.

Seligkeit

Affektentheorie

sein

durch die Gesetzmäßigkeit der sinn-

ist ein

So wichtig

weniger

Wehmut

Die James -Langesche

deutliches Reispiel für das hier es

war, die Bedeutung der bei

Ausdrucksbewegungen beteiligten Empfindungen und noch mehr die inneren Viszeralempfindungen, die auch bei Zurückhaltung des äußeren Affektausdrucks — dann sogar in vereiner Affektentladung in

stärktem Maße

doch

so bleibt die sie

— auftreten,

ans Tageslicht zu ziehen,

die qualitative Fülle der Affekte

und

durchwaltende Intention des »Zornigsein über

etwas«

z.

B.,

sowie

die individuell

so

weitgehend

Richtung dieser Intention hierdurch ganz unerklärt. Fälle, wo die Theorie das Tatsächliche trifft, sind nicht Fälle der normalen Affektbetätiwechselnde

gung und Entladung, sondern Fälle pathologischer Art. Es scheint mir, daß die von allen Kennern der Hysterie hervorgehobene Tatsache, daß hier die Größe der Ausdrucksbewegungen der Affekte dem inneren Zustande nicht angemessen

viduum

also

wirklich

ist, viel trauriger

z.

B. viel

das Indi-

ist,

zorniger erscheint,

als

es

(nach Klagen und Tränen-

daß Nichtkenner jedesmal getäuscht werden, darauf hinweist, daß eben hier

ergüssen), als es

ist,

so

jener innere qualitative gehalt, auf

Gefühls-

den sich normaliter

und

erst jene

erscheinungen aufbauen, weggefallen

Intentions-

Ausdrucks-

ist

oder erst

nachträglich in der Weise einer Gefühlsvorstellung hinzukommt. Aber eben dies zeigt den Irrtum jener Affektentheorie für den normalen Fall. Der hysterische Patient ist wirklich »lustig, weil er lacht, und traurig, weil er weint«, wie man paradox jene Lehre 135

ausdrückte; der normale Mensch verhält sich

Die Einstellung auf den Eindruck beim

gekehrt.

Anwesenden, »soziale

um-

z.

Bild«,

mittelbar und

B.

das

den Arzt, oder auch auf das er

bietet,

bestimmt hier un-

gleichsam automatisch die Affekt-

entladung und das Gefühl des Patienten, und die Intention wird erst

nachträglich dazu vorgestellt.

Aufhören des Affektes, wenn kein »Zuschauer« mehr da ist. Die Täuschung des Anderen ist daher hier immer eine Folge vorangehender Selbst-

Daher das

sofortige

täuschung und dadurch unterscheidet sich dieses Ver-

Komödie und Simulation, die in der bewußten Willens- und Urteilssphäre ihren Ausgangspunkt nimmt und direkt auf den Anderen zielt. Zu der genannten Täuschungsquelle gesellt sich die mehr indirekte, aber auf dieser in letzter Instanz

halten von aller bloßen

beruhende, daß wir an seelischem Tatbestand in der inneren

Wahrnehmung

vollziehenden)

(auch der sich im Erinnern

nur das zu fassen pflegen, was zu

nützlichen und schädlichen Handlungen führen kann. Ich meine hier nicht die nachträgliche »Beurteilung« einer wahrgenommenen Regung, eines Gefühlsbestandes, eines Strebens oder als nützlich

und

Sehnens

schädlich, sondern eine Wirksamkeit

und Schädlichen, der gemäß diese Ideen wie Auf fassungsf ormen sich betätigen, durch die ausgeschieden wird, was überhaupt von den des Nützlichen

Erlebnissen in das Feld der inneren 136

Wahrnehmung

gerät.

Ein junges Mädchen, das im Sinne einer

kleinbürgerlichen

»wohlerzogen«

Gesellschaft

nimmt Gefühlserregungen gegen junge Männer, sie

nicht »heiraten« kann, die

können«, überhaupt nicht

sich diese Gefühle nicht ein«.

Vorgänge,

zu

die

sie

in sich

denselben

ist,

die

nicht »versorgen

wahr;

sie

Nun können

»gesteht seelische

Handlungen führen,

natürlich noch weithin in sich selbst verschieden

Tendenz ist, sie in der inneren Wahrnehmung nur als Bestimmungsgründe zu möglichen Handlungen überhaupt ins Auge zu fassen, so bleiben solche Verschiedenheiten den Individuen unbekannt. Ein ganzer Typus von Selbsttäuschungen gehört hierher, z. B. die Täuschungen sein; aber

da

es eine generelle

über die »Motive des eigenen Handelns«.

