Wetterleuchten. Zweiter Band »Der Angriff«

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Wetterleuchten. Zweiter Band »Der Angriff«

Table of contents :
Front Cover
Vorwort
1929, Jahr der Scheidung
1930, Jahr des Vormarsches
Cationalsozialismus und katholische Kirche
1931, Jahr der Sammlung
Kindertrompete und Knallerbje
Grzesinski und Friedrich der Große
Sammlung
Zausfuchung
Mazigefahr beseitigt
Die Bilanz
Rede an die
Unser Sozialismus
Unser Zweimonatsplan
Ein Parteitag
Die Legalität
Mit durchschnittener Kehle
Mord! Mord!
Der schleichende Bürgerkrieg
Was nun?
Weihnachten 1931
1932, Weg zur Macht
Macht Brüning endlich plagzi
Aufräumen!
Genfer Übgesang
Der Anfang vom Ende
45
Die absolute Mehrheit
Die Frage Preußen
53
1933, Jahr des Sieges
Anhang

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GOEBBELS

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Zweiter Band

»Der Angriff

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Wetterleuchten

Aufsäge aus der Kampfzeit

(„ Der Angriff“, 2. Band)

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Joseph Goebbels

Herausgegeben von Wilhelm Müller Georg-

3. Auflage 41.-60. Tausend

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39

Zentralverlag der VISDAP ., Franz Eher Vachf., München

Alle Rechte vorbehalten Copyright 1938 by Verlag Franz Lher Nachf., G. m. b. H., München

Druck: Münchner Buchgewerbehaus M.Müller & Sohn RG., München

Gift R.m. Myers 6-44476

Inhalt : Seite 11

1928, Jahr des Aufbruchs Warum sind wir Nationalisten ? Prosit Neujahr ! •

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1929, Jahr der Scheidung

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16 17 202359335 ~ 223

A.J. 6 ©-10-46

Vorwort

Letzter Appell . Kommunalpolitik

22 23

1930, Jahr des Vormarsches

27

Horst Der Knabe Treviranus „Der Angriff" . Der Adler steigt Der Winter In die Knie gezwungen Sozialismus der Tat Wintersonnenwende 1931

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1931, Jahr der Sammlung Es fängt schon an • Regierungsbeteiligung? Herr Kaas macht Wige Durchlaucht redét zur Jugend Regierungsfähig ist • Die Lage Das Reich . Kindertrompete und Knallerbje Die radikale Phrase Politischer Berufskatholizismus . Grzesinski und Friedrich der Große Gesäß-Parteien Der große Katzenjammer Die starken Männer! Sammlung Zausfuchung Sochverrat Wo bleibt der zweite Mann? Wie lange noch, Catilinar . Mazigefahr beseitigt Die Kanäle der Verantwortung

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LO 5

Der Wehretat . Komödie am Platz der Republik Sie lügen, sie lügen • Bingekesfelt Panzerkreuzer B · Cationalsozialismus und katholische Kirche • Kathinkus IV.. Der Herr mit den roten Fingernägeln Hamburg! Erziehung zur Staatsfreudigkeit · Dumpfes Schweigen In die ferien . Zweierlei Maß • Die Diktatur Die Bilanz Arbeiter, Bauern, Soldaten Ein Königreich für einen Erfolg" Rede an die SA. · Ist das preußisch? . Prozesse Unser Sozialismus Um Preußen Braunhemden-Razzia Unser Zweimonatsplan Plädoyer für mich Die zweite Welle Ein Parteitag Oldenburg . Gegen die Arbeitslosigkeit Die Legalität Es ist verboten, einen Sündenbock zu suchen! Oldenburger Bilanz . Die neue Notverordnung Mit durchschnittener Kehle Vlach Chequers ! Vor der Entscheidung Mord! Mord! Drohen gilt nicht! Appell an die Massen Patrioten Der schleichende Bürgerkrieg Der Zweimonatsplan Der preußische Volksentscheid Was nun? Preußisches Volk, entscheide ! Verfassungskrise Stillhalte-Konsortium Preußen, an die front! Die Bilanz Lachen links Was tut die Polizei dagegen? Hinein in die Betriebe! Herbstoffensive Atomzertrümmerung Was will Herr Brüning? An alle Erwerbslosen: . Peter Gemeinder 6





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Die ersten Opfer Wie lange noch, Herr Curtius? Von Harzburg nach Braunschweig Septemberlinge Aufbruch gegen die Revolte Wir bitten um Antwort! Hessenwahlen . Wann greift Groener ein?" Wieder mal kaltgestellt Hitler vor den Toren . Um die Modalitäten Der Anfang vom Ende Zylinderhut oder Jakobinermütze Die Sklarets Die nationale Opposition Wie stellt ihr euch das eigentlich vor Weihnachten 1931 . Weihnachtsfrieden? Die legte Atempauſe Das Jahr unseres Sieges

1932, Weg zur Macht Die zweite Angriffswelle . ein . Das große Zuerst muß Brüning das Feld räumen Appell an die, die es angeht . Anklage Wir appellieren noch einmal Die "Eiserne front" . Um die Entscheidung Macht Brüning endlich plagzi Wir wählen Adolf Hitler !. Hitler, der politische Kämpfer Adolf Hitler als Staatsmann . Adolf Hitler als Mensch . Die Welle steigt Preußen muß wieder preußisch werden ! · Aufräumen! Unser Wille und unser Weg Die nächste Aufgabe Genfer Übgesang · So wird's gemacht! Die latente Kriſe Der Anfang vom Ende Ein toter Mann • Zurücktreten, Herr Reichskanzler ! Die stärkeren Nerven . Die absolute Mehrheit Vlach Brünings Sturz Aufruf zum Befreiungskampf Die Frage Preußen Reichskanzler, werde hart! Mehr Mut! Brunnenvergifter! SPD. - Schamloseste Partei Deutschlands . Fünf Jahre Angriff“

Seite 206 208 211 213 215 217 219 221 223 225 227 229 231 233 235 238 240 242 244 246

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Seite Die Macht an Hitler! 321 Die Juden sind schuld! • 323 Goldene Worte für einen Diktator und für solche, die es werden wollen 325 Politische Erbschleicherei 327 Erkläret mir, Graf Gerindur . 329 Wir sind objektiv 331 Der schwelende Bürgerkrieg 334 Wo steht der feind 336 Der Kanzler ohne Volk 338 Da stimmt etwas nicht! 340 Eine Betrachtung der Lage 342 Die Juden atmen auf! 345 Der General hat eine gute Preſſe 347 Vertagte Krise 350 352 Das Programm ohne Programm . 355 Das große Wunder 1933, Jahr des Sieges Schleichers Bilanz Der General ohne Rückgrat Reinen Tisch machen ! . Das große Wunder Wir antworten! Der Tag der erwachenden Vation Der Reichstag brennt! . Das Volk will es! Die nationale Revolution

Anhang . „Mehr Moral, aber weniger Moralin !" Klarheit und Logik Unser Hitler .

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Vorwort Das Diktat von Verſailles, verſchuldet durch den Verrat marfiſtiſcher Meuterer im Rücken einer unbesiegten Armee, hatte dem am Boden liegen. den Deutschland kaum das nackte Leben gelassen . Wehrlos mußte es alles das hinnehmen, was brutalste Siegerwillkür einem ohnmächtigen Volk zu bieten wagte. Das völkische Bewußtsein Deutschlands jedoch war durch den jähen Sturz von 1918 nur betäubt worden. Selbst in den dunkelsten Stunden nationaler lot hatte es sich an Rhein und Ruhr, im Baltikum und in Oberschlesien gezeigt, daß die opfermutigen Kämpfer im Vater lande noch nicht ausgestorben waren. Das politische Kraftfeld aber für den Geist des Widerstandes gegen den Verfall und gleichzeitig für die Wiedergeburt Deutschlands wurde unter dem Führer die NSDAP . Am 9. November 1923 war die der Auferstehung des Vaterlandes verschworene Gemeinschaft nationalsozialistischer Rämpfer vor aller Welt gegen die Mächte des Verfalls angetreten und hatte ihre ersten Blutzeugen für eine große und reine Sache scheinbar vergeblich opfern müssen. In Abänderung ihrer Taktik beim Rampf um die völkische Wiedergeburt führten die deutschen Revolutionäre dann ihre Politik auf legalem Wege fort, bald unaufhaltſam von Sieg zu Sieg schreitend. In einen der Brennpunkte des Ringens um die Macht aber, mit der Aufgabe der Erobe. rung der Reichshauptstadt, hatte das Vertrauen Adolf Hitlers einen Mann gestellt, einen fast noch unbekannten politischen Revolutionär, dessen un widerstehliche Wirkungskraft sehr bald die Legende vom Mangel an Röpfen in der Bewegung mit zerstören half, einen Aktivisten, dem die glühende Begeisterung für seinen politischen Auftrag die mitreißende Gewalt des Wortes und den unbeugsamen Mut zur kämpferischen Tat verlieh: Dr. Goebbels ! Das leidenschaftliche Temperament dieſes jungen Aktivisten war zum Angreifen bestimmt. Eines großen Führers klare Einsicht hatte so den rechten Mann auf den rechten Platz gestellt. Seine unbestrittene politische Tat als Gauleiter, die Eroberung Berlins, die ihm seinen populären, vom Volke selbst verliehenen Ehrennamen eintrug, vermag allein schon Werk und Verdienste dieses Kämpfers um Deutschland zu kennzeichnen. Die hier vorliegenden Artikel des politischen Publizisten Dr. Goebbels vermitteln jedem Deutschen jedoch mehr als den verdienten Ruhm einer glänzend erfüllten Aufgabe, nämlich einen tieferen Einblick in seine männ liche und menschliche Wesenheit, in seinen vielseitigen Geist und in ſein heißes Herz. Nachdem das Dritte Reich politische Realität geworden ist, und unter den Sturmschritten der neuen Zeit und des deutschen Aufbruchs ein schmachbedecktes System zertreten wurde, erinnert sich die erwachte lation jener Jahre nur noch wie eines wüßten, bedrückenden Traumes; 11

nur wer diesen Kampf aus unmittelbarer Vähe erlebte, kann sich eine Vorstellung davon machen, mit welch klarer Einsicht Dr. Goebbels den politischen Situationen der letzten Kampfzeit, die Jahre 1928 bis 1933 umfassend, als Journaliſt und Redner gegenüberstand. Nur wenige Männer gibt es, die wie er das gleiche Maß der prophetischen Vorausschau, der instinktsicheren Wahl der Methoden, der klugen Taktik im Kampf um die Macht und der harten Unerbittlichkeit im kühnsten Angriff auf die preußische Hochburg des Systems besaßen. Angriff war das Wesen des Politikers Goebbels, und wie konnte die erste von ihm gegründete Berliner Zeitung des Nationalsozialismus anders heißen. In den Spalten seines Blattes zeigt sich Dr. Goebbels als einer der hervorstechendsten, kompromißlosesten Kritiker seiner Zeit. Mit der eindringlichen Schärfe seines Verstandes spürt er die Schwächen und fehler des Syſtems auf, führt er erbarmungslos und kühn die schneidende Waffe seines Wortes und trifft, Sieb auf Hieb, mit tödlicher Sicherheit in die unverhüllbaren Blößen der Verfallspolitik, ein Künſtler des Stils und der Polemik, ein leidenschaftlicher Verfechter der nationalsozialistischen Idee, ein weitblickender, prophetischer Verkünder ihres Sieges. Diese Leitartikel sind mehr als das literarisch vorgetragene Programm eines klaren, nationalbewußten politischen Willens; es sind dramatische Monologe eines großartigen geschichtlichen Schauspiels, des Rampfes um die macht, meisterhaft in der Rhetorik, mitreißend im heißen und echten Pathos, das eine neue heroische Zeit ihr eigen nennt, und glänzend im Aufbau ihrer erfühlten und gestalteten Kunst der Steigerung auf die jeweilige Pointe, den stets wirkungssicheren Schlußakkord hin. Alle wesentlichen deutschen Sprachschöpfer haben dem Volk „aufs Maul geschaut"! Und da der Nationalsozialismus und seine Wortführer immer mitten im Volk standen, kannten sie nicht nur seine öte am besten, son. dern beherrschten sie auch wie sonst niemand ſeine Sprache. Ist es zu verwundern, daß der in einer wahren Volksbewegung emporgewachsene „Doktor“ wußte, wie er zu reden hatte, um vom Volk verstanden zu werden: Er wußte auch so zu schreiben! Bei aller oft ironischen Feinheit, aller stilistischen überlegenheit und der Runst der architektonischen Zu spitzung seiner Artikel hat er stets die packende, volkstümliche Wendung, das zielsichere Geschoß des Wizzes am richtigen Ört, das plaſtiſch die Situation beleuchtende Bild zur Verfügung, und so ist auch das lesende Volk politisch gleich „im Bilde“ . Dieſe Runſt ging jedoch nie auf Rosten der Wahrheit! Der Angriff" wäre nicht die unfehlbare Waffe des „ Dok tors" und der Bewegung, die Fanfare des deutschen Aufbruchs geworden, wenn Dr. Goebbels als Publizist nicht, selbst auf die Gefahr hin, bei aller Volkstümlichkeit auch unpopulär zu sein, stets den Mut zur Wahrheit gehabt hätte. Die Beweisführung für die Methoden und die Taktik des nationalsozialistischen Kampfes konnte nicht zwingender als von ihm vor. getragen werden; ſie wäre jedoch wertlos gewesen, wenn die prophezeiten Folgen seiner weitblickenden politischen Darlegungen nicht auch eingetreten wären. Wenn man unter diesen Gesichtspunkten nun nach fast sechs Jahren nationalsozialistischer Staatsführung die einstigen Leitartikel des „Dok tors" liest, so gewinnen sie doppelt an Bedeutung; denn wo wäre etwas, was diese glänzende Feder damals niedergelegt hat, nicht auch Wirklichkeit geworden? Das nationalsozialistische Programm ist in diesen Aufsätzen

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von 1928 bis 1933 klar und eindeutig verankert. Fast sechs weitere Jahre praktischer Staatsführung nach der Machtübernahme beweisen heute wie einst die Wahrheit eines nationalbewußten politischen Willens und seiner Zielsetzung, deren journaliſtiſcher Exponenten einer in der Kampfzeit der „Doktor" war. Die immer wieder verkündete Abrechnung mit den Systempolitikern ist mit der ganzen Unerbittlichkeit ihrer Voraussage erfolgt. Der klar ausgesprochene Anspruch der Bewegung auf die Macht und das Bekennt. nis zur alleinigen, vollen Verantwortung sind nicht Papier geblieben. Beglückende Wirklichkeit wurden aber auch Glanz und Größe des neu. erstandenen Reiches, die Politik der politischen Kraft und der Sozialismus der Tat. Seit dem Schmachfrieden von Versailles sind zwanzig Jahre vergangen. Daß Deutschland sich aus seinem tiefen Sturz wieder zum Range einer Weltmacht erhob, scheint uns heute fast wie ein Wunder! Es war der Glaube der im Nationalsozialismus verschworenen Kämpfergemeinschaft, der die Berge des Widerstandes verfeste! Ein wertvolles Dokument dieses Glaubens und seines Kampfes ist dieses Buch. Seine vorliegende form ist Gegenstand reiflicher überlegungen und Erwägungen gewesen. Der Publizist Goebbels hat in seinen „Angriff".Leitartikeln eine solche Fülle von Problemen behandelt, daß eine sachliche Gruppierung des Buches einfach unmöglich war. Mit Absicht fanden auch Aufsätze über Probleme Verwendung, die heute längst vergessen sind, die aber zu ihrer Zeit einerseits den Systempolitikern die totale Vernich tung der nationalsozialiſtiſchen Bewegung zu bedeuten schienen und anderseits die vorausgreifende und weitschauende Souveränität der politischen Polemik des klaren und instinktsicheren Publizisten Goebbels besonders deutlich aufzeigen. So fiel denn die Entscheidung über Anlage und Gruppierung dieses Buches zugunsten einer rein chronologischen Aneinander. fügung, die den Vorzug besitzt, in dieser Form unserer Zeit und künftigen Generationen einen tiefen Einblick in das Zeitgeschehen, ja man kann ſagen die plastische Generalschau des Ringens der nationalsozialiſtiſchen Bewegung um die Macht zu bieten.

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1928

Jahr des Aufbruchs

urch das Verbot der NSDAP . in Berlin am 5. Mai 1927 versuchte das

D System seinen unerbittlichsten und gefährlichsten Gegner mundtot zu machen. Aber diese Rechnung stimmte nicht ganz. Mit der Gründung des „Angriff" im Juli 1927 schuf sich der Gauleiter von Berlin eine Waffe, nicht weniger wirksam als die mitreißende Kraft seines werbenden Wortes, der man mit Redeverboten und anderen Mitteln des Terrors zu begegnen versuchte. „Der Angriff" wurde nun die Fanfare des deutschen Aufbruchs in Berlin, der Wegweiser in die Zukunft, das Blatt der deutschen Revolution ! Das Ziel war klar: Es galt, den deutschen Arbeiter für die Nation zu erobern und für den Nationalsozialismus zu gewinnen, ihm die Zusammenhänge internationaler Finanzmächte mit dem landesverräterischen Marxismus und gleichzeitig die sterile Ratlosigkeit des bürgerlichen Patriotismus vor Augen zu führen und weiterhin dem Volke die Ursachen seiner Verelendung in den verheerenden Rückwirkungen der Tributsklaverei und der Erfüllungspolitik eines ebenso ohnmächtigen wie unfähigen Regierungsſyſtems klarzumachen. Klein war noch das Häuflein der deutschen Revolutionäre in Berlin um den nationalsozialistischen Aktiviſten Dr. Goebbels im Jahre des Aufbruchs 1928. Die Partei hatte hier kaum 2000 eingeschriebene Mitglieder. Ein Duhend Abgeordnete repräsentierte die Bewegung im damaligen Deutschen Reichstag. Groß aber war der glühende Wille dieser Kämpfer um Deutschland, ihre Entſchloſſenheit, ihr Mut und ihr Ziel, das sie mit dem ganzen Einſaß ihrer Person unerbittlich verfolgten, eine mit Hohn und Haß überschüttete, verfolgte und geschmähte „ Selte", deren heroische Haltung und Zielsetzung im Chaos der innen- und außenpolitiſchen deutschen Verhältniſſe den meiſten ein aussichtsloses Beginnen schien.

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Warum sind wir Nationalisten ? 9. Juli 1928 Wir sind Nationalisten, weil wir in der Nation, das heißt in der staatlichen Bindung aller volksmäßigen Kräfte an das Volksganze, die einzige Möglichkeit der Wahrung und Mehrung unserer Existenz und ihrer Bedingnisse sehen. Die Liation ist der organische Zusammenschluß eines Volkes zum Schutz und Trugz seines Lebens. National ist der, der sich zu diesem Zusammen. schluß bekennt im Wort und in der Tat. National sein hat nichts zu tun mit Staatsform oder mit Staatssymbol. Es ist ein Bekenntnis zu Dingen, niemals zu deren formen. Formen sind wandelbar; was bleibt, das sind ihre Inhalte. Wenn Form und Inhalt übereinstimmen, dann bekennt sich der Nationalist zu beiden. Stehen sie im unversöhnlichen Gegensatz zueinander, dann kämpft der Nationalist für den Inhalt und damit notwendigerweise gegen die form. Man kann und darf nicht das Symbol über den Inhalt erheben. Geschieht das, dann gerät der Kampf um die Gestaltung der Dinge auf eine schiefe Ebene, dann zerreiben sich die Kräfte im Formalistischen, und das eigentliche Ziel des Nationalismus, ation, geht dabei vor die Hunde. die So ist es heute in Deutschland. Der Nationalismus iſt entartet zum bürgerlichen Patriotismus, und ſein Aktivismus erschöpft sich in Spiegel. fechtereien. Er sagt Deutſchland und meint die Monarchie. Er proklamiert Freiheit und meint Schwarz-Weiß-Rot. Was würde sich an unserem Schick. fal grundsätzlich ändern, machten wir aus der gegenwärtigen Republik eine Monarchie und zögen darüber die Fahne Schwarz-Weiß-Rot auf Die Rolonie bekäme nur eine andere Drapierung, aber ihr Wesen, ihr Inhalt bliebe, ja er würde sich noch verheerender über uns auswirken können, da dann ein falscher Schein, der den Tatsachen zuwiderläuft, Kräfte brach legen müßte, die sich heute aktiv gegen den Versklavungszustand auswirken . Der bürgerliche Patriotismus ist das Vorrecht einer Klasse geworden . Der Nationalismus ist in seinem Wesen weltumspannender als der Internationalismus. Er nimmt die Dinge so wie sie sind. Viur wer Achtung vor sich selbst hat, kann Achtung vor dem andern aufbringen . Wenn ich mich als deutscher Nationalist zu Deutschland bekenne, wie kann ich's da dem Franzosen verdenken, wenn er sich als französischer Vatio. nalist zu Frankreich bekennt: Nur wo diese Bekenntnisse in Lebensnotwendigkeiten aufeinanderſtoßen, da werden ſie ſich auch machtpolitiſch auseinandersetzen müssen. Diese Tatsache kann aber auch die Internationale nicht aus der Welt schaffen. Ihre Beweisführung bleibt vollständig im Disput stecken. Und wo Tatsachen anfangen zu wirken, da wird immer die Natur, das Blut, der Wille zum Leben und der Kampf um den Platz an der Futterkrippe dieser grausam harten Erde die graue Theorie Lügen strafen. Es war die Sünde des bürgerlichen Patriotismus, das Nationale mit einer bestimmten Wirtschaftsform zu identifizieren. Er verband damit zwei Dinge, die auf ganz verschiedenen Ebenen gelagert sind. Formen der Wirtschaft, sie mögen noch so stark und unerschütterbar scheinen, sind wandelbar. Das Nationale dagegen ist ewig. Lege ich Ewiges und Zeitliches aufeinander, so wird das Ewige notwendigerweiſe, wenn das Zeitliche zu Ende geht, mit in den Strudel des Unterganges hineingerissen

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werden. An dieser Frage ist der Patriotismus des liberalen Bürgertums ursächlich gescheitert. Er war nicht mehr im Ewigen, sondern nur noch im zeitlichen verwurzelt, und da das Zeitliche zu sterben begann , mußte das Ewige mit hinunter. Heute ist er nur noch Entschuldigung für ein Wirtschaftssystem zunehmender Verelendung. Darum und nur darum konnte das internationale Judentum den Kampf der proletarischen Ge samtfront gegen beide Mächte, Wirtſchaft und Nation, führen und sie beide vernichtend schlagen . Aus diesen Erkenntnissen heraus folgert der junge Nationalismus seine bedingungslosen Forderungen . Der Glaube an die Nation ist Sache des Volksganzen, niemals eines Standes, einer Klaſſe oder gar einer Wirt. schaftsclique. Das Ewige muß vom Zeitlichen getrennt werden. Die Er haltung eines verfaulenden Wirtschaftssystems hat nichts mit dem Natio. nalismus, das heißt dem Bekenntnis zum Vaterland zu tun . Ich kann Deutschland lieben und den Rapitalismus hassen; nicht nur kann ich das, ich muß das auch. Denn erst in der Vernichtung des Systems der Aus plünderung geſunder Volkskråft liegt der Reim zur Wiedergeburt unſeres Volkes. Wir sind Clationaliſten, weil wir als Deutsche Deutschland lieben. Und weil wir Deutschland lieben, fordern wir den Schutz seines Volkstums und den Kampf gegen seine Vernichter. Wenn der Kommunist ruft „ ie. der mit dem Nationalismus“, so meint er nur jenen heuchlerischen bürger. lichen Patriotismus, der in Wirklichkeit nur Aushängeschild des Systems der Sklaverei ist. Machen wir dem Mann von links klar, daß Nationalis. mus und Rapitalismus, das heißt Bekenntnis zum Vaterland und Miß. brauch mit seinen Gütern, nichts miteinander gemein haben, im Gegenteil, sich zueinander verhalten wie Feuer und Wasser, dann wird er auch als Sozialist, ja gerade als Sozialiſt lernen, sich zur ation zu bekennen, die es nunmehr für ihn aufs neue zu erobern gilt. Da liegt unsere eigentliche national-ſozialiſtiſche Aufgabe. Wir haben als die ersten dieſe ursächlichen Zusammenhänge erkannt und ſind für ihre konſequente Durchfechtung eingetreten. Weil wir Sozialiſten ſind, deshalb haben wir den tiefsten Segen der Cation an uns erfahren, und weil wir Nationalisten sind, wollen wir für das sozialistische Recht eines neuen Deutschland eintreten. Das junge Vaterland wird auferstehen, wenn die front des Sozialis mus zusammensteht. Der Sozialismus wird Wirklichkeit werden, wenn dieses Vaterland frei gemacht ist.

Profit Neujahr ! 31. Dezember 1928 Die Demokratie steht nun zehn Jahre; zwar nicht auf eigenen Beinen, sondern auf den Krücken ihrer Gegner. Mit Friedensklängen und vielen Versprechungen von Freiheit, Schönheit und Würde eingeleitet, allmäh. lich aller Hoffnungen und Errungenschaften entblättert, so bietet sie ihr unmißverständliches Gesicht einer staunenden Mitwelt. Der Zeitgenosse hat fie bis heute ertragen und wird sie auch wohl oder übel mit ins neue Jahr Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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hineinschleppen müssen mit all ihrem Elend und all ihrer lot, mit Arbeitslosigkeit und Wohnungsmangel, mit dicken Ministern und mage. ren Steuerzahlern, mit wohlbestallten Fronvögten und ausgeplünderten Arbeitsproleten. Zehn Jahre Demokratie! Marschieren wir getrost hinein ins elfte. Es wird ein arrenjahr werden . Erhebt die Gläser und stimmt mit ein in den Jubelruf: Schadre! Schüßt alle die Republik! Proſit Veujahr! Zehn Jahre Erfüllungspolitik. Das Zeitalter des Weltfriedens ist angebrochen. In seinem Zeichen sind wir zum Arbeitskuli der Welt geworden. Die Kanonen donnern nicht mehr in Europa, weil die Gegensätze dieses zerrissenen Erdteils auf unsere Rosten und auf unserem Rücken unblutig und ohne Gefahr für die anderen ausgetragen werden. Wir zahlen , und die anderen stecken die kampflos eroberte Beute ein. Zwar blieben die Silberstreifen aus, und der Weg ins Freie ging in eine Irre, aus der es keinen Pfad zum Glück mehr gibt. Ein Frieden ohne Entschädigungen und ohne Gebietsabtretungen sollte dem deutschen Volk nach Angabe seiner Staatsmänner gewährt werden. Statt deſſen ſchnitt man deutsches Land in tausend blutende feßen und preßt nun aus dem Fleiß eines vom letzten Heldentum entblößten Volkes nie dagewesene phantastische Summen als Tribute heraus. Über der Krieg ist zu Ende. Friede auf Erden, und den Piraten des Geldes ein Wohlgefallen ! So ist es, und so wird es vermutlich fürs erste bleiben. Das auserwählte Volk hat auf der ganzen Linie gefiegt. Erhebt die Gläser zu seinem Lob ! Vie wieder Krieg, nur noch Bürgerkrieg! Erhaltet den Weltgeldfrieden ! Arbeitstiere aller Länder, vereinigt euch unter der Peitsche der jüdiſchen Geldfürsten! Prosit Vieujahr! Fünf Jahre Stresemann. Von roten Ketten macht euch frei ! Seid still. Die roten Retten sind geblieben. Man hat sie uns um den Jacken gelegt, daß wir die goldenen nicht mehr sehen. Rein Geist von Dawes und Locarno zwar ist zu uns herniedergestiegen und hat unsere große Volksnot gewandt, aber Stresemann blieb uns erhalten. Danket Gott. Der Fran. jose lobt seine Politik, und wir meinen, er hat allen Grund dazu. Warum setzt man Streſemann nicht in ein Arbeitszimmer am Quai d’Örſay? Das wäre richtiger, ehrlicher und zweckentsprechender, als wenn er in der Wilhelmstraße regiert. Fünf Jahre Stresemann : die deutsche Außen. politik ein Trümmerfeld. Wir haben gegeben, und die anderen haben mit Sohn und ohne Dank genommen. Aber nie haben die anderen gegeben, daß wir einmal nehmen konnten. Voch ist die Reparationsfrage ungeklärt, noch starrt die Welt in Waffen, während Deutschland abgerüstet ist bis auf den letzten Gamaſchenknopf, noch steht der Leger am Rhein, und noch klingt die Marseillaise durch die Straßen von Mainz; aber Stresemann bleibt. Was murrt ihr? Heute ist Jahresschluß, und um 12 Uhr beginnen wir von vorne. Seid froh, daß ihr noch nicht verhungert seid. Zwar seid ihr ärmer geworden, aber noch habt ihr trockenes Brot zu eſſen und ein Kleid, um eure Blöße zu decken. Seid mutig und stark und glaubt an Stresemann! Er wird euch auch im kommenden Jahr nach seiner Art über den Löffel balbieren. Prosit eujahr! Angetreten, Rameraden ! Ein Jahr des Rampfes liegt hinter uns. Wir haben uns durchgepaukt gegen alle Widerstände. Das werden wir auch

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weiter tun. Wenn wir zusammenstehen, dann sind wir unbesiegbar. Tapfer und treu haben wir alle unsere Pflicht getan. So soll es auch weiter bleiben. Die lot des Vaterlandes hat uns gerufen, und wir haben uns diesem Ruf nicht entzogen. Erfolg auf Erfolg war uns im vergangenen Jahr beschieden. Wir sind vorangekommen, aber wie weit sind wir noch vom Ziel entfernt. Macht Bilanz mit euch selbst. Prüfe ein jeder sich, ob er bestehen kann vor der Zukunft. Der Feind steht gegen uns, mächtiger denn je. Wollt ihr ihn bezwingen, dann müßt ihr mutig sein und das Letzte an die große Aufgabe setzen. Nichts ist unmöglich, wenn Männer wollen . Menschen haben uns ins Un glück gestürzt, und Menschen werden auch das Unglück wieder bezwingen ! Es schlägt zwölf. Nehmt die Mügen ab und senkt in Ehrfurcht die roten Fahnen. Ein herrliches Jahr geht zu Ende. Ein noch herrlicheres soll beginnen ! Denkt an Rütemeyer ! Vorwärts!

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1929

Jahr der Scheidung

it der Verantwortung für Deutschlands Zukunft treten wir in die Arena Mit der politischen Öffentlichkeit und schleudern dem Wahnsinn unſer unerbittliches, gellendes Nein entgegen. Für uns ist nicht bindend, was ihr unterschreibt! Es war die schneidende Stimme des Protestes im „ Angriff", die Dr. Goebbels im Juli 1929 bei Bekanntwerden des Young-Planes erhob. Die Umwandlung der politischen Reparationsschuld in die kommerzielle des Young-Abkommens sollte Deutschland für länger als ein halbes Jahrhundert zur Ausbeutungskolonie des internationalen jüdiſchen Finanzkapitals machen. Die Folgen dieses Tributwahnsinns bezeichnete Dr. Goebbels im

Angriff" eindeutig

als „eine einzige organisierte Auktion". Obwohl es klar auf der Hand lag, daß die Folgen des Young-Planes in erster Linie die Arbeiter zu tragen hatten, seßten sich dennoch SPD. und KPD. mit den brutalſten Mitteln des Terrors für Annahme des Planes ein. „Versailles war eine blutende Wunde. Dawes eine zehrende Schwindſucht, . . . aber hier verkauft die Gegenwart nicht nur ihr eigenes Leben, sie verpfändet das Daſein von Geschlechtern, die kommen werden, um ſie der Sklaverei zu überantworten ! " Die Scheidung der Geister konnte bei so unerbittlicher Kritik an der Erfüllungspolitik des Syſtems nicht lange ausbleiben. Als 1929 der Young-Plan vorlag, war die Zahl der Arbeitslosen, in fünf Jahren verzehnfacht, bereits auf drei Millionen gestiegen, ein erschreckender Beweis für die weitschauenden politischen Einsichten und Prophezeiungen der deutschen Revolutionäre, die im Laufe des Jahres bald führend vor der Volksbewegung gegen die Tributerfüllung standen. Das „Volksbegehren gegen die Versklavung des deutſchen Volkes" und der „Volksentscheid” gegen den Young-Plan zeigten bereits deutlich die beginnende Scheidung der Fronten im Volt durch den entschlossenen Einsatz der Bewegung und ihren Widerhall bei den Volksbefragungen. Die Ziffer der Einzeichnungen ſtieg von einer Abſtimmung zur anderen innerhalb eines Vierteljahres von 4,135 auf 5,825 Millionen. Die suggestive Macht einer neuen siegreichen Idee zog aus den Lagern von links und rechts die besten und klarsten Kräfte an sich, und die Bewegung zeigte sich am Jahresende 1929 im Begriff, den engen Rahmen einer kleinen Partel zu sprengen. 33

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Letter Appell

17. November 1929 Wenn diese Zeilen in die Hände des Lesers gelangen, dann hat die Wahlhandlung schon begonnen. Dann gehen bereits die Fleißigen und Frühaufsteher in die Wahllokale und geben ihren Stimmzettel ab, um damit zu bekunden, wie ſie die Verwaltung der Reichshauptstadt in Zukunft gestaltet wissen wollen. Eine Entscheidung, die außerordentlich leicht fallen müßte, hätten wir heute genügend Organe, um die öffentliche Meinung aufzuklären und den Zeitgenossen den Weg zu weisen zu einer reſoluten Reinigung der Berliner Kommune und zu ihrem Neubau auf anderer weltanschaulicher Baſis. So aber wird die Mehrheit gemacht von uns feindlichen korruptionistischen und verlogenen Hegern. Zeitung, Radio, Plakat und Flugzettel, Geld und Organisation dienen dem Unter gang und dem Verfall, und es bedarf eines zähen und erbitterten Kampfes, um hier Bresche zu schlagen für eine deutsche Zukunft. Und doch waren wir ationalsozialisten niemals so hoffnungsfroh gestimmt wie diesmal. Wir haben seit der letzten Wahl vor über einem Jahr, wo es uns gelang, trotz eben überstandenen einjährigen Verbots rund 40 000 Stimmen auf unseren Vorschlag zu vereinigen , zielbewußt und ausdauernd gearbeitet. Wir haben nicht erst, wie die anderen Par teien, die letzten Wochen vor der Wahl unsere Kräfte gerührt; wir sind vielmehr das ganze Jahr hindurch im Kampf gestanden. Ununterbrochen appellierten wir an den gesunden Menschenverstand. Unsere Presse war Ausdruck unseres unerschütterlichen Willens, die Dinge zu ändern. Wir peitschten Versammlung auf Versammlung durch, schrien es durch Flugblatt und Plakat in die große Stadt hinein. Unsere Redner predigten es von den Tribünen der größten Versammlungsfäle vor Tausenden von Menschen, und unsere SA.-Männer trugen es unter klingendem Spiel mutig und opferbereit durch die Straßen der Arbeiterviertel: Aufgewacht! Es muß anders werden in uns, mit uns und um uns! Die letzten Wochen vor der Wahl sahen die Partei in ihrer straffen und geschlossenen Gesamtheit vorgehend in einer Generaloffenſive für unsere Weltanschauung. Es gibt heute keine Straße mehr in dieſer Riesenstadt, in der nicht unsere Plakate kleben. Es gibt keine gegnerische Lüge, die nicht überpinselt wäre von unserer brüsken und unmißverſtändlichen Wahrheit. Hunderttausende von Flugblättern, Sondernummern und Broschüren gingen in die breiten Maſſen hinein, unsere Sprechchöre trompeten es Abend für Abend den Säumigen in die Ohren, Berge von Aufklärungsmaterial wurden aufgeschichtet in der Geschäftsstelle und wan derten wieder hinaus. Die Frauen sagten es in den Markthallen und die Männer in den Fabriken und Schreibstuben; und nun ist das Schlimmste getan, nun fällt die Entscheidung. Sie fällt mit uns und für uns. So gilt es noch ein letztes Mal, die übriggebliebenen Reserven anzuspannen und im Schlußringen herauszuholen, was herauszuholen ist. Heute ist für jeden Parteigenossen Arbeitstag. Heute geht er auf Raub aus. Die letzten Säumigen müssen an die Wahlurne gebracht werden. Jede Stimme zählt, und jeder für uns abgegebene Wahlschein ist eine Stufe zur Macht. Die Frauen gehen zu ihren Freundinnen und lassen nicht locker, bis ihre Stimme für uns gesichert ist; die Männer holen ihre Arbeitskollegen ab, machen ihnen ein letztes Mal klar, worum es geht;

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der Bräutigam sagt es der Braut und die Braut dem Bräutigam, die Mutter der Tochter und der Sohn dem Vater. Man beschränke sich dabei auf knappe und klare formulierungen. Jetzt ist keine Zeit mehr zum Redenhalten. Jetzt muß gehandelt werden. Man packe den noch Schwankenden beim Ehrgefühl. Man halte ihm kurz und drastisch die ganze Schmach vor, die wir in den letzten zehn Jahren erleben mußten, sage ihm treu und ehrlich, wie fest und unverbrüchlich man selbst an die Be wegung und ihre Mission glaubt. Man vergleiche unsere Gefolgschaft mit der der anderen, unsere Führer mit denen der anderen, frage, ob eine einzige andere Partei da wäre in Berlin, die nicht bis obenhin im Sumpf stecke, erkläre jedem, der es hören und auch der es nicht hören will, warum das bei uns nicht der Fall ist und auch nie der Fall sein kann, und dann hake man unter und nehme den ungläubigen Thomas einfach mit. Versäumt keine Gelegenheit und verschmäht nirgendwo eine Möglich keit zum Erfolg. Ein Stimmzettel ist ein Stimmzettel. Es kommt dabei nicht darauf an, wer wählt, sondern wer gewählt wird. Gleich nach der Wahl versinkt der Wähler wieder in seine Anonymität, aber der Gewählte steigt, er bekommt Macht in die finger, und es ist ein Unterschied, ob er Bürger, Marrist oder Nationalsozialiſt iſt. Es darf uns keine Stimme verlorengehen. Aus jedem Parteigenossen müssen 25 bis 30 Wähler werden. Das wissen wir auch: daß der Wähler nicht immer bereit iſt, für das, was er wählt, mit seiner ganzen Person einzustehen. Das tun auch die Wähler der anderen Parteien nicht. Aber die, die ihr auf unserer Liste wählt, werden es tun. Sie haben es feierlich versprochen, und sie werden ihr Versprechen halten. Es sind keine Ronjunkturisten, die ein billiger Erfolg zu uns lockte. Es sind Männer des Kampfes, eure Kameraden, die seit Jahren mit euch Schulter an Schulter kämpfen, von denen die meisten schon ihrer überzeugung wegen in den Kerkern der Republik saßen, die wie ihr geopfert und geblutet haben, die sich euer Vertrauen nicht erschlichen, sondern in edlem Vorbild verdienten. Sorgt dafür, daß der 17. Vovember ihnen das Vertrauen und den Glauben von zehntausenden und Zehntausenden einbringt. Sie haben es verdient um euch. Sie sind eure Kameraden, und sie werden eure Überzeugung klar und unbeirrt auch auf dem Parkett des Stadtparlaments vertreten. Tut den Sonntag über eure Pflicht und mehr und darüber hinaus! Ihr sollt und könnt es beweisen, daß eine dreijährige Arbeit nicht ver gebens war. Und dann wollen wir am späten Abend der Republik hohnlächelnd unsere Quittung überreichen.

Kommunalpolitik 1. Dezember 1929 Jede politische Bewegung strebt nach der Macht. Je stärker in ihr der Glaube an die eigene Kraft und an die Größe ihrer Miſſion iſt, deſto unaufhaltsamer und hinreißender ihr Wille zur Macht. Daß einer regiert, das ist kein Beweis dafür, daß er regieren kann . Daß einer in der Opposition steht, das sagt an sich noch nicht, daß er nichts 23

vom Regieren verstünde. Die Gesetze der Regierung sind andere als die der Opposition. Die Regierung regiert und die Opposition kritisiert. Beide haben dazu ein unbestreitbares souveränes Recht. Wer könnte es der Regierung verdenken, daß sie ihre Macht verteidigt? Wer wollte es der Opposition verargen, daß sie um die Macht kämpft: Das ist ihre ur. eigenste Aufgabe, und da die eine sich wesenhaft von der anderen unter. scheidet, sind auch ihre Gesetzmäßigkeiten und Methoden grundsätzlich ver. schieden. Das ist so in der Reichs. wie in der Landes- wie in der Rommunalpolitik. Die nationalsozialistische Bewegung steht zum derzeitigen parlamentarisch. demokratischen System in einer prinzipiellen Opposition. Dazu hat sie das Recht, da sie und ihre Anhänger von den Schäden und Mängeln dieſes Systems mit betroffen werden. Politik ist eine öffentliche Angelegenheit, und deshalb muß der Politiker es sich schon gefallen lassen, in der Öffent. lichkeit von den Freunden gelobt und den Feinden getadelt zu werden. Es ist heuchlerisch und verlogen, wenn die augenblicklichen Gewalthaber in Reich, Land und Kommune sich über die ihnen zuteil werdende Kritik beklagen. Sie ſind ja auf dieſelbe Art zur Macht gekommen, nur mit dem Unterschied, daß sie einen ehedem anständigen Staat mit unanſtändigen Mitteln zu erledigen bestrebt waren. Wie wirkt sich nun das System der Kritik in der Kommunalpolitiť aus? Die Kommunalparlamente sind Selbstverwaltungskörper, die im wesentlichen nur ausführende Funktionen haben. Die großen politiſchen Entschlüsse werden in den Parlamenten des Reiches und der Länder gefaßt. Die Kommunen können nur im Rahmen dieſer ohne ihr Zutun gefaßten Entschlüsse Politik betreiben. Aber das bleibt dann doch immer Politik. Die Kräfte, die die Geschicke des Reiches und der Länder beſtimmen, wirken sich auch in den Kommunen bei der Gestaltung der Uusführungsverordnungen aus. Es gilt also, hier dieselbe Politik zu ver folgen, die auch im Reich und in den Ländern verfolgt wird. Oppoſition gegen den Marrismus und feine bürgerlichen Steigbügelhalter, das ist der Kurs, nach dem auch in den Kommunalparlamenten nationalsozialiſtiſche Politik betrieben werden muß. Opposition ist nicht gleichbedeutend mit Radau. Radau ist nur ein Mittel- manchmal allerdings ein sehr wirksames -- der Opposition. Er wird in der Obstruktion zur Anwendung gebracht werden müssen, und zwar dann, wenn die Machthaber versuchen, den Willen der Opposition, wo er ihnen unbequem wird, mit illegalen Mitteln zu unterdrücken und mundtot zu machen. Sonst aber ist Kritik etwas ſehr Positives. Sie darf sich allerdings nicht darauf beschränken, nur Schäden festzustellen, sie muß auch Mittel und Wege aufweisen, Schäden abzustellen . Sonst verläuft sie sich allmählich in einer hemmungslosen Demagogie, die am Ende weder vom Freund noch vom Feind verstanden wird. Selbstverständlich ist es das gute Recht einer kommunalen Opposition, vom magistrat die Durchführung ihr notwendig erscheinender for derungen zu verlangen. Aber sie tut gut daran, auch immer gleich den Weg anzugeben, auf dem man zur Realisierung ihrer Ansprüche kommen kann. Ist dieser Weg so beschaffen, daß der Magistrat ihn auf Grund seiner klassenmäßigen Zusammensetzung nicht beschreiten kann, so ist das feine Sache. Die Opposition hat nicht die Pflicht, sich nach dem Magistrat, fondern der Magistrat die Pflicht, sich nach der Opposition zu richten .

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Zum Beispiel: Die nationalsozialistische Fraktion im Berliner Stadt. parlament fordert für Erwerbslose, Kleinrentner und bedürftige Kriegsbeschädigte eine Weihnachtsbeihilfe. Die Mittel dazu sollen aufgebracht werden durch eine radikale Besteuerung der Warenhäuser, der Schlemmer. stätten und Lurusvillen. Das sind Musteranträge. Rein rechtlich denkender Mensch wird ihnen seine Zustimmung versagen. Tut das trotzdem der Magistrat, so gewiß nicht aus Sorge für das Allgemeinwohl, sondern aus Vetternrücksichten und kapitaliſtiſchen Bindungen. Wer aber kann von uns verlangen, daß wir uns darum kümmern? Wir haben nur die Aufgabe, zu fordern und Mittel anzugeben, mit denen unsere Forderungen durchgeführt werden können . Und der Magistrat hat demgegenüber nur drei Möglichkeiten : Er wendet diese Mittel selbst an, er überläßt uns die Durchführung unserer Forderungen — was ja vorerst nicht anzuneh men ist , oder er muß es dulden , daß wir, wenn wir bei ihm kein Gehör finden, uns an die öffentlichkeit wenden und für unsere Forderungen um die Stimme des Volkes werben. Das hat gar nichts mit Demagogie zu tun. Das ist verantwortungs. bewußte Oppositionspolitik, und wer sie in diesem Rahmen betreibt, der weiß, was er will. Daß er sich zur Durchfechtung seiner Ziele der Gruppen bedient, die ihm gerade zu Willen sind, auch wenn sie weltanschaulich ihm fernſtehen, das ist nur ein Beweis dafür, daß er praktische Machtpolitik betreibt. Wenn der Marrismus soziale forderungen von uns unterstützt, können wir es ihm verbieten? Wenn die bürgerlichen Parteien mit uns auf nationale Belange eingehen, sollen wir so töricht sein, ihnen das vorzuwerfen? Wir machen kein Gehl daraus: Wir gieren nach Macht, und wir neh. men sie, wo wir sie bekommen können. Wir wiſſen ſchon, was wir damit anfangen sollen. Seben wir irgendwo eine Möglichkeit, uns hineinzuschie ben, dann herein ! Wir fühlen uns stark genug, uns überall durchzusetzen, und wer uns einmal an den Rockschößen hängen hat, der wird uns nicht mehr los. Ein Nationalsozialiſt muß in allen Sätteln reiten können. Aber er foll ſich nur dann in der Arena der Öffentlichkeit zeigen, wenn er dafür garantieren kann, daß die Parade, die er reitet, eine nationalsozialistische ist. Das Rennen im Roten Haus kann beginnen. Wir sitzen fest . Einer gewinnt, und einer verliert, daran ist jetzt nichts mehr zu drehen und zu deuteln. Was die anderen mit uns vorhaben, das haben wir mit ihnen vor. Sie verschweigen es zwar noch, aber wir sagen es ihnen offen ins Gesicht: Es ist Zeit für euch ! Herunter von den Pferden !

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1930

Jahr des Vormarsches

nde März 1930 wird Dr. Brüning nach dem Rücktritt des ſozialdemokratischen Son Reichskanzlers Müller dessen Nachfolger. Seinem Erfüllungskabinett begegnen die Nationalsozialiſten mit der gleichen Kampfanſage wie den vorhergehenden: „Das Brüningsche Verzweiflungsprogramm saniert einen Zuſtand, der dem deutschen Volke in steigendem Maße nur Empörung und Verachtung abnötigt. Das Volk wird in diesem Prozeß der Enteignung seines Nationalbeſizes allmählich aufgerieben. Es findet sich von ihm aus teine Mehrheit mehr, die diese Politik verantwortlich wollte. Es bleibt für die Young-Regierung nichts anderes übrig, als ihr Programm mit Hilfe der Diktatur durch den Paragraphen 48 durchzusehen!" Mit dieser Kennzeichnung der politischen Situation des Jahres umreißt Dr. Goebbels die von Anfang morsche Stellung des verfaſſungswidrigen neuen Kabinetts, das den gesteigerten Aktivismus der Bewegung auf den Plan ruft. Schon zeigen die Wahlen in Thüringen, Sachsen, Braunschweig, Bremen, Danzig usw. bereits den Verfall der Erfüllungsparteien und den unaufhaltsamen Aufstieg der NSDAP . Mit den Mitteln brutalſter Unterdrückung und blutigſten Terrors versuchten das System und seine Helfershelfer ihn zu verhindern. Doch weder das Braunhemden- Verbot für ganz Preußen noch das Verbot der Zugehörigkeit der Beamten zur NSDAP . vermögen die innere Kraft und Geſchloſſenheit der Bewegung zu erschüttern. Die von den marxistischen Lügenparolen enttäuschten Massen folgen nun, sehend geworden, in immer ſteigendem Maße der für „ Arbeit und Brot” kämpfenden Bewegung, die in knapp zwei Jahren ihre Anhängerschaft verzehnfacht hat. Mitte Juli werden mit den Stimmen der NSDAP. zwei Steuernotverordnungen Brünings im Reichstag zu Fall gebracht. Der Reichspräsident muß die durch die politische Entwicklung längst überholte Volksvertretung auflösen und Neuwahlen ausschreiben lassen. Mit 107 Abgeordneten zieht die NSDAP . bei der Reichstagseröffnung im Oktober als zweitſtärkste Fraktion in das Parlament ein, um hier nachdrücklicher denn se durch ihre Sprecher der Brüning-Regierung den schärfften Kampf anzufagen, deren Verzweiflungsprogramm die Elendskurve des deutschen Volkes am

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Jahresende auf die Arbeitslosenziffer von 4,88 Millionen im Vergleich zu 1,98 Millionen im Jahre 1929 emporgetrieben hat. Die wachsende politische Macht- und Einflußsphäre der Bewegung wird im Dezember 1930 auch durch die von Dr. Goebbels geleiteten Riesen-Demonstrationen gegen den „ Remarque-Film" offenbar, die das Verbot des pazifiſtiſchen Machwerks erzwingen. Die überlegene Taktik des Nationalsozialismus hatte die Republik mit ihren eigenen parlamentarischen Waffen entscheidend geschlagen, und der Zeitpunkt für die Übernahme der Verantwortung schien greifbar nahegerückt. Nach den festliegenden politischen Zielen der Bewegung konnte er jedoch nur mit der totalen Umwälzung des Beſtehenden verbunden ſein.

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Horst

9. Oktober 1930 In diesem Namen klingt etwas von heldenmütiger, ritterlicher Tapfer. keit. Dieser Name ist knapp und schlank, steil und aufgerichtet. Es liegt darin eine seltsame Stärke, eine Jugend ohnegleichen. Er ist voll Offen. heit und leuchtender Klarheit, ohne Schnörkel und ohne Verzierung. Und so war auch der, der ihn trug. Weilte er noch unter uns, er wäre heute 23 Jahre alt. Er würde am Abend dieſes Tages im Kreise seiner Rameraden ſigen. Sie gäben ihm, dem Bürgerssohn und Korpsstudenten, die harten Arbeitshände, man würde ein oder auch zwei Glas auf seine Gesundheit trinken, und bevor man sich trennte, ständen alle auf und sängen sein stolzes, ſiegbewußtes Lied. Und er fäße mitten unter ihnen, strahlend vor Freude und Glück. Er würde am Ende noch alle ermahnen, Obacht zu geben, denn die rote Mordbestie schleicht um; und dann gingen ſie aufrecht und stolz mitten durch den wüsten Osten in ihre kargen Quartiere. Und am anderen Morgen stände er, der Sturmführer und Korpsſtudent, wieder als unbekannter Arbeiter an irgendeinem Bauplatz, ein stummes Beispiel der Tat, und ohne, daß er sich dessen vielleicht bewußt wäre, erschiene in ihm ohne Pathos und Phrase das Gesicht des Deutschland von morgen . So aber haben wir ihn voll Trauer und Grimm zu Grabe getragen, haben wir Erde auf den Sarg geworfen, in dem ſein junger, reiner Körper ruht, nur noch Haut und Knochen", wie ein sachverständiger Arzt vor Gericht in einer erschütternden Stille erklärte. Und während sein Lied, sein unsterbliches Lied, Dugende Male von ergriffenen und bis ins Innerste getroffenen Menschen geſungen, in den grauen Winterhimmel hinaufstieg, flogen über die Mauer des Friedhofes Steine und gröhlende Schimpfworte, rannte noch einmal der Mob der Großstadt gegen die unversehrte Reinheit eines neuen deutschen Geschlechts, das man da in sei nem leuchtendsten Typ körperlich in den Schoß der mütterlichen Erde bettete, das aber seelisch und geistig um eben dieselbe Stunde neu auf. erstand, um wegweisend einer durch viele Irrungen und Wirrungen hindurchgegangenen Jugend voranzuschreiten. Vor Gericht erhob sich eine der Bestien, die ihm die tödliche Rugel in den vor Schreck und staunender Betroffenheit weit geöffneten Mund hineinschoffen, und erklärte, man habe ihn niedergestreckt, um seiner Wir. tin, einem zänkiſch-hyſteriſchen Weibsstück, gegen ihn beizustehen getreu dem Wort, daß der Nienſch, und vor allem der Proletarier, edel, hilfreich und gut sein müsse. Ich habe darauf den Saal verlassen, weil ich glaubte, das wäre nicht mehr zu ertragen. Ich spuckte aus und schämte mich dann, daß ſo ein Viehstück auch das Recht hat, den Namen Mensch zu tragen wie wir alle. Wer am 15. September, am Tage nach dem Triumph, an sein Grab hinausging, der sah dort arbeitslose Männer stehen, Frauen, die von den Markthallen zurückkehrten, mit Kindern an der Hand, alte Mütterchen und frische, junge Mädels. Es kamen und gingen Studenten und Beamte, Kleinbürger und Proletarier, und eine Mutter hob ihren vier. jährigen Jungen auf den Arm, zeigte ihm das Grab, das nun unter einem Kranz von Blumen neu aufzublühen schien, und sagte: „Da liegt unser Horst!"

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Weiter kein Wort. Aber das ſagte auch alles. Unser Horst ! Als wäre er uns allen Bruder geworden, als gehörte er in unsere Familie hinein und wäre durch seinen Tod in uns allen aufgegangen. Eine trostlose Mutter hat von Berlin Abschied genommen . Sie kann diese Stadt nicht mehr ertragen, deren erschütternde Tragik ihr alles nahm. Aber die Stadt, die große, blutleere, gemütsarme und steinerne Stadt läßt sie nicht mehr aus ihren erbarmungslosen Urmen. Oft und oft findet sie wieder den Weg dahin, geht zerrissenen und gebrochenen Herzens an drei Gräber, die all ihre Freude, ihren Trost und mütterlichen Stolz gefangenhalten, und findet in der lastenden Qual kaum Tränen, die ihre Untröstlichkeit lösen könnten . Ein junger Mann zeigt der Bewegung, wie man sterben kann, und wenn es notwendig ist, auch sterben muß. Und eine Mutter gibt ihr ein leuchtendes Beiſpiel, wie man unerträglichen Schmerz am Ende doch trägt, ohne in die Verzweiflung zu fallen. Es war am Tage nach der Verkündigung jenes Schmachurteils, das die feigen Mörder sozusagen freisprach; da fuhr diese Mutter um die Mitter. nacht von Berlin zurück, in graue, regenschwere Finsternis hinein. Und hier noch hatte sie lächelnde Worte des Dankes, daß man ihr nur einen Abend gab, sie, die zwei Söhne, ihre einzigen und die Besten von allen, geben mußte, ohne daß wir es ihr heute danken konnten. Nehmen wir die Mügen ab! Beugen wir uns in Ehrfurcht und männ. licher Scham vor soviel Größe und Schmerz ! Seien wir starf im Glauben und hilfreich im Trost! Es gibt noch ein Deutschland, für das es sich zu leben verlohnt. Und es liegt eine Jugend in den Gräbern, die uns über Schmerz und Klage hinaus zu Taten ruft. Stolz pflanzen wir an den Grüften unsere leuch. tenden Fahnen auf; und fester denn je wollen wir uns geloben, daß nie. mand umsonst gefallen ist. Blut wurde gesät in Strömen. Das Deutschland von morgen wird daraus in Fülle aufgehen. Schon erhebt eine neue Jugend ihr hartes und steinernes Gesicht; schon steht mitten unter Tränen und Schmerz ein anderes ehernes und erbarmungsloses Geschlecht auf und marschiert gelaſſen in das leuchtende Morgen. Sie starben, damit wir leben ! Die Straße frei!

Der Anabe Treviranus

26. Oktober 1930 Was tut er eigentlich noch in der Regierung? Und wer hat ihn beauf. tragt, weiterhin den Minister zu spielen, nachdem das deutsche Volk ihm und seiner Gefolgschaft am 14. September in so eindeutiger Weise das Vertrauen versagt hat? Ist Herr Treviranus von Gottes Gnaden, oder was will er zu ſeiner Entschuldigung anführen : Der Minister ohne Amts. bereich, für die ehemals besegten Gebiete, der Häuptling jener Garde stellenjäger, die da im entſcheidenden Kampf um ein Volksschicksal aus einer Partei aus, und in die Regierung einbrachen. Wieso kommt Herr Treviranus dazu, am „Sanierungsprogramm" des Rabinetts Brüning mitzubestimmen! Wen oder was will er sanieren, das Volk oder sich selbsti 30

Und wen oder was soll seine Konservative Partei konservieren, Deutsch land oder Herrn Treviranus mit seinem ehrgeizigen, gesandtschaftslüster. nen Klüngela Vielleicht wird sich der ehemalige Seekadett auf seine tönernen Reden gegen Polen berufen; aber sie kamen zu oft und zu unvermittelt, als daß nicht selbst der Einfältigste merkte, daß sie für den Wahlpöbel und nicht gegen Polen gehalten waren. Fehlt nur noch, und er bemüht zu seiner Rechtfertigung den Reichspräsidenten. Aber für so dumm halten wir ihn nicht, daß wir annähmen, er merkte nicht selbst, daß das ein bißchen dünn ist. Entweder leben wir in einer Demokratie, dann soll der Knabe Treviranus in der alles verzeihenden Versenkung verschwinden. Oder die Demokratie ist abgeschafft, dann aber muß er sich auch offen zur Diktatur bekennen und über die Weimarer Verfassung zur Tagesordnung über. gehen. Zu schweigen und weiterzuregieren, das ist, milde geſagt, uſurpa. torisch, und da muß es dann am Ende darauf ankommen, daß einer das tut und ein anderer sich das gefallen läßt. Herr Treviranus hat, wie uns zuverlässig berichtet wird, vor der Wahl auf 100 Mandate gerechnet. Uns billigte er großzügigerweiſe an die vierzig zu. Wenn wir uns so in den Fettnapf segten, wir nähmen einen Strick oder würden Grünkramhändler. Wahrscheinlich wird der Herr Minister, nachdem sich die Mehrheit, die er so sehnlichst erwartete, ihm versagte, sich auf die Minderheit berufen und vielleicht noch hoffen, unter uns, die ja niemals die kompakte Majorität anbeteten, dabei Verständnis zu finden. Gemach: ein Diktator, um einmal Herrn Gottfried Reinhold Treviranus, Kapitänleutnant a. D. und Direktor der Landwirtschaftskammer für das Land Lippe, gegenüber dieses Wort vergeblich zu führen, ein Diktator, wie gesagt, pflegt durch das Hauptportal in die Regierung hineinzugehen und nicht durch den Aufgang „Nur für die Dienstboten“. Wer auf der Minderheit steht, der pocht an und hat dann auch immer sein Sesam öffne dich! zur Hand, um verschlossene Türen aufzumachen. Aber er mogelt sich nicht still und leiſe vom Garten aus in die Veranda, tauscht in der Garderobe seinen revolutionären Jakobiner-Habitus mit einem leerstehenden Ministerfrack, setzt sich uneingeladen an den Mittags. tisch, prostet jovial den erstaunten Gästen und dem verwundert zuschauen . den Publikum zu und hält am Ende gar noch die Tischrede auf die gütige Hausfrau. Wir haben Respekt vor dem, der sich Macht nimmt kraft eige ner Macht, und sind die Letzten, die in der Heiligkeit der Mehrheits. koalition der Weisheit legten Schluß sehen. Aber nur Liebkind beim Reichspräsidenten sein, sonst aber gar nichts — das, mit Verlaub zu sagen, ist übertriebene Anspruchslosigkeit. Vielleicht verrät uns Herr Treviranus, was und wen er eigentlich außerdem noch zu seiner Entschuldigung anführen kann. Wer national denkt, fragt ihn, was ein Ehrenwort sei. Der Bauer hat ihm die Gefolg. schaft versagt, der Konservative keine Lust, seine ehrgeizigen Romplere zu konservieren. Der Stahlhelm winkt dankend ab, für die Volkspartei ist der Herr Miniſter nicht reif, und was links davon steht, traut ihm noch nicht. Dieser jugendliche Heldentenor hat seinen Platz im Reichstag auf einem Sig ohne Pult oder vielleicht auf der Tribüne als Publikum, aber nicht auf der Regierungsbank. Wir fragen mit Erstaunen Herrn Brüning, was das alles foll. Aber der wird für diese Frage wenig Verständnis aufbringen : sitzt er doch selbst 31

eigentlich und ohne SPD. auf einer hoffnungslosen Minderheit und bleibt nur verharren kräft des Gesetzes des Schwergewichts der Erde. Aufstehen, ihr Herren! Das Volk hat gegen euch entschieden, und ſo steht es in Weimar geschrieben : Vom Volke geht alle Macht aus. Weg mit eurem Programm"! iemand will es wissen, niemand will es aus. führen. Das Volk sucht neue Männer und neue Ideen. Beruft euch nicht darauf, eure Politik gehe „über den Horizont des kleinen Mannes hin aus", wie einmal einer von euch sagte! Das iſt undemokratiſch, antirepu. blikanisch und gefährdet auf das ernsteste die Autorität der Weimarer Verfassung. Hochverrat ist nun mal Hochverrat, ob er von einem ſimplen Leutnant oder von einem hochmögenden Minister begangen wird. „Auch die Kommunisten wollen das Beste“, ſteht im Leipziger Urteil zu lesen . Die Regierung Brüning pendelt an der Grenze der Illegalitat. Der Knabe Treviranus ist längst überfällig, er muß verschwinden, und mit ihm das ganze Rabinett. Es mag sich noch halten, je länger, desto lieber ist es uns. Unterdes blüht unser Hafer. Wir können warten, denn die Zeit arbeitet für uns, und wir arbeiten mit der Zeit. Der 14. September war nur eine drohende Geste. Der nächste Wahltag wird eine vernichtende Abrechnung sein. Nur weiter so. Eines Tages pochen die Männer von morgen an den Toren des Reiches, bis sie weit aufgehen und ihnen Einlaß geben. Herr Treviranus aber soll dann da heraus, wo er nicht hereingekommen ist. Damit er wenigstens einmal sieht, wo der Eingang für Herrschaften ist.

„Der Angriff" 1. November 1930 „Das war damals“, sagt man heute mit einem gewissen Stolz, wenn in einer Stunde der Erinnerung davon die Rede ist. Und denkt man dann einen Augenblick darüber nach, ist man erstaunt und betroffen, daß in diesem Damals nicht Dezennien, sondern nur gute drei Jahre liegen ; so fern ist einem die Zeit gekommen, da wir dieses Blatt in schwerster Be drängnis der Berliner Partei gründeten und damit zum erstenmal unſeren Willen auch publizistisch der Reichshauptstadt zu Gehör brachten . Die alte Parteigarde wird sich dessen noch mit Freude erinnern, obwohl uns allen damals weniger froh zumute war: die Bewegung verboten, ihre Gelder beschlagnahmt, die Geschäftsstelle zum Teil versiegelt, die Versammlungen untersagt oder auseinandergeprügelt, fast die ganze Partei in endlose und monströſe Prozeſſe verstrickt, mir das Reden und am Ende sogar überhaupt das Erscheinen in Versammlungen verboten, von der öffentlichkeit ent weder gar nicht gekannt oder mit Spott und Geifer und Hohn übergoſſen; ohne Mittel, ohne Hilfe, einer Welt von Feinden gegenüber, nur getragen von ein paar Hundert, allerdings zu allem bereiten Verfechtern, da faßten wir den Entschluß, eine Zeitung zu gründen. Mancher Miesmacher hat da mals verzweifelt den Kopf geschüttelt und uns für verrückt erklärt. Die Journaille, die zu früh von unseren Plänen erfuhr, prophezeite uns höhnisch eine Lebenszeit von drei Wochen . Zu allem Unglück wurde uns noch 14 Tage vor Erscheinen der Hauptſchriftleiter verhaftet; in der Partei

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selbst stießen wir vielfach auf vollkommene Verſtändnislosigkeit. Aber wir haben es trotzdem gewagt! Wie sollte die neue Zeitung heißen ? An einem Sonntagabend ſaßen wir zusammen, und plötzlich fuhr es mir wie ein Blitz durch den Ropf: der Came muß ein Programm sein. Wir sind eingefesselt, Verteidigung ist sinnlos, wir müſſen zur Offenſive übergehen. Es wird dreist und frech und gottesfürchtig zum Sturm geblaſen. Die Zeitung heißt „Der Angriff“, und geschrieben ist sie „Für die Unterdrückten ! Gegen die Ausbeuter!" Unser braver Drucker gab uns Kredit. Wir hatten als Sicherheit keinen Besig als unsere Köpfe und unsere gespitzten Federn. Und dann ging's los, und war doch schwerer, als wir gedacht hatten. Schon nach einem Monat mußten wir unseren Wagen verkaufen. Ich war gezwungen, auf eigene Rappe Geld zu pumpen. Die erwarteten Leser kamen nicht, wir waren alle uneingearbeitet, der Sommer lastete über uns, in der Sauregurkenzeit blieb der so sehnlichſt erhoffte Erfolg aus. Kurz und gut, wir pfiffen bereits aus dem legten Loch. Das Redeverbot_wurde aufrechterhalten, die Parteigenossen waren zum Teil schon entmutigt. Zwar kam der Hauptschriftleiter aus Moabit zurück, dafür aber ließen andere die Fahne schnode im Stich. Unsere Gehälter wurden fünfmarkweise ausgezahlt. Wir hungerten uns schlecht und recht durch. Uber um so weiter machten wir den Mund auf und um so lauter schrien wir. Je weniger wir waren, desto dicker taten wir, und am Ende haben wir damit gewonnen. Es war am 29. Oktober 1927, meinem Geburtstag : da fing die Wendung an. Die alten Parteigenossen hatten, ohne daß ich davon wußte, eine kleine Geburtstagsfeier arrangiert. Dort überreichten sie mir 3000 gesammelte Abonnenten und eine bare Summe von 3500 Mark. Ein SA.-Mann kam und gab mir einen verſchloſſenen Briefumschlag, und, o Wunder, darin lagen meine Schuldscheine in Stücke zerrissen, und als ich abends nach Hause kam, empfing ich das Glückwunschschreiben des Polizeipräsidenten : "Das Redeverbot ist aufgehoben ! " Es war der schönste Geburtstag meines Lebens. Und dann fing der Aufstieg an. Unsere Rufe wurden allmählich gehört. Wir durchstießen mit Mut und Verve und zäher Entſchloſſenheit die um uns aufgerichtete Wand eines eisigen Boykotts. Wir schrien und randalierten, wir schlugen Florett und schweren Säbel, wir schoſſen mit Böllern und vergifteten Pfeilen und kamen so allmählich nach oben . Man mußte uns hören. Wir ließen uns das einfach nicht gefallen, daß der Gegner den toten Mann spielte und einfach so tat, als wären wir nicht da. Wir haben uns einen herausgezerrt und ihn in die Zange genommen : den klaſſiſchſten Typ dieses November-Deutschland, gegen das wir zu Felde gezogen waren; und den haben wir dann mit Wig und Galle und Zorn und Bosheit, mit einem grimmigen Lachen, in dem sich schon ein kommendes Strafgericht ankündigte, der Öffentlichkeit zur kostenlosen Besichtigung, in Freiheit dres siert, vorgeführt. Dieser Mann konnte keinen Spaß vertragen, und darum hat er die Partie verloren. Wir hatten die Lacher auf unserer Seite. Und was nutzten ihm all seine Prozeſſe. Wie er zurückgehen mußte, gingen wir nach vorne und eroberten so Stück um Stück des vor uns liegenden politiſchen Terrains. Wir haben für den „ Angriff“ gedarbt, vom letzten Botenjungen angefangen bis zum obersten Chef. Wir haben dafür Dugende Male vor den 8 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Gerichten gestanden, Geld- und Gefängnisstrafen in Hülle und Fülle ein gesteckt. Wir haben nie ein Blatt vor den Mund genommen, haben zu geschlagen, wo wir fäulnis und Korruption sahen, wo sich progenhafte Großmannssucht breitmachte, haben die Unwerte des anderen Deutschland erbarmungslos ihrer Autorität entkleidet und damit am Ende Herz und Ohr des deutſchen Berlin erobert. Der " Angriff"! Dieses Wort wurde, wie wir uns das gedacht haben, weit über die Gren. zen der Bewegung hinaus zu einem Programm. In diesem Wort klang und klingt mit ein Wille, eine Energie, eine publizistische Kraft, das heißt Aufbruch. Revolution, radikaler Erneuerungsgeist, das heißt Nationalismus und Sozialismus in der schärfſten Form. Und damit brachten wir vor allem die Jugend hinter unsere Parole. Das ist vielleicht der schönste Ruhmes. titel dieſes Blattes, daß es heute in den Pennalen und Berufsschulen heim. lich von Hand zu Hand gegeben wird, daß man darüber mehr in den fabriken als in den Salons diskutiert, daß es eine Zeitung der Jugend und des arbeitenden Volkes geworden ist. Wir haben es meistens vorgezogen, mit scharfen Klingen zu fechten. Über wo sich uns die dreiste, aufgeblasene, freche Dummheit entgegenstellte, da konnten wir auch mit schwerem Eisen schlagen. Und dabei haben wir keinen geschont. Wir schreckten auch nicht davor zurück, hohe und höchſte Würden. träger anzugreifen, wenn uns das unsere überzeugung gebot. Wo alle schwiegen, da haben wir geredet. Wo die anderen sich unter den Terror der öffentlichen Meinung beugten, da blieben wir aufrecht stehen und warfen uns dem Feind entgegen. Ein Journalist muß nicht nur den guten Willen haben zum Schreiben, er muß das auch können . Den Standpunkt haben wir ſeit je verfochten und denn auch in die Tat umgesetzt. Die besten Federn waren uns gerade gut genug, die Spalten dieses Blattes zu füllen. Wir machten keinen Radau um des Radaus willen ; aber wo er einmal nötig war, um eine aufgeblasene Schmarogerwanze aus ihrem Versteck aufzutreiben, da haben wir uns auch nicht mit der feigen Phrase vom vornehmen Unstand daran herumgedrückt. Wir waren höflich mit dem, der das verdiente. Kam uns jedoch einer dumm oder frech, dann haben wir ihn allemal, mochte er sein, wer er wollte, auf die weiche Birne geschlagen. Und nun steht unser Rampfblatt da, in stolzer Unabhängigkeit, geliebt von den Freunden und gehaßt und gefürchtet von den Feinden . Wir haben es ohne falsches Geld aufgezogen , nur mit dem opfermütigen Idealismus derer, die es schrieben und die es lasen. Vun nähert es sich den Hundert tausend und soll mit dieser Stunde zur Tageszeitung umgetauft werden. Und anstatt daß wir uns dessen freuten, erfüllt Wehmut und wohl auch etwas Trauer unser Herz. Wir nehmen damit endgültig Abschied von den schönen Zeiten einer herrlichen Ungebundenheit, da wir noch klein und unbedeutend waren, gewissermaßen noch Kinder des politischen Lebens, die mit den Dingen spielen durften, statt sie meiſtern zu müſſen. Nun ist der Rnabe groß geworden, will ein Mann sein und vielleicht ein Riese werden. Und wie das so auch bei den Menschen ist : Wenn man jung ist, hat man die wenigsten Sorgen und die meisten Freuden. Es war eine herrliche Zeit trog allem und allem, da wir diese Zeitung anfingen, sie groß machten durch Opfer, Idealismus und Hingabe. Vorbei!

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amen ! So soll denn der „ Angriff“ jeden Tag Nun denn, in Gottes seine Stimme erschallen lassen. Aber er soll auch in der neuen form das bleiben, was er in der alten war : ein Rampfblatt, ein Aufruf zu Taten, ein Wegweiser in die Zukunft, eine Fanfare des deutschen Aufbruchs, ein Aufschrei gegen die Schmach, eine Drohung der deutschen Jugend gegen ihre Peiniger und Bedrücker, ein Trost der Armen, eine fackel der Verzweifel. ten, ein Signal, ein Wetterleuchten, ein zündender Blitzſchlag in der unbeilschwangeren Finsternis der Gegenwart ! Das Blatt der deutschen Revolution ! Das war er, das ist er, und das soll er bleiben !

Der Adler steigt

2. Dezember 1930 Als die nationalsozialistische Bewegung am 14. September, zum ersten Male für die Weltöffentlichkeit sichtbar, ihren triumphalen Wahlsieg er. kämpfte, da horchte nicht nur die deutsche Volksmeinung, sondern die Welt. meinung auf. Über Lüge, Verleumdung, Verbot und Verfolgung stieg der hinreißende Siegeszug dieser Volksfront. Das feindliche Lager in Deutſchland und jenseits seiner Grenzen nahm diesen Aufstieg zuerst mit einer panikartigen Bestürzung zur Kenntnis. Die internationale Judenpreſſe verſuchte durch Alarmierung der Weltmeinung, durch Putsch- und Sensationsgerüchte den mit Worten nicht mehr zu ver kleinernden Sieg mit politischen Hemmnissen zu neutralisieren. Aber sehr bald zeigte sich, daß das Judentum sich damit selbst ins Fleisch schnitt. Die Papiere, die auf Grund der Alarmmeldungen der Berliner Aſphaltpreſſe auf den internationalen Märkten zum Sturz gebracht wurden, waren nicht unsere Papiere, sondern die Papiere unserer Feinde. Die nationalsozialisti. sche Bewegung schritt über diese Sabotageversuche mit einem höhnischen Lächeln hinweg. Sie hatte sich längst schon wieder anderen Aufgaben zu. gewandt, und sie konnte deshalb auch mit Verachtung dem frivolen Spiel zuschauen, das sich nun innerhalb der Parlamentsparteien um die Miniſter. ſige abspielte. Was nügte es den Börsen- und Preſſehyänen, daß sie bei der Eröffnung des Reichstages durch Spigel- und Drovokationsarbeit einen Fenstersturm in Berlin inszenierten, um damit die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit von dem geschlossenen und disziplinierten Auftreten der nationalsozialiſti. schen Opposition im Reichstag abzulenken . Wieder fielen an den internationalen Börsenmärkten die Papiere, die nicht die unseren waren. Und so mußte man ſich endlich zu dem Versuch bequemen, durch sachliche Argumente die nationalsozialistische Ideologie zu treffen. Wenn im Verfolg der darauf einſegenden Parlamentsarbeit die Nationalsozialiſten den Entschluß faßten, durch scharf präziſierte Anträge dem System des Rapitalismus zu Leibe zu rücken, so zeugt es nur von einer harmloſen Naivität, daß demgegenüber gelehrte Universitätsprofessoren auftraten, um mit wiſſenſchaft. lichen Beweisstücken die „Abſurdität unserer Lehre“ darzutun. Es ist nun einmal ſo; die Wahrheit erblickt als Parador das Licht der Welt, um als Trivialität unterzugehen. Das, was wir vor einigen Jahren noch einer

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ſtumpfen und dumpfen Öffentlichkeit als Prediger in der Wüſte in taube Ohren schrien, das ist heute schon längst Gemeingut von Millionen und Millionen erwachender Deutſcher geworden. Es soll hier nicht bezweifelt werden, daß durch die auf Grund unserer Reichsanträge prompt einsetzende Pressekampagne die nationalsozialiſtiſche Bewegung augenblicksweise in eine gewisse Alemme hineinmanovriert wurde. Über die Weltfinanz hat zu früh triumphiert. Wir National. ſozialisten gingen nach altem Brauch aus der Verteidigung gleich wieder zum Angriff vor. Und ſehr bald schon landete die Börsenpreſſe wieder, von uns sachlich in die Pfanne gehauen, bei den alten aufgewärmten Verdrehungen und Verleumdungen. Was haben sie da nicht von links bis rechts und von rechts bis links in holder Eintracht zusammengelogen. Von 4 - Revolten, von Zersegungs, erscheinungen innerhalb der Partei, von ernſten Differenzen zwischen den führenden Röpfen und ähnlichen Unsinn mehr. Das Volk aber hat ihnen die Antwort gegeben. Oldenburg, Baden und Danzig, das waren die ersten Flammenzeichen eines neu ausbrechenden Volkszornes. Wenn man bisher, vor allem von bürgerlicher Seite, der nationalsozialiſtiſchen Bewegung den Vorwurf gemacht hatte, sie habe ihre eigentliche Aufgabe - nämlich Zerschlagung der marristischen Front, nicht erfüllt, so hatten wir demgegenüber immer und immer wieder erwidert: Der Marxismus kann nur gebrochen werden, wenn die bürgerlichen Parteien, die ihm helfershelferdienste leisten, aus dem Wege geräumt sind. Und dieser von uns vorausgesagte Gang der Ent wicklung ist nun auch eingetroffen. In Oldenburg, Baden und Danzig wurde zum erstenmal eine breite Bresche in die marxiſtiſche Verräterfront geschlagen . Das Ergebnis der am Sonntag in Bremen stattgefundenen Wahlen hat diesen Prozeß in einem selbst von uns nicht geahnten Maße weiter geför dert und beschleunigt. Wir haben bereits vor der Reichstagswahl am 14. September immer und immer wieder betont, daß im Ciationalsozialis. mus nicht eine Partei, ſondern ein Volk aufmarschiert. Am 14. September selbst wurde das zum erstenmal einer breiteren Öffentlichkeit sichtbar. Die Wahlen in Bremen nun haben dieſe Voraussage aufs wunderbarste bestätigt. Die ganze Parteienfront, von den Deutschnationalen bis ein. schließlich zu den Kommunisten, ist - das kann man wohl ohne Übertrei bung feststellen bei den bremischen Wahlen zertrümmert worden. Der einzige Gewinner dieses Wahlganges ist der Nationalsozialismus. Er hat sich seit dem 14. September fast verdoppelt; und zwar rekrutiert sich diese Verdoppelung aus allen anderen Parteien. Es stießen zu uns patriotiſche Bürger, interessenverdächtige Anhänger der Mittelparteien und klassen. kämpferische Marristen. Sie alle haben in Bewußtsein und Erkenntnis den verräterischen Parteien des alten Deutschland den Stuhl vor die Türe gesetzt und sich schweigend, aber um so wirksamer, protestierend in die aufmarschierende Volksfront des Nationalsozialismus eingereiht. Da hilft fein Drehen und Deuteln mehr. Der Nationalsozialismus ist auf dem besten Wege, die bürgerlichen Parteien zu zerschlagen und den Marrismus zu vernichten. Es wird Herrn Brüning angst und bange werden, wenn er sich die Folgen vergegenwärtigt, die die Durchführung seines Verzweiflungspro gramms im deutschen Volk zeitigen wird. Das Brüningsche Programm

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saniert einen Zustand, der dem deutschen Volke in steigendem Maße nur noch Emporung und Verachtung abnotigt. Das Volk wird in diesem Prozeß der Enteignung seines Nationalbesiges allmählich aufgerieben. Es findet sich auch von ihm aus keine Mehrheit mehr, die diese Politik ver antwortlich wollte. Es bleibt für die Young-Regierung nichts anderes übrig, als ihr Programm mit Hilfe der Diktatur durch den § 48 durch zusetzen. Wir geben der Regierung zu, daß sie augenblicklich die formale Mög lichkeit hat, den Reichstag, der morgen zusammentritt, wieder in ferien zu schicken. Aber sie wird selbst nicht glauben, daß die kommende Zeit für fie arbeitet. Sie arbeitet für uns, und wir arbeiten mit ihr. Jeder Monat ist für uns Gewinn. Zusehends bröckelt das Lager der Erfüllung ab, und wie die alten Parteien zerfallen, ſo ſammelt ſich in der nationalsozialiſtischen Bewegung alle Kraft und alle Energie, die im deutschen Volke über. haupt noch vorhanden ist. Sie werden wohl, nachdem dieser Reichstag nach unrühmlichen Wort. gefechten wieder in die ferien gegangen ist, offen die Diktatur prokla mieren. Sie werden die Reichswehr mobil machen, gegen ein hungerndes Volk Bajonette und Maschinengewehre einſegen. Über damit retten sie keine Wirtschaft, damit finden sie keine Arbeit, damit geben sie kein Brot. Lin verzweifeltes Volk sammelt sich unterdes in der aufmarschierenden nationalsozialiſtiſchen Bewegung. Und sie wird auch Mittel und Wege finden, verfassungsmäßig die Macht zu ergreifen, die das souveräne Volk ihr in die Hand legt. Während über dem demokratischen Erfüllungs-Deutschland der Pleite geier ſteht, während ein belogenes und betrogenes Volk, beraubt um Hab und Gut, der Ratastrophe, die näher und näher rückt, mit Schaudern ins Auge schaut, während die Regierung versucht, einer Weltenwende mit kleinlichen bürokratischen Mitteln beizukommen und das Volk bei wach ſender Verelendung der breiten Maſſen ſeinen legten Glauben und Halt verliert, steigt über dem jungen Deutschland der Adler unserer Befreiung auf. Sie haben ihm oft und oft in den vergangenen Jahren die Federn zu beschneiden versucht. Aber die Schwingen wuchsen doch wieder. Eben breitet dieser kühne Aar seine weiten Flügelschläge aus und segt an zu erlösendem Höhenflug. Millionen und Millionen schauen mit verhaltenem Atem diesem majestätischen Schauspiel zu. Sie wissen : in der tiefsten Verzweiflung wird das deutsche Volk seinen Retter finden. Der Tag für Freiheit und für Brdt bricht an!

Der Winter

6. Dezember 1930 Eben beginnt für das deutsche Volk der Winter. Voll Grauen und Troſtlosigkeit sehen die breiten Maſſen der einbrechenden Rälte entgegen. Eber, als wir es glauben wollten, ist das Wort des heute noch amtierenden Reichs. finanzministers Dietrich wahr geworden, daß der Hunger durch die Straßen rasen wird. Selbst unsere pessimistischen Voraussagungen sind durch die Tatsachen weit übertroffen worden. Die Arbeitslosigkeit steigt in einem erschreckenden Maße und nähert sich jetzt bereits den 4 Millionen. Schon

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ziehen durch die Straßen der Großstädte die Züge der Erwerbslosen, schon ertönt allenthalben der Ruf nach Brot, Backerläden werden geſtürmt und geplündert, und über Deutschland steigt die graue Fahne der Verzweif lung hoch. Sie haben die Wirtschaft nicht angekurbelt, wie sie vor Annahme des Young-Planes am Radio ſprachen. Die Wirtſchaft ist stillgelegt, abgedroſselt, erstarrt. Die Schlote rauchen nicht mehr, und die Hochöfen werden ausgeblasen. Jeder Tag bringt neue Massen der Arbeitslosigkeit - Arbeit. nehmer und Arbeitgeber sind nicht mehr in der Lage, die drückenden Steuerlasten zu bezahlen. Der Gerichtsvollzieher ist täglicher Gast bei jedem, der noch in fester Arbeit ſein kümmerliches Brot verdient. Zwar ist die Regierung groß darin, neue Steuern zu erfinden, aber die neuen Steuern ändern nichts an der Tatsache, daß das deutſche Volk bis zur Erschöpfung an Lasten ausgepreßt iſt. Die Wirtschaft ist kredithungrig. Kredite aber bekommt die Regierung nur, wenn sie die Finanzen saniert. Die finanzen aber kann sie nur sanieren, wenn sie neue Steuerquellen erschließt. Neue Steuerquellen können nur erſchloſſen werden, wenn man den letzten Rest der deutschen Substanz angreift. Das ist nun auch bald zu Ende, denn die Substanz ist verbraucht, und nun heißt es, die Lebensgestaltung des deutschen Volkes dem harten und grausamen Tatsachenverhalt anzupassen . Die Gehälter und Löhne werden herabgesetzt, die Steuerschraube wird angezogen. Es ist ein Ring der Verzweiflung, der sich fest um uns geſchloſſen hat, und es gibt da kein Zurück und kein Vorwärts mehr. Wir sind in unserer eigenen Not gefangen, und nur ein gewaltsames Aufbäumen gegen die Tributknecht. schaft könnte heute noch die Retten sprengen, in denen das Weltkapital uns gefesselt hält. Zwar versucht die Regierung, der steigenden Vot mit dem Rezept der Preissenkung beizukommen. Aber das ist ein untaugliches Mittel am untauglichen Objekt. Sie senken die Preise, um Lohnherabsetzungen damit zu begründen. Die Lohnherabsetzungen aber übertreffen die Preissenkungen um das Doppelte und Dreifache. Und kaum haben sie durch kapitalistische Schiedssprüche die Abdrosselung der Löhne perfekt gemacht, dann beginnen die Preise wieder zu steigen - und nicht nur bis zum vorigen Stand, sondern weit darüber hinaus. Man soll in den Kontoren des Erfüllungskabinetts nicht glauben, daß man mit solchen bürokratischen Mitteln einem aufbrechenden Volkszorn und einer wachsenden Empörung der breiten Maſſen wirksam und auf die Dauer begegnen kann. Das deutsche Volk hat im Jahre 1918 ein Unmaß von Vertrauen den Usurpatoren des jungen Volksstaates entgegengebracht. Daß dieses Ver, trauen in einer 12jährigen Bankrottpolitik bis zum letzten Rest verbraucht werden konnte, das ist eigentlich der schlüssigste Beweis dafür, wie schlecht in Deutschland nach dem Kriege auf allen Gebieten regiert worden ist. Deshalb anerkennt das arbeitende Volk auch keine Autorität mehr in diesem System. Wenn heute das Kabinett Brüning im Reichstag noch einmal durch geschäftsordnungsmäßige Spielerkunststücke vor dem Sturz bewahrt bleibt, so ist das zwar ein Beweis für seine taktische Geschicklichkeit, aber nicht für die Güte seiner Politik. Jeder Monat, den wir hinter uns bringen ,

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zwingt dieses Kabinett in eine unmögliche Lage hinein. Es hat ſich in feinen eigenen Fängen gefangen. Es wird auf die Dauer, auch wenn es parlamentarisch zu Rande kommt, immer mehr die Verbindung mit dem Volk verlieren und am Ende gar gezwungen sein, seine schwindende par lamentarische Position zu ersetzen durch die Mittel der Brachialgewalt. Schon werden im Hintergrunde dieſes ſchaurigen Elendsgemäldes Maschinengewehre aufgefahren, schon drohen sie mit Polizei und Reichswehr, schon erklären sie sich vor aller Öffentlichkeit entschlossen, dem Volk statt Brot blaue Bohnen zu verabreichen. Das ist das Leben in Schönheit und Würde, das sie uns versprachen, als wir den Volksstaat aus der Taufe hoben. Das ist der Sozialismus, für den Tausende deutsche Arbeiter ge blutet und gelitten haben und in den bittern Tod gingen. Zwölf Jahre haben sie in einem blutigen Dilettantismus ihre Politik versucht. Das Ergebnis dieser aus Naivität, Halbheit, Feigheit und Unzulänglichkeit gemischten Exekution iſt die aufgebrauchte Substanz, ein verschwendetes und vergeudetes Vermögen, die vollkommene Dahinſiechung des Nationalbeſitzes unseres Volkes auf allen Gebieten. Nun sollen sie den Riemen enger schnallen, die Arbeiter, die da nach beendigtem Kriege noch einmal die Gewehre schulterten, um für das Betriebsrätegesetz, für den Achtstundentag, für die Sozialisierung von Kali, Kohle und Eisen zu kämpfen. Cun müssen sie den Hunger zum täglichen Gast in ihre ärmlichen Wohnungen und elenden Höhlen hineinladen, nun machen sie sich, die ein. mal auszogen, um eine Welt zu erobern, auf den furchtbaren Opfergang. Und das Erschütternde an diesem Volks-Hungermarsch ist, daß er nicht zur Freiheit, sondern am Ende zur Vollendung der deutschen Tributſklaverei führen wird. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Genau in demselben Maße, in dem in Deutschland die Verzweiflung steigt, steigt auf der anderen Seite eine neue Glaubensstärke und eine andere Hingabe. Genau in dem Tempo, in dem die Regierung das Vertrauen der breiten Maſſen verliert und vom Volk isoliert wird, wenden die Massen ihre ganze inbrünstige Singabe an die Männer der Opposition und wächst die nationalsozialistische Bewegung in der Liebe und Popularität beim ganzen arbeitenden Volk. Es weiß, daß es sich am Ende selbst helfen muß, und daß nur diejenigen, die seit zwölf Jahren, verfolgt und verboten, bedroht und niedergeknüppelt dem deutschen Widerstandsgeiſt in den breiten Maſſen Ausdruck gaben, daß nur diejenigen dazu berufen sind, dem deutschen Schicksal eine entscheidende Wendung zu geben. Die nationalsozialistische Bewegung erklärt, daß sie des parlamenta, rischen Handelns müde ist. Sie verlegt ihren großen Kampf wieder in die breiten Volksmassen. Sie weiß, daß das Volk anders denkt, als heute in den Parlamenten beschlossen wird. Das Volk würde sich vielleicht mit einer Diktatur einverstanden erklären, aber sie müßte dann schon offen pro. klamiert werden und am Ende zur Freiheit und nicht zur Knechtschaft führen. Das Volk hat sein Votum vom 14. September längst wieder korrigiert. Aus den 107 Abgeordneten, die heute im Deutschen Reichstag sitzen, sind bereits im Volk 150 oder 160 geworden. Man kann zwar die nationalsozialistische Bewegung wider Recht und Verfassung von der Macht ausschalten, solange sie nicht die absolute Mehrheit im Volk hat. Aber je mehr man das tut, um so eher wird sie diese Mehrheit erreichen. 39

Wenn wir auch heute brütend und in einer schweigenden Entschloſſenheit in diesem Parlament der Unfähigkeit und Feigheit sitzen: wir sind die alten geblieben. Wir sind wie ehedem, als wir auszogen, die Macht zu erobern, heute noch bereit und gewillt, der Korruption und dem Landesverrat in Deutſchland ein Ende zu setzen, den roten Terror zu brechen, aufzuräumen mit der feigen Duldſamkeit dem Ausland gegenüber, die öde Gleichmacherei der Demokratie zu zerstören, dem Internationalismus, moge er kapitaliſtiſcher oder marxistischer Natur sein, den Rampf bis aufs Meſſer anzusagen, das Volk in einer neuen Idee zu einigen und als Machtfaktor einzusetzen im Kampf gegen die Tributknechtschaft, die das Ausland uns aufzwingt. Wir wollen einen Staat der Ehre und der Arbeit, wir wollen ein neues Gesetz der Autorität und Disziplin . Im schroffsten Nationalismus künden wir die Forderung eines konsequenten Sozialismus an. Wir wollen die Freiheit der Straße wiederherstellen und den ungebeugten Stolz des deut schen Volkes der Welt wieder zu Gesicht bringen. Die Gesetze einer aristo kratischen Leistung sollen richtunggebend für den neuen Staatsaufbau werden. Wir wollen ein Volksheer, das in der Lage ist, die deutschen Grenzen vor den blutigen Provokationen rachgieriger Nachbarn zu beschützen und ebenso dem bedrohten Deutschtum in den abgetretenen Gebieten sicheren Halt und ausreichende Stüge zu bieten. Wir wollen eine Zerbrechung der Tributfron. Wir wollen dem kapitalistischen System das Genick brechen und mit dem kapitalistischen System auch den Träger des liberal -kapitali stischen Gedankens, den Zerseger unseres nationalistischen Rassebewußt. seins, den ewigen Juden treffen . Achtung, hier Deutſchland ! Das junge Volk ist im Unmarsch. Es kämpft für Freiheit und Brot! Dröhnend erklingt der Ruf der Millionenmassen durch ein verzweifeltes Volk : Die Straße frei ! Wir wollen an die Macht. Wir haben erkannt, daß wir den Krieg verloren haben, aber auch - und was uns schlimmer trifft — daß wir um die Versprechungen der Revolution betrogen worden sind. So ziehen wir denn noch einmal aus, um die Zukunft zu gewinnen. Der Winter mit all seinen furchtbaren Drohungen vermag uns nicht zu erschrecken. Wenn es nötig ist und wenn im Verfolg einer zwölfjährigen Vabanque-Politik über Deutſchland das Chaos hereinbricht, so werden wir auch das auf uns nehmen, werden mutig hindurchſchreiten, um unseren tanzenden Sternen nachzujagen .

In die Rnie gezwungen 12. Dezember 1930 Ein Briefwechsel : „Sehr geehrter Herr Doktor! Wenn Sie es nicht fer. tigbringen, den Schmachfilm Im Westen nichts leues" abzusetzen, im poniert mir der ganze Nationalsozialismus nicht mehr. Hochachtungsvoll ! 3. ., eine Frontschwester." - Sehr verehrte Frau .! Wir haben es fertiggebracht. Dr. G." Der Schmachfilm ist verboten ! Damit hat die nationalsozialistische Be. wegung den Rampf gegen dieſes jüdische Sudelwerk auf der ganzen Linie gewonnen. 40

Der Anlaß zu dieſer Auseinandersetzung, die die gesamte deutsche Öffent. lichkeit für eine volle Woche beschäftigt hat, und sogar zu den leidenschaft, lichsten Kommentaren in der ausländischen Presse führte, war ein scheinbar geringfügiger. In Wirklichkeit aber handelte es sich um eine prinzipielle Frage: darf es die Asphaltdemokratie weiterhin ungestraft wagen, an. gesichts der zunehmenden Nationaliſierung der breiten Massen dem deut. schen Publikum eine solche Verhöhnung deutſcher Ehre und deutſcher Tradition anzubieten ? Das war der eigentliche Beginn. Als man am vergangenen Freitag zuerst mit den harmlosen Mitteln von weißen Mäusen und Stinkbomben gegen den film „Im Westen nichts Neues" Opposition und Protest an. kündigte, da waren wir uns von vornherein darüber klar, daß es dabei nicht bleiben könnte, sondern daß es im Anschluß an die erste Willenskund. gebung des nationalen Berlin weiter von Tag zu Tag zunehmender Protestaktionen bedürfen würde, um die Öffentlichkeit gegen diese ungeheuer. liche Provokation in front zu bringen und den gegenwärtigen Gewalt. habern in Preußen zu zeigen, daß die Zeit vorbei ist, wo sie sich der deutschen Volksehre gegenüber alles, aber auch alles, leisten konnten . Daß der Rampf um den Film am Ende zu einer Prestigefrage zwischen der preußischen Regierung und der nationalsozialistischen Bewegung wurde, lag von vornherein in unserer Absicht. Die Severing und Grzesinski haben dabei offenbar ihre Macht überschäßt. Wir wußten, daß papierene Proteste gegen diese flagrante Verlegung deutscher Volkswürde von ihnen hohnlächelnd in den Papierkorb geworfen würden, und da blieb uns nichts anderes übrig, als sie mit denselben Waffen zu schlagen, die sie seit Jahr. zehnten ihren politischen Gegnern gegenüber anzuwenden beliebten. Wir nahmen für uns das Recht der freien Meinungsäußerung in dieser Demokratie in Anspruch, und über alles Erwarten wurde unser Appell vom nationalbewußten Berlin gehört. Es war am Ende ein Kampf um Grundsätzlichkeiten. Wir waren die Träger des ſittlichen Staatsgedankens und zwangen damit die preußische Regierung in eine immer unmöglichere Rolle hinein. Sie mußte mit einem grotesken Machtaufwand ein Sudelwerk beschützen, das in wachsendem Maße von der breiten Öffentlichkeit in seiner Widerwärtigkeit abgelehnt wurde. Die eingesetzten Mittel standen zum Schluß in gar keinem Ver hältnis mehr zu der Sache, die beschützt wurde, und an dieser Differenz ist die preußische Regierung gescheitert. Wenn sie in diesem Kampf ein ungeheures Maß an Prestige verlor, ſo ist das ihre Sache. Sie hat das nationalbewußte Berlin in die Schranken gefordert, und wir sind ihr die Antwort nicht schuldig geblieben. Die jüdische Preſſe faselt heute, die filmoberprüfstelle habe sich dem Diktat der Straße gebeugt, das ist richtig und wieder nicht richtig. Denn diesmal wurde die Straße beherrscht von einem sittlichen Staatsgedanken , der sich hierbei nur derselben Mittel bediente, deren sich der internationale Mar. rismus seit Jahrzehnten zu bedienen pflegt. Es war ein Kampf um die Macht zwischen marxistischer Asphaltdemokratie und deutschbewußter Staatssittlichkeit. Und zum ersten Male haben wir in Berlin die Tatsache zu verzeichnen, daß die Aſphaltdemokratie in die Rnie gezwungen wurde. Für eine revolutionäre Bewegung kommt es nicht nur darauf an, das Richtige zu tun, ſondern es auch im richtigen Augenblick zu tun. Wenn wir Nationalsozialisten uns in dieſem Rampf an die Spige des Proteſtſturmes 41

gegen Remarque stellten, so sind wir damit wieder einmal unserer Tradition treu geblieben. Es lag in der Natur der Sache, daß am Ende dieſe Auseinanderſegung um einen scheinbar nichtigen Anlaß zu einer Hauptund Staatsaktion wurde, und es blieb der Regierung nichts anderes übrig, als den film verbieten zu laſſen. Damit aber gibt sie zu, daß die national, sozialistische Opposition - fie mag Kampfmittel angewandt haben, wie — auch immer im Recht war, und die deutsche öffentlichkeit hat hierbei eine billige Gelegenheit, festzustellen, daß man dem Marxismus gegenüber, auch wenn man recht hat, nur etwas erreicht, wenn man mit der Faust auf den Tisch schlägt. Wir betonen hierbei noch einmal : wir haben uns in diesem Kampf nur legaler Mittel bedient. Es bestand bei uns niemals die Absicht, und in den Reihen unserer Anhänger auch nicht die Gefahr, daß wir ins Illegale ab glitten. Wenn in den legten Riesendemonstrationen die nationale Volks. feele ins Rochen geriet, wenn das deutſchbewußte Berlin in stürmischem Protest gegen die frechen Provokationen durch das jüdiſche Aſphaltliteratentum überzuquellen begann, ſo iſt das zwar verständlich, aber es lag nicht einmal in unserer Absicht. Wir haben die letzten zwei Tage Gewehr bei Fuß gestanden. Wir warteten und erwarteten dabei, wie ſelbſtverſtänd. lich, ein Verbot, das gekommen ist, weil es kommen mußte. Die national— sollte sozialistische Bewegung hat keinen Zweifel darüber gelaſſen, daß - sie mit einem ungeheuerlichen Sturm der dieses Verbot nicht kommen Entrüstung in der Öffentlichkeit antworten würde. Das Verbot ist also unser Verdienst. Wir haben es dem Marrismus abgezwungen . Wir haben die jüdische Asphaltgeistigkeit zum ersten Male in Berlin in ihre Schranken zurückgewiesen. Der Marxismus ist geschlagen und die roten Raiser in Preußen sichtbar für die ganze Weltöffentlichkeit in die Knie gezwungen . Heute vermag man noch nicht zu übersehen , welche Folgen das für die rote Gewaltherrschaft in Preußen haben wird. Es ist an einem lebendigen Beispiel bewiesen worden, daß ein Kampf dagegen nicht aussichtslos ist, vorausgesetzt, daß man ihn richtig führt, daß der Unlaß, an dem sich dieser Rampf entzündet, ein die breiten Maſſen bewegender, und die Art, wie man ihn durchführt, eine zielbewußte und strategisch richtig angelegte ist. Bedarf es noch einer besonderen Betonung, daß die nationalsozialistische Opposition sich mit diesem Ziel nicht zufrieden gibt? Müssen wir noch im einzelnen darlegen, daß der Rampf auf der ganzen Linie weitergeht, und daß wir begründete Hoffnung haben, ihn einmal endgültig zu gewinnen, da wir ein erstes Mal den erbittert kämpfenden Gegner in die Knie ge, zwungen haben ? Remarque ist beseitigt, aber es starrt noch von jüdiſchem Unrat in der gesamten deutschen Öffentlichkeit ; hier gilt es auszumisten. Unser eiserner Besen heißt Rampf. Wir werden ihn legal und durchaus verfassungsmäßig führen. Aber wir laſſen auch keinen Zweifel darüber, daß jedes Mittel, das uns die Demokratie ſo huldvoll zur Verfügung stellt, von uns auch in Anspruch genommen wird. Unsere Parteigenossen und das gesamte nationalbewußte Berlin, das sich in diesen Tagen hinter unsere Fahnen gestellt hat, sie alle wiſſen, daß die nationalsozialistische Bewegung in ihrem Aufbegehren gegen den demokratischen Unrat nicht erlahmen wird. Wir aber fühlen die Verpflichtung, allen denen, die sich in Disziplin und eiserner Entschlossenheit hinter uns gestellt haben, den Dank aus zusprechen, den das kommende nationalsozialistische Deutschland ihnen ein . mal durch die Tat abstatten wird. 42

All die Hungernden und Frierenden, die Verlaſſenen und Verzweifelten, die belogenen und betrogenen Frontsoldaten, die Arbeiter der Stirn und der Faust, die am Montag und Dienstag in hinreißenden Massendemon. strationen gegen die jüdische Provokation des Remarque- films aufmar schierten, sind jene Armee von willensbewußten und radikalen jungen Deutschen, die es ſich nicht mehr gefallen laſſen wollen, daß das öffentliche Leben in Deutſchland zu einem Skandal und zu einer Schmach und Ver. höhnung der deutschen Ehre wird. Sie haben sich hinter unseren Parolen in Marsch gesetzt. Wir werden dafür sorgen, daß dieser Marsch nicht abbricht, sondern daß er ein Aufbruch wird ins neue Reich.

Sozialismus der Tat

20. Dezember 1930 Weihnachten steht vor der Tür. Es wird für uns alle ein schweres, trauriges fest werden. Die tiefste Finsternis lastet augenblicklich über Deutschland. Soziale, politiſche und wirtſchaftliche Krisen erschüttern das öffentliche Leben. Die Ziffern der Erwerbslosigkeit steigen in ſchwindelnde Höhen. Die Produktionsstätten sind verödet, und durch die Straßen der Städte ziehen in langen, grauen Zügen die Hungernden und Frierenden. Wären wir nicht Nationalsozialisten und hätten wir als solche nicht den unerschütterlichen Glauben, daß aus der tiefsten Finsternis wieder ein Weg ins lichte Morgen gefunden werden könne, dann müßten wir an der Gegenwart und Zukunft unseres Volkes verzweifeln. So aber sehen wir in der furchtbarsten Not unseres Vaterlandes doch wieder Hoffnung aufblühen. Es wird, wie draußen in der Natur, eine Winterfonnenwende einfegen. Um Ende muß auf das dunkle Heute ein lichtes Morgen folgen. Die Menschen empfinden Leid und Sorge niemals tiefer als an den Tagen, die eigentlich der Freude und dem Frohsinn gewidmet ſein sollen. Das Weihnachtsfest ist das Fest der Liebe, und gerade da fühlen wir schmerzlicher als sonst, wieviel wir verloren haben und wie tief das deutsche Volk gesunken ist. Unsere Partei ist eine Arbeiterpartei. Sie hat diesen Namen nicht gewählt als schmückendes Beiwort. Sie ist eine Bewegung, die die Arbeit befreien will. Die Urbeiter sind es vor allem, die in ihren Reihen marschieren, um der Nation wieder Freiheit und Brot zu geben. Auch unter uns gibt es Unzählige, die unter den furchtbaren folge. erscheinungen einer verräterischen Verzweiflungspolitik wirtschaftlich zu sammengebrochen sind. Es sind gewiß die Schlechtesten nicht, die heute, von den Arbeitsstätten vertrieben, ein dumpfes und verzweifeltes Dasein leben und keinen brennenderen Wunsch kennen, als einmal wieder schaffen zu können. Wie oft haben wir in Versammlungen unsere innere Verbundenheit mit ihnen zum Ausdruck gebracht, und wie gläubig ſind ſie unseren Parolen gefolgt, wenn es galt, für Deutschland und seine Freiheit zu demonstrieren und zu kämpfen. Jetzt ist Gelegenheit, einmal aus den Worten Taten zu machen. Der Sozialismus, den wir pflegen , ist weltenweit entfernt von der blutleeren Phraseologie des Marrismus. Es ist ein Sozialismus der Praxis, und wenn wir auch weiterhin der Unſicht sind, daß er ſich ſtaatlich nur organi, ſieren läßt, wenn man den Staat erobert hat, so meinen wir doch, daß 43

hier die Möglichkeit ist, ihn auch einmal von seiten der Parteiorganisation vorzubereiten. Viele unserer Parteigenossen sehen vor sich ein Weihnachtsfest, das voll ist von Verzweiflung und Qual. Sie haben keine gewärmte Wohnung, das Stempelgeld — sofern sie auf solches überhaupt noch Anspruch erheben können ist frühzeitig verbraucht. Sie wissen nicht, woher sie Essen nehmen sollen. Nicht wenige von ihnen werden den Heiligen Abend und die Weihnachtstage irgendwo in einem kalten Zimmer verbringen, und anstatt daß das Weihnachtsfest ihnen Freude und Mut gibt, werden sie in Pessimismus und Skepsis verzweifeln. Rann es da wundernehmen, wenn sie selbst gegen ihre Parteigenossen bitter werden ? Wie oft mußten sie von uns hören, daß wir eine Gemeinde der Tat seien, daß wir in glei cher Gesinnung verbunden wären, hoch und niedrig, arm und reich, Proletarier und Bürger, daß es unter uns keine Unterschiede mehr geben soll, daß wir als Diener einer gemeinsamen Idee uns einander verpflichtet fühlten. Müssen sie nicht gerade am Weihnachtsfest den Glauben verlieren, daß aus diesen Worten einmal Wirklichkeit wird, wo sie die einen feiern sehen und sie selbst der Qual und dem Elend überlaſſen bleiben . Das darf nicht sein. Die da auf einsamen, kalten Manſardenzimmern sitzen, sind die besten und treuesten Parteigenossen. Sie haben ein ganzes Jahr für die Bewegung gearbeitet, haben in der SA. schweren Dienst gemacht, sind als Zellenobleute treppauf treppab gelaufen, haben als Be triebszellenobleute auf gefährlichem Posten in den Fabriken gestanden. Es sind unsere Rameraden. Und wo zwiſchen ihnen und den anderen Parteigenoffen soziale Unterschiede bestehen, da müssen die Beſſergestellten die Gemeinsamkeit der inneren Verbundenheit dieser Trennung voransetzen. Man wird mich fragen : Wier Nichts ist einfacher als das. Ein jeder, der noch ein Zuhause hat, das er wärmen kann, dem das Schicksal es dieses Jahr noch ermöglicht, sich einen Lichterbaum anzuzünden, der die Seinen mit kleinen Freundlichkeiten in diesen Tagen beschenken kann, der foll für sich selbst die schönste Freude darin ſehen, die Weihnachtstage nicht ohne einen Parteigenossen zu verleben, der alles das nicht hat. Er melde sich gleich bei seinem SU.. oder Sektionsführer. Er verlange von ihm, daß er ihm einen Rameraden namhaft mache, der arbeitslos ist und der am Heiligen Abend oder an den Festtagen nicht weiß, wohin. Er nehme sich diesen Rameraden mit nach Hause, betrachte ihn als seinen Gast. Und wenn er ihm ein schönes Fest beschert, so tue er nicht, als gäbe er damit ein Almosen, sondern betrachte das nur als eine ſelbstverständliche Pflicht sozialistischer Gesinnung. Es soll an diesem traurigen Weihnachten keinen Parteigenossen geben, der am Fest sich selbst überlassen bleibt. Sie sollen alle bei den Familien ihrer Kameraden zu Gast sein . Man scheue auch nicht davor zurück, einen SA.-Mann oder einen Zellenobmann zu ſich nach Hause zu nehmen, wenn er Frau und Kinder hat. Man lade ſeine Familie mit und bereite allen zusammen ein Weihnachtsfest, das ihnen Kraft und Mut für kommende Tage gibt. Das ist Sozialismus der Tat. Wir werden in den schweren Zeiten, die vor uns liegen, alle aufeinander angewiesen sein. Reiner kann ohne den anderen bestehen, und die Partei muß auf jeden rechnen . Die schweren Pflichten, die die Zukunft von uns fordern wird, ſind vom einzelnen nur erfüllbar, wenn er an die Bewegung glaubt. Der Glaube aber wird gestärkt

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durch__die_Tat. Wir appellieren an die Kameradschaft unserer Parteigenossen. Wir wissen, daß ein jeder willig und voll Freude dieſem Appell Gefolg. schaft leisten wird.

Wintersonnenwende 24. Dezember 1930 Durch den kalten Spätabend irren über nebelverhangene Landstraßen zwei weiße Lichtkegel. Zitternd suchen sie den Weg von der Aſphaltwüste weg ins Land. Eine Stunde Fahrt - dann steht der Wagen vor einer kleinen Dorfkirche. Rundherum aufgestellt in langen Gliedern SA.. Männer. In dunkler acht eine graue Front eiserner Wachsamkeit. Durch Schlick und Dreck suchen wir uns quer über lehmige Felder einen Weg zum Feuerberg. Hier und da zuckt am weiten schwarzen Horizont ein Licht auf. Das sind die Signalleute. Man kann kaum die Hand vor den Augen sehen; mit Taschenlampen bahnen wir uns einen Weg durch Lastende Finsternis. Auf dem Hügel steht hoch aufgeschichtet ein riesiger Holzstoß. Jest flammen zwei Leuchtraketen auf, und nun segen sich von fünf verschie denen Seiten die Fackelzüge in Bewegung. Zitternd kommen die roten Lichter näher und näher, und bald erkennt man : das sind anmarschierende SA.-Gruppen. Alles in allem 1000 Mann, die Standarte IV, die draußen bei Schönerlinde ihre Wintersonnenwende feierlich begeht. Der Holzstoß wird angezündet. Hochauf schlagen die Flammen, genährt von Pech und öl und Stroh - ein leuchtendes Lichtermeer. Von jedem Sturm treten die Fahnenträger an die Flammen heran und ſagen ihre Wahlsprüche fürs kommende Rampfjahr. Was ist das für eine Zeitenwende : Proletarier, Arbeiter, harte Männer aus dem grauen Berliner Norden, Menschen, von denen man sonst anzunehmen pflegt, daß ſie als radikale Klaſſenkämpfer in der roten Front stehen. Sie haben sich hier zusammengefunden zu einem leidenschaftlichen Bekenntnis zur Vlation und ihren Aufgaben. Es sind nicht die üblichen sentimentalen Redensarten, die hier zum Himmel hinaufsteigen, es sind harte, eiserne Schwüre. „Laß dieſen Glauben dir nicht rauben, trotz allem, allem, was geschehen." Wie das klingt aus dem Munde eines Arbeiters ! Die Brandenburger Adler flattern steil im Mitternachtswind. Knatternd ſchlägt das Tuch um den Fahnenschaft. In steinerner Ruhe ist die graue Front erstarrt. Vom pechschwarzen Himmel schauen hier und da vereinzelt leuchtende Sterne und geben dem ganzen Bild die Abrundung nach oben . Der Standartenführer spricht. Seine wenigen Worte ein Bekenntnis zum Geist der Kameradschaft, wie er in diesen Reihen lebendig wird. Das ist Sozialismus der Tat. Wie wir ihn später einmal im Staat organi. sieren wollen, so ist er in diesen Männerbataillonen bereits zur Wirk. lichkeit geworden. Die Stürme marschieren auf verschiedenen Wegen ins Lokal zurück. Don ferne sieht man ihre Fackelzüge zitternd sich durch die Finsternis hindurchwinden. Es ist ein Bild von plastischer Geschlossenheit, das sich hier dem verwunderten Auge des Großstädters bietet. 45

Was heißt das alles? Arbeitsmänner der Asphaltwüste fliehen vor kitschigen, bürgerlich-sentimentalen Weihnachtsfeiern wieder zur mütterlichen Erde zurück. Hier ist das Wort Wirklichkeit geworden. In ihren Adern zittert noch eine Woche Hammerschlag, eine Woche Häuſer. quadern, aber niemand wagt zu hadern ". Die Standarte findet kaum Plag in dem geräumigen Saal des Dorfkrugs, wo sie für die Nacht Einkehr hält. Überall ſigen die SA.-Männer in dicken Klumpen, auf der Bühne und durch den ganzen Saal durch und bald entwickelt sich ein Leben wirklicher echter Rameradschaftlichkeit. Es sind nur Männer der Arbeit, die hier versammelt sigen, aber heute abend bleibt keiner unbeschenkt. Bei Punsch und Pfannkuchen werden die erfrorenen Glieder wieder gelenkig. Die Stürme haben für diesen Abend ihre Groschen aufbewahrt, und es ist keiner unter den Kameraden, der darbt, während der andere genießen kann . Sie sind eine große Familie, eine Schicksalsgemeinschaft, die da wurde in Kampf und Hot und Tod. Wer diese Männer einmal beieinander sigen sah, der weiß: keine Macht der Welt vermag wieder zu trennen, was hier großes gemeinſames Er. lebnis zusammengeschweißt hat. Für diese Stunde sinken alle Unterschiede, die uns sonst trennen könnten, ins lichts zurück. Auf den Tiſchen liegen harte, schwielige Arbeiterfäuſte. Es wird gesungen und geredet, aber alles geschieht erbarmungslos und ohne Sentimentalität. Sie sind im Ernst, im Scherz, im Spott und in der Laune immer dieselben : Männer der Arbeit, Soldaten der deutschen Revolution. Es liegt in ihrem Lachen ein eherner Klang von Bitterkeit. Man muß sich hier klar darüber werden : dieſe Männer werden von ihrem Ziel nicht lassen sie haben sich ihm verschworen, und sie werden nicht ruhen und nicht raſten, bis es Wirklichkeit geworden ist. Eine Lautengruppe singt das Lied von den Geuſen. Hier ersteht es zu neuem, gegenwärtigem Leben. „Ein adeliger Bettlerhaufen“, so sigen sie zusammen, wie wohl ehedem die verachteten, verleumdeten und vom stolzen Spanien verfolgten Geuſen, die ſich da verſchworen, das ſpaniſche Joch abzuschütteln und die Niederlande wieder freizumachen. Auch diese Männer sind bereit, das letzte zu wagen . „Das Land wird Meer, doch es wird frei." Die Stunden rinnen dahin, man merkt es kaum. Man sitzt in dieſem Kreise als Ramerad unter Rameraden. Um 4 Uhr in der Nacht wird Schluß gemacht! Noch ein kurzes Gedenken für die Toten der Standarte, ein Erinnerungswort an jenen jungen Werner Weſſel, der in dieſen Tagen vor einem Jahr im Schneesturm des Riesengebirges sein noch kinderhaftes Leben lassen mußte. Wieder suchen sich zwei Scheinwerfer flackernd den Weg durch nebel. verhängte Finsternis. Aber die schweigenden Menschen, die nun wieder den Quadertürmen der Großstadt zustreben, sind um eine Hoffnung und um einen Glauben reicher geworden. Sie wissen : der deutsche Aufbruch hat begonnen . Er wird heute getragen von harten Arbeiterfäusten. Die Männer, die da um Deutschlands Zukunft aufmarschieren, kämpfen zugleich um ihr eigenes Leben, um das tägliche Brot im wahren Sinne des Wortes. Sie werden der Nation ihre Ehre und dem Volk ſein Daſein wiedergeben. Ihr redet soviel vom neuen Stil und meint, er müßte in Büchern gefunden werden. Stil bildet sich im Leben. Während sie in den Studier46

stuben hocken und graue Buchstaben aneinanderreihen, ist dieser Stil schon geworden in den Bataillonen unserer SA.-Männer. Sie formen aus der Überfülle ihres eigenen Lebens neue Daseinsinhalte. Sie bringen ihr ehernes Wollen in selbstverständliche Übereinstimmung mit den formen, in denen es nach Ausdruck ringt. Ein furchtbarer Winter lastet über deutschem Land. Die schwerste Finsternis ist über die Nation hereingebrochen, und nirgendwo zeigt sich ein leuchtender Stern, der uns den Weg weist. Wir haben nur Hoffnung und Glauben, woran wir uns halten können. Hoffnung und Glauben aber beruben allein in unserer eigenen Kraft. Daß wir da sind, daß wir arbeiten und kämpfen, daß wir den Sinn der Zeit verstanden haben, das gibt uns die Gewähr, daß nach tiefster Finsternis über Deutschland wieder das Licht aufgehen wird. Die Miſſion des Dritten Reiches ist in guten Händen. Sie wird getragen von einem verantwortungsbewußten jungen Geschlecht, vom deutschen Arbeitertum in Stadt und Land. Wir haben die trostliche Gewißheit, daß aus den Rämpfen der Jahre, die hinter uns liegen, die Entscheidungen der Jahre werden, die vor uns liegen.

1931 31. Dezember 1930 Das alte Jahr neigt sich seinem Ende zu, und aus den Gründen der Ewigkeit steigt das neue empor; Anlaß und Ursache, den Blick für eine Stunde zurückzulenken auf das, was hinter uns liegt, und mutig voraus zuschauen in das, was vor uns heraufdämmert. Jeder wird sich dabei die bange und verantwortungsvolle Frage vorlegen : „Was haben wir geleistet in den zwölf Monaten, die vergangen sind, und was bleibt uns zu tun übrig in den zwölf Monaten, die da kommen werden ?" Als wir am Ende des Jahres 1930 Rückschau und Ausschau hielten, waren wir aus der parteipolitischen Enge der Jahre 1925 bis 1929 herausgewachſen. Wir waren eine Rampf. und Maſſenpartei großen Stils geworden, und die Einsichtigen und Wissenden erkannten in uns schon das Gesicht des kom . menden Deutschland. Das Jahr 1930 war für uns ein Jahr der Kämpfe und Erfolge ohnegleichen. Eine harte, zähe und opfervolle Arbeit fand dann am 14. September ihre verdiente Krönung. Es bekannte sich zu uns über Stände, Klaſſen und Ronfeſſionen hinweg das erwachende deutsche Volk; es legte vertrauensvoll sein Geschick in unsere Hände. Es wäre kurzsichtig und unklug, wollte man heute schon die Berech tigung dieses Vertrauens messen an den praktischen Erfolgen. Solange eine Partei in der Oppoſition steht, ist es nicht möglich, daß sie Regie. rungspolitik betreibt. Aber auch unter dem Druck unseres Widerstandes hat die deutsche Politik seit dem September, wenn auch nur in äußerlichkeiten, schon eine entscheidende Wendung gemacht. Es wird zwar nicht mit uns regiert, aber man wagt doch kaum noch, ohne Rücksicht auf uns zu regieren. Nichts wäre in diesem Augenblick verderblicher, als in einen verfrühten Siegestaumel zu verfallen . Schweres ist getan, aber Schwereres und das Schwerste stehen uns noch bevor. Das Jahr 193 ) wird in erhöhtem Maße noch ein Jahr der Kämpfe und entsagungsvoller Arbeit sein . Und niemand vermag heute zu sagen, ob dieſe Arbeit gekrönt wird durch weithin sichtbare 47

Erfolge. Wir werden kämpfen und bluten müſſen wie bisher, der Janhagel der Presse wird über die Bewegung und ihre Führer herfallen, man wird uns unter ein legtes Trommelfeuer der Lüge und Verleumdung nehmen, und es wird sich nun erweisen müssen, ob die Bewegung in den Rämpfen der Vergangenheit ſo gehärtet worden ist, daß ſie die Rämpfe der Zukunft bestehen kann. Das Jahr 1930 barg in sich für uns die große Gefahr, daß die Siege uns zu leicht gemacht wurden. Wir waren es bis dahin gewöhnt, daß wir kämpften, ohne daß wir Erfolge sahen. Und nun wurden uns die Ergebnisse unserer Arbeit zu unvermittelt und verschwenderisch in die Hand gegeben. Zwar ließ sich die alte Garde nicht im geringsten dadurch in ihrer harten Zähigkeit beirren . Aber es blieb unvermeidlich, daß der Erfolg uns jene Mitläuferarmee in wachsendem Maße zuführte, die gut ist zum Wählen, aber nur schlecht zum Kämpfen. Es ist an der Zeit, daß wir aus diesen Mitläufermillionen das herausfondern , was für uns kämp ferisch brauchbar ist, und mitleids- und erbarmungslos das abſtoßen, was uns belasten könnte. Wir glauben nicht, daß ein amtliches Verbot in unmittelbarer Nähe steht. Man kann eine Millionenpartei nicht verbieten, ohne ein Chaos ju riskieren. Eine halbe Million auf zähe Entscheidung eingestellte Menschen bilden, organisiert und fest in der Hand ihrer führer, eine geringere Gefahr, als wenn man sie richtungslos und ohne form ihrer Verzweiflung preisgibt. Darin sehen wir nicht die akute Gefahr. Sie droht vielmehr von der Seite einer bürgerlichen Verflachung, hervorgerufen durch jene Masfen, die nach dem Erfolge gehen, ohne das Wesen und den Sinn unseres revolutionären Aufbruchs verstanden zu haben. Dagegen müssen wir auf der Wacht stehen. Die nationalsozialiſtiſche Idee duldet in ihrem Wesen keine Kompromisse. Je mehr sie durch die unauslösbar scheinende Komplikation unseres politischen Lebens zu tak tischen Zugeständniſſen gezwungen wird, um so leidenschaftlicher muß in ihr der Geist des Radikalismus und der aufrechten kompromißlosen Ungriffsgesinnung bewahrt werden. Die Aufgabe ist vor allem den Parteigenossen überantwortet, die von Anfang an Träger der Bewegung und der Idee sind und heute das Rück grat der Partei bilden. Sie sind die eherne Spitze am bleiernen Reil der deutschen Aufmarschfront. Sie geben dem Willen der revolutionären Jugend seine entscheidenden Züge. Auf sie kommt es an . Sie im festen und unerschüt terlichen Geist sozialistischer Rameradschaft aneinanderzuketten, wird Aufgabe von Führer und Mann sein. Das Jahr 1930 war das Jahr der Rämpfe. Das Jahr 1931 wird diesen Wesenszug in erhöhtem Maße tragen. Wer vermag es heute zu sagen, ob es ein Jahr der Entscheidungen wird? Wir hoffen es, aber ob die Soff nung Erfüllung findet, keiner von uns kann es wiſſen . Jedenfalls ſind wir bereit, zu arbeiten und zu kämpfen, als wenn das kommende Jahr das Legte von uns forderte. So treten wir bewußt und aufrecht in eine neue Rampfepoche ein. Das Jahr 1931 wird uns bereit finden. Ob es uns an feinem Ende auf den Thronen oder in den Gefängniſſen wiederſieht, wir rechnen mit allem und nehmen alles auf uns. Die Partei wird in geschlos fener Disziplin sich ihrer großen Aufgabe gewachsen zeigen, und wenn jeder einzelne seine Pflicht tut, dann werden wir wiederum Sieg um Sieg an unsere Fahnen heften.

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1931

Jahr der Sammlung

‣it dem entſcheidenden Wahlsieg am 14. September 1930 war die NSDAP . Mit das eigentliche politische Kraftfeld der nationalen Opposition geworden. In taktischer Gemeinschaft mit dem Stahlhelm ſeßte ſie ſich nun das Ziel, die rote Hochburg des ebenfalls längst überalterten preußischen Landtages und damit die Schlüsselstellung für die Macht im Reiche durch Neuwahlen zu Fall zu bringen. Der Führer unterſtüßt das Volksbegehren des Stahlhelm zur Auflösung des preußischen Landtages, das mit annähernd ſechs Millionen Ja-Stimmen Gültigkeit erreicht, aber durch das in seiner längſt überholten Zuſammenſeßung abſtimmende Haus abgelehnt wird. Ein Volksentscheid mit gleicher politischer Zielſebung im Auguſt bleibt infolge der Stimmenthaltung der Kommuniſten und der Syſtemparteien erfolglos. Die Zahl von 9,69 Millionen Wählern für dieſen Volksentscheid zeigt jedoch das Anwachsen der nationalen Opposition um dreieinhalb Millionen, deren Hauptmaſſe die Bewegung heranführt. Im Oktober des Jahres operieren die beiden Parteien der nationalen Oppoſition in der sogenannten „Harzburger Front" zusammen, um im gemeinsamen taktischen Vorgehen bei der bevorstehenden Reichstagseröffnung deſſen Auflöſung und Neuwahlen, die Aufhebung der von Brüning erlassenen Notverordnungen und vor allem den Sturz des „Young-Diktators " zu erzwingen. Mit vier Notverordnungen im Ablaufe des Jahres hatte dieſer, abgesehen von neuen Gehaltskürzungen

und Steuern, durch Verſammlungs-

und Uniform-

verbote, polizeiliche Zensur über Plakate und Flugblätter, Zeitungs- und Zeitschriftenverbote, Schließung von SA.-Lokalen und -Heimen auf diktatorischem Wege die nationale Oppoſition lahmzulegen versucht, während kommuniſtiſche Tschela- und Terrorgruppen schlimmer denn je aus dem Hinterhalt ihre Mordanschläge auf die Aktivisten der Bewegung verübten. Dennoch hielt die Partei auf Befehl des Führers eisern und verbiſſen ſtrengſte Disziplin. Ihre politische Schlagkraft wurde in unermüdlicher Arbeit weiter entwickelt, der propagandistische Einsatz gesteigert, und im " Angriff" den Systemgrößen und Syſtemparteien weiterhin erbarmungslos die Maske vom Gesicht heruntergerissen. Eine von bezahlten Spizeln unter Führung des Polizeihauptmanns 4 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Stennes ins Werk gesezte "1 Palast-Revolution", 14 Tage vor der jahrelang erwarteten Wahl, wurde durch rücksichtslose Säuberung der Partei unwirksam gemacht. Der Zweimonatsplan des Sommers 1931 gewinnt unmittelbar nach dieser „Rebellion" der mehr denn je politisch tatkräftigen Bewegung 83 Prozent neue Mitglieder. Mit dem Appell an das Millionenheer der Arbeitslosen und der Parole " Hinein in die Betriebe" gelingt der Einbruch in die Front des Marxismus, der am Anfang des Jahres durch den Auszug der nationalsozialiſtiſchen Fraktion aus dem Reichstag zu der „stillschweigenden Annahme” des Wehretats und des Panzerkreuzers B gezwungen worden war. Für die Partei aber war das Parlament lediglich die Kampf- und Propagandatribüne gegen die Systemregierung, auf der sie nur zu Abstimmungen gegen diese, wie bei der Eröffnung des Reichsparteitages im Oktober, erschien. Während sich in Berlin 1931 der Aufmarsch zur lezten Generaloffensive und die Sammlung aller nationalbewußten Kräfte zum endgültigen Sturz des Syſtems vollzog, zeigten die Wahlen in Oldenburg, Schaumburg - Lippe und vor allem in Hessen bereits die unaufhaltsame Auflösung der Mittelparteien, die schwersten Verluste der SPD. und das überwältigende Vordringen des Nationalsozialismus im Reiche selbst. In Berlin aber legte Dr. Goebbels im

Angriff" den durch die immer weiter

fortschreitende Young-Verelendung verzweifelten, suchenden Massen des Volkes die Taktif und die Ziele für den nationalsozialistischen Generalangriff dar, der den Tag der Freiheit bringen sollte und mußte. Und während die Massen von dem neuen politischen Evangelium einer großen nationalsozialistischen Volksgemeinschaft immer tiefer erfaßt wurden, stand der Vorfämpfer und Wortführer der deutschen Revolution in Berlin auf seinem Vorposten für die deutsche Zukunft und verkündete siegesgewiß zwei Jahre vor der Machtübernahme und angesichts einer auf 5,66 Millionen emporgeschnellten Arbeitslosenziffer:

„Das bedrängte Deutschland wird sich selber befreien ! Europa muß in seinen politischen und wirtschaftlichen Grundlagen neu geformt werden ..., und zwar hat diese Neuformung mit einem absoluten Bruch mit Versailles zu beginnen ! Regierungsfähig ist, wer die Macht erobert ! Es wird der Tag fommen, da ... Hitler regiert, und er hat darüber zu entscheiden, wen er gebrauchen tann und wen nicht!" --

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Es fängt schon an!

3. Januar 1931 Nachdem die verkrampften Freuden der Silvesternacht verrauſcht und eine künstlich hochgepeitschte eujahrsstimmung einem grauen, faden Razenjammergefühl gewichen ist, fängt das neue Jahr so an, wie man es erwarten mußte. Im Ruhrgebiet zeigen sich die ersten Sturmzeichen eines Ratastrophenwinters, wie er in diesem Ausmaß selbst nicht in Kriegs- und Revolutionsjahren in Deutſchland erlebt wurde. Zum 15. Januar sind über 300 000 Bergarbeiter von den Unternehmern gekündigt worden. Sie haben sich geweigert, widerspruchslos eine Kürzung ihrer Löhne um 12 Prozent entgegenzunehmen . Verhandlungen zwischen beiden Seiten sind als aus sichtslos abgebrochen worden. Roung-Not über Deutſchland! Noch vor einem Jahr faſelte die Regierung und schwägten die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände von den kommenden Segnungen des neuen Planes, und jeder wurde ans Kreuz ge ſchlagen, der es wagte, vor der Öffentlichkeit dieſem aberwitzigen Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Nun machen sie sich daran, die folgen ihrer verant. wortungslosen Erfüllungspolitik zu organisieren. Die Arbeitnehmerver. bände spielen Theaterrevolution mit der Vortäuschung einer Möglichkeit von Massenstreiks, die, nachdem die politischen Grundlagen für den heu tigen Elendszustand in Deutschland endgültig stabilisiert sind, als vollkom men aussichtslos von vornherein bezeichnet werden müſſen. Die Arbeit. geberverbände lassen sich willig von der Regierung und ihren Hintermän. nern mit dem Odium der ſozialen Reaktion belasten. Sie werden vor einem hungernden und im Elend versinkenden Volk zu Scharfmachern und Rapi. talistenbunden degradiert und fühlen sich wohl in der Rolle von Tribut eintreibern, die ihrerseits mit mäßigen Entschädigungen für ihre volks. mordenden kapitaliſtiſchen Praktiken belohnt werden . Was wäre jegt zu tun ? Hätten wir heute in Deutschland noch Arbeit. geber von Rang, ſie würden vor die Roung- Regierung hintreten und ihr erklären, daß sie sich weigerten, eine Politik durchzuführen, die am Ende Volk und iation in grenzenloses Unglück stürzen muß und sie selbst vor den Enterbten als die Schuldigen am Zusammenbruch hinstellen wird. Sie würden von der Regierung die Einlöſung ihrer Versprechungen verlangen, die sie vor Annahme des Roung- Planes feierlich und verschwenderisch dem deutschen Volk und den Standesvertretungen gegeben hat. Sie würden vor aller Öffentlichkeit ihren unabänderlichen Willen proklamieren, niemals ihre Hand dazu zu bieten, in schwerster Not und unter den erdrückend, sten sozialen Bedingungen arbeitenden Volksgenossen ihre Hungerlöhne zu kürzen, um ihrerseits damit in die Lage versezt zu werden, jene Steuern zu bezahlen, die die Regierung notwendig hat, um Erfüllungspolitik zu betreiben. Der Young-Plan wird die Arbeitslosigkeit beſeitigen. So ſagten ſie am Radio. Nun wollen wir das fordern. Der Roung-Plan wird die Steuern herabſegen. Nun wollen wir die Einlöſung dieses Versprechens sehen. Der Roung Plan wird die Wirtschaft ankurbeln. Rückt der Regierung auf den Pelz und fragt sie, wie es damit ſei. Es geht nicht an, heute stillschweigend ein System hochzufüttern, das erst möglich wurde dadurch, daß es das Ge. genteil von dem versprach, was es heute an folgen zeitigt. Voraussetzung für diese Stellungnahme deutscher Arbeitgeber wäre, daß ſie

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mit Ekel und Abscheu jenen Spigenorganisationen ihres Berufsstandes den Rücken kehrten, die die Young-Politik mitinauguriert haben und damit auch für ihre Folgen verantwortlich sind. Was müßten dann die Arbeitnehmer tun? Sie müßten sich mit solchen verantwortungsbewußten Arbeitgebern in eine Front stellen, sie müßten sich weigern, Lohndiktate anzunehmen, die nur darauf hinauslaufen, den heutigen Elendszustand des deutschen Urbeitertums zu organiſieren und auf eine sechzigjährige Sklavenfron einzustellen. Sie müßten wie ein Mann aufstehen und dem System den Kampf ansagen, das uns nun 12 Jahre lang mit faden Versprechungen großgefüttert und am Ende den Volks. ruin und die Ratastrophe der Vlation gebracht hat. Voraussetzung aber wäre, daß dieſe Arbeitnehmer ebenso mit Ekel und Abscheu jenen Gewerkschafts-Spigenorganisationen den Rücken kehrten, die zusammen mit den Arbeitnehmerverbänden der Regierung Hilfsdienste lei. steten bei der Annahme des Vieuen Planes und den rebellierenden Wider. stand dagegen in ihren eigenen Verbänden mit schönen Worten niederdebattierten. Das wäre ein Streik, der Aussicht auf Erfolg hätte. Ein politischer Ge neralstreik, in dem das deutsche Arbeitertum der Stirn und der Faust ſich erhebt gegen eine politische Schmach, die in ihrem Gefolge den wirtschaft, lichen Zusammenbruch aller Volksstände und aller arbeitenden Klassen nach sich zieht. Die Regierung soll kommen und die Steuern holen, so müßten die Arbeitgeber sagen. Sie soll kommen und uns zum Lohnabbau zwingen, so müßten die Arbeitnehmer ſagen. Das Volk hätte die Aufgabe, in feiner Gesamtheit zu protestieren gegen das System der Roung-Sklaverei, das im Parlamentarismus und im Parteienſtaat ſeine Organiſation gefunden hat. Dann wäre die Front klar; dann ständen sich nicht mehr gegenüber Urbeitgeber und Arbeitnehmer, die einen als Unterdrücker und die anderen als Unterdrückte, und darüber das Parteiensystem, das beide an ihrem Gängelband führt. Dann ständen sich gegenüber das ausgeplünderte deutsche Volk und seine Regierung, die ihre Hand dazu bietet, daß die Nation im Interesse der internationalen Finanzgewalten zum Ausbluten gebracht wird. Uber das alles ſind fromme und unerfüllbare Wünsche. Noch sind wir nicht so weit, noch leben wir in jener heilloſen Verwirrung, die die Fron . ten zersetzt und eine klare Herausbildung unseres wahren politischen Wil lens vorerst unmöglich zu machen scheint . Aber mitten durch diese Welt der Mißverständnisse geht die nationalsozialiſtiſche Bewegung als jene große Scheidung der Geister, die die Fronten einstellt, so wie sie gegenein. ander geboren. Der Nationalsozialismus organisiert ein neues Volk und richtet die Spige ſeines Ungriffs gegen die wahren Schuldigen an unserem Unglück. Es fängt schon an ! Hüben und drüben. Auf der Seite des Systems zei, gen sich die legten furchtbaren Symptome eines Volksverfalls, der, eher als wir denken, die Rataſtrophe über uns hereinbrechen läßt, auf der Seite der nationalsozialistischen Opposition die ersten Symptome eines deutschen Aufbruchs aller schaffenden Menschen, der, gigantisch anwachſend, die letz, ten Deutschen mit sich reißt und sie mobilisiert zum entscheidenden Sturm auf die Tributfestung. Es wird sich in diesen Wintermonaten entscheiden müssen, wohin die Waage des Erfolges ausschlagen wird. Sollen die Regierung und die hinter ihr stehenden Mächte den Rampf gewinnen, dann ist 52

Deutschland verloren. Soll die nationalsozialistische Bewegung den Sieg an ihre Fahnen heften, dann ſiegt damit das deutsche Volk. Und dann wird das Jahr 1931 nach den furchtbarsten Krisen und Fieberschauern am Ende doch das Jahr unserer Erlösung.

Regierungsbeteiligung ?

6. Januar 1931 Es hat sich nun allmählich selbst bis in die Rreise der Reichsregierung herumgesprochen, daß die Fieberkurve“ Nationalsozialismus, die am wie es den 14. September so steil in die Höhe stieg, durchaus nicht Wünschen der politischen Geschäftemacher entsprochen hätte - in den nach folgenden Monaten ins Sinken gekommen ist. Ganz im Gegenteil : die kurz darauf stattgefundenen Wahlen haben ein weiteres überraschendes Unſteigen dieser von uns als Geſundungskurve bezeichneten Linie gezeitigt. Die in den legten Wochen eingetretene katastrophale Zuspitzung unseres politi schen, wirtschaftlichen und kulturellen Zustandes macht es selbst dem Unein. geweihten klar, daß der Nationalsozialismus im Augenblick in den breiten Volksmassen über eine Macht und Gefolgschaft verfügt, deren Ausmaße er vielleicht selbst noch gar nicht richtig einzuschätzen vermag. Die Regie rung selbst wird dadurch in eine immer unmöglichere Lage bineinmanöve riert. Die parlamentarische Baſis, auf der sie steht, wird enger und enger. Das unsittliche Bündnis der bürgerlichen Parteien mit der Sozialdemo kratie kompromittiert beide Partner. Die ſozialiſtiſch denkende Urbeiter. schaft verläßt in hellen Haufen jene Partei des Sozialverrats, die sich wie der einmal, sichtbarer als je zuvor, dazu bereitfinden ließ, den bürgerlichen Kapitalismus unter ihre Fittiche zu nehmen. Die bürgerlichen Mitläufer armeen dagegen nehmen mit steigender Empörung wahr, daß eine sich national nennende Reichsregierung, die wegen ihrer verzweifelt dilettan tischen Politik am 14. September eine so vernichtende Niederlage erlitt, nicht im mindesten dem Willen des Volkes, der dabei zum Ausdruck kam, Gehör schenkt, sondern gegen das Volk eine Politik durchzuführen gewißlt ist, die das Volk nicht mehr zu ertragen vermag. immt es da wunder, daß im Lager der Regierung und bei der hinter ihr stehenden Erfüllungspreſſe in einem Tonfall weinerlicher Verzweiflung die Frage besprochen wird, ob, warum und inwieweit man die nationalſozialistische Machtgruppe in nächſter Zukunft an der Regierung beteiligen kann und muß? Diese Erörterungen haben für uns im Augenblick nur platonischen Wert. Es ist aber an der Zeit, dazu einiges Grundsägliche zu sagen, um so mehr, als sie von einer Basis ausgehen, die für uns Nationalsozialisten in keinem Fall als annehmbar erscheinen kann . Wir müssen uns auf das energischste dagegen verwahren, daß die Praris, die sich in einem vierjährigen Kampfe der Erfüllungsparteien gegen uns herausgebildet hat, und die darauf hinausläuft, unsere Partei von vorn. herein als zweitklassig zu behandeln, nun auch in kommende Roalitions. gespräche mit hineingenommen wird. Es ist eine Unverschämtheit sbne. gleichen, so zu tun, als erwiese man unserer Bewegung ich weiß nicht was für einen Gefallen, wenn man ihr überhaupt, und zwar nur theoretisch, die Roalitionsfähigkeit zuſpräche. Es handelt sich gar nicht darum, daß die bankrotten Roung-Parteien aus lauter Gnade die nationalsozialistische Be 53

wegung mit in die Regierung hineinnehmen —, sondern im Gegenteil, ob diese Parteien bereit sind, dem in der Verfassung feierlichst festgelegten Gesetz der Volkssouveränität Ausdruck zu geben, oder ob ihre Praris darauf hinausläuft, unter ſtändigem Verfaſſungsbruch gegen das Volk zu regieren. Wenn das Volk sich für uns entschieden hat, so steht es keinem einzelnen zu, dieser Volksentscheidung zuwiderzuhandeln . Alle Macht geht vom Volke aus, und wenn die Hitler-Bewegung das Volk auf ihrer Seite hat, so steht ihr daraufhin auf Grund des demokratischen Grundſages auch die Macht zu. Es wäre theoretisch ſogar möglich, daß eine Partei, die glat, ten Wahnsinn erstrebt, das Volk hinter sich brächte; solange die Weimarer Verfassung gilt, muß man ihr dann auch die Regierung ausliefern. Ist Hitler koalitionsfähig?" Welch eine freche Unverschämtheit liegt in dieser Frage! Richtiggestellt müßte sie umgekehrt lauten : „Hält Hitler die Bankrottparteien der Roung- Regierung überhaupt für koalitionsfähig?" Diese Frage allerdings bedarf einer eingehenden staatspolitischen Unterfuchung. Das deutsche Volk hat am 14. September eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es eine starke Politik will, und daß diese starke Politik von neuen Männern mit neuen Ideen geführt werden soll. Dieser Wille ist, in den darauffolgenden Monaten verstärkt und verschärft, immer wieder zum Durchbruch gekommen . Würde man heute ohne jede Wahlvorberei. tung das Volk wieder befragen - es würde in überwältigender Mehrheit der nationalsozialistischen Bewegung sein Vertrauen aussprechen. Regierungsfähig ist, wer die Macht erobert, und die Macht erobert nun einmal in der Demokratie der, der das Volk hinter sich bringt. Es steht nicht zur Debatte, was die Herren am grünen Tisch denken und ausbecken. Zur Debatte steht, was das Volk will. Wir ſehen den Diskuſſionsspielereien mit lächelnder Skepsis zu. Es wird der Tag kommen, wo wir den Spieß umdrehen -- der Tag, an dem man nicht mehr fragt: „Sollen wir die Nationalsozialisten in die Reichsregierung nehmen ?" sondern vielmehr : ,,Hitler regiert, und er hat darüber zu entscheiden, wen er gebrauchen kann und wen nicht."

Herr Raas macht Witze

7. Januar 1931 Prälat Raas, der sog. Außenpolitiker des Zentrums, hat am vorigen Sonnabend in Raſſel auf einer öffentlichen Rundgebung eine Rede geredet und sich dabei, gereizt durch einige unbequeme und peinliche Zwischenrufe, auch ausführlich mit den Nationalsozialisten beschäftigt. Die jüdische Demo, kratenpresse bringt diese Auslaſſungen in ſenſationeller Aufmachung und lobt dabei den hohen geistlichen Herrn über den grünen Klee. Das allein müßte Herrn Raas schon zu denken geben. Was vom Juden gelobt wird, das stinkt im allgemeinen und insbesondere, was den Beifall der atheiſtiſchen Asphaltjournaille findet, an dem sucht ein anständiger Mensch vergebens ein gutes Haar. Wenn wir uns mit den Auslassungen des Prälaten Raas hier auseinanderseßen, so nicht, weil wir sie für ein geistiges Dokument halten, sondern ganz im Gegenteil, weil wir darin ein sichtbares Zeichen der Verflachung der Polemik auch bei den Parteien sehen, die sonst das Niveau ihres tagespolitischen Rampfes gerne dem Radaupatriotismus der Nationalsozialisten entgegenstellen .

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Wenn einmal das Dritte Reich ausbrechen sollte, dann wird das deutſche Volk schon erleben, wie die Nationalsozialisten arbeiten." Das ist wir gestehen das ohne Neid zu äußerst richtig beobachtet. Das wollen wir hoffen, daß das deutsche Volk erleben wird, wie die Nationalsozialisten arbeiten. "Wenn ich den Nationalsozialisten raten soll, dann so: nehmen Sie Urlaub von der Politik, aber möglichst ohne Retourbillett." über diesen Wig könnte man ſich füglich krank lachen. Wer hat Veranlaſſung, von der Politik Urlaub zu nehmen - diejenigen, die durch ihre Verantwortungs losigkeit das heutige Chaos heraufbeschworen haben, oder diejenigen , die seit 10 Jahren den aberwitzigen Irrsinn der Erfüllungspolitik bekämpften ? Wen hat das deutſche Volk am 14. September beurlaubt - uns oder die anderen ? Und was könnte uns veranlaſſen, von unseren Zielen abzustehen, die mehr und mehr ein ganzes Volk zu erobern beginnen etwa diese Art von primitiver Polemik, die uns da entgegentritti " Wenn uns nicht die Verantwortung hielte, so würden wir aus pädagogischen Gründen den Nationalsozialiſten Platz machen, damit das deutsche Volf ihre blutige Ignoranz erkenne." Diese Urt von Verantwortung ken nen wir. Es ist die Verantwortung des Postenklebers, der ganz genau weiß, daß es mit seiner Macht endgültig getan ist, wenn das Volk wieder einmal die Möglichkeit hat, wirklich große Politik zu ſehen und damit jene Poli. tikasterei zu vergleichen, die sich seit 1918 in Deutschland breit gemacht hat. Es wäre vielleicht nicht ganz unangebracht, dieſe pädagogischen Gründe in der Tat einmal wirksam werden zu lassen und den Nationalsozialisten Platz zu machen. Es käme auf den Verſuch an, um festzustellen, bei wem das deutsche Volk dann jene blutige Ignoranz erkennte - bei uns oder bei den andern. Die Verantwortung für Ruhe und Ordnung, für die Sicherheit der Wirtschaft, für den fortbestand des Reiches, für die Wahrung der deutschen Ehre brauchte die Roungparteien nicht davon abzuhalten, von ihrem Platz zu weichen ; denn alles das, worauf sich hier ihre Verantwor tung erstrecken könnte, iſt ja längst verloren gegangen, und zwar ging es verloren, weil es von ihnen verantwortungslos vertan wurde in einem Dilettantismus, der geradezu zum Himmel ſchreit. „Nichts haben die Nationalsozialisten geſagt, wie man die außenpolitiſche Befreiung des deutschen Volkes herbeiführen könne, sondern nur geschrien und lamentiert." Das ist eine fromme Verdrehung des wahren Tatsachen. bestandes. Wir Nationalsozialisten haben im Gegenteil nie einen Zweifel darüber gelassen, daß wir eine Möglichkeit zur außenpolitiſchen Befreiung nur nach innenpolitischer Reinigung und Einigung des deutschen Volkes ſehen. Wir haben nicht nur geschrien und lamentiert, sondern wir haben gangbare Wege gewiesen, die zu einer wirklichen Wiederauferstehung der deutschen Nation nach innen und nach außen führen können . Wenn sich das bis zum Prälaten Raas noch nicht herumgesprochen hat, so liegt das eben daran, daß er sich anscheinend nur in der Germania" darüber informiert, was wir sind und was wir wollen . „ Sie haben uns, die wir in der politischen Front stehen, verhöhnt und sich selbst heroischer Redens, arten bedient." In der politischen Front stehen, das ist übrigens fur die stillschweigende Ausführung außenpolitiſcher Diktate und die Stabilisierung unseres innenpolitischen Verelendungszustandes eine euphemistische Umklei dung, die ihresgleichen sucht. In der politischen Front haben unserer Unſicht nach die gestanden, die gegen den Wahnsinn Stellung nahmen und mit Heroismus jenen politischen Aberwig bekämpften, der sich zu ſeiner 55

Verteidigung rücksichtslos brutalster staatlicher Machtmittel_bediente. Wenn in der Silvesternacht gleich nach Unbruch des neuen Jahres in Stuttgart ein SA.-Mann, Bergarbeitersohn aus Duisburg, dem kommunistischen Mordstahl zum Opfer fällt und in seinem Blut erstickend noch ein legtes Mal die Worte haucht: „Für Adolf Hitler sterbe ich gern“, so bleibt es dem politischen Frontkämpfer Raas überlaſſen, das als heroische Redens. art abzutun. „Es ist eine Erfahrung aus dem Weltkrieg, daß die Etappe sich immer heroischer benommen hat, als die armen Kerle, die vorne im Dreck lagen." Die offizielle Redewiedergabe verzeichnet hier „stürmische Heiterkeit“, die wohl auch im ganzen durchaus angebracht gewesen ist. Richtig an diesem Satz ist nur die Feststellung von den ,,armen Rerlen, die im Dreck liegen". Und Herr Raas weiß vielleicht gar nicht, wie ſchlagend er hier über die Roung-Patrioten die Wahrheit gesprochen hat. „Wir sind im Verlangen bescheidener, obwohl wir sonst mehr Wert auf den Schädelinhalt legen, als die Nationalsozialisten auf die Schädelform“, welche Feststellung wieder von einer tiefgründigen und doch grazilen Witzigkeit zeugt. Allerdings wird dabei überſehen, daß der Schädelinhalt meistens in einem bestimmten Verhältnis zur Schädelform steht, und daß das Verlangen meistens um so bescheidener wird, je runder die Schädel. form und je flacher der Schädelinhalt iſt. Es hieße Eulen nach Athen tragen, sich mit dieser primitiven Polemik weiter auseinanderzuſegen. Es ſind Wige für die Galerie, die nur noch bei einem Zentrumspublikum Heiterkeit auslösen können. Das Volk geht dar über ingrimmig zur Tagesordnung über. Herr Raas hat mit seinen Be merkungen sich selbst und der Zentrumspartei einen schlechten Dienst erwie sen. Er hat noch einmal in dem großen Aufbruch der Nation gegen die Erfüllungspolitik zu retten versucht, was seiner Ansicht nach noch zu retten ist. Vergebens! Der Weg, der zum Wiederaufbau der Nation führt, wird weiter gegangen. Herr Raas steht am Rande und reißt schale, abgestandene Wige. Noch lacht die Galerie, und noch applaudiert die intereſſierte Juden . presse begeistert Beifall. Wir ſchütteln das ab wie Waſſer von der Teerjacke. Die nationalſozialistische Bewegung hat es nicht mehr nötig, sich durch kindliche und durch keinerlei Sachkenntnis getrübte Ausfälle aus der Fassung bringen zu laſſen. Sie registriert diesen Vorfall schweigend unter dem Stichwort: ,,Sage mir, wer dir Beifall klatscht, und ich sage dir, wessen Dienste du getan hast."

Durchlaucht redet zur Jugend 10. Januar 193 ) Es gibt keine Dummheit, die am Ende nicht wieder etwas Versöhnliches an sich hat. Man möchte dem davon Betroffenen meistens freundlich und voll Teilnahme die Frage vorlegen, ob es sehr weh tut, wenn man so hoffnungslos in geistige Umnachtung gefallen ist. Es kann nicht gerade behauptet werden, daß dieses Schicksal die Schreiberiche in den Mosse- und Ullstein. Redaktionen betroffen hat. Ganz im Gegenteil, sie schillern und gligern im Feuerwerk ihres ziviliſierten Intellekts, und sie wissen die Feder sehr 56

wohl zu handhaben . Um ſo mehr aber muß es auffallen, wenn sie nun ihre Positionen zu räumen beginnen und das Wort in den Spalten ihrer zeitungen denen überlaſſen, die ihnen zwar nicht das Waſſer reichen können an virtuoſer Behandlung des Stils, die aber im Gegensatz zu den Kulturnomaden des Ostens einen klingenden großen Namen tragen. Ullstein ist da mit löblichem Beispiel vorangegangen. Und nun tritt Moſſe-Lachmann voll Eifersucht in seine Fußstapfen. Dort ergreift leitartikelnd Se. Durch. laucht Hubertus Prinz zu Löwenstein zu dem Thema „Jugend und Nationalsozialismus" das Wort. Ein pompöser Name, aber nach dem, was sein Träger schreibt, nur mit dem Prädikat zu belegen: Von Gottes Gna. den hoffnungslos verblödet. Se. Durchlaucht haben bemerkt, daß der Nationalsozialismus „ die Jugendparole zu einem der Kernpunkte seiner Forderungen erhoben hat". Ein Deutsch, das sonst in der Jerusalemer Straße mit einem mitleidigen Lächeln abgetan wird. Wir tragen damit „ der Tatsache Rechnung, daß man es heutigen Tages nicht mehr wagen darf, das Wort Jugend aus dem Programm zu entfernen, ohne dadurch an Anhängern zu verlieren “. Dieſer Sag allein beweißt die ganze sture Instinktlosigkeit, mit der diese Durch. laucht der Frage der Jugend gegenübersteht. Und wenn gleich dahinter fest. gestellt wird, daß diese Erscheinung weit davon entfernt ist, Gegenstand billigen politischen Spottes sein zu dürfen ", so kann man das von der Er scheinung Hubertus Prinz zu Löwenstein nicht gerade behaupten. „Mit welchen Mitteln man die Jugend bearbeiten muß“, das haben nach der prinzlichen Meinung die Nationalsozialiſten genau erkannt - dagegen stellt er bei der Republik mit Bedauern einen stark fühlbaren Mangel an Verſtändnis für alles, was eine Jugend begeistern könnte“, fest. Vielleicht versucht sie es einmal mit Schaukelpferden. Jedenfalls glauben wir der Meinung Ausdruck geben zu dürfen, daß es nicht damit getan ist, wenn die Alten vom Schlage der prinzlichen Durchlaucht nur feststellen, daß „ mehr als ein großer Teil der Erwachsenen die Jugend nach dem Sinne des staatlichen Geschehens und nach der Befriedung geistigen Suchens fragt“. über diesen Rohl wird mehr als ein großer Teil der deutschen Jugend nur mitleidsvoll und schweigend lächeln. ,, Mehr denn je ist es heute nötig, die Wahrheit über den Nationalsozia lismus und über seine wirkliche Bedeutung für die Jugend in das Land zu rufen." Rufen Sie ruhig in das Land, Herr ! Und zwar so, wie Sie es in der Judenpresse angefangen haben. Die Jugend wird Ihnen bei Gelegen. heit darauf die richtige Antwort nicht verhehlen. Sie wird bei Ihnen das feststellen, was Sie glauben, bei den Nationalsozialisten und ihren Verbeißungen feststellen zu können : daß Sie „zu tiefſt unaufrichtig ſind“ . Es hat sich selbst bis zu dieser prinzlichen Durchlaucht berumgesprochen, daß das deutsche Volk in wirtſchaftlicher Not und Hoffnungslosigkeit lebt“. Dieſe Hoffnungslosigkeit kommt bei besagtem Prinzen vorerst in geistiger Form zum Ausdruck. Was man auch daran erkennen kann, daß er feststellen zu müssen glaubt, daß jede Diktatur-Regierung sich ferner notwendigerweise auf eine be grenzte Clique ſtützt“. Wir vermögen nicht einzusehen, warum infolge. dessen eine Diktatur-Regierung nicht das Ideal für diese Art von schreiblustigen Fürstlichkeiten darstellt. Denn die Begrenzung scheint, wenigstens bei Hubertus Prinz zu Löwenstein, ein Normalzustand zu sein. Daß „die

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Republik bis jetzt vieles unterlassen hat", steht außer allem Zweifel. Das stellt auch Hubertus fest, vergißt aber wahrscheinlich dabei, daß die Republik vor allem unterlassen hat, sich der Menschen von seiner Sorte im entschei denden Augenblick zu entledigen, denn sie gehören zu jenen Freunden, vor denen die Republik ſich zu hüten hat, da sie ihr mehr zu schaden in der Lage sind, als ihre wahren und aufrechten Feinde. „über weite Rreise der heutigen nationalsozialiſtiſchen_Jugend wird über kurz oder lang eine furchtbare seelische Krise bereinbrechen ." über den Prinzen zu Löwenstein ist diese seelische Rrise bereits in Form eines gei stigen Dämmerzustandes „ hereingebrochen "; und in diesem Dämmerzustand glaubt er dann behaupten zu müſſen, daß die nationalsozialiſtiſche Jugend einmal mit tiefster Erschütterung feststellen muß, daß alles, woran sie lange geglaubt hat, Trug und Blendwerk war". Bleibt nur noch die tiefste Erschütterung; und mit der stellen wir unsererseits fest, wieweit sich ein Mensch verirren kann, wenn er in erdrückender Schimmerlosigkeit glaubt, der Republik für ein gutes Wort von seiten der Juden Bärendienste leisten zu müſſen. So weit also ist es mit den Ullsteins und Moses gekommen . Der Obermoses, der sonst in ihren Spalten das streitbare Roß zu tummeln pflegt, zieht sich in die Unsichtbarkeit zurück. Die Konjunktur ist schlecht, und so verschreibt man sich erlauchte Namen, um den Zeitströmungen früh und willig Rechnung zu tragen . Wir raten den Zeitungshebräern an, wenn sie schon einen Prinzen haben müſſen, um für das deutsche Lesepublikum ihren abgestandenen Judenkohl noch etwas aufzuwärmen, sich wenigstens einen zu dingen, dem man den Zuſtand geistiger Schwäche nicht an der Naſe ab. liest. Dem hohen Herrn selbst aber möchten wir ins Stammbuch schreiben: Man darf nicht nur Prinz heißen, man muß auch Prinz sein. Er täte beſſer daran, sich lediglich damit zu beschäftigen, eben Prinz zu sein und die demokratische Politik denen zu überlaſſen, die ihren Edelquatſch mindestens in richtigem Deutsch vorzutragen verstehen. Und den deutschen Fürsten , von denen wir glauben, daß sie noch Wert auf Reputation legen, der gute Rat : ſich von dieſer durchlauchtigen Geistig. feit mit hörbarem Ruck zu absentieren ! Auch Dummheit kann auf die Dauer aufreizend wirken .

Regierungsfähig ist . . 12. Januar 193) Ein bürgerliches Blatt veranstaltete kürzlich eine Rundfrage an bekannte Politiker, wie ſie ſich dazu stellten, wenn die Nationalsozialiſtiſche Deutſche Arbeiterpartei an der Regierung beteiligt würde, und ob sie der Meinung wären, daß sie überhaupt koalitionsfähig ſei. Nur ein Teil der Untworten wurde veröffentlicht, und zwar die, die ausnahmslos - wenn auch zum Teil verklausuliert - zustimmend ausfielen. Die nationalsozialiſtiſche Presse hat mit Recht auf die Unverfrorenheit hingewiesen, die in der Urt und Weise zu erblicken ist, mit der man hier eine Frage öffentlich erörtert, deren Beantwortung doch eigentlich selbstverständlich sein müßte. Daß eine Partei mit 107 Abgeordneten, deren Anhang und Einfluß im Lande von 58

Tag zu Tag wächst, nach demokratischem Gesetz, das ja — solange die Wei marer Verfassung noch gilt — in Deutschland nun einmal Rechtens ist, auf die Dauer nicht von der Macht ausgeschaltet werden kann, bedarf unter Republikanern, zu denen sich die Hintermänner besagter Zeitung doch zweifellos rechnen, gar keiner Erörterung. Auch wir haben uns auf das energischste dagegen gewandt, vom grünen Tisch aus eine Frage entscheiden zu wollen, die ihre Entſcheidung legzthin und allein im Volke ſelbſt findet. Unsere Zurückweiſung dieser Methode hat in der Roung-Preise ein Echo gefunden, das uns einigermaßen in Erstaunen versezt. Vor allem die fromme " Germania“, die ja - wie es scheint den Berufskatholizismus in Erbpacht genommen hat, übt ihre rabuliſtiſchen Runststücke an unseren Ausführungen und lüftet dabei in so überraschender Weise die Maske, daß es sich verlohnt, darauf mit einigen Worten einzugehen. "Soviel ist wohl jedermann klar, daß das Bekenntnis zur unbedingten Formaldemokratie im Munde Goebbels' nur so lange vorhalten wird und kann, als sein Glaube an die Erringung der absoluten Majorität des Stimmzettels durch den Erfolg genährt wird." Das ist eine Behauptung, für die auch nicht die Spur eines Beweises angetreten wird. Ich bekenne mich so lange zur Formaldemokratie, als sie nach bestehendem Gesetz vor. handen ist, muß aber dann auch verlangen, daß diejenigen, die sie erfunden haben, sich dazu bekennen, auch wenn sie sich in ihrem Effekt gegen sie richtet. Wenn wir in unserem Leitaufsatz die These aufstellen, „ regierungsfähig ist, wer die Macht erobert“, so glauben wir uns darin in abſoluter Übereinstimmung mit der Weimarer Verfassung zu befinden. Die „Germania" dreht diesen Sag ins genaue Gegenteil um : „Regierungsfähig ist, wer die Macht innehat." Das heißt nicht mehr und nicht weniger als die glatte Proklamation des Verfassungsbruchs. Die Macht innehatte am 8. November das kaiserliche Deutschland. Erobert aber wurde die Macht von den Kräften der formaldemokratie, und sie beriefen sich dabei aus. drücklich auf das Volk. Die These der „Germania" erscheint auch in nichts dadurch gemildert, daß hinzugesetzt wird, das Entſcheidende wäre, „wer dieſe Macht unter Hintansegung der eigenen Perſon und der eigenen Partei ſo gebraucht, wie es die Not des Vaterlandes gebeut." Das ist ein dummes Gerede; ſchließlich wird sich jeder, der die Macht innehat, darauf berufen. Entscheidender Richter aber darüber ist, immer nach geltendem Weimarer Recht, das Volk, oder besser gesagt, die Mehrheit. Wenn wir theoretisch dieses Gesetz ad absurdum führten durch die Unterstellung, es wäre nach ihm sogar möglich, „daß eine Partei, die glatten Wahnsinn erstrebt, das Volk hinter sich brächte, und solange die Weimarer Verfassung gilt, müsse man ihr dann auch die Regierung ausliefern", so heißt es unsere Darstellung ins glatte Gegenteil verkehren, wenn die „Germania“ daraus folgert, „diese Wahnfinnstheorie überlaſſe ſie uns". Nicht wir haben diese Wahnsinnstheorie erfunden, sondern wir haben nur den Mut, ſie konſequent und logiſch aus der geltenden Weimarer Verfaſſung zu folgern . Das, was die „Germania“ also gegen uns ins Feld führt, trifft zielgerecht die Republik und ihr demokratisches Grundgesetz. „Wir würden das deutsche Volk und seine Demokratie nie dem Wahn. sinn ausliefern, das verbietet uns die Vernunft und die sittliche Verant wortung", meint die „Germania". Vernunft und sittliche Verantwortung steht denen schlecht zu Gesicht, die wider alle Vernunft und mit zum Himmel

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schreiender Verantwortungslosigkeit das deutsche Volk in den vergangenen zwölf Jahren mißregiert und damit das gegenwärtige Chaos herauf. beschworen haben. Die Young-Patrioten brauchen das deutsche Volk und - sie sind ihm seine Demokratie nicht mehr dem Wahnsinn ausliefern längst ausgeliefert, und er feiert heute in der sogenannten offiziellen Politik feine wilden Orgien. An dieser Tatsache ändert auch nichts die Feststellung der „ Germania”, unsere positiven Vorschläge wirtschaftlicher Art würden von allen Wirt schaftskennern, selbst von der Sozialdemokratie, abgelehnt". Selbst von der Sozialdemokratie, das ist ein ausgezeichneter Wig. Würden sie es nicht, wir müßten schleunigst darangehen, sie zu revidieren, denn es sind doch die Wirtschaftskenner der Sozialdemokratie und der ihr verbündeten bürger. lichen Parteien, die die deutsche Produktion verwüstet und mit einer Schlammflut von Korruption und Ünfähigkeit überdeckt haben. Es ist auch nicht, wie die „Germania" unterstellt, „Tatsache, daß die Nationalsozialiſten jeder präzisen Festlegung ihrer kulturpolitiſchen Ziele mit Bedacht aus dem Wege gehen". Wir haben im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien es gewagt, uns kulturpolitiſch absolut und ohne Einschränkung festzulegen, und zwar ist diese Festlegung eine prinzipiell deutsche. Festgelegt aber hat sich auch die Sozialdemokratie, und zwar ist ihre Festlegung eine absolut und einschränkungslos antideutsche. Mit dieser Partei aber sitzt das fromme Zentrum, das wie von der Tarantel gestochen aufbegehrt, wenn man ihm eine antideutsche Politik nachsagt, in den zwölf Jahren nach der Novemberrevolte zusammen in den Koalitionen des Reiches und der Länder. Es ist deshalb gefährlich, wenn die fromme „Ger mania" mit Steinen wirft, wo sie doch selbst im Glashaus ſigt. Nein, diese talmudistischen Taschenspielerkunststücke wirken nicht mehr. Es ist eine brüchige Sache, für die die „Germania" mit brüchigen Mitteln zu Felde zieht. Sie hält einer politischen Logik nirgendwo stand. Es muß noch einmal betont werden : Das, was die Regierung heute tut, iſt wider die Verfassung. Das Gefrage, ob die nationalsozialistische Bewegung koali tionsfähig ſei, iſt blaſſe Theorie. Das Volk bildet sich darüber sein eigenes Urteil, und was an uns liegt, werden wir dafür sorgen, daß die Stimme des Volkes sich am Ende auch wieder durchſegt und dann in der Tat auch für Deutschland wieder die Stimme Gottes wird.

Die Lage 14. Januar 193) Der Reichskanzler ist von seiner Oſtlandfahrt zurückgekehrt. Er hat in Ostpreußen und Schlesien Erfahrungen gesammelt, die für seine demnäch stige Politik wohl nicht ohne folgen bleiben können. Wenn das Reichskabinett der Illuſion huldigte, man brauche nur ein paar Minister auf Abruf in die bedrohten Provinzen zu schicken, um eine verfahrene und auf der ganzen Linie in Ratastrophen auslaufende Politik einer verzweifelnden Bevölkerung wieder populär zu machen, so ist es damit einer groben Selbsttäuschung zum Opfer gefallen . Der Empfang, der den reiselustigen Ministern dieser Republik vor allem in Oberschlesien zuteil wurde, wird sie wahrscheinlich darüber belehrt haben, daß das Volk anders denkt, als man sich das in der Wilhelmstraße vorzustellen pflegt. 60

Der Reichskanzler ist bei seinen letzten Unsprachen vor allem in Breslau getreulich in den Spuren gegangen, die kurz vorher sein Fraktionskollege, Prälat Kaas, ausgetreten hatte. Er ließ sich - entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, nichts im Zorn und in der Ünüberlegtheit zu tun — dazu hin reißen, in den ſchärfsten Ausdrücken gegen die radikale Oppoſition zu pole, misieren und schreckte gar nicht davor zurück, seinen politischen Gegnern die Schuld an der katastrophalen Zuſpigung der deutschen Lage in die Schuhe zu schieben. Das kann nicht energiſch genug zurückgewieſen werden . Wenn in Deutſch. land die Dinge auf Spig und Knopf stehen, so kann die Opposition darüber ihre Hände in Unschuld waschen . Nicht wir haben die Politik inaugu riert, die Deutſchland ins Verderben geführt hat; ſie wurde und wird heute noch gemacht von denen, die auf den amtlichen Sesseln sitzen; und wenn sie heute im vollkommenen Chaos ausmündet, ſo tragen die daran die Schuld, die sie entgegen den Warnungen und Mahnungen der Widerstandsbewegung immer wieder verteidigten, sie für einen Segen und Fortschritt ausgaben und das Volk glauben machten, sie würde am Ende zu Glück und Wohlstand führen. Nicht die Ugitation iſt ſchuld daran, daß das deutsche Volk von heute in die Verzweiflung fällt und die Republik dem Auslande gegenüber voll. kommen den Kredit verloren hat. Die Agitation, die die Opposition gegen die Regierung betreibt, spricht nicht so vernehmlich und laut und glaub würdig wie die Agitation, die die Regierung in ihren politischen Taten gegen sich selbst betreibt. Das Volk ist verzweifelt, weil es dieser Regierung nicht mehr trauen kann, und die Republik hat dem Ausland gegenüber den legten Kredit verloren, weil es bei uns möglich ist, daß Männer, die geſtern noch das Gegenteil von dem sagten, was sie heute tun, weiter Minister bleiben können und im Namen desselben Volkes sprechen, das sie angeblich vertreten. Wenn das Reichskabinett glaubt, dieſen Kriſenwinter mit Hilfe des § 48 und des Vertrauens des Reichspräsidenten überdauern zu können, ſo muß es dabei auch in Rauf nehmen, daß ſeine parlamentarische Basis immer enger wird und das Volk millionenweise ihm den Rücken zukehrt und zur Oppoſition abwandert. Es geht nicht an, die folgen dieſer Politik der Oppoſition in die Schuhe zu schieben, die dadurch, daß sie das Volk auf die unausbleiblichen Folgen aufmerksam macht, nicht mehr tut, als ihr gutes Recht ist. Niemand kann von der Opposition verlangen, daß sie die Handlungen der Regierung stillschweigend duldet und zu der von ihr bekämpften Politik Ja und Amen sagt. Wenn dabei der deutsche Kredit vor die Hunde geht und das Schicksal des Reiches wie der Reichskanzler ſagte — „zwischen Sein und Nicht. sein schwebt", so gibt es dagegen nur ein Mittel : der verhaßten Oppoſition die Zügel in die Hand und ihr die Chance zu geben, dem Volk zu zeigen, was sie kann. Am 3. Februar tritt der Reichstag erneut zuſammen . Er hat wieder keine andere Aufgabe, als die von der Regierung erlassenen Vorverordnungen zu billigen. Es erscheint als ausgeschlossen, daß von diesem Reichstag der Etat angenommen wird. Der Regierung bleibt nichts übrig, als wieder zum Mittel des § 48 zu greifen. Damit unterhöhlt ſie erneut und auf das bedenklichste ihr Vertrauen im Volk und dem Ausland gegenüber. Und wir erklären heute schon feierlich, daß wir nicht bereit sind, die folgen 61

dieſer Politik auf uns zu nehmen und uns damit mitſchuldig zu machen an der Ratastrophe, die unausbleiblich über Deutschland heraufzieht. Es ist nicht nur Recht, sondern Pflicht der Opposition, die Fehler und Unzulänglichkeiten des von ihr bekämpften Systems dem Volke vor Augen zu führen und die Regierung zu warnen, weiterhin einen Weg zu gehen, den sie für verderblich hält. Wir werden dieses Recht weiterhin für uns in Anspruch nehmen und dieſe Pflicht auch in der Zukunft erfüllen. Wir ſcheuen nicht die Verantwortung - im Gegenteil, wir fordern, daß man uns die Macht in die Hand gibt, auf die wir kraft unseres Rückhaltes in den brei. ten Massen Anspruch erheben können und müssen. Weigert die Regierung sich, das zu tun, so kann ſie ſich die Folgen, die daraus entſtehen, ſelbſt zuschreiben . Herr Curtius wird in Bälde nach Genf reisen. Er soll dort im Namen des bedrängten Deutschtums die Rechte der Nation einem Nachbarstaat gegenüber vertreten. Man wird im Ausland nur höhnisch lächeln über einen deutschen Wortführer, der sich zwar auf eine Volks. partei, aber nicht mehr auf ein Volk berufen kann. Herr Curtius wird, beladen mit Demütigungen und Blamagen, von Genf zurückkehren. Das, was er dort sagen kann und will, ist nicht das, was die deutsche Nation der Welt zu sagen hat. Die deutsche Nation wird heute verkörpert in der radikalen Oppoſition , und solange die Stimme dieses im Widerstand gegen das Roung-System verharrenden Deutschtums vom Auslande nicht gehört wird, solange muß diese Stimme im Lande selbst zum Erklingen gebracht werden. Das Schicksal dieses Rabinetts wird sich in einigen Wochen entscheiden müſſen. Verharrt Brüning auf der Macht, und geht ihm dabei die Deckung nach links verloren, dann bleibt am Ende nichts anderes übrig, als den Reichstag nach Hause zu schicken und den Verfassungsbruch offen zu proklamieren. Er soll das tun ✔ aber er soll nicht glauben, daß wir dazu schweigen werden. Wir ſind legal, und wir bleiben legal - aber wir werden alle durch die Verfassung gewährleisteten Möglichkeiten ausschöpfen. Und am Ende soll dann das deutsche Volk ſein Urteil abgeben über dieſes Rabi. nett und seine Politik. Wir haben keinen Zweifel, daß dieſes Urteil lauten wird: Gewogen und zu leicht befunden."

Das Reich 19. Januar 193) Sie haben gestern seinen 60. Geburtstag gefeiert; und vielleicht nicht einmal bemerkt, wie sehr sie sich dabei selbst verhöhnten : die, die kein Vaterland kennen, das Deutschland heißt, die keinerlei Pflichten gegen Volk und Nation wahrhaben wollen; die den Landesverrat salonfähig machten oder aus Roalitionsgründen mit ihm paktierten. Die Reichs. zerstörer oder die, die am 9. November 1918 feige genug waren, den Dingen ihren Lauf zu laſſen, nicht den leiſeſten Versuch machten, sich gegen den Zusammenbruch zu stemmen und das Chaos über Bismarcks Werk hereinbrechen ließen. Und wundern sich vielleicht noch, daß wir nicht dabei waren.

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Das Reich war eine stolze, staatliche Bildung, frei im Innern und frei nach außen. Nicht die restlose Erfüllung der deutschen Sehnsucht und des ewigen deutschen Traumes; aber ein Anfang, ein Weg, ein Durchbruch, ein Staat, der seinen Bürgern Brot gab und vor der Welt den Schild der Ehre hochhielt. Wenn nicht geliebt, so doch geachtet oder mindestens gefürchtet. Was davon übrigblieb, was ist es mehr als kümmerlicher, ſchaler Rest, als klägliches überbleibsel einer stolzen und großen Tradition. Die von heute tun schon recht daran, wenn sie in lauten und tönenden Reden das Reich feiern: sie haben nun zwölf Jahre davon gelebt, haben sich damit durchgefüttert, was übrigblieb vom Beſig, vom Kredit, von der Ehre und der Achtung, die das alte Deutſchland besaß. In diesen Tagen kommt uns wieder zum Bewußtſein, was wir verloren haben. Erinnern wir uns einer Vergangenheit, in der es jeden Deutschen mit ehrfürchtigem Schauder erfüllte, des Reiches Bürger zu sein und Macht und Unsehen, das Deutschland vor der Welt verkörperte, auch für sich in Anspruch nehmen zu können. Wenn gestern und heute das Wachregiment mit klingendem Spiel aufmarschierte - es ist nur eine Demonstration; denn dahinter steht nicht mehr eine Wehrmacht, die des Reiches Grenzen beschützen kann und freche Übergriffe raubgieriger Nachbarn zurückweist. Aus jenem Heereskörper, der einmal für die ganze Welt vorbildlich war an Ordnung, straffer Zucht und militärischer Erziehung, ist eine kleine Hunderttausendmanntruppe geworden, an deren Spige ein Miniſter ſteht, der den Fahneneid als eine bloße Idee erklärte. Aber es ist nicht damit getan, dem nachzutrauern, was gewesen ist. Vicht in weinerlicher Sentimentalität wollen wir des Tages gedenken, an dem im Spiegelsaal zu Verſailles das Reich ausgerufen wurde und die deutschen Stämme sich einigten . Mit aufrechtem Stolz stehen wir auf dieser Tra dition. Aber unsere Augen schauen nicht rückwärts, sondern vorwärts. Wissend, wessen wir verlustig gingen, gewinnen wir Klarheit darüber, was wir erobern müssen . Vicht die Männer fehlen, die große Politik machen wollen — aber noch fehlt das Volk, das große Politik will und sich eisern hinter seinen Führer schart. Das ist es, was uns in dieser Stunde bewegt: Wir wollen wieder ein Volk werden, wollen unsere völkische Sendung, von unten emporſteigend, das ganze Volk durchtränkend, nationalistisch und sozialistisch erfüllen. In dieser völkischen Sendung erwacht die Sehnsucht zum neuen Staat. Der neue Staat wird wieder die ihm gegebenen Aufgaben erfüllen : Schutz und Schirm des unsterblichen Volkstums zu sein. So schreiten wir vom Zweiten ins Dritte Reich. Was dahingesunken ist, kommt niemals wieder. Aber das soll nicht heißen, daß wir uns mit der feigen, zu nichts verpflichtenden Gegenwart aussöhnen. Wir wollen vor. wärts, wollen den Krankheitsprozeß, in dem heute Volk und Staat, Wirtschaft und Kultur fiebernd liegen, überwinden, wollen dem Volk eine neue Bewußtheit geben, wollen arbeiten und kämpfen für den Tag, an dem jenes Reich ausgerufen wird, das endlich die jahrtausendealte Sehnsucht aller Deutschen erfüllt : Dem deutschen Volke seinen ersten Nationalſtaat zu schenken. Ein Staat auf ſozialistischem_und nationaliſtiſchem Fundament, ein Staat, der seinen Bürgern das Brot gibt und dem Volk die Ehre. Ein Staat, der uns das Leben sichert und vor der Welt wieder die Achtung genießt, die ihm gebührt.

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Rindertrompete und Knallerbſe

20. Januar 1931 Eine bekannte Pariser Zeitung gab vor einigen Tagen einen Stimmungsbericht über die Genfer Völkerbundskonferenz und machte dabei die Feststellung, in Deutschland gehe das Gerücht um, der Außenminister Dr. Curtius fei nach Genf „mit Trompete und mit Dynamit“ gefahren. Man dürfe aber nicht überrascht sein, wenn es sich am Ende herausstelle, daß es sich in Wirklichkeit nur um eine Kindertrompete und eine Knall erbse handle. Das ist bitter, aber sehr wahr und richtig beobachtet. Miniſter Curtius hat schon, bevor er nach Genf fuhr, in einer Rede in Pforzheim ſein Programm klar zum Ausdruck gebracht : Man dürfe nicht verlangen, daß er mit einem Erfolg von Genf zurückkomme, und er warne heute schon davor, übertriebene Hoffnungen auf die Völkerbundskonferenz zu setzen. Das ist des Pudels Rern . Der Außenminister, der gegenwärtig das deutsche Volk in Genf vertritt, hat dazu keinerlei Qualifikation . Er redet im Namen der Deutschen Volkspartei, aber nicht im Namen des deutschen Volkes. Das deutsche Volk hat am 14. September der Deutschen Volks. und würde man es partei eine entscheidende Niederlage beigebracht heute wieder zur Wahlurne rufen, die Deutsche Volkspartei käme dabei nicht einmal mehr auf Fraktionsstärke. Die Reden, die Curtius in Genf hält, sind nur Stilübungen . Das deutsche Volk hat seinen nationaliſtiſchen Willen in der Oppositionsbewegung zum Ausdruck gebracht. Und solange man den deutschen Aufbruch, wie er in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei zum Ausdruck kommt, von der Regierung und von der Macht fernhält, kann von einer kraftvollen Vertretung deutscher außenpolitischer Interessen der Welt gegenüber füg lich gar nicht die Rede sein. Das ist auch schon bei den ersten Vorgefechten in Genf zum Ausdruck gekommen. Die Rede, die Dr. Curtius im Namen des unterdrückten deut schen Volkstums hätte halten müssen, ist von Grandi, dem italienischen Außenminister, gehalten worden . Der leidenschaftliche Protest, der von Deutschland gegen den Paneuropa-Plan erhoben werden mußte unter Sin weis auf die Tatsache, daß von einem Zusammenschluß der europäiſchen Mächte solange nicht die Rede sein könne, als eine dieser Mächte, die mit von der Partie sein sollte, von den anderen schamlos unterdrückt und aus, geplündert würde, ist in Genf nicht erhoben worden. Dr. Curtius be schränkte sich auf ein paar formale Bemerkungen. Die Abrüstungsfrage ist nicht einmal in Andeutungen gestreift worden. Und nun soll das folgen. schwere, die deutsche Öffentlichkeit bis in die tiefste Tiefe aufwühlende Problem Berlin-Warschau zur Debatte kommen. Zaleskis Besuch in Paris hat zu einer vollständigen Übereinstimmung in der Methode des Genfer Vorgebens zwischen Briand und dem polnischen Außenminister geführt. Curtius ist von vornherein isoliert, und in die ihm dargebotene Hand des italienischen Außenministers Grandi hat er nicht eingeschlagen. Er feiert die Reichsgründung; er begibt sich zu Frühstücken und Diners; er sitzt mit Briand und Zaleski Arm in Arm bei den internationalen Empfängen und hält Trompete und Dynamit wohlverwahrt. Ein Ver. schwörer, der die Utensilien des Attentats scheu und züchtig in seiner Toga verbirgt und die Weltöffentlichkeit nur noch zu einem homerischen Ge. lächter begeistert. 64

Preisfrage: Ob er sie überhaupt noch einmal zeigen will und tut er's tatsächlich, so wird in der Tat nur eine Kindertrompete und eine Knallerbse zum Vorschein kommen. Der deutsche Außenminister wird sich darauf berufen, daß es ihm unmög lich sei, eine kraftvolle Außenpolitik zu führen, weil hinter ihm kein Volk stünde. Der einheitliche Volkswille aber sei zerstört worden durch die Phrase der radikalen Agitation. Und damit bewegen wir uns wieder in dem Kreise, den wir seit 1918 so oft gegangen sind. Eine schwache Regie. rung macht das deutsche Volk schwach und widerstandslos, um eine schwache und widerstandsloſe Politik betreiben zu können, die ihrer innersten Natur entspricht. Und wehrt sich das Volk dagegen, dann beruft sie sich eben auf das von ihr geschwächte Volk zur Rechtfertigung ihrer Schwächepolitik. So machten es in der Vergangenheit die marriſtiſch-pazifiſtiſchen Rabinette, wenn sie, mit Schlappen, Niederlagen und Demütigungen überladen, von den internationalen Konferenzen zurückkehrten. Das Kabinett der Frontsoldaten tritt mutig und gelaſſen in ihre Fußtapfen. Jede Innenpolitik ist letzten Endes Vorbereitung zur Außenpolitik. Der Umbau des deutschen Staatsgefüges hat im Innern anzusetzen. Erst nach der Wiederauferstehung des deutschen Volkes im Innern ist die Möglich feit gegeben, eine deutschbewußte Politik nach außen zu betreiben. Alles andere ist untauglicher Versuch an untauglichem Öbjekt. Sie mögen den deutschen Namen in Genf vergeblich führen; sie mögen ſich auf die Nation, auf das Reich berufenes wird ihnen nichts helfen. Der deutsche Vlame, Nation und Reich liegen heute wohlverwahrt und gesichert in den Händen der nationalsozialistischen Opposition. Sie hat die Parole des deutschen Widerstandes aufgegriffen und schickt sich eben an, im Namen des Volkes zur Macht zu schreiten. Solange die Roung-Parteien sie ihr verwehren, werden sie den deutschen Aufbruch nur aufhalten. Aber sie sollen sich dann nicht darüber beklagen, daß die Welt ihnen kein Gehör mehr schenkt und mehr und mehr ihr Ohr leiht der leidenschaftlichen Kraft des Deutschtums, wie sie in der nationalsozialistischen Bewegung zum Ausdruck kommt. Curtius ging bereits als geschlagener Mann nach Genf. Er wird bei dieser Völkerbundstagung den entscheidenden Stoß bekommen . Es ist Aufgabe der Opposition, seinen Sturz vorzubereiten und damit die Frage der Umbildung der gegenwärtigen Reichsregierung in fluß zu bringen. Es wird dann auch wieder einmal der Tag kommen, an dem ein deutscher Außenminister deutsche Politik der Welt gegenüber betreiben kann. Zwar wird er nicht mit Trompete und Dynamit ſeine Aktion beginnen; aber es wird dem Feind Lust und Neigung vergehen, zu glauben, daß er nur mit Kindertrompete und Knallerbse umzugehen verstünde.

Die radikale Phraſe 22. Januar 1931 Reichskanzler Dr. Brüning hat sich in Ratibor unter dem deprimierenden Eindruck der dort von Erwerbslosen gegen ihn veranstalteten Demonstrationen dazu hinreißen lassen, in unerhörtester Weise die nationalsozialistische Bewegung vor der öffentlichkeit anzuklagen, sie trage die Schuld 5 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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an der katastrophalen Zuſpigung der deutschen Lage, und der Augenblick sei nicht fern, wo die Reichsregierung aus ihrer Defensive zur Offensive übergehen und das deutsche Volk darüber aufklären werde, zu welchen schweren Erschütterungen unseres wirtschaftlichen Lebens die radikale Phrase der Opposition bereits geführt habe. Herr Brüning hat ſich_bis heute noch nicht bemüßigt gesehen, aus seinen Worten Taten zu machen, und wir stehen deshalb weiterhin in Erwartung, was aus diesen großsprecherischen Ankündigungen nun werden soll. Die Andeutungen allein aber haben genügt, in Deutschland wieder das Gerede in Umgang zu bringen, die Opposition sei die wahre Verfechterin der Ratastrophe, und wenn das Reich dauernd zwischen Sein und Nichtsein schwebe, so trage sie allein daran die Schuld. Das ist in Wirklichkeit ein leeres Wortgeklapper. Denn wäre es in der Tat der fall, daß die Opposition, ſoweit ſie in der nationalsozialiſtiſchen Bewegung politisch in Erscheinung tritt, hemmungs- und verantwor tungslos nach der Macht griffe und dabei ſogar das Schicksal des Reiches aufs Spiel setzte: was könnte es der Republik schaden, stände sie auf festen Füßen und wäre wirklich ihre finanzielle und wirtschaftliche Lage so konsolidiert, wie es die Regierenden heute mit Fleiß die Öffentlichkeit glauben machen wollen. Die radikale Phrase vermag nichts, wenn ihr nicht die Wahrheit zugrunde liegt. Die Agitation wird beim Volk und in der Welt immer nur Widerhall finden, wenn die Tatsachen ihr recht geben. Daß die Öffent lichkeit ſich durch das Ergebnis der Reichstagswahlen vom 14. September des vorigen Jahres so überraschen ließ, das ist ihre eigene Schuld. Sie kann sich dafür bei jenen jüdischen Pressereptilen bedanken, die vor dem 14. September ihre Aufgabe vor allem darin sahen, die nationalsozialistische Bewegung zu verleumden und zu beschmutzen und sie obendrein noch als vollkommen unbedeutend und keinerlei politisches Interesse beanspruchend hinstellten. Vimmt es da wunder, daß durch den triumphalen Sieg der NSDAP. bei der letzten Reichstagswahl nun die Stellungnahme der Weltöffentlichkeit uns gegenüber ins genaue Gegenteil umschlägt und die uns bisher versagte Aufmerksamkeit der Welt der Partei nun in verdoppeltem und verdreifachtem Umfang zuteil wird ? Daß nach unserem Sieg das flüssige Geld aus Deutschland milliardenweiſe abwanderte, ist es nicht ein Beweis dafür, daß die mobilen Kräfte sich sicher fühlten unter den bürgerlichen und marxistischen Verräterparteien, und daß sie schon ihre Sicherheit bedroht sahen bloß deshalb, weil die nationalsozialistische Bewegung die zweitstärkste Partei wurde Was heißt es anders, als die Republik ist heute vollkommen in den Händen internationaler Finanzkonzerne, wenn man sie in ihrem Leben tödlich bedrohen kann dadurch, daß man ihr die kurzfristigen Kredite kündigt ! Es ist selbstverständlich, daß das gegenwärtige System durch uns in peinliche Rrisen hineingerät. Aber System und Volk sind durchaus nicht identisch. Im Gegenteil! Je schlechter es dem System geht, desto mehr Vorteile wird daraus das Volk ziehen. Wir tragen auch keinerlei Verantwortung dem System gegenüber. Verantwortung kennen wir nur vor dem Volksganzen. Wenn das Volksganze vom System bedroht erscheint, dann stellen wir uns auf die Seite des Volkes und verfechten nicht die Rechte einer Formal-Demokratie, die sich durch internationale Verträge

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zur Steuereintreibungsmaſchinerie der Young-Gläubiger hat erniedrigen Lassen. Man komme uns nicht mit dem naiven Einwand, die Kritik der Oppoſition ſei es, die immer und immer wieder Unruhe und Verwirrung in das deutsche Volk hineintrage und die Volksklassen nicht zum Frieden kommen lasse. Kritik wird auf die Dauer immer nur Erfolg haben, wenn ſie berechtigt ist, und sie ist dann auch die einzige Waffe in der Hand der Opposition. Daß das Volk sich auf unsere Seite stellt, das ist ein Beweis dafür, daß es mit geſundem Instinkt erkannt hat, wo Recht und wo Unrecht verfochten wird. Daß die Regierung dadurch in Bedrängnis gerät und die augenblicklich herrschenden kapitaliſtiſchen Mächte sich im ungestörten Genuß des dem deutschen Volk geraubten Besitzes gestört sehen, was könnte uns angenehmer in den Ohren klingen als diese Botschaft! Nein! Die Ratastrophenpolitiker über Deutschland sind ganz woanders zu suchen als in unserem Lager. Es sind diejenigen, die nun zwölf Jahre lang mit frecher Stirn erklärt haben, sie führten das Volk einer neuen Zukunft entgegen, sie brächten Frieden, Freiheit, Wohlfahrt und Glück; fie seien die Verfechter des Sozialismus, sie wollten die Produktionsmittel nationalisieren; sie würden dafür sorgen, daß der verlorene Krieg vom Besitz bezahlt werde, die Arbeiterschaft aber in den Genuß der sozialen Errungenschaften komme. Es sind diejenigen, die uns statt dessen eine Hölle auf Erden brachten, die uns durch das Fegefeuer der Inflation und der Dawes Politik führten, die mit der Annahme des Roung-Planes das ganze Volk zum hörigen Tributzahler der internationalen Finanzmächte machten; die heute die soziale Gesetzgebung abdroffeln, dem Volk seinen legten Besitz durch die Gerichtsvollzieher der Roung-Finanz wegpfänden lassen und dann noch „Haltet den Dieb! " schreien, wenn man ihnen die heuchlerische Maske von der vor Angst entstellten Frage der Verantwor tungslosigkeit herunterreißt. Nicht die radikale Phraſe trägt die Schuld daran, daß Deutschland dem Abgrund entgegensteuert, sondern die radikale Unfähigkeit und Verantwortungslosigkeit, die sich heute im System breitmachen und die Republik von Krise zu Rrise dem Chaos zuführen. Dagegen Front zu machen, ist nicht nur unser gutes Recht, sondern unsere gute Pflicht. Von diesem Recht und von dieser Pflicht werden uns keinerlei Drohungen abbringen. Wir weigern uns, wie die Roung-Parteien dem Volk den süßen Trank der Lüge einzugeben. Wir haben den Mut, die herbe, bittere Wahrheit zu sagen, dem Volk die Augen zu öffnen und werden nicht ruhen und nicht rasten in der Erfüllung unserer Mission der deutschen Zukunft gegenüber. Wir appellieren wieder an die Öffentlichkeit : das Volk soll entscheiden. Das Volk, das die anderen mündig gemacht haben, soll sein Votum ab. geben. Es soll mit dem Stimmzettel darüber befinden, wer die Macht übernimmt: ob die, die nun zwölf Jahre lang die Maſſen mit der Lüge irregeführt oder die, die sich mutig dem Strom der Verderbnis entgegen. rangen und das Gefühl der Pflicht treu wie einen Gott im Busen bewahrt haben".

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Politischer Berufskatholizismus 28. Januar 1931

Daß die fromme „Germania“, das Zentrumsorgan in Berlin mit dem irreführenden Untertitel Zeitung für das deutsche Volk“, sich am heiligen Sonntag in einem drei bis vier Spalten langen Artikel mit dem Nationalsozialismus im allgemeinen und mit meiner Person im besonderen auseinandersetzt, ist ein Zeichen dafür, daß man in der Redaktion dieses allerchristlichsten Blattes zu merken beginnt, daß etwas faul im Zentrumsladen ist . Die unsittliche, widernatürliche und aller christlichen Moral hohnsprechende Bettgemeinschaft dieser den Ratholizismus planmäßig vergeb lich führenden Partei mit der atheistischen, Volks- und Christentum zerstörenden Sozialdemokratie hat auf die Dauer in der Gefolgschaft des Zentrums bittern Unwillen ausgelöst. Man fragt sich dort mit Recht, wie es zu erklären sei, daß das Zentrum keine Gelegenheit vorbeigehen läßt, die nationalsozialistische Bewegung kulturpolitischer Unzuverlässigkeit zu zeihen, ohne dafür im einzelnen die Spur eines Beweises vorzubringen ; dagegen mit der Sozialdemokratie, die anerkanntermaßen eine christen tumfeindliche, gottloſe Partei ist, seit Jahren in Länderkoalitionen zusammensitzt und ihr sogar in Preußen und Baden das Kultusministerium und damit die Erziehung der Jugend überantwortet : Auf diese Frage ist die Zentrumspartei bisher die Antwort schuldig geblieben. Denn man muß es als vollkommen unzureichend zurückweiſen, wenn die dort beheimateten Wortverdreher sich darauf hinauszureden versuchen, daß das taktische Kompromiſſe ſeien, und die Zentrumspartei trotz alledem ihrem Wesen treu bleibe. Man schließt keine taktischen Kompromisse mit grund. sätzlichen Gegnern; und es erscheint angebracht, denen, die sich so gern und beredt auf ihren Christus berufen, das Wort aus seinem Munde entgegenzuhalten, das sich für die ausspricht, die warm oder kalt ſind, dagegen die Lauen ausspeit. Die Germania" hat schon recht, wenn sie erklärt, daß „der National ſozialismus in seiner heutigen Prägung eine imaginäre Größe sei " ; was man vom Zentrum füglich nicht mehr behaupten kann . Das Zentrum ist selbst bei seinen eigenen Anhängern vollkommen des Charakters einer imaginären Größe entkleidet. Es steht nackt und bloß da als eine politische Interessenvertretungspartei, die immer dann von drohendem Kulturkampf zu schreien beginnt, wenn ſich Männer und Bewegungen finden, die sie vor der Öffentlichkeit anklagen - nicht, weil sie katholisch ist, sondern weil ſie unter dem Vorwand, katholisch zu ſein, mit dem Ratholizismus Schind. luder treibt und damit auf die Dauer christlich empfindende Menschen nicht nur der eigenen Partei, sondern darüber hinaus dem Ratholizismus und jeder christlichen Weltanschauung entfremdet. Wie dankbar wir es empfinden, daß die „ Germania“ uns attestiert, daß es bei uns gewiß Leute gäbe, die wissen, was sie wollen ! Aber die Gefolgschaft weiß nicht, was die Führer wollen." Wüßte das die Gefolg. schaft des Zentrums, - diese Partei gehörte längst der Vergangenheit an. iemand von uns hat behauptet, wie die „Germania“ uns unterstellt, daß wir „in den entscheidenden Fragen des politischen Alltags Wunder wirken würden". Wir haben bisher nur der Meinung Ausdruck gegeben, daß das Zentrum zu jenen Parteien gehört, die seit zwölf Jahren in Deutschland bei jedem neuen internationalen Finanzdiktat Wunder ver 68

sprachen, während in Wirklichkeit aus ihren Wundern und Silberstreifen der Bankrott und das Chaos von heute wurden. Wir kennen kein konkretes Programme Wir kennen schon eins und haben auch die Absicht, es zu realisieren. Das konkrete Programm der Zentrumspartei aber gehört zu jenen, von denen man sagt, daß sie da ſind, damit man sie nicht durchführt. Wie gnädig, daß die fromme „Ger. mania" den Nationalsozialisten jeden Willen zur praktischen Mitarbeit an den Regierungsgeschäften abſpricht und damit auch das Recht, „über die Gestaltung der heutigen Koalitionsverhältnisse in übelster und unsach. lichster Weise herzufallen ". Aber hinzuzusetzen, daß daran „alle die Kreiſe beteiligt sind, die überhaupt den Willen und den Mut zur Übernahme staatsbürgerlicher Verantwortung besigen“, ist einigermaßen gewagt. Denn wir vermuten wohl mit Recht, daß damit jene sozialdemokratische Partei gemeint ist, der das Zentrum in Preußen und Baden das Kultusministerium überläßt und die unter Assistenz des Zentrums eine kirchenfeindliche Politik betreibt, die jeder Charakterisierung ſpottet. Es ist geradezu eine blutige Selbstverhöhnung, wenn die fromme " Germania“ mir den guten Rat gibt, „den Handel mit Räucherkerzen, Hakenkreuzen und den sonstigen Devotionalien einer betriebsamen Parteimaschinerie nicht nur vor den Pforten der Dome und Pfarrkirchen“ zu betreiben. „Man muß schon durch diese Pforten gehen und die menschlichen, allzu mensch. lichen Praktiken der Parteiagitation draußen lassen, wenn man vor dem christlichen Gesetz bestehen will." Damit hätten wir das Verdammungsurteil über eine sojährige Zentrumspolitik, wie es kein Stilkünſtler unter uns trefflicher und schlagsicherer zu prägen verſtände. Gott will es" - so schrien die Zentrumsbonzen vor den Kirchen in Stadt und Land bei der Wahl am 14. September 1930. Sie drängten sich einer nur mit Abscheu dieſem frevelhaften Spiel zuschauenden chriſtlichen Gemeinde als die Hüter des wahren Ratholizismus auf; sie konnten sich nicht genug daran tun, katholische Politiker, nur, weil sie nicht dem Zentrum angehörten, heidnischer Gesinnung zu verdächtigen ; sie schrien Die Kirche ist in Gefahr!" — und in Wirklichkeit war nichts anderes in Gefahr, als jener widerwärtige Klüngel, genannt Zentrum, der bisher ausschließlich davon lebte, das heiligste, was der Mensch hat und kennt, die Religion, zu niedrigen, parteipolitischen Zwecken zu mißbrauchen. Dem werden wir ein Ende machen, komme, was kommen mag. Der Ratholizismus muß von den Fesseln parteipolitischer Beengtheit befreit werden. Es muß wieder eine reinliche Scheidung getroffen werden zwischen dem, was wir mit dem Tage und dem, was wir mit unserem Herrgott auszumachen haben. Es gehen falsche Propheten im Lande um, die ſein Gotteshaus zu einer Börse parteiegoistischer Händel herabgewürdigt haben. Es wird einmal der Tag kommen, wo einer dagegen wieder die Peitsche nimmt; da soll dann reinlich geschieden werden! Diese Scheidung wird für das Zentrum eine Entscheidung sein !

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Grzesinski und Friedrich der Große

Eine politische Charakterstudie 17. februar 1931 Derjenige, der nicht mit dem Geist und dem idealen Schwung der neuen Zeit innerlich verbunden ist, wird es für vermessen halten, noch zu Leb zeiten eines der führenden Männer der deutschen Republik eine Gegen. überstellung zwiſchen ihm und Friedrich dem Großen, einem seiner weniger bedeutenden Vorgänger, vorzunehmen . Jedoch darf dabei nicht übersehen werden, daß auch über die Männer der Gegenwart schon heute ein ab. schließendes historisches Urteil möglich erscheint, vor allem im Hinblick auf ihre Taten, die längst schon der Geschichte angehören. Man hat es bisher in sträflicher Versäumnis unterlassen, das Licht ihrer geistigen Heroen vor aller öffentlichkeit zu zeigen, sie hat es im Gegenteil bislang sehr zum Schaden des gegenwärtigen Systems unter den Scheffel gestellt. Das muß nun anders werden. Es geht nicht an, daß die Gegner der , Republik in hemmungsloser Demagogie über die Führer der staatserhal tenden Parteien die Lauge ihres Spottes und ihrer Verachtung aus. gießen, demgegenüber aber die republikanisch-staatserhaltenden Parteien sich auf eine reſervierte Verteidigung_beschränken. Wir müſſen aus der Defensive heraus zur Offensive übergehen. Albert Grzesinski ist wie sein Vorgänger Friedrich der Große ein Kind des Preußentums von reinstem Wasser. Wie Friedrich der Große kann er auf die hehre Vergangenheit seiner Familie und seines Namens mit Stolz zurückblicken. Wie jener wurde er, ohne sich dazu zu drängen, auf Grund seiner Leistungen zu seinem großen Amt vom Schicksal berufen. Er hat sich hochgedient, und wenn sein lame heute in der Zeitgeschichte leuchtet, so kann er das einzig seinen Fähigkeiten und seinen Taten zu schreiben. Weit davon entfernt, ein einseitiger Parteimann zu sein, hat er das Zeug in sich, in umfassender Weise die Gegenwart mit all ihren geistigen Strömungen als Typ zu repräsentieren. Mit einer Lauterkeit des Charak ters und einer Reinheit der Gesinnung, die ihresgleichen sucht, verbindet er ein gründliches Wiſſen und eine feinsinnige Gelehrsamkeit. Er steht dem großen Denker von Sanssouci in nichts nach an hervorragender intellektueller Begabung und einer natürlichen Fähigkeit zur höchſten aller Wissenschaften, zur Philosophie. Er liebt es, in seinen mußestunden Rant und Schopenhauer zu lesen. Leibniz und Descartes sind ihm seine ver. trautesten Freunde. Aber nicht in theoretischer Wiſſenſchaftlichkeit begrenzt er seine private Muße. Er ist, was der Öffentlichkeit weniger bekannt sein dürfte, ein hochbegabter Künstler. Zwar spielt er im Gegensatz zu Friedrich dem Großen, der ein Meister auf der Flöte war, kein klassisches Instrument; wer aber einmal das feltene Vergnügen hatte, ihm zu lauschen, war zu hellster Bewunderung begeistert. Für sein hohes Amt als Berliner Polizeipräsident bringt er alle dazu notwendigen Fachkenntnisse aus seiner vielbewegten Laufbahn als Verwaltungsbeamter mit. Ihn zeichnet ein Gerechtigkeitssinn aus, der nicht nur seinen Freunden, sondern vor allem auch seinen Gegnern in wohl. tätiger Weise zugute kommt. Ist es da ein Wunder, daß dieſer Mann 70

sich der uneingeschränkten Liebe und Verehrung der gesamten Öffent lichkeit erfreut! Er hat keine persönlichen Gegner, und wenn hier und da ein Wortverdreher der chauvinistischen Presse auf ihn mit Schmutz zu werfen sich untersteht, so reicht das nicht bis an seine Stiefelfohlen. Der Mann ist über solche Auswüchse des politischen Kampfes erhaben. Leider ist er genau wie sein großer Vorgänger ein feind der Frauen . Man kann das bedauern, aber es ist daran wohl nichts zu ändern. Daß hier und da sich einer untersteht, diesen Mann sogar in der Öffent lichkeit anzugreifen und ihm mit persönlichen Verdächtigungen zu nahe zu treten, ist nur ein Beweis für seine private Lauterkeit und wahre Herzensgüte. Daß er niemals auch nur im entferntesten daran denkt, solchen Angriffen auf unfaire Weise zu begegnen, das ist es, was ihn auch in seiner Kampfesweise dem großen Potsdamer nahe rückt. Die Gazetten dürfen nicht genieret werden!" Danach handelte Friedrich, und danach handelt heute Albert Grzesinski. Viedriger hängen ! So lautet seine Parole, wenn jemand sich an seine Person heranwagt; und man kann wohl sagen, daß dieser von ihm vertretene Standpunkt ihm bisher durchaus recht gegeben hat. Wie groß und historisch bedeutsam muß die Zeit sein, die solche Männer ihr eigen nennt ! Wie glücklich kann sich ein Volk schätzen, das in der Tat von bedeutendsten Männern der Zeit geführt und geleitet wird! Welch eine fülle von wirklichen Persönlichkeiten hat die neue Zeit bisher dem deutschen Volk geschenkt ! zu bedauern bliebe nur, daß es immer noch Zeitgenossen gibt, die das nicht erkennen wollen, weil sie es nicht erkennen können. Die Entwicklung wird über sie zur Tagesordnung übergehen. Sollte einmal der Tag kommen, an dem die Großen unserer Zeit in einem Pantheon zusammengestellt werden, wir sind der festen überzeugung, daß Albert Grzesinski zu den Ersten dieser Galerie bedeutender zeitgenössischer Männerköpfe gehören wird. Wir stehen nicht an, ihm unsere uneingeschränkte und verehrungsvolle Bewunderung zu Füßen zu legen.

Gesäß-Parteien 19. Februar 193 ) Wer die Tributpreſſe ſeit dem Auszug der nationalen Oppoſition aus dem Reichstag aufmerksam verfolgt hat, wird mit Schmunzeln feststellen : Sie kommt einem vor wie ein furchtsamer Junge, der in lacht und Dunkel durch einen finsteren Wald geht und sich seine blasse Angst weg, zuschreien versucht durch den immer wieder mit lauter Stimme aus, gestoßenen Ruf: Ich bin nicht bange!" Gut, daß die Nazis weg sind! Endlich einmal ist es möglich, wieder sachliche Arbeit zu leisten. Sie möchten gern wieder zurück, wenn sie nur könnten! Sie haben Angst vor der eigenen Courage; es ist ihnen nicht wohl in der Isolation. Sie haben den Rubikon überschritten und wissen jetzt nicht, wohin sie sollten. Das schreit und randaliert und jubiliert durcheinander, daß ein Unein. geweihter in der Tat auf den Gedanken kommen könnte, die Viazis wären in eine ausweglose Sackgasse hineingeraten, und die Stellung der Regie. rung und der hinter ihr hockenden Tributparteien sei heute fester denn je. Prälat Raas gab in der außenpolitischen Debatte das Signal : „ un 71

wird es wieder möglich sein, hier geistige Arbeit zu leisten ! " Worauf ihn ein Rommunist unterbrach: „Wir sind auch noch da!" Du ahnungs voller Engel, du! Ja, die Kommunisten sind noch da! Sie spielen in diesem Roung-Parlament die traurige Rolle des Streikbrechers. Sie machen der Regierung das Leben nicht allzu schwer. Sie agieren Theateroppoſition, und es reicht nicht einmal mehr zu einem gelinden Ruliſſendonner. Unterdes sind die Publikums- und Pressetribünen verwaist, und einsam trauert die Diplomatenloge. Wer sollte auch an diesem Reichstag noch ein Interesse haben ! Es fehlt der Pfeffer, der die Speise schmackhaft machte. Wozu lohnt es sich, den Bleistift zu spigen, wenn es nur die alten, seit 12 Jahren totgerittenen Phrasen aufzunotieren gilt ! Was sollte der Mann aus dem Volk auf der Publikumstribüne! Es gibt nichts zu be. obachten, und keinerlei überraschung lauert im Hintergrunde. Und gar erst die hohe Diplomatie: Die da unten auf ihren Bänken hocken und bei den faden Abstimmungen sich mit dem Lüften der Gesäße begnügen, die kennt man allzu gut von den internationalen Konferenzen her. Dieses Deutschland ist ungefährlich, und es lohnt nicht die Stunden, die man dabei verbringt, es aus der Vogelperspektive zu beobachten. Wäre ihnen so wohl wie uns, die da unten sigen und im Namen des Volkes den Etat annehmen, sie würden nicht so laut schreien : „Uns ist so wohl! Uns ist so wohl!" Sie wenden die gefährliche Methode jenes Herrn Coué an, der die Menschen lehrte, das Leben zu verlängern mit dem ewig wiederholten Satz: „Ich bin gesund, ich bin geſund!" Er ist dann auch schließlich daran gestorben. Warum reden sie eigentlich noch im Plenum : Sie sind ja alle einer Meinung. Warum stimmen sie nicht gleich geschlossen den ganzen Etat ab Dieses hergelaufene Parteipack hat ja gar keine andere Aufgabe, als abzustimmen, und die Arbeit wird hier nicht mit dem Gehirn, sondern mit dem Gesäß getan. Es ist weder ein Kopf. noch ein Rumpfparlament. Hier regieren die Gesäßparteien in des Wortes trefflichster Bedeutung. Das Volk hat sie durchschaut. Es gibt ihnen die Ehre, die ihnen gebührt : schweigende Verachtung. Sie haben sich bis heute noch nicht aus ihrer Betroffenheit und bestürzten Angst erholt. Und daß ſie ſoviel schreien, das ist ein Beweis dafür, daß sie furchtsam sind und mit Zittern darauf war ten, daß das von ihnen in der Verfaſſung ſo oft beschworene Volk eines Tages über sie hereinbricht. Die Nazis möchten wieder zurück Wicht in die kalte Hand! Hoffentlich geht es den Tributparteien so gut wie uns. Wir stehen wieder mitten im Volk und können mit Freude feststellen, daß das Volk für unseren Auszug aus dieser Tributkammer vollstes Verständnis und hellste Begeisterung aufbringt. Vorgestern sprach ich in Dortmund: 21 000 Menschen! Heute im Sportpalast: 16 000 bis 18 000 Menschen ! Morgen in Hamburg : 14 000 Menschen! Macht Summa Summarum 54 000 Menschen! Das ist ein Aktionsradius von ungefähr einer halben Million . Wohl verstanden, in einer Woche und für einen Redner ! So aber gibt es viele Wochen und 107 Reichstagsabgeordnete. Ich fand bisher keinen, der unseren Erodus bedauerte oder kritisierte. Über Zehntausende stimmten ihm begeistert zu. Und auf unseren Schreibtischen häufen sich die Briefſtapel, die aus dem 72

Lande kommen und in heller Freude Kunde davon geben, wie das Volk unsere Maßnahme beurteilt. ein, nein! Es führt keine Brücke mehr von hüben nach drüben, und es gibt keinen übergang mehr von drüben nach hüben. Das Tischtuch zwischen uns ist zerschnitten. Die Tributkamarilla soll unter sich bleiben und über der Nation ihre feindlichen Beschlüsse fassen. Wir aber bleiben beim Volk. Wir machen den Millionenmassen klar, daß die Tributparteien , die heute in Deutschland an der Macht sind, ihrem Wesen nach volks. feindlich sind, und das Volk deshalb seine erste Aufgabe darin sehen muß, sie zu isolieren und in den Millionenmassen eine breite Widerstandsfront dagegen zu organisieren. Diesem Ziel zuzusteuern wäre vor drei Jahren noch eine kühne Vermessenheit gewesen. Heute aber ist unsere Parole wie ein zündender Funken in das Pulverfaß der deutschen Empörung hinein. geschlagen. Die Herren im Wallotbau sollen weiter ihr fades Gewäsch abhaspeln. Sie sollen weiter ihre volksfeindlichen Beschlüsse fassen; sie sollen weiter in der ihnen dienstbaren Presse ihr Wohlbehagen ausschreien. Sie sollen ihre Gesäße lüften, bis das Volk einmal dem Plunder und widerwärtigen Spuk ein Ende bereitet. Eher als die Schuldigen am deutschen Unglück glauben, wird über sie der Sturm eines Massenprotestes hinwegbrausen. Früher, als wir selbst denken mögen, wird das deutsche Volk selbst die Abwehrfront bilden gegen innerpolitische Willkür und außenpolitische Knechtschaft. Da wird es ſich dann zeigen, ob wir recht getan haben, uns zum Volk zu stellen. Uns ist um diese Entscheidung nicht bange!

Der große Ratzenjammer

20. februar 1931 Der Reichstag ist wieder zusammengetreten, begrüßt und beklatscht von der Journaille bürgerlicher und marxistischer Prägung. Sie haben in den Ecken und Winkeln gesessen und ängstlich gewartet, ob die nationale Opposition zurückkommen würde. Das war ihr einziger Gedanke in den kurzen Ferientagen, und das Herz wurde ihnen schwer, wenn sie sich vor. stellten, daß sie wieder alleine bleiben müßten, daß sie wieder einstimmig, nur leise befehdet von kommunistischen Streikbrechern, den Etat anneh men würden, daß das Redegeplätscher, das sie selbst nicht mehr ernst nehmen, so weitergehen sollte. Und während in den Spalten der feigen Gazetten der Tintenjanhagel_ſich in faden und abgestandenen Wigen austobte, war ihnen zumute, als ständen sie bereits vor dem Strafrichter und erwarteten nun ihr Todesurteil. Unterdes ist die nationalsozialistische Opposition in front gegangen. 107 Reichstagsabgeordnete haben sich wie ein Schwarm von Hornissen auf das Land gestürzt. In allen großen Städten finden Tag für Tag Riesendemonstrationen statt, bei denen wirklich das Volk anwesend ist, und es gibt heute wohl keinen politisch interessierten Menschen mehr, der nicht von dieser Agitationswelle irgendwie miterfaßt würde. Während die anderen diätengespickt in der sicheren Ruhe der Parlamentsdunkel73

kammern die Tributmaschine schmieren, daß sie um Gottes willen nicht irgendwann oder irgendwo einmal einen Defekt oder eine unvorher. gesehene Stockung zeige, ist die nationalsozialiſtiſche Opposition wieder ins Volk hineingestiegen, hat sich im Sturm das Herz der breiten Massen erobert, und nun schauen die verzweifelten, um Hab und Gut betrogenen Männer und Frauen der arbeitenden Stände voll Vertrauen auf dieſes junge, aktiviſtiſche Kraftzentrum, das sich näher und näher der Macht zubewegt. Es ist den andern nicht so wohl, wie sie vorgeben. Wicht wahr, Herr Reichsfinanzminister Dietrich, während die demokratische, staatserhaltende Presse über den Zug der Oppoſition durchs Rote Meer ihre Sottisen aus, schüttet, haben Sie die bittere Erfahrung machen müssen, daß Ihnen von nah und fern im In- und Auslande die laufenden, kurzfristigen Kredite gekündigt wurden, haben Sie und Ihre Rabinettskollegen schaudernd fest. gestellt, daß der Auszug der von den Tributparteien geknebelten deutſchbewußten Opposition aus dem Rumpfparlament ganz andere folgen für die innere deutsche Politik heute schon gezeitigt hat, als Sie das im ersten Augenblick annehmen wollten. Vielleicht ist der Reichskanzler Brüning der einzige Mann aus dem bürgerlichen Lager, der weiß, was die Uhr geschlagen hat. Er saß auch bei der Verlesung unserer Auszugsproklamation kreidebleich und vor inne. rer Erregung bebend auf seinem Reichskanzlerſeſſel, und nur der Kundige vermochte zu ahnen, was in seinem Innern vorging. Die Hoffnung ist eitel, wir würden klein und gedemütigt eines Tages wieder zurückkommen. Man gibt sich trügerischen Illuſionen hin, wenn man glaubt, man könnte die große Welle des nationalsozialiſtiſchen Aufbruchs bald in die Kanäle der sogenannten staatspolitischen Erziehung hineinleiten. Es ist ein Irrtum, zu meinen, unsere Isolation bekomme uns schlecht, und wir verfluchten den Tag, an dem wir die kapitale Dummheit unseres Exodus" begingen. Stürmischer noch, als wir das erwartet hatten, hat das Volk unseren Auszug begrüßt. Freudiger denn je schlagen uns heute die Herzen der verzweifelten und betrogenen deutschen Menschen entgegen. Wohin man kommt, überall derselbe Schwung, dieselbe Begeisterung, dieselbe innere und freudige Hingabe an die gemeinsame Sache der Vation. und unterdes ist über die Tributparteien der große Ratzenjammer ge kommen. Sie beeilen sich in der Durchpeitschung des Etats, um möglichst schnell den klaffenden Widersinn aus dem Wege zu räumen, den das Volk um mit einem darin zu erkennen beginnt, daß die Erfüllungsparteien „ihren Dreck geflügelten Wort jenes August von Sachsen zu reden alleene machen", dagegen die verantwortungsbewußte und staatsauf. bauende Opposition eisern und trogig in der Reserve steht. Auf ihre lauten Karnevalsfreuden ist ein grauer Aschermittwoch gefolgt. Die Schelarrenfreiheit ist ihnen vom kahlen Haupte gefallen, und lenkappe der nun stehen sie da, noch angetan mit den Utensilien ihrer ausgelassenen ein bejammernswertes Bild der Lächerlichkeit und Angst. Sie Laune reden es sich selbst ein, daß es ihnen gut gehe; sie suchen durch Verdrehung und Verleumdung das Volk über die Tragweite des nationalsozialiſtiſchen Diätenverzichts zugunsten der Erwerbslosen hinwegzutäuschen; ſie ſchreien in plakaten und Zeitungsartikeln : „Haltet den Dieb." Aber der Dieb ist längst erkannt. Ihm ist die Maske vom Gesicht ge.

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riffen, und das Volk sieht nun seine feige, angstentstellte Frage. Vlun heißt es, die Röpfe klar und die erven ruhig behalten. Herr Brüning wird nicht von uns erwarten, daß wir ihm hilfreich zur Seite stehen, wenn die Sozialdemokratische Partei, mit der er ansonst seine Politik zu machen pflegt, ihm die Gefolgschaft versagt. Es wird ihm nicht unbekannt geblieben sein, daß nach unserem Auszug aus dem Reichstag SozialdemoFratie und Kommunismus die absolute Mehrheit darstellen. immt die Sozialdemokratische Partei den Wehretat an, dann bedeutet das ihre Selbstvernichtung; lehnt sie ihn ab, dann mag die Bendlerstraße sich bei jenen bürgerlichen Parteien bedanken, die die nationalsozialistische Oppo ſition in ihre jetzige Position hineindrängten und lieber mit dem wehr. und landesverräterischen Marxismus ihren Teufelspakt abschlossen. Wer regiert, der soll den Etat annehmen. Wer in der Opposition steht, hat keinerlei Verpflichtung als die, der Regierung das Leben sauer zu machen. Wenn wir dieser Verpflichtung nachkommen , dann zerstören wir keineswegs den Kredit des deutschen Volkes - höchstens den Kredit des Systems. Den aber zu bewahren, ist nicht unsere Aufgabe, sondern Aufgabe der Parteien, die das System repräsentieren. Wir glauben nicht daran, daß der Tributreichstag sich von seinem Katzenjammer erholen wird. Wir glauben vielmehr daran, daß er früher oder später dem Druck der von uns aufgeklärten Massen nachgeben muß. Es kommt jetzt alles darauf an, wer die stärkeren Verven und den längeren Atem hat. Kann es eine Frage sein, ob das für die Regierung oder für uns zutriffta

Die starken Männer! 21. Februar 1931 „Das Reichsbanner ist marschbereit! " So trompetet sein Generaliſſimus in die Öffentlichkeit. Um 22. februar werden wir's euch zeigen! Wenn wir nicht irren, wird das morgen sein. Das nationalbewußte Deutschland hat also allerhand für diesen Sonntag zu erwarten. Die Bürgerkriegsfanfaren, die der Schnapsvertilger aus Magdeburg seit dem 14. September zum Ertönen gebracht hat, sind in Wirklichkeit nichts anderes als hysterische Angstschreie. Die rote Bonzokratie sieht ihre Sessel wanken. Sie fühlt sich im ruhigen Genuß der fettnäpfe bedroht. Sie hat nun zwölf Jahre lang in "1Staatsverantwortung“ und „Ruhe und Ordnung“ gemacht, und jegt, wo ihr durchaus legal und verfaſſungsmäßig ein deutscher Widerstand entgegentritt, da appelliert sie wieder in altgewohnter Weise an die Straße. Aber sie muß zu ihrem Entsetzen feststellen, daß, indeſſen ſie ſich in den Pfründen breitmachte und die Polster der Demokratie bevölkerte, andere die Straße erobert haben und das Herz der Maſſe nicht mehr ihnen gehört, die so lange damit ihren frevlen Mißbrauch trieben. Die Autorität wird von den roten Landesverrätern immer nur so lange angebetet, als sie sie selbst innehaben. Sobald ein anderer sie bekleidet, legen sie den Zylinderhut ab und setzen sie die Jakobinermütze wieder auf. Es ist in Deutschland niemals so viel von Barrikaden gesprochen worden wie jetzt, wo die roten Barrikadenerfinder in der Macht ſigen; und zwar 75

deshalb, weil ſie ſich darin gefährdet ſehen, weil sie zu erkennen beginnen, daß der Stimmzettel, auf den sie sich nun fünfzig Jahre lang beriefen, ihnen verlorengeht, und daß die Mehrheit des Volkes in wachsendem Umfang diesen feigen Verdienern den Rücken zukehrt. Jetzt aber kommen die starken Männer ! So jubelt die Judenpresse. Die Schufo, zu deutſch Schutzformation ! Das sind die Ausgesuchten der Reichsbannergarden ! Die Elite der Republik“, wie ein jüdisches Abendblatt wonnegrunzend. mitzuteilen weiß. Man erinnert sich großer historischer Beiſpiele, man denkt in Ehrfurcht jenes pflichtgetreuen Königs, dessen Liebhaberei darin bestand, aus allen Nachbarländern die langen Kerle zusammenzutreiben und mit ihnen den Parademarsch zu üben. Starke Männer gebraucht man immer, wenn man die Absicht hat, Krafteinzusetzen. Und der Einsatz von Kraft ist, soweit wir uns erinnern, in der Weimarer Verfaſſung nicht vorgesehen. Für sie gilt nur die Macht desStimmzettels. Was will Genosse Hörsing mit diesen starken Männernz Er wird wohl selbst nicht annehmen, daß die öffentlichkeit es ihm glaubt, wenn er behauptet, sie seien ausersehen zum Schutz der Republik. Die Republik ist von keinem und nirgends bedroht. Bedroht ist nur die rote Bonzokratie, die sich gern hinter der Republik verstecken möchte. Die Republik, so sagt man doch, findet ihren Schutz in der Polizei, und wenn es ernst wird, in der Reichswehr. Was will Genosse Hörsing mit seinen starken Männern Sie sind dazu ausersehen, das erwachende Deutschtum niederzuknüppeln . Sie wurden gerufen zum Schutz der Bonzenherrlichkeit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn alle abgefeimten Mittel der Demagogie sich als unzweckmäßig und erfolglos erwiesen haben. Und daß die Judenpresse diese Männerelite" mit jubelndem Applausbeklatscht, das ist nur ein Beweis dafür, daß man auch dort einzusehen beginnt, daß das Festhalten an der Macht auf legale Weise für die Zukunft mindestens unsicher geworden ist und man deshalb gut daran tut, den Geldschrank nicht nur durch das Strafgesetz, sondern auch durch einen Wall von Männerleibern beschützen zu lassen. „Die Elite der Republik !" Wir werden sie ja morgen zu sehen bekom men. Die Reichshauptstadt ist nicht allzu verwöhnt im Anblick von militanten Demonstrationen. Man hat den Nationalsozialisten seit über einem Jahr das braune Hemd ausgezogen und verbietet ihnen jetzt Zug um Zug jede Maſſenkundgebung. Es fehlt dem Berliner das Vergleichsobjekt, um ein Urteil über die Bataillone abzugeben, die morgen nach einseitiger Aufhebung des Demonſtrationsverbotes die Aufmarschstraßen zum Lustgarten bevölkern werden . Unter Blinden ist der Einäugige König! Und wenn man den Männern verbietet, ſich zu zeigen, dann kann auch ein Männlein einen Mann kopieren . Indessen aber sind wir weit davon entfernt, die Kraftmeiereien des Reichsbannerfeldwebels ernstzunehmen. Wir wissen sehr wohl : für das System von heute stirbt man nicht mehr, man lebt davon. Und zwischen diesen beiden Grundanschauungen klafft ein unverföhnlicher Widerspruch. Es ist alles nur noch untauglicher Versuch am untauglichen Objekt, wenn die Herren der Demokratie, nachdem das Volk bereits erwacht ist, sich den Schlaf aus den Augen reiben und voll Angst und Schrecken ihre über stürzten Gegenmaßnahmen treffen. Zu spät! Das hätte vielleicht vor fünf, vielleicht auch noch vor drei Jahren seine 76

Wirkung nicht verfehlt. Heute aber empfindet das Volk in seinem wachen Instinkt, daß die, die da aufmarschieren, nur schreien, weil sie Angst haben, daß hinter ihrem Prozentum keine wahre Kraft steht, daß sie sich zwar noch auf die Sympathien der regierenden Gewalten, aber nicht mehr auf das Herz der breiten masse berufen können . Republik, das ist nicht viel, Sozialismus ist das Ziel! " Das war der Leitspruch aller Reichsbannerkundgebungen in den vergangenen Jahren. Vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt, aus diesem Leitspruch Wahrheit zu machen. Die Sozialdemokratie bildet mit der kommunistischen Partei im Rumpfreichstag die absolute Mehrheit, und die Rote Fahne" hat ja bereits zur Einheitsfront zwischen Antifa und Reichsbanner aufgerufen. un warten wir auf den Sozialismus. Es wäre ja nichts einfacher, als die Sozialdemokratie verweigert dem, wie sie selbst vor dem 14. Septem ber in der Wahlkampagne erklärte, „sozial-reaktionärsten Kabinett Brüning" die Gefolgschaft. Vielleicht wird Herr Hörſing in seiner Rede im Lustgarten die Parole dazu ausgeben. Eitle Hoffnung! Die starken Männer, die da aufmarschieren, kämpfen weder für den Sozialismus, noch für Arbeit und Brot, noch für Beseiti gung der Korruption, noch für einen gerechten Arbeitslohn, noch für Serabsetzung der Steuern, noch für Widerstand gegen die Tribute. Ihr Ziel ist: die Demokratie! Und darunter kann sich nun jeder vorstellen, was er will !

Sammlung 23. februar 193) Es unterliegt keinem Zweifel mehr: Die rote front beginnt sich zu sammeln. Die Entwicklung im Reichsbanner und in der Kommunistischen Partei geht unausweichlich darauf hinaus, eine gemeinsame Abwehr gegen den Angriffsgeiſt der nationalsozialiſtiſchen Opposition zu schaffen. Die beiden marxistischen Lager entdecken in ihrer Bedrängnis wieder ihre gemeinsamen internationalen Intereſſen. Und da die Aktivität des natio nalsozialistischen Durchbruchs den Marxismus insgesamt zu bedrohen beginnt, versucht man im gegnerischen Lager mit einem letzten verzweifelten Stoß die noch vorhandenen Kräfte zusammenzuballen, um sie für die Entscheidung einsetzen zu können. Das geht schon seit einigen Wochen so. Wenn kommunistische Führer öffentlich von den Kameraden im Reichsbanner" sprechen und die „Rote Fahne“ ihre Anhänger aufforderte, bei den Reichsbannerkundgebungen im Lustgarten mit den Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei zu ſolidarisieren, wenn andererseits die Führer des Reichsbanners immer unver blümter den bisher von der Sozialdemokratischen Partei beliebten Ton der Staatsautorität und Verantwortung aufgeben und sich der Sprache der Straße wieder zu bedienen beginnen, so bedeutet das, daß die mar ristische Gesamtbewegung sich über die Gefahren, die dem Marxismus als Weltanschauung und seinen parteipolitiſchen Organiſationen drohen, vollkommen im Flaren ist, daß damit aber auch das, was bisher im marristischen Lager nüancenmäßig an Unterschieden vorhanden war, mehr

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und mehr schwindet und die beiden internationalen Parteien gemeinsamen Tendenzen der Staatszerstörung unverhohlen wieder zum Durchbruch kommen. Das ist eine Entwicklung, die für die nächsten politischen Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung ist. Es wird den sozialdemokratischen Oberbonzen, selbst wenn sie es wollten, auf die Dauer nicht mehr möglich sein, ſich der Radikalisierung ihrer Partei und des ihr nahestehenden Reichs. banners entgegenzustemmen . Sind die Dinge einmal in fluß geraten, dann unterliegen sie an einem bestimmten Punkt der fortschreitenden Aktivierung nicht mehr so sehr von Menschen bestimmten Gesegen der Zweckmäßigkeit, sondern sie gehorchen dann zwangsläufig den ihr selbst innewohnenden revolutionären Gesetzen. Damit stehen die bürgerlichen Parteien vor einer Entscheidung, die über ihr politisches Schicksal bestimmen wird. Es geht nicht an, eine Partei im Parlament an der Regierung, wenn auch nur indirekt, zu beteiligen, die auf der Straße den blutigen Bürgerkrieg predigt und Stoßtrupps organi siert gegen das erwachende Deutschtum. Denn so, wie sich auf der internationalen Seite die Kräfte zu konzentrieren beginnen, ebenso wird es unausbleiblich sein, daß die Abwehrfront des Nationalismus sich mehr und mehr auf großen gemeinsamen Tendenzen zusammenschließt. Je lauter der Genosse Hörsing seine Bürgerkriegsposaune ertönen läßt und damit droht, man würde den Nationalsozialismus und seine Anhänger notfalls bis zum letzten Mann vernichten, um so schärfer und unerbittlicher werden die Konsequenzen sein, die man auf der Gegenseite daraus zu ziehen gezwungen ist. Und automatisch werden dann die Dinge sich so entwickeln, daß die große nationalistische front, wie sie bisher mit Ausnahme des nationalsozialistischen Flügels, der ja schon ständig im Angriff lag, ſich auf die Verteidigung beschränkte, mehr und mehr in den aktivistischen Geist der Offensive mit hineingeriſſen wird, und damit auch die nationalsozialistische Radikalität zwangsläufig die Hegemonie und die Führung der Gesamtfront an sich reißen wird. Die bürgerlichen Parteien werden sich entscheiden müssen, ob sie zwischen den beiden Aufmarschlagern, die schon in kurzer Zeit den Gang der Dinge in Deutschland bestimmen werden, zerrieben sein wollen , oder ob sie sich auf dieſe oder jene Seite stellen, um nach der großen Auseinandersetzung nicht überhaupt verschwinden zu müssen. ― Damit ist eine Lage geschaffen, die man mag das im Augenblick begrüßen oder nicht -- den Lauf der Dinge wieder in rasenden fluß bringen wird; und es kann dann nicht mehr lange dauern, daß es in Deutschland überhaupt nur noch zwei politische Lager geben wird: ein deutsches und ein antideutsches. Damit allerdings wird es unvermeidlich sein, daß der Endkampf in der Tat um die letzten Dinge der Nation ausgefochten wird. Die bürgerlichen Parteien haben zu früh und zu unverhohlen ihrer Freude Ausdruck gegeben, als die nationale Opposition den Tributreichstag verließ. Sie sind zur Zeit sie mögen sich drehen und winden, wie sie wollen ― auf Gedeih und Verderb dem Marrismus insgesamt in die Hände geliefert, und die aktivistischere Entwicklung, die die Dinge im Lande nehmen, wird auch nicht vor den Pforten des Hohen Hauses am Platz der Republik haltmachen. Die Entscheidung ist nun wieder, wie im Jahre 1929 bei Volksbegehren und Volksentſcheid, in das Volk selbst verlegt. Die breiten Massen sind bis zum letztmöglichen Grade

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politisiert. Es finden augenblicklich im Volke Frontverschiebungen statt, die zwar der Außenstehende weniger bemerkt; der aber, der im Volk selbst steht, kann sich davon einen Begriff machen und wird deshalb niemals in den Fehler verfallen, die parlamentarisch-formale Seite dieser Angelegenheit den blutvoll-lebendigen Kräften der Volksbewegung selbst gegenüber zu überschätzen. Es werden in dieſem Prozeß für Deutſchland Entscheidungen fallen, die von weltgeschichtlicher Bedeutung sind. Entscheidungen wir wieder. holen das immer wieder fallen stets nur nach der Scheidung der Geister. Wir haben diese Scheidung durch unsere Partei und unsere Idee bereits vollzogen. Das, was wir sind und was wir wollen, wird ausschlaggebend sein für die front, die sich zu bilden beginnt zum Schutz des bedrohten Deutschtums, zur Abwehr der das deutsche Volk gefährdenden Kräfte und zum Angriff für die Lebensrechte der Liation. Wird die Scheidung der Geister nun auch in den parteipolitiſch gebun. denen Aufmarschfronten offen sichtbar, dann tritt für jeden Einzelmenschen wie für jede politische Organisation der Augenblick ein, wo sie sich entscheiden müssen. Für uns ist die Scheidung und Entscheidung schon gefallen. Es gibt kein Zurück mehr, nur noch ein Vorwärts. Aber hinter unseren marschierenden Bataillonen wird immer noch Platz vorhanden sein, wo sich die, die wiſſen, worum es geht, anschließen können .

Haussuchung

25. februar 1931 Das von der Polizei bei der vor einiger Zeit bei der Leitung der Berliner SA. stattgefundenen Haussuchung beschlagnahmte Material ist der SA.-Führung zurückgegeben worden. Damit findet eine Tragikomödie ihr unrühmliches Ende, die, als sie auf der Bühne der Öffentlichkeit agiert wurde, mit Recht einiges Aufsehen erregt hat; und es verlohnt sich wohl, jetzt, wo die Dinge zum Abschluß gebracht sind, eine Chronik des ganzen Vorgangs zur Erbauung der Mitwelt niederzulegen. Eines Morgens erscheinen auf der Geschäftsstelle der Berliner SA. 60 Kriminal- und Schupobeamte, besetzen die ganze Etage, die von der SA. bewohnt ist, und halten eine vielstündige eingehende Haussuchung ab. zur gleichen Zeit erscheinen bei den einzelnen Berliner SA- Führern Kriminalbeamte in der Privatwohnung, stellen dort das Unterste zu oberst und behaupten, sie suchten Material. Am Mittag schon beginnt die Pressehetze. Die demokratische Journaille ist in der Lage, bevor noch eine amtliche Verlautbarung des Polizeipräsi diums herausgegeben ist, ein genaues Bild des Standes der Haussuchung wie auch der Ziele, die dabei verfolgt werden, ihren Lesern zu vermitteln . Das geschieht nicht in objektiver, zurückhaltender Weise etwa derart, daß man noch kein abschließendes Urteil geben könne, weil das Material noch nicht gesichtet sei ― ganz im Gegenteil. Die Judenpresse prellt vor und plaudert vorzeitig das aus, was eigentlich gemeint ist. Man spricht von geheimnisvollen Verschwörungen, eine Ramarilla habe ihre verbreche rischen Vezze gezogen über ganz Deutschland, die VIŠDAP . ſei in Wirk-

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lichkeit das, was man immer von ihr vermutet habe, ein Mörderverein, und ihre führer hätten sich schwerster Verbrechen schuldig gemacht. Ist es ein Zufall, daß zur selben Zeit fast die gesamte nationalsozialistische Tagespresse verboten ist, so daß der bedrängten Partei jegliche Möglichteit fehlt, der Pressekampagne ihrer parteipolitischen Gegner entgegen. zutreten? Am Abend desselben Tages erscheint schon bruchstückweise die Wiedergabe des beschlagnahmten Materials. Die Journaille jubelt, man sei einer hochverräterischen Verschwörung auf die Spur gekommen und faselt geheimnisvoll davon, es beſtünden direkte Verbindungen zwischen der nationalsozialistischen Parteileitung und ganz hohen Beamten des Reichswehrministeriums. Woher schöpft die demokratische Presse diese Weisheit und vor allem, wer hat ihr die Möglichkeit gegeben, aus dem beschlagnahmten Material, das já bekanntlich allein dem Untersuchungsrichter zur Durchsicht zur Verfügung steht, schon einzelne Stücke zu veröffentlichen, und zwar in der eindeutigen Tendenz, die öffentliche Meinung dahin zu bringen, daß sie ein plötzlich erlassenes Verbot gegen die nationalsozia listische Bewegung oder doch ihre Sturmabteilungen widerspruchslos entgegennimmt. Am anderen Tage erscheint dann das corpus delicti: Der Brief eines Angestellten des Reichswehrministeriums, der zum 1. April gekündigt ist und für diesen Zeitpunkt der nationalsozialistischen Bewegung seine Dienste anbietet, um Beruf und eigung miteinander in übereinstim mung zu bringen". Nun ist des Jubilierens kein Ende. Das Reichswehr. ministerium wird bombardiert. Man scheut nicht vor den maſſivsten Ángriffen gegen die Behörden zurück, die dieſe hochverräteriſchen Vorgänge angeblich geduldet hätten oder doch wenigstens im entscheidenden Augen. blick nicht dagegen eingeschritten wären. Es hat den Anschein, als wollte die Polizei bzw. das preußische Innenministerium nun ganze Sache machen. Wir stehen mit gebundenen Händen, es fehlt uns die Presse, um der schamlosen öffentlichen Kampagne gegenüber der Wahrheit die Ehre zu geben. Zähneknirschend müssen wir zuschauen, wie die Partei und ihre Führer mit Rübeln von Schmutz über. goffen werden und die demokratische Preſſe eine Verbotsstimmung künstlich vorbereitet, in der man dann zu Entschlüssen schreiten kann, die man, würde die nationalsozialiſtiſche Bewegung sich im Besitz und Gebrauch ihrer publizistischen Waffen befinden, niemals wagen dürfte. Dann erscheint das Reichswehrministerium auf dem Plan. Mit Recht weist es darauf hin, daß in dem verfänglichen Brief nicht das mindeste enthalten sei, was auf hochverräterische Umtriebe hindeute. Verlangt man etwa, daß ein Reichswehrbeamter, der aus Brot und Arbeit entlaſſen wird, zur höheren Ehre der Judenpresse in Zukunft Rohldampf schiebt und seine Kräfte, von denen er glaubt, daß sie der Nation noch dienstbar gemacht werden könnten, einfach verkommen läßt? Rurz und gut, das ganze Manöver der Journaille iſt ſo plump, ſo dreiſt und frech angelegt, daß man auf den Gedanken kommen könnte, die Sin termänner hätten die Entwicklung der deutschen Politik von 1927 bis 1931 gar nicht mitgemacht, oder sie sei doch spurlos an ihnen vorübergegangen. Denn 1927 hat man so rigoros und rechtsbrüchig die nationalsozialistische Partei in Berlin zum Verbot gebracht. Und drückte sich später, 80

als dieser skandalöse Vorgang vor einem ordentlichen Gericht abgehandelt werden sollte, an einer Entscheidung vorbei, indem man behauptete, der Klagesteller - in diesem Falle der oberste Führer der Partei - habe keine Aktivlegitimation, der Gauleiter von Berlin aber habe keine Klage eingereicht; und deshalb sei die Sache verjährt. Aber die Öffentlichkeit ſtand diesmal auf der Wacht. Mit Argwohn verfolgte der kleine Mann im Volk die merkwürdigen Vorgänge, die sich rund um die Aktion des Berliner Polizeipräsidiums gegen die nationalsozialistischen Parteistellen in Berlin abspielten. Das Jubilieren der Judenpresse machte bald schon einem verlegenen Stottern Plag, und plöglich war dann großes Schweigen im Blätterwalde. Und so ist es geblieben . Klein und häßlich kommen ſie jetzt zurück und liefern das Material ab. Jenes Material, von dem vor 14 Tagen noch behauptet wurde, es genüge, um die ganze Partei zu verbieten und ihre Führer hinter Schloß und Riegel zu setzen . Welchen Zweck kann es haben, noch einmal dieſe widerlichen Vorgänge der Öffentlichkeit zu Gemüte zu führen: Sie soll daraus lernen, wie so ein Ding gedreht wird. Das darf für die Zukunft nicht vergessen werden; denn wir sind der Meinung: Solches und ähnliches wird des öfteren noch vor sich gehen. Der Zeitgenosse tut gut daran, in kritischen Zeiten einen kühlen Ropf zu bewahren und sich niemals von einer künstlich erzeugten Panikstimmung niederrennen zu laſſen. Wir sehen davon ab, den Behörden, vor allem dem beteiligten Berliner Polizeipräsidium, Vorwürfe zu machen. Wir haben niemals etwas anderes von ihnen erwartet. Die Wahrheit ist heute in Fesseln geschlagen, und es bleibt nichts anderes übrig, als mit zusammengebissenen Zähnen weiter zu kämpfen; bis einmal das Volk insgesamt erwacht und dem schamlosen Treiben ein Ende bereitet. Wir sind diesem Zeitpunkt näher als je. Das Polizeipräsidium ist herz lich eingeladen, weiterhin sich solche Scherze zu leisten . Wir haben die Gewißheit, daß mehr und mehr die öffentlichkeit sich dabei unserer Meinung über das rote Preußen und ſeine Verwaltungsbehörden anschließen wird. Ist das System einmal durchschaut, dann wird es auch der Mittel genug geben, ihm auf legale Weise ein Ende zu bereiten. Daß dann selbstverständlich verfassungsmäßig - das große Aufwaschen kommt, das soll man unsere Sorge sein lassen.

Hochverrat

26. Februar 1931 Beim Leipziger Hochverratsprozeß gegen die jungen Ulmer Offiziere trat an jenem denkwürdigen Tage, da Adolf Hitler unter Eid als Zeuge vernommen wurde, ein etwas dicklicher, fetter, dem Aussehen nach gutmütig jovialer Bürger auf, der als Zeuge zur Sache vernommen wurde: der Landgerichtsdirektor Braune, weiland Untersuchungsrichter des hohen Leipziger Gerichtshofes. Und bei seiner Vernehmung begab sich etwas außerordentlich Merkwürdiges : Mit einemmal stand diesem Herrn, der vor den Schranken des Gerichts den treuherzigen Biedermann zu spielen versuchte, eine entschlossene Front von Gegnern gegenüber. Die Angeklag , ten, die Verteidiger, sämtliche Zeugen waren plötzlich wie elektriſiert. Und 6 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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das bedauernswerte Opfer, das da stotternd und etwas betroffen seine Aussagen machte, wurde überdeckt mit Zwischenrufen, mit Sottiſen, mit hingemurmelten Vorwürfen und laut ausgestoßenen Anklagen, daß einen am Ende sogar so etwas wie Mitleid überkommen konnte. Die Offiziere auf der Anklage und die Mitspieler auf der Zeugenbank erzählten dem hohen Gerichtshof, wie dieser feine Herr die Untersuchung geführt hatte, und es stellte sich das Unglaubliche heraus, daß der Landgerichtsdirektor Braune bei der Verhaftung der drei Offiziere nicht davor zurückgeschreckt war, die Weigerung des Regimentskommandeurs, die Verhaftung der Offiziere vor den Augen der Truppen vornehmen zu laſſen, dadurch wegzureden, daß er sich fälschlicherweise auf die Zustimmung des Reichswehr. ministeriums und des Reichspräsidenten berief. Und dann ging der Mann geduckt und gebrochen wieder an seinen Platz zurück. Und ein jeder, der Zeuge dieſer moralischen Stäupung gewesen war, dachte bei sich : „Verfangen und vertan. Der Mann ist erledigt." Was sollte das schon bedeuten, daß am anderen Tage der Vorsitzende des Gerichtshofes für ihn eine warme Lanze einlegte. Das klang so matt, da war so wenig das Herz dabei, daß Herr Braune selbst wohl keine Freude daran gehabt haben mag. Es war ein strategischer Rückzug mit blinden Schüssen, und man mußte mit fug und Recht annehmen, daß das Opfer dieses Waffenganges nun in der Tat auch mauſetot auf dem Schlachtfeld liegenblieb. Und sieh' da, nach einer kurzen Erholungspause tritt mit einemmal besagter Herr Braune wieder seine ruhmvolle Tätigkeit an. Und zwar nicht etwa in einem neuen Ressort des großen Arbeitsbereichs der deutschen Justiz, nicht an einem Posten, an dem man ihn nicht sieht und der keineswegs den Augen einer beobachtenden öffentlichkeit ausgesetzt ist, sondern ganz im Gegenteil in der Sache, in der er bisher tätig war, und wie es den Anschein hat, mit denselben Methoden, nach denen er bisher dieser Tätigkeit oblag. Herr Braune hat den ehrenvollen Auftrag, das nun seit zwei Jahren gegen den Schreiber dieser Zeilen laufende Hochverratsverfahren vorzuuntersuchen". Es haben in dieser Angelegenheit ich weiß nicht wie viele Vernehmungen des Angeklagten bereits stattgefunden. Aber das Material, das mir dabei vorgehalten wurde, war so albern, so dumm und plump und blödsinnig, daß ich am Ende erklärte, ich verweigerte überhaupt jede Aussage und beschränkte mich darauf, zu betonen, daß das, was ich zu sagen hätte, zur rechten Zeit in Leipzig gesagt würde. Der Hochverrat, den ich angeblich begangen habe, wird gesucht in Reden, Schriften und Aufsätzen, die fast ausnahmslos in den Jahren 1926 und 1927 liegen. Es stört die hohen Herren dabei nicht, daß sollte es sich dabei in der Tat um Strafbares handeln das längst schon durch die damals im Reichstag beschlossene Amnestie erledigt ist. Man will eine fortgesetzte Handlung konstruieren . Und nun werden zeugenvernehmungen gemacht, die in der Tat das Absurdeste darstellen, was die arg lädierte Göttin Gerechtigkeit seit 1918 sich in Deutschland bisher geleistet hat. Man fragt beispielsweise einen Teilnehmer des Bernauer Märkertages im Jahre 1927, ob das, was über meine Rede damals in der „Deutschen Zeitung" gestanden habe, dem Wortlaut entſpräche, den ich gebraucht hätte. Und wundert sich dann noch, wenn der Vernommene lächelnd erklärt, daß es ihm leider nicht möglich sei, nach vier Jahren, wo ein hohes Gericht 82

auf den Gedanken kommt, einen Hochverrat zu konstruieren, festzustellen, ob in der Tat dort ein Hochverrat begangen worden ist. Man wird den Eindruck nicht los, daß die Derzeitigen Lust und Leigung verspüren, eine Veuauflage ihrer Selbstentlarvung beim Leipziger Reichswehrprozeß mit Gewalt zu provozieren. Man soll nicht glauben, daß wir uns dem widerſegen wollten . Ein Hochverratsprozeß ist immer etwas Angenehmes, wenn der, der dabei angeklagt ist, sich bewußt ist, zeit seines Lebens für das Hohe und gegen das iedrige gekämpft zu haben. Es bereitet kein Vergnügen, unter den gegenwärtigen Verhältnissen Männer anzuklagen, die den schamlosen Vorgängen in der deutschen Politik, die am Ende zum Ruin des ganzen Volkes geführt haben, mit Mut und Wahrhaftigkeit entgegengetreten sind. Vielleicht könnte man dem System einen Gefallen tun, wenn man ihm den guten Rat gäbe, davon Abstand zu nehmen, sich weiterhin in eine Sackgasse hineinzureiten, aus der es am Ende keinen Ausweg mehr finden wird. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, der heutigen Politik und ihren Angestellten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ſie davor zu bewahren, sich so gut zu blamieren, wie sie kann. Sie soll tun, was sie nicht lassen will, aber sich dann, wenn die Entwicklung nicht mehr zurückgepfiffen werden kann, auch nicht darüber beklagen, daß sie ihr Leidtragender ist. Wer das Hohe verriet und das Niedrige tat, das soll noch einmal in Leipzig vor den Augen der ganzen Welt erhärtet werden. Immerzu : Wir freuen uns darauf, von dieſer Tribüne herab dem erwachenden Volk die Wahrheit ſagen zu können, und sind der überzeugung, daß die, die uns dazu zwingen, keine ganze Freude daran haben werden.

Wo bleibt der zweite Mann ?

27. Februar 1931 Am 9. November 1918 ist die rote Bonzokratie von den Barrikaden her. untergestiegen und hat ſich ſchmagzend und selbstgefällig an die fettnäpfe und Futterkrippen des Systems gesetzt. Seitdem ist mit dem Marxismus in Deutſchland, wie man ſo ſagt, nichts mehr los. Zwar gelang es den Wortverdrehern im " Vorwärts" die ersten Jahre noch, das betrogene Volk weiterhin irrezuführen. Aber nur deshalb, weil die Sozialdemokratische Partei nicht davor zurückschreckte, den deutschen Nationalbesitz, den sie selbst nicht erworben, sondern nur ererbt hatte, restlos zu vertun, um damit den arbeitenden Massen ein Leben vorzutäuschen, das in Wirklichkeit nicht im mindesten der währen deutschen Lage entsprach. Sie haben in den Ämtern und Behörden sozialisiert und gesiedelt, so wie sie es dem Volke versprochen hatten. Aber nicht für die, die sie auf den Thron gehoben hatten, sondern für ihre eigene höchstwerte Person. Die Jakobinermüze vertauschten sie mit dem Zylinder, und gar bald erlernten sie, sich ungeniert und ohne Stolpern auf den parlamentariſchen und diplomatischen Parketten zu bewegen. Aber das war nur die Technik, die ja erlernt werden kann und wohl auch erlernt werden muß. Das Wesen der Politik aber blieb ihnen fremd und verſchloſſen, und sie hatten wohl auch im legten Grunde gar kein Intereſſe

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daran, große staatsmännische Leistungen zu vollbringen. Sie waren gegen das kaiserliche Regime nur angerannt aus einem verdrängten Heidkomplex heraus. Sie wollten nicht die bürgerliche Gesellschaft vernichten - ganz im Gegenteil: sie wollten selbst Bürger werden, und wo das für sie erreichbar war, haben sie sich wohnlich im kapitaliſtiſchen System eingerichtet. Das ging an die zehn Jahre gut. Die Maſſen, die für ſie auf die Straße gegangen waren und das Pflaster der Großstädte mit ihrem Blut gerötet hatten, um eine neue Zukunft einzuholen, verliefen sich gar bald. Ihre Wortführer wurden mit Pfründen und Sinekuren ausgehalten, und dann sank über Deutſchland das große Schweigen. Aber in diesem Schweigen grollte schon das Gewitter einer neuen Volks erhebung, die sich in ersten Anfängen in der nationalsozialiſtiſchen Bewegung ankündigte. Hier trat dem Marrismus eine Partei entgegen, die beileibe nicht mit irgendeinem zahmen Bürgerverein verglichen werden konnte. Sie hatte der roten front die ewig gültigen und ewig gleichbleiben. den Gesetze des Erfolges abgelauscht : Man muß für ſeine Sache einstehen, muß sie mit Leidenschaft und fanatismus vorwärtstragen, darf sich nie mals bereitfinden laſſen, mit einer Welt, die man bekämpfen und beseitigen will, Kompromisse einzugehen; und am Ende entscheiden die stärkeren Verven und der längere Atem. Und siehe da, diese junge Bewegung eroberte die Straße, sie fing die großen, enttäuschten, vom Marrismus abwandernden Massen auf, formte sie geistig und weltanschaulich um und gliederte ſie in ihre aufmarschierende neue front ein. Das war ein Prozeß, der für die Augen der öffentlichkeit ziemlich unbemerkt vor sich ging. Und darüber hinaus waren die Postenkleber und Diätenschlucker auch viel zu erhaben und hochmütig, um davon überhaupt Votiz zu nehmen. Der 14. September 1930 war das fanal. Da zeigte sich zum erstenmal, in wie weitem Maße die nationalsozialiſtiſche Bewegung Einbruch genom men hatte in die breiten Massen und wie sehr das Herz des Volkes auf ihrer Seite war und mit dem Marschschritt der braunen Bataillone im gleichen Takt schlug. Und da war denn für die rote Bonzokratie Matthäi am legten. Sie fühlte sich im ungestörten Genuß der sicheren Pfründe bedroht und wandte sich nun wieder an das Volk, das sie zehn Jahre lang nicht gekannt hatte und das unterdes ihren Händen längst entglitten war. Sie machten den verzweifelten Versuch, den Zylinder wieder mit der Jakobinermütze zu vertauschen - aber sie paßte nicht mehr und war nur ein schreiendes Gegenstück zu den auf Taille gearbeiteten Diplomaten. fräcken, die sie ansonst als getreue Schüler des von ihnen ehemals so bierehrlich bekämpften, verruchten alten Regimes zu tragen pflegten. Das Volk hat für derlei Dinge ein halbes Ohr. Es läßt sich auf die Dauer keinen blauen Dunst vormachen und weiß sehr wohl Phrase und Wahrheit zu unterscheiden. Und da zeigte sich nun das Wunderbare: Alles das, was die roten Bonzen nunmehr unternahmen, war untauglicher Versuch am untauglichen Objekt. Ihre schreierischen Parolen wirkten schal und abgestanden. Es glühte darin kein Feuer, und es schlug hindurch keine Flamme der Leidenschaft. Das war alles so müde, so resigniert, so für den eigenen Parteipferch zugeschnitten, daß es das Gegenteil von dem erwirkte, was es eigentlich bezwecken sollte. Die Demokratie - sie mag sich sozial verbrämen wie auch immer —- ist heute keine zugkräftige Parole mehr. Die Zustände des öffentlichen Lebens 84

widerlegen stärker und stärker die matten Redensarten, mit denen man sie im herrschenden Regime zu erklären versucht. Es nützt ihnen nichts mehr, wenn sie heute darauf verweisen, das alles sei unvermeidliche Folge des verlorenen Krieges; denn der kleine Mann aus dem Volke hält ihnen mit Recht entgegen, daß sie ja den Krieg verlieren wollten, daß sie es waren, die am 28. Oktober 1918 im Vorwärts" die Parole ausgaben, es sei die Aufgabe der deutschen Sozialisten, die Kriegsflagge zu streichen, ohne sie das letztemal siegreich heimgebracht zu haben"; daß sie es waren, die den Verlust des Krieges bagatelliſierten und dem Volke zuriefen, es habe trogdem auf der ganzen Linie gesiegt. „Wo bleibt der zweite Mann?" — das ist der letzte Angstschrei des herr, schenden roten Regimes; und der Zeitgenosse gibt ihm lächelnd zur Antwort: „Das möchte ich auch gerne wissen.“ Der zweite Mann steht längst bei uns, und der erste ist eben im Begriff, zu uns überzuschwenken . Da helfen keine Gummiknüppel und keine Schutzformationen. Das ist ein geistiger Um bruch, den keine Macht der Welt mehr aufhalten kann. Die nationalſozialiſtiſche Bewegung verspürt keinerlei Veranlassung, sich gegen das rote Angstgeschrei zur Wehr zu segen. Sie sammelt in einem organischen Umformungsprozeß das ganze Volk hinter sich und antwortet auf die rote Parole mit der Gegenfrage: "IWo bleibt der legte Mann ?" Der legte Mann, der eben im Begriff steht, den roten Hakenkreuzſtan, darten zu folgen, sich dem aufmarschierenden jungen Deutschland anzuschließen und dem System den Rampf anzusagen, auf daß der Tag bald komme, an dem über Deutschland die Sonne wieder aufgeht.

Wie lange noch, Catilina?

28. februar 1931 Die lieben Juden, die in Deutschland unsere Gastfreundschaft miß, brauchen, führen oft und beweglich Klage darüber, daß der Ton in nationalsozialistischen Versammlungen und Zeitungen ſo aggreſſiv und roh sei, daß er am Ende die Maſſen, die nur mit primitivem Verständnis die Dinge in sich aufnehmen, zu Gewalttätigkeiten und pogromartigen Ausschreitungen geradezu aufreize. Man beliebt sich da in der Rolle der ver folgten Unschuld und möchte die Öffentlichkeit gern glauben machen. man selbst sei der Wärter für Tugend und Anstand, man führe immer eine gesittete und seriöse Sprache, und nur die verfluchten Nazis wären es, die das politische Leben so in den Rot der Straße heruntergezogen hätten. Deshalb plädieren die Juden auch dafür, daß uns in den Parlamenten die Immunität genommen wird; denn Schimpffrei. heit, so sagen sie, hat nichts mit demokratischer Meinungs- und Gewissens. freiheit zu tun. Das klingt alles sehr schön und gut. Aber wenn man näher zuſchaut, wird man sehr bald gewahr, daß hier Ursache mit Wirkung verwechselt wird. Der Antisemitismus wird immer in seinem Anfang von Juden propagiert. Nicht wir hetzen das Volk gegen die Juden auf, sondern das Volk nimmt berechtigten Anstoß an dem unverschämten und frechen Trei, ben, das die semitische Nomadenschaft unter Bruch des Gastrechts sich auf deutschem Boden dem deutschen Volk gegenüber leistet. 85

Wir haben es mit Prinzip vermieden, auf persönliche Anrempelungen in der Judenpresse irgendwie zu reagieren. Wir gehören zu jenen glücklichen Menschen, die von Juden nicht beleidigt werden können. Lesen wir in jüdischen Gazetten massive Angriffe gegen uns, dann ist uns das immer nur eine Bestätigung der Richtigkeit unseres politischen Handelns. Und Schrammen, die wir uns im Rampf gegen das Judentum zuziehen, sind für uns nur Ehrennarben. Hin und wieder jedoch machen wir uns das Spaßvergnügen, auf Reisen oder so ein typisch jüdiſches Journal zu kaufen, und nach aufmerksamer Lektüre kommen wir immer wieder zu demselben Ergebnis : Diese Juden sind es eigentlich, die uns die Arbeit leicht machen. Gehen wir z. B. nach vielen arbeitsreichen Tagen gelegentlich einmal bescheiden in ein Theater, so steht am andern Tag in der Judenpreſſe zu lesen, wir hätten in frack und Würden in der Loge paradiert. Ist einer von uns in der Lage, sich für ſeinen Dienst ein Auto zu halten, so heißt das am andern Tage: 48 000 Mark in den Ramin geschrieben! Was hätten die armen Erwerbslosen davon ! Wie man's macht, so macht man's verkehrt. Wir haben es längst aufgegeben, uns persönlich dagegen zu verteidigen. Das ist es aber nicht, was wir meinen. Ein anständiger Deutscher lese einmal eine lummer der " Weltbühne“, und er muß schon einen seelischen oder geistigen Defekt haben, um aus dieſem literarischen Unrat nicht als glühender Antisemit herauszusteigen. Seht die letzte ummer dieses be merkenswerten Organs! Dort steht ein „ Gedicht“ zu lesen unter der überschrift: "Joebbels." Wir setzen nur eine Strophe dieses Poems als Rostprobe hierhin : „Du bist mit irgendwat zu kurz gekomm, Nu rächſte dir, nu lechſte los. Dir hamm se woll zu früh aus Vest jenomm! Du bist keen Heros, det markierste bloß. Du hast❜n Buckel, Mensch - du bist nich richtig ! Du bist bloß laut - sonst biste jahnich wichtig ! Reen Schütze een Porzellanzerschmeißer, Reen Führer biste - bloß 'n Reißer, Josef, du bist een jroßer Mann!" Wir ersparen uns dazu jeden Kommentar. Wir bemerken nur, daß der Verfasser jener berüchtigte Theobald Tiger ist, der unter den wechselnden Pseudonyms Raspar Hauser und Peter Panter, mit seinem richtigen Namen Kurt Tucholski geheißen, Woche für Woche alles, was deutsch in Deutſch. land ist, verhöhnt und mit dem Spülicht seines verdorbenen und kranken Gehirns überschüttet. Es ist derselbe, der in seinem Buch „Deutschland über alles" ein Photomontagebild deutscher Generale veröffentlichte mit der Unterschrift: „Tiere ſehen dich an!" Derselbe, der erklärte, er würde jeder. zeit bereit sein, jedes deutsche Militärgeheimnis an das feindliche Ausland zu verraten; der ungestraft schreiben konnte, im Kriege habe jeder Offizier bis zum Feldwebel abwärts mit der Mutter Germania gehurt. Derselbe, der sich stolz brüsten durfte, er habe sich während des Krieges nach besten Kräften gedrückt, und er werde das auch in Zukunft tun. So etwas erfrecht sich nun, ungeachtet der Tatsache, daß heute schon zehn Millionen der besten Deutſchen fanatiſcher denn je entſchloſſen ſind, diesem Zivilisationsunrat ein Ende zu bereiten, deutsche Politiker, die 86

immerhin die Wortführer dieſer zehn Millionen sind, öffentlich anzuspeien, und schreit dann zeter und Mordio, wenn in Deutschland der Antisemitis. mus wächst und der Judenhaß in den breiten Massen Formen angenommen hat, die, ohne daß einer dazu aufzurufen brauchte, gewaltsam zu Entladungen drängen. Wir könnten dieses eine Beispiel, das uns charakteristisch erscheint, verzehn- und verhundertfachen. Wir führen es nicht an, etwa um unserer Wut und Empörung Ausdruck zu verleihen. Im Gegenteil ! Wir können nur dankbar dafür sein, daß sich unter den schreibenden Juden immer einige finden, die das offen aussprechen, was die anderen geschickt zu verbergen verstehen. Wir haben nicht die Absicht, der jüdischen Gefahr mit einem Pogrom zu begegnen. Die Art und Weise, wie man in Deutſchland die Judenfrage einmal lösen wird, hängt ganz davon ab, wie die Mehrheit des Volkes diese Löſung will und verlangt. Über man soll sich auf der Gegenſeite nicht wundern, wenn es dann aus dem Wald so herausschallt, wie man hineingerufen hat. Man verfällt dort einem verhängnisvollen Jrr. tum, wenn man aus der Tatsache, daß wir uns gegen derlei abgefeimte Infamien nicht zur Wehr ſegen, schließen zu dürfen glaubt, wir betrach teten uns schon als freiwild der literarisch-jüdischen Anarchie und hätten uns mit dem Zuſtand, daß man uns ungestraft in Deutſchland Tag für Tag mit Rot bewerfen darf, bereits abgefunden. Vlichts von alledem! Wir nehmen das schweigend zur Kenntnis. Aber je niederträchtiger die Art und Weise wird, mit der man uns auf jüdiſcher Seite entgegentritt, um so radikaler wird unſer Aktivismus und um so leidenschaftlicher unser Wille, diesem Zustand legal ein Ende zu machen. Voch keiner von uns ist unter dem Trommelfeuer der jüdiſchen Verleumdung zusammengebrochen. Aber viele von uns wären nicht so unerbittlich, wie sie sind, hätte man sie nicht Tag für Tag durch Verfolgung und Verleumdung hart gehämmert und eisern geschmiedet. Vichts liegt uns ferner, als uns zu verteidigen. Unsere Waffe iſt ſeit je der Angriff gewesen ! Wir unterbreiten nur diese Felonie der Aufmerkſamfeit eines geneigten deutschen Publikums und fragen, zur Gegenseite hinüber gewandt: Wie lange noch, Catilina, willst du unsere Geduld und Langmut mißbrauchen?!"

Vazigefahr beseitigt

3. März 1931 Die armen Juden! un stehen sie in den Ecken und weinen; und hatten sich doch vorgenommen, wieder Mut zu zeigen und eine aufrechte, heroische Haltung. Aber es ist schwer, unter den gegenwärtigen Verhältnissen in Deutschland zum auserwählten Volk zu gehören; und je mehr sie sich auf den Schutz der Staatsgewalt berufen, um so dünner werden die Sym pathien, die sie beim deutschen Volk genießen. Der Nationalsozialismus ist die drohende Gefahr, die ihnen keine Ruhe mehr läßt bei Tag und bei Nacht; und so werden sie nicht müde, sich selbst Mut einzuflößen und Haltung einzureden, und wo einer der gegenwärtigen hohen Herren sie in diesem löblichen Bestreben unterstützt, da fließen sie über vor devoter Dankbarkeit. 87

Es ist gerade vierzehn Tage her, da versammelte der Preußische Innenminister Severing die Oberpräsidenten ſeines Amtsbereichs, und das große Thema dieser Besprechung war wie immer: der Nationalsozialismus. Man unterhielt sich über Abwehrmaßnahmen und Aussichten für die nähere Zukunft und faßte dann das Ergebnis dieser Besprechungen in den klaſſiſchen Worten zusammen : „Vazigefahr beseitigt ! " Übends schrien es die Aſphaltblätter der Reichshauptstadt in die Ohren, und der kleine Cohn aus der Redaktionsstube fühlte sich wieder und war eitel Wonne und Zufriedenheit. Die Fieberkurve hat ihren Höhepunkt überschritten. Das war der magere Trost, mit dem sie sich in den Zeiten der Bedrängnis kümmerlich zu nähren versuchten. Sie redeten sich das selbst ein . Zum Teil glaubten sie es tatsächlich, zum Teil aber ſagten ſie es nur zur Beruhigung der eigenen schlotternden Angst und bloßen Furcht; und mit Zittern und Zagen sahen sie dem nächsten Volksurteil entgegen . Sie haben keine Mühe gescheut. Die größten Kanonen des demokratisch, republikanischen Deutschland mußten aufmarschieren, um der Bevölkerung des kleinen Braunschweiger Landes klarzumachen, welch ein verächtlicher Auswurf der menschlichen_Gesellschaft der Nationalsozialismus ſei. Herr • Dietrich sprach und Herr Severing sprach. Es galt, mit allen Mitteln die rote Mehrheit des Landes zu halten; denn man war ſich darüber klar, daß diese Wahlen mehr als lokalen Charakter hatten. Sie waren von eminent politischer Bedeutung. Man wollte an ihnen feststellen, wie das Barometer der Volksstimmung seit den Wahlen vom 14. September 1930 gegangen war. un sind sie in tiefe Traurigkeit gefallen. Am Sonntagabend noch raffte sich ein edler, streitbarer Makkabäer aus der ruhmreichen Dynaſtie Ullstein zu einer Tat verzweifelten Heroismus auf und rief in schreiender Großſchlagzeile: „Vazirückgang bei Braunschweig-Wahlen !" Aber das war eine Freude von kurzer Dauer. Der Wunsch war Vater dieses Gedankens, und wie wenig er mit den wahren Tatsachen übereinstimmte, das bewies einerseits der Umstand, daß diese überschrift fabriziert wurde, bevor man überhaupt auch nur ein einziges Ergebnis aus Braunschweig zur Hand hatte, und zweitens der Umstand, daß das genaue Gegenteil davon schon in einigen Stunden ruchbar wurde: Die Maziwelle ist nicht im Rückgang und durchaus nicht zum Stillstand gekommen. Ganz im Gegenteil! Sie ist weiter gestiegen, normal und organiſch, und trotz der geringeren Wahlbeteiligung, die natürlicherweise immer bei weniger bedeutenden Wahlen eintritt, haben die Nationalsozialisten in Braunschweig ihre Stimmenzahl von 67 000 auf 80 000 erhöhen können. Der Zuwachs von 13 000 Stimmen bedeutet eine Vermehrung um rund 20 Prozent. Rechnet man hinzu die geringere Wahlbeteiligung, so wird man zu dem Ergebnis kommen, daß der Nationalsozialismus seit dem 14. September 1930 eine Steigerung seiner Wahlziffern um rund ein Drittel feines vorigen Bestandes erkämpft hat. Und nun ist Panik im Lager der Regierung. Die Mittelparteien, die im Reichstag mit der Sozialdemokratie zusammen regieren, sind vernichtend aufs Haupt geschlagen worden. Von der Staatspartei sind nur noch Atome übriggeblieben. Die Sozialdemokratische Partei hat 13 000 Stimmen, das macht über zehn Prozent ihres Bestandes vom September 1930, verloren . Die Kommunistische Partei hat davon nicht einmal die Hälfte gewonnen. Ein Teil des Verlustes ist zwar auf Ronto der geringeren Wahlbeteiligung zu schreiben, aber der andere größere Teil ist dem Nationalsozialismus 888

zugute gekommen. Erinnert Ihr Euch noch, wie sie schrien, die National. sozialisten hätten mit ihrem Auszug aus dem Reichstag die kapitalſte Dummheit begangen, und bei der nächsten Wahl würde das Volk ihnen die Quittung überreichen ? Wißt Ihr noch, wie sie uns verleumdeten und das Blaue vom Himmel herunterlogen, wie sie sich selbst Mut einredeten, es wäre nun endgültig mit dieser Nazipest zu Ende, und das Geschrei ihrer Redner im Lande sei nur Hysterie und Großsprecherei : Habt Ihr noch nicht vergessen, wie sie uns durch Haussuchungen und Parteiverbote mürbe zu machen versuchten ? Nun hat das Volk wieder einmal gesprochen. Zwar nur in einem kleinen Lande; aber es wird niemand zu widersprechen wagen, wenn wir behaupten, würde man in ganz Deutſchland das Volk noch einmal über die gegenwärtige Reichspolitik zur Entscheidung aufrufen, der Nationalsozialismus würde als stärkste Partei mit annähernd zweihundert Mandaten in das hohe Haus am Plag der Republik Einzug halten. Wir geben uns nicht der eitlen Hoffnung hin, die Regierung würde aus dieſen Vorgängen lernen . Wir sind vielmehr der Meinung, es wird im alten Schritt und Tritt weitergehen, und im Lager der Erfüllungsparteien steckt man weiterhin, nach dem Beispiel des Vogel Strauß, den Kopf in den Sand und glaubt, was man nicht ſieht, das sei auch nicht da. Wir beklagen uns darüber mitnichten. Wir begrüßen es, daß man in amtlichen Kreiſen die „ Vazigefahr“ zu bagatellisieren versucht und uns auch fernerhin nicht ernst nimmt. Um so ungestörter können wir arbeiten und um so vernichtender wird einmal das Volk mit der gegenwärtigen Regiererei Abrechnung halten . Die nationale Opposition hat in dieſen Tagen offiziell_verlautbaren Lassen, sie habe nicht im geringsten die Absicht, in den Restreichstag zurück. zukehren, und auch die angſtſchlotternde Mahnung zur „Verantwortlichkeit", wie sie ihr jetzt in steigendem Maße von mittelparteilichen Politikern entgegengehalten wird, könne auf sie keinerlei Eindruck machen. Vielleicht wird die Regierung nun auch selbst bald zu der Erkenntnis kommen, daß etwas geschehen muß, daß die Dinge so nicht weiterlaufen können, und daß es nicht angeht, die bürgerlichen Parteien dazu zu veranlassen, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen. Die Ralkulation auf allmähliche Vereifung und Lahmlegung der nationalsozialistischen Bewegung ist irrig gewesen. Der Nationalsozialismus ist da. Seine Gefahr für die rote und bürgerliche Bonzokratie ist nicht beseitigt, sondern in ständigem. Wachsen begriffen. An dem Angstgestotter der jüdischen Presse kann man erkennen, wie das bedrohte gegnerische Lager in Wirklichkeit die augenblickliche Situation sieht und einschätzt. Wir haben keine Veranlassung, unsere Politik zu ändern. Sie bleibt so, wie sie war und wie sie ist. Es wird weiter gefochten! Braunschweig war nur ein Atemholen. Es werden neue Schläge folgen, bis eines Tages zwangsläufig die Entscheidung fällt !

Die Kanäle der Verantwortung 4. März 1931 Der 14. September 1930 kam für die Herren von heute einigermaßen überraschend. Sie hatten zwar mit einem großen Zuwachs für die National-

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sozialisten gerechnet, aber immerhin meinten sie doch der berechtigten Hoff. nung Ausdruck geben zu können, daß dieser Zuwachs wenigstens gesittete Formen behalten würde. Dann aber schlug die Bewegung ihnen über den Kopf zusammen, und nun standen sie tagelang zitternd und schlotternd an der Klagemauer und weinten. Gewiß, sie erholten sich wieder. Sie rankten ſich auf, wie das Schlinggewächs an der Eiche, an ihrem großen Mann Brüning. Sie redeten sich einander Mut zu, und es dauerte dann nicht lange mehr, da waren sie wieder die Alten: Aufgeschwellt von politischer Verantwortung redeten ſie im Namen von Gesittung und Recht, warfen sich als wahre Staatserhalter auf und wollten die öffentlichkeit glauben_machen, ohne sie ginge es nun einmal nicht. Der nationalsozialistischen Bewegung gegenüber, die ohne ihr Zutun, ja, gegen ihren Willen, zur zweitſtärksten Partei Deutschlands geworden war, wollten sie den Anstands- und Lehrmeister spielen, sie steckten die Röpfe zusammen und brüteten über die Frage, ob der Vationalsozialismus überhaupt regierungsfähig sei und ein anständiger Mensch d. h. was sie so unter Anstand verstehen mit ihnen in eine gemein. ſame Roalition eintreten könne. Und dann erfanden sie das Wort von den „ Kanälen staatspolitischer Verantwortung", in die die nationalsozialistische Hochflut hineinzulenken angeblich ihre große patriotische Aufgabe sei. Sie hatten es sich so gedacht: Sie wollten uns mit drakonischen Kneblungsparagraphen im Lande und im Parlament den Mund verbieten, sozusagen aus den wilden Männern zahme und wohldressierte, brave Zeitgenossen machen, die auf Rommando der bankrotten Tributpolitiker apportierten und kuschten. Als Gegengabe wollten sie uns dann ihre allerhöchste Anerkennung aussprechen. Sie wollten uns feierlich für hoffähig erklären und einen heiligen Eid leisten, nun nicht mehr die Vertreter unserer Bewegung, für die immerhin 6,5 Mil. lionen und heute wohl jo Millionen ihre Stimmen abgegeben hatten bzw. abgeben würden, geradezu als Verbrecher zu verschreien und in ihnen den Abhub und Abſchaum der menschlichen Geſellſchaft zu sehen. Man kann ihre Empörung verstehen darüber, daß wir Nationalsozialiſten keinerlei eigung zeigten, uns ihren Dressurmethoden zu unterwerfen. Wir waren rauh und hart und ungebärdig und sagten es ihnen ins Gesicht, was sie meinten und wollten, das gehe uns einen Dreck an. Wir hätten unser Mandat nicht von ihnen, sondern vom Volk, und zwar gegen sie erhalten, und unsere Wähler forderten mit Recht, daß wir unserem Rurſe treu blieben und nicht unsere Hand dazu böten, eine Politik weiter fortzusetzen, die sich vor dem Lande und vor der Welt als undurchführbar und verantwortungslos längst schon selbst gekennzeichnet hatte. Dann gebrauchten sie abwechselnd Zuckerbrot und Peitsche. Mit der einen Hand streichelten sie uns und mit der anderen versuchten sie, uns zu prügeln. Und waren dann höchlichst erstaunt, wenn wir bei dieſen plumpen Frechheiten nach hinten austraten und die Majestät der demokratischen Erfüllungspolitik hier und da eins dabei abbekam. Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie schnell eine Partei zum Ruschen gebracht werden kann, wenn man ihr die Faust unter die Waſe ſegt. Und so panzerten sie sich denn mit dem Rüstzeug parlamentarischen Verfassungs. bruchsalles in der Hoffnung, doch noch unsere heiße Flamme auf Eis Legen zu können. Vielleicht nicht einmal, um sie überhaupt zu beseitigen,

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fondern nur, um sie auf den stillen, häuslichen Herd ihrer parlamentarischen Geschäftspolitik zu begrenzen, so daß sie sich immer noch im Bedarfsfalle die klammen finger daran wärmen konnten. Das ist nun vorbei. Mit einem rauhen und schrillen Abgesang hat die deutschbewußte Opposition den Tributreichstag verlassen. Und während nun die demokratischen Rapitolswächter unter sich den Etat beraten, stehen die Agitatoren des deutschen Deutschland wieder vor den breiten Maſſen, und die Welle, von der man glaubte, daß ſie endgültig abgeflaut ſei, kommt wieder in Hochflut. Auch Herr Dingeldey von der Volkspartei hat so seine Sorgen. Es wär' zu schön gewesen : im Reichstag die Wahl zu haben zwischen SPD. und nationaler Opposition ; Außen- und Finanzpolitik mit den roten Arbeiterverrätern zu machen, dagegen aber die Verantwortung für den Wehr- und Agraretat der deutschen Opposition aufzubürden. Aber wie wäre das möglich, wo diese Oppoſition einfach durch Abwesenheit glänzt ? Sie nähren sich mit der trügerischen Hoffnung, wir könnten eines Tages doch wiederkom men, und nun flöten sie, süß wie der Vogelfänger, um das entflogene Gefieder wieder auf ihren parlamentarischen Leim zu locken. „Die nationalsozialiſtiſche Bewegung hätte wertvolles Material zur Aufbauarbeit liefern können ", sagte Herr Dingeldey in Köln. Ein dröhnendes Gelächter aus unseren Reihen ist die Antwort. „Unklarheit und Ver. schwommenheit kennzeichnen die Handlungsweise dieser Bewegung." Bravo, bravissimo; das klingt in der Tat überzeugend aus dem Munde des Führers der Partei, die seit Stresemanns ruhmreichem Wirken die Linie der Klarheit und der Konsequenz niemals verlaſſen hat. „Der Auszug der Nationalsozialisten aus dem Reichstage zeige, daß die führer ihrer Aufgabe nicht im entferntesten gewachsen seien“, nämlich der Aufgabe, den Tributparteien ihren Betrug am Volke zu erleichtern und ihnen die Mög lichkeit zu geben, sich im Bedarfsfalle immer wieder hinter anonyme Mehr. heiten nach rechts oder nach links zu verstecken. Die Worte eines nationalfozialistischen Abgeordneten : „Was wir einmal tun werden, wenn wir die macht haben, das geht niemanden etwas an", bezeugen das leichtfertige Spiel, das die Nationalsozialisten mit den Lebensintereffen des deutschen Volkes treiben." Ich bekenne mich schuldig. Befagter Abgeordneter bin ich. Und in der Tat stehe ich zu diesen Worten. Was wir mit der Macht, die das deutsche Volk in unsere Hände legt, einmal tun werden und wollen, das geht in der Tat niemanden, vor allem nicht Herrn Dingeldey, etwas an. Das geht nur das Volk etwas an. Mit seinen Lebensinteressen wird dabei durchaus kein leichtfertiges Spiel getrieben ; wohl aber werden die Lebensinteressen der Deutschen Volkspartei dabei auf das bedenklichste in Gefahr geraten. Die Herren, die heute in dem Hohen Hauſe am Platz der Republik noch ihre Sessel wärmen, sollen etwas vorsichtiger sein, wenn sie von der nationalsozialistischen Bewegung reden. Je länger sie zuwarten, desto mehr bildet sich der Zustand heraus, daß diese Bewegung und das deutsche Volk ein und dasselbe sind. Wir glauben der Meinung Ausdruck geben zu dürfen, daß das deutsche Volk sich solche und ähnliche Verhöhnungen auf die Dauer nicht gefallen läßt. Die Kanäle parlamentarisch-staatspolitischer Verantwortung sind längst eingetrocknet. Die große Welle deutscher Volks. bewußtheit hat sich ein neues Flußbett gesucht. Da rauscht sie nun in 91

breitem majestätischem Strom dahin; und es wird nicht lange mehr dauern, dann wird sie einmünden in das Meer deutscher Freiheit. Wer sollte dann noch von den moderigen Tümpeln reden, die an den Rändern dieser Riesenwelle versickern und vertrocknen und von denen die Parteipäpste behaupten, es seien die Kanäle der Verantwortung.

Der Wehretat

5. März 1931 Es geht der Sozialdemokratie nicht gut. Der olle, ehrliche „Vorwärts” sucht seine trostlose Verlegenheit in harmlosen Scherzen abzureagieren. Aber wer sich auf die Lektüre sozialdemokratischer Organe versteht, der sieht im Hintergrunde die Stampfer und Schiff bitterlich weinen. Es ist aus mit der jahrzehntelang so erfolgreich geübten Demagogie; nun müſſen die marristischen Wortverdreher Farbe bekennen. Bislang war das alles sehr einfach. Sie gingen in die Regierung, und wenn ihnen das schlecht bekam, schwenkten sie wieder zur Oppoſition ab. Sie verbrannten heute, was sie gestern noch anbeteten, und waren bereit, morgen wieder anzubeten, was sie heute noch verbrannten. Sie führten Wahlkämpfe gegen sich selbst und fanden gar nichts dabei, drei, vier Monate nach der Wahl, wenn sie in der Regierung saßen und die bösen Nationalsozialisten ihre eigenen Anträge aus der seligen Oppoſitionszeit wieder einbrachten, sie selbst lustig niederzustimmen. Sie trieben ein frevles Spiel auf dem Rücken der betrogenen Massen. Aber solange den roten Arbeiterverführern die Möglichkeit offen blieb, immer zwischen Reich und Preußen zu jonglieren und das eine gegen das andere auszukarten, waren sie davor gesichert, daß sie eines Tages dieses Spiel verloren. un ist es aus mit der Herrlichkeit ! Sie sind in die Zange genommen, und zwar so, daß sie kaum noch zu einem ruhigen Atemholen kommen . Im Reich müssen sie das „sozialreaktionäre Rabinett Brüning“, das ſie beim letzten Wahlkampf in der massivsten Weise angriffen, unterstützen ; ja, mehr noch, sie müssen mit ihm durch dick und dünn gehen. Und wo sie sich einmal ungebärdig zeigen, da kommt Herr Heß von der preußischen Zentrumsfraktion, droht mit dem Zeigefinger, und schon liegen die stolzen Rämpfer für die proletarische Weltrevolution auf den Bäuchen und flennen, man solle ihnen doch nicht die preußischen Pfründen nehmen, und sie wären gern wieder bereit, alles und alles zu schlucken. Und jetzt wirft Brüning ihnen den härtesten und unverdaulichſten Knochen vor. Man hatte bislang immer noch gehofft, die deutschbewußte Oppoſition werde in den Reichstag zurückkehren, um wenigstens den Wehretat anzunehmen. Diese Hoffnung wurde durch die Drohung unterstrichen, die SPD. könne unter Umständen den Wehretat zu Fall bringen und damit die nächste Zukunft der deutschen Reichswehr überhaupt vernichten. Nach. dem man nun allgemach zu der Erkenntnis gekommen ist, daß die nationale Opposition durchaus nicht wiederkehrt, ganz im Gegenteil, den berechtigten Standpunkt vertritt, Brüning und Groener sollen sich von denselben Parteien, mit denen sie ihre Finanz- und Innenpolitik machen, auch den Heeresetat bewilligen laſſen, ist nun tiefe Traurigkeit über die Roung, 26 92

Parteien im allgemeinen und über die SPD. im besonderen gekommen . Denn nun heißt es, Farbe bekennen oder es zum Bruch kommen lassen. Die Massen im Lande, ſoweit sie auf die sozialdemokratische Fahne schwören, haben kein Verständnis dafür, daß die Sozialdemokratie als wehrfeindliche Partei, die nun seit siebzig Jahren jeden Heeresetat abgelehnt hat, plötzlich ins militaristische Lager abschwenkt und gar noch die erste Rate für den Panzerkreuzer B bewilligt, der nach ihrer Ansicht vollkommen überflüssig, ja, im Hinblick auf den Weltfrieden ſchädlich und gefährlich erscheint. Was aber ist Brüning ohne die Reichswehr: Es ist doch ein offenes Geheimnis, daß die Parteien, die hinter ihm stehen, ihm keinen ausreichenden Schutz zu geben in der Lage sind. Wenn Schleicher nicht wäre, was wäre dann Brüning ?! Und wenn Schleicher seinen Heeresetat nicht bewilligt bekommt, was wird dann aus Brüning? Die SPD. tagt nun jeden Nachmittag bis in die späten Vlachtſtunden, und es spielen sich in ihren Reihen die erbittertsten Kämpfe um die einzuschlagende Taktik der Partei ab. Der linke Flügel will, daß mit Brüning gebrochen wird, daß man den Heeresetat ablehnt, daß man selbst Preußen zu verspielen bereit ist und wieder ins Volk zurückkehrt, um von hier aus den Rampf gegen die bürgerlichen Parteien aufzunehmen . Der rechte Flügel dagegen sitzt zu fest in den Pfründen, als daß er überhaupt noch mit der Möglichkeit rechnen wollte, sie je zu verlassen. An der Macht bleiben ! Die Macht einfegen! Auf bessere Zeiten warten ! Den Nationalsozialismus mit Verboten und Verfolgungen kirre machen und im übrigen sich der Polizei versichern für den Fall, daß einmal das Volk gegen die Bonzokratie sein Urteil abgibt! Das ist der Kurs, den die rechte Sozialdemokratie steuern will. Brüning läßt nicht locker. Er droht Tag für Tag mit Bruch der Preußenkoalition. Herr Heilmann, der sozialdemokratische Verbindungsmann zwi. schen Reichstag und Landtag, läuft herum wie ein gesträubter Rater, und der " Vorwärts" ist in bitterster Verlegenheit, wie er diese Parteimanöver ſeinen gutmütigen Lesern klar und plauſibel machen soll. An diesen Vorgängen mag man erkennen, wie gut die deutschbewußte Oppoſition daran tat, diesen Reichstag zu verlaſſen. Solange wir im Hohen Haus am Platz der Republik saßen, konnte man uns bekämpfen. Sobald wir aber diesen Kampfplag verließen und unsere Arbeit in eine andere Tätigkeitsebene verlegten, geraten sich die Zurückbleibenden bald in die Haare, und Herr Brüning wird jetzt zu seinem Leidweſen erfahren, wie gefährlich es ist, mit dem Feuer zu spielen, vor allem, wenn man, ohne dazu die Fähigkeit zu haben, den Versuch macht, immer zwei Eisen darin zu haben. Lehnt die SPD. den Wehretat ab, dann muß Brüning wohl zurück. treten. Vimmt die SPD. den Wehretat an, dann ist sie damit bei ihren Wählern gerichtet. Ob so oder so, gewinnen wird die Partei, weder Brü ning noch die SPD. Die einzigen Gewinner sind wir! Die Dinge laufen so, wie sie laufen müssen. Aus der sich zwangsläufig ergebenden Komplikation der ganzen Lage wird die nationalsozialistische Bewegung neue Kräfte ziehen. Das Intrigenspiel des Parlamentarismus ist entlarvt. Wir haben der Demokratie die Maske heruntergeriſſen, und nun soll das Volk erkennen, welche Frage dahinter steckt!

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Romödie am Platz der Republik

7. März 193} Ort der Handlung: Der Plenarsaal des Deutschen Reichstags. Mitwir kende: Die Gesäßparteien , der Reichstagspräſident Löbe, der Reichsminister des Innern Dr. Wirth. Nach Öffnung des Vorhanges sieht man die Tributpolitiker auf ihren Plägen ſizen. Auf der Ministerbank thront ein einsamer Minister: Dr. Wirth. über der ganzen Szenerie lagert schläfrige Ruhe. Nach einigem Wortgeplänkel nimmt der Reichsinnenminister das Wort: Wenn die Herren der nationalen Oppoſition zusammenkommen wollen, so haben wir nichts dagegen. Dazu stehen ihnen auch Säle im Reichstag zur Verfügung. Etwas anderes ist es aber, wenn Herr Dr. Friď als Minister eines Landes vor die Jugend hintritt und mit dem Gedanken dieses Gegenparlaments in Weimar spielt. Wenn dieser Gedanke zu vorberei tenden Handlungen führen sollte, so wäre das eine revolutionäre Tat, und gegen dieſe revolutionäre Tat müßte das eingesetzt werden, was als Reichserekution schon einmal gegen Thüringen eingesetzt worden ist (Abgeordneter Moericke, Kommunist : „Ach, Sie Schwächling !“ Abgeordneter Moericke erhält einen Ordnungsruf.) Uns ist es nur darum zu tun, die Ordnung im Volk aufrechtzuerhalten. Randbemerkungen eines stillen Zuhörers : Die Herren der nationalen Oppoſition ſind keine Herren, sondern Männer. Daß Herr Wirth nichts dagegen hat, wenn sie zusammenkommen, ist eine Binsenwahrheit. Denn das geht ihn gar nichts an. Daß er ihnen Säle im Reichstag zur Ver fügung stellt, dafür sei ihm Dank und frohes Händewinken. Die nationale Opposition verzichtet darauf mit Handkuß. Es ist nicht wahr, daß Minister Dr. Frick vor die Jugend eines Landes hintritt und mit dem Gedanken dieses Gegenparlaments in Weimar spielt. Das hat Herr Dr. Wirth mitsamt dem wunderbaren Deutsch, das er dabei anzuwenden beliebt, in freier Phantasie selbst erfunden . Wir halten Herrn Dr. Wirth für einen starken, überzeugungstreuen und charaktervollen Mann. Daß er die Ordnung im Volk" aufrechterhalten will, ist sehr lobenswert. Wir zweifeln nur daran, daß er damit zurande kommt ; denn die Ordnung im Volk wird am meisten durch die Politik seines Kabinetts und vor allem seiner Partei bedroht. Aufrecht. erhalten werden kann eine Ordnung nur, wenn sie überhaupt noch da ist. In Wirklichkeit aber herrscht in Deutschland keine Ordnung, sondern Anarchie. "Im Rundfunk lassen wir alle Richtungen zu Wort kommen, auch die Opposition." Wer lacht da? Alle Richtungen kommen zu Wort, die dem System genehm sind. Der Opposition aber bindet man, wie allüberall im Lande, im Parlament, in der Preſſe und in öffentlichen Versammlungen, so auch beim Rundfunk den Mund zu. Herr Dr. Wirth erinnert sich vielleicht, daß Schreiber dieser Zeilen ein Streitgespräch vor dem Rundfunk abhalten sollte, daß der Rundfunk dazu schon seine Zustimmung gegeben hatte, daß dieses Streitgespräch aber auf Einspruch des — Reichsministers Dr. Wirth nachher unterbleiben mußte! „Das geschundene, geplagte deutsche Volk bedarf doch wirklich der christlichen Barmherzigkeit, die von den Nationalsozialisten abgelehnt wird." 76

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Erstens einmal lehnen wir die christliche Barmherzigkeit nicht ab, und zweitens sind auch wir der überzeugung, daß das deutsche Volk ihrer bedarf. Aber wir wehren uns dagegen, daß Parteien, die in der Theorie sich auf das Christentum berufen, in der Praxis aber dem atheistischen Marrismus die Wege ebnen, uns gegenüber die christliche Barmherzigkeit im Munde führen. Außer der christlichen Barmherzigkeit bedarf das deutsche Volk noch einiger anderer Dinge: des Mutes, der Wahrhaftigkeit, der Tapferkeit, der Zivilkourage gegen die zersetzenden und dekadenten Mächte des Zivilisationsbolſchewismus, der bekanntlich im Zentrum immer einen warmherzigen Förderer gefunden hat. "Was in den nationalsozialistisch verhetten Areisen der Studentenschaft sich bei so vielen Gelegenheiten zeigt, das ist nicht frischer Jugendgeist, sondern eine Verrohung, die mit deutschem Kulturgut nichts zu tun hat." 2 In Klammern: Sehr wahr ! " Erstens einmal ist die Studentenschaft nicht verhetzt, sondern nationalsozialiſtiſch aufgeklärt. Was sich in ihren Kreisen bei so vielen Gelegenheiten gezeigt" hat, das ist ein geſunder und nach Lage der Dinge durchaus verständlicher Widerwille gegen die Politik, die seit 1918 in Deutschland betrieben worden ist. Von Verrohung kann nur die Rede sein bei denen, die mit Gummiknüppeln und Terrormaß nahmen den aktiviſtiſchen Geist der deutschen Studentenschaft glauben niederschlagen zu können. Es ist dringend notwendig, die Schulen und Universitäten wieder zu entpolitisieren." Stürmische Seiterkeit bei der durch Abwesenheit glänzen. den deutschen Opposition. Das „wieder“ ist unbezahlbar. Wieder zu ent politisieren, darauf kommen die Herren von heute erst, nachdem die Politi. sierung gegen sie auszuschlagen droht. Sollte man nicht auch das deutsche Volk wieder entpolitisieren, wenigstens soweit es gegen die Regierung und für den Nationalsozialismus eintritt. Herr Wirth hat mit seiner neuerlichen Rede wahrhaftig keine Lor beeren gepflückt. Seine Drohungen gegen Thüringen sind leer, ſeine Stilübungen über die deutsche Studentenschaft werden dort ein lächelndes Echo finden. Das Wort Kulturgut wirkt beinahe wie ein Wig. Mit solchen und ähnlichen Dingen beschäftigt sich gegenwärtig im Reichstag das Rumpfparlament. Das Volk nimmt daran gar keinen Anteil mehr. Es wird Komödie gespielt, und die Reden, die die Tributparteien von der Bühne herab halten, wirken blutlos und tot wie der Monolog eines schlechten Heldendarstellers auf einer Schmierenbühne. Unterdes aber sitzen die Regisseure des politischen Lebens hinter den Kulissen und spielen einen dröhnenden Männerskat um die Macht. Die Sozen wollen sie behalten und möchten dabei doch gern ein bißchen Oppo sition spielen. Den bürgerlichen Parteien graust vor der drohenden Ab rechnung des Volkes. Es ist ihnen allen nicht wohl, und je lauter sie tönen, desto schlechter ist es um ihre Sache bestellt. Sie laſſen jetzt durch ihre Presse dem Volk mitteilen, daß die Entscheidung über den Wehretat bis Mitte März hinausgeschoben ſei. Bis dahin, ſo hofft man, werden alle Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt sein. Wir nehmen das ſchmunzelnd zur Kenntnis. Die Schwierigkeiten im Parlament, mit denen wird man dort zur lot noch fertig. Für die Schwierigkeiten im Volk aber, und daß man mit dieſem nicht fertig wird, dafür werden wir schon sorgen !

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Sie lügen, sie lügen 10. März 1931 Es ist außerordentlich verständlich, daß die interessierte Judenheit, von uns in die Unmöglichkeit gedrängt, der nationalsozialiſtiſchen Beweis. führung etwas Stichhaltiges entgegenzusetzen , mehr und mehr in ihre alte Taktik verfällt und sich im Kampf gegen uns als das erweist, als was Schopenhauer sie einmal in treffendster Weise charakterisierte: Meister der Lüge. Täglich werden Tausende von Verleumdungen gegen unsere Bewegung und ihre Führer neu erfunden, und je verzweifelter die Lage des internationalen Judentums wird, um ſo dümmer und trostloser werden die Lügen, die es gegen uns anzuwenden beliebt. Es schreibt da in Provinzblättern ein gewiſſer Galizianer mit Namen Hans Wesemann. Er fiel vor einigen Jahren schon unangenehm dadurch auf, daß er um ein Interview mit Adolf Hitler nachsuchte und, als ihm dies verweigert wurde, sich einfach eins aus seinen schmutzigen Pfoten sog mit den schwersten Verleumdungen und Unterstellungen, und als ihm darauf eine handfeste Berichtigung auf den Hals gesandt wurde, in tiefstes Schweigen versank. Damit war seine journaliſtiſche Laufbahn in Berlin anscheinend beendigt. Und nun sucht dieser edle federheld die Provinz mit den Exkrementen seines kranken Gehirns heim. Er schreibt für die sozialdemokratische und demokratische Presse im Lande und krebst jegt gerade mit einem längeren Artikel herum, der sich unter dem Titel „Nazi-Hochburg Berlin" mit den Parteiverhältnissen in der Reichs. Hauptstadt im allgemeinen und mit meiner Perſon im beſonderen beschäftigt. Wo ich im Reiche öffentlich als Redner auftrete, erscheint dieſer Artikel am anderen Tage in der gegnerischen Preſſe. Wie mir von Parteifreunden im Lande mitgeteilt wird, soll es immer noch Dumme geben, die dieses blöde und kindische Gewäſch für bare Münze nehmen. Ich sehe mich deshalb veranlaßt, die Expektorationen besagten Herrn Wesemanns dem Gelächter der reichshauptſtädtiſchen Öffentlichkeit preiszugeben. Das fängt so an : „Goebbels privatim. Er bewohnt eine elegante Woh. nung in Charlottenburg" (dieſe Wohnung ist nicht elegant und liegt auch nicht in Charlottenburg, sondern in Steglitz). „Vorläufig noch unbeweibt" (das einzige, was an diesem Artikel der Wahrheit entspricht), „obwohl viele hartnäckige Gerüchte ihn immer wieder als Schwiegersohn von Knüppelkunze festnageln möchten." (Oho! Außerdem ist Parteigenosse Runze kinderlos.) Der große kleine Doktor unterhält mehr platonische Beziehungen zum schönen Geschlecht.“ (Hört, hört !) „Er will es nicht mit all seinen begeisterten Anhängerinnen verderben, indem er eine einzige von ihnen allein bevorzugt." ( Wie gut Herr Wesemann unterrichtet ist!) "In den stillen Frieden seiner vornehmen Sechseinhalb-Zimmerwohnung dringt auch sonst kein Lärm der tobenden Außenwelt" (sie ist weder vor nehm, noch hat sie sechseinhalb Zimmer, ſondern leider nur zwei) . „Es ist kein Geheimnis, daß manche große Berliner Verlage nur zu gern Joseph Goebbels als vielversprechenden Autor verpflichten möchten. Vorläufig scheitern allerdings diese Versuche immer noch an den Honorarforderungen des Tribunen vom Vollendorfplatz." (Zwar hat er noch nie. mals mit irgendeinem Verlag außer dem Parteiverlag über irgendein Buch verhandelt und deshalb auch keine Honorarforderungen stellen

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können, aber das schiert Herrn Wesemann nichts.) eben der Literatur liebt Joseph Goebbels über alles die Musik." (Immer noch besser als die Rorruption.) "Er hat zwei Klaviere in seiner Wohnung." (Da loben wir uns noch die Rote Fahne“, die wenigstens eine handfeste Lüge erfand: daß er nämlich einen Flügel besitze im Werte von 18 000.- Mark, und daß dieser Flügel von der jüdischen Firma Salinger geschenkt sei.) „Ferner ein Grammophon, das in der Hauptsache seine eigenen Platten spielt." (Und zwar bis in die tiefe lacht hinein.) „ Selbstverständlich gibt es auch Radio und eine Orgel, die ihm Verehrer geschenkt haben." (Diese auf sehenerregende Mitteilung bedarf noch einer Ergänzung insofern, als diese Orgel in einem großen Marmorfáal aufgebaut ist, ihre Tasten sind aus Gold und die Fußpedale reich mit Edelsteinen besetzt.) „Auch die Oper besucht Joseph gern." (Im Verlauf von vierundeinhalb Jahren, die er in Berlin weilt, ganze dreimal.) „Wenn er dann im Frack in seiner Loge sitzt" ... (zwar besitzt er weder einen Frack noch einen Smokingaber bewundernswert ist die ausschweifende Phantasie, deren Herr Wese mann ſich erfreut). „Die wichtigste Person seiner Haushaltung ist neben der Röchin und dem Privatsekretär der Chauffeur." (Zwar hat er keine Röchin, aber das mit dem Chauffeur stimmt.) Er muß vor allem darauf sehen, Herrn Goebbels immer rechtzeitig den Huldigungen seiner Manifestanten zu entziehen.“ (Genau, wie der Chauffeur Brünings in Ostpreußen und Schlesien.) „Herr Goebbels wechselt übrigens seine Chauffeure ziemlich oft." (Vor allem, wenn er mit der Tare fährt. Seinen eigenen Chauffeur aber hat er schon vier Jahre, solange er überhaupt Auto fährt. Er muß diesen leider immer dann durch eine Aushilfe ersetzen, wenn er - wie das bereits fünfmal geschehen ist durch rote Mordbanditen niedergeschlagen oder niedergestochen wird und dann manchmal auf Wochen oder sogar Monate im Krankenhaus liegt.) "Wer ihn fährt, kriegt 120 Mark im Monat und die Ehre dazu, die ja bekanntlich unbezahlbar ist.“ (Das stimmt auch insofern nicht, als der betreffende Chauffeur sogar mit 70 Mark Barlohn angefangen hat. Das zwar zu jener Zeit, als der, den er fahren muß, auch nicht viel mehr bekam.) Und dann geht's über Adolf Hitler her. „Er wohnt immer in der Tiergartenvilla eines bekannten Industriellen. Es werden dort ständig vier Zimmer für ihn frei gehalten. In der letzten Zeit wohnt Hitler mit Vorliebe im Grunewald in dem herrlichen Besitztum einer reichen Dame, die für ihn und seine Bewegung schwärmt. Durch diese Rreise hat auch Ádolf Hitler gelernt, daß man Fisch nicht mit dem Messer essen darf und daß zum Frack keine weißen Gamaschen gehören.“ Genügen dieſe lügnerischen Kostprobenz Und eine weitere Frage: Was soll man mit einem solchen Subjekt machen? Verklagen ? Man müßte dann jeden Tag ein paar Dugend Beleidigungsklagen einreichen und wäre die Hälfte seiner Zeit an den Gerichten beschäftigt. Den Zeitungen, die dieſen Mist bringen, Berichtigungen einschicken ? Man müßte dann jeden Tag ein paar hundert Berichtigungen verfassen und käme zu nichts anderem mehr. Ihn widerlegen ? Was gibt es an diesem Blödsinn zu widerlegen lein, würde man so verfahren, man täte nur das, was Herr Wesemann und seine Sintermänner wünschen : man geriete in die Verteidigung und hätte keine Möglichkeit mehr, gegen ihn und seinesgleichen zum Angriff vorzugehen.

7 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Das beste, man gibt diese Sorte von schreibendem Kroppzeug dem öffent lichen Gelächter preis; man bringt das, was sie lügen, kommentarlos in der eigenen Presse und zeigt so den Anhängern und Freunden, wie unver schämt, wie frech, wie dreist und dumm auf der Gegenseite die Wahrheit verdreht wird, und wie schlecht es um eine Sache bestellt sein muß, die sich solcher Mittel bedient. Sie lügen, sie lügen! Das muß dem deutschen Deutschland immer fester in den Kopf gehämmert werden. Nichts glauben, was der Gegner sagt. von vornherein davon überzeugt sein, daß er der Meister der Lüge ist, und daß ihm in seiner verzweifelten Angst nichts anderes übrigbleibt, als mit Verleumdung zu arbeiten, wenn anders er nicht von vornherein schon sein Spiel verloren geben will. Wir haben es längst verlernt, uns über solche Gemeinheiten zu alte rieren. Wir nehmen das lächelnd zur Kenntnis. Der Knabe Wesemann gehört zu jenen Leuten, die wir uns aufſparen wollen für eine legale Ab. rechnung, die einmal kommt, wenn wir die Macht in der Hand haben und das Volk uns den Auftrag gibt, diese Macht zur Reinigung des öffentlichen Lebens in Deutschland zu gebrauchen. Heute aber überant. worten wir ihn der öffentlichen Verachtung und bedauern nur die bürgerliche Journalistik, die sich solches Federvieh gefallen läßt. Das deutsche Volk aber soll wissen, mit welchen Mitteln von den Reichsverderbern gegen die nationalsozialiſtiſche Bewegung und ihren Führer gekämpft wird, um daraus zu erkennen, was es an ihr und ihnen hat.

Lingekesselt 11. März 193) Die nationalsozialistische Bewegung hat sich zum Ziel gesetzt, das deutsche Volk unter einer neuen Idee zu einigen und damit willensmäßig wieder in Form zu bringen, damit es zur Wiedererlangung seiner politischen Freiheit bündnisfähig wird und dadurch die Möglichkeit erhält, in freier Wahl neue Koalitionspartner in Europa zu gewinnen. Das alles hat zur Voraus. setzung, daß die politische Kraft des deutschen Volkes sich nicht mehr im Innern verschleißt, sondern in einer neuen Organisation zusammengeballt außenpolitisch eingesetzt wird. Würden wir dieses Ziel durch Einigung der gegenwärtigen parlamen tarischen Parteien zu erreichen versuchen, dann wären wir ihm seit dem 14. September 1930 um ein Erkleckliches nähergerückt. Die Parteien sind geeinigt, allerdings in einem Sinne, der durchaus nicht dem Zweck ent spricht, den wir bei unserer politischen Arbeit vorausgesetzt hatten. Es besteht heute im Reichstag eine Einheitsfront von Thälmann bis Weſtarp, und diese Einheitsfront erfreut sich auch einer gemeinsamen Idee: der Angst vor dem Nationalsozialismus. Der parlamentarische Unterdrückungs. und Knebelungsblock gegen den Aufbruch des Volkes, wie er in der national. sozialistischen Bewegung organisiert worden ist, reicht von ganz links bis ganz rechts in dem Rumpfreichstag, der nach Auszug der nationalen Oppo ſition noch übriggeblieben ist. Er hat sich zum Ziel geſetzt, die nationalsozialistische Bewegung unter allen Umständen und mit allen rechtlichen und unrechtlichen Mitteln zum Verſanden zu bringen, im Bedarfsfall ſogar sie in Gewalt und Blut zu ersticken. 98

Sie arbeiten je nach der Parteischattierung verschieden, aber das Ziel ist überall dasselbe: Weg mit dem Nationalsozialismus ! Bei Westarp heißt das, die nationalsozialistische Bewegung habe kein Verantwortungsgefühl, sie lasse den Bauernstand verkommen und sei sogar bereit, den Wehretat durch ihre Abwesenheit zu Fall zu bringen. Die Christliche Bauernbewe. gung erklärt, der Nationalsozialismus habe die „Osthilfe“ und die wesent lichen Besserungen für den Agrarstand, wie sie vom Kabinett Brüning geplant waren, unmöglich gemacht. Die Deutsche Volkspartei beklagt sich bitterlich darüber, daß der Nationalsozialismus sich weigere, die Hochflut seiner Bewegung in die Kanäle staatspolitischer Verantwortung überleiten zu lassen. Das Zentrum jammert über Kulturkampf und Schändung des christlichen Geistes; die katholischen Bischöfe erlassen gegen den Nationalsozialismus Hirtenbriefe und warnen ihre Gläubigen, sich von dem ver führerischen Gift dieser neuen Bewegung anstecken zu lassen. Die Staatspartei macht ein Lamento darüber, daß wir Nationalsozialisten den wirt. schaftlichen Kredit der Republik zerstörten. Die Sozialdemokraten klagen uns der Verwilderung des politischen Lebens an und brandmarken uns als Staatsfeinde und Verfaſſungsbrecher. Die Kommuniſtiſche Partei_dagegen sieht in uns Arbeitermorder und Arbeiterverräter. Sie alle haben dem Schein nach andere Gründe, die sie zum Kampf gegen uns verpflichten; gemeinsam aber ist der ganzen Front von Westarp bis Thälmann die schlot. ternde Angst und die blaſſe Furcht, der Nationalsozialismus könne über ſie hinwegschreiten, die Macht an sich reißen und durch Erweckung eines neuen Volksbewußtseins der deutschen Nation ein anderes politisches Gesicht geben . Nahezu ein halbes Jahr währt nun der Kampf der parlamentarischen Parteien gegen die nationalsozialistische Bewegung. Sie glauben sie ein gekesselt zu haben und blaſen nun zur Hetzjagd. Das edle Wild soll zur Strecke gebracht werden, und wenn es nicht mit diesem Mittel geht, dann mit jenem . Wie stolz muß doch ein Nationalsozialiſt auf seine Bewegung sein, wenn er sieht, wie viele sie hassen und wie die beschaffen sind, die sie verfolgen. Wir können dem Schicksal nur dankbar dafür sein, daß es uns mit den vielen Feinden auch viel Ehre gegeben hat. Unsere Kraft nimmt an der Gegnerschaft nicht ab, sondern nur zu. Hätte man uns nach dem 14. Sep. tember gewähren lassen, vielleicht wären wir früh gealtert und hätten bald unseren Schwung und unseren leidenschaftlichen Elan verloren. So aber haben sie uns zum Kampf gezwungen. Sie haben uns selbst die Waffen in die Hand gedrückt, mit denen wir uns verteidigen müſſen, und sollen sich nun nicht wundern, wenn wir rücksichtslos um uns schlagen und die Frei heit und Existenz unſerer Partei mit denselben Mitteln verteidigen, mit denen man ihren Bestand zu bedrohen sich anschickt. Das Wild, das sie glauben eingefangen zu haben, hat längst schon die Umzingelung durchbrochen. Die Linkesselung ist gesprengt. Wir stehen wieder auf freiem Feld, und die Meute, mit der sie uns umstellen wollten, liegt heute schon wieder Angesicht zu Angesicht uns gegenüber. Es blieb uns in der verzweifelten Lage der Verteidigung nichts anderes übrig, als den Ring zu sprengen, den sie um uns gelegt hatten, und aus der Defensive wieder in die Offensive überzugehen. Wir haben unsere Zu flucht beim Volk gesucht; denn vom Volk sind wir ausgegangen, und zum Volk wird auch immerdar all unsere Arbeit und all unser Mühen zurück.