Diese oehen

nach zwei Richtungen. Einmal pflegen wir uns

selbst

und Anderen Überlegungen, die sich erst an die vollzogene Handlung und ihre Nachwirkungen geknüpft haben, als ihre »Ursachen« und »Motive« einzulegen; was aus ursprünglichen Impulsen ohne Überlegung heraus geschah und eine nützliche Wirkung hatte, geschah vermeintlich, weil diese nützliche Wirkung gewollt war^) die bekannte Täuschung aller intellektualistischen Vulgärpsychologie. Sodann neigen wir da, wo eine Handlung aus Motiven von verschiedenem Werte geschehen konnte, auch wo ;

^)

Siehe auch

W. Wundt's

Ethik, der diese Täuschung

die

der

»populären Reflexionspsychologie« zu nennen pflegt.

137

uns das geringwertige Motiv bewegt hat, das höherwertige anzunehmen.



Utihsmus meint Hche die

ist,

Nicht weil



wie der ethische

das Gute eigentUch das Nütz-

belegen wir Akte des Wollens und Handelns,

entweder aus Überlegung über den Nutzen her-

vorgehen

oder

Impulsen

die objektiv nützlich

ihr

Dasein verdanken,

wirken und deren Entstehung

und Erhaltung nur hieraus begriffen werden kann, mit Namen, die sittliches Lob ausdrücken; sondern weil es selbst nützlich

Motiven (vor scheine,

sich

wo man

ist,

daß

man

aus sittlichen

und anderen) gehandelt zu haben aus

dem Motive

der Nützlichkeit

tatsächlich gehandelt hat, wird die Auffassung des

Handelns gefälscht. Liebe anderes

als

B.

ist

sicher etwas ganz

»Interessensolidarität«,

meinen wir zu

lieben,

solidarität vorliegt.

sind

z.

wo

bloß

aber eine

oft

ver-

Interessen-

Nicht die sittlichen Handlungen

vom Nutzen und Schaden

irgendwie bestimmt,

sondern der Akt des sozialen Lobes und Tadels^). Die

politischen

Forderungen,

die

faktisch

durch

Gruppeninteressen diktiert sind, würden sich nicht immer als Forderung »für das allgemeine Beste« ausgeben, wenn nicht durch dieses Verstecken des Interessemotivs die Forderung nachhaltiger ^)

Teile

und

ihre

Eine genauere Begründung dieses Satzes habe ich im zweiten meines Buches »Der Formalismus und die materiale Wert-

ethik« gegeben. Eine Anwendung obigen Prinzipes habe ich in meinem Versuche der Deskription und Erklärung des englischen »Cant« gemacht. Siehe Anhang zu meinem Buche über den »Krieg«.

138

Erfüllung allen zugemutet würde.

Erklärung

sittlicher

Erscheinungen

Die utilistische ist

daher faktisch

eine Erklärung der sozialen Täuschungen über die sittlichen

Erscheinungen, wie

sie

im

und Tadel zum Ausdruck kommen. Es ist — so wurde schon bemerkt

sozialen



Lob

weiterhin

eine generelle Täuschungsquelle der inneren

Wahr-

nehmung, daß wir Tatsachen und Verhältnisse, die innerhalb der physischen Ursachen und Wirkungen seelischer

Tatsachen sich finden, in diese

selbst

hineintragen und dadurch den Tatbestand fälschen.

Höre ich einen anderen an, der mir etwas erzählt, so müssen natürlich die Schallwellen zuerst mein Ohr treffen und von den empfindlichen Elementen weiter ins Gehirn usw., geleitet werden.

Gilt aber

darum, daß auch im Bewußtsein zuerst bloß aku-

Komplexe, dann Gehörserinnerungen, dann Bedeutungen gegeben sein müssen? Faktisch ist es nicht so. Was ich hier an erster Stelle finde, ist vielmehr der Bedeutungsgehalt der Rede und nur stische

in

dem Maße,

drängen sich die der akustische

nung

wird,

ist

im Verstehen gehemmt akustischen Komplexe vor.

als ich

Komplex zur er

bin,

Wo

selbständigen Erschei-

meist nur in der unmittelbaren

Erinnerung gegeben, während seine Bedeutung schon

Wie irrig also, die Folge der physischen Ursachen in die Folge der Bewußtseinserscheinungen hineinzusehen! So muß

vorher erfaßt war.

139

objektiv

fremdes

ein

ich

soll

freilich,

Erlebnis

erfassen,

zuerst die Körpergeste oder der Sprach-

und mein Auge und Ohr reizen usw. Aber daß ich darum auch zuerst eine Körperbewegung oder überhaupt einen »fremden KörperGeiste«5

Ja, die

der

sie

durch den Be-

völkerungsrückgang bedingte Erschwerung der nationalen Konkurrenz

mit den

slavischen Völker-

Tendenz zur Abnahme der Bevölkerungsvermehrung nicht oder weniger unterliegen, könnte höchstens den kapitalistischen Geist noch gewaltig steigern. Eben da — wie Sombart treffend sagt — ein galizischer Jude mit demselben, oder noch größeremAufwand kapitalistischen Geistes, als ein Berliner Bankdirektor, der Tausende verdient, schaften,

die

jener

etwa 5 — 10 Mark täglich verdient, ist mit der Verkleinerung der Effekte der in diesem Geiste geführten Unternehmung dieser »Geist« selbst in nichts verringert.