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kehren. Das Schicksal des Volkes steht zur Debatte, und wo es bei den parlamentarischen Parteien schlecht aufgehoben erscheint, da wird es um ſo verantwortungsvoller von uns verteidigt werden. Wir haben den Tribut. reichstag verlaſſen, als wir erkennen mußten, daß es dort keine Möglichkeit mehr geben würde, Volkspolitik zu betreiben, als man uns falsche Methoden unseres Kampfes aufzwingen wollte und den Versuch machte, uns in die parlamentarische Walze hineinzupreſſen. Die Bewegung hat damit eine neue Ebene ihres politiſchen Kampfes betreten. Sie hat sich aus der Umklammerung, die gerissene Parlamentarier um sie legen wollten, gelöst, sie steht wieder, frei und aller Fesseln ledig, mitten im Volk und organisiert jetzt den legalen Ansturm der breiten Massen gegen das Tributsystem der Parteien. Es wird sich sehr bald entscheiden müſſen, wer den Kampf gewinnt. Dieſe Entscheidung aber fällt nicht für irgendeine Partei, sie fällt für das deutsche Volk. Es ist deshalb nicht angängig, daß das deutsche Volk bei diesem Kampf nur den interessierten Zuschauer spielt. Ein jeder muß Partei ergreifen. Der Nationalsozialismus geht wie eine Scheidelinie mitten durch Deutschland. Man muß sich zu ihm bekennen mit Ja oder Nein. Dieses Bekenntnis ist aber zugleich eine Verpflichtung für oder wider Deutschland!

Panzerkreuzer B 13. März 1931 Nun schaut euch die Sozen an! Das ist die Partei des Pazifismus, die seit fünfzig Jahren tapfer und treu jeden Wehretat abgelehnt hat. Das ist die Partei des Weltfriedens, die die Konflikte zwischen den Völkern durch internationale Schiedsgerichte und friedliche Abmachungen beilegen will. Das ist die Partei, die seit einem halben Jahrhundert alles, was wehrhaft war und dachte, mit Schmutz beworfen hat, die die Uniform und was darin und darauf steckte, verhöhnte und dem Gelächter der Massen preisgab. Die Partei, die aus dem Garde leutnant eine Karikatur machte und den „Kadavergehorsam" des preußi. schen Heeres als das übelſte Erbstück mittelalterlicher Barbarei anprangerte. Diese Partei hat am 9. November 1918 Frieden, Fretheit und Schönheit eingeläutet. Sie hat die 14 Wilsonschen Punkte mit Völkerbund und Schiedsgericht zur Grundlage des republikanischen Staates gemacht. Sie hatte einige Wochen vorher parteiamtlich erklären laſſen, es wäre ihr „heiliger Wille, daß die deutsche Kriegsflagge gestrichen würde, ohne daß wir sie das letztemal siegreich heimbrächten". Die Waffen nieder ! Das war ihre Parole. Nie wieder Krieg! Darauf wurden ihre Schäflein in Maſſenchören gedrillt. Erinnert ihr euch noch der hysterischen Stunde vor einigen Jahren, da die zweite Rate des Panzerkreuzers A im alten Reichstag zur Debatte stand, und der Parteivorsigende Wels in leicht angeſäuseltem Zustande eine Rede redete, in der er in beweglichen Tönen darauf aufmerksam machte, daß im Waldenburger Hungerrevier Menschen in Löchern_hausten und nicht wüßten, woher sie trockenes Brot nehmen sollten, und daß es eine Schmach und Schande sei, zur selben Zeit aus militaristischer Spielerei Panzerkreuzer zu bauen? Wißt ihr noch, wie die SPD. einen ganzen Wahl.

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kampf gegen den Panzerkreuzer geführt hat, wie sie die Massen aufwiegelte, wie sie auf die Tränendrüsen drückte und ihre Agitatoren landauf, landab die Verruchtheit des militanten Handwerks den breiten Massen in den schreiendsten Tönen vordeklamierten Und nun Schau, schau ! Jetzt sitzen sie nach Auszug der nationalen Opposition im Haushaltsausschuß zusammen, und aus den starken Männern von gestern sind ganz kleine Bauchkriecher geworden. Den Panzerkreuzer A hat das Marineamt glücklich unter Dach und Fach gebracht; und jetzt wollen die Militaristen gar noch einen Panzerkreuzer B. Die finanzielle Lage des Reiches ist angespannter denn je, und nicht nur im Waldenburger Revier hungern die Kinder und verzweifeln die Mütter, sondern über ganz Deutschland ist das große Volkssterben gekommen. Was wäre das für ein Bissen, stände die SPD. in der Oppoſition und hätte sie in Preußen frei Hals! So aber iſt ſie in die Zange genommen, und nun müssen die stolzen Barrikadenkämpfer von gestern ihren traurigen Canossagang antreten. Sie haben sich der Stimme enthalten und damit im Ausschuß die Panzerkreuzerrate zur Unnahme gebracht. "IAus taktischen Erwägungen", so steht es in der sozialdemokratischen Erklärung zu lesen. Ja, dieſe taktiſchen Erwägungen kennen wir. Die SPD. ist nur von einem einzigen Gedanken geplagt bei Tag und bei Nacht: der Nationalsozialismus steht vor den Toren, die Gefahr ist akut geworden, daß er eines Tages wie eine Sturz welle über Deutschland hereinbricht und in einem grandiosen Aufbruch alles noch Widerstrebende mit sich reißt. Die roten Bonzen zittern um ihre Sessel und fürchten für ihre fettnäpfe. Sie wollen in Preußen an der Macht bleiben, und so müssen sie zähneknirschend im Reich eine Politik betreiben, die allem, aber auch allem, was sie bisher als ihre heiligste Überzeugung verkündeten, Hohn spricht und ins Gesicht schlägt. Das nennt man Männerstolz vor Königsthronen! Es wird noch soweit kommen, daß Hermann Müller den Antrag stellt, zum Reserveoffizier avancieren zu dürfen, und Herr Wels höchstwahrſcheinlich im Reichstag ein schmetterndes „Heil dir im Siegerkranz ! " anstimmt. Nichts, gar nichts ist der SPD. heilig, als die Pfründe, und ſie findet sich bereit zu jedem Verrat an ihrem Parteiprogramm, wenn es ſich darum handelt, ihre Macht aufrechtzuerhalten und das Erwachen des deutſchen Volkes zu sabotieren. Welch eine Wendung durch Gottes Fügung! Der Nationalsozialismus hat nicht nur die Millionenmassen des deutschen Volkes wieder zu nationaler Bewußtheit erzogen. Selbst die SPD., die doch im Handwerk des Landesverrats groß geworden ist, wird mit einemmal patriotiſch und bewilligt unter lauten Hurra-Rufen den Wehretat. Solche Angst haben sie vor uns! Sie schämen sich nicht mehr, das offen kundzutun; die Furcht sitzt ihnen im schlotternden Gebein, und vor ihren eigenen Anhängern stehen sie da als kleine, häßliche, feige Gesellen, die sich selbst nicht mehr zutrauen, aus eigener propagandistischer Kraft heraus den Siegeszug des Nationalsozialismus zum Stillstand bringen zu können, sondern nur noch auf den Gummiknüppel und die durch Parteipolitik gefesselte Weimarer magna charta vertrauen. Was sagt dazu der sozialdemokratische Arbeiter? Was sagt dazu der aufrechte Reichsbannersoldat? Was ſagen dazu die Künstler und Seyde wig? Was sagt dazu die „ Liga für Menschenrechte"> 101

Wir fordern die Republikanische Beschwerdestelle auf, hier ein macht. volles Halt zu rufen. Wir suchen vergebens in den Spalten des „ Vorwärts" nach einer plauſiblen Erklärung. Da stottern sich die Juden aus von Staatsverantwortung und taktischen Umwegen und daß es jetzt keine andere Aufgabe gäbe, als dem drohenden Faschismus mit allen Mitteln zu begegnen. Das kennen wir ! Angst haben sie! Es wird ihnen übel bei dem Gedanken, daß das deutsche Volk sich auf sich selbst besinnen könnte. Sie, die die Demokratie erfunden haben, beschäftigen sich nun seit dem 14. September mit nichts anderem als damit, neue Mittel zu ersinnen, daß sie das Volk nicht zu befragen brauchen. Der Panzerkreuzer B ist ein Giftbrocken, an dem die SPD. verenden wird. Es ist das Eigentümliche beim Gift, daß es immer leicht eingeht, aber auf die Dauer Magenbeschwerden verursacht. Schlucken mögen sie den Panzerkreuzer, aber verdauen werden sie ihn nicht. Seine Annahme wird den sozialdemokratisch verführten deutschen Arbeitern die letzte Binde von den Augen reißen, und sie werden dann die SPD. so sehen, wie sie ist : die korrupteste, grundsatzloseste, feigste und großmäuligste Partei, über die Deutschland heute verfügt ! Ein hergelaufenes Pack von Landesverrätern, das auf den Seſſeln ſitzt und nur darauf ſitzen bleiben will !

Vationalsozialismus und katholische Rirche 14. März 193) Das Zentrum gibt vor, die katholische Kirche beschützen zu wollen . Es ist zu diesem Zwecke gegründet worden, und es versucht auch heute noch, bei seinen Anhängern den Anschein zu erwecken, es wäre der Aufgabe, die ihm von Anfang an gestellt wurde, bis auf den Tag treu geblieben. Angenommen, das entspräche den Tatsachen, so kann doch wohl von niemandem bezweifelt werden, daß das Zentrum außer dem Schutz der katholischen Kirche auch noch eine Reihe von anderen Zielen in seinen Aufgabenkreis hineinbezogen hat. Es hat, vor allem in der Zeit seit 1918, maßgeblich die Politik des Reiches und der Länder beeinflußt und sie zum Teil sogar verantwortlich geleitet. Es hat Sozial- und Wirtschafts-, Innen- und Außenpolitik betrieben, und zwar in einer Art und Weise, die nicht das mindeste mehr mit dem Schutz des Ratholizismus zu tun hatte. Seine Machtstellung dagegen hat es lediglich seinen konfessionellen Zielen zu verdanken ; niemand wählt das Zentrum wegen seiner weltlichen, alle nur wegen seiner kirchlichen Politik. Das Zentrum ist, wie jede parlamentarische Partei, im Laufe seiner Entwicklung organisatorisch erstarrt. Es herrscht dort die Parteibüro kratie, und für die Parteibürokratie ist die Partei immer Selbstzweck und nicht mehr Mittel zum Zweck. Würde also eine Parteiorganiſation im parlamentarischen Sinn ihren eigentlichen Zweck erreichen, dann wäre damit das Mittel zum Zweck, nämlich die Parteiorganiſation, überflüſſig geworden. Im selben Augenblick aber entfiele auch jegliche Eristenzberech tigung für die Bürokratie der Partei. Aus diesem Umstand heraus ist es zu erklären, daß die Parteibürokratie im Ernst gar kein Interesse daran hat, das eigentliche Ziel der Partei zu erreichen, sondern im Gegenteil den

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Wählermassen immer wieder vorzureden, daß das Ziel vorläufig uner. reichbar sei, um damit den Weiterbestand und die Notwendigkeit der Ver größerung und Verstärkung der Parteiorganisation zu begründen. Es ist eine alte Erfahrungstatsache, daß jedesmal, wenn eine politiſche Machtgruppe dem Zentrum in seinem Parteibestand zuleibe rückt, das Zentrum sofort aus der Verteidigung zum Angriff übergeht und diese politische Machtgruppe - sie mag aus überlegungen wie auch immer die Zentrumspolitik bekämpfen - kultureller und religiöser Unzuverlässigkeit zeiht. Das Geschrei vom Kulturkampf ertönt immer dann am lautesten, wenn das Zentrum, nicht, wenn die katholische Kirche bedroht ist. Die Wortführer des Zentrums versuchen, bei den katholischen Gläubigen den Eindruck zu erwecken, als seien Zentrum und katholische Kirche ein und dasselbe. Sie haben in dieser Beziehung in der Vergangenheit wahre Musterstücke an gerissener Verdrehung und Vernebelung der eigentlichen Tatsachen geliefert. Allerdings darf demgegenüber nicht verschwiegen werden, daß von gegnerischer Seite dem Zentrum diese Arbeit sehr oft allzu leicht gemacht worden ist. Jede unbedachte, am Zentrum vorbeiſchie. Bende und bewußt oder unbewußt auf die katholische Kirche als solche hin. zielende abfällige oder mißachtende Äußerung wird dann vom Zentrum meist in rücksichtslosester und demagogischster Weise ausgeschlachtet und dient den frommen Berufskonfessionalisten als Ausgangspunkt zu einer hemmungslosen Kampagne, in der sie angeblich die Kirche, in Wirklichkeit aber den bedrohten Parteibestand verteidigen . Heute ist dieses Thema wieder einmal akut geworden . Eine Reihe von Äußerungen nationalsozialiſtiſcher Führer, die weder für die Partei als solche abgegeben worden sind, noch irgendetwas mit dem Parteiprogramm an sich zu tun haben, sind von der Zentrumspresse geschickt aufgegriffen worden, und die Agitatoren dieser allerchristlichsten Partei schrecken in der Öffentlichkeit nicht einmal davor zurück, Privatmeldungen, die aus drücklich als Äußerungen und Bekenntnisse einzelner Personen der NSDUP. bewertet werden wollen, zum Dogma der Partei zu erheben, im Kampf dagegen die Partei selbst anzugreifen und sie unter das Kreuzfeuer entrüsteter parteipolitischer Verleumdungen zu nehmen . Sogar die Bischöfe haben sich bereitfinden lassen, den Kampf gegen die NISDUP. auch von kirchlicher Seite aus weiterzuführen, und es besteht die Gefahr, daß in dieser Verwirrung der Meinungen katholische Unhänger der SDUP. in schwere Gewissenskonflikte gestürzt werden . In diesem Augenblick kommt die Broschüre „Nationalsozialismus und Katholische Kirche" aus der Feder des Professors Dr. Johannes Stark, des bekannten lobelpreisträgers, gerade zurecht . Profeſſor Stark stammt aus der Wissenschaft, und er lehnt es in seinen Darlegungen ausdrücklich ab, parteidemagogisch zu verfahren. Um so vernichtender wird deshalb die Abrechnung, die er mit dem Zentrum als sogenannter katholischer Partei vornimmt. Die ruhige, fachliche, durch keinerlei Parteileidenschaft getrübte Auseinandersetzung dieser Broschüre mit den treibenden Kräften, die heute die Zentrumspolitik bestimmen, wirkt in ihrer Urt durchaus überzeugend. Die vornehme, sich vor jedem Ausfall peinlichst hütende Darstellung gibt dem Zentrum keinerlei Angriffsflächen für parteidemagogische Unterstel lungen. Der Nationalsozialismus wird ausdrücklich als eine politische Bewegung gewertet, und es gelingt Profeſſor Stark der haarſcharfe Vlach.

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weis, daß Nationalsozialismus und katholische Kirche auf ganz verſchie. denen Ebenen gelagert sind und deshalb keine Reibungsflächen zu haben brauchen. ,,Der Mißbrauch der Religion zu politischen Zwecken ist die allergrößte Sünde." Dieses Wort des Papstes Leo XIII. zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Schrift, und sie wird damit zu einer historischen Anklage gegen das Zentrum, das in seiner gesamten Politik sich diese „allergrößte Sünde" immer und immer wieder hat zuschulden kommen lassen. Das Zentrum wird nicht umhin können, sich mit dieser Broschüre, die im Parteiverlag der VISDAP. erschienen ist, und, wie der Verfasser in seinem Vorwort bemerkt, „sorgfältig von drei wiſſenſchaftlich hochſtehen. den katholischen Theologen nachgeprüft wurde", sachlich auseinanderzusetzen. Wir haben die feste Zuversicht, daß sie wesentlich zur Bereinigung des Verhältnisses zwischen Nationalsozialismus und katholischer Rirche beitragen wird. Das Zentrum wird dabei der betrübte Lohgerber sein, dem die felle wegschwimmen . In einer Zeit politiſcher und wirtschaftlicher Hochspannung wie heute ist es ein Verbrechen, neuen Zündstoff in das deutsche Volk hineinzutragen. Die NSDUP. hat seit je den Willen bekundet, religiöse Streitigkeiten aus der politischen Ebene fernzuhalten . Sie hat mit dieser Broschüre aufs neue ihren diesbezüglichen Willen zum Ausdruck gebracht. Es liegt nun an den verantwortlichen Führern der katholischen Kirche, ohne Rücksicht auf die parteipolitischen Interessen des Zentrums, aus dieser Stellung, nahme der NSDAP. ihre Konsequenzen zu ziehen.

Rathinkus IV . 16. März 1931 Vor dem Kriege gab es in Preußen einen Königlichen Landrat. Er zeichnete sich zwar nicht durch eine besonders königliche Haltung aus. Aber dieses Beiwort gebührte ihm doch, weil er auf seine Art ein Verhältnis zu seinem preußischen König zu schaffen versuchte. Adel verpflichtet, und da er aus kleinem Udel war, fühlte er sich dem großen Adel verbunden; und diese Verbundenheit kam bei ihm durch besonders devote Unterwürfig keit zum Ausdruck. Er hatte einen großen Vater gehabt, Freund und Be rater Bismarcks, und das hätte ihn dazu veranlassen müssen, sich dieses Erbes würdig zu erweisen. Aber dieser Mann war kein Mann; es fehlte ihm an jenem berühmten Männerstolz vor Königsthronen, der dem preußischen Adel seit je sein besonderes charakterliches Gepräge gab. Der Baron des preußischen Königs, so konnte man jenen Siegfried von Kardorff nennen, der es allen anderen voraustat an schleimiger, byzantinischer Servilität, und der es trotzdem, weil ihm alles, aber auch alles andere dazu fehlte, zu nichts mehr brachte, als zu einem preußischen Landrat, der schlecht und recht für seinen König seine Pflicht tat. Es kam der November 1918 und mit ihm die Umwertung der Werte. Das heißt, es wurden nicht die Werte an sich umgewertet, ſondern nur das Verhältnis der Menschen zu den Werten. Und so auch bei jenem Kardorff. Sein Wert bzw. Unwert blieb derselbe. Es änderte sich nichts an seiner devoten Unterwürfigkeit, an seinem unwiderstehlichen Bedürfnis, Stiefel

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zu lecken, nur daß er sich nunmehr zur Befriedigung dieser Leidenschaft andere Objekte aussuchte. Der König ist tot. Es lebe der König ! Auf ihn übertragen hieß das: das Hohenzollerntum ist dahin, nun 'ran an den Marrismus! Mit derselben liebevollen Hingabe diente er von da ab den roten Demagogen, und unter frommem Augenaufschlag ist er ihnen seitdem untertänig und zu Willen. Der rote Baron! Oder, einem anderen Felde seiner emsigen Betrieb. samkeit entnommen : Kathinkus IV! Das ist jener Kardorff, der nur seinen Herrn wechselte, aber an Unterwürfigkeit und Servilität dem dann er. wählten Herrn gegenüber stets derselbe blieb. Er spielt heute im Reichstag die komische Figur. Aufgeblasen und hoch. geprogt, mit Anstand, Würde und Gemessenheit bis obenauf gefüllt, durchmißt er das hohe Haus am Platz der Republik und sieht darin allein eine ihn durchaus befriedigende Lebensbeschäftigung. Wenn auf einen, dann paßt auf ihn das Wort, daß er nicht geht, sondern nur schreitet. Er ist die ideale Verkörperung des Parlamentarismus, der sein Charakteriſtikum darin erfährt, daß man mit Geschäftigkeit nichts tut. Die Roten pflegen ihn immer aus der Raritätenkammer hervorzuholen, wenn es gilt, irgendeine Gemeinheit gegen die nationale Opposition, die sie vor der öffentlichkeit nicht gern decken möchten, von der Tribüne des Reichstags herab zu begründen. Er war es deshalb, der während der Debatte um den Roungvertrag im Plenum das Wort prägte, es sei durch. aus angebracht, daß kommende Generationen auch an den Lasten der Tribut. verträge mittrügen, denn wir hätten jetzt genug geopfert. Er war es auch, der vor dem Auszug der nationalen Opposition aus dem Reichstag die drakonischen Knebelungsparagraphen gegen uns verteidigte, und von ihm stammte der Antrag, daß man dreihundert Begehren des Staatsanwalts auf Aufhebung der Immunität in Bauſch und Bogen bewilligte. Er wurde dafür, nachdem unſer Parteigenosse Stöhr sein Umt als Vizepräsident zur Verfügung gestellt hatte, zum Dank auf dessen leeren Sessel gesetzt. Jeder andere hätte sich geniert, ihn einzunehmen. Dieser feine Herr aber verneigte sich zu seinen linken Freunden und nahm mit Dank an. Man wird in einigen Tagen wieder das Schauspiel erleben, daß er für das hohe Haus am Platz der Republik und seine bedrohte Ehre eine Lanze einlegt : „Der Ausschuß beſchloß, daß der Vizepräsident von Kardorff in einer Vollsitzung des Reichstags den Willen des Parlaments öffentlich zum Ausdruck bringen soll, künftig eine strengere Praxis bei Beleidigungen des Parlaments einzuführen und seine Ehre auch durch Inanspruchnahme der Gerichte zu schützen.“ So steht es in den Zeitungen zu lesen. Wir sind beglückt darüber, daß wir damit verschont bleiben, dieses jämmerliche Schauspiel zu genießen. Uns ist sowieso oft genug der Kaffee hochgekommen, wenn wir Herrn von Kardorff in Fahrt erleben mußten. Wir gönnen ihn dem zurückgebliebenen Rumpfparlament. Er ist des Reichstags und der Reichstag ist seiner würdig. Daß die Roten uns verfolgen, daß sie uns haſſen und verleumden, daß ihnen jedes Mittel recht ist im Kampf gegen uns, das verstehen wir. Dafür haben wir nur Dank und freundliches Händewinken. Wir haben von ihnen nie etwas anderes erwartet. Man kann nicht verlangen, daß einer einem die Stiefel leckt, wenn er weiß, daß man die Absicht hat, ihm eins über. zuziehen. Die Sozialdemokratie und wir, das sind zwei feindliche Welten, die sich nun einmal im Kampf miteinander messen müssen.

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Daß ein roter Baron sich zu einer solchen Handlungsweise hergibt, daß er devot lächelnd und bis oben voll von Würde und Gespreiztheit den Roten die Kastanien aus dem feuer holt, daß er durch seine jämmerliche Handlungsweise das Bürgertum kompromittiert, daß er damit zum Hel. fershelfer des marxismus wird, der ja ſchließlich auch seine eigene Welt bedroht, das ist es, was bei uns nur noch schweigende Verachtung auslöst. Wir werfen Herrn von Kardorff nicht vor, daß er im Gegensatz zu seiner Vorkriegsbetätigung ein anderer geworden ist. Vein, im Gegenteil, wir bescheinigen ihm nur, daß er derselbe geblieben ist : ein serviler Byzan tiner, bei dem man nie den Eindruck los wird, daß er ständig herumläuft und einen Stiefel ſucht, den er lecken darf!

Der Herr mit den roten Fingernägeln 17. März 193) In einem vornehmen Friseursalon in der Wilhelmstraße erscheint jeden Sonnabend vormittag ein sogenannter beſſerer Herr in guten Mannes. jahren. Devot pflegt der Besitzer des Salons ihn zu begrüßen, und ein dienstbarer Geist macht sich dann daran, an dem offenbar hochstehenden Kunden eine Verschönerungskur vorzunehmen. Das Haar wird ihm geschnitten, er wird raſiert (das soll in den legten Monaten von Woche zu Woche teurer geworden sein, von wegen des länger werdenden Ge. sichts), und das Ende der Prozedur beſteht darin, daß ein schönes Mädchen dem feinen Herrn die fingernägel rot poliert. Der Herr heißt Albert Grzesinski. Er war ehedem preußischer Innenminister und ſigt heute auf dem Thron des Berliner Polizeipräsidenten ein Arbeiterführer vom Scheitel bis zur Sohle. Zwar hat er sich im Laufe seiner proletarisch-marxistischen Entwicklung eine Reihe von vor nehmen Allüren angewöhnt; und der kleine sozialdemokratische Arbeiter, der mit seinem Henkelsmann morgens um 6 Uhr an ſein ſchweres Tag. werk geht, würde wohl – hätte er Kenntnis davon sich hin und wieder die Frage vorlegen, wie es wohl zu erklären sei, daß ein ehemaliger Metalldrücker, der doch immerhin aus seinem Stande stammt und deshalb wohl Verständnis dafür haben müsse, was sich für den gezieme, der auf den Schultern des Proletariats in die Macht getragen worden ist, dazu komme, sich wie junge Filmdiven ausgerechnet seine Fingernägel rot anstreichen zu lassen. Aber lassen wir das. Die Fingernägel sind vielleicht das einzige, was an diesem Polizeipräsidenten noch rot ist. Ansonst ist er ein feiner Herr geworden, und er weiß auch, was sich für einen sozialdemokratischen Polizeipräsidenten gehört. Würden moralische Borhiebe genau dieselben folgen zeitigen wie körperliche, dann wäre anzunehmen, daß Herr Grzesinski seit den letzten Wochen und — wie es den Anschein hat ― auch noch einige Zeiten fürderhin, nur mit einer dickgeschwollenen Backe oder mit einem zusammen . gehauenen Kinn herumlaufen müßte. Die höchsten Richter der Republik in Leipzig haben ihm vor einigen Wochen bestätigt, daß ſein Verbot des "Angriff" ungesetzlich und verfassungswidrig gewesen sei. Und es steht

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deshalb zu erwarten, daß Herr Grzesinski in absehbarer Zeit aus den Groschen der Steuerzahler eine solenne Entschädigung an unsere Berliner Tageszeitung wird bezahlen müssen. Das Rammergericht in Berlin hat ihm bescheinigt, daß sein und der anderen roten Verwaltungsbeamten Braunhemden-Verbot gegen die NSDAP. ungesetzlich sei, und die auf Verstöße gegen dieses Verbot erlassenen Strafbescheide aufgehoben. Herr Grzesinski hat durch die ihm hörige Presse erklären lassen, daß ihn das nichts schere und daß das Uniformverbot weiter aufrechterhalten werden soll. Das wird ihm den lauten Beifall_des_Reichsbanners ein. tragen, ansonst aber in der Öffentlichkeit den schon lange gehegten Ver. dacht bestärken, daß Verwaltung und Justiz in Preußen nur noch Aus führungsorgane der schwarz-roten Mehrheitskoalition sind. In die legte Sportpalaſtverſammlung der VISDAP. in Berlin schickte Herr Grzesinski zwei Vertreter des Berliner Polizeipräsidiums. Das war nicht wohlgetan; denn die Versammlung reagierte darauf mit Zwiſchen. rufen und einem Pfeifkonzert. Wenn Herr Grzesinski daraus folgert, daß dadurch die öffentliche Ruhe und Sicherheit bedroht seien, so ist das eine Unterstellung, die nicht im mindesten den Tatsachen entspricht. Es ist nicht einmal die Sicherheit der beiden unglücklichen und bedauerns. werten Beamten bedroht gewesen, höchstens — aber das entzieht sich unferer Renntnis - ihre Ruhe. Herr Grzesinski geht nun einen Schritt weiter und verbietet Zug um Zug jede Versammlung, in der Schreiber dieser Zeilen als Redner angekündigt ist. Immer mit der Begründung, dadurch werde fortgesegt, wie im ersten falle, die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdet. Das heißt also praktisch : Redeverbot. Schreiber dieser Zeilen hat in den vergangenen fünf Jahren an die sechshundertmal in Berlin ge sprochen - in kritischen Zeiten und in Zeiten, in denen politisch nichts los war. Es ist dabei nirgendwo ein Staatsgut verletzt worden. Wenn rote Sprengkolonnen die Verſammlung auseinanderſchlagen wollten, dann sind sie mit lächelnder Rühle abgewiesen worden. Über ein anderes war mit der Erfolg dieses Auftretens : aus den einigen hundert Nationalsozialisten, die im Jahre 1926 unserer Fahne folgten, sind mittlerweile bis zum 14. September 1930 vierhunderttausend - und wenn man heute wieder einmal das Volk befragen wollte - wohl an die siebenhundert. tausend Wähler in Berlin geworden. Ist das vielleicht der Grund, aus dem heraus Herr Grzesinski nicht die öffentliche, aber die Ruhe und Sicherheit seiner Person und seiner Partei bedroht glaubt: Wir wollen uns nicht gegen das Republikschutz. gesetz vergehen; aber es wird doch noch erlaubt sein, Zweifel dahingehend zum Ausdruck zu bringen, daß Herr Grzesinski bei seinem bemerkens. werten Tun nur den Staat und nur das Volk und nicht einen Bruchteil einer Sekunde lang seine Partei und ſeine Person im Auge hat. Wir sind gespannt, auf welche neue Methoden einer wohlüberlegten adel. Stichpolitik Herr Grzesinski in den nächsten Wochen und Monaten ver fallen wird. Aber wir geben ihm zu bedenken, daß, würde unsere herrliche Bewegung an solchen Mitteln ― von Zugrundegehen erst gar nicht zu reden - auch nur straucheln, sie keinen Schuß Pulver wert wäre, und wir als erste dieses ungeeignete politische Machtinstrument beseitigen würden, weil damit für die Wiedererkämpfung der deutſchen Freiheit nach innen und nach außen füglich nichts anzufangen wäre.

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Nein, wir glauben im Gegenteil, daß diese Bewegung von der Geschichte berufen ist, und daß sie deshalb zwangsläufig und unaufhaltsam ihre Mission erfüllen wird; daß sie die Bestimmung in sich trägt, ein hiſto. risches Schicksal für das deutsche Volk zu gestalten; daß keine Macht der Welt in der Lage ist, sie im Vollzug dieser Aufgabe zu behindern : daß das Rad der Weltgeschichte, wenn es einmal in Schwung gesegt ist, nie und nimmer aufgehalten werden kann. Vor allem dann nicht, wenn nur noch die fingernägel der schwieligen Arbeiterfaust, die ſich ihm in die Speichen wirft, die Farbe tragen, unter der man einmal eine Weltrevolution machen wollte.

Hamburg ! 19. März 1931 Yun hat die Judenpreſſe von Ullſtein bis zur „Roten Fahne“ den Biſſen, nach dem sie verlangte. In Hamburg haben drei Nationalsozialisten einen kommunistischen Setzer im Autobus niedergeschossen; das ist ein Symptom für die Zustände, die sich im Laufe des letzten halben Jahres in Deutsch. land herausgebildet haben. Nichts liegt uns ferner, als dieſe Tat zu billigen. Wir sind niemals Anhänger des politischen Mordes gewesen, und es bedarf deshalb gar nicht einer Abschüttlung von unserer Seite, da wir ſeit je den Standpunkt vertreten haben, daß der Besitz und Gebrauch von Waffen für Mitglieder der NSDAP. verboten sein muß und daß, wer dabei be troffen wird, sich damit selbst aus unserer Partei ausschließt. Das wäre der Tatbestand an sich. Ungeheuerlich aber ſind die folge. rungen, die die Journaille glaubt, aus diesem Vorgang ziehen zu müssen. Es sind in den letzten vierzehn Tagen ein halbes Dutzend nationalſozialistische SA..Männer auf offener Straße, mitten im tiefsten Frieden er schossen und erstochen worden. Es vergeht kaum ein Tag, daß nicht einer unserer Kameraden, von tödlichem Blei getroffen, in irgendeiner Straße oder Gasse zusammenſinkt. Die Partei befindet sich seit dem 14. September in einem Zustand hochgespanntester Notwehr; aber wir erlebten es bisher niemals, daß die öffentliche Meinung, die sich im Anschluß an das Ham burger Attentat so in Entrüstung und ſittlichkeitstriefender Empörung ergeht, jemals auch nur ein Wort der Mißbilligung gefunden hat, wenn mit gleichen und schlimmeren Methoden als die in Hamburg angewandten gegen Nationalsozialisten vorgegangen wurde. fällt ein nationalsozialistischer SA.-Mann dem roten Mordterror zum Opfer, dann heißt das in der jüdischen Journaille : „ Von politisch Anders. denkenden überfallen und dabei zum Tode gekommen." iemand sagt auch nur einen Ton über die feigen parteipolitischen Hetzer, die im Hintergrunde stehen und durch ihr verantwortungsloses Tun die Blutschuld tragen an all dem, was sich an politischen Exzessen seit 1918 in Deutschland zugetragen hat. Keinem fällt es ein, für die Ausschreitungen der kommunistischen Mord- und Sprengkolonnen die Kommunistische Partei oder die ihr dienst bare Preffe verantwortlich zu machen. Vein! Es sind dieselben feigen jüdischen Wortverdreher, die bei Ullstein sitzen und im Karl-Liebknecht. Haus ihr bluttriefendes Handwerk betreiben. 108

Macht aber ein Nationalsozialist vom Recht der Notwehr Gebrauch oder läßt er sich dazu hinreißen, die Notwehr zu überschreiten, vielleicht gar seinerseits in einer blinden Wut und kurzsichtigen Aufwallung Exzesse zu begehen, dann schreit es durch die ganze Welt : „Mordio! Feurio!" Dann triefen die jüdischen Anstandswächter von Moral und Menschlichkeit und versuchen in dreister Frechheit die nationalsozialistische Bewegung und ihre Presse für alles das, was einer von den fünfhunderttausend eingeschriebenen Parteigenossen oder von den acht bis zehn Millionen Sympathiſierenden sich hat zuschulden kommen lassen, verantwortlich zu machen. Jun rufen sie nach dem Verbot! Jetzt setzen sie die öffentliche Meinung unter das Kreuzfeuer ihrer lügnerischen und heuchlerischen Propaganda. Jetzt tun sie so, als seien wir Vationalsozialisten der Auswurf der Mensch heit und die Kommunisten dagegen wahre Unschuldsengel. Wer hat denn vor einem Jahr die Parole ausgegeben : „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!"; und wo ist auch nur etwas entfernt ähn liches in der nationalsozialistischen Presse zu verzeichnen gewesen? Wie viele Parteigenossen sind dieser infamen, blutbefleckten Parole zum Opfer gefallen und ruhen heute schon unter dem grünen Rasen! Wie viele Tausende haben infolge dieſer Parole schwere Wunden und langes Siech. tum davongetragen! Wo blieb da die Entrüstung? Warum rief man da nicht die Innenminister zuſammen? Warum schrie es da nicht in großen überschriftsbalken in die öffentlichkeit hinein : un aber Schluß! " Da schwiegen sie. Da spielten sie den toten Mann. Da ließen sie den roten Mordterror sich auf den Straßen austoben und fanden nur Worte der Entrüstung, wenn der, den man mit dem Tod bedrohte, von dem Recht der Notwehr Gebrauch machte und sich dagegen auflehnte. ein! Es steht der Judenpresse schlecht zu Gesicht, jetzt für die Reinigung des öffentlichen Lebens zu plädieren und politische Kampfmethoden abzulehnen, die sie selbst und ihre Hintermänner erfunden haben und die anzuwenden wir seit jeher ablehnten, gegen die aber unser nacktes Leben zu verteidigen unser primitivstes Menschenrecht ist. Die Kommunistische Partei hat den Mordterror in Deutschland be gonnen. Sie hat bis heute ihre Blutparole noch nicht widerrufen. In ihren Reihen waren die Ali Höhler zu suchen, die junge nationale Menschen niederschossen, nur, weil sie sich zu einem neuen Deutschland bekannten. Don ihr kamen jene feigen mordbuben, die in Hagen den achtzehnjährigen SA.-Mann Sander mit Keulen zuſammenſchlugen, auf seine Frage: Was habe ich euch denn getan?“ nur die Antwort mit Stahlruten und Gummiknuppeln wußten und dieses wehrloſe Opfer zu Tode marterten. Wir betonen noch einmal und eindringlicher denn je, daß wir den Terror im politiſchen Kampf ablehnen. Wir haben ihn nicht nötig, weil wir davon überzeugt sind, daß die Sieghaftigkeit unserer Idee allein schon den End. erfolg für unsere Bewegung garantiert. Aber solange die Regierung tatenlos zuschaut, wie die Träger unserer Bewegung Tag für Tag wehr. und waffenlos dem roten Mordterror zum Opfer fallen, solange haben die burgerlichen Parteien kein Recht, sich über die Verrohung des politischen Kampfes" zu beklagen. Wir sind für den Volksfrieden. Wir lehnen den Klassenkampf ab. Wir wollen über Parteien und Stände hinaus eine neue Front deutscher Gemeinschaft bilden. Mar soll uns in Ruhe lassen. Man foll uns nicht an Leib und Leben bedrohen, man soll den Frieden, den wir halten und halten wollen, auch den andern aufzwingen. Dann ist die Mög 109

lichkeit geboten, daß der Kampf um ein neues Deutſchland mit geistigen Waffen ausgefochten wird. Hamburg ist ein Signal ! Es wird von den Verantwortlichen abhängen, ob dieses Signal richtig gedeutet wird. Wir haben an dem bisher von uns eingenommenen Standpunkt nichts zu ändern. Wir ſind friedfertig und wollen friedfertig bleiben. Aber wir vergessen auch niemals die Wahrheit jenes Wortes, daß der Stärkste nicht im Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt !

Erziehung zur Staatsfreudigkeit

23. März 1931 Die Herren von heute lassen es sich etwas kosten, das deutsche Volk zu einem sympathischen Verhältnis zum gegenwärtigen System zu überreden. Von überzeugung kann vorerst noch keine Rede sein; aber die Formen der überredung sind mannigfaltig und vielerlei atur. Man macht es mit Zuckerbrot und macht es mit der Peitsche. Die Beamten befördert man, oder man jagt sie aus Arbeit und Brot. Mit der Oppoſition ſpielt man Rage und Maus. Aber es fehlt doch an der Brutalität, die die Rage der Maus gegenüber anzuwenden beliebt. Es ist mehr eine Politik der Nadelstiche, die gegen uns geführt wird ; und wenn die Herren des derzeitigen Systems am Ende sich den Erfolg anschauen, dann werden sie immer zu dem betrüblichen Ergebnis kommen : wir haben nicht für uns, sondern für unsere Gegner gearbeitet. Was sagt ihr zu folgendem Vorgang: Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei beruft in Königs. berg eine Massendemonstration ein. Schreiber dieser Zeilen ist als Redner vorgesehen. Es werden zu dieſer Maſſendemonstration zwölftausend Rarten im voraus verkauft. Sie ist bereits seit vierzehn Tagen öffentlich bekanntgegeben, plakatiert und in den Zeitungen angekündigt. Die hohe Behörde nimmt vorerst davon gar keine Notiz. Erst am Tage selbst entschließt sie sich, auf Anweisung von Berlin, zu einem Verbot. Aber die Begründung des Verbotes ist denn auch danach. Von rechtlichen Gründen kann gar keine Rede sein. Man behauptet, die öffentliche Ruhe und Sicherheit" wäre gefährdet und führt dabei als Beweis an das ,,allgemeine Verhalten" des vorgesehenen Redners in irgendeiner anderen Versammlung. Was heißt das "allgemeine Verhalten": Das ist eine amtliche Umſchreibung des vielverläßterten Vorkriegsstandpunktes: „Die janze Richtung paßt mir nicht!" Selbst die demokratischen Blätter in Königsberg machen bei Verkündigung dieses plöglichen Versammlungsverbotes ihre Bedenken geltend und bezweifeln, daß es der nationalsozialiſtiſchen Parteileitung gelingen würde, die Tausende von Menschen, die zur Versammlung wollen und zum Teil aus der Provinz gekommen sind, vor Unbesonnenheiten zu bewahren. Die Ortsgruppenleitung segt sich mit der Polizei ins Benehmen und erreicht dann nach langem hin und her, daß man sich behördlicherſeits bereit erklärt, die Versammlung stattfinden zu lassen, wenn der vorgesehene Redner nicht nur nicht rede, sondern die Ortsgruppenleitung sich auch verpflichte und ihr Wort darauf gebe, daß er im Ablauf von drei Tagen das Gelände der vorgesehenen Versammlungshalle nicht betrete. 110

Das ist Sibirien ! Im Interesse der Ortsgruppe selbst gehe ich auf diese Bedingungen ein, ja, um auch den Schein zu wahren, vermeide ich jedes öffentliche Auftreten und verziehe mich für diesen Abend unbekannter. weise in irgendein Rino. Man vergegenwärtige sich den Tatbestand, um die Ungeheuerlichkeit dieses Vorganges zu begreifen : Zwölftausend men. schen warten auf einen Redner, der nach zehnstündiger Bahnfahrt in der Stadt selbst weilt und dazu verurteilt ist, in irgendeinem Rino die kost. baren Stunden zu verschleißen . Damit aber nicht genug: Ist es verwunderlich, daß abends vor Abgang des Nachtzuges von Rönigsberg sich zahlreiche Parteigenossen vor und im Bahnhof und auf dem Bahnsteig versammelt haben, um wenigstens ihre Grüße mitzugeben ? Ich vermeide auch da jedes öffentliche Auftreten. Ich weigere mich standhaft, auch nur ein Wort zu sprechen, obschon die Menge das stürmischer und stürmischer verlangt. Ich warte mit einigen anderen Parteigenossen auf den Abgang des Zuges; und dann begibt sich dieser unglaubliche Vorgang : Die Polizei marschiert mit einer Hundertſchaft auf dem Bahnsteig auf und knüppelt ohne jeden Anlaß und wahllos in die versammelte Menge hinein. Es werden dabei ganz Unbeteiligte niedergeschlagen. Wir bleiben ruhig auf unserem Platz stehen. Trogdem stürmt ein wildgewordener Reichsbannermann, den man in eine Polizeiuniform gesteckt hat, auf unsere Ecke zu, schlägt zuerst den Prinzen Auguſt Wilhelm von Preußen und dann mich nieder und verschwindet wieder in der Gruppe seiner Kollegen. Es melden sich bei mir eine ganze Reihe von unbeteiligten Zuschauern. Ein angesehener deutscher Schriftsteller, der eben von einer Vortragsreise durch Ostpreußen zurückkehrt, bietet mir unaufgefordert seine Zeugenschaft an, dazu eine Reihe von Reichswehroffizieren, die in Zivil in Urlaub fahren. Als ich zu dem diensttuenden Schupo-,,Offizier" beschwerdeführend herantrete, um die Nummer des wildgewordenen Polizeimannes feststellen zu lassen, droht mir dieser Wärter demokratischer Ruhe und Ordnung aufs neue mit dem Gummiknüppel und gibt mir auf meine Darstellung des Vorganges zur Antwort: „Sie werden das wohl verdient haben, und Gott sei Dank hat es jetzt einmal den Richtigen getroffen." Es sind Zeugen vorhanden, die dafür geradestehen, daß ein „Offizier“ bei Betreten des Bahnsteiges zu seinen Schupoleuten laut und provozie rend erklärte : " Vor allem feht, daß ihr den Prinzen und Goebbels bekommt!" Es ist wie ein Wunder und unerklärlich, daß die Menge an gesichts solcher Vorgänge ihre Ruhe bewahrte und die Besonnenheit nicht verlor. Darauf war man gewiß aus, und wäre es der fall gewesen, dann hätte die hauptstädtische Journaille wieder eine billige Gelegenheit gehabt, ihr unverantwortliches Schandmaul aufzureißen und den Nationalsozialisten zu bescheinigen, daß sie in der Tat die öffentliche Sicherheit be. drohen. Und nun frage ich euch: Was bezweckt die Polizei mit solchem Vorgehen? Glaubt sie im Ernst, daß die Beulen, die wir nun auf unseren Köpfen tragen, uns dem gegenwärtigen Zustand in Deutschland gegenüber ver söhnlicher stimmen? Ist sie in der Tat der Meinung, wir könnten mit Gummiknüppeln zur Staatsfreudigkeit erzogen werden ? Haben die roten Usurpatoren, die heute in Deutschland das große Wort führen, so schnell schon die Schläge vergessen, die sie im verruchten alten System" mit der

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Polizeiplempe erhielten, und erinnern sie sich nicht im mindeſten mehr, wie die bei ihnen gewirkt haben Wir nehmen an, daß diejenigen, die heute, wo der Marxismus an der Macht ist, das Maul aufreißen und vornean sind, das auch getan haben, als der Marrismus noch die Straße eroberte und von der damaligen Polizeigewalt zuſammengedroſchen wurde. Wir nehmen weiterhin an, daß die Beulen und Schrammen, die man ihnen schlug, sie nur fester in ihrer Gesinnung verankert haben. Wir geben ihnen zu bedenken, daß wir auch nicht von Pappe sind, und meinen, sie sollten es sich einmal überlegen, ob der Gummiknüppel, den sie heute gegen uns in Aktion ſegen, unſere Röpfe hart oder weich prügelt. Wir jedenfalls können dem System bescheinigen, daß es uns einen Dienst erwiesen hat. Es kommen immer Stunden, wo der einzelne schwach wird und Gefahr läuft, die Nerven zu verlieren. Über dieſe Stunden hilft ein wohlgezielter Gummiknüppelhieb immer hinweg. Das ist eine praktische Erziehung zur Staatsgesinnung, die mit Gold gar nicht zu bezahlen iſt. Daß sie heute bei uns führern und Geführten zugute kommt, das danken wir dem Schicksal und denen, die es heute zu seinen Trabanten macht. lun haben wir wieder einmal für rund einen Monat Lust und Liebe zum Arbeiten. Der Mut steht wieder hoch und die Gesinnung fester denn je : ur weiter so! Ihr prügelt uns in eine Laune hinein, von der wir glauben, daß sie auch in entscheidenden Momenten standhalten wird. Und sollte der Tag einmal kommen, an dem das deutsche Volk uns zum legalen Vollstrecker seines neuen politischen Willens macht hätte man uns nie etwas zuleide getan, vielleicht bestünde die Gefahr, daß wir schwach würden. So aber werden wir hart sein und in der Tat auch das tun, was notwendig ist, um dem deutschen Volke seine politiſche Ehre zurückzugeben !

Dumpfes Schweigen

24. März 1931 Wenn das so weiter geht, ein ganzes Jahr So werden die roten Oberbonzen sich ihre Rechnung zurechtgelegt haben. Der Unterdrückungsfeldzug gegen die SDUP. ist organisiert, und die Methoden dieses Kampfes beginnen sich allmählich in der Praxis abzuzeichnen. Man hat sich das so gedacht: Man fängt im kleinen an und läßt die Mittel, gegen uns vorzugehen, sich allmählich steigern bis zur ge wünschten Ausschaltung der SDAP, im öffentlichen Leben. Zuerst ver bietet man unsere Presse. Schlag für Schlag und Strich um Strich werden unsere Tageszeitungen am Erscheinen verhindert. Man glaubt ſich darüber klar zu sein, daß diese Verbote uns schwer schädigen, vor allem finanziell und abonnentenmäßig. Dann verbietet man einzelnen Rednern das freie Wort. Die Begründung tut dabei nichts zur Sache. Man beraubt damit die Partei ihrer schärfsten agitatorischen Kräfte und hofft, auf diese Weise den vorwärtsstürmenden Elan der Bewegung allmählich zu brechen. Dann läßt man sich von den Parlamenten die Erlaubnis geben, einzelne führende Männer der SDUP. hinter Schloß und Riegel zu setzen. Man vertraut vielleicht insgeheim darauf, daß sich dadurch wenigstens die radi. 112

kalen Anhängermassen zu Unbesonnenheiten hinreißen lassen werden. Man ist dann gewillt, mit den rigorosesten Mitteln gegen die Partei vorzugehen, sie in Blut zu ersticken und dann überhaupt für das ganze Reich zu ver bieten. Unterdes so glaubt man wird der Sommer in voller Pracht und Herrlichkeit einfegen. Die Arbeitslosigkeit wird gemindert, die Saison arbeiten sind wieder aufgenommen. Man hofft, bis dahin größere Kredite von ausländischen, vor allem französischen Finanzinstituten zu bekommen. Die Brüningschen Sanierungsmaßnahmen, so meint man, werden ihre ersten Erfolge zeitigen, und bis zum Winter ist dann der ganze Spuk Nationalsozialismus erledigt. Wie man sieht, eine feine Rechnung. Und sie würde stimmen, wenn ſie nicht eine Reihe von wesentlichen Umständen gänzlich außer acht ließe. Es ist ein Irrtum, zu glauben, die Brüningschen Sanierungsmaßnahmen würden die Lage klären und eine Stabilisierung der innerdeutschen Verhältnisse herbeiführen. Das Brüningsche Programm krankt an einem Kar dinalfehler insofern, als sich eine Ausbalancierung des Etats überhaupt nicht ermöglichen läßt, solange Deutschland gehalten ist, unerträgliche Tributzahlungen an das Ausland weiter zu leisten. Kredite aus dem Ausland ― fie mögen noch so hoch sein können die wirtschaftlichen Spannungen in Deutschland nur für ganz kurze Zeiträume und auch nur dem Scheine nach beheben. Zwar wird die Arbeitslosigkeit während des Sommers durch Wiederaufnahme der Saiſonarbeiten eine kurzfristige Erleichterung erfahren, aber die fällt im Hinblick auf die Gesamtlage kaum ins Gewicht. Angesichts dieser Tatsachen ist es vermeſſen, zu glauben, man könnte den Widerstand gegen die zunehmende Verelendung der breiten Maſſen dadurch brechen, daß man seinen Wortführern die freie Rede verbietet. Die Maſſen werden sich damit nicht zufrieden geben. Zwar kann man das wache Gewissen der Nation zum Verstummen bringen. Aber es wird dann über Deutschland jenes dumpfe Schweigen hereinbrechen, das immer der Anfang eines kommenden Volkszornes ist. Die Millionenmassen, die heute irgendwie materiell oder seelisch von den herrschenden Zuständen in Deutschland mitbetroffen werden, sind seit etwa zwei Jahren in zunehmendem Maße hellhörig geworden. Das deutsche Volk von 1931 darf nicht mehr verglichen werden mit den richtungslosen Maſſen von 1918 und 19. Die Phraſen des Systems sind beim kleinen Mann ihrer Wirksamkeit entkleidet. Man glaubt der roten Bonzokratie nicht mehr. Sie hat im Volke jeden Kredit verloren. Es kann der Regierung Brüning nicht gelingen, eine wirksame und sichtbare ünderung des deutschen Zustandes mit den Mitteln herbeizuführen, die sie bisher anzuwenden beliebte. Solange die Umstellung der deutschen Politik nicht von grundauf geschieht, und das System selbst nicht in seinem fundamentalen Unterbau angetastet wird, solange ist an eine Besserung des gegenwärtigen Notstandes nicht zu denken. Darüber sind sich alle Einsichtigen im gegnerischen Lager klar. Die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die NSDAP. tragen einen zwiespältigen Charakter. Mit der einen Hand ſchlagen sie uns und mit der andern Hand versuchen sie uns zu streicheln. Sie haben nicht den Mut, aufs Ganze zu gehen, weil sie insgeheim von der Angst besessen sind, ihre Methoden könnten am Ende doch nicht zum Erfolge führen, und die Empörung in

8 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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den breiten Maſſen würde dann um so explosiver, je rücksichtsloser man gegen die nationalsozialiſtiſche Bewegung vorgegangen ist. Es stehen für den kommenden Herbst große politische Entscheidungen bevor. Die Regierung konnte bisher von Glück sagen, daß dadurch, daß die nationalsozialistische Bewegung sich zum Wortführer des Widerstandes in den breiten Massen machte, ein Ventil geschaffen war, durch das der Volkszorn Ausflußmöglichkeiten erhielt. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, dieses Ventil zu schließen. Die Empörung wird damit nicht beseitigt. Allerdings kann man den Widerstand zeitweise zum Schweigen bringen; aber der Zorn frißt sich dann nach innen, und nach einem Vaturgesetz wird er eines Tages doch zum Ausbruch kommen. Die Regierung Brüning ist eben dabei, den Reichstag in die Ferien zu schicken. Sie hat allem Anschein nach die Absicht, über die Sommermonate hinweg unter Inanspruchnahme des § 48 zu regieren. Die folgen einer solchen Handlungsweise werden für die Zukunft unabsehbar sein. Das System selbst verliert damit den letzten Kontakt mit den breiten Volks. massen; und wenn es sich dazu noch den Spaß leistet, die Stimme der Nation mit mechanischen Mitteln zum Verstummen zu bringen, ſo wird es eines Tages erleben, daß aus dem dumpfen Schweigen, das über Deutschland lagert, eine laute, ſchreiende Anklage wird. Wir stehen im Warten und sind der überzeugung, daß unsere Stunde kommt. Ausschlaggebend für unseren Enderfolg wird sein, ob wir die Kraft aufbringen, die Ruhe zu bewahren, und unsere Verven nicht verſagen. Was sich jetzt in Deutschland abspielt, ist ein zwangsläufiger Prozeß. Er wird gewonnen von dem, der den längsten Atem hat.

In die Ferien 26. März 1931 Jun wird der Reichstag am Freitag in die ferien geschickt . Wie sehr sich dieses Hohe Haus der Sympathie und Liebe des Volkes erfreut, mag man daraus erſehen, daß dieſes Volk nicht das geringste Interesse daran hat, ob dieser Reichstag tagt oder nicht. Die nationale Oppoſition, die am 10. februar das Haus am Platz der Republik verlassen hat, war für die öffentlichkeit der einzige Wertmesser für die Schägung, die der Reichs. tag in den breiten Maſſen des deutschen Volkes genoß. Seitdem die Oppo ſition an den Verhandlungen nicht mehr teilnimmt, ist der Speise das Gewürz genommen, und nun schmeckt sie schal und abgestanden. Was sich danach im Reichstag abspielte, war nur noch formalität. Denn obschon der Marxismus in der Sozialdemokratie und der Rommuniſtiſchen Partei die absolute Mehrheit hatte, war es für den Einsichtigen von vorn herein klar, daß die Sozialdemokratie es niemals zum offenen Bruch mit dem Kabinett Brüning kommen lassen würde, aus der einfachen über. legung heraus, daß damit die letzte Stütze gegen das erwachende Deutſch. land ins Wanken geriet und eine Entwicklung eingeleitet wurde, von der man wohl wußte, wo sie anfing, aber nicht, wo sie einmal enden würde. Die Sozialdemokratie hat aus diesen überlegungen heraus bieder und brav ihre Pflicht den bürgerlich-kapitaliſtiſchen Tributparteien gegen. 114

über getan. Sie hat die Krise zu vermeiden gesucht, und es ist ihr das auch unter Aufopferung ihrer eigenen programmatischen Existenz gelungen. Herr Dr. Brüning ist damit zum ungekrönten Raiser über Deutſchland avanciert. Er hat in der Tat die gesamte Macht in der Hand; und wenn der Reichstag sich nun noch dazu herbeigelassen hat, ihm für ein ganzes halbes Jahr, das er in ferien geht, volle Handlungsfreiheit zu geben, so ist damit das Parlament ſeiner verfassungsmäßig festgelegten Befugniſſe endgültig entkleidet und die Demokratie praktisch von der Diktatur ab. gelöst. Gibt es ein peinlicher wirkendes Urteil über das sogenannte Hohe Haus als dies, daß die Regierung erklärt, es müſſe für sechs Monate in Ferien gehen, damit sie ungestört ihre sogenannten Reformpläne zur Durchfüh rung bringen könne. Das heißt mit anderen Worten : Dieser Reichstag ist lästig, er redet nur unbefugterweise in Dinge hinein, die ihn nichts an gehen. Wir sind selbst dieses Theaterspielens müde, wir wollen Ruhe zum Arbeiten, und deshalb: Hier habt ihr eure Diäten, und nun geht schön nach Hause. Damit übernimmt das Kabinett Brüning eine ungeheuerliche Verant wortung. Für ein halbes Jahr ist es im Besitz aller Machtmittel. Schlägt die Politik, die es für dieses halbe Jahr sich vorgenommen hat, fehl, dann ist damit der bürgerliche Diktaturgedanke endgültig erledigt, dann hat damit das Parlament im Volke den letzten Kredit verloren, dann ist damit der Weg frei für uns. Vichts liegt uns ferner, als dieſe Situation allzu optimiſtiſch zu sehen. Aber bei aller Skepsis, die wir uns im Verlauf eines langjährigen politischen Kampfes gegen die Mächte der demokratischen Erfüllungspolitik angewöhnt haben, zwingt uns doch eine nüchterne und kühle überlegung zu folgenden Feststellungen : Es wird der Regierung gelingen, mit Hilfe des beginnenden Frühjahrs und Sommers eine temporäre Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen. Wenn sie Glück hat, kann sie auch unter Umständen größere Kredite in ihre Scheuern heimsen. Sie wird mit diesen Krediten für ein paar Monate sogar die Wirtschaft dem Scheine nach beleben können; und sie ist dabei gewiß des Beifalls einer urteilslosen Menge sicher. Der Sommer gibt ihr die Gelegenheit, den einen oder anderen Reformplan “ zur Durchführung zu bringen; es besteht nicht die Gefahr, daß sie dabei durch Agitationsanträge der hinter ihr stehenden Parteien gestört wird. Aber was will das alles befagen angesichts der Tatsache, daß Deutſchland gehalten ist, seiner Wirtſchaft auch für dieses Jahr eine Summe von über 3,5 Milliarden zu entnehmen, sie damit kreditunfähig und kreditunwürdig zu machen; was will das besagen angesichts der daraus zu folgernden Ron sequens, daß weiterhin große Zweige der deutschen Produktion stillgelegt werden müssen, daß damit Tausende von Existenzen bankrottieren werden und neue Millionenmassen für den Herbst das schaurige Los der Arbeitslosigkeit zu erwarten haben. Die Steuersätze, die heute den schaffenden Ständen abgepreßt werden, sind für die Dauer unhaltbar. Sie werden nicht vom Ertrag der Arbeit genommen, sondern von der Substanz. Die Substanz selbst aber ist schon so durch die hinter uns liegenden Krisen geschwächt und gemindert, daß ſie einen neuen Aderlaß zu ertragen nicht in der Lage ist. Der Kreis der deutschen Tributpolitik neigt sich seinem katastrophalen

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Ende zu. Die Entscheidung über die in Zukunft von Deutſchland ein. zuschlagende Politik ist zwar um einige Monate vertagt worden, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Sie wird um so zwangsläufiger und in ihren Folgen um so katastrophaler eintreten, je länger man damit wartet. Ein Entrinnen gibt es heute nicht mehr. Es spielt sich zur Zeit in der deutschen Wirtschaft und damit in der deutschen Politik ein Prozeß ab, der gewissermaßen mit automatiſcher Präziſion ausläuft und an deſſen Ende der vollkommene Zusammenbruch der demokratisch-liberalen Werte steht. Für uns aber gibt es damit vorerst nur diese Aufgabe : die Stellungen vorzubereiten, in denen die breiten Maſſen des arbeitenden Volkes aufgenommen werden können, wenn es zur Entscheidung kommt. Die nationalsozialistische Bewegung steht damit vor einer historischen Wendung in ihrer ganzen Entwicklung. Was sie bisher betrieb, war zum größten Teil Parteipolitik. In dem Augenblick aber, in dem sich die Augen des erwachenden Volkes auf sie als auf die letzte Rettung hinwenden, sprengt sie ihren parteipolitischen Charakter und wird damit zu einer staatspolitischen Größe. Es wird der Regierung zum Verhängnis, daß sie auf kurze Frist nur einen Blankowechſel ausgestellt bekam, dagegen die Opposition in der glücklichen Lage ist, warten zu können. Die Zeit arbeitet nicht für die Tributpolitik, sondern für ihre Feinde. Auch im Laufe des vor uns lie genden halben Jahres werden die Verschiebungen innerhalb der deutschen Fronten weitergehen. In zunehmendem Maße wird das deutsche Deutsch. Land der Regierung den Rücken zukehren und zur Opposition abwandern . Im Herbst steht die Regierung allein, nur noch umgeben von den ihr hörigen Tributparteien, die sich dann nicht mehr auf die breiten Massen berufen können. Hinter unseren Fahnen aber wird dann das deutsche Volk marschieren. Erteilt es uns den Auftrag, legal und verfaſſungsmäßig den Dingen ein anderes Gesicht zu geben, so werden wir uns diesem Auftrag nicht entziehen!

Zweierlei Maß

27. März 1931 Im Osten Berlins wird in einer Manſardenwohnung zu später Abendstunde der nationalsozialistische Student und Arbeiter Horst Wessel niedergeschossen. Es besteht zu diesem feigen Attentat nicht der mindeste Grund. Das einzige, was dieser junge Deutsche sich hat zuſchulden kommen lassen, ist, daß er mit Leidenschaft und Fanatismus für die nationalsozialiſtiſche Sache eingetreten ist und ihr Hunderte und Tauſende neuer Freunde und Anhänger gewonnen hat. Die Mörder entstammen der Kommunistischen Partei. Es wird fest gestellt, daß sie von hohen kommunistischen Funktionären ins Ausland geschafft wurden. Einer von ihnen kommt unvorsichtigerweise wieder nach Berlin zurück und wird dann verhaftet. Bei der später folgenden Gerichtsverhandlung stellt sich heraus, daß die kommunistische Presse und Parteileitung in zynischster Weise die Atten täter aufgefordert hatte, der viehischen Untat jedes politische Motiv ab. zusprechen. Sie sollte als Eifersuchts- und Zuhältergeschichte aufgemacht werden; und die ganze jüdiſche Preſſe bürgerlicher und marxistischer Prä116

gung geht auch bereitwillig auf diesen Dreh ein. Es wird damit einem jungen Deutschen, der sich nicht mehr wehren kann, der seine Liebe zur ation mit seinem blühenden Leben bezahlen mußte, das Letzte, was ihm · seine Ehre noch geblieben ist über Tod und Verhängnis hinaus geraubt und gestohlen. Und was macht die sogenannte öffentliche Meinung daraus? Sie stimmt wacker in den kommunistischen Chorus mit ein. Sie findet nicht ein Wort des Abscheus, der Verachtung, sie denkt nicht daran, die blutbefleckten Hintermänner der Tat anzuprangern und jene kommunistischen Rohlinge, die nicht einmal vor der Majestät des Todes Ehrfurcht haben, gebührend zu kennzeichnen. Ja selbst, als diese vertierten Untermenschen sich sogar so tief erniedrigen , daß sie sich am Sarge des Toten vergreifen wollen, ſchweigt das jüdische Pressegesindel beharrlich weiter und fordert noch von der Polizei, daß sie rücksichtsloser vorgehen solle gegen diejenigen, die die Ehre des Toten zu ihrer eigenen machten. In Hamburg wird ein kommunistischer Funktionär, der eben aus einer hegerischen Versammlung zurückkehrt, im Autobus von drei nationalsozialistisch eingestellten Männern niedergeschossen. Der Tod tritt auf der Stelle ein. Die nationalsozialiſtiſche Parteileitung schüttelt augenblicklich die Attentäter ab. Sie erklärt öffentlich, daß sie nichts mit der Tat zu tun habe, daß sie den Mord in jederlei form verabscheue. Ja, sie veranlaßt sogar noch die Attentäter, deren Namen ihr bekannt sind, sich freiwillig der Polizei zu stellen. Und was macht die sogenannte öffentliche Meinung daraus: Man versucht, die Attentäter der Partei, der sie angehören, an die Rockschöße zu hängen. Ein Meer von Schmutz und Sudelei wird über die Bewegung und ihre Führer ausgegossen. Man prangert sie öffentlich als Mörderpartei an. Sie habe das Recht verloren, Politik zu betreiben. In Wort und Schrift wird in hemmungslosester Weise gegen diese Partei zu Felde gezogen. Der Reichsinnenminister versammelt die Innenminister der Länder um sich, und es wird feierlich beratſchlagt, was gegen diese Volksgefahr zu unternehmen ſei. An der österreichischen Grenze wird ein junger Mann mit Namen Kollatz verhaftet. Er steht im Verdacht, an einer verhängnisvollen Schießerei in Berlin beteiligt gewesen zu sein. Ein paar Tage später erscheint eine Schupohundertschaft auf der Geschäftsstelle der NSDAP. und bei den maßgeblichen SA. Führern, um dort die Mitgliederkartei und sämtliche Briefschaften zu beſchlagnahmen. Und was macht die sogenannte öffentliche Meinung daraus? „Die Partei der Mörderbegünstiger." Die führer der Partei werden öffentlich der schwersten Verbrechen angeklagt. Man schreit und randaliert, sie müßten hinter Schloß und Riegel gesteckt werden. Man fordert ſofortige Auflösung und augenblickliches Verbot der Partei und der SA. Man wundert sich heuchlerisch darüber, daß der Innenminister noch nicht eingeschritten sei. Die jüdische Presse ist in der Lage, Material zu veröffentlichen, das bei der Haussuchung mitgegangen ist und dabei nicht einmal im geringsten Zusammenhang mit der Angelegenheit selbst steht. Das Polizeipräsidium erfindet windige Ausflüchte, um die Pflichtvergessenheit seiner Beamten zu entschuldigen,

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In Röntgental werden zu nachtſchlafender Zeit in einem Lokal, in dem ehedem Nationalsozialisten verkehrten, zwei ruhige, friedliche Bürger durch Schüsse durchs Fenster niedergestreckt und getötet. Die Journaille versucht zuerst , die nationalsozialistische Bewegung mit dieser Untat zu belasten. Aber schließlich läßt es sich doch nicht mehr verheimlichen, daß Kommu nisten die Attentäter waren und daß die tödlichen Schüsse Nationalsozia listen gegolten haben. Jetzt stellt es sich heraus, daß einer der Mörder mit Hilfe der Kommu nistischen Partei nach Sowjet-Rußland abgeschoben worden ist. Er schreibt eine Karte an seinen Freund, auf der er freudestrahlend mitteilt, daß er nun endlich „in seiner Heimat angekommen" sei. Die Polizei wird lange und vergeblich nach diesem siebzehnjährigen Strolch suchen. Wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, daß dieser Bursche bald eine wertvolle Stütze des Staates der Arbeiter und Bauern" abgeben wird. Und was macht die sogenannte öffentliche Meinung daraus? Sie schweigt sich aus. Sie tut, als wäre nichts geschehen; sie spielt den toten Mann; die Polizei denkt nicht daran, in das Parteibüro der Kommuniſtiſchen Partei einzudringen, sie ist weit davon entfernt, irgendwo und irgendwie eine Karthotel zu beschlagnahmen ; sie sehnt nicht die Gelegenheit herbei, Briefe mitgehen zu heißen und sie am andern Tage unbefugter Weiſe in der jüdischen Presse zu veröffentlichen. Das ist es, was wir an diesem System der jüdischen Journaille und der parteipolitischen Polizei haſſen und verachten und bekämpfen : dieſe ſchein. heilige Objektivität, hinter der sich die Frage der Ungerechtigkeit, der Rechtlosigkeit, des Vertrauensbruchs und des Mißbrauchs mit öffentlichen Ämtern verbirgt. Ein schreiendes und randalierendes Journaliſtentum, das keinerlei Verantwortung vor der wahren öffentlichen Meinung - nur Verantwortung vor dem eigenen Parteipferch hat; ein schreiendes, ſchmarotzendes, landfremdes Pack, das nach Deutschland eingedrungen ist und nun bei uns seine Vomadeninstinkte austobt. Mit zweierlei Maß wird heute in Deutschland gemessen. Wer dem Vaterlande dient, ist ein Aussäßiger und wird verfolgt, gehaßt, verleumdet und geschlagen; wer aber wider die Nation aufsteht, wer Land und Volk bespuckt und verhöhnt und beſudelt, der darf vor die öffentlichkeit mit der Miene des Biedermannes treten, der wirft sich als Wärter für Anstand und Sitte und Ruhe und Ordnung auf, der glaubt dem deutschen Volk Vorschriften machen zu dürfen, was es zu denken und was es zu meinen hat. Auch dem werden wir einmal, wenn wir die Macht in der Hand haben, legal und verfaſſungsmäßig ein Ende bereiten. Wir werden die öffentliche Meinung wieder zu einem Ausdruck des Volkswillens machen. Wir werden es nicht zulassen, daß das jüdiſche Asphaltgesindel in Deutschland das große Wort redet und der Deutsche selbst in seiner eigenen Heimat nur noch Zwangseinquartierter ist. Es wird einmal wieder in Deutschland mit einem Maß gemessen. Und dieses Maß wird ein gerechtes, wird ein nationales, ein ſozialiſtiſches und ein deutsches sein.

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Die Diktatur

31. März 1931 Mit dem heutigen Tage treten die neuen Votverordnungen in Kraft. Damit ist die Diktatur Brüning praktisch legalisiert. Der Reichstag ist in ferien geschickt; er hat die gesamte ihm auf Grund der Weimarer Verfassung zustehende Macht in die Hände des gegenwärtig amtierenden Reichskabinetts gelegt. Herr Dr. Brüning ist zum Raiser der Republik Deutschland avanciert. Es fällt schwer, unter den obwaltenden Verhältnissen und angesichts der Maßnahmen, die die Regierung der Oppoſition durch ihre neuen Ver ordnungen androht, an dem, was sich augenblicklich in Deutschland abzuspielen beginnt, eine sachliche und charaktervolle Kritik zu üben. Es ist nicht möglich, das zu sagen, was man sagen will und was man auch sagen muß. Das freie Wort ist in Deutschland aufgehoben, und auf die Nation legt sich ein dumpfes und verzweifeltes Schweigen. Das Spiel, das damit von der Regierung begonnen wird, ist gefährlich. Herr Dr. Brüning ſetzt allem Anschein nach sein Schicksal auf eine einzige Karte; und wenn diese Karte verliert, dann ist er auch selbst verloren . Die kommenden Sommermonate - - so kalkuliert die gegenwärtige Regie rung - werden zwangsläufig eine Erleichterung der verzweifelten Lage des deutschen Volkes bringen. Diese Erleichterung allerdings - und das sagt die Regierung nicht wird nur scheinbarer Natur sein. Es wird nicht gelingen, die wirtschaftlichen und politischen Votstände an sich zu beseitigen. Das höchste der Gefühle ist, daß man sie mit einem warmen und bunten Aleister überstreicht, so daß man vor lauter Firniß den wah. und so ren Tatsachenverhalt nicht mehr zu erkennen vermag. Über - das rechnet man auf der anderen Seite wieder in der Wilhelmstraße Volk in seinen breiten Massen hat nicht das geschulte Auge, den Schein vom Sein zu unterscheiden, und es genügt ja vollkommen, wenn vorerst einmal eine gewisse Entlastung zu sehen ist, da die regierenden Gewalten damit eine billige Gelegenheit bekommen, die ihnen lästig werdende nationale Opposition schachmatt zu setzen. Das ist, mit Verlaub und aller Ehrerbietung zu sagen, Zweck und Ziel der jetzt von der Regierung geplanten Politik. Man hat die Verkündigung der Votverordnungen mit Bedacht und Absicht bis nach der Vertagung des Reichstages verschoben und ist auch offen genug, zu erklären, daß das nur aus dem Grunde geschehen sei, um die nationale Oppoſition davon abzuhalten, in der letzten Phase der Etatberatungen wieder im Reichstag aufzutreten und die Pläne der Roalitionsmehrheit zu durchkreuzen. Erinnert ihr euch noch der Zeit, da die Regierung Brüning als front. kämpferkabinett vor die öffentlichkeit trat, da der Stahlhelm ihr eine Chance gab, da die patriotischen Mitglieder dieses Kabinetts starke und wohltönende Reden für nationale Erneuerung gegen die zersetzungserschei. nungen des internationalen Marxismus und ähnliches hielten: Wißt ihr noch, daß diese Regierung sich als absolut marristenrein bezeichnete, und daß prominente Mitglieder dieses Rabinetts erklärten, ein Regieren in Deutschland sei weder möglich mit aktiver Beteiligung der Sozialdemo kratie, noch unter ihrer paſſiven Duldung, nur in scharfer Frontstellung gegen den Marrismus? Und was ist heute der Effekt: Das Rabinett Brüning hat seine Notverordnungen offenbar und osten. 119

tativ gegen die nationale Opposition erlassen und die Durchführung dieser Zwangsmaßnahmen in die Hände der marxiſtiſchen Länderregierungen gelegt. Während der Nationalsozialismus sich eben anschickte, eine grundsätz liche Auseinandersetzung mit dem Marrismus vor aller öffentlichkeit vorzunehmen, stellen sich ihm die bürgerlichen Parteien in den Weg. Sie sind es, die der angstschlotternden Sozialdemokratie die Waffen in die Hand drücken, mit denen sie den deutschen Nationalismus zuſammendreschen kann. Sie sind es aber auch, die uns, die wir eben zum vernichtenden politischen Schlag gegen die Sozialdemokratie ausholen, feige und hinterlistig in den Arm fallen. Es ist die alte Tragödie deutscher politischer Instinkt losigkeit, die wir so oft schon in den vergangenen zwölf Jahren erleben mußten und die heute im letzten Akt des dramatischen Zusammenbruchs der bürgerlich-klaſſenkämpferiſchen Geſellſchaftsordnung noch einmal ihre ausschweifenden Orgien feiert. Man könnte in dieser Stunde verzweifeln, wenn man nicht erfüllt wäre von dem Wissen um die eigene Aufgabe und von dem Willen, diese Aufgabe auch bis zum Ende durchzuführen. Man könnte sich versucht fühlen, das deutsche Volk seinem eigenen Schicksal zu überlassen und den Beweis für die Richtigkeit seiner eigenen Weltanschauung vom Gegenteil aus durch die praktische Entwicklung erhärten zu lassen. Das aber ist nicht Sinn und Aufgabe unseres politischen Aufbruchs. Wir haben dem deut. schen Volk in die Hand hineingeschworen, sein Los zu unserem Los zu machen und mit seinem Schicksal zu stehen und zu fallen. Wir sind nun ganz in Deutschland aufgegangen. Das, was man uns jetzt antut in diesen Tagen der tiefsten Demütigung unseres Volkes und Vaterlandes, das tut man der leidgequälten Duldernation an. Wo man uns schlägt, da schlägt man Deutschland. Wo man uns verfolgt, da verfolgt man das deutsche Volk. Wo man uns in die Gefängniſſe wirft, da sperrt man das Vaterland hinter Schloß und Riegel. Wo man uns das Wort verbietet, da verstopft man einer mit Empörung und Verzweiflung bis oben hinaus geladenen Mation den Mund. ur immer zu! Die Weltgeschichte läßt am Ende ihrer nicht spotten. Sie geht doch den Weg, den sie gehen muß und den ihr, zwangsläufig und aus ewigen Naturgesetzen kommend, das Schicksal vorzeichnet. Die natio nalsozialistische Bewegung steht in diesem Augenblick vor den letzten zwei Möglichkeiten, vor die überhaupt eine Organisation, die geschichtlichen Rang beanspruchen will, gestellt werden kann: Entweder wir haben uns über unsere Miſſion ſelbſt getäuscht. Entweder es ist alles das nicht wahr, was wir meinen und glauben und denken und fühlen. Entweder die, die seit 1918 bis auf den heutigen Tag das deutsche Volk durch das Fegefeuer bitteren Leides und unausstehlicher Qual geführt haben, sind im Recht und dazu bestimmt, die Zukunft zu gewinnen. Dann ist unser Dasein zweck. los, und je eher wir von der politischen Bildfläche verschwinden, um so besser. Oder aber und daran glauben wir gerade in dieser Stunde schwerster Prüfungen unverbrüchlich und unerschütterbar -— das Schicksal hat uns gerufen, es hat in unsere Hände die Aufgabe gelegt, dem deut schen Volk eine neue Zukunft zu erkämpfen, es wählte uns aus den politischen Potenzen der deutschen Gegenwart aus und betraute uns mit der mission, dem deutschen Volk wieder ein neues politisches Gesicht zu geben. Dann aber werden wir auch unfere schicksalbestimmte Aufgabe erfüllen. 120

Dann wird keine Macht der Welt in der Lage sein, uns vom richtigen Wege abzubringen. Dann sind Verfolgung und Demütigungen und Terror und Qual und Gefängnis nur Prüfungen, in denen das Schicksal erfor schen will, ob wir schon reif sind, zu legten Dingen vorzuschreiten. Wer den wir diese Prüfungen aufrecht und tapfer überstehen, dann werden sie am Ende nur dazu dienen, unsere Kraft zu stärken, unseren Willen zu stählen, unseren Glauben zu vermehren, so daß er am Ende Berge versetzt !

Die Bilanz 10. April 1931 Es gibt ein probates Mittel, mit dem man in krisenhaft bewegten Zeiten dafür Vorsorge treffen kann, daß man auf jeden Fall und unter allen Umständen Sachlichkeit und Nerven behält. Dieses Mittel besteht darin, daß man sich die Ohren zustopft und keine Zeitungen liest. Man hat dann Gewähr dafür, daß man ſeine Entscheidungen mit absoluter Treffsicherheit fällt und dadurch den Gegner sehr bald in die Enge treibt. Ich muß gestehen, daß ich in der vergangenen Woche dieſes Mittel konsequent angewandt habe; und der Erfolg zeigt, daß das richtig war. Die versuchte Meuterei im Bereich des Polizeihauptmanns Stennes ist kläglich in sich zusammengebrochen. Was davon übrigbleibt, ist einige Ver. wirrung, ein Haufen Großmannssucht, eine Reihe von Privatprozessen auf Herausgabe von entwendeten Akten und Ermittierung aus unter falschen Angaben gemieteten Geschäftsräumen und ähnliche peinliche Angelegen. heiten. Die NSDAP. kann den Rebellen nur dankbar ſein, daß ſie, ohne es zu wollen, unter Beweis gestellt haben, daß nationalsozialistische Idee, natio nalsozialistische Bewegung und Adolf Hitler eine Einheit darstellen, die durch nichts und durch niemanden erschüttert werden kann. Die jüdiſche Journaille hat sich zu früh gefreut, als sie bei Bekanntwerden des dreisten Meutereiversuches auf eine Zerschlagung der ihr so verhaßten nationalsozialistischen Bewegung spekulierte. Und sie hat dabei auch — ein schwerer Fehler in ihrer Taktik- ihre Sympathien zu offen und zu unverblümt der Gegenseite geschenkt, als daß nicht jeder Einsichtige von vornherein erkennen mußte, wo in diesem Falle Deutschland stand und wo seine Feinde. Wer vom Juden gelobt wird, den bekämpfe ich. Dieser niemals er. schütterte Grundsatz nationalsozialistischer Kampftaktik hat sich auch hier wieder einmal bewährt; daß man die NSDAP. beim Vorgehen gegen den Meutererklüngel mit Kübeln von Spott und Sohn übergoß und dabei offen mit den gegen ſie aufgestandenen Rebellen ſympathiſierte, das hat der Meutererclique den letzten Rest gegeben. Es kann nun ernsthaft gar nicht mehr von einer Kriſe der nationalſozialistischen Bewegung gesprochen werden. Es sind eine Reihe von ehemaligen ― "Führern" ausgeschlossen worden, die und das war unser Fehler - sich niemals in der Partei heraufgedient hatten, sondern gleich bei ihrem Eintritt in vorgesetzte Dienststellen hineinberufen wurden. Sie konnten deshalb auch gar kein Verständnis haben für die geistige und organiſatoriſche Struktur der Bewegung, der sie angeblich dienten. Und daraus nur ist es zu erklären, daß sie in größenwahnsinniger Vermessenheit ernsthaft den 121

Gedanken faßten, gegen die Partei, die Idee und den Führer aufzustehen, und damit das stolze Gebäude zu vernichten, das wir in über zehnjähriger mühevoller und opfervoller Arbeit errichtet hatten. un herrscht bei der Meutererclique der große Katzenjammer. Man ist dort ratlos und weiß nicht mehr aus noch ein. Von den dreißigtausend SA.-Männern, die angeblich zu diesem Verſchwörerklüngel_standen, ist nichts mehr übriggeblieben als ein kläglicher Rest von Offizieren ohne Mannschaften, an denen die NSDAP . ſchon deshalb nichts verloren hat, weil sie niemals Nationalsozialisten waren und deshalb auch niemals von der Örganiſation unserer Partei eingeschmolzen werden konnten. Die NSDAP. ist Siegerin auf der ganzen Linie. Sie hat mit ihrem radikalen Vorgehen gegen den Meutereiverſuch nicht nur die Partei von unsicheren und stets wankelmütigen Elementen gereinigt, sondern auch für sich in der ganzen öffentlichkeit jenen Ruf verstärkt, der ihr seit je vorausging: mit den Nazis ist nicht gut Kirschen essen, und wer mit ihnen anbandelt, der wird dabei unter die Räder kommen. Die letzte Hoffnung der nationalsozialistischen Gegner ist damit ver nichtet. Wir haben sichere Meldungen dafür, daß die Gegner der Partei ord und Süd, seit langem damit rechneten, der Gegensatz zwischen zwischen SA. und Partei werde über kurz oder lang die gesamte Bewe. gung vernichten, man selbst also brauche sich in der Bekämpfung des Nationalsozialismus nicht allzu große Mühe zu geben, denn das würden am Ende die Nationalsozialisten selber besorgen. Eine kurze, durch Krankheit erzwungene Ruhepause -- es handelt sich, das ſei den jüdischen Schmocks ins Tagebuch geschrieben, weder um einen gibt mir nun eine ervenzusammenbruch Weinkrampf noch um einen bequeme Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen und aus Übſtand die jüdiſche Presse der vergangenen Woche einer aufmerksamen Lektüre zu unterziehen. Es ist einfach zum Totlachen. Wie tief müſſen doch die Schmocks ihr Lesepublikum einschätzen, daß sie wagen, ihm solchen Spülicht im Ernst als geistige Nahrung vorzusetzen . Wäre ich überall da geweſen, wo die jüdiſche Presse mich vermutete, ich hätte mich, um auch nur in etwa meinen Ver pflichtungen ihr gegenüber nachkommen zu können, mindeſtens verzwanzigfachen müssen. Da war ich bereits nach Wien verreist, da auf einer Italien. fahrt, da hatte ich mich in den Schutz Fricks nach Weimar begeben oder im Braunen Haus in München verbarrikadiert, da war ich inkognito in Berlin eingetroffen und hatte Wohnung im Hotel " Excelsior" genommen, da wohnte ich in Potsdam bei einer ältlichen Gräfin, die meine besondere Gönnerin sein soll, da war ich bereits von SA.-Leuten verprügelt worden ; da war ich von Berlin geflüchtet, da war ich nach Berlin geflüchtet, da hatte ich die Treue Hitler gebrochen. Da hatte ich mich mit dieser Seite entfremdet, da mit jener. Hätte ich in den Tagen, in denen das dem Publikum vorgeſegt wurde, Zeitungen gelesen, ich hätte mich vielleicht darüber geärgert. Ich hätte vielleicht meine kostbare Zeit mit Berichtigungen verschliffen, hätte unter Umständen, wenn auch nur augenblicksweise, unter der feindlichen Presse. kanonade die Nerven verloren und in diesem Zustande eine Entscheidung getroffen, die nicht hieb und stichfest war. Jetzt liest man's, nachdem es vorbei ist. In wohlabgemessenem Abstand, aus der Reserve heraus überfliegt man diese tollen Schauermären, und was vielleicht vor Tagen noch ärger, Unluft und Verdruß erregt hätte,

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das erweckt heute nur noch ein verständnisinniges Schmunzeln und ſtrah. lende Heiterkeit. Alle andere Medizin hat nicht so genutzt wie diese. Und wenn ich vielleicht morgen oder übermorgen wieder von meinem Wein. krampf und Nervenzusammenbruch" aufstehen kann, dann verdanke ich das zum größten Teile den jüdiſchen Wigblättern, die für die Welt noch immer die deutsche öffentliche Meinung machen. Dank und frohes Händewinken ! Es wäre vielleicht für die Galizier im „Vorwärts“ und im „Berliner Tageblatt" zweckmäßig, nun auch ihrerseits einmal die Bilanz zu machen. Sich einmal Rede und Antwort zu stehen, ob es angebracht sei, für die Zukunft überhaupt noch eine Hoffnung darauf zu setzen, die NSDAP. von innen zu unterwühlen und zu zerfreſſen. Dieſe Bilanz würde eine vernichtende ſein. Und wenn die Hebräer aus der Jeruſalemer Straße nach den kurzen Freudenfesten der vergangenen Woche, wo sie wieder einmal darauf ausgingen, die ewige Wahrheit ans Kreuz zu ſchlagen, nun heute in großem Katzenjammer mit angelaufenen Augen und dick geschwollenen Backen durchs Gelände streunen, so mögen sie ihren Dank dem abstatten, dem auch wir eine seltsame übereinstimmung einiges zu danken haben: Dem Verräter in unseren Reihen!

Arbeiter, Bauern, Soldaten

11. April 1931 Das ist also übriggeblieben von der stolzen, trutzigen Stennesrebellion. Ein vierseitiges Käseblatt mit der überschrift " Arbeiter, Bauern, Sol. daten". Schlecht gedruckt und miserabel gemacht. „Berlin, den 9. April 1931 (nicht den 1. April) Nr. 1 , Preis 10 Pfennig, Nationalsozialistisches Kampfblatt, Herausgeber : Walter Stennes." Yun schaut euch dieſe BarriFadenkämpfer an! Wie haben sie jahrelang über uns geschmäht, wenn wir die Hauptwaffe unserer Partei in der Propaganda sahen, wenn wir in Rede und Schrift an die breiten Massen heranzukommen versuchten und in diesem Bestreben auch immerhin einige Erfolge zu verzeichnen hatten. Dann waren wir die Maulaufreißer, die Federhelden, die Tintenkulis. Wenn über die politischen Führer in unseren Zeitungen ein freundliches Wort geschrieben wurde, dann schrien die Barrikadenkämpfer: „Byzan tinismus, es ist zum Kotzen! Taten, Taten wollen wir sehen." Das war die ewig sich wiederholende Parole dieses Rebellenklüngels, und sie wurden nicht müde, dem kleinen Mann beizubringen, welche heldenhaften_Revo. lutionsfiguren sie selbst darstellten, und daß es nur an der verfetteten Bonzokratie liege, daß sie ihren Rachedurst” noch nicht in Tyrannenblut gestillt hätten. un haben sie die Dicken, die Aufgeblasenen, die Schlappschwänze von sich abgestoßen. Vun wäre ja eigentlich der Weg frei zur befreienden Tat. un könnte füglich aus Parole Wirklichkeit werden. Und was ist der Effekt: es kreißen die Berge und geboren wird ein kleines Mäuslein. Aus den trutzigen Soldaten der deutschen Revolution ſind nun Helden des Wortes und der Feder geworden. Wir haben niemals etwas anderes erwartet. Aber wir hätten wenigstens gehofft, daß die Politik, die in diesem Käse gemacht wird, wenigstens hier 123

und da den Reiz der Originalität hätte. Wichts von alledem. Wer die vier Seiten des Stennesschen Kampfblattes" überfliegt, wird sich bald in eine ihm lieb und vertraut gewordene Umgebung zurückversetzt finden und dann mit Entzücken feststellen: was hier als neues Evangelium auspoſaunt wird, wofür man gar die größte deutsche Kampfbewegung zerschlagen wollte, Kinder, Kinder, das haben wir uns schon seit 1924 an den Schuhsohlen abgelaufen. lein, nein, wir könnten uns schon auf Onkel Bräfig berufen und dem Rebellenklüngel stereotyp zur Antwort geben : „Im Stil bin ich dich über.“ Was ihr an Ideen vorbringt, das habt ihr von uns, und wie ihr es vor. bringt, na ― wir danken dem Himmel, daß wir das nicht auch noch zu verantworten haben. Mit einem Male wird man dort drüben ganz „foin“. Der Kampfgenosse Wetzel, mein großer und gefährlicher Konkurrent für den Gauleiterposten in Berlin, setzt sich in tiefschürfenden und lichtvollen Ausführungen mit Adolf Hitler auseinander. Das kommt einem vor, als wenn ein Mops den Mond anbellt. Das einzige, was dabei imponiert, ist die todanſtändige Art und Weiſe, in der Herr Wetzel sich vor seinen Polizeihauptmann stellt. „Ich fühle mich durch die niedrige Art, mit der Herr Hitler . . . " Wie vornehm! Sonst spielt man den Revolutionär mit dem rauhen, aber herz. lichen Landsknechtston, und nun, wo die andere Seite, aus allzu lang bewahrter Reſerve hervortretend, endlich auch einmal die Methoden an wendet, mit denen sie selbst vernichtet werden sollte, beruft man ſich plögz. lich mit dem Augenaufschlag einer alten Stiftsdame auf Knigge und möchte den guten Ton, von dem man bisher nichts wissen wollte, wieder in die Politik einführen. „Es wäre ein Unglück, wenn das Schicksal des deutschen Volkes jemals in die Hände eines solchen krankhaften Charakters gelegt werden würde." Mit dieſem krankhaften Charakter ist Adolf Hitler gemeint, und der das schreibt, heißt Kampfgenosse Wetzel, einer breiteren Öffentlichkeit erst dadurch bekanntgeworden, daß er sich in Berlin auf einen Sessel setzen wollte, der nicht leer war, und deshalb schneller, als er die Stufen dazu hinaufging, ſie wieder hinuntergehen mußte. Es hat keinen Zweck, dagegen im Ernst zu polemisieren. Das tut man mit einer Hand. bewegung ab. und das macht Polizeihauptmann Stennes wendet sich zum Schluß fast die ganze Zeitung aus - in einem pompösen Aufruf an seine SA.. Kameraden und Kampfgenossen. Es werden in diesem Aufruf erschütternde Feststellungen getroffen. Fünf Millionen Arbeitslose, zwei Millionen zusammenbrechender Bauern, zwei Millionen Kurzarbeiter, Zusammenbruch der Staats- und Gemeindefinanzen und der deutschen Wirtschaft." Wir mußten also auf Herrn Stennes warten, um zu erfahren, was längst die Spatzen von den Dächern pfeifen. Und dann kommt so etwas wie ein Programm : „Diese gigantische Aufgabe läßt sich nicht mit den bisherigen mitteln parlamentarischer Betätigung (der SA.-Aufstand vom August 1930 entstand ja in der Hauptsache deshalb, weil nicht genug SA..Führer angeblich in den Reichstag hineinkommen sollten), ſondern nur durch schärfsten Kampf gegen Parteibürokratie, Bonzen und Kompromißwirtschaft lösen." Gegen Tributversklavung und Erfüllungspolitik (welch ein schrof fer Gegensatz zur Politik der NSDAP. !) , gegen Arbeitslosigkeit (ist einer da, der dafür ist ) und Ausbeutung! (ganz unsere Meinung). Für ein nationales und sozialistisches Groß-Deutschland!"

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Ihr meint wohl alle: jegt fängt es an. ein, Freunde, jetzt hört es auf! Das ist nämlich alles. Das ist das Programm. Das Programm für die Befreiung der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Daß Gott erbarm ! Solange die Herren Revolutionäre noch im Schutz der Partei standen und be. schattet von einer Riesenorganisation ihren politischen Unfug betreiben konnten, wurde vielleicht hier und da aus einer Mücke ein Elefant. Nun aber stehen sie auf sich gestellt. Jegt heißt es Taten nicht nur fordern, ſondern auch tun. Jegt muß man seine Politik präzisieren, muß sie vor der Öffentlichkeit verantworten, muß sie vor den eigenen Anhängern ver. teidigen. Das ist nicht so einfach, wie etwa in einer Organiſation, die andere zusammengetrommelt haben, nach Liebhaberei Privatpolitik zu betreiben. Wir sehen den weiteren Gehversuchen des Klüngels auf dem politiſchen Parkett mit ſtoiſcher Gelassenheit zu. Wir wünſchen nur, daß Herr Stennes sich immer weiter nach vorne in die Glätte hineinwagt und geben ihm zum Abschied mit freundlichem Händewinken den alten Gruß mit: Mönchlein, Mönchlein, du gehst einen schweren Gang!

„Ein Königreich für einen Erfolg" 14. April 193) Die Regierung Brüning beglückt das deutsche Volk nun über ein Jahr mit ihrer segensreichen Tätigkeit. Sie hat es verstanden, sich aus den parlamentarischen Krisen herauszuwinden und die Parteien mehr und mehr schachmatt zu segen, um unter Inanspruchnahme des § 48 ihre soge. nannten Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Sie hat dafür von der hinter ihr stehenden Koalition einen Blankowechsel erhalten. Auf diesen Blankowechsel hin betreibt sie ihre Politik, und es wird über kurz oder lang der Zeitpunkt eintreten, an dem sie den Wechsel einlösen muß. Das Imponierendſte an dieſem Kabinett ist die Art und Weiſe, mit der es über alles hinweggeht, die demokratisch-parlamentarischen Instanzen einfach außer Wirksamkeit setzt und nach eigenem Gusto seine Entschei dungen fällt. Das geht auf eine gewisse Dauer der Zeit. Über am Ende wird selbst der langmütigste Verfechter dieser Politik statt der Verspre chungen Erfolge sehen wollen. Die Regierung Brüning ist sich selbst auch vollkommen klar darüber, daß — werden diese Erfolge in absehbarer Zeit nicht eintreten - sie mit ihrem Latein am Ende ist. un erscheint es schlechterdings ausgeſchloſſen, daß die Regierung Brüning innenpolitisch irgend etwas Positives zuwege bringen kann. Die deutsche Innenpolitik wird fortlaufend bestimmt von einem Zustand des latenten Bürgerkrieges. Zwischen den Lagern rechts und links steht die soziale Frage. Ihre Löſung aber ist nur möglich nach genereller Umwand. lung der deutschen Außenpolitik, die ja eigentlich nur für die Organiſation all der Erfüllungsmaßnahmen sorgt, die den deutschen Innenmarkt ver. wüsten, die deutsche Arbeitslosigkeit verursachen, die deutsche Produktion zum Ausbluten bringen und damit das gesamte innenpolitiſche Leben ver. giften. Die Regierung Brüning ist also gezwungen, ihre Erfolge auf außenpolitischem Gebiet zu suchen; denn je länger ihre Herrschaft dauert, um

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so härter und unerbittlicher wird der Angriff der Opposition gegen sie. Die Regierung verliert an Halt im Volk, und es macht beinahe den Ein. druck, als stünden hinter ihr nur noch die formalparteien, die breiten Massen aber, die den Hintergrund der Parteien abzugeben haben, wären längst zur Opposition abgewandert. Der Versuch, den schärfsten Ausdruck deutscher Oppositionsgesinnung, die nationalsozialistische Bewegung, von innen zu zerschlagen, kann als voll. kommen mißlungen bezeichnet werden. Das ist von weittragender politischer Bedeutung. Denn man braucht kein Prophet zu sein, um weissagen zu können, daß die Verantwortlichen darauf ihre große Hoffnung gesetzt haben. Sie meinten, mit dieser Operation den unbequemsten Gegner wenig. stens vorerst erledigen zu können. Sie wollten ihn durch innerparteilichen Kampf zermürben, um damit über den Sommer hinaus Ellenbogenfreiheit zu bekommen. Diese Hoffnung ist dahin. Damit gehen die Dinge in Deutschland ſelbſt wieder ihren zwangsläufigen Weg. Und die Regierung sieht sich mehr denn je gezwungen, nach außenpolitischen Erfolgen auszuschauen. Der erste Versuch in dieser Richtung war die deutsch-österreichische 3ollunion. Sie stellt zweifellos ein verwegenes Stück dar, vor allem, wenn man das, was bisher in Deutschland Außenpolitik genannt wurde, damit in Vergleich zieht. Aber sofort nach ihrem Bekanntwerden meldeten sich auch die Kon trahenten im Weltkonzert. Die Regierung sah sich in die Enge getrieben und mußte schließlich zugeben, daß diese Dinge noch einmal vor dem Völkerbund behandelt werden. Sollte das Kabinett Brüning dabei eine Niederlage erleben, dann ist es um seinen Bestand getan. Darüber ist sich jeder Einsichtige im klaren, und es erscheint deshalb auch durchaus verständlich), daß Herr Dr. Brüning jetzt schon versucht, die Zollunion durch einige trag. kräftige Pfeiler zu unterbauen. In dieser Richtung ist die Einladung des Reichskanzlers nach London zu verstehen. Man will unter allen Umständen das außenpolitische Prestige der Republik und des amtierenden Kabinetts erhöhen. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um wirkliche oder nur um vermeintliche Erfolge handelt. Die Hauptsache ist, daß die ungeduldig zuwartenden Wählermassen etwas zu sehen bekommen. Das sollen sie nun haben. Herr Brüning wird ihnen ein außenpolitisches Schauspiel geben. Es werden wortreiche Loyalitätserklärungen vom Stapel gelassen. Deutschland wird wieder unter den Großmächten erscheinen und der ewige Michel daraus den Schluß ziehen, daß alles wieder in bester Ordnung sei. Aber täuſchen wir uns nicht. Außenpolitische Erfolge kann eine Regierung immer nur erkämpfen, wenn hinter ihr ein einsatzbereites und einſatzfähiges Volk steht. Das ist hier nicht der Fall. Das Kabinett Brüning stügt sich auf eine schwache Parlamentsmehrheit, die keine Mehrheit mehr bei den breiten Massen besitzt, und wenn alles andere nichts mehr hilft, auf den Reichspräsidenten und den § 48. Das ist für die große Außenpolitik keine Legitimation. Man wird dieser Regierung mit skeptischem Miß. trauen entgegentreten. Man wird mehr und mehr in der Welt den Glauben verlieren, daß Herr Brüning in der Tat der Repräsentant des deutſchen Volkes ist. Und danach wird man auch mit ihm verfahren. Er sucht Erfolge, um seine schwachgewordene innere Position zu verstärken. Das Ausland hat 126

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ein Interesse am Weiterbestehen dieses Kabinetts; denn es gibt nach ihm nur einen Ausweg : Nationalsozialismus. Deshalb werden die Diplomaten alter Schule in Paris und London sich gewiß bereitfinden laſſen, dem Diktaturkabinett durch äußere Gesten seine verzweifelte Lage zu erleichtern. Aber das werden nur äußere Gesten bleiben. Ein Königreich für einen Erfolg! Das ist das Angstgeschrei der gegen wärtigen Regierungskoalition. Aber Erfolge, die von diesem Kabinett errungen werden, müſſen ſehr bald als Scheinerfolge auch von den breiten Maſſen erkannt werden. Das wird bis zum Herbst dauern. Und dann fängt mit wachsender Arbeitslosigkeit und zunehmendem Massenelend der Aufbruch des Volkes wieder an. Dann werden die Millionen verzweifelter Menschen wieder in Bewegung geraten, dann steigt die zweite Welle des Nationalsozialismus hoch. Und es kann keinem zweifel unterliegen : vor dieser Sturmflut wird das Kabinett Brüning nicht bestehen können. Es wird von ihr hinweggespült werden und damit der Weg freigelegt für eine große, deutschbewußte Politik, die in organischem Zusammenhang die Dinge nach innen und nach außen zu wenden in der Lage ist.

Rede an die SA. 17. April 1931 Die SA. ist entstanden aus dem natürlichen Selbstschutzbedürfnis der nationalsozialistischen Bewegung. Sie ist das Sinnbild ihrer Kraft, ihrer Disziplin und ihrer weltanschaulichen Geschlossenheit. Die SA. hat den Sinn und den Zweck, der Partei den Nationalsozialismus vorzuleben. Sie ist das unzerbrechbare Rückgrat der Bewegung. Sie geht der Bewegung voran in unermüdlichem Arbeitseifer und nie erlahmendem Opfersinn. Die hervorstechendsten Tugenden des SA.-Mannes sind Treue zur Idee, Treue zum Führer, unbedingte Disziplin und Glauben an die Autorität. Der SA.-Mann ist der Typ des nationalsozialistischen Rämpfers. Als solcher stellt er den politischen Soldaten in Reinkultur dar. Die nationalsozialistische Bewegung ist ohne die SA. nicht zu denken, genau so, wie die SA. ohne die nationalsozialistische Bewegung nicht zu denken ist. Die SA. ist mit der Bewegung entstanden, die Bewegung ist mit der SA. entstanden. Es gibt keine Gegensätze zwischen der Partei und der SA. Die SA. ist eine und zwar die wichtigste Organiſationsform der Partei. Im Kampf um die Durchfechtung der nationalsozialiſtiſchen Idee hat die SA. sich in den zehn Jahren ihres Bestandes bereits eine ruhmreiche Tra. dition erworben. Sie war es, die in der ersten historischen Versammlungsschlacht in München die Bresche schlug für den Nationalsozialismus. Sie war es, die in Roburg der nationalsozialiſtiſchen Bewegung das Recht auf die Straße erkämpfte. Sie war es, die am 9. November 1923 den ersten großen Blutzoll niederlegte auf den Altar der nationalsozialistischen Idee. Wo die nationalsozialiſtiſche Bewegung_praktiſch in Erscheinung trat, da hat die SA. für Partei und Idee unerhörte Öpfer an Gut und Blut gebracht. Und sie steht auch heute noch in unerschütterlicher Bereitschaft,

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um die nationalsozialistische Bewegung zu verteidigen, wo und von wem auch immer sie in ihrem Beſtand bedroht wird. Die Berliner Bewegung ist von der SA. hochgetragen worden. Die SA. hat ihr den Weg frei gemacht, als es galt, das rote Hakenkreuzbanner ſiegreich durch die Straßen der Reichshauptstadt zu tragen. Die SA. stand blutend und unerschüttert in den Pharusſälen. Sie stellte ihren Mann in Rottbus, in Spandau und Lichterfelde. Sie kämpfte mit der politischen Bewegung den Remarque- film nieder und schüßte die nationalsozialistische Idee in den Auseinandersetzungen mit der Kommunistischen Partei. Arbeiter und Bürger stehen in der SA. Schulter an Schulter. Es gibt in der SA. keine Klassen- und Standesunterschiede. Die SA. ist eine Ge meinde der Kameradschaft und der Tat. Wie Horst Wessel, der Student und Arbeiter, der S. in Berlin den Weg wies, so ist die Berliner SA. diesen Weg weitergegangen. Gegen Rotfront und Reaktion haben wir gekämpft, und weil wir diesen Rampf unverbrüchlich und konsequent durchgefochten haben, deshalb konnten wir Sieg um Sieg an unsere Fahnen heften . Adolf Hitler ist der Begründer und Führer der nationalsozialiſtiſchen Bewegung. Es gibt keinen Nationalsozialismus ohne ihn, geschweige gegen ihn. Er ist heute das letzte und alleinige Unterpfand für die Geſchloſſenheit der Partei und für die unerschütterliche Disziplin von oben nach unten und von unten nach oben. Führer und Idee sind in unserer Bewegung eins geworden. Die Partei, der führer !", so muß der Schlachtruf der national. sozialistischen SA. lauten. Wahres Preußentum iſt ſeit je von den Tugenden der Kameradschaft und des Gehorsams, der Disziplin, des Mutes und des Charakters getragen worden. Diese Tugenden sind auch heute die hervorstechendsten Merkmale des SA.-Mannes. Der SÁ.-Mann ist in der Zeit des Verfalls der Träger wahren preußischen Geistes in Deutſchland. Er will dem kommenden Reich den Charakter preußischer Härte und soldatiſcher Disziplin aufprägen. Aus dem Kampf um die Macht, in dem die SA. blutend ihre Lorbeeren pflückte, erhob sich das Symbol des „unbekannten SA.-Mannes". Es ist damit gemeint jener Kämpfer, der in verschwiegener Pflichterfüllung das Gesetz nationalsozialistischen Handelns erfüllt. Der unbekannte SA.-Mann arbeitet und kämpft für die Bewegung, er blutet und opfert, und wenn es nötig ist, dann geht er wortlos für sein Ideal in den Tod. über zwei. hundert nationalsozialiſtiſche SA.-Männer haben dieſer Bereitschaft durch Hingabe ihres eigenen Lebens vor der Bewegung Ausdruck verliehen . Dieses Vermächtnis trägt die SA. getreu in ihren Händen. Sie will es hinüberretten in eine bessere deutsche Zukunft. Sie läßt nicht zu, daß es heute im Kampf um den Alltag zerredet und zerriſſen wird. Hoch über den Häuptern der marschierenden Kolonnen trägt die SA. ihre Toten und über den Toten stehen die sieggewohnten Standarten. „Die Fahne hoch! " Das ist der aufpeitschende Ruf der nationalsozialiſti. schen Sturmabteilungen, den einer ihrer Toten dichtete. Die Fahne hoch! - so marschieren die braunen Rolonnen trog Terror und Verfolgung, trotz Not und Gefängnis den Weg, den ihnen das Schicksal vorgeschrieben hat. Die Adler stehen mit weit ausgebreiteten Schwingen auf den Stan. darten; mit hocherhobener Hand ſchwört der SA.-Mann aufs Neue Treue und Gehorsam der Bewegung und ihrem Obersten Führer Adolf Hitler. Er wird beweisen, daß es für ihn nur ein Ideal, nur eine Idee und nur einen

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Führer gibt. Er wird ihnen die Treue bis zum Tod bewahren. Er läßt sich nicht beirren und vom geraden Wege abdrängen. So, wie die Vergangen. heit ihm Recht gab in seinem politischen Handeln, so wird die Zukunft ihm einmal Recht geben müſſen. In eiserner Front stehen die Rohorten ernsten Gesichtern und zusammengebiſſenen Zukunft; hoch erheben sie ihre Hände und sozialistische Bewegung, es lebe ihr Führer

des deutschen Aufbruchs; mit Zähnen marschieren sie in die rufen : „Es lebe die nationalAdolf Hitler!"

Ist das preußisch?

18. April 193) Der derzeitige preußische Ministerpräsident Dr. h. c. Otto Braun hat vor einigen Tagen im Berliner Sportpalast vor den Funktionären ſeiner Partei eine Rede geredet, in der er sich mit dem Volksbegehren auf Auflösung des Preußischen Landtages auseinandersetzte. Er hielt dabei seinen politischen Gegnern mit Geist und Witz und Grazie den Spiegel ihrer Verworfenheit vors Gesicht. Er klagte sie an, daß sie der sozialdemokratischzentrümlichen Herrschaft in Preußen ein Ende machen wollten, und erging sich in lustigen und witzigen Bemerkungen darüber, daß die Feinde des neuen Preußentums sich darauf beriefen, das habe mit dem alten Preußengeist nichts mehr zu tun. Eine Reihe von Vorwürfen machte er der nationalen Opposition. Und jeder Vorwurf mündete aus in der erstaunten Frage: Ist das preußisch?" Es mag schwer fallen, unter dem Druck des Republikſchutzgesetzes und den obwaltenden otverordnungen dem preußischen Ministerpräsidenten Dr. h. c. Otto Braun auf eine ähnliche Weise zu antworten. Wir müſſen uns dabei jedes Werturteils enthalten und laſſen nur Tatsachen sprechen. Es bricht in Berlin ein Skandal allergrößten Stils aus. Es stellt sich dabei heraus, daß ein galiziſcher Schieber mit hohen und höchsten sozial demokratischen Parteifunktionären intimsten Umgang gepflogen hat. Die beiden Staatsanwälte, die diesem Skandal auf die Spur gehen wollen, ohne Rücksicht auf Person und Partei, werden bald von ihrem Amt ent fernt. Und das Ende vom Liede ist, daß der galizische Schieber zu etwas über einem Jahr Gefängnis verurteilt wird. Davon wird die Hälfte als durch die Untersuchungshaft verbüßt erklärt, die andere Hälfte wird ihm auf dem Gnadenwege erlassen. Der galiziſche Schieber mit Namen Bar. mat beglückt heute wieder Westeuropa mit seiner segensreichen Tätigkeit. Preisfrage: Ist das preußisch?" Die jüdischen Schieber Sklarz und Parvus Helphand machen Berlin zu ihrem Dorado. Sie betrügen die öffentliche Hand um Beträge, die mil lionenweise gar nicht mehr festzustellen sind. Es kommt bei der Aufdeckung dieses zum Himmel schreienden Skandals heraus, daß sie in ihren Villen mit prominenten Sozialdemokraten Gelage und Schlemmereien größten Stils veranstaltet haben. Kein Staatsanwalt wagt sich an diese Parasiten heran. Sie gehen sozusagen ungeschoren aus allen gerichtlichen Vorunter. suchungen hervor. Keinem wird ein Härchen gekrümmt.

9 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Preisfrage: „Ist das preußisch?" Neben dem Ministerpräsidenten Dr. h. c. Otto Braun reſidiert sein nächster politischer Ratgeber, der Staatssekretär Weißmann. Dieſem Staatssekretär wird seit Jahren zum Vorwurf gemacht, daß er einen Falscheid geleistet und den Versuch gemacht habe, den Staatsanwalt Gutjahr zu bestechen. Wichts liegt uns ferner, als uns diesen Vorwurf zu eigen zu machen. Aber wir halten es nicht für möglich, daß dieser Staatssekretär weiter im Amte geduldet wird, ohne daß man ihn zwingt, gegen die, die solche maſſiven Vorwürfe gegen ihn in der Öffentlichkeit erheben, klagbar vorzugehen. Der Staatssekretär Weißmann bleibt weiter im Amt ― aber er klagt nicht. Preisfrage: „Ist das preußisch?“ Vom Berliner Polizeipräsidium kommt ein Femebild in die Öffentlichkeit, das angeblich eine Sitzung einer Geheimorganiſation darstellt, bei der ein wehrloſes Opfer zum Tode verurteilt wird. Dieſes Bild erregt in breitesten Kreisen der öffentlichkeit ungeheuerliches Aufsehen. Um Ende stellt sich heraus, daß es kein Original iſt, ſondern von Beamten des Berliner Polizeipräsidiums gestellt wurde. Es wird darüber eine ganze Reihe von parlamentarischen Anfragen an die preußische Regierung gerichtet. Die preußische Regierung fühlt sich nicht gehalten, die in Frage kommenden Beamten zur Verantwortung zu ziehen. Man ſpielt einfach den toten Mann; man tut ſo, als sei nichts gewesen. Preisfrage: "Ist das preußisch?" In einem Buch „Gefesselte Justiz" erhebt der Schriftsteller Gottfried Zarnow die furchtbarsten und erschütterndsten Anklagen gegen prominente Würdenträger der in Preußen regierenden Parteien. Man versucht, dieses Buch durch vorläufige Entscheidungen in seiner Wirksamkeit abzudroſſeln. Aber keiner der so hart angefaßten Prominenten sieht sich gezwungen, wegen Beleidigung zu klagen . Preisfrage: Ist das preußisch>" In diesem Preußen werden Parteien und Organisationen verboten. Tag für Tag fällt eine Tageszeitung der Verfolgung durch irgendeine Behörde zum Opfer. Die Polizei, die angeblich dazu da ist, dem Publikum zu die nen und dem Wahlspruch huldigt : „Bitte, treten Sie näher", behandelt harmloſe Paſſanten nicht gerade mit dem Palmwedel. In Königsberg schreckt sie gar nicht davor zurück, einen Prinzen aus dem Hohenzollernhauſe grundlos und ohne Anlaß niederzuſchlagen. Als sich darauf in der Öffentlichkeit stürmischer Protest erhebt, sich die angesehensten Männer des öffentlichen Lebens als Zeugen anbieten für die Unmöglichkeit eines solchen Vorgehens, erläßt das Königsberger Polizeipräsidium durch den Amtlichen preußischen Preſſedienst“ eine Erklärung, die von einem be merkenswerten Diener der Wahrheit verfaßt sein muß. Die preußische Regierung geht nicht gegen das Königsberger Polizeipräsidium und die Schupobeamten vor, sondern dadurch, daß sie sich ihre Darstellung zu eigen macht, deckt sie sie. Preisfrage: Ist das preußisch?" In Preußen werden auf Grund von Notverordnungen Versammlungen über Versammlungen verboten. Man unterbindet die Freiheit der Rede. Reichstagsabgeordnete, die immerhin von sechzigtauſend Wählern gewählt sind, haben nicht mehr die Möglichkeit, zum Volke zu sprechen.

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Man erklärt behördlicherseits, sie störten die öffentliche Ruhe und Sicherheit. In Wirklichkeit aber ist das in keinem Falle nachzuweisen. Preisfrage: Ist das preußisch?“ Der preußische Ministerpräsident Dr. h. c. Otto Braun hat im Sportpalast erklärt, Preußen wäre nie so preußisch regiert worden wie unter seiner Herrschaft. Wir wollen das nicht bezweifeln. Wir überlassen das Urteil darüber einer breiteren öffentlichkeit. Wer mit Herrn Braun dieser Meinung ist, der soll durch Fernbleiben vom Volksbegehren dem be stehenden Landtag ein weiteres Leben ermöglichen. Wer aber diese Meinung nicht teilt, ſondern die überzeugung hat, daß das Gegenteil der Fall ist, der zeichne sich, wenn das noch nicht geschehen ist, sofort in die Listen zum Volksbegehren ein und trage damit dazu bei, daß dieser Landtag und mit ihm die schwarz-rote Regierungskoalition in Preußen schleunigst ver. : schwindet.

Prozesse

20. April 193) Die vergangene Woche ist ausgefüllt gewesen mit Lappalienprozeſſen, die die Berliner Staatsanwaltschaft, vermutlich auf Anweisung des preußi schen Justizministeriums, gegen den Schreiber dieser Zeilen durchführen ließ. Es hat dabei Geldstrafen die Menge geregnet, so daß der harmlose Beobachter auf den Gedanken kommen konnte, gewisse Leute hätten die Absicht, auf diese Weise von dem frechen Delinquenten wenigstens einen Teil der Reparationslasten einzuziehen . Sei dem, wie ihm wolle, die deutschgeschriebene jüdische Öffentlichkeit hat wieder einmal Gelegenheit gehabt, in Anstand und Bildung zu machen, und dabei mit erhobenem Zeigefinger dem Attentäter auf politiſche Sittlichkeit seine furchtbare Verworfenheit vor Augen geführt. Jedoch, schaut man sich die Anlässe näher an, aus denen und für die in der vergangenen Woche über den Schreiber dieser Zeilen nahezu fünftausend Mark Geldstrafen verhängt worden sind, so wird man von dieser Angelegenheit ein ganz anderes Bild bekommen. Das war wohl in der deutschen Rechtspflege bisher noch nicht zu verzeichnen, daß ein Abgeordneter eine Geldstrafe von zweitausend Mark zudiktiert bekommt, weil er einen prominenten jüdischen Würdenträger mit einem Vornamen belegt, den er zwar nicht führt, der aber, na und so weiter; sagen wir einmal, für ihn populär geworden ist. Daß man diese Prominenz, die den hohen Posten eines Berliner Polizeivizepräsidenten bekleidet, bei einer Straßendemonstration mit dem Gummiknüppel der eigenen Schupo hat verprügeln las sen, das ist ja schließlich nicht unsere Schuld. Und daß wir uns darüber lustig machten angesichts der hohen Geldstrafe, die wir dafür einstecken mußten, sind wir zu der Einsicht gekommen, daß das nicht statthaft war, im Gegenteil, sehr unanständig und unfair. Im Rampf gegen den Roungplan hat der Verfasser dieser Zeilen sich ebenfalls erzessiv gegen den Berliner Polizeivizepräsidenten benommen. Rostet eintausendzweihundert Mark. Die hohen sozialdemokratischen Parteifunktionäre, die uns, die wir damals Volksbegehren und Volksentscheid durchkämpften, als Lumpen, Verräter, Strolche und vaterlandslose Gesel-

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len titulierten, sind nicht vor die Gerichte gezogen worden. Im Gegenteil, sie machen heute in Roungreviſion und möchten gerne vor dem belogenen und betrogenen Volk ihre Hände in Unschuld waschen. Bleibt für ein ver ehrliches Publikum nur noch die Frage übrig, wer denn damals recht hatte: die Youngverfechter oder die Roungbekämpfer ; und ob es angesichts der Tatsache, daß auf Grund dieſes verruchten Paktes das ganze deutsche Volk in namenloses Elend hineingeführt worden ist, überhaupt noch von Belang sei, daß im Rampf gegen Roung der eine oder der andere demokratische Würdenträger etwas hart angefaßt wurde. Das Rammergericht hat erklärt, daß das seinerzeit vom preußischen Innenministerium und Berliner Polizeipräsidium gegen die NSDAP. erlassene Uniformverbot gegen die Verfaſſung verstoße und deshalb keinerlei Gesegeskraft besige. Wir haben damals im „Angriff“ unsere Anhänger in bescheidenen und durchaus zurückhaltenden Worten darüber aufgeklärt, daß das Uniformverbot ungültig sei. Vor Gericht gestellt wird aber nicht der, der wider die Verfaſſung dieses falsche Gesetz erlassen hat, sondern der, der das Gesetz, das kein Gesetz war, nicht beachtete. Macht fünfhundert Mark Geldstrafe. Erinnert ihr euch noch jener hysterischen Stunde, da ein volkspartei. licher Abgeordneter mit fliegenden Rockschößen die Reichstagstribüne bestieg, eine flammende Anklagerede redete gegen die Verwilderung des politischen Lebens und mit kernigen Worten forderte, man müſſe nun endlich durch Aufhebung der Immunität dem schamlosen Treiben der radi kalen Opposition ein Ende machen ? Das hier ſind die Fälle, für die man die Immunität aufgehoben hat. Das nennt man Verwilderung des politi schen Lebens". Demgegenüber spielt der bürgerliche Patriot den parlamen tarischen Anstandsmeister. Daß Gott erbarm! Während des Krieges forderte der ſozialdemokratische Abgeordnete Ditt mann in Riel offen zu Marinemeutereien auf. Er wurde vor dem Standgericht durch die Immunität geschützt. Hohe sozialdemokratische Parteifunktionäre organisierten in entscheidender deutscher Schicksalsstunde den Landesverräterischen Munitionsarbeiterstreik. Ihre Immunität blieb unangetastet. Der sozialdemokratische Abgeordnete Heilmann steht in dem dringenden Verdacht, bei Gelegenheit des Barmat-Skandals einen Mein. eid geleistet zu haben. Er bleibt im Besitz der Immunität und kein Staatsanwalt rührt sich. Die bürgerlichen Parteien helfen bei diesen Skandalen mit und tragen deshalb dafür auch die Verantwortung. Ist nicht einer unter ihnen, der mit uns der Meinung wäre, daß solcherlei Dinge in viel schlimmerer Weise die politische Sittlichkeit gefährden und eine Verwilderung des öffentlichen Lebens herbeiführten ? Aber welchen Zweck könnte es haben, sich mit der Mehrheitskoalition über Begriffe des Anstands, der Ehre, der Sauberkeit und der moralischen Unantastbarkeit auseinanderzusetzen. Hier werden wir doch nicht einig. Wir stehen eben auf verschiedenen Standpunkten, und es hat gar keinen Sinn, darüber zu lamentieren, daß die an der Macht befindlichen Roalitionsparteien uns unter dem Schein des Rechts vor die Gerichte stellen, selbst aber Schlimmeres und Schlimmstes ungestraft in ihren Reihen dulden. Ebenso wie der unanständige Mensch die Anständigkeit, bedroht der an ständige Mensch die Unanständigkeit. Und ebenso wie die Sauberkeit sich 132

gegen die Korruption, muß ſich die Korruption gegen die Sauberkeit zur Wehr setzen. Sie sollen uns vor ihre Gerichte stellen, von Termin zu Termin schlep. pen, wegen lächerlichster Lappalien mit unerschwinglichen Geldstrafen belegen. Sie werden uns damit nicht mürbe machen. Sie werden uns damit nur bestärken im Trog und festigen in der Ungebeugtheit. Wer die Macht hat, der hat die Justiz. Es heißt alſo, die Macht erobern, um auch der Justiz den Stempel des eigenen Wesens aufzudrücken. Einem Barmat gaben ſie dafür, daß er das deutsche Volk um fünfunddreißig Millionen betrog, ein Jahr Gefängnis, von dem er nur sechs Monate als Unter. suchungshäftling abzusigen brauchte. Die Hälfte dieser Strafe beantragte jüngst ein Staatsanwalt in Moabit dafür, daß ich den Dr. Weiß mit einem falschen Vornamen belegte. Ist einer da, der sich darüber nicht seine Gedanken machti

Unser Sozialismus

22. April 193) Die sozialistische Seite unserer Programmatik ist seit dem Augenblick, · da die ISDAP. ihre parteimäßigen Schranken gesprengt und allgemeinpolitische Bedeutung erlangt hat, von den verschiedensten Gruppen viel. fachen Anfeindungen ausgesetzt worden. Das liegt daran, daß der Begriff Sozialismus durch seine marxistische Verfälschung vollkommen verdorben und zersetzt worden ist, und deshalb eine klare und eindeutige Diskuſſion darüber kaum möglich erscheint, wenn nicht vorher das Wesen dieses Be griffes geklärt ist. Die bürgerliche Seite wirft uns vor, unsere sozialisti. schen Tendenzen seien nur überleitungsstationen zum Marxismus bzw. Bolschewismus. Die marxistische Seite dagegen erklärt, unser Sozialismus ſei nur ein Aushängeschild, gewiſſermaßen als Röder gedacht, um die brei. ten Arbeitermassen damit einzufangen. Das eine ist so wenig richtig wie das andere. Aber daß ſowohl der Mar. rismus als auch die bürgerlichen Parteien in der Hauptsache unser sozia, listisches Wollen bekämpfen, ist eigentlich der Beweis dafür, daß hier unsere Stärke, unsere Kraft und Unbesiegbarkeit liegt, und daß, würde die VSDUP. sich von ihren sozialiſtiſchen_Forderungen abdrängen laſſen, sie damit sich selbst aufgäbe und den eigentlichen geschichtlichen Sinn ihrer politischen Sendung verlöre. Sozialismus bedeutet nicht Gleichmacherei. Er hat weder mit Pazifismus noch mit Internationalität das geringste zu tun. Er ist nicht eine Lehre der Schwäche, sondern der Stärke. Der marristische Sozialismus hat die Klassen gegeneinander gehegt und damit das organische Gefüge des Volkes aufgeweicht. Der nationalsozialistische Sozialismus dagegen schließt die Klassen zusammen und schmiedet damit das Volk zu einer unlösbaren Blutseinheit aneinander. Das kann er aber nur, wenn er fernab von aller Phraseologie und doktrinären Theorie sich auf die naturgemäßen Gegebenheiten des Volks daseins stützt und auf ihrer Grundlage die organische Gemeinschaft der Klassen aufbaut. Sozialismus bedeutet im letzten Sinne Gerechtigkeit. Er hat sich zum Ziele gesetzt, einen besitz- und glücklosen Stand wieder in die 133

lation einzufügen. Das geht nicht mit Redensarten, sondern nur mit Taten. Es wäre irrig, zu glauben, die ſozialistischen Forderungen, die wir aufstellen, bezögen sich nur auf das rein Wirtſchaftliche. Zwar steht das Wirtschaftliche im Vordergrund, und zwar in der Hauptsache deshalb, weil die wirtschaftlichen Flöte den Menschen am meisten bedrängen. Über über das Wirtschaftliche hinaus stellt die NSDAP . sozialistische Forderungen allgemeinpolitischer und kultureller atur auf. Es handelt sich, kurz gesagt, darum, dem Zuſtand ein Ende zu machen, der darin beruht, daß breite Volksmassen zwar an den Pflichten der Nation gegenüber umfangreich beteiligt, dagegen von ihren Rechten ausgeschlossen find. Das Arbeitertum hat sich in Marsch gesetzt, und es gibt keine Möglich. keit mehr, seinen Siegeszug aufzuhalten. Die Motive, aus denen der Aufbruch des vierten Standes hervorging, sind durchaus gerechtfertigt. Es gilt heute nur, dem arbeitenden Volk klarzumachen, daß seine Forderungen durch den Marxismus nicht nur nicht erreicht, sondern am Ende endgültig unterbunden werden. Wir bekämpfen nicht den Marrismus, weil er die Rechte des Arbeitertums vertritt, sondern, weil wir die überzeugung gewonnen haben, daß das Gegenteil der Fall ist. Die marriſtiſchen Parteien haben dem Sozialismus nicht die Wege geebnet, ihn aber in eine ausweg. lose Sackgasse hineingeführt. Dagegen steht der deutsche Sozialismus auf. Er verwahrt sich auf das entschiedenste dagegen, daß die berechtigten forderungen des deutschen Arbeitertums am Ende in einer öden und ideallosen Lohntütenromantik ausmünden. Es geht um mehr, und wir erklären feierlich, daß wir nicht gekommen sind, um den Arbeiter mit kleinen Behelfsmitteln abzuspeisen, sondern im Gegenteil, um die Frage der Befreiung des schaffenden Men. schen von Grund auf zu lösen. Die kapitalistische Weltanschauung, die auf dem Liberalismus beruht und darauf hinausläuft, dem Einzelindividuum auf Rosten der Volksgesamt heit Freizügigkeit zu gewähren, ist geistig tot und wird eben machtpolitisch • niedergerungen. Die deutsche Zukunft wird sich nicht mit einem Zustand abfinden dürfen, in dem es möglich ist, daß die Inhaber der Produktionsmittel ohne Rücksichtnahme auf die Gesundheit und das Wohlergehen des ganzen Volkstums ihre profitable Wirtschaftspolitik fortsegen können . Wenn wir die Forderung aufstellen, daß der gemeine Nutzen dem Eigen. nutz voranzustehen habe, so ist das im tiefsten Grunde der Ausdruck einer deutschen sozialistischen Gesinnung, die hier zwar nur eine Parole aufstellt, aber gewillt ist, dieser Parole auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens Geltung zu verschaffen. Wir deutschen Sozialisten haben es nicht nötig, uns gegen den Anwurf zu verwahren, wir seien Knechte des Rapitals und Hörige des Geldes. icht dem Kapital, aber dem Rapitalismus haben wir den Kampf geschworen. Daß es Bergwerke, daß es fabriken, Eisenbahnen, daß es Geld und andere Werte gibt, das ist nicht die Ursache unseres sozialen Verfalls, vielmehr die Tatsache, daß es, ohne daß der Staat oder die verantwort lichen Parteien dagegen einschreiten, in Deutschland möglich ist, die Schätze, die Produktionsmittel, das Geld -- kurz gesagt, das Kapital, zum Schaden und Verhängnis des Volkes zu mißbrauchen. Dieſen Mißbrauch nennen wir Kapitalismus, und ihn wollen wir als Idee mit all ihren macht, und wirtschaftspolitischen Folgerungen beseitigen. 134

Das ist ein Rampf, der deshalb politiſch ausgefochten werden muß, weil der Rapitalismus sich mit Hilfe der parlamentarischen Parteien auch poli tisch zur Wehr seht. Die Frage des Sozialismus ist für den deutschen Arbeiter eine deutsche Angelegenheit. Der entrechtete deutsche Arbeiter. stand soll auf deutschem Boden und in einem deutschen Staatsgefüge wieder zu seinem Recht kommen. Dafür stehen wir ein. Das ist unser Sozialismus ― eine Lehre von eherner Wucht und stählerner Härte. Sie geht heute schon wie ein heißer Atem durch die Millionenmaſſen, die wir erweckt haben. Sie kann nicht mehr aufgehalten werden. Einmal in Marsch gesetzt, wird sie, ohne vom Wege abzuweichen, unabwendbar auf ihr Ziel losgehen. Von deutschen Arbeiterfäusten umkrampft, flattern vor unseren Reihen die roten Fahnen, und mitten darin leuchtet das Hakenkreuz als Zeichen der Erlösung von den Fesseln, in die man deutsches Volk und deutsche Arbeit geschlagen hat.

Um Preußen 24. April 1931 Das Volksbegehren auf Auflösung des Preußischen Landtags ist mit über sechs Millionen Einzeichnungen durchgegangen. Die schwarz-roten Koali tionsparteien hatten sich alle Mühe gegeben, dem Volksbegehren mit den Mitteln des offenen und versteckten Terrors entgegenzutreten. Zuletzt waren sie auf den verzweifelten Ausweg verfallen, die öffentlichkeit durch unkontrollierbare Presseenten glauben zu machen, das Zentrum und die Sozialdemokratie hätten von ſich aus die Absicht, den Landtag im Herbst zur Auflösung zu bringen und dann möglichst schnell zu Neuwahlen zu schreiten. Man wollte mit dieser Lüge den Unſturm auf das Volksbegehren in letzter Stunde abſtoppen. Vielleicht hat sich hier und da noch ein Dum. mer gefunden, der infolgedessen von einer Eintragung in die Liſten abſah, weil er glaubte, das Ziel der Beseitigung dieſes Landtages würde ohnehin erreicht. Aber es ist doch nicht gelungen, mit dieſem naiven Trick das Volksbegehren an sich erfolglos zu machen. Nun ist die Preußenfrage wieder akut geworden. Das Zentrum mußte beim Volksbegehren erleben, daß gerade in seinen Hochburgen der Protest gegen die schwarz-rote Koalitionsgemeinschaft ein überwältigender war. Die Sozialdemokratie hat durch eine hemmungslose Kampagne gegen das Volksbegehren der nationalen Öppoſition Wasser auf die Mühlen getrie ben. Man hatte vielleicht noch bis zum letzten Augenblick geglaubt, das Volksbegehren ginge nicht durch und damit wäre die Aufrollung der Preußenfrage wieder einmal daneben gelungen. Diese Hoffnungen sind endgültig zuschanden geworden. Die Koalitions. parteien in Preußen müssen sich nun entschließen, ob sie von sich aus dem von sechs Millionen preußischen Wählern erhobenen Appell auf Auflöſung dieses Landtages Gehör schenken, oder ob sie es in Durchführung des Volksentſcheids auf eine endgültige Probe ankommen laſſen wollen. Damit wird die Preußenfrage für die nächsten Monate wieder zum Angelpunkt der innerpolitischen Entwicklung. Es ist uns bekannt, daß es innerhalb der sozialdemokratisch-zentrümlichen Koalition nicht mehr zum besten um den Burgfrieden bestellt ist. Das Zentrum beginnt nachdenklich 135

zu werden, ob die unſittliche Bettgemeinschaft, die es ſeit über einem Jahr. zehnt mit der Sozialdemokratie aufrechterhält, für die lange Dauer nicht doch seinem Parteibestand zum Schaden gereichen könnte. Große Teile des katholischen Deutschland nehmen berechtigten Anstoß an der unerträglichen Tatsache, daß eine christliche Partei zusammen mit dem politischen Athe ismus regiert und ihm die Innen- und Kulturpolitik als Domäne zügelloser Parteibetätigung überläßt. So geschlossen das Zentrum vor die öffentlichkeit zu treten pflegt, so zerrissen ist es nach innen durch Gegensätze vielfältigster Art. Zwar werden diese Gegensätze immer wieder offi ziell verkleistert, aber der Eingeweihte weiß, daß der zentrümliche Konservative mit dem zentrümlichen Marxisten innerlich eigentlich gar nichts zu tun hat. Es ist die Frage, ob das Zentrum nicht den Augenblick für gekommen erachtet, dem Drängen weiter Kreise in seinen eigenen Kreisen nachzugeben und durch Neuwahlen den Willen des Volkes zu erforschen. Die Sozialdemokratie klammert sich mit Zähnen und Nägeln an die Macht wohl in der sehr richtigen Erkenntnis, daß, verliert sie die Macht in Preußen, sie auch ihres Einflusses im Reich verlustig geht; und ist sie einmal von den Thronen heruntergestürzt, sie diese vermutlich niemals wieder be steigen wird. Es herrscht augenblicklich Ruhe vor dem Sturm. Im Lager der preußischen Koalitionsparteien ringen zur Zeit diese Meinungen miteinander um die überhand. Der Vorstoß der nationalen Opposition gegen die Preußenherrschaft hat die Frage der Umgestaltung der Machtverhältnisse in dieſem größten und weitaus bedeutendsten Lande wieder in Fluß gebracht. Es unterliegt keinem Zweifel, daß damit auch die Dinge im Reich eine neue Beleuchtung erfahren . Das Kabinett Brüning arbeitet sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln durch die augenblicklichen Finanzund Etatskrisen hindurch. Es kann gar keine Rede davon ſein, daß die Verhältnisse im Reich stabilisiert sind. Der Etat ist zwar auf dem Papier balanciert, aber die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern, daß die Steuereingänge weit hinter den Voranschlägen zurückbleiben und daß von einer Erleichterung der aufs höchste angespannten Wirtſchaftslage auch für die beginnenden Frühlings- und Sommermonate gar nicht die Rede sein kann. Die Erwerbslosenziffer hält mit unbedeutenden Änderungen ihren alten Stand. Es iſt dabei gleichgültig, ob man ſich in den Koalitionsparteien darauf hinauszureden versucht, das sei eine Folge der Weltwirtschaftskrise. Ob die Reparationen oder die über ganz Europa lagernde wirtschaftliche Depreſſion ſchuld haben an den wachsenden Notſtänden, das ist im Effekt ein und dasselbe. Das Volk forscht nicht mehr nach den Ursachen, es sieht nur die tatsächlichen Vorgänge. Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft ist den Weg gegangen, den wir vorausgeſagt haben. Und findet die Regierung kein Mittel, der Katastrophe entgegenzuwirken, und zwar in einer Weise, daß das unmittelbar für die breiten Volksmassen zu erkennen ist, dann ist der Zusammenbruch des gegenwärtigen Parteiensystems unvermeidlich. Die politische Entwicklung, die in den letzten Monaten Gefahr lief, in einer kränkelnden Ruhe zu erstarren, ist wieder in Fluß gekommen. Die preußische Regierung und die hinter ihr stehenden Mehrheitsparteien werden in Kürze darüber schlüssig werden müssen, was sie dem Begehren 136

von sechs Millionen Preußen gegenüber zu tun gedenken. Ist aber die preußische Frage wieder einmal zum Brennpunkt der politischen Dis. kussion geworden, dann wird auch die Frage der Reichspolitik unmittelbar und entscheidend davon mitberührt werden. So oder so: die deutsche Politik hat ihren toten Punkt überwunden. Die nationale Oppoſition hat im Angriff das erste Ziel erreicht. Die preußische Regierung hat es in der Hand, dem Willen von sechs Millionen Wählern nachzugeben oder es auf die Ausfechtung des legalen Kampfes im Volks entscheid ankommen zu laſſen. Wir werden dieſen Kampf, wenn er nötig wird, in geschlossener Front aufnehmen und sind der überzeugung, daß, wenn alle Kräfte eingesetzt werden, er auch zu gewinnen ist.

Braunhemden-Razzia

27. April 1931 Nichts liegt uns ferner, als an den Maßnahmen des Berliner Polizei. präsidiums Kritik zu üben. Auf Grund des Republikschutzgesetzes und der Notverordnungen sind wir im Gegenteil der Überzeugung, daß sie ausschließlich von Objektivität und Gerechtigkeit diktiert sind. Zwar waren wir bisher der Meinung, daß der Alexanderplatz so seine eigenen Ansichten über Gesetz und Paragraphen hätte. Diese Ansicht jedoch wird jetzt durch die Tatsachen widerlegt. Es besteht überhaupt keine Möglichkeit mehr, daß ein Polizeipräsident etwas tun könnte, das nicht mit irgendeiner Ver ordnung zu begründen wäre. Die Notverordnung läßt in der Tat alles zu. Man kann damit erlauben, man kann damit verbieten. Man kann damit verhaften, man kann damit freilassen. Man kann dem einen die Peitsche, dem anderen das Zuckerbrot geben. Die kautschukartigen Bestimmungen dieser Ordonnanzen, die, wie der Name zwar nicht ohne weiteres besagt, nicht etwa die lot verordnen, sondern die lot beseitigen sollen, geben jeder Deutung freiesten Spielraum, und wir sind die Letzten, die den augenblicklichen Machthabern in Preußen und Deutschland die Phantasie ab. sprechen, mit der man den toten Raum der Paragraphen mit lebendigem, blühendem Leben füllen kann. Es sei vorweg betont, es handelt sich hier nur um eine rein theoretischabstrakte Abhandlung. Über praktische Politik zu sprechen oder zu schreiben ist heute in Deutschland mit einigen Gefahren verbunden. Und deshalb flüchten wir uns lieber in das Reich der grauen Theorie, als daß wir uns am heißen Leben der Praxis die Finger verbrennen wollten. Das Kammergericht hat vor einigen Wochen festgestellt, daß die damaligen Braunhemdenverbote des preußischen Innenministeriums und der Regierungspräsidenten jeder Gesetzeskraft entbehren. Das war eine Lücke, und man hat sich durch die neuen Ordonnanzen befleißigt, dieſe Lücke aus. zufüllen und damit der offenbaren Not derer, die da zu regieren berufen sind, zu steuern. Wie gesagt, man kann jetzt unter Berufung auf einen Paragraphen Braunhemden verbieten oder erlauben. Wer wollte es dem Berliner Polizeipräsidium verargen, daß es verbietet: Denn das Verbieten ist dem Alexanderplatz vom Reichspräsidenten erlaubt worden. Und also wird allem Volk kund und zu wissen getan, daß es in Zukunft nicht

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gestattet ist, die öffentliche Ruhe und Sicherheit dadurch zu gefährden, daß man die Blöße seines Leibes mit einem braunen Hemd bedeckt. Der Begriff der öffentlichen Ruhe und Sicherheit bedurfte noch einiger Klärung. Und da die Schriftgelehrten sich darüber nicht zu einigen ver. mochten, hat man kurzerhand das Tragen von braunen Hemden auch im geschlossenen Raume untersagt. Und hier erhebt sich eine schwerwiegende Frage, die gewissermaßen nur durch Ausschreibung eines Preisrätsels gelöst werden kann : Was ist ein geschlossener Raum?" Wir legen Wert darauf, daß das festgestellt werde; denn es gibt unter uns immer noch unheilbare Phantasten, die wenigstens für sich alleine einmal, ohne damit das Auge des Gesetzes zu beleidigen, ihr braunes Hemd anziehen wollen. Kann man von einem geschlossenen Raum sprechen, wenn einer beispiels weise sich allein in seinen eigenen vier Pfählen aufhält? Es handelt sich hier, wie männiglich zugegeben wird, ja nicht nur um einen geschlossenen, ſondern bei Bedarf auch um einen verschlossenen Raum. Wir glauben darüber hinaus zu wissen, daß es in jeder Wohnung meistens noch einen Raum gibt, der noch verschlossener als verschlossen ist. In aller Ehrfurcht und mit tiefen devoten Bücklingen untertänigst die Frage: „Darf man hier die verbotene Parteiuniform offen und unbehelligt zur Schau tragen?" Wir sind zu phantasielos, um alle Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des hier geschilderten Tatsachenbestandes im einzelnen auszumalen. Und es fehlt uns dazu auch die rechte Lust, da wir, durch Erfahrungen gewitzigt, glauben annehmen zu dürfen, daß man da oben so humorlos ist, daß es heute schwer erscheint, nicht keine, ſondern eine Satire zu schreiben. Wehe dem Angestellten unseres Berliner Parteihauses, der es da gewagt hat, auf dem Weg zur Arbeit unter seinem überzieher, wie Damos den Dolch im Gewande, eine den Frieden und die Sicherheit offenbar gefähr dende Parteiuniform zum eigenen Vergnügen versteckt zur Schau zu tragen. Er wird auf die Frage: "/ Was wolltest du mit dem Braunhemd, ſprich!" nur ein verlegenes Stottern zur Antwort haben und muß deshalb sein Delikt zwar nicht gerade -- denn wir leben ja im Zeitalter der Humanität und der Zivilisation - „am Kreuze bereuen“, aber er wird das wenig beneidenswerte Vergnügen haben, eine acht auf dem Alexanderplatz als Zwangseinquartierter verbringen zu dürfen. Wir tragen keinen bösen Willen in unserem schwarzen Herzen. Wir überlegen uns sogar, ob wir lachen sollen. Denn, wer weiß, vielleicht steht in der Notverordnung auch ein Paragraph, auf Grund dessen man das Lachen in Deutschland verbieten kann. Wir schwören feierlich, daß wir nicht einmal zu einem behaglichen Grinsen das Gesicht verziehen wollen. Wir bekennen uns zu jenem Berliner Wigwort, das auf die Unmöglichkeiten des täglichen Lebens eine ebenso treffende wie kurze Antwort gibt: „Jestatten Sie, det ick schrill lächle. " Denn wir haben uns in den ſonder. bar bewegten Zeiten nach der glorreichen Revolution, wo wir doch alles, Geld und Gut und Hoffnung und Zuversicht verloren, wenigstens eins bis auf den heutigen Tag herübergerettet : Die gute Laune und den Sinn für Humor.

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Unser Zweimonatsplan

1. Mai 1931 Die Judenpresse und die uns feindlichen Parteien suchen sich über die Gefahr des Nationalsozialismus hinwegzutrösten , indem sie sich selbst und ihren Nachbetern und Anhängern einreden , der Höhepunkt dieser Fieberkurve sei bereits überschritten, und nun gehe es mit Riesenschritten dem Zusammenbruch entgegen . Sie suchen diese Selbsttäuschung vor der Öffentlichkeit dadurch zu unterstreichen, daß sie - wo auch immer in der Partei ein kleiner Stänkerer aufsteht, um seinem Mißvergnügen darüber, daß er noch nicht in seiner ganzen Größe erkannt ist, Ausdruck zu geben aus diesem Gernegroß gleich einen gewaltigen staatspolitischen Kritiker machen, auf dessen weisheitstriefende Aussprüche bang der ganze Erdball lauscht. Finden sie solches Gezeug nicht, dann fabrizieren sie es sich selbst. Sie reden von Krisen und Führerstreitigkeiten , von inneren Zerwürfnissen und Verfallserscheinungen in der Partei, und der Refrain all dieser Angstmelodien lautet immer und immer wieder: Erlöse uns, o Herr, von dieſem Alpdruck und laß die verfluchten Hakenkreuzler elendiglich zugrunde gehen . Viemand hat je bestritten , daß eine Partei von dem Rang und der Größe der unseren auf ihrem Entwicklungsweg dauernd kritische Momente zu überwinden hat. Wo das Leben sich in immer neuen Variationen manifestiert, da werden sich ständig in seinem Organismus Krankheitsstoffe ansammeln . Das Entscheidende dabei ist nur, ob der Organismus die Kraft besitzt, solche Krankheitsstoffe auszufcheiden . Hat er die nicht und tut er das auch nicht, dann allerdings wird er allmählich einem schlei chenden Siechtum verfallen . Ist jedoch das Gegenteil der Fall, dann werden alle Krisen und alle Krankheitserscheinungen nach Ausscheidung der giftigen Stoffe nur dazu dienen , den Organismus in seiner Lebensfähigkeit zu stärken und zu festigen . Wir haben eben einen solchen Prozeß hinter uns. Und mit einem Male stellen wir mit Staunen und Verwunderung fest, daß nach überwindung der Kriſe die Partei plöglich von neuer Kraft und Gesundheit erfüllt ist. Der Aktivismus, von dem unsere Gegner glaubten, daß sie ihn durch ein klug eingefädeltes Intrigenspiel brachlegen und lähmen könnten, ſucht sich neue Betätigungsmöglichkeiten. Die Partei, von der man annahm , daß sie nun ihrem verhängnisvollen Zusammenbruch in stürmischem Tempo entgegeneilte, beginnt wieder, Angriffsstellung zu beziehen, und eine zweite Welle der nationalsozialistischen Erhebung wird eben in den breiten Volksmassen hochgepeitscht. Jetzt ist der Augenblick gekommen, dieſem agitatorischen Vorgang eine bestimmte ote zu geben. Die breiten Massen warten auf die Parole zur Offensive. Welche Aufgaben gilt es da im Augenblick zu erfüllen ? Wir haben zwei Monate noch Zeit, um bis zur bald beginnenden Sommerpause im Juli und August unsere Wirksamkeit außerhalb des engeren Parteirahmens zu suchen. Die Partei selbst hat soeben die 500 000 an eingeschriebenen Mitgliedern überschritten. Das bedeutet aber durchaus nicht, daß damit der Bestandteil des deutschen Volkes erfaßt ist, der bewußt, willens, und weltanschauungsmäßig zu uns gehört. Im Gegenteil; es gibt viele, die Mitglied der Partei sind und beſſer nicht in unseren Reihen stünden. Aber dafür gibt es mehr, zehntausende und Hundert. 189

tausende, die am Rande der Partei stehen, schon seit Monaten oder Jahren unsere Arbeit mit aller Kraft und Hingabe fördern und unterstützen, die aber noch nicht den Absprung gefunden haben, in die Partei selbst ein zutreten und aus der überzeugung auch ein Bekenntnis zu machen . Die Aufgabe unserer Arbeit im Mai und Juni ist, diese nationalsozia listischen Gefolgsleute in die Partei ſelbſt einzugliedern. Es kann nicht die Rede davon sein, Menschen zu uns herüberzuziehen, die innerlich nicht ganz und gar zu uns und unseren Idealen stehen. Soweit sie bereits in der Partei sind, müssen sie ausgeschieden werden; soweit sie aber noch außerhalb der Partei stehen, müssen sie darin verschmolzen werden. Die Parole der nächsten zwei Monate lautet also: Unsere Antwort auf Schikane und Terror heißt: Die Partei wird verdoppelt, aus 500 000 machen wir eine Million." Es gibt nichts Feigeres und Unanständigeres, als Ideale zwar zu ver treten, ihre Durchfechtung aber anderen zu überlassen. Es darf in Zukunft keinen mehr geben, der da von sich behauptet : „Ich stehe voll und ganz auf eurem Boden, aber in die Partei trete ich aus diesem oder jenem Grunde nicht ein." Wer nicht für uns ist, der iſt wider uns. Wer nicht an unseren Leiden teilhaben will, der soll auch unsere Freuden nicht mitgenießen dürfen. Wer bei der Arbeit und im Rampf nirgendwo zu ſehen ist, auf dessen Anwesenheit verzichten wir auch, wenn es gilt, Triumphe für die Partei zu feiern. Jeder Parteigenosse hat einen auf Lager, der für die Bewegung reif ist. Es muß sein Ziel ſein, in diesen zwei Monaten alle Kraft und Energie zu verdoppeln, um aus ihm einen in der Wolle gefärbten Nationalsozia listen zu machen, der nach unverbindlicher Sympathie bewußte und ver antwortungsvolle Gefolgschaft leistet. Und nun, Berliner Kameraden, an die Arbeit ! Die Krise ist überwunden, die Partei setzt zu neuer Offensive an. Die Notverordnungen haben unsere Wirksamkeit in der breiteren öffentlichkeit nahezu unmöglich gemacht. un wird die Arbeit im Kleinen fortgeführt, und die Massenagitatoren, denen man das freie Wort verbietet, durch den kleinen Propagandisten ersetzt, der von Mann zu Mann zu Hause, im Bekanntenkreis, bei der Arbeit und bei der Erholung für die Partei kämpft. Im Mai und Juni steht die Partei kampfbereit und arbeitet sich in schweren Wochenmärschen näher ans Ziel heran. Wenn mit beginnendem Juli eine Sommerpause einsetzt, haben wir die wenigen unbrauchbaren Elemente, die noch in unseren Reihen stehen, von uns abgestoßen und ſie dafür durch Zehntausende neuer Mitkämpfer ersegt. Rein Parteigenoſſe, der sich an diesem großangelegten Propagandafeldzug nicht beteiligt. Ein jeder reagiert in dieser zähen und entbehrungsreichen Arbeit seine Wut, seinen Haß und seine Empörung ab. Im Juli und August werden wir dann die neugewonnenen Mitkämpfer in das Gefüge der Partei ein. schmelzen, und wenn der Herbst mit seinen schweren und entscheidungs. vollen politischen Rämpfen beginnt, dann steht dem Mehrheitssystem gegenüber eine kampfentschlossene und siegesbewußte millionenpartei, innerlich gefestigt und geklärt, bereit, die Verantwortung für die Zukunft des deutschen Volkes zu übernehmen und aus der Oppoſition einzuschwenken in die Macht.

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Plädoyer für mich

2. Mai 1931 Meine hohen Herren Richter ! Ich stehe vor Ihnen als Angeklagter . Ich habe mich gegen das System und hohe Funktionäre des Staates angeblich vergangen . Ich habe einen Juden mit einem Vornamen belegt, den er zwar nicht trägt, der aber, wenn dieser Jude sich zum Judentum bekennt, für ihn nichts Ehrenrühriges bedeuten kann. Ich habe sozialdemokratische Minister beschimpft, sie hätten sich des Verrats am Volke schuldig gemacht. Bezahlte Spigel sind bereit , zu beeiden, daß ich, was mir niemals einfallen konnte, den preußischen Ministerpräsidenten Braun der Korruption bezichtigt hätte. Ich habe mich geweigert, einen im öffent lichen Leben stehenden Beamten zu nennen , der den Schriftleitern meiner Zeitung Material über einen Kriminalkommiſſar zur Bearbeitung vor, legte. Ich habe angeblich die Farben der Republikfahne mit Landesverrat ― so steht es in den und Desertion in Verbindung gebracht. Ich habe zum Klassenkampf gegen die jüdische BevölkeAnklageschriften zu lesen rung aufgehegt. Kurz und gut, ich bin in den Augen des Systems ein hartnäckiger Sünder, der seine angeblichen und wirklichen Taten nicht bereut und deshalb mit der schwersten Strafe belegt werden muß. Alle meine Delikte, ob sie nun wirklich begangen würden oder nur der Phantasie eines karrierelustigen Staatsanwalts entſprangen, liegen in einer Zeit schwerster politiſcher und geistiger Verwirrung des deutschen Volkes. Da sie begangen oder erfunden wurden, unterschrieb man unter dem Beifallklatschen der internationalen Börsenpresse den Roungplan, redete man von Herabsetzung des Steuerdrucks, Verminderung der Arbeits. losigkeit und Ankurbelung der Wirtſchaft. Heute ist das alles anders ge. worden. Nun ist über das deutsche Volk die graue Not hereingebrochen. Millionen ehrlicher, braver Volksgenossen stehen vor dem Ruin und vor der Verzweiflung. Die Dinge in Deutschland treiben zwangsläufig zur Katastrophe. über kurz oder lang muß es zum Zusammenbruch der deut schen Wirtschaft und damit des gesamten öffentlichen Lebens kommen. Ich gebe zu und bekenne mich schuldig: Ich habe mich in meinem verzweifelten Kampf gegen den Kurs der deutschen Politik, der heute die von mir vorausgesehenen furchtbaren und erschütternden Folgen zeitigt, hier und da vielleicht im Formalen vergriffen. Ich habe Staatsmänner und hohe Funktionäre des öffentlichen Lebens, die den Vorzug genießen, ihre Ehre durch den Staatsanwalt beschützen laſſen zu können, auf das heftigste attackiert. Ich habe kein Blatt vor den Mund genommen. Wo gehobelt wird, da fliegen Späne. Ich gebe zu und klopfe als reuiger Sünder an meine eigene Bruſt. Aber was kann das formale dem Sachlichen gegenüber bedeuten! Im Formalen hat das System recht, denn das System ist im Besitz der Macht. Im Sachlichen aber hat die Entwicklung mir Recht gegeben und wird sie in Zukunft lauter und anklagender denn je Recht geben müssen. Dienstbeflissene Staatsanwälte haben im Verlauf der letzten drei Monate gegen mich im ganzen die runde Summe von 84 Monaten Gefängnis beantragt. Das macht sieben Jahre entehrenden Freiheitsentzug für einen Menschen, der nichts anderes tat, als seine Pflicht dem Volf gegenüber, so wie er sie nach seinen bescheidenen Kräften zu erkennen ver. mochte, zu erfüllen. Mit sieben Jahren Gefängnis pflegt man ansonst

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schwere Sittlichkeitsverbrecher, Kindesmörder, Totschläger und ähnliches Gezeug zu belegen. Votorische Korruptionisten, Landesverräter, Defraudanten und Diebe pflegen mit ungleich gelinderen Strafen davonzukommen. Verlangt man von mir, daß ich angesichts dieser Tatsachen mit dem System rechte und auf solcherlei Anklagen mich verteidige? Kein rechtlich denkender Mensch wird das von mir annehmen können. Der Kampf, den ich auszufechten habe, wird zwiſchen politiſchen Gruppen entschieden. Eine dieser Gruppen befindet sich im Besitz der Macht, die andere aber ist von der Macht ausgeschlossen. Wer die Macht hat, der hat das Recht. Er kann den Gummiknüppel in Aktion setzen. Er kann die Gerichte_mobilisieren, ihm steht es frei, nach seinem Gusto die Paragraphen auszulegen. Aber größer und wahrhaftiger als die Paragraphen ist das Recht, das in den Sternen geschrieben steht. Die Geschichte allein wird ein Urteil darüber abgeben können, wer sich schwerer am Volke vergangen hat : Der, den man heute anklagt, oder der, der heute den Ankläger spielt. Wenn ein oftjüdischer Schieber das deutsche Volk um 35 Millionen betrog, wenn er damit Tausende von Existenzen brotlos machte und namenloses Elend über das deutsche Volk hereinführte, so reicht dafür eine Gefängnisstrafe von 12 Monaten aus, und dem Delinquenten wird die Hälfte davon auf dem Gnadenwege erlassen. Ich habe nicht den Vorzug, mit hohen sozialdemokratischen Parteifunktionären Duzbrüderschaft zu pflegen, und es fehlt mir die Lust und das Geld dazu, sie zu luxuriösen Sektgelagen in eine Villa, die ich nicht besitze, einzuladen. Um mich werden nicht die ungekrönten Könige der Regierungsparteien mobil gemacht. Meine Akten fordert das zuständige Ministerium höchstens an, wenn es sich darum handelt, Verfahren zu beschleunigen und auf ihre politische Tendenz Einfluß aus. zuüben. Darum finde ich es außerordentlich verständlich, daß die Staatsanwaltschaft dieses Systems über mich das Siebenfache an Strafe ver. hängt wissen will, was man ehedem einem Barmat zudiktierte. Es liegt mir fern, Sie, meine Herren Richter, persönlich zu identifi. zieren mit einer Sache, der Sie von Berufs und Umts wegen dienen müssen. Über, wenn ich dieser Sache feindlich gegenüberstehe, wenn mein ganzer Kampf eben dieser Sache gilt, und die Sache hat auf Grund von geschriebenen Paragraphen die Möglichkeit, sich dem parteipolitiſchen Gegner gegenüber als Ankläger aufzuwerfen, dann werden Sie es mir nicht verargen wollen, daß ich es von nun an grundsätzlich und kategorisch ablehne, in diesem Kampf, der mit ungleichen Waffen ausgetragen werden soll, zur Belustigung der jüdiſchen öffentlichkeit den Statisten zu spielen. Dafür muß man sich einen Einfältigeren, einen Dümmeren suchen. Ich bin mir zu gut dafür. Ich werde von nun an vor den gegenwärtigen Gerichten keine Antwort mehr geben. Ich werde schweigen, wo ich weiß, daß das Urteil mich als Politiker treffen soll und deshalb von vornherein schon feststeht. Die Antwort darauf gebe ich anderswo. Es ist nicht meine Art, mich zu verteidigen, vor allem nicht Leuten gegenüber, denen ich jedes Recht abspreche, mich anzuklagen. Meine Waffe ist der Angriff. Auf wessen Seite die gerechte Sache steht, darüber wird das deutsche Volk als Beein unmiß. troffener einmal ― das glaube ich fest und unverbrüchlich ― verständliches Urteil abgeben. Vielleicht werden Sie sich einige Gedanken darüber machen, wer diesem Urteil mit ruhigerem Gewissen entgegensehen kann : der Ankläger oder der Angeklagte.