Es kann daher nur

die

qualitative

Seite

des Bevölkerungsproblems, nicht seine quantitative, sein,

die für die

dauernde Aufrechterhaltung oder

den Untergang des Kapitalismus in Frage kann.

Und darum

ist die

Frage: Gibt

es in

kommen den fak-

tischen Tendenzen der qualitativen Bevölkerungs-

396

bewegung,

also in der Art ihrer jeweiligen

Neuzu-

sammensetzung aus der Fortpflanzungssumme der beiden biopsychischen Typen Gründe und Garantien, die ein Aussterben oder eine Zurückdrängung des Typus homo erwarten lassen, der Träger des kapitalistischen Geistes ist

Diese Frage

Denn

ist

?

unseres Erachtens zu bejahen.

es ist ein inneres

selbst,

daß eben

Gesetz des Bourgeoistypus

Grundeigenschaften, die ihn

die

innerhalb der kapitalistischen Ordnung als Unter-

nehmer, Händler usw. reüssieren lassen, im selben

Maße

vorhanden sind, auch seine verringerte Fortpflanzung und damit die Verringerung der Überals sie

tragung der charakterologischen

Erb werte,

die

Anlagen zum kapitalistischen Geist ausmachen, zur notwendigen Folge haben. Mit Recht haben J. Wolf und andere den eigenartigen Parallelismus von die

steigender Wohlhabenheit zahl,

und verringerter Kinder-

der durchaus keine universalhistorische Er-

scheinung

ist

(völlig

umgekehrt z. B. bei den Chibeim deutschen Adel usw. auf

nesen, nicht vorhanden

)

eine identische Ursache beider Erscheinungen zurück-

Rechenhaftigkeit der seelischen Grundeinstellung auf Welt und Leben überhaupt. Eben diese Rechenhaftigkeit hat gleichgeführt: auf die steigende

zeitig das wirtschaftliche

Emporkommen und den

vermindertenFortpflanzungswillen, resp. die sinkende

Kinderzahl der rechenhafteren Elemente zur Folge. 397

Die

Anlage

Zweifel



zu dieser Rechenhaftigkeit aber



nach früher Gesagtem

ist

selbst ein

ohne

Erb-

wert und gebunden an den geringerwertigen Vitaltypus. Auch diese »Anlage« wird also durch die geringere Fortpflanzung des rechenhaften Typus mehr und mehr ausgeschaltet — eben damit aber dieser Typus Mensch als Typus überhaupt. Diesem »angsthaften«, »rechenhaften« Typus steht der »gläubige«, der »vital vertrauensvolle« und »muthafte« Typus ;

Sage ich der »gläubige«, so denke ich

gegenüber. nicht

etwa an die

Kirchenglaubens. Vitaltypus, von ist,

mit

und der einer

Angehörigen

Es

dem

ist

eben ein bestimmter

ja

hier

meinschaft;

der

sich

realen

also

Formen der Gemeinschaft, schiedenem Maße,

Rede niemals decken kann

als

sich als solcher

bestimmten

orthodoxen

des

in

Einheit

die

historischen

Ge-

allen Arten und

freilich

in

sehr

findet. Freilich besteht die

ver-

unbe-

daß die religiös-gläubigen kathound protestantischen Volksschichten, und unter ihnen wieder die katholischen voran, nicht den gleichen Rückgang der Geburtenziffer aufweisen wie die ungläubigen; und es besteht die Tatsache, streitbare Tatsache,

lischen

daß eben diese Schichten Geistes sind.

relativ unkapitalistischen

Die sog. »Rückständigkeit der Katho-

liken« (»Rückständigkeit« natürlich

nur gemessen an

den Werten des kapitalistischen Ethos) beweist es deutlich genug. Aber diesen Vorrang verdanken 398

die kirchengläubigen Schichten

nicht

dies die kirchhchen Parteien gern pro

struieren



dem besonderen Inhalt



wie sich

domo kon-

ihres

Glaubens

oder der Zugkraft des Moralsatzes »Seid fruchtbar

und mehret gegen

vaters

usw.



,

dem Kampfe

euch«, oder

des Beicht-

empfängnisvorbeugenden Mittel

die

sondern umgekehrt

ist es die

Zugehörigkeit

der Kernschichten der orthodox Gläubigen zu

dem

Vitaltypus vorwiegend gläubiger, vertrauensvoller Lebenseinstellung, welche

zur Folge hat, daß

auch kirchlich-gläubig blieben und daß

sie

sie

eben diese

der Fortpflanzung günstige »Moral« besitzen. Andrerseits

hat dieser innere

daß auch

all

Zusammenhang zur

Folge,

jenen Weltanschauungsfaktoren, die

innerhalb der katholischen Kirche dein Kapitalismus

noch entgegenzuarbeiten vermögen, durch die lativ

re-

größere Vermehrung ihrer Träger steigender

Sipg verheißen

Für Typus

die

ist.

langsame Ausschaltung des bourgeoisen

gibt es gleichsam einen weithin sichtbaren

von Teilhaber kürzlich aufgewieseneTatsache des Aus Sterbens der deutschen Juden, und zwar in dem Maße, als sie innerhalb des Kapitalismus führende Stellungen gewannen und Index:

das

ist

die

gleichzeitig aus der geheimnisvollen Schutzsphäre der

jüdischen Familientradition heraustraten.

der tapfere und edle Zionismus ihm mit dem innersten Rechte der Erhaltungs-

jüdischen Typus stellt

An diesem



399

Würdigkeit des großen, begabten Volkes heute einen

anderen

schroff entgegen

und bedrängt ihn

bis tief

Ehre und in sein Gewissen hinein, blutig und doch gerecht — vollzieht sich zeitlich zuerst und im kleinen das tragische Geschick, was sich am bourgeoisen Typus überhaupt vollziehen wird: in seine oft

daß

er

mit

steigenden

all

seinen

Erbanlagen mitten in der

Gewinnung der

kapitalistischen Macht,

mitten im ökonomischen Siege zugrunde geht und der

steigenden Ausschaltung aus

der

Geschichte

verfällt.

Diese Tendenz auf Ausschaltung des Typus, der

den kapitalistischen Geist trägt, behält ihre führende Kraft auch trotz

aller

Komplikationen,

die durch

das Nachdrängen der sozialen Unterschichten auf

gewordenen Stellen der Stufenleiter von Besitz und Wohlhabenheit (resp. das Nachdrängen

die

leer

der slavischen Judenmassen), das Nachdrängen der slavischen

Arbeitskräfte

für

den

Bevölkerungs-

rückgang in der Industriearbeiterschaft zu Händen der Unternehmer, entstehen mögen.

Denn

alle diese

nachdrängenden Massen sind zugleich Träger eines immer vermindernden kapitalistischen Geistes. Nicht darin besteht ja die qualitative Grundtendenz der Bevölkerungsbewegung, daß nur führende kapisich

talistische Schichten mehr und mehr ausgeschaltet werden! Diese »Schichten« könnten ja beliebig ersetzt

400

werden.

Und

das hätte für den Fort-

bestand des »Kapitalismus« keine Bedeutung. Darin

daß schon die Erbwerte die »Anlagen« zu diesem Geiste bedeuten, und vielmehr besteht

sie,

damit der Typus, der Träger dieses Geistes stärker der Ausschaltung verfällt.

ist,

immer

Hierin allein sehen wir die letzte Garantie für die »Verzappelung des Riesen«.

Die ganze Fülle der

speziellen Erscheinungen, die gegenwärtig das Gleiche

anzeigen und einleiten, sind von dieser Tatsache abgeleitet.

Und

und

alle ethische

politische Sollens-

orientierung, die den Prozeß jener Verzappelung be-

schleunigen kann, kann nur innerhalb des

Rahmens

unserem bewußtem Willen entzogenen notwendigen Prozesses ihre Bedeutung besitzen. An solchen Erscheinungen ist das gegenwärtige Leben überreich. Nicht nur die innere Bureaukratisierung der Unternehmungen, auf die Sombart mit Recht hinweist, und die damit einhergehende Bildung dieses

neuen Klasse der »Privatangestellten«, sondern mehr noch die neue Selbstauffassung der Unternehmer als Leiter und Führer der nationalen

einer

wirtschaftlichen Arbeit, ich

möchte

fast sagen als

oberste Aufsichtsbeamte des Güterumlaufs

Güterproduktion,

sind

innerhalb des Wirtschafts-

lebens solche Erscheinungen.

Ekel

am

und der

Die Scham, ja der

bloßen Reichtum, zuerst erwachsen an

der Disproportionalität seiner Größe zu der möglichen

Genußfähigkeit, sogar der Familie bis in die fernsten IL

26

401

Glieder



von Enkel und Urenkel

das Gefühl des

Widerstandes gegen die allzufetten Kuchen



ver-

den führenden Schichten des Wirtschaftslebens mehr und mehr. Hierin dürfte den breitet sich unter

Stellungnahmen und Ideen Walter Rathenaus^) nicht bloß eine individuelle, sondern eine typische Be-

deutung zukommen.