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Die zweite Welle

5. Mai 1931 Vor einigen Wochen schrieb eine der größten englischen Zeitungen in einer Betrachtung über die innerdeutſchen politischen Verhältnisse, nichts wäre verhängnisvoller , als zu glauben, der Nationalsozialismus sei im Abstieg begriffen . Es wäre nur zu natürlich, daß diese Bewegung , die am 14. September 1930 einen bis dahin nie dageweſenen Wahlsieg an ihre Fahnen heften konnte, in den ersten Wochen danach sich Zeit zu innerer Sammlung nehmen mußte . Aber das sei nun vorüber. Wenn nicht alle Zeichen trügen, dann wäre der Nationalsozialismus eben im Begriff, wieder offensiv vorzugehen, und damit bereite sich in den breiten Volks massen eine zweite riesengroße Welle der nationalsozialistischen Erhebung vor, von der man allerdings noch nicht sagen könne , wie ſie verlaufen werde. Der englische Beobachter hat die augenblickliche Situation in Deutsch. land außerordentlich klar erfaßt. Und es wäre nur zu wünschen, daß hohe und höchste republikaniſche Würdenträger sich desselben Scharfblickes erfreuten wie dieser ausländische Korrespondent. Aber es ist ja kein Geheimnis mehr, daß die Verantwortlichen in Deutschland unserer Bewegung mit einer entwaffnenden Verständnis. losigkeit gegenüberstehen. Man hat sich jahrelang wohlgefühlt in einer vornehm abweisenden Reserve und glaubt, man erledige diese lästige und peinliche Angelegenheit am besten durch Stillschweigen. über die inneren Beweggründe des nationalsozialistischen Volksaufstandes war man sich vollkommen im unklaren. Man vertrat die bequeme Meinung, das sei nur eine Angelegenheit etwelcher_redebegabter Heger und Demagogen, und man brauche nur diesen Schreiern den Mund zu verbieten, und gleich wäre alles wieder in bester Ordnung. Man übersah dabei geflissentlich, daß die politische Kritik, die von den nationalsozialiſtiſchen Agitatoren angewandt wurde, niemals Millionen Menschen hätte in Bewegung setzen können, wäre sie nicht im tiefsten Grunde berechtigt gewesen, und hätte es diese Art der politischen Propaganda nicht verstanden, dem Ausdruck zu geben, was die breiten Volksmaſſen dunkel empfanden und dumpf ahnten. Wenn sich die Finanzen eines Landes in einem bejammernswerten Zustande befinden, und dieser Zustand wirkt sich in einem schleichenden Krankheitsprozeß nach und nach auf die Existenz jedes Standes und jedes Einzelmenschen aus, wenn eine politische Oppositionsbewegung sich zum Wortführer der dadurch entstehenden allgemeinen Volksnot macht, dann gibt es nur ein Mittel, der wachsenden Vertrauenskrise zu begegnen: nämlich die Finanzen in Ordnung zu bringen. Solange man das nicht kann oder nicht will, wird die Kritik der Oppoſition bei den Volksmassen Recht behalten, und je mehr man ihr mit den Mitteln der Mechanik zu begegnen versucht, um so leidenschaftlicher_wird sich das Volk auf die Seite der Verfolgten gegen die Verfolger stellen. Der chaotische Zusammenbruch eines Staatswesens wird zuerst in wirt. schaftlichen Dingen erkennbar. Das Wirtschaftliche bedrückt den einzelnen direkt, so daß auch der kleine Mann aus dem Volke davon unmittelbar berührt wird. Und je länger eine wirtschaftliche Krise anhält, je mehr sie das allgemeine öffentliche Leben auch in sozialer und kultureller Bezie. 143

hung durchsäuert, um so tiefer frißt sich der Argwohn in die Herzen der davon Betroffenen ein. Das Ende eines solchen Prozeſſes ist immer und zwangsläufig die Vernichtung des Vertrauens und des Glaubens an die sogenannten staatlichen Autoritäten. Das ist in Deutschland in einem Umfange der fall, von dem die Verantwortlichen anscheinend nicht die geringste Ahnung haben. Daß sie versuchen, mit geschäftsmäßigen Tricks, mit parlamentarischen Kniffen, mit der glatten Technik des Roalitionshandels diesem herannahenden Verhängnis zu begegnen, ist Beweis dafür, daß sie gar nicht verstehen, worum es eigentlich geht und um was es sich letztlich handelt. Uns kann das nur recht sein. Je mehr sich die Regierung in ihrer Politik vom Denken des Volkes entfernt, um so größer wird die Kluft, die sich zwischen oben und unten aufgetan hat. Die schreienden Gegensätze zwischen der Politik, wie ſie amtlich geführt wird einerseits und wie ſie vom Volk gewollt wird andererseits, ſind Ausgangspunkt und bewegender Motor der Volksempörung, die wir organiſiert und in feste Bahnen hineingeleitet haben. Selbst für den beginnenden Sommer sind keinerlei Erleichterungen und Entspannungen der öffentlichen Krise in Deutschland zu erwarten . Die Arbeitslosigkeit ist kaum in nennenswertem Umfange zum Sinken gekommen. Ein unerträglicher Steuerdruck lastet auf den schaffenden Ständen. Die Wirtschaft befindet sich in einem desolaten Zustande und die Finanzen sind von Defizitlöchern eingerissen, die man zwar augenblicks. weise noch mit kurzfristigen Krediten zuzustopfen versucht, die aber zu beseitigen mit den unzulänglichen Mitteln der bisher beliebten Finanzpolitik einfach unmöglich erscheint. Das sind Angelegenheiten, die nicht allein den kleinen und begrenzten Kreis der regierenden Schicht angehen im Gegenteil, sie schlagen in wachsendem Umfange auf die Lebenshaltung jedes schaffenden Einzelmenschen über. Existenzen werden tausendund zehntausendweise in diesem Prozeß vernichtet. Der Arbeiter verliert seinen Platz an der Maschine, der Gewerbetreibende muß bankrottieren gehen, und der Bauer wird von Haus und Hof vertrieben. Dagegen steht in unserer Bewegung das Volk auf. Seine erste Drohung wurde am 14. September 1930 erhoben. Sie verhallte ungehört und unbeachtet. Die Maſſen haben inzwiſchen Atem geholt, und nun setzt mit einem Male der zweite große Aufstand ein. Eine neue Welle des Widerstandes und aggreſſiven politischen Angriffs ist im Unrollen. Dumpf und dräuend kündigen sich von ferne ihre donnernden Schläge an. Die Regie renden treiben ein gewagtes Spiel. Sie glauben, sich von dieser Welle tragen lassen zu können und müssen wohl am Ende erleben, daß ſie davon verschlungen werden. für uns gilt es jetzt, den Augenblick zu erkennen, und die Chance, die das Schicksal uns wieder einmal in die Hand gibt, auch wirklich zu nutzen. Die politische Erstarrung, die vielfach nach der Beweglichkeit der Septemberwahlen in die breiten Massen eingebrochen war, ist gewichen. Das Volk wird wieder lebendig. Unsere Aufgabe ist es, die Welle, die da vom Schicksal angetrieben wird, hochzupeitſchen, sie agitatorisch in das richtige Bett zu leiten, sie einmünden zu laſſen in den großen, reißenden Strom einer deutschen Volkserhebung, die an ihrem Ende in der Macht ausläuft.

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Ein Parteitag

6. Mai 193 ) Man kann es verstehen, daß die Oberbonzen der SPD. nach der Annahme des Panzerkreuzers nicht gerade guter Laune sind. In ihren Gazetten und öffentlichen Versammlungen führen sie eine gar bescheidene und klägliche Sprache. Sie sind in ihren Forderungen so schüchtern und klein geworden, daß man sie kaum wiederzuerkennen vermag. Der 1. Mai, sonst ein Kampftag ganz großen Ausmaßes für die marxiſtiſchen Parteien, ist nahezu spurlos an der öffentlichkeit vorbeigegangen . Die Parolen , die dabei aufgestellt wurden , verrieten nichts mehr von der alten Schwungkraft, dem revolutionären Elan und der rebelliſchen Haltung , die ihnen sonst zu eigen war. Das Schlagwort vom zweiten Mann", den zu suchen die Aufgabe jedes aufrechten Sozialdemokraten sei, ist vollkommen ver stummt. Wo heute noch ein alter, wohlbestallter, am Fettnapf der Parteibürokratie sitzender Funktionär an einen jungen Sozialdemokraten mit der Frage herantritt : Wo bleibt der zweite Mann?", erhält er die lakonische Antwort : Auf dem Panzerkreuzer." Das große Gehabe dieser arbeiter, und landesverräteriſchen Partei iſt allmählich lächerlich geworden, und wo ihre Funktionäre heute unter Inanspruchnahme der staatlichen Macht ihre Parteipolitik in Anwendung von otverordnungen fortzuführen ver suchen, da begegnen sie im Volk nur noch eisigem Schweigen . Die SPD. steht vor schweren Entscheidungen. Der Ende dieses Monats stattfindende Parteitag wird die innere Zerrissenheit und Zerklüftung dieses Parteikadavers auch vor der öffentlichkeit dartun. Die Gegensätze, die sich in steigendem Maße gerade in den letzten Monaten innerhalb der SPD. zwischen überzeugung und praktiſcher Betätigung gezeigt haben, werden auf diesem Parteitag offen abgehandelt werden, und es muß sich dann erweisen, ob die heterogenen Elemente dieses amorphen Gebildes für die Zukunft überhaupt noch zusammengehalten werden können. Jetzt erst vermag auch der politische Laie zu erkennen, von wie weit. tragender Bedeutung es war, daß die nationale Opposition im Februar den Reichstag verließ und ihre politische Arbeit wieder in das Volk zurückverlegte. Dieser Ukt entſprang durchaus nicht etwelchen spontanen Überlegungen, und seine Tendenz war nicht im mindesten für den Tag bestimmt. Wir haben uns damals die folgen dieser Aktion klarzumachen gehabt und mußten dabei zu der überzeugung kommen, daß, wenn auch breite Volksmassen fürs erste die Bedeutung eines solchen Schrittes noch nicht zu erkennen vermöchten, über kurz oder lang doch die notwendig ein tretenden Konsequenzen bei anderen Parteien wesentlich zur Bereinigung des öffentlichen Lebens und zur Klärung der politischen Fronten beitragen müßten. Das Kabinett Brüning verfolgte vor unserem Auszug die bequeme Taktik, seine Politik mit wechselnden Mehrheiten zu machen, einmal mit links und einmal mit rechts zu regieren, die Finanz- und Außenpolitik von der Sozialdemokratie decken zu lassen, dagegen die Wehrpolitik ver antwortlich auf die Schultern der nationalen Opposition zu legen. Man wollte uns mit Zuckerbrot kirre machen, dabei aber nicht auf jene Peitsche verzichten, die man vorsorglich in die Hände der marxistischen Länder. regierungen hineingelegt hatte. Dieſem frevelhaften Spiel der parlamentarischen Parteien haben wir

10 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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durch unseren Auszug ein jähes Ende bereitet. Das Hohngelächter, das daraufhin von den marxistisch-jüdiſchen Gazetten angestimmt wurde, war nur ein Zeichen der Verlegenheit ; und wenn Prälat Kaas gleich nach unserem Weggang erklärte, es sei nun endlich wieder möglich, im Reichs tag geistige Arbeit zu leisten, so wird der Laie heute mit Erstaunen feststellen, daß diese geistige Arbeit“ darin bestanden hat, der lügnerischen SPD. die Maske von der Frage der Heuchelei wegzureißen und ſie dem staunenden Publikum in ihrer ganzen nackten Blöße zu zeigen. Die Funktionäre dieſer Partei werden sich nicht wohlgefühlt haben, als ſie unter dem Zwang der Verhältnisse der Panzerkreuzerrate zur Annahme verhalfen. Ein geheimes Grauen wird sie befallen haben, wenn sie daran dachten, wie diese Haltung in ihren Anhängerkreisen wirken müſſe. Sie haben zwar als Entschädigung für den Verrat am eigenen Programm die otverordnungen eingetauscht, sie haben es sich damit sehr leicht gemacht, der Drohung des Nationalsozialismus mit mechanischen Mitteln zu be gegnen; nun aber kommt das dicke Ende nach. Nun müssen sie ihre Taten verantworten, und als warnendes Menetekel steht im Hintergrunde der kommende Parteitag, auf dem die hohe Bonzokratie vor der eigenen Organisation Rechenschaft ablegen muß über den schmählichen Verrat am eigenen Geist. Sie suchen sich heute mit kümmerlichem Gestotter aus der verzweifelten Situation herauszureden; sie führen Scheingefechte gegen die Zölle, mur meln verlegen von einer notwendig werdenden Einberufung des Reichs. tags, spielen den starken Mann und möchten sich gerne noch kurz vor Toresschluß in die Opposition hineinschmuggeln. Aber es gelingt ihnen nicht mehr. Die Massen sind hellhörig geworden. Sie haben jedes Vertrauen auf ihre Glaubwürdigkeit verloren. Wer zwölf Jahre lang den Zylinderhut trug, auf dessen Kopf paßt keine Jakobinermütze mehr. Wer zwölf Jahre lang von Ruhe und Ordnung und Autorität und Sicherheit faselte, der kann nicht plötzlich, wenn ein Parteitag vor der Türe steht, auf die Barrikade steigen und die Marseillaise singen. Das klingt dann hohl, dabei fehlt dann der Glaube an die eigene Sache; und für nichts hat das Volk einen feineren Instinkt, als wenn man es hinters Licht führen will. Der Parteitag der Sozialdemokratie steht als drohendes Verhängnis über der innenpolitischen Entwicklung in Deutschland. In seinem Schatten fallen heute schon die Entscheidungen des Kabinetts Brüning. Von seinem Verlauf hängt sowohl der Kurs der zukünftigen Reichspolitik als auch der Politik in Preußen ab. Er ist der Stichtag für eine notwendig werdende Umgestaltung der innerpolitischen Verhältnisse. An ihm wird sich der Kurs der nächsten Sommermonate orientieren. Wir haben Grund genug, dieser entscheidungsvollen Stunde mit ungleich größerer Ruhe entgegenzusehen als die, die unmittelbar davon betroffen werden. Wir können mit Stolz von uns behaupten, daß wir es gewesen sind, die die SPD. in die unmögliche Situation, in der sie heute steckt, mit klugem Bedacht hineinmanöveriert haben. Es ist nicht unsere, sondern ihre Sorge, wie sie daraus wieder herauskommt.

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Oldenburg

7. Mai 1931 Am 17. Mai wird der Oldenburgische Landtag neu gewählt. Diese Wahl fällt in eine Zeit scheinbarer Erstarrung des politischen Lebens in Deutschland. Die Dinge haben sich hüben und drüben festgefahren. Es ist seit dem 14. September kaum noch möglich gewesen, eindeutig und unwiderleglich den seitdem sich ergebenden Willensumschwung im deutschen Volk festzustellen. Die Mehrheitsparteien sowie die ihnen hörige Presse sind nicht müde geworden, die öffentlichkeit glauben zu machen, der 14. Sep. tember stelle den Höhepunkt der sogenannten Fieberkurve Nationalsozia lismus dar. Und danach sei es rapide mit dem Radikalismus in Deutsch. land bergab gegangen. " Die Nazis auf dem Rückzug - Pleite bei den Hakenkreuzlern ", das waren die Parolen, mit denen die Judengazetten sich ihre eigene Angst wegzuschreien versuchten. Sie taten so, als sei der am 14. September zum ersten Male wahlpolitisch dokumentierte Aufbruch der Viation ins Stocken geraten und gleich danach eine vollkommene Panik über das Lager der deutschbewußten Opposition hereingebrochen . Wir haben auf diese Unterstellungen immer nur eine lächelnde, nonchalante Abwehr zur Antwort gehabt. Wir meinten, die Börsenparteien hätten doch immerzu die bequemste Gelegenheit, ihre Behauptungen durch Neuwahlen in Preußen oder im Reich unter Beweis zu stellen. Sie brauchten ja nur das Volk ein neues Mal an die Urne zu rufen, um damit - vorausgesetzt, daß sie mit ihrer Darstellung im Recht wären - den lästigen nationalsozialistischen Konkurrenten endgültig quitt zu ſein. Für uns war und ist der 14. September keine fiebrige Erscheinung gewesen, sondern ganz im Gegenteil der erste drohende Anfang eines Volks erwachens, das durch nichts und niemanden mehr zum Stillstand gebracht werden kann. Wir haben deshalb mit ruhigem Gewiſſen der weiteren Entwicklung der Dinge zugeschaut und was wir tun konnten, dazu getan, um sie zu verstärken und zu beschleunigen. Bei unseren immer wiederholten Forderungen auf euwahlen im Reich sowohl wie in Preußen begegnete uns die Regierung mit eisiger Ablehnung, und wir waren nicht dumm genug, die wahren Gründe dieser Haltung zu verkennen. un steht Ansicht gegen Ansicht. Die eine Seite behauptet, daß es mit uns zu Ende sei, und die andere, daß wir erst am Anfang unserer Siege stehen. Die Judenheit hält unsere Lage für aussichtslos und verzweifelt, und wir erklären demgegenüber, man folle nur einmal den Versuch machen, und das Volk werde, wo und wann auch immer, die gebührende Antwort erteilen. Ohne daß die in Deutschland an der Macht befindlichen Roung-Parteien etwas dazu getan hätten, ist der Oldenburgische Landtag aufgelöst worden und wird die Bevölkerung dieses kleinen Landes für den 17. Mai an die Wahlurne gerufen. Ein politischer Akt, der - fiele er nicht in eine so - jeglicher Bedeutung außerordentlich undurchsichtige Situation hinein bar sein würde. Aber wie die Dinge nun einmal liegen, erhält er unter den obwaltenden Umständen ein politisches Interesse, das weit über die Grenzen des in Betracht kommenden Landes hinausgeht. Am Abend des 17. Mai werden Freund und Feind mit verhaltenem Atem auf die Ergebnisse dieses Wahlganges warten. In der Wilhelmstraße wird man mit Spannung feststellen wollen, daß die Ansicht der 10*

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Roung-Parteien zu Recht besteht und der Nationalsozialismus in der Tar seit dem 14. September eine rückläufige Bewegung angetreten hat. Im Lager unserer Partei dagegen wird man mit eben derselben Spannung feststellen wollen, daß die Fahne des Nationalsozialismus seitdem siegreich vorwärtsgetragen worden ist, daß uns die Sympathien der breiten Volks massen nicht nur nicht verlorengingen, sondern wir sie in ungeahntem Umfange weiter erobert haben. Schreiber dieser Zeilen kommt soeben von einer Agitationsreise im Oldenburger Land zurück. Er hatte Gelegenheit, an Ort und Stelle die Verhältnisse eingehend zu überprüfen, mit den zuständigen Parteiinſtanzen direkte Verbindung aufzunehmen und an zwei Abenden in großen Maſſenversammlungen, die gewissermaßen schon den Charakter von Volksdemonstrationen an sich trugen, festzustellen, wie die Stimmung der Bevölke rung ist. Es ist sonst nicht unsere Art, in Optimismus zu machen und die Notwendigkeit der täglichen zähen und unerbittlichen Arbeit durch Hoffnung und Glaubensseligkeit zu ersetzen. In diesem Falle aber läßt sich beides in glücklicher Weise vereinigen. Wir wollen die außerordentlich weitgreifenden, todsicheren Schätzungen der örtlichen Parteiinstanzen nicht für die öffentlichkeit wiederholen. Sie zielen auf einen triumphalen, noch nie dageweſenen Wahlsieg hinaus. Wir sind aber der festen überzeugung, daß das Ergebnis der Oldenburger Wahlen unserer Beurteilung der augenblicklichen Situation vollauf recht geben wird. Die oldenburgische Parteigenossenschaft ſteht augenblicklich in schwer. stem Kampfe. Es kommt ihr dabei zugute die außerordentlich gewissenhaft und verantwortungsvoll geleistete Vorarbeit, die dort von einer umsich tigen Gauleitung unter Führung des altbewährten Parteigenossen Röver betrieben worden ist. Das ganze Land ist übersponnen mit einem feinmaschigen Organisationsnetz. Es gibt dort kein Dorf und keinen Flecken, in dem kein nationalsozialistischer Stützpunkt vorhanden wäre, von den großen Städten ganz zu schweigen. Bis ins letzte Bauernhaus hinein hat man die Idee Adolf Hitlers getragen; und was einmal in oldenburgischen Dickschädeln drin ſigt, das kann nicht mehr herausgelogen werden. Was nutzt es den anderen Parteien schon, wenn sie jetzt kurz vor Toresschluß noch ihre Redekanonen aufprogen lassen. Der Nationalsozialismus hat einen Vorsprung, der nicht mehr eingeholt werden kann. Und was die Redekanonen anlangt, so liegen wir ja auch nicht auf der faulen Bärenhaut! Der Wahlkampf wird in dieſer und in der nächsten Woche seinen Höhepunkt erreichen. Die nationalsozialiſtiſche Agitation behauptet absolut und konkurrenzlos die Spitze. Man wird sie nicht mehr einholen können. Der Sieg ist uns so gut wie ſicher. Wir wünschen unserer oldenburgischen Parteigenossenschaft in ihrem schweren Kampfe Glück und Erfolg. Was von ihr gewonnen wird, das wird für die Bewegung gewonnen. Wir haben die feste überzeugung, daß das Oldenburger Land den Erwartungen entspricht, die das ganze deutsche Deutschland darauf setzen zu können glaubt.

Gegen die Arbeitslosigkeit

9. Mai 1931 „Die Armut kommt von der Powerteh." Der Erfinder dieser tiefschür. fenden Weisheit heißt Onkel Bräsig und stammt aus Mecklenburg. Fried

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rich der Große suchte die Finanzen seines Landes nach dem Siebenjährigen Kriege dadurch zu verbessern, daß er die Einnahmen vermehrte und die Ausgaben verminderte." über diese wirklich geniale Finanzakrobatik, die in irgendeinem obskuren alten Geschichtsbuch zu lesen stand, haben wir uns schon als Pennäler krank gelacht. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsbeschaffung." Das ist des Pudels Rern. Hier liegt der Hund begraben. Ein bürgerliches Blatt kann sich etwas darauf einbilden, diesen Stein der Weisen gefunden zu haben. un wird es ja mit einem male auch in dieser Frage wieder bergan gehen. Höchste Zeit ist es. Darüber haben wir uns nun jahrelang die Röpfe zerbrochen. Die Parteien haben gelehrte Programme ausarbeiten laſſen, die erlauchtesten wiſſenſchaftlichen Kapazitäten wurden in Bewegung gesetzt, heiße Kämpfe tobten durchs Parlament und Land, ganze Wahlschlachten wurden darum geschlagen. Fünf Millionen Menschen mit Frau und Rind und Regel schauten voll zitternder Angst diesem Streit und seinem Ausgang zu. Und was bleibt nun davon übrig? Ein kleiner Weiser aus dem Morgenlande ward vom Schicksal gesegnet, und nun überrascht er sein Gastvolk mit dieſer profunden Weisheit. Fünf Millionen Arbeitsloser Vebbich! Denen kann geholfen werden. Man braucht eben nur Arbeit zu beschaffen. Der felige Columbus würde sich wie ein Ventilator im Grabe herum. drehen, käme ihm zu Ohren, daß ſo ein kleiner Cohn ihm glatt den Rang abläuft. Er fand nur das nach ihm benannte Ei, der kleine Cohn aber hat sich um die Menschheit verdient gemacht. Fünf Millionen von Haus und Hof und Maschine vertriebene Menschen werden nun voll kindlichem Vertrauen zu diesem Sohn des auserwählten Volkes aufschauen und ihr Schicksal glaubensstark in seine Hände legen. Stimmen wir Jubelgefänge an, das Rabinett Brüning ist gerettet. Die einzige Klippe, an der es noch scheitern konnte, war die Arbeitslosigkeit. Und die kann ja nun in Durch führung des genial gemachten Vorschlags endgültig und mühelos beseitigt werden. Herr Brauns, der ehemalige Arbeitsminister, hat sich mit einer Rom miſſion an den grünen Tisch gesetzt. Es war sozusagen ein Ausschuß, und dieser Ausschuß hat mit Ernst und Gewissenhaftigkeit die Frage der Arbeitslosigkeit beraten. Das Ergebnis dieser Arbeit ist in zwei Gut. achten niedergelegt. Diese Gutachten hinwiederum sind der Regierung zur Diskussion übermittelt. Die Regierung hinwiederum wird gut daran tun, die beiden Gutachten noch einmal von einer Sonderkommission untersuchen zu laſſen. Und was lag näher, als daß diese Sonderkommiſſion das Ergebnis ihrer Beratungen erneut in einem Gutachten niederlegte, und daß dieses Gutachten der Regierung zur weiteren Veranlassung über. mittelt würde. Mittlerweile kann es dann Herbst und Winter geworden sein. Die fünf Millionen Arbeitslosen haben die tröstliche Zuversicht, daß die Regierung sich zwar in Gutachten mit ihrer Lage beschäftigt hat, im übrigen aber dafür Sorge trug, daß sie in ihrer grenzenlosen sozialen Vereinsamung nicht allein blieben, sondern für weitere zwei Millionen Schicksalsgenossen Zuzug geschaffen ist. Mit grimmigem Zorn werden diese armen Menschen dem frevlen Spiel zuschauen, das da von seiten der Roalitionsparteien mit ihrem bejam. mernswerten Schicksal getrieben wird. Es hat sich heute auch bis zu ihnen 149

herumgesprochen, daß die Arbeitslosigkeit eine Folge der Tributpolitik ist, und daß es nicht gilt, sich dabei auf die Weltwirtschaftskrise zu berufen, die ja auch in direktem ursächlichem Zusammenhang mit der Durchführung des Roung-Planes steht. Gewiß, das unterliegt keinem Zweifel : könnte man Arbeit beschaffen, dann würde man damit die Arbeitslosigkeit besei. tigen. Aber die Arbeitsbeschaffung eben ist eine Frage der Wiederaufrich. tung der deutschen Wirtschaft. Die aber erscheint nur möglich nach Schaf. fung von neuen Kreditmöglichkeiten, und die hinwiederum können nur geschaffen werden dadurch, daß die Kreditquellen der deutschen Produktion nicht ins Ausland hinausfließen, ſondern dem Blutkreislauf der deutschen Cationalwirtschaft erhalten bleiben. Man mag die Dinge drehen, wie man will, man kommt immer wieder auf denselben Ausgangspunkt zurück. über jedem deutschen Geschehen seit 1918 steht als drohendes menetekel Versailles, und solange Versailles und die damit zusammenhängenden internationalen Tributverträge nicht fallen, solange ist jeder Ausschuß eben Ausschuß, und jedes Gutachten kann zwar ein Urteil darüber ab geben, was gut ist, ohne jedoch die Möglichkeit zu haben, das Gute auch praktisch durchzuführen. Das Rabinett hat seine große Hoffnung auf den beginnenden Sommer gesetzt. Mit der Wiederaufnahme der sogenannten Saisonarbeiten glaubte es, den Arbeitsmarkt entlasten und wenigstens vorerst eine Entspannung der wirtschaftlichen Krisenzustände herbeiführen zu können. Diese Soff. nung hat sich als trügerisch erwiesen. Zwar ist der Sommer nach alther. gebrachter Weise auch diesmal pünktlich erschienen ; aber das, was man von ihm in der Wilhelmstraße glaubte mit fug und Recht erwarten zu können, das ist nun leider, leider nicht eingetroffen . Dieser strahlende Gast hat sich keineswegs als Mädchen aus der Fremde erwiesen, das jedem und auch Herrn Brüning seine Gabe austeilt. Er brachte zwar Blumen und Kränze mit, aber von wegen Beseitigung der Arbeitslosigkeit, das kommt, wie der Berliner sagt, gar nicht in Frage. Die Frontkämpfer rings um Brüning müssen also ihre stolzen Hoff. nungen wieder einmal trauernd zu Grabe tragen . Der Preisabbau hat ſich auf französisch empfohlen, die Steuersenkung ist in blaue fernen entflohen, die Ankurbelung der Wirtschaft war ein schöner Traum; die Arbeitslosig. keit allein verharrt als hartnäckiger, ungebetener Gast weiter am kargen Tisch des deutschen Volkes. Die einzige Leistung, auf die Herr Brüning sich berufen kann und für die ihm alle Beamten, Angestellten und Arbeiter zweifellos aus vollstem Herzen Dank wissen, das ist die Herabsetzung der Gehälter und Löhne. Frieden, Freiheit und Brot!, so werden sie auf dem Parteitag der SPD. wieder einmal tönen. Das ist seit 1918 so oft wiederholt worden, daß es dem deutschen Volk, mit Verlaub zu sagen, schon zum Halse heraushängt. Sie werden diesmal kein Glück damit haben. Die Regierung steht auf Abruf, und kommt sie früher oder später zu Fall, dann stürzen mit ihr auch die Parteien, die da glaubten, ihre Politik verantworten zu können. Zwangsläufig und unabwendbar naht mit unheimlicher, drohender Gewiß. heit unsere Stunde. Wir stehen bereit und werden im entscheidenden Augenblick entscheidend in den Verlauf der Dinge einzugreifen wissen.

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Die Legalität 11. Mai 1931 Die Legalität ist das große Thema, das seit Monaten zwischen der NSDAP. und den politiſchen Mächten des Systems abgehandelt wird. Es ist kein Zweifel, daß die jüdische Journaille es als eine ihrer Hauptauf gaben ansieht, der nationalsozialistischen Bewegung illegale Tendenzen nachzuweisen. Je mehr der Gegner auf der Konstatierung dieser Illegalität besteht, um so klarer wird der Beweis dafür, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung recht daran getan hat, sich rückhaltlos und unter Eid zur Legalität zu bekennen. Wir haben vor einigen Wochen innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung eine Krise durchgemacht, die in ihren letzten Ursachen um diese Frage ging. Ehrgeizige Elemente, die in der Partei ein bequemes Tummelfeld für ihre persönlichen Eigensüchte sahen, waren bemüht, der politiſchen Führung der Partei in ihrem Bekenntnis zur Legalität Verbonzung, Feigheit und Mangel an Aktivismus nachzuweisen. Es ist ein blutiger Witz der Weltgeschichte, daß dieselben Elemente nun unter Eid vor einem preußischen Gericht ihre eigene Legalität bekunden mußten. Die Verfassung schreibt bekanntlich nicht das Ziel, ſondern nur den Weg einer politischen Entwicklung vor. Im Rahmen der damit gezogenen Grenzen ist die Aufstellung jedes politischen Ziels möglich. Eine Idee, die diametral der augenblicklich herrschenden Staatsidee entgegengesetzt ist, kann ohne weiteres politisch) in der Demokratie verfochten werden, sofern sie sich in ihrem Kampf an die verfassungsmäßig gezogenen Grenzen hält und ausschließlich Mittel anwendet, die der Legalität entsprechen. Das Revolutionäre besteht bekanntlich nicht in der Methode, sondern im Ziel. Es kann einer auf Barrikaden stehen und ein Reaktionär ſein. Und es ist möglich, daß einer durchaus in der von der Verfaſſung gezogenen Gesetzmäßigkeit ficht und sein Ziel trotzdem ausgesprochen revo lutionär ist. Ausschlaggebend ist immer die Idee, für die man kämpft. Die Mittel und Wege, mit denen und auf denen man die Idee zu realisieren versucht, sind vorgeschrieben und der Gesetzmäßigkeit unterworfen. Deshalb hat der Revolutionär auch das Recht, Mittel und Wege nicht prinzipiell zu beurteilen. Die nationalsozialistische Bewegung hat seit ihrer leugründung sich jeder umstürzlerischen Tendenz in der Methode enthalten. Sie hat das mit guten Gründen getan. Die Verhältnisse in Deutschland haben sich seit 1923 innerlich so verkrustet, daß es aberwitzig erſcheint, auf putschistische Weise an der gegenwärtigen Situation etwas zu ändern. Der Weg zur Umwälzung geht damit über die Eroberung der breiten Maſſe. Das Ziel der Umwälzung kann dabei getroſt das alte bleiben. Welch ein Geschrei haben die gewerbsmäßigen Putschisten angestimmt, als Adolf Hitler sich im großen Reichswehrprozeß in Leipzig unter Eid zur Legalität bekannte. Man hat geglaubt, ihm damit politische Schlapp. heit nachweisen zu können. Man hat gezetert, er habe sein revolutionäres Ziel aus den Augen verloren. Man wurde nicht müde, ihm mit den Requi ſiten eines traditionsmäßig überkommenen Putſchismus zu Leibe zu rücken. SDAP. damit errungen hat, der weiter Schlag Der Erfolg, den die um Schlag an ihre Fahnen geheftet wird, spricht eine andere Sprache. Er ist Beweis dafür, daß Adolf Hitler mit seiner Methode recht behalten hat. Denn eine Methode stellt kein Ding an sich dar. Sie ist richtig, wenn sie 151

den gewünschten Erfolg zeitigt, sie ist falsch, wenn sie des gewünschten Erfolges verlustig geht. Die Mittel des Parlamentarismus sind vielfach und wandelbar. Line Partei der Oppoſition kämpft mit anderen Waffen, als eine Partei der Koalition. Daß wir uns auf den heißen Boden des Parlamentarismus begeben haben, daß wir uns parlamentarischer Waffen bedienen, das ist kein Beweis dafür, daß wir verparlamentarisiert seien. Im Gegenteil, man kann feststellen, je größer die Partei im Parlament wurde, desto rückhaltloser hat sie sich zum Volk bekannt, und desto lauter und fordernder war auch das Echo, das ihr aus den breiten Massen entgegenscholl. Als wir im Februar dieses Jahres den Reichstag verließen und unseren politischen Kampf aus der Arena des Parlaments wieder auf die Tribüne des Volkes verlegten, waren wir uns von vornherein darüber klar, daß das zwar ein Mittel parlamentarischen Kampfes sei, in seiner Tendenz aber absolut aktivistische Ziele verfolgte. Wir haben uns dabei der Gesetz mäßigkeit bedient, um unseren aktiviſtiſchen Zielen näher zu kommen. Es gibt der Möglichkeiten viele, auf solche Weise die Methoden der parlamentarischen Demokratie mit den Kampfmaßnahmen, die einer revolutionären Haltung zustehen, zu verquicken. Wenn die Partei sich in der vergangenen Woche im Edenpalastprozeß durch den Mund ihres Führers noch einmal zur Legalität bekannte, so ist das ein Beweis dafür, daß sie nicht im mindesten gesonnen ist, trotz aller Anfeindungen und lügneriſchen Unterstellungen von dieser Linie abzuweichen. Es wird am Ende der Erfolg darüber Richter sein, ob wir dabei als politiſche Bonzen oder als zielbewußte nationalsozialistische und sozialistische Aktivisten gehandelt haben. Das Urteil der Gegenwart kann uns in dieser Haltung nicht be. irren. Wir sind nicht gekommen, um einem sensationslustigen Putschismus zu Gefallen zu sein, wir sind gekommen, um dem deutschen Volk seine Ehre, seine Freiheit und sein Brot zurückzuerobern. Wir haben die feste Überzeugung, daß wir auf dem eingeschlagenen Wege das gewünschte Ziel erreichen.

Es ist verboten, einen Sündenbock zu suchen! 13. Mai 1931 Der preußische Innenminister Severing hat am vergangenen Montag im Landtag Gelegenheit genommen, auf die Angriffe der nationalen Oppoſition Rede und Antwort zu stehen. Er hat sich dabei herabgelassen, eine Reihe von Zugeſtändnissen zu machen, die unter den geltenden Bestimotverordnung nur als Bekenntnisse einer schönen Seele mungen der gewertet werden dürfen. Herr Dr. h. c. Severing meinte, es sei heute sehr leicht, über die Finanzkalamität des Staates zu jammern und zu lamentieren. Er habe immer auf Sparsamkeit gedrängt. Aber man habe sich früher zu Ausgaben verleiten lassen, die man bei genauer Kenntnis der Sachlage wohl nicht gemacht hätte. Zwecklos jedoch sei es, heute Sündenböcke für die Vergangenheit zu suchen. Es ſei richtiger, alle Kräfte auf die Besserung der Finanzlage zu konzentrieren. Wir nehmen nicht an, daß Herr Severing als preußischer Innenminister im Landtag in seiner Eigenschaft als hoher Funktionär der Sozialdemo 152

kratischen Partei das Wort ergreift, ſind vielmehr der Meinung, daß er hier als Amtsperson zu sprechen pflegt. Das, was er jedoch am Montag vorzubringen beliebte, das klingt verteufelt nach einem mißglückten Rechtfertigungsversuch für die Politik der Sozialdemokratie, wie sie nun seit zwölf Jahren in Preußen betrieben worden ist und Land und Volk, Wirt schaft und Kultur in namenloses Unglück hineingestürzt hat. Es hieße Waſſer in den Main tragen, die Miseren des preußischen Staates in finanzieller Beziehung einem erstaunten Leserpublikum noch einmal vor Augen zu führen. Zwar wurde man vor Annahme des Roung-. Planes nicht müde, zu erklären, daß die uns dort auferlegten Lasten erfüllt werden könnten, ja, daß die Unterschrift unter dieſes verruchte Versklavungswerk Verminderung der Arbeitslosigkeit, Herabsetzung der Steuern und Ankurbelung der Wirtschaft im Gefolge haben müßte. Herr Minister Severing war unseres Wiſſens einer der lautesten Rufer im Streit und erklärte in seiner damaligen Rede in Kiel, es bedeute doch immerhin eine große Erleichterung, wenn wir pro Jahr nur zweitausend Millionen zu bezahlen hätten, und zwar in einem Augenblick, in dem die endgültige Summe unserer Tributverpflichtungen durchaus noch nicht fest. stand, im Gegenteil, mit Zähnen und Klauen darum in Paris gekämpft wurde. un pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß große Ebbe in den Kassen des Reichs und der Länder herrscht. Die Defizite nehmen geradezu märchenhafte Ausmaße an. Von dem festen Bollwerk Preußen, das im Sturm der Zeiten gleich wie ein Block von Granit steht, ist nicht mehr die Rede. Denn es hat sich herumgesprochen, daß auch hier das leidige Geld zu fehlen beginnt und die Finanzen sich in einem Zuſtande befinden, der jeg. licher Beschreibung spottet. Wir sind die Letzten, die über dieſe Kalamität lamentieren. Ganz im Gegenteil, wir sehen sie gewissermaßen als zwangsläufig an und haben sie ja seit Jahren vorausgesagt. Das deutsche Volk hat unsere Mahnungen nicht hören wollen und muß nun die Rechnung bezahlen. Daß Herr Minister Severing immer auf Sparsamkeit gedrängt hat, das ist für die Be urteilung der Politik seiner Partei ziemlich unerheblich. Es fällt gar nicht ins Gewicht, was Herr Severing in seinen Mußeſtunden denkt oder wofür er in den Funktionärversammlungen seiner Partei hinter verschlossenen Türen eintritt. Wenn er gedrängt hat, so können wir nur zu unserem Bedauern feststellen, daß die Sozialdemokratische Partei sich nicht hat drängen laſſen, und damit auch Herr Severing für die Politik verantwort lich ist, die seine Partei betrieben hat. Es kommt im öffentlichen Leben niemals darauf an, was man will, immer nur darauf, was man kann. Wir sind sogar in unserer Großmut bereit, Herrn Severing zuzugestehen, daß er sparen wollte, stellen aber demgegenüber fest, daß seine Partei bedauerlicherweise nicht sparen konnte. Denn die Sozialdemokratische Partei hat sich in den vergangenen zwölf Jahren mit allem möglichen beschäftigt, nur nicht mit Sparsamkeit. Sie hat das politiſche Gelände mit dem beizenden Geruch einer infamen Korruption vernebelt, sie hat mit schamlosen Methoden das öffentliche Leben vergiftet, sie hat jede Bildung von nationalem Widerstand gegen die Tributverträge mit Gewalt und Zwangsmaßnahmen zusammengeknüppelt. Diese Partei hat die Stirne, den Landesverrat zu sanktionieren und vor einem belogenen und betrogenen Volk zu erklären, daß ſie keinerlei Pflichten

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empfinde gegen die Nation, sondern nur Pflichten gegen die internationale Klasse des Proletariats. Korruptionistische Sumpfblüten vom Schlage eines Barmat, eines Sklarz und Parvus Helphand konnten auf diesem Boden wohl gedeihen. Sie haben das deutsche Volk und die von der Sozialdemokratie angeblich vertretene Arbeiterschaft um Millionen und Millionen betrogen, die öffent liche Moral ist dabei auf einen Tiefstand gesunken, der gar nicht mehr unterboten werden kann . Wundert sich da jemand, daß das deutſche Volk lauter und lauter Ab. rechnung fordert mit dem Betrug an den breiten Massen, wie er von der Sozialdemokratie betrieben worden ist: Ist es demgegenüber nicht vielmehr erstaunlicher, daß der ewige Michel bis heute noch die Schafsgeduld gezeigt hat, die es überhaupt möglich machte, daß solche und ähnliche Dinge geschehen konnten, ohne daß die dafür verantwortlichen Parteien von einem Volkssturm der Empörung aus ihren Machtpoſitionen herausgefegt wurden? Bei genauer Kenntnis der Sachlage, so meinte Herr Severing, hätte man zweifellos Ausgaben, wie sie gemacht worden sind, nicht gemacht. Aber auf die genaue Kenntnis der Sachlage kommt es eben an. Das deutsche Volk hat ein Recht, zu verlangen, daß Parteien, aus denen die Regierung gebildet wird, sich über die Tragweite ihrer Politik im klaren sind und nicht, wenn die Katastrophe hereinbricht, ihre Hände in Unschuld waschen. für Herrn Severing und die Sozialdemokratische Partei mag es zweck. los erscheinen, heute Sündenböcke für die Vergangenheit zu suchen. Für uns aber ist das eines der ersten Erforderniſſe aufbauender Staatspolitik. Das deutsche Volk muß wissen, wer Schuld an seinem Unglück trägt ; denn die Sündenböcke - so meinen wir wxxx.com müssen beseitigt werden, wenn überhaupt eine Umstellung des politischen Kurses in Preußen und Deutschland vorgenommen werden soll. Zugegeben in aller Ehrerbietung : es ist richtig, alle Kräfte auf die Besserung der Finanzlage zu konzentrieren. Aber es erſcheint notwendig, zuerst die Kräfte auszuschalten, die unsere Finanzen verwüstet haben und das öffentliche Leben zu einem Tummelplatz schrankenloser parteipolitischer Willkür machten. Die Sündenböcke brauchen nicht mehr gesucht zu werden, sie sind bereits gefunden. Einer sagt es dem andern. Und der Tag ist nicht mehr fern, wo ein ganzes Volk sie kennt.

Oldenburger Bilanz

19. Mai 193 ) Die Oldenburger Wahlen haben das Ergebnis gezeitigt, das wir mitten im Wahlkampf an dieser Stelle vorausgesagt haben. Dieses Ergebnis hat weit über den lokalen Charakter hinaus allgemeinpolitische Bedeutung, und es erscheint angebracht, für die Gesamtsituation daraus die notwen digen Schlüsse zu ziehen. Die bürgerlichen Parteien sind auf der ganzen Linie stark dezimiert, ja, man kann fast sagen in ihrer Machtstellung absolut erschüttert worden. Die Sozialdemokratische Partei hat furchtbare Verluste erlitten, und die Kommunistische Partei ist nicht in der Lage gewesen, diese Verluste etwa für sich aufzufangen. Die kleinen Splittergruppen erscheinen kaum noch

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im politischen Gesamtbild. Der Nationalsozialismus dagegen ist der triumphale Sieger dieſes Wahlkampfes. Er ist quer durch die bürgerlichen Parteien gegangen, hat das marxistische Lager bedenklich geschwächt, und seine gewaltige Zunahme rekrutiert sich aus allen Schichten, Berufen und Parteien. Eine Volksbewegung von imponierenden Ausmaßen ist hier entstanden. Reine Lüge, kein Terror, weder Bedrängnis noch Gefängnis haben sie aufzuhalten vermocht. Die breiten Massen sind wieder einmal zum Beweis dafür angetreten, daß ihr wacher Instinkt die Dinge zwar primitiver, aber dafür auch klarer und eindeutiger beurteilt als der difficile Intellekt des großstädtiſchen Journaliſtentums. un ſigen sie in den Ämtern und Redaktionen mit dicken, roten Röpfen und möchten weinen über die tiefen Wunden, die das Volk, das von dort aus souverän gemacht wurde, ihnen nun zum Dank dafür geschlagen hat. Die Illusion von der Rückwärtsentwicklung des Nationalsozialismus oder gar von einem panikartigen Zusammenbruch ist nun endgültig dahin. Wir brauchen nicht mehr mit Worten uns dagegen zu verteidigen. Das Oldenburger Volk hat am Sonntag eine Tat getan und damit vor aller Welt unter Beweis gestellt, daß der Nationalsozialismus keine Fieberkrankheit, sondern eine Gesundheitskrise der deutschen Vation ist, daß dieſe Geſundheitskrise durch keinerlei Kurpfuscherei mehr gehemmt werden kann, daß sie sich zwangsläufig fortsegt bis zur endgültigen Genesung des so schwer. krank darniederliegenden deutschen Volkes. Wir drücken dem deutschen Außenminister Dr. Curtius, der gegenwärtig in Genf zwar eine Reihe von Volksparteien, aber kein Volk mehr ver. tritt, in tiefer Mittrauer die Hand. Reiner hat so großes Verständnis für seine verzweifelte Lage wie wir. Unſere warmen Sympathien gelten der sozialdemokratischen Oberbonzokratie, die augenblicklich damit beschäf tigt ist, sich zu dem Ende dieses Monats stattfindenden Parteitag zu rüsten, auf dem es allem Anschein nach zum Hauen und Stechen kommen wird. Wir empfehlen den marxistischen Leithammeln, gleich den Gummiknüppel mitzunehmen, um bei dieſem aussichtslosen Rendezvous die Oppo ſition in der eigenen Partei mit denselben mitteln zu traktieren, mit denen man bislang im Reich und in den Ländern die nationale Widerstandsbewegung zusammengedroschen hat. Vielleicht wird sich auch der eine oder andere karrierelustige Staatsanwalt in Moabit überlegen, ob seine erprobten Propagandamethoden für den Nationalsozialismus durch Stellen von exorbitanten Strafanträgen gegen nationalsozialistische Führer und Gefolgschaftsleute auch für die Zukunft beibehalten werden sollen. Die Herren Gegner, das sei mit allem schuldigen Respekt vor dem Paragraphengestrüpp der derzeitigen Votverordnungen festgestellt, haben sich offenbar in der Einschätzung des Nationalsozialismus folgenschwer verrechnet. Die Kalkulation stimmt nicht, und das Volk reicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit die bessere Gegenrechnung ein. Auch in der Wilhelmstraße wird große Trauer über die Gemeinde her. eingebrochen sein. Zwar hat Herr Dr. Brüning der Sozialdemokratie noch eine Gnadenfrist gestellt. Aber wir stellen mit Vergnügen fest, daß auch so der Stoff für Leipzig ausreicht, und die Gesamtorganisation des Mar rismus damit genug Möglichkeit hat, der Bonzokratie in empfindlichſter Weise zu Leibe zu rücken.

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Und die Journailler Wir nehmen nur ein Asphaltprodukt aus dem Wust von Papier heraus, das gestern durch die Rotationsmaschine gelaufen iſt: das „ 12-Uhr-Blatt“ wird herausgegeben von Steinthal, Stern & Co. Und man kann es ja verstehen, daß man in diesem erlauchten Gremium nicht gerade rosiger Laune ist. Eine dicke überschrift : „Starker NaziErfolg in Oldenburg". Wieviel Seufzer und Schweiß wird es dem Zeilenschinder gekostet haben, sich diese vier Worte abzuquälen! „Das Wahl. ergebnis hat die Besorgnisse, die man für diese Wahl hegte, bestätigt." Wir können das gerade nicht behaupten. Ganz im Gegenteil, Herr Steinthal, Stern & Co.! Wir hatten weder Besorgnisse, noch haben sie sich bestätigt. Die bürgerlichen Parteien einſchließlich der Sozialdemokraten haben einen starken Stimmverlust zu verzeichnen. Die Nationalsozialisten sind die Sieger dieſes Wahlkampfes." Darin muß jeder rechtlich Denkende dem „ 12-Uhr-Blatt“ vollkommen beistimmen. Vielleicht dürfen wir noch in aller Ehrerbietung ergänzend hinzufügen, daß somit also erwiesen ist, daß der Viationalsozialismus sowohl die bürgerlichen Parteien, als auch den Marxismus erschüttert hat, die alte Mär nun also endgültig zu Ende ist, daß wir unſeren Stimmen. zuwachs ausschließlich aus den bürgerlichen Parteien herauszögen. „Die Mehrheitsverhältnisse sind naturgemäß völlig verändert." Das kann man wohl behaupten. Völlig verändert, Herr Steinthal, Stern & Co. So völlig verändert, daß die Staatspartei, für die Sie Ihre warmen Lanzen einzulegen pflegen, glücklich noch mit einem Mandat vertreten ist, es alſo, wenn wir die absolute Führung der oldenburgischen Regierung übernähmen und die Staatspartei in die Opposition hinüber. schwenkte, es dort zum Zeitvertreib nicht einmal mehr zu einem dröhnen. den Männerskat ausreichte. Jedoch ― das wollen wir noch für nachdenkliche und furchtsame jüdische Gemüter in Anbetracht kommender schlafloser Vächte zum Bedenken hin. zufügen : Oldenburg war nur eine lustige Ouvertüre. Šie hat nach Wagnerfchem Vorbild nur die Leitmotive der kommenden Oper angedeutet. Der erste Akt der Oper wird in Preußen ſpielen; der zweite Akt, der sich als Schauplatz das Reich vorgesehen hat, wird den dramatischen Höhe. punkt bringen. Enden wird die ganze Sache mit einem Happy end". Es fragt sich nur, für wen und gegen wen .

Die neue Notverordnung

23. Mai 1931 Es unterliegt jetzt keinem Zweifel mehr, daß Herr Dr. Brüning die löbliche Absicht hat, nach Ende des sozialdemokratischen Parteitages, d. h. also in der ersten Juniwoche, eine neue Votverordnung zu erlassen. Diese otverordnung wird mit einem Schlage das wahre Gesicht der derzeitigen Reichsregierung enthüllen. Was wir bisher auf dem Gebiete der Inanspruchnahme des § 48 erlebten, war gewissermaßen nur Vorspiel. Es wurden die Präliminarien gelegt zu einem sozialen Zustande, der durch die nunmehr in Aussicht stehenden diktatorischen Gesetzentwürfe seine endgültige Stabilisierung erfahren soll. Man hat zuerst einen bescheidenen Anfang mit der Abdrosselung des sozialen Lebens gemacht, daraufhin 156

durch Votverordnung die radikale Oppoſition in Fesseln zu schlagen ver. sucht, durch rücksichtslose Anwendung der Kautschukparagraphen des Gesetzes zur sogenannten Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicher. heit die laute Stimme der anklagenden Volksmeinung zum Verstummen gebracht, und nun endlich wird das praktiziert, was eigentlich gemeint war: der Youngvertrag wird für das öffentliche Leben endgültig organi siert. Es ist aus mit den sozialen Errungenschaften . Von einer Ankurbelung der Wirtschaft, einer Herabsetzung der Steuern und Verminderung der Arbeitslosigkeit kann nicht mehr die Rede sein; ganz im Gegenteil, nun wird mit diesen reaktionären überbleibseln endgültig aufgeräumt, und das Leben in Schönheit und Würde beginnt. In der Öffentlichkeit wird lebhaft darum gestritten, was eigentlich der Inhalt der neuen Notverordnung sein wird. Die Tatsache, daß sie erst nach dem sozialdemokratischen Parteitag erlafſſen wird, bürgt dafür, daß es sich ausschließlich um soziale Dinge handelt; und das ist denn auch nach unseren besten Informationen in der Tat der Fall. Man plant, die Arbeitslosensätze generell herunterzuschrauben, die gesamte Krisenfürsorge soll abgebaut werden, die Beamtengehälter eine neuerliche Kürzung, schwankend zwischen 6 und 10 Prozent, erfahren, am Etat rigorose Ab striche, vor allem in kulturellen und sozialen Dingen vorgenommen werden. Das ist den Versprechungen der Regierung, die vor und auch noch kurz nach Annahme des Roung-Planes feierlich gegeben wurden, direkt zuwiderlaufend und ins Gesicht schlagend. Im Zeichen der geknebelten Meinungsfreiheit ist es uns versagt, darüber ein Werturteil abzugeben. Aber jeder unvoreingenommene Beurteiler der Politik der gegenwärtigen Reichsregierung kann sich unschwer seinen eigenen Reim darauf bilden. Schamlos und widerwärtig ist wieder einmal das aufreizende Intrigen. spiel, das hier nach vielerprobter Manier von der Sozialdemokratischen Partei betrieben wird. Diese Organisation des systematischen Landesund Arbeiterverrats entblödet sich nicht, der Öffentlichkeit eine Komödie der Täuschungen vorzuführen, eine scheinheilige Opposition zu betreiben gegen Dinge, die sie selbst hinter den Kulissen längst angenommen und gutgeheißen hat, nur zu dem einzigen Zweck, sich für den vor der Tür stehenden Parteitag ein sozialistisches Alibi zu verschaffen. Die arbeiten. den Massen sollen von der roten Oberbonzokratie wieder einmal hinters Licht geführt werden. Man will sie am Tag der geplanten Abrechnung mit radikalen Phrasen füttern, um danach schamlos und frech dieselben sozialen Errungenschaften zu beseitigen, für die man 1918 ein Reich zum Sturz brachte und zur Begründung eines neuen Staates aufrief. Erklärlich wird dieſes aufreizende Verhalten nur, wenn man als Grund dafür die bebende Angst der roten Volksverräter vor der drohenden natio, nalsozialistischen Maſſenerhebung in Betracht zieht. Die Sozialdemokra tische Partei steht dem Kabinett Brüning mit verhaltener Wut gegen. über. Aber sie ist sich andererseits darüber klar, daß diese Regierung, wie die SPD. selbst einmal erklärte, die legte Barrikade gegen den Faschis. mus ist". Man schluckt den Kapitalismus löffelweise, um - wenn auch nur für Monate oder vielleicht nur für Wochen ― eine Auflöſung des Preußenparlaments hintanzuhalten. Das wissen die Juden im Vorwärts“ und ihre Hintermänner so gut wie wir: Wo auch immer heute in Deutschland gewählt wird, da schlägt das erwachende Volk den bürgerlichen Parteien einschließlich der Sozial-

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demokratie die tiefsten Wunden, und als Siegerin geht allüberall die nationalsozialistische Bewegung aus der Befragung des Volkswillens her. vor. Der Nationalsozialismus stellt heute in den Massen des deutschen Volkes eine ungleich schwerer wiegende Macht dar, als das in den Parla menten zum Ausdruck kommt. Und nichts fürchten die bankrotten young. Parteien mehr, als das souveräne Volk könnte bei euwahlen seinen neuen Willen zum Ausdruck bringen. un schreien sie : Der Roung-Plan muß revidiert werden. Es sind die selben, die ihn 1929 am Radio mit Verve und Begeisterung verteidigten und uns als Heger und Nationalverbrecher anprangerten, weil wir da gegen aufstanden. Sie möchten das Volk über ihre Vergangenheit hinweg. täuschen. Die bankrotten Tributparteien haben ein Interesse daran, ihre verruchte Erfüllungspolitik vergessen zu machen und, je läuter im Volk der Widerstand gegen die sogenannten Friedensverträge" zum Ausbruch kommt, um so lauter und scheinheiliger mit darin einzustimmen. Es wird ihnen nicht gelingen. Sie sind von den Massen erkannt. Dafür haben wir gesorgt. Während sie uns verleumdeten und beſpien, prügelten und vor ihre Berichtshöfe schleppten, haben wir mit Fingern auf sie gewiesen, sind nicht müde geworden, dem belogenen und betrogenen Volk zuzurufen: Da stehen die wahren Schuldigen . Schaut sie euch an und merkt sie euch. Es wird der Tag kommen, wo sie aus weiß schwarz und aus schwarz weiß zu machen versuchen. Die Stunde ist nicht fern, da werden sie verbrennen, was sie angebetet und anbeten, was sie verbrannt haben. Seid auf der Hut, sie wollen euch wieder einmal hinters Licht führen, wie sie euch so oft um eure Lebensrechte geprellt haben." Das Volk hat die Augen aufgemacht. Es ist nicht mehr so leicht wie ehedem, ihm einen blauen Dunst vorzuspielen . Die Sozialdemokratische Partei verrechnet sich, wenn sie mit der Langmut und der ewigen Geduld der arbeitenden Maſſen kalkuliert. Einmal wird doch der Tag kommen, wo man das Volk an die Urne rufen muß. Und dann soll legal und streng im Rahmen der Verfaſſung mit dem Stimmzettel ein Strafgericht ab. gehalten werden, das der ganzen betrügerischen Illusion des Tributkapi talismus der Parteien ein jähes und unabänderliches Ende segt.

Mit durchschnittener Rehle

29. Mai 1931 Es ist heute in Deutschland ſehr einfach, berühmt zu werden. Man braucht nur den Nationalsozialismus zu bekämpfen, gleichgültig in welcher Weise. Die einen besorgen dieses edle Geschäft mit Gummiknüppel und Verboten, die anderen mit Totschlägern, Revolvern und Dolchen. Es ist im Grunde genommen immer dasselbe. Das Untermenschentum steht auf gegen das erwachende Deutschland, und wo die Minderwertigkeit sich gegen eine neue Aristokratie in letzter Verzweiflung zur Wehr setzt, da ist sie des lauten Beifalls der Journaille immer gewiß. Ein braver Staatsanwalt, der treu und bieder seine Pflicht_tut, den Gesetzen gehorcht und sich auch sonst nichts zuſchulden kommen läßt, hat es nicht leicht, auf der Stufenleiter des Erfolges hochzuklettern. Er muß etwas sein, er muß etwas können und läuft dabei doch immer Gefahr,

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übersehen zu werden oder den hochvermögenden regierenden Herren nicht in den Kram zu paſſen. Wie schön ist es dagegen, wenn man ein politisches Ressort verwaltet und als Ankläger des Staates gegen Nationalsozialisten den Paragraphen schwingt. Da braucht man nichts zu sein und braucht auch nichts zu können. Da braucht man sich nur auszuzeichnen in exorbitanten Strafanträgen, braucht nur zu reden von der Verruchtheit und brutalen Bestialität der radikalen Agitation, und daß nun endlich Schluß gemacht werden müſſe mit dem „politischen Rowdytum“, damit das öffentliche Leben befrieder werde. Ein solcher Staatsanwalt erfreut sich der warmen Sympathie seiner vorgesetzten Behörden, und die intereſſierte Journaille klatscht ihm begeistert Beifall. Wir haben solche Exemplare in der jüngsten Vergangenheit die Menge kennengelernt. Eingehüllt in die Robe der juristischen Unantastbarkeit, waren sie tapfer genug, den Nationalsozialismus und seine Verfechter aus dem sicheren Schutz der staatsanwaltlichen Immunität anzugreifen, sie zu beschimpfen und anzuprangern. Man machte aus jungen SA. Männern, die nichts anderes taten, als nur ihr Leben, das auch sie ja nur einmal zu verlieren haben, zu verteidigen, Strolche und Wegelagerer, man tat ſo, als seien sie es allein, die die öffentliche Ruhe und Sicherheit bedrohten, und es sei deshalb angebracht, daß sie zu den schwersten Strafen verurteilt würden. Die nationalsozialistischen Führer wurden von Gerichtstermin zu Gerichtstermin geschleppt. Man klagte sie vor aller öffentlichkeit schwerer und schwerster Vergehen an. Dieselben Männer, die nichts anderes wollen als die Wahrheit ſagen und ſich dem schamloſen Ränkeſpiel der Parteien entgegenstemmen ! Wenn ein Nationalsozialiſt der Angegriffene ist, wenn man ihn beleidigt und bespuckt, wenn man einen SA.-Mann auf offener Straße niederschlägt und niederschießt, dann regt sich kein Lüftchen im Blätterwald. Dann ist großes Schweigen bei der vereinigten Journaille. Dann heißen die Cohn Hase und wissen von nichts. Sie schleichen auf Socken herum und behan deln, wenn schon, den Ungegriffenen und Wiedergeschlagenen als Staatsbürger zweiter Klasse, von dem man kaum Notiz nimmt, weil er eben Vationalsozialiſt iſt. Vor einigen Tagen ging durch die Blätter die Meldung, daß in der Nähe von Buch ein SA.-Mann auf dem Wege zum Bahnhof in einer Blutlache liegend aufgefunden wurde. Er hatte noch so viel Kraft, anzugeben, daß er von Kommunisten überfallen und niedergeschlagen worden sei und daß man ihn dann in die Kehle gestochen habe. Wäre das Messer ein paar Millimeter tiefer gegangen, wäre er unrettbar verloren. Dieſe bestialiſche Bluttat findet in der demokratisch-sozialdemokratischen Jour naille, von der kommunistischen ganz zu schweigen, kaum Erwähnung. Man berichtet darüber so en passant. Man tut das mit ein paar Zeilen ab. Man geht darüber mit einer aufreizenden Gleichgültigkeit hinweg. Man gibt kalt und fachlich den nackten Tatbestand, wenn man es überhaupt für nötig hält, davon irgendeine Mitteilung zu machen, oder den Tatbestand nicht einfach verfälscht und - den Zusammengestochenen nicht obendrein noch verhöhnt, weil man ihm ja gar nicht die Kehle durchgeschnitten" habe. Der überfallene, den man in seinem Blut auffand, war ja nur ein Nationalsozialist! Es handelt sich nur um einen SA.-Mann, und SA.-Männer dürfen sich zwar nicht wehren, aber sie dürfen sich niedermachen lassen. 159

Vor einigen Wochen liefen in Berlin-Moabit eine Reihe von Land. friedensbruchsprozeſſen, und jener Staatsanwalt Stenig, der sich in einem unbezwinglichen Drang zur Karriere gewissermaßen zum Prototyp der gerichtlichen Verfolgungsmanie des Nationalsozialismus gemacht hat, wußte viel davon zu reden, wie verworfen die Methoden der national sozialistischen Agitation seien, daß ein anständiger Mensch damit keine Gemeinschaft haben könne, daß die nationalsozialistischen „Täter" nicht als politische Angeklagte behandelt werden dürften, daß es an der Zeit ſei, diesen verbrecherischen Methoden mit Hilfe von drakonischen Gefängnis. strafen entgegenzutreten. Wir geben zu, daß in der Abwehr um das eigene Leben hier und da von einem Verfechter des Nationalsozialismus das Recht der Notwehr überschritten werden kann. Aber man nenne uns einen Fall, in dem die Vationalsozialisten ohne Grund die Ungreifer waren. Man bringe auch nur ein Beispiel vor, wo sie im tiefsten Frieden über politiſch Andersdenkende herfielen, nur weil sie eben mit ihnen nicht gleicher Meinung waren. Wo hat ein Nationalsozialiſt je einen Kommunisten aus lauter Lust an Mord und Blut niedergeschlagen und niedergeschossen ? Und wo hat sich einer zu solcher Wiedertracht moderner Bestialität hinreißen lassen, daß er den politischen Gegner zusammenknüppelte und versuchte, ihm im Blutrausch die Kehle durchzuschneiden? Dieses Verbrechens kann nur die Kommunistische Partei angeklagt wer den. Über niemand findet sich, der hier der Sache der Gerechtigkeit auch öffentlich Ausdruck verleiht. Läge der Fall umgekehrt, hätte ein SA.-Mann sich dazu hinreißen lassen, einem politischen Gegner ein Gleiches anzutun, die öffentlichkeit würde erfüllt sein von dem Weh. und Jammergeſchrei der Judenpresse. Die Innenminister würden, wie im damaligen Fall Ham burg, unter dem Vorsitz des Reichsinnenministers Wirth zusammentreten, man würde Maßnahmen beſchließen gegen die VISDAP., und nicht etwa die Ausschreitungen der radikalen Agitation, ſondern die radikale Agitation selbst zu treffen versuchen. Schamlos, gemein, verlogen und heuchlerisch ist das Gebaren, das die Judenpresse dem Nationalsozialismus gegenüber zur Schau trägt. Die Zeilenschinder in der Koch- und Jerusalemer Straße wissen ganz genau, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung, kommt sie einmal zur Macht, eine Generalabrechnung vornehmen wird mit den Verpestern der öffentlichen Meinung, die heute in den Redaktionsstuben der großen Judenblätter sitzen. Sie haben deshalb nicht das Recht, sich als objektive Verfechter der öffentlichen Meinung aufzuspielen. Sie sind Partei. Sie wissen, daß es ihnen an den Kragen gehen soll. Sie unterstützen alles, was gegen Deutsch. land geht, und trachten alles zu vernichten, was sich für Deutschland ein. segt. Jener SA.-Mann, den man mit dem Schnitt in der Kehle in seinem eigenen Blut schwimmend auf einſamer Landstraße fand, ist auch ein Opfer dieser nichtswürdigen und verbrecherischen Segmethode. Auch er fiel jener öffentlichen Meinung zum Opfer, die dahin geht, daß man Nationalſozialisten straflos alles antun kann, und daß der Nationalsozialiſt ſchon dadurch zum Verbrecher wird, daß er sich überhaupt gegen die Bedrohung seines eigenen Lebens zur Wehr setzt. Wir ertragen das schweigend mit zusammengebissenen Zähnen, in der Gewißheit, daß über kurz oder lang ein Tag kommt, an dem das deutsche Volk sich selbst gegen diese Freibeuter der öffentlichen Moral zur Wehr 160

setzt. Dieser Tag wird unser Tag sein, und an ihm wollen wir auch legal und streng im Rahmen der Gesetze Genugtuung schaffen für jeden SA.. Mann, den man mitten im tiefsten Frieden, nur weil er unserer Meinung war, meuchelte, ohne daß auch nur einer in der öffentlichkeit für ihn Partei ergriff!

Nach Chequers !

3. Juni 1931 Man legt sich mit Verwunderung und Betroffenheit die Frage vor: Woher nehmen der Reichskanzler Dr. Brüning und der Außenminister Dr. Curtius noch den Mut, im Auftrage der deutschen Nation nach England zu fahren, um dort für das deutsche Volk Verhandlungen von weit. tragender Bedeutung mit der englischen Regierung zu pflegen ? Das Kabinett Brüning hat im deutschen Volk den letzten Rest von Kredit verspielt. Es hat sich durch eine unmögliche Finanz- und Wirtſchaftspolitik bei den arbeitenden Massen so unpopulär gemacht, daß nachgerade von einer tragfähigen Regierungsbasis bei ihm gar nicht mehr die Rede sein kann. Die Versprechungen dieses Kabinetts sind durch die politische Entwicklung ins glatte Gegenteil umgekehrt worden. Innenpolitisch sowohl wie außenpolitisch ist die deutsche Lage vollkommen versteift und ver krustet. Der deutsche Außenminister Dr. Curtius hat auf der letzten Genfer Völkerbundstagung eine Schlappe nach der andern erlitten und ist als geschlagener Mann nach Berlin zurückgekehrt. Unterdes haben sich die Verhältnisse in Deutſchland ſelbſt bis zu einem Grad kompliziert, daß man jede Übersicht darüber verliert. Es ist der Regierung nicht gelungen, den Etat zu balancieren. „Offiziös“ muß schon zugegeben werden, daß man mit einem Defizit zwischen zwei bis drei Milliarden rechnet. Die sommerliche Wärme hat nicht im mindesten eine Entspannung der krisenhaften Wirtschaftslage mit sich gebracht, und von einer minderung der Arbeitslosigkeit kann füglich gar nicht mehr die Rede sein. Millionen Menschen steuern heute mit sehenden Augen ihrem Verderben entgegen. Die politiſchen Verhältnisse spigen sich mehr und mehr zu; die Regierung sucht der drohenden Katastrophe durch Erlaß von Votverord nungen beizukommen und bringt sich damit im Volk um den legten Kredit. über all dem steht als drohendes Verhängnis die Tributfrage. Wir haben es vor und bei der Annahme des Roung-Planes vorausgeſagt, daß mit diesem Verdikt eine Bereinigung des öffentlichen Lebens in Deutsch land nicht in die Wege geleitet werden könnte. Wir haben prophezeit, daß im Gefolge der Durchführung der unerfüllbaren Bestimmungen des Roungpaktes steigende Arbeitslosigkeit, eine verzweifelte Panikstimmung in der Wirtschaft, stärker werdender Steuerdruck und Verschärfung der Klaſſengegensätze in Deutschland zu verzeichnen sein würden. Man hat uns damals verlacht und verhöhnt, und die Journaille ist nicht müde geworden, uns als gewerbsmäßige Heßer und Nationalverbrecher vor der deutschen Öffentlichkeit anzuprangern. Man sollte meinen, daß die verantwortlichen Stellen nun, da die von uns vorausgesagten furchtbaren folgen ihrer Erfüllungspolitik oft zutage treten und alle Stände und Berufe des deutschen Volkes davon in uner. 11 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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trägliche Mitleidenschaft gezogen worden, endlich zum Einsehen kämen. Es wäre damit die beste Gelegenheit gegeben, die Tributfrage im Großen und Ganzen vor der Weltöffentlichkeit aufzurollen und den Siegermächten ein unerbittliches „bis hierher und nicht weiter! " entgegenzuhalten. Der gegenwärtige Reichsinnenminister Dr. Wirth hat das Wort geprägt: „Erſt Brot und dann Reparationen!" Heute pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß es in Deutschland Millionen Menschen gibt, denen man das Brot genommen hat, daß demgegenüber aber die Regierung auf der bedingungslosen Erfüllungspolitik weiter fortbesteht und an das Ausland Tribute in einer Höhe abführt, als wäre die Lage in Deutſchland in bester Ordnung und das deutsche Volk ohne weiteres in der Lage, seinen furcht. baren Verpflichtungen nachzukommen. Die Mitteilungen, die vor einigen Tagen durch die engliſche Preſſe über die in Chequers zur Behandlung kommenden Fragen in die öffentlichkeit drangen, laſſen nur wenig Hoffnung für eine generelle Aufrollung der Tributfrage übrig. Schon erklärt man in London, daß es nicht in der Absicht der englischen Arbeiterregierung liege, zur Tributfrage bindende Zusagen zu machen. Das Mindeste, was Deutschland erreichen könne, sei eine von England, Frankreich und Italien garantierte langfristige Anleihe, etwa in der Höhe von zwei Milliarden. Und die deutschgeschriebene Journaille verfehlt nicht, diesen Versuchsballon aufzufangen und mit Verve zu betonen, daß das eine billige Gelegenheit sei, die verzweifelte deutsche Wirtschaftslage aufs neue zu beleben und den Gang der Produktion wieder einmal anzukurbeln". Wie oft haben wir nun seit 1919 dieſe Sirenengeſänge vernommen ! Ebensooft aber ist das deutsche Volk, wenn es ihnen in seiner gutgläubigen Harmlosigkeit Gehör schenkte, auch um seine Hoffnungen und Illuſionen geprellt worden. Eine neue Anleihe in diesem Stadium der Entwicklung, das wäre in der Tat das furchtbarste und folgenschwerste, was die gegen. wärtige Regierung überhaupt auf sich nehmen könnte! Es ist doch kein Geheimnis mehr, daß wir gerade an den Anleihen zugrunde gegangen sind, und es heißt ja diese Dinge ins perverse Gegenteil umkehren, wenn man ernsthaft mit dem Gedanken umgeht, Deutschland aus den aus ihm heraus. gepreßten Tributgeldern eine Anleihe zu gewähren, die das deutsche Wirt schaftsleben insoweit befruchten soll, daß es für eine kurze Zeitspanne wieder befähigt ist, weitere Tributzahlungen zu leisten. Man schließt die Augen vor soviel verbrecherischem Wahnsinn. Jegt, wo die historische Stunde gekommen ist, da Deutschland sich, ausgepreßt und ausgepowert, vor das sogenannte Weltgewissen hinstellen kann, um zu erklären : wir können nicht mehr, wir haben geleistet, was über das Menschenmögliche hinausging! Jetzt versucht man noch einmal, eine als unmöglich und undurchführbar erwiesene Politik weiter fortzusetzen, das deutsche Volk auch fernerhin unter dem Joch des Tributkapitalismus zu halten und ihm aus seiner ihm genommenen eigenen Kraft künstliche Injek. tionen zu geben, die ein Scheinleben vortäuschen sollen, das nicht im min. desten mehr dem wahren Tatsachenverhalt entspricht. Die Herren Dr. Brüning und Dr. Curtius übernehmen damit eine furchtbare und folgenschwere Verantwortung. Sie stehen als derzeitige Repräsentanten des deutschen Staates im Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit; das, was jetzt in Chequers beschlossen wird, das soll wieder einmal für eine Zeitlang das innenpolitische Leben in Deutschland bestim 162

men. Wir glauben nicht, daß die gegenwärtige Regierung sich dieser Verantwortung würdig erweisen wird. Man wird es mit einer Scheinlösung ſein Bewenden haben lassen. Man wird das deutsche Volk weiter durch otverordnungen und Übdrosselung seines sozialen Lebens quälen und peinigen. Es ist nun einmal ein Gesetz der geschichtlichen Entwicklung, daß die Träger des Zusammenbruchs durch die Zeichen der Zeit nicht lernen, sondern sich solange gegen die Zwangsläufigkeit der Entwicklung zu stemmen versuchen, bis sie von dieser Zwangsläufigkeit selbst zerschmettert werden. Deshalb sehen wir in den Verhandlungen in Chequers gewisser. maßen nur einen legten Versuch, eine als unmöglich erwiesene Politik mit dem Mittel der Verzweiflung zu retten. Auch dieser Versuch muß mißlingen, wie alles mißlungen ist, was die gegenwärtige Regierung bisher unternahm. Eine neue politische Willensgruppe steht schon im Begriff, in die Macht einzuschwenken. Die Tributparteien begehen mit ihren drakonischen Notverordnungserlassen aus Angst vor dem Tode Selbstmord. Je eher sie abtreten, desto besser ist das für das deutsche Volk! Was wir daran tun können, das wird getan werden. Noch im Sommer werden politiſche Entscheidungen von größter Tragweite fallen. Der Herbst soll uns dann gerüstet finden; und vielleicht noch ehe dieses Jahr zur eige geht, wird der Tributmehrheit mit dem Mittel des legalen Sturzes ein kurzes und unrühmliches Ende bereitet !

Vor der Entscheidung 13. Juni 1931 Die Reise der deutschen Minister nach London und die in Chequers gepflogenen Gespräche sind ergebnislos verlaufen. Man hat die Öffentlichkeit durch ein farbloses Kommunique hinwegzutäuschen versucht. Aber es spricht sich allmählich im Lande herum, daß die auf den Ministerbesuch in England gesetzten Hoffnungen in allem getäuscht haben. Herr Dr. Brüning und Herr Dr. Curtius sind von MacDonald und Henderson freund lich empfangen worden ― was wir übrigens für so selbstverständlich halund das war ten, daß man das nicht besonders zu betonen brauchte alles. Es soll nun ein Meinungsaustausch zwischen den führenden Staatsmännern Europas unter Einschluß von amerikanischen Politikern darüber stattfinden, wie dem kranken Europa in seinen Fieberschauern zu helfen ſei. Unterdes ist seitens der deutschen Reichsregierung die dritte otver. ordnung verkündet worden und hat, wie ein jüdisches Abendblatt sehr treffend feststellt, im Volke „lähmendes Entsetzen" hervorgerufen. Wir gestehen zu, daß wir furchtbares erwartet haben. Aber das, was nun Tatsache geworden ist, übertrifft unsere pessimistischen Voraussagen um ein Vielfaches. Es gibt im Zeichen des Republikschutzgesetzes und der Hinden. burgschen Notverordnung überhaupt keine Möglichkeit, das, was Herr Dr. Brüning den arbeitenden Massen des deutschen Volkes angetan hat, gebührend zu kennzeichnen. Der Sozialetat ist abgedrosselt, die Errungen. schaften der Novemberrevolte auf der ganzen Linie zusammengeschlagen, das deutsche Arbeitertum entrechtet und gefesselt und das Volk insgesamt, von den Tributparteien schmählich im Stich gelassen, einem chaotischen Verderben preisgegeben .

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Uns kommt das nicht unerwartet. Man kann in diesen krisenhaften Entwicklungen nicht oft genug betonen, daß wir Nationalsozialisten die einzigen gewesen sind, die alles das, was sich jetzt in dramatiſchem Ablauf in der deutschen Politik abspielt, vorausgesagt haben. Wir sind in einer Zeit, als das noch unpopulär war und unpopulär machte, gegen die Tributsklaverei zu felde gezogen und haben jene Parteien an den Pranger gestellt, die alles, was man ihnen vorlegte, unterschrieben, nur um die schmähliche Willkür und Tyrannei der parlamentarischen Mehrheit zu erhalten. Wir haben uns dafür vor aller öffentlichkeit als Nationalver. brecher und Ratastrophenpolitiker brandmarken lassen. Unsere Führer sind deshalb zu hohen Geld und Gefängnisstrafen verurteilt worden und unsere SU.-Männer in die Kerker gegangen. Haben wir damit nicht das Recht erworben, mit reinen Händen vor die Nation hinzutreten und zu erklären : Das System, das uns in dieſes furchtbare Verderben hinein. führte, muß verschwinden, und wir sind die einzigen, die einen Anspruch darauf erheben können, seine unselige Erbschaft anzutretena In jedem anderen Lande wäre das eine politische Selbstverständlichkeit. Virgendwo als nur in Deutschland könnte sich eine Regierung weiter im Ämte halten, die über ein Jahr lang das Volk mit Versprechen großfütterte, von ihm unerträgliche Opfer forderte und am Ende nicht einmal in der Lage war, dem uns unterjochenden Ausland einen Begriff von der deutschen Volksnot zu machen, geschweige ihr im Lande mit allen Mitteln entgegenzutreten. Vun rächt es sich bitter, daß man seit einem Jahr keine andere Aufgabe bei uns zu haben schien, als die nationale Opposition zurückzudrängen und ihr jede Möglichkeit zu nehmen, im Volk jene Welle der nationalen Empörung hochzupeitschen, die nun einmal vonnöten ist, wenn das Ausland auf die warnende Stimme Deutschlands hören soll. So wie man glaubte, uns daheim verschleißen zu können, so verschleißt nun die Welt das ganze deutsche Volk. Man glaubt Deutschland nichts mehr. Man schaut draußen nur mit Verachtung auf dieses lamentierende Parteipack, das vor zwei Jahren noch heilige Schwüre tat, daß der Roungplan eine Erleichterung bedeute und heute winselnd vor die Feindbund, staaten hintritt und um Gnade bettelt. Briand hat in der französischen Kammer mit Emphaſe erklärt, Frankreich betrachte den Roung-Plan als eine endgültige Abmachung, er sei noch ganz neu, und soviel er sich er. innere, habe die deutsche Regierung selbst seine Annahme befürwortet. Das ist ein Sohn, wie er blutiger gar nicht gedacht werden kann. Man muß heute schon auf die Feinde Deutschlands hören, um jene Stimme mitleidloser Kritik zu vernehmen, die bei uns verboten ist. Reine Partei wagt es, vor ihren betrogenen Wählermaſſen das Tributdokument der Notverordnung zu verteidigen. Sie beugen sich feige dem Proteststurm, der, ohne daß er organisiert worden wäre, im Volk auf, gestanden ist. Die Gazetten wimmern, man müsse die Notverordnung ändern. So, wie sie sei, erscheine sie nicht tragbar. Aber sie alle wiſſen, daß diese otverordnung erforderlich ist, wenn man das unerträgliche Young-Diktat erfüllen will. Und sie wollen Roung erfüllen, weil sie Roung unterschrieben und befürwortet haben und allmählich auch zu der überzeugung kommen, daß ihr verächtliches Mehrheitssystem nur mit der weiteren Tributsklaverei des deutschen Volkes zu erhalten ist. Die Regierung befindet sich offenbar über die Stimmung des deutschen Volkes in einem verhängnisvollen Jrrtum. Niemals begegnete ein Regi 164

ment bei den breiten Maſſen ſo zornigem Mißtrauen, wie das am Ruder befindliche. Ob der Mehrheitsklüngel es diesmal versteht, eine Zusammen. berufung des Reichstags zu verhindern, ist dabei vollkommen belanglos. Das Volk hat zu diesem Parlament, das in ferien geht, um dem Rabi. nett die Möglichkeit zu geben, auf außerparlamentarischem Wege drakonische Knebelungsgesetze zu erlassen, den legten Rest von Vertrauen verloren. Mitten im Sommer steigt in den breiten Maſſen eine Empörung auf, von deren Ausmaßen selbst wir uns im Augenblick noch keine Vor stellung machen können. Es geht in Deutschland um das Letzte. Es gibt keine Versöhnung zwi. schen Tribut und Freiheit. Wir fordern dringlicher und trogiger denn je, daß das Kabinett Brüning von seinem Platz verschwindet und den Weg frei macht für eine nationalbewußte deutsche Befreiungspolitik. Jeder Tag, den wir warten, ist verloren, nicht so sehr für uns, wie für das System selbst. Es wird früher oder später zur Entscheidung kommen. In welchen Formen aber die Auseinandersetzung zwischen Tribut und Freiheit einmal stattfinden wird, das hängt von der Spanne Zeit ab, die die Regierung glaubt, sich der Zwangsläufigkeit der nun einsetzenden politischen Entwicklung entgegenstemmen zu können.

Mord! Mord!

14. Juni 1931 Die Kette der bolschewistischen Bluttaten ist noch immer nicht abgerissen. Tag für Tag wissen die Zeitungen von neuen überfällen zu berichten, bei denen es Leicht- und Schwerverletzte und manchmal und oft auch Tote gegeben hat. Die öffentlichkeit nimmt das mit Schweigen zur Kenntnis. Man hat sich bereits daran gewöhnt. Man findet das selbstverständlich, daß die Kommunistische Partei ihre Knüppelgarden auf den erwachenden deutschen Nationalsozialismus hegt, daß Abend für Abend auf den Straßen und in den Gassen der Großstädte deutsches Bruderblut fließt und junge Männer ihre Hingabe an die Tation mit ihrem Leben bezahlen. Ein gerüttelt Maß von Schuld an diesem unerträglichen Zustande hat zweifellos die jüdiſche Journaille. Sie ist durch den Vormarsch des Nationalsozialismus arg in die Enge getrieben worden und sucht sich nun dafür auf ihre Weise zu rächen. Sie hat die Führer und Anhänger unserer Partei seit Jahren als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt, als Abhub und Auswurf der menschlichen Gesellschaft, als notorische Heger und Ketzer, mit denen man nicht viel Federlesens machen dürfe. Bei jeder paſſenden und unpaſſenden Gelegenheit appellierte sie an die Staatsgewalt, man müsse dem nationalsozialistischen Verbrechertum mit den Mitteln der Mächt ein Ende setzen. So, wie es bisher gegangen sei, könne es nicht weitergehen. Kann es einen da wundern, wenn irgendein blutrünstiges Individuum, von der kommunistischen Agitation verhetzt und bis zur Siedehige auf gepeitscht, sich nicht dazu berechtigt, sondern geradezu verpflichtet fühlt, irgendeinen dieser nationalsozialistischen Rowdies" niederzuknallen. Ist die Behandlung, die man dem Nationalsozialismus in der von Juden dirigierten öffentlichen Meinung zuteil werden läßt, nicht geradezu ein Freibrief für Überfall und Mord, und sind die Strafen, die der kommu

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wenn nistischen Bluttscheka und ihren gewissenlosen Hintermännern einmal ein überfall aufgedeckt wird auferlegt werden, so, daß der einzelne sich dadurch abgeschreckt fühlter Nationalsozialiſtiſche SA.-Männer haben das Gebot ihrer Parteiführung ſtriktest befolgt. Sie tragen keine Waffen. Das weiß der kommunistische Mörder so gut wie die jüdische Presse. Sein Opfer ist wehrlos, und deshalb darf er ungestraft und gefahr. los darüber herfallen. Am vergangenen Sonntag wurden in Chemnitz zwei nationalsozialistische Parteiangehörige aus feigem Hinterhalt niedergeschossen. Der eine starb sofort, der andere nach wenigen Stunden qualvollen Leidens. Dieſelbe jüdiſche Preſſe, die aus der Niederschießung eines kommunistischen Hezzers in Hamburg eine Haupt- und Staatsaktion machte, hat es nicht einmal für nötig befunden, von dieser Tatsache überhaupt Notiz zu nehmen. Sie ging darüber mit Stillschweigen hinweg. Und nun bedenke man folgendes : In Chemnitz marschieren am legten Sonntag über zwanzigtausend SA.-Männer auf. Sie alle wissen, daß in der vergangenen Nacht zwei ihrer Kameraden von Bubenhand ermordet worden sind. Das kommunistische Unterweltgesindel steht an den Straßen in Klumpen und überschüttet die marschierenden Kolonnen mit Hohn und Haß. Aber nicht eine Hand erhebt sich, um diesen dreisten Provokationsversuchen die gebührende Antwort zu geben. Dieſelbe Partei, die dieſes Höchstmaß an verbissener Disziplin aufbringt, wird von der Journaille als die Partei der Mörder und Banditen bezeichnet. Man stelle sich den Fall umgekehrt vor. Die Kommunistische Partei demonstrierte in einer Stadt mit Zwanzigtauſend, ſie hätte in der Nacht vorher durch uns zwei Tote verloren und würde obendrein noch am andern Tage von kleinen Gruppen provoziert und angeflegelt, — keine Phantasie reicht aus, ſich auszumalen, was dann geschähe, und welch ein Lamento daraufhin in der jüdiſchen Preſſe angestimmt würde! Vor uns liegt ein Flugblatt, das die KPD. in Berlin auf den Straßen verteilen läßt. Die überschrift dieſes Flugblattes lautet „Heran an den Feind". Dieses Flugblatt ist eine einzige freche Aufforderung zum Mord. „Macht Schluß damit, der Feind muß verfolgt werden, wo er steht und geht. Jede Rückſicht, die ihr gegen ihn gelten laßt, rächt sich. Hier einige Namen und Lokale des Sturms 15 der Nazis (es folgen dort die genauen Anschriften der Sturmlokale, der Sturmführer und einer Reihe von SA.. Männern aus dem Berliner Zentrum) . Alſo, Genossen, nicht verzagt. Heran an den Feind! Räuchert sie aus, bekämpft sie mit den Mitteln, die der Staat in ihren Händen durch seine Urteile gutheißt! Nur durch wehrhaften Kampf kann der Faschismus vernichtet werden!" Für Redaktion, Druck und Verlag zeichnet verantwortlich ein Indivi, duum mit Namen Fritz Schulz, wohnhaft Berlin-Wuhlheide, Breitestr. 3 . Wir haben bisher nichts davon gehört, daß man dieses Subjekt hinter Schloß und Riegel ſetzte. Die öffentlichkeit wartet gespannt darauf, was der Herr Polizeipräsident Grzesinſki, der ja mit der Durchführung der Notverordnung für den Bereich der Reichshauptstadt betraut ist, gegen diese infame mordhege zu tun gedenkt. Es vergeht kein Tag, an dem die bolschewistischen Tschekakolonnen in Berlin nicht nationale Deutsche über. fallen, sie schwer verlegen oder gar töten. Die Parteien ſchweigen zu dieſem schamlosen Tun. Die Journaille ist vollauf damit beschäftigt, ational.

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sozialisten anzuprangern, wenn sie sich gegen den organisierten Mord und die Bedrohung ihres nackten Lebens zur Wehr setzen. Wir fordern noch einmal mit aller Dringlichkeit, daß nun endlich von den Behörden der Bluthege des Kommunismus ein Ende gesetzt wird. So kann es nicht weitergehen. Es sammelt sich in den an Leben und Gesundheit bedrohten deutschen Volksgenossen ein Unmaß von Wut und Empö rung an. Es kann einmal der Augenblick kommen, wo eine gewaltsame Entladung auch gegen den Willen der Führer stattfindet. Die Behörden, die bis heute schweigend und tatenlos dem schleichenden Bürgerkrieg in Deutschland zugeschaut haben, sammeln glühende Kohlen auf ihrem Haupt. Wir werden es niemals zulaſſen, daß der organisierte Mord am nationalen Deutschtum im Zeichen der herrschenden Zustände offen legalisiert wird. Wir fordern, daß die nationale und bürgerliche Presse Stellung nimmt. Wir fordern Maßnahmen einschneidendster Art von den Behörden. Wir fordern schärfstes Vorgehen gegen die infamen Blutheter, die Mord über Mord auf ihr Gewissen laden. Geschieht nichts, dann wissen wir, was wir zu denken haben. Wir werden dann nicht müde werden, die wahren Schuldigen an diesem Verbrechen der öffentlichkeit zu zeigen.

Drohen gilt nicht! 17. Juni 1931 Die politische Lage ist über Nacht in eine Kriſe hineingeraten, die, wie es scheint, kaum noch mit den bisher üblichen Mitteln gelöst werden kann . Die neue otverordnung des Herrn Brüning hat in weitesten Volks kreisen Entsetzen und Entrüsten ausgelöst. Eine Welle der Empörung geht durch die breiten Massen des deutschen Volkes. Und die parlamentarischen Tributparteien können sich diesem spontan entstandenen Ausbruch nicht mehr widerſegen. Allgemach sieht es jetzt auch der legte Mann im Volke ein, daß von den Tributen unser gesamtes nationales Schicksal und das Dasein jedes einzelnen abhängt. Und daß, wenn die Tributfrage keiner befriedigenden Lösung zugeführt wird, von einer Entspannung der so außerordentlich kritischen deutschen Lage nun und in Zukunft nicht mehr die Rede sein kann. Die Mehrheitsparteien machen erst gar nicht den Versuch, sich gegen diese explosive Massenstimmung zu verteidigen . Im Gegenteil: Wenn sie es könnten, sie würden blitzschnell in die gegenteilige Meinung hineinspringen und heute das verbrennen, was sie gestern noch angebetet haben. Aber die Zeit der Lügen und Täuschungen ist vorbei. Durch das vor zwei Jahren durchgeführte Volksbegehren gegen den Roungplan ſind die Parteien und ihre führenden Männer absolut und eindeutig festgelegt, und es gibt für sie nun kein Entrinnen mehr aus dem drohend näher kommenden Verhängnis. Herr Dr. Brüning setzt seine ganze Hoffnung darauf, daß der Reichs. tag bis Mitte Oktober vertagt ist und deshalb keine Möglichkeit hat, zu dem in der dritten Votverordnung verankerten neuesten Attentat auf das Leben und die Geſundheit des deutschen Volkes Stellung zu nehmen. Stürmischer und stürmischer aber fordern die breiten Maſſen, daß der

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Reichstag seine Rechte wahren und Herrn Brünings drakonische Hunger. verordnung zu Fall bringen solle. Und damit ist über Nacht die Frage der Reichstagseinberufung zu einer Kabinettsfrage ersten Ranges gewor den. Herr Dr. Brüning hat sich eiligst auf die Reise nach leudeck begeben, um dem Reichspräsidenten über die Unterhaltung in Chequers und die danach entstandene politische Lage Bericht zu erstatten. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß er mit weitgehenden Vollmachten nach Berlin zurückgekehrt ist. Die Deutsche Volkspartei, die sich noch am Tage vorher für die Einberufung des Reichstags stark gemacht hatte, ist nun plötzlich wieder ganz klein und schüchtern geworden. Das tapfere Männerherz ist ihr in die Hosen gesunken. Herr Dr. Brüning droht mit der Auflösung des Reichstags und auszuschreibenden leuwahlen. Und da liegt nun der Angelpunkt der Entwicklung, die die innerpoli. tische Lage in den nächsten Tagen nehmen wird. Hinter der Volkspartei verbergen sich allem Anschein nach Schwerindustrielle und börsenmäßig orientierte Kreise der deutschen Wirtschaft. Und der Männerstolz vor Königsthronen, der hier, wenn auch nur für ein paar Stunden, zum Vorschein kam, ist gewiß nicht auf das Konto des Herrn Dingeldey zu schrei, ben. Er glaubt zu schieben, und er wird geschoben. Und der Reichskanzler braucht ihm nur die berühmte rote Mappe unter die Waſe zu halten, um ihn augenblicks wieder vernünftig zu machen. Das ist es, was sie alle wie den wahrhaftigen Gottseibeiuns fürchten : Das Parlament könnte aufgelöst werden und das Volk damit Gelegenheit bekommen, seine Wut und ſeine Empörung durchaus legal und verfaſfungsmäßig mit dem Stimmzettel zum Ausdruck zu bringen. Die Deutsche Volkspartei ist sich darüber klar, daß sie nur in Atomen wiederkehren würde. Aber das ist nicht das Ausschlaggebende. Nicht nur die Volkspartei würde zertrümmert, sondern die gesamte Brüning -Roalition durch Neuwahlen ein jähes und unrühmliches politisches Ende finden. Denn jene Mehrheit, die sich heute noch anmaßt, über Deutschland die Peitsche der Tributknechtschaft zu schwingen, besitzt dazu keineswegs mehr ein Mandat vom deutschen Volk. Das deutsche Volk hat seine Meinung seit dem 14. September 1930 gründlich geändert. Und wenn damals sechseinhalb Millionen für uns votierten, so vermögen heute nicht einmal die optimistischsten Schätzungen abzumessen, wie massiv der Nationalsozialismus seitdem in die Massen des deutschen Volkes eingebrochen ist. Die Tributparteien leben nur noch und ausschließlich davon, daß sie sich jeden poli. tischen Einflusses begeben und lediglich aus der Angst vor uns ihre Handlungen bestimmen. Herr Brüning ist ihre Stüge und ihr verzweifelter Salt. „Die legte Barrikade gegen den Vationalsozialismus." fällt er, dann fällt mit ihm das System, und der Weg ist frei für eine generelle Umstellung der deutschen Politik sowohl in innenpolitiſcher als auch in außenpolitischer Hinsicht. Es kommen in den letzten Tagen des öfteren Fragesteller zu uns, die wissen wollen, ob die nationalsozialistische Bewegung geneigt wäre, Herrn Brüning zu tolerieren, wenn er sich bereit fände, das Justiz- und Wirtschaftsministerium mit rechtsgerichteten Politikern zu besetzen . Eine naive Zumutung und ein Beweis dafür, wie wenig man uns auf der Gegen . seite kennt. Man glaubt doch nicht, daß wir, vor dem Triumph stehend, uns selbst um die Palme des Sieges bringen würden. Wir gehören nicht zu jenen Leuten, die die Frucht zum Reifen bringen wollen dadurch, daß

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sie eine Lampe darunter halten. Sie reift von selbst und durch Gottes Segen, und wird uns eines Tages, ohne daß wir etwas dazu zu tun brauchen, in den Schoß fallen . Wenn Herr Brüning mit dem Gedanken spielt, durch die Proklamation einer Einheitsfront aller Gutgesinnten noch einmal seine verzweifelte Lage zu retten, so haben wir auf diesen Versuch nur ein kaltes und höhnisches Schweigen zur Antwort. Diese Einheitsfronten kennen wir. Es sind in Wirklichkeit Einheiz- Fronten und nur dazu ausgehect, ein schon kaltgewordenes politisches System ein letztes Mal zu galvanisieren und in ein trügerisches Scheinleben hineinzutauchen . Drohungen ziehen bei uns nicht. Man soll den Reichstag auflösen, man soll ihn weiter bestehen lassen. Man soll ihn einberufen, man soll ihn abberufen. Das alles sind Mittel, die nur über das Tempo, aber nicht über die Tatsache des Zusammenbruchs des parlamentarischen Tributsystems entscheiden. Es handelt sich höchstenfalls nur noch um Monate, daß die Roalition Brüning wie ein Kartenhaus zuſammenfällt. Und dahinter stehen wir, um die Macht zu übernehmen und jene starke Politik ein. zuleiten, die das deutsche Volk mit fug und Recht von uns fordert.

Appell an die Maſſen

20. Juni 1931 Die nationalsozialiſtiſche Bewegung hat sich wie im Reich, so auch in Berlin aus den kleinsten Anfängen heraus organisch entwickelt. Ihr Be gründer und Führer war, als er in die Politik eintrat, keineswegs ab. gestempelt. Er kam als unbekannter Gefreiter aus den Schützengräben des Weltkrieges, und die Not der Zeit trieb ihn zwangsläufig in die Politik hinein. Bei der Gründung der NSDUP. ſtanden weder ein klingender Name noch Geld und Ansehen Pate. Allein die geniale schöpferische Kraft Adolf Hitlers erhob dieſe Bewegung aus dem Nichts zu ihrer heutigen Machtstellung. Es war eine der entscheidendsten Überlegungen der nationalsozialiſtiſchen Propaganda, den Aufstieg der Bewegung in bestimmte, auch für den kleinen Mann erkennbare Etappen zu zerlegen und damit den Maſſen unmittelbar erreichbare Ziele aufzustellen. Diese Methode ist auch in unserem Kampf um die Reichshauptstadt angewandt worden; und wir können heute mit Befriedigung feststellen, daß sie nicht ohne Erfolg geblieben ist. Was uns vor fünf Jahren noch phantaſtiſch und vermessen vorkam, das ist für uns heute längst zur Trivialität geworden. Und was wir heute vielleicht für ein kühnes und verwegenes Ziel halten, das wird morgen für uns selbstverständlich sein. Die alte Garde der Berliner Bewegung wird sich noch gerne und mit Wehmut der Zeit erinnern, da es ein Wagnis bedeutete, das Bäckerdugend unserer Anhängerschaft in einem mittleren Saal zusammenzurufen. Und niemand kann sich heute die Freude vorstellen, die uns bewegte, wenn es uns gelang, einen solchen Saal zu füllen oder gar zu überfüllen. Wenn man bedenkt, daß die Partei nach halbjähriger Arbeit im Mai 1927 auf ein ganzes Jahr verboten wurde und somit jede Möglichkeit des öffent lichen Wirkens unterbunden war, dann empfindet man es als geradezu

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unverständlich und wunderbar, daß sie es troßdem im Mai 1928 fertig brachte, 40 000 Stimmen auf ihren Namen zu vereinigen. Es war im September desselben Jahres, als wir zum ersten Male den Entschluß faßten, unsere parteimäßigen Schranken zu sprengen und in einer Massendemonstration ganz großen Stils an die Berliner Bevölkerung heranzutreten. Unsere Herzen haben damals gezittert bei der bangen Frage, ob wir es fertigbringen würden, mit unſeren Anhängermaſſen den Sportpalast zu füllen, und unbeschreiblich war die Genugtuung und Freude, die wir empfanden, als der große Wurf gelang. Heute ist uns das alles selbstverständlich geworden. Wir meinen, das müßte so sein. Die Partei füllt ohne Mühe Monat für Monat, ſelbſt in der heißen Sommerzeit zwei bis dreimal den Sportpalast. Und die anderen Parteien, die bis zu unserem Auftreten in Schlaf versunken waren, fühlen sich bemüßigt, ein Gleiches nachzuahmen, ohne uns auch nur im entferntesten beiholen zu können. un sollte der Augenblick kommen, wo die ISDAP. in Berlin zu einer neuen Maſſenaktion aufrief. Der Sportpalast hat ſich im Laufe von zwei, drei Jahren als viel zu klein erwiesen, unsere Anhängerscharen zu fassen. Und die dort abgehaltenen Demonstrationen spiegeln nur ganz unvollkom men jene Summe von Kraft wider, die wir in der Reichshauptstadt besitzen. Die Parole für heute nachmittag hieß: Stadion! Das Stadion hat ein Fassungsvermögen von über 70 000 Menschen. Die Vorbereitungen zu dieser Massendemonstration wurden vor ungefähr vier Wochen aufgenom men, und mitten in der Arbeit traf uns das zweiwöchige Verbot des Angriffs". Es war eine Verwegenheit, trogdem auf dem einmal gefaßten Plan zu verharren. Und die bisher schon festgestellten Erfolge haben uns trotzdem Recht gegeben. Es wäre eine Kundgebung von gewaltigem, in Berlin noch nie erlebtem Ausmaße geworden. un hat man sie uns verboten. Wir wissen, warum man sie verbot, mag der Polizeipräsident ſeine Begründung noch so schön verbrämen. Aber wir beißen die Zähne zusammen. Denn wir wissen: Groß war der Weg, den wir bisher zurücklegten. Und größer noch wird der Endsieg sein, der uns trotz alledem und alledem doch nicht zu nehmen ist!

Patrioten

2. Juli 1931 „Noch ist das deutsche Volk keine ation geworden. Der Geist der Habsucht und des schmutzigen Vorteils lebt immer noch. Intereſſenhaufen, auf eigene oder Standesvorteile bedacht, verstoßen auch heute gegen den wahren Geist der Selbstverwaltung, der ohne Selbstverpflichtung und Selbstverantwortung nicht denkbar ist." Jun habt keine Angst, daß der „Angriff" ob dieſer blutigen Kritik der gegenwärtigen Zustände wieder verboten wird. Denn nicht einer von uns, sondern der preußische Innenminister Severing hat dieses große Wort gelassen ausgesprochen. Und zwar bei der Feier der hundertsten Wiederkehr des Todestages des Freiherrn vom Stein in Frankfurt in der Paulskirche. Woraus schon zu entnehmen ist, daß keinerlei Möglichkeit besteht, 170

gegen uns irgendeinen Paragraphen des Republikschutzgesetzes oder der Notverordnung in Bewegung zu setzen. Man muß sich heute geradezu auf ſozialdemokratische Kronzeugen berufen, um etwas Wahres und Treffsicheres über die politische Gegenwart zu sagen. Herr Severing beweist viel Mut, wenn er so mit tadelnden Worten über seine eigene Partei und ihre Funktionäre das Urteil ausspricht . . . Die augenblickliche Situation ist ungefähr folgende: Man verbietet den nationalsozialistischen Volksverhetzern" das freie Wort und macht sich selbst zum Sprachrohr des öffentlichen Unwillens, um sich vor den Massen ein einwandfreies Alibi zu verschaffen. Die Sozialdemokratie hat seit je nach diesem Rezept gearbeitet. Bei allen Regierungskoalitionen im Reich wie in Preußen war sie seit 1918 maßgeblich beteiligt. Sie ist also in vollem Umfange für das, was sich in diesem Zeitraum in Deutschland abgespielt hat, mit und hauptverantwortlich. Wenn ihre hohen Funktionäre also die Zeit kritisieren, dann kritisieren sie damit ihre eigene Partei, und wenn sie über die herrschenden Zustände ein vernichtendes Urteil abgeben, so treffen ſie die Sozialdemokratie mitten ins Herz hinein. Es ist gewiß richtig, daß das deutsche Volk noch keine Nation geworden ist. Schuld daran aber trägt vor allem und in der Hauptsache die Sozialdemokratische Partei, die durch Duldung und Subvention landesverräterischer Umtriebe den deutschen Namen befleckt und die deutsche Ehre besudelt hat. Es ist dieselbe Sozialdemokratische Partei, die durch hem. mungslose Ausnutzung sozialer Hotstände zwischen den Klassen in Deutschland eine Mauer aufgerichtet hat und damit verhinderte, daß in der schlimmsten Votzeit aus den Interessenhaufen ein Volk und aus dem Volk eine ation wurde. Der Geist der Habsucht, des schmutzigen Vorteils lebt nicht nur immer noch, sondern er ist seit der glorreichen Novemberrevolte geradezu dick gemästet worden. Und die das taten, waren in der Hauptsache Sozialdemo kraten. Sie haben die Habſucht nach Poſten und Pfründen, nach Macht und Einfluß geradezu zur Dominante der Parteipolitik gemacht. Und der schmutzige Vorteil konnte von den Barmats und Sklarz und Kutisker nur deshalb in so empörender Weise auf Kosten des deutschen Volkes gewahrt und gesichert werden, weil hohe sozialdemokratische Parteifunktionäre ihnen dabei für Gulden und Dollars und wohlassortierte Sektgelage hilf. reich zur Seite standen. Die Sozialdemokratische Partei mußte zu ihrem tiefen Schmerz erleben, daß das deutsche Volk sich in den letzten zwei Jahren ohne sie und gegen sie wieder auf seinen nationalen Stolz befann. Der Internationalismus, feit 60 Jahren von dieſer Organiſation der Landesverräter gepredigt und gefordert, ist stark lädiert und deshalb bei den Massen unpopulär gewor den. Bis tief in die Reihen der sozialdemokratischen Arbeiter ist man der Meinung, daß alles das, was man uns auf Grund der internationalen Verständigung seit 1918 vorgaukelte und versprach, nur Phrase und Lüge gewesen ist, und daß deshalb der Zeitpunkt gekommen erscheint, an dem das deutsche Volk durch Einsatz seiner Kraft sich wieder die ihm gebührende Stellung in der Welt erobern muß. Wir haben dieſen Standpunkt von allem Anfang an vertreten. Wir haben die nationale Selbstbesinnung in Deutschland mobilisiert und orga nisiert. Uns verbietet man heute den Mund; und nun erscheint die Sozialdemokratie auf dem Plan, um zu ernten, was wir gesät haben. 171

Wie man ja überhaupt und überall mit Erstaunen feststellt, daß das gegenwärtige System nur noch von unseren Ideen lebt. Die jüdischen Gazetten schreien, die Tributfrage muß revidiert werden. Wer hat damit angefangen? Wir! Die Mehrheitsparteien sind der Meinung, daß die von Frankreich gegen uns geführte Europa-Koalition gebrochen werden muß. Wer hat das zuerst gesagt: Wir! Herr Dr. Brüning läßt amtlich erklären, daß er die Absicht habe, in Rom einen Besuch zu machen. Wer hat den Weg dahin gewiesen? Wir! Aber man soll nicht glauben, daß nun mit der Proklamation neuer poli tischer Ideen aus den alten auch neue Menschen geworden wären. Man soll nicht annehmen, daß sie die Absicht hätten, die neuen, auf unsere:n Boden gewachsenen Ideen nun auch tatsächlich zur Durchführung zu bringen. Sie denken gar nicht daran. Selbst wenn sie es könnten - und das müssen wir mit aller Entschiedenheit verneinen —, sie wollen es nicht. Sie stellen sich nur klug auf die augenblickliche Zeitströmung ein. Sie wissen, daß das Volk durch uns für die Gedankengänge geworben und erwärmt worden ist. Und während sie nach der einen Seite den Anschein zu erwecken versuchen, als wollten sie unsere Parolen in die Tat umsetzen, Enebeln und fesseln sie auf der anderen Seite durch drakonische Gesetzgebung die Väter dieser Parolen, um mit ihnen auch die Parolen selbst aus dem öffentlichen Leben zum Verschwinden zu bringen. Wir kennen die Patrioten von heute, die gestern noch die Internationale fangen und hinter der roten Fahne marschierten. Wir kennen die PanzerFreuzer-Sozialisten, die plötzlich für Wehrhaftigkeit schwärmen, nachdem die nationalsozialistische Opposition ihre eigenen Anhängermassen dafür gewonnen und begeistert hat. Sie wollen uns den Wind aus den Segeln nehmen. Sie gleiten unter unserer Flagge in das Meer der Öffentlichkeit hinein. Sie wollen den Patrioten ſpielen, weil das modern ist und dem Zug der Zeit entspricht. Aber wir werden nicht müde werden, sie dem Volk in ihrer wahren Gestalt zu zeigen. Wir wollen ihnen die falschen Masken abnehmen und Schminke und Puder herunterkragen. So, wie sie anfingen, so sollen sie auch einmal aufhören. Und das Volk soll dann über sie sein Urteil aussprechen.

Der schleichende Bürgerkrieg

4. Juli 1931 An jedem Morgen melden die Zeitungen, daß irgendwo in dunkler Nacht in der verschwiegenen Einsamkeit einer menschenleeren Straße oder Gaſſe ein junger nationaler Deutscher totgeschossen oder totgestochen worden ist. Der Leser nimmt diese Meldungen mit einer gewissen Gleichgültigkeit zur Kenntnis. Er hat sich bereits daran gewöhnt und meint, das müßte so sein. Die öffentlichkeit hat sich mit diesem Zustande abgefunden und bringt es nur, wenn gleich ein halbes Dutzend Leichen das Pflaster der Straße bedecken, zu einem lahmen und lauen Protest. Die roten Mordbanditen, von einer feigen und hinterhältigen kommunistischen Preſſe aufgehegt und angestachelt, wissen sich im Schutz der Journaille abſolut ſicher und ungefährdet. So ein finsteres Subjekt, das da abends loszieht, 172

um Faschisten zu killen“, fühlt sich zu seiner Untat nicht nur berechtigt, ſondern geradezu verpflichtet angesichts des Umstandes, daß wir Nationalsozialisten von der öffentlichen Meinung als Staatsbürger zweiter Klaſſe, als Abhub und Abschaum der Menschheit behandelt werden. Meistens findet die Polizei den Täter gar nicht. Und wo einmal einer aufgegriffen wird, da ſtellt sich gleich eine edle proletarische Kumpanei zur Zeugenschaft zur Verfügung und lügt den bedrohten Genossen mit aller Hinterhältig. keit lang erprobter jüdischer Erziehung heraus. Im ungünstigsten Falle gibt es ein paar Monate wegen verbotenen Waffenbesiges oder Landesfriedensbruchs, die dann meistens auf Bewährungsfrist erlaſſen werden. Das nationalbewußte Deutschland ist heute sozusagen vogelfrei. Man knallt es nieder, wo es sich zu zeigen wagt. Man hat ihm die Waffen und überhaupt die Möglichkeit zur Selbstwehr genommen; und die Polizei erweist sich als vollkommen machtlos, ihm den verfaſſungsmäßig verbürg, ten Schutz seines Lebens zu gewährleisten. Das sind die unmittelbaren und durch die Tatsachen hundertfach erhär, teten folgen jener Notverordnung, von der man behauptete, sie solle die schamlose Gottlosenpropaganda eindämmen und in Deutschland den inneren Frieden wiederherstellen . Dadurch, daß man die Handhabung dieser otverordnung in die Hände der fast ausschließlich marristisch beeinflußten Länderregierungen hineinlegte, ist ein Messen mit zweierlei Maß eingerissen, das auf die Dauer für jeden aufrechten Deutschen unerträglich wirken muß. Der nationale Staatsbürger fühlt sich jeden Schutzes und jeder Sicherheit bar. Er sieht sich wehrlos dem Mordwüten der roten Tscheka ausgeliefert, und seine Proteste gegen dieſen Zustand verhallen wirkungslos in der Öffentlichkeit. Es kann nicht im Willen des Reichspräsidenten gelegen sein, daß ſich in den Straßen der Großstädte der rote mob hemmungslos gegen das deutsche Deutschland austobt, und daß dem bedrohten nationalen Teile des deutſchen Volkes jeder Schutz und jede Wehr versagt bleibt. Denn das, was wir heute in Deutschland erleben, ist nicht mehr die Vorbereitung zum Bürgerkrieg selbst. Ein schleichendes, hinterhältiges Blutvergießen und Morden, das um so furchtbarer und aufreizender wirkt, als anscheinend kein verantwortlicher Mann sich über seine Tragweite im klaren ist. Die jüdiſche Journaille hat die öffentliche Meinung in Deutschland so vergiftet und so vernebelt, daß sie zu einer gerechten und objektiven Beurteilung dieser Sachlage überhaupt nicht mehr fähig ist. Protestieren unsere Zeitungen gegen die bürgerliche Indolenz und machen den Organen des Staates zum Vorwurf, daß ihr Schug für das waffenund wehrlose deutsche Deutschland vollkommen versagt, dann laufen sie Gefahr, verboten zu werden. Kann man sich ein groteskeres Satyrspiel vorstellen, als das vom Berliner Polizeipräsidenten rings um die kommunistische Spartakiade aufgeführter man verbietet dieses rote Bürgerkriegstreffen , um zugleich eine Handhabe zum Verbot des Volkssportfestes der NISDUP . zu haben. Man hebt dieses Verbot unter nichtigen Begründungen nach Verhin derung des nationalsozialiſtiſchen Volkssportfestes wieder auf, und die kommunistischen Bürgerkriegssoldaten müſſen erst einen braven Schupomann feige niederstrecken, ehe das Berliner Polizeipräsidium und das Preußische Innenministerium dem Druck der öffentlichen Meinung nach geben und zum zweiten Male das Verbot aussprechen.

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Wo hat man es je erlebt, daß die preußischen Behörden so vorsichtig und glimpflich mit nationalsozialistischen Parteiorganen umgingen? Mit uns pflegt man Fraktur zu reden und kurzen Prozeß zu machen. Wenn wir uns um des lieben Friedens willen sogar dazu herbeilaſſen, mit dem Alexanderplatz zu verhandeln, dann zeigt man uns die kalte Schulter oder ist unsichtbar. Wo die Spartakiade bedroht war, da waren die kommuni stischen Mordgeneräle täglich Gast im Berliner Polizeipräsidium, und Herr Severing fand milde Worte des Verstehens, um der öffentlichkeit klarzumachen, warum er sich am Ende doch entschlossen habe, die rote Spartakiade als harmloses Kindertreffen gelten zu lassen. un hat die Kommunistische Partei ihm die Quittung überreicht. Und eine blutige Ironie will es, daß jener Polizeiwachtmeister, der das erste Opfer der von Herrn Severing wieder erlaubten Spartakiáde wurde, eingeschriebenes Mitglied der Sozialdemokratischen Partei war. Es ist uns leider versagt, an all diesen unverständlichen und wirren Vorgängen den Maßstab mitleids- und erbarmungsloser Kritik anzulegen. Wir können sie nur in all ihrer Widersinnigkeit nebeneinander stellen, meinen jedoch, daß jeder unvoreingenommene und objektiv denkende Mensch sich selbst seinen Rommentar dazu bilden kann. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, das die preußischen Behörden mit dem Kommunismus treiben. Sollten die Kommunisten auch nur einen Teil ihrer Ziele erreichen, so wird die Sozialdemokratie das erste Opfer ihrer Politik sein. Der schleichende Bürgerkrieg, der heute in lacht und Dunkel durch die deutschen Großstädte geht, ist das Ergebnis einer sträflichen Lässigkeit, mit der die Mehrheitsparteien dem verbrecherischen Treiben der von Moskau bezahlten Mörderorganiſation zuſchauen. Der Marxismus kann nicht als politische Idee gewertet werden. Man muß sich mit ihm prinzipiell auseinandersetzen. Entweder wird er in Deutschland restlos aus. gerottet und vernichtet, oder aber der schleichende Bürgerkrieg wird bei uns zu einer feststehenden Tatsache. Und es kann dann nicht lange mehr dauern, bis dann aus ihm jene gewaltsame klassenmäßige Auseinandersegung hervorbrechen muß, die Deutschland endgültig im roten Chaos versinken läßt.

Der Zweimonatsplan

8. Juli 1931 Es ist heute erst möglich, die ersten vorläufigen Ergebnisse des in Berlin durchgeführten Zweimonatsplanes der NSDAP. der Öffentlichkeit zu unterbreiten. Wir haben am 1. Mai d. J. damit begonnen, unsere Partei. arbeit in der Reichshauptstadt mit allen Mitteln der öffentlichen Propa ganda und der Kleinarbeit von Mann zu Mann zu intenſivieren mit dem Ziel, bis Anfang Juli die Mitgliederzahl des Gaues Berlin zu verdoppeln. Es wurde zu diesem Zweck ein großangelegter Aktionsplan entworfen und die gesamte Partei, Bezirks- und Sektionsführer, SA. und 4 in diese Arbeit mit eingespannt. Große Massendemonstrationen zeichneten den äuße ren Weg unserer Arbeit. In unserem Volkssportfest im Stadion sollte sie ihre letzte grandiose Krönung finden. Wir konnten nicht alles, was wir planten, zur Durchführung bringen.

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Und zwar lag das nicht in unserer Schuld, sondern Schuld daran tragen die Polizei und Verwaltungsbehörden, die nicht müde wurden, uns in dernisse zu bereiten und Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Während der achtwöchigen Aktionszeit wurde der „ Angriff" auf zwei Wochen verboten und damit die bis ins einzelne ausgearbeitete Presse. kampagne für die fruchtbarste Zeit unterbunden. Und was uns noch schwerer treffen sollte: unser Stadion- Volkssportfest fiel im letzten Augenblick durch eine Verordnung des Polizeipräſidiums ins Wasser. Trotzdem können wir heute mit Befriedigung feststellen, daß das gesteckte Ziel zwar im Augenblick noch nicht ganz erreicht ist, daß man aber mit gutem Grund der Erwartung Ausdruck geben darf, daß die noch ausstehenden endgültigen Meldungen uns nahe oder vielleicht bis ganz daran bringen werden. Der heutige Stand des Zweimonatsplanes lautet 83 Prozent, d. h. die Mitgliederzahl des Gaues Berlin ist seit April um 83 Prozent vermehrt und vielleicht jetzt schon beinahe verdoppelt. Das ist ein Ergebnis, das vollauf unseren Hoffnungen und Erwartungen entspricht. Die Bezirke und Sektionen, die SA. und SS., die Frauenarbeitsgemeinschaft haben tapfer ihre Pflicht getan. Und jeder Parteigenosse kann heute mit Beruhigung und Zufriedenheit feststellen, daß die Arbeit nicht umsonst gewesen ist. Zwar sind einige Sektionen hinter dem Durchschnittsprozentsatz zurück. geblieben. Demgegenüber aber steht die erfreuliche Tatsache, daß eine ganze Reihe von anderen Sektionen das Ziel nicht nur erreicht, sondern weit überholt hat. Die Sektion Königsheide beispielsweise hat sich in zwei Monaten um 165 Prozent, die Sektion Mommsen um 150 Prozent, die Sektion Spandau-Wilhelmſtadt um 122 Prozent, die Sektion Hohen. zollernplatz um 114 Prozent, die Sektion Mariendorf um 110 Prozent, die Sektion Lichterfelde-Lankwitz um 103 Prozent, und die Sektion Rei nickendorf-West um 100 Prozent vermehrt. Wie man aus dieser Zusammenstellung schon ohne weiteres ersehen kann, sind die glücklichen Renner auf proletarische und bürgerliche Stadtbezirke verteilt. Es lag meistens an der Gunst der Verhältnisse und an der Betriebsamkeit der Sektionsführung und der Parteigenossenschaft, ob der Endspurt günstig verlief. Und das erfreuliche Ergebnis der aufgestellten Berechnungen ist die Tatsache, daß der rein proletarische Zugang zur Partei fast überall überwiegt. Damit hat der Gau Berlin bewiesen, daß es ihm im Verfolg des Zweimonatsplanes gelungen ist, einen bemerkens. werten Einbruch in die rote Arbeiterfront vorzunehmen und damit der eigentlichen Aufgabe der Partei vollauf gerecht zu werden. Die nationalsozialistische Bewegung in Berlin ist damit mit einem Schlage sprungartig in die Höhe geschnellt. Tausende und aber Tausende von Volksgenossen haben den Weg zu uns auch rein organiſatoriſch gefunden, und es ist nun die Aufgabe aller verantwortlichen Parteiinstanzen, den Versuch zu machen, diese neugewonnenen Mitglieder auch ganz und gar in die Partei hineinzuschmelzen. Nicht jeder, der zu uns kommt, ist damit ein in der Wolle gefärbter Nationalsozialiſt. Er muß eine lange Erziehungsarbeit in der Partei selbst mit durchmachen, um in unsere Reihen seelisch und geistig eingegliedert zu werden. Es war nicht Zweck und Ziel unserer Zweimonatsaktion, nur neue Mitglieder zu werben, sondern vielmehr aus denjenigen, die zu uns kamen, vollwertige Nationalsozialisten zu machen. Es wird im kommenden Herbst kaum möglich sein, sich viel mit der 175

Parteiorganiſation an sich zu beschäftigen. Die krisenhaft ſich zuſpigende politische Lage wird uns nach Ablauf des Sommers mehr denn je zwingen, nach außen zu schlagen und in großen politischen Demonstrationen die Sympathien und die leidenschaftlich bewegte Gefolgschaft der Millionen. massen zu erwerben. Es steht uns noch eine kurze Zeitspanne von etwa ein bis zwei Monaten zur Verfügung, bis der große Kampf beginnt. Und keiner von uns zweifelt daran, daß dieser Kampf uns keine Ruhepauſe mehr gönnen und nicht eher enden wird, bis die ISDAP. auch praktisch im Reich und in Preußen die Macht übernimmt. Diese Zeit gilt es auszunutzen. Es muß sozusagen in der Partei Hausput gehalten werden. Wo in der Organiſation noch brüchige Stellen vorhanden sind, da soll man sie beseitigen. Wo ein Parteigenosse noch nicht vollkom men in der Partei aufgegangen ist, da ſoll er dazu erzogen oder, wenn ſich das als unmöglich erweist, wieder von uns abgestoßen werden. Damit ist die Linie unserer Arbeit bis zum September vorläufig vorgezeichnet. Wir lagen zwei Monate lang an der front des politischen Kampfes und haben viel neues Gelände erobert. Jegt gilt es, die genom menen Stellungen auszubauen, damit wir bei beginnendem Herbst kühn und mutig vorwärtsmarschieren können. Im zweimonatsplan haben die Berliner Parteigenossen bewiesen, daß sie gute und erfolgreiche Propagandisten sind. Während des Juli und August müssen sie nun beweisen, daß sie auch organisieren können. Gelingt es uns , aus diesen Zehntausenden von eingeschriebenen Mitgliedern des Gaues Berlin eine feste und geschlossene Einheit zu formen, die im poli. tischen Kampf eingesetzt werden kann, dann braucht uns um den Erfolg der kommenden Herbst- und Winterarbeit nicht bange zu sein. Dann werden wir auch die letzten feindlichen Stellungen erobern und über der Reichshauptstadt die Hakenkreuzfahne hochziehen.

Der preußische Volksentscheid 13. Juli 193) Der Herr Dr. h. c. Carl Severing, der favorisierte Innenminister der Sozialdemokratie, hat bei allem politischen Unglück, das ihn und seine Partei in der letzten Zeit betrifft, am Ende doch noch Glück. Als er im Jahre 1929 als Reichsinnenminister das Volksbegehren gegen Roung zu überwachen und zurückzuweisen hatte, da ergaben freundliche Umstände die Möglichkeit, den Volksentscheid selbst auf den Sonntag vor Weihnachten zu legen und ihm damit überhaupt und ganz und gar die Giftzähne auszubrechen. Diesmal hatte er als preußischer Innenminister das Volks. begehren auf Auflösung des Preußischen Landtages zu verarzten, und die selben freundlichen Umstände gestatten ihm nun, den Volksentſcheid auf einen Augustſonntag, alſo mitten in die Ferienzeit hineinzulegen ; und damit hofft man offenbar das, was der preußischen Mehrheitskoalition an schlagkräftigen politischen Argumenten gegen die nationale Oppoſition fehlt, durch einen gut gewählten Termin zu ersetzen. Es liegt uns nichts ferner, als dem preußischen Innenminiſter, Herrn Dr. h. c. Carl Severing, vorzuwerfen, er wähle mit Bewußtsein und über. legung für Volksbekundungen, die sich am Ende schärfstens gegen ihn und

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seine eigene Partei richten, Termine, die weniger diesen als der Sozial. demokratie zuträglich sind. Wir haben es unter dem Druck des Republik. schutzgesetzes und der otverordnungen längst aufgegeben, von einem Minister, sei er nun im Amt oder außer Amtes oder bereits in ein besseres Jenseits abberufen, irgend etwas Böses zu denken und zu argwöhnen. Im Gegenteil! Wir freuen uns mit Herrn Severing, daß die freundlichen Umstände ihm und ſeiner Partei zu Hilfe kommen in einer Situation, die für die Sozialdemokratie in der Tat wenig angenehm und verlockend ist. Die Erfinder der Demokratie sind bekanntlich nicht auf unserer Seite, sondern im Lager der parlamentarischen Parteien zu suchen. Die demokratische Staatsauffassung läßt nur eine einzige Machtbildung zu : durch den Willen des Volkes, zum Ausdruck gebracht mit dem Stimmzettel. Des Volkes Wille ist oberstes Gesetz! Dieser Satz ist nicht auf unſerem Boden, ſondern auf dem Mistbeet der Mehrheitsparteien gewachſen. Ergötzlich, zu beobachten, wie diese Mehrheitsparteien rot vor Wut anlaufen, wenn wir uns untertänigst erlauben, diesen Satz aufzugreifen und uns zu eigen zu machen; denn ſo, Bauer, war das nicht gemeint. Der Wille des Volkes sollte offenbar nur solange oberstes Gesetz sein, als er mit dem Willen der Scheidemann und Criſpien und Wels und Landsberg übereinstimmte; und wo der Pöbel " Anstalten macht, eine andere Meinung zu haben, da ist es plöglich mit der Demokratie aus, und aus den demokratischen Aposteln der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit werden mit einem Schlage machttriefende Usurpatoren, die sich den Teufel darum scheren, was das Volk will. Wie wir uns einen rechten Demokraten vorstellen, so müßte er sich schämen, eine Position weiter zu halten, von der er weiß, daß das Volk ſie ihm nicht mehr gönnt. Sobald er davon überzeugt ist, daß die Mehrheitsverhältnisse im Lande anders geworden sind als zu der Zeit, da er in Amt und Würde hineingehoben wurde, müßte er schnurstracks und schweigend von seinem Sessel weichen und ihn widerspruchslos dem überlaſſen, auf dessen Seite das Volk steht. In Preußen hat man bisher nicht viel davon gemerkt. Es amtiert dort immer noch ein Landtag, der so überaltert und vergreist ist, daß er in keiner Beziehung mehr den heute bestehenden Machtverhältnissen im Volk entspricht. Das ist nicht nur unsere Privatmeinung, die aus irgendeiner Stimmung hergeleitet wird, das haben die Reichstagswahlen am 14. Sep. tember 1930 in aller Klarheit und Schärfe bewiesen. Es wird wohl niemand ſo naiv sein, zu behaupten, die an diesem Tage dokumentierte Willens. kundgebung des deutschen Volkes habe sich seitdem wieder rückläufig_entwickelt, ſondern jedermann weiß im Gegenteil, daß der Zug der Oppoſition vom September 1930 bis heute nur noch verstärkt worden und gewach sen ist. Es scheint, das hat sich bis zum Preußenkabinett noch nicht herum. gesprochen; oder aber, wenn doch, dürfen wir wohl in aller Ehrerbietung der Meinung Ausdruck geben, daß die Mehrheitskoalition des Preußischen Landtags alles andere als demokratisch ist, daß sie sich an einem Volks, urteil, von dem sie weiß, daß es in schroffster Weise gegen sie ausfallen wird, mit allen Mitteln der papierenen Geschäftsordnung vorbeizudrücken versucht. Wären wir Demokraten wir sind es Gott sei Dank nicht und werden es aller Voraussicht nach niemals werden - wir würden uns genieren, 12 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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mit Kniffen und Tücken eine Machtposition weiter zu verteidigen, in der das Volk uns nicht mehr dulden will. Wir würden freundlich lächelnd den Hut lüften und uns frei nach August von Sachsen mit dem Spruch empfehlen: „Macht euren Dreck alleene!" Wir hätten schon den Mut, wieder in die Opposition zu gehen und unseren politischen Gegnern Ge legenheit zu geben, einmal zu beweisen, daß sie es besser können. Von solcher Verwegenheit sind die Mehrheitsapostel in Preußen aller. dings nicht besessen. Sie kleben an den Parlamentspolstern, halten die Stellung und sind froh, wenn die freundlichen Umstände ihnen noch eine Gnadenfrist gewähren. Was denken sie sich eigentlich dabei, wenn sie jetzt noch einmal ver suchen, durch geschickte Festsetzung des Volksentscheidstermins dem Ur. teil der Maſſen zu entgehen. Glauben sie etwa, das würde dem Volk im. ponieren? Und wenn sie bei Beginn des nächsten Jahres nach einem harten, hungrigen und arbeitslosen Winter zur verfassungsmäßig vor. geschriebenen Wahl schreiten, würde der Wähler milder gestimmt sein? Sie irren damit sehr. Sie werden dann, wie seit 1918 so oft, rauh und mitleidslos aus ihren trügerischen Illuſionen herausgeriffen werden. Trotz der Ferien werden wir zum Volksentscheid die letzte Kraft einsetzen. Gelingt es, ihn zum Erfolg zu führen, dann ist es gut. Gelingt es nicht, dann ist es auch gut. Es wird dann im kommenden Frühjahr so. wieso und vielleicht in ganz anderer Weise aufgewaschen und abgerech net, als das in diesem Herbst möglich wäre. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben; und es wird den Tributparteien bestimmt nichts geschenkt. Der Volksentscheid wird die endgültige Abrechnung - oder deren Auftakt bringen !

Was nun ? 29. Juli 1931 Die Londoner Ronferenz ist ausgelaufen wie das Hornberger Schießen. Die daran geknüpften Hoffnungen und Erwartungen haben sich in keiner Weise erfüllt. Die deutsche Regierung hatte die Absicht, durch eine offene Aussprache in Paris die Atmosphäre zwischen den beiden Ländern zu be reinigen und dann den Verſuch zu machen, mit den versammelten Mächten in London zu endgültigen Beschlüssen über die Behebung der deutschen Finanzkrise zu kommen. Die in der deutschen Wirtschaft kurzfristig ange. legten Gelder der französischen, englischen und amerikanischen Banken ſollten in einen langfristigen Kredit umgewandelt werden und dieser Kredit dazu dienen, das arg in die Klemme geratene System der Erfül lung in Deutschland ein letztes Mal in form zu bringen. Man hatte den löblichen Plan gefaßt, mit geliehenem Geld einen als unmöglich und unerträglich empfundenen Zustand noch für eine kurze Weile aufrechtzuerhalten und in dieser Galgenfrist die nationale Opposition mit drakonischen Fesselungsmaßnahmen ſo an die Wand zu quetschen, daß sie bei den zuFünftigen großen politischen Entscheidungen ihr Gewicht nicht mehr in die Waagschale werfen könnte.

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Dieser Plan ist durch die Halsstarrigkeit der franzöſiſchen Diplomatie auf der ganzen Linie mißlungen. Brüning und Curtius wurden in London mit Hoffnungen und Versprechungen vertröstet und mußten, ohne ein greifbares Ergebnis mitzunehmen, die Rückreise nach Berlin antreten. Sie fanden die Verhältnisse in Deutſchland, die schon vor ihrer Abfahrt sich katastrophal zugespigt hatten, keineswegs geändert oder gar gebeſſert vor. Zwar hatten rigorose Motverordnungseingriffe vorerst den unmittelbaren Ausbruch der Krise hintangehalten; aber hinter dem künstlichen Gestell der übereilt herausgegebenen Zwangserlasse stand drohend und verhäng. nisvoll die Katastrophe, die, aus zwangsläufigen Entwicklungen hervor. brechend, in zwangsläufigen Erscheinungen näher rückte. Das Ausland ist anscheinend über den wahren Zustand des deutschen Volkes und die daraus resultierenden umstürzenden Möglichkeiten gar nicht im Bilde. Wenn man in London die Gewährung eines langfristigen Kredites an Deutschland auf die griechischen Kalender vertagte und meinte, bis zum Herbst habe es noch gute Weile, ſo iſt das ein Spiel mit dem Feuer, das zu äußerst unangenehmen folgeerscheinungen führen kann. Denn im Hintergrunde der wachsenden deutschen Vlot steht unheildrohend der Bolschewismus, genährt von Moskau und rücksichtslos vorwärtsgetrieben von einer Kamarilla ſtaats- und land- und volksfremder Heger. Die bürgerlichen Parteien werden im entscheidenden Moment nicht die Rraft aufbringen, sich dieser hochsteigenden Welle entgegenzuwerfen. Und ist in der kritischen Situation kein Verlaß mehr auf den Damm des Nationalsozialismus, dann beginnt in Deutschland alles zu wanken, und das Schicksal Europas ist damit besiegelt. Das sehen nun allmählich auch die vernünftigen Politiker in den Mittelparteien ein. Der Ruf nach einer starken nationalen Regierung wird im Lande lauter und lauter. Und soweit er nicht in den Parteien selbst erschallt, wird er um so fordernder und drängender in ihren Anhängermas. sen zum Erklingen gebracht. Das System der hemmungslosen Erfüllung ist im Lande diskreditiert; es hält sich augenblicklich nur noch mit künstlichen Geschäftsordnungspraktiken, die mit dem Geist der Weimarer Verfaſſung nichts mehr gemein haben. Die Kommunistische Partei hat anscheinend auf Druck ihrer Gefolg. schaft beschlossen, am preußischen Volksentscheid teilzunehmen und ihre Anhänger aufzufordern, sich mit voller Kraft für diese Aktion einzusetzen. Damit gewinnt der Kampf gegen die augenblickliche Preußenkoalition erhöhte politische Bedeutung. Wenn es bisher noch zweifelhaft oder doch mindestens fraglich erschien, ob die nationale Opposition allein die Kraft aufbringen werde, die zur Auflösung des preußischen Landtags nötige Stimmenzahl aufzubringen, so erscheint das jetzt, da die Kommunistische Partei zu der großen Oppositionsfront hinzugestoßen ist, durchaus möglich, ja, wahrscheinlich. Es nutzt den gewerbsmäßigen Lügnern der demokratischen und sozialdemokratischen Journaille nichts, wenn sie nunmehr von einer nationaliſtiſch-kommunistischen Verbrüderung" faseln, um dem Bürger damit Gruseln zu machen. Das Ziel, das die nationale Opposition sich mit Volksbegehren und Volksentscheid gesteckt hat, bleibt dasselbe, und den verzweifelten Wählermassen ist es angesichts der großen Vot, in der das deutsche Volk sich augenblicklich befindet, vollends gleichgültig, mit welchen Mitteln und welchen Bundesgenossen dieses Ziel erreicht wird. Es ist seit langem unſere unumſtößliche Überzeugung, daß die Wieder-

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aufrichtung eines nationalen Staatsgefüges in Deutschland und die grundsägliche Umkehr von einer als undurchführbar erkannten zu einer organischen, zur Befreiung der Vlation hinzielenden Politik von Preußen ausgehen wird. Preußen ist das Herz Deutschlands. In Preußen liegen auch heute noch in der Hauptsache die politischen Kräfte ver. ankert, von denen aus die Wiedergeſundung des deutschen Volkes eingeleitet werden muß. Damit ist fürs erste der Weg gewiesen. Die Krise, die vor einigen Wo chen zum Ausbruch zu kommen drohte, bleibt vorläufig latent. Der nächste Entscheidungspunkt liegt beim 9. August. Gelingt es den Kräften der Opposition, das preußische System zum Sturz zu bringen und die Voraussetzungen dazu sind absolut vorhan den - dann gerät das politische Leben wieder in Bewegung. Dann ist die Versteifung der augenblicklichen Situation überwunden . Dann ist die erste Stellung des Gegners genommen, und es wird von da ab in einem unaufhaltsamen Siegesmarsch weitergehen bis zum Ziel!

Preußisches Volk, entſcheide! 31. Juli 1931 Um 9. November 1918 hat die Sozialdemokratische Partei durch eine feige Geldrevolte die Macht an sich gerissen. Sie brachte das kaiserliche System mit Gewalt zum Sturz und errichtete auf den Trümmern des Reiches ihre Parteiherrschaft. Die breiten Massen des arbeitenden Vol. kes leisteten dem Marrismus bei dieſem ſträflichen und landesverräterischen Tun Gefolgschaft, weil sie annahmen, es würde damit ein für allemal in Deutschland dem politischen Gesinnungszwang, der Entrechtung des Volkes und der Ausbeutung der Arbeit ein Ende gemacht. Die Sozialdemokratische Partei entblödete sich nicht, zur Durchführung ihrer gewiſſenlosen Ziele und Zwecke dem Volk ein Leben in Schönheit und Würde zu versprechen. Sie versicherte feierlich, daß die sozialen Errungenschaften das eherne fundament des neuen Zustandes darstellen soll. ten, daß es in Zukunft keine Korruption mehr geben werde und daß der Arbeiter in den ungeschmälerten Genuß des Ertrages seines Fleißes komme. Diese Phrasen und schönen Worte sind bis heute leere Versprechungen geblieben. Statt Arbeit gab das marxistische Parteisystem uns furchtbare Erwerbslosigkeit, statt Brot Steine und statt Meinungsfreiheit politischen Gewissenszwang. Virgendwo in der ganzen Welt werden die Rechte des Arbeitertums so mit Füßen getreten wie unter den Roten, und die Not des Volkes schreit zum Himmel. An diesem furchtbaren Verhängnis trägt die Sozialdemokratie die Hauptschuld. Sie hat den augenblicklichen jammervollen Zustand durch ihre arbeiter und landesverräterische Politik eingeleitet, und sie hält ihn weiterhin mit Liſt und tückischer Niedertracht aufrecht. Das deutsche Volk ist unter den furchtbaren Schlägen dieſer Politik zusammengebrochen. Es hat den Mut und den Glauben an seine Zukunft verloren. Mit grenzenloser Gleichgültigkeit nehmen die arbeitenden Maſſen die Lasten, die das internationale Weltkapital ihnen aufbürdet, 180

auf sich, und es macht den Anschein, als gäbe es für uns alle kein Ent. rinnen mehr aus der drohenden Katastrophe. Schon wimmern die parlamentarischen Tributparteien, an ihrer Spitze die Sozialdemokratie, ſie trügen keine Schuld an dieſem schrecklichen Elend. So, wie es gekommen sei, hätten sie es nicht gewollt. Sie hätten immer und allüberall den guten Willen gehabt, und wenn die Entwicklung doch anders gegangen sei, als das in ihrem Bestreben lag, ſo ſeien „die Verhältnisse“ eben stärker gewesen als die Menschen. Das ist kein stichhaltiger Gegenbeweis gegen unsere von staatspoli tischer Verantwortung getragene oppositionelle Kritik. Es kommt in der Politik nicht darauf an, was man will, sondern nur darauf, was man erreicht. Und selbst wenn wir uns dazu herbeilassen, den Tributparteien den guten Willen zuzubilligen, der Erfolg ihrer Politik tut doch mit aller Deutlichkeit dar, daß es ihnen an der Fähigkeit gemangelt hat, der Dinge Herr zu werden und dem deutschen Volk auch nur sein nacktes Leben zu gewährleisten. Gerade in diesen Wochen, da eine Finanz- und Wirtschaftskrise von nie gesehenem Ausmaß das deutsche Volksleben erschüttert und geradezu den Bestand der Nation bedroht, muß auch der blindgläubigste Verfechter der seit 1918 in Deutschland betriebenen Politik zugeben, daß die Ideale, die das deutsche Volk seitdem anbetete, trügerisch gewesen sind und daß ſie nicht nur keine seiner Hoffnungen erfüllten, sondern im Gegenteil im ganzen Volk lot, Hunger und Jammer verbreiteten. Das Volk beginnt das auch allmählich einzusehen. Die Massen sind hellhörig geworden, und ohne daß sie sich im einzelnen darüber klar zu werden vermöchten, machen sie aus einem dunklen und durchaus richtigen Instinkt heraus die parlamentarischen Mehrheitsparteien für unser gan zes nationales und soziales Unglück verantwortlich. Vor allem die Sozialdemokratische Partei ist´ tief gesunken im Ansehen der arbeitenden Maſſen. Sie hat mit den Interessen des Prole. tariats Schindluder getrieben, hat unter gleisnerischen Vorspiegelungen die Ehre der Nation verkauft und ist nun eben damit beschäftigt, den letzten Rest unserer Lebensrechte auf dem internationalen Kapitalmarkt zu verhökern. Dem muß nun mit aller Deutlichkeit ein Halt geboten werden. Es muß den verräterischen Mehrheitsparteien klargemacht werden, daß ſie ſich am Ende dem schaffenden Volk gegenüber nicht alles leisten dürfen, und daß es auch unter dem Zwang drakonischer Knebelungsgesetze noch Mittel und Wege gibt, der Katastrophe, die durch den parlamentarischen Mehrheitswahnsinn herbeigeführt worden ist, einen Damm entgegenzubauen. Zwar ist die Sozialdemokratie im Reich formal ihrer Einflußmöglichkeit auf die große Politik beraubt. Hinter den Kulissen aber treibt sie ihr aberwitziges und gemeines Spiel weiter, und dadurch, daß sie in Preußen das Heft in der Hand behält, ſteht ihr jederzeit der Weg offen, ihre unheilvollen Tendenzen in der Gesamtpolitik der Vation weiterzu verfolgen. Es gibt keine Errettung aus Volksnot und sozialem Unfrieden vor der Vernichtung dieser Partei. Sie muß mit Schimpf und Schande aus der Macht herausgejagt und das ihren unfähigen Händen entwundene Staatssteuer in die Hände von starken Männern aus der nationalen Opposition gelegt werden.

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Erst wenn dieser grundsätzliche Wandel in der preußischen Politik durchgeführt ist, kann er auch im Reich in Angriff genommen werden. Eine Reorganisation des ganzen Staatsgefüges erscheint nur möglich nach einer radikalen Umbildung der preußischen Regierung im Anschluß an eine Veufindung des Mehrheitswillens des preußischen Volkes. Von Preußen aus wird der Neubau des Reiches begonnen werden. Heute schon haben sich die Dinge so weit geändert, daß kein Zweifel mehr darüber bestehen kann : bei einer Neuwahl in Preußen wird die jetzige Koalition durch ein vernichtendes Volksurteil in die Minderheit versett und verfaſſungsmäßig der Weg für eine andere Ördnung ge. bahnt. Dazu gibt der am 9. August vor sich gehende Volksentscheid das Mittel in die Hand. Hier ist den Wählermassen die Möglichkeit gegeben, dem bisher betriebenen Kurs der preußischen und Reichspolitik ein jähes Ende zu setzen und das Einfallstor zur Macht für die nationalsozialistische Bewegung aufzuschlagen. Wieder einmal ist damit Preußen und sein Volk vor eine große historische Entscheidung gestellt. Voch niemals hat dieses Land versagt, wenn es um das Letzte ging. Auch diesmal kann es das gesteckte Ziel erreichen, wenn es sich mit preußischer Kraft und Zähigkeit dafür einsetzt. Darum geht unser Appell an den ungebrochenen Geist des preußischen Volkes. Unendliches an Schmach und Demütigung, an Not und Elend haben wir in den vergangenen dreizehn Jahren zu erdulden gehabt. Es ist die Frage, ob es so weiter gehen soll, oder ob eine letzte Chance" uns den Mut zu einem letzten Entschluß gibt. Preußisches Volk, entscheide!

Verfassungskrise 3. August 193) Als im Frühjahr 1930 das damalige Kabinett Müller gestürzt wurde und aus dem geheimnisvollen Dunkel der parlamentarischen Ruliſſen Herr Dr. Brüning an das Licht der öffentlichkeit trat, war sich jeder Kenner der innerpolitischen Verhältnisse in Deutschland darüber im klaren, daß damit mindestens in der Taktik und Methode ein neuer Kurs Plag greifen würde. Man wußte ſeit langem, daß Herr Dr. Brüning der beste Finanzkenner der Mittelparteien war, und daß er als solcher, fußend auf der übermächtigen Schlüſſelstellung des Zentrums, auch ohne Namen und Rang schon einen bedeutenden Einfluß auf die Geschicke des Reiches ausübte. Fun war für ihn der Augenblick gekommen, aus der Anonymität hervorzusteigen und eine Macht auch tatsächlich zu bekleiden, die er seit langem bereits ausübte. Es war von vornherein klar, daß die Politik, die Brüning betreiben wollte und mußte, auf die Dauer von einer parlamentarischen Mehrheit nicht gedeckt werden konnte. Das jedoch hinderte Brüning nicht daran, diese Politik zur Durchführung zu bringen , und wie wenig er geneigt war, sich nach den ausgetretenen Methoden der parlamentarischen Demokratie zu richten, konnte man schon daraus ersehen, daß er Herrn Treviranus mit in ſein Rabinett übernahm, der sich auch vor der Wahl vom

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14. September 1930 keiner in Betracht kommenden parlamentarischen Gefolgschaft erfreute. Die Auflösung des alten Reichstags war ein letzter Versuch Brünings, sich einer parlamentarisch festen Mehrheit zu versichern . Als dieser Ver such fehlgeschlagen war, gab es keine andere Möglichkeit mehr, als nunmehr das Druckmittel des § 48 rücksichtslos zur Anwendung zu bringen und die renitenten Reichstagsparteien durch Drohung mit dem Nationalsozialismus zur Raison zu bringen. Der Ausgang der Wahlen selbst gab Brüning dazu keinerlei politische Berechtigung. Die SPD. war auf der ganzen Linie geschlagen. Die Roa lition, auf die Brüning ſich ſtügen mußte, war in die Minderheit verſegt, und die nationale Opposition, gegen die der Wahlkampf im eigentlichen Sinn durchgefochten wurde, blieb als Sieger auf der Wahlstatt zurück. Vlach normalem parlamentarischem Brauch gab es gar keinen anderen Ausweg, als die Führer der nationalen Oppoſition mit der Übernahme der Reichsgeschäfte zu betrauen und ihnen den Auftrag zu geben, eine arbeitsfähige Regierung zusammenzustellen. Der Reichskanzler Brüning erklärte einige Tage nach der Wahl, die Regierung werde im Amt bleiben, um den bisher gesteuerten Kurs der deutschen Politik weiter fortzuführen. Damit war das Rabinett in die Notwendigkeit versetzt, ſich in weitestem Maße der verängstigten Sozialdemokratie zu bedienen und, wo ihm ihre Gefolgschaft nicht freiwillig ge leistet wurde, sie unter Inanspruchnahme des Diktaturparagraphen vor fertige Tatsachen zu stellen. Man hat sich durch die übermäßige Anwendung des § 48 an diesen Zustand so weit schon gewöhnt, daß es geradezu als abwegig und absurd empfunden wird, die Berechtigung dieser Anwendung nach verfaſſungs. mäßigen Gesichtspunkten überhaupt noch zu untersuchen. Die Weimarer Verfassung schreibt bekanntlich vor, daß der § 48 nur bei einer unmittel baren Bedrohung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit für die politiſche Praris in Frage kommt. Es muß also ein lotzustand vorliegen, der allein und ausschließlich durch den § 48 behoben werden kann . Ein solcher Vlotzustand bestand aber damals noch nicht, sondern trat erst durch die Ausschließung der nationalen Oppoſition von der Übernahme der Regierung ein. In Sachsen regiert ein Geschäftskabinett, das vom Landtag des öfteren schon in die Minderheit versetzt wurde, aber seit Jahr und Tag weiter im Amt bleibt. Der Bayerische Landtag ist nach einem Wahlgesetz zustande gekommen, das nach Maßgabe eines staatsgerichtlichen Urteils der Verfas sung widerspricht. In Preußen regiert eine parlamentarische Mehrheitsfoalition, die auf Grund des Wahlergebnisses vom 14. September 1930 in der absoluten Minderheit ist. Im Reich also und in den drei größten Ländern wird Politik gemacht ohne Rücksichtnahme auf das geheiligte Recht der Demokratie, das in der Weimarer Verfassung verankert ist. Es wäre den Oppositionsparteien ein leichtes, mit aller Deutlichkeit zu erklären, daß ſie dieſe Politik für unzulässig halten und sich an die von ihren Exponenten eingegangenen internationalen Verpflichtungen in keiner Weise gebunden fühlen. Ist es noch erlaubt, in aller Ehrfurcht darauf hinzuweisen, daß durch folche Praktiken die Demokratie außer Kurs gesetzt und die Verfassung durchlöchert ist? Wir befinden uns mitten in einer Verfaſſungskrise, die

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das gesamte Weimarer Syſtem zu erschüttern droht. Es liegt nicht an uns, wenn die Rechtssicherheit im Lande dadurch auf das bedenklichste in Ge fahr gerät. Die Konsequenzen, die sich aus einer solchen Praxis ergeben, sind im Augenblick noch ganz unübersehbar. Wenn macht vor Recht geht, dann gibt es für uns keine andere Mög lichkeit, als mit der Macht des Stimmzettels dieſem Zuſtand ein Ende zu bereiten. Eine erste Gelegenheit dazu ist den Wählermassen im preußischen Volksentscheid gegeben. Und damit ist die Tendenz dieser wahlpoli. tischen Aktion nicht nur nicht verfassungswidrig, sondern sie geht letzten Endes darauf hinaus, die Weimarer Verfassung gegen ihre eigenen Väter in Schutz zu nehmen und wiederherzustellen.