Noch zukunftsverheißender aber die

erscheint

uns

Gesamtheit der heutigen Bewegungen, die sich

außerhalb die seine

des Wirtschaftslebens vollziehen

und

gesamte Bedeutung im Leben des Menschen

überhaupt

auf

das rechte

Maß zurückzudrängen

In ihnen erhebt an erster Stelle der neue Typus Mensch — noch schüchtern genug — sein Haupt, der Typus, der durch die kapitalistische Epoche verdrängt war. Zu allererst haben schon unsere tiefsten Sorgen streben.

heute

gegenüber jenen unserer Väter

eine

neue

haben sich vom sozialökonomischen Gegensatz arm und reich, der sich Richtung angenommen.

Sie

langsam, aber auf sicherem ginnt, die

immer

in physischer

die

Volks-

und

1)

als die

als ein

betreffen.

größeres Übel

noch vorhandene Armut.

Walter Rathenau »Zur Kritik der

des Geistes«, Berlin 1914.

402

Rassengesundheit

und psychischer Hinsicht

Die Tuberkulose beginnt uns zu erscheinen

auszugleichen be-

den Fragen zugewandt, welche

stärker

Vitalität,

Wege

Zeit«

Die

und »Die Mechanik

Wohnungsfrage und die Verlegung der Wohnstätten an die Peripherie der Städte, auch für den minderbemittelten Teil der Bevölkerung, gewinnt die Bedeutung, die

sie

nicht nur wieder

als

abhängige Funktion

ökonomischer Besitzunterschiede hat, die

selbständig natürlicheren

ihr vielmehr

Frage der Gesundheit und einer Lebensführung zukommt. In den

als

mannigfaltigen Arten von Jugendbewegungen,

vom

Wandervogel, den Pfadfindern bis in den deutschen

Jugendbund hinauf, in der neuen Liebe der Jugend zu Natur und Sport, in der steigenden Verachtung purer Kopfbildung und des Intellektualismus, in der schon in der äußeren Erscheinung sorgfältigeren und Haltung der Jugend, in der Zurückdrängung jener Art von Romantik und Phantastik, auf die bei ihren Vätern so rasch das äußerste Philisterium zu folgen pflegte, zugunsten einer

strafferen

mutigen,

realistischen

starken Vorwiegen

gegenüber

dem

Lebenseinstellung;

ihres

politischen

freieren,

den religiösen Fragen noch ein Haeckel oder Ostwald?

licher

Wandlung und

26*

liegen

— —

was wäre ,

ihr

nicht zuletzt

ihrer geschlechtlichen Liebesideale

gegenüber Tradition, Konvention, sonstiger Autorität

Gebundenere



Interesses

untersuchenden Ver-

hältnis zu

ins Freiere

dem

sozialökonomischen ihrer Väter, in

ihrem ernsteren und

in der

in

gegenüber

dem

Ansatzpunkte,

die

und

elter-

gleichzeitig ins

eigenen Gewissen, eine

starke

Um403

bildung des künftig zur Führung der öffentlichen

Angelegenheiten berufenen Typus erwarten lassen. Diese Charakterzüge der neuen Jugend sind nicht In Frankreich

auf Deutschland beschränkt.

berichten kundige Beobachter dieselbe

z.

B.

Umformung,

Studentenbewegung gegen die in gelehrten Positivismus eingetrocknete Sorbonne bereits kräftig Auch in der werdenden Weltzur Geltung kam. die in der

anschauung der Jugend sind die geistigen Ermüdungserscheinungen des Skeptizismus, des Rela-

Herumwühlens im eigenen Ich zurückgetreten und ist die Richtung

tivismus, des Historismus,

des

auf unmittelbaren Erlebniskontakt mit den selbst,

auf absolute Einsicht, die

Welt

in

kräftigem

Wandlungen

Fortschritt

begriffen.

Diese

darum hoffnungserweckend, bestimmte soziale Klassen oder

Parteien beschränkt ihrem

und

sind eben

weil sie nicht auf

mit

Tatkraft

expansive Hingabe an die

auf

Charakter stählt,

Sachen

neuen

sind,

Geist

sondern alle Klassen

durchdringen.

Handelt

Überwindung des Kapitalismus um die Verdrängung eines bestimmten Typus und seiner Ideale aus der Herrschaft, so ist ja auch nur von solchen Wandlungen und nicht vom Siege einer bestimmten »Klasse« oder »Partei« irgend etwas es sich bei der

Wesentliches zu erwarten.

Neben der Erscheinung der »neuen Jugend« äußert sich die antikapitalistische Bewegung an erster Stelle 404

in

dem neuen Ernste, mit dem Liebeswahl

geschlechtlichen

die

Fragen der

und der

geschlecht-

lichen Moral ergriffen werden.

des Kapitalismus

mischung des sei es

war

historisch die wahllose Ver-

vital edlen

aus Nützlichkeits-,

sinnlichen Reizes.