Stillhalte-Ronſortium

6. August 1931 Die katastrophale Zuspitzung der deutschen Krise hat sich in den letzten Wochen mit einer so jähen Vehemenz abgespielt, daß die einzelnen Phasen dieses Vorganges fast unbemerkt an den Augen der öffentlichkeit vorübergegangen sind. Mit dem Zusammenbruch der Danat-Bank fing es an. Und gleich darauf folgten in atemberaubendem Tempo jene furchtbaren Katastrophen-Erscheinungen , die wir alle mit schauderndem Herzen erlebt haben. Der Reichsbankpräsident unternahm seine ergebnislos verlaufene Reise zu den Zentralpunkten der europäischen Weltbörse. Die Regierung griff unterdes mit rigorosen Zwangsmaßnahmen ein, und dann reisten Dr. Brüning und Dr. Curtius, begleitet von den verzweifelten Hoffnungen eines vor dem Ruin stehenden Volkes, nach Paris und London, um wenigstens fürs erste den gewaltsamen Ausbruch des Chaos zu verhin dern. Das Ergebnis der in Paris, in London und späterhin in Berlin gepflogenen Ministerbesprechungen war magerer, als das selbst die Peſſi misten glauben wollten. Man hatte die Absicht, einen langfristigen Kredit in Höhe von zwei Milliarden gesichert unter Dach und Fach zu bringen, und erreichte schließlich und endlich nicht mehr, als daß Amerika und England ſich zum Stillhalten, das heißt, dazu verpflichteten, seitens ihrer Regierungen den privaten Banken den Rat zu geben, weiterhin keine Kredite mehr aus Deutschland herauszuziehen, da ſie davon überzeugt seien, daß die Katastrophe in Deutschland vermieden werden könnte. Frankreich hat sich bis auf den heutigen Tag geweigert, dieſem Stillhalte-Konsortium beizutreten. Auch abgesehen davon aber enthält dieser ganze Vorgang für Deutschland so viel Schmachvolles und Demütigendes, daß es sich verlohnt, einmal in aller kritischen Schärfe darauf hinzuweisen. Was heißt das : die internationalen Banken haben die Absicht, Deutschland gegenüber stillzuhalten? Das besagt nicht mehr und nicht weniger, als sie haben die Möglichkeit, Deutſchland in die Katastrophe zu treiben, und wenn sie es vorerst nicht tun, so liegt das nur an ihrer Gutmütig. keit und an der Furcht, daß sie von einer ausbrechenden deutschen Katastrophe mittelbar oder unmittelbar selbst mitbetroffen werden. Die 184

internationalen Banken gewähren Deutſchland eine Gnaden, und Galgen. frist. Das deutsche Schicksal ist in ihre Hand gelegt, und wenn sie den Vollzug einer furchtbaren und alles erschütternden Kriſe vorläufig noch hintanhalten, so nicht aus deutſchem, ſondern aus wohlverstandenem eige nem Interesse. Damit ist handgreiflich erwiesen, was wir seit Jahren als Rufer in der Wüste immer wieder behauptet haben: die hemmungs- und verantwortungslose deutsche Kreditpolitik hat die deutsche Wirtschaft zum Hörigen der Weltfinanz herabgewürdigt, das deutsche Produktionsleben ist augenblicklich schon so tief von geliehenen Geldern durchfreſſen, daß es zu einer organischen Lebensentfaltung gar nicht mehr fähig erſcheint. Damit ist das Schicksal des deutschen Volkes den gestaltenden Kräften der deutschen Innenpolitik vollends entzogen und in die Hand inter nationaler Finanzmächte gelegt. Halten sie still, dann leben wir. Halten ſie nicht still, dann ist der Zusammenbruch der deutschen Nation unvermeidlich geworden. Warum redet ihr noch von Staatsautorität, von Konsolidierung der Wirtschaft, von Wiederherstellung einer nationalen Autarkie: Die „Autorität", die in Deutschland ausgeübt werden kann, liegt in den Händen der Weltfinanz. Die Konsolidierung der Wirtſchaft ist abhängig von den Börsenplätzen des Feindbundes, die nationale Autarkie aber angesichts dieses Zustandes eine inhaltsloſe Phraſe. Darum mußtet ihr die geſchrie. benen und feierlich beschworenen Grundgesetze der Demokratie außer Kraft setzen ! Ein Sechzig-Millionen-Volk, das vor fünfzehn Jahren noch einer ganzen Welt trogend sein Lebensschicksal verteidigte, ist heute nur Spielball in den Händen der Weltgeldmächte. Wann halten sie still: Nur dann, wenn Deutſchland ihnen zu Willen ist. Eur dann, wenn wir auf jede äußerung unseres nationalen Lebenswillens Verzicht leisten. Nur dann, wenn die deutsche Nation sich mit dem uner. träglichen Zustand auf Grund des Verſailler Zwangsdiktates endgültig und widerspruchslos abfindet. Man foll uns nicht entgegenhalten, diese Entwicklung wäre zwangs, läufig, und es habe seit 1918 keine andere Möglichkeit gegeben, die ver zweifelte Lage des deutschen Volkes zu meistern. Das Gegenteil ist wahr. Wir haben in den dreizehn Jahren, die seit der unglückseligen Vovember. revolte hinter uns liegen, ein Leben geführt, das keineswegs unserer wahren Lage entsprach. Die Sozialdemokratie sah sich zu dieſer Politik gezwungen, da sie, um die Macht übernehmen zu können, dem Volk trog des verlorenen Krieges ein Leben in Schönheit und Würde versprochen hatte. Sie zehrte die letzten Reſte des deutſchen Besitzes auf, und nun stehen wir vor dem bitteren Ende. Die Milliardenkredite, die wir in der Vergangenheit aufnahmen, um die sogenannten sozialen Errungenschaften zu finanzieren, die Tribute zu bezahlen, ein Heer von Verwaltungs,künstlern" großzumästen und hochzufüttern, liegen nun als drückende Last auf den Schultern des deutschen Volkes. Und der Arbeitsmann, dem man unter gleisnerischen Phraſen den Beginn des Sozialismus versprach, muß die Zeche bezahlen. Jetzt betteln die Tributparteien beim Ausland, die Weltfinanz solle stillhalten, damit der deutsche Zusammenbruch vermieden werde. Und wieder einmal liegt nicht etwa die Errettung der Vation in ihrer Absicht, 185

sondern nur die weitere Aufrechterhaltung eines Kurses, der das deutsche Volk bis an den Rand des Abgrundes geführt hat. Dagegen gilt es aufzustehen. Dagegen muß jetzt Protest erhoben werden. Bis hierher und nicht weiter ! So schallt millionen- und millionenfach der Verzweiflungsschrei eines geknechteten und gedemütigten Volkes. Am 9. August ist Gelegenheit gegeben, dem Minderheitenregiment der parlamentarischen Tributparteien legal ein Ende zu machen. Wer diese Gelegenheit ungenutzt vorübergehen läßt, der hat in Zukunft kein Recht mehr, sich über den Zusammenbruch des deutschen Volkes zu beklagen. Das Schick ſal der Vlation ist wieder einmal in die Hand des preußischen Volkes gelegt. Wir sind der überzeugung, daß Preußen sich dieser historischen Mission würdig erweisen wird.

Preußen, an die front!

8. August 1931 Herr Dr. Brüning hat am Ende seiner Rundfunkrede am vergangenen Dienstagabend den historischen Ausspruch getan : „Mich werden sie nicht an der Wahlurne sehen!" Die sozialdemokratische und demokratische Presse ist darob in einen Taumel der Verzückung geraten. Man tut dort so, als sei damit das Schicksal des preußischen Volksentscheids endgültig verloren, als habe die nationale Oppoſition eine katastrophale Viederlage erlebt und die preußischen Mehrheitsparteien auf der ganzen Linie den Sieg davongetragen. Bei näherem Zusehen allerdings muß auch diese Illusion wie so manche schon, an die sich das Lager der Tributparteien in der jüngsten Vergangenheit anklammerte, in nichts zerstieben. Ist jemand da, der im Ernst angenommen hat, daß wir in den unverdienten Genuß der Ehre kommen würden, den Reichskanzler Brüning am Sonntag bei unſerem Volksentscheid, der sich ja bekanntlich auch in der Hauptsache gegen seine eigene Partei richtet, an der Wahlurne zu sehen? Mit nichten! Das hatte niemand von uns erwartet. Im Gegenteil ! Wir waren auch ohne dieſes lapidare Rundfunkbekenntnis der Meinung, daß der Herr Reichs. kanzler nicht zu denjenigen Menschen gehört, die aus Angst vor dem Tode Selbstmord begehen. Wir werden ihn nicht und wollen ihn auch nicht an der Wahlurne sehen. Wir danken ihm aufrichtig für seinen mannhaften Ausspruch, und wenn er erklärt: „Mich werden sie nicht sehen!", so geben wir ihm im Namen von Millionen und aber Millionen Preußen die Antwort: Aber uns! Uns wird man sehen ! Und zwar deshalb, weil für uns der preußische Volksentscheid in dieser historischen Situation eine überparteiliche natio nale Bedeutung hat, weil es sich bei ihm darum handelt, dem Tribut system durchaus legal und verfassungsmäßig den ersten vernichtenden Schlag zu versetzen. Wer sich noch nicht im klaren darüber ist, ob er morgen zur Wahlurne schreiten soll, um einen Zettel mit Ja abzugeben, der halte sich nur vor Augen, wer gegen den Volksentscheid ist und wer dafür, und es kann ihm dann nicht schwer fallen, zu einem eigenen, klaren Urteil zu kom men. Gegen den Volksentscheid ist die SPD. Aus verständlichen Gründen. Sie hat eine bebende Angst vor der kommenden Volksabrechnung und 186

sucht sie, solange das eben geht, hintanzuhalten. Das Schuldkonto dieser Verräterpartei ist ins Riesenhafte gestiegen. Sie hat die Arbeiterschaft belogen und das Volk betrogen, und nun dämmert vor ihr die dumpfe Ahnung auf, daß mit Beginn des Volksentſcheids ihrem schamloſen Will. kürregiment ein Ende gesetzt werden soll. Gegen den Volksentscheid ist das Zentrum. Es bangt um die bequemen Sessel und Pfründen, die es in den vergangenen dreizehn Jahren in seiner unsittlichen Bettgemeinschaft mit der gottesleugnerischen Sozialdemokratie in Preußen ergaunert hat. Gegen den Volksentscheid ist jene sagenhafte Staatspartei, die mit Recht fürchtet, daß bei einer kommenden euwahl in Preußen von ihr nur noch Atome übrigbleiben. Gegen den Volksentscheid ist die gesamte Journaille. Sie ahnt, daß, wenn der Volksentscheid durchgeht, in Preußen endgültig Schluß gemacht wird mit der frechen Verunglimpfung alles dessen, was noch deutsch denkt und fühlt und empfindet. Gegen den Volksentſcheid ist das Weltkapital, das um die Sicherheit seiner in Deutschland investierten Blutgelder zittert, und gegen den Volksentscheid ist das feindliche Ausland, das nicht mit Unrecht von der Furcht besessen ist, durch die ünderung des Systems in Preußen könne eine Wiedergeburt der gesamtdeutschen Nation eingeleitet werden. Wenn SPD. und Zentrum, Staatspartei und Journaille, Weltkapital und das feindliche Ausland dagegen sind, dann sind wir alle dafür. Alles, was diese geschworenen Feinde der deutschen Freiheit ablehnen, das bejahen und verteidigen wir mit Leidenschaft; denn wir haben erkannt, daß die Politik dieser Defaitisten Deutschland und unser Volk in grenzen. loses Unglück gestürzt hat. Wieder wurde in diesen Tagen eine schamlose und alles Maß überschreitende Hege gegen die front des Volksentscheids in der Tributpreſſe entfaltet. Man genierte sich nicht, ausgerechnet Frankreich als Kronzeugen dafür anzuführen, daß der preußische Volksentscheid die sogenannte ruhige und gesetzmäßige Entwicklung der deutschen Sanierung ſtöre und gefährde. Wir kennen das. Wir erinnern uns mit Ingrimm jener heißen Wochen, da die Prominenten dieses Systems am Rundfunk standen und für die Annahme des Young-Plans dem deutschen Volk Ankurbelung der Wirt schaft, Verminderung der Arbeitslosigkeit und Herabsetzung der Steuern versprachen. Wir haben das noch nicht vergessen, und wir wissen nun auch, wie tatsächlich die folgen des Roung-Planes aussehen. Deutschland ist zu einer Wüste gemacht, die Wirtschaft ein Trümmerfeld, die Arbeitslosigkeit wird in diesem Herbst die schwindelhafte Höhe von acht Millio. nen erklettern, und der Steuerdruck ist so unerträglich geworden, daß das arbeitende Volk nicht mehr aus noch ein weiß . Diesmal lassen wir uns nicht beirren. Diesmal wird eine feige und verlogene Presfehetze erfolglos bleiben. Diesmal steht für den preußischen Volksentscheid die gesamte nationale Opposition. Diesmal stehen für den Volksentscheid alle aufrechten Preußen, die von dem Willen beseelt sind, ihr ruhmbedecktes Preußen den Händen einer schwarz-roten Tributkamarilla zu entwinden und es wieder preußisch zu machen. Preußisch! Das heißt: Sauberkeit und Unbestechlichkeit im gesamten Staatswesen. Gerechtigkeit gegen hoch und niedrig. Treue und Pflicht. erfüllung. Unbefleckte Ehre und reine Fahne. Das heißt: eine starke Wehr und ein einiges Volk. Sozialer Friede, ein pflichtgetreues Beamtentum.

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Männer als Führer des Volkes. Ein königlicher Sozialismus. Eine Volks. schicksalsgemeinschaft in Freud und Leid. Dafür treten wir ein, wenn wir morgen unseren Stimmzettel mit Ja abgeben. Dafür setzt sich jeder aufrechte, vom preußischen Geist erfüllte Volksgenosse ein. Der preußische Gedanke ist nicht untergegangen. Zwar findet er bei den Mehrheitsparteien dieſes vergreisten Landtages keinen Schutz und Schirm mehr, aber er lebt in uns, in der aufmarschierenden Front der deutschen Volkserhebung. Sie sollen zittern vor der Abrechnung. Die Rache ist ein Gericht, das wird kalt genossen. Streng legal und höflich bis in die Haarspigen treten wir an zum Gericht. Das preußische Volk hat sein Schicksal in seiner Hand. Preußen an die front!

Die Bilanz 11. August 1931 Der vom Stahlhelm in die Wege geleitete Volksentscheid auf Auflöſung des Preußischen Landtags ist gescheitert. Es gelang den daran beteiligten Parteien und Verbänden nur, von den erforderlichen rund dreizehneinhalb Millionen Ja-Stimmen nicht ganz zehn Millionen aufzubringen. Das bedeutet für die Gesamtfront des Volksentscheids eine Wiederlage, und es wäre falsch und dumm, das verschweigen zu wollen . Die Nationalsozia listische Deutsche Arbeiter-Partei hat nicht die geringste Veranlaſſung, mit Worten etwas zu beschönigen, das nicht verkleistert werden kann und letzten Endes auch nicht verkleistert werden soll. Sie besigt gottlob jenes Reservoir an Kraft, mit dem man temporäre Schwächemomente über. winden und aus zeitweiligen Rückschlägen Siege machen kann. Wir geben unumwunden zu, daß die Hoffnungen, die im gesamt-nationalen, vor allem im bürgerlichen Lager, an den preußischen Volksentscheid geknüpft wur den, sich nicht erfüllt haben. Betrachtet man jedoch das Ergebnis dieses Wahlganges vom parteimäßigen Standpunkt der HISDAP. aus, so kommt man zu ganz anderen Resultaten. Es erweist sich als zweifellos, daß die nationalsozialiſtiſche Wählerschaft der Parole ihrer Parteileitung in weitestem Maß Folge geleistet hat. Man übertreibt nicht, wenn man erklärt, daß von den ab. gegebenen rund zehn Millionen Ja-Stimmen mindestens sieben Millionen auf unser Konto zu buchen sind. Dieses Ergebnis entspricht vollauf den Erwartungen, die wir Viationalsozialisten an den Volksentscheid geknüpft haben. Das also, was ſich für die Gesamtfront der angeschlossenen Parteien als iederlage darstellt, bedeutet für uns in der Tat einen Erfolg, der in jeder Beziehung unseren Hoffnungen gerecht wird. Es wäre jedoch falsch, wollten wir uns damit zufrieden geben. Jegt, wo der Volksentscheid durchgeführt ist und eine öffentliche Kritik an dieser Aktion nicht mehr mit dem Makel der nationalen Disziplinlosigkeit be lastet ist, erscheint es uns vonnöten, auf einige Umstände hinzuweisen, die überhaupt zum Volksentſcheid geführt haben und vielleicht auch die Ursache dafür abgaben, daß er mißlungen ist. Man weiß in eingeweihten Kreisen, daß wir Nationalsozialisten der vom Stahlhelm ausgegebenen 188

Parole zuerst nur mit Widerstreben und unter stärkster Betonung unserer gegenteiligen Ansicht folge geleistet haben. Gerade Adolf Hitler, der Führer der Partei, hat des öfteren schriftlich und mündlich auf die tak. tische Ungeschicklichkeit und politische Aussichtslosigkeit dieses Beginnens hingewiesen. Wenn die nationalsozialistische Bewegung sich zuletzt dennoch dazu bereit erklärte, an der vom Stahlhelm entgegen unserem Willen ein. geleiteten Aktion teilzunehmen, so nur aus dem Umstand heraus, daß ſie sich nicht in den Geruch bringen wollte, bei einer Frage, die nunmehr das ganze Deutschland anging, jene selbstverständliche nationale Disziplin zu verletzen, die wir für das erste Erfordernis der aktivistischen deutschen Politik halten. Die historische Wahrheit aber verpflichtet uns dazu, heute festzustellen, daß Adolf Hitler und mit ihm seine gesamte Unterführerschaft am Zustandekommen von Volksbegehren und Volksentſcheid vollkommen unbeteiligt sind. Ja, im Gegenteil, so lange zu verhindern versuchten, als das überhaupt ohne Schädigung des Gesamtinteresses des nationalen Deutschland möglich erschien. Es wird noch darüber geredet werden müſſen, wie es in Zukunft unter allen Umständen verhindert werden kann, daß einzelne Parteien und Ver. bände der nationalen Oppoſition -— um dieses Wort auch einmal in sol― chem Zusammenhang zu gebrauchen die anderen zwingen können, aus nationaler Verantwortlichkeit an einer Sache teilzunehmen, die ſie innerlich nicht billigen oder gar für aussichtslos und schädlich halten. Das Ergebnis des preußischen Volksentscheids kommt uns keineswegs unerwartet. Wir haben keine Gelegenheit versäumt, in internen Be sprechungen mit unseren Unterführern vor jenem schrankenlosen Optimismus zu warnen, der eine feindliche Festung bereits erobert_glaubte, bevor der Angriff darauf taktisch geschickt und politiſch richtig überhaupt eingeleitet war. Wir haben immer und immer wieder in vertrautem Kreise klarzumachen versucht, daß ein Volksentscheid nicht mit einer Wahl verwechselt werden darf und daß es das politische Verständnis der breiten Wählermassen überschätzen heißt, reguläre Wahlziffern für die irreguläre Aktion eines Volksentscheids mechanisch zusammenzurechnen. Unsere skeptischen Vermutungen haben sich denn auch im Ergebnis als vollkommen richtig erwiesen. Die dem Volksentscheid angeſchloſſenen rein bürgerlichen Parteien, vor allem die Deutsche Volkspartei und die Wirt schaftspartei, haben auf der ganzen Linie verſagt. Es wird nun niemand mehr geben können, der uns entgegenzutreten wagt bei der Behauptung, daß die amorphen Parteikadaver des politiſchen Bürgertums zu einer Aktion, die auch nur in etwa den gewohnheitsmäßigen Umkreis der parla. mentarischen Intrige überschreitet, absolut und im ganzen unfähig sind. Das politische Bürgertum hat sich durch seine Vichtbeteiligung am preußi schen Volksentscheid selbst jene mangelhafte Vote ausgestellt, die wir ihm seit Jahren erteilten. Es war für uns keine Enttäuschung, zu erfahren, daß die revolutio nären Teile der RPD. ſich der Parole ihrer Parteileitung versagten. Nur Optimisten konnten das Gegenteil annehmen . Da beim Stahlhelm in Anbetracht dessen, daß er noch nie bei einer Wahl aktiv aufgetreten ist, seine ziffernmäßige Beteiligung am Volksentscheid kaum errechnet werden kann, braucht nur noch festgestellt werden, daß von den angeschlossenen Parteien lediglich die DVP. den Erwartungen entsprochen hat, die man auf sie setzen kann.

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Es ist nun an der Zeit, ein unmißverständliches Wort zu den bürgerlichen Parteien herüber zu reden. Man konnte in der Kampagne zum Volksentscheid beinahe auf den Gedanken kommen, daß selbst Herr Dingeldey und seine Mannen sich zur nationalen Opposition rechneten und bei den Wählermassen den Glauben zu erwecken versuchten, die deutsche Sache sei auch bei ihnen in guten Händen. Dem muß jetzt mit aller Schroffheit entgegengetreten werden. Die Parole der nationalen Oppoſition droht sonst nachgerade zu einem Schlagwort schlimmster Sorte zu ur wir Nationalsozialisten können dabei die Verlierer sein. werden. Deutlich und unverwischbar müssen die Grenzen abgesteckt sein, die uns von auch-nationalen Parteien auch heute noch und vielleicht schärfer denn je trennen. Die nationalsozialistische Bewegung ist in der splendid isolation groß geworden. Sie tut gut daran, ſie auch weiterhin, vor allem jenen bürgerlichen Parteien gegenüber aufrechtzuerhalten, die mit uns gegen Braun kämpften, bestenfalls, um in Preußen an der Verteilung der Ministersessel zu partizipieren. Der Starke ist am mächtigsten allein ! Die Kraft dieses Wortes wird die Niederlage, die die Volksentscheidsfront am 9. August erlitten hat, für uns zu einem Siege machen. In ihrer Sicherheit können wir mit gesammelten Energien an die Arbeit des kommenden Herbstes herangehen, und aus den zunehmenden Kriſenerscheinungen der deutschen Politik und Wirtschaft werden sich für uns Möglichkeiten die Menge ergeben, in Preußen und Deutschland jene Umstellung zu vollziehen, zu der sich die bürgerlichen Parlamentsparteien wieder einmal als unfähig erwiesen haben.

Lachen links 15. August 193) Die Debatte um den Ausgang des Volksentscheids gegen die schwarz. rote Mehrheitskoalition in Preußen ist im In- und Auslande noch nicht verstummt. Es werden daran die mannigfaltigsten Kommentare geknüpft, die jüdische Journaille segt ihr Bestreben darein, sich die Sache möglichst leicht zu machen und in pompösen Siegesberichten ihre eigene zitternde Angst abzureagieren. Die Blätter des Ullstein- und Mosse-Konzerns, die vor dem Volksentscheid vor Entsetzen und Furcht nicht mehr ein noch aus wußten, ſind mit einem Male wieder sehr tapfer geworden. Sie nehmen stramme Haltung an und versuchen, durch falsche und trügerische Berech nungen den wahren Tatsachenverhalt der augenblicklichen politischen Lage zu ihren eigenen Gunsten ins Gegenteil umzulügen. Man faselt dort, daß die Volksentscheidparteien nur knapp zehn Millionen an Ja-Stimmen aufbringen konnten und damit eindeutig erwiesen sei, daß das preußische Staatsministerium sich des Vertrauens der überwiegenden Mehrzahl der Wählerschaft erfreue. Sie reden von sechzehn Millionen, die durch ihr Fernbleiben vom Wahlakt ihren Willen dahin kundgegeben hätten, daß die augenblickliche Regierungskoalition weiterhin am Ruder bleiben solle und nichts geändert werden dürfe. Uns kann es nur sehr recht sein, wenn man links lacht. Um so eher ist man dort geneigt, sich trügerischen Illusionen hinzugeben und die Volks.

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erhebung des Nationalsozialismus weniger ernst zu nehmen, als es an gebracht wäre. Vielleicht könnte man die Mehrheitsparteien im preußischen Landtag noch zu dem Leichtsinn überreden, nun ihrerseits ein Dolks. begehren zu inszenieren, etwa mit dem Wortlaut: „Der Preußische Landtag ist nicht aufzulösen." Und sie würden dann ein unmißverständliches Zeugnis darüber erhalten, inwieweit das preußische Volk mit den augenblicklichen politiſchen Zuständen einverstanden ist. Mit Sohn und Überheblichkeit verzeichnet man in den Redaktionsstuben der Jeruſalemer, Koch- und Lindenstraße die Tatsache, daß auch in der Presse der dem Volksentscheid angeschlossenen Parteien ein lebhafter Ge danken und Meinungsaustausch über Sinn und Wert dieser Wahlaktion eingesetzt hat. Auch hier versucht man, nach altbewährter Methode die Wahrheit ins Gegenteil umzufälschen und den Glauben zu erwecken, als seien NSDAP. und DVP. vor dem 9. August ein Herz und eine Seele gewesen, und nach dem Mißerfolg prügelten sie sich wie die Beſenbinder. Wo haben wir jemals mit Herrn Dingeldey Blutsbrüderschaft ge. trunken? Und wann der Partei der Kahl und Kardorff unsere Sympathien entgegengebracht? Daß dieser Parlamentshaufen sich am preußischen Volks. entscheid beteiligte, war seine Sache. Und wenn für uns keinerlei Veranlassung bestand, die KPD. davon abzuhalten, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen, warum sollen wir Einspruch dagegen erheben, daß die DVP. sich selbst ihr Grab schaufelt: Gott sei Dank ist die VISDAP. ehrlich und stark genug, nach einer von anderer Seite eingeleiteten, taktisch ungeschickten und deshalb verlorenen politischen Aktion auch in der öffentlichkeit die Gründe und Ursachen zu erörtern, die zu diesem Mißerfolg geführt haben. Und sie hat ein Recht dazu, ihren eigenen Anhängern darzutun, daß es nicht an ihr gelegen hat, wenn der erhoffte Sieg am Ende doch nicht erkämpft wurde. Die jüdische Presse hat keinerlei Grund, in diese interne Auseinandersetzung hineinzureden. Sie täte vielmehr gut daran, ſich um ihren eigenen faulen Laden zu bekümmern und dafür zu sorgen, daß sie nicht ihre letzten Positionen verliert. Der Siegestaumel, in den Ullstein und Mosse ver. fallen sind, ist gänzlich unmotiviert, und die dort schreibenden Juden wiſſen das auch ebensogut wie wir. Man braucht nur an den katastrophalen Mißerfolg des Volksentscheids gegen den Roungplan im Dezember 1929 zu erinnern und ihm den triumphalen Sieg der nationalsozialiſtiſchen Be. wegung am 14. September 1930 gegenüberzustellen, um die Chancen zu errechnen, die sich auch nach dem 9. Auguſt für uns noch bieten. Wir fühlen uns keineswegs als Geschlagene, sind aber großherzig genug, den Demokraten und Sozialdemokraten eine kurze Siegesfreude zu gönnen. Die ist bei ihnen so selten geworden, daß man schon aus Barmherzigkeit seinen Segen dazu geben möchte. Wie zynisch offen und schamlos dreist bei der Journaille die Interessen des Auslandes vertreten werden, das haben die Kommentare zum ver. lorenen Volksentscheid wieder einmal deutlich erwiesen. Entspannung in Paris! Freude am Quai d'Orsay! Frankreich atmet auf! In solchen und ähnlichen Überschriftsbalken überschlugen sich in den letzten Tagen die jüdischen Gazetten. Man machte gar kein Gehl mehr daraus, daß das, was Frankreich will und erstrebt, auch bei der Börsenpresse verteidigt wird, und verirrte sich im Taumel einer nervösen Begeisterung soweit, 191

durch lautes Geſchrei der Reichsregierung Bärendienſte zu leiſten, die Herrn Brüning gewiß keine ungeteilte Freude bereitet haben. Wir verharren demgegenüber in eiserner Ruhe. Für uns besteht keine Veranlassung, die Nerven zu verlieren. Wir haben keine Wiederlage er. litten, und selbst, wenn das der fall wäre, würden wir nicht einen Augenblick verzweifeln. Die politische Situation in Deutschland spitzt sich zwangsläufig zu. Die öffentlichen Finanzen sind in einem Zustand, der gar nicht mehr beschrieben werden kann. Die Wirtschaft gleicht einem Trüm. merfeld. Schon rücken aus grauer Herbstferne die Heere von acht bis zehn Millionen Arbeitslosen heran. Ein Winter, vollgefüllt mit Exploſiv. stoff, steht vor der Tür. Bei der Tributmehrheit werden Siegesfeste gefeiert. Lachen links und Jubel bei den Reichsfeinden ! Man glaubt, den Gegner endgültig und ver nichtend geschlagen zu haben. Es wird ein grausames Erwachen geben, wenn über kurz oder lang das Volk drohend sein Lebensrecht zurückfordert. Der 9. Auguſt hat zwar keine Entscheidung gebracht. Aber trotzdem werden wir uns bei Philippi wiedersehen !

Was tut die Polizei dagegen? 18. August 1931 Am 8. August wurde bei Jüterbog ein internationaler D-Zug zum Entgleisen gebracht. Es gab eine Menge von Schwer, und Leichtverletzten, und es war geradezu als Wunder zu bezeichnen, daß nicht ein Dutzend und mehr Tote diesem Attentat zum Opfer fielen. Es stellte sich heraus, daß die Ursache der Eisenbahnkatastrophe ein wohlorganisierter, mit syste matischer Raffineſſe vorbereiteter und durchgeführter Anschlag war. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß es sich dabei um politische Motive handelte. Aus der Tatsache, daß man in der Nähe der Unfallstelle eine Nummer des " Angriff" fand, auf der die Drohung des Attentates mit genauer Datumsangabe verzeichnet war, konnte man unſchwer schließen, daß die Täter in kommunistischen Kreisen zu suchen sind. Trotz der Aus. setzung einer Belohnung von hunderttausend Mark ist es bis zu Stunde noch nicht gelungen, auch nur eine greifbare Spur, die zu ihrer findung führen könnte, aufzudecken. Es ist um diesen Skandal allmählich ſtill geworden. Die Nachforschungen sind von der politischen Abteilung des Polizeipräsidiums an die Kriminalabteilung weitergegeben worden. Im Volk setzt sich der lähmende Eindruck fest, daß es nicht mehr gelingen wird, der Verbrecher, die diesen schurkiſchen Anschlag erdacht und durch. geführt haben, habhaft zu werden. Am Nachmittag des folgenden Tages, des 9. August, wurden am Bülow. plag, in der Nähe des Karl-Liebknecht-Hauſes, mitten im tiefsten Frieden zwei Polizeihauptleute erschossen und ein Polizeiwachtmeister schwer ver. wundet. Sie fielen einem wohlorganisierten Attentatsplan zum Opfer. Selbst die Polizei ist der Meinung, daß die Täter Mitglieder einer kom munistischen Terrorgruppe sind, und daß diese Terrorgruppe auch die vielen Morde an Polizeibeamten aus der legten Zeit auf dem Gewissen 192

habe. Man verhaftete blind eine Reihe von kommunistischen Skandal machern, die allem Anschein nach mit dem blutigen und verhängnisvollen Anschlag nur wenig oder gar nichts zu tun haben. Man machte in Weißensee eine kommunistische Malkolonne dingfest, die den Asphalt mit Morddrohungen bepinselt hatte, und damit sind, wie es scheint, auch die Nach forschungen in diesem Kapitalverbrechen auf dem toten Punkt angelangt. Es gehen bei uns in den letzten Tagen Stapel von Briefen von Berliner Polizeibeamten ein, die Zeugnis ablegen von der wachsenden Erbitterung und der sich mehrenden Empörung, die in Kreisen der unteren Beamtenschaft und wohl auch der Berliner Polizeioffiziere Platz gegriffen hat. Es wird dort in meistens nicht wiederzugebenden Zornesausbrüchen zum Ausdruck gebracht, daß die Berliner Polizeibeamten der Überzeugung ſind, daß die unzulänglichen Maßnahmen, die seitens der Behörden gegen den wachsenden roten Terror getroffen wurden, am Ende zu diesen blu tigen Auswüchsen führen mußten. Die Beamtenschaft schaue mit verbiſſener Wut zu, wie die Kommuniſten seitens der Behörden als politiſche Rinder angesehen würden, denen man zweckmäßigerweise nur mit väterlichen Ermahnungen gegenübertrete. Der Polizeibeamte, so meint einer der Briefschreiber, sei nur noch der Prügelknabe der marxistischen Organiſationen. Man präge ihm höflichkeit ein selbst der Drohung des Mordes gegenüber, und der Bürokratismus, der in den Behörden eingerissen sei, habe weder den Willen noch die Fähigkeit, etwas Wirksames gegen die wachsende Unsicherheit in Berlin zu unternehmen. Zwar hätte das Polizeipräsidium - so meint ein empörter Polizeioffizier versprochen, eine durchgreifende Säuberung des Bülowplatzes vorzunehmen. Aber die Maßnahmen, die getroffen worden seien, ließen alles zu wünschen übrig. Wer garantiere dafür, daß nicht heute oder morgen wieder ein paar Polizeiwachtmeister und Offiziere kommunistischen Kugeln zum Opfer fielen? Es sei nicht damit getan, daß man Unruheherde, die schon im Ausbruch stünden, wieder notdürftig ersticke; man müsse eine generelle Säuberungsaktion gegen das rote Unterweltgesindel vornehmen. Man müsse die geistigen Zentralen des Kommunismus aus heben und die Brutstätten der Mordhege mit Stumpf und Stiel ausrotten. Der Beamtenschaft sei nur wenig damit gedient, wenn ermordeten Kameraden in pompösen und reklamehaften Leichenbegängniſſen die letzte Ehre erwiesen würde. Gewiß sei es notwendig, den Toten zu geben, was der Toten sei; aber ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger erſcheine die Aufgabe, die Lebenden vor ähnlichem Schicksal zu bewahren. Uns kommen diese Entrüstungsschreiben nicht unerwartet. Wir sind seit längerem darüber im Bilde, daß die Unzufriedenheit der Berliner Polizeibeamtenschaft mit der Bürokratie am Alexanderplatz in ständigem Wachsen ist. Diese Entwicklung erscheint uns auch ganz zwangsläufig. Der Polizeibeamte soll die Republik gegen den roten Umsturz beschützen. Aber seine vorgesetzten Behörden nehmen ihm die Möglichkeit, die zu diesem Schutz notwendigen rücksichtslosen Maßnahmen zu treffen. Der Marrismus als Gesamtidee steht mit segnender Hand auch über den roten Unterweltorganisationen, und das Opfer dieses offenbaren Mißstandes ist immer der Polizeibeamte. Offiziere und Mannschaften der Berliner Polizei werden in den letzten

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Tagen auch wohl Muße und Gelegenheit gehabt haben, Rommunismus und Nationalsozialismus, die sonst von den Verantwortlichen so gerne in einen Topf geworfen werden, miteinander in Vergleich zu bringen; und ſie haben vielleicht Scham und Gewiſſensbiſſe empfunden, wenn ſie ſich erinnerten, daß sie manchmal gegen uns mit schärferen Mitteln vorgingen oder vorgehen mußten, als gegen diejenigen, die auf offener Straße ihre Rameraden niederknallen und ihnen dasselbe Schicksal androhen oder gar bereiten. Und dann, wenn es erlaubt ist, noch eine Frage an das Polizeipräſidium selbst: Die Öffentlichkeit ist nicht geneigt, über die Attentate in Jüterbog und am Bülowplatz Gras wachsen zu lassen. Sie will nun endlich Aufklärung darüber, was die Polizei bisher zur Aufdeckung dieser Verbrechen getan hat und was sie in nächster Zeit zu tun gedenkt. Vor allem aber verlangt sie, daß die Polizei durch sofort zu ergreifende Maßnahmen die Sicherheit und Ruhe in Berlin wiederherstellt. Wird nicht unverzüglich gegen die roten Verbrecherzentralen eingeschritten, dann gehen wir in Deutschland der offenen Anarchie entgegen. Jüterbog und Bülowplatz ſind drohende Alarmsignale. Der Polizei ist der Schutz der Öffentlichkeit zu treuen Händen anvertraut. Die Öffentlichkeit hat deshalb ein Recht zu fragen : Was tut die Polizeia

Hinein in die Betriebe! 29. August 1931 Am 1. Mai dieses Jahres gab die politische Führung des Gaues Berlin der NSDAP. die Parole des Zweimonatsplanes aus. für die reichshauptstädtische Bewegung wurde das Ziel aufgestellt, den gesamten Parteibestand in zwei Monaten zu verdoppeln. Diese Parole wurde von den Berliner Parteigenossen mit Begeisterung aufgenommen und blieb auch im Lande nicht ungehört. Die Organiſation ſetzte sich mit einem bewun dernswerten Elan in Bewegung. Nach einem wohldurchdachten und bis ins kleinste ausgearbeiteten Plan wurde diese Aktion durchgeführt. Organi sation und Propaganda stellten sich ausschließlich in ihren Dienst. Die einzelnen Parteigenossen wetteiferten in Kleinarbeit zu Hauſe und bei der Arbeit. Sektionen und Bezirke forderten sich zu edlem Wettstreit heraus. Die Fäden des ganzen Feldzuges liefen zentral bei der Gauleitung zusammen. An jedem Montag wurden die Ergebnisse der vergangenen Woche nüchtern und kritiſch überprüft, Bruchstellen der Organisation ausgebeſſert, Mißstände in der Propaganda abgestellt, übereifrige Unterführer gebremst und allzu phlegmatische mit neuem Impuls erfüllt. Das Ergebnis der Aktion war, daß das gesteckte Ziel bis auf_wenige Prozent erreicht wurde. Der Mitgliederbestand des Gaues Berlin verdoppelte sich. Damit wuchs die Stoßkraft der Partei, die Finanzen beſſerten sich, und der einzelne Parteigenosse wurde bestärkt in seinem Vertrauen zur Bewegung. Es erwies sich wieder einmal die Richtigkeit des Prinzips, daß es not wendig ist, den Weg zu einem Hochziel in einzelne Etappen zu zerlegen und am Endpunkt jeder Etappe ein auch für das Auge des kleinen Mannes

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sichtbares Teilziel aufzustellen. Dadurch wird die Mühe des Weges ge ringer und die Hoffnung, das sonst als unerreichbar geltende Endziel doch noch zu erreichen, größer und fruchtbarer. Wir stehen nun am Beginn unserer Herbstoffensive; und wieder einmal treten wir mit einer neuen Parole vor die Berliner Parteigenossenschaft hin. Es war nicht zu vermeiden, daß in Verfolg der Durchführung des Zweimonatsplanes eine kritische Durchmusterung der neugewonnenen Mitglieder nahezu unmöglich wurde. Zwar sind sie fast restlos durch die daraufhin einsetzende Organisationsarbeit in das Gefüge der Partei ein geschmolzen worden; aber es ist eine alte Erfahrung, daß die revolutionäre Stoßkraft einer Bewegung immer unter dem Bleigewicht der breiten Maſſen, die ihr Gefolgschaft leiſten, zu Schaden kommt. Wir gingen von diesen Erwägungen bei der Aufstellung unserer neuen Parole aus. Die nationalsozialistische Bewegung ist eine Arbeiterpartei. Ihr oberstes Ziel besteht darin, den Proletarier, vor allem den marristischen, wieder in die deutsche Volksgemeinschaft einzugliedern. Der Propa gandakampf in Stadt und Land aber wird meistenfalls nur dieselben Be. völkerungsschichten in Bewegung bringen. Die marxistischen Parteien konnten uns bisher selbst bei vollkommenem Verſagen ihrer Politik als letztes Mittel bis zu einem gewiſſen Grade noch die Disziplin ihrer Partei. genossen entgegenstellen. Durch ein Verbot des Besuchs unserer Versamm lungen suchten sie zu verhindern, daß ihre Front zerbrochen werde und der Massenzustrom der Arbeiterschaft zu unserer Bewegung beginnen konnte. Dem muß nun mit allen Mitteln entgegengewirkt werden ! Wenn die marxistischen Parteien ihre Anhänger bisher meist davon abhalten konnten, unsere Zeitungen zu lesen und unsere Versammlungen zu besuchen, dann müssen wir von nun ab mehr als bisher den Marxismus in seiner eigent lichen Domäne aufsuchen und ihn hier zum Kampf herausfordern. Darum heißt unsere neue Parole: Sinein in die Betriebe!" Um 1. Sep. tember wird damit begonnen. Das Ziel ist, bis zum Ablauf dieses Jahres mindestens 12 000 Arbeitnehmer in die Organiſation der VISDÁP. Berlin einzugliedern. Ein Großteil dieser Arbeit wird der Betriebszellenorganiſation zu. fallen. Die einzelnen Betriebszellen gliedern sich zweckmäßig enger an die Sektionen an, die Bezirke geben für ihren Bereich der ganzen Aktion einen zentralen Mittelpunkt und die Gauleitung gibt für den nunmehr beginnenden Propagandafeldzug die einheitlichen Weiſungen und politiſchen Richtlinien an. Wir sind uns keinen Augenblick im Zweifel darüber, daß der Kampf, der uns nun bevorsteht, alle bisher von uns durchgeführten politischen Auseinandersetzungen weit in den Schatten stellen wird. Wir greifen den Marxismus an seiner brüchigsten Stelle an. Dort, wo er verwundbar ist, schlagen wir zu. Er wird sich mit allen Mitteln zur Wehr ſegen. Der be ginnende Feldzug bedingt harte Konsequenz und mutige Zähigkeit. Das Mundspitzen hört auf. lun muß gepfiffen werden! Die besten Männer der Bewegung sind gerade gut genug, vor der deutschen Arbeiterschaft zu sprechen. Sie werden das Hauptgewicht ihrer Propaganda auf die Heraus schälung unseres revolutionär-sozialistischen Willens zu legen haben. Unsere Presseorgane haben, auf lange Sicht vorbereitet, in diese Kampagne ent scheidend einzugreifen. Und hinter der vorwärtsstürmenden Agitation wird sich das feine Getriebe der Organiſation einschalten.

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Seit Wochen schon sind die Vorbereitungen zu diesem Großkampf getroffen worden. Die Aktion ist in ihren einzelnen Phasen durchberaten und die Richtlinien unserer Arbeit sind in jeder Beziehung festgelegt. Propaganda und Organisationsabteilung stehen gerüstet. Die Presse ist zum Eingreifen bereit. Die politische Führung wird den ganzen Feldzug zentral und verantwortlich leiten. Und nun, Berliner Parteigenossen, an die Arbeit ! Der Herbst beginnt. Große Aufgaben harren unser. Ein neues Ziel ist aufgestellt, nicht leicht und bequem ; aber wenn wir unsere ganze Kraft darauf konzentrieren, dann doch zu erreichen. Jeder Parteigenosse ist mit für ſein Gelingen verantwortlich. Der Feldzug gegen den Marrismus kostet Geld, Mühe, Gefahr und Arbeit. Noch niemals hat die Berliner Organiſation verſagt, wenn man ihr eine Aufgabe gab und dazu die Mittel, diese Aufgabe zu lösen. Der Zugang von 12 000 Arbeitern zu unserer Berliner Organisation wird der Partei in der Reichshauptstadt den letzten Grad jener stählernen Härte verleihen, deren sie in zukünftigen Schicksalsstunden bedarf. Wir wollen unserem Namen Arbeiterpartei alle Ehre machen. Arbeiter der Stirn und der Faust, vereinigt euch! Die Berliner Organisation ist hiermit mobil gemacht. Die Parole heißt: Sinein in die Betriebe! "

Herbstoffensive

1. September 1931 Die Ferienzeit ist zu Ende, und damit nimmt die neue politische Arbeit ihren Anfang. Der Gau Berlin der NSDAP. hat die Aktionen des vergangenen politischen Jahres, die im Wahlergebnis vom 14. September 1930 ihren grandiosen Höhepunkt fanden, mit der Durchführung des Zweimonatsplanes abgeschlossen. Unter Einsatz der letzten Reserven war es möglich, die Zahl der Gesamtparteigenossenschaft bis auf wenige Prozent zu verdoppeln. Mitten in der Saure-Gurken-Zeit hatte die Bewegung in der Reichshauptstadt einen Zugang zu verzeichnen, wie er sonst in den besten Herbst- und Wintermonaten undenkbar gewesen wäre. Die ge samte Organisation wurde in Bewegung gesetzt, der Parteiapparat, in vielen Jahren mühevoller Arbeit aufgezogen, hielt den härtesten Be lastungsproben stand; und das Ergebnis der in großem Stil organisierten Propagandaaktion übertraf alle Erwartungen. Es war in den vergangenen zwei Monaten trotz höchster politiſcher Spannung doch noch die Möglichkeit gegeben, den neuen Zufluß zur Par tei in die Organiſation einzuschmelzen. Der Mißerfolg des 9. August hat die Bewegung als solche nicht betroffen; der Rern der Partei blieb davon überhaupt ganz unberührt. Groß ist die Verantwortung, die uns für die kommenden entscheidenden Monate aufgebürdet wird. Noch niemals in den vergangenen Jahren standen die Dinge in Deutschland so auf Spitze und Knopf, wie diesmal. Jedermann ist davon überzeugt, daß im Herbst und Winter irgendeine Lösung gefunden werden muß, und daß die ISDAP. sie entscheidend mit beeinflussen wird.

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In der Politik kommt am Ende immer nur die poſitive Macht in Betracht. Eine Idee oder eine politische Weltanschauung besagen an sich noch gar nichts. Sie gewinnen erst Wert und Rang in den Mitteln prak tischer Macht, die ihnen zur Verfügung stehen. Nach demokratischem Majoritätsprinzip wird Macht nur durch Masse verliehen. Wer es versteht, die Zahl hinter sich zu bringen, der gewinnt damit auch ausschlaggebenden Einfluß. Zwar ist dieses Prinzip durch die Regierungspraxis des Rabinetts Brüning seiner ' Gültigkeit entkleidet, aber es unterliegt keinem Zweifel, daß es über kurz oder lang doch wieder seinen alten Wert zurückgewinnen wird. Die NSDAP. ist eine Massenpartei. Sie hat ihren Rampf um die Weltgeltung bewußt auf das Volk eingestellt. Sie ist von Anfang an darauf ausgegangen, die breiten Massen zu gewinnen und sie mit ihrer Gedankenwelt vertraut zu machen. Je mehr Volksgenossen unserer Fahne Gefolgschaft leisten, um so größer ist die Macht, die wir besitzen. Und je mehr Macht wir besitzen, um so größer der Einfluß, den wir ausüben können. Steht hinter uns einmal der Großteil des deutschen Volkes, dann wird es nicht mehr möglich sein, unseren politischen Willen achtlos bei. seite zu stoßen und darüber zur Tagesordnung überzugehen. Die Faktoren der Macht werden in diesem Winter um die Entscheidung kämpfen. Jede Stimme und jeder Mann, den wir dabei in die Waagschale werfen können, wird von ausschlaggebender Bedeutung sein. Unter diesen Gesichtspunkten beginnen wir in diesem Herbst unsere große Propagandaoffensive. Solange die regierenden Gewalten noch die Möglichkeit haben, sich durch Geschäftsordnungsänderungen an notwen digen Wahlen vorbeizudrücken und damit die Dokumentierung des Volkswillens zu umgehen, gilt es für uns, eine solche Entscheidung, die über unser ganzes zukünftiges Schicksal bestimmen wird, von langer Hand vorzubereiten. Je lauter wir trommeln, desto mehr wird das Volk uns Gehör schenken. Und auf die Dauer kann eine Regierung, auch wenn sie fich des Vertrauens des obersten Reichsbeamten erfreut, den Willen der Mehrheit nicht in den Wind schlagen. Es besteht wohl kaum ein Zweifel darüber, daß das Rabinett Brüning in seiner jetzigen Gestalt die kommenden Krisenmonate nicht überdauern wird. Es hat die Wahl zwischen links und uns. Aber es wird sich ent. scheiden müssen. Mag die Entscheidung so oder so fallen, für unsere Posi. tion wird immer ausschlaggebend sein, wie groß die Gefolgschaft ist, die zu uns steht. Selbst bei einer vollſtändigen Umorientierung der deutschen Politik nach unseren Wünschen und Forderungen wird es von Bedeutung sein, ob die NSDAP. im Steigen oder Fallen ist. Jeder bekommt am Ende soviel Einfluß, wie er Macht besitzt; und unsere Macht beruht bis zur Übernahme der Gewalt in der Zahl. Es gibt heute in Deutschland keine Partei, die sich an Präziſion und an Geschlossenheit des politischen Willens mit uns messen könnte. Die ganze Bewegung ist heute wie aus einem Guß. Sie hat die fähigsten Organisatoren, sie verfügt über das beste Rednerkorps, und hinter der kämpfenden Partei steht ein Generalstab von Röpfen, die die Grundlagen eines kommenden Staatsgefüges untersuchen und festlegen. Die Partei hat nun zwei Monate lang tief Atem geholt. Zwar übertraf ſie auch noch 197

in dieser Pauſe alle anderen politischen Gruppen an Aktivität und vorwärtsstürmendem Elan. Aber während unsere Redner propagandiſtiſch in die Maſſen vorſtießen, verrichteten hinter ihnen die Organiſationen ihre stille und emsige Arbeit. Nun können wir mit Befriedigung feststellen, daß die schwere Aufgabe gemeistert ist. Eine Massenorganisation von 600 000 eingeschriebenen Mitgliedern und nahezu 200 000 SA. und SS.Männern steht zum Rampf gerüſtet; und nun wird das Signal zum Angriff gegeben. Die Herbstoffensive beginnt. Ein Propagandafeldzug von nie gesehenen Ausmaßen wird im ganzen Lande organiſiert und in Bewegung geſegt. Eine überprüfte und durchgeölte Organisation holt wieder zu vernichten. den Schlägen aus. Noch vermag niemand zu sagen, wo und wie dieſe Bewegung auslaufen wird. Wir alle aber wissen, daß unsere Chancen um ſo günstiger ſind, je tiefer wir uns in den breiten Maſſen verankern. Das Volk ſucht einen Halt im Strudel der Zeit. Die Massen sind heimatlos geworden; sie wer den mit zunehmender Kriſe ihre große Wanderung beginnen . Unſere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß sie bei uns ein Zuhause finden. Kommt die entscheidende Stunde, dann muß ein ganzes Volk aufſtehen, und der Ruf nach neuen Männern und neuen Ideen, den wir ſeit Jahren erheben, muß im Echo von der ganzen Nation widergegeben werden. Er wird dann im Lande und in der Welt nicht ungehört verhallen.

Atomzertrümmerung

3. September 1931 Nach der Weimarer Verfaſſung müssen in der deutschen Republik Minister regieren, die das Vertrauen der Mehrheit des Reichstags ge nießen. Aus dieser gesetzmäßigen Vorschrift hat sich der Brauch entwickelt, daß die führenden Männer in der deutschen Politik von den großen parla, mentarischen Parteien geſtellt werden. Sie sind sozusagen Exponenten der Mehrheitsgruppen und handeln in ihrem Auftrage oder doch unter ihrer Aufsicht. Unter diesen Vorbedingungen ist auch das Kabinett Brüning entstanden. Es stellte von Anfang an eine Majoritätsbildung dar. Die einzelnen Reſſortminister waren den Parteien des Reichstags entnommen. Der alte Reichstag fiel der Tatsache zum Opfer, daß er nicht gewillt war, zu dem Brüningschen Notverordnungskurs widerspruchslos Ja und Amen zu sagen. Die Ergebnisse der am 14. September 1930 getätigten Wahl hoben die vordem bestehenden Mehrheitsverhältnisse auf. Parteien, die im alten Reichstag noch eine beachtliche Stärke aufwiesen, kehrten nur noch in mikroskopisch wahrnehmbaren Resten zurück, und unsere Bewegung, die vor dem 14. September im Reichstag nicht einmal Fraktionsstärke besaß, rückte bis hart an die Spitze vor. Die logische Folge dieses Stimmungswechsels in der Volksmeinung mußte die ſein, daß das alte Kabinett zurücktrat und einer Neubildung der Regierung den Weg frei machte. Herr Dr. Brüning jedoch erklärte ein paar Tage nach der Wahl, es habe sich durch den 14. September an der

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politischen Situation nichts Vennenswertes geändert, und es werde deshalb im alten Kurs weiterregiert. Seitdem sitzen Minister in den Reichsämtern, die zum größten Teil über keinerlei beachtlichen Anhang im Parlament verfügen. Sie sind auch nicht als Fachmänner in ihre Ressorts eingerückt; als sie die Ministersessel be. stiegen, waren sie Vertreter parlamentarischer Mehrheitsgruppen, und als solche wurden sie zu ihrem hohen Amt delegiert. Warum ist Herr Dietrich Reichsfinanzministers Er kommt unseres Wissens aus der Landwirtschaft, und sein Reichsamt verdankt er nur der Tatsache, daß er, als er es übernahm, Exponent der damals noch starken Demokratischen Partei war. Dieſe aber hat sich unterdes zur „Staatspartei" um ,gruppiert“ und kam aus der kreißenden Wahl nur als Mäus. lein heraus. Herr Treviranus ist im Reichskabinett Minister ohne Portefeuille. Als solcher begleitet er den Reichskanzler auf Reisen im Lande und hält hin und wieder eine deplacierte Rede am Rundfunk. Er hat im Parlament nur noch ein unentwegtes Häuflein von drei aufrechten Männern hinter sich. Herr Dr. Curtius verwaltet als Nachfolger Stresemanns das Außen. reffort. In dieser Eigenschaft macht er zusammen mit Dr. Brüning diplo matische Reisen in die Hauptstädte des Kontinents, pflegt dort Verhand lungen von weittragender Bedeutung und schließt vielleicht Verträge ab, die das Schicksal des deutschen Volkes auf Jahrzehnte bestimmend beein flussen werden. Herr Dr. Curtius war ehedem Rechtsanwalt am Berliner Kammergericht. Er übernahm Stresemanns Erbe, soweit wir orientiert sind, weil er prominentes Mitglied derselben Partei war. Und ſein parlamentarischer Anhang? Reden wir nicht davon. Denn seit dem 14. September 1930 haben sich die Dinge in Deutschland schon wieder einmal grundlegend geändert. Die Volksmeinung hat einen Wandel durchgemacht, der bei einer Wahl ziffernmäßig vielleicht noch stärker zum Ausdruck kommen würde, als wir das heute glauben wollen. Nur die Zentrumsminister können sich auf einen parlamentarisch gesicher. ten Anhang berufen. Die anderen stehen sozusagen im luftleeren Raum. Die Mehrheitsgruppen, über die sie bei ihrer Amtsübernahme verfügten, sind entweder heute schon gar nicht mehr vorhanden oder würden bei einer euwahl in Vichts zerfließen. Es hat sich also in Deutschland der Zustand herausgebildet, daß Männer regieren, die zwar als parlamentarische Exponenten ihr Amt antraten, aber heute nur noch darauf verweisen können, daß sie gestern einmal die mehr. heit hatten. Während unsere Volksbewegung, die wahrscheinlich, riefe man die Wählerschaft noch einmal zur Urne, den größten Teil der Nation hinter sich stehen haben würde, verfolgt und verboten wird, und man ihr das freie Wort unterbindet, haben auf der anderen Seite Männer die Macht in der Hand, deren Parteien bescheiden ein zwerghaftes Daſein führen. Sie ſind entweder nur noch in Atomen vorhanden oder werden morgen nur noch als Atome wiederkehren . Kann man es uns da übelnehmen, wenn wir betonen, daß das System dieser Parteien, nach dem heute in Deutschland regiert wird, dem Geist der Weimarer Verfassung widerspricht und daß demzufolge die Beschlüsse, die 199

von dieser Politik gefaßt werden, für eine kommende Nationalregierung keinerlei bindenden Charakter haben können ? Das demokratische Mehr heitsprinzip ist auf der ganzen Linie im Niedergang begriffen. Seine Nichtgeltung fing in dem Augenblick an, in dem die antidemokratischen Parteien sich der Mehrheit bemächtigten und die Gefahr bestand, daß die Weimarer Verfassung in die Hände ihrer Gegner geriet. Damit ist die Widersinnigkeit des Majoritätsprinzips in klassischer Weise ad absurdum geführt. Alan regiert mit der Mehrheit, solange man sie besitzt. Legt dagegen der Gegner Beschlag darauf, dann etabliert man sich als Minori tätsregime und regiert mit dem § 48. Lange kann das natürlich nicht vorhalten. Die Parlamentspäpste wiſſen zwar geschickt Geschäftsordnung und Paragraphen für sich auszunutzen. Aber am Ende wird das Gesetz des Willens unseres Volkes triumphieren. och in diesem Herbst und Winter wird sich die Unmöglichkeit ergeben, nach dieser Methode weiter zu regieren. Die NSDUP. wird die letzten Reste der bürgerlich-marxistischen Parlamentskadaver vernichten und damit das physikalische Wunder einer politischen Atomzertrümmerung zum ersten Male praktisch vorerperimentieren. Unter dem Aufbruch eines erwachen. den Volkes werden dann die überbleibsel der politischen Interessenhaufen in sich zusammenſinken. für diese Stunde wollen wir arbeiten !

Was will Herr Brüning? 5. September 1931 Man hat sich in der deutschen Öffentlichkeit daran gewöhnt, den gegen. wärtigen Reichskanzler für einen starken und umsichtigen Mann zu halten, dem es weder an Energie noch an Klugheit fehle. Voll Bewunderung singt die demokratische Tributpresse ihm ihre Lobeshymnen, und jedes Wort, das seinem schmalen Munde entfleucht, wird als große politiſche Offenbarung auspoſaunt. Herr Dr. Brüning ist nun anderthalb Jahre an der Macht. Seit 1918 gab es in Deutschland keinen Kanzler, der über soviel Rückhalt verfügte wie er. Herr Dr. Brüning hat mit der Übernahme der Ranzlerschaft dem Rabinett Müller und seinem Kurs ein Ende gemacht. An seine Regierung haben sich sowohl im Volk als auch in den eingeweihten Kreisen die mannigfaltigsten Hoffnungen ge knüpft. Zwar geben wir zu, daß Herr Dr. Brüning die nicht, wie vielfach feine Vorgänger, im übermaß genährt hat; aber auch er wird nicht be zweifeln wollen, daß ein Rabinett steht und fällt mit dem, was seine Mehrheit von ihm erwartet. Unter diesem Gesichtspunkt gesehen muß man die bisherige politische Arbeit der Regierung Brüning als Mißerfolg, ja, geradezu als fiasko bezeichnen. Herr Dr. Brüning etablierte sich mit seinen Miniſterkollegen als „Rabinett der Frontsoldaten“. Dieser Titel trug in sich eine gewisse nationale Verpflichtung. Nationale Verpflichtung kann unseres Erachtens nicht mit der Sozialdemokratie, auch nicht ohne sie, sondern nur gegen sie erfüllt werden. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob der Marrismus ſich unter dem Druck der öffentlichen Meinung zu patriotischen Phraſen bequemt. Die Sozialdemokratie ist ihrer Natur nach international, 200

und sie hat niemals einen Zweifel darüber gelaſſen, daß sie keinerlei Pflichten der Nation gegenüber anerkenne, sondern nur gegenüber der Klasse des internationalen Proletariats. Man möchte beinahe der Meinung Ausdruck geben, daß Herr Dr. Brüning in eine Abhängigkeit zur Sozialdemokratie geraten ist . Dem. zufolge mußte auch seine Politik einen ganz bestimmten Kurs einschlagen; und die folgen dieses Kurses zeigen sich heute auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Es ist Herrn Dr. Brüning weder gelungen, den Etat zu balancieren, noch die Wirtschaft anzukurbeln. Der Steuerdruck ist bis zur Unerträglichkeit gestiegen und die Arbeitslosigkeit wird, selbst nach amtlicher Schätzung, in diesem Winter die schwindelhafte Höhe von sieben bis acht millionen erklettern. Damit erfüllen sich alle Voraussagen, die wir im Kampf um den Roungplan und in der nachfolgenden Zeit gemacht haben. Herr Dr. Brüning selbst ist sich anscheinend über die Ausweglosigkeit der gegen. wärtigen politischen Situation durchaus nicht im unklaren. Aber man würde zuviel behaupten, wollte man unterstellen, daß von Regierungsseite etwas grundlegend leues zur Behebung der wachsenden Krise getan worden wäre. Man hat sich mit otverordnungen über augenblicklich auftauchende katastrophische Zuspigungen hinweggeholfen . Im übrigen aber . . . ! Eine Umkehr von den bis Brüning eingehaltenen Prinzipien der deutschen Politik hat nicht stattgefunden. Die erwartete euordnung der politischen Kräfte ist ausgeblieben. Von einer stabilen Verlagerung dieser Regierung und ihres politischen Kurses in bestimmten Macht. gruppen kann bis zur Stunde nicht die Rede sein. Und doch erscheint uns diese gerade im gegenwärtigen Augenblick dringend und unabweisbar vonnöten. Wir stehen vor einem Herbst und Winter, der nach den Angaben des Ranzlers selbst schärfste wirtschaftliche Krisen mit sich bringen wird. Die Wirtschaft zeigt immer mehr zusammenbrüche. Die Finanzen in Reich, Ländern und Kommunen be finden sich in einem verzweifelten Zustand. Wir zehren eben den letzten Rest der deutschen Substanz auf und werden, wenn der graue Herbst kommt, vor dem blanken lichts stehen. Wie glaubt Herr Dr. Brüning der damit drohenden Schwierigkeiten Herr zu werden? Er weiß so gut wie wir, daß man mit Gummiknüppeln und „blauen Bohnen “ ein hungerndes Volk nicht satt machen kann. Es erscheint uns auch unmöglich, mit der heute hinter ihm stehenden Par teienmehrheit die ation zu noch größerem Opfermut zu mobilisieren. Ein Appell an das Volk wird, solange die Sozialdemokratie mit von der Partie ist, in deutschen Herzen keinen Widerhall finden. Wir sehen also nicht nur weitere Krisen der Finanzen und der Wirtschaft herauf. vor ziehen; wir stehen dadurch auch was viel schlimmer_ist schwersten Erschütterungen des politischen Lebens in Deutschland. Wenn wir recht unterrichtet sind, dann glaubt Herr Dr. Brüning, durch geschicktes Paktieren zwischen links und rechts diese otlage meistern zu können. Jedoch weist eine solche Rechnung einen verhängnisvollen Fehler auf. Denn während sich, vor allem im Laufe des letzten Jahres, die Begriffe Rechts und Links vollkommen verkrustet haben und ineinander und gegeneinander versteinert sind, ist über dem Trümmerfeld der parlamentarischen Reſtbestände der Adler einer neuen jungen

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Volksbewegung aufgestiegen. Der Nationalsozialismus als Idee und die nationalsozialistische Bewegung als Organiſation kennen die Begriffe „Links“ und „Rechts" nicht mehr. In ihnen marschiert eine front auf, die, von ganz neuen Bewußtseinsinhalten erfüllt, zu ganz neuen zielen strebt. Ohne Nationalsozialismus kann der kommende Winter nicht be. zwungen werden. Oder will man vielleicht in der drohenden Votzeit gar gegen den Nationalsozialismus regieren? Herr Dr. Brüning vereinigt in seiner Hand eine Machtfülle, die von dem drückendsten Gewicht schwerster politischer Verantwortung belastet ist. lichts liegt uns ferner, als ihm gegenüber den Moraltrompeter zu spielen. Aber man kann sich zuweilen einer Verantwortung wohl bewußt sein, ohne indes die Fähigkeit oder die Konsequenz zu haben, aus ihr die notwendigen realpolitischen Schlüsse zu ziehen. In diesem Lichte sehen wir Brüning. Er ist bisher immer nur mit 3aghaftigkeit an die großen Fragen der deutschen Nachkriegspolitik herangegangen. Die Tat sache, daß niemand wußte, was nach ihm kommen könnte, hat ihm dabei in allen entscheidenden Stunden hilfreich zur Seite gestanden. Aber auch dieser negative Aktivposten wird über kurz oder lang verbraucht sein; und dann muß eine Entscheidung fallen ! Das Volk wartet. Das Volk hat sich eine bestimmte Meinung gebildet über das, was geschehen muß und deshalb auch geschehen wird. Es ist nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Herr Dr. Brüning hat das Wort. Wie lange noch

An alle Erwerbslosen !

8. September 1931 Die Sozialdemokratische Partei hat euch am 9. November 1918 ein Reich in Freiheit, Schönheit und Würde versprochen. Dieſes Versprechen ist nicht eingelöst worden, weil es nicht eingelöst werden konnte. Zwar ſind in der Weimarer Verfassung die sogenannten sozialen Errungenschaften verankert worden, aber die stehen ― wie ihr alle wißt ―― nur auf dem Papier. Ihr solltet die Sicherheit von Brot und Arbeit genießen; eine freie und unverlegliche Wohnstatt sollte euch garantiert sein. Der Besitz politischer Meinungs- und Gewissensfreiheit sollte unter dem Regime der Demokratie unantastbar bleiben. Statt dessen aber gab man euch Steine statt Brot. Über s Millionen sind vom Segen der werktätigen Arbeit aus― geschlossen in diesem Winter werden es nach Angabe des Reichskanzlers Dr. Brüning sogar über 7 Millionen sein. Anstelle von Meinungs- und Gewissensfreiheit herrscht in den marxiſtiſchen Parteien und sozialdemokratischen Gewerkschaften ein geistiger und politischer Zwang, der jeglicher Beschreibung spottet. Die Sozialdemokratie hat euch, Männer und Frauen, die ihr ein natürliches Anrecht auf Arbeit und ein menschenwürdiges Dasein habt, um die elementarsten Lebensrechte betrogen. Sie hat die Nation verraten und die Arbeiterschaft mit lügnerischen Phrasen an der Vase herumgeführt. Die Kommunistische Partei will das deutsche Proletariat glauben machen, sie sei dazu berufen, dem Landes- und Arbeiterverrat der SPD. ein Ende zu machen. Sie wirbt um eure Gefolgschaft, weiß dabei aber 202

keine besseren Vorschläge anzuführen als diejenigen, die sich schon in der praktischen politischen Betätigung der SPD. als undurchführbar, ja geradezu verwerflich erwiesen haben. Es ist noch nicht lange her, daß der russisch-bolschewistische Diktator Stalin, um der Weltfinanz zu Diensten zu sein, feierlich dem leninistischen Bolschewismus abgeschworen und sich zum kapitalistischen Individualismus bekannt hat. Die Internationale hat auf der ganzen Linie Schiffbruch erlitten ; wo aus der Theorie Praxis gemacht werden sollte, zeigten sich die marristischen Wortführer als notorische Lichtskönner, verwerfliche Phraſendrescher, verantwortungslose Demagogen und verräterische Arbeiterbetrüger. Das Proletariat beginnt das auch allmählich einzusehen. Der Wider. wille und die Ablehnung gegen den Marxismus ist in den arbeitenden Schichten unseres Volkes stetig im Wachsen begriffen. Ein Teil des deut schen Proletariats hat schon vollkommen resigniert und glaubt nicht mehr daran, daß es noch einmal möglich sein könnte, für die schaffende Arbeit das deutsche Volk von den Fesseln des internationalen Kapitalismus zu befreien. Die nationalsozialistische Bewegung hat dieser Verzichtstimmung den Kampf angesagt. Sie steht auf dem Standpunkt, daß das deutsche Proletariat nicht deshalb verloren hat, weil es ihm an der notwendigen Kraft ermangelte, die Macht zu ergreifen, sondern weil es einer falschen Fahne folgte und sein Schicksal in die Hände von Betrügern legte, die weder die Fähigkeit noch den Willen hatten, das System des Kapitalismus zu zertrümmern und es durch eine neue sozialistische Ordnung zu ersetzen. Solange der Sozialismus von internationalen Juden und Judengenossen geführt wird, besteht keinerlei Hoffnung, ihn zum Segen des arbeiten. den Volkes in die Praxis zu übersetzen. Nicht die Internationale wird das Arbeitertum befreien. Erst wenn ſozialistische Gesinnung und nationalistische Haltung sich miteinander vermählen und zu einer neuen, modernen Weltanschauung umgeschmolzen werden, besteht die Möglichkeit, das Arbeitertum zu befreien und die Ketten des Weltkapitalismus zu sprengen. Jhr, Arbeiter und Arbeiterinnen ohne Arbeit und ohne Hoffnung, ihr, der furchtbarsten Verzweiflung preisgegeben, im Stich gelaſſen von euren Verführern und um eure elementarsten Lebensrechte betrogen, ihr seid am Ende doch noch dazu berufen, die Forderungen der deutschen Nation zu euren eigenen zu machen und damit einen Zustand herbeizuführen, in dem eine neue deutsche Liation auch eure Sache verfechten kann. Darum rufen wir euch. Unser Appell geht an die gesamte werktätige Bevölkerung. Man hat euch lange genug mit Versprechungen und Phraſen abgefüttert. Macht endlich Schluß mit dem marxistischen Jrrwahn und legt euer Schicksal vertrauensvoll in die Hände von Männern, die mit euch die deutsche Nation und mit der deutschen Nation euch befreien wollen ! Der Schlachtruf Berlin bleibt rot !" hat längst seine Gültigkeit ver loren. Zu Tausenden und Zehntausenden haben sich die Arbeiter der Reichs. hauptstadt hinter die Fahnen Adolf Hitlers gestellt. Während die mar ristischen Arbeiterverratsorganisationen in sich zusammenbrechen, steigt der Adler der Hitler-Bewegung hoch. Es wird nicht lange mehr dauern, dann marschiert auch der letzte anständige Arbeiter neben seinen national sozialistischen Kameraden in den braunen Bataillonen unserer SA. Mit beginnendem Herbst eröffnet die nationalsozialiſtiſche Bewegung in Berlin die Generaloffensive auf die großen Betriebe. Das Ziel dieser

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Aktion ist: auf jeder Berliner Fabrik eine Hakenkreuzfahne! In großem Stile werden wir die Aufklärung der Berliner Arbeiterschaft betreiben und dabei weder vor Verleumdung noch vor Terror zurückweichen. Morgen beginnt das Eröffnungsgefecht. In sechs großen Erwerbslosenversammlungen werden wir unsere klarumriffene Stellungnahme zum brennendsten Problem der Gegenwart, zur Erwerbsloſenfrage, darlegen, Männer und Frauen ! Heraus zum großen Arbeitermassenappell ! Laßt euch nicht durch Hege und Verleumdung vom Besuch abhalten! Jeder anständige Proletarier überzeugt sich selbst und bildet sich dann sein eigenes Urteil. Wir sind der Überzeugung, daß dieses Urteil nur für uns und nirgends gegen uns ausfallen kann. NSDAP., Gau Groß-Berlin Dr. Goebbels.

Peter Gemeinder 10. September 1931 Angesichts der vichischen Bluttat kommunistischer Mörder, die erneut in Berlin Cationalsozialisten dahingestreckt hat, wetteifern die Blätter der Linken bis in das Zentrum hinein in kaltschnäuziger Gleichgültigkeit, die ihrem infernalischen Haß gegen den National. sozialismus entspringt. Die nachfolgenden Ausführungen, die gestern Parteigenossen Gemeinder zum Gedenken geschrieben wurden, haben daher heute eine beſondere, traurige und erschütternde Aktualität er. langt. Die Schriftleitung. Er wird im Jahre 1891 in Dillhausen geboren, besucht die Volksschule und tritt als Lehrling bei einem Architekten ein. Er erlernt das Maurerhandwerk und verdingt sich dann als Geselle und Fabrikarbeiter. 1911 tritt er bei den Naſſauiſchen Pionieren ſeine Militärdienstzeit an und macht den Krieg vom 2. Auguſt 1914 bis 25. November 1918 mit. Er wird zweimal schwer verwundet und wegen seiner Tapferkeit mit hohen Orden und Ehrenzeichen belohnt. Der unbekannte Arbeiter der Vorkriegszeit reiht sich als unbekannter Soldat in die große Weltkriegsarmee ein. Auch er gehört zu denjenigen, die am Anfang dieses vier jährigen Ringens voll Glauben und Zuversicht an die Front gehen und im November 1918 vor der Verzweiflung stehen. Viele sind von der lot der Zeit zerbrochen worden. Er dagegen findet in harter Ronsequenz aus dem großen Erlebnis des Weltkrieges den Weg zur nationalsozialiſtiſchen Bewegung. Auch hier dient er sich von unten herauf hoch. Er ist nicht einer der Begnadeten, die in kurzem und mühelosem Siegeslauf eine glänzende Karriere machen. Er muß sich durch die Partei hochkämpfen, marschiert als einfacher Kamerad in Reih und Glied, wird Zellenobmann, Volks. redner in der Provinz, 1924 zieht er als Stadtverordneter in das Frank furter Parlament ein und wird dort wegen überragender Fähigkeit zum Fraktionsführer ernannt, 1929 Mitglied des Provinziallandtags Hessen. Nassau und am 14. September 1930 Reichstagsabgeordneter. Von da beginnt seine politische, Tätigkeit weitere Kreise zu ziehen. Die Partei wird auf ihn aufmerksam, er hält im Reichstag eine Rede

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zum Sozialetat und erregt damit weit über seine eigene Fraktion hinaus berechtigtes Aufsehen. Ich sehe ihn noch auf der Tribüne des Reichstags, diesen hageren, asketischen Mann, dem ein glühender und fanatischer Idealismus in den Augen geschrieben stand. Die rote Meute versucht ihn niederzubrüllen . Aber sicher und unbeirrt sett er sich gegen das Geheul der marxistischen Volksverräter durch. Peter Gemeinder erringt der Fraktion im Parla ment mehr als einen Achtungserfolg. Er stellt das stahlharte sozialiſtiſche Wollen der Partei unter Beweis und endet mit einer leidenschaftlichen Rampfansage gegen den bürgerlichen Kapitalismus. Es ist einige Jahre her, daß ich gelegentlich einer Versammlung in Frankfurt, die von ihm selbst geleitet wurde, von seinen Rameraden auf seinen leidenden Zustand aufmerksam gemacht werde. Ich bemühe mich darum, ihn für einige Wochen irgendwo im Gebirge oder an der See zur Erholung unterzubringen. Ergebnis: als es so weit ist, lehnt Ge meinder ab, weil er für die politische Arbeit unentbehrlich sei. Wenn auf einen, dann paßt auf ihn das Wort, daß er sich verzehrte im Dienst am Vaterlande. Das Vaterland, das war ihm unsere Be wegung. Und unsere Bewegung war ihm das Vaterland. Die Mission, die er dort zu tragen hatte, war nur eine konsequente fortsetzung des Frontdienstes, den er von 1914 bis 1918 schweigend und ohne Pathos erfüllte. Die Bewegung ging ihm über alles. Und gleich wie wir, war er bis zum letzten Atemzuge von der Hoffnung beseelt, daß der Nationalsozialismus einmal alle Schmach vom deutschen Ehrenschilde abwaschen und der Nation ein neues Lebensgefühl geben würde. Seine Tage und Nächte verbrachte er im Dienst an der Partei. Fast kein Abend verging, daß er nicht in irgendeinem Saal stand und sehn. süchtigen Menschen das Evangelium des neuen Deutschland predigte. Einmal mußte es auch mit ihm zu Ende gehen. Schon nach seiner großen Rede im Reichstag flüsterte ein Wissender einigen Vertrauten zu: „Dieser Mann ist vom Tode gezeichnet." An einem Sonnabendabend redet er in der Stadthalle in Mainz. Mit einem Fanfarenruf klingt sein Leben aus. Nach der Versammlung begibt er sich ins Hotel zurück, und eine Stunde später geht er zur großen Armee. Ein bescheidenes, karges Leben, in dem das Glück nur selten zu Hause war. Es wurde meistens durch Verantwortung und Pflicht ersetzt. Aber gerade darin liegt die Größe dieses Mannes, daß er auf ſich_selbst verzichtete und sich nur der Idee ergab. Als Deutscher und Christ begnügte er sich nicht mit einem bloßen Lippenbekenntnis. Er liebte seinen Nächsten, seinen Volksgenossen, nicht wie sich selbst, sondern mehr als sich selbst. Wer wagt es, einen Stein auf ihn zu werfen? ach seinem Tode begeben sich einige seiner Freunde zum General. vikar des Mainzer Bistums, Dr. Mayer, um mit ihm das Begräbnis zu besprechen. Sie erfahren dort zu ihrem maßlosen Erstaunen, daß kirch. liche Zeremonien dabei nicht in Frage kämen, da „Peter Gemeinder ein. geschriebenes Mitglied und Führer eines von den Bischöfen verbotenen Vereins und gestorben sei, ohne seine Zugehörigkeit zu dieſem Verein zu bereuen und aufzugeben". Wir nehmen an, daß dieser Dr. Mayer in den geheizten Studierstuben eines Ronvikts seine theologiſchen Studien betrieben hat; daß er dann 205

irgendwo Raplan und Paſtor wurde und sich in Jahren zu seinem hohen Amt heraufdiente. Wir haben keine Veranlassung, zu bestreiten, daß er dazu die nötigen klerikalen Qualitäten aufweist, greifen aber wohl nicht fehl in der Meinung, daß er, als Peter Gemeinder die Heimat mit seinem Leibe beschützte, gesichert hinter ihm ſtand, und auch nicht, wie er, zu den jenigen gehörte, die von 1918 bis 1923 Deutſchland und auch die katho lische Kirche vor der Drohung des Bolschewismus beschützten. Wir glauben ihm kein Unrecht zu tun, wenn wir bezweifeln, daß er jemals sein katholisches Christentum mit Blut und Leben verteidigt hat. Herr Generalvikar Dr. Mayer kann auch für die Zukunft unbeſorgt sein, daß seiner Kirche in Deutschland dasselbe Los zuteil wird, das sie in Rußland und Spanien erleiden mußte ― dafür werden unter anderem auch diejenigen sorgen, die Peter Gemeinder erweckt hat und die sein Vermächtnis schweigend weiter tragen. Eine spätere Zeit wird erweiſen, ob für Peter Gemeinder eine Veranlassung bestand, in seiner letzten Stunde seine Zugehörigkeit zur NSDAP. zu bereuen", oder nicht viel mehr für den Herrn Generalvikar Dr. Mayer, einem deutschen Mann und katholischen Christen den Segen überm Grabe verweigert zu haben, weil er nicht lau war, sondern kalt oder heiß. Und nun frage ich euch, und jeder soll auf diese Frage vorurteilslos und fern von aller Parteimeinung eine klare, unmißverständliche Antwort geben: Stände Jeſus Chriſtus heute mitten unter uns, und träten diese beiden Männer vor ihn hin - der lebende Generalvikar und der tote Nationalsozialist: Wem, glaubt ihr, würde unser göttlicher Lehr. meister schweigend die Hand geben:

Die ersten Opfer 11. September 1931 Die Führung der nationalsozialiſtiſchen Bewegung in Berlin hat für den beginnenden Herbst und Winter die Parole: inein in die Betriebe!" herausgegeben. Der Kampf unter dieser Parole hat mit dem 1. September begonnen. Sein Ziel ist die Eroberung der marxistischen Berliner Arbeiterſchaft und die Einschmelzung jedes anständigen Proletariers in die nationalsozia listische Front. Es bleibt den marxistischen Parteien nichts anderes übrig, als sich um die Frage des Sozialismus mit uns geistig auseinanderzusetzen. Denn die nationalsozialiſtiſche Bewegung hat keinen Zweifel darüber gelaſſen, daß sie sich weder durch Gewalt noch durch Lüge und Verleum. dung von dem einmal als richtig erkannten Wege abdrängen laſſen wird. Nach einer taktisch geschickten preſſemäßigen Vorbereitung hat der Großkampf am Mittwoch, dem 9. September, begonnen. Am Abend dieſes Tages veranstaltete die NSDAP. in der Reichshauptstadt sechs ErwerbslosenMaſſenversammlungen. Und ihrem Appell hatten die Berliner Arbeitslosen in ungeahntem Maße Folge geleistet. Die Säle waren allenthalben bis zum Brechen überfüllt, der Schutz der Verſammlungen durch ſtarke SA. und SS. Kommandos hinreichend gesichert und damit die Gewähr geboten, daß die Kommunistische Partei sich in ihrer Rechtfertigung nicht hinter einer feigen Saalschlacht verstecken konnte, sondern wohl oder übel 206

Rede und Antwort stehen mußte. Die nationalsozialistischen Redner erörter ten in breit angelegten Referaten die Not der Erwerbslosen, ihre Ursachen und folgen und gaben dann Mittel und Wege an, wie man dem Elend wirksam begegnen könnte. Die Kommunisten hatten ihre Anhängerscharen in unsere Säle entboten. Es wurde ihren Wortführern freie Diskussion zugebilligt; aber das Ergebnis unserer Großoffensive war, daß die kommunistischen Referenten auf unsere logisch unterbaute Beweisführung nur inhaltslose Phrasen stammeln konnten und nach Schluß der Versamm lungen als Unterlegene wie geprügelte Hunde davonschleichen mußten. Wir haben uns keinen Augenblick darüber im Zweifel befunden, daß die Kommunistische Partei diese Schlappe nicht widerspruchslos hinnehmen würde. Aber die Antwort, die sie noch am selben Abend durch ihre Terrorgruppen mit Dolch und Revolver überreichen ließ, übersteigt doch alles, was wir bisher an Gemeinheit und Niedertracht von seiten dieſer organi ſierten Mordpartei gewohnt sind. Noch während die Erwerbsloſenverſammlungen in den verschiedenen Proletariervierteln abliefen und die Kommunistische Partei eine nie dageweſene politische Niederlage erlitt, erschienen vor dem Hause Gnei senaustraße 17, in dem ein Verkehrslokal unserer SA. liegt, kommunistische Mörder und schoffen aus dem dunklen Hinterhalt, ohne jeden Grund, auf unsere vor der Tür stehenden und dort Wache haltenden Parteigenossen und SA.-Männer. Vier von ihnen wälzten sich schwergetroffen in ihrem Blute und einer verstarb einige Minuten später. Das sind die ersten Opfer unſeres Kampfes um die Betriebe. Die Judenpresse hüllt ſich ob der feigen und gemeinen Bluttat in ver. legenes Schweigen. Ein jüdisches Asphaltblatt, das sonst nicht müde wird, gegen das politische Rowdytum, das es bei der nationalsozialiſtiſchen Bewegung entdeckt haben will, zu zetern und zu wettern, bringt auf der legten Seite eine kleine und unscheinbare Mitteilung darüber, mit der bis aufs Blut reizenden überschrift: Schwere Ausschreitungen am Kreuzberg." Bedarf es noch einer Betonung, daß es sich hier nicht um " Aus. schreitungen" handelt, bei denen Angreifer und Angegriffene nur schwer zu unterscheiden ſind, ſondern im Gegenteil um einen abgefeimten und heim. tückischen Mord, von der Kommunistischen Partei und ihren Terrorgrup pen gegen nationalsozialistische Arbeiter organisiertz Müssen wir die Öffentlichkeit noch darauf aufmerksam machen, daß dieses Verbrechen nur ein weiteres Glied darstellt in der nicht mehr abreißenden Kette bolsche. wistischer Untaten, daß das die offene Drohung mit dem Bürgerkrieg ist und daß Nationalsozialisten unter den obwaltenden Umständen wehr. und waffenlos dem Blutrausch des kommunistischen Untermenschentums preisgegeben sind? Welch ein Geschrei würden die jüdischen Lügner und Heuchler bei Ullstein und Mosse erheben, wenn die Dinge umgekehrt lägen? Welch_eine bebende Entrüstung klang durch ihr Zeter und Mordio, als in Hamburg ein kommuniſtiſcher Heger von nationalsozialiſtiſchen Arbeitern hingestreckt wurde? Ist der Mord in der Gneisenaustraße nicht ungleich gemeiner und verbrecherischer als das, was sich in Hamburg abspielte? Warum ruft Herr Dr. Wirth nicht wie damals die Innenminister der Länder zusam men? Wo bleibt der Protest der Öffentlichkeit : Wir warten auf die Leitartikel. otverordnung gegen das at man in der Reichskanzlei eine neue kommunistische Verbrechertum in Vorbereitung?

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Man soll sich nicht wundern, daß das heutige Parteisystem im Ausland jeden Kredit verliert. Solange man die stärkste Partei des Landes, von der jedermann weiß, daß sie in kürzester Frist an die Macht kommen wird, in der öffentlichkeit für vogelfrei erklärt, solange wird das Ausland jum heutigen Deutschland kein Vertrauen faſſen können. Spekuliert man im Lager des Kommunismus etwa darauf, daß die nationalsozialistische Bewegung, die immer Disziplin hält, ſich nicht provo zieren läßt und jeden Mord an ihren Kameraden schweigend hinnimmt? Ist es bei den zeitungschreibenden und meinungmachenden Hebräern schon Mode geworden, uns Nationalsozialisten als Viehstücke anzusehen, die jedermann im Schutz der Dunkelheit unter dem versteckten und hämischen Beifall der Journaille zusammenknallen darf Wir Berliner Nationalsozialisten stehen verbittert und voll verbiſſenen Ingrimms an der Bahre unseres gemordeten Kameraden. Wir legen unsere reinen und unbefleckten Hände auf einen kalt gewordenen jungen Arbeiterleib und schwören es bei allem, was uns heilig ist, bei Familie und Vaterland, daß wir diese Untat und dieses zum Himmel schreiende Ver. brechen niemals vergessen werden. Wir tun unſeren unerbittlichen Willen kund, daß wir arbeiten und schuften wollen Tag und Nacht, um die Macht zu erobern, und daß wir eher, als unsere Feinde das glauben wollen, mit der Macht des Staates legal und verfassungsmäßig ein Strafgericht ab. halten werden, das nur einen Maßstab finden soll an dem Unrecht, das man uns ein Jahrzehnt lang angetan hat. Der junge Arbeiter, über deſſen heiligen Leichnam wir nun wieder den Sarg schließen müssen, soll nicht umsonst gestorben sein. Wir tragen sein mahnendes und forderndes Vermächtnis auf unſeren wunden Händen und erklären und beteuern vor der Welt und Nachwelt, daß wir ohne Gnade und erbarmungslos ſein wollen, wenn unsere Stunde kommt. Der Kampf um die Betriebe wird weiter fortgesetzt, komme, was kommen mag. Die Parole, die wir ausgaben, hatte bisher nur politischen Sinn. Jetzt ist sie von der Majestät des Todes geweiht. Aus dem Blute des Erschossenen werden eines Tages seine Rächer auferstehen. Des Toten Gesicht tragen heut hunderttausend Mann und sind Gericht.

Wie lange noch, Herr Curtius? 14. September 1931 Der Kampf um die deutsch-österreichische Zollunion ist in Genf mit einer schmählichen Wiederlage unserer Außenpolitik beendet worden. Der französische Vertreter erklärte ausdrücklich seine tiefe Befriedigung über den Rückzug, den Dr. Curtius und Schober vor aller öffentlichkeit angetreten haben. Ein großer Aufwand ward nutzlos vertan. Man hatte entgegen unseren ausdrücklichen Warnungen den Versuch gemacht, eine Aktiviſierung der deutschen Außenpolitik vorzunehmen, ohne vorher im Lande selbst den notwendigen machtpolitischen Rückhalt dafür zu schaffen. Die Folgen, die daraufhin eintraten, waren zwangsläufiger Vatur. Jede wirksame und erfolgreiche Außenpolitik beruht auf der materiellen oder moralischen Macht, die ein Volk besitzt. Parteihaufen, die sich unterein.

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ander befehden, sich gegenseitig den Rang abzulaufen versuchen und nur ihrem eigenen Interessenklüngel dienen, ſind dazu vollends unfähig. Herr Dr. Curtius und das von ihm außenpolitisch vertretene Kabinett ist an diesen elementaren Erkenntnissen achtlos vorbeigegangen. Er war sich in keinem Augenblick ſeines verantwortungsvollen Handelns der Tatfache bewußt, daß hinter ihm kein Volk mehr stand, sondern nur noch eine Volkspartei, und daß demgemäß jede Außenpolitik, die auf dieser brüchi gen Basis beruhte, von vornherein zur Ünfruchtbarkeit und Erfolglosig keit verdammt sein müsse. Man mißverstehe uns nicht : wir haben seit Jahren die Notwendig, keit betont, den eisernen Ring, in den Frankreich das deutsche Volk hineinzuschließen versucht, zu sprengen. Aber wir haben auch niemals einen Zweifel darüber gelaſſen, daß uns das auf dem Wege von nur gütlichen Verhandlungen, bei denen Deutschland immer der Leidtragende sein wird, unmöglich erscheint. Wir haben demzufolge eine Bereinigung des öffentlichen Lebens im eigenen Lande gefordert und daran an schließend als logische Folge die Einigung des deutschen Volkes unter einer neuen Idee und unter neuen Männern. Dann erst erschien uns die Möglichkeit geboten, einen radikalen Bruch mit den bisher von der deutschen Politik gepflogenen außenpolitischen Methoden vorzunehmen und den Versuch einer neuen Mächtekonstellation in Europa zu wagen. Wer kann eine solche verwegene Politik von dem augenblicklich amtierenden Kabinett auch nur vermuten, geschweige verlangen ? Das gegenwärtige Rabinett ist den brennenden Problemen der deutschen Innenpolitik nur zögernd zu Leibe gegangen. Es hat sich mit halben Mitteln und unzulänglichen Reformversuchen begnügt. Virgendwo war auch nur ein Ansatz bemerkbar, den Parteienstaat zu überwinden und ihn durch Proklamierung einer neuen, volksgenossenschaftlich bedingten Idee aus dem Wege zu räumen. Damit war die halbe Aktivität der Wilhelmstraße von vornherein gerichtet. Sie mußte sich auf unmotivierte und sensationelle überraschun. gen beschränken, und ein Blinder konnte es mit dem Stock fühlen, daß das Ende dieses in keinerlei Weise vorbereiteten Versuchs ein vollkom menes Debakel ſein würde. über den fachlichen Mißerfolg dieser Politik kann Herrn Dr. Curtius als Person kein Vorwurf gemacht werden. Daß er einer überschätzung der ihm und dem von ihm vertretenen Rabinett zur Verfügung stehen. den machtpolitischen Kräfte verfiel, das ist ſein privates Pech, steht aber im Rahmen der heute betriebenen Gesamtpolitik durchaus nicht vereinzelt da. Die Spige unserer Kritik richtet sich vor allem gegen die Art und Weise, wie er in Genf vor frankreich kapitulierte. Und da allerdings muß festgestellt werden, daß sein Rückzug vor der Pariser Gewaltpolitik auch in der Rette außenpolitischer Liederlagen Deutschlands seit 1918 beispiellos ist. Herr Schober, der falsche Biedermann aus Wien, war schon vorher mit dem Quai d'Orsay zu einem Akkord gekommen. Der Verdacht liegt nahe, daß die habsburgisch geschulten außenpolitischen Strategen am Ballhausplatz es mit der Zollunion gar nicht so bitterernst gemeint haben, daß sie sich dabei nur eines Druckmittels bemächtigen wollten, um von dem geldstrotzenden Frankreich billigere Kredite zu erhalten. Die Erklärung, die Schober in Genf abgab, kann in einem deutsch empfindenden

209 14 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

Menschen diesseits der deutsch-österreichischen Grenze nur ein Gefühl der Verachtung auslösen. Daß Österreich heute nur noch eine Geldkolonie der internationalen Finanzmächte darstellt, ist eine folge der dort und bei uns seit 1918 betriebenen Verzichtpolitik. Daß aber sein außenpolitischer Repräsentant die Schmach und lot seines Landes so demütigend und ohne jede charakterliche Haltung vor der Welt zur Schau trägt, das ist einer der schmählichsten Beiträge zum Kapitel der Nachkriegspolitik dort und bei uns. Es war bisher auch in parlamentarischen Demokratien Sitte, daß jeder Staatsmann mit seiner Politik steht und fällt. Ein Außenminister, der vor einigen Monaten noch eine außenpolitische Aktion einleitet und verantwortlich deckt und heute sein Projekt mit Verbeugungen vor dem Völkerbund fallen läßt, ist untragbar. Die deutsche Außenpolitik würde den letzten Rest ihres Weltkredits verlieren, wenn Dr. Curtius aus seiner Niederlage in Genf nicht die notwendigen Konsequenzen zöge. Wir stehen mit dieser Forderung nicht vereinzelt da. Bis weit in die Mittelparteien hinein verlangt man stürmischer und stürmischer den Rücktritt dieses Ministers. Seine eigene Partei hat ihn bereits des avouiert, und nur die jüdische Journaille legt noch eine lauwarme Lanze für ihn ein. Worin wir uns von den anderen Kritikern an Curtius und seiner Politik grundsätzlich unterſcheiden, ist folgendes: Wir glauben es nicht damit getan, daß er als Person von seinem Amt verschwindet. Damit ist an unserer verzweifelten innen- und außenpolitischen Lage nichts geändert. Curtius hat die Politik des Rabinetts, dem er angehört, be trieben, und wenn dieſe Politik sich als unfruchtbar erwiesen hat, dann hat das gesamte Rabinett dafür die Verantwortung zu tragen und muß demzufolge mit dem Ende dieser Politik auch sein eigenes Ende finden. Die außenpolitische Wiederlage, die Deutschland in Genf erlitt, ist auf ein folgenschweres innenpolitisches Versagen zurückzuführen. Und dieses Versagen ist nicht mehr symptomatischer, sondern ursächlicher Natur. Es ist dem Rabinett Brüning in den eineinhalb Jahren, da es ſich im Besitz einer uneingeschränkten Machtfülle befindet, nicht gelungen, das deutsche Volk innenpolitisch in form zu bringen . Jede Außenpolitik mußte deshalb Stückwerk und untauglicher Versuch am untauglichen Objekt bleiben. Das Partei-System, das durch Brüning und ſein Kabinett repräsentiert wird, hat seine Unzulänglichkeit hinreichend bewiesen, und es muß deshalb mit aller Entschiedenheit gefordert werden, daß es mit seinen Männern auch selbst verschwinde. Wir machen uns deshalb nur zum Wortführer der weitaus überwiegenden Mehrheit der Nation, wenn wir verlangen, daß der not wendig gewordene Abgang Curtius' zu einem Abgang des Gesamtkabinetts führen muß und daß mit dieſem letzten Repräsentanten des bürgerlich. liberalen Kapitalismus auch das Partei-System zu fall kommt, das sich vor dem Lande und vor der Welt als unzulänglich und erfolglos er wiesen hat. Herr Dr. Curtius muß den Anfang machen. Die anderen werden folgen! Wir begnügen uns deshalb für heute mit der bescheidenen Frage: „Wie lange noch, Herr Curtius?"

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Von Harzburg nach Braunschweig 21. Oktober 193) Wenn man von Berlin aus mit dem Auto hinfährt, dann ist es bis Magdeburg derselbe Weg. Dort aber teilt sich die Straße, und dann geht es in verschiedenen Richtungen zu verschiedenen Zielen. So ähnlich ist es auch politisch. Die große Kundgebung der nationalen Oppoſition in Harz burg war ein Bekenntnis zu gemeinsamem Vorgehen zum Zwecke der Erreichung eines Teilzieles. In dieser Beziehung ging ihr Sinn nicht über taktische Bedeutung hinaus. Die Situation war ähnlich der beim gemeinsamen Kampf der Parteien und Verbände aus Anlaß des Roung Volksbegehrens und Volksentſcheids. Diesmal handelt es sich um den Sturz des Kabinetts Brüning und die Errichtung einer nationalen Regie rung. Da die nationalsozialistische Bewegung auf dem Legalitätsprinzip steht und keinerlei Veranlassung vorhanden ist, davon abzuweichen, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Eroberung der Macht vorerst nur in einer Koalition möglich ist. Die Machteroberung aber unterscheidet sich wesentlich und grundsäglich vom Machtziel . Wenn vielfach in der Öffent lichkeit die Frage aufgeworfen wird, wie die nationalsozialiſtiſche Bewe gung es für denkbar halte, mit den in der nationalen Opposition zuſam mengeschlossenen Parteien und Verbänden ihr Programm zu verwirklichen, so ist darauf folgendes zu erwidern: Das Programm des Nationalsozialismus ist festliegend und unabänder lich. Die Partei hat auch nicht im mindesten die Absicht, irgendwie davon abzuweichen. Es ist aber ein anderes, eine Regierung zu stürzen oder ein Programm zu verwirklichen. Schließen sich Parteien und Verbände mit uns zur Beseitigung des heutigen Systems zusammen, so sind sie uns dabei jederzeit herzlich willkommen. Wir könnten nur wünschen, auch die Wirtschaftspartei und der Chriſtlich-Soziale Volksdienst hätten uns dabei geholfen; das Kabinett Brüning gehörte dann der Vergangenheit an, und der Weg läge offen für eine neue politische Machtbildung. Wo steht es denn geschrieben, daß alle, die in Harzburg unter unserer Führung mit demonstrierten, damit Nationalsozialisten geworden wären? Sie wollten Brüning stürzen, und wenn das nicht gelungen ist, so liegt das nur daran, daß die front, die dort aufmarschierte, noch nicht breit genug war. Das taktische Ziel der nächsten Wochen wird sein, mit allen Mitteln diese Frontverbreiterung durchzuführen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Sieg, den Brüning am vergangenen Freitag errang, in jeder Be ziehung ein Pyrrhussieg war. Die Mehrheit, die er noch einmal im Reichstag fand, war willkürlich zusammengekoppelt und gestoppelt. Die Mittelparteien, die ihm dabei Gefolgschaft leisteten, taten das nicht aus überzeugung, daß er der einzig richtige Mann sei, ſondern, weil sie in seinem Kabinett das kleinere übel saben und zum Teil bei seiner Billigung die primitivsten und verwerflichsten egoistischen Parteiziele vertraten. Wie schwer aber das Harzburger Ergebnis die gegenwärtige Mehrheits koalition traf, das erkennt man daran, wie laut sein Echo in der Öffent lichkeit war und wie wenig die Regierung darauf zu erwidern hatte. Die kleinen auchnationalen Splitterparteien, die nicht den Mut zum letzten Entschluß fanden, haben sich damit ihr eigenes Grab geschaufelt, und tiefer denn je klafft zwischen ihnen und den hinter ihnen stehenden Wählermassen die Kluft des Mißtrauens. Die parlamentarische Mehrheit des

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gegenwärtigen Kabinetts entspricht nicht mehr der Mehrheit im Volke, und je länger wir in den Winter hineingehen, um ſo ſchreiender wird die Dissonanz zwischen Reichstag und Nation. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die politische Führung der Anti-Brüning-Front in den Händen der nationalsozialistischen Bewe gung liegt, dann wäre er durch die hinreißende Massenkundgebung der Partei und SA. am vergangenen Sonntag in Braunschweig erbracht worden. Das Schwergewicht der oppositionellen Verbände und Parteien ist ziffern und wertmäßig bei uns. über hunderttausend aufmarschierende SA.- und SS.-Männer trugen in Braunschweig die Zukunft des Reiches auf ihren Schultern. Sie schauten voll Sehnsucht und Vertrauen auf ihren erkorenen und schicksalsbestimmten Führer Adolf Hitler. In ihm sehen sie, besonders für die kommenden Wochen und Monate der Entscheidungen, die Bürgschaft des Sieges und das Unterpfand einer radikalen Neuordnung des Reiches. Harzburg war taktische Teilstation, Braunschweig aber die Proklamation des unveränderlichen Endzieles. Die nationalsozialistische Bewegung ist heute die einzige bewußt deutsche Partei, hinter der die revolutionären Massen stehen und in der unerbittlich und einschränkungslos der Wille des Volkes verankert liegt. Deutschland ist von uns erweckt worden. Und in steigendem Maße erkennt das Volk in Adolf Hitler nicht nur den genialen Trommler zum Aufbruch der Nation, sondern auch den klugen Taktiker und weitschauenden Staatsmann, der dazu berufen ist, Deutschland vom Abgrund zurückzureißen. Man halte uns nicht mit überheblicher Arroganz entgegen, daß die nationalsozialistische Bewegung zwar talentierte Agitatoren, aber keine überragenden Köpfe zur Verfügung halte. Wenn ein kleines Korps von disziplinierten Massenführern es fertig bringt, aus dem Nichts_heraus eine Millionenbewegung aus dem Boden zu stampfen, ſie in festen und unzerreißbaren Gemeinschaften zuſammenzuschließen, ihnen ein neues Geſetz des Seins und Handelns einzuhauchen, sie gewissermaßen als Staat im Staate zu formen, dann werden sie auch in der entscheidenden Stunde Mut und Fähigkeit genug haben, die Macht zu tragen und das Schicksal des Reiches zu lenken. Unter diesen Gegebenheiten sehen wir, auf die einfachste Formel gebracht, die Situation. Das heutige System der Parteienherrschaft wankt in seinen Grundlagen. Die seit 1918 in Deutschland betriebene Politik neigt sich ihrem Ende zu. In Harzburg stand die Front der Oppoſition. In Braunschweig marschierte die Armee des politischen Angriffs. über taktische Zweckmäßigkeiten und tagesbedingte Notwendigkeiten hin. aus erhebt die nationalsozialistische Bewegung den Anspruch auf die füh. rung des neuen Deutschland. Seit zwölf Jahren verfolgt sie kompromißlos und ohne Einschränkung das Ziel der Machteroberung und der Durch segung des Staats- und Volksgefüges mit ihrer Idee. Bis Magdeburg ist der Weg dorthin gemeinsam, und selbst von dort aus versperren noch widrige Umleitungen die bequeme und einfache Erreichung des Hoch zieles. Aber am Ende werden wir doch nach Braunschweig gelangen. Zuletzt wird doch das junge Deutschland vor Adolf Hitler defilieren und ihm seine große Hoffnung vertrauensvoll in die Hand legen.

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Septemberlinge

2. November 1931 Die alte Parteigarde denkt oft und mit Wehmut und Rührung an die schönen Zeiten zurück, da wir noch im ganzen Reich eine kleine Sekte bildeten und der Nationalsozialismus in der Reichshauptstadt kaum ein Bäckerdutzend Anhänger besaß. Gewiß hat der triumphale Aufstieg der Partei heute schon eine Reihe von Wünschen und Hoffnungen , die in uns allen lebendig sind, erfüllt. Jeder von uns lebt in dem Glauben, daß das Dritte Reich vielleicht eher, als wir das für möglich halten, Wirk. lichkeit wird. Wir kommen dem Ziel näher und näher. Aber je faß- und greifbarer es vor unseren Augen liegt, um ſo mehr sind wir gezwungen, es zu entromantiſieren und von den Schlacken illuſionärer Vorstellungen zu befreien. Wie schön war es doch dazumal, als wir noch ein Recht darauf hatten, uns die Erfüllung unserer Sehnsucht so schillernd und blau vorzustellen, wie das in unserem Belieben lag. Unterdes ist die Partei gewachsen und gewachsen. Sie beeindruckt heute das politische und wirtschaftliche Geschehen in Deutschland in weitestgehendem Maße, und fast scheint es so, als vollzögen sich bereits alle deutschen Entscheidungen in unserem Schatten. Der 14. September 1930 war Stichtag für unsere Entwicklung. An ihm legte die Bewegung zum ersten Male sichtbar vor der Weltöffentlichkeit ihre große Prüfung ab, und sie hat dieſe Prüfung mit höchſtem Erfolg bestanden. Das mußte für die Partei und ihren weiteren Fortschritt die günſtig. sten Nachwirkungen zeitigen . Allenthalben in Deutschland war der Zu zug zu unserer Örganisation unübersehbar. Und zu dieser Stunde wer den wir bereits das Doppelte und vielleicht Dreifache gegenüber dem 14. September 1930 an Umfang besitzen. Es wäre aber falsch und verhängnisvoll, wollten wir bei dieser so außerordentlich glücklichen Entwicklung die Nachteile übersehen, die sie im Gefolge hat. Hunderttausende und Hunderttausende von neuen Par teigenossen haben seitdem in die Partei Einzug gehalten. Wir haben uns alle Mühe gegeben, sie in unsere Gedankenwelt und unsere organisa torische Form einzuschmelzen. Die nationalsozialistische Anschauungs. weise ist weit genug, ein ganzes Volk zu umspannen. Der Versuch, die ungeheuren Maſſen, die nach der Septemberwahl zu uns stießen, in der Partei auch zu verdauen, ist - soweit das überhaupt möglich erscheint auf das beste gelungen. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß sich hier und da auch Elemente in unsere Bewegung eingeschlichen und eingenistet haben, die ihrer ganzen Wesensart und charakterlichen Hal tung nach gar nicht zu uns gehören. Sie kamen mit bürgerlichen oder proletarischen Vorurteilen zu uns, und eine einjährige Erziehungsarbeit hat sie nicht dazu gebracht, diese Vorurteile wie lästige Schlacken abzu. stoßen. Sie sind eben Bürger oder Proletarier geblieben und konnten am Ende nicht die Kraft aufbringen, darüber hinaus zu einer neuen deutschen Bewußtheit vorzustoßen. Es muß einmal offen gesagt werden, daß durchaus nicht jedermann Nationalsozialist werden kann. Vielleicht kann man das überhaupt nicht werden, sondern muß man das schon sein. Wem aber das Schicksal diese

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Gnade nicht erteilte, der wird immer vergeblich den Eingang in unsere organiſatoriſche Form und unsere weltanschaulichen Gesetze suchen. Hier und da findet man solche Elemente in der Partei oder in der SA. Sie machen meistens viel Aufhebens aus ihrer Gesinnung und versäu men in keinem Fall, ihre Verdienste um die Bewegung in das rechte Licht zu stellen. Wo über Nationalsozialismus diskutiert wird, da ſind ſie immer vorneweg dabei, und wenn man ihnen nicht beizeiten auf die Finger klopft, dann möchten sie gar den alten Parteigardisten erst die rechte Auffassung über das, was wir sind und was wir wollen, beibrin gen. Diese widerlichen Zeitgenossen stammen vor allem aus den Ständen von Besitz und Bildung. Sie fanden den Weg zu uns erst dann, als der Vationalsozialimus seine atemberaubende Gefährlichkeit zeitweilig ver lor. Sie sind den alten, braven Parteigenossen überlegen an intellek tueller Routine, stehen aber charakterlich und gesinnungsmäßig klaftertief unter ihnen . Der SA.-Mann, der schon in den Pharus-Sälen Wunden und Siechtum davontrug, und der 30.-Mann, der schon 1927 beim Parteiverbot für die Bewegung_nach_Moabit ging, hat für die betuliche Betriebſamkeit dieser Hans Dampf in allen Gassen nur ein verächtliches Lächeln übrig. Er belegt sie mit dem treffenden Ausdruck: Septemberlinge! Es ist damit durchaus nicht jeder gemeint, der seit dem September 1930 in die Partei eintrat und durch Arbeit, Fleiß und Opferſinn seine Pflicht der Bewegung gegenüber erfüllt. Es sind darunter nicht jene Arbeiter zu verstehen, die mit dem Kommunismus brachen und sich heute für den Nationalsozialismus totschlagen lassen, und nicht jene aus dem bürger lichen Lager, die sich mit Ekel von den parlamentarischen Interessenhaufen abwandten und heute als funktionäre oder SA. und SS .-Män. ner in irgendeiner Sektion oder irgendeinem Sturm Dienst an der Bewegung tun. Wir benennen so jene Konjunkturritter, die in der nationalsozialiſti, schen Bewegung eine bequeme Möglichkeit sehen, zu Amt und Würden zu kommen, die der Meinung sind, die Partei hätte nur auf sie gewartet und deshalb alle Veranlassung, sie mit tiefen Verbeugungen in unserem Kreiſe willkommen zu heißen . Ein Mandat für den Reichs- oder Land. tag ist nach ihrer Meinung das mindeste, was sie für den Eintritt in die Partei verlangen können. Sie sind bereit, der Bewegung, die - so glau ben sie - nur durch Demagogen großgeredet wurde, nun ihrerseits die Führer und einſchlägigen Röpfe zur Verfügung zu stellen. Mit diesen Septemberlingen muß fraktur geredet werden. Wer bei der Partei nur etwas verdienen will, wer glaubt, daß für ihn eine Extrawurst gebraten würde, wer sich nicht in die Organiſation und ihre Ge feglichkeit einfügen kann, wer das, was die alte Parteigarde in schweren Zeiten geleistet hat, für dummes Zeug hält und die Geschichte der Bewe. gung am liebsten mit seinem eigenen Parteieintritt beginnen möchte, dem zeigt man zweckmäßigerweise, wo der Zimmermann ein Loch gelaſſen hat. Je größer die Partei wird, um so kühner und verwegener muß ihr politischer Wille sein. Elemente, die uns an der Ausprägung dieses Wil lens behindern und die Mobilisierung nationalsozialiſtiſcher Weltan schauung nur mit ihrem Bleigewicht belasten, gehören nicht in unsere Partei, und wir tun gut daran, ihnen den Weg zurückzuweisen, woher sie gekommen sind. 214

Die NSDAP. darf und wird niemals eine Septemberpartei werden. Sie muß und soll ihre gerade Linie einhalten. Was gut genug war, den September zu erkämpfen, das wird auch gut genug sein, den letzten Sieg an unsere Fahnen zu heften. Es erscheint uns notwendig, gerade in dieser Zeit, da die Partei vielleicht vor schwersten Entscheidungen steht, darauf mit allem Nachdruck hinzuweisen. Und in diesem Sinne grüßen wir die alten Parteigardisten mit kameradschaftlichem Händedruck.

Aufbruch gegen die Revolte 7. November 1931 Am 9. November 1918 wurde das alte Raiserreich gestürzt. Es fiel unter dem Gewehrgeknatter feiger Deserteure und Landesverräter, und der neue Zuſtand wurde von den Arbeiter und Soldatenräten aus der Taufe gehoben. Ein Reich in Schönheit und Würde sollte beginnen . Der Sozialismus würde so machte man die arbeitenden Maſſen glauben von Staats wegen organisiert. Die Errungenschaften des marxisti schen Aufstandes sollten dem werktätigen Volk zugute kommen und für alle Zeit garantiert bleiben. Der Krieg ist verloren, aber das Volk hat auf der ganzen Linie geſiegt". So rief einer von denen, die damals so laut waren und heute so kleinlaut geworden sind, dem betörten deutschen Proletariat zu. Die Unt. wort der Welt auf dieſen hiſtoriſchen Aberwig hieß: Verſailles. Wir leben nun zwölf Jahre im Zustande dieses unerträglichen und schamlosen Versklavungsverdiktes. Wir haben zwölf Jahre lang die Tributgläubiger der Welt widerspruchslos befriedigt, Milliarden über Milliarden wanderten aus dem Lande in die Goldtresors französischer und amerikanischer Banken . Unterdes aber versuchte man bei uns zu Hause, die sozialen Errungenschaften oder was man bei der Sozialdemo kratie so nennt, zu erhalten. Und jetzt stellt es sich heraus, daß wir weder Sozial- noch Tributpolitik vom Ertrag deutscher Arbeit bezahlt haben, sondern im Gegenteil beides mit der Verpfändung der gesamten deutschen Substanz begleichen mußten. Ein Jahrzehnt lang konnte man diesen trügerischen und jeder wahren Vernunft widersprechenden Zustand dem Volk und der Welt vortäuschen. Dann aber endete dieser Irrsinn in einer unausmeßbaren wirtschaftlichen und politiſchen_Rataſtrophe, die das gequälte und gedemütigte deutsche Volk eben in ihrer letzten Phaſe durchschreitet. Mehr und mehr bricht sich in den breiten Maſſen die Erkenntnis Bahn, daß der 9. November 1918 in Deutschland kein neues System heraufgeführt hat. Die große Hoffnung des Volkes ist betrogen worden. Das Arbeitertum wurde um den Sozialismus geprellt. Der Krieg endete nicht in einer geschichtlichen Revolution, die neue historische Werte schuf. Er ging aus in einer feigen und nichtswürdigen Revolte, die auf einem alten und brüchigen Fundament ein Volksdaſein stabilisierte, das eher dem unterjochter Barbaren als dem einer großen Kulturnation zu ent sprechen scheint.

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Wir müssen die Revolte überwinden, um die Revolution zu gewinnen . Der 9. November 1918 war ein Umweg, ein Abgleiten von der geraden Linie, ein Schwachwerden der national bedingten Kräfte dem internationalen Verfall gegenüber. Das deutsche Volk hat diesen Irrtum mit einer drückenden Schuld von Not und Jammer und Elend bezahlen müſſen. Am 8. und 9. Viovember 1923 erhob sich zum ersten Male die junge Soldatengeneration, um wieder gutzumachen, was man fünf Jahre vor her so schlecht gemacht hatte. Der Versuch mißlang, und Deutſchland versank wieder in politische Apathie. Die besten Patrioten wandten sich vergrämt und verzweifelt von der großen Aufgabe des Tages ab und gaben das zukünftige Schicksal des Reiches preis. Acht Jahre sind seitdem vergangen; und in dieser kurzen Zeitspanne stand aus lacht und Finsternis herrlicher denn je der unsterbliche Mythos der deutschen Nation auf. Die Fronten haben sich abgegrenzt, die Gedanken, unter denen sich dieser spontane und hinreißende Aufbruch der Maſſen vollzieht, sind geklärt und geläutert worden. Die Politik, ehedem eine Angelegenheit, von der man glaubte, daß sie den Charak ter verderbe, hat Herz und Hirn des Volkes mit Beschlag belegt. Millionen und Millionen sind aus dem Dämmerzustand einer feigen und untätigen Ruhe erwacht und fordern heute stürmischer und drängender denn je ihre von Gott gegebenen Rechte auf Freiheit, Arbeit und Brot zurück. Es liegt eine fast unverständliche Tragik in der Tatsache, daß unser Volk erst in der bittersten Not zur tiefsten Erkenntnis kommt. Vielleicht aber ruht hier der legte Sinn alles dessen, was wir schaudernd miterlebt und miterduldet haben. Und gewiß ist alles das nicht vergebens gewesen, wenn Deutschland in der kommenden Entſcheidungsstunde auch den ent. scheidenden Bruch vollzieht mit den überlebten Kräften der Vergangen , heit und sich mutig zu einer neuen Zukunft bekennt. Der Sozialismus ist nicht tot. Er lebt heute in den Herzen deutscher Nationalisten und wird auf ihren Händen gläubig vorwärts getragen. Der Wille, die deutschen Klaſſen und Stände zu einer großen Schicksals. gemeinschaft zusammenzuschmelzen und dieser Schicksalsgemeinschaft den letzten völkischen Lebensimpuls einzuhauchen, ist heute unerschütterlicher denn je. Daß wir den Krieg verloren haben, wird heute von den Maſſen nicht mehr als unser größtes Unglück erkannt; aber daß wir um die Revolution geprellt wurden, und dabei jede Möglichkeit zu einer deutschen sozialistischen Gliederung des Volks- und Staatsgefüges aufgeben mußten, das wird vom Arbeitertum der Faust und der Stirne als ein Ver hängnis empfunden, das irgendwann und irgendwie einmal beseitigt werden muß. Für dieses Ziel haben im Jahre 1919 sieben Männer den Anfang gemacht. Dafür sind am 9. November 1923 siebzehn willensbestimmte Menschen ohne Rlage unter den Rartätschen der Reaktion zusammengebrochen. Dafür hat im Februar 1925 eine kleine und verachtete Sekte die wankende Fahne aufgegriffen und sie trotzig dem grinsenden Hohn einer feindlichen Welt entgegengetragen. über 200 SA.-Männer liegen an den Rändern des Weges, den wir gegangen sind, begraben. Sie haben die Idee mit ihrem Blut und Leben

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bedeckt. Und während sie fielen, marschierten Tausende und Zehntausende an ihrer Stelle weiter. Vun ist das Wunder, das wir alle die vergan. genen Jahre in unseren Herzen getragen haben, Wirklichkeit geworden. un erhebt sich ein ganzes Volk aus schwerem Schlaf und Traum. Nun beginnt der Aufbruch der Nation, von einem Willen beseelt, von einer Idee getrieben und zu einem Ziele hin gerichtet. Wenn wir in diesen Tagen unsere stolzen roten Hakenkreuzfahnen an den Grüften unserer gefallenen Kameraden aufpflanzen, dann ist das ein Bekenntnis zum leuchtenden Leben, dem unsere Toten dienten . Wir fühlen uns ihm verbunden mit allem, was wir denken und fühlen und sind. Unser eigenes Leben erscheint uns von nun ab nicht mehr lebens. wert, wenn es nicht im größeren Leben der völkischen Nation aufgeht und beschlossen ist . och niemals ist der deutsche Traum nach einer wahren, großen und geschlossenen Volksgemeinschaft restlos erfüllt worden. Wir wollen uns deshalb um so hingebungsvoller seiner Vollendung widmen. Der chaotische Umwälzungsprozeß, der mit dem 1. August 1914 begann, ist noch nicht zu Ende gekommen. Wir stehen mitten darin. Wir sind seine Treiber und Gestalter. Dafür zu sorgen, daß er nicht in Verfall und in der Anarchie, daß er vielmehr in der Ordnung und Disziplin eines neuen Reiches ausmündet, das wird unsere große geschichtliche Aufgabe sein. Wir werden die Mächte des Untermenschentums, die durch die Revolte von 1918 an die Oberfläche gespült wurden, wieder zum Versinken bringen, und siegreich wird darüber der deutsche Aufbruch hinwegschreiten . Dafür leben wir. Dafür sind unsere Toten gestorben.

Wir bitten um Antwort !

jo. November 1931 Am Abend des 9. August wurden auf dem Bülowplatz zwei höhere Polizeioffiziere von einer kommunistischen Tschekagruppe erschossen. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Kurz darauf fielen in verschiedenen Städten des Reiches acht SA.. Männer in einer Woche dem bolschewiſtiſchen Blutrauſch zum Opfer. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Vor etwas über einem Monat wurden vor einem nationalsozialiſti. schen Verkehrslokal zwei dort Wache stehende SA.-Männer von Rom. munisten aus feigem Dunkel angeschossen. Der SA.-Mann Hermann Thielsch starb noch kurz vor Einlieferung in das Krankenhaus; der SA.. Mann Selig kam zwar mit dem Leben davon, aber er ist durch seine schwere Verletzung jahrelangem Siechtum preisgegeben. Von den Tä tern fehlt bis heute jede Spur. Einige Tage später überfiel eine kommunistische Mordgruppe in Neukölln das nationalsozialiſtiſche Verkehrslokal „Richardsburg“. Es blieben drei Schwerverlegte auf dem Platz. Der Gastwirt Böwe erhielt einen

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Ropfschuß und verstarb kurz darauf unter quälenden Schmerzen. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. An dem darauffolgenden Sonnabend wurde der nationalsozialiſtiſche Mann Nowak, der einen bedrohten Kameraden von einer Ver. SA.sammlung nach Hause begleitete, von einer mörderischen Kugel hinge, streckt. Ein Herzschuß machte seinem jungen Leben ein jähes Ende. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Vor einigen Tagen erschossen zwei kommuniſtiſche Radfahrer den SA.. Mann Moritz auf dem Vlachhauseweg. Es ging dieser feigen Untat weder ein Wortwechsel noch eine Provokation voraus. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Das ist eine Serie der neuesten Bluttaten der Kommunisten, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie ist wahllos zusam. mengestellt; aber auch in dieser Form gibt sie ein grauenhaftes Bild der augenblicklich in Deutschland herrschenden Zustände. Man weiß nicht, welche weiteren Mordtaten der heutige und morgige Tag bringt. Man muß auf alles gefaßt sein. Das heißt mit dürren Worten, es fallen im Zeichen der Notverordnungen Abend für Abend nationalbewußte Deutsche dem hemmungslosen Mordtrieb einer umstürzleriſchen internationalen Verbrecherorganisation zum Opfer. Wenn wir uns recht er. innern, wurden die Votverordnungen zur Befriedung des politiſchen Lebens erlassen. Der Reichspräsident gab ihnen wahrscheinlich auch zu diesem Zwecke nur ſeine Unterſchrift . . Die Polizei ist einem großangelegten Umsturzplan der Kommunisti. ſchen Partei auf die Spur gekommen . Man hat in Berlin und anderen Städten den Sprengstoff zentnerweise beschlagnahmt. Es wird niemand behaupten wollen, daß kleine Funktionäre von sich aus auf den Gedanken kommen, Dynamit zu stehlen und sozusagen als Hausrat bei sich zu ver. wahren. Es besteht auch keinerlei Veranlassung anzunehmen, daß sie die Absicht haben, sich damit nur ihre Pfeifen und Zigarren anzuzünden . Man greift nicht fehl in der Vermutung, daß die Kommunistische Partei auf einen gewaltsamen Umsturz sinnt und entſchloſſen ist, ihn mit allen terroristischen Mitteln zur Durchführung zu bringen. Es ist müßig, die Frage aufzuwerfen, was mit unserer Partei geſchähe, wenn sie sich auch nur einen Bruchteil dessen zuſchulden kommen ließ, was heute auf dem Ronto der RPD. verbucht ist. Soweit wir orientiert ſind, war den „politiſchen Rindern " des Herrn Severing gegenüber von einem Verbot nie die Rede, während man bei der NSDAP. monatelang damit gespielt hat. Segt sich ein SA.-Mann in seiner Todesverzweiflung dem Mordtreiben der roten Tscheka gegenüber zur Wehr, dann schreit die Journaille Zeter und Mordio. Die ganze Welt bekommt es dann in die Ohren ge. schrien, welche Zustände in Deutschland herrschen. Und die bedrängte Judenheit ruft auf zur Einheitsfront aller Anständigen gegen den poli tischen Terror. Was ist dagegen so ein kleiner SA.-Mann Er dient einer Bewegung, die bei der Journaille als suspekt gilt. Anallt man ihn über den Hau. fen, oder zertrampelt man seinen ausgehungerten Leib zu Brei, was hat das schon auf sich Es sind immer noch zuviel Nationalsozialisten´in

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Deutschland. Rein Zweiglein rührt sich im Blätterwald. Die feigen Re daktionshyänen versinken in eisiges Schweigen, und durch die Kulissen hindurch sieht man ihr höhnisches und aufreizendes Lächeln grinsen. Die Behörden tragen nach der Verfaſſung die Verantwortung für den Schutz von Leib und Leben und Gesundheit aller Mitbürger. Es gibt keine höhere Gewalt, die sie von dieser Verantwortung entbinden könnte. Die lakonische Verlautbarung, die Täter entkamen unerkannt", ist kein Ersatz dafür. Die Polizei hat die Aufgabe, Mördern mit allen Mitteln nachzuspüren, und wenn die Fälle sich häufen, daß sie nicht gefunden werden, drakonische Maßnahmen zu treffen, um damit dem weiteren Umsichgreifen der Blutpest wirksam entgegenzutreten. Man schließt vielleicht aus unserem Schweigen, daß wir uns mit dem gegenwärtigen unerträglichen und bis aufs Blut reizenden Zustand allmählich abgefunden haben. Sollte das der Fall sein, dann irrt man ſehr. Mit steigender Bitterkeit und wachsender Empörung tragen wir unsere ermordeten Rameraden zu Grabe. Rein Menschenmund vermag den ab. grundtiefen Haß und den heiligen Zorn zu schildern, der in unseren Reihen von Stunde zu Stunde zunimmt. Die verantwortungsbewußten Führer der Bewegung haben alle Hände voll zu tun, ihre Gefolgschaften vor Unbesonnenheiten zu bewahren. Das aber gibt ihnen um so mehr die Berechtigung, in allem Ernst und mit jedem Nachdruck an die für die öffentliche Sicherheit verantwortlichen Stellen des Staates heranzu treten und von ihnen kategorisch durchgreifende Maßnahmen zu for. dern, um das Leben und die Gesundheit der ihnen anvertrauten Volksgenossen zu sichern. Noch einmal, und zwar in unmißverſtändlichster Form stellen wir des halb an die Exekutivorgane des Reiches und der Länder die Frage, was sie zu tun gedenken, um dem bolschewistischen Blutrausch endlich und radikal ein Ende zu machen. Wir bitten um Antwort.

Hessenwahlen

12. November 1931 Morgen finden nun die lange aufgeschobenen Wahlen_zum_Heſſiſchen Landtag statt. Fielen sie in eine normale zeit, dann würden sie politisch nur geringfügige Bedeutung haben. In der augenblicklichen Situation jedoch können und müssen sie das höchste Interesse für sich beanspruchen. Seit Monaten fordern wir Nationalsozialisten die Auflösung des Reichstags und des Preußischen Landtags, und unser stichhaltigstes Ar gument dafür lautet: die gegenwärtigen Parlamente entsprechen nicht mehr dem Willen der gewandelten Volksmehrheit, sie haben deshalb kein Recht mehr, auf Grund des demokratischen Systems zu regieren und Be. schlüsse von weittragender Bedeutung zu fassen. Die aus ihnen hervor. gegangenen Regierungen erfreuen sich zwar noch einer zahlenmäßig über legenen Gefolgschaft auf parlamentarischem Boden, das Volk aber ist längst in das Lager der Opposition abgeschwenkt.

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Die Rabinette dagegen im Reich und in den Ländern, die unter Zu hilfenahme des § 48 regieren, tun so, als wüßten sie von alledem nichts. Sie erlassen Notverordnungen, die von den breiten Maſſen des Polkes auf das schroffste abgelehnt werden. Ihre Politik richtet sich in ihrer Anlage und in ihren Auswirkungen gegen eben dieselbe Oppoſition, die mit fug für sich das Recht in Anspruch nehmen kann, Wortführerin des Volkes zu sein und in seinem Namen zu reden und zu handeln. Es gibt kein beſſeres Mittel, dre unhaltbaren Zustände von heute zu unterhöhlen und ihnen die politische Stabilität zu nehmen, als immer wieder in den verschiedensten Landesteilen veranstaltete lokale Wahlen. Dort ist der Volkswille unmittelbar und nicht mehr mißverständlich fest zustellen. Und je mehr und öfter die Regierung bei diesen Gelegenheiten in die Minderheit versetzt wird, um so lockerer und brüchiger wird die Grundlage, auf der ſie ſteht. Zum ersten Male in jüngster Zeit wurde dieses Experiment in Ham burg gemacht. Dort erlitt die sogenannte Brüning-Roalition eine ver nichtende Niederlage. Sie wurde zerzauſt und aufgerieben, und in triumphalem Siegeszug ging über sie der nationalsozialistische Aufbruch eines erwachenden Volkes hinweg. In Anhalt wurde dieser Eindruck noch vertieft. Es blieb bei dieser Wahl nicht dabei, daß die bürgerlichen Par. teien unter die Walze unseres Vormarsches kamen. Der nationalſozia, listische Angriffsgeist schlug tiefe Bresche in die marxistische Front, er brachte der Sozialdemokratie vernichtende Wunden bei, ohne daß es dem Kommunismus gelang, einen auch nur in Betracht kommenden Teil der der Sozialdemokratie verloren gehenden Stimmen aufzufangen. Man darf dabei nicht übersehen, wie die Entwicklung etwa gegangen wäre ohne hätten den Nationalsozialismus. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir uns der Bolschewiſierung des Volkes nicht entgegengeworfen Deutschland längst schon in kommunistische Anarchie verfallen wäre. Dasselbe Bild ergaben die Mecklenburger Wahlen. Auch dort der Vla tionalsozialismus als Sieger auf der ganzen Linie. Wir holten uns unseren Zuwachs aus allen Parteien und Lagern und formten in der Tat eine neue, anders gerichtete und zielbewußte Volksgemeinschaft. Die Öffentlichkeit hatte also Gelegenheit, die seit dem 14. September 1930 in weitestem Maße gewandelte Stimmung der breiten Volksmassen an drei verschiedenen Vorgängen festzustellen, und zwar in einer_Großstadt, in einer kleinbürgerlichen Provinz und in einem agrarischen Lande. Der Effekt war auf allen drei Plätzen derselbe. Man kann heute weder behaupten, daß wir unsere Stimmen nur den bürgerlichen Parteien weg. nehmen, noch, daß unser Vormarsch auf das platte Land oder auf die Großstadt beschränkt bliebe. Der nationalsozialistische Siegeszug geht quer durch die Parteien, Stände, Berufe, Konfessionen und Landschaften. Er ist an keine bestimmten Voraussetzungen gebunden. Er stellt in seinem tiefsten politischen Sinn ein historisches Elementarereignis dar, das letzten Endes mit Vernunftgründen nicht mehr erklärt, geschweige wegdisputiert werden kann. Nichts hat der Regierung Brüning so geschadet und den Boden ihrer fast diktatorischen Politik in ihrem Kredit vor dem Lande und vor der Welt so gefährlich zernagt und unterhöhlt wie diese Wahlgänge. Auch wenn es nicht mehr in Worten ausgesprochen werden darf, so denkt sich

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doch jedermann sein Teil über ein Rabinett, das dem Volk gegenüber Anspruch auf höchste Autorität erhebt, ohne vom Volk gewünſcht zu werden. Dieser Entwicklung soll nun für den beginnenden Winter am 15. IOvember bei den Hessenwahlen die Krone aufgesetzt werden. Die nationalsozialistische Bewegung ist sich der über den Tag hinauswirkenden Bedeutung dieses Wahlaktes vollauf bewußt. Eine fein eingespielte örtliche Organisation hat den Wahlkampf selbst bis in die letzten Möglichkeiten planmäßig vorbereitet, und nun geht in der entscheidenden Schlußwoche das Trommelfeuer einer breit angelegten Aufklärungs- und Propagandakampagne auf das hessische Land hernieder. Die gegnerischen Parteien sind schon durch ihre jüngsten Mißerfolge so deprimiert und in die Enge getrieben, daß sie zu einer systematischen Kraftentfaltung überhaupt nicht mehr fähig sind. Sie stehen in einer lauen, unwahrhaftigen und deshalb unglaubwürdigen Verteidigung, während der Nationalsozialismus auf der ganzen Linie zum Angriff vorgeht. Es kann im Augenblick nicht mehr daran gezweifelt werden, daß am morgigen Sonntag ein neuer, überwältigender Sieg an unsere Fahnen geheftet wird. Damit ist die Möglichkeit gegeben, dem marristischen Regiment in Hessen ein Ende zu bereiten und die Bahn frei zu machen für ein von nationalen Kräften getragenes neues Regierungssystem. Wir fragen heute schon, am Vor. abend der Wahl, deren Erfolg wir so gut wie ſicher in der Taſche haben, ob die Regierung Brüning nun endlich gewillt ist, den forderungen des Volkes Gehör zu schenken, aus ihnen ihre Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten. Die Fieberkurve“ Nationalsozialismus hat sich als Ge. sundheitskrise herausstellt, und sie deutet in ihrem Umfang und unwiderstehlichen Wachstum in Umrissen schon den Beginn einer großen seelischen, geistigen und damit auch politischen Zeitenwende an. Es besteht keine Hoffnung, daß sie in diesem Winter und mit beginnendem Früh jahr zu Ende geht oder den Weg nach unten nimmt. Steiler und steiler steigt sie in die Höhe. Das deutsche Volk ist im Erwachen ! Morgen wird es wieder einmal, vielleicht zum letztenmal, Rechenschaft fordern. Die Regierung muß sich entscheiden, ob sie daraus ihre Konsequenzen ziehen will.

„Wann greift Groener ein?" 22. Oktober 1931 Die Vorgänge, die sich in Verfolg des Braunschweiger SA.-Aufmarsches vor den Augen der deutschen und Weltöffentlichkeit abgespielt haben, spotten einfach jeder Beschreibung. Gestern war ein ausländischer Berichterstatter bei mir, um sich danach zu erkundigen, ob die revo lutionären Straßenkämpfe, die unter den Augen des nationalsozialiſtiſchen Innenministers Rlagges in der Stadt Heinrichs des Löwen tobten, die Gefahr in sich schlöſſen, daß in ganz Deutschland der Bürgerkrieg aus breche. fragt man nun, wer daran die Schuld trägt, dann wird die Judenpresse zur Antwort geben : die Nazis, die durch ihren provokatorischen SA. Tag in Braunschweig die öffentliche Ruhe und Sicherheit auf das ernsteste bedroht und die Gefahr eines Volksaufstandes in greif. bare Vähe gerückt haben. 221

Wir aber schreien es den schamlosen und niederträchtigen Lügnern und Verleumdern ins wut- und angstentſtellte Gesicht hinein: Bei euch ruht die Verantwortung! Das, was sich in Braunschweig abspielte, spielt ſich in jeder preußischen Großstadt und vor allem in Berlin fast jeden Abend ab. Wenn aus Kreiſen der preußischen Polizei und Regierung die erstaunte Frage kommt, wie es möglich sei, daß unter den Augen der braunschweigischen Polizei Ausschreitungen stattfänden, bei denen drei das Leben lassen mußten und annähernd sechzig verletzt wurden, so antworten wir mit der Gegenfrage : Wie ist es möglich, daß in Berlin mitten im tiefsten Frieden, ohne daß über hunderttausend SA.-Männer aufmarschieren, nationalsozialistische Verkehrslokale von Rommunisten beschossen werden und drei Schwerverlette zu beklagen sind, von denen einer ein paar Tage später eines qual vollen Todes stirbt? Wie ist es möglich, daß die Täter nicht gefunden werden ? Wie will die preußische Polizei eine Erklärung dafür geben, daß ihre eigenen Offiziere auf offener Straße niedergeknallt werden und die Tſcheka, auf deren Gewissen diese Blutschuld ruht, ungestraft weiter wüten kann Warum fordert das Reichsinnenministerium über diese aufreizenden Vorgänge nicht Bericht ein? Und inwiefern haben die Kreise, die nach einem jüdischen Mittagsblatt der preußischen Regierung nahestehen, ein Recht, darauf hinzuweisen, „ daß es in Preußen niemals zu solchen Zwischenfällen hätte kommen können", wie sie sich in Braunschweig angeblich ereignet haben Der Bericht des Braunschweiger Garnisonältesten, Oberst Geyer, an den Reichswehrminiſter hat ja nun die jüdiſchen Setzer Lügen gestraft. Es wird hier mit aller nötigen Deutlichkeit festgestellt, daß der Aufmarsch der nationalsozialiſtiſchen SA.- und SS.-Männer in bewundernswerter Diszi plin vor sich gegangen sei und daß, wo es zu Zuſammenſtößen kam, diese fast ausschließlich auf die infame Angriffstaktik der marxistischen Par teien zurückzuführen sind. Es hieße die Dinge geradezu auf den Kopf stel. len, wenn das Reichsinnenministerium auch nur mit dem Gedanken spielte, den nationalsozialistischen braunschweigischen Innenminister zur Rechen. schaft zu ziehen über Ausschreitungen, die lediglich auf das Schuldkonto derer zu buchen sind, die da, wo sie in der Macht sitzen, für Ruhe und Ordnung eintreten, da aber, wo andere die Macht besigen, auf die Straße gehen und jeden Andersdenkenden mit Terror und Gewalt niederzuknüp peln versuchen. Schreiber dieser Zeilen hatte selbst Gelegenheit, in der Nacht von Sonn abend auf Sonntag in Braunschweig ein paar rote Terroristen dingfest zu machen. In einem dunklen Arbeiterviertel waren nach Hauſe kehrende SA.Männer von Kommunisten angegriffen und durch Schüsse bedenklich verletzt worden. Die SA. riegelte daraufhin den Straßenzug, in dem sich der überfall abgespielt hatte, nach beiden Seiten ab, und die Attentäter konnten dann eben in dem Augenblick, als sie feige in einem düsteren Hinterhof verschwinden wollten, gefaßt und in die Hände der Polizei gegeben wer den. Was stellte sich nachts um zwei Uhr auf dem Polizeipräsidium heraus: es handelte sich um siebzehn , achtzehnjährige Flegel, die offen zu gaben zwar nicht geschossen, sondern nur geschlagen zu haben und anschei nend auf dem Standpunkt standen, daß solches ohne weiteres erlaubt, ja, vom kommunistischen Standpunkte aus geboten ſei, und die Polizei gewisser maßen die Verpflichtung habe, sie mit Ehrengeleit wieder auf die Straße

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zu bringen, damit sie dort den Rest der Nacht noch zu weiteren blutigen Ausschreitungen ausnützen könnten. Was würde geschehen, wenn in Berlin hunderttauſend Rotfrontkämpfer aufmarschierten und einzelne SA.-Männer ſich einfallen ließen, bei Nacht und Dunkel überfälle auf heimkehrende Kommunisten zu inszenieren. Wie würde ein kommunistischer Innenminister mit solchen Erzedenten verfah. ren ― und klingt nicht schon in euren Ohren das Entrüstungsgeſchrei der jüdischen Börsenpresse über eine so aufreizende Provokation? Man kann es ja verstehen, daß Braunschweig ihnen in den Knochen liegt. Das junge Deutſchland ist dort aufmarschiert gegen die Systemparteien und die von ihnen betriebene Verzichtpolitik. Trog Lüge und Verleumdung, trotz Terror und Verfolgung legten über hunderttausend SA.und SS. Nänner ihr unerschütterliches Bekenntnis zum kommenden Reich ab. In Manneszucht und Disziplin gaben sie ihrem eisernen Willen nach euordnung der deutschen Dinge Ausdruck. Niemals war die Partei innerlich so geschlossen wie heute, niemals ihr Rampfgeiſt ſo fest und unerbittlich. Die Judenpresse hätte allen Grund, sich mit diesem nicht mehr zu bestreitenden politiſchen Phänomen in allem Ernst und aller angebrachten ängstlichen Furcht auseinanderzusetzen. Wenn sie jedoch glaubt, dem Cationalsozialismus und ſeinen marschierenden Bataillonen mit Lügen begeg nen zu können, dann wird sie auch hier wie ſo oft in der Vergangenheit wieder die Erfahrung machen müſſen, daß ihre Verleumdungswaffe jenem Bumerang gleicht, der auf den zurückschlägt, der ihn wirft. Wir drehen den Spieß um. Auch wir halten es für nötig, daß das Reichsinnenministerium zweckmäßige Maßnahmen trifft - aber nicht gegen uns, die wir uns friedlich und ohne jede Provokation versammelten, sondern gegen diejenigen, die daraufhin durch eine schamlose Pressehege die deutsche Öffentlichkeit in Unruhe versetzten und unseren Weltkredit ohne Rücksicht auf die furchtbare Lage des Landes auf das gefährlichste erschüt terten. Wir machen uns die Forderung der vereinigten Judenheit zu eigen und fragen nun unsererseits: Wann greift Groener einz

Wieder mal kaltgestellt 24. Oktober 1931 Mit tiefer Bitterkeit hat Schreiber dieser Zeilen aus der jüdischen Preſſe erfahren, daß seine Poſition innerhalb der nationalsozialiſtiſchen Bewegung vollkommen erschüttert sei. Seine Kaltstellung, von langer Hand vorberei tet, wäre nun endgültige Tatsache geworden . Er rechne bereits zu den politisch Toten. Man könne das vor allem daraus ersehen, daß er in Harzburg nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt habe, nicht zum feierlichen Mittagsmahl zugelassen worden sei und auch im Reichstag, abgesehen von einigen wohlassortierten Zwischenrufen zum Schweigen verurteilt wurde. In Braunschweig habe man ihn nicht einmal auf den Schloßplatz gelassen; er sei also gezwungen gewesen, sich unter das Publikum zu mischen und als harmloser Passant den Vorbeimarsch der SA. mit anzusehen. In Berlin würden ihm dauernd Redner aus dem Reiche vor die Naſe geſetzt. Er selbst sei zum Verstummen gebracht. Man sehe ihn weder noch auf den Plakatsäulen, noch gäbe man ihm im Sportpalaſt Gelegenheit, ſeine demagogi.

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schen Exzesse einem aufgehetzten Publikum vorzuererzieren. Das einzige, womit er sich beschäftige, das ſeien ſeine Prozeſſe. Sobald dieſe aber abge. wickelt seien, würde er auch offiziell und formell von seinem Thron heruntergestürzt. Ganz tief und unüberbrückbar sei die Kluft, die zwischen Adolf Hitler und ihm gähne. Der ruchlose Rebell ſei mit der Taktik der Partei, wie ſie in Harzburg vor allem zu Tage getreten sei, nicht einverstanden und orga nisiere insgeheim die „revolutionäre SA." gegen die Parteibürokratie. Man könne schon nach Stunden ausrechnen, daß dieser latente Gegensatz in einer gewaltigen Explosion zum Ausbruch komme, und dann ſei der Auseinanderfall der Partei unvermeidlich geworden. Vor einigen Tagen sprach bei uns ein angeſehener amerikaniſcher Zei. tungsmann vor, der all diese "Weisheiten", geschöpft aus der Berliner Asphaltpresse, zu einem sensationellen Interview zusammengestoppelt hatte und nun mit Recht glaubte, erwarten zu dürfen, daß Schreiber dieser Zeilen ihm die Erlaubnis gebe, diesen Unfug über den Ozean zu kabeln . Man kann sich das Erstaunen dieses naiven Ausfragers vorstellen, als er mit einem schallenden Gelächter empfangen wurde. Er konnte als vollſtändig geheilt wieder entlassen werden. Es ist doch nichts zu dumm und zu verlogen, als daß es nicht am Ende noch dazu dienen könnte, für die angſterfüllte Judenheit den Blitzableiter abzugeben für Furcht und Entsetzen über den unaufhaltſamen Siegeszug der nationalsozialistischen Bewegung. Bewundernswert bleibt dabei nur die Chugbe, mit der all dieses, aus schmutzigen Galizierpfoten zusammen. gesogene Zeug bei Ullstein und Moſſe kolportiert wird. Man könnte faſt größenwahnsinnig werden über die zitternde Betriebſamkeit, mit der man in den Rotationssynagogen totgesagt und fortgelogen wird. Wenn aber gar die Nichtteilnahme an einem Mittagessen schon als Beweis für Lüge und Heuchelei herhalten muß, dann darf man wohl mit einiger Bescheidenheit abwehren und dem Journaillisten leiſe zumurmeln : „Zuviel der Ehre!" Keiner würde es mehr begrüßen als der Angeklagte, würde ihm, wenn auch nur für ein paar Wochen, das Reden verboten. Leider ist dem nicht ſo, und wir müssen schon der armen und bedrängten Judenheit von der bedauerlichen Tatsache Kenntnis geben, daß das mit den Plakatſäulen nur für diese Woche gilt, weil der Delinquent in der Tat einige unaufſchieb. bare Gastvorstellungen in Moabit absolvieren muß. Von nächster Woche ab aber wollen wir für den Rest des Jahres feierlich Besserung geloben. Sie sollen ihn wiedersehen, an den Plakatsäulen sowohl als auch im Sportpalast. Und werden sich früher, als sie das wünschen möchten, davon überzeugen müssen, daß es mit der Entthronisation noch gute Weile hat. Und was die Kluft anbetrifft, die zwiſchen Adolf Hitler und dem Schreiber dieser Zeilen gähnt, so kann darüber nur vermeldet werden, daß sie wahrscheinlich eine Verwechslung darstellt, mit dem großen und unheil. baren Gehirneinriß, der nach Lage der Dinge in der jüdiſchen Intelligenz festgestellt werden muß. Wenn schon gelogen werden soll, dann bitte etwas amüsanter ! Die treuherzige Doofheit, mit der hier nun seit Jahren die ältesten und abge. standensten Ladenhüter als neueste und sicherste Information ausgewalzt werden, fällt nachgerade auf die Nerven. Und wenn ein ganz Schlauer in der Kochstraße Honorar dafür bezieht, daß er herausgefunden hat, daß der Schreiber dieses, nun endgültig Berlin verlassen wolle, so kann man darauf

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nur noch erwidern, daß dieſer faule Wig bereits beim Bau der Cheops. pyramide als veraltet zurückgewiesen wurde. Man kann wohl mit einigem Bedauern den jüdiſchen Patienten, der in der Neurose des Schmarotzertums bereits an Haluzinationen und Angst. beklemmungen leidet, fragen : Tut Braunschweig so weh? Ist euch der Aufmarsch von hunderttausend SA.-Männern so in die Knochen gefahren? Beginnt ihr nun endlich einzusehen, daß man euch auch legal den Stuhl vor die Tür setzen kann, und es nicht lange mehr dauert, bis eurem schänd. lichen Prefsetreiben ein Ende gemacht wird: Es wäre wohl an der Zeit, daß die galisischen Skribenten sich eine intelligentere Methode ausdächten, den Nationalsozialismus zu bekämpfen. So wie das bisher geschah, das ist ſo dumm und albern und läppisch, daß selbst der gehirnloseste Spießer an fängt, sich darüber seine mißtrauischen Gedanken zu machen. Die nationalsozialiſtiſche Bewegung ist heute geſchloſſener denn je. Ihre taktische Linie ist wohlüberlegt und muß zwangsläufig zum gewünschten Ziele führen. Sie wird von allen verantwortlichen Führern der Partei ge deckt und eingehalten, und keiner denkt daran, ihr auch nur innerliche Vorbehalte entgegenzustellen. Das Vertrauen der Partei und vor allem ihrer prominenten Wortgeber zum Obersten Führer Adolf Hitler ist so klar und unerschütterlich, daß es durch nichts, am allerwenigsten durch jüdische Ver leumdung gesprengt werden kann. Die SA. und SS. ſchaut voll Hingabe und mit einem fast religiösen Glauben auf Adolf Hitler, und niemals war die Siegeszuversicht in unseren Reihen so stark und über jeden Zweifel er. haben, wie jetzt, da wir uns eben anſchicken, die letzte Etappe unseres triumphalen Aufmarsches zu durchſchreiten. ur mit Wehmut und Mitleid können wir uns entschließen, den armen Juden ihre letzten Illuſionen zu rauben. Die Partei greift an. Jeder einzelne, vom Obersten Führer bis zum letzten SA.-Mann, steht an seinem Plag. Reiner von uns ist kaltgestellt; aber wir gestehen, daß einige von denen, die anscheinend ein großes Interesse daran haben, bei uns bereits auf Eis gelegt sind!

Hitler vor den Toren

4. November 1931 Als dieser Ruf im vergangenen Jahre um diese Zeit bei Gelegenheit der gewaltigen Demonstrationen des deutschen Berlin_gegen die Schande des Remarque- Filmes auf dem Wittenbergplatz zum erstenmal erklang, hatte er in der Öffentlichkeit nur Hohn und mitleidiges Kopfschütteln zur Folge. Die jüdischen Gazetten überschlugen ſich damals in widerlichster und verantwor tungslosester Hege gegen den spontanen Aufbruch nationaliſtiſcher Gesin. nung, wie er bei diesem Kampf in Bewegung kam. Ein Jahr Mühe, Sorge und Not liegt wieder dazwischen. Und nun ſind die galiziſchen Zeilenschinder kleinlaut und ängstlich geworden. Man raunt es sich in eingeweihten Kreisen schon als feststehende Tatsache zu, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung ungestüm wartend vor den Toren der Macht steht, und daß Adolf Hitler der Mann von morgen ist. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, daß das, was am 14. September 1930 zum ersten Male sichtbar in die Erscheinung trat, keineswegs - wie man -die breiten Massen glauben machen wollte eine Fieberkurve, sondern im

225 15 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

Gegenteil das erste Anzeichen einer Zeitenwende war, daß diese seitdem in einer rapiden und unaufhaltſamen Entwicklung begriffen, weiter fort geschritten ist und bis zum heutigen Tage vielleicht schon die Mehrheit des ganzen Volkes umſpannt. immt es da Wunder, daß man sich im amtlichen Deutſchland den Kopf darüber zerbricht, wie man dieser drohenden Gefahr Herr werden könnte? Der Besuch Adolf Hitlers beim Generalfeldmarschall von Hindenburg hat endgültig die von der interessierten Judenheit künstlich genährte Legende der mangelnden Staatsgesinnung und chaotischen kultur- und wirtschaftspolitischen Weltanschauung unserer Partei zerstört. Man muß sich nun in der Wilhelmstraße bald darüber schlüssig werden, ob man weiterhin eine Millionenbewegung, hinter der ziffern und wertmäßig der beste Teil der Vation steht, als zweitklassig behandeln kann, oder ob es nicht vielmehr angebracht wäre, auch dem Nationalsozialismus wenigstens jene primitiven Staats- und Bürgerrechte zu gewähren, auf die jede andere Partei mit Fug Anspruch erhebt. Die Kapitolswächter der „ Demokratie“ sind in arge Verwirrung geraten, als sie zu ihrem Leidweſen erfahren mußten, daß Adolf Hitler zwei Unterredungen mit Generalleutnant von Schleicher gehabt habe. Die tollsten Kombinationen ſind daran geknüpft worden, und der Eingeweihte konnte nur mit Vergnügen zur Kenntnis nehmen, wie die angſterfüllte Synagogen. gemeinde im Dunkeln_tappte. Sie wird sich in naher und nächſter Zu. kunft noch mit ganz anderem abfinden müſſen. Daß verantwortliche Män. sie mögen in Amt und Würden sitzen oder nicht - sich verpflichtet ner fühlen, mit der nationalsozialiſtiſchen Bewegung und ihrem Führer in un mittelbare Verbindung zu treten und gerade aus seinem Munde zu erfah ren, was die Partei in dieſer oder jener Beziehung oder im allgemeinen will, das halten wir für selbstverständlich. Und daß das Bestreben danach ein immer drängenderes wird angesichts der sensationellen Wahlerfolge, die die nationalsozialiſtiſche Bewegung gerade in den letzten Wochen erringen konnte, kann wohl nirgendwo irgendeinem Zweifel begegnen. Die christlichen Gewerkschaften haben in ihrem Organ „Der Deutsche" einen Vorstoß in dieser Richtung unternommen, der die heftigsten Mei. nungskämpfe in der deutschen öffentlichkeit im Gefolge hatte. Es wurde dabei der Versuch gemacht, die Möglichkeit einer Syntheſe zwischen Hitler und Brüning zu formulieren, und das wirkte um so aufsehenerregender, als nach dem zahlenmäßigen Sieg des Reichskanzlers im Reichstage schein bar dazu keinerlei Veranlassung vorlag. Wer jedoch von innen heraus die Entwicklung, die die deutſchen Dinge seit der Juli-Kriſe genommen haben, untersucht, wird dabei zu wesentlich anderen Ergebnissen kommen. So klug ist man in der Wilhelmstraße auch, daß man dort allmählich einzusehen beginnt, daß der Nationalsozialismus ein politisches Phänomen darstellt, mit dem man sich ob gerne oder mit Widerwillen - nun einmal abfinden muß. Jur verantwortungslose Skri benten können heute noch für den Aberwitz plädieren, diese aufsteigende Volksbewegung weiterhin von Macht und Verantwortung fernzuhalten und ihr damit die Möglichkeit zu geben, durch diesen Winter hindurch nahezu das ganze Volk zu erobern. Die Partei selbst schaut all dieſen Kombinationsverſuchen mit gelaſſener Ruhe zu. Wir können warten. Wir haben so lange das Trommelfeuer einer

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feindlichen Propagandakampagne über uns ergehen lassen, daß es uns auf einen Tag mehr oder weniger nicht ankommt. Die Bedingungen, unter denen die nationalsozialistische Bewegung bereit wäre, an der Verantwortung teilzunehmen, sind den maßgebenden Kreisen wohl bekannt. Es hieße Eulen nach Athen tragen, sie noch einmal einer ſenſationshungrigen Öffentlichkeit vorzuexerzieren. Wir haben nicht die Absicht, uns an der übernahme der Macht vorbeizudrücken. Wir scheuen keineswegs die Verantwortung, wenn wir das vor unserem Gewiſſen und vor dem deutſchen Volk, deſſen Mandat wir zu treuen Händen übernommen haben, verantworten können. Wir sind jederzeit bereit, in dargebotene Hände einzuschlagen, wenn ſie uns entgegengehalten werden in dem Willen, dem gegenwärtigen ver. hängnisvollen innen- und außenpolitiſchen Kurs grundsäglich und ein für allemal ein Ende zu machen. Das hat zur Vorbedingung, daß der landesverräteriſche Marxismus beiderlei Couleur nicht nur von der Macht ausgeschaltet, sondern ihm in aller form der rücksichtsloseste Kampf angesagt wird. Wir haben dieſen Standpunkt nun über zwölf Jahre lang vertreten, ſo unpopulär er anfänglich auch erscheinen mochte, so mitreißend und ſpontan hat er in seiner Durchsetzung das Herz der breiten Massen erobert. Die Dinge in Deutschland schreien nach grundsätzlicher Vieuordnung. Mit Mundspigen kommt man nicht mehr aus. Es muß gepfiffen werden. Wo man in Deutschland dazu bereit ist, sind wir dabei. So oder so, eine Entscheidung muß über kurz oder lang fallen. Wir sind der festen Überzeugung, daß sie die Waage unſeres politiſchen Sieges zum Sinken bringen wird. Aus grauer Ferne marschiert das Heer deutscher Aktivisten an, die im Nationalsozialismus ihre organisatorische und weltanschauliche Form ge funden haben. Über den mobilisierten Volksbataillonen flattert die Fahne unseres Willens, und aus Millionen Kehlen bricht zitternd und voll tiefer Beglückung der Schrei : „ Adolf Hitler steht vor den Toren!"

Um die Modalitäten

11. November 1931 Das Tributproblem ist wieder zur Diskussion gestellt. Europa hat damit eine letzte Möglichkeit, seinen bisherigen unerträglichen Zustand zu ändern und in neue form zu kommen. Es ist nicht das Verdienst der deutschen Regierung, daß die Frage der Reparationen wieder im Vordergrunde des öffentlichen Interesses steht. Sie hat sich in dieser das ganze deutsche Schicksal umspannenden Angelegenheit eine zurückhaltung auferlegt, die kaum noch verständlich erscheint. Schon zu dem Zeitpunkte, als Hoover einen einjährigen Zahlungsaufschub vorſchlug, mußte man feststellen, daß die Initiative dazu nicht von Berlin, sondern von Washington ausging. Seitdem ist die Frage der Ablösung der internationalen Kriegsschulden nicht mehr zur Ruhe gekommen . Die Reiſe des franzöſiſchen Ministerpräsi denten nach Amerika hat diese Entwicklung beschleunigt, und nun steht Deutschland vor neuen entscheidenden Verhandlungen. Es rächt sich jetzt auf das furchtbarste der übelstand, daß wir keine aktionsfähige Regierung haben. Das Kabinett kann sich zwar auf eine ganz

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knappe zahlenmäßige Mehrheit im Reichstag berufen, aber diese Mehr. heit entspricht keineswegs mehr der Stimmung im Volke. Es erscheint uns auch unmöglich, daß das Tributproblem in seiner ganzen Schwere und Tragweite überhaupt nur erkannt, geschweige denn gelöst wird von Exponenten jener Parteien, die Versailles unterschrieben, den Dawesplan als Silberstreifen am Horizont ansahen und sich mit dem Roungplan widerspruchslos abfanden. Sie tragen die Verantwortung für die verhängnis. volle Entwicklung der deutschen Außenpolitik in dem dazwischenliegenden Zeitraum und für ihre schädlichen und fast unerträglichen Auswirkungen auf dem Boden der deutschen Innen-, Wirtſchafts- und Sozialpolitik. Es muß einmal deutlich gesagt werden, daß es sich in dieser entscheiden. den Stunde nicht mehr darum handelt, einen neuen Zahlungsmodus für Verpflichtungen zu suchen, von denen jedermann in Deutſchland und in der Welt weiß, daß sie einfach unabgleichbar sind. Es geht nicht um eine mehr oder weniger zahme Revision des Versailler Systems, nicht um eine Atem. pauſe in Form eines Moratoriums. Europa muß endlich einsehen, daß das Versailler System die tiefste Ursache des abendländischen Verfalls ist, daß an ihm die Völker mit Ausnahme von Frankreich erkrankten, daß hier die eigentliche Schuld für den innerdeutschen Verfall zu suchen ist und daß eine Genesung des schwer bedrohten Erdteils unmöglich erscheint ohne radikalen Bruch mit dieſem widernatürlichen Zwangswerk. Das Nachkriegsdeutſchland hat dreizehn Jahre lang versucht, eine Tribut politik praktisch zur Durchführung zu bringen, die in keiner Weise durch den innenpolitischen Gesundheitszustand des deutschen Volkes gerecht. fertigt werden konnte. Der Ertrag von Fleiß und Arbeit reichte bei weitem nicht aus, unsere Verpflichtungen abzulösen. Wir haben die nationale Substanz in ständig wachsendem Umfang angegriffen und im Laufe der Jahre nach und nach aufgezehrt. Es war ein bitterer Weg, den Deutschland damit gegangen ist. Ihn kennzeichnet die zwangsläufige Aushöhlung des deutschen Wirtschafts- und Finanzwesens und damit die unmittelbare Bedrohung des gesamten komplizierten Weltproduktionsapparates. Das, was von den Regierungen Weltwirtschaftskrise genannt wird, ist zu einem nicht unbe trächtlichen Teil eine Tributkriſe. Die einſichtigen Köpfe der ganzen Welt sehen das auch längst ein. Wenn je, dann ist die augenblickliche Situation dazu angetan, Deutschland die Initiative in dieser ganz Europa und auch Amerika betreffenden Frage in die Hand zu geben. Wir sind die unmittelbar Leidtragenden des Versailler Systems. Das deutsche Volk ist zum Tributhörigen der inter nationalen Finanzgewalten degradiert worden, und es besteht die Gefahr, daß es den ganzen Erdteil mit in den Strudel ſeines Abgrundes hinunter reißt. Es heißt den Kopf vor unerbittlich sich vollziehenden Tatsachen in den Sand zu stecken , angesichts der gewaltsamen Ruinierung des gesamten Weltwirtschaftsapparates durch die sogenannten Friedensverträge, von einer Umänderung der Modalitäten unserer Zahlungsverpflichtungen zu reden oder gar sich mit ihnen zu bescheiden und nicht darüber hinaus in breiter Front den Angriff gegen das ganze Versailler System zu eröffnen. Das kann nicht nur ein Ziel der Waffen sein -- das wird vielleicht und wahrscheinlich durch Einsatz von Charakter und moralischer Kraft gelöst werden. Niemals war der Widerwille gegen die fremde Raubpolitik auch außerhalb unserer Grenzen so stark und unwiderstehlich wie heute, da die 228

ganze Welt daran zu erkranken beginnt. Wir, die wir unter dem Peſthauch dieser Infektion schon zu ersticken drohen, sind geradezu dazu berufen, der Welt gegenüber das erlöſende Wort zu sprechen. Was tut demgegenüber das amtliche Deutschland: Es beschränkt sich auf Verhandlungen hinter den Kuliſſen; und daß es mit dem Willen, sie macht. mäßig entscheidend zu beeinflussen, nicht einmal spielt, wird schon dadurch erhärtet, daß es keinerlei Anstalten trifft, im Innern des Landes jene aktiven nationalistischen Kräfte einzusetzen, die eine solche Politik real untermauern könnten. Nur eine nationale Regierung hat die Kraft und Fähigkeit, das Tribut problem in seinem Kern anzupacken und zu lösen. Solange man aber die nationale Bewegung im Lande als suspekt behandelt und ihre Machtüber. nahme als gefährliches Experiment wie ein Schreckgespenst an die Wand malt, darf man keinerlei Hoffnung hegen, daß die Welt mit uns ein Einsehen hat. Auf Grund der tatsächlichen Lage im Lande haben wir das Recht, der Regierung Brüning zu bestreiten, daß sie ein Mandat besitzt, im Namen des ganzen Volkes in der Tributfrage Entschlüsse von irgendeiner Bedeutung zu fassen. Sie ſigt in der Wilhelmstraße isoliert, während sich im Volke selbst der Aufmarsch jener Kräfte vollzieht, die dazu berufen scheinen, der Lage Deutschlands einen entscheidenden Wandel zu geben. Ein Grund mehr, eine neue Regierung herbeizuwünschen. Unter dem Regime der bisherigen wird bei den neuerlichen Verhandlungen nicht mehr als eine Änderung der Modalitäten unseres Zusammenbruchs erreicht wer den. Erst eine von einem erwachten Volk getragene nationalbewußte Regierung kann das Tributproblem in seiner ganzen Tragweite erfassen und am Ende auch lösen.

Der Anfang vom Ende

17. November 1931 Vielleicht dämmert nun auch in den Gehirnen der jüdischen Journaillisten die Erkenntnis auf, daß die Herrschaft des Internationalismus in Deutschland ihrem Ende zugeht. Der Keulenschlag der Hessenwahlen war vernichtender als er überhaupt vorausgesehen werden konnte. Das Ge. bäude der bürgerlich-marxistischen Demokratie ist ins Wanken geraten, die mittleren Parteien wurden vollkommen aufgerieben, die Sozialdemokratie wurde gestäupt und geschlagen wie noch nie, und siegreich stieg über den Trümmern der parlamentarischen Restbestände der Adler unserer Bewe gung hoch. An dem Gewimmer der galiziſchen Preſſe kann man erkennen, wie schwer diese Viederlage im gegnerischen Lager empfunden wird. un helfen keine Rechenkunststücke und keine falsch zusammengestellten Statistiken mehr. Bis an die Wilhelmstraße hat es sich herumgesprochen, daß die Brüning-Koalition ein sterbendes Gebilde ist und daß neue politische Kräfte vor den Toren der Macht stehen und ungestüm Einlaß fordern. Es läßt sich nicht mehr verheimlichen, daß der Nationalsozialismus in Deutschland eine feststehende und unabänderliche Tatsache ist, daß er in seinem märchen. haften Aufstieg keineswegs eine Fieberkurve, ſondern vielmehr eine ent. scheidende Zeitenwende geistiger, seelischer, charakterlicher und politischer Art darstellt. 229

Als Sekte haben wir den Kampf begonnen. Bald schon streiften wir die Fesseln dieses beengten Daseins ab und stießen zur Partei vor. Aus der Partei wurde Bewegung, und nun ist der Augenblick gekommen, daß die Bewegung ein ganzes Volk zu umschließen beginnt. Mit großer Freude und tiefer Beglückung stehen wir Nationalsozialisten vor diesem Erfolg, der alle unsere Erwartungen übertrifft. Die politischen Voraussagen, die wir für diesen Winter machten, haben sich bereits jetzt zum größten Teil erfüllt. Die nationalsozialistische Bewegung hat all ihre Gegner überrannt und ist triumphal und mit königlichem Lächeln über jene Widerstände hinweggeschritten, mit denen man glaubte, sie ein letztes Mal zum Erlahmen bringen zu können, ob unſere Partei koalitionsfähig sei, und ob man es mit dem guten Ton vereinbaren könne, mit ihr zu sammen eine Regierung zu bilden. Der Zeitpunkt ist nahe, wo wir Bundes. genossen gar nicht mehr nötig haben, sondern am Ende die ganze Sache alleine machen können. Das Ergebnis der heſſiſchen Wahlen hat begreiflicherweise im Lager des Gegners Verwirrung und panikartiges Entsetzen hervorgerufen. Unter dem Druck unseres entscheidenden Sieges bahnen sich, vor allem im linken Lager, Frontverschiebungen an, die als solche uns zwar nicht unerwartet kommen, die jedoch den belogenen und betrogenen Wählermaſſen der bür. gerlichen Verlustparteien auch über die letzten Zusammenhänge im deut schen politischen Geschehen die Augen öffnen werden. Mit einer frechen Dreistigkeit, die ihresgleichen sucht, erklärte der sozialdemokratische Üb geordnete Breitscheid in einer Wahlrede in Darmstadt, daß unsere SA. ausnahmslos die Schuld trage an den schweren und blutigen Zusammen. stößen politischer Art, die sich in den letzten Wochen auf dem Kampfboden der Bewegung im Volke abgespielt haben. Wäre die Sache nicht so ernst, man könnte in ein dröhnendes Hohngelächter ausbrechen. Dieselbe Partei, die durch Terror groß geworden ist, die unter Anwendung von Terror in die Macht stieg, die heute das Reichsbanner bewaffnet, um den nationalsozialistischen Aufstieg blutig zu unterdrücken, schreit nun ihr heuchlerisches Saltet den Dieb! " in die öffentlichkeit hinein und versucht, sich damit ein Alibi für die in nächster Zukunft von ihr geplanten terroristischen Maßnahmen zu verschaffen. Die Kommunistische Partei, die anscheinend in den vergangenen zehn Jahren noch nicht bemerkt hat, daß ihre blutrünstigen Tschekabanden zweihundert nationalsozialistische Arbeiter feige nieder. knallten oder ihnen den Mordstahl in den ausgehungerten Leib hinein. stießen, wäscht nun vor der öffentlichkeit ihre Hände in Unschuld und spricht den Bannfluch über die von ihr vorbereitete und organisierte Gewaltanwendung aus. Damit ist, so wimmern die jüdiſchen Börsenblätter, ein wichtiges Hin dernis gegen die Einheitsfront zwischen SPD. und KPD. gefallen. Man weiß zu vermelden, daß in dieſen Tagen eine Aussprache zwischen Brüning und den sozialdemokratischen Wortführern stattfinden wird, und daß es von ihrem Ergebnis abhängen soll, ob die SPD. das gegenwärtige Reichskabinett weiterhin tolerieren kann. Uns kann diese Entwicklung nur erfreulich erscheinen. Sie gibt dem von uns seit je eingenommenen Standpunkt, daß SPD. und KPD. im Grunde genommen gleiche Brüder mit verschiedenen Kappen sind, in unerwartetem Maße recht. Der Gesamtmarxismus schließt sich in seiner tödlichen Be drohung durch den Nationalsozialismus zu einer Notgemeinschaft zusam. 230

men; die bürgerlichen Parteien, die uns bisher immer bei einer Ausein andersetzung mit diesem politischen Verbrechertum in den Arm fielen, ſind aus dem Feld geräumt worden, und nun steigen am dämmernden politiſchen Horizont die Konturen jenes entscheidenden Weltanschauungskampfes zwi schen Marxismus und Nationalsozialismus auf, der endgültig über Leben oder Tod der Nation und des Volkes entscheiden wird. Fußend auf den triumphalen Erfolgen, die die Partei in den letzten Jahren erkämpfen konnte, stehen wir in eiserner Geschlossenheit um den Führer geschart. So wenig uns in der Vergangenheit Mißerfolge und Fehlschläge den Mut und den Glauben an unsere geschichtliche Sendung rauben konnten, so wenig verlieren wir jetzt vor den hinreißenden Siegen, die wir Schlag um Schlag und Zug um Zug an unsere Fahnen heften, die ruhigen Verven und die kalte Besinnung. Das deutsche Deutschland fordert die antideutsche Front zur Entscheidung in die Schranken. Es geht jetzt um das Lette, wer diesmal gewinnt, gewinnt auf der ganzen Linie und wird den Gegner restlos schlagen und vernichten. Es gilt jetzt, die feindlichen Parteien, die bei der Hessenwahl zerzauſt und aufgerieben wurden, in ihren fliehenden Bataillonen zu verfolgen. Unsere Sache ist erst halb getan. Wir haben nicht einmal Zeit zum Atemholen. So sicher wir unseres endgültigen Sieges sind, so konsequent und erbarmungslos müssen wir ihn vorbereiten und in Anlage und Wirkung zur Durchführung bringen. Es darf kein Pardon gegeben werden. Der Anfang vom Ende ist da. Der Feind ist aus seinen entscheidenden Poſitionen herausgeworfen. Jetzt beginnt die große Winteroffensive. Unter ihrem vernichtenden Trommelfeuer wird die geg. nerische Front zusammenbrechen. Wir ſitzen ihnen auf den Fersen und holen eben zu jenen Schlägen aus, die ihr den Rest geben werden. Appell an die ganze Partei : Der Kampf geht weiter ! Es handelt sich um Sein oder Nichtsein unseres Volkes. Am Ende werden wir die alleinigen Sieger sein!

Zylinderhut oder Jakobinermütze 20. November 1931 ur politische Laien wundern sich über die arrogante Dreistigkeit, mit der die sozialdemokratischen Leisetreter nun mit einem Male ihre Masken lüften. Für uns ist das beinahe selbstverständlich. Wir haben in der So zialdemokratischen Partei, auch wenn sie für Ruhe und Ordnung schwärmte, nie etwas anderes gesehen als eine radikale Bürgerkriegsorganisation, die nur so lange für den inneren Frieden eintritt, als man ihr die fettesten Pfründen im öffentlichen Leben zur Verfügung stellt und sie sich mit dem Staat, für den sie Respekt und Achtung vom Volke fordert, identifizieren kann. Diese Partei hat dreizehn Jahre lang das Gebiet der Politik und Wirtschaft korrumpiert und mit dem Aasgestank ihrer eigenen schimpf. lichen Verweſung vergast. Sie hat in Deutschland die Begriffe von Treu und Glauben, von Ehre und Würde zersetzt und beschmutzt. Sie hat alle Werte eines organisatorischen Staates vom Throne heruntergestoßen und sie durch Unwerte ersetzt. Mit dieser Partei sind die bürgerlichen Vereine und Verbände Arm in Arm marschiert. Sie haben sich mit ihr über die Verteilung der Posten und Sinekuren geeinigt. In trauter Kordialität 231

haben sie zusammen durch eine geriffene Demagogie das Volk verdummt und die breiten Maſſen davon abgehalten, aus ihrer dumpfen Verzweiflung zu erwachen. Wer wundert sich nun darüber, daß nach langer Schmach und Schande in Deutschland eine Zeitenwende eintritt und der Abscheu des belogenen und betrogenen Volkes gegen die Widernatürlichkeit und Schande der seit 1918 betriebenen Parteipolitik ſich spontan und explosiv in einem millionenfachen Abschwenken der Massen zur Opposition Luft macht: Der National. sozialismus ist die gesunde Übkehr des Volkes von den Idolen des Novem ber und das Bekenntnis zu einer neuen, organisch volksverbundenen deutschen Nationalpolitik. Selbst wenn wir die Absicht dazu nicht hätten - wir wollen das einmal theoretisch unterstellen —, das Volk fordert stürmiſcher und stürmiſcher von uns, daß wir eine neue Politik in Deutſchland einleiten durch einen radi. kalen Bruch mit all jenen politischen Kräften und Exponenten, die die Ur. fache zum gegenwärtigen Verfall abgaben und kein Mittel unversucht ließen, das deutsche Volk in seinen bejammernswerten Versklavungszustand zu bringen, in der Überzeugung, daß er allein die Garantie biete für die weitere Aufrechterhaltung ihres schimpflichen Daseins. Mun sind die Dinge soweit gediehen, daß man annehmen darf, in kur zer Zeit kommt der entscheidende Bruch. Die Bonzen zittern, die jüdische Presse ist in kopflose Panik geraten, erregt gehen die Debatten hin und her, wie man der Springflut des Nationalsozialismus Herr werden und sie am Ende doch noch in den Kanälen sogenannter staatspolitischer Ver. antwortung eindämmen könnte. Nachdem der bürgerliche Schutzwall gegen den nationalsozialistischen Aufbruch versagt hat, nachdem das Kabinett Brüning, die letzte Barrikade gegen den faschismus“, in seiner parlamen tarischen Koalition bei den letzten Wahlen von uns aufgerieben und überrannt wurde, greift man im sozialdemokratischen Lager nach dem letz ten rettenden Strohhalm und bereitet eine Verbindung mit dem radi kalen Kommunismus vor, um mit dieser Drohung die nun notwendig ge wordene entscheidende Wendung der deutschen Lage noch einmal hintanzuhalten. Der Abgeordnete Breitscheid hat in Darmstadt die Katze aus dem Sack gelassen. Er hat die nationalsozialistische Bewegung jenes Ter rors beschuldigt, dessen sich seine Partei und ihre kommenden Bundesgenossen im kommunistischen Lager seit Jahren im Kampf gegen uns bedient. Er hat von der Regierung Brüning einschneidende Maßnahmen gegen uns gefordert, er hat die heuchlerische Erklärung des Zentralkomitees der KPD. gegen den Individualterror für bare Münze genommen und sie dahin kommentiert, daß sie ein wichtiges Hindernis gegen die sozialdemokratisch-kommunistische Einheitsfront beseitige". Wie wir es immer voraussagten: in der entscheidenden Stunde legen sie den Zylinderhut der Amtlichkeit beiseite und stülpen sich wieder die Jakobinermütze der Revolution auf. Die nationalsozialistische Bewegung steht auf dem Prinzip der Legalität. Sie hat keineswegs die Absicht, sich durch dreiste Anrempelungen provozieren zu lassen. Sie will die Macht verfassungsmäßig erwerben; aber sie läßt auch keinen Zweifel darüber, daß - ist sie einmal im Besitze der Macht - sie sie so gebrauchen wird, wie es dem Willen der Volksmehrheit entspricht, deren Mandat sie besitzt. Es steht nicht in der Weimarer Verfassung geschrieben, daß die Sozialdemokratische Partei nach einem ewig gültigen, göttlichen Gesetz die Macht

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als unantastbares Reservat für sich in Anspruch nehmen kann. Wer die Macht hat, der darf sie gebrauchen, und wer die Macht verliert, der muß sich damit abfinden, daß der andere sie gebraucht. Wenn die Sozialdemo kratische Partei glaubt, daß ihr das, was sie, an der Macht befindlich, uns als Hochverrat vorwirft, in einer späteren Opposition als staatspolitische Verantwortung zugebilligt und verziehen werden könnte, dann befindet sie sich sehr im Irrtum. Wir begrüßen es mit warmer Herzlichkeit, daß die rosaroten Landesverräter den Schafspelz der Volksverdummung abwerfen und sich zu den reißenden Wölfen der bolschewistischen Revolte stellen, wohin sie ja ihrem Charakter nach auch gehören. Damit wer. den die Fronten weiter abgesteckt und gereinigt, und die Auseinandersetzung zwischen dem deutschen und antideutſchen Deutschland kann um ſo kompromißloser durchgeführt werden. Wir haben der Sozialdemokratie niemals die Phraſen von Autorität und Würde geglaubt. Wir ſahen in ihren Wortführern nur Parteimänner, die nur solange den Zylinder mit Würde tragen, als er für sie das Symbol einer reinen Parteiherrschaft darstellt. un, da diese durch uns bedroht ist, mögen sie dieses letzte Inventarstück bürgerlicher Anbiederungssucht ablegen und wieder im Schmuck der ihnen besser zu Gesicht stehenden roten Jakobinermütze vor der Öffentlichkeit erscheinen. Es besteht dann auch bei einer kommenden gesetzmäßigen Abrechnung durch das Volk keine Gefahr, daß man sie nicht rechtzeitig erkennt und ihnen deshalb unverdienterweiſe Milde zuteil werden läßt.

Die Sklareks

15. Dezember 1931 Im Sklarekprozeß kommen andauernd neue Erbaulichkeiten zutage. Line abermalige Zwiſchenbilanz dieſer bemerkenswerten Vorgänge erſchien uns daher geboten. Dieser Name ist schon zum Symbol geworden. Er umschließt ein ganzes Programm. Es ist das Gesicht des Marxismus, das hier gezeichnet wird. Eine edle Dynastie von Schiebern, Wucherern, Gaunern und Volks. betrügern. Und in ihrem Dunstkreis einherwandelnd die sozialdemo kratischen und kommunistischen Arbeiterbefreier", dicke, fette Partei. funktionäre mit gepolsterten Wangen, schwarzumränderter Intelligenz. brille, im aufdringlichen Cut, die Bombe auf der Glaze oder auf dem krausen Haar, frech, arrogant, aufgeplustert und vollgepfropft mit der Würde, die das Amt verleiht, über Millionenvermögen der öffentlichen sand nach eigenem Gutdünken verfügend, Generaldirektoren jener gro Ben Aktiengesellschaften, die aus den Abfällen der kommunalen´ Substanz gegründet wurden, bei festlichen Gelagen Sekt aus Eimern ſaufend und Kaviar mit Löffeln freffend, bei jedem festlichen Empfang in vorderster Linie stehend, zuweilen aus alter Gewohnheit auf dunstigen und rauch. geschwängerten Zahlabenden revolutionäre Reden für das hungernde Próletariat schwingend, und nun vor Gericht klein und häßlich in ihres Vichts durchbohrendem Gefühl, von Weinkrämpfen durchschüttelt, wenn ihre abgefeimte Niedertracht und ihr schimpflicher Verrat am Volk und 233

an der Arbeiterschaft ans Tageslicht befördert wird. Und dann in ihrer letzten ot eine überfütterte Viere entdeckend, die sie nun der Strenge des Strafrichters entziehen soll. Das ist ein schauerlich-groteskes Kolossalgemälde des nachnovember. lichen Deutschlands. Das ist die gesellschaftliche "ICreme", die die Revolte aus dem Untergrund der menschlichen Tiefen an die Oberfläche gespült hat. Sagt mir nichts gegen die Sklareks, sie thronen über der Gerichts. verhandlung mit der unvergleichlichen Chutzbe des ewigen Juden. Sie haben alle Trümpfe in der Hand, sie gebieten heute über Leben und Tod mancher hochmögender Herren in der Berliner Kommunalverwaltung, bei ihnen liegt Wohl und Wehe der gehobenen Funktionärschaft aus den marristischen Parteien. Und sie wissen ihre Trümpfe auszuspielen. Jener Schüning, bis zu sei nem Tode Generaldirektor der „Behala“ , der er die Berliner Hafen. anlagen als Stadtrat für einen Äpfel und ein Ei in die Hand spielte, den fertigen Anstellungsvertrag schon in der Tasche, wurde von den Sklareks vor Gericht buchstäblich zermartert, daß ihm der Todesschweiß auf die Stirne trat und er kurz darauf Selbstmord verübte. Die Sklareks sind loyale Männer. Sie handelten nach dem Prinzip Leben und leben lasſen". Sie brauchten sich ihre Opfer nicht zu suchen, und es bedurfte keiner langen überredungskünste, um einen Parvenu der marxistischen Gesell. schaft mit Hundert. und Tauſendmarkscheinen auszuspicken. Sie gaben mit vollen Händen, und sie empfingen dafür den ganzen Segen, den eine große Kommunalverwaltung überhaupt nur ausschütten kann. Sie wurden von den Parteien umschwänzelt. Man machte nicht viele Umstände, um bei ihnen jenes Geld aufzutreiben, mit dem man das ent. rechtete Proletariat über seine wahre Lage aufklärte und davor bewahrte, in die Fangarme der verruchten Reaktion“ hereinzugeraten. Es ist kein Scherz, daß man einem der Sklareks ein Abgeordnetenmandat antrug, und daß er von dem Ehrgeiz besessen war, Minister zu werden. Und wir gestehen: das hätte noch gefehlt. Das erst würde dem ganzen Satyrſpiel den versöhnenden Abschluß gegeben haben. Amüsant zu beobachten, wie diese Mischpoke mit der ganzen öffentlich. keit umspringen darf. Einer der Schieber fühlt sich nicht wohl, und schon sind alle Instanzen einverstanden. Wissenschaftliche Kapazitäten werden herbeizitiert, um das arme Opfer der Justiz pfleglich zu untersuchen und festzustellen, ob es überhaupt verhandlungsfähig ſei. Die jüdiſchen Gazetten liefern dazu die Begleitmusik. Sie haben sich einen feinen Dreh zurecht. gedacht: einer der Angeklagten braucht nur zu streiken, er bleibt drei Tage zu Bett liegen, der Prozeß kann nicht weitergehen und muß wieder von vorne angefangen werden. In der Tat, eine ergreifende und fast zu Tränen rührende Angelegenheit. Es wäre vielleicht an der Zeit, den Sklareks Ovationen darzubringen und öffentliche Ehren angedeihen zu laſſen, daß sie sich überhaupt bereit finden, in Moabit zu erscheinen, um in einem teuren, von unseren Steuergroschen bezahlten Gerichtsverfahren Rede und Antwort zu stehen. Aber wozu der Lärm : Wie viele der hohen und höchsten Herren wür. den erleichtert aufatmen, wenn es hieße, dieser Prozeß ist auf unbestimmte Zeit vertagt: Die Arbeiterführer in der Lindenstraße und vom Bülow. platz würden wahre Indianertänze aufführen, und zentnerweise fielen 234

ihnen die Steine vom Herzen. Dieser Prozeß hat nicht nur den Sklareks die Niere krank gemacht. Noch sitzt manch einer auf hohem Amtsſeſſel, der morgen vielleicht schon eine Leiche ist. Und das Volk Was sagt das Volk dazur Das Volk spielt bei dieſem Korruptionsfilm den verbitterten Zuschauer. Der Aasgestank einer par teipolitischen Verweſung steigt ihm brenzlich in die Vase. Hier kann man sehen, wie mit den Hungergroschen der Berliner Urbeiterschaft geaast worden ist. Hier enthüllen sich die marxistischen Funktionäre in ihrer ganzen menschlichen Größe. Es ist gewiß nur ein Bruchteil von all dem Unrat, der in der Berliner Kommune zuhauf liegt. Aber wir meinen, das genügt. Das ist vollkommen ausreichend, um über das marxiſtiſche Syſtem das Urteil auszusprechen. Der Parteibuchbeamte hat seit 1918 Linzug gehalten in Berliner Umtsstuben. Das Prinzip von Ehrlichkeit, Sparsamkeit und Unbestechlichkeit wurde hier entthront, und an seine Stelle trat die bornierte Unfähigkeit und eine aufreizende Korruption. Die Gesinnungstüchtigkeit ward Trumpf. Im Roten Haus herrschte ein System feiler Nichtswürdigkeit, das am besten durch den Satz gekennzeichnet wird, daß eine Hand die andere wäscht, daß Reichtum nicht schändet und Armut nicht immer glücklich macht. Das ist die Kehrseite des Marxismus. Auf den Schultern der Arbeiter. schaft werden die feigen Demagogen in die Sinekuren hineingetragen. Und schließlich merkt man auch allmählich, daß Austern besser munden als eingelegte Heringe. Die Sklareks, das ist kein Einzelvorgang. Das ist ein Symptom . Das allen sichtbare Zeichen des marxistischen Verfalls und der in seinem Gefolge heraufziehenden marxistischen Korruption. Schieber und Geschobene, große und kleine Betrüger, Emporkömmlinge und nichtswürdige ugnießer, eine Kameraderie von niederträchtigen Volksbetrügern, mit denen kurzer Prozeß gemacht würde, wenn — ja wenn ... Dieses Wenn müssen wir lösen. Diese Vorbedingung zu schaffen ist unsere Aufgabe. Dafür zu sorgen, daß jene Grundlagen eines sittlichen politischen Bewußtseins, von dem aus eine Trockenlegung des ganzen marristischen Korruptionsſumpfes überhaupt erst möglich erscheint, wie. derhergestellt werden, wollen wir Tag und Nacht nicht müde werden. Dann kann auch über die Sklareks und die in ihrem Kometenglanz vegetierenden parteipolitischen Parasiten ein deutscher Gerichtshof ein Urteil aussprechen, vor dem mit doppeltem Recht das Wort steht: „Im Namen des Volkes!"

Die nationale Opposition 19. Dezember 1931 Seit der Harzburger Tagung ist der Begriff der nationalen Oppoſition in das Denken der breiten Massen eingetreten. Er wurde dort richtig ver standen, während er in den Kreisen der Zünftigen vielfachen Mißdeutungen ausgesetzt war. Die nationale Opposition ist kein Deckname für eine Wahl oder gar Weltanschauungsgemeinschaft; sie ist das, was das Wort besagt: eine gemeinsame Opposition nationaler Prägung gegen politische Kräfte, die nach Meinung der der Oppoſition angeschlossenen Parteien und Verbände bekämpft werden müſſen. 235

Sie traten in Harzburg zusammen, um eine allgemeinverbindliche tak. tische Linie festzulegen. über Weltanschauung wurde dort nicht geredet. Es ist ein vielbeliebter Unfug, der mit verständlicher Hingabe in bürgerlichen Kreisen betrieben wird, die Sache so hinzustellen, als habe die nationalſozialistische_Bewegung in Harzburg einen Rütlischwur auf das Programm der Deutſchnationalen abgelegt. Davon kann keineswegs die Rede sein. Man wollte Brüning stürzen und weiter nichts. Man wollte eine feindliche Macht zur Auflösung bringen und überließ die Sorge darüber, was danach kommen müßte, einer näheren und ferneren Zukunft. Es darf keinem Zweifel unterliegen, daß die Verteilung der Beute nach dem Maßstabe der effektiven Macht und nicht nach dem einer mehr oder weniger eingebildeten politischen Intelligenz vor sich gehen wird. Die nationalsozialistische Bewegung bildet heute, sowohl ziffern, wie wert. mäßig das Schwergewicht unter den Parteien und Verbänden nationaler Prägung. Sie kann sich niemals darauf einlaſſen, daß die mit ihr gehen. den Kontrahenten versuchen, den Mangel an Anhängerschaft durch eine überentwickelte politische Klugheit zu ersetzen. Macht wird nach demo. kratischem Gesetz durch Mehrheit erworben; und solange die Spielregeln des Parlamentarismus als gültig anerkannt werden, müssen sie auch bei der zukünftigen Kräftebildung ausschlaggebend sein . Es kann uns durchaus nicht imponieren, wenn die Deutschnationale Partei auf ihre reichere Erfahrung in der Vor- und Nachkriegszeit verweist. Wäre diese bis 1918 in jeder Beziehung ohne Tadel gewesen, so hätte ihre Trägerin vermutlich ihren Namen nicht zu ändern brauchen. Und was sie seit 1918 anbetrifft, so meinen wir in jeder Beziehung mit ihr antreten zu können. Darüber hinaus aber gibt es überhaupt keine Erfahrung, die für die Problematik der kommenden deutschen Politik irgendwie herangezogen werden könnte. Die Fragen, die uns in näherer und fernerer Zukunft aufgegeben werden, sind so außerordentlicher Art, daß sie in der Vergangenheit gar kein Beispiel haben. Wir müſſen in Deutschland von vorne anfangen, und es tut vielleicht ganz gut, wenn wir uns dabei auf keine Analogie aus der guten alten Zeit beziehen. Reich und Volk sind durch die Explosionen des Krieges und der Vlach. kriegszeit von Grund auf umgestaltet worden. Ein neuer Tag bringt neue Aufgaben, und neue Menschen sind dazu berufen, sie zu meistern . Der deutschnationale Parteiführer hat kürzlich Gelegenheit genommen, vor den Vertretern seiner Organisation den warnenden Zeigefinger gegen den Sozialismus jeglicher Art zu erheben. Wir greifen wohl nicht fehl in der Annahme, daß auch wir dabei eingeschlossen waren. Für uns besteht keinerlei Veranlaſſung, uns darüber zu erregen. Im Gegenteil: uns kann das nur sehr recht sein, vor allem im Hinblick darauf, daß im Begleit. konzert zur Harzburger Tagung oft und oft die Frage aufgeworfen wurde, wie die nationalsozialistische Bewegung ihre sozialistische Gesinnung im Zusammengehen mit einer bürgerlichen Partei aufrechterhalten wolle. Wir pflegten dann zur Antwort zu geben, daß dieses Zusammengehen rein taktischer Natur sei und mit Weltanschauung gar nichts zu tun habe. Wir sind also den Deutschnationalen sehr zu Dank verpflichtet, wenn sie auch ihrerseits die Grenzen klar und unverwischbar ziehen. Die nationale Hal. tung haben wir mit anderen Parteien und Verbänden gemeinsam. Was uns von ihnen trennt, ist die sozialistische Untermauerung des nationalen Begriffs. Wir sind der überzeugung, daß ihm dadurch erst der überzeit.

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liche Wert gegeben wird und freuen uns jedesmal, wenn andere Rontrahenten nicht müde werden, darauf zu verweiſen, daß dieſe Unterschied. lichkeit der nationalsozialiſtiſchen überzeugung nur uns allein zu eigen ist. Nicht scharf genug jedoch kann man dagegen Stellung nehmen, wenn im Lager des Nachbarn der Eindruck zu erwecken versucht wird, als sei unser Sozialismus nur eine Spielart des Marrismus und treibe, wenn auch ungewollt, in den Bolschewismus hinein. Vermutlich wird gerade deshalb fast Abend für Abend einer unserer Kameraden von kommunisti schen Terrorbanden über den Haufen geschossen, während einem Deutsch. nationalen nur selten ein Härchen gekrümmt wird. Wir haben den Kampf gegen den Marxismus zwölf Jahre lang unter den schwersten Opfern geführt. Allerdings mit einer Argumentation, die, weil sie den ſozialisti. schen Kern der marxistischen Weltanschauung angriff, allmählich die gegnerische Front aufweichte und jetzt nach und nach zum Erliegen bringt. Wir halten es schlechterdings für ausgeschlossen, daß der Marxismus von bürgerlicher Seite überhaupt gefährdet werden kann. Erst von einer dritten Position aus ist es möglich, ihm wirksam zu Leibe zu rücken und ihn als politische Machtgruppe schachmatt zu setzen. Es genügt also nicht, sich darauf zu berufen, man habe nie und niemals mit ihm paktiert und lehne ihn auch heute noch ab. Es gilt, ihn als politische Machtgruppe zu zerschlagen und ſeinen Einfluß im öffentlichen Leben nicht nur parteitaktisch, sondern auch weltanschaulich zu brechen . Es kann nicht bezweifelt werden, daß allein der Nationalsozialismus diese Aufgabe wenigstens in Angriff genommen hat. Er ist gegen den Marrismus von seiner sozialistischen Wesenheit aus angegangen und hat ihm in zähem, erbittertem Rampfe allmählich seine Gefolgschaft abſpenſtig gemacht. Die sozialistische Seite unserer Weltanschauung hat uns dazu die Kraft gegeben. Und wenn heute die marxistische Front in vollkommener Auflösung begriffen ist, so weiß doch jedermann, daß das auf das Bom. bardement von unserem Kampfabſchnitt und nicht auf das von dem einer bürgerlichen Partei aus zurückgeführt werden muß. Unser Sozialismus ist das Ergebnis eines nationalen Gerechtigkeitsgefühls, das sich paart mit höchstem Verantwortungsgefühl den breiten, arbeitenden Maſſen gegenüber. Wir sind weder eine Rechts-, noch eine Linkspartei und haben in unserer politiſchen Weltanschauung nichts mit bürgerlichen oder marxiſtiſchen Rückständen zu tun. Wir wehren uns auf das leidenschaftlichste dagegen, mit dem einen oder dem anderen in einen Topf geworfen zu werden. Wir huldigen einer modernen Staatsauffas. sung, die sich fernhält von den Überbleibseln einer vergangenen Welt, die ebenso machtpolitisch überwunden werden muß, wie sie heute geistig schon überwunden ist. Die nationale Opposition würde erst dann ihre taktische Begrenzung verlieren, wenn sie sich zu dieſer geistigen Klarheit der politiſchen Rampfführung entschließen könnte. Dann aber, meinen wir, wäre sie nationalsozialistisch und verlöre ihren parteipolitisch abgezeichneten Charakter. und wir glauben, es wird niemals der Solange das nicht der Fall ist Fall sein, weil es nicht der Fall sein kann — muß schon jede Einzelgruppe ihr selbständiges programmatisches Eigenleben führen. Und am Ende wird der Erfolg darüber entscheiden, wer Recht und Unrecht hatte.

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Wie stellt ihr euch das eigentlich vor? 22. Dezember 1931

Das Kabinett Brüning hat im Lande jeden Rückhalt verloren. Würde es heute das Volk an die Wahlurne rufen, seine iederlage müßte ver. nichtend werden. Die parlamentarische Basis, auf der dieses Kabinett steht, ist von Tag zu Tag dünner und brüchiger geworden, und man kann heute schon fast mit mathematischer Genauigkeit ausrechnen, an welchem Tage die legte Position der Regierung verlorengeht. Die in jüngster Zeit veranstalteten lokalen Volksbefragungen haben eindeutig ergeben, daß die breiten Massen den augenblicklich in Deutsch land gesteuerten politischen Kurs nicht mehr zu dulden entſchloſſen_ſind. Die sogenannte Brüning-Koalition ist aufgebröckelt und in ihre Bestand. teile zerfallen. Wenn das auch in der parlamentarischen Position des Kabi. netts im Augenblick noch nicht so sicht und unmittelbar in die Erscheinung tritt, auch die Hilfskräfte im Reichstag werden von Stunde zu Stunde unlustiger und widerstrebender in der Gefolgschaft zu Brüning und seiner Politik. Es entspräche in der Tat der wahren Lage im Lande und stellte nur einen Akt demokratischer Gesetzlichkeit dar, wenn die Reichsregierung ihren Plag verließe und ihn für den Nationalsozialismus freigäbe. Sie selbst sucht den Anschein zu erwecken, als wenn sie dazu nicht im mindesten geneigt wäre. Die Zwangsläufigkeit der Dinge hat sie noch nicht dazu vermocht, die selbstverständliche Folgerung daraus zu ziehen, und das Notwendige wird nicht einmal erkannt, geschweige getan. Darf man sich auch unter dem Druck der Verordnungen eine bescheidene Frage an das Kabinett erlauben? Kennt die Regierung die Stimmung im Lande? Wenn ja, was gedenkt sie dagegen zu tun ? Sie besitzt keine Handlungsfreiheit mehr dem Auslande gegenüber. An ihrer Seite hat sich sozusagen ein oppositionelles Nebenkabinett etabliert, und es muß beim Unvoreingenommenen der Eindruck entstehen, als sei der Welt gegenüber die Opposition mehr legitimiert als die ordentliche Regierung. Es ist Brüning nicht gelungen, im Lande Ruhe und Frieden zu schaffen. Die inneren Gegensätze haben sich von Monat zu Monat mehr verschärft. Sie können beim geringsten äußeren Anlaß losbrechen und aufeinanderplagen. Daß der Radikalismus im Wachsen begriffen ist, kann nicht lediglich darauf zurückgeführt werden, daß die Opposition sich bedenkenlos die Mot der Zeit zunutze macht. Auch die Opposition führt ihren Ursprung eben auf dieſe Not zurück, und sie unterscheidet sich von der Koalitions. mehrheit nur dadurch, daß sie sie in ihrem Anlaß erkannt hat und gewillt ist, zu ihrer Beseitigung die dementsprechenden radikalen Mittel zur Anwendung zu bringen. Wer trotz drakonischster Steuergesetze die Finanzen eines Landes nicht in Ordnung bringt, wer selbst unter Verbrauch dik. tatorisch bestimmter Wirtschaftsmaßnahmen die Produktion ab und ankurbelt, wer eine bis in ſchwindelnde Millionenziffern aufsteigende Arbeitslosigkeit sozusagen als Elementarereignis hinnimmt und kein brauchbares Rezept dagegen anzugeben weiß, darf sich nicht wundern, wenn im Lande die Unruhe wachsenden Charakter annimmt, wenn die Gespenster kom mender Auseinandersetzungen bedrohlich hochsteigen, und wenn das Volk von Bestürzung ergriffen wird. Es ist sehr billig zu sagen, trifft aber den Kern der Dinge nicht, wenn 238

man der Opposition zum Vorwurf macht, daß sie auf eine Katastrophe hinarbeite. Kriſenzustände wirtschaftlicher oder politischer Natur sind immer das Ergebnis der amtlichen Regierungskunst, nicht der oppositionel. len Kritik. Die Tatsache, daß der Nationalsozialismus niemals weder am heutigen Staate, noch an seiner Politik, noch an den dabei betriebenen Methoden teilgenommen hat, ist der schlüssige Beweis dafür, daß ihn keinerlei Schuld am Verhängnis trifft. Die Katastrophe würde eintreten, nicht weil, ſondern obschon wir davor warnten, und es ist kein Zeichen von loyaler Kampfesweise, heute den Versuch zu machen, uns die Schuld daran zuzuschieben. Die Massen haben das auch längst erkannt. Die Politik der seit 1918 mit wechselnden Fassaden am Ruder befindlichen Koalition ist vor dem Volke in ihrer Undurchführbarkeit entlarvt. Jetzt, wo die furchtbaren Folgeerscheinungen, die wir seit nunmehr 10 Jahren vorausgesagt haben, mit einer fast unheimlichen Sicherheit einzutreten beginnen, fängt das große Wandern zwischen den Parteien an. Die Regierung verliert im Volke an Rückendeckung. Sie muß unter dem Druck der Stimmung im Lande Stellung über Stellung aufgeben. Der Nationalsozialismus aber schwillt zu einer Riesenwelle an, deren Umfang im Augenblick gar nicht mehr ausgemessen werden kann, der aber gewiß in kürzester Frist die Mehrheit in Deutſchland umſpannen wird. Glaubt man in der Wilhelmstraße in allem Ernst, daß dieser spontane Aufbruch der Massen zu uns irgendwie durch__mechanische Mittel aufgehalten werden könnte? Ist man in den Umtsstuben der Regierung tatsächlich der überzeugung, die Kurve des Nationalsozialismus werde in demselben rapiden Tempo, in dem sie aufsteigt, auch wieder niedersinken? Wenn ja, dann bewundern wir die leichtgläubige laivität, mit der man im Regierungslager den Ernst der Situation verkennt. Wenn aber nein, dann müssen wir gestehen, ist die Politik, die heute offiziell in Deutschland betrieben wird, für uns vollkommen unverständlich. Es darf als unwahrscheinlich gelten, daß in der Regierung Kräfte am Werke sind, die uns bewußt die Massen zutreiben. Tatsächlich aber ist der heute gesteuerte Kurs dazu angetan, diesen gewiß nicht erhofften Erfolg zu zeitigen. Die Regierung kann sich auch nicht auf bessere Zeiten ver trösten, die zu erwarten stehen. Der Winter ist mit furchtbarer sozialer Schärfe über uns gekommen. Die neuen Verordnungen des Kabinetts grei fen nach dessen eigenem Eingeständnis den letzten Rest unserer Substanz steuerlich an. Die Produktion ist bis auf ein Minimum zusammen. geschrumpft. In gesteigertem Umfange werden allenthalben Lohnsenkungs. aktionen durchgeführt und vermindern den Konsum der breiten Massen bis auf ein nicht mehr einschränkbares Minimum. ur wer sich selbst be trügen will, kann ernsthaft annehmen, daß die Kurve unseres Erfolges über kurz oder lang zum Sinken kommt. Die Regierung selbst ist zwar äußerlich Herrin ihrer Entſchlüſſe. Aber sie wird sich vergebens gegen eine Zwangsläufigkeit zur Wehr setzen, die in den Dingen selbst ruht und deshalb eintritt, weil sie notwendig ge worden ist. Wir tragen kein unwiderstehliches Gelüste danach, mitzutun. Wir neiden der Regierung nicht die schwankende Poſition, auf der sie steht. Wir glauben, daß sie bessere Tage hinter sich als vor sich hat. Ir. gendwie und irgendwann muß die Kräfteverschiebung, die im Laufe eines 239

Jahres im Lande vor sich gegangen ist, ihr Äquivalent in einer nahen Verteilung der Macht finden. Die Regierung trifft dazu, wie der Augen. schein lehrt, keinerlei Anstalten. Wir fragen deshalb in aller schüchternen Hochachtung: Wie stellt ihr euch denn eigentlich eure und unsere und die Zukunft des deutschen Volkes vor?

Weihnachten 1931 Dezember 1931 Das deutsche Volk steht vor dem bittersten und schwersten Weihnachtsfest, das es je in seiner Geschichte erlebt hat. Zwar waren auch in der Vergangenheit diese Tage manchmal von lot und Schmerz durchzittert, damals, als die Soldaten des großen Krieges in den Schüßengräben in Flandern und Polen lagen und blutige Opfer für Freiheit und Ehre der lation brachten. Aber immer strahlte über uns auch durch das dunkelste Gewölk ein Stern der Hoffnung. In diesem Jahre aber liegt über dem ganzen Volk die graue Verzweiflung. Die Wirtschaft ist verödet, die Fabriken stehen leer, die Schornsteine rauchen nicht mehr, und die Hoch öfen sind niedergebrannt. Die Straßen der großen Städte füllen sich mit den Armeen der Arbeitslosen. Auf den Bauernhöfen ist Sorge und Not zu Gast. Der Mittelstand liegt geknickt am Boden. Die schaffenden Stände sind ihrer primitivsten Lebensrechte beraubt, und über der Vation ballen sich ständig neue, schwere Wolken. Das Volk ist in ſich aufgespalten und hat sich in zwei Hälften zerteilt. Die große Kriſe des Landes findet ihre Fortsetzung in einer ungeahnte Ausmaße annehmenden Weltkriſe. Die politischen Verhältnisse sind heute verworrener denn je, und nirgendwo zeigt sich, außer bei uns, ein Programm, ein Gedanke, ein Wille, ein Mann. Das amtliche Deutschland verteidigt mit verzweifelter Energie seine Positionen. Der Aktivismus aber steht in der Oppoſition und muß, wenig. stens vorerst noch, seine Kräfte in der Kritik verbrauchen. Das Volk hätte allen Grund, an seiner Zukunft zu verzweifeln. Gäbe es keine nationalsozialistische Bewegung und könnte sich an sie nicht die legte Hoffnung aller Gutgesinnten klammern, dann wären Millionen Menschen in Deutschland längst schon in den Abgrund des Chaos und der Anarchie hineingestürzt. Wir haben die Fahne eines neuen Glaubens aufgerichtet. Wir halten sie unerschütterlich und unbeirrt in unserer festen, sicheren Hand, und wir geben dem arbeitenden Volk die Zuversicht, daß über kurz oder lang in Deutschland eine grundsätzliche Wendung eintritt und damit der Wiederaufbau eines nationalen Staates und daraus folgernd die Wiedergeburt des deutschen Volkes beginnen kann. Das ist aber nicht nur ein Versprechen für die Zukunft, das ist viel mehr noch eine Verpflichtung für die Gegenwart. Wir tragen heute in unſeren Händen die letzte Hoffnung von Millionen. Zu uns schaut das deutsche Volk mit gläubiger Hingabe auf. In uns sieht es die Bürgschaft für den kommenden Sieg. Wenn wir versagen, dann ist Deutſchlands Schicksal endgültig vertan, und unser ehemaliges stolzes, reiches und mächtiges Kulturvolk wird aus der Liste der Nationen, die Geschichte machen, endgültig gestrichen. 240

Eine Bewegung, die in sich den letzten Glauben eines ganzen Volkes umschließt und verkörpert, übernimmt damit vor diesem Volk und seiner Zukunft die schwerste Verantwortung. Wir sind uns dieser Verantwor tung zu jeder Stunde bewußt. Angesichts der zum Himmel schreienden Vot der breiten Massen, der Ausweglosigkeit aus dem Wirtschaftschaos, der Verzweiflung des arbeitenden Volkes und der wachsenden Panikstimmung im Lande stellen wir uns mit offener Stirne und reinem Gewissen vor die Weltöffentlichkeit hin, beteuern feierlich, daß wir keine Schuld tragen an diesem Verhängnis und klagen diejenigen vor dem Richterstuhl der Geschichte an, die Deutschland in dieses Unglück hineingeführt haben. Sie vor allem hätten die Verpflichtung, dem Volk ihre helfende Hand hinzureichen und wenigstens im Rahmen des möglichen und Erträglichen die große soziale Vot zu lindern und Balsam zu legen auf die Wunden, die die Verzweiflung uns schlug. Statt dessen aber sind sie bemüht, ihre verräterischen Spuren zu verwischen, uns der Untaten anzuklagen, die sie an Deutschland begangen haben und durch eine uner. trägliche und aufreizende Lindrosselung des sozialen Lebens dem Volk die letzten Mittel zu einem menschenwürdigen Dasein zu nehmen. Jahrelang haben wir diesen unsittlichen Versuch, durch Herabschraubung des deut schen Lebensstandards auf ein nicht mehr zu ertragendes Minimum, uner. füllbare Tributverpflichtungen am Ende doch zu erfüllen, vor dem Volk gegeißelt. Wir sind mit den Vätern dieser Politik scharf ins Gericht gegangen. Das Volk hat in steigendem Umfang unserer Meinung zu gestimmt. Die Massen sind vom amtlichen Deutschland abgewandert in das Lager der Oppoſition. Daß der Nationalsozialismus Kraft und Intelligenz genug besitzt, die derzeitige Politik kritisch zu sezieren und sie mehr und mehr in eine ausweglose Enge hineinzutreiben, das hat er zur Genüge bewiesen. un gilt es, ein anderes vor dem deutschen Volk zu erhärten : Wir wollen helfen. Wir wollen lot lindern, wir wollen den Bedrängten und den mit der Verzweiflung Ringenden unsere rettende Hand entgegenhalten. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, da das Volk sich unter unserer Führung zu einer großen Not- und Schicksalsgemeinschaft zuſammenſchließen muß. Es ist nicht viel, was wir diesmal mit unseren kleinen Mitteln zu Weihnachten kaufen können. Aber das, was wir kaufen, soll in Deutsch. land, von Deutschen und für Deutsche gekauft werden. Der kleine Geschäftsmann wehrt sich verzweifelt gegen den Zusammenbruch. Ihm gilt es, unter die Arme zu greifen. Er muß mitgenommen werden auf dem Wege eines kommenden Aufstiegs. Ihn darf man nicht als Opfer des Zusammenbruchs liegen lassen. In diesem Jahre gehen deutsche Männer und Frauen nur in deutsche Geschäfte. Sie meiden die jüdischen Waren . häuser, in denen sie bisher ihr sauer verdientes Geld für Tand und Torheit aufstapelten, damit es, in die Kanäle des internationalen Marxismus fließend, zur weiteren Unterjochung der deutschen Arbeit benutzt werden konnte. So grau und leer in diesem Jahr das Fest der Liebe werden mag, da, wo wir unter Einsatz von Solidarität und volksgenossenschaftlicher Kameradschaft ein Licht in der sozialen Finsternis aufstecken können, da soll es angezündet werden . Die Schranken zwischen den Klassen und Ständen sind gefallen. Der deutsche Arbeiter reicht dem deutschen Mittelständler die Hand, denn er weiß, daß der Mittelständler ihm auch die Hand geben wird, wenn es um 16 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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sein Schicksal geht. Im Nationalsozialismus sind wir alle zu einem neuen Volk zusammengeschmolzen. Die lot des einen ist die lot des andern. In Hilfsbereitschaft und wahrer sozialiſtiſcher Gesinnung wollen wir den Schrecknissen der Zeit die Stirne bieten. Das, was wir wahrscheinlich im nächsten Jahr um diese Zeit planmäßig durch eine großangelegte Aktion von Regierungsseite aus vorbereiten werden, das wollen wir in dieſem Jahre zum ersten Male von seiten der Oppoſition aus verſuchen. Jeder Groschen, den wir ausgeben, soll in deutsche Rassen wandern. Er soll deutschen Gewerbetreibenden und Raufleuten die Möglichkeit geben, sich über diesen schweren Winter hinwegzuretten. Er soll deutschen Fleiß und deutsche Arbeit befruchten. Auf unseren Weihnachtstiſchen wollen wir nur deutsche Waren sehen. Juden mögen in ihren Waren. häusern Tand und Schund erstehen. Wir gehen zu unseren Volksgenossen, tun da ein gutes Werk kameradschaftlicher Flächstenliebe und haben dann auch beim heiligen Fest das tröstliche Bewußtsein, daß wir dem ersten Gebot unseres göttlichen Lehrmeisters nachgekommen sind.

Weihnachtsfrieden ? 24. Dezember 1931 Über Deutschland liegt kurz vor dem Fest der notverordnete, weihnacht liche Frieden. Die politischen Gegensätze sind verstummt. Die Parteien haben keinerlei Möglichkeit, sich vor den Massen des Volkes über die drän genden Probleme des Tages auseinanderzusetzen. Die Kritik an der letz. ten, einschneidenden Votverordnung des Brüning-Kabinetts ist behördlich reglementiert und wagt sich nur noch in leisen Andeutungen an die öffent lichkeit. Man nennt eine solche Lage im allgemeinen Ausnahmezustand. Es wäre jedoch ein verhängnisvoller Irrtum, wenn man annehmen wollte, daß in diesem Schweigen Zustimmung zum Ausdruck käme. Ganz im Gegenteil! Das Volk ist erbittert. Es frißt seinen Zorn und seine maßlose Empörung in sich hinein. Der Zündstoff, der in den breiten Massen lagert, hat sich gefährlich angesammelt. Das Leben des Einzelmenschen ist durch die letzten Maßnahmen der Regierung auf das furchtbarste betroffen worden. Alle Stände, Berufe und Klaſſen ſtehen unter dem Druck unerhörter Opfer und Leistungen, und jedermann fragt sich verzweifelt, warum und wofür das alles ſo ſei. Das Jahr 1931 geht in einer ungeheuren Spannung seinem Ende ent gegen. Die Weihnachtstage fallen diesmal mitten in eine verhängnisvolle und folgenschwere Krise, die gleich nach dem Fest aufbrechen wird. Das ganze Land ist davon überzeugt, daß dann die Entscheidung fällt. Wir haben es längst verlernt, das Fest der Liebe nach alter Väter Art feierlich zu begehen. Es gibt in Deutſchland nur noch wenig, woran wir uns erfreuen könnten. Seit dem Unglücksjahr 1918 liegt über uns das drohende Gespenst der Not. Hunger und Elend gehen im Lande um. Öft und oft hat das Volk seine letzte Kraft zusammengerafft, um dem drohenden Unglück entgegenzutreten und im deutschen Schicksal eine Wende herbei. zuführen. Aber jede Kraft war umsonst vertan, solange dem Kampf um die politische Neugestaltung Deutschlands die einheitliche und zielbewußte politische Führung fehlte. Ein dreizehnjähriger Opfergang unseres Volkes ist umsonst gewesen. 242

Wir haben unsere legten Werte verbraucht, haben Tribute bezahlt über das Menschenmögliche hinaus, haben uns ein Scheindaſein zurechtgezim. mert, das in keiner Weise der wahren Lage unseres Volkes entsprach; und nun bricht über die Nation die grauſame Erkenntnis herein, daß wir seit dem Vovember 1918 von den vorhandenen Werten gelebt haben, ohne neue Werte hinzuzuſchaffen, daß dabei unser Volksvermögen aufgebraucht wurde und wir nun vor dem grauen, leeren Vichts stehen. Das ist ein bitteres und hoffnungsloses Weihnachten, das wir heuer begehen. Die wirtschaftliche Kriſe, die Deutschland schon seit Jahren be. lastet, wirkt sich nun in ihrer Folgeerscheinung in einer schweren poli. tischen Krise aus, und diese gefährdet in ihren Auswirkungen auf das ernsteste das Leben der gesamten ation. Niemals waren die Gegensätze politischer Art in Deutschland so scharf und so unversöhnlich wie am Ende dieses Jahres. Niemals war der innere friede so bedroht, wie jetzt. Niemand vermag zu sagen, wohin die Dinge bei Ende dieses und bei Anfang des vor uns liegenden Jahres treiben werden. Gäbe es keine nationalsozialiſtiſche Bewegung, dann wäre Deutſchland längst in die Anarchie gefallen ; und in dieſer Stunde, da wir kurz vor dem heiligen Fest stehen, bliebe uns nichts mehr zu hoffen übrig. Der Vationalsozialismus ist der letzte Stern unseres Glaubens geworden, und es ist kein Zufall, daß sich heute ein ganzes Volk mit seiner letzten Hin. gabe an unſere Bewegung klammert. Dürfen wir noch auf die Zukunft vertrauen, und haben wir ein Recht, bei diesem düsteren und unheildrohenden Weihnachten das Leben unseres Volkes trotzdem nicht verlorenzugeben? Ja, und tausendmal ja! Denn während die alten Werte zerbrachen, die Parteien das Volk auseinanderrissen, die politischen Gegensätze sich ver. schärften, während die Wirtſchaft in Anarchie versank und das Feld der Produktion sich mit Trümmern bedeckte, hat das Volk bereits in uns und durch uns seine neue form gefunden. Unter unserem zähen Angriff sind die Klassenfronten allmählich aufgeweicht worden, und das dort frei. werdende lenschenmaterial ist in Bewegung geraten. Wie flüssiges Metall läuft es in den Schmelztiegel unserer Partei hinein und wird dort durch unsere Organisation und Weltanschauung umgeprägt. Ein neues Volk ist im Werden, und es findet im ationalsozialismus seine endgültige Gestalt. Die furchtbaren Widerstreite, die das alte Deutschland zerreißen und blutig schlagen, sind in unserer Bewegung überwun den oder doch ihres gefährlichen Charakters entkleidet worden. Die Nation als Vot- und Schicksalsgemeinschaft steht wieder sichtbar auf dem poli tischen Kampffeld und fordert immer deutlicher und unmißverständlicher ihre unverbrüchlichen Rechte auf Leben, Arbeit und Brot. So tief Deutschland in den dreizehn Jahren seit 1918 gesunken ist, so hoch reißt es der Nationalsozialismus wieder in die Höhe. Keine wirtden ungeheuren schaftliche Krise und keine Finanzkatastrophe kann historischen Wert aufwiegen, den das deutsche Volk durch unsere neue Formgebung heute wieder darstellt. Hier liegt der entscheidende Punkt, an dem unsere Hoffnung auf die Zukunft einſegt. In schweigendem Zorn sucht das Volk sich einen Weg aus dem Dunkel in das Licht. Die Gegensätze, die durch mechanische Ge setzesakte für einen Monat zum Verstummen gebracht sind, werden noch

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einmal zum entscheidenden Gang antreten, und es wird und muß ſich dann erweisen, ob Deutschland zum Leben oder zum Sterben bestimmt ist. Trog allem, es ist doch ein Fest der Hoffnung, das wir in diesem Jahre begehen. Eben steigt über dem Dunkel der politischen Vacht ein erster Stern auf. Dieser Frieden, der uns unter dem Druck der Not verordnet wurde, ist nicht jener Frieden, nach dem das deutsche Volk Ausschau hält. Er wird zu jener Stunde kommen, da wir das Böſe überwunden haben und einer neuen staatlichen Sittlichkeit den Weg freilegen. Darauf warten wir mit Sehnsucht und gläubigem Herzen!

Die letzte Atempauſe 29. Dezember 1931 über Deutschland liegt auch nach dem Fest noch der durch die Votverordnung verhängte Weihnachtsfrieden. Die latente Wirtschafts- und Finanzkrise setzt eben wieder sichtbar ein. Die politische Kriſe jedoch wird erst in kurzer Zeit zum Ausbruch kommen. Zwar haben die Parteien noch keine Gelegenheit gehabt, die politische Bewegung im Lande wieder in Gang zu bringen. Aber das wird nun wohl auch nicht lange mehr auf sich warten lassen. Bis zum 4. Januar sind alle öffentlichen Versammlungen verboten. An diesem Termin beginnt dann wieder die Diskuſſion über die schwebenden Schicksalsfragen vor der breiten öffentlichkeit. Die Frist von heute bis dort stellt die letzte Atempause vor dem entscheidenden Ringen in Deutschland dar. Niemand befindet sich darüber im Zweifel, daß in absehbarer Zeit irgendeine Lösung der deutschen Macht. frage gefunden werden muß, und daß dieſe nicht temporären Charakter tragen darf, sondern grundsätzlicher Art sein wird. Die Verschiebungen innerhalb der breiten Massen schreien nach einer Auslösung in der amtlichen Verteilung der Macht. Und was die augenblickliche Krise von allen ihr vorangegangenen wesenhaft unterscheidet, ist die Tatsache, daß bei ihr parteitaktische Überlegungen ganz in den Hintergrund gedrängt sind und zum ersten Male seit 1918 Weltanschauungen zum Kampf um Macht und Verantwortung einander gegenübertreten. Die nationalsozialistische Bewegung wird die zukünftige deutsche Politik maßgeblich beeinfluſſen. Von ihr hängt die Löſung der Frage, wie von nun ab in Deutschland regiert werden soll, hauptsächlich ab. Es hat sich bereits bis in die hohen und höchsten Stellen des Reiches herumgesprochen, daß die NSDAP. eben im Begriff ist, die Mehrheit des Volkes hinter sich zu bringen, und daß Roalitionsgespräche mit bürgerlichen Parteien in naher Zukunft deshalb überflüssig sein werden, weil der Nationalsozialismus auch nach den Spielregeln der Demokratie die Verantwortung für sich allein übernehmen kann. Wir scheuen das keineswegs. Im Gegenteil, wir sind zu jeder Stunde bereit, einem an uns ergehenden Ruf folge zu leisten unter der einzigen Bedingung, daß uns freie Hand und die Möglichkeit gegeben wird, nach unseren Grundsätzen Politik zu betreiben. Wie wir Nationalsozialiſten uns den zukünftigen Aufbau des Reiches denken, wie wir die Wirtschaftsund Finanzpolitik umformen, der Innenpolitik einen neuen Impuls geben und die Außenpolitik aktivieren wollen, das ist zur Genüge in einem 244

zwölfjährigen Aufklärungskampf den breiten Maſſen vor Augen geführt worden. Die Grundsätze unserer Politik liegen klar zutage. Ihre Aus. führungsbestimmungen zu erlassen, wird Sache einer Regierung sein, die damit beauftragt ist, den Nationalsozialismus in die Wirklichkeit zu über. setzen. Auch wir sind uns keinen Augenblick im unklaren darüber, daß der Nationalsozialismus mehr eine Methode als ein starres Programm dar stellt, und daß seine politische Realität Zug um zug und sich ursächlich aus den Anfängen zu ihren Weiterungen entwickelnd, praktisch in die Er scheinung treten muß. Wir lassen auch keinen Zweifel darüber, daß wir keine Wunder wirken können, und daß das, was in einer dreizehnjährigen Verzichtpolitik an materiellen und ethischen Werten verbraucht worden ist, von uns nicht durch ein diktatorisches Dekret wieder aus dem Boden gestampft werden kann. Es handelt sich in Deutſchland vorerst nicht darum, einem romantischen Wunschgebilde nachzujagen, sondern das Volk vor dem Hunger zu bewahren und ihm die primitivsten Grundlagen seines natio nalen und sozialen Lebens wieder zu gewährleisten. Die uns feindlichen Parteien, die nun allmählich unter den Reulen. schlägen unserer Erfolge zusammenbrechen, suchen sich vor der letzten, vernichtenden Niederlage dadurch zu retten, daß sie für den Versuch plädieren, den Nationalsozialismus in ein bürgerlich gemäßigtes Kabinett hineinzunehmen, ihm dort die schlimmsten Giftzähne auszubrechen und damit überhaupt die Möglichkeit zu rauben, einen wenn auch nur beschei denen Teil seiner Versprechungen einzulösen. Die nationalsozialiſtiſche Bewegung wird sich hüten, an einer Regierung teilzunehmen, die ent schlossen ist, ihren elementarsten Grundsägen zuwiderzuhandeln ; ein Mindestprogramm, das in sich eine vollkommene Umkehr von den bisher in der deutschen Politik gepflogenen Methoden und den darin zum Ausdruck gekommenen weltanschaulichen Prinzipien umschließt, muß schon gewährleistet sein. Und was die „uneinlösbaren Versprechungen" anbe trifft, die wir angeblich aus demagogischen Gründen unseren Wähler. massen gemacht haben, so dürfen wir in aller Bescheidenheit darauf ver. weisen, daß der Nationalsozialismus dem Volke nichts anderes versprach, als seine Ehre wiederherzustellen und den arbeitenden Maſſen Arbeit und Brot zu geben; und dieses Versprechen wird er unter allen Umständen einlösen. Die nationalsozialistische Bewegung unterscheidet sich von den parla mentarischen Parteien dadurch, daß ihr Schwergewicht in der Partei selbst und nicht in den fluktuierenden Maffen einer unkontrollierbaren Wähler. schaft liegt. Die nationalsozialistische Politik findet deshalb in der Organi sation unserer Bewegung ihren Halt und ihr Rückgrat. Sie wird durch sie garantiert. Vahezu dreihunderttausend SA.- und Männer und fast achthunderttausend eingeschriebene Mitglieder der Partei geben den festen Boden ab, auf dem unsere Politik steht. Es ist deshalb auch unmöglich, daß dieſe Politik bei für uns positiven oder negativen Strukturverände rungen in den breiten Wählermassen Veränderungen ihrer eigenen Wesensstruktur unterworfen werden kann. Der Nationalsozialismus ist ein bis in seine legte Verästelung durchdachtes politisches System, und die Partei selbst hat sich zum Ziele gesetzt, dieses in der Oppositionsbewegung schon durchgeführte System in staatliche Funktion zu bringen. Ob das gelingen wird, das hängt in den kommenden Wochen und Monaten von unserem Fleiß, unserer Kampfkraft, unserer Energie und 245

Geradlinigkeit ab. Wenn wir auf dem einmal beschrittenen Wege mutig und unbeirrt weitergehen, ohne nach links oder rechts abzuweichen, dann haben wir den Sieg so gut wie sicher in der Taſche. Erforderlich für die letzte Entscheidung ist vor allem ein kühler Kopf und unverbrauchte Nervenkraft. Damit wir kalte Besinnung und klaren Verstand, Abſtand von den Dingen und Ronzentrierung der letzten Reserven gewinnen, darum gab uns anscheinend die Regierung Brüning dieſen politiſchen Frieden. Wir sind ihr dafür zu großem Dank verpflichtet. Die Organi sation holt ein letztesmal tief Atem. Dann wird sie mit einer Generaloffensive das Trommelfeuer auf die feindlichen Positionen eröffnen und zum Endspurt um die Entscheidung ansetzen. Die Knechtschaft dauert nur noch kurze Zeit!

Das Jahr unseres Sieges 31. Dezember 1931 Das Jahr 1931 geht zu Ende. Ein Jahr schwerer Kämpfe nach innen und nach außen liegt hinter uns. Als wir es vor zwölf Monaten mutigen Schrittes zum ersten Male betraten, waren viele von uns der Überzeugung, daß in ihm die Entscheidung fallen müſſe. Die nationalsozialiſtiſche Bewegung hatte in kühnem Siegeslauf die ersten Festungen des feindlichen Terrains erobert, und es machte den Anschein, als würde ihr in kürzester Zeit die Macht nach der Zwangsläufigkeit der Dinge in die Hand fallen. Überlegsamere Gemüter haben damals vor dieſen allzu optimistischen Hoffnungen gewarnt und damit am Ende auch Recht behalten. Wir gehören nicht zu denjenigen, die dann, wenn eine Erwartung nicht eintrifft, auch dabei noch das Gute zu suchen und zu finden bestrebt sind. Aber in diesem Falle müssen wir doch gestehen, daß es so, wie es gekommen ist, gut war, und daß es besser gar nicht sein konnte. Der Nationalsozialismus ist bis zur Stunde zwar noch nicht vor die Verantwortung gestellt worden, er hat noch nicht die Macht erobert. Aber in den zwölf Monaten dieses krisenreichen Notjahres hat er sich die Herzen und die Gehirne des Volkes gefügig gemacht. Damals waren wir noch eine unter den anderen Parteien. Heute sind wir die Partei. Die imponierendste Massenbewegung in ganz Europa, die sich eben anschickt, das gesamte deutsche Volk zu umspannen. un stehen wir am Ende dieses Jahres und tun den entscheidenden Schritt in einen neuen Kampfabschnitt. Man braucht kein Prophet zu sein, um voraussagen zu können, daß in dem heute abend anbrechenden neuen Jahre die Lösung der deutschen Frage gefunden werden muß, und daß der Nationalsozialismus Träger dieser Löſung ſein wird. Man hat sich manchmal im Lande und jenseits der Grenze darüber ge wundert, wie leicht das Schicksal es uns gemacht habe, und wie unverdient die reifen Früchte des Sieges uns in den Schoß gefallen seien. Erklärlich insofern, als die Welt an der Vorbereitung unseres Triumphes gar keinen Anteil genommen hatte und unsere Entwicklung erst dann mit wachen Augen verfolgte, als wir eine Macht im öffentlichen Leben darzustellen begannen. Uns ist nichts geschenkt worden. Wir haben alles durch Kampf und Leistung erworben, und das stolze Werk, das nun aufgerichtet in im ponierender Größe dasteht, ist das Ergebnis von unſagbaren Öpfern, ist 246

die Frucht einer Saat, die mit Strömen von Blut gedüngt wurde, ist der Sieg von zweihundert Toten, die über ihre Gräber hinaus weiter. wirken und das Erbe ihres Willens und ihrer Kraft an die hinter ihnen marschierenden Bataillone übergeben haben. Zwar ruht über dem Lande noch der durch Votverordnung verhängte Weihnachtsfrieden. Aber wir alle wissen, daß am 4. Januar, wenn die Schleusen der öffentlichen Agitation wieder geöffnet werden, die Spring. flut unseres Aufbruchs auch die letzten Dämme aufreißt und die nationalsozialistische Welle, alle Widerstände niederrennend, das ganze öffentliche Leben überschwemmen wird. Die Situation, politiſch und wirtſchaftlich ge. sehen, ist bis oben hinaus angefüllt mit Kriſen. Die Maſſen ſind verbittert und zornerfüllt. Jedermann ist davon überzeugt, daß Deutſchland am Vorabend großer Ereignisse steht, daß dabei ein endgültiges Urteil gefällt wird über den Wert oder Unwert der vergangenen Politik und jene Grundlagen festgelegt werden müſſen, die die neue deutsche Politik bestim men sollen. Das Jahr 1932 soll das Jahr unseres Sieges werden. Wir wollen an die Macht. Wir fordern für uns und unsere Partei die Verantwortung. Wir sind entschlossen, die Macht zu erfüllen und die Verantwortung zu tragen. Unser Programm ist klar und unabänderlich. Unſere politiſchen Richtlinien sind in einem zwölfjährigen öffentlichen Aufklärungskampf dem deutschen Volk vor Augen geführt worden. Die Massen wiſſen, was wir wollen. Das deutsche Volk teilt unsere Meinung und ist bereit, uns die Macht in die Hand zu geben. Es muß in Deutschland von vorne angefangen werden. Dreizehn Jahre lang haben wir eine Politik betrieben, die in keiner Weise unserer inneren und äußeren Lage gerecht wurde. Wir haben ein Scheingebäude von falschen Hoffnungen errichtet und müſſen nun zu unserem Entsetzen Zeuge dessen sein, daß dieses Gebäude in seinen Fugen wankt. Wäre die national. sozialistische Bewegung nicht vorhanden, es gäbe dann für das deutsche Volk keine Hoffnung mehr, Deutschlands Zukunft müßte endgültig auf. gegeben werden. Damit geht die letzte Verantwortung für die letzten Dinge, die da kommen, auf uns über. Die Partei ist Bewegung geworden, und sie repräsen tiert morgen das ganze deutsche Volk. Wir Deutschen von 1931 sind nicht mehr die Deutschen von 1918. Wir haben im Nationalsozialismus jenen entſcheidenden Umschmelzungsprozeß durchgemacht, der uns politiſch und weltanschaulich neu geformt hat. Vor die Geschichte tritt ein anderes, jun. ges und willensbestimmtes Geschlecht. Eine Generation von kämpferischen Aktivisten rückt vor die front der deutschen Politik und fordert ihre Rechte auf Arbeit, Freiheit und Brot zurück. Sie ist nicht mehr gewillt, für die internationale Finanz den Kuli zu machen. Sie ist von der Ent schlossenheit beseelt, dem Versklavungszustande des deutschen Volkes ein Ende zu bereiten, die Ketten abzuschütteln, die die Nation bedrücken, die deutsche Ehre wiederherzustellen und dem deutschen Namen seinen alten Rang und Klang zurückzuerobern. mit tiefer, innerer Befriedigung schauen wir Nationalsozialisten auf das vergangene Jahr zurück. Wir haben getan, was menschenmöglich war, und manchmal über unsere Kraft hinaus. Wir sind der Verfolgung, die sich drohend gegen uns erhob, mutig entgegengeschritten, wir haben Haß, Lüge und Berleumdung trogzig die Stirne geboten. Der schmutzige 247

Spülicht einer parteipolitisch vergifteten Hezze ist am Damm unserer Wahrhaftigkeit aufgehalten worden. Rein und unversehrt gingen wir durch das Fegefeuer der Terrors und durch die Hölle von Wunden, Blut und Tod. Mit blankem Ehrenschild treten wir nun vor das deutsche Volk hin und fragen: Haben wir nicht gut bestanden? Sind wir unwert, die Macht und die Verantwortung in unsere Hand zu nehmen? Verdienen wir es nicht daß wir die Herren von Deutſchland werden? Millionen und millionenfach klingt uns aus den Massen der Ruf ent gegen: Reißt die Tore auf! Legt den Weg frei zu einem neuen Staat ! Das Gesetz des Volkes ist bei euch ! Ihr seid Deutschland! In euren Hän. den ruht die letzte Hoffnung eines versinkenden Volkes !" un denn, Tritt gefaßt! Das Jahr 1932 liegt als große, niemals wie. derkehrende Chance vor uns. Wir werden es packen und meistern. Es wird das Jahr unseres Sieges sein. Haltet die Ohren steif und bindet den Helm fester! Im schwersten Kampfe wollen wir im neuen Jahr das neue Deutschland erobern.

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1932

Weg zur Macht

-it dem Beginn des Jahres 1932 ſtand die Bewegung gerüstet vor den Toren Mit der Macht. Kaum hatte sie zur Bereitstellung für den Generalangriff am Jahresbeginn eine Atempause gewinnen tönnen, um die dringlichsten Organiſationsaufgaben der stetig wachsenden Millionenpartei zu lösen, denn die Wahlschlacht um das Reichspräsidentenamt, für das auch Adolf Hitler kandidierte, erforderte zur Vorbereitung alle ihre Kräfte. Aus dem ersten Wahlgang geht der Führer mit 11,34 Millionen Stimmen hervor. Vier Wochen später vereinigt er 13,41 Millionen auf seine Perſon. Vom 14. September 1930 bis zum April 1932 hatte sich die Zahl der Wähler also von 6,5 auf über 13 Millionen verdoppelt. Die Preußenwahl im Frühjahr 1932 vereinigte allein 8 Millionen Stimmen auf die Liste der Bewegung, und bei den Landtagswahlen in Württemberg, Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg, Thüringen, Hessen usw. siegte die Partei mit absoluten Mehrheiten. Das reaktionäre Lager wurde dabei völlig

aufgerieben, die KPD . und SPD. vernichtend

geschlagen. An diesem atemberaubenden Vormarsch hatten die verzweifelten Versuche des stürzenden Syſtems, der nationalsozialistischen Lawine ein marxiſtiſches Parteiwerkzeug unter staatlichem Schutz, die " Eiserne Front", entgegenzustellen, nichts åndern können, auch nicht das innerhalb Jahresfrist 11malige Verbot des „Angriff" und die Absicht, das geistige Zentrum der deutschen Revolution in der Reichshauptstadt auch dadurch auszuschalten, daß man Dr. Goebbels Anfang 1932 für vier Wochen untersagte, in öffentlichen Versammlungen zu sprechen. Der Fall Brünings konnte angesichts der sich überſtürzenden politiſchen Entwidlung nur noch eine Frage kürzester Zeit sein. Unter normalen parlamentarischen Verhältnissen hätte er längst zurücktreten müſſen. Am 10. Mai wird Groeners Rücktritt nach deſſen SA.-Verbot im April durch die nationalsozialiſtiſche Fraktion erzwungen. Am 29. Mai ist auch Brünings Schicksal besiegelt, und Franz b. Papen bildet im Auftrage des Reichspräsidenten sein „ Präsidialkabinett", das der Führer unter der Bedingung der Aufhebung des SA.-, Uniform- und Demonſtrationsverbotes als Übergang zu tolerieren beabsichtigt. Der längst überalterte Reichstag in der Zusammensetzung vom September 1930 wird endlich aufgelöst. 249

Bei der Reichstagswahl am 31. Juli gewinnt die NSDAP . als weitaus stärkste Partei 13,75 Millionen Stimmen. Ihren überlegenen Sieg verdankt sie der „Nichtigkeit ihrer Idee, der Klugheit ihrer Taktik und der Verläßlichkeit ihrer einzigartigen Organiſation. " Ohne die Dreizehnmillionenarmee des Nationalsozialismus war keine ernst zu nehmende Regierungsbildung möglich. Die Kabinette von Papen und Schleicher stellten im wesentlichen nur Übergangserscheinungen dar. Mit den Wahlen vom 6. November und dem darauf folgenden Sturz des Kabinetts von Papen ſtand dann auch der Zeiger der politischen Gefahrenuhr auf fünf Minuten vor zwölf! „Nur Adolf Hitler kann Deutschland vor dem Bolschewismus retten! - Das Deutschland, das aus dieser Frontstellung hervorgehen soll, muß ein Deutschland sein, das weder bürgerlich noch proletarisch ist! Wer Adolf Hitler nicht will, muß auf die Bewegung verzichten. Man kann Idee, Organiſation und Führer nicht voneinander trennen. Adolf Hitler hat die nationalsozialiſtiſche Bewegung begründet, er hat ihr Programm, Sinn, Inhalt und Ziel gegeben, unter seiner Führung hat sie ihren atemberaubenden Siegeszug angetreten, und unter seiner Führung wird sie auch die Macht erobern! " Dr. Goebbels verkündete es auf dem höchsten Gefahrenpunkte der deutschen Staatskrise und prophezeite dazu, daß troß allem „ 1932 das Jahr der großen Entscheidung" sei.

25.0

Die zweite Angriffswelle 1. Januar 1932 Bei Beginn des Herbstkampfes 1931 haben wir für die Berliner Bewegung die Parole „Hinein in die Betriebe!" ausgegeben. Wir hatten damit unsere politische Arbeit in der Reichshauptstadt auf einen einheitlichen Nenner gebracht und sie unter einer gemeinsamen, klaren Tendenz konzentriert. Die NSDUP. ist, wie ihr lame schon sagt, eine Arbeiter. partei. Sie entstand ihren Anfängen nach auf dem Rampfboden der Großſtädte und wurde von hier aus auf das flache Land vorgetragen. Sie hät sich vorerst zum Ziel gesetzt, die breiten, arbeitenden Maſſen zu gewinnen, sie den Klauen des Marxismus zu entreißen und in eine neue nationa listische und sozialistische Front hineinzustellen . Wo anders wäre diese Aufgabe verlockender als grade in Berlin? Die Reichshauptstadt iſt jahrzehntelang der Tummelplatz der Sozialdemokratie und des Kommunismus gewesen. Es ist dem Marrismus bereits in kaiser. lichen Zeiten gelungen, Berlin als Stadt dem deutschen Deutschland zu entfremden und für die internationale Klassenkampfideologie zu gewinnen. Der Schlachtruf „Berlin bleibt rot!" hat seit Ende des Krieges bis zu unserem ersten Auftreten seine ewig gleichbleibende Wirkung gehabt. Er hat die bürgerlichen Parteien in Angst und Furcht versetzt und dem marristischen Proletariat ein unerschütterliches Gefühl von Stärke und Siegeszuversicht gegeben. Gleich beim Beginn unserer parteipolitischen Arbeit haben wir dieser marriſtiſchen Parole den Kampf angesagt. Wir haben den deutschen Nationalismus in die roten Proletarierviertel hineingetragen und ihn unter Gefahren und Verfolgungen auf dem Wedding und in Neukölln, den traditionellen Hochburgen der RPD., verfochten. Zehntausende und Hunderttausende von irregeleiteten Volksgenossen sind im Laufe eines halben Jahrzehnts zu uns gestoßen. Sie haben mit uns eine feste und unerschütterbare front von deutschen Aktivisten gebildet, an deren ehernem Wall die Schmutzfluten der roten Verleumdung abprallen mußten. Im Herbst des vergangenen Jahres war der Augenblick gekommen, unseren Kampf gegen den Marxismus zu intensivieren und ihn von der Straße in die Fabriken zu verlegen. Mit der Parole „Hinein in die Betriebe!" haben wir die Tore aufgeschlagen, die uns bisher den Eingang in die Kontore und Werkstätten versperrten. Wir wollten uns im Verlauf von vier Monaten zahlen- und wertmäßig in den Berliner Fabriken fest. segen und unsere Positionen dort so sicher ausbauen, daß ſie durch keinen gegnerischen Sturm mehr erschüttert werden konnten. Dieses Ziel ist nun mit Ende des Jahres erreicht. Es gibt in Berlin keinen Betrieb mehr, in dem nicht die Pioniere unserer Weltanschauung, zu kompakten größeren und kleineren Einheiten zusammengeschlossen, den Kampf um die nationalsozialiſtiſche Idee tatkräftig durchführen. Aber es wäre nur halbe Arbeit getan, wenn wir uns damit zufrieden geben wollten . Wir haben es uns nicht zur Aufgabe gemacht, in die Betriebe nur hinein. zugehen, wir wollen die Betriebe erobern. Und dieſes Ziel steht jetzt vor uns in der Entwicklungsphase, die wir nunmehr im ersten Viertel des Jahres 1932 zu durchschreiten haben. Die zweite Angriffswelle sett ein. Erobert die Betriebe ! Sie wird mit derselben Methode und unter Anwendung derselben Systematik hoch. 251

gepeitscht. In regelmäßigem Wechsel werden wir Woche um Woche durch riesige Flugblatt- und Versammlungskampagnen das Bombardement auf die marristischen Hochburgen eröffnen und die gegnerischen Stellungen sturmreif schießen. Das ist eine Aufgabe nicht nur für unsere Betriebs. pioniere, sie ist für die Gesamtpartei in der Reichshauptstadt verpflich. tend. Unsere ganze Arbeit muß sich darauf konzentrieren. Millionen Flug blätter werden in den nächsten Wochen vor den Fabriken und Werkstätten verteilt. In allen Stadtteilen sollen systematisch Arbeitslosenversammlungen veranstaltet werden. Monat für Monat findet im Sportpalaſt zu billigstem Eintrittspreis eine große Arbeiterdemonstration statt, auf der die besten Redner der Partei zu den werktätigen Massen der Reichshaupt. stadt sprechen. Die Berliner Parteipresse wird ganz auf diesen Kampf eingestellt. Wir greifen den Marxismus an seiner verwundbarsten Stelle an, und wir sind der überzeugung, daß wir ihn hier auch zur Strecke bringen. Der Feind weiß ganz genau, worum es geht. Verliert er die Gefolg. schaft der Arbeiter, dann ist sein Schicksal besiegelt. Schon bläst die SPD. zum Sammeln. Die freien" Gewerkschaften bilden mit den republikanischpazifistischen Verbänden Abwehrorganisationen. Die SPD. zetert : „Staat, pack zu !" Das Reichsbanner stellt seine Bataillone zur „Eisernen front" auf. Es hat anſcheinend am Anfang des Wortes ein Sch vergessen. Die marristischen Gazetten wimmern in ihrer Todesangst bei den bürgerlichen Parteien um Gnade. Sie alle wissen, wenn die SPD. die Arbeiterschaft verliert, dann ist es mit der ganzen Herrlichkeit bald zu Ende. Ihr Ziel heißt: mit allen Mitteln die Machtübernahme durch den Nationalsozialismus zu verhindern. Die Bonzen ahnen bereits, daß dieſe für sie vollkommene Ausschaltung aus dem politischen Leben bedeuten würde. Der Kampf selbst geht in seinem letzten Sinn um die Seele des deutschen Proletariats. Wer sich auf die Millionenmaſſen der arbeitenden Bevölkerung stügen darf, der wird den Sieg davontragen und ihn für alle Zeit befestigen und verteidigen können. Damit ist Richtung und Umfang der vor uns liegenden politischen Arbeit zur Genüge dargetan . Es geht darum, der Reichshauptstadt den Charakter einer roten Metropole zu nehmen . Unsere Aufgabe ist, das Berliner Proletariat restlos in unsere Front einzugliedern und aus denen, die sich bisher aus parteipolitiſcher Verblendung der deutschen Wiedergeburt mit ihren Leibern entgegenstellten, ihre fanatischsten Verfechter zu machen. In zwei Tagen ist der notverordnete Weihnachtsfrieden zu Ende. Die Partei hat tief Atem geholt. Mit neuem Willen und frischer Kraft geht sie an ihre große Aufgabe heran. Wir haben keine Zeit, müde zu ſein. Es wird in den nächsten Monaten um Deutschlands Schicksal und um das Los der deutschen Arbeiterschaft, für alle Zukunft bindend, gewürfelt. Wer das Spiel verliert, der hat für immer verloren. Mit dieser Erkennt. nis machen wir uns ans Werk. Finster und drohend liegen vor uns die Betriebe, die Trußzburgen der marxistischen Volksverseuchung. In den vier letzten Monaten des vergangenen Jahres haben wir ihre Tore aufgeschlagen. In den drei ersten Monaten des neu angebrochenen Jahres werden wir mit der massiven Kraft unserer gesamten Partei durch diese Tore Einzug halten und aus jeder Fabrik eine Hochburg der nationalsozialistischen Volkserhebung machen. 252

Die braunen Bataillone faſſen Tritt. Sie marschieren durch Gefahren und Verfolgungen in die Betriebe hinein, um sie für Adolf Hitler und seine Bewegung zu erobern .

Das große

ein

16. Januar 1932 Ausländische Blätter wußten vor einigen Tagen zu berichten, daß der Reichskanzler Brüning in einer Unterredung mit dem englischen Botschaf ter zum Ausdruck gebracht habe, Deutschland könne von nun ab keine Reparationen mehr bezahlen. Diese Mitteilung hat in der Weltöffentlichkeit, vor allem in der französischen Preſſe, ſenſationelles Aufsehen erregt. Das veranlaßte die Reichskanzlei zu einem Rückzieher, und der Reichs. kanzler selbst hat daraufhin in einer Unterredung mit dem Vertreter des amtlichen W. T. B. seine diesbezügliche Meinung näher begründet und kommentiert. Uns will es erscheinen, als ob die Erklärung des Reichskanzlers mitten im Verlauf der innerpolitischen Debatte um die Frage der Amtsverlänge. rung des Herrn Reichspräsidenten nicht ganz zufällig gekommen sei. Wenn der Herr Reichskanzler mit seiner Ablehnung der Tribute wirklich Ernst machen wollte, so gab es für ihn dabei nur zwei Möglichkeiten: Er mußte sie entweder schon vor Jahren, oder wenn er erklärt, er ſei damals noch nicht im Amte gewesen, mindestens schon vor Monaten zum Ausdruck bringen und daraufhin die öffentliche Meinung in Deutschland und in der Welt mit System auf diesen Standpunkt vorbereiten und damit vertraut machen, oder aber sie bis zur Lauſanner Konferenz aufſparen, um ſie dort zur entscheidenden Stunde mit Aplomb unseren außenpolitischen Gegnern entgegenzuschmettern. Daß er beide Möglichkeiten ausließ und eine dritte versuchte, die Ab. lehnung der Tribute in einem diplomatischen Gespräch zu proklamieren, beweist zur Genüge, daß sie vorläufig nicht für das große Publikum der Welt, sondern vielmehr für die Parterrebesucher im eigenen Volke gedacht ist. Und das wieder gibt uns nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung, ſie einer kritischen überprüfung zu unterziehen. Soweit wir uns erinnern, pflegte der Reichskanzler bislang so zu ar gumentieren, daß man zuerst innerpolitiſch die Finanzen sanieren und die Etats ausbalancieren müſſe, um dann erst vor die Welt hinzutreten mit der kategoriſchen Forderung, daß die Reparationspolitik grundsäglich revi. diert werden müsse. Er hat zur Durchsetzung dieses Standpunktes vom deutschen Volke unerhörte materielle und soziale Opfer verlangt. In vier einschneidenden Steuernotverordnungen ist die letzte Vermögenssubstanz der deutschen Wirtschaft angegriffen und mobilisiert worden. Und alles das geschah mit der Begründung, daß diese drakoniſchen Eingriffe in die Lebenshaltung und den Daſeinsstandard des deutschen Volkes zur Auswiegung der öffentlichen Finanzgebarung notwendig seien, und daß am Ende dieses opfervollen und dornenreichen Weges die Befreiung Deutſch. lands von der Tributlast stände. Nun ist aber das genaue Gegenteil von dem, was der Reichskanzler glaubte voraussagen zu können, entsprechend unseren Warnungen und Prophezeiungen, prompt eingetroffen. Wir sind ihm dutzendemal ent.

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gegengetreten mit der gegenteiligen Beweisführung, die darauf hinaus. lief, zu erhärten, daß eine Sanierung der deutschen Etats unter Beibehal tung der Tributpolitik überhaupt und an ſich unmöglich ſei und wenn ent gegen allem gefunden Menschenverstand dieſes imaginäre Ziel_unter Einsatz von schwersten Opfern trotzdem erreicht werde, das den Gegner nicht etwa veranlassen könne, den guten Willen Deutschlands als Grund für die Beseitigung der Reparationen hinzunehmen, sondern ihn vielmehr nur dazu verleiten würde, in der Ausbalancierung der deutschen Etats eben eine weitere willkommene Bestätigung für die Berechtigung und Durchführbarkeit der Tributpolitik zu sehen. Der Reichskanzler ist, ohne auf unsere Mahnungen zu hören, seinen Weg gegangen; er hat im Effekt damit nur erreicht, daß durch seine Steuernotverordnungspolitik der letzte Rest deutscher Vermögenssubstanz angegriffen wurde, dabei aber die öffent liche Finanzgebarung in Deutschland nicht etwa in Ordnung kam, ſondern un haben wir in zwei Jahren weiterhin trostlose Defizite aufwies. Brüningpolitik unsere letzten Reserven für ein außenpolitisches Phantom mobilisiert, und derselbe Kanzler, der unsere Argumente noch vor einigen Monaten glaubte in den Wind schlagen zu können, paradiert jegt dem ein. Auslande gegenüber mit dem großen Es würde Herrn Dr. Brüning allzu leicht gemacht, und es widerspräche auch der ehernen Gesetzlichkeit jeder geschichtlichen Entwicklung, wenn er, der sich zwei Jahre lang für die Politik des Ja zur Verfügung stellte, nun der Träger des großen Vein würde. Der Roungvertrag hat ſich als abſurd und undurchführbar vor jeder. manns Augen erwiesen. Damit ist die Richtigkeit jener Politik erhärtet, die wir im Herbst und Winter des Jahres 1929 beim Kampf um die Rounggesetze betrieben haben. Die Politik des amtlichen Deutſchlands dagegen ist als illuſionär erkannt worden, und daraus muß das deutsche Volk nicht nur außen-, ſondern auch innerpolitiſche Konsequenzen ziehen. Gewiß gehört Herr Dr. Brüning nicht zu denjenigen, die den Roungvertrag persönlich unterschrieben haben. Aber seine Politik steht heute noch auf jenen Parteien, die die Rounggesetze gegen uns durchsetzten. Politisch einschneidende Verbindlichkeiten aber werden, wenn sie sich als unerträglich und widerſinnig herausstellen, nicht von denen gebrochen, die sie eingegangen sind, sondern von denen, die sie von jedem Anfang an ab lehnten. Das ist die Achse, um die sich alles dreht. Herr Dr. Brüning hat vor dem erwachenden deutschen Volk kein Mandat, den Kurs einer Politik zu durchkreuzen, wie sie seit dreizehn Jahren von den Parteien betrieben worden ist, auf die er sich stützt. Es geht nicht an, die scharfen Gegensäge, die sich im Volke um die Tribute herausgebildet haben, durch Pathos zu verkleistern und damit die notwendig gewordene innerpolitiſche Auseinandersetzung hintanzuhalten. Es würde uns auch abwegig erſcheinen, wenn das gegenwärtige Reichs. kabinett sich bei der von ihm projizierten Widerstandspolitik auf die wider Erwarten" im Laufe der letzten zwei Jahre eingetretene Weltwirtschaftskrise berufen wollte. Die Weltwirtschaftskrise ist eine zwangsläufige und von uns seit je vorausgesagte folge der seit dreizehn Jahren hemmungslos betriebenen Tributpolitik. Es hieße Ursache und Wirkung verwechseln, wenn man ihr die Schuld an der Unmöglichkeit der weiteren

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Fortsetzung des seit 1918 gesteuerten außenpolitiſchen Kurſes zuteilen wollte. Man drehe die Sache, wie man will. Am Ende tragen doch immer das Koalitionssystem und seine politischen Exponenten die Verantwortung für den heutigen politiſchen, wirtſchaftlichen und ſozialen Zustand des deutschen Volkes. Er kann deshalb auch nur grundsätzlich geändert werden durch einen radikalen Systemwechsel. Die heutigen Inhaber der Macht müssen ihre Plätze für die nationalsozialistische Opposition freigeben und damit die Möglichkeit schaffen, daß in Deutschland eine klare und kom promißlose Politik nach innen und nach außen betrieben werden kann. Wir sind uns keinen Augenblick im Zweifel darüber, daß dieſe Darstellung der Lage von unseren Gegnern mit dem Vorwurf des Defaitismus be antwortet werden wird. Aber darum geht es im Augenblick gar nicht. Es geht darum, daß in Deutſchland scharf abgegrenzte Fronten und eindeutige Machtverhältnisse geschaffen werden, daß eine Regierung ans Ruder kommt, die das große ein nicht nur ausspricht, sondern auch die Kraft und den Willen besitzt, danach zu handeln.

Zuerst muß Brüning das Feld räumen 19. Januar 1932 Die jüdisch-marxistische Presse ist in eine merkwürdig anmutende und unnötige Aufregung hineingeraten. Führende Nationalsozialisten haben in den letzten Tagen in Reden und Zeitungsartikeln des öfteren der Ansicht Ausdruck gegeben, daß eine Bereinigung der schwebenden inner- und außenpolitischen Fragen nicht möglich sei, solange Brüning ſeinen Platz innehalte. Die Machtverhältnisse, wie sie sich im Volke herausgebildet haben, forderten eine dementsprechende Verteilung der Macht im offi. ziellen Deutschland, und werde diese homogenität nicht hergestellt, dann könne von einer Inangriffnahme, geschweige einer Lösung der großen vor uns liegenden Probleme gar keine Rede sein . Es fehlt nur noch, daß seitens der jüdischen Presse der Rampf gegen Brüning und ſein Rabinett als landesverräterisch bezeichnet wird. So weit sind die Dinge bei uns gekommen . Es ist demgegenüber erforderlich, die gewaltsamen Aufbauschungen, wie sie heute Tag für Tag in der Jour naille zu finden sind, auf das richtige Maß zurückzuführen. Worum handelt es sich? In Deutschland amtiert ein Rabinett, das zwar im Parlament noch eine zahlenmäßige Mehrheit für sich buchen kann, das aber erwiesenermaßen diese Mehrheit im Volke nicht mehr besitzt. Die hinter ihm stehenden bürgerlichen Parteien sind bei den letzten Wahlen vollkommen zerrieben und aufgelöst worden, und die Sozialdemo kratie, die Brüning aus blaſſer Angst toleriert, hat dabei schwere, niemals mehr vernarbende Wunden davongetragen. Diese Tatsache ist natürlich nicht nur uns bekannt, sie spricht sich auch mehr und mehr im Auslandé herum. Die internationale Diplomatie nimmt mit Befremden von dem Umstand Kenntnis, daß in der großen Schicksalsstunde des deutschen Volkes eine Regierung vor die Welt hintritt, die von den Massen im eigenen Lande abgelehnt wird. Würde das der Fall sein in konsolidierten, in sich abgewogenen Zeitläuften, so könnte man darüber füglich hinweg. 255

sehen und die Entscheidung über eine neue Verteilung der Macht einer zukünftigen Entwicklung überlassen. Davon aber kann hier keinesfalls gesprochen werden. Die Regierung steht eben im Begriff, nach Lauſanne zu fahren, um dort über das ausschlaggebende Problem der Tribute einschneidende Verhandlungen zu führen und dabei gewiß auch zu wichtigſten Beschlüssen zu kommen. Hinter der Lauſanner Zusammenkunft wartet die Genfer Abrüstungskonferenz, auf der die Wehrfrage so oder so einer Lösung zugeführt werden soll. Wichts ist selbstverständlicher als die for derung, daß nur eine deutsche Regierung vor die Welt hintreten darf, die sich der uneingeschränkten Billigung des ganzen deutschen Volkes erfreut. Ist das bei Brüning nicht der Fall, dann muß er seinen Platz räumen und den Weg frei machen für ein Rabinett der nationalen Ronzen. tration und Energieentfaltung. Das gilt sowohl für die schwebenden inner wie auch außenpolitiſchen Fragen. Reichspräsidentenwahl, Lauſanne und Genf, das sind keine Probleme, die von Brüning gelößt werden können, sondern nur ohne oder gegen ihn. Wenn es in den vergangenen Monaten mit einer gewissen Leichtfertigkeit_verſäumt_wurde, in Deutſchland stabile Regierungsver. hältnisse herzustellen, ſo lag das nicht an der Oppoſition, ſondern an den Roalitionsparteien, die ihr den Weg in die Macht versperrten. un aber bei zunehmender Komplikation der Dinge zu fordern, daß endlich dem Willen des deutschen Volkes Genüge getan wird, ist nicht nur das Recht, sondern die hiſtoriſche Pflicht der nationalsozialiſtiſchen Bewegung. Man komme uns nicht mit dem Einwand, daß es jetzt not tue, dem Ausland ein geschlossenes und einheitlich gewilltes Deutschland entgegen. zustellen. Vorerst muß die Frage gelöst werden, wer dieſes Deutschland führt, und wer die Berechtigung hat, in seinem Namen zu sprechen. Eine Regierung, die sich nur noch auf die zerbröckelnde Parlamentsmehr. heit eines längst überalterten Reichstags stützt, kann sich auf dieses Man. dat nicht berufen. Sie muß deshalb der Zwangsläufigkeit der Dinge nach. geben und den Weg frei machen. In der Regierungskoalition scheint man sich der Tragweite dieſer Forderung gar nicht bewußt zu sein. Es ist dort vor einigen Tagen das Wort gesprochen worden, niemand könne es verantworten, den Ranzler den Gewehren des feindlichen Auslandes preiszugeben. Das klingt einiger maßen erstaunlich im Munde von Parteileuten, die bisher keine Gelegen. heit versäumt haben, die Opposition, die ihnen nun, wo sie gebraucht wird, zu Diensten sein soll, dem Terror und der parteipolitischen Verfolgung auszuliefern. Aber das ist nicht einmal das Ausschlaggebende. Darüber könnte man hinwegsehen, wenn es sich wirklich um eine große, das ganze Volk betreffende nationale Angelegenheit handelte und die Gewähr dafür geboten wäre, daß die Kräfte, die hinter dem Kanzler stehen, eine starke Widerstandspolitik auch in jedem Falle durchhalten. Rann man das von jener Sozialdemokratie behaupten, die seit 1918 und schon lange vorher jede starke deutsche Politik sabotiert hat und sich dessen im Lande auch noch zu rühmen pflegte: Trifft das auf jene verfällenden bürgerlichen Parlamentsgebilde zu, die, wenn es hart auf hart ging, kläglich in sich zusammenfielen und nach der bewährten Methode feigen Verzichts das Fleinere übel wählten Vlein, nichts von alledem ! Die parteipolitischen Kräfte, die dem gegen. wärtigen Rabinett Halt und Stütze geben, sind durch ihre Vergangenheit 256

gezeichnet. Sie tragen das Rainsmal verantwortungslosesten Sachgebens auf der Stirn. Sie haben das deutsche Volk in einer dreizehnjährigen Illusionspolitik in Unglück und Verderben gestürzt. An ihnen muß sich das geschichtliche Gericht, das vom deutschen Volk stürmischer und stürmi scher gefordert wird, auch in der Tat vollziehen. Die Zeiten sind vorbei, in denen man mit patriotischem Pathos eine notwendig gewordene Klärung der fronten verhindern konnte. Es muß in Deutschland reine Bahn geschaffen werden. Die großen Schicksals. probleme der Nation können nur von Männern und Parteien gemeistert werden, die, durch ihre Vergangenheit unbelastet, den Mut und den Willen haben, den harten und grausamen Tatsachen, vor die eine unbarmherzige Welt uns stellt, Auge in Auge entgegenzutreten und sie, gestützt auf die aktive Kraft der hinter ihnen stehenden Millionenmassen, auch zu lösen. Darum erheben wir aufs neue die Forderung : Zuerst muß Brüning ur er und seine das Feld räumen ! Hitler hat ein Recht auf die Macht! Bewegung bieten die Gewähr dafür, daß nicht nur verhandelt, sondern auch gehandelt wird!

Appell an die, die es angeht

23. Januar 1932 Man vergegenwärtige sich folgenden Tatbestand: Der Reichspräsident otverordamen eine Reihe von erläßt unter seinem ehrwürdigen nungen, die nach seinem ausdrücklichen Willen dazu dienen sollen, den inneren Frieden in Deutschland wiederherzustellen . Die Reichsregierung erklärt in vielen Rommentaren dazu, daß sie die ernste Absicht habe, diese otverordnungen gerecht und objektiv nach allen Seiten durchzuführen . Das Berliner Polizeipräsidium verbietet in wenig mehr als Jahresfrist den Angriff" zehnmal , und sieben von diesen Verboten werden von den dem Polizeipräsidium vorgeſetzten Behörden entweder ganz oder doch teilweise als unberechtigt aufgehoben . Allein die letzten drei Verbote wurden entweder vom Reichsinnenministerium oder vom Reichsgericht für unzulässig erklärt und dem Verlag der Zeitung in langen Begründungen mitgeteilt, daß der „Angriff " wieder erscheinen könne. Das allerdings hilft dem übelstand nur in unvollkommenster Weise ab insofern , als mittlerweile die Verbotsfrist meistens längst abgelaufen ist, der Verlag seinen schweren wirtſchaftlichen Schaden davongetragen hat und die Leser und Abonnenten um die ihnen auf Grund des bezahlten Monatsgeldes zustehende Lieferung der Zeitung gekommen sind. Gewiß haben sie das beglückende Bewußtsein , daß man ihnen Unrecht getan hat, und daß die höchste Justizstelle des Reiches dem Gesetz der Gerechtigkeit Genüge ver schaffte ; aber davon können sie sich nur wenig kaufen. Der entstandene Ausfall ist nicht wieder gutzumachen , und das Berliner Polizeipräsidium kann die Tatsache registrieren , daß der Zweck des Verbots trop seiner Aufhebung erreicht ist. Man könnte hier einwenden, daß es dem geschädigten Verlag ja frei stehe, durch Schadenersatzklage gegen das Polizeipräsidium vorzugehen und es so auf drastische Weise dazu anzuhalten, in Zukunft die auf dem Alexanderplatz gepflogene Verbotspraris etwas vorsichtiger zu handhaben. 257 17 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

Aber auch das hat seine Haken. Ein solches Streitverfahren dauert monatelang; kommt eine Entscheidung, dann steht es dem verurteilten Polizeipräsidium frei, dagegen Berufung einzulegen, und die ganze Sache immerleinstag hinziehen . kann sich so bis auf den Rurz und gut, es ist heute in Preußen möglich, eine Tageszeitung durch ungerechtfertigte Verbote bis an den Rand des Bankrotts zu bringen, und das geschädigte Unternehmen hat keine Möglichkeit, sich zu wehren und einem solchen unhaltbaren Verfahren auf wirksame Weise zu begegnen. Wir glauben berechtigte Zweifel hegen zu dürfen, daß der Herr Reichs. präsident mit seinen otverordnungen solches vorausgesehen oder gar bezweckt hat. Er wollte offenbar damit zur Beruhigung der Gemüter bei tragen und dem politischen Rampf seine äßende Schärfe nehmen. Praktiſch aber wird so das Gegenteil erreicht. Man kann nicht verlangen, daß die Zeitung selbst und die hinter ihr stehenden Anhänger und Sympathisierenden über Methoden, wie sie hier von einer hohen Behörde ange wandt werden, gerade entzückt sind. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Sie empfinden sich als die wehrlosen Opfer einer Gesegespraris, die nach dem Buchstaben des Paragraphen zwar auch ihnen zugute kommen sollte, in Wirklichkeit aber ihnen fortdauernd schwersten Schaden zufügt. Wer die Begründungen, mit denen gerade in den legten Tagen eine Reihe von " Angriff"-Verboten durch das Reichsinnenministerium oder durch das Reichsgericht aufgehoben wurde, aufmerksam und unvorein. genommen überprüfte, mußte zu dem Ergebnis kommen, daß hier im Gesetz eine Lücke besteht, und daß, solange sie nicht zugeſchloſſen wird, die Exekutivorgane der otverordnungen praktisch ungehindert mit ihnen umgehen können, ohne daß die geringste Möglichkeit besteht, sie wieder zu jener Achtung auch vor dem Sinn von Paragraphen zurückzuführen, die man bei ihnen als selbstverständlich voraussegen sollte. Aber nicht genug damit. Das Berliner Polizeipräsidium hat auf Grund eines Leitauffages, den der Verfaſſer dieser Zeilen schrieb, nicht allein den "Angriff" auf acht Tage verboten, sondern dem Verfasser noch obendrein für einen Monat das Auftreten als Redner in öffentlichen Versammlungen untersagt. Die Begründung, mit der das Reichsgericht das Zeitungsverbot aufhob, ist für die erlaſſende Behörde nicht gerade angenehm zu lesen! Die Aufhebung des Verbotes allerdings trifft erst ein, nachdem die Zei. tung längst schon wieder erneut ungerechtfertigt verboten worden ist, und von der untersagten Redetätigkeit spricht man erst gar nicht mehr. Was sind das für Zustände? Weiß der Herr Reichspräſident, daß man in Preußen so mit seinen otverordnungen umgeht? Gibt es niemand in feiner Umgebung, der ihm dieses ganze Material vorlegt? Ist sich seine Umgebung im Flaren darüber, daß, wird eine solche Praxis weiterhin fortgesegt, nicht nur die Exekutive des Gesetzes, sondern auch die Legis. lative schweren Schaden leidet? Und müssen wir nicht bei dieser nüch ternen Darlegung der angezogenen Fälle aufs neue befürchten, daß man sie, anstatt mit einer Änderung der Ausführungsbestimmungen zu den otverordnungen, wieder mit einem neuen Verbot beantwortet? Was darf man heute in Preußen schreiben und was nicht? Gibt es für die oppositionelle Publizistik überhaupt noch eine feste orm? Oder ist Gedeih und Verderb einer großen Tageszeitung einfach dem Gutdünken eines Polizeipräsidiums überlassen Wer ersegt uns den Schaden, wenn bei so

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fortgesetter Praxis die Zeitung wirtschaftlich ruiniert wird? Etwa der Reichsinnenminister oder das Reichsgericht : Wenn nein, wie kann hier der beleidigten Gerechtigkeit Genugtuung verschafft werden? Wir wenden uns in aller form und öffentlichkeit an den Herrn Reichspräsidenten selbst, dessen Geradheit und ausgeprägter Sinn für Gerechtig keit im ganzen Volk bekannt sind. Will er es weiterhin dulden, daß sein Name derart benugt wird: Wir wenden uns an seine nähere und nächste Umgebung. Wir wenden uns an alle die, die sein Ohr noch besitzen, und appellieren an ihr Gefühl für Wahrheit und Gerechtigkeit. Es muß hier etwas geändert werden. Was und wie, das liegt beim Gesetzgeber. Jeden falls aber kann man es als unerträglich bezeichnen, daß eine hohe Behörde gegen eine angesehene Tageszeitung empfindliche Strafen erläßt, die unberechtigt sind, und dafür selbst nicht wieder bestraft wird.

Anklage

26. Januar 1932 In der kahlen, leeren Totenhalle geistert das Grauen. Müde fällt Dämmerung durch die schmalen Fenster herein und legt sich schwer und lastend auf die trostlose Stille. Der Lärm der großen Stadt ist von der unheimlichen Ferne verschlungen. Obschon ein paar hundert Meter weiter durch lichtüberfüllte Straßen das große und glitzernde Leben der Welt rauscht, ist es hier, als wäre Gottes Ewigkeit erschütternd und einſam herniedergebrochen. In dieser dumpfen Halle sind die Worte zu zählen, die in Wochen und Monaten gesprochen werden. Die Menschen, die eintreten, reden nur knapp in flüsterndem Tone. Sie tragen schwarze Kleider, und ihre Gesichter sind vom Weinen entstellt. Hier wird immer Abschied genommen und niemals Wiedersehen gefeiert. ur Tote sind hier zu Gast. Sie haben das Leben hinter sich und sind nach Qual und Unrast ſtill und friedlich geworden. So viele lagen hier auf diesen Bahren. Männer und Frauen, Kinder und Greise, von tückischer Krankheit hingerafft oder von müden, ſpäten Jahren ausgelöscht. Über solche Beute brachte der Tod niemals heim: Dort, in der trostlosen grauen Dämmerung stiert ein gelbes Rnaben . gesicht mit halboffenen, gebrochenen Augen ins Leere. Der zarte Kopf ist zu einer blutigen Masse zertrampelt. Lange, tiefe Wunden gehen in den schmalen Leib, und ein tödlicher Riß klafft durch Lunge und Herz. Wenn man eine Zeitlang dieſes Bild vor Augen hat, dann ist es, als be ginne aus dem bleichen Tode noch einmal Leben zu wachsen. Und siehe da: der schmale, zierliche Leib fängt an, sich zu heben. Langsam, langſam steigt er, wie von einer geheimen Magie gezogen, in die Höhe und steht nun steil in ganzer knabenhafter Größe vor den zitternden Augen. Und ohne daß Lippen sich bewegten, klingt eine dünne Kinderstimme wie aus Ewigkeiten: "Sie haben mich totgeschlagen. Sie stießen mir den Mörderdolch in die Brust und zerfegten meinen Kopf mit des Messers Schneide. Das Blut rann weich und heiß und nahm mir den Atem. Alles das konnte ich nicht verstehen. Ich lief, von tödlicher Angst getrieben. Ich ſtrauchelte und fiel, raffte mich wieder hoch und lief. Über die Mörder saßen mir auf den fersen. Sie wollten ihr Opfer nicht aus der Hand geben. Dann ſank ich ein letztes mal und wußte, daß es um mich geschehen war. Roh traten

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harte Absätze in mein blutüberströmtes Gesicht. Aus Wangen, Vase, Lippen und Stirne wurde ein roter Brei. Ich verlor die Besinnung und ſank dann in den erlösenden Tod. Das geschah in Deutschland. In einem Staat, der Anspruch darauf erhebt, zu den Kulturländern gerechnet zu werden. Und nur, weil ich — ein Kind noch - dem Vaterland zu Diensten sein wollte. Ich gelobte mich einer Idee und grüßte den Führer. Das ist alles, was auf meinem Schuld. konto steht. Ich weiß, die feigen Schreiber, die öffentliche Meinung machen, tun das mit einer Handbewegung ab. Was hat dieser Knabe bei Deutſchland zu suchen? Ein paar Zeilen auf der legten Seite, da, wo der Roman aufhört und der Börsenzettel anfängt. Vielleicht auch wird es abends im Radio gesagt. Den feisten Bürgern läuft dann ein prickelndes Gefühl der Angst über den Rücken. Und ich wette darauf, daß sie es, wenn ſie über. haupt ein Aufsehens daraus machen, so drehen, daß eigentlich ich, der Er. mordete, schuld daran sei, daß die Mörder mich schlugen. Für meine Kameraden, Männer, die in Not und Verfolgung hart geworden sind, werden vor Schmerz und Zorn erstarren, und die Knaben, die mit mir mar. schierten, werden wohl weinen. Das ist alles. Die Großen belehrten mich oft, daß wir eine Regierung haben, die für Deutschland einsteht. Auch sie können mich nicht wieder lebendig machen. Aber meinen Kameraden können sie helfen. Und täten sie das, ich hätte nicht umsonst den heißen Atem ausgehaucht. So, wie ich hier stehe, voll Wunden und Blut, überſchattet von der Vacht des Todes, möchte ich mich vor sie hinstellen und sagen, daß es ge nug ist. Zwar ist meine Stimme dünn und klein, aber sie klingt wie eine ferne Sirene durch allen Tageslärm. Niemand kann sie überhören. Sie spricht in Wachen und Schlaf hinein, und ſie gibt keine Ruhe, bis das letzte Öhr sich ihr öffnet. Man sagt, auch meine Rameraden tragen Schuld. Aber schaut mich an und errötet in Scham und Entsetzen. Ich bin Deutschland. Das junge, herrliche Deutschland, das man zu Tode quält, dem man - wenn es in Schmerzen zuckend am Boden liegt noch mit den Absätzen das Antlitz zertritt und das man mit Schmach und Schande beſudelt. Ich bin einer von euch Millionen. Ich bin Geist von eurem Geist und Fleisch von eurem Fleisch. Jegt, da die körperliche Hülle von mir fällt, rede ich), Geist, zum Geist der Zeit und klage an. Ich klage an all die, die morden und Morde planen. Ich werde nicht aufhören, anzuklagen. Ich will meine welke Hand vor euch erheben und die Guten, die zum Vaterlande stehen, segnen, und die Bösen, die das Vater. land schänden, verfluchen. Ich weiß, aus den Millionen, die hinter mir sind, wird die Schar erstehen, die Deutschland wiedererweckt. Ihr, Kameraden, werdet in Schmerz, Trauer, Zorn und Ingrimm meinen jungen Leib in den Schoß der mütterlichen Erde zurückbetten. Was sterblich ist, das falle und vergehe. Aber der Geist, der unsterblich ist, wird bei euch bleiben. Er wird euch mahnend, fordernd und anklagend den Weg weiſen. Bis das Reich kommt." Müde steht die schwarze Dämmerung. Aus zwei gläsernen Augen starrt die Leere des Todes. Zwei weiße Hände liegen gefaltet auf schmaler Anabenbrust. Unheimlich tropft die tiefste Stille in die dunkle Einſamkeit. Der Lärm der Stadt klingt weit .

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Wir appellieren noch einmal

28. Januar 1932 Wir haben vor einigen Tagen an dieser Stelle die Verbotspraxis des Berliner Polizeipräsidiums dem Angriff" gegenüber einer kritischen Beleuchtung unterzogen. Es wurde dabei für die breitere öffentlichkeit zum ersten Male die erstaunliche Feststellung getroffen, daß der Alex. anderplatz im Verlauf von etwas mehr als einem Jahr die nationalfozialistische Tageszeitung in Berlin elfmal verboten hat, und daß von diesen elf Verboten sieben durch übergeordnete Behörden aufgehoben wurden. Wir appellierten an den Reichsinnenminister und machten darauf aufmerksam, daß eine weitere Aufrechterhaltung dieses unmöglichen Zu standes zu einer schweren Schädigung der öffentlichen Rechtssicherheit in Deutschland führen müsse. Unser Appell ist bei denen, die es anging, ungehört verhallt. Er hat aber doch insofern ein merkwürdiges Ergebnis zutage gefördert, als im Verlaufe der letzten Tage eine Reihe von eng lischen und amerikanischen Pressemännern bei uns vorsprachen, die sich zu den von uns geschilderten Vorgängen die aktenmäßigen Unterlagen ausbaten, weil sie es nicht für denkbar hielten, daß so etwas in Deutsch, land überhaupt möglich sei. Wir fühlen uns heute veranlaßt, eine andere Seite der auf dem Alexanderplatz gepflogenen Verbotspraxis einer breiteren öffentlichkeit vor Augen zu führen : Schreiber dieser Zeilen wird von dem Gericht des Helldorff-Prozeſſes als Zeuge vorgeladen und bei seiner Vernehmung vor die unverständ. liche Frage gestellt, ob er vor den Krawallen auf dem Kurfürstendamm mit dem Grafen Helldorf unter vier Augen eine Unterredung gehabt habe, in der die angeblichen Ausschreitungen der SA. festgelegt und be schlossen worden seien. Schon diese Frage ist der schwerste Vorwurf, den man gegen einen im politischen Leben stehenden Mann erheben kann. Es lag deshalb ohne weiteres die Gegenfrage nahe, wieso und aus wel. chen Beweggründen das Gericht zu dieſer abwegigen Zeugenvernehmung komme. Da nun stellte sich heraus, daß ein Beamter der politischen Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums unter seinem Eid ausgesagt hatte, er habe diese angebliche Tatsache von einem angeblichen Vertrauensmann" des Alexanderplates erfahren. Er selbst aber kenne den angeblichen Vertrauensmann weder dem Namen noch der Person nach, sondern sei mit ihm durch einen anderen Vertrauensmann bekannt ge worden ... Jeder vernünftige Mensch schüttelt ob dieser mystischen Angelegenheit erstaunt den Kopf und wird weitestes Verständnis dafür aufbringen, daß der vor Gericht befragte Zeuge sich weigert, überhaupt eine Antwort zu geben, solange das Polizeipräsidium nicht mit Person und Namen des angeblichen Vertrauensmannes herausrückt, damit er dem Zeugen gegen. übergestellt werden könne und der Zeuge somit die Möglichkeit habe, die Abwegigkeit eines solchen Polizeiverfahrens vor aller Welt wirksam zu demonstrieren . Man kann es nachfühlen, daß die Staatsanwaltschaft als Vertreterin der ihr übergeordneten Behörden durch eine solche Stellungnahme des Zeugen sehr in Verwirrung gerät. Sie fühlt sich deshalb veranlaßt, den Zeugen auf das schärfste zu attackieren, und der bleibt ihr, wie man sich

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denken kann, die Antwort nicht schuldig. Er benutzt die Gelegenheit, die auf dem Alexanderplatz im allgemeinen beliebten Polizeimethoden einer scharfen Kritik zu unterziehen, betont dabei aber mit allem Nachdruck, daß das überhaupt die einzige Möglichkeit sei, einen solchen gewagten Versuch zu unternehmen. Man könne das heute nicht mehr in Zeitungen, weil diese Zeitungen sonst verboten, man könne das auch nicht mehr in öffentlichen Versammlungen, weil dieſe Versammlungen sonst aufgelöſt würden. Das Rededuell zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Zeugen endet damit, daß der Zeuge zu Protokoll gibt, er verweigere ſeine Aussage nur so lange, als das Polizeipräsidium mit seinem angeblichen Vertrauensmann hinter dem Berg halte. Er werde aber mit Wonne den ganzen mysteriösen Sachverhalt binnen fünf Minuten aufklären, wenn das Individuum, das ihn aus dem Dunkel der Anonymität heraus auf das ſchamloseste beleidigt habe, ihm Auge in Auge vor Gericht gegenübergestellt werde. Wie man sieht, ein durchaus klarer und eindeutiger Tatbestand. Ist einer unter euch, der das Verhalten des Zeugen vor Gericht nicht billigt Müßige Frage! Das Gericht jedoch und der Herr Polizeivize präsident Dr. Weiß sind anderer Ansicht. Das Gericht verurteilt den Zeugen wegen Aussageverweigerung zu fünfhundert Mark Geldstrafe, und das Polizeipräsidium belegt ihn mit einem Redeverbot. Wir wollen mit dem Gericht nicht rechten. Das Gericht ist an die Strafprozeßordnung gebunden. Es kann für sein Verfahren immerhin den Buchstaben des Paragraphen ins Feld führen. Ob die Höhe der Strafe dem Verhalten des Zeugen angemessen ist, das steht allerdings auf einem anderen Blatt. Man kommt nachgerade auf den Verdacht, daß die in Moabit im Laufe des letzten halben Jahres gegen den Verfasser verhängten Geldstrafen in ihrer exorbitanten Höhe dazu dienen sollen, das steigende preußische Defizit auszugleichen. Sei dem, wie ihm wolle. Womit aber will das Berliner Polizeipräsidium ſein Redeverbot_be. gründen: Es bedachte in den vergangenen Monaten den Verfaſſer ſchon ein paarmal mit solchen Strafen. Das legtemal im Zusammenhang mit einem Leitartikel im Angriff“, auf Grund dessen auch unsere Tages, zeitung verboten wurde. Das Verbot der Tageszeitung wurde vom Reichsgericht wegen vollkommener Unhaltbarkeit der dargelegten Gründe aufgehoben. Unser Einspruch gegen das Redeverbot schwebt heute noch in der ersten Instanz. Ergebenste Frage an die Väter der Votverordnungen : Ist das Recht, zu reden, in Deutschland gleichbedeutend mit einem Gnadengeschenk der Polizeibehörden : Wird es für allgemeines Wohlver. halten in der Öffentlichkeit ausgeteilt, und stellt es somit eine Be tragenszensur für einen Mann im politischen Leben darr Wenn nein, wie will das Berliner Polizeipräsidium ſein Vorgehen gegen den Ver. fasser rechtfertigen? Er redet seit acht Jahren in Tausenden von Ver sammlungen. Viemals ist seiner Reden wegen eine Versammlung auf. gelöst worden. Was wollen wir, wenn Ausländer uns nach dem Grunde des Redeverbots fragen, zur Antwort geben? Wir appellieren noch einmal an alle die, die es angeht. Es handelt ſich nicht um uns. Eine zwangsmäßig reglementierte Redetätigkeit kann für uns nur von Vorteil ſein, da wir damit Zeit und Muße gewinnen, den preußischen Wahlkampf ausgiebig und mit System vorzubereiten.

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Wir reden hier Sie werden lachen! - im Interesse der Autorität des Staates. Die steht auf dem Spiele. Caveant consules! Uns kann es ja recht sein; aber was sagen diejenigen dazu, die die Notverordnungen zur Wiederherstellung des inneren Friedens mit ihrem Namen decken ? Während diese zeilen geschrieben werden, ist das Polizeipräsidium bei uns zu Gast. In Schränken und Schreibtischen wird nach material ge. sucht, das niemand kennt und deshalb auch niemand finden kann. Wir sitzen sozusagen zwischen Baum und Borke. Da fällt es schwer, seine Meinung auf das behördlich zugelassene Maß einzuschränken. Sollte es diesmal - wir hoffen das nicht - in Ton und Wort nicht gelungen sein, so bitten wir in aller Ehrfurcht um Verzeihung.

Die

Eiserne Front"

30. Januar 1932 Es wirkt nachgerade amüsant und erheiternd, zu beobachten, wie bei Mosse und Ullstein mit einem verzweifelten Krampf die Verteidigung der Pfründenherrschaft durch die rote Bonzokratie propagandistisch begleitet wird. Man ist in der Jerusalemer und Kochstraße eisern geworden. Man wirft mit militanten Kraftwörtern nur so um sich. Alle Edelmetalle müſſen dazu herhalten, dem Aufmarsch der Sozialdemokratie die schmückenden Beiwörter zu geben. Eisern ist die Front, eisern ist die Hand, eiſern wird gekämpft, eisern stehen die Gewerkschaftsbataillone, eine eiserne Rüstwoche zur Sammlung von Geld wird veranstaltet, es werden eiserne Bücher aufgelegt, in die die Cohn und Veilchenstengel sich eisern unter Bekanntgabe ihrer Spenden eintragen. Ein waffenklirrendes Getümmel ist bei der Journaille entstanden. Und manch einer von den streitbaren Hebräern wird sich wohl Gedanken darüber machen, wieviel Angst er aufbringen muß vor der Courage, die nötig ist, um in diesem stahlumgürteten Propaganda. betrieb bis zum Ende durchzuhalten . Die " Reichskampfleitung der Eisernen Front" tritt auf den Plan. In einem maſſiven Aufruf wendet sie sich an die erschreckten demokratischen Bürger und sucht ihnen in ihrer rückenmarkerweichten Furcht ein paar Korsettstangen einzuziehen. „Das Deutschland der Republik und Demo kratie steht auf für Volksrechte gegen Diktatur." Soll das eine Kampf. anfage gegen Brüning sein? Es hat keiner Befehle bedurft." Man lese das 8-Uhr-Abendblatt" und vergleiche das feige Gelüge dieses Aufrufs mit den dort seit Wochen krampfhaft betriebenen Versuchen, durch Propa ganda Massen vorzutäuschen, wo keine mehr sind. " Wenige organisa torische Hammerschläge genügten." Hier hat der Hausstilist des Reichsbanners in einem sträflichen Versehen vor den Hammerschlägen das Eiserne vergessen. Aber dafür kommt es ein paar Zeilen später um so dicker : „Die Eiserne Front muß jeden Gedanken auf Raub politischer, gewerkschaftlicher und kultureller Freiheit ersticken." Jeden Gedanken; aber auch Hand. lungen, die darauf hinauslaufen und die seit dreizehn Jahren mit System von der Sozialdemokratie betrieben worden sind? „Die Eiserne front ist keine Parteifache." Nein, keineswegs, sie ist nur eine Sache der daran interessierten und beteiligten Bonzen. Ihr Dienst gilt der bedrohten Freiheit des deutschen Volkes." Bedroht Durch wen 263

und gegen wen? Die Eiserne front' gilt ferner der Erfüllung der Ver. heißungen in der Verfassung von Weimar." Das ist etwas reichlich spät. Aber es hat sich allmählich auch im Reichsbanner herumgesprochen, daß dreizehn Jahre eine lange Zeit sind, besonders, wenn sie mit Warten zugebracht werden auf eine Erfüllung, die zwar in der Verfassung „ver. ankert" wurde, im täglichen Leben aber vergebens gesucht wird. „Die Zeit der Not wird seit Jahr und Tag verlängert und verſchärft von herrschsüchtigen Egoisten." Pfui, wer wird so über seine eigenen Reichsbannerkameraden schimpfen! " Sie wollen für die Massen des Volkes zu Arbeitslosigkeit, zu Lohn und Gehaltsabbau auch noch den Raub der Rechte eines freien Staatsbürgers fügen." Hört, hört! Wollen ist gut gesagt. Wir meinen, sie hätten es schon getan, dieſe herrschſüchtigen Ego. isten, die in der Sozialdemokratie das Maul voll Phrasen aufreißen, ansonst aber nur mit dem Aasgestank ihrer feigen Parteikorruption das ganze politische Gelände vernebeln. Im Hitlerismus hat sich diese wirre Zeit einen gewaltigen Götzen gegeben. Nicht die Spur einer schöpferischen Idee." Das bleibt nicht aus bei so scharfer geistiger Konkurrenz durch die Sozialdemokratie. Gegen die schöpferischen Ideen eines Hörſing anzukommen, dazu müßte ein neuer Bismarck geboren werden. Und was den gewalttätigen Götzen anbelangt, so soll die Sozialdemokratie, wenn sie seit Jahrzehnten im Glashaus sitzt, nicht so unbedacht mit Steinen werfen. „Kundgebungen am 21. Februar in ganz Deutschland müssen Freunden und Gegnern die Wucht und Kraft der Eisernen Front ſinnfällig vor Augen führen.“ Fehlt nur noch: mit Schwertgeflirr und Wogenprall. Die braven Juden umgürten hier ihre starke Männnerbrust mit einem Stahlpanzer, der dem Aſthma ihrer Angst sehr wenig bekommen wird. Und die Sinnfälligkeit, mit der die Wucht und Kraft der Eisernen Front vor Augen geführt werden soll, besteht am Ende nur darin, daß man im feigen Dunkel der Nacht mit zehnfacher Übermacht ein paar SU.-Männer zuſammenhaut, damit die Journaille am anderen Tage schreien kann, daß nicht der Mörder, sondern der Ermordete schuldig sei. Aber das alles ist nur Ouvertüre. Die Hauptsache kommt noch. Und da enthüllt der ewige Isidor sein unsterbliches Gesicht: „In allen Bezirken sind unverzüglich Maßnahmen zur Durchführung einer Rüstwoche der Eisernen Front zu treffen und öffentliche Sammellisten aufzulegen." In diese öffentlichen - vermutlich doch wohl eisernen - Sammellisten sollen sich dann die Hirsch und Cohn eintragen. Sie sollen ihren Obolus auf dem Altar der allein seligmachenden Eisernen Front niederlegen. Das ganze militante Gestammel ist also, bei Licht besehen, gar nichts anderes als eine großangelegte jüdische Schnorrerei. Nachbarin, euer Fläschchen ! Es kann einem schlecht werden, wenn man dieses hohle, dumme Pathos liest. Es klingt so unwahr, als käme es aus dem Munde eines verunglückten Schmierendarstellers. Mit rollendem „R" und funkelnden Augen wird hier eine Phraseologie herausgepluſtert, die allzu sehr nach 1918 riecht, als daß man im Jahre 1932 daran noch glauben könnte. Es ist zu spät. Die Bonzokratie hat sich lange Zeit gelassen, um aus Schlaf und Faulheit zu erwachen. Sie kann verlorengegangenes Ter. rain nicht mehr zurückerobern. Sie ist geliefert und täte gut daran, schweigend das politische Kampffeld zu räumen. Mit Worten ist in Deutschland nichts mehr zu machen. Es müssen dahinter Wille und Tat

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stehen. Die hat man seit dreizehn Jahren bei der „Eisernen“ vergebens gesucht. Und deshalb ist wohl der Verdacht erlaubt, daß hinter Stahl und Panzer, Kraft und Wucht nur ein feiges Herzchen, wie ein Lämmerschwänzchen zitternd, der kommenden Abrechnung durch das betrogene Volk entgegenklopft.

Um die Entscheidung 13. februar 1932 Unsere Feinde haben sich sehr getäuscht, wenn sie glaubten, daß unser wochenlanges Schweigen Untätigkeit bedeutete. Wir haben mit der Ent scheidung über die in Kürze zu lösenden innerpolitischen Fragen mit kluger und abwartender Reserve hinter dem Berge gehalten. Der Führer hat auf Brünings verwegenes taktisches Spiel mit gefährlichen Gegenzügen geantwortet, und nun beginnt sich auch für den Außenstehenden die nur scheinbar so verwickelte politische Situation aufzuklären. Die Konturen der unmittelbar bevorstehenden Machtkämpfe zeichnen sich bereits im Gesamtbild der Entwicklung ab, und jede Stunde kann das Signal zum Angriff geblasen werden. Während der Zeit des Wartens haben wir nicht auf der faulen Bären. haut gelegen. Als in der vorigen Woche in München die gesamten Gauführer des Reiches zusammentraten, konnte die Reichspropagandaleitung bereits mit einem fertig ausgearbeiteten wahltechnischen Offensivplan aufwarten. Da wir unsere kostbare Zeit nicht mit fruchtlosen Debatten und Redekämpfen zu verschleißen brauchen, hatten wir ausgiebig Muße, uns über Technik und Methode der nun einsetzenden Wahlkämpfe aus. zusprechen. Das Ergebnis dieser Diskussionen lag bereits bei Ende der Konferenz schriftlich firiert vor und ist zwei Tage später in die Hände aller Gauleitungen der NSDAP. gelangt. Am Sonntag werden in sämtlichen Gauen die Ortsgruppenführer und Amtswalter zusammentreten und aus dem Munde des Gauleiters die letzten Instruktionen für den Kampf entgegennehmen. Am Sonntagabend kann man ohne überheblichkeit behaupten, daß unsere Parteimaschine bis in die letzte Schraube durchgeölt, mit Brennstoff versehen und in allen Einzelteilen überprüft startbereit dasteht und nur darauf wartet, daß einer auf den Knopf drückt, um sie mit aller Vehemenz in Bewegung zu setzen. Jeder Parteigenosse weiß, daß es um die letzte Entscheidung geht. Er, der jahrelang ein Unmaß von Wut, Empörung und Verbitterung in sich hineinschlucken mußte, hat nun endlich die ersehnte Gelegenheit, mit allen Feinden des deutschen Volkes und allen Verfolgern seiner Bewegung durchaus legal, aber vernichtend, eine Abrechnung zu halten, wie sie in diesen Ausmaßen die deutsche Geschichte noch nicht gesehen hat. Vierhunderttausend SA.-Kameraden beklagen nahezu dreihundert ihrer Mitkämpfer, die dem feigen Terror der roten mordbrut zum Opfer gefallen sind. Die Täter wurden meistens nicht gefunden. Vierhunderttausend SA.-Männer werden bei der kommenden Wahlpropaganda daran denken, und ihr Eifer, ihre Hingabe werden entsprechend sein. Tausende und Zehntausende junger deutscher Menschen sind blutig geschlagen oder geschossen worden, bloß, weil sie sich zu Hitler und seiner Idee bekannten.

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Man hat sie zum Lohn dafür mit Geifer, Spott und Sohn überschüttet. Sie werden den Koalitionsparteien, die diesem schamlosen Treiben mit verschränkten Armen zuſchauten, ihren Dank am Wahltage und bei deſſen propagandistischer Vorbereitung abzustatten wissen. Hahezu eine Million nationalsozialiſtiſcher Parteigenossen sind stolz und ungebeugt durch das Martyrium einer beispiellosen parteipolitischen Verfolgung hindurch. geschritten. Wie oft haben sie die Faust in der Tasche geballt und ihre wilden Flüche durch die bleichen, schmalen Lippen gezischt ! Jetzt haben sie die Möglichkeit, ihre Wut in der Arbeit zu konzentrieren und in trogigem Kampfe dafür zu sorgen, daß in Deutschland ein neues Regiment ans Ruder kommt. Ein ganzes Volk hat dreizehn Jahre lang gedarbt und gelitten. Es wurde mit Phraſen und Versprechungen großgefüttert, und man gab ihm immer nur Steine statt Brot. Seine nationale Ehre durfte ungestraft mit Füßen getreten und durch den Rot der Gosse gezogen werden. Eine feile öffentliche Meinung bespie im Namen des Pazifismus das deutsche Soldatentum, und den aus der Front heimkehrenden, lehmverkrusteten Soldaten und Offizieren wurden die Eisernen Kreuze von der Brust heruntergerissen. Das alles ist bis heute unvergessen geblieben. Ein ganzes Volk trägt auf der Stirne das Rainsmal der Entehrung, und mühselig Feuchen 68 Millionen Menschen unter dem lastenden Makel der Kriegsschuldlüge. Nun naht die Stunde, da wir all das von uns abſchütteln können. Der Bauer, von Haus und Hof vertrieben, der Arbeitslose, finster brütend in den Straßen der großen Städte herumlungernd, der Gewerbetreibende, auf den Scherben seiner Existenz sitzend, der Unternehmer, von Kredit und Absatz ausgeschlossen, der deutsche Jüngling, entehrt, geschändet und blutig geschlagen, der Greis, um ſein letztes Hab und Gut belogen und betrogen, der deutsche Student, von hieben auf seine nationale Begeisterung getroffen, sie alle krempeln nun die ärmel auf: es geht in den kommenden Wahlen ans große Reinemachen. Es wird ausgemistet. Das Schicksal reicht dem deutschen Volke noch einmal die Hand, und Millionen und Millionen zitternde, schmale Leidhände, Millionen und Millionen barte, schwielige Arbeiterfäuste, Millionen und Millonen dicke, trogzige Bauernknochen legen sich in diese Schicksalshand hinein. Das soll ein Schwur sein ! Wie ein Aufschrei wird es durch Deutschland gehen: Schluß jegt! Wir haben es satt, wir wollen ein Ende machen! Her mit einem neuen Regiment! Deutſchland muß wieder deutſch werden! Zitternd vor innerer Erregung stehen über 900 000 Parteigenoſſen und harren des erlösenden Wortes. Hinter ihnen warten voll bebender Ungeduld die millionenmassen, die auf unsere Fahne schwören. Mit grimmigem Lachen haben sie die verzweifelten Bocksprünge der Ausschüſſe und Deputationen beobachtet, die da wie ragende Ruinen aus einer längst ver. gangenen Zeit noch einmal aufstanden, um zu halten, was bereits gefallen war. Parteigenossen, Rameraden, deutschbewußte Deutsche, Bauern und Arbeiter, Städter und Ländler in Oft und Süd und Weſt und Nord! Ihr Männer und Frauen, gebt ihnen die Antwort ! Der Sturm der Stimmzettel soll sie aus ihren Parteisesseln heraus. fegen. Sie haben uns verhöhnt und verlacht. Aber das soll ihnen nicht vergessen sein. Das junge Deutschland erhebt sich aus Schmach und Schande

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und zeigt der Welt sein makelloses, reines Gesicht. An uns allen liegt es, ob dieses junge Deutschland der Vortrupp des ganzen Volkes ist und die Nation ihre große Stunde versteht.

Macht Brüning endlich Platz? 20. februar 1932 Der Reichstag tritt Dienstag, den 23. Februar, nach langer Ferienpauſe zum ersten Male wieder zu einer kurzen Sitzungszeit zusammen. Auf der Tagesordnung steht nur die Unberaumung des Termins für die kommende Reichspräsidentenwahl. Dem Scheine nach also ein Thema, das ganz unverfänglich ist. In Wirklichkeit aber verbirgt sich hinter seinem dürren Wortlaut die nächste große Gefahr für Brüning und ſein Kabinett. Die Parteien der Opposition werden es sich nicht nehmen laſſen, bei dieser Gelegenheit zu einem breit angelegten Vorstoß gegen das derzeitige Regime auszuholen. Die Debatte über die Reichspräsidentenwahl wird die Möglichkeit bieten, eine ausgiebige überprüfung der von Brüning seit zwei Jahren betriebenen Politik und der daraus entstandenen Folgen vor. zunehmen . Es werden Versprechungen und Einlösungen gegeneinander abgewogen werden müſſen, die derzeitige Lage wirtschafts-, finanz,, innen, und außen. politisch wird kritisch beleuchtet, und daraus sollen dann jene Parteien, die an der Grenze zwischen Ja und ein stehen, ihre letzten Folgerungen ziehen. Das wäre in jeder Hinsicht leicht und ungefährlich, wenn hinter dem Sturz des Brüning-Kabinetts nicht die Möglichkeit einer Auflöſung des Reichstags lauerte. Die Parteien der Mitte, die heute, wenigstens im Lande, gerne zur nationalen Opposition gerechnet werden möchten, fürchten nichts mehr als das. Sie wissen, daß sie bei einer Volksbefragung arg ins Hintertreffen geraten werden, und bei aller grundsätzlichen Üblehnung der Brüningſchen Politik schrecken sie doch vor dieser letzten Konsequenz zurück. Das ist Brünings Sicherheitsfaktor. Dieser Mann regiert seit zwei Jahren nicht aus eigener Kraft oder aus dem natürlichen Vertrauen, das ihm seitens der Mehrheit des Reichstages entgegengebracht wird. Er steht auf der Angst der Parteien vor uns. Sie flüchten sich vor dem Votum des Volkes in seine Sicherheit und haben kein anderes Bestreben, als eine neue Wahl mit allen Mitteln und solange als irgend möglich hintanzuhalten. Brünings Ministerkollege Groener hat, vom Blickwinkel der „Eisernen Front" aus gesehen, in den letzten Wochen eine Reihe von verhängnis. vollen Fehlern gemacht. Sein Reichswehrerlaß, der in unvollkommener Weise uns Nationalsozialisten angetanes Unrecht gutzumachen versuchte, begegnete bei den Parteien des Verzichts lebhaftester Ablehnung. Wenn Herr Dr. Brüning ſich gar bemüßigt fühlt, jenen Herrn Höltermann, der von der öffentlichkeit als der Organisator des marriſtiſch-sozial demokratischen Bürgerkriegs angeſehen wird, zu empfangen, so weiß der Eingeweihte allzu genau, daß es um Herrn Groener und sein Minister. schicksal besonders schlecht bestellt ist, und daß von hier aus der entscheidende Stoß gegen das Kabinett Brüning überhaupt vorgetragen werden kann.

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Es ist bekannt, daß die Sozialdemokratie in der Angst, von ihrem Sitz herunterzufallen, nahezu alles schlucken wird. Die Sucht der „ Tolerierung" ist bei ihr so weit gediehen, daß uns in dieser Hinsicht nichts mehr unmöglich erscheint. Aber nach dem Geschrei, das sie in jüngster Zeit gegen Herrn Groener anstimmte, darf man doch wohl mit fug und Recht annehmen, daß ihr ein Mißtrauensantrag gegen den Reichswehr- und Innenminister äußerst ungelegen käme, und daß ein neuerdings und förmlich bestätigtes Vertrauen zu ihm für diese Partei der Lüge und des Verrats sehr böse folgen im Lande nach sich ziehen würde. Reden wir erst gar nicht von den großen außenpolitischen Fehlschlägen, die Herr Dr. Brüning ſeit der letzten Reichstagstagung davongetragen hat. Es erscheint uns überhaupt unmöglich, dieses Kabinett an seinem eige nen Versagen zum Sturz zu bringen. Jede andere Regierung hätte unter normalen Zeitverhältnissen ein dutzendmal und mehr ihren Platz räumen müssen, wenn nicht — ja, wenn nicht der Nationalsozialismus wie ein drohender Schatten hinter ihr stände. So sehr man uns auch in der öffentlichen Diskussion zu bagatelliſieren versucht, es weiß doch ein jeder, daß die deutsche Politik ſeit dem 14. September 1930 unter dem Druck der Hitler-Bewegung steht, und daß alles, was ſie tut und läßt, schließlich und endlich mit schielendem Seitenblick nach uns getan und gelassen wird. Der Herr Reichspräſident wird den Frontsoldaten des gegenwärtigen Kabinetts wenig Dank wissen, daß sie ihn in die Situation hineinbrachten, in der er heute steht. Die Gründe, die Brüning dazu trieben, sind zu bekannt, als daß sie hier noch erörtert werden sollen. Wir haben es längst verlernt, den Prognosen für die politische Ent. wicklung, vor allem für die Entwicklung im Volke selbst, wenn sie vom amtlichen Deutschland aufgestellt werden, irgendeinen Glauben zu schenken. Das Regime kennt die Massen und ihre Stimmung nicht. Das Regime hat keine Ahnung, was im Volke selbst vor sich geht. Das Regime beurteilt die Dinge aus der stickigen Atmosphäre der Amtsstuben heraus. Im Volke aber weht ein kalter, harter, starker Wind. Die Maſſen wollen, daß Schluß gemacht wird. Sie fordern eine andere Politik und werden nicht eher Ruhe geben, bis diese durch die Machtübernahme seitens der nationalsozialistischen Bewegung garantiert ist. Vielleicht bietet sich bei den entscheidenden Abstimmungen im Reichstag während der kommenden Woche die letzte Möglichkeit , auf parlamen tarischem Wege eine Lösung zu finden. Herr Dr. Brüning würde sich und seiner Sache einen Dienst erweisen, wenn er die Zeichen der Zeit verstehen wollte. Er muß Platz machen. Das ist die erste Voraussetzung für eine Jeuordnung der deutschen Politik nach innen und nach außen. Weigert er sich, dann ist das Volk auf den Stimmzettel angewiesen. Wir unsererseits haben nicht die Absicht, irgendwie Pardon zu geben. Die Plätze der Macht müssen geräumt werden. Wir wollen an die Verantwortung. Wer nicht geht, den wird das Volk legal entfernen.

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Wir wählen Adolf Hitler!

5. März 1932 Adolf Hitler hat sich den Zusammenschluß aller Deutschen zum Ziel gesegt. Er hat unsere völkische Viot nicht aus den Büchern gelernt, er hat fie als geborener österreicher, dessen ganzes bisheriges Leben von der Sehnsucht zum Großdeutschen Reich erfüllt war, am eigenen Leibe ver spürt. Adolf Hitler wird dieser Sehnsucht, die heute 100 Millionen deutſchblütige Menschen erfüllt, politische Gestalt geben. Hitler, der Großdeutsche Adolf Hitler hat ſich die Lösung der sozialen und Arbeiterfrage zum Ziel gesetzt. Er kennt die soziale Vot nicht vom Hörensagen. Er selbst mußte sich in Wien und München jahrelang ſein kärgliches, tägliches Brot als einfacher Bauarbeiter verdienen. Dort lernte er das Volk und die Arbeiter. schaft kennen, nahm teil an ihrem schweren Los und war Mitträger ihrer ot. Er wird deshalb das Recht des deutschen Arbeitertums, wo er auch stehen mag, verfechten. Hitler, der frontsoldat, hat sich zum Ziel gesetzt, die berechtigten Unsprüche des Front-Deutschtums staatspolitisch zu verwirklichen. Er stand von 1914 bis 1918 als unbekannter Soldat in dem 10-millionen-Heer der deutschen Armee, wurde bei Beginn des Krieges schon wegen Tapferkeit vor dem Feinde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und lag mitten unter seinen Kameraden im Schüßengraben, um auch mit seinem Leib die Heimat zu decken. Hitler, der Führer Adolf Hitler, der geborene Massenführer, hat sich zum Ziel gesetzt, das deutsche Volk zu einigen und es zu einer noch nie dagewesenen Kraftentfaltung zusammenzuſchmieden. Er hat diesem Ziel nicht mit Phraſen und leeren Redensarten gedient, sondern ihm durch die Gründung der Vationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei den gangbaren Weg gewiesen. Mit sechs Männern, Front- und Arbeitskameraden, fing er im Jahre 1919 an; im Jahre 1923 wurde seine Bewegung, als sie nach der Macht greifen wollte, zerschlagen und erschüttert. Adolf Hitler ging auch über ein Jahr in die Festung, und 1925 begründete er seine alte Partei aufs neue. In einem harten, mühseligen und opferreichen Aufstieg führte er die verlachte und verhöhnte kleine Sekte zur imponierendsten Massenbewegung Europas empor. Hitler, der Prophet In der nationalsozialistischen Bewegung steht der Bauer neben dem Arbeiter, der Prinz neben dem Proletarier, der Student neben dem Frontsoldaten. Millionen und Millionen haben sich in ihr zur Idee der deutschen Volksgemeinschaft zusammengeschlossen. Sie wollen keine Standes, und Klassenunterschiede mehr kennen. Sie haben sich dem deutschen Volk und seiner historischen Miſſion verpflichtet. In all dem verzweifelten Jammer der Nachkriegszeit ist hier ein neuer politischer Glaube lebendig geworden. Er ist untermauert von einem

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glühenden, hingabebereiten Idealismus, ohne dabei ein romantisches Idol zu verfechten. Die nationalsozialistische Bewegung steht mit markigen Knochen auf der Erde, aber in ihren Zielsetzungen greift sie kühn in die Sterne hinein. Millionen und Millionen Nationalsozialisten haben im Nationalsozialis. mus einen neuen Sinn und Inhalt des Lebens gefunden. Daß sie noch nicht in die Hoffnungslosigkeit und Anarchie verfielen, das verdanken ſie Adolf Hitler und seiner erlösenden Idee. Hitler, der Kämpfer Wenn ein Mann die Kraft und Begabung hat, aus der kleinen Sekte von sieben Menschen eine Millionenbewegung zu machen, die heute schon den größten und besten Teil des ganzen deutſchen Volkes umſchließt, dann wird er auch von hier aus den Weg zu einer Einigung_der_geſamten lation finden, in der die furchtbaren politiſchen, weltanschaulichen und ſozialen Gegensäge, die heute unser Volk zerfleischen und blutig ſchlagen, überwunden werden. Das System hat in einer 13jährigen Verfallspolitik bewiesen, daß es diese Aufgabe gar nicht kennt, geschweige sie zu lösen imstande ist. Es hat durch seine Politik das Volk in zwei Klassen aufgespalten. Die Wirtschaft ist in Anarchie zerfallen, die Finanzen befinden sich in verzweifeltem Zustande, Millionen und Millionen deutscher Arbeiter, Bauern und Mittelständler sind die Opfer dieses verhängnisvollen Kurses geworden . Unzählige Menschen sind an der Zukunft des deutschen Volkes verzweifelt und haben sich ihrer eigenen Hoffnungslosigkeit preisgegeben. Der größte Teil der Nation aber ist zu neuem Widerstandswillen erwacht. Er will das deutsche Volk noch einmal emporreißen aus dem blinden Verzicht und ihm ein neues Ideal vor Augen stellen. Das ist das Werk Adolf Hitlers! Die Maſſen ſehen in ihm ihre letzte Hoffnung, und ſein Name ist für Millionen das leuchtende Symbol deut. schen Freiheitswillens geworden. Diesem Mann wollen wir das deutsche Schicksal vertrauensvoll in die Hand legen. Er zeigt uns den Weg. Wir sind bereit, ihm zu folgen. Aus Schmach und Demütigung, aus Verfall und Anarchie erhebt ſich ein neuer deutscher Lebenswille, und wir sind seine Träger!

Hitler, der Reichspräsident Wer wünscht, daß in Deutschland alles so bleibt, wie es ist, der über. antwortet sich damit der Verzweiflung. Ihm verdenken wir es nicht, daß er seine Stimme den Repräsentanten dieses Systems gibt. Wir aber wollen, daß in Deutschland alles geändert wird. Wer sich aufbäumt gegen Klaſſenkampf und Brudermord, wer den Weg sucht aus der Jrrnis und Wirrnis unſerer Zeit, der gibt Udolf Hitler seine Stimme! Er repräsentiert den erwachenden, jungen, deutschen Idealismus, er ist Wortführer des nationalen Aktivismus, er ist Träger einer herein. brechenden wirtschaftlichen und sozialen Erneuerung. Darum rufen wir : Gebi Adolf Hitler die Macht, damit das deutsche Volk wieder zu ſeinem Lebensrecht kommt. Für Freiheit und Brot!

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Hitler, der politiſche Rämpfer 31. März 1932 Als am 9. November 1918 über Deutschland die marxistische Revolte hereinbrach, lag Adolf Hitler kriegserblindet im Lazarett in Paſewalk. Das Verhängnis des deutschen Zusammenbruchs traf ihn aufs schwerste. Aber sehr bald schon hatte er sich wieder in seiner Kampfbereitschaft selbst wiedergefunden, und da faßte er den Entschluß, koste es, was es wolle, sich der Untat des November entgegenzustellen und ihre Schmach vom deut. schen Ehrenschild wieder abzuwaschen. Er hat seinen Schwur wahr gemacht. Sobald er notdürftig wiederhergestellt war, siedelte er nach München über und begann hier, zuerst in den lockeren Reſtbeständen der Armee, zu wirken. Im Jahre 1919 traf er bei dieser Aufklärungsarbeit auf eine kleine Gruppe von Arbeitern und Frontſoldaten, die sich in der „Deutſchen Arbeiterpartei" zusammengeschlossen hatten. Als siebenter trat er diesem namenlosen Zirkel bei, und von hier aus begann er seinen Kampf wider das System. Es stand damals jedermann frei, ein Gleiches zu tun. Adolf Hitler hat das späterhin oft seinen übereifrigen Kritikern gegenüber betont. Daß niemand sonstwo auf diesen Gedanken kam, und daß er allein die mutige Entschlossenheit besaß, ihn in die Tat umzusetzen, das ist ein Beweis dafür, daß das Schicksal ihm auch allein die Aufgabe anvertraut hat, das Novembersystem zur Strecke zu bringen. Vom ersten Augenblick ſeines Eintritts in die Politik an iſt Adolf Hitlers Leben und Wirken ausgefüllt mit Kampf. Er war der erste, der in riesigen Maſſenkundgebungen gegen die Versailler Schande protestierte. Ein ganzes Jahr lang war das Thema seiner Volksversammlungen ausschließlich der Verſailler Vertrag, und es hat nie einen besseren Kenner dieſes Verdikts gegeben als ihn . Ünermüdlich und in zäher Verbisfenheit zog er dagegen zu Felde. Er ist niemals auf die Illusionen und phraſenreichen Versprechungen der Systempolitiker hereingefallen. Er hat ihnen den Fehde handschuh vor die Fuße geworfen, und keinen Augenblick kam ihm auch nur der Gedanke, irgendwo einmal mit dem November 1918 Frieden zu schließen. Vier Jahre hatte er nötig, um aus dem kleinen Kreis von 1919 eine Massenbewegung zu formen, die mit kühner Vermeſſenheit nach der Macht greifen konnte. Er wußte, daß ihm die höchste Verantwortung nicht kampflos in den Schoß fallen würde. Er wollte sie sich ertrogen. Als der 9. November 1923 mit dem Zusammenbruch seiner Bewegung endete, da schob er die Schuld daran nicht anderen zu, er übernahm für alles die volle Verantwortung und ging auf über ein Jahr auf die Festung. Als er Ende 1924 die Kerkermauern hinter sich ließ, da lebte das deutsche Volk in der Illuſion der Silberstreifenpolitik. Man glaubte, der Krieg sei liquidiert, und nun werde man auch Wirtschaft und Finanzen sanieren können. Es ist damals versucht worden, Adolf Hitler für das System ein zufangen. Das schien um so verlockender, als ja auch die Deutſchnationale Partei in der Regierung saß und sich an der Durchführung des Dawes vertrages beteiligte. Adolf Hitler aber entschloß sich zum Kampf. Wiederum waren fünf Jahre nötig, bis er seine Bewegung wieder auf die alte Höhe geführt hatte. Er stand ganz allein mit seiner Partei gegen eine Welt von Feinden. Aber alles das konnte ihn nicht in seiner Ent. ſchloſſenheit und Kampfkraft lähmen. So aussichtslos auch seine Sache

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erschien, er tat sie um ihrer selbst willen in dem festen Bewußtsein, daß am Ende das Schicksal seiner verbitterten Zähigkeit den Lohn nicht versagen würde. Im Jahre 1930 stand die nationalsozialiſtiſche Bewegung wieder im alten Glanze da. Und am 14. September konnte sie den triumphalsten Wahlsieg an ihre Fahnen heften. Wiederum lockte die Versuchung. Und wiederum blieb Adolf Hitler ſtark. Es wurden ihm goldene Brücken gebaut; er sollte mit dem System seinen Frieden schließen. Er aber entschloß sich, den Kampf mit allen Mitteln fortzusetzen. Je mehr die Politik des amtlichen Deutschlands die unheilvollsten folgen nach sich zog, um so höher stieg Adolf Hitlers Stern. Es erwies sich, daß seine Prophezeiungen allein richtig waren. Die Versprechungen der Erfüllungsparteien aber zerplatzten wie Seifenblasen. Adolf Hitler kämpfte unentwegt weiter. Der Mann, der zuerst mit kleinen Gruppen gegen den November 1918 zu Felde gezogen war, rief nun in noch nie dageweſenen Riesendemonſtrationen das Volk zum Kampfe gegen das System auf. Millionen und Millionen Menschen sahen in ihrer Verzweiflung in ihm die letzte Hoffnung des Volkes. Der Name Hitler wurde für die breiten Maſſen zum Symbol der deutschen Wiedergeburt. Am 13. März trat er mit seiner Partei gegen siebzehn Systemparteien zur Entscheidung an und vereinigte auf seinen Jamen 11,5 millionen Stimmen erwachter Deutschen. Wieder einmal sind nach dem 13. März die Parteien und Verbände der sogenannten nationalen Oppoſition wankend geworden. Wieder einmal haben sie die Fahne des Widerstandes im Stich gelassen. Wieder einmal haben sie sich vor der letzten Entscheidung gedrückt. acht vom 13. auf den 14. März, Nur Adolf Hitler erklärte schon in der daß der Kampf auf der ganzen Linie weitergehe. Mit fanatischer Begei. sterung haben seine Gefolgschaften die Parole zum Angriff aufgenommen. Sie hatten von Adolf Hitler nie etwas anderes erwartet. Sie wußten, daß er aufs neue das Signal zum Kampfe geben würde, und in breiter front haben sich nun seine Bataillone auf seinen Ruf entschloſſen zum Vormarsch angeschickt. un sprich dein Urteil, deutsches Volk ! Gibt es neben Adolf Hitler noch einen deutschen Politiker, der sich selber treu geblieben ist: Rann er nicht mit Recht von sich behaupten, daß sein ganzes Leben Rampf für die Lebensrechte des deutschen Volkes bedeutet: Haben nicht alle anderen nachgegeben, und ist nicht er allein in allen Gefahren und Versuchungen der Mann des Widerstandes geblieben ? Das fordert auch von dir eine Entscheidung ! Wer entschlossen ist, gegen das System des November bis zu seiner Vernichtung weiter zu kämpfen, der gibt seine Stimme Adolf Hitler, dem Kämpfer und Rufer im Streit für ein neues Deutschland für Arbeit und Brot!