Wie

Eine der Wurzeln

Typus mit dem gemeinen, sei es

aus Interessen bloßen

stark der Luxusbedarf

und

-Geschmack des »Weibchens«, das sich parallel mit der Zurückdrängung der älteren »Standesehe« und der Entfaltung der Klassen- und Geldehe in allen möglichen sozialen Formen von der Kurtisane bis zur Straßendirne parasitär ausbreitete, die kapi-

talistische

Entfaltung noch außer

dem Blutverderb

und gefördert hat, hat Sombart in seinem »Luxus und Kapitalismus« dokumentarisch gezeigt. Wahllose Sinnlichkeit und Geschäftsgeist aber entsprechen sich und fördern sich gegenseitig; damit auch Geldehe und Dirnentum. Der »Bourgeois« ist als Typus Träger des Ethos, das beides immer neu erzeugt. Nur zu rascher punk-

jener Wahlarten beschleunigt

tueller Befriedigung seiner sinnlichen

ihm das »Geschäft« und Raffinement sollen ihm die zur

Liebe

läßt

der Treue ersetzen.

Bewegung

ist

Launen, nicht

Zeit.

Und Luxus

tieferen

Freuden

Die gegenwärtige europäische

darauf

gerichtet,

diesen

inneren,

eisernen Zusammenhang zu durchbrechen. Sie tut es, indem sie von beiden Seiten her, von oben und von unten gleichsam der Moral der Väter wider405

!

spricht.

Sie scheidet innerhalb der formell ehelosen

und ehelichen Beziehungen zwischen »schlechten« und »guten«, anständigen und unanständigen; sie gibt der Liebeswahl den Ernst und die Verantwortlichkeit und die von bürgerlicher Geschäftsund Spaßmoral (sei sie christlich oder atheistisch drapiert) unabhängige Freiheit zurück. Aber sie wendet sich auch (in ihrem tieferen Kerne) voll Ekel ab

gegen das

vielbedeutsame,

ganze Welt-

eine

anschauung symbolisierende Salon- oder Stammwenn die Rede auf »diesen Punkt« kommt; ja nicht einmal voll Ekel mehr,

tischlächeln der »Bürger«,

sondern voll Langeweile ab; »dieser Punkt«

ist

nicht

mehr

»dieser Punkt«, sondern eine ernste Sache, der

man

ins

Gesicht sieht und die

man

Von

prüft.

den Sprüngen und dem Singsang der kleinen Mädchen, die in der Phantasie der lieben Väter eine so große Rolle spielten, von Ehebruchskomödie und analogen »kleinen Scherzen« wendet

man

sich

ab

Die Behandlung der Faktoren, welche die qualitative

Zusammensetzung der künftigen

Generation

be-

stimmen, hat aufgehört entweder eine »Geschäftsfrage« oder ein kleiner »Scherz« zu sein.

Wie

sind

doch umgekehrt gegenüber diesen Fragen die gewichtigen Ernstfalten, mit deneu die lieben Väter am

Lendemain »kleinen

neue Transaktion behandelten, zu

Scherzen« herabgesunken

haupt und 406

«eine

in

ihrer

Sphäre,



nicht

über-

aber gegenüber der

unsfeheueren Frage, mit welchem Weibe ich mich

vermischen darf und

Das

soll!



Aufatmen vom Druck

des Kapitalismus

ist

minder deutlich zu spüren in der inneren Verhältnislage von geistiger Kulturtätigkeit zur

nicht

erwerbstreibenden Gesellschaft. die

Inhaltlich erklären

Führer der geistigen Bewegung dies Negative

übereinstimmend, daß Welt und Seele keine komplizierten Maschinen sind — sei es mit oder ohne rechnenden »Subjekten« — sondern daß

jedenfalls

,

die Weltbilder der neueren

Philosophie in ihrem

Kerne nur zweckmäßige Projektionen bürgerlicher Beschäftigungen waren — auf eine Welt, die in unendlicher Qualitätenfülle und Regsamkeit vor den jungen, staunenden Augen derer liegen darf, die

es

wagen, sich über die Nützlichkeitszwecke

der Bürger hinaus ihr

fromm und demütig

In soziologischer Hinsicht aber

geben.

hinzu-

werden

die

Dichter, die Künstler, die Forscher sich allmählich

unbewußten Form der Versklavung an den Bürgergeschmack bewußt, dem sie in

immer

klarer der

den Methoden des Denkens und der Beobachtung (sei es diesem Geschmack und dieser Einstellung des Bürgertypus folgend, oder zu ihm im bloßen WiderStoffwahl, in

Stil,

in Darstellungsform resp. in

spruch, eine nicht geringere Abhängigkeit) dadurch

unterworfen waren, daß

und

sich

sie in

seinem Kreise lebten

von ihm ernähren ließen



oder innerhalb 407

der staatlichen Kultur- Institutioiien, die der

Typ

Händen hält. Sie lernen demütig erkennen, daß kein Geist und kein Gewissen so stark und frei ist, daß sie sich nicht irgendwie (und doppelt schlimm,

in seinen

wenn

dem

es

heimlich und unbewußt geschieht!) unter

Geiste derer heimlich beugten, die seinen Leib

ernähren.

Und

die

Tapferen ziehen

daraus die

Axiom: So wenig ich als Produzierender irgend eines Werkes geistiger Kultur der ökonomischen Sozietät irgend etwas schulde, so wenig schuldet sie mir irgend etwas für das, was ich hervorbringe. II. Axiom: Da ich unabhängig von Konsequenzen:

I.

dieser meiner Produktion, aber Mitglied eben dieser

ökonomischen Sozietät bin, so habe ich auch die Pflicht, mich auf eine neben meiner Kulturtätigkeit einhergehende Weise auf ehrliche Art zu ernähren. Ich weiß sehr gut, daß die äußerst mannigfachen

Wege der technischen Durchführung dieser »Axiome« zum Teil noch wenig beschritten, zum Teil aber auch noch wenig geöffnet sind. Wir kommen auf diese technische Seite der Sache ein andermal zurück; daß aber diese Axiome wie Feuer in den Seelen der kulturtätigen Jugend glimmen und daß dieses Feuer sich



auch seinen Willen und seine Kraft schaffen wird, dies weiß ich! Nach dem erstaunlichen ethischen Vorbild einer inneren und letzten Unabhängigkeit vom Kapitalismus, das Stefan George und sein Kreis zuerst in einer Zeit 408

gaben,

da die öffent-

liehen



reden hier

nicht

sich

noch weit ungünstiger als diesem Kreise ferne stehen,

Verhältnisse

heute lagen

wir, die

von

seiner

Kunst



formieren

gegenwärtig eine ganze Reihe analoger, von

den geistigen Grundhaltungen starker Persönlichkeiten

zusammengefaßter

Gemeinschaftsbildungen

Kunst und Wissenschaft, in denen diese neue Kulturgesinnung still und lautlos sich heranbildet. Sie werden sich noch lange von den offiziellen und öffentlichen, der Pflege geistiger Kultur gewidmeten Instituten ferne halten müssen — so freundlich immer die Beziehungen zu Personen, die jenen angehören, sein mögen — bis sie auch diese mit ihrem Wesen und Geiste durchsäuern dürfen. Von parteilosen

in

Minoritäten solcher Art, welche schon die einteilen-

den

Kategorien

pöbels

plus

der

des als

heutigen

offiziellen

»Negativ«

Kultur-

notwendig

dazu-

gehörigen Massen- und Zeitungswelt strenge von sich zurückweisen, ist für eine

wahre Überwindung

mehr

des Kapitalismus als Kultursystem sehr viel

von allen den Kämpfen, die innerhalb der Formierungen irgendwelcher politischer Parteien und Interessengruppen stattfinden, die ja doch alle, vom Ethos des Kapitalismus umspannt, diese Tat-

zu erwarten

um

als

bemerken,

je

einander aufeinander schlagen!



sache

so weniger

Gehen wir nicht

fehl,

wilder

um

unter-

auch der

sog.

die Welt«, der

noch

so beginnt

»Siegeszug des Kapitalismus

sie

409

vor kurzem Außenseiter schon ließ, ja

zum Monde

schielen

zu einer Geste des »Umsehens« uns hinter die

Erdkugel führte,



ob

es

da noch irgend einen rein-

lichen Landfleck geben möchte,

noch nicht beschmutzte,



den der Bourgeois

seine innere

Grenze zu

finden. Mögen auch gewisse Schichten der Balkanstaaten, der Türkei, Ägyptens, Persiens, besonders aber Chinas und Japans sich heute eifrigst bemühen, sich die europäischen positivistischen Wissenschafts-

methoden, die zugehörigen Methoden der Fabrikation und des Handels anzueignen und scheint die Universalisierung der kapitalistischen Mechanistik in

nächster Nähe: Längst und schon

edleren Vertreter

seit

Jahren wissen

daß diese fälschlich sog. »Europäisierung« nur die äußerste Hautlichkeit der Seele und des Lebens treffen kann und daß die rassenmäßigen und aus der eigenen Geschichte

die

dieser Volkstümer,

jener Völker quellenden geistigen Grundeinstellungen in Religion, Ethos,

Sinne des Lebens bleiben, und nach

— ja in allem, was zum gehört, — dabei völlig unberührt Kunst

einiger

Vollendung jenes not-

wendigen Mechanisierungsprozesses und der durch ihn gewährleisteten äußeren zivilisatorischen Ver-

knüpfung der Völkerwelt der Erde neuen Aufgaben harren'). Und Länder wissen noch mehr: daß der ')

eigensten

die Besten dieser »Geist«, der

Vgl. das Kapitel über die »Solidarität Europas«

Buche über den Krieg.