Adolf Hitler als Staatsmann 1. April 1932 Mit keinem Wort ist in Deutschland seit 1918 soviel Unfug getrieben worden wie mit dem Wort „der Staatsmann“. Alle Parteiführer, die durch eine mehr oder weniger zufällige Majorität im Parlament in einen Ministersessel hineingehoben wurden, legten sich diesen Ehrentitel bei.

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Sie meinten, allein die Tatsache, daß sie auf der Klaviatur der demo kratischen Mehrheitsbildung geschickt zu spielen verstehen, gebe ihnen das Recht dazu. Auf jeden, der nicht im Parlament saß und deshalb nach demo. kratischem Gesetz ihrer Ansicht nach keinen Anspruch auf einen führenden Posten in der deutschen Politik hatte, sahen sie nur mit Verachtung herab. Er war für sie ein Emporkömmling, ein Außenseiter, einer, der aus der Reihe tanzte, der noch den Geruch der Masse an sich trug, gut genug, um im Volke zu trommeln, aber in jeder Beziehung ungeeignet, in der amtlichen Politik ein maßgebliches Wort mitzusprechen. Aus dieser bornierten überheblichkeit heraus sahen sie in einer poli tischen Betätigung, die sich vorläufig darauf beschränkte, Kritik zu üben und Opposition zu treiben, etwas Minderwertiges und Verächtliches. Sie waren die Staatsmänner. Die Erzieher des Volkes aber waren für sie nur hegerische Massendemagogen, denen man am besten, wenn sie lästig wurden, das Maul stopfte. Die hohen Herren überſahen allerdings dabei eins : daß die staatsmännische Begabung eines Politikers ſich ebenso sehr und manchmal noch mehr als in der amtlichen Politik in der Opposition erweisen kann. Jeder Staatsmann hat für die Durchsetzung seiner politischen und welt. anschaulichen Ideen ein geschlossenes und einiges Volk nötig. Das Volk ist der Rohstoff, an dem und mit dem er seine politische Kunst ausübt. Der wahre Politiker steht dem Volke gegenüber wie der Bildhauer dem unbehauenen Marmor. So wie der aus dem rohen Stein ein plastisches Kunstwerk formt, so bildet der Staatsmann aus der Masse Volk eine willensbewußte Nation, mit der er der Welt gegenübertritt. Fehlt der Rohstoff, das einige Volk, dann besteht die erste Aufgabe des staatsmännischen Genies darin, ihn ſich zu beschaffen. Ist ein einiges Volk nicht mehr vorhanden, so hat der Staatsmann seine vornehmste Pflicht darin zu sehen, aus den ungegorenen Maſſen wieder einen klarumriſſenen und festen Volkswillen herauszukristallisieren. Geht das nicht unter Zuhilfe. nahme staatlicher Machtmittel, dann muß der staatsmännische Kopf das in der Opposition versuchen. Formt er aus dem Widerstand heraus ein klares Volksbewußtsein, während die amtlichen Politiker mit der Macht und mit der Verantwortung dieses Volksbewußtsein nur zerstören und lähmen, dann ist ſein Verdienst ihnen gegenüber, geschichtlich gesehen, ungleich viel größer und dauernder. Das ist die staatsmännische Aufgabe, die Adolf Hitler in einem zwölfjährigen Ringen mit dem Novembersystem erfüllt hat. Im System selbst geriet das Volk mehr und mehr in Verfall. Es spaltete sich auf in Klaſſen und Interessentengruppen und wurde in der Verzichtpolitik vollends unfähig, ſein innen und außenpolitisches Schicksal zu meistern. Unterdes aber hat Adolf Hitler in der Oppoſition jene Autoritäten wieder aufgerichtet, die im parlamentarisch-demokratischen Regime vollkommen zu sammengebrochen waren. Er hat den Maſſen einen neuen Glauben und den Willen zu neuer Staatsfreudigkeit zurückgegeben. In Wirklichkeit also ist die Organisation der Nationalsozialiſtiſchen Deutschen Arbeiterpartei und die Tatsache, daß sich zu ihr bereits am 13. März fast 11,5 Millionen stimmberechtigter deutscher Männer und Frauen bekannten, die größte staatsmännische Leistung, die in Deutſchland seit 1918 zu verzeichnen ist. Die Partei ist für Adolf Hitler nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum

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Zweck. Selbstzweck ist die Befreiung der deutschen Nation von innerer und äußerer Knechtschaft. Der Nationalsozialismus ist das scharfe Schwert, mit dem der gordische Knoten der deutschen Verzweiflung zerschlagen werden soll. Dieses Schwert gehämmert und geſchärft zu haben, ist heute schon das unvergängliche Verdienst des Staatsmannes Adolf Hitler. Die Massen seiner Anhänger schauen in gläubigem Vertrauen auf ihn. Sie verehren in ihm den unentwegten Kämpfer der deutschen Wiedergeburt, den Erwecker des deutschen Widerstandswillens, den Organiſator der deutsch-bewußten Oppoſition und den staatsmännischen Führer zu einem neuen Volksbewußtsein. Adolf Hitler hat Millionen Menschen von der Verzweiflung zurückgerissen. Es gibt keine schamlosere Lüge als die, ſeine Bewegung führe über Deutschland die Gefahr des Bolschewismus herauf. Ohne ihn wäre Deutschland längst in die Anarchie des kommunistischen Blutrausches gestürzt. Glücklich der Staatsmann, dem beim Eintritt in die Politik ein geschlos senes Volk, eine saubere Verwaltung, ein ſolides Beamtentum und ein schlagkräftiges Heer in die hand gelegt werden ! Er kann mit seinem Pfunde wuchern. Er hat die Möglichkeit, die ihm zur Verfügung stehende Macht zur Durchführung ſeiner politischen Ideen einzusetzen. Unders aber der staatsmännische Kopf, der in eine Zeit des Verfalls hineingestellt wird, und der alle die Mittel, mit denen man große Politik betreiben kann, sich erst beſchaffen muß. Sein Weg ist ungleich viel schwerer. Er hat die Aufgabe, von vorne anzufangen und, ehe er Geschichte machen kann, das politische Terrain zu säubern und die Atmoſphäre der inneren Feindselig. keit zu zerstören. Er muß das Menschenmaterial, mit dem er in den Ver lauf der Dinge später einmal eingreifen will, zuerst sammeln. Er muß appellieren an jene unsterbliche Volkskraft, die, wenn er beginnt, scheinbar schon ganz verlorengegangen iſt. Das hat Adolf Hitler getan. Während er aus dem deutschen Verfall wieder feste Menschengruppen formte und in unermüdlicher Arbeit ihnen ein neues Staatsbewußtsein einimpfte, haben die Männer des heutigen Systems die letzten Reste staatlicher Autorität und volksgebundener Diſziplin zerstört und aufgebraucht. Welche Politiker sind nun die Staatsmänner : Diejenigen, die Volks. kapital verbrauchten, oder derjenige, der Volkskapital wieder erwarb und aufhäufte? Wer hat mehr für Deutschlands Wiedergeburt getan : Die jenigen, die in einer undurchführbaren Erfüllungspolitik den letzten Rest deutscher Substanz verzehrten und verpfändeten, oder der, der in der Opposition diese Substanz wenigstens in ihren Anfängen wieder zurück. erwarbi

Adolf Hitler als Mensch

4. April 1932 Wenn man den Juden und Marristen Glauben schenken wollte, dann handelte es sich bei Adolf Hitler um einen brutalen, durch keinerlei Rücksichtnahme gehemmten und instinktlosen Machtpolitiker, der unter Zuhilfenahme von Brachialgewalt nur Bürgerkrieg und Chaos über Deutschland herbeiführen will . Die haßerfüllten Gegner dieses Mannes haben vor dem deutschen Volke und vor der ganzen Weltöffentlichkeit. 274

um sie bewußt zu täuschen, ein Bild von ihm entworfen, das ebenso widerwärtig wie abschreckend wirken soll. Geist und kulturlos, von keinerlei Erkenntnis und Erfahrung belastet, ein wütender Judenfresser, ein sinnloser Radaumensch, dessen einziges Argument der Gummiknüppel ist, ein Tyrann in seiner eigenen Umgebung und über seinen Unterführern, ein posenreicher Schauspieler, der sich seine Reden und Ansprachen vor dem Spiegel einstudiert, damit sie möglichſt_effektvoll_wirken, ein Schlemmer und Prasser, ein freund der Kapitalisten und ein Feind des arbeitenden Volkes: so ungefähr stellen sich die gutgläubigen Leser der Juden- und Marristenpresse Adolf Hitler vor. Jeder, der diesen Mann wirklich kennt, ist erschrocken und erschüttert über soviel Lüge und Verleumdung. Er muß zugeben, daß Adolf Hitler tatsächlich das Gegenteil von dem ist, was ſeine Feinde aus ihm machen möchten. Einer der Grundzüge seines Wesens ist seine künstlerische Begabung. Er kommt von der Architektur und Malerei, und erst das namenlose Unglück des deutschen Volkes, das mit dem 9. November 1918 begann, rief ihn in die Politik. Adolf Hitler ist seiner atur nach ein gütiger Mensch. Bekannt ist, daß seine besondere Vorliebe den Kindern gilt, denen er überall der beste Freund und väterliche Kamerad ist. Das wohl gab ihm den Hauptanstoß zur Politik, daß unschuldigen deutschen Rindern in ihrem eigenen Vater lande ein neues Leben geschaffen werden müſſe, und daß sie es besser haben sollen als ihre Väter und Mütter. Selbstverständlich muß Adolf Hitler, um seine politischen Ideen durch. setzen zu können, wie jeder Staatsmann die Macht für sich in Anspruch nehmen. Er will nicht den Bürgerkrieg und das Chaos. Sein Ziel besteht vielmehr darin, durch Herausbildung einer starken Autorität diese Gefahren ein für allemal zu bannen. Wer Adolf Hitler einmal in kleinem, vertrautem Kreise beobachten konnte, der kennt ihn als Menschen von feinstem geistigem Geschmack, von ausgesprochen künstlerischem Empfinden . über alle Fragen des täg lichen Lebens weiß er die frappantesten und klarſten Urteile zu fällen . Er ist ebenso in der Vergangenheit wie in der Gegenwart der deutschen und der Weltgeschichte zu Hause. Wenn er gegen die Juden kämpft, dann nicht, weil er einem öden und geistlosen Antisemitismus huldigt, sondern weil er im Juden das Sinnbild des deutschen Verfalls erkannt hat. In keiner anderen deutschen Partei wird der Führer so tief verehrt und leidenschaftlich geliebt wie Adolf Hitler von seinen Parteigenossen. Jede Pose, alle Zurschaustellung ist ihm seinem Wesen nach fremd. Er gibt sich so, wie er ist, natürlich und ohne Schminke. Das erst hat ihn zum größten Volksredner der Gegenwart gemacht, daß er aus dem tiefen Born seines menschlichen Empfindens schöpft und niemals über seine Lippen ein Wort kommt, an das er nicht auch selbst glaubte. Wie lächerlich wirken die Verleumdungen, daß er ein Schlemmer, Prasser und Tyrann sei, angesichts der Tatsache, daß Adolf Hitler weder Alkohol genießt noch raucht und obendrein Vegetarier ist, ohne indes seine persönliche Enthaltsamkeit auch anderen Menschen aufreden zu wollen. Er ist für seine Unterführer der gute Kamerad und treue Freund. iemals läßt er einen von ihnen im Stich, wenn jemand seiner Hilfe bedarf. Seine Mitkämpfer wissen von vornherein, daß sie auch bei ihrem Führer Verständnis finden, wenn sie glauben, im Intereſſe der Partei zu

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handeln, und ihnen hier und da kleine Fehler unterlaufen, die der Führer wieder gutzumachen hat. Jur so. ist es zu erklären, daß sich in der nationalsozialiſtiſchen Bewegung zwischen Führer und Mann ein Treueverhältnis herausgebildet hat, das allen Stürmen und Anfeindungen der Vergangenheit trogte und auch in Zukunft niemals zerstört werden kann. So menschlich verständnisvoll Adolf Hitler anderen gegenüber ist, so unerbittlich und konsequent ist er in der Linienführung seiner Idee und Politik. Er sagte einmal vor seinen Amtswaltern in Hamburg, daß er, wo es sich um die Sache handele, taub und unbeweglich bleiben wolle wie ein Stein. Und das ist auch in der Tat so. Dieser Mann, der beste Freund und Kamerad seiner Mitarbeiter und Parteigenossen, wird nie. mals dazu zu bringen sein, in seiner Sache irgendein zugeständnis zu machen. Von dem Augenblick ab, da Adolf Hitler in die Politik eintrat, bis zu dieser Stunde liegt sein Leben und sein Werk vor den Augen der Öffentlichkeit sichtbar zu Tage. Es braucht keine Kritik zu scheuen. Man kann ihm nur etwas anhaben, wenn man mit Lüge und Verleumdung zu verunglimpfen versucht. Manchmal, wenn ihm trog des übermaßes von Arbeit ein Ruhetag vergönnt ist, dann fährt Adolf Hitler von München nach Berchtesgaden. Dort verbringt er dann mit seiner Schwester ein paar Mußestunden, nimmt den einen oder den anderen seiner engeren Mitarbeiter mit, und dann werden meistens die Pläne entworfen für die großen politiſchen Aktionen, die ein paar Tage später oft das Tagesgespräch der ganzen Weltöffentlichkeit bilden. Wenn Adolf Hitler von München aus mit einem Auto auf seine großen Versammlungsreisen fährt, dann hat er die Taschen vollgestopft mit Zigarettenschachteln, und in jeder Schachtel steckt ein zwei oder Dreimarkstück. Fast bei jeder wandernden Gruppe wird angehalten. Ein kurzes Gespräch über woher und wohin, dem erstaunten Wanderburschen wird eine kleine Gabe zugesteckt, und manchmal erkennt er erst im letzten Augenblick mit ausbrechender Freude, daß er mit seinem Führer gesprochen hat. Das ist Adolf Hitler, so wie er wirklich aussieht. Ein Mann, der nicht nur als Politiker, sondern auch als Mensch bei allen, die ihn kennen, die höchste Liebe und Verehrung genießt. Wie wäre es auch sonst erklärlich, daß Millionen Menschen auf ihn als auf ihre legte Hoffnung schauen, und daß gerade die, die ihm am nächsten stehen, seine begeistertsten und treuesten Gefolgschaftsleute sind!

Die Welle steigt 11. April 1932 Man muß sich vor Augen halten, was unsere Gegner am 10. April mit uns vorhatten, um die ganze Größe des gestern erfochtenen Sieges auszumessen. Sie trugen sich mit der löblichen Absicht, Hitler und die nationalsozialistische Bewegung endgültig zu vernichten. Der zweite Schlag muß sitzen, so trompeteten sie; und dann holen wir am 24. April zum dritten aus. Ja, sie legten von vornherein den Termin der Landtags-

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wahlen vierzehn Tage nach dem zweiten Präsidentschaftsgang, weil sie glaubten, die gewaltige Depression der für uns zu erwartenden Niederlage würde die Partei vollends in ihrer aktiven Kraft lähmen und ſie damit zum wehrlosen Opfer für ihre Feinde machen. Die Gloriole der Unbesieg. barkeit sollte uns vom Haupte gerissen werden . Der Demagogie, so sagten sie, muß der Dolch mitten ins Herz gehen. Und nun Sie sitzen an den Wassern von Babylon und weinen . Es hat nicht gelangt ! licht nur, daß die nationalsozialistische Bewegung sich gegen ihren vereinten Ansturm von Macht, Geld, Preſſe, Parteien und Lüge siegreich behaupten konnte, im Gegenteil: sie durchbrach in einem hinreißenden Elan den Wall, den sie um sie aufgeworfen hatten, und stürmte in atemberaubendem Tempo das nächste Vorgelände. über 2 Millionen Stimmen Zuwachs in vier Wochen, und von diesen vier Wochen waren wir drei durch den Osterfrieden lahmgelegt. Wir gewannen soviel wie die bürgerlichen Splitterparteien, die heute noch im Reich und in Preußen die Minister stellen, zusammengenommen überhaupt an Stimmen aufzuweisen haben. Das ist die Antwort des Volkes. Wo wir schweigen mußten, wo man uns den Mund verband, wo man Hitler wehrlos an den otverordnungspfahl schmiedete, wo unsere Zeitungen verboten wurden, wo man uns das freie Wort versagte, da hat das Volk sich sein Recht an der Wahlurne genommen und damit aus seinem gesunden Instinkt heraus den politischen Anstand in Deutschland wieder hergestellt. Bedauernswert der rote Klaſſenkandidat Thälmann, der sich da unter fing, für die deutsche Präsidentschaft werben zu gehen und von seinen eigenen roten Rohorten im Stich gelassen wurde. un stehen die kommu nistischen Großsprecher an den Stempelstellen und sind mit einem Male kleinlaut und bescheiden geworden. Ihr lautes Geschrei von der bolsche. wistischen Revolution klingt nur noch hohl und abgeschmackt. Was bleibt ihnen anderes übrig, als mit Dolch und Pistole mühsam ihre fast schon aufgegebenen letzten Positionen zu halten? Und was sagt die DUVP., was sagen die politischen Strategen des Stahlhelm Sie wurden nicht müde, zu erklären, daß sie sich niemals einer nationalsozialiſtiſchen Parteikandidatur beugen wollten. Ihre Preſſe beob achtete während der entscheidenden Wahlwoche ein aufreizendes und unkameradschaftliches Schweigen. Sie behandelte uns über die kalte Schulter. Und ihre Partei, die vor lauter Röpfen nicht weiß, wohin und woher, schaute mit Sehnsucht nach dem nationalen Einheitskandidaten aus. Ihre Wähler haben ihn ihr gezeigt. Sie sind über die verantwort tungslose Parole der paſſiven Resistenz zur Tagesordnung übergegangen . Die weitaus überwiegende Mehrzahl gab dem Kandidaten der nationalen Opposition, Adolf Hitler, ihre Stimme. Unser herzliches Beileid. Sie haben die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Sie sind am klar erkennbaren Willen des nationalen Deutschlands achtlos vorbeigegangen, und während sie sich in taktischen Kniffen übten, mit jener falschen Klugheit, die schon Clausewitz als hassenswert und verächtlich empfand, ist die Welle des nationalsozialiſtiſchen Aufbruchs unaufhaltsam weiter gestiegen. un wird es kein Halten mehr geben. Wieder einmal, und überwäl tigender denn je, ſind die Dämme, an denen sich unsere Fluten brechen sollten, niedergerissen worden, und nun dient jeder Widerstand, den man

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uns entgegenstellt, nur noch dazu, unſere Kraft zu stärken und unseren Angriffsgeist zu vermehren. Sie verurteilten uns drei Wochen lang zum Schweigen. Es nutzte nichts. Sie überschütteten uns mit einer Meeresflut von Lügen und Verleumdungen; ſie ſetzten auf den Straßen den roten Terror gegen uns an ; an den Litfaßsäulen plakatierten sie uns als Henker und Henkersknechte. Das Volk ging kopfschüttelnd und grimmig lachend daran vorbei, dachte sich seinen Teil und gab ihnen dann gestern die verdiente Quittung. Den Rundfunk nahmen sie ganz für sich in Anspruch. Das entsprach ihrer ritterlichen Kampfesweise", derzufolge sie dem Gegner einen Stecken in die Hand drückten, sich selbst aber des Schwertes der amtlichen Macht bedienten. Sie sind trotzdem nicht zum Ziele gekommen. Seit einem Jahr hausieren sie im Lande herum mit der Theorie, das Menschenreservoir, das von der nationalsozialistischen Agitation überhaupt gewonnen werden könne, sei ausgeschopft und damit die Kurve unseres Aufstiegs zum Stillstand gekommen. Wir haben sie Lügen gestraft. Wir sind aus dem eisernen Boykott, in den sie uns einschließen wollten, ausgebrochen, und nun rast der Renner Nationalsozialismus wieder unbehindert und fast zügellos in das Rampfgelände der deutschen Politik hinein. Wenn die Juden in den Redaktionsstuben des Karl-Liebknecht-Hauſes noch einmal zu behaupten wagen, daß Berlin rot bleibe, dann werden die Berliner Arbeiter ihnen mit einem dröhnenden Hohngelächter antworten . Hitler ist die Parole in der Reichshauptstadt. Wir sind mit einem Schlage die stärkste Partei Berlins geworden. Wir haben hier in vier Wochen zweihunderttausend Stimmen gewonnen, das reaktionäre Lager nahezu aufgerieben und der KPD. einen vernichtenden Schlag beigebracht. Womit sie uns töten wollten, das ist nun nach einer gnädigen fügung das Sprungbrett zur Machteroberung für uns geworden. Zwei Wochen vor der Preußenwahl belohnt das Schicksal Arbeit, Mühe, Sorge und Opfer mit dem seit dem 14. September 1930 triumphalsten Wahlsieg. Es nugt nun nichts mehr, wenn sie von Hoch- und Landesverrat, von Chaos und Bürgerkrieg schreien, wenn sie unsere Parteihäuser von Akten entblößen, unsere SA.-Männer nach Moabit transportieren und ihre Sturmlokale schließen. Ein jeder SA.- und H -Mann weiß jetzt : die Rnechtschaft dauert nur noch kurze Zeit. Vierzehn Tage lang noch werden wir die Zähne zusammenbeißen. Wir wollen keine Nachtruhe kennen, wir wollen uns und die Partei nicht schonen, den letzten Groschen werden wir aus der Tasche holen, um unseren Kampf zu finanzieren . Wir haben keine Zeit, müde zu sein. Jetzt beginnt der Sturm auf Preußen . Er wird und muß mit dem Sturz der schwarz-roten Roalition enden. Zentrum und Sozialdemokratie werden von uns aus den Sesseln herausgefegt. Pardon wird nicht gegeben, so wie wir keinen Pardon empfangen haben. Sie mögen uns noch ein Weilchen quälen und peinigen, verleumden und verfolgen, mit Geld und Lüge und Terror überschütten : unser Udler hat schon die Schwingen ausgebreitet zum steilen Höhenflug. In den kommenden zwei Wochen wird die Bewegung ihr Meisterstück an Agitation und hinreißendſter Maſſenaufklärung leisten. Und am 24. April wollen wir dann die Quittung überreichen. Ihr aber, Parteigenossen und Parteigenoſſinnen, SA.- und 4 -Männer, seid stolz auf diesen Sieg. Er ist euch nicht geschenkt worden. Ihr habt

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ihn euch sauer, mit Schweiß und Mühe und Sorge und manchmal auch unter Einsatz von Blut verdient. Ihr habt keinen Grund, euer Licht unter den Scheffel zu stellen. Vur die Lumpen sind bescheiden. loch einmal so stolz, noch einmal so aufrecht, noch einmal so sieges. bewußt als sonst, sollt ihr von jetzt ab durch die Straßen Berlins gehen; und jedereiner, ob Freund oder Feind, muß aus euren Mienen und aus euren Augen lesen können, was ihr in diesen Stunden und Tagen denkt: Uns kann keener!

Preußen muß wieder preußisch werden! 20. April 1932 Preußen muß wieder preußisch werden! Was heißt das? 1. Der Staat soll erster Diener des Volkes und der höchste Beamte erſter Diener des Staates sein. 2. Der Staat soll jedem Bürger Stolz und Vertrauen geben. 3. Er muß verwaltet werden von einem sauberen, korrekten Berufs. beamtentum, das sich frei hält von Korruption und Parteibuchbonzen. 4. Das öffentliche Leben muß rücksichtslos von den Paraſiten der parteipolitischen Bestechlichkeit gesäubert werden. 5. Die Erziehung des Volkes in preußisch-deutſchem Sinne muß höchste Pflicht des Staates sein. 6. Der Staat sorgt für öffentliche Zucht und Reinheit der Sitten. 7. Der Staat garantiert dem ganzen Volke Ruhe und Ordnung in Handel und Wandel. 8. Das Volk ist nicht für die Organe des Staates, die Organe des Staates sind für das Volk da. 9. Die innere Sicherheit des Staates ruht, wie ſeit je in Preußen, nicht auf den Bajonetten und Gummiknüppeln, sondern auf der Liebe und Anhänglichkeit ſeiner Bürger 10. Der Bauer ist das Rückgrat des Volkes. Ein gesunder Vährstand bürgt für die Sicherheit unseres täglichen Brotes. 11. Der Arbeiter hat Anspruch auf Arbeit und gerechte Entlöhnung. Er darf im Staate nicht das fünfte Rad am Wagen sein. Er soll als mitverantwortliches Glied in das Staats- und Gemeinschaftsleben eingeschmolzen werden. 12. Die Jugend wird in der Wehrhaftigkeit erzogen, damit sie die Grenzen des Staates gegen die Raubgelüſte ſeiner Nachbarn beschützen kann . 13. Die Universitäten dienen nicht der Parteipolitik, ſondern der Pflege deutschbewußten Geistes und germanischer Kultur. 14. Volk und Staat sind eins. In ihm verbinden sich Arbeiter, Bauern und Bürger. Sie schließen sich zusammen zu einer Schicksalsgemeinschaft, die bereit ist, auf Leben und Tod die Ehre, die Freiheit, die Sicherheit und das tägliche Brot des ganzen Volkes zu beschützen. 15. Die Justiz ist eine Pflegestätte der Gerechtigkeit. Sie hat ſich frei. zuhalten von parteipolitischen Einflüſſen und muß unbeirrbar urteilen gegen hoch und niedrig.

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16. Die Verwaltungsorgane haben gegen jedermann strengste Objektivität walten zu lassen. Die Freiheit der Meinung und des Geistes wird vom Staate aus gewährleistet. 17. Die Ehre des preußischen Volkes ist die Ehre jedes Preußen. Wer sie mit Füßen tritt, der wird aus der Gemeinschaft aller Preußen wie ausfägig ausgeschlossen. Die große Vergangenheit des preußischen Volkes soll für jung und alt Ideal und Vorbild ſein für eine größere Zukunft. 18. Die soziale Gerechtigkeit ist das fundament des Volksfriedens und der Einigkeit der Klassen und Stände. 19. Das Geld ſoll der Wirtſchaft untertänig ſein und die Wirtſchaft dem Volke dienen. 20. Preußen ist das Kernland des Reiches. Von ihm aus soll und wird die Wiedergeburt der deutschen Vation ausgehen.

Preußische Männer und Frauen ! Das ist unser Wille, und das ist unser Weg. Wir stehen mit festen Füßen auf der großen preußischen Vergangenheit. Wir wollen es nicht zulassen, daß die Tradition unserer preußischen Geschichte endgültig verlorengeht. Wir wollen sie aus dem Schutt der Gegenwart herausheben und sie in eine bessere Zukunft hinüberretten. Der Name Preußen ist in den vergangenen vierzehn Jahren mit Schmach und Schande bedeckt worden. Wo einstmals die großen Könige ihre historischen Leistungen vollbrachten, die die ganze Welt mit Achtung, Bewunderung oder doch mit Furcht erfüllten, da herrschen heute die Systemparteien, da erobert das Parteibuch die Ämter, da wird das öffentliche Leben von der Korruption einer Parteiclique verpestet, die, zusammengesetzt aus dem internationalen Atheismus und dem parteipolitischen Ronfessionalismus, jede Freiheit der Meinung unterdrückt, die Volksmoral vergiftet und mit parlamentarischen Schiebungen die letzten Fundamente von Treu und Glauben auflöst. Wir haben dem vierzehn Jahre lang schweigend und verbittert zu geschaut. Und während die Bonzen praßten, die Parteien schoben und verdienten, sind wir selbst die wehrlosen Opfer dieses Systems geworden. Wenn wir ehedem „Ich bin ein Preuße“ ſangen, dann schlug unser Herz im Takt des Liedes mit vor Begeisterung und Stolz. Heute steigt uns dabei die Schamesröte in die Stirne. Tradition und Vergangenheit, Ehre und Fahne sind in den Staub getreten. Der Bauer hat Haus und of verlaſſen, oder die letzte Krume Landes wird ihm unter den Hammer gebracht. Ein graues Millionenheer der Arbeitslosigkeit füllt die Straßen der großen Städte. Die Hochöfen sind erkaltet, und die Schornsteine rauchen nicht mehr. über den Asphalt der großen Städte ergießt sich der schmutzige Spülicht einer volksvergifteten öffentlichen Entsittlichung. Die jüdische Presse ist die hörige Dienerin der Unmoral und der planmäßigen Internationalisierung des ganzen Volkes geworden. Mit Ingrimm und verhaltener Wut schaut jeder echte Preuße diesem schamlosen Treiben zu. Die letzten Fundamente des Staats- und Volksgefüges sind unterhöhlt und unterwühlt. Die Erziehung der Jugend liegt in den Händen landfremder Verführer, die nach der waffenmäßigen Übrüstung der Nation nun auch noch die seelische Widerstandskraft des Volkes brechen wollen. Das alles soll ein Ende haben ! Wir wollen es nicht mehr dulden, daß der

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große Name Preußen zum Zerr- und Spottbild der ganzen Welt wird. Wir werden ihm seinen alten leuchtenden Klang zurückgeben . Darum ergeht an alle Preußen, an alle Männer und Frauen dieſes Kernlandes deutscher Einigkeit, Geschlossenheit, Willensstärke und Wider standskraft der Ruf: Preußen, wählt preußisch! Denn Preußen muß wieder preußisch werden ! Liste 8! Hitlerbewegung !

Aufräumen ! 22. April 1932 Es ist nun an der Zeit, daß mit den Parteien des Systems Fraktur geredet wird. Sie haben in einer vierzehnjährigen, beiſpielloſen Miß. wirtschaft das öffentliche Leben verwüstet, die Finanzen ruiniert, die Wirtschaft verödet, das Volk arbeits- und brotlos gemacht, den Bauernstand von Haus und Scholle vertrieben, den deutschen Lebensraum ver. kauft und verpfändet, mit gepumpten Krediten unerfüllbare Tributverpflichtungen ausgelöst und damit den ganzen Produktionsapparat zerstört. Sie haben die Volksmoral vergiftet, die deutsche Ehre dem verbreche. rischen Treiben land. und rassefremder Lügner und Demagogen aus. geliefert, sie haben den Wehrgedanken ſabotiert, die deutsche Armee zerbrochen, das scharfe Schwert, das uns gegen die Welt beschützte, durch den Gummiknüppel ersetzt, der nun wahllos das hungernde Volk trifft, sie haben im Westen durch den Locarno-Pakt den deutschen Widerstand niedergelegt, sich im Osten mit der blutenden Wunde des polnischen Korridors abgefunden, auf Danzig und Oberschlesien verzichtet, sie lassen sich jetzt von einem Staat wie Litauen verhöhnen und beleidigen. Sie stehen rat. und tatlos vor den Trümmern des deutschen Wohlstandes und den Scher. ben unseres nationalen Glücks. Bewundernswert an ihnen bleibt nur die eiserne Stirne, mit der sie vor das Volk hinzutreten sich erdreisten, um noch einmal um unser Vertrauen zu betteln. Nun gebt ihnen die Antwort ! Wenn man uns in den vergangenen Jahren quälte und peinigte, wenn wir verlacht und verfolgt wurden, wenn man unsere Führer durch die Gerichtssäle schleifte und unsere SA.-Männer in die Kerker des Systems warf, wenn unsere Zei tungen verboten und unsere Versammlungen aufgelöst wurden, wenn Zehntausende von unseren Kameraden durch den Terror der Straße blutig geschlagen waren und in Monatsfrist Dugende in die kühle Erde ſanken, dann ballten wir ohnmächtig, aber voll erbitterten Ingrimms die Faust in der Tasche und trösteten uns mit der Zuversicht : Die Rache ist ein Gericht, das wird kalt genossen ! Wir haben uns nicht aus sinnloser Wut in aussichtslose, blutige Abenteuer gestürzt. Es ging uns nicht allein um die Macht, wir wollten das Volk erobern. Abend für Abend standen wir auf den Tribünen der großen Maſſenversammlungen und riſſen den Parteien des Systems die Maske vom Gesicht herunter. Wo es erlaubt war, da nahmen wir kein Blatt vor den Mund; und wenn sie uns in die Fesseln ihrer Gesetze schlugen oder an den Pfahl ihrer Votverordnungen banden, dann lernten wir es 2812

sehr bald, uns mit der Glätte des Aals durch die Maschen ihrer Para graphen hindurchzuwinden. Wir haben als einzige in Deutschland der Wahrheit die Ehre gegeben, auch wenn sie unpopulär war und unpopulär machte. Uns konnte man keinen blauen Dunst vorgaukeln. Wir haben uns niemals unter dem Terror der öffentlichen Meinung gebeugt. Wir hielten es nicht mit jener falschen Klugbeit, die schon Clausewitz als hassenswert und verächtlich empfand, sondern wir bekannten uns mit ihm zur wildesten Verzweiflung, als anders es nicht möglich war, dem Volke sein Brot und der Nation ihre Ehre zurückzugeben. Jahrelang tobte der Kampf hin und her. Er ging um die Macht und um die Verantwortung. Die Parteien des Systems warfen uns höhnisch vor, wir würden uns unsere Köpfe nur blutig rennen an den Mauern, die sie mit ihren Gesetzen aufgerichtet hatten. Aber das beirrte uns nicht in unſerem Angriffsgeist und in unserem verbiſſenen Willen, am Ende doch die Macht zu erobern und die Parteien, die Preußen und Deutschland ruiniert hatten, aus den Seffeln der Verantwortung herauszufegen. Und siehe da: So wie der Wahnsinn ihrer Politik im schaffenden Volk mehr und mehr an lebendigen Opfern forderte, so begann in den Maſſen das große Wandern. Das Volk gab den widernatürlichen Koalitionen zwischen Gottlosigkeit und konfeffioneller Heuchelei den verdienten Fußtritt und schloß sich dem Siegeszug der Hitler-Bewegung an. Aus sieben wurden hundert und tausend und hunderttausend. 6,5 Millionen gaben uns am 14. September 1930 ihr Vertrauen. Wir wuchsen bis zum März 1932 auf 11,5 Millionen an , und am jo. April ſtand, geſchweißt und zusammengeballt, ein Kraftblock von 13,5 millionen deutschbewußter Männer und Frauen auf, um dem System eine unversöhnliche Kampfansage vor die Füße zu werfen. Das alles war nur ein Vorspiel. Und nun ist der Augenblick gekommen, daß die Entscheidung fallen kann. Sie haben uns kurz vor ihrem Abgang noch einen kleinen Vorgeschmack dessen gegeben, was uns erwartet, wenn wir sie in der Macht lassen. Sie haben unsere SA., und 44 - Verbände ver. boten, während das Reichsbanner ungeschoren blieb. Unser Parteieigentum, das wir mit den Hungergroschen unserer Arbeiter oder gar Erwerbslosen zusammengespart hatten, wurde uns mit einem Federstrich aus der Hand genommen. Sie schrecken vor nichts zurück. Im Inlande gaben sie uns der Verfolgung durch die Parteien und durch die Journaille preis. Sie haben Volk und Vaterland verraten. Sie haben den schaffenden Arbeiter und Bauern um Brot und Besitz betrogen. Sie haben dem kleinen Sparer durch die Inflation sein bescheidenes Vermögen aus der Tasche gezogen. Wo einer aufbegehrte, da droschen sie mit dem Knüppel hinein, und jetzt, wo sie Matthäi am letzten sind und das Volk ihnen die Faust unter die Case hält, wo Mann und Frau, Arbeiter, Bürger und Bauer, jung und alt und hoch und niedrig ſich anschicken, ihnen die vernichtendste Wieder. lage beizubringen und sie mit Sohngelächter und Flüchen aus den Pfrün. den und Seffeln herauszufegen, seht, wie sie zittern und beben vor der Abrechnung, wie sie um Pardon winseln, wie sie für die nächsten vier Jahre zu tun versprechen, was sie in den vergangenen 14 Jahren unterLassen, und zu lassen versprechen, was sie in den vergangenen 14 Jahren getan haben !

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Das sind die richtigen ! „ Dem Vater Urbeit und den Kindern Brot! " Diese Volksbetrüger, die sieben Millionen von den Maschinen vertrieben und eine ganze Nation in Schmach und Schande und Unglück stürzten! Männer und Frauen! Arbeiter und Bürger und Bauern ! Gebt ihnen die Antwort! Es darf von ihnen in Preußen nichts mehr übrig bleiben. Zerstampft die Parteien des Verrats und des Volksbetruges! Säubert Preußen und damit Deutſchland von ihnen! Räumt auf! Gebt Hitler die Macht! Keine Stimme der Sozialdemokratie, dem Zentrum, den bürgerlichen Splitterparteien und der KPD.! Jede Stimme dem jungen, erwachenden Deutschland!

Wählt Nationalsozialisten Liste 8!

Unser Wille und unser Weg

26. April 1932 Die Wahlbewegung der letzten beiden Monate im Reich und in den Ländern ist mit dem 24. April zu einem vorläufigen Abschluß gekommen. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ist ihre große Siegerin. Sie hat nicht nur dem vereinigten Trommelfeuer der gegnerischen Parteien und Verbände, den Angriffen der feindlichen Presse und den Verfolgungsmaßnahmen des Systems trogig und unerschütterlich ſtandgehalten, sie ist über den Wall, den man um sie aufgeworfen hatte, hinausgestiegen und hat in kühnem Ansturm weiteres neues Gelände erobert. Seit dem 14. September 1930 haben wir überall im ganzen Reich, in Stadt und Land, in der Metropole und im kleinsten Bauerndorf unſeren Stimmenbestand rund verdoppelt und sind damit zur weitaus stärksten Partei des Landes geworden. Die traditionell an der Spize aller Massenbewegungen stehende Sozialdemokratie ist von ihrer stolzen Höhe heruntergestürzt und muß sich nun bereits mit dem Zentrum und der RPD. um die zweite Stelle raufen. Der Abstand von ihr zu uns aber ist so groß geworden, daß er als vollkommen uneinholbar gelten muß. Das ist das hervorstechendste Merkmal der großen Entscheidungen. Und an dieser feststehenden Tatsache kann auch durch keine noch so gescheite Wahlgeometrie mehr gerüttelt werden. Wir haben vor der ganzen Nation ſichtbar bewiesen, daß der Nationalsozialismus keine Konjunkturerscheinung, ſondern ein politisches Elementar ereignis darstellt, mit dem von nun ab in der Welt der Realitäten wie mit einem sicheren Faktor gerechnet werden muß. Es ist ebenso klar, daß die nationalsozialistische Bewegung darüber hinaus die Führung der gesamten nationalen Opposition auf der ganzen Linie an sich gerissen hat. Die Deutschnationale Partei ist ihr gegenüber zahlenmäßig vollkommen verblaßt und kommt nur mehr noch in zweiter Linie für machtpolitische Entscheidungen in Frage. Ganz zu schweigen von den bürgerlichen Interessenparteien, die gestern noch regierungsbildend in den Roalitionen ſaßen und das große Wort redeten, an denen sich heute aber das Experi. ment der politischen Atomzertrümmerung bereits vollzogen hat. Man 283

bedenke nur, daß die sogenannte Staatspartei im alten Preußenkabinett genau so viel Minister stellt, wie sie heute Mandate aufbringt, und man wird unschwer daraus schließen können, daß von da ab der Weg nicht weit ist bis zu dem Punkt, daß sie nur noch soviel Wähler aufbringt, als sie heute Mandate hat. Damit kann man unter diese bürgerliche Interessenwelt den politischen Schlußstrich ziehen. Die Ansichten über ihren Wert oder Unwert werden in den gegnerischen Lagern höchst verschieden sein. Eins aber wird man dem Nationalsozialismus auf keiner Seite abstreiten wollen : daß er sich durch die Auflösung dieser ganzen Gruppen das höchste Verdienst an der Vereinheitlichung des politischen Gesamtbildes in Deutschland erworben hat. Die Sozialdemokratische Partei ist vom Standpunkte der Macht aus gesehen die große Verliererin dieser Wahlgänge. Lieben einer ungeheuren Linbuße an Prestige und Vertrauen, die sie selbst bei ihren eigenen Anhängermassen durch den fortgesetten, skrupellosen Verrat an ihrem Parteiprogramm erlitt, zog sie sich eine derartig gewaltige Minderung ihres Zahlenbestandes zu, daß sie nicht nur die Spitze der Massenbewegungen in Deutschland verlor, sondern darüber hinaus auf das Niveau irgendeiner zweitklassigen so oder so genannten Partei herabſank. Wo auch immer sie zum Rampfè antrat, wurde sie geschlagen und geschlagen . Nach keiner Wahl gelang es ihr mehr, eine regierungsfähige Mehrheit zusammenzubringen. In den kleinen Länderparlamenten versuchte sie, sich in die Sicherheit eines geschäftsführenden Miniſteriums zurückzuziehen. un hat sie in Preußen, wo sie ihr festestes und scheinbar uneinnehm bares Bollwerk aufgerichtet hatte, wo sie den gesamten Staats- und Polizeiapparat in der Hand hielt, und von wo aus sie damit nicht nur die Geschäfte der Länder, ſondern die Führung des Reiches auf das nachhaltigſte beeinflussen konnte, ihre entscheidende Niederlage erlebt. Rann in diesem Augenblick noch ein Zweifel daran bestehen, daß dieſe Viederlage auch ihre machtpolitischen Folgen haben mußt Von der RPD. erst gar nicht zu reden. Dieſe Partei hat die im linken Lager auf sie gesetzten Hoffnungen vollends enttäuscht. Es ist ihr nicht im entferntesten gelungen, die infolge von außen. politischer lot und wirtschaftspolitischer Verzweiflung in stetem Wachsen begriffene aufrührerische Gesinnung der arbeitenden Massen aufzufangen und für sich zu mobilisieren . Sie stand ihr mit billigen, dem Empfinden des Volkes fremden, literarischen Phraſen gegenüber; sie erlitt deshalb wegen ihrer Unfähigkeit ihre vernichtende iederlage. Der Nationalſozialismus war ihr auf dem Fechtboden der Agitation und politiſchen Massenbeeinflussung haushoch überlegen. Und er konnte deshalb auch jene vier bis fünf Millionen Menschen hinter sich sammeln, die, wären wir nicht gewesen, weder bei den bürgerlichen Parteien geblieben noch zur Sozialdemokratie abgeschwenkt, sondern mit fliegenden Fahnen in das Lager des Kommunismus übergelaufen wären . Aber sei dem, wie ihm wolle. Wir sind die großen Eroberer. Wir haben unsere Partei und Organisation fest in der Hand. Zu uns schwören die millionen. Der Nationalsozialismus ist die gewaltigste Massenbewegung, die der deutsche Boden je getragen hat. In unserer Partei marschieren mehr Arbeiter, mehr Bauern und mehr Bürger als je in einer deutschen Arbeiter , Bauern- und Bürgerpartei. 284

Allerdings mit einem Unterschied! An den Menschen , die sich zu uns bekennen, hat sich bereits der Prozeß einer inneren Umschmelzung voll. zogen. Sie sind durch ihr Zeugnis für uns auch selbst zum Zeugen der Wiederaufrichtung der deutschen Nation an Haupt und Gliedern geworden. Die über acht Millionen preußischer Männer und Frauen, die am 24. April im Kernlande des Reiches für uns ihre Stimme abgaben, die Millionen, die in den anderen Ländern hinter unseren Namen ihr Kreuz machten, haben damit zum Ausdruck gebracht, daß sie entschlossen sind, unter unserer Führung eine neu gerichtete, von anderen Wurzeln ausgehende und zu neuen Zielen strebende deutsche Politik zu erkämpfen . Sie versteifen sich dabei nicht auf graue Theorien oder starre Doktrinen. Sie wollen, daß im Reich mit Klarheit und Wahrheit, sauber und anständig, mit festem Willen und starker Hand regiert wird, daß die Politik des offiziellen Deutschlands in übereinstimmung gebracht wird mit dem festen und unbeirrbaren nationalpolitischen Willen der Massen, die durch ihren Stimmzettel dazu die Macht und den Auftrag geben. Die nationalsozialistische Bewegung ist an ihr Mandat gebunden. Das Vertrauen der hinter ihr stehenden Massen wurde ihr zu treuen Händen übergeben. Sie wird es deshalb auch mit treuen Händen verwalten. In diesem Sinne gehen wir an die Arbeit. Wir wollen, daß Deutschland wieder aufersteht. Wir wollen es innenpolitiſch, kultur- und wirtſchaftspolitisch reformieren, um einen Ausgleich der unlösbar scheinenden inneren Gegensätze zu finden. Aus der Wurzel des sozialen Volksfriedens ſoll die Einheit der Klassen und Stände und Ronfessionen entstehen. Und die wieder wird uns die Kraft geben, unser außenpolitisches Schicksal zu meistern. Das ist unser Wille, das ist unser Weg. Jedem, der von diesem Willen beseelt diesen Weg mitgehen will, halten wir die offene Hand hin.

Die nächste Aufgabe

28. April 1932 Ein altes Wort sagt: „Nach der Schlacht binde den Helm fester !" und will damit dartun, daß, ſo ſehr Einsicht und Umsicht, Zähigkeit, Mut und Verantwortungsbewußtsein, Fleiß und Hingabe an seine Sache den Mann vor der Entscheidung zieren und ehren, um so mehr sie aber geboten erscheinen, wenn er den Sieg in der Hand hat. Allzu oft hat ein kleiner und weicher Charakter einen großen Erfolg wieder aus der Hand geben müssen, weil er ihn nicht zu halten und zu beschützen vermochte. Die nationalsozialistische Bewegung hat am 24. April nicht nur ihre Stellung verteidigt, sie hat weites Vorgelände dazu gewonnen . Ihre Bataillone ſind aus den politischen Schüßengräben aufgestiegen und haben in einem kühnen Elan das nächste Terrain gestürmt. un heißt es, den gefaßten Boden in Verteidigungszustand zu verſetzen. och ist der Gegner von lähmendem Entsetzen erfüllt. Er kann es kaum glauben, daß seine Niederlage so groß und unser Sieg so überwältigend war. Nichts wäre aber verfehlter, als wenn wir im Rauſch der Freude und des Stolzes die notwendigen Aufgaben außer acht ließen, die es jetzt zu lösen gilt. 285

In unseren alten Stellungen standen wir sicher und geſchügt. Wir hatten sie nach allen Regeln der politischen Kunst befestigt. Jedermann wußte, daß die uns innewohnende Kraft und Bedeutung größer war als un sind beide wieder in übereinstimmung unser sichtbarer Erfolg. gebracht. Wir halten das politiſche Gelände besetzt, das uns gehört. Was wir neu gewonnen haben, haben wir dem Gegner in zähem Ringen ab. genommen. Aber niemand glaube, er werde es uns auch weiterhin kampflos überlassen. Wir müssen uns sichern. Es ist jetzt der Zeitpunkt, unsere Stellungen auszubauen. Denn nur, wenn wir im Rücken frei sind, können wir im gegebenen Augenblick wieder vorstoßen. Wir haben ein mitleidiges Lächeln übrig für das gescheitſchreiende Angstgeſchrei, der Nationalsozialismus habe nun endgültig das Menschenreservoir ausgeschöpft, das ihm auf Grund seiner inneren Struktur überhaupt zur Verfügung stände. Das haben unsere Gegner nach jeder Wahl gesagt. Und jede neue Wahl hat bewiesen, daß sie logen und sich nur ihre eigene Furcht von der Seele herunterredeten. Es gibt überhaupt keine Menschen, die wir nicht gewinnen könnten. Es handelt sich darum, die richtigen Methoden zu ersinnen, um an ihr Denken und Fühlen heranzukommen. Der Agitationsprozeß, mit dem wir die uns heute gehörigen 13 Millio nen für uns warben, ist beendet. Nun müſſen wir mit ganz neuen Propagandamitteln an die Menschengruppen herangehen, die, scheinbar erstarrt in den Fronten, die sich heute im Zentrum und den beiden marxistischen Parteien festgefroren haben, abgezeichnet sind. Wieder einmal beginnt hier der Aufweichungsprozeß unserer Propaganda, in dem allmählich das erstarrte, kostbare Menschenmetall in der Mitte und links aufgelöst und in Bewegung gebracht werden muß. Bevor wir jedoch an diese Aufgabe herangehen können, erscheint uns eine andere, temporäre wichtiger : Die Parteiorganisation hat drei schwere und entscheidende Wahlkämpfe hinter sich. Sie war dabei ganz auf sich allein gestellt. Ohne jede fremde Hilfe mußte sie sich gegen einen Wust von Parteien und Verbänden, gegen die konzentrierte Macht der großen Presse, gegen das Geld und die öffentliche Meinung, gegen Lüge und Verleumdung durchſeßen. Unsern Gegnern stand der ganze Staatsapparat zur Verfügung. Wir dagegen konnten uns nur auf die Wahrheit unserer Idee und auf die Schlagkraft unserer Parteiorganiſation stugen. Da ist es ganz selbstverständlich, daß dabei die Leistungsfähigkeit sowohl der Partes insgesamt, als auch jedes einzelnen Mitkämpfers in einem Maße beansprucht wurde, das nahe an Überspannung grenzte. Während wir mit unſeren Gegnern fochten, hatten wir wenig Zeit und Gelegenheit, uns um die Organiſation ſelbst zu bekümmern. Sie war ja für uns auch niemals Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck und wurde deshalb ent schlossen in ihrer ganzen Wucht bei den letzten Kämpfen eingesetzt. Wir haben nur vorwärts geschaut. Jegt ist der Zeitpunkt da, daß wir auf mindestens einen Monat ruckwärts schauen müssen. Die ganze Organiſation der Partei muß in den kommenden vier Wochen auf das sorgfältigste überprüft und überholt werden. Es ist im einzelnen zu untersuchen, ob das feine Räderwerk des Zellensystems noch einwandfrei funktioniert. Sektionen, Bezirke und Gaue mussen ihren Personalbestand ergänzen und auffriſchen. Wo in den Kassen ein Loch entstanden ist, da muß es, so schwer das auch fallen mag, zugestopft werden. Das ganze 286

Finanzwesen der Partei soll dabei wieder auf die gesündeste und reellste Basis gestellt werden. Unsere Zeitungen bedürfen einer ganz nüchternen Durchprüfung nach Inhalt, Raum und Auflage, Abonnentenstand und Straßenverkauf müssen durch intensivste Kleinarbeit so erhöht werden, daß unsere Presse bei den kommenden Kämpfen getrost mit den großen Journaillen des Gegners antreten kann. Das alles ist nötig, um unseren Erfolg zu sichern und fest und uner. schütterlich zu untermauern. Es unterschätze niemand die Wichtigkeit dieser Aufgabe. Wenn wir in den vergangenen Entſcheidungen ſiegreich bestanden, so ist das nicht nur, wie unsere Gegner gerne glauben machen möchten, auf die Wirtschaftskrise und die Not der Zeit zurückzuführen es hätte dann auch der Komunismus in gleicher Größe neben uns stehen müssen. Wir verdanken unseren Sieg darüber hinaus der Richtigkeit unserer Idee, der Klugheit unserer Taktik, der überlegenheit unserer Parolen und der Verläßlichkeit unserer einzig dastehenden Organisation. Das waren die Waffen, mit denen wir kämpften. Vielleicht hat das eine oder das andere Schwert beim Zuschlagen hier und da eine Scharte erhalten. Die muß ausgeschliffen und ausgehämmert werden. Darum an die Arbeit! Es gibt kein Verweilen. Zwar ist die Aufgabe, die es nun zu lösen gilt, undankbar, scheinbar klein und auch unpopulär, weil sie von der großen öffentlichkeit kaum gesehen wird. Das aber kann uns nicht von der Verpflichtung entbinden, uns ihr zu unterziehen, weil sie notwendig ist. In vier bis sechs Wochen muß die ganze Partei wieder auf Draht sein! Baut Eure Stellungen aus, überprüft das Zellen und Sektionssystem, macht überall die Finanzen klar ! Widmet Euch mit Eifer und Umsicht dieser wichtigen und unvermeidlichen Kleinarbeit. Dann stehen wir Ende Mai wieder auf absolut festem Boden in geschützten Stellungen. Von dort aus können wir dann vorwärtsstürmen. Noch ist Deutschland nicht ganz erobert ! Wir werden nicht ruhen und nicht rasten, bis die Parteien zerschlagen sind und der letzte Mann hinter unserer Fahne steht.

Genfer Abgesang 30. April 1932 Die Genfer Abrüstungskonferenz ist auf ihrem toten Punkt angelangt. Das große Aufgebot von Staatsmännern, das sich in den vergangenen vierzehn Tagen dort ein Stelldichein gab, hat Genf wieder verlassen. Die Viermächte-Konferenz, auf die Herr Dr. Brüning ſich vor allem gespigt hatte, mußte ausfallen, weil der französische Ministerpräsident Tardieu sich auf französisch empfehlen ließ. Wir glauben ihm gerne seine Heiser. Feit. Aber auch er wird nicht bestreiten wollen, daß sie ihm und seiner Politik des Hinhaltens und der Sabotage äußerst gelegen kam . Wer noch im Zweifel darüber sein sollte, braucht nur die französische Presse von links bis rechts zu studieren, und er wird dort unverhohlene Befriedigung darüber finden, daß es dem Quai d'Orsay noch einmal gelungen ist, die großen Hoffnungen Europas zu zerstören. Es liegt uns durchaus fern, den Reichskanzler Dr. Brüning wegen 287

feines offenbaren Mißerfolges zu verhöhnen. Dafür ist die Sache zu ernst und trifft in ihren furchtbaren Nachwirkungen nicht nur ihn und seine Parlamentskoalition, sondern das ganze leidende deutsche Volk. Es wäre auch überflüssig, von den schweren taktischen Fehlern zu sprechen, die Brüning bei seinen Genfer Verhandlungen begangen hat. Darum handelt es sich nicht in der Hauptsache. Ausschlaggebend ist die Sache selbst, die Frage der Abrüstung und die Situation, in der Brüning ſie durchfechten wollte. Und da allerdings scheint es uns vonnöten, auf einen fundamentalen Irrtum mit aller Deutlichkeit hinzuweisen, in den Brüning sich leichtsinnig begeben hat, und der dann am Ende auch seinen vollkommenen Mißerfolg herbeiführte. Jede aktive Außenpolitik muß ihrer Natur nach gestützt ſein auf den Aktivismus im Lande selbst. Es ist unmöglich, dem Auslande gegenüber das Gesicht der Stärke zu zeigen, im Lande ſelbſt aber alle Organiſationen der Stärke abzurüsten. Trog Völkerbund und Kriegsächtung regiert in der Welt immer noch die Macht, und erst in zweiter Linie das Recht. Auch Herr Dr. Brüning wird mit uns der Meinung sein, daß mit den Organisationen des Pazifismus, die in Deutschland das große Wort reden, auf dem Kampffeld internationaler Entſcheidungen nicht viel Staat gemacht werden kann. Wie sollte das Ausland Respekt oder gar Angst empfinden vor deutschen Parteien, die ihm vierzehn Jahre lang hörig waren und auf jeden Wink gehorchten. Eine deutsche Politik, die sich nach Paris orientiert, dabei aber Rom und London vor den Kopf stößt, darf sich naturgemäß nicht wundern, wenn sie von Rom und London im Stich gelassen wird und von Paris Fußtritte empfängt. Herr Dr. Brüning konnte in Genf mit Recht darauf verweisen, daß Deutschland nicht nur waffenmäßig, sondern auch seelisch und moralisch abgerüstet habe. Er hatte soeben die SA. und verboten. Damit war einer der wenigen Faktoren des deutschen Widerstandes zerschlagen. Was noch übrig blieb, war entweder machtpolitisch bedeutungslos oder hatte sich allzuoft überspannten ausländischen Forderungen gefügig gezeigt, als daß davon noch irgendeine Opposition zu erwarten stand. Was sollte Herr Tardieu noch in Genf: Er hatte ja vor der Viermächte-Konferenz alles erreicht, was er in seinen kühnsten Träumen nur erhoffen konnte. Es gibt in Deutschland keine Tanks und keine Kanonen, keine Flugzeug. geschwader und keine Bombenlager mehr. Und soweit der deutsche Wider stand in Menschen und Organiſationen in die Waagschale der Entſcheidungen hineingelegt werden konnte, hatte Dr. Brüning selbst ihn durch den Macht. spruch des § 48 lahmgelegt. Das war sein verhängnisvollster Fehler. Auch, wenn er den National ſozialismus innenpolitisch nicht gebrauchen konnte, auch wenn der ihm seine parlamentarischen Positionen zerschlug — er hätte sich niemals dazu herbei. laffen dürfen, ihn außenpolitisch als letzte Rückendeckung aufzugeben. Er redet ja selbst soviel davon, daß die Außenpolitik vor der Innenpolitik den Primat habe, und daß vor einer Löſung unserer außenpolitiſchen Bedrängnisse eine Bereinigung des innerpolitischen Kriſenzustandes unmöglich ſei. Erkläret mir, Graf Gerindur, diesen Zwiespalt der Natur. Ein deutscher Außenminister geht zu entscheidenden Verhandlungen über die Abrüstungs. frage nach Genf. Er hat keine Waffen, keine Macht, kein Geld, keinen Kredit. Das einzige, mit dem er operieren könnte, wäre der wachsende Widerstand gegen die demütigende und schmachvolle Lage des Landes im 288

eigenen Volk. Sein Intereſſe müßte alſo bei nüchterner Überlegung darauf gerichtet sein, diesen Widerstand nicht nur nicht zu zerschlagen, sondern ihn, wenn auch anonym, zu hegen und zu pflegen und zu fördern. So sehr er ihm in der Innenpolitik Sorgen und Kopfschmerzen bereitet, so warmherzig müßte er sich seiner im Hinblick auf seine außenpolitische Ziele annehmen. Vicht ihm zuliebe, sondern aus Verantwortungsbewußtsein Land und Volk gegenüber. Was tut Herr Dr. Brüning? Bevor er nach Genf reist, zerbricht er die legte Waffe in seiner Hand und muß dann erleben, daß er von Frankreich behandelt wird wie einer, an dem man gar kein Interesse mehr hat. Wie würde sich bei einer ähnlichen Situation Frankreich oder England verhalten haben: Ist es überhaupt denkbar, daß ein franzöſiſcher Außenminister, der sich Deutschland gegenüber in der Unterlegenheit befände, vor entscheidenden Verhandlungen in seinem eigenen Lande den Widerstand auflöste, der sich gegen Deutschland richtete: Schon an diesem Beiſpiel mag man ersehen, wie ziel und direktionslos der Reichskanzler Brüning die Politik des Außenminiſters Brüning vorbereitet hat, und daß der Genfer Mißerfolg nicht, wie das bei uns seit 1918 bei allen Niederlagen so Sitte ist, mit der Widrigkeit der Umstände erklärt werden kann, sondern daß es sich hier um ein offenbares Versagen der deutschen Politik handelt, das in jenen Auswirkungen sowohl in der Abrüstungs- als auch in der Tributfrage noch zu den verhängnisvollsten folgen führen kann. Es wird erzählt, daß der Herr Reichskanzler sich nicht mehr des uneingeschränkten Vertrauens des Herrn Reichspräsidenten erfreue. Uns würde das nicht verwundern. Herr Dr. Brüning hat sich nicht nur seine Parlamentsmajorität, sondern auch den Herrn Reichspräsidenten selbst immer wieder gefügig gemacht durch den Hinweis auf die schwebenden, großen außenpolitischen Probleme, deren Lösung er vorbereitet habe, und die er bei fortdauerndem Vertrauen des Parlaments und des Herrn Reichs. präsidenten am Ende auch meistern werde. Was aber nun? Das Volk ist steuermäßig ausgeschöpft, die Finanzen rasen einer neuen Katastrophe entgegen, die Wirtschaft ist verödet, und nun stehen wir trotz aller Opfer auch außenpolitisch wieder vor verschlof. senen Toren. Wäre es nicht angebracht, daß der Herr Reichspräsident es nun einmal auf umgekehrtem Wege versuchte, daß er Herrn Dr. Brüning sein Ver. trauen entzöge, den Reichstag auflöſte, das Parlament in übereinstimmung brächte mit dem Volkswillen und von dieser Poſition aus mit neuen Män. nern und neuen Ideen das deutsche Schicksal in Angriff nehmen ließer

So wird's gemacht!

3. Mai 1932 Wer kennt das „Romitee für Aufrichtigkeit": Viemand? Ein bedenklicher Mangel in der politischen Bildung. Das Komitee für Aufrichtigkeit ist allem Anschein nach eine bürgerliche Tarnung der roten Klaſſenkampforganiſationen. Dieses erlauchte Komitee versendet in allen westlichen Teilen der Stadt Berlin an diejenigen , die während der Wahltage nationalsozialistische Hakenkreuzfahnen gehißt haben, einen „aufklären. den" Brief. 19 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Die Aufrichtigkeit dieses Briefes zeigt sich vor allem darin, daß er anonym geschrieben ist. Er beginnt gleich mit der Anrede „Sehr geehrter Herr" und wird dann ganz unmotiviert plump vertraulich. Das hört sich etwa so an: „Gewiß, verehrter Herr Nachbar." Wie jovial, wie freundlich und leutselig! Das sind dieselben Leute, die in proletarischen Vororten mit Gewalt gegen unsere Fahnen vorgehen, und, wenn ſie in der Mehrzahl sind, unsere Bekenner mit Dolch und Pistole niedermachen. In Wil mersdorf sind sie ganz Anstand und Würde. „Wir wiſſen nicht, welche Entwicklung Sie zu Ihrer nationalsozialiſtiſchen Gesinnung geführt hat. Wir achten jede Gesinnung, wenn sie echt ist." Ei, ei! Verachtenswert wird dem Romitee für Aufrichtigkeit also nur seine eigene Gesinnung sein. Um so mehr, als es sich erst recht freut über einen Bekennermut, wie Sie ihn durch das Heraushängen Ihrer Parteifahne bewiesen_haben.“ Wie unerfreulich muß dem Komitee seine eigene Gesinnung sein, die nicht nur keinen Mut hat, die Parteifahne herauszuhängen, sondern sogar zu feige ist, ihren Namen zu nennen. Wohlwollend erklärt das Romitee, es müsse uns lationalsozialisten eindringlichst ermahnen, da es der Überzeugung sei, daß Sie, sehr geehrter Herr, einmal auf einem unrechten Wege sind, und daß Sie zum andern mit dem Zur-Schau-Tragen dieſer Parteifahne die erdrückende Majorität derjenigen beleidigen (sicherlich wider Ihren Willen), die mit Ihnen dieſes Viertel Berlins bewohnen müssen." Ünd dazu ist nun allerhand zu bemerken. Daß wir in unserer über. zeugung auf dem unrechten Wege sind, das hat uns Herr Reichskanzler Dr. Brüning so oft geſagt, daß das Romitee für Aufrichtigkeit sich diesen Hinweis ersparen kann. Was die erdrückende Mehrheit anbelangt, die wir angeblich beleidigen dadurch, daß wir unsere Fahne heraushängen, ſo meinen wir, haben die Zahlen eindeutig erwiesen, daß die Beleidigten in einer erdrückenden Minorität ſind, daß wir die auch durchaus nicht wider Willen mit unserer Parteifahne beleidigen, und daß es ihnen ja frei steht, nicht nur „dieſes Viertel Berlins“, das ſie „bewohnen müſſen “, zu räumen, sondern es handelt sich ja doch, Hand aufs Herz und der Wahrheit die Ehre, bei dieſem Romitee für „Aufrichtigkeit“ nur um ein Komitee von -unaufrichtigen Juden — in ganz Deutschland ihre Zelte abzubrechen. „Sie werden einwenden, Ihre Gesinnung sei die richtige! " Allerdings ! Gestatten Sie uns bitte, daß wir anderer Meinung sind." Das sei dem Romitee für Aufrichtigkeit gestattet. Den Beweis im einzelnen müssen wir Ihnen hier schuldig bleiben.“ Warum? „Eines aber steht fest: schon die Fahne, die Sie zur Schau tragen, ist unehrlich." Ja, das steht fest. Das steht fest durch Machtspruch des Romitees für Aufrichtigkeit. Die rote Farbe ist das Symbol des Sozialismus." Sehr richtig! Ganz unsere Meinung. „Dann aber ist die rote Farbe auch der überragende Bestandteil unserer alten Reichsfarben, die im übrigen im Weiß des Hintergrundes und im Schwarz des Hakenkreuzes ihre Wiederauferstehung feiern." Wir finden, das Romitee für Aufrichtigkeit hat schon allerhand gelernt. Eine beſſere Definition für den Sinn und die tiefere Bedeutung unserer Fahne können auch wir nicht geben. Eine gewaltige Majorität der Anwohnerschaft dieſes Viertels mißbilligt durch eisiges Schweigen dieses Sammelsurium unvereinbarer Gesinnungen." Die gewaltige Majorität besteht nur in der Phantasie des Komitees für Aufrichtigkeit, und ihr eisiges Schweigen kann unserer steinernen

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Ruhe und Entſchloſſenheit nur förderlich sein. „Peinigt Sie nicht dieſe Einsamkeit?" ein, durchaus nicht, im Gegenteil ! Uber, verehrtes Komitee, wir haben den Eindruck, daß dich deine Einsamkeit peinigt, und wir werden nichts unterlassen, sie so grauenvoll zu machen, daß sie selbst dir, erlauchtes Romitee, über dem Kopf zusammenschlägt. „Sie haben den Mut zum Bekenntnis gehabt." Was man von besagtem Romitee nicht gerade behaupten kann. „Haben Sie auch den Mut zum Einziehen Ihrer Parteifahne?" Welch ein Mut müßte dazu schon gehören ? Wir finden es im Gegenteil mutig, diese Parteifahne zum Fenster heraus. zustecken, selbst auf die Gefahr hin, vom Romitee für Aufrichtigkeit mit derartigen Blödeleien belästigt zu werden . Ja, diese Fahnen ! Sie haben es den roten und rosaroten Genossen angetan ! Erst erklärten ſie, das sei eine wilhelminiſche Parade und werde von der klassenbewußten Arbeiterschaft abgelehnt. Dann wurde Berlin so mit unseren Symbolen überschwemmt, daß von der Propaganda der Eisernen gar keiner mehr Votiz nehmen wollte. Dann riefen sie zum Gegenangriff auf. „Republikaner ! Fahnen heraus ! " Sie schrien sich heiser, aber die Republikaner bekannten sich zum besseren Teil der Tapferkeit. Sie schrieben anonyme Briefe und warteten im übrigen ab, wie die Dinge Laufen würden. Dann erklärten Vorwärts" und Rote Fahne" in ver zerrter Wut, die Nazis hätten Fahnen umsonst herausgegeben und zwängen nun Geschäftsleute unter Boykottandrohung, diese Fahnen zu hiſſen. Und als die hauptstädtische Bevölkerung über diese faulen Ausreden in ein dröhnendes Gelächter ausbrach, da fanden sie den letzten verzweifelten Dreh und behaupteten, die ISDUP. habe in leerstehenden Wohnungen für die Wahltage Fenster gemietet und von dort aus diese Fahnendemonstration organiſiert. überflüssig zu betonen, daß sie bereits Erwägungen anstellten, ob das Flaggen nicht überhaupt verboten werden könnte. Wofür haben sie denn ihre Polizei Was so ein klassenbewußter sozialdemokratischer Bonze ist, der wird sich doch nicht die geheiligte republikaniſche Ruhe durch eine Fahnendemonstration rauben laſſen. Es war alles umsonst! Und nun schreiben sie sich die Finger krumm. Jedem einzelnen, der eine Fahne hißte, schicken sie einen persönlichen Brief. Und darunter segen sie den Stempel : Romitee für Aufrichtigkeit. Das sind die Richtigen ! Diese Volksbelüger und Volksbetrüger, bei denen sich jetzt schon beim Anblick einer Hakenkreuzfahne das schlechte Gewissen meldet. Durch Terror ſind ſie groß geworden, und durch Terror ſuchen ſie sich heute an der Macht zu halten. Es ist zu spät! SPD. und RPD., Vorwärts" und "Rote Fahne“, „Eiserne Front", „Reichsbanner" und "Komitee für Aufrichtigkeit", das ist ein und dasselbe, und das wird auch alles mit einem Schub aus Preußen und aus Deutschland entfernt werden. Wartet nur noch über eine kleine Weile! Bald wird sich alles, alles wenden !

Die latente Rrise 10. Mai 1932 Die Situation ist so: Die finanzen des Reiches, der Länder und vor allem der Kommunen befinden sich in einem gefährlichen Zustande. Jeder Eingeweihte weiß, daß für Juni oder Juli übles zu erwarten steht; das

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Ausmaß dieses üblen kann im Augenblick noch gar nicht übersehen werden. Die Steuereingänge bleiben hinter den Voranschlägen so weit zurück, daß ein Ausgleichen der öffentlichen Haushalte vollkommen unmöglich erscheint. Es ist auch klar, daß durch neue Steuern keine neuen Geldmittel ein. getrieben werden können. Die Steuerfähigkeit des Volkes ist bis zum letzten Rest ausgeschöpft. Der Oberbürgermeister von Berlin erklärte vor einigen Tagen in einer Rede in München, daß es nur noch eine Frage von Wochen sei, bis die Reichshauptstadt ihren Bankrott auch offiziell anmelden müsse. Der Blutkreislauf der Wirtschaft ist ins Stocken geraten. Damit wird die Produktion selbst auf allen Gebieten zur allmählichen Erſtarrung verurteilt. Der Beginn der Frühlingszeit hat keine nennenswerte Ab nahme der Arbeitslosigkeit mit sich gebracht. Weiterhin liegen die großen Industriewerke still. Die sogenannte Weltwirtschaftskrise, die in Wirklichkeit eine unabwendbare Folge des Tributwahnsinns ist, hat Deutſchland am härtesten getroffen. Die Kommunen, die durch eine bequeme, aber dafür um so gefährlichere Reichsgesetzgebung die undankbare Aufgabe haben, die ausgesteuerten Erwerbslosen in die örtliche Armenpflege zu_nehmen, drohen unter dem Druck dieser unerträglichen Belastung zusammenzubrechen. Das Kreditwesen des Landes ist vollkommen ein. geschrumpft. Wir verzehren eben die letzten Überreste der deutschen Ver. mögenssubstanz. Wenn man dieſen Zustand etwa vor einem Jahr in seiner das Leben der ganzen Vation auf das ernsteste bedrohenden Gefährlichkeit charakteri. sierte, dann begegnete man allenthalben einem abweisenden oder gar mit, leidigen Lächeln. Man wurde als wirtschaftlicher Landesverräter ver. schrien, während die Regierung demgegenüber in gewerbsmäßigem Opti. mismus machte. Heute scheint sich die Trostlosigkeit unserer Lage selbst bis in die Wilhelmstraße herumgesprochen zu haben. Es ist ein offenes Geheimnis, daß der Reichswirtschaftsminister Warmbold ging, weil er der überzeugung war, daß er die finanz- und Wirtschaftspolitik des Rabinetts Brüning nicht mehr verantworten könne, und seinen amen für zu schade hielt, ihn dafür herzugeben. Wenn das Gerücht sich bewahr. heitet, daß er sich in einer ausführlichen Denkschrift, die auf das schärfſte den gegenwärtigen Kurs anprangerte, an den Herrn Reichspräsidenten gewandt habe, dieser aber nicht einmal in den Besitz dieser Denkschrift gelangt sei, so zeugt das von einem Tiefstand der gegenwärtigen Politik, der schlechthin gar nicht mehr unterboten werden kann. Die Ratastrophe wäre an sich erträglich, wenn sie ein Volk träfe, das, im Innern geſchloſſen, auch den Willen in sich trüge, mit vereinten Kräften seinem Unglück entgegenzutreten. Das ist nicht der Fall. Das deutsche Volk ist heute zerrissener denn je. Die inneren Gegensäge haben sich derart verschärft, daß man, ohne zu übertreiben, statt von einem Volk, von zwei Massengruppen sprechen kann, die sich in erbitterter Feindschaft gegenüberstehen. Die Regierung hat es nicht vermocht, diesen Volksriß zum Verheilen zu bringen. Nachdem sich durch die Präsidentenwahl her. ausgestellt hatte, daß über dreizehn Millionen deutsche Männer und Frauen sich trotz schwerster seelischer und materieller Belastung zum Vational. sozialismus bekennen, wußte die Regierung demgegenüber nichts anderes zu tun, als diese eine Volkshälfte durch das SA.. und -Verbot in die bedingungsloseste und erbittertſte Oppoſition hineinzutreiben . Dieses Ver. 292

bot war um so unverständlicher, als es von einem Rabinett erlassen wurde, von dem jedermann weiß, daß es im Volke keine Mehrheit mehr hat. Es stützt sich im Parlament auf Gruppen, die gerade darum, weil sie feine Politik decken und mitverantworten, bei den kurz darauffolgenden Länderwahlen vollkommen atomisiert wurden. Wenn es im Preußischen Landtag keine Volkskonservativen, keine Wirtschaftspartei und kaum noch Demokraten gibt, so dürfen diese Splittergruppen sich dafür bei Herrn Dr. Groener bedanken, der durch seine Verbotspraxis, die nur den Nationalsozialismus schlug, unseren triumphalen Erfolg erst endgültig gekrönt hat. Durch die Auflösung der SA. und Verbände hat die Regierung Brüning sich zwar die Sozialdemokratie weiterhin dienstbar gemacht, sie erfreut sich obendrein des ungeteilten Beifalls der deutsch geschriebenen Judenpreſſe, ſie übersieht aber anscheinend dabei, daß ſie mit dem Verbot die letzte Stüge für eine aktive deutsche Außenpolitik aus der Hand gab. Das Zwischenspiel in Genf, bei dem Herr Tardieu durch Abwesenheit glänzte und Herr Dr. Brüning allein gelassen wurde, hat auch für jeder. mann unsere außenpolitische Lage hinreichend abgezeichnet. Der Reichskanzler hat durch seine letzte Rede am vergangenen Sonntag vor der Presse seine Niederlage wettzumachen versucht. Aber das war nur eine Rede. Nach den bisherigen Erfahrungen besteht für uns keinerlei Veranlassung, anzunehmen, daß ihr auch die Tat folgen wird. Die Probleme der Abrüstung und der Tribute sind heute ungelöster denn je. Es besteht auch keine Möglichkeit, sie einer erträglichen Lösung zuzuführen, solange nicht ein ganzes Volk mit seiner Regierung entschlossen ist, reinen Tiſch zu machen und die Welt vor fertige Tatsachen zu stellen. Alles in allem gesehen, bietet somit die gegenwärtige Lage das Bild einer latenten, aber darum um so verhängnisvolleren Krise. Die Dinge in Deutschland sind ins Stocken geraten. Der Blutkreislauf funktioniert nicht mehr. Die innere Bewegung ist einer vollkommenen Erstarrung anheimgefallen. Die Gegensätze haben sich versteift und setzen bereits Krusten an. Mit Mundspigen kann nicht mehr geholfen werden. Man muß jetzt pfeifen. Wenn die Entscheidung noch einmal hintangeschoben wird, dann ist unabsehbares Unglück nicht mehr zu vermeiden. Die Länderwahlen haben gezeigt, daß das Volk entschlossen ist, einem neuen politischen Kurs den Weg freizumachen. Hier muß der Hebel angesetzt werden. Die Regierung Brüning hat in den zwei Jahren, da sie die Macht in Händen hält, nichts anderes bewiesen, als daß sie unfähig ist, die deutsche Lage zu meistern. Sie muß deshalb gehen. Da der gegen wärtige Reichstag vermutlich keine eigung zeigt, neuen Männern das Gesetz des Handelns anzuvertrauen, bleibt nichts anderes übrig, als ihn in die Wüste zu schicken und noch einmal dem Volk das Wort zu geben. Von hier aus kann der Umbruch begonnen werden. Wer sich dieser unab weisbaren Erkenntnis verschließt, treibt Vogel-Strauß-Politik und läßt den Dingen ihren Lauf. Die Verantwortlichen haben das Wort. Es wäre im Interesse der Nation zu wünschen, daß sie den Sinn der Stunde verstehen. Wir warten !

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Der Anfang vom Ende

13. Mai 1932 Nun ist Herr Dr. Groener, der Reichswehrminiſter, auch über die Klinge gesprungen. Eine unvermeidlich gewordene Folgerung ist damit aus seinem letzten Auftreten im Reichstag gezogen. Der Kommentar, der für ſeinen Rücktritt gegeben wird, entspricht nicht den Tatsachen. Wahr ist, daß die Armee diesen Mann mit Recht als unerträglich empfand und deshalb seinen Abschied aus der Bendlerstraße verlangte. Der letzte Tag im Reichstag hat das Kabinett Brüning noch einmal vor der vernichtenden Niederlage bewahrt. Das lag nicht an der Mehrheit, die sich schon zusammengefunden hatte, um auch die Herren Schiele und Schlange in die Wüſte zu ſchicken; das lag lediglich daran, daß Herr Paul Löbe, wohlbestallter sozialdemokratischer Oberfunktionär, es mit ausgeklügelter Verhandlungstaktik verſtand, der Sitzung des Reichstages ein vorzeitiges Ende zu bereiten und damit die peinlichen und für die Regierung katastrophalen Abſtimmungen hinaus. zuschieben. Das Schauspiel, das sich dem Auge des Beobachters nach der Vertagung des Reichstags im Plenum dieses Hohen Hauses bot, war durchaus dem Viveau dieses Parlaments angepaßt. Daß man Abgeordnete der Oppoſition ohne jede Untersuchung dessen, was sie sich angeblich haben zuſchulden kommen lassen, auf dreißig Tage ausschließt, das ist weiter nicht einmal ver wunderlich. Aber daß man Polizei ins Haus hineinruft, daß der Vizepräsident Dr. Weiß mit einer Eskorte von dreißig Schupobeamten unter dem Kommando eines Majors auf der Regierungsestrade erscheint, daß er hinter dem Seffel des Reichskanzlers Aufstellung nimmt, daß die Polizeiwacht. meister über die Regierungsbank hinweg ins Plenum hineinspringen, um nationalsozialistische Abgeordnete dingfest zu machen, daß schon die Bezeichnung des Herrn Dr. Weiß als Jude — wer will bestreiten, daß er einer ist - dazu genügt, einen immunen Volksvertreter dem Zorn des Polizeigewaltigen preiszugeben: das alles ist denn doch, mit Ausnahme von eini gen Balkanstaaten, bisher im gesitteten Europa noch nicht dagewesen. Herr Schlange, der Minister für die Ostfragen, verließ, wohlgefällig lächelnd, seinen Regierungssitz und winkte noch einmal freundlich mit der Hand, als wir ihm zuriefen: „Wir gratulieren zu diesem Amt!" Würde man eine Stunde nach diesem Vorfall das Volk an die Wahlurne gerufen haben, Herr Schlange hätte es mit seiner Partei vermutlich nicht zu einem einzigen Reichstagsmandat gebracht. Das aber hindert ihn nicht daran, weiterhin den Minister zu spielen und über das Wohl und Wehe eines Sechzigmillionenvolkes mit zu bestimmen. über dem Giebel des Wallotbaues steht in großen Lettern geschrieben: „Dem deutschen Volke! " Man fragt sich an diesem Tage mit einiger Ver wunderung, was dieſer Witz eigentlich zu bedeuten habe. Im Hauſe ſelbſt herrschte der Tschako. Es wimmelte von Polizei; und weil man einen fozialdemokratischen Provokateur etwas unsanft behandelt hatte, mußten nationalsozialistische Abgeordnete, von denen jeder einzelne heute über mehr Stimmen verfügt als eine ganze Reihe von Regierungsparteien zuſammengenommen, sich die demütigendste und schimpflichste Behandlung gefallen laſſen. Man hörte selbst aus Kreiſen der Mittelparteien Urteile über dieses polizeiliche Verfahren, die alles andere als schmeichelhaft waren. So etwas 294

hatte der Deutsche Reichstag noch nicht erlebt. Der alte Januſchauer ging schadenfroh lächelnd durch die Wandelhalle. Sein berühmtes und gar nicht so dummes Wort, daß ein Leutnant und zehn Mann genügen würden, um diesem Hause den Garaus zu machen, feierte hier in demokratischer Um wandlung fröhliche Urständ. Das Haus blieb zwar, aber die Mehrheit vergewaltigte mit Hilfe der Polizeigewalt eine wehrlose Minderheit und stellte sich damit gegen die Majorität des Volkes, die hinter dieſer oppoſitionellen Minorität steht. Und nun ist der Anfang vom Ende da. Die Regierung Brüning, die es bisher auf allen möglichen Wegen und Umwegen im Reichstag immerhin noch zu einer zahlenmäßigen Mehrheit brachte, konnte es nicht mehr wagen, sich in offener Parlamentsschlacht den Parteien zu stellen. Sie hat damit ihre legte Aktivlegitimation verloren. Wie der Reichskanzler Brüning bei seiner großen Rede am vergangenen Mittwoch in aller Eindringlichkeit betonte, geht Deutschland in den nächsten Wochen den folgenschwersten Entscheidungen entgegen. Die Regierung bedarf zur Lösung der großen außen. politischen Probleme der stärksten Rückendeckung. Yur, wenn sie sich auf eine breite und in sich geschlossene Volksfront stützen kann, wird es ihr gelingen, in Genf und Lauſanne siegreich zu bestehen. Wir ſuchen nach dieser Rückendeckung, ohne sie zu finden, und halten vergebens Umschau nach jener Volksfront, die Brünings Politik trägt. Der legte Tag dieser Reichs. tagssession hat den klaffenden Bruch zwischen Kabinett und Parlament und tiefer noch den zwischen Parlament und Volk aufs neue aufgerissen. Wer es bisher noch nicht glauben wollte, der wurde hier eines Besseren belehrt: Dieser Reichstag muß aufgelöst werden ! Er entspricht nicht mehr dem Willen des Volkes. In ihm ist eine klare Mehrheitsbildung unmöglich geworden. Die Regierung, die, auf seine Majorität gestützt, Politik macht, setzt sich damit in Gegensatz zu den politisch treibenden Kräften, die im Volke selbst mobil geworden sind. Es wird einsam um Brüning. Einer nach dem anderen geht, und wer zurückbleibt, ist nur noch Privatperson ohne Anhang im Lande. Das Kabinett arbeitet im luftleeren Raum. Es hat endgültig die Kraft verloren, die großen wirtschafts-, innen- und außenpolitischen Probleme zu meistern. Seine Zeit ist um. über zwei Jahre hatte es Gelegenheit, die Dinge zu wenden. Diese lange Frist ist nutzlos verstrichen, und wir stehen wieder einmal am Ende eines Leidensweges, der von Demütigung zu Demütigung bis hierhin führte. Aber aus der Verzweiflung über die Ausweglosigkeit der Situation wächst der Wille nach Umformung der gesamten deutschen Politik. Die neue Zeit bricht an! Brünings fiasko ist nun sichtbar da. Was ihm noch bleibt, ist eine Galgenfrist. Er mag sie nutzen, wie er will. Seine Stunde hat geschlagen. Unaufhaltsam geht die Entwicklung ihren Weg, und an ihrem Ende steht die Erfüllung. Wir haben Zeit zum Warten, denn wir wiſſen, daß unser Tag kommt.

Ein toter Mann 13. Mai 1932 Es erscheint uns verwunderlich, daß in der Ungelegenheit des Reichswehr. und Innenministers Dr. Groener bis zur Stunde noch nichts geschehen ist. 295

Herr Dr. Groener ist reif zum blauen Brief. Wer sich bisher noch gegen diese Erkenntnis zu sträuben versuchte, den wird die vorgestrige Reichs. tagssitzung eines Besseren belehrt haben. Die ältesten Parlamentarier konnten sich nicht erinnern, bei einem amtierenden Minister einen gleichen körperlichen und geistigen Verfall festgestellt zu haben. Es würde mit dem Republikschutzgesetz und den otverordnungen, die zumeist die Unterschrift besagten Herrn Groeners tragen, in Konflikt bringen, wollte man alle die Witze und Sottisen, die im Anschluß an ſein rednerisches Auftreten durch die Parteibänke und die Wandelhallen liefen, hier wiedergeben. Wir gehören nicht zu denjenigen, die von einem guten General verlangen, daß er auch ein guter Redner sein müſſe. Im Gegenteil, wir sind der Meinung, daß eine richtige Sache für sich spricht ; und wo es dem, der sie verficht, an der Kraft und Gewalt des Wortes fehlt, er es mit einer knappen und klar formulierten Erklärung genügen lassen darf, die dann allerdings auch alles sagt. Aber dieser Groener wer mag ihn dazu überredet haben, auf die Tribüne des Reichstags zu steigen und mit den gewiegtesten Florettfechtern die Klinge zu kreuzen, die ihm schon deshalb allein überlegen waren, weil sie die bessere Sache verfochten und die stärkeren Argumente ins feld führen konnten. Wir nehmen es auch niemandem übel, wenn er in schwie. rigen Augenblicken körperliche Indisponiertheit allzu sichtbar zur Schau trägt. Aber so, wie das hier der fall war, das übersteigt denn doch das Maß des Erträglichen. Die Zeitungen des Systems versuchen, sich mit einigen Verlegenheitswendungen aus der peinlichen Situation herauszu reden. Sie stehen ihnen schlecht zu Gesicht. Wer weiß, was diese Herren, die diese freundlichen Nekrologe schrieben, unter vier Augen über das Intermezzo Groener gesagt haben, der mißt ihrem falschen Pathos nur wenig Wert bei. Es ginge noch an, wenn hier nur der Reichsinnenminister gesprochen hätte. Man ist ja in dieser Beziehung in Deutschland allerhand gewohnt. Der Vorgänger des Herrn Groener in diesem Ministeramt hieß Dr. Wirth, und der Feind ſtand rechts. Und vor Herrn Wirth reſidierte der Dr. h. c. Karl Severing am Platz der Republik. Von ihnen beiden hätte man sich solches gefallen lassen, wobei allerdings zu ihrer Ehre gesagt werden muß, daß sie wenigstens taktiſch geschickter verfahren und nicht im Fluß der Rede selbst steckengeblieben wären. Das Reichsbanner ist staatserhaltend und nach seinen Satzungen streng überparteilich. So doziert Herr Dr. Groener; und als man ihn nach den Beweisen fragt, da führt er den preußischen Innenminister als Kronzeugen an. Der heißt Karl Severing. Ohne die SA. und 44 hätte in den vergangenen Jahren in Deutschland Ruhe und Ordnung geherrscht; das sagt nicht Herr Höltermann, das sagt Herr Dr. Groener. Dieser Mann hat die Armee in seiner Hand. Er ver waltet nächst dem Kanzler das wichtigste politische Reffort im Kabinett. Er befindet über Leben und Tod der größten Männerorganiſation, die Deutschland je gesehen hat. Man erzählt sich sogar von ihm, daß er sich Ende vergangenen Jahres mit dem Ehrgeiz getragen habe, des Reiches Präsident zu werden. Herr Dr. Groener hat ſelbst besorgt, was seine Feinde mit ihm vorhatten. Eine schlimmere Selbsterledigung hat der Deutsche Reichstag noch nicht erlebt. Das war ein politisches Harakiri, vor dem man nur noch in Schweigen versinkt. Wäre der Fall Groener eine persönliche Angelegenheit, dann finge er hier

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an, unintereſſant zu werden. Das aber ist nicht der Fall. Herr Dr. Groener ist die Zierde des Kabinetts Brüning. Sein hoher Chef saß während seiner Rede stumm und mit verbissenen Lippen an seinem Platz. Er wurde grau und grauer. Wir wissen nicht , was er gedacht hat. Wir können es uns zwar otverordnungen dafür vorstellen, aber Herr Dr. Groener hat durch seine gesorgt, daß wir es nicht sagen dürfen. Als ein Nationalsozialist auf die Tribüne des Hauses trat und den Antrag stellte, man möge die -- Rede des Herrn Reichsinnenministers durch den Rundfunk verbreiten, und das Kabinett solle sich zurückziehen, um zu beraten, ob man weiterhin diesem Mann die Armee und die öffentliche Ruhe und Sicherheit in die Hand legen dürfe, da erstarrte das Haus in eisiger Ruhe, und der Vizepräsident Effer wußte mangels beſſerer Antwort nur mit einer harten Ordnungs. strafe zu erwidern. Was macht man nun mit Groener? Lebten wir in politiſch geregelten Zeiten, dann hätte er am Abend feine Koffer packen können. Freunde besigt er nur noch bei der Sozialdemokratie. Die Armee wird sich mit Erstaunen fragen, ob dieser Mann noch weiterhin als Reichswehrminister erträglich erscheint. Auch Herr Dr. Brüning würde ihn in die Wüste schicken, wenn er einen anderen hätte. Er aber hat seine liebe Vot, das verwaiste Wirtschaftsministerium neu zu besetzen. Wo soll er einen Innen- und einen Wehr. minister finden? Jedermann winkt herzlich dankend ab. Soll auch Herr Groener von dieſem Umstand profitieren? Weiß man in der Wilhelmstraße nicht, daß auch die Soldaten und Öffiziere draußen im Lande Zeitungen lesen und sich nach der Lektüre der Groenerschen Rede mit Betroffenheit die Frage vorlegen werden, was das ſoll, und wohin das führen mußz Man habe doch endlich den Mut, den Tatsachen ins Auge zu schauen ! Das ist doch kein Kabinett mehr! Herr Warmbold hat sich auf französisch empfohlen, Herr Schiele und Herr Schlange müssen unter Umständen bald über die Klinge springen, Herr Treviranus, der Vertreter der jungen Rechten, die bei den Preußenwahlen nicht einmal vierzehntausend Stimmen aufbrachte, hält zwar die Stellung, aber Herr Groener ― schweigen wir davon. Laßt es genug sein des grausamen Spiels ! Macht Schluß, macht Schluß ! Kurswechsel! eue Männer an die Verantwortung, neue Ideen, neue Machtgruppen, ein neues System: das ist das Gebot der Stunde !

Zurücktreten, Herr Reichskanzler ! 19. Mai 1932 Herr Dr. Brüning, Vorsteher des gegenwärtigen_Reichskabinetts, ist auf der Suche nach Ministerkollegen. Er klopft an die Türen, aber nirgend. wo tönt ihm ein freundliches „Serein ! " entgegen. Alles bleibt verſchloſſen. Ein Königreich für einen Minister ! Herr Warmbold hat sich auf fran. zösisch empfohlen und für das Rumpfkabinett eine Denkschrift hinterläſſen, von der man sich glaubhaft erzählt, daß sie das vernichtendste Urteil über die von Brüning betriebene Wirtschaftspolitik enthält. Herr Dr. Groener mußte im Reichstag über die Klinge springen und wurde auf Einspruch der Armee seines Postens als Wehrminister enthoben . Da er in dieser 297

Eigenschaft auch mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Innenministers betraut war, ist infolgedessen auch das Rote Haus am Platz der Republik verwaist. Der kluge Dreh, den der Reichstagspräsident Löbe mit der Aufhebung der letzten Reichstagssitzung anwandte, hat es in legter Minute verhindert, daß durch ein regelrechtes Mißtrauensvotum die Minister Schiele und Schlange, vielleicht auch Dietrich zum Sturz gebracht wurden. Sie sind zwar noch im Amt, aber sie stehen auf Abruf. Ein Rumpfkabinett, das wäre zuviel gesagt. Der führende Kopf hat immer gefehlt. Was jegt noch übrigbleibt, das ist nicht mehr als ein ot, zu neuen Kollegen zu Torso. Herr Dr. Brüning hat seine liebe kommen. Sonst drängeln sich die Anwärter auf die höchsten Reichsämter an der Raſſe. Aber ihm zeigen sie nur noch die kalte Schulter. Wenn man es bei Licht befieht, dann geht einem das Verſtändnis dafür auf. Herr Dr. Brüning ist der Mann von gestern ; die Tage seines Rabinetts sind gezählt. Vielleicht stehen ihm nicht mehr soviel Wochen zur Verfügung, als er bereits Jahre im Amt ist. Die Ratten ſind ſelten, die, anstatt das sinkende Schiff zu verlaſſen, im letzten Augenblick noch heraufklettern. Reiner läßt sich gern in den Untergang des anderen hineinziehen. Es wird einſam um den „eisernen Ranzler“ und ſein „ Frontsoldaten-Rabinett“. Wie ernst die Lage für das System ist, das liest man unschwer aus den Kommentaren der jüdischen Presse heraus. Dort ist man auf das höchste betroffen. Man beginnt endlich zu merken, daß die Beibehaltung des Kurses von 1918, den auch Brüning mit geringfügigen Abweichungen weiter steuerte, nicht länger mehr möglich ist. Der Krisenstoff hat ſich in Deutschland bis zu einem Maße verdichtet, das gar nicht mehr ertragen werden kann. Wir wollen dabei ganz von den innenpolitiſchen Gegen. fägen schweigen. Die würde man zur Vot und auf eine gewisse Dauer mit dem Gummiknüppel in Schach halten. Man kann ja mit dem § 48 alles machen. Aber ― wie Herr Dr. Brüning unterdes wohl auch zu seinem Leidwesen festgestellt haben wird nur kein Geld. Und das gerade fehlt in den Rassen. Fehlbetrag über Fehlbetrag kommt an das Licht des Tages. Es glaubt im Ernst niemand, daß die von Herrn Dietrich erwogene Prämienanleihe auch nur einen Achtungserfolg aufweisen wird. Alle von der Regierung geplanten Reformen scheitern an der Finanz kalamität. Man laboriert ſich von einem Tag in den anderen hinein, und das Ende ist das kalte Grauen. Der Reichskanzler hat ein einfaches Rezept erfunden, um sich weiter im Amt zu halten. Jedesmal, wenn die Situation für ihn brenzlich zu werden beginnt, erklärt er mit geheimnisvoller Undurchsichtigkeit, daß große außenpolitische Entscheidungen, über die des weiteren noch nicht gesprochen werden dürfe, vor der Tür ständen und daß er, Brüning, allein in der Welt das Ansehen genieße, um sie in günstigem Sinne für Deutschland zu beeinfluſſen. Wie man sieht, ein Mittel, das, wenn es durchſchlägt, einen erfolglosen Ranzler für alle Ewigkeit im Amte halten kann. Wo hat man je in einem anderen Lande ähnliches erlebt: In England und in Frankreich, den Musterländern parlamentarischer Demokratie, fallen und kommen Kabinette nach dem Gesetz der Mehrheit. Das hat auf die Durchführung der Außenpolitik dieser Staaten gar keinen Einfluß. Jeder Minister fühlt sich dort, und zwar mit Recht, nur als Träger der Staatsgewalt, die vom Volke ausgeht. Entzieht das Volk ihm das Mandat dazu, dann tritt er zurück und überläßt loyalerweise seinem Nachfolger 298

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die Aufgabe, fußend auf dem Vertrauen der Mehrheit, die Außenpolitik des Landes nach bestem Wissen und Gewissen fortzusetzen. Herr Dr. Brüning wird ſelbſt nicht der Meinung ſein, daß das Ausland ihm seiner blauen Augen wegen Vertrauen entgegenbringt. Sein Ansehen in der Welt steht auf dem Ansehen, das er im eigenen Lande genießt. Und wie dieses geschwunden ist, so zerfließt jenes. Das eine ist ohne das andere gar nicht denkbar. Herr Dr. Brüning hat die Absicht, den deutschen Standpunkt auf den entscheidenden Konferenzen in Lauſanne und Genf zu vertreten. Die ihm hörige Presse sucht den Eindruck zu erwecken, als sei es heiligste nationale Pflicht, hinter ihm zu stehen, der Kampf gegen ihn gewiſſermaßen ein landesverräterisches Unternehmen und nur noch als Sakrileg zu bezeichnen . Woher nimmt sie das Recht dazu ? Wenn es sich bis in ihre Redaktionsstuben noch nicht herumgesprochen hat, dann sei es hiermit noch einmal ausdrücklich festgestellt: Herr Dr. Brüning hat durch die Erfolglosigkeit seiner Politik seinen Kredit im Lande verbraucht. Damit ist auch sein Ansehen in der Welt verspielt. Die hinter ihm stehende, äußerst zweifelhafte parlamentarische Majorität entspricht nicht mehr der Mehrheit des Volkes. Seine Mitarbeiter sind, nach demokratischen Grundsätzen gemessen, mangels Anhang im Lande nur als Privatpersonen zu werten. Die einzigen festen Stützen seines Kabinetts haben zu wanken begonnen. Zum Teil sind sie schon gestürzt, zum anderen Teil stehen sie eben vor dem Sturz. Männer von Rang und Bedeutung weigern sich, seinem Rabinett beizutreten. Infolge. dessen herrscht in Deutschland eine schleichende Krise, die irgendwie, und zwar sobald wie möglich, ausgelöst werden muß. Es wäre verhängnisvoll und würde zu unabsehbaren folgen für die Gesamtpolitik des Reiches führen, wenn Brüning noch einmal den Versuch machte, sein gelichtetes Rabinett nur zu ergänzen. Darum handelt es sich nicht. Es geht auch nicht um eine mehr oder weniger entscheidende Umbil. dung dieser überfälligen Regierung. Sie muß zurücktreten und den Platz freigeben für neue Männer. Diese haben die Aufgabe, das Parlament in Übereinstimmung zu bringen mit dem Willen des Volkes. Ein neu gewählter Reichstag wird einer nationalbewußten Reichsregierung für ihre weittragenden innenpolitischen Reformen und entscheidenden außenpolitischen Aktionen die notwendige Rückendeckung geben . Ohne diese Voraussetzung ist eine Bereinigung des deutschen Krisenzustandes schlechter. dings ausgeschlossen. Die Frage Groener ist eine Frage Brüning. Die Frage Brüning ist eine Frage System, und dieſe wieder ist eine Frage der politischen Gesamthaltung Deutschlands. Es gilt jetzt, reinen Tisch zu machen. Das muß erkannt werden. Wer den Kopf in den Sand steckt, braucht zwar nicht zuzuschauen, wie die Dinge nach inneren Zwangsgesetzen laufen; aber er ist auch nicht davor gesichert, daß sie sich über ihn hinwegentwickeln und er am Ende vor peinlichen überraschungen steht.

Die stärkeren Verven 24. Mai 1932 Der Reichskanzler hat in seiner letzten Reichstagsrede das Wort von den „hundert Metern vor dem Ziel “ gebraucht, bei denen man nicht weich 299

werden und nicht die erven verlieren dürfe. Es scheint uns, daß dieses Wort, auf Brüning angewandt, nur die Bedeutung haben kann, daß er hundert Meter vor dem Ziel steht, das er eigentlich gar nicht zu erreichen trachtete, und an dessen Ende er rettungslos in den Abgrund hinunterstürzen wird. Für die deutsche Vlation kann es ſich augenblicklich nur darum handeln, dafür zu sorgen, daß der Zusammenbruch des Brüning. Regimes nicht auch gleichbedeutend wird mit einem Zusammenbruch des ganzen Staats- und Volksgefüges. Selbst mittelparteiliche Kreise beginnen heute schon einzusehen, daß eine Rettung der deutschen Nation nur noch unter Anwendung ganz großer und entscheidender Methoden möglich, und daß zu diesem Zwecke eine Umänderung des deutschen Kurses und ein Wechsel der Männer und Mittel ganz unvermeidlich geworden ist. Der Wiederaufstieg der deutschen Nation verknüpft sich ursächlich mit dem Aufbruch des Volkes in der nationalsozialistischen Bewegung. Voll Hoffnung und Vertrauen schauen die Millionenmassen auf Hitler und seine Partei, und sie sind der überzeugung, wenn die deutsche Wieder. geburt überhaupt kommt, daß dann die nationalsozialiſtiſche Bewegung ihr Träger ist. Damit liegt in unserer Hand eine Verantwortung, wie sie vorher keine Partei und keine Bewegung jemals auf sich vereinigt hat. Um so behutsamer und überlegter aber müssen deshalb alle die Schritte sein, die wir zur Übernahme der Macht in dieſem kritischen Stadium tun. Das deutsche Schicksal hängt heute an einem seidenen Faden . Ein schwerer Fehler kann über Sein oder Nichtſein des deutschen Volkes in der Zukunft entscheiden. Wir sind uns sehr wohl der Tatsache bewußt, daß mit uns alle Hoffnungen gutgesinnter Patrioten verknüpft sind, und daß schon aus diesem Grunde die Partei vor sich selbst und vor der ganzen Welt die Probe bestehen muß, vor die die nächste Entwicklung sie stellen wird. Ist es da verwunderlich, daß die taktische Linienführung der nationalsozialistischen Bewegung sich in diesem kritischen Stadium größtmöglichſte Reserve auferlegt? Wenn wir die Forderung aufstellen, daß vor einer Inangriffnahme der großen schwebenden Probleme das Kabinett Brüning beseitigt werden muß, so ist das kein demagogisches Postulat, das in Massenversammlungen vertreten wird; wir sehen darin vielmehr die Voraussetzung für die Reform der deutschen Nation an Haupt und Gliedern. Daß wir diese Forderung entgegen unserer sonstigen Gepflogenheit zwar mit Energie und Zähigkeit, aber nicht mit dem Massenelan vertreten, den man anderswo an uns gewohnt ist, das hat unsere Feinde in arge Verwirrung gebracht. Sie wittern hinter jedem Wort der Reserve schon kommende Roalitionsmöglichkeiten, und weit und breit sind sie bemüht, die nationalsozialiſtiſche Bewegung in das Kaudiniſche Joch der System- und Tributpolitik hinein. zuzwängen. Das allerdings ist ein untauglicher Versuch am untauglichen Objekt. Die Partei kann schon ihrer ganzen inneren Struktur nach in der Verantwortung keine andere Politik zur Durchführung bringen, als sie in der Oppoſition vertreten hat. Sie ist auch der überzeugung, daß, wenn eine Machtübernahme durch uns nicht begleitet wäre mit einer Umstellung des politischen Gesamtkurses, auch wir, wie alle unsere Vorgänger, an den großen und entscheidenden Zeitproblemen scheitern würden. Ein kommunistisches Montagsblatt hat eine neue Ente aufgelaſſen, die in Kreisen der Partei nur ein homerisches Gelächter ausgelöst hat. Es ist

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dort die Rede von der Gründung einer neuen „Nazi-Gruppe “. Sie ſei als Konkurrenzpartei zur NSDUP. gedacht und rekrutiere ſich haupt. sächlich aus Renegaten und überläufern unserer Bewegung. Hitler habe den alten Frontbannführern gekündigt, dazu komme noch, „daß auch Goebbels sich auf die Seite der Frontbannleute geschlagen hat und seines Postens als Berliner Gauführer so gut wie enthoben ist. Er soll nach Breslau gehen". Diese Lügen sind so alt und abgebraucht, daß sich dabei nicht einmal mehr die Balken biegen. Wir würden ihrer auch gar keine Erwähnung tun, wenn wir nicht annähmen, daß diese schwingenschwache Ente jetzt durch den ganzen jüdischen Blätterwald segeln wird. Er soll nach Breslau gehen, das wollen wir zugunsten des Schreibers nur als höfliche Aufforderung werten und dabei den Wunsch als Vater des Ge dankens respektieren . Die nationalsozialiſtiſche Bewegung ist niemals so geschlossen gewesen wie gerade in diesem Zeitpunkt. Wenn sie augen . blicklich agitatorisch nicht so sichtbar in die Erscheinung tritt, so ist das lediglich darauf zurückzuführen, daß sie nach drei schweren Wahlkämpfen sich Zeit und Gelegenheit nimmt, das innere Organisationsgefüge neu aufzurichten und für kommende, vielleicht noch schwerere und entscheidendere Auseinandersetzungen in Stand und Ordnung zu bringen. Wie stark wir uns dabei fühlen, das mag die Öffentlichkeit daran erkennen, daß wir für einige Monate für die Partei eine Mitgliedersperre erlassen haben, in der es für jedermann unmöglich ist, den Eintritt in die Partei zu vollziehen. Das allein schon ist Beweis dafür, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung mit gar keiner anderen politischen Organiſation zu vergleichen ist. Während bei den anderen die Menschen weglaufen, kommen sie zu uns in solchen Massen, daß wir sie zeitweilig gar nicht verdauen können. Und um der Gefahr zu begegnen, daß wir treibhausartig in die Höhe schießen, ohne dabei an innerer Kraft zuzunehmen, schließen wir die Tore der Partei zu, um unsere ganze Energie und Arbeit der Befestigung des inneren Organiſationsgefüges zu widmen. Heute tritt der Preußische Landtag zum erstenmal zuſammen. Wir erwarten von ihm in der laufenden Woche keine neue Kursgebung. Wird in Preußen die Frage einer Umstellung der politischen Verhältnisse in Angriff genommen, dann muß zugleich die Frage Reich aufgeworfen werden. Da allerdings ist es, wenigstens im Augenblick, noch nicht so weit. Rommt Preußen und Reich zur Entscheidung, dann vermutlich nur auf dem Wege einer neuen Befragung des Volkes. Und dafür gilt es, die Partei zu rüsten. Wir haben gar keine Veranlassung, uns zur Ruhe zu begeben. Im Gegenteil! Wir stehen vor schweren entscheidenden Kämpfen. Je ziel. bewußter und zäher wir sie vorbereiten, um so sicherer werden wir sie gewinnen. Wir sind der überzeugung, daß Herr Dr. Brüning bei seinen letzten hundert Meter straucheln und fallen wird. Nach ihm kommen Hitler und seine Bewegung. Die stärksten Verven werden den Rampf entscheiden. Während wir schweigen, arbeiten wir. Das Ergebnis unserer Arbeit wird der Öffentlichkeit gezeigt, wenn man die Partei aufs neue ruft. Dann wollen wir noch einmal an das Volk appellieren. Und dieser Appell, das ist unser heiliger Wille, ſoll in allen deutschen Herzen einen Widerhall finden.

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Die absolute Mehrheit

31. Mai 1932 Die nationalsozialistische Bewegung hat am vergangenen Sonntag in Oldenburg einen Wahlsieg errungen, der mehr als symptomatiſchen Wert hat. Es handelt sich bei diesem Wahlgang nicht ausschließlich um die Be. stimmung des politischen Kurses in dem kleinen Lande Oldenburg, sondern vielmehr um die Frage, ob es der HSDUP. tatsächlich gelingen könnte, mehr als das ihr von den jüdiſchen Zeitungen huldvollst zugebilligte Kontingent von 38 bis 40 Prozent der Wählerschaft auf ihre Liste zu vereinigen. Diese Frage ist eindeutig gelöst worden. Die verhaßten Nazis errangen die absolute Mehrheit und haben damit die Möglichkeit, in Oldenburg eine Regierung zu bilden, die nur von ihrer eigenen Partei abhängig ist und zur Durchführung ihrer Politik keine andere Gruppe im neuen Landtag mehr nötig hat. Wer in der vergangenen Woche als Redner durch Oldenburg reiste, der konnte dieses Ergebnis unſchwer vorausſehen. Das ganze Land ſchwört auf Hitler. Neben seiner Bewegung kommt eine andere Partei überhaupt nicht mehr auf. Die auf den weit verstreuten Höfen wohnenden frieſiſchen Bauern sind restlos für den Nationalsozialismus gewonnen. Es ist hier jener Zustand schon erreicht, den wir uns fürs erste für das ganze Land als Ideal vorstellen: daß die NSDUP. das Heft abſolut in der Hand hat und einschränkungslos eine Politik betreiben kann, die ihrem Programm entspricht. Wir können uns vorstellen, daß die hochmögenden Herren in den Redak, tionsstuben und Regierungskontoren darob das kalte Grauen packt. Sie hatten sich bisher immer darauf herausgeredet, daß der Aktionsradius der NSDAP. bei 40 Prozent ſeine Grenze finde, daß das deutſche Volk also in seiner siprozentigen Mehrheit mindestens kein Hitlerregime wünsche, und daß es deshalb, wenn alle anderen Parteien zusammenhielten", immer hin möglich sei, die NSDAP. von der Übernahme der Macht und Verant wortung auszuschließen. Wir sind gespannt, was diese Zeichendeuter nun zu sagen haben. Wahrscheinlich werden sie erklären, daß Oldenburg kein schluffiger Beweis sei, daß dieses Land für uns die günstigsten Bedingungen biete, und daß das, was dort erreichbar sei, im übrigen Reich ewig unerreich bar bleiben werde. Eine billige Ausrede, die um so dümmer und vom Standpunkt des Gegners aus geſehen um so frivoler wirkt, wenn man bedenkt, daß das Oldenburger Land zwar der Bewegung im Reich immer um einen Schritt voraus war, daß aber das Reich diesen Schritt im Ablauf von etwa zwei, drei Monaten regelmäßig einholte. Das ist nicht nur bei Oldenburg, das ist auch bei einer ganzen Reihe von anderen Ländern, die im wesentlichen agrarisch bestimmt sind, der fall. Den nächsten Beweis für dieſe Behauptung werden wir am kommenden Sonntag in Mecklenburg antreten. Der Führer weilt schon seit vergangenen Sonnabend in dieſem Lande, wo die zweite Entscheidung fällt, und in riesigen Massendemonstrationen bekennt sich das mecklenburgische Volk zu ihm und seiner Idee. Von heute ab werden die bekanntesten Redner der Partei nachrücken, und im Verlauf dieſer Woche wird ganz Mecklenburg genommen. Es kann keinem Zweifel 302

unterliegen, daß der kommende Sonntag uns auch in Mecklenburg die absolute Mehrheit bringt. Dann folgt der Schlag in Hessen. Zwar liegen hier die Verhältnisse etwas schwieriger, aber mit vereinten Kräften ist auch hier angesichts der weiteren Zuspigung der wirtschaftlichen und politischen Krise ein Gleiches zu erwarten. Gelingt es uns, auch in Hessen mit mindestens 51 v. H. durchs Ziel zu gehen, dann ist damit haarſcharf der Beweis geführt, daß die NSDUP. im ganzen Lande über jene Mehrheit verfügt, die es ihr erlaubt, ihre Politik einschränkungslos und hundertprozentig zur Durchführung zu bringen. Das ist der Abschluß einer Entwicklung, die wir gegen alle Beſſerwiſſerei der Aſphaltpresse und gegen alle Unkerei der bürgerlichen Parteien voraus. gesagt haben. Der Druck im Lande wächſt in dem Maße, in dem das gegen. wärtige System sich als unfähig erweist, der wachsenden Katastrophe Herr zu werden. Die nationalsozialiſtiſche Bewegung hat ihre parteimäßig gebundenen Schranken gesprengt und weitet sich nun aus zu einer noch nie dage. weſenen und einzigartigen deutschen Volkserhebung, die in ihren geistigen Wurzeln nur noch mit den Bauernkriegen, der Reformation und dem heroischen Aufstieg der preußischen Staatsidee verglichen werden kann. Es ist damit zweifellos auch der Augenblick gekommen, daß die höchste und für die nächste und weitere Zukunft des Vaterlandes verantwortungsvollste Stelle es einzusehen und zu handeln beginnt. Das Kabinett Brüning iſt zurückgetreten. Damit hat es nur einen Akt der Selbstverständlichkeit vollzogen, den wir seit Wochen und Monaten forderten. Viemals hat sich eine deutsche Reichsregierung so lange und so dickfellig gegen eine elementare Volksbewegung gestemmt und die grund. sätzlich gewandelte politiſche und weltanschauliche Geisteshaltung des deutschen Volkes nicht wahr haben wollen wie diese. Mit allen Mitteln einer raffinierten parlamentarischen und außerparlamentarischen Taktik hat dieſes Kabinett es verstanden, fast zwei Jahre lang gegen die überwältigende Mehrheit der Nation zu regieren und eine Politik zur Durchführung zu bringen, die das Volk nicht mehr dulden und beseitigt wissen wollte. Jetzt kommt auch über Brüning das Verhängnis. Er muß dem Druck des erwachenden Volkes weichen und den Platz freigeben für Männer, die auf Grund ihrer Persönlichkeit und ihres neuen Aufbauwillens das Recht haben, im Namen der deutschen Nation zu sprechen und zu handeln. Line halbe Löſung kommt jetzt nicht mehr in Frage. Brüning und ſeine Männer müssen das Feld räumen. Er ist nicht nur als Kanzler, ſondern auch als Außenminiſter unmöglich geworden. Der von ihm erbetene längere Urlaub soll ihm von Herzen gegönnt sein. Der Reichspräsident will auf dem üblichen parlamentarischen Wege zu einer Neubildung des Kabinetts kommen. Das kann nichts anderes bedeuten, als daß die nationale Oppo, ſition, geführt und repräsentiert durch Hitler und seine Bewegung, die Dinge entscheidend bestimmt. Ein Kabinett des besonderen Vertrauens hätte vorerst keine andere Aufgabe zu lösen, als den Reichstag nach Hause zu schicken, leuwahlen auszuschreiben, die Organiſations-, Agitations- und Demonstrationsfreiheit für die bisher ſo maßlos unterdrückte_nationalsozialistische Bewegung wieder herzustellen und durch einen Appell an die Nation eine Übereinstimmung zu schaffen zwischen dem Willen des Volkes und seiner parlamentarischen Vertretung.

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Erst wenn die Notverordnungen, die wider die Verfaſſung die Ent faltung einer freien Meinungsbildung in Deutſchland bisher durch Zwang verhinderten, gefallen ſind, wird der Wille des Volkes ungehemmt und eindeutig zum Ausdruck kommen können. Die Partei steht vor schweren und endgültig entscheidenden Kämpfen. Wir sind des festen Glaubens, daß wir sie gewinnen werden. Oldenburg ist für das ganze Reich ein ſieghaftes Zeichen. Wir rücken nach! Die absolute Mehrheit für Hitler und seine Partei ist unser Ziel. Das deutsche Volk steht auf.

Nach Brünings Sturz

8. Juni 1932 Die politischen Ereignisse der vergangenen Woche haben sich in einer so dramatisch gesteigerten Schnelligkeit entwickelt, daß es kaum möglich iſt, ſie rückſchauend überhaupt zu registrieren. Was man vor zehn Tagen noch für vollkommen ausgeſchloſſen hielt, das ist jegt bereits fertige Tatsache, mit der jedermann sich langsam abzu finden beginnt. Herr Dr. Brüning, der, als er seinen schweren Gang zum Reichspräſidenten antrat, vielleicht selbst noch der festen überzeugung war, daß er sicher im Sattel ſige, mußte vom Pferd herunter, und eher als die Unken und ewigen Besserwisser das wahr haben wollten, war das neue Rabinett schon gebildet. Wir haben in diesen Spalten seit Monaten diese Entwick lung, die nun hinter uns liegt, vorausgesagt und daraus auch schon die entsprechenden politiſchen Konsequenzen gezogen. Die jüdischen Weltblätter, die mit einer Überheblichkeit ohnegleichen den Anschein zu erwecken versuchen, als wüßten sie um alles Bescheid und seien über das, was sich in den geheimsten Ronventikeln tut, am besten orientiert, haben eine furchtbare Blamage erlebt, als sie mit Eigensinn Herrn Dr. Brüning für unschlagbar hielten und ihm, als er ſchon gestürzt war, ohne daß die Öffentlichkeit es wußte, noch begeisterte Lobeshymnen darbrachten. Das neue Rabinett, das an die Stelle des durch die Mitte verschwun. denen „Frontsoldatenkabinetts" getreten ist, ist nicht von unseren Leuten gebildet worden. Es setzt sich, wie es selbst in seiner Regierungserklärung dargetan hat, aus überparteilichen Männern zusammen, die sich an keine Parlamentsgruppe gebunden fühlen. Wert und Charakter dieses Rabinetts können alſo weder aus seiner eigenen Vergangenheit noch aus den ihm angeschlossenen Parteien beurteilt werden, sondern nur aus seinen zukünftigen Taten. Wir stehen ihm und ſeinen zu treffenden Maßnahmen mit abwartender Reserve gegenüber. Es ist nicht wahr, daß die nationalsozialistische Bewe. gung die Bildung dieſes Kabinetts vollzogen habe. Es wurde vom Reichs. präsidenten auf Grund der ihm zuſtehenden verfassungsmäßigen Befug nisse zusammenberufen, und seine erste Regierungshandlung bestand darin, jenen vergreisten und aktionsunfähigen Reichstag aufzulösen, der in keiner Beziehung mehr dem wahren politischen Willen des deutschen Volkes entsprach. 304

Damit ist eine Forderung erfüllt, die wir Nationalsozialisten seit über Jahresfrist erhoben haben. Die Regierung hat verlautbaren laſſen, daß ſie ſich mit der Absicht trage, jene drakonischen Votverordnungen aufzu heben, die, gegen die nationalsozialiſtiſche Oppoſition erdacht, nur dazu bestimmt waren, den nationalen Aufbruch des deutschen Volkes einseitig und mit allen Mitteln der öffentlichen Gewalt zu hemmen und aufzu halten. Es muß erwartet werden, daß die Regierung dieses Versprechen schleunigst und umgehend erfüllt. Wir können uns nicht vorstellen, daß es bei einem nationalen Konzentrationskabinett allzu langer überlegungen bedarf, um_Maßnahmen__rückgängig zu machen, die jeder Gerechtigkeit Sohn sprechen und ins Gesicht schlagen. Denn daß zur findung des unverfälschten Volkswillens auch für die nationalsozialistische Bewegung die Organisations-, Agitations und Demonstrationsfreiheit wieder hergestellt werden muß, unterliegt auch bei der Regierung von Papen keinem Zweifel. Je schneller sie handelt, desto eher wird sie das für ihre Tätigkeit notwendige öffentliche Vertrauen gewinnen. Und je eher sie die gegen die nationalsozialistische Bewegung erlassenen Zwangsmaßnahmen aufhebt, um so tiefer wird dadurch das ſo oft mißhandelte Gerechtigkeitsempfinden der breiten Maſſen beeindruckt werden. Daß die roten Novemberverbrecher mit all ihrem journaliſtiſchen Anhang darüber Zeter und Mordio schreien, das wird die neue Reichsregie rung nicht aus der Ruhe bringen dürfen. Die Ratastrophenpolitiker, die bisher an der Macht saßen, wittern mit feinen Spürnasen, daß ihre Zeit um ist und daß über sie ein Strafgericht des Volkes hereinbricht, wie es die Geschichte noch nicht gesehen hat. Schon versuchen sie, nach der alt bewährten Methode des " Haltet den Dieb!" den Spieß umzudrehen und das Kabinett, das kaum mit seiner Tätigkeit begonnen hat, deſſen anzuklagen, dessen sie sich selbst schuldig gemacht haben. Wir vermiſſen leider bis zur Stunde auf seiten der Regierung eine Abwehr, die dieſem infamen Vorgehen der schwarz-roten Systemkoalition die Spitze abbricht. Der Vorwärts" hat den Wahlkampf mit einer Verleumdungskampagne begonnen, die dem in der Vergangenheit von der SPD. so oft beschwo renen politischen Anstandsgefühl in der aufreizendsten Weise Sohn spricht. Das dröhnt nur so von Lügen und Verdrehungen. Man kann sich vor. stellen, daß es den Herren in der Lindenstraße nicht wohl in ihrer Haut ist. Sie wollen anscheinend auskundschaften, was sie dieser Regierung bieten dürfen, um danach die Methoden des kommenden Wahlkampfes zu bestimmen! Wenn die Regierung da weiterhin untätig zuſchaut, dann kann es ja für die kommenden Wochen in Deutschland lustig werden. Aber das braucht nicht unsere Sorge zu sein. Wir sind seit alters her gewohnt, auf einen groben Blog einen groben Reil zu setzen, und wenn man uns massiv kommt, dann sind wir noch niemals die Antwort schuldig geblieben. Es geht jetzt in Deutschland um die letzte, ganz große Entscheidung. Das deutsche Volk muß ein Urteil darüber abgeben, ob das bisherige System einer vierzehnjährigen beispiellosen Mißwirtschaft weiter am Ruder bleibt oder ob es ersetzt werden soll durch ein System planvollen Aufbaues, das im Gegensatz zu dem vergangenen Regime seine Kräfte aus der unsterblichen nationalen Lebenssubstanz unseres Volkes schöpft.

20 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Für diesen Rampf gilt es, die Partei zu rüsten. Nicht umsonst haben wir diese Forderung von hier aus seit Wochen immer dringender erhoben. Die nationalsozialistische Bewegung ist die Trägerin der letzten deutschen Zukunftshoffnung. Bei intensivster Anspannung aller Kräfte wird es ihr gelingen, den großen, entscheidenden Sieg an ihre Fahnen zu heften. Oldenburg war der Anfang. Im gleichen Schritt und Tritt marschierte Mecklenburg mit. Der nächste Schlag wird in Hessen geführt, und dann muß das Reich sich entscheiden. In unserer Hand liegen alle Chancen für die Wiedergeburt der deutschen lation. fragt einer, was wir tun müſſen, so kann die Antwort darauf nur lauten: arbeiten!

Aufruf zum Befreiungskampf 9. Juni 1932 Männer und Frauen ! Deutschbewußte Berliner ! Ein neuer, entscheidender Wahlkampf steht vor der Tür. Am 31. Juli hat das deutsche Volk sein Urteil abzugeben über die vergangenen 14 Jahre einer beispiellosen Mißwirtschaft und wie es die künftige Politik des Reiches gestaltet wissen will . 14 Jahre lang hat das deutsche Volk Elend, Not und Entbehrung schweigend ertragen. 14 Jahre lang haben wir zahlen und bluten müssen für ein System der innenpolitischen Zwangsherrschaft und der außenpolitischen Ehrlosmachung. 14 Jahre lang sind wir die Sklaven dieses schwarz-roten Koalitions. regimes gewesen, das unter Ausnutzung aller ihm zur Verfügung stehenden Gewaltmittel gegen uns, das beste erwachende Deutschland, seinen Terror ausübte. In ohnmächtigem Zorn mußten wir diesem System geben, was es von uns verlangte. Unsere erzwungenen Opfer waren von Mißmut und Haß erfüllt, und voll dumpfer Erwartung sahen wir dem Tag entgegen, der uns die Möglichkeit gäbe, die Zwangsherrschaft der Koalitionsparteien abzu schütteln. Wenn wir jetzt dazu gerufen werden, durch Wahlen zu einem neuen Reichstag die Entscheidung über die Zukunft des Landes zu fällen, dann erinnern wir uns dieser vierzehnjährigen beiſpiellosen Mißhandlungen, dieſer vierzehnjährigen Qual und Verfolgung, dieses vierzehnjährigen Terrors, den wir als der Vortrupp eines erwachenden Volkes zu ertragen hatten. Viele von uns haben in der Vergangenheit den verlockenden Ver. heißungen der Systemparteien, die an der Macht saßen und die ihnen zur Macht verhalfen, willig ihr Ohr geliehen. Aber heute müssen wir alle zu unserem Entsetzen feststellen, daß aus den Versprechungen der Regierungs. parteien nichts geworden ist, daß ſie ſich im Gegenteil als Trug und Lüge erwiesen . un steht das deutsche Volk vor dem völligen Nichts und ſtarrt grau und verzweifelt in eine leere Zukunft. Die Etappen des nationalsozialistischen Aufstiegs sind uns allen bekannt. Mit überwältigender Mehrheit beginnt das Volk einzusehen, daß die anderen Parteien am Ende stehen, Hitler aber vor seinem Anfang. Die ungeheure Schwungkraft, der eiserne Wille und die unbeugſame Energie

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der nationalsozialistischen Bewegung, verkörpert durch ihren Führer Adolf Hitler, hat uns allein ein Abbild gegeben von der unbesieglichen Stärke dieser einzigartigen deutschen Volkserhebung. Ja, wir alle sind darüber hinaus Träger dieses Volksaufbruchs gewesen, und wir wollen nun, daß er aus der Opposition vorrückt in die Macht, um die zukünftige Gestaltung des Reiches und der Länder in die Hand zu nehmen. Wir alle, die wir die geſchichtliche Sendung des Nationalsozialismus in uns und um uns mit schauderndem Glück mit erleben durften, wir wissen, daß es nun für den Vormarsch dieser Volksbewegung kein Halten mehr geben wird. Wir Nationalsozialisten haben niemals etwas versprochen, aber wir haben gehandelt. Wir sind fest davon überzeugt, daß das deutsche Volk, übersättigt mit den faden Theorien und leeren Phraſen, jetzt Taten sehen will. Wir sind dazu bereit. Wir waren nicht die Urheber unserer lot und unseres Elends, aber wir wollen seine Beſeitiger sein. Mit euch zusammen werden wir für die Entscheidung im Reich antreten. Daß ihr gewillt seid, diesen Kampf mit uns gemeinsam durchzuführen und selbst auch die legten Opfer zu bringen, das habt ihr in den vergangenen jüngsten Wahlgängen in einem herrlichen und nie dagewesenen opferbereiten Herois mus bewiesen. Es ist jetzt keine Zeit mehr, über Einzelfragen zu debattieren. Es geht jegt um Deutſchland! Nicht eine Partei will in uns den Sieg an ihre Fahnen heften, hier erhebt sich die deutsche Nation. Das Volk steht auf, und der Sturm bricht los. ur der Nationalsozialismus hat in sich die Kraft und die Aktivität, im Innern und nach außen die politischen Re formen in Haupt und Gliedern durchzuführen, die notwendig sind, um das deutsche Volk in einer neuen Gemeinschaft zu einigen und ihm nach außen hin seine Freiheit zu erkämpfen. Unsere Gegner werden wieder mit Lüge und Verleumdung in ihrer Presse, in ihren Zeitschriften, in ihren Broschüren und Plakaten arbeiten. Sie sollen lügen. über 14 Jahre lang haben sie mit diesen Mitteln gearbeitet. Aber in dieſen 14 Jahren ist ihr feiges Lügengebäude wie ein Kartenhaus zusammengestürzt, und aus den Trümmern der Verleumdung erhob sich wie ein Phönix, von uns getragen, die Wahrheit. Jetzt ist es an der Zeit, den Giftmischern das Handwerk zu legen und ihnen den Laufpaß zu geben. Jagt sie aus der Macht heraus, gebt uns die Möglichkeit, ihnen endgültig die Lust zu verleiden, die Herren über Deutschland zu ſpielen. Kein Mittel wird der Gegner unversucht laſſen, die verhaßte national, sozialistische Bewegung zu vernichten oder doch aufzuhalten. Aber wir wissen, daß das unmöglich ist. In einem nie dageweſenen Ansturm werden wir die feindlichen Festungswerke nehmen und die Koalitionsparteien aus ihren Bastionen heraustreiben. Es wird gekämpft bis zum letzten Mann und bis zum letzten Hauch. Wir wissen auch, daß ihr das wollt, und daß ihr entschlossen seid, mit uns den Feind zu verfolgen, bis er endgültig vernichtet ist. Zu diesem Kampf rufen wir euch, deutschbewußte Männer und Frauen, auf. Unsere Wahlpropaganda kostet Geld. Wir bekommen keine Mittel von Banken, Börsen und hochmögenden Finanzgönnern . Wir müſſen uns als Arbeiterpartei selbst finanzieren. Ihr aber, Parteigenossen und Parteigenoſſinnen, habt in der Vergangenheit bewiesen, daß ihr bereit ſeið, für

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die deutsche Wiedergeburt den letzten Groschen zu opfern, und daß ihr in der nationalsozialistischen Bewegung allein das Unterpfand und die Bürgschaft für diese Wiedergeburt erkennt. Es geht jegt um die letzte große Entscheidung, um das Schicksal Deutschlands und damit um das Schicksal eines jeden einzelnen von uns. Darum seid bereit; in einem nie gesehenen Opfermut wollen wir der Vation beweisen, daß wir nicht nur Anspruch erheben auf die Macht und auf die Verantwortung, sondern daß wir sie auch verdienen. Gebt Geld, Geld und nochmals Geld! Auch die kleinste Gabe gilt der Befreiung Deutsch, lands aus den Klauen des international-marxiſtiſch-jüdiſch-demokratischen Systems. Helft uns in dieſem Kampf mit allem, was euch zur Verfügung steht. Jeder Sechser und Groschen ist willkommen. Mann und Frau, Kind und Greis, ſie alle opfern nach ihrem Vermögen, damit ſie, wenn das große Werk der Befreiung getan ist, auch von sich sagen können: Wir sind dabei gewesen. Wir rufen euch auf zur deutschen Befreiungsspende und wiſſen, daß jeder von euch zu jedem Opfer für die Bewegung und damit für Deutsch. land bereit ist. Entfesselt die Nation von den Ketten der Sklaverei! Gebt Hitler die Macht! Deutschland erwache!

Die Frage Preußen 11. Juni 1932 In Preußen, dem weitaus größten und bedeutendsten Lande des Reiches, ist eine Regierung am Ruder, die im Volke nur noch eine hoffnungslose Minderheit besitzt. Diese Regierung wurde durch die letzten Wahlen so geschlagen, daß die hinter ihr stehenden drei Koalitionsparteien zusammen . genommen nur soviel Mandate aufbrachten wie die nationalsozialiſtiſche Bewegung allein. Das ergibt in seinen Folgerungen einen politisch unmög lichen Tatbestand; daß nämlich im Kernlande Deutschlands Männer das Regiment führen, die dazu vor dem Volke und vor der Weltöffentlichkeit keinerlei Legitimation mehr haben. Aus dieser Erkenntnis heraus hat das neue Rabinett die Initiative ergriffen, um in Preußen wieder verfassungsmäßige Zustände einzurichten . Es ist absurd, wenn demgegenüber die systemtreuen Blätter der Reichs. hauptstadt darauf verweisen, daß auch in anderen Ländern zum Teil schon seit Jahren geſchäftsordnungsmäßige Regierungen an der Macht sind. Preußen ist nicht nur raum- und bevölkerungs-, sondern auch bedeutungsgemäß das führende Land des Reiches. Wenn hier Zustände einreißen, die sich nicht mehr mit der Verfaſſung decken laſſen, dann ist die öffent liche Ruhe und Sicherheit im ganzen Lande gefährdet. Der Konflikt begann bei der Finanzfrage. Eine flüchtige Untersuchung schon ergab, daß der Etat Preußens sich in einem Zustande befindet, der verzweifelt dem offenen Bankrott gleicht. Das Reich aber kann unmöglich weiterhin Subventionen bezahlen an eine Preußische Regierung, die nur noch ein Recht besitzt : nämlich, schleunigst zu verschwinden. Genosse Braun, der hohe Chef dieses Rabinetts, hat das auch bereits besorgt. Und der in seiner Stellvertretung amtierende Wohlfahrtsminister Hirtsiefer müßte trotz allen Geschreis der Journaille mit hängenden Öhren aus der Reichs. kanzlei abziehen. Welch ein edles Pathos, nun durch die jüdiſchen Blätter

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erklären zu laſſen, man wolle sich selbst und auf eigene Faust helfen und habe das Reich dazu gar nicht nötig! Wer aber hat diesem Preußenkabinett die Berechtigung gegeben, eine otverordnung zu erlassen, deren steuer. mäßige Auswirkungen vorerst noch gar nicht übersehen werden können? Es muß in Preußen eine Regierung gebildet werden, die dem Willen des Volkes entspricht, und wenn das infolge der aufgeblasenen Arroganz des Zentrums nicht möglich ist, dann bleibt eben nichts anderes übrig, als neue Wege zu suchen, um in Preußen wieder verfassungsmäßige Zustände herzustellen. Das Zentrum will nicht. Das ist seine Sache. Aber es darf dann auch nicht lamentieren, wenn aus seiner Widerspenstigkeit die entsprechenden politischen Folgerungen gezogen werden. Es behauptet, man könne doch den Nationalsozialisten nicht die Macht ausliefern ! Können kann man das schon. Man will es nur nicht. Man hatte sich das so fein ausgeklügelt : Die Nazis nehmen ein oder zwei bedeutungslose Ministerien, und ansonst bleibt alles beim alten. Die frommen Herren versichern mit treuem Augen. aufschlag, sie verfolgten dabei nur die Absicht, uns Nationalsozialisten allmählich koalitionsreif zu machen und zum Regieren zu erziehen. Später hin könne man dann weiteres besprechen. Das ist eine freche Unverschämtheit. Den roten Atheisten und Landesverrätern hat das Zentrum in Preußen dreizehn Jahre lang die Macht widerspruchslos ausgeliefert. Da war von Erziehen keine Rede. Jegt mit einem Male klagt die Germania" über unsere Begehrlichkeit. Wenn die Nationalsozialisten -3 so argumentiert die Systempresse --Minister, und Landtagspräsidium bekommen, dann steht es ihnen jederzeit frei, den Landtag wieder aufzulösen . Ja, und; Stand das bisher nicht der SPD. frei Und ist die Auflösung eines Parlaments zum Zwecke der Volksbefragung etwa ein verfaſſungswidriger, undemokratiſcher, illegaler Akt: Die Herren haben wohl Angst. Es dämmert wohl in ihren Gehirnen, die sonst so schlau und überschlau sein wollen, allmählich die dumpfe Ahnung auf, daß sie in die Enge getrieben sind und sich nun mit allen Mitteln ihrer Haut wehren müssen ! Aber Furcht war in der Politik immer noch ein schlechter Alliierter, und wenn das Zentrum anders keine Gründe ins Feld führen kann, dann wird es wohl nicht ausbleiben, daß die Dinge weiterhin ihren Lauf nehmen. Jedenfalls halten wir es für unerträglich, daß während des Wahlfeld. zugs zum 31. Juli das größte deutsche Land von der Sozialdemokratie regiert wird, von derselben Sozialdemokratie, die im Volke nur noch offener Verachtung begegnet, und die vollkommen aus der Macht herauszuheben Pflicht und Aufgabe aller deutschen Patrioten ist. Führt die kommende Ministerpräsidentenwahl im Preußischen Landtag zu keinem Ergebnis, was würde das Zentrum dazu sagen, wenn der neue Kanzler, dem man gewiß im kommenden Wahlkampf nicht den Vorwurf machen kann, er sei ein Verfassungsbrecher, leuheide und Wotansanbeter, den Herren Severing, Hirtſiefer und Genossen einen Staatskommiſſar vor die ase setzt? Die Reichsregierung handelte in einem solchen Falle nur in gesetz. mäßigem Vollzug der ihr zustehenden Rechte und Pflichten. Und droht man daraufhin im Süden und Westen des Reiches mit Separatismus, ſo wird es wohl Mittel und Wege genug geben, um dieſem ſchändlichen Treiben in einer Generalkur ein für allemal ein Ende zu machen. Die Herren, die

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bisher regierten und Reich und Länder in einer beiſpiellosen Mißwirt. schaft bis an den Rand des Abgrundes führten, müssen sich nun einmal mit der Tatsache abfinden, daß sie ausgespielt haben und ihre Tage gezählt sind. Dagegen hilft kein Lamentieren und Wichtigmachen. Sie haben die Gunst und das Vertrauen des Volkes verspielt, und wer sie endgültig aus der Macht herausſeßt, der wird sich des uneingeschränkten Beifalls aller anständigen und gutgesinnten Deutschen erfreuen können. Die Klügeren aus der Roalitionsaristokratie haben das auch längst erkannt. Sie empfehlen sich auf französisch. Herr Braun ist unauffindbar, Herr Severing soll amtsmüde sein, Herr Grzesinski krakeelt zwar noch, aber nur, wenn niemand ihn hört, während Herr Dr. Weiß schon krampfhafte Anläufe macht, in gewagtem Salto mortale vom sinkenden Regierungsschiff herunterzuspringen. Wir beobachten das alles mit inniger und herzlicher Anteilnahme. Wenn wir in der Vergangenheit, als man uns quälte und verfolgte, des öfteren erklärten, die Rache sei ein Gericht, das kalt genoſſen wird, dann lächelten die hohen Herren und dachten wohl bei sich: Wer hat, der hat! Jetzt müssen sie zu ihrem Schrecken erleben, daß der, der hat, meistens auch einmal abgeben muß, und daß dann die Stunde kommt, wo sich alles, alles wendet. Wenn es nach uns ginge, könnte der Schmorprozeß noch eine Zeitlang andauern. Es ist ein angenehmer Anblick, seine Feinde in ihrem eigenen fett braten zu sehen. Viel Vergnügen und freundliches Händewinken ! Wir stehen auf dem Posten und warten. Reine Sorge, daß einem kommenden legalen Strafgericht auch nur einer entrinnt. Gottes Himmel ist hoch und unsere Arme sind lang.

Reichskanzler, werde hart !

14. Juni 1932 Wer das zweifelhafte Vergnügen hat, all den jüdiſchen Unrat Tag für Tag in konzentrierter form sozusagen berufsmäßig leſen zu müssen, der ist im Verlauf der letzten Woche mit Erstaunen dahinter gekommen, wie weit die öffentlichen Brunnenvergifter in den Redaktionsstuben dieser Blätter seit dem Umtsantritt des neuen Kabinetts wieder an Raum gewonnen haben. Nach dem Sturz Brünings waren sie vollkommen von Verzweiflung und Schweigen befallen. Sie hatten sich das neue Regiment anscheinend so vorgestellt, wie sie es seit langem befürchteten. Und ſie wußten auch, daß dann die Glocke geschlagen hatte. Wie das immer so bei den Juden ist, wenn ſie Angst haben, so auch hier: Einer wagt ſich ein Stück vor, um das Terrain auszukundſchaften, und wenn der dann bemerkt, daß keine unmittel bare Gefahr droht, dann rückt die ganze Rotte Korah nach. Von Tag zu Tag schlugen sie bei Mosse und Üllstein und in der Lindenstraße eine schärfere Tonart an, und nun tobt schon wieder das ganze Höllenkonzert ihrer feigen, hinterhältigen, parteipolitischen Heze. Der Vorwärts" an der Spitze, und die andere Gesinnungsgenossenschaft als treue Waffen. brüder gleich dahinter her. Mit einiger Betroffenheit beobachtet man, wieweit das Kabinett dieſes

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frevelhafte Spiel geschehen läßt. Das ist nicht einmal das schlimmste, daß die sozialdemokratische Presse vom Kabinett der Barone, der Krautjunker und Schlotbarone schreit. Aber es geht doch etwas über die Hutschnur, wenn der „ Vorwärts" , das Blatt jener Partei, die in einer vierzehnjährigen beispiellosen Mißwirt. schaft das Volk an den Rand des Ruins regierte und deren Bonzokratie sich in den höchsten Umtsstellen dabei über und über mit Korruption befleckerte, mit dummdreister Miene erklärt, diese Regierung würde, wenn ,,die fie das SA.-Verbot aufhebt ― und sie ist ja willens, das zu tun einseitigste und bösartigste Parteiregierung sein, die jemals bisher in Deutschland regiert hat". Wie man sieht, eine runde, nette Verleumdung und maſſive Verächtlichmachung, die wir, wäre sie uns in den vergangenen Monaten dem Kabinett Brüning gegenüber unterlaufen, bestimmt mit einem vierwöchigen Verbot und einem peinlichen Gerichtsverfahren bezahlt hätten. „Mit hocherhobener Melone zum Reichstagswahlkampf aufgedreht, das Kabinett der Schlotbarone braucht dich, mein Hakenkreuzprolet!" So pfalmodiert Genosse Hans Bauer im sozialdemokratischen „Abend". Ein Beiſpiel von hunderten und tausenden. Und die Regierung? Sie ſchweigt dazu. Herr Schäffer, der Führer der Bayerischen Volkspartei, hat in einer Rede im Münchener Zirkus Krone erklärt, wenn man Bayern mit einem Staatskommissar komme, werde man sich zu wehren wissen. „ Sie sollen es riskieren!" Das ist die Sprache, die ein weißblauer Parteifanatiker mit der Reichsregierung, mit dem nationalen Konzentrationskabinett spricht. Die süddeutschen Ministerpräsidenten, die fast ausnahmslos nur geschäftsführend im Amt und Vertreter einer hoffnungslosen Minderheit sind, trumpfen auf, daß man sich nach ihrer Tonart mit Recht die Frage vorlegt, ob die Sonne um Herrn Dr. Held oder Herr Dr. Held um die Sonne kreiſt. Was sind das für Zuständer Eine Angelegenheit, die längst schon hätte bereinigt ſein können, die Aufhebung des widerrechtlich erlassenen SA.-Verbots, ist seit zehn Tagen fast der einzige Gegenstand der innerpolitischen Dis kussion. Und die Juden und Marristen führen diese Diskussion in einer Art und Weise, daß sie allmählich auf das Ernsteste die öffentliche Ruhe und Sicherheit bedroht. Was hätte es geschadet, wenn das Kabinett mit dieſer Verbotsaufhebung als mit einer fertigen Tatsache aufgewartet hätte? Sie hätte damit im ersten Augenblick der Handlungsfreiheit ein gut Teil der innerpolitischen Reformarbeit bereits hinter sich gebracht und dadurch ohne Zweifel gewaltig an Vertrauen und nationalem Kredit gewonnen. Man komme uns nicht mit Paragraphen und ähnlichem Krimskrams der hohen Jurisprudenz. Noch niemals ist eine politische Krise, geladen mit soviel Zündstoff wie die jetzige, mit halben Mitteln beseitigt worden. Man muß sich entschließen, ganz zu sein und auch dementsprechend zu handeln. Das allein wird bei den Freunden Liebe und Achtung, und bei den Feinden, wenn nicht das, so doch Furcht und Respekt auslösen. Die Blätter der KPD. toben sich in einer politiſchen Mordhege aus, die alles bisher Dagewesene weit in den Schatten stellt. Die preußischen Polizeigewaltigen schauen dem untätig und mit verschränkten Armen zu. Sie sind anscheinend allzusehr beschäftigt mit dem Einpacken ihrer Koffer. Geht das aber im Reich so weiter, dann werden ſie ſehr bald wieder damit 311

anfangen dürfen, die eingepackten Koffer wieder auszupacken. Und wo ihnen diese sympathische Tätigkeit noch etwas Zeit läßt, da verſuchen ſie sich an uns mit Zwangsauflagen, die so geschnitten sind, als stammten sie noch aus der guten, alten Brüning-Zeit. Etwa so, daß dem Schreiber dieser Zeilen jetzt mitten im Wahlkampf am vergangenen Sonnabend bei seinen fünf Ansprachen an verschiedenen Stellen in Berlin verboten wurde - von Politik zu sprechen. Was wir nicht dürfen, das besorgt um so ausgiebiger die Reichsregierung selbst. Sie hält Reden. Diese Reden sind schön und gut; aber bekannt. lich wertet man amtierende Männer niemals nach dem, was sie sagen, sondern nur danach, was sie tun. Wenn nun einmal das alte System abgelöst sein soll, dann in Gottes Namen: Achtung, fertig, los! " Man braucht dabei keine Elogen vor Herrn Dr. Brüning zu machen, der ja schließlich der letzte und vielleicht verhäng. nisvollste Repräsentant dieses Systems war. Es macht auch nicht den Anschein, als wenn Herr Dr. Brüning dafür besonderen Dank wüßte; im Gegenteil, er attackiert die neue Reichsregierung in einer Art und Weiſe, die bisher in einem gesitteten Staat noch niemals üblich war. Wir können uns vorstellen, daß ein nationales Konzentrationskabinett darauf mit ein paar ganz wenigen Zeilen reagiert hätte, etwa so: Herr Dr. Brüning täte gut daran, nachdem er zwei Jahre lang lästig gefallen sei, schleunigst in der Versenkung zu verschwinden. Man wolle ihm seine Ruhe nicht stören, aber wenn er unbedingt den Ehrgeiz verspüre, sich weiterhin mausig zu machen, so werde man dem Volke ohne viel Umschweife zur Kenntnis geben, was dieſer Mann und ſeine Politik die deutſche Nation gekostet hätten, und welchen Trümmerhaufen er hinter sich gelassen habe. Uns will scheinen, als wenn in diesen Dingen die vielberedete deutsche Objektivität, d. h., es allen recht zu machen, nur nicht sich selbst, sehr wenig am Plage sei. Wer die Macht hat, der muß sie auch verteidigen, und zwar mit allen gesetzlichen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen. Die gegenwärtige Regierung braucht dabei um so weniger Hemmungen zu haben, als ja die ihr vorangegangene der Opposition gezeigt hat, wie man so etwas macht. Sie hat es nicht einmal nötig, neue Verordnungen zu erlaſſen. Sie muß sich nur entschließen, die alten, von Herrn Dr. Brüning so trefflich erfun denen zu gebrauchen. Dem Pack muß man die Zähne zeigen. Das ist auch das einzige, was ihm imponiert. Gibt man ihm jedoch den kleinen Finger, so nimmt es die ganze Hand, um noch obendrein hineinzuspucken. Wir meinen, es wäre an der Zeit, daß der Herr Reichskanzler sich seinen Helden wählte in seinem großen Namensvetter Franz von Sickingen. Und es würde uns leid tun, wenn er statt dessen der roten Anarchie entgegen. träte, nach den Gepflogenheiten des Franziskus von Aſſiſi, der bekanntlich den Vögeln predigte. So geht das nicht. Je länger man wartet, um so mehr gewinnt der Gegner an Zeit. Und ist er wieder einmal obenauf, er wird nicht mit sich spaßen lassen. Es geht um mehr, als um Partei- und Tagesfragen. Es geht um die Sicherheit von Volk und Nation. Und darum rufen wir: Reichskanzler, werde hart!"

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Mehr Mut! 21. Juni 1932 Die Reichsregierung sieht sich nunmehr einer geschlossenen Fronde der füddeutschen Länder gegenüber, und zwar zu einer Zeit, in der ihr Chef eben dabei ist, in Lausanne die Tributfrage der Raubgier Frankreichs gegenüber zu einem befriedigenden Ergebnis zu bringen. Die Regierung kann sich die Schuld an diesem unhaltbaren Zustand selbst zuschreiben . Der Volksmund meint, wer A sage, müsse auch B sagen. Und dieser Spruch hat selbstverständlich auch und vor allem für die Politik seine Geltung. Der Sturz eines Systems wird nicht dadurch eingeleitet, daß man sein Genügen daran findet, einen anständigen Aufruf zu erlassen, ein überaltertes Parlament aufzulösen und mit Ach und Krach noch die der nationalen Opposition zugefügten Demütigungen zurückzunehmen. Der Sturz eines Systems bedingt Kraft, Mut, Zähigkeit und Ronsequenz. Wir haben nicht den Eindruck, daß die Reichsregierung am über. fluß dieser edlen Tugenden krankt. Im Gegenteil, die dilatorische Behand. lung der innenpolitischen Rrise hat erst die Länder zu ihrem Widerstand herausgefordert, und der Sozialdemokratie ist der Ramm dann geschwollen, als sie merkte, daß sie mit den Männern des „nationalen Konzentrations kabinetts" leichtes Spiel haben wird. Yun geht alles wieder ſeinen alten Gang. Die Brüningsche Notverord, nung ist durch die neue Regierung aufgenommen und durch eine Reihe unsozialster Maſſensteuern in ihren Auswirkungen noch verschärft wor den. Zwar geben die Herren Minister sich alle Mühe, die angebliche Notwendigkeit ihres Handelns mit viel gelehrtem Zahlenwerk dem ver. armten Volke klarzumachen, aber damit allein kann das auch nicht geschafft werden. Voraussetzung aller Sanierungsmaßnahmen ist, daß die Lasten gerecht verteilt werden, und daß in ihnen wenigstens ein breit fundierter Anſatz zur Reform des Reiches insgesamt erkannt werden kann. Das deutsche Volk ist gerne bereit, zu opfern, wenn es den Sinn des Opfers versteht, und wenn im Opfer selbst schon der erste Schritt zur Besserung getan wird. Wir vermögen nicht zu erkennen, daß die Vlotmaßnahmen, die die Regierung trifft, auf dieser Grundsätzlichkeit beruhen, und müssen sie des halb in jeder Beziehung ablehnen und bekämpfen . Das fällt uns um so leichter, als die neue Reichsregierung auch auf innenpolitischem Gebiet jede großzügige Initiative vermissen läßt. Vor. aussetzung ihrer politischen Existenz war, daß sie für die über ein Jahr. zehnt lang maßlos gequälte und verfolgte nationalsozialistische Bewegung die Organisations-, Demonstrations- und Agitationsfreiheit wiederher stellte. Das, was sie uns statt dessen gegeben hat, ist weder Fisch noch Fleisch. Sie erlaubt den SA.-Männern, ihre Uniformen wieder anzu ziehen, gestattet ihnen aber nicht, in geschlossenen Zügen aufzumarschieren oder sieht gar tatenlos zu, wie größenwahnsinnig gewordene Geschäfts. ordnungsministerien in den Ländern den SA.-Männern, die da der Meinung waren, daß Reichsrecht Landesrecht bricht, ihre Uniformen wieder ausziehen und sie mit Gummiknüppelattacken auseinandertreiben. Dabei führt die marxistische Presse eine Sprache, die jeder Beschrei bung spottet. Wie in der guten, alten Zeit setzen die roten Landesverräter

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wieder ihre Jakobinermügen auf, und in ihren Organen ist wieder wie ehedem vom Polizeiſäbel die Rede, und daß das schaffende Volk dieſe Regierung mit allen Mitteln beseitigen müsse. über die einzelnen Mitglieder des Rabinetts wird die volle Schale des jüdischen Hohnes ausgegossen . Sie werden der öffentlichen Verachtung und Lächerlichkeit preisgegeben - und die Regierung hat taube Ohren. Wir sind nun glücklich soweit, daß die alte Mainlinie wieder mitten durch Deutschland geht. In Bayern, wo das Zentrum des Widerstandes gegen die Reichsregierung liegt, wird in provozierendster Weise einem hochverräterischen Separatismus das Wort geredet, ohne daß die Reichs. regierung mit entsprechenden Mitteln dagegen front macht. Und dabei handelt es sich nicht einmal um die eingesessene Bevölkerung, die hier die Politik des neuen Rabinetts sabotiert. Die Bayerische Volkspartei ist nicht gleichzusetzen mit dem bayerischen Volk, und diejenigen, die heute in München das große Wort reden und den ihnen noch zur Verfügung stehenden Staatsapparat in einer Art und Weise gebrauchen, von der Herr von Gayl einiges lernen könnte, sind in Wirklichkeit nur die Päpste einer kleinen Parteigruppe, die im Volke kaum noch eine hoffnungslose Minderheit besitzt. Das neue Rabinett wird nicht von uns verlangen wollen, daß wir es beschützen, während es selbst die ihm in die Hand gelegten verfaſſungsmäßigen Machtmittel zu gebrauchen nicht den Mut hat. Wenn die Reichsautorität in den vergangenen zwei Wochen eine gewaltige Einbuße erlitten hat, so ist das nicht allein auf die füddeutschen Frondeure zurückzuführen; im Gegenteil, die sind erst frech und auffäſſig geworden, als ſie merkten, daß sie sich das dem Kabinett gegenüber leisten konnten. Wenn ein Reichsinnenminister Gesetze erläßt, dann muß er sich auch darüber klar sein, wie er die Durchführung dieser Gesetze gewährleisten kann. Und es ist nicht recht verſtändlich, wieso das jetzige Kabinett nicht mit demselben starken Tonfall von der Staatsautorität reden sollte, als das Herr Dr. Brüning zu tun pflegte. Der verflossene Groener hat das Verbot gegen die SA. auch gegen Braunschweig und Mecklenburg durch. zusetzen gewußt. Warum sollte Herr von Gayl ein gleiches nicht fertig bringen können mit der Aufhebung des Verbotes den renitenten Ge schäftsordnungskabinetten der süddeutschen Länder gegenüber? Wir wiederholen noch einmal, und zwar in aller Eindringlichkeit, die hier vor Wochenfrist erhobenen Klagen und Warnungen gegen die Regierung. Noch einmal sei es gesagt, daß das so nicht geht. Wer ein Sy stem stürzen will, muß aufs Ganze gehen. Und erste Voraussetzung seines Erfolges ist, daß er Zivilcourage hat. Machtmittel sind genug da. Man muß sie nur gebrauchen. Um sie zur Durchführung unorganischer und ungerechter Vlotverordnungen gegen das arbeitende Volk zu benutzen, dafür brauchte das alte Kabinett nicht zu gehen. Das konnte Brüning auch. Sie einzusetzen als Garantie für eine umfassende Reform des Reiches auf allen Gebieten, das ist Aufgabe eines nationalen Konzentrations. fabinetts ! Der Worte sind genug gewechselt, wir wollen endlich Taten sehen! Die neue Regierung ist bis heute ihren Befähigungsnachweis schuldig geblie ben. Sie hat nicht mehr viel zu verlieren. Will sie sich aus dem furcht baren Dilemma, in das sie durch eigene Schuld hineingeraten ist, noch

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herauslösen, dann helfen ihr weder Zahlen noch Statiſtiken, noch Reden und fromme Sprüche. Sie muß dann eins haben und auch einzusetzen entschlossen sein: Mehr Mut!

Brunnenvergifter ! 2. Juli 1932 Wie ich erst jetzt in München feststellte, hat die bayerische schwarze und rote Systempresse in einer unerhört dreisten und verleumderischen Art meine am Donnerstag voriger Woche im Berliner Sportpalast gehaltene Rede verfälscht. Die " Augsburger Postzeitung" berichtet darüber unter der überschrift Eine unglaubliche Haßrede Goebbels", die Münchener Post" schlägt in dieselbe Rerbe mit der Schlagzeile „Süddeutsche Ranaille, süddeutsches Pack“. Der „Bayerische Kurier" trompetet " Tollhauspolitik" und die Münchener Telegrammzeitung" leitartikelt „Die Politik der Faust". In einträchtiger Gesinnungsgemeinschaft lügen die Blätter des Zentrums und der Sozialdemokratie das Blaue vom Himmel herunter. Sie erklären, ich hätte in meiner Rede in unerhörtester Weise das baye rische Volk beleidigt, hätte ihm Gewalt angedroht und von der Reichsregierung gefordert, sie solle dem Pack die Faust unter die Clase setzen". Es bedarf keiner Betonung, daß das alles feige parteipolitische mache ist, um die nationalsozialiſtiſche Bewegung in Bayern zu diskreditieren. Es sind hier Brunnenvergifter am Werke, die den betrügerischen Verſuch unternehmen wollen, sich selbst und ihr frevelhaftes Spiel mit der Reichs. einheit zu identifizieren mit dem bayerischen Volk. Von dem ist in meiner Rede nur mittelbar gesprochen worden. Ich habe wörtlich nach dem genau aufgenommenen Stenogramm gesagt: „Wir hätten auch keine 14 Tage gebraucht, um die landesverräterischen, separatistischen süddeut schen Frondeure zu zerbrechen. Diesen Frondeuren imponiert nur die Faust, die man ihnen unter die lase setzt." Wer mit diesen Frondeuren gemeint war, ist unschwer zu erkennen. Es sind die gewiſſenloſen baye. rischen Reservatpolitiker, die sich mit ihrem Volksparteiflüngel gegen das Wiedererwachen der deutschen Nation anstemmen wollen. Die jederzeit bereit sind, das Reich in Gefahr zu bringen, wenn es ihrem eigenen Parteiinteresse dient. Die ohne Rücksicht auf unsere bedrohte außenpolitiſche Lage reichsfeindliche Kirchturmspolitik nach ihrem eigenen Gusto betreiben. Das hat mit einem gefunden Föderalismus gar nichts zu tun. Wie wenig diese Parteibankrotteure ein unmittelbares Interesse am Schutz und an der Erhaltung wohlverstandener bayerischer Belange haben, ist dadurch erwiesen, daß sie seit der Novemberrevolution ununter. brochen die marxistisch-internationale Politik der Sozialdemokratie im Reich gestützt haben, ohne im mindesten dabei die christliche und nationale Überzeugung des bayerischen Volkes in Rechnung zu ziehen. Was das bayerische Volk selbst anlangt, so habe ich darüber in meiner Rede auch frei und offen meine Meinung zum Ausdruck gebracht. Gleich nach den eben zitierten Sägen erkläre ich: " Was das bayerische Volk will, das wissen wir ebensogut wie diese Herren. Sie sind nicht Vertreter Süddeutschlands, sondern die Vertreter der Bayerischen Volkspartei." Wie wenig dieser kleine Klüngel von Zentrums- und Bayerischer. Volkspartei-Politikaſtern geneigt ist, dem Reich zu geben, was des Reiches

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ist, und ihre eigenen Parteiintereſſen dem großen Ganzen unterzuordnen, wird bligartig erhellt durch eine Unterredung, die der Sonderbericht. erstatter des Daily Expreß“, Sefton Delmer, mit dem bekannten baye. rischen Bauerndoktor Heim am vergangenen Sonnabend hatte. In dieser Unterredung erklärte Dr. Heim : „Jederzeit kann der Tag kommen, an dem Kronprinz Rupprecht zum König von Bayern ausgerufen wird. Er glaube daran, daß die Stunde kommen werde, wo der Konflikt zwischen Bayern und Reich zum offenen Ausbruch komme. Bayern werde sich dann nach einem König umschauen, der es in dem Rampf um die Wahrung der bayerischen Gesetze gegen die allgemeine deutsche Unordnung, die die Reichsregierung Bayern auf. zwingen will, führen werde." Das nennt man auf gut deutsch : Spiel mit Landes- und Hochverrat. Die Inspiratoren dieser Hege wurden in meiner Rede separatistische füddeutsche Frondeure" genannt, und ich habe nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als daß eine nationalsozialistische Regierung nicht 14 Tage gebraucht hätte, um sie zu zerbrechen. Ich bin der festen überzeugung, daß das bayerische Volk in seiner überwiegenden Mehrheit mit dieser gewissenlosen Vergiftungspolitik nichts zu tun haben will, und daß es sich mit Recht dagegen verwahrt, daß diese verantwortungslosen Parteipäpste sich als beglaubigte Vertreter Süddeutschlands aufspielen . Daß es der Münchener und Augsburger Systempreſſe unangenehm iſt, wenn ihre ruchlosen, parteipolitiſchen Manöver aufgedeckt werden, das kann nicht weiter wundernehmen. Aber es scheint mir an der Zeit zu sein, daß man einen klaren Strich zieht zwischen dem gesund und deutſchempfindenden bayerischen Volk und dieser gewissen Parteikamarilla, die sich zwar heute noch in der öffent. lichkeit als Vertreterin des bayerischen Volkes aufspielt, die in Wirk. lichkeit aber nur die ugnießerin des ihr heute noch zur Verfügung stehenden Partei- und Machtapparates ist, mit dem sie zur Beschämung des bayerischen und deutschen Volkes den schnödesten Mißbrauch treibt. Diesen Heuchlern die Biedermannsmaske vom Gesicht zu reißen, ist mir nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Vergnügen. Und ich glaube mich darin mit allen guten Bayern und allen guten Deutschen in vollkommener Übereinstimmung zu befinden .

SPD.

Schamloseste Partei Deutschlands 5. Juli 1932

Die SPD. schimpft. Sie schimpft auf alle. Auf die Regierung, auf die Kommunisten, auf uns, auf die Rapitaliſten, auf den Staat und auf das Reichsgericht, auf die Verfaſſung und auf den Reichspräsidenten, kurz und gut, es gibt nichts, was vor ihrem kritischen Auge Bestand hätte. Und das ist der beste Beweis dafür, daß sie es mit der Angst zu tun hat. Mit Fug und Recht; denn dieser Partei wird im kommenden Wahlkampf die Biedermannsmaske von der Frage heruntergerissen, bis sie nackt und bloß vor der Verachtung des Volkes dasteht. Vierzehn Jahre lang hat sie in einer beispiellosen Mißwirtschaft im Reich und in den Ländern das 316

öffentliche Leben korrumpiert, die Volksmoral vergiftet, die Klaſſen gegeneinandergehetzt, die Finanzen ruiniert und die Wirtschaft zerstört, den Arbeiter brotlos gemacht, den Mittelstand zerbrochen und dem Bauern Hof und Scholle genommen. Sie hat den Volksverrat zum Parteiprinzip erhoben, die Reichswehr diffamiert, die Jugend dem Gift der Entſitt lichung preisgegeben, das Familienleben zerrüttet und die Religion ver höhnt und lächerlich gemacht. Der Landesverrat war ihr nur eine Ehre. Stolz bekannte sie sich zur Kriegssabotage, Munitionsstreik und Marinemeuterei. Die Niederlage des deutschen Volkes im Kriege kam ihr nur gelegen als Sprungbrett zur Eroberung der Macht. Sie versprach dabei Freiheit, Schönheit und Würde, und statt dessen gab sie uns Phrasen und Steine. Zwei Jahre lang hat sie den Brüning-Kurs toleriert. Mit der ihr eigenen jüdiſch-rabbuliſtiſchen Dialektik erfand sie tauſendundeine Begründungen, um ihr schamloses und schimpfliches Verhalten vor den Maſſen zu rechtfertigen. In Wirklichkeit aber hatte sie nur Angst vor dem Na tionalsozialismus und vor dem durch ihn organisierten Aufbruch des deutschen Volkes. Sie bot willig ihre Hand zu jeder Drosselung des fozialen Lebens, zum Raub an den Lebensrechten des arbeitenden Volkes, zu jeder Meinungsknebelung und zu jedem amtlichen Terror. Über alles das half nichts. Der Nationalsozialismus stieg höher und höher, und in einer hinreißenden Maſſenmillionenbewegung eroberte er Stadt und Land. Je stärker wir wurden, desto bleicher wurde die Frazze der Sozialdemokratie, bis endlich Brüning, die letzte Barrikade gegen den Faschismus", stürzte und die SPD. damit, auf sich allein gestellt, der Attacke der nationalsozialiſtiſchen Offensive preisgegeben war. un wollen die fetten Bonzen, die es so schnell lernten, auf dem parlamentarischen Parkett herumzutänzeln, die die Jakobinermütze mit dem Zylinder vertauſchten und bei den jüdischen Schiebern Sekt aus Eimern foffen und Raviar mit Löffeln fraßen, plöglich wieder Oppoſition ſpielen. Mit einer Dreistigkeit ohnegleichen stellen sie sich vor das Volk hin und flagen uns der Sünden an, deren sie sich selbst schuldig machten. Sie haben zwei Jahre lang die lotverordnungen toleriert, und nun tun ſie, als sei das alles nicht gewesen, drehen den Spieß herum und machen uns für die furchtbaren folgen ihrer eigenen Politik verantwortlich. Aber das wird ihnen nicht gelingen. Sie irren, wenn sie meinen, sie hätten in uns eine bürgerliche Partei vor sich und könnten mit dem Nationalsozialismus umspringen wie mit irgendeinem Parlamentsverein. Wer hat Frieden, Freiheit, Schönheit und Würde versprochen — wir oder die Sozialdemokratie? Wer hat am Ende des Krieges erklärt, das Volk habe auf der ganzen Linie gesiegt - wir oder die Sozialdemokratier Wer hat 1918 gesagt, es sei sein heiliger Wille, daß Deutschland die Kriegsflagge streiche, ohne sie ein letztes Mal siegreich heimzubringen“ - wir oder die Sozialdemokratie? Wer hat den Versailler Vertrag unterschrieben? Wer hat den Dawesvertrag als den größten Sieg des internationalen Marxismus gefeiert: Wer hat den Roungpakt für erfüllbar gehalten, für seine Annahme geworben und dafür am Rundfunk An kurbelung der Wirtschaft, Beseitigung der Arbeitslosigkeit und Herab. minderung des Steuerdrucks versprochen? Wir oder die Sozialdemokratie? Wer hat oppositionelle Zeitungen serien und dugendweise verboten ? Wer hat gegnerische Versammlungen in Maſſen aufgelöst und untersagt: 317

Wer hat die Plakat- und Flugblattzenſur wieder eingeführt: Wer hat das Republikschutzgesetz ersonnen und angenommen und damit jede charak tervolle Opposition unmöglich gemacht? Wer hat die ehrliche und anstän dige Gesinnung mit Knüppeln totgeschlagen ? Wer hat im Lande den Terror organisiert? Wer hat sich als unfähig erwiesen, die öffentliche Ruhe und Sicherheit aufrecht zu erhalten ? Wir oder die Sozialdemokratie? Woher kommen die Sklarz und Helphands, die Barmats und Sklareks? Wer ist bei ihnen zu Tiſch gegangen ? Wer zählt die Bauer und Heil, mann und Richter und Scheidemann zu den Seinen : Woher kommen die Brolats und Bürgermeister Schneider: Wer hat angesichts der schreien. den Volksnot Krankenkaſſenpaläste aufgerichtet mit Marmor und ver goldeten Treppengeländern : Wer hat sich vollgefressen und an dem Elend des Volkes gemästet? Wo sind die fetten und wohlgemästeten Polſter. wangen und die hängenden Schmerbäuche zu suchen? Millionenfach gibt das Volk die Antwort auf diese Fragen. Mit Fin. gern zeigen die Arbeiter auf diese korrupte Partei der Gesinnungslosigkeit, die ihr eigenes Programm mit Füßen getreten hat, bei der es Mode war, heute das zu verbrennen, was sie gestern anbetete, und morgen das anzu. beten, was sie heute verbrannte. Die Sozialdemokratie ist schuld! Sie hat keinen Anlaß, über das Ver. bot des Vorwärts" zu zetern. Es steht ihr schlecht zu Gesicht, über die Vot des Volkes zu lamentieren. Wir halten es für unter unserer Würde, uns ihr gegenüber gegen die Lüge zu verteidigen, wir hätten die Not verordnung Papens gebilligt, und von den Hungergroschen der gekürzten Renten würden unsere neuen Uniformröcke bezahlt. Den korrupten Bonzen dieser Partei antwortet nur noch das dröh nende Hohngelächter des Volkes. Sie haben kein Recht mehr, mitzureden. Sie haben überhaupt nur noch ein Recht: möglichst schnell und geräuſchlos zu verschwinden. Und tun sie das nicht freiwillig, dann wird das Volk ihnen bei der Wahl etwas nachhelfen. Mit moralischen Fußtritten auf die dicken Schmerbäuche wird diese Kamarilla von Volks- und Arbeiter betrügern aus der Macht herausgefegt. Sie haben keinen Pardon uns gegenüber gekannt, und sie werden von uns keinen Pardon verlangen wollen. Wo sie in Zeitungen und Flugblättern ihr Lügenmaul aufreißen, da wird das Volk ihnen darüber fahren. Parteien hat Deutschland die Menge. Und keine von denen, die das System getragen haben, taugt etwas. Aber wenn von Betrug und Lüge, von Verleumdung und Frivolität die Rede ist, dann muß die Sozialdemokratie " hier!" schreien. Sie ist das widerwärtigste und ekelhafteste politische Gebilde, das Gottes Sonne je beschienen hat. SPD., so etwas faßt ein anständiger Mensch nur mit der Kneifzange an. Und soll man es in unserer Muttersprache übersegen, dann heißt es: Schamloseste Partei Deutschlands !

Fünf Jahre

Angriff“

7. Juli 1932 Fünf Jahre, welch eine kurze und doch welch eine lange Zeit in der Ent wicklung einer großen Bewegung ! Kurz, wenn man sich plötzlich erinnert und kaum glauben will, daß sie schon vorbeigegangen sind; lang, wenn man 318

sich vergegenwärtigt, wieviel an Ereignissen, Arbeit, Sorge, Mühe und ot darin beschloffen liegt. Als der "I Angriff" im Juli 1927 zum ersten Male in der öffentlichkeit erschien, da befand sich die nationalsozialistische Bewegung der Reichs. hauptstadt in einer verzweifelten Lage. Die Partei war Anfang Mai desselben Jahres infolge der frechen Provokation eines Trunkenboldes verboten worden, ihr Vermögen beschlagnahmt und ihren Agitatoren das Reden untersagt. Die hochmögenden Herren der preußischen Regierung, die sich jetzt eben anſchicken, die politische Bühne zu verlassen, erklärten damals feierlich und entschieden, sie wollten es nicht dulden, daß in Berlin Münchener Verhältnisse“ einriſſen, und es sei ihr Wille, wie der Minister. präsident Braun meinte, „dieſe radauſozialiſtiſche Partei in Preußen mit Stumpf und Stiel auszurotten". Die Anhänger der Bewegung waren in alle Winde verstreut, und nur ein kleines Häuflein von Unentwegten hielt treu und unbeirrt zur Fahne. Niemand, der es nicht selbst miterlebte, vermag ſich heute die Schwierig. keiten vorzustellen, mit denen es schon verbunden war, dieses kleine Häuflein zusammenzuhalten und mit immer neuem Mut und Glauben zu erfüllen. Heimlich und ungesehen von den Augen der Polizei schlichen wir uns abends in obskuren Lokalen zusammen, um wenigstens eine lose Verbindung miteinander aufrechtzuerhalten. Wenn es uns auf hundert Umwegen gelang, in irgendeinem Vorstadtsaal eine bescheidene öffentliche Versammlung zu veranstalten, dann waren unsere Besucher wehrlos dem roten Terror und den Gummiknüppelattacken von Reichsbannerschupos ausgesetzt. Und am anderen Tage fiel dann die jüdiſche Aſphaltpresse mit all ihrem Geifer und all ihrem verlogenen Haß über uns her. Vlicht, als wenn wir dabei den Glauben an die Richtigkeit unserer Idee und die einzigartige Mission unserer Bewegung verloren hätten; aber manchmal begannen wir doch daran zu zweifeln, daß es uns in absehbarer Zeit noch einmal gelingen könnte, die Partei aus ihrer Anonymität herauszureißen und ihr eine beherrschende Rolle unter den großen Maſſenbewegungen der Reichshauptstadt zu erkämpfen. Da erschien plötzlich, mitten in der Sauregurkenzeit, der „ Angriff“. Er war ein Kind unserer Bedrängnis, und als wir ihn begründeten, wußten wir keineswegs, wie wir ihn auch nur über die ersten Monate ſeines jungen Daseins hinwegführen sollten. Es mangelte uns, rundheraus gesagt, an allem, um unsere Zeitung lebensfähig zu erhalten. Wir hatten zunächst nur eine kleine, abseits gelegene Druckerei, es fehlte uns an der nötigen Zahl von fachlich gebildeten Schriftleitern, wir besaßen keine Organisation, keine Abonnenten und auch kein Geld. Das einzige, was wir unser eigen nannten, war eine gute Portion Mut, etwas Intelligenz und der unerschütterliche Wille, komme was kommen mag, durchzuhalten. Der " Angriff" hatte von Anfang an eine ganz bestimmte, engumriſſene Aufgabe zu erfüllen, die sich nicht immer mit rein journalistischen Zwecken deckte. Wir wollten mit dieser Zeitung kein Informationsorgan schaffen; sie diente vorerst lediglich rein agitatorischen Bedürfnissen. Wie ihr Name schon sagte, war sie dazu bestimmt, offensiv in die Entwicklung einzugreifen. Sie sollte in unserer Hand eine scharfe Waffe ſein, mit der wir die Kette des Verbots, in die man uns gefesselt hatte, zerschlagen wollten. Mutig und unbeirrt gingen wir an unsere Arbeit. Die kleine Gemeinde, die noch zu unserer Fahne stand, mußte in der Idee bestärkt und gefestigt werden. Es

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galt, ihren Mut und ihren Glauben aufrechtzuerhalten und zu vermehren. Und so wenig wir vorerst noch die Möglichkeit hatten, in den unmittelbaren Gang der politischen Dinge einzugreifen, so sehr lag uns auf der anderen Seite die Aufgabe ob, eine starke Gruppe von unentwegten Kämpfern, wenn auch ohne feste organisatorische Basis, aufzurufen, von der aus dann bei einem Fallen des Verbots die Bewegung selbst getragen werden konnte. Wir haben kein Blatt vor den Mund genommen. Solange es uns die Gesetze erlaubten, mit schärfsſter Polemik Zustände und Exponenten des Systems anzugreifen, haben wir das redlich besorgt. Wir waren in Berlin die einzige Zeitung, die, ohne Vorbehalt und ungebunden an irgendwelche Geldinteressen, der Wahrheit diente und in allen Situationen die Dinge beim Namen nannte. Man hat uns das nicht leicht gemacht. Wir wurden mit einer Serie von Massenprozessen bedacht, die uns manchmal bis an den Rand des wirt. schaftlichen Ruins brachten. Wir sind darum den hohen Herren, die uns verfolgten und vor die Gerichte schleppten, niemals gram geworden. Sie waren unsere großen Lehrmeister und wir ihre gelehrigen Schüler. Sie haben unsere Federn gespitzt, und wenn es uns verboten war, geradeheraus zu reden, dann haben wir hintenherum gesprochen. Aber unsere Leſerſchaft war durch die agreſſive Tendenz dieser Zeitung, die wir im Anfang ein ganzes Jahr lang ungehindert einhalten konnten, ſo geſchult, daß ſie ſpäter auch zwischen den Zeilen lesen konnte. Wie der "I Angriff" wuchs, so wuchs die Bewegung. Dieses kühne und angreiferiſche Blatt entwickelte ſich ſehr bald auf Grund ſeiner organiſchen Stärke von der Wochen zur Halbwochenschrift, und als wir dann im Jahre 1930 den ersten großen Wahlerfolg nach Hause brachten, da war die Tageszeitung eine schon gelöste Frage. Wir können heute mit einigem Stolz feststellen, daß der „Angriff“ das meistverbotene Tagesorgan in Deutschland ist. Ein Beweis dafür, daß wir den Gewalthabern am verhaßtesten waren, und daß man in den Kontoren des Systems unſere kämpferischen Offensiven am meisten fürchtete. Wir haben unter diesen Verboten schwer zu leiden gehabt. Aber später haben wir uns daran fast gewöhnt. Und wir sind uns selber treu geblieben. Wir haben wie am Anfang, als dieses Blatt gegründet wurde, so bis auf den heutigen Tag eine ſcharfe Sprache geführt. Wir haben mit allen Mitteln journalistischer Schreibe. kunst die Hirne aufgemacht und die Herzen hochgeriſſen. Wir ſahen es als unsere Aufgabe an, für das Volk zu wirken. Es kam uns nicht so sehr darauf an, dem Volk zu sagen, was vor sich geht, ſondern wie es vor sich geht. Wir haben das Kulissengebäude von der Tagespolitik weggerissen, den Vorhang vor den Dingen hochgehoben und sie in ihrer ganzen unge. schminkten ähe gezeigt. Als wir im Jahre 1927 den "IAngriff" begründeten, da gab es große demokratiſche Preſſeorgane, die nur hämiſch und mitleidig über uns lächelten. Heute sind sie trotz all ihres Geldes zu obskuren Winkelblättern herab. gedrückt, während der Angriff", was Ansehen und Auflage anbetrifft, mit an der Spige aller reichshauptstädtischen Organe marschiert. Wenn der Erfolg allein die Richtigkeit einer Methode dartut, dann ist das der beste Beweis dafür, daß unsere Arbeit gut war. Wir geben zu, daß wir manchmal daneben geschlagen haben. Wir schämen uns unserer Fehler nicht, aber wir haben wenigstens geſchlagen. über und über bedeckt mit den

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Narben von Prozeſſen und Verboten steht dieſes immer noch junge Kampfblatt an seinem funften Geburtstag in alter Frische vor seinen Lesern und Freunden, und grade so, wie es ist, so haben wir es alle in unser Herz geschlossen. Der Angriff" ist ein Stück Parteigeschichte in Berlin. Er hat die Bewegung in der Reichshauptstadt begleitet von ihren kleinsten Anfängen bis an die Tore der Macht. Er soll sie auch weiterhin begleiten und ihr auch in Zukunft das bleiben, was er ihr in der Vergangenheit war : Ein Führer und Mahner, ein Freund und Ansporn, eine klingende Fanfare in dieser tauben Zeit, ein Rampfruf für die Unterdrückten und gegen die Ausbeuter.

Die Macht an Hitler! 15. August 1932 Erst heute ist es möglich, über die durch den 31. Juli geſchaffene politische Situation und die in ihren Auswirkungen zutage getretenen Folgeerscheinungen ein vorläufig abschließendes Urteil abzugeben . Die nationalsozialistische Bewegung hat bei der jüngsten Reichstagswahl einen Sieg erkämpft, wie er in diesem Umfange bis dahin in der gesamten Parlamentsgeschichte beispiellos war. Es gelang ihr, trog des triumphalen Aufstieges am 14. 14. September 1930 von 12 auf 107 Mandate ihre Abgeordnetenziffer noch einmal mehr als zu verdoppeln und damit zur weitaus stärksten Partei im deutschen Parlament zu werden. Die „Times" schrieb am Tage nach der Wahl, in England wäre es selbstverständlich, daß Hitler daraufhin vom Rönig sofort mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden würde. Was in England ſelbſtverſtändlich ist, das gehört in Deutschland, dem Lande der parlamentarischen Überspannung, bekanntlich zu jenen Selten. heiten, auf die man meistens erst kommt, wenn es zu spät ist. Die national. sozialistische Bewegung und ihr Führer verfochten nur ihr gutes Recht, wenn sie bei der Belastung mit einer ungeheuren geschichtlichen Ver. antwortung, die sie für die kommende deutsche Politik zu übernehmen hatten, nun auch die Forderung aufstellten, daß man ihnen in eindeutiger Weise die Führung der Regierungsgeschäfte anvertraue und ihnen damit die Möglichkeit gäbe, jene wirtschafts-, sozial-, kultur , innen- und außen. politischen Reformen durchzuführen, die sie für die Wiedergeburt der lation und für die Reinigung des öffentlichen Lebens in Deutschland für unerläßlich notwendig hielten. Man hat unserer Bewegung in der Vergangenheit oft den Vorwurf gemacht, sie treibe eine Desperadopolitik, und wenn man sie vor die Ver antwortung stelle, dann drücke sie sich scheu beiseite. Hier war zum ersten Male die Gelegenheit geboten, der nationalsozialiſtiſchen_Bewegung die Chance der Oppoſition zu nehmen und sie mit der ganzen Bürde und Last der Verantwortung zu beladen . Selbstverständliche Voraussetzung dafür aber mußte sein, daß man ihrem Führer und seinen Mitarbeitern freie Hand gab, da ohne dies eine Übernahme der Verantwortung vollkommen widersinnig war. Überhebliche bürgerliche Gazetten haben in den vergangenen Wochen vielfach mit dem Einwand operiert, der Nationalsozialismus verfüge zwar über bedeutende rednerische Talente, er weise aber keineswegs jene 21 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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staatspolitischen Röpfe auf, die dazu berufen wären, das Schicksal von Volk und Reich in ihre Hand zu nehmen. Wir sind darüber meist mit einer verächtlichen Handbewegung zur Tagesordnung übergegangen . Jene bürgerlichen Schreiberlinge, die sich selbst und ihre parteipolitischen Mietherren für die Berufenen halten, haben bisher nur gezeigt, wie man Parteien ruiniert. Das also wäre dann der beste Beweis dafür, daß sie die Fähigkeit haben, einen Staat zu regieren. Wir haben aus dem Nichts heraus_die_gewaltigste Millionenbewegung, die die deutſche Geschichte jemals gesehen hat, aus dem Boden gestampft, sie organisiert und diszipliniert; und damit also erscheinen wir für die Regierung und für die Verantwortung ungeeignet. Solche Logik verstehe, wer will. Wir aber erkennen in dieſem nieder. trächtig feigen Verfahren der bürgerlichen Parteiwelt die letzte Angst. psychose eines sterbenden Systems, das nicht einmal mit Würde von der politischen Bühne abzutreten den Mut und die männliche Kraft besitzt. Man sagt, der Charakter eines Präſidialkabinetts dürfe nicht zerstört werden. Was bedeutet das angesichts der Tatsache, daß das gesamte nationale Deutschland sich am 31. Juli in eindeutigster Weise zu Adolf Hitler und seiner Bewegung bekannter Jetzt mit einem male, da die nationalsozialistische Bewegung die Demokratie mit ihren eigenen Waffen geschlagen hat, sollen ihre Spielregeln nicht mehr gültig sein! Jetzt spricht man vom "I Kabinett der Persönlichkeiten". Vun soll der Parlamentaris mus keinen Wert mehr haben, da die antiparlamentarische Gesinnung sich eben anschickt, nach seinen Gesetzen den Vollzug der Macht zu übernehmen. Was haben die hohen Herren in der Wilhelmstraße sich eigentlich dabei gedacht, als sie Adolf Hitler aufforderten, im Rabinett die Vize kanzlerschaft zu übernehmen hat man denn im Regierungsviertel gar keine Ahnung von dem groteskenhaften Anstrich, den man sich damit selbst gibt, und glaubte man dort in der Tat, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung sich eine beleidigende und kränkende Behandlung gefallen ließe, die man in der Vergangenheit nicht einmal der Sozialdemokratie zumutete? Adolf Hitler hat bei den entscheidenden Verhandlungen am vergan. genen Sonnabend in aller Deutlichkeit erklärt, daß er und die Partei gewillt und entschlossen seien, für die gesamte deutsche Politik die volle Verantwortung zu übernehmen. Was ist da selbstverständlicher als die Forderung, daß man ihm dafür auch die Führung der Regierung anver trauen müſſe? Und wenn das nicht der Fall wäre, daß er sich überhaupt nicht, weder an der Macht noch an der Verantwortung beteiligen könnte? Das jetzige Rabinett ist auf sich selbst gestellt. Es hat sich, wie das die Verfassung vorschreibt, vor dem Reichstag zu verantworten und wird dabei feststellen können, wie viel oder wie wenig an Anhang hinter ihm steht. Darüber aber soll kein Zweifel bestehen : Im Zwielicht bleiben wir nicht. Entweder gibt man uns die Macht, dann tragen wir die Verantwortung, oder aber man verweigert uns die Macht, dann stehen wir in der Opposition und fechten. Es wird dann so sein, daß jene Regierung, die sich bei ihrem Beginn etwas voreilig mit dem schmückenden Beiwort der nationalen Konzentration" ausstattete, auf den erbitterten Widerstand des gesamten nationalen Deutſchlands, das heute unter unſerer Führung steht, stößt.

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Um den Ausgang dieses Rampfes braucht uns nicht bange zu sein. Was man uns heute verweigert, das wird man uns morgen geben müſſen. Nicht darum, weil wir die Sympathien der noch Regierenden besigen, sondern weil es in der unerbittlichen und ehernen Zwangsläufigkeit der deutschen Entwicklung unumſtößlich und unerschütterlich begründet liegt. Der Reichskanzler geht einen schweren Gang. Die Gesetzlichkeit der Geschichte kann keine Macht der Welt aufhalten . Bajonette mögen zu vielem gut sein. Aber man kann auf die Dauer nicht darauf sitzen. In ruhiger und sicherer Entſchloſſenheit tritt die Bewegung an. Ihr Ziel ist unverändert wie immer: Die Macht an Hitler!

Die Juden sind schuld! 24. August 1932 „Ohlau war eine unmittelbare Folge der Aufhebung des Uniformverbotes. Wir müſſen das Urteil des Brieger Sondergerichts ein Fehlurteil nennen. Anders liegt es bei dem Urteil des Beuthener Sondergerichts, das, obwohl es härter ist als das Brieger Urteil, gerechter ist als dieses." In diesen Sätzen faßt das „Berliner Tageblatt" seine Meinung über die Urteile in Brieg und Beuthen zusammen. Wer das liest, der muß mit Gewalt an sich halten, um nicht den Verstand darüber zu verlieren. So also lautet die Meinung der Juden, zu deren Wortführer sich ja das „Berliner Tageblatt" nach Gründung, Gesinnung und Bestimmung macht, über die beiden Richtersprüche in Schlesien. Wer es bisher noch nicht wußte, der muß es hier gewahr werden: daß die intellektuellen Juden in der Koch- und Jeruſalemer Straße die Zuhälter und Gesinnungsgenossen der roten Mordbrenner ſind, und daß sie sich von ihnen nur in der Tonart, nicht aber in der Sache unterscheiden. Öhlau war alſo eine „Folge der Aufhebung des Uniformverbotes". Dort hat man über 20 SA.-Männer zu Krüppeln geschlagen, dort hat man einem SA.-Mann das Gesicht zu blutigem Brei zertreten, man hat ihm den Hals und die Brust mit Messern zerstochen, ihm die Arme und Oberschenkel viermal zerbrochen, und dann den geschändeten, aus tausend Wunden blutenden und zertretenen Leichnam in die Ohle geworfen. Hört es, SA.-Kameraden ! Vernehmt es, Parteigenossen! Denkt daran und vergeßt es nie, ihr 14 Millionen, die ihr für Hitler eure Stimme abgegeben habt: Das ist die unmittelbare folge dessen, daß ihr in dieſem Deutſchland der Novemberſchmach, in dem hergelaufene und landfremde Galizier das große Wort führen, eure Uniformen wieder tragen dürft, und daß man die Attentäter, die feigen Bluthetzer, die Landfriedensbrecher und kaltblütigen Mörder mit geringen Gefängnis. und Zuchthausstrafen für ihre himmelschreienden Untaten belegte, das nennt das „Berliner Tageblatt" ein "Seblurteil". In Beuthen wurden s unserer Kameraden zum Tode verurteilt. Es sind deutsche Männer, in Krieg und Frieden erprobt; sie haben sich ihre ehrenvollen Wunden in den Kämpfen des oberschlesischen Selbstschutzes geholt. Sie mußten Verfolgungen, Terror und Demütigungen jahrelang auf sich nehmen als Soldaten der nationalsozialistischen Bewegung, und die sie verfolgten, die sie terrorisierten und demütigten, das waren dieſelben, die in Deutschlands schwerster Zeit als Insurgenten auf polnischer Seite standen und den Boden unseres Landes an den Feind verkaufen wollten.

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Da der Staat versagte, da sie bei der Polizei keinen Schutz mehr fanden, griffen die Unseren am Ende in ihrer Verbitterung und Verzweiflung zur Waffe und legten eines dieser landesverräterischen Subjekte, einen Insurgenten, der seine feige und dreiste verbrecherische Gesinnung hinter dem Deckmantel des Kommunismus verbarg, nieder. Und der Staat, für den sich die Männer des Selbstschutzes hundert und hundertmal mit ihrem Leib und Leben eingesetzt hatten, sprach Recht und verurteilte sie zum Tode. Die Frau eines dieser Kameraden erklärte nach der Urteilsverkündung : Das kann ich mit meinem Menschenverstand nicht mehr verstehen." Das "Berliner Tageblatt" aber schreibt, daß das Beuthener Urteil „zwar härter, aber gerechter" als das Brieger ist. Hört es, SA.-Kameraden ! Vernehmt es, Parteigenossen ! Denkt daran und vergeßt es nie, nie, ihr 14 Millionen, die ihr für Hitler eure Stimme abgegeben habt: deſſen dürfen sich vor unserem Angesicht heute noch in Deutschland die Juden erfrechen, dieselben Juden, die sicher und von den Polizeikordons beschützt in ihren Redaktionen sigen und deutsche Arbeiter gegen deutsche Arbeiter hetzen, dieselben Juden, aus deren Reihen die Sklarz und Barmats und Sklareks kamen, die den deutschen Arbeitern das Brot vom Munde wegnahmen, dieselben Juden, die Deutschland 14 Jahre lang offen und anonym beherrscht haben, dieselben Juden, die unsere Volksmoral vergifteten, die ihre Polizeipräsidenten zu Gummi. knüppelattacken und Verfolgungen gegen das nationale Deutſchland ermunterten, dieselben Juden, die durch ihre zum Himmel schreiende, aufreizende Sprache ein gut Teil dazu beitrugen, daß unser Volk wieder erwacht ist, und die heute vor 14 Millionen nationalsozialiſtiſch und damit antisemi tisch empfindenden deutschen Menschen öl ins Feuer gießen und ihre feige Dreistigkeit so weit treiben, daß am Ende der Sanftmütigste zum reißen. den Wolf wird. Und die Regierung? Sie bombardiert uns mit Zwangsauflagen, sie beruft sich auf die Autorität eines Staates, der nationale Menschen mit internationalen Verbrechern auf eine Stufe stellt, der selbst nicht in der Lage ist, das Leben und die Gesundheit seiner Bürger zu beschützen, der zuschaut, wie der deutsche Mensch zum Freiwild der Straße wird und erst dann aufwacht, wenn die gequälte Kreatur zur Selbstwehr greift und sich aus eigener Kraft und Bestimmung das Recht nimmt, das ihr von denen, die Gerechtigkeit sprechen sollen, verwehrt wird. Man komme uns nicht mit jener falschen Klugheit, die schon Clausewitz als hassenswert und verächtlich empfand. Wir berufen uns nicht darauf, daß die Männer von Beuthen, als sie die Tat begingen, noch nicht wußten, wie schwere Strafen darauf gesetzt waren. Wir winseln nicht um Gnade und betteln nicht um ein Recht, um das wir zu kämpfen gewohnt sind. mögen die patriotischen Bürger sich in der Huld und Sympathie der verkappten und offenen Bolschewistenpresse sonnen; wir werden, wie es ſeit je bei uns Sitte war, vor das Land hintreten und das deutsche Volk fragen, ob dieses Urteil in seinem Namen ausgesprochen wurde, und wenn nein, ob es nicht an der Zeit ist, die Männer und Parteien von der Bühne wegzufegen, die sich hier in dreister Überheblichkeit anmaßen, für das Volk und sein Wohl die Gesetze in Anspruch zu nehmen. Wir werden nicht Ruhe lassen, bis dieses Regiment mit seinen jour. nalistischen Steigbügelhaltern aus der Macht verjagt ist. Durch Stadt und Land, durch Provinz und Dorf wollen wir gehen, und jedem, ob er 324

es hören will oder nicht, werden wir es in die Ohren schreien : Seht euch diese Regierung an ! Und beurteilt sie danach, wer für sie Partei ergreift! Sie tut die Dienste derer, von denen sie gelobt wird. Die Juden sind schuld, die Juden sind schuld ! Sie sitzen in den Liebknechthäusern und hetzen zum Arbeitermord. Sie haben damit angefangen, dem den Schädel zu zertrümmern, der nicht ihr Genosse sein wollte; es war einer von ihnen, der die Parole ausgab, „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie_trefft!", es sind die Ihren, die in der Koch- und Jerusalemer Straße hocken, und aus der feigen Sicherheit ihrer Redaktionsstuben heraus dem Bolschewismus Helferdienste leisten. Ohlau nennen sie ein Fehlurteil ! Beuthen ist für sie hart, aber gerecht! Wir werden das nie vergessen! Wir werden das Volk aufrufen, daß es diese fremde Tyrannei von seinen Schultern abschüttele! Wir werden den Kampf durchfechten bis zum Ende, komme, was kommen mag! Ob der Marxismus unsere Leute auf den Straßen abschlachtet, oder ob eine nationale“ Regierung sich anschickt, sie auf die Guillotine zu führen, nichts kann und wird uns davon abhalten, die Miſſion, die wir mit uns tragen, zu erfüllen.

Noch sitzen die wahren Schuldigen sicher hinter den Kordonen der Polizei ! Es wird die Stunde kommen, da der Staatsanwalt andere Aufgaben zu erfüllen hat, als die Verräter am Volk vor der Wut des Volkes zu beschützen. Vergeßt es nie, Kameraden ! Sagt es euch hundertmal am Tage vor, so daß es euch bis in eure tiefsten Träume verfolgt : Die Juden sind schuld!

Goldene Worte für einen Diktator und für solche, die es werden wollen 1. September 1932 1. Zu einer Diktatur gehört dreierlei : ein Mann, eine Idee und eine Gefolgschaft, die bereit ist, für Mann und Idee zu leben, und, wenn nötig, zu sterben. Fehlt der Mann, dann ist es schlimm, fehlt die Idee, dann ist es unmöglich. fehlt aber die Gefolgschaft, dann ist die Diktatur nur ein schlechter Wig. 2. Eine Diktatur kann zur Vot zwar gegen das Parlament, aber niemals gegen das Volk regieren. 3. Auf Bajonetten läßt sich schlecht sitzen. 4. Erste Aufgabe des Diktators ist: das, was er will, populär zu machen und den Willen der Nation mit seinem eigenen Willen in übereinstim mung zu bringen. Nur dann wird die breite Masse ihn auf die Dauer ertragen und sein Regiment hinnehmen. 5. Höchste Pflicht des Diktators ist die soziale Gerechtigkeit. Hat das Volk das Gefühl, daß die Diktatur nur die Repräsentanz einer dünnen Oberschicht ist, die mit ihm eigentlich gar nichts zu tun hat, dann wird es den Diktator als feindlich und hassenswert empfinden und ihn über kurzem zum Sturz bringen . 6. Diktaturen werden dann ein Volk retten, wenn sie bessere Wege weisen als die von ihnen bekämpften Regierungsformen, und wenn ihre Macht in breiten Volksschichten so verankert ist, daß sie sich niemals auf

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die bewaffnete Gewalt zu stützen brauchen, sondern ihren Schutz vielmehr immer in ihren Gefolgschaften finden. 7. Es wird nicht vom Diktator verlangt, daß er sich dem Willen der Mehrheit füge. Aber er muß die Fähigkeit besitzen, sich den Willen des Volkes gefügig zu machen. 8. Parteien und Volksmaſſen führen, das ist dasselbe wie eine Nation regieren. Wer eine Partei nur ruinieren kann, der wird auch ein Volk in den Abgrund führen. Staatspolitische Begabung beweist sich nicht dadurch, daß man die heimtückische Kunst versteht, sich der Arbeit anderer zu bemächtigen und auf ihrem Rücken in die Sessel der Regierung hineinzuklettern . 9. Diktaturen müssen aus eigenem geistigen Vorrat leben können. Es darf nicht so sein, daß das, was an ihren Ideen gut ist, von ihren Geg. nern stammt, und das was nicht von ihren Gegnern stammt, schlecht ist. jo. Reden können, das ist keine Schande. Es wird nur dann zum Verhängnis, wenn auf das Wort keine Tat folgt. Glänzend reden, das ist gut. Tapfer handeln, das ist noch besser. Über weder reden noch handeln können, das ist das typische Merkmal eines Reaktionärs, der sich die Macht erschlichen hat und nicht weiß, was er damit anfangen soll. 11. lichts ist dem wahren Diktaturgedanken wesensfremder als der Begriff der bürgerlichen Öbjektivität. Die Diktatur ist ihrem Sinn und Charakter nach ſubjektiv. Schon durch ihr Vorhandensein ergreift sie Partei. Dadurch, daß sie für etwas ist, muß sie auch gegen etwas sein. Weigert sie sich zum zweiten, dann gerät sie in den Verdacht, daß ſie das erste nicht ehrlich meint und betreibt. 12. Die Diktatur pflegt offen zu sagen, was sie ist und was ſie will. Nichts liegt ihr ferner, als sich hinter einer falschen Fassade zu verstecken. Sie hat den Mut des Handelns, aber auch den Mut des Bekennens. 13. Diktaturen, die sich statt dessen hinter Paragraphen bergen, um sich den Schein der Gesetzmäßigkeit zu geben, der ihrem Handeln widerſpricht, sind nur zeitgebunden . Eines Tages stürzen sie aus ihrer eigenen Unzulänglichkeit und hinterlassen dann nur Verwirrung und Chaos. 14. Auf überparteilichkeit legt nur der Wert, der nicht den Mut hat, Partei zu ſein. Wenn Welten stürzen, wenn alle Grundsäge ins Wanken geraten, wenn revolutionäre Fieberschauer die Völker und Nationen durchzittern, dann muß man Partei ergreifen, dann muß man für oder wider sein. Wer zwischen diesen beiden steht, der wird von den Gegen. sätzen zerrieben und fällt als Opfer seiner eigenen Entschlußlosigkeit. 15. Das mag grotesk klingen, aber es ist so: schon im amen muß sich das Wesen des Diktators ankündigen. Man kann nicht Herr sein wollen und wie irgendein Müller oder Meier heißen. Und der Anspruch auf den Serrentitel will erkämpft sein. Er läßt sich nicht erschwindeln . 16. Ein wahrer Diktator beruft sich auf seine eigene Bestimmung. Sein Zerrbild versteckt sich hinter der Geschäftsordnung und nimmt den Paragraphen zu Hilfe, um seine Tat zu rechtfertigen. 17. Alles Große ist einfach und alles Einfache ist groß. Der Kleine liebt es, seine Bedeutungslosigkeit hinter der Komplikation zu verbergen. 18. Die Armee ist zur Verteidigung des Landes nach außen da, nicht zur Wiederbeugung des Volkes im Interesse einer dünnen Usurpatoren schicht. Eine Diktatur, die sich nicht aus der Kraft ihrer eigenen Gefolg. schaft zu halten weiß, verdient nur, daß sie beseitigt wird. 326

19. Primo de Rivera stürzte, weil seine Macht lediglich auf den Kanonen stand, im Volke aber nur Haß und Hohn und Verachtung erweckte. 20. Mussolinis Werk ist unerschütterlich; denn er ist der Abgott seines Volkes, weil er Italien das wiedergegeben hat, was immer und überall das sicherste und festeste fundament der Staaten war: Vertrauen.

Politische Erbschleicherei 9. September 1932 Die feudalen Kavaliere vom Herrenklub tun so, als ginge sie alles das, was in Deutschland außerhalb der Wilhelmstraße paſſiert, gar nichts an. Sie sagen, sie haben die Macht und damit das Recht. Sie ruhen sich aus auf den Bajonetten und Kanonen einer Urmee, von der auch sie wissen müßten, daß sie nicht dazu da ist, ein innerpolitisches volksfremdes Regi ment zu beschützen, sondern vielmehr die Grenzen des Landes zu wahren und die Ehre der Vlation zu verteidigen. Sie schreiben in ihren Gazetten, daß der Reichstag und eine etwa mögliche Mehrheitsbildung durch ihn vollkommen belanglos und uninteressant geworden seien. Das gehöre zu den überalterten, längst überwundenen Inventarstücken der Demokratie, von der ein moderner Mensch überhaupt nicht mehr spricht. Hauptsache ſei, daß regiert wird und daß eine „konservative Staatsautorität“ dafür forge, daß im Lande Ruhe und Ordnung herrsche. Wer nicht pariere, gegen den werde die Staatsgewalt mit strenger Härte eingesetzt. Sie sprechen zwar noch nicht von Gottes Gnaden, aber sie meinen es so. Das Volk hat nichts mehr zu sagen, und die Herren haben von einem gütigen Himmel die Berufung erhalten, Deutschland zu kommandieren. Vur schade, daß keiner der feudalen Kavaliere vom Herrenklub sich bemüßigt fühlt, einmal diese blutleeren Theorien vor dem Volke selbst, etwa in einer Massenversammlung, polemisch zu vertreten und sich bei den breiten Massen die nötige Zustimmung dazu zu holen. Wäre es nicht so ernst, was da betrieben wird, man könnte versucht sein, darüber zu lachen, und ginge das die Kavaliere allein an, dann könnte man mit einer Handbewegung darüber zur Tagesordnung übergehen. Ist die Wilhelmstraße für das Volk, oder ist das Volk für die Wilhelmstraße da: Besteht die Stärke und das Ansehen der deutschen Armee nur zu dem Zwecke, das Volk für immer niederzubeugen, oder ist sie viel mehr dazu da, der Nation nach außen Leben und Ehre zu gewährleisten? Glauben die Herrenhäusler, daß man auf Bajonetten beliebig lange sitzen kann, und treiben sie ihr Spiel in der Tat so weit, daß sie jene geschriebe, nen Gesetze mißachten und auch aus der Verfaſſung, die wir, man weiß wie oft, beschwören mußten, einen Popanz machen? Aber darum geht es ja gar nicht. Das ist die äußere Spiegelfechterei, unter der sich der ganze brutale und rücksichtslose Machtwille dieser feu dalen Clique verbirgt. Was sie sagen, ist alles nur Phrase und Beiwerk. Was sie tun, darauf kommt es an. Staatsautorität, Konservatiſierung, Ruhe und Ordnung, Überwindung der Demokratie, das sind für die Herren, häusler nur leere Begriffe. Es geht ihnen ewig um die Besetzung der Ämter, der Posten, der Pfründe und um die Wiederherstellung eines durch keinerlei Leistungen gerechtfertigten politischen Einflusses, den sie aus Feigheit im November 1918 verloren haben und nun durch die Indienst. stellung nationalsozialistischer Kraft und Energien zurückgewinnen möchten.

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Sie haben nichts gelernt und alles vergeſſen. Die vergangenen 14 Jahre find an ihnen spurlos vorbeigegangen. Sie haben seitdem nichts für die Wiedergeburt der Nation getan, es sei denn, daß sie Pläne und Projekte entwarfen, Perſonallisten aufstellten und ihre Fräcke bürsteten, um, wurden sie zu hohen Dingen berufen, als vollendete Kavaliere in neuer Schale vor die öffentlichkeit hintreten zu können. Mit Zylinder und Gehrock stolzieren sie einher. Aber in Wirklichkeit sind sie machthungrige Leute, die nach Beute ausgehen, und da sie zu schwach und zu feige sind, sie von eigenem feld zu holen , so halten sie sich hinter der kämpfenden Front zurück, um dann, wenn die wirkliche politische Armee weitermarschiert, in der Etappe das löbliche Handwerk des Schakals zu betreiben. Einer von ihnen war da ſo naiv, den Nationalsozialiſten zuzumuten, ſie sollten ihre historische Aufgabe darin verstehen, zu einer temperierten Opposition zu werden und der Regierung nach und nach den ihr noch fehlenden Rückhalt und Widerball im Volke zu verschaffen. So naiv und dumm sind die, die die Menschen in zwei Klaſſen einteilen. Die einen feien dazu geschaffen, zu dienen, und dazu gehören wir und alles Volk, die anderen dazu geschaffen, zu herrschen, und dazu habe ein weiſes Schicksal sie ausersehen. Sie verwechseln die Herrenreiterei mit der hohen Politik, und sie füblen sich nur wohl, wenn ſie unter ihresgleichen sind. Und wo sie das Volk riechen, da nehmen sie bald Reißaus. Ein dummpfiffiges, bauernschlaues Plänchen haben sie sich ausgeheckt: ſie wollen eine Politik betreiben, die der Sache nach ihrem ganzen feudalen, bürgerlich-kapitalistischen Hochmut entspricht. In der form aber und im Wort wollen sie auf das geschickteste nationalsozialiſtiſche Parolen auffangen, damit die Maſſe irreführend, um sie dann allmählich aus der festen Bindung der Hitlerbewegung_herauszulocken. Das nennt man gut deutsch: Erbschleicherei. Sie legen sich gemächlich in das Bett, das wir hergerichtet haben. Sie setzen sich an den Tisch, den wir deckten und muten uns die demütige Rolle des Armen zu, der mit den Brosamen zufrieden sein muß, die sie herunterfallen lassen. Das ist der nackteste, gemeinste und unanständigste politische Eigennutz, den es in Deutſchland jemals gegeben hat. Niemand wird uns in den Verdacht nehmen, daß wir Schleppenträger des Marrismus ſind, aber das gestehen wir offen, daß es uns sauberer erscheint, mit der SPD. zu kämpfen, die wenigstens so ehrlich gewesen war, offen zu sagen, daß sie uns haßte und verabscheute und auch dem. entsprechend handelte. Das Gesinnungspack, das heute versucht, uns durch eine Breiwand von der Macht fernzuhalten, ist nicht nur dumm und brutal, ſondern auch heimtückisch und gemein. Und deshalb muß man ihm gegenüber ein Geschütz auffahren, das wirklich durchschlägt. Und zwar mit Donnergepol. ter, daß den feudalen Herren Hören und Sehen vergeht. Sie sollen uns kennenlernen. Wir haben ihnen gegenüber bisher eine unangebrachte Milde walten lassen. Aber das ist nun vorbei. Jetzt geht es Auge um Auge und Zahn um Zahn. Ihr habt die Macht, wir wollen sie gewinnen. Wir werfen ihnen den Febdehandschuh vor die Füße und fordern sie auf, mit uns in die Arena des Volkes hinunterzuſteigen, damit das Volk selbst ein Urteil abgeben kann , wem die Macht gebührt, euch oder uns. Ihr schlichet euch an die Verantwortung, indem ihr über die Hintertreppe heraufkamt und dann plötzlich in den Vorzimmern standet..

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Wir waren zu stolz dazu . Wir wählen, wie wir es immer taten, den Aufgang für Herrschaften, und wo die Türen verſchloſſen ſind, da wird das Volk sie durchbrechen.

Erkläret mir, Graf Gerindur ... 15. September 1932 Der Herr Reichskanzler ist eifrigst bemüht, einer staunenden öffentlich. keit klarzumachen, daß das über ihn durch den Reichstag ausgesprochene Mißtrauensvotum nicht zu Recht bestehe, da er den Reichstag schon vor der Abstimmung aufgelöst habe. Der Streit ist entbrannt um die Frage, ob die Abstimmung, als der Reichskanzler sich zu Worte meldete, schon begonnen habe, und wenn ja, ob die Abstimmung nicht dadurch hinfällig geworden sei, daß der Kanzler während der Abstimmung das Auflösungsdekret dem Reichstagspräsidenten, unserem Parteigenossen Göring, auf den Tisch legte und damit die Auf lösung des Reichstags perfekt geworden sei. Es handelt sich, wie man sieht, hier nur um Minuten. Und wer in dem Streit Recht hat, darüber können ein schlüssiges Urteil nur die Juristen abgeben. Aber das interessiert uns hier nicht. Nehmen wir in der Tat einmal an, der Reichstag wäre vor oder während der Abstimmung wirklich aufgelöst worden. Was ändert das an der Tatsache, daß dem Kanzler von einer Volksvertretung, die am 31. Juli, also nach der zweiten Reichs. präsidentenwahl, gewählt worden ist, bescheinigt wurde, daß er in ihr keinerlei Rückhalt besitzt und sich bei 608 Abgeordneten nur auf die Ehrenkompanie der DVP. stügen kann. Das Volk sieht nur die Tatsache. Das ist allerdings ein Ergebnis, das in der Wilhelmstraße vermutlich einigen ärger hervorgerufen hat. Denn diejenigen, auf die es ankommt, das deutsche Volk und das Ausland, die fragen nicht viel danach, ob der Reichskanzler sich zwei Minuten früher oder später zu Wort gemeldet hat, ob der Reichstag in der Tat bereits aufgelöst war und damit nicht mehr das Recht hatte, eine Willenskundgebung zu vollziehen. Sie stellen nur einfach und schlicht fest, daß derselbe Ranzler, der den alten Reichstag auflöſte, weil er nicht mehr dem Willen des Volkes entsprach, im neuen Reichstag - ob vor oder nach seiner Auflösung, das ist dabei vollkommen gleichgültig ― eine Niederlage erlitt, wie sie bis dahin in der Parla. mentsaeschichte aller Völker und Staaten noch nicht erlebt wurde. Damit ist die Situation bligartig erhellt. Das Rabinett hat keinen Rückhalt im Volke. Es ſtützt ſich lediglich auf eine ganz dünne Oberschicht, die keinen Kontakt mit den Massen besitzt und am Ende auch gar kein Verständnis für die Bedürfnisse des Volkes aufzubringen vermag. Die Phraſen, die dabei von den hochwohlgeborenen Ravalieren des Herren. klubs als Begründung und Entschuldigung angeführt werden, sind so wenig stichhaltig, daß es sich erübrigt, überhaupt darauf kritisch einzugehen. Sie sagen, die neuen Minister seien die Vertreter einer autoritären Staatsführung. Woher sie die Autorität zu ihrer Staatsführung nehmen, darüber hüpfen sie mit leichter Bedenkenlosigkeit hinweg. Sie meinen, das sei doch klar: Der Reichspräsident ſei der Hort von Ruhe und Ordnung, und von ihm gehe jede Machtbildung in Deutschland aus. Sie vergessen allerdings, dabei zu betonen, daß auch der Reichspräsident vom Volke

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gewählt ist, und zwar, was nicht übersehen werden darf, mit Hilfe der Parteien und vor dem aufgelösten Reichstag. Die letzte Findung des Volkswillens hat am 31. Juli stattgefunden. Sie allein also kann maßgebend sein für die Bildung einer Regierung, die der Meinung der Mehrheit in Deutschland entspricht. Die Heldenfänger der DNVP. zupfen auf ihrer Parteiharfe die Saite des Antiparlamentarismus. Nur die Melodie klingt schlecht. Sie waren so lange parlamentarisch, als sie im Parlament etwas mitzureden hatten. Seitdem sie zu einem hoffnungslosen Häuflein zusammengeschmolzen sind, sind sie Feinde des Parlaments. Was will dieser Klüngel überhaupt noch Uns an unsere Grundsätze gemahnen: Da lachen ja die Kühe. Wenn eine monarchistische Partei einmal das Republikschutzgesetz nicht nur angenommen, sondern im Reichstag federführend vertreten, wenn eine nationale Partei einmal im Reichstag die Dawesgesetze zur Hälfte akzeptiert und zur Hälfte abgelehnt hat, dann besitzt sie in den Augen des Volkes nur einen Grundsag, nämlich die Grundfaglosigkeit. Sie erklären, die Parteien sind unser deutsches Unglück. Sie müßten also folgerichtig zuerst einmal die Deutſchnationale Partei auflösen, da sie doch vermutlich auch zu diesem deutschen Unglück gehört. Öder etwa deshalb nicht, weil sie die kleinste ist? Ist das Unglück um so größer, je größer die Partei ist, und finden wir hier des Rätsels Lösung, warum eigentlich diejenigen, die die kleinste Partei besitzen, in Deutſchland am weitesten das Mund aufreißen dürfen? Die DVP. wendet sich in einem feierlichen Parteiaufruf an die „alten Bundesgenossen innerhalb der VISDUP.“. Das hat in den Kreiſen unserer Partei- und Wählerschaft ein stürmisches Gelächter zur Folge gehabt. Die DVP. scheint der Meinung zu sein, daß, weil sie mit uns zeitweilig ein Stück Weges zusammen gehen durfte, oder besser gesagt, sie die Erlaubnis bekam, sich bei uns auf den Soziussitz zu setzen, unsere Partei ihren märchenhaften Aufstieg nahm. Wir müssen bescheiden darauf aufmerksam machen, daß das ein falscher Irrtum ist. Wir haben nicht gesiegt mit oder durch, sondern trotz der DUVP. Wenn sie es noch nicht wissen sollte, dann sei es ihr hiermit gesagt, daß wir dabei immer alle Hände voll zu tun hatten, der eigenen Parteigenossenschaft klarzumachen, warum und wieso wir für eine Zeit lang den alten Kohlenkahn der DMVP. an unseren Kreuzer anhängen mußten. Den jetzt kommenden Wahlkampf führen wir nicht als Partei, sondern als politische Armee des neuen Staates." Gestatten Sie, daß wir schrill kichern. Es ist wohl so gemeint, daß die Paladine der DUVP. in dieser politischen Armee die Generalsstellen besetzen und unsere Leute werden gnädigst als Muskoten zugelassen. Das ist der Sinn des ganzen Manövers. Und darum ſteht die Reaktion in Deutschland in Treue fest vereint, um mit Liſt und Tücke den modernen revolutionären Staatsgedanken der nationalsozialistischen Bewegung zu ersticken und die wertvollen Kräfte, die in ihm zum Fluß gekommen sind, allmählich in das ungefährlichere Fahrwasser des politischen und wirt. schaftlichen Rückschrittes überzuleiten. Sie rechnen nur nicht mit uns. Wir gestatten uns ergebenſt, darauf

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aufmerksam zu machen, daß wir auch noch da sind, und daß wir die löbliche Absicht haben, im kommenden Wahlkampf die DAVP. mit ihrem ganzen reaktionären Klüngel nach allen Regeln der Kunst zu vermanschen und unterzuwurſten. Nur eine Frage noch an den Herrn Reichskanzler selbst. Er will den Rampf gegen den Bolschewismus führen. Zur gleichen Zeit aber wirft er der nationalsozialistischen Bewegung den Fehdehandschuh vor die Füße. Er muß also nach zwei Seiten fechten und kann sich dabei nur auf eine kleine, dünne Oberschicht stützen, die mehr durch Alter als durch Weisheit bemerkenswert erscheint. Beschleicht ihn nicht manchmal die bange Sorge, daß er mit seinem Rabinett zwischen die beiden kämpfenden Fronten geraten und dabei ſamt seinen Hilfstruppen, die sich nicht gerade durch politische Tapferkeit auszuzeichnen pflegen, aufgerieben werden könnte? Erkläret mir, Graf Gerindur, diesen Zwiespalt der Natur!

Wir sind objektiv

8. Oktober 1932 Die Regierung, die ihr verwandte systemtreue Presse und die Hinter männer des augenblicklich an der Macht befindlichen Systems tun sich, wenn sie vor der öffentlichkeit stehen, sehr viel darauf zugute, daß ſie die Vertreter und Wortführer eines über den Parteien und ihren blinden Leidenschaften stehenden staatsautoritären Objektivismus sind. Sie er klären, daß es ihre vornehmste Aufgabe und Pflicht sei, die deutsche Politik aus dem Dunst des parlamentarischen Getriebes herauszuheben und auf eine höhere, sozusagen neutrale Warte zu stellen. Es ist in ihren Augen deshalb schon an sich kompromittierend, eine große Partei oder gar Millionenbewegung zu repräsentieren; sie sagen das zwar noch nicht offen heraus, aber das schimmert so durch die Zeilen, daß das eigentlich der schlüssige Beweis dafür ist, daß man von der wahren Staatspolitik nichts verstehe und keineswegs über jene schöpferische Genialität verfüge, die erſt den wahren, führenden Kopf ausmache. Je kleiner die Partei ist, desto größer ist nach Ansicht dieser Strategen die Begabung, die in ihrer Führung zum Ausdruck kommt, und wenn einer gar das Unglück hat, durch seinen politiſchen ' Kurs und ſein welt. anschauliches Programm Dutzende von kleinen Splitterparteien zu zer. schlagen und aus ihren Trümmern eine mitreißende, gewaltige Volks. erhebung zu mobilisieren, dann eignet er sich zwar bestenfalls als Tromm. ler, den man im Kreise der Experten halb wohlwollend und halb mit. leidig in seinem Tun und Laſſen beobachtet, ansonst aber verfährt er gut dabei, sich aus den tieferen Geheimnissen der Politik herauszuhalten. Wir sind objektiv! So sagen die feinen Herren! Parteien hin, Parteien her, das schiert uns nicht im mindesten. Wir dienen einer höheren, vom beschränkten Untertanenverstand zwar nicht begriffenen Staatsweisheit, aber wir sind der Meinung, wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch, wenn es überhaupt daran noch fehlen sollte, den Verstand dazu. Wohin der Staat und das Volk bei einem so blutleeren und wirklichkeitsfremden Objektivismus gerät, das steht allerdings auf einem anderen Blatt ge. schrieben.

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Zwei Prozesse politischen Charakters, die in dieser Woche in Berlin zu Ende gingen, haben das wieder einmal hinreichend und in die Augen springend unter Beweis gestellt. Eine Reihe von Kommunisten sind des Totschlags an einem SA..Mann beschuldigt. Das Verhör des Gerichts geht wochenlang hin und her, Zeugen und Gegenzeugen treten auf, und es ergibt sich trotz aller Vernebelungsversuche durch die bolschewistische und andere Judenpresse am Ende doch das einwandfreie Bild eines wohl. inszenierten und raffiniert durchdachten politischen überfalls einer kom munistischen Terrorgruppe auf SA.-Männer, eigens zu dem Zwecke durch geführt, friedlichen Nationalsozialisten Schaden an Leben und Gesundheit zuzufügen, wobei dann auch, was durchaus im Sinn dieser Aktion lag, ein SA.-Mann zu Tode kam. Der Vorsitzende des Gerichtshofes selbst hatte im Verlauf der Verhandlung bei einer Gelegenheit, da die Angeklagten sich rüde und anmaßend aufführten, ihnen mit Ernst und Strenge vor gehalten, daß sie sich wohl noch nicht klar darüber seien, daß es hier um ihren Kopf gebe. Und das Ergebnis: Sämtliche Angeklagten wurden freigesprochen. Die Judenpresse bricht darob in ein wahres freudengeheul aus. Die groß angelegte Entlastungsoffensive, die von ihr, bei Ulsteins angefangen und bei der Roten Fahne" endend, für die kommunistischen Mörder eingesetzt hatte, führt zum gewünschten Erfolg. Das Gericht ist dem Buchstaben treu geblieben. Der Paragraph hat seinen Sieg davongetragen über den wahren, grauenvollen Sachverhalt, und ein Toter liegt in der kühlen Erde des Luisenstädtischen Friedhofs, ohne daß der überlebende Objek tivismus einer autoritären Staatsführung dafür die dem Volksempfinden gerecht werdende Sühne gefunden hätte. Das aber ist nicht einmal das Ausschlaggebende. Grauenvoller und unausdenkbarer noch als dieser Freispruch ist die Begründung, die ein hohes Gericht ihm beizugeben für notwendig und unerläßlich fand. Die gestrengen Herren im schwarzen Talar, die leider in ihrem ganzen Leben vielleicht noch nicht Gelegenheit gehabt haben, einen kommunisti. schen Terrorversuch auch nur aus der Ferne zu beobachten, die zu objek. tiv und zu gelehrt sind, um sich über das Wesen und die möglichen staats. politischen Auswirkungen des Bolschewismus hinreichend zu orientieren, geben hier, mit richterlicher Unantastbarkeit ausgestattet, Argumente zum besten, die dem Kenner der wahren Sachlage nur noch kaltes Entsetzen einflößen können. Das Gericht, so sagen sie, sei nicht in der Lage gewesen, festzustellen, wer die tödlichen Schüsse abgegeben hätte. Das konnte man zwar auch in Beuthen bei dem Fall Potempa nicht feststellen, aber trotzdem gab es fünf Todesurteile. Es sei den Angeklagten nicht zu widerlegen, daß sie in die Röntgenstraße gingen, um ihre Kameraden zu begleiten. Allerdings nicht! Es fragt sich nur, zu welchem Zweck ſie ſie begleitet haben. Wer zuerst schoß, sei möglicherweise nicht in Notwehr gewesen, wohl aber der, der den zweiten Schuß abgab. Vielleicht liege aber auch schon beim ersten Schuß eine Notwehr vor; wenn nämlich von der einen Seite eine drohende Bewegung ausgegangen sei, die die andere Seite zur Annahme zwang, daß sie angegriffen werde. Der erste Schuß, der zweite Schuß! Möglicherweise, so meinen die Herren im Talar, sei der erste nicht in Vlotwehr abgegeben worden. Viel leicht aber doch, und zwar dann, wenn eine drohende Bewegung von der Gegenseite zu der Annahme zwang. Welch ein weites Herz und welch ein 332

humanes Verständnis offenbart sich in diesen wenigen Sätzen. Nur die Annahme also und eine drohende Bewegung genügen, um aus kommu nistischen Pistolen die Kugeln loszulaſſen. Wo sah man je uns gegenüber eine gleiche Generosität: Wenn wir bei jeder Annahme und drohenden Bewegung schießen wollten, dann könnte man in allen deutschen Städten gleich Schützengräben aufwerfen. Wir sind immer nur in Notwehr, wenn wir bereits tot sind. Und liegt einer mit schwerer Verwundung im Lazarett, dann sucht man ihm gleich die Taschen nach, ob sich irgendwo bei ihm ein Schießzeug finde, und wenn ja, dann liefert man ihn unverzüglich in der Polizeiklinik ab. Aber objektiv sind sie! So objektiv, daß einem die Haare zu Berge stehen. Der Buchstabe triumphiert ! Und von dem Geiſt ſelbſt ihrer eigenen, gewiß nicht bewundernswerten Gesetze haben sie nicht einmal einen Hauch verspürt. Wenn beispielsweise ein jüdischer Polizeifunktionär mit Namen Dr. Weiß, den die objektive Staatsautorität aus seinem Umt verjagte wahrscheinlich doch wohl nicht, um ihm damit eine besondere Ehre anzutun und ihm ausdrücklich zu bestätigen, daß er des erhöhten Ehrenschutzes für hohe Staatswürdenträger in erster Linie bedürftig sei , von national. sozialistischen Presseorganen der fragwürdigsten Manipulationen in ſeinem Amte beschuldigt und ihrer vor Gericht auch überführt wird, dann wirft man die Ankläger, weil sie sich nach den Buchstaben eines dem Volke unverständlichen Gesetzes vielleicht in der form vergriffen, auf drei und fünf Monate ins Gefängnis, während der jüdische Polizeifunktionär des ihm nicht zustehenden erhöhten Ehrenschutzes teilhaftig wird und frisch und blütenrein wie ein neugeborenes Kind aus der ganzen Affäre hervor. geht. Amtsentsegte Würdenträger find alſo nach Maßgabe dieſes neutralen Objektivismus immer noch Würdenträger. Sie rangieren nur als außer Dienst und beziehen nicht allein aus den Steuergroschen des Volkes, das sie malträtierten, eine fette Penſion, ſondern werden obendrein noch mit allen Dekorationen dieses von Gott und aller Welt verlassenen Systems behängt und ausgeschmückt. Pistolenschützen, die einen deutschen Mann bei Nacht und Dunkel hin. morden, gehen frei aus, nationalsozialiſtiſche Ankläger werden ins Ge fängnis geworfen. Frontsoldaten und Oberschlesienkämpfer, die einem Insurgenten das Lebenslicht ausblaſen, will man aufs Schafott führen, und ein davongejagter jüdiſcher Polizeivizepräsident ſteht lächelnd und nur etwas benommen über so viel Ehre, die man ihm antut, ſauber und in seinen Blößen mit dem Mantel der richterlichen Liebe zugedeckt, vor den erstaunten Augen des deutschen Volkes. Das ist der Objektivismus, so wie er leibt und lebt! Besser und beweis. kräftiger konnte er sich gar nicht demaskieren. Fragt man uns, warum wir im Kabinett nicht mitgemacht haben, dann geben wir zur Antwort : Um unseren guten Namen bei solchem Aberwitz nicht aufbrauchen zu lassen. Und fragt man weiter, was wir am 6. Jovem ber beseitigen wollen, dann sagen wir: Diesen ganzen Klüngel aus Menschen und Dingen, der, ließe man ihn gewähren, in einem Jahre Deutschland in die Arme des Bolschewismus treiben würde.

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Der schwelende Bürgerkrieg

18. Oktober 1932 Straßenkampf in Dortmund. Zwei Tote, 12 Schwerverletzte. Kommu nisten überfallen nationalsozialistische Zettelverteiler. Bei den sich darauf entspinnenden Kämpfen zwischen ihnen und der Polizei wird eine unbeteiligte Frau getötet. Drei Schwerverletzte, ein Toter in Leipzig. Nationalsozialisten, die von einer Versammlung heimkehren, werden von Rommunisten überfallen, drei von ihnen durch Schüsse schwer verletzt, einer getötet. Drei S.-Männer in Wien ermordet. Schwerer Feuerüberfall aus sozialdemokratischem Arbeiterheim. Drei SA.-Männer finden dabei den Tod. Ebenso wird ein Wachmann von austromarxistischen Schützen ermordet. 30 Personen verlegt. Im Parteiheim der Austromarristen findet eine polizeiliche Unter suchung statt. Dabei werden 70 Gewehre und eine große Anzahl von Revolvern gefunden . 60 Perſonen werden verhaftet. Bei Eintreffen der Polizei findet man sie zum Teil noch mit rauchenden Gewehren in der Hand. Das sind die Hiobsposten eines einzigen Tages. Der Montag", das Scherliche Sonntagabendorgan, bringt unter einer ausführlichen meldung über das Blutbad in Dortmund lakonisch die lachricht: Die Ver anstaltung der Rhein -Ruhr-Handelskammer im städtischen Theater in Dortmund, bei der der Reichskanzler sprach, verlief ohne jeden Zwischenfall." Damit hätten wir in skizzenhaften Andeutungen den Umriß der gesamtpolitiſchen Lage in Deutschland. Es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Regierungspolitik, auch wenn nicht gewollt, so doch praktisch die Schrittmacherin des Bolschewismus ist. Deutschland treibt mit rasendem Tempo dem Bürgerkrieg entgegen. Wer es nicht glauben will, der wird am 6. November eines Besseren belehrt werden . Daß die Kommunisten bei der nächsten Wahl etwa eineinhalb bis zwei Millionen Stimmen gewinnen, das ist heute ſo ſicher wie das Amen in der Kirche. Der Kanzler mag dagegen protestieren. Er mag zum Schutz für die abendländische Kultur eine christlich-konservative Politik betreiben. Alles das ändert nichts an der Tatsache, daß er durch sein System des Herrenklubregimes den Marxismus aufs neue konſerviert, daß sein blutleerer Objektivismus die bolschewistische Gefahr wiederum über Deutschland hereinzieht, und daß dieſes Rabinett durch sein schützen. des Dazwischentreten in der Auseinandersetzung des Nationalsozialismus mit dem roten Terror die deutsche Entwicklung noch einmal um ein Jahr zurückgeworfen hat. Wir warnen beizeiten. Wir gehören nicht zu jenen leichtgläubigen Optimisten, die ihre Beurteilung der Gefahren, die Deutschland heute bedrohen, allein aus wohltönenden und opportuniſtiſch gefärbten Miniſter. reden schöpfen. Wir denken nicht daran, uns einem Optimismus der öffentlichen Meinung zu beugen, wie er von der Regierungspresse augen . blicklich in einer geradezu sträflichen, verantwortungslosen Weise betrieben wird. Die Regierung hat den Kriegsopfern die Renten gekürzt, sie hat den Arbeitern die Löhne gestrichen. Sie hat für das gesamte schaffende Volk 334

das Tarifrecht zerschlagen. Als Ersag dafür subventionierte sie die großen Bank und Industriekonzerne. Solange das Volk noch die Hoffnung hegen konnte, daß durch diese rigorosen Maßnahmen eine sichtbare Besserung der wirtschaftlichen Lage eintreten würde, war es vielleicht geneigt, diesem Versuch mit reservierter Neugierde zuzuschauen . Jetzt. da es sich erweist, daß die Arbeitslosigkeit in erschreckendem Maße zunimmt, daß die Kontingentpolitik der Regierung einerseits dem Bauern nicht geholfen hat, andererseits aber Deutschland wieder zu der ganzen Welt in Feindschaft brachte, daß der durch die gekürzten Löhne ein. geschrumpfte Ronſum in absehbarer Zeit auch die legten Reste deutscher Produktion zum Erliegen bringen wird, jetzt fängt das Volk an, auf zumerken ; und es wird keine zwei Wochen mehr dauern, dann befindet Deutschland sich im Zustande allgemeiner Empörung. Man glaube doch nicht, daß man des Rommunismus Herr wird, wenn man seine Organisationen in ihrer Betätigung einengt, seine Zeitungen verbietet, andererseits aber eine Politik macht, die in ihrer ganzen reaktionär-unſozialen Anlage die arbeitenden Massen mit Gewalt in die linke front hineintreibt. Die Veranstaltung, bei der der Reichskanzler sprach, verlief ohne jeden Zwischenfall." Warum auch nicht? Wir wüßten nicht zu sagen, was die Kommunisten mit dem Herrn Reichskanzler auszumachen haben! Im Gegenteil, sie können ihm nur dankbar sein ! Er kommt ihnen grade zurecht. Seine Politik hat dem Bolschewismus in Deutschland neuen Auftrieb gegeben, und wenn die Kommunisten am 6. November mit etwa 120 Mandaten in den Reichstag einziehen, dann dürfen sie dafür der gegenwärtigen Reichsregierung ein Danktelegramm schicken. Der Reichskanzler behauptet in seinen Rundfunkreden, er betreibe nationalsozialistische Politik. Er schreibt über seine unsozialen Maßnahmen die nationalsozialiſtiſche Parole „ Gemeinnug geht vor Eigennutz". Er entwickelt vor Wirtschaftsverbänden und Industrievertretern sein Subventions und Lohnkürzungsprogramm. Dort klatscht man ihm begeistert Beifall, und die Veranstaltung verläuft „ohne jeden Zwischenfall". Unterdes aber stehen nationalsozialiſtiſche SA.-Männer draußen in den Proletariervierteln vor den Zechen und Fabriken und verteilen flug. blätter. Unter dem Pistolengeknatter bolschewiſtiſcher Mörder brechen sie schwerverwundet oder tot zusammen . Was sagt die öffentlichkeit zu diesem schreienden Gegensatz? Was sagen die Vaterlandsfreunde dazu ? Nationalsozialiſtiſche SA.-Männer werfen für ihre Sache ihr Leben hin, und ihrem Führer verwehrt man die Macht! Unterdes aber betreibt der Kanzler eine Politik, die in ihren Auswirkungen den Bolschewismus ernährt und Deutſchland reif macht für den roten Umsturz. Wer Augen hat, zu sehen, der sehe. Die Zeichen der Zeit sind deutlich genug. Was sich in Dortmund ereignete, ist nur ein Symptom. Der blutige Wiener Vorgang spielte sich unter einer gleichgearteten Regierung ab wie die, die heute Deutschland beherrscht. Der bürgerliche Patriotismus regiert, der Bolschewismus wächst, und Nationalsozialiſten müſſen ihr Leben lassen. Die schwelende Bürgerkriegsgefahr, die heute über Deutschland und Österreich liegt, wird eines Tages furchtbar zum Ausbruch kommen, wenn nicht zur rechten Stunde Umkehr gehalten wird. So wie bisher geht es

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nicht weiter. Wir rufen es noch einmal all denen zu, die es angeht: Macht den Platz frei! Hitler allein kann Deutschland vor dem Bolschewismus retten. Wer ihn an der Machtübernahme hindert, ist ein Schrittmacher des Bolschewismus, und das Unglück, dem Deutschland entgegengeht, ! komme über sein Haupt.

Wo steht der Feind?

24. Oktober 1932 Der Berliner Lokalanzeiger", jenes Blatt, das im Gegensatz zum mondänen „Magazin“, zur ſenſationshaschenden „Vlachtausgabe" und zum seriösen Tag" für die breite Masse des guten, braven, deutschen Spießer. tums geschrieben ist, verschwendet das Papier seiner Sonntagsausgabe zu dem fruchtlosen Bemühen, nachzuweisen, daß die Regierung Papen fester und unerschütterlicher denn je dastehe, daß dagegen in der NSDAP. eine bedenklich stimmende Führerkrise ausgebrochen sei, und daß zu dritt Schreiber dieser Zeilen den Kampf gegen die DVP . in einer Art und Weise führe, die es jedem anständigen Deutschen unmöglich mache, ſich mit ihm ehrlich und fachlich auseinanderzusetzen. Der patriotische Barde des Scherl-Ronzerns greift in die Saiten seiner auf Frieden gestimmten Leier und erhebt ein bewegliches Wehklagen, weil Hitler und ſeine nationalsozialistische Bewegung es sich nicht wider. spruchslos gefallen lassen wollen, daß eine Clique von wildgewordenen Reaktionären ihnen die wohlverdiente Macht aus der Hand winde. Der Barde bedient ſich dabei jener überheblich arroganten Vokabeln, die wir ſeit je an ihm gewohnt sind, und es wäre kaum der Mühe wert, sich mit ihm überhaupt auseinanderzusetzen, wenn nicht die ihm eigene Demagogie, die er sonst nur bei uns vermutet - man sucht niemanden hinter einem Busch, es sei denn, man habe selbst schon dahintergesessen , ihn dazu verleitete, feststehende Tatsachen einfach auf den Kopf zu stellen und daraus einen Tomatensalat von Schlüſſen zu ziehen, die ihm, wenn er sie von Mann zu Mann vorbrächte, der kleinste SA.-Soldat mühelos widerlegen könnte. Es versteht sich am Rande, daß der gut bezahlte Schreiber fest davon überzeugt ist, daß die DNVP. am vergangenen Mittwoch einen vollen Sieg über die NSDAP. in der Redeſchlacht in der „Veuen Welt“ davon . getragen habe. Alles, was wir darüber berichteten, ist eitel Schwindel und Lüge, und nur das Lokalorgan des Scherl-Verlages hat über diese Begebenheit objektiv und fachlich geschrieben. Im übrigen wird mit einer Wehmutsträne im Knopfloch versichert, daß es mit Deutschland erst dann wieder bergauf gehen könne, wenn alle zusammenhielten und ein. stimmten in den Ruf, der seit 1918 so oft schon ohne jede ſichtbare folge erklungen ist: Seid einig, einig, einig! Merkwürdig, daß davon immer nur diejenigen reden, die an der Macht sigen. Verständlich aber bei einer Parteigruppe, die, wie die DLTVP., die Macht erschlichen hat, indem sie sich über die Hintertreppe in die Vorzimmer der Verantwortung hineinmogelte, und jegt breit und frech auf den Polstersesseln sigt, die ihr auf Grund ihrer Arbeit und des damit verbundenen Erfolges keineswegs zustehen. Es bricht also einer in meine Wohnung ein, segt sich, ohne viel Worte zu machen, an den gedeckten Mittagstisch, läßt es sich bei Speiſe und Trank wohl sein, steckt nach 336

beendeter Mahlzeit, als wenn es ihm gehörte, das Eßbesteck in die Tasche und, wenn der Wohnungsinhaber, sich aus seiner Verblüffung erholend, ihn heftig drohend zur Rede stellt, ihm gar noch ein paar wohlverdiente Ohrfeigen verabreichen will, erklärt mit breitem, zynischem Grinsen, wir sollten doch einig sein, es habe gar keinen Zweck, deutsches Brüderblut zu vergießen, nur die Solidarität mache stark, und es lebe die Harz, burger Front! Überschrieben ist dieser ganze Unfug mit der wehmütigen Frage: „Wo steht der Feind?" Wo der Feind steht, das wollen wir ihnen ehrlich und offen sagen : Der Feind steht da, wo das Volk um seine Rechte betrogen werden soll, da, wo Patrioten vor dem Kriege und während des Krieges den Marrismus, der der noch schlimmere Feind ist, konserviert haben, um im November 1918 schmählich vor ihm zu kapitulieren. Der Feind steht da, wo Monarchisten das Republikschutzgesetz erneuern und Freiheitskämpfer den Dames- Vertrag möglich machen. Der Feind steht da, wo man vor der Wahl die Aufwertung verspricht und danach die Abwertung vollzieht. Da, wo man mit dem Zentrum demütigende Roalitionen abſchließt und seinen Gefallen daran findet, an jedem Tage und vor jeder Mahlzeit von ihm unter dem Hohngelächter der Sozialdemokratie geohrfeigt zu werden. Daß der Marxismus beseitigt werden muß, darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten. Daß wir uns im Kampf gegen ihn bewährt haben und weiterhin bewähren werden, dafür sind 350 tote SA.-Kameraden die stummen Blutzeugen. Der Schreiber täte gut daran, erst gar nicht danach zu forschen; denn man würde sonst versucht sein, ihn und seine Partei etwas vorwitzig zu fragen, was sie denn im Kampf gegen das internationale Gift bisher bereits geleistet und vollbracht hätten. Der Marrismus ſoll fallen, darüber gibt es gar keinen Zweifel ; aber nicht, damit sich eine überlebte, volksfremde Schicht an seine Stelle setzt, die schon einmal durch ihre engstirnige Kurzsichtigkeit Spartakus über das Reich kommen ließ und im entscheidenden Augenblick nicht den Mut zur Abwehr fand, ſondern jämmerlich verſagte und kapitulierte. Den offenen Feind braucht man uns nicht zu zeigen, den kennen wir besser als andere, da wir ihm seit zwölf Jahren auf den Fersen sigen. Den geheimen Feind aber tut es not, aus der heimtückischen Vertarnung des Profitkapitalismus mit patriotischem Unstrich herauszuziehen und in das helle Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit hineinzustellen. Denn er wäre, ließe man ihn gewähren, in der Lage, das deutsche Volk noch einmal in die Arme des Bolschewismus hineinzutreiben und damit endgültig unser nationales Schicksal zu besiegeln . Und dieser geheime Feind steht da, wo Bolschewismus und Nationalsozialismus aus bürgerlicher Instinktlosigkeit nach gleichen Maßen gemessen werden, wo man den Arbeitern das Tarifrecht zerschlägt und die Löhne kürzt, wo den Kleinrentnern und Kriegsopfern die Renten gestrichen und den Arbeitslosen ihre kargen Hungerunterstützungen genommen werden , wo man dagegen die großen Konzerne und Truste mit Millionen und Milliarden subventioniert, ohne damit die Produktion wieder anzukurbeln. Wo die bürgerlichen Patrioten sich ihr Wirtschaftsprogramm von dem bankerotten Juden Jakob Goldschmidt einpusten lassen, während die jüdische Preſſe ihnen Beifall klatscht; wo man Adolf Hitler in verbohrter Engstirnigkeit von der Macht ausschaltet und den verantwortungslosen 22 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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Verfuch unternimmt, über seinen Ropf hinweg ein Diktaturregiment ohne Volk im luftleeren Raum zu errichten. Wir würden den offenen Feind nicht schlagen können, wenn wir deni geheimen ungeschoren ließen. Das Deutschland, das aus dieſer zwiefachen Frontstellung hervorgehen soll und wird, muß ein Deutſchland ſein, das weder bürgerlich noch proletarisch ist; denn damit allein gewinnt es die Kraft, die Klassen. und Rastenbarrieren niederzulegen und eine neue Volksgemeinschaft aller schaffenden Deutschen aufzurichten. Wir geben uns nicht der Hoffnung hin, daß der elegante Schreiber uns versteht; das ist auch gar nicht der Zweck dieser Auseinandersetzung. Ver. stehen aber sollen und werden uns jene vielen braven Deutschen, die durch die gewissenlosen Verneblungsversuche der deutſchnationalen Preffe noch bei einer Partei festgehalten werden, die, weil sie selbst den Klaſſenkampf von oben führt, niemals die Kraft haben wird, den Klaſſenkampf von unten zu beseitigen. Da steht der Feind, wo man, ob rechts oder links, verſucht, die in Hitler und seiner Bewegung schon begonnene Volkwerdung der deutſchen Nation noch einmal zu verhindern. Wo er steht, da greifen wir ihn an ! Und wir sind davon überzeugt, daß wir ihn am Ende trog allem doch in den Staub legen werden !

Der Kanzler ohne Volk

7. November 1932 Das ist das in die Augen springende Ergebnis der gestrigen Wahl : Der Reichskanzler, der da glaubte, ſich auf das deutsche Volk berufen zu können, verfügt, wenn man die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei als seine bedingungslose, gefügige Gefolgschaft anſieht, über gerade 10 Prozent des mündigen deutschen Volkes. Eine so schwere Niederlage hat, solange Geschichte durch öffentliche Abstimmungen mit beeinflußt oder gar gestaltet wird, ein Regierungsmann noch niemals erlebt. Eine ganze Nation erhebt sich, um gegen ein dilettantisches System Protest einzulegen, das da versuchte, in einer seichten Oberflächlichkeit an den grundsäglichen Problemen der Zeit vorbeizuhuſchen und sich dabei die Arbeit anderer, die ohne sein Zutun geleistet worden ist, zu eigen zu machen. Wenn diese Wahl überhaupt einen Sinn haben konnte, und wenn die Regierung nicht über jedes geschriebene und ungeschriebene Gesetz der Volkssouveränität hinweggehen will, dann muß das Kabinett noch im Laufe des heutigen Tages seinen Rücktritt anmelden. Es hatte versucht, sich an dieser vernichtenden Abstimmung im Reichstag vorbeizudrücken. Es kam dem Votum der Parteien durch Auflösung zuvor, oder besser gesagt, es wollte unter Bezugnahme auf tote Para graphen diese Abstimmung nicht wahrhaben. Es hat an das Volk appelliert, und das Volk hat ihm auf diesen Appell eine Quittung überreicht, wie sie für sie blamabler gar nicht gedacht werden konnte. Daß die nationalsozialistische Bewegung bei diesem Wahlgang eine gewisse Einbuße erleiden würde, das lag von vornherein klar zutage. Sie mußte in dieſer hiſtoriſchen Phaſe ihrer Entwicklung alle die Elemente abstoßen, die in den bewegten Wahlen der vergangenen Monate zu ihr herübergewechselt waren, meistens nicht, um mit ihr und durch sie jene entscheidende politische Umwälzung zu vollziehen, die unser Ziel und

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unsere geschichtliche Aufgabe ist. Sie kamen oft, weil fie irrtümlicherweise glaubten, daß es bei uns etwas zu erben gäbe, und in dem Augenblick, in dem sie erkennen mußten, daß die nationalsozialistische Bewegung mehr vorhatte, als einen leichten Sieg zu erkämpfen und dann an die Verteilung der Posten zu gehen, schwenkten sie wieder in ein anderes Lager über, von dem sie annahmen, daß es bequemer die schon halb eroberte Macht würde behaupten können. Wenn man die an sich gesunkene Wahlbeteiligungsziffer mit in Rechnung stellt, dann fällt dieser Verlust kaum ins Gewicht. Jedenfalls kann er bei den nun vor der Tür stehenden weitreichenden Entscheidungen von gar keiner Bedeutung sein. Die Bewegung hat sich gegen die Erbschleicherei der Reaktion auf das männlichste und tapferste zur Wehr gesetzt, und die hohen Herren, die da ausgezogen waren, um ſie aus dem Sattel zu werfen, liegen nun selbst im Staub der poli tischen Arena. Eine Partei, die mit heroischer Selbstentsagung um des großen Zieles willen einen solchen Kampf auf sich nimmt und ihn gegenüber den verlockendsten Versuchungen so hochgemut und kompromißlos durchführt, beweist damit, daß sie wirklich von historischem Rang ist und daß sie es auch unter schwersten Belastungen wagen kann, das Unpopuläre zu tun, weil es notwendig ist, und damit, wie so oft schon in unserer Vergangen. heit, die eigentliche Wurzel zu legen zu einem noch höheren Aufstieg. Vielleicht wird der Reichskanzler mit einigem Kopfschütteln feststellen, daß sein Rampf gegen die Parteien nur dazu geführt hat, die kläglichen und bejammernswerten überreste der bürgerlichen Interessenhaufen hier und da noch einmal zu einem gewiß sehr kurzen Scheinleben zu galvani . sieren. Darüber wollen wir mit ihm nicht rechten. Denn die Menschen, die vor großen politiſchen Entscheidungen der nächsten und allernächsten Zeit in das Lager ausgerechnet der Volkspartei ausweichen, sind wert. mäßig gesehen von keinem Belang. Was uns aber von weiterer Tragweite scheint und wofür man niemals die Verantwortung wird ablehnen können, das ist die Tat, sache des Anschwellens des rötesten Marrismus, der vor allem in den Großstädten einen Umfang angenommen hat, der zu den schwersten Besorgnissen Anlaß gibt. Die konservative, christliche und staatsautoritäre Politik, die der Reichskanzler betrieb, hat praktiſch nur zu einer Konservierung des Bolschewismus geführt, bei dem die christliche Weltauffassung sich zweifellos in guten Händen befindet und der, ließe man dieses Rabinett der sozialen und politiſchen Reaktion weiter gewähren, gewiß in abseh, barer Zeit die Dinge an sich reißen und eine „Staatsautorität der Sowjets" aufrichten würde, unter der den eunmalklugen des Herrenklubs ver. mutlich sehr bald grün und blau vor den Augen werden würde, ſofern man ihnen überhaupt noch Gelegenheit gäbe, sie aufzumachen. Die Deutschnationalen wollten die bequemen ugnießer des Versuches sein. Sie hatten sich in ein Bett gelegt, das für sie nicht bestimmt war, und glaubten nun, die gebratenen Tauben würden ihnen nur so in den Mund hineinfliegen. Das Ergebnis steht in einem geradezu grotesken Verhältnis zur aufgewandten Mühe. Die paar Mandate, die die DNVP. für sich gewinnen konnte, werden ihr keine reine Freude bereiten. Und wenn die schreibenden Juden des Scherl-Verlags nun das, was sie sich von diesem Wahlgang erwarteten, mit dem vergleichen, was sie tat sächlich erreichten, dann wird auch ihnen allmählich die Ahnung aufgehen,

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daß man eine Weltanschauungsbewegung, die unter Opfern und Blut ſich hochgekämpft hat, nicht durch parteipolitische Manöver und Intrigen an die Wand drücken kann. Sei dem, wie ihm wolle! Jedenfalls hat die kommunistische Partei alle Veranlassung, dem Reichskanzler ein freundliches Danktelegramm zu senden ; und wenn es nach fug und Recht geht, dann wäre es wohl seine legte Amtshandlung, solche Botschaft in Empfang zu nehmen. Dieser Kanzler mit der unglücklichen Hand hat nun auf allen Gebieten, auf denen er sich, nie in die Tiefe dringend und immer nur an der Oberfläche herum. plätschernd betätigte, vollkommen Schiffbruch erlitten. Sein Wirtschaftsprogramm ist erledigt, seine sogenannte Staatsautorität" steht nun nackt und bloß und bar jeden Anhanges im Volk vor den Augen der Öffentlich. keit, seine innerpolitischen Husarenritte sind in der Barriere stecken. geblieben, steigende Defizite in den Finanzen reden eine von Tag zu Tag drohender werdende Sprache, in der Welt ist Deutschland mutterseelenallein, und nun hat das ganze Volk mit überwältigender, neunzigprozen. tiger Mehrheit sich von diesem Kanzler und seiner Politik losgesagt. Die nationalsozialistische Bewegung kämpft heute unerschütterter denn je. Sie ist durch den Sumpf der parteipolitischen Verleumdung, die dies. mal von der Reaktion betrieben wurde, aufrecht hindurchgeschritten und im Nahkampf mit dem Gegner durch einen fehlgegangenen Wurf nur leicht verlegt worden. Auch diese Auseinandersetzung hat wie alle, die wir bestehen mußten, unsere Kraft und sieghafte Ausdauer nur gestählt. Wir sind entschloſſen, für unser großes Ziel mit unverminderter Hin gabe weiterzukämpfen und, komme was kommen mag, trog allem das Jahr 1932 noch zum Jahr der großen Entscheidung zu machen. Wenn es überhaupt noch nötig ist, bei den Höchsten, die Deutschlands Geschicke in der Hand haben, zu Vernunft und Einsicht zu mahnen, dann muß es der gestrige Tag getan haben. Er ist eine unmißverſtändliche Lehre geweſen, vielleicht die letzte, die der engstirnigen Borniertheit der bürgerlichen Reaktion geboten wird. Es gibt daraus nur einen Schluß: Soll Deutschland in diesem Winter nicht im Strudel des Chaos versinken, will man dem Volk ſein Recht geben und der Nation das, was ihr gebührt, dann rufe man Hitler und lege die Macht in seine Hand.

Da stimmt etwas nicht !

12. November 1932 Die deutschnationalen Blätter ſind allmählich aus dem Wahlrauſch erwacht. Jetzt hat die Ernüchterung da Plag gegriffen, wo gestern noch die vollen Humpen der überschwenglichkeit geschwungen wurden, wo_man sich nicht zu fassen wußte vor lauter überheblichkeit und geschwollener Demagogie. Sie beginnen nach und nach einzusehen, daß sie einen Pyrrhus. sieg errungen haben. Sie konnten zwar ihre Mandatsziffer um einiges erhöhen und sich damit als echte Antiparlamentarier wieder in die Parlamentsmaschinerie einschalten, auf der anderen Seite aber steht demgegen. über drohend und unheilvoll das Hundert der bolſchewiſtiſchen Gefahr und macht eine Situation offenbar, die für die nächste und übernächste Zeit einiges erwarten läßt, was die deutſchnationalen Redakteure vermutlich in ihre politische Kalkulation nicht mit einberechnet haben. 340

Sie schreiben: weil die NSDAP. sich am Streik bei der BVG. beteiligt habe, sei die KPD. so überraschend angeschwollen. Das ist so dumm und blödsinnig, daß man am besten darauf überhaupt keine Antwort gibt. Wie der kleine Moritz sich den Bolschewismus vorstellt ! Die Regierung natürlich ist an allem unschuldig! Man stellt mit Schadenfreude fest, daß der Kanzler unserer Forderung, von seinem Platz abzutreten, nicht folge leisten werde, und daß das auch die Leser bald erfahren würden. Was zweifellos stimmt. Auf einem anderen Blatt aber steht geschrieben, ob dieſer Herr Reichs. kanzler in der Tat die Absicht hat, auf seinem Posten zu verharren und damit den Schiedsspruch des deutschen Volkes, der mit neunzigprozentiger Mehrheit gegen ihn gefällt wurde, in den Wind zu schlagen. Uns könnte das schon recht sein; und wenn man geglaubt hat, daß die NSDAP., nachdem sie am 6. November eine Einbuße erlitt, nun klein und häßlich zu Kreuze kriechen würde, dann wird man ja wohl in den nächsten Tagen und Wochen zur Genüge erfahren, wie abwegig und vorschnell solche leicht. sinnigen Meinungen sind. Der Kanzler konstatierte nach der Wahl, daß ihr Ergebnis eine erfreu liche Zunahme des Verständnisses für seine Politik darstelle. Das ist auch eine Ansicht! Man tut sie am besten mit einer Handbewegung ab. Immer. hin aber ist es amüsant, zu beobachten, wie dieser Kanzler über seine eigenen katastrophalen Niederlagen hinweghüpft, aus Weiß Schwarz und aus Schwarz Weiß macht, ein Verfahren, das im In- und Auslande nur noch freundliche Seiterkeit erweckt. Ein Regierungsblatt hat die Ent deckung gemacht, daß die Regierung streng genommen das deutsche Volk hinter sich hätte; denn man müſſe zu denen, die für die Regierung stimm ten, noch hinzurechnen die lichtwähler und die geheimen Parteigänger, d. h. jene zahlreichen Wähler, die zwar für die regierungsfeindlichen Parteien gestimmt hätten, im Grunde ihres Herzens aber doch Partei gänger der Regierung und ihrer Politik wären. Was die angesehenste französische Zeitung liebloserweise dahin kommentierte, daß der unsicht bare Wähler" eine Erfindung sei, die verdiene, die Aufmerksamkeit aller Regierungshäupter auf sich zu lenken, die auf der Suche nach einer Majorität sind. Personenfragen, so meint der Kanzler, sind unerheblich, darüber dürfe man nicht straucheln. Wenn es ihm ernst damit ist, dann tut er gut daran, die Personenfrage, soweit sie seine eigene Person betrifft, schleunigst dahin zu lösen, daß er von seinem Denkmal heruntersteigt und sich wieder als harmloser Passant in die Menge der Zuschauer zurückbegibt. Am Kurs soll nichts geändert werden ! Die Parteien haben sich zu entschließen, ob sie der Regierung bei der Durchführung ihres Programms ihre Mithilfe gewähren wollen. Das ist so überklug, daß es nur noch zum Lachen reizt. Neunzig Prozent des Volkes bekennen sich zu Parteien, die dieses Kabinett und seine Politik auf das ſchroffste ablehnen, und der Kanzler ist naiv genug, von den Parteien anzunehmen, daß sie nun nach vollzogener Wahl mit fliegenden Fahnen in sein Lager abschwenken; oder er hält die Parteien für so naiv, ihm seine aivität zu glauben. Um die ganze Sache möglichst harmlos erscheinen zu lassen, hat der Herrenklub ein neues Schlagwort erfunden : die nationale Konzentration. Dieses Schlagwort scheint mehr, als es ist. Ein gesunder Menschenverstand würde sich darunter nichts anderes vorstellen, als daß das gesamte natio.

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nale Deutschland unter der Führung der stärksten nationalen Bewegung zu einem einheitlichen politischen Kraftblock konzentriert würde und daß man die ihm innewohnenden ungebeuren Aktivitäten nunmehr einsetzte zur Lösung der großen und drängenden inner-, wirtſchafts- und außen, politischen Fragen. Der Herrenklub jedoch meint das ganz anders. Der Kanzler und fein Kabinett müssen unangetastet bleiben, und die bösen Parteien haben gar kein anderes Recht, als sich der von ihm erfundenen göttlichen Ordnung der Dinge" einzufügen. Der Reichskanzler hat die Absicht, wie es in einer amtlichen Verlaut. barung heißt, „in Besprechungen mit den Führern der einzelnen in Frage kommenden Parteien festzustellen, ob und inwieweit sie gewillt seien, die Regierung in der Durchführung des in Angriff genommenen politischen und wirtschaftlichen Programms zu unterstützen". Was uns betrifft, so braucht er sich in dieser Hinsicht gar keine Unkosten zu machen. In Berlin sagt man knif, und das heißt, kommt nicht in Frage. Der Kanzler ſoll sein in Angriff genommenes politisches und wirtschaftliches Programm ge fälligst selbst durchführen, damit, wenn sein Zusammenbruch in einigen Wochen vor der ganzen Welt offenbar wird, die Nation auch weiß, wer daran die Schuld trägt und an wen ſie ſich deshalb zu halten hat. Wir haben ihn nicht bekämpft, weil wir uns an seiner Person reiben wollten; wir halten sein Programm für eine Absurdität. Es versucht, in einer Oberflächlichkeit unter geschickter Mischung von profitkapitaliſtiſchen Tendenzen mit nationalsozialistisch gefärbten Parolen den schweren, tief, greifenden Zeitproblemen aus dem Wege zu gehen, und es kann nicht lange mehr dauern, dann wird das ganze Volk erkennen, wohin diese Unfähigkeit führt. Und da dieses Programm mit dem Namen des Kanzlers ſteht und fällt, kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß, wenn sein Programm geändert werden soll, er gehen, und wenn er geht, ſein Programm geändert werden muß. Ist aber beides nicht der Fall, dann ſoll er in Gottes Namen ſein Programm weiter durchführen, und wir werden nichts unversucht laffen, der Nation klarzumachen, wohin die Reise geht. Wir wüßten nicht, was wir mit dem Kanzler zu verhandeln hätten. Er hat nur eine Pflicht: abzutreten! Er ist verhandlungsunfähig ! Oder hat er etwa die Absicht, einen neuen 13. August zu inszenieren? Wenn ja, er hofft vergebens. Wir werden ihm den Gefallen nicht tun. Diesmal ſoll es ihm nicht gelingen, die Schuld für das Scheitern einer reinlichen Löſung anderen zuzuschieben. Er hat Konsequenzen zu ziehen, nicht wir. Und da er das vorerst nicht tut, da ſeine von allen guten Geistern ver. lassene Presse wieder einmal nur mit Schlagworten um sich wirft, da das einzige, was in dieser Situation möglich wäre, versäumt wird und man dafür das Unmögliche und Unmöglichste versucht, stellen wir ganz schlicht und einfach fest: Da stimmt etwas nicht! Und die Herren können sich darauf verlaſſen, daß wir auf der Hut sind!

Eine Betrachtung der Lage 17. November 1932 Die politische Situation, in der Deutschland sich augenblicklich befindet, ist nur dem Scheine nach so verwirrt und kompliziert, wie sie sich dem Auge des Laien darbietet. Man muß bloß den Mut haben, sie ihres Bei 342

werks zu entkleiden und auf das einfachste Maß zurückführen, um unschwer erkennen zu können, daß sie sich aus ganz wenigen, ausschlaggebenden Einzelzügen zusammensetzt, die sich ihrerseits wiederum zu einem abſolut eindeutigen und klar umrissenen Bild zusammenfügen. Daß die Hugnießer der gegenwärtigen Lage ein Intereſſe daran haben, ſie künstlich zu vernebeln und ihre bestimmenden Linien in das Dunkel einer intriganten Profitpolitik einzuhüllen, das kann nicht weiter wundernehmen; um so mehr aber hat der, dem es um das Ganze geht und der nach den vielen Krisen und Rückschlägen dieses Jahres immer noch die Hoffnung hegt, aus dem Gestrüpp und Dickicht einen Weg ins Freie zu finden, die Pflicht, das gegenwärtige Kräfteverhältnis klar herauszuschälen und unvorein. genommen daraus die folgerungen zu ziehen, die nach Lage der Dinge einzig möglich und gegeben sind. Der Reichskanzler hat am 6. November eine Wahlniederlage erlitten, wie sie schlimmer gar nicht gedacht werden konnte. Neunzig Prozent des deutschen Volkes haben sich durch die Parteien gegen ihn und ſeine Politik erklärt; und dieſes Mißtrauensvotum kam nicht etwa von ungefähr, sondern war die unvermeidlich gewordene Auswirkung jenes politisch wirtschaftlichen Kurses, den das Kabinett in den vergangenen Monaten gesteuert und der allenthalben zum Fiasko und zum vollkommenen Bankerott geführt hat. Die Niederlage, die es erlitt, kann durch keinerlei parteipolitische Manöver aus der Welt geschafft werden. Sie war vom Volke aus eine Bestätigung jenes vernichtenden Mißtrauensvotums, das der Kanzler mitten in der Auflösung noch vom alten Reichstag empfangen hatte; von da ab gibt es keine Möglichkeit mehr, die feststehende Tatsache zu bezweifeln, daß der Kanzler keinerlei Recht hat, sich auf die Nation zu berufen, daß er im wahrsten Sinne des Wortes ein Staatsmann ohne Volk ist und nach Recht und Gesetz daraus die Konsequenzen ziehen muß. Auch das Schlagwort der „nationalen Konzentration" gibt ihm nicht die Berechtigung, diesen Urteilsspruch des Volkes in den Wind zu schlagen. Bevor man überhaupt an eine Löſung der großen deutschen Kriſe heran. treten kann, muß er beiseite treten und jenen politischen Kräften das Feld freigeben, die befugt sind, im Namen der Nation zu reden und zu handeln. Von einer Durchführung und Unterstützung seines Programms durch die Parteien, die gegen ihn und seine Politik den Wahlkampf geführt haben, kann erst recht gar keine Rede sein. Wenn das Volk, das diesen Parteien seine Stimme gab, gewollt hätte, daß der Kurs des Kabinetts weiter. gesteuert wird, dann hätte es auch vermutlich für die Parteien votiert, die sich zu diesem bekannten. Durch Stimmabgabe für die ihm feindlichen Parteien wurde unmißverständlich der Wunsch der weitaus überwiegenden Mehrheit der Nation zum Ausdruck gebracht, das Kabinett mitsamt seiner Politik zu beseitigen und Macht und Verantwortung denen zu über. tragen, die nach dem Willen der Nation das zukünftige Geschick des deutschen Volkes gestalten sollen. An dieser unbezweifelbaren Tatsache wird auch der Herr Reichspräsident nicht vorbeikommen können. Das Solidaritätsgefühl mit einem Kabinett, das lediglich auf der Autorität des Staatsoberhauptes beruht, in allen Ehren! Aber wird der Bogen überspannt und treibt man die Dinge so weit, daß am Ende gar der Reichspräsident selbst als Schutz und Schirm der Verfassung in die vorderste Linie der Politik hineingezogen wird und damit ſeine überragende Stellung in Gefahr gerät, im Widerstreit der

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Parteien schweren Schaden zu nehmen, dann ist für jeden Linsichtigen der Augenblick gekommen, dem unfruchtbaren Experiment einer Autokratie im luftleeren Raum ein Ende zu bereiten und nach neuen Möglichkeiten Ausschau zu halten. Wie diese beschaffen sind, das kommt im Kräfteverhältnis der politischen Organisationen ohne Zwang und mühelos zum Ausdruck. Die national. sozialistische Bewegung ist, selbst nach der Einbuße vom 6. November, allen anderen Parteien so weit voraus, daß ſie, man mag eine Zuſammenfassung der Gruppen in Betracht ziehen, welche auch immer, für sich die Führung der deutschen Politik nicht nur beanspruchen kann, sondern auch beanspruchen muß. Man verstehe uns nicht falsch. Wenn die nationalsozia listische Bewegung in der Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme auch die Pflicht sieht, ein gleiches oder doch wenigstens entsprechendes Maß an macht zu fordern, so entspringt das nicht etwa parteipolitischer Will kür, die sich bedenkenlos über politische Gegebenheiten hinwegzusetzen ver sucht. Es ist eben anders nicht möglich. Man kann eine Bewegung wie die unsere nicht unter das kaudinische Joch der Verantwortung beugen, ohne ihr zugleich in einem gleichen Umfang von Macht auch die Kraft zu geben, dieses Joch zu tragen. Vielleicht ist die Situation, in der Deutschland ſich augenblicklich befindet, ernster, als die Dugendweiſen das wahrhaben wollen. Wir sind es zwar gewöhnt, daß die bürgerliche Presse über jenes Hundert bolſche. wistischer Agenten, die in den kommenden Reichstag einziehen werden , mit einer verächtlichen, wegwerfenden Handbewegung hinwegzugehen pflegt. Sie beruft sich auf die Autorität des Staates und die hunderttausend Bajonette, die sie beschützen. Nichts ist verwerflicher als dieser bodenlos dumme, oberflächliche Optimismus, der Deutſchland schon einmal in namen. loses Unglück hineingestürzt hat und der seitdem zu wenig hinzulernte, als daß er die Nation vor einem zweiten solchen Unglück bewahren könnte. Auch die Schreiber der deutſchnationalen Preſſe werden, nachdem sie aus der Trunkenheit ihres sogenannten " Wahlsieges" erwacht sind , im Ernſt nicht mehr behaupten wollen, daß die nationalsozialistische Bewegung an der Zunahme der kommunistischen Gefahr auch nur irgendeine Schuld trage; auch sie müssen nun erkennen, daß sie im Gegenteil heraufbeschworen wurde durch die kurzsichtig reaktionäre Politik, die in den vergangenen Monaten in Deutschland betrieben worden ist, und die NSDAP. überhaupt noch der einzige Wall war, an dem sich die Schmutzfluten des politischen Asiatentums gebrochen haben. Niemals war die Zeit weniger dazu geeignet , leichtsinnige Experimente zu ertragen, als heute. Wir stehen vor einem Winter, der das Schlimmste und Allerschlimmste befürchten läßt. über Nacht kann sich aus der wirt. schaftlichen Depreſſion und der grenzenlosen Armut, in der sich der Groß. teil des deutschen Volkes befindet, das Hundert des Bolschewismus ver doppeln. Die hoffnungslose Verzweiflung, in der die Massen dahinvege tieren, läßt jede, ſelbſt die abſurdeste Möglichkeit offen. Man pflegt zwar in den verantwortlichen Kreiſen unsere Warnungen nicht allzu schwer zu nehmen; aber wenn Worte nicht zu überzeugen vermögen, die Tatsachen sprechen ja bereits eine viel deutlichere Sprache. Wo gibt es einen Ausweg aus diesem Dilemma: Und wenn es einen solchen überhaupt noch gibt, finden die Verantwortlichen den Mut, ihn zu beschreiten? Was würde in jedem anderen Lande der König oder der

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Präsident jetzt tun Die Frage stellen heißt sie beantworten. Der König von England beispielsweise hätte sich keinen Augenblick besonnen; niemals würde er den Bestand des Imperiums und ſeinen eigenen Namen an das Schicksal eines Premiers knüpfen, der, wie alle Anzeichen beweisen, weder die Kraft noch die Fähigkeit hat, in einer Zeit lähmender Erstarrung die große Wendung zu vollziehen. Jeder englische König würde in dieser Situation Adolf Hitler rufen und ihm die Bildung einer neuen, im Volke verankerten Regierung in die Hand legen. Sollte das, was in England ſelbſtverſtändlich ist, in Deutschland unmög. lich sein? Das ist die Frage, die heute die ganze ation im tiefsten bewegt und in fieberhafter Spannung hält. Und hier liegt auch der einzige Weg, der aus der Krise herausführt und neue Zukunftsmöglichkeiten eröffnet.

Die Juden atmen auf!

29. November 1932 Das Intrigenspiel der vergangenen Woche ist zu Ende. Die Regierungspresse ist aus ihrem Rausch erwacht und fängt nun wieder an, vernünftig zu reden. Solange man noch glaubte, mit Hitler Rage und Maus spielen zu können, solange war man dort obenauf. Jetzt aber ist der laute Sieges. jubel einem grauen, öden Jammer gewichen. Die Hintermänner der Wilhelmstraße hatten sich das Spiel mit der NSDUP. etwas zu einfach vorgestellt. Sie wollten den 13. August in ver. mehrter und verbesserter Auflage ein zweites Mal aufführen und meinten, ihr damaliger leichter Sieg" würde fröhliche Urständ feiern. Damit war es nun leider nichts. Da die Verhandlungen ausschließlich auf dem schriftlichen Weg erfolgten, kann in die Absichten und Vorschläge Hitlers nichts mehr hineingeheimnist werden, und die blanke Wahrheit tritt offen zu tage. Es kann nicht schwerfallen, daraus die Schuldfrage eindeutigst zu beantworten und festzustellen, wer im Recht und wer im Unrecht ist. Neu an der Auseinandersetzung zwischen Reichskanzlei und Raiserhof war die Tatsache, daß einer der gewichtigsten Gründe für die Ablehnung Hitlers als Reichskanzler darin gesehen wurde, daß die NSDAP . und ihr führer zu dem Herrn Reichspräsidenten im wesentlichen bisher verneinend ein. gestellt gewesen seien. Das war noch nicht da, daß eine hiſtoriſche Ent. scheidung von weitester Tragweite von persönlicher Antipathie oder Sym. pathie abhängig gemacht wurde. Immerhin führte das mit den anderen sogenannten fachlichen Argumenten dazu, daß die latente Regierungskrise überhaupt keine Lösung gefunden hat und daß wir heute soweit sind wie vor vierzehn Tagen oder vor zwei Monaten oder schlechthin gesagt vor zwei Jahren. Das, was nach dem 14. September 1930 getan werden mußte, das, was am 1. Auguſt verſäumt wurde, das, was man am 24. November ablehnte, das steht weiterhin als gefahrendrohendes Moment über der nächsten und weiteren politischen Entwicklung, der Deutschland entgegen. geht. Diese Entwicklung das kann keinem Zweifel mehr unterliegen wird von gewissen Zwangsläufigkeiten ausschlaggebend mitbestimmt werden. Daran ändert auch nichts der Eventualfall, daß man heute oder morgen einen neuen Kanzler findet. Er wird sich den gleichen unlösbaren Pro345

blemen gegenübersehen . Problemen, die deshalb unlösbar sind, weil sie auch bei bestem Willen und größter Begabung gar nicht gelöst werden können. Die Quadratur des Zirkels ist ebenso unmöglich wie der Ausweg, der ohne Hitler oder gar gegen ihn aus der Krise führen soll. Und was noch erschwerend hinzutritt, das ist die Tatsache, daß man damit ein gewagtes und gefährliches Spiel zu spielen beginnt, bei dem man zwar weiß, wo es anfängt, aber leider nicht, wo es enden wird. Und dabei liegt die eigentliche Lösung sozusagen auf der Hand. Das Angebot, das Adolf Hitler in seinem entscheidenden Brief in den Verhandlungen der vergangenen Woche dem Reichspräsidentenpalais machte, war so klar und unmißverständlich, es bot in so weitem Maße Verständigungsmöglichkeiten, es hatte den Sinn und Ürsprung der Rrise so eindeutig und zielsicher erkannt, daß es daran vorbei überhaupt keinen Weg mehr gibt. Aber die Männer und Hintermänner, die den Herrn Reichspräsidenten beraten, wissen das ja besser. Sie sind bereit, jeden Umweg, der am Kern der Krise vorbeigeht, zu beschreiten, wenn sie nur davor bewahrt bleiben, den letzten möglichen Weg zu gehen: Den, der zu Hitler führt. Sie könnten, wenn sie ein offenes Auge für derlei feine Unterschei dungen hätten, ohne viel Mühe aus der roten und rosaroten, offenen und halbversteckten Marriſtenpreſſe herauslesen, weſſen Arbeit ſie getan haben und weiterhin tun. In ihren öffentlichen Deklamationen behaupten sie zwar, daß sie dem Bolschewismus und dem Liberalismus Urfehde angesagt, daß man es bei ihnen mit waschechten Ronſervativiſten zu tun habe, die von der Absicht erfüllt seien, dem Novemberſpuk in Deutschland endlich den Garaus zu machen. Es braucht anderseits nur die Möglichkeit in Erscheinung zu treten, daß Adolf Hitler mit der Führung des Reiches betraut wird, dann gerät die Rotte Rorah aus der Jeruſalemer und Roch. straße in die bekannte Angstneurose des Schmarotzers. So war das auch in der vergangenen Woche. Nun aber atmen die Juden wieder auf. Der Relch des Leidens ist noch einmal an ihnen vorübergegangen. Das Letzte ist ihnen erspart geblieben, und jetzt beteiligen sie sich aufs neue und mit frischen, belebten Kräften an dem Rätselraten über das, was kommen soll . Anders aber das deutsche Volk. Es ist an der Schwelle dieses grauen Hungerwinters von einem lähmenden Pessimismus befallen. Wohin man schaut, Elend über Elend und Not über Not. Die furchtbaren Zustände in den arbeitenden Massen, vor allem in den Schichten, die bereits von jahrelanger Erwerbslosigkeit geschlagen sind, spotten jeder Beschreibung. Der kleine Mann hat sich für eine kurze Zeit an die tönenden Verspre chungen des Wirtschaftsprogramms der neuen Herren angeklammert. un steigt die grauenhafte Kurve der Arbeitslosigkeit wieder in die Höhe. Wenn Weihnachten kommt, dann wird in Deutschland wohl alle Fröhlich. keit und Seligkeit dahin sein, und das arme Volk, auf dessen blutendem Rücken die Intrigenkämpfe dunkler Hintermänner ausgetragen werden, ist reif zur Verzweiflung. Sie suchen nach einem neuen Mann. Sie könnten sich die Mühe sparen und brauchten sich nicht in geistige Unkosten zu stürzen. Selbst, wenn der neue Mann wirklich neu iſt, man gibt ihm aber den Auftrag, die alte Politik fortzusetzen, was hat sich dann schon geändert: Das sollten doch die ver. gangenen vierzehn Jahre hinreichend gelehrt haben, daß es ohne radikale 346

Einschnitte nicht geht, daß ein staatsmännischer Kopf sich dafür bedanken wird, seinen Clamen dafür herzugeben, in einer fieberdurchschüttelten Zeit die klaffende Volkswunde zu heilen, während man ihn selbst an Händen und Füßen fesselt, ihn an überkommenen Dilettantismus anbindet und ihm mit Vorbehalten und Bedingungen die Möglichkeit nimmt, wirklich durchgreifende Reformen wenigstens zu versuchen. Es ist außerordentlich amüsant, das Spiel der Kräfte und Gegenkräfte die in diesen Tagen die Macht auswürfeln, zu beobachten. Es hat seine interessante Note verloren, seitdem man Hitler daraus herausgedrängt hat. Das weiß nun auch der Dümmste, daß er allein ein in Betracht kommender Partner war. Da man ihn ausschaltete, kommt wieder nur eine halbe Lösung in Frage. Und halbe Lösungen das hat sich allmählich im Volk berumgesprochen - können die Sache nur verschlimmern, niemals aber verbessern. Wir stehen bei alledem Gewehr bei Fuß. Wir wiſſen, daß unsere Stunde mit unheimlicher Sicherheit näher und näher rückt. Es kommt jetzt nicht so sehr darauf an, wer von den in Betracht kommenden Männern dazu ausersehen wird, den Sessel Bismarcks zu besteigen. Von viel ausschlag, gebender Bedeutung ist, daß die nationalsozialistische Bewegung intakt bleibt, um für die in Kürze zu erwartenden grundsätzlichen Entscheidungen sicher und erfolgreich eingesetzt zu werden. Sie werden Hitler schon rufen; dann nämlich, wenn es gar keinen anderen Ausweg mehr gibt. Das Wasser wird ihnen so bis zum Halse steigen, daß sie, ob sie wollen oder nicht, am Ende doch nach uns die Hand ausstrecken müssen. Sie sollen sich auch keinen Illuſionen hingeben ; wenn ſie glauben, wir würden ſie tolerieren, um uns damit an dem Unheil, das über Deutschland heraufzieht, mitſchuldig zu machen, sie irren sich sehr. Burgfrieden wollen wir schließen, wenn der Feind über die Zugbrücke gejagt ist, aber nicht, wenn der Bolschewismus mitten im Lande steht. loch fühlen sie sich wohl in der Rolle, die sie spielen. Vielleicht kämen sie gar auf den Ausweg, gar keinen Kanzler zu ernennen, um damit an Hitler vorbeizukommen. Das wäre dasselbe, als wollte man sagen: Lieber gar kein Wetter, als ein Gewitter. ein, so geht das nicht. Sie haben wieder einmal eine große historische Stunde verpaßt ! Aber schon träufelte die Angst vor den kommenden Dingen ihnen Wermutstropfen in den Becher der Freude. Wie bitter wird dieser Trank sein, wenn sie ihn aus. trinken müssen! Sie werden es ein drittes Mal mit uns versuchen. Dann allerdings in einer Situation, in der es kein Ausweichen mehr gibt. Der Schatten des Nationalsozialismus steht zukunftweisend über dem Lande. Der Tag ist nicht fern, da werden sich in ihm die Dinge abspielen, die dem kommenden Deutschland das Gesicht geben.

Der General hat eine gute Preſſe 6. Dezember 1932 Die Regierungskrise ist beendet. Aber die Schlauen sagen, daß die Staatskrise damit erst anfange. Sie haben nicht ganz unrecht damit; denn wenn auch aus dem ewigen hin und her der vergangenen drei Wochen, aus den Wehen der Verhandlungen und den Schmerzen der dunklen Intrigen ein neues Kabinett geboren wurde — es steht auf eben denselben 347

schwachen füßen, wie das letzte stand, und von einer Lösung der deutschen Frage im großen Sinne kann vorerst überhaupt nicht die Rede sein. Eins nur ist erreicht worden: Daß der General von Schleicher, der bisher immer nur im Hintergrunde stand und auf die Dinge des Tages lediglich seinen Schatten warf, nun nach vorne gerückt ist und somit vom hellen Scheinwerferlicht der öffentlichkeit ganz und gar bestrahlt wird. Wir glauben nicht, daß das für ihn von Vorteil sein wird; denn bekanntlich ist der Schatten eines Menschen fast immer größer als er selbst. Aber schließlich hat das der General mit sich selbst abzumachen. Vielleicht war er der Meinung, daß er diesmal seinen schlauesten Coup gelandet hat. Wir gestatten uns höflichst, vom Gegenteil überzeugt zu sein, und die nächste Zukunft wird ja erweisen, welche der beiden Ansichten die richtige ist. Gleich beim Start paſſierte dem General von Schleicher eine Reihe von Mißgeschicken, die seine Position, die, bevor er die Führung des Kabinetts übernahm, so außerordentlich stark war, nun schon bedenklich geschwächt haben. Wir reden gar nicht von den vielen dunklen Machen. schaften, die sich in den Kreiſen rund um die Wilhelmstraße bei dieser Regierungsbildung abgespielt haben. Das gehört nun einmal im neuen Deutschland zur Politik, wie Klappern zum Geschäft gehört. Aber was den Herrn aus der Bendlerstraße eigentlich viel mißgestimmter machen müßte als der Umstand, daß er nur mit soviel Schwierigkeiten zum Kanzleramt vorrücken konnte, das ist die Tatsache, daß er bei seinem Regierungsantritt mit dem lauten Jubelgeſchrei jener Sorte von Journalistik begrüßt wurde, die bisher immer da zu finden war, wo man der deutschen Nation etwas am Zeuge flicken konnte, die demzufolge stets eine verfluchte und peinliche Ähnlichkeit mit den Gedankengängen der französischen Presse aufwies und logischerweise deshalb von der nationalen deutschen Öffentlichkeit abgelehnt oder gar als verächtlich empfunden wurde. Der General hat eine gute Presse. Zwar sind die aufrichtig nationalen Blätter noch sehr zurückhaltend in ihren Lobpreisungen. Dafür aber schwenken Mosse und Ullstein mit fliegenden Fahnen in das Lager des neuen Kanzlers ein. Das riecht schon verdächtig. Wenn man im „Tempo“ die Geschmeidigkeit des Herrn von Schleicher bewundert, wenn man ihn mit den großen Generälen der preußischen Vergangenheit vergleicht, wenn Schmock seine Feder spitzt, um einen Hymnus auf den feingemeißelten Schädel und die gewölbte Stirn eines Soldaten zu dichten, dann entdeckt der Kenner gleich, daß da einiges nicht stimmt. Oder wenn der große Theodor Wolff mit schmatzender Geschwätzigkeit Geschichten aus dem Nähkästchen erzählt, etwa so: a, wir haben ja oft zusammengesessen und in vertrauten Gesprächen miteinander geplaudert, wir kennen uns aus dem Effeff, und dürfen wir uns auch nicht Unter den Linden grüßen, ſo wird sich doch zu Hause alles finden. - Wie gesagt, das ist eine peinliche Be gleitmusik zu dem großen nationalen Oratorium, bei dem der Herr der Reichswehr auch zum Herrn über ganz Deutschland erhoben werden soll. Jedenfalls wir würden uns für eine solche Bundesgenossenschaft auf das herzlichste bedanken. Leute, die es wissen müssen, erzählen von General von Schleicher, er habe einmal geäußert, daß er, wenn er die Macht dazu habe, die jüdiſch-marriſtiſche Preſſe, die ihn herabſege, auf drei Tage und die, die ihn lobe, auf drei Jahre verbieten werde. Er könnte sich zweifellos damit in der argwöhnisch gewordenen nationalen Öffentlichkeit wieder rehabilitieren.

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Aber man sieht ja, daß auch in der Bendlerstraße mit Wasser gekocht wird, und man auch dort nicht so heiß ißt, wie man kocht. Ein gewagtes Kunststückchen, das der General uns da vorführen will. Herr von Schleicher verfügt über eine Machtfülle, wie sie seit anderthalb Jahrhunderten kein Kaiser und König und Minister in Preußen und in Deutschland mehr besessen hat. Er ist Reichskanzler und gibt damit die Richtlinien der deutschen Politik. Er ist Reichskommissar für das Land Preußen und damit Oberbefehlshaber über die preußische Polizei. Er ist Reichswehrminister und damit Chef des deutschen Heeres. Schleicher ist damit zweifellos vorerst am Ziel seiner Wünsche angelangt. Aber vielleicht wird er sich in stillen Stunden doch darüber klar werden müssen, welch eine ungeheure Verantwortung er mit dem Antritt seines hohen Umtes übernommen hat. Im Dunkeln stehen und die Puppen tanzen laſſen, das ist nicht schwer. Aber vor die Rampe hintreten und sich dem erstaunten Publikum zeigen; nicht nur das, auch seine Kunst unter Beweis stellen, das ist leichter gesagt als getan. Wenn Herr von Schleicher in diesen für ihn schweren Tagen darüber hinaus noch Zeit zu geruhſamen Betrachtungen hat, mag sein, daß er sich dann auch überlegt, in welch eine große Gefahr er durch die Übernahme des Kanzleramtes die Reichswehr selbst bringt. Er hat die Reichswehr mit aufgebaut. Er ist auch am ehesten dazu befugt, ein Urteil darüber abzugeben, wie schwer es war, gegen alle Widerstande dieses kleine und doch so schlagkräftige Heer zu organisieren. Wäre er flug geblieben, wie er bisher klug war, dann hätte er sein Werk ver mutlich nicht so leichtsinnig in der vollen Verantwortung eingesetzt, weil er mit der Möglichkeit rechnen mußte, daß es in den Meinungsstreit des Tages hineingezogen und vielleicht dabei auf das ernsthafteſte gefährdet werden könnte. Umsonst ist auch bei den Juden nur der Tod. Wenn sie einen loben, dann wollen ſie oder erwarten sie doch etwas von ihm. Den furchtbarsten Ausweg aus der Krise sahen sie in der Übernahme der Macht durch Adolf Hitler. Und jetzt ist ihnen jeder recht, der sie davor bewahrt. Mit Händen und Fußen klammern sie sich an den General - ein erstaunliches Schauſpiel für den Kenner, das zum Lachen reizen könnte, wenn es nicht so ernst wäre. Er ist ihnen das soziale Gewissen in Person. Sie rühmen seinen offenen, weiten Blick, seine moderne Lebens und Staatsauffassung. Sie halten bewundernde Zwischenrufe bereit, um seine geschmeidige Hand, sein überragendes taktisches Rönnen, seinen versöhnlichen Charakter und seine herbe Mannlichkeit zu preisen. Wir wissen nicht, ob auch der General mit Übelkeit kämpfen muß, wenn er solches liest . Wir sehen nur den Effekt, und wir bilden uns allerdings heute schon unſeren Reim darauf. Wenn das 8-Uhr-Abendblatt" Bravo klatscht und das Tempo" in Verzuckung gerät, dann pflegen wir uns seitwärts in die Büsche zu ſchlagen und bei aller Bescheidenheit festzustellen, daß wir Wilde doch noch bessere Menschen sind. Wer Grund zum Beifall hat, der soll auch tolerieren. Wir aber wurden uns in einer Einheitsfront mit den Hirsch und Wolff und Zucker nur fehl am Orte vorkommen. Der General geht einen schweren Gang. Möge er zusehen, daß er nicht ins Stolpern kommt. Wir haben keine Veranlassung, ihm etwas zu schenken. Vielleicht wird er bald allein stehen, nur noch umgeben von 349

feinen heutigen Hymnenfängern aus der Koch- und Jeruſalemer Straße. Bewahre uns aber ein gütiges Geschick davor, daß, wenn der Fall kommt, nicht auch das noch ernsthaften Schaden leidet, was er heute einsetzt und was für mehr gedacht war als nur für den Schutz und Schirm eines Kabinetts, das nach Lage der Dinge nur auf Zeit berechnet sein kann.

Vertagte Kriſe 15. Dezember 1932 Die Regierungsblätter machen viel Aufhebens davon, daß es dem Kabinett von Schleicher gelungen ist, sich wenigstens in der vergangenen Woche durch die Jrrniſſe und Wirrnisse der Parlamentstagung hindurch. zuwinden. Das ist ja an sich nicht viel; aber in der Not wird der Mensch bescheiden in seinen Ansprüchen. Zu glauben jedoch, daß auf diese Weise die Krise an sich überwunden sei, das wäre ein verhängnisvoller Trugschluß, der sich schon in kurzer Zeit bitter rächen würde. Es liegt auf der Hand, daß keine Partei gern den Ausbruch einer offenen Auseinandersetzung in einer Zeit wagt, in der auf den Straßen schon die Weihnachtsbäume zum Verkauf bereitliegen und aus den Häusern der Duft von Kerzen und Lebkuchen dringt. Die sogenannte fröhliche und felige Zeit eignet sich nicht besonders für politische Machtkämpfe, und das ist wohl auch der eigentliche Grund, warum Schleicher noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen ist. Jedenfalls haben wir die Amnestie, wenn auch in beschränktem Umfange, die Aufhebung der sozial drückendsten Lasten der Papenschen_otver. ordnung und eine Weihnachtshilfe für die Bedrängtesten unter Dach und fach gebracht, und damit wäre der Aufgabenkreis bis Weihnachten erledigt. Von da ab jedoch wird der Kampf in ganz breiter Front wieder aufgenommen werden müssen. Die Krise, die nur vertagt wurde, wird offen ausbrechen, und die neue Regierung wird am eigenen Leibe die Wahrheit des Sprichwortes zu spüren bekommen, daß aufgeschoben nicht auf. gehoben ist. Man gibt sich leichtsinnigen Illusionen hin, wenn man annimmt, die nationalsozialiſtiſche Bewegung würde sich nach Weihnachten billiger bereithalten, als sie vor Weihnachten dazu entschlossen war. An der poli tischen Situation an sich hat sich nicht das geringste geändert. Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß eine Bereinigung des deutschen Notstandes nicht möglich ist ohne Einbeziehung der nationalsozialiſtiſchen Bewegung in Macht und Verantwortung, und daß dieſe hinwiederum nur gewährleistet werden kann in der Übernahme der Führung der deutſchen Politik durch Adolf Hitler selbst. Das ist durchaus kein intransigenter Standpunkt, im Gegenteil : es stellt die normalste, einfachste und gradlinigste forderung dar, die wir überhaupt erheben konnen. Wenn eine Regierung national regieren will, dann geht das nicht ohne oder gar gegen jene Zwölfmillionenbewegung, die sich in dem deutschen Nationalsozialismus in der prägnantesten Form ver körpert. Eine Bewegung aber wie die unsere kann und darf nicht eingesetzt werden, indem man sie zwar im Übermaß mit der Verantwortung belastet, ihr dafür aber nur ein Minimum an Macht übergibt, sondern dieser 350

Prozeß muß Zug um Zug vor sich gehen, und für jedes Stück Verant wortung muß ein entsprechendes Stück Macht dargereicht werden. Man halte uns nicht entgegen, daß auch die anderen Männer, Expo. nenten von Parteien oder sonstigen Machtgruppen, so wie wir an der Verantwortung beteiligt sein sollen. Sie haben nichts oder nur wenig ein. zusetzen und deshalb auch nichts oder nur wenig zu verlieren. Sie kommen mit leichtem Gepäck in die Wilhelmstraße und werden sie, wenn es hart auf hart geht, mit ebenso leichtem Gepäck wieder verlaſſen. Anders aber bei uns : Wenn wir in die Verantwortung hineinsteigen, dann ist damit der Einsatz einer zwölfjährigen, bitteren, aufreibenden und leidvollen Arbeit fällig, die in der durch unsere Bewegung vollzogenen großen deutschen Volkserhebung ihre geschichtliche Krönung gefunden hat. Und es muß denn doch sehr die Frage bleiben, was leichtsinniger ist, dieſe Bewegung ohne Garantien zur Verfügung zu stellen oder zäh und unerschütterlich auf dem Recht zu verharren, das die NSDAP. ſich durch Kampf und Erfolg erworben hat. Gewiß sitzen die Männer der Wilhelmstraße vorerst am längeren Hebel arm. Sie haben die Macht, und das ist schon sehr viel ; aber die bloße Macht ohne Volk gibt noch nicht die Möglichkeit, eine generelle Umwand lung der gesamtdeutschen Politik vorzunehmen, und damit ist sie auch auf die Dauer vollends unfähig, die Verantwortung für die kommende Ent wicklung zu tragen. Es ist zu oft gesagt worden, um es noch einmal zu wiederholen, daß man auf Bajonetten schlecht sitzen kann, und eine Diktatur im luftleeren Raum ist jedesmal, wo und wann sie auch versucht wurde, kläglich in sich zusammengebrochen. Selbstverständlich ertönen nun aus den bürgerlichen Blättern, die noch niemals an übermäßigem politiſchem Instinkt zu leiden hatten, jetzt wieder die verführerischen Sirenengesänge, die die nationalsozialistische Be. wegung dazu verleiten sollen, von ihrem Kurs und Ziel abzuweichen und in eine halbe Lösung einzuwilligen. Aber bedarf es denn bei unserer konsequenten Haltung noch einer Betonung, daß die VISDUP. keineswegs gewillt ist, plötzlich stehenzubleiben und kehrtum zu machen? Glauben denn die Leunmalklugen in der Wilhelmstraße, daß ihnen mit der nationalsozialistischen Bewegung dasselbe gelingen würde, was Brüning vor Jahren mit der DVVP. fertiggebracht hat? Eitle Hoffnung! Treviranuſſe gibt es bei uns nicht! Gewiß kann man über taktische Möglichkeiten hier und da verſchiedener Meinung ſein, und das ist auch bei uns manchmal der fall; aber was die Partei von allen anderen politischen Gruppen grundsätzlich unterſcheidet, das ist die Tatsache, daß sie das Führerprinzip nicht nur in der Theorie erkannt, sondern auch in der Praxis wirksam durchgeführt hat. Keine politische Gruppe verfügt wie wir über eine so fest gegründete und durch nichts zu erschütternde Autorität, und nirgendwo ist es so wie bei uns möglich, daß in allen entscheidenden Fragen einer den Ausschlag gibt und zu bestimmen hat. Und was unsere Position in dieser Beziehung noch wesentlich verstärkt, das ist der Umstand, daß in der Frage der Einfügung der SDUP. in die Verantwortung alle maßgebenden Männer der Bewegung mit dem Führer vollkommen einig sind. Es handelt sich dabei für uns nicht allein um eine Frage der Taktik, sondern auch der politischen Ehre. Wer Adolf Hitler nicht will, der muß auch auf die

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Bewegung verzichten, und wer die Bewegung will, der muß auch seinen Frieden mit Adolf Hitler schließen. Es ist durchaus nicht überheblich, wenn wir erklären, daß Adolf Hitler und der Nationalsozialismus ein und dasselbe sind. Man kann Idee, Organisation und Führer nicht voneinander trennen. Adolf Hitler hat die nationalsozialiſtiſche Bewegung begründet, er hat ihr Programm, Sinn, Inhalt und Ziel gegeben, unter seiner Führung hat sie ihren atemberauben den Siegeszug angetreten, und unter seiner Führung wird sie auch die Macht erobern. Wenn unsere Gegner heute versuchen, einen Widerspruch zwischen der Anhängerschaft und der Führung künstlich zu konstruieren, so ist dabei der Wunsch der Vater des Gedankens. Es könnte beispielsweise der Regierung nur dienlich sein, wenn bei ihr Programm und Mann so übereinstimmten wie bei uns. Aber es bedarf ja für diese Feststellungen keines Beweises der Worte mehr. Die Argumente der Tatsachen sind ja viel stärker und durch schlagender, als er es ſein könnte. Jeder Verſuch, uns innerlich zu zer.. spalten, prallt wirkungslos ab an der Mauer unserer Einigkeit, und je mehr man uns auseinanderzureden trachtet, um ſo feſter ſchließen wir uns zusammen. Das alles mußte noch einmal geſagt werden, um die Weihnachtsfreude der Verantwortlichen nicht allzu ungetrübt sein zu lassen. Wir gönnen ihnen gerne, daß sie diesmal ungestört unter dem Lichterbaum ſitzen können, um ihre vergoldeten Nüsse zu betrachten, die bekanntlich innen hohl sind. Nach Weihnachten werden wir ihnen dann eine uß zu knacken geben, an der sie sich die Zähne ausbeißen sollen !

Das Programm ohne Programm 21. Dezember 1932 Der Versuch der jüdiſchen Preſſe, durch Aufbauschung interner Partei. vorgänge die nationalsozialiſtiſche Bewegung zu zerspalten, ist vollkommen mißlungen, wie das ja auch zu erwarten war. Wie ein Mann haben sich die nationalsozialistischen Kämpfer erhoben und in spontanen Treuekund gebungen dem Führer ihre politische Verbundenheit und menschliche Liebe zum Ausdruck gebracht. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die nationalsozialiſtiſche Bewegung gar nicht mehr zerrissen werden kann, so ist er hier geliefert worden. Die Autorität Adolf Hitlers steht in der Partei unerschüttert, und ein für allemal müssen nun ihre Gegner die Hoffnung begraben, den Nationalsozialismus dadurch billiger zu bekommen, als der Führer ihn hingeben will, daß man ſeine Kraft durch inneren zwist lähmt und seine Energie durch künstliche Zwietracht hemmt. Welch eine andere Partei könnte von sich behaupten, daß ſie tatsächlich von einem Mann regiert wird, daß er allein das Gesetz des Handelns in seinen Hän den hält und kraft eigener Verantwortlichkeit darüber zu bestimmen hat, welchen Rurs sie einschlagen soll! Unterdes hat der neue Reichskanzler von Schleicher am Rundfunk mit seiner Programmrede debutiert. Das ist allerdings etwas zuviel gesagt. Es war vielmehr ein Programm ohne Programm. Mit gemachter forsch. heit wurde hier an den Dingen vorbeigeredet, und überall da, wo Ent. ſcheidungen am Plage waren, das klare Ja oder Nein durch Draufgänger. 352

tum ersetzt. Die Öffentlichkeit hat ſich von dieſem ersten rednerischen Auftreten des Generals von Schleicher außerordentlich viel versprochen. Man glaubte, nun endlich die große Lösung erwarten zu dürfen. Statt dessen jedoch wurde der sogenannte gesunde Menschenverstand“ exerziert, der die drängenden grundsätzlichen Fragen der Zeit mit ein paar Redensarten bagatelliſierte und im übrigen sich darauf berief, daß alles getan würde, was zweckmäßig wäre, und zwar ohne Dogma, ohne Prinzip und, was damit gleichbedeutend ist, ohne weltanschauliche Festlegung. Das klingt zwar für das bürgerliche Ruhebedürfnis, das ja seit je bestrebt war, nach der Art des Vogels Strauß sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, außer. ordentlich verlockend. Ob man aber auf solche Weise der schweren löte der Gegenwart Herr werden wird, das ist denn doch sehr die Frage, und der General von Schleicher bleibt uns vorläufig noch den Beweis schuldig, daß er sie auch zu lösen entſchloſſen und fähig ist. Er will weder Sozialist noch Rapitalist sein. Ein sehr bequemer Stand, punkt, wenn Sozialismus und Kapitalismus sich in zwei erbitterten Seer lagern gegenüberstehen und jeden Augenblick die Gefahr heraufziehen kann, daß sie gewaltsam aufeinanderprallen . An der Verfaſſung wird nichts geändert werden. Das soll doch wohl heißen, solange die verfassungs. mäßig gewährleisteten Rechte des Volkes nicht mit den Machtansprüchen der gegenwärtig Regierenden irgendwie in Konflikt geraten. Die Gegen. sätze zwischen Reichswirtſchafts- und Reichslandwirtſchaftsministerium ſind in einem Konklave ausgetragen worden; bliebe nur noch die Frage, ob dabei die eine oder die andere Seite obgeſiegt hat, oder ob der Streit der homerischen Helden in einem faulen Kompromiß begraben wurde. Man wird den Verdacht nicht los, daß Schleicher sich die Sache etwas zu leicht gemacht hat, und daß die durch das Weihnachtsfest bedingte öffentliche Friedſamkeit ihn in die Illusion gaukelte, die schweren Konflikt, stoffe, die in der politischen Situation selbst liegen, seien nur von den bösen Parteien aus Laune und Übermut erdacht, und es bedürfe nur eines rettenden Zauberwortes, um sie wie Spreu vor dem Winde verfliegen zu laſſen. Dabei ist in der Programmrede des neuen Kanzlers das erste und wichtigste Problem der Gegenwart, nämlich das der Eingliederung der nationalsozialistischen Bewegung in die Verantwortung, nicht einmal gestreift, geschweige denn in Angriff genommen worden. Glaubt denn der Herr General, daß das, worum in Deutschland nun seit dem Juni dieses Jahres mit immer steigenden Chancen für uns gerungen worden ist, nun einfach deshalb nicht mehr vorhanden sei, weil er nicht mehr davon spricht; meint er weiterhin, die furchtbare wirtschaftliche Notlage des ganzen deut schen Volkes werde schon behoben, bloß weil er sich etwas voreilig als sozialer General" bezeichnet: Er hat vielleicht die Absicht, sich aus den Gegensätzen überhaupt herauszuhalten und die Konflikte dadurch zu neutralisieren, daß er die Konfliktstoffe nicht anfaßt. So geht das nicht! Irgendeine Lösung muß schon gefunden werden, und wenn einer behauptet, er sei weder für das heute noch für das Morgen, er stehe unparteiiſch und autoritär darüber, dann gerät er in den Verdacht, daß er ein getarnter Vertreter des heute ist, der sich nur deshalb unkenntlich macht, um es mit dem Morgen nicht endgültig zu verderben. So billig allerdings wird er bei uns nicht davonkommen ! Er wird selbst wohl wiſſen, daß es unmöglich ist, den Nationalsozialismus einfach als 353 23 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

nicht vorhanden zu betrachten. Wir haben schon Mittel und Möglichkeiten genug, uns bemerkbar zu machen, und wer uns nicht sehen will, dem stellen wir uns geradewegs vor die Augen, bis er uns sieht, und zwar so deutlich, daß er sich auf diese oder jene Weise mit uns auseinander. setzen muß. Allmählich melden sich nun die zu kurz Gekommenen . In voreiliger Freude hatten die Blätter, die sonst nie etwas mit Generälen zu tun haben wollen und seit Menschengedenken alles Militärische in den Rot zerrten, dem neuen Kanzler Vorschußlorbeeren dargereicht. Die Begeiste rung war groß bei Mosse und Ullstein, und nur der Kenner konnte bemerken, wie durch die mit Jubelfanfaren angefüllten Spalten leiſe die Angst hindurchzitterte. Gewiß, sie sind dem Herrn aus der Bendlerstraße zu ergebenstem Dank verpflichtet; denn er war es doch schließlich, der sie vor Hitler bewahrt hat. Aber sie standen ja auch vor seinem Vorgänger stramm und begrüßten die Stahlhelmer bei ihrem Berliner Reichs- Frontsoldaten-Tag als die „ Kameraden im feldgrauen Rock". Ihre Begeiste. rung von damals war nicht von langer Dauer, und als der Vorgänger des Generals in die Wüste geschickt wurde, da haben sie ihm kaum eine Träne nachgeweint. Auch die Liebe zu Schleicher ist für sie keineswegs eine Sache des Herzens, höchstens des Verstandes. Was soll man denn machen, wenn einem die Furcht den Rücken herunterrieſelt, weil der Nationalsozialismus vor den Toren des Reiches steht? Lieber die feine Hand Schleichers bewundern, als die harte Faust Hitlers zu verspüren bekommen! Es ist sozusagen eine Sympathie auf Zeit und mit umgekehrtem Vorzeichen. Und die Freunde, die sich herr von Schleicher in der Roch und Jeruſalemer Straße erwarb, sind solche, von denen das Sprichwort sagt, daß ihrer in der lot hundert auf ein Lot gehen. Es bleibt ihm also, wenn er nicht gerade alles riskieren will, nichts anderes übrig, als möglichst bald Farbe zu bekennen. Es wird ihm das nicht allzu leicht fallen; denn es iſt das Wesen eines Mannes, der hinter den Kulissen wirkt, daß er in grauer Konturenlosigkeit in die Erscheinung tritt und nur manchmal und dann auch nur als Schatten sichtbar wird. Wenn einer wenig sagt, und er ist obendrein noch ein Soldat, dann kommt er bald in den Geruch eines großen Schweigers, und der kleine Verstand ist dann allzu leicht geneigt, ihn direkt neben Moltke zu stellen. Allerdings schweigen nicht nur diejenigen, die etwas zu verschweigen, fondern auch diejenigen, die nichts zu sagen haben. Und wenn man das Schweigetalent, das Herr von Schleicher in den vergangenen Jahren so meisterhaft bewährte, unter diesem Gesichtspunkt abmißt, nach seinem Debut am Rundfunk muß man schon zugeben, es hätte ihm nichts geschadet, wenn er geschwiegen hätte, denn er wäre dann ein Philoſoph geblieben. Bis Weihnachten wird er ohne Programm auskommen. Sind aber die Lebkuchen aufgegessen und hat sich der Tannenduft etwas verzogen, beginnt der graue Alltag wieder mit all ſeiner lot und all ſeiner Bedrängnis, dann wird Herr von Schleicher schon gut daran tun, irgend etwas Greif. bares zu sagen, etwas, woran man sich halten kann. Es braucht nicht viel, aber es muß doch etwas sein. Die Zeit steht auch vor ihm nicht still; ſie wird weitergehen und auf ihre Art ihre Probleme lösen. Reiner wird dabei verschont! Wer sie erkennt und mit ihr geht, der wird von ihr emporgetragen werden; wer sich ihr entgegenstemmt, den schlägt sie zu

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Boden. Wer aber neben ihr geht, ohne sie zu beachten, den wird ſie ſehr bald überholen, und ehe er sich noch recht darüber klar ist, steht er hinter ihr und hat nur noch das Nachsehen.

Das große Wunder 24. Dezember 1932 Die Menschen stehen auf den Straßen und warten. Worauf eigentlich? Keiner kann das genau sagen, und viele von ihnen wissen es überhaupt nicht. Sie ahnen und fühlen es nur, mit dumpfer Schwere liegt es ihnen auf den Herzen und auf den Gemütern. Sie meinen, ein großes Wunder müsse kommen. So unschuldig und naiv denken sie noch. Ihre Gesichter sind zergrämt, und das Schicksal hat seine schweren Furchen hineingegraben. Die Augen sind müde vom vielen vergeblichen Schauen. Die Füße wollen kaum noch die schmalen, ausgehungerten und verdorrten Körper tragen, und die Hände sind so schwach geworden, daß sie sich nicht mehr zu Fäusten ballen. Vor den Stempelstellen und vor den geschlossenen Fabriktoren stehen sie und warten. Manchmal gehen sie mit leeren Blicken durch die von Lichter. glanz überdeckten Straßen und schauen in die leuchtenden Auslagen der großen Geschäftshäuser hinein. Dinge sind da zum Kauf bereitgestellt, die sie nur dem Namen nach kennen, und Preise stehen darauf, bei deren Zahlenreihen ihnen beinahe schwindlig wird. Ein Jahr müssen sie mit Frau und Kindern davon leben, und manchmal auch zehn Jahre. Das heißt, was man so leben nennt. Für ihr langſames Dahinſiechen iſt das zuviel gesagt. Sie vegetieren in den grauen Alltag hinein, ohne Hoffnung, ohne Glauben an die Zukunft, kaum noch mit einer Faser an das Dasein gebunden, das ſie manchmal lieber heute als morgen von sich werfen wollten. Sie sind bis obenhinaus vollgefüttert mit Versprechungen, die niemand gehalten hat. Sie sollten Brot haben und Freiheit, man wollte ihnen Arbeit geben, ein Leben in Schönheit und Würde winkte, ebenbürtig und gleichgewertet sollten sie in den Kreis der anderen aufgenommen werden ; und nun erkennen sie mit Schaudern, daß, während sie den Phraſen nachliefen, das Reich zerfiel, die Ehre zerbrach, die Arbeit verlorenging und das Brot karger und karger wurde. Man wundert sich, daß sie noch nicht am Ende sind. Daß sie es über. haupt noch ertragen können, dieses Hundeleben, das gar nicht mehr wert ist, gelebt zu werden. Wie viele Minister sahen sie in den vierzehn Jahren, da sie das fegefeuer deutschen Leides durchschritten, kommen und gehen? Wie haben ſie ſich mit all ihren Hoffnungen und Illuſionen an jeden einzelnen von ihnen geklammert. Manchmal dauerte es Jahre, bis sie einsehen lernten, daß das vergebens war, später Monate und heute nur noch Wochen. Der Hunger hat sie helläugig gemacht, und ihre Ohren sind so spitz geworden, daß sie bereits das leise Summen der Zeit vernehmen. Wie unheimlich dieses Summen ist! Fast so, als kündete es irgendeine Katastrophe an, von der niemand zu sprechen wagt, weil alle Herzen davor erzittern. Sie wissen das beſſer als jedermann sonst : wenn das einmal aus. bricht, dann wird es kein Halten geben, dann steht die Verzweiflung auf im Lande, und wehe dem, der sich ihr entgegenstemmt. 28*

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Zwar läuten die Glocken und blinkt aus den Fenstern der traute Glanz der Kerzen. Selbst in dieser grauen öde wollen die Weihnachtslieder nicht verklingen, und bei wem es zu einem Baum nicht reicht, der nimmt einen . Tannenzweig mit nach Hauſe und läßt ihn langſam verglimmen, nur um den so lieben Duft wenigstens für eine Stunde einzuatmen. Wer ober. flächlich beobachtet, der meint vielleicht, es sei alles so wie früher, und es habe sich gar nichts geändert. Aber schaut aufmerkſam hin, und ihr werdet mit Schaudern gewahr werden, daß hier ein wunderbares, stolzes und hochgemutes Volk vor der legten Verzweiflung steht, und daß es nur noch eines kleinen Anstoßes bedarf, dann erhebt sich diese graue Maſſe Mensch, um ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen. Ob die da oben, die da nicht müde werden, sich als „Gottgesandte" auf. zuspielen und den Himmel allein zum Richter über ihr Tun und Lassen anzurufen, das auch wiſſen oder überhaupt nur ahnen: Schwerlich! Wie könnten sie sonst in blinder Unvernunft dem furchtbaren Schicksal seinen Lauf laffen und zusehen, wie eine ganze Nation, die zu Beſſerem berufen ist, als sich selbst aufzulösen, mit Riesenschritten dem Abgrund entgegen. geht, um am Ende in ihm zu versinken? So sieht Deutschland aus um Weihnachten 1932 ! Fast fünfzehn Jahre ist es her, daß der Krieg zu Ende ging, und immer noch ziehen sich die Schützengräben mitten durch Deutschland und wird um jedes Stückchen Volk erbittert und mit kaltem fanatismus gekämpft. Ströme von Blut sind um das Reich vergossen worden, aber die Saat will noch nicht aufgehen. Es ist, als läge ein dunkler, unnennbarer Fluch über dem Lande, und jedesmal, wenn die Hoffnungen aufzuſchwillen beginnen, wenn die Millionen