410

ihrer

in

ihnen meinem

diese

Sendboten Westeuropas

als seine letzten

strahlungen zuschickt, an seiner Wurzel,

Zentrum Westeuropas sterben begriffen ist.

selbst,

d.

Aus-

h.

im

im langsamen Ab-

Jedes

dieser

Länder hat

seine Dostojewskys, seine Solovjeffs, seine Tolstoys, die

über die Europäisierungswut der heimischen

Bürgermassen ironisch lächeln, da jenes

»alte«

Europa,

das

zu

sie

ihnen

wissen, daß

kommt,

in

dem Augenblick zusammensinken und einem neuen edleren Europa Platz machen wird, da jene Massen ihrer Völker über den Sieg jauchzen werden, es in ihrer Zivilisation Europa gleichgetan zu haben. Und das w^ahrhaft »junge Europa« steht dabei auf ihrer Seite! Schon zurzeit glauben nur noch die »Gebildeten« der südamerikanischen Staaten, einige Rumänen, Bulgaren, Serben und Japaner, daß der Fortschritt der »modernen Wissenschaft«, daß z. B. Physiologie und Experimentalpsychologie ihnen Aufschluß über metaphysische Fragen geben werden;

über eben jene Fragen, auf die die landesüblichen Religionen antworten.

Diese »Gebildeten« glauben

was bei uns gegenwärtig noch die Masse glaubt, und was die Gebildeten unter unseren Vätern vor das,

zirka hundert Jahren glaubten. ferne,

wo

solche Dinge nur

Die Zeit

mehr

ist

nicht

die Australneger

glauben werden.

411

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30.

Jahren der Kongreß der Ästhetiker in

da

tagte,

,

Gedichte usw.

freudigsten

allen

Name und

Vorkämpfern der Friedrich Theodor

lautesten

genannt.

Vischer war nicht nur ein Gelehrter von umfassendem

Wissen, eine für er

war vor

allen

alles

Schöne begeisterte, feurige Natur,

Dingen eine Persönlichkeit, und seine

mannigfaltigen Schriften sind Bekenntnisse, die schon

im

darum

zugleich leidenschaftliche

unsterblich sind, weil

sie

Grunde

empfundene Erkenntnis, gefühlte Wissenschaft enthalten. Der Dichter Friedrich Theodor tiefsten

Vischer

ist

ja

niemals

dem

Gesichtskreis des deutschen

wenn er sich selber auch gern Masken und Namen versteckt hat. »Auch Einer« hat immer zu den klassischen Werken unserer Er-

Volkes ganz entschwunden, unter

allerlei

zählerkunst gehört.

Vischer war aber auch ein Klassiker

der Wissenschaft, ein Mann, von

dem

ein breiter, befruch-

tender Strom der Anregung ausging.

Die Besten unseres

Männer wie Gottfried Keller, Heinrich von Treitschke, Ludwig Speidel, haben ihn wiederholt in den Ausdrücken höchster Bewunderung anerkannt. Volkes,

Als der »Praeceptor Germaniae, als der große Repetent

deutscher Nation für alles Schöne und Gute, Rechte und

Wahre«,

Und

ist er

von Meister Gottfried

worden.

gefeiert

über Vischers Ästhetik schreibt Treitschke: »Vischer bin ich für sein herrliches, von Unzähligen heimlich

benutztes und nie genanntes

Werk

unendlich dankbar.«

Diesen Klassiker unserer Wissenschaft

großen

Kreis

des

deutschen

gilt

es

Lesepublikums

für

den

zurück-

mehr genannt als gekannt, Heute, wo der Kreis des Kunstschaffens wie des Kunstgenießens sich immer mehr

zuerobern.

mehr

Bisher wurde er

gepriesen als gelesen.

erweitert,

wird eine Orientierung auf

Schönen auch

für

dem

Gebiete des

den Laien zu gebieterischer Notwendig-

Die Schriften von Friedrich Theodor Vischer sind

keit.

Bausteine

am Fundament

der gesamten Ästhetik und als

solche Großtaten des deutschen Geistes. Vischer war einer

der ersten, die die Führung in dieser Wissenschaft

dem

deutschen Volke errangen.

L.

C.

WITTICH'SCHE HOFBUCHDRUCKEREI, DARMSTADT.

3 9097

00409046

1

Scheler, llax^^^^M^^h

B3329 SU83 A2 Bd.2

203862

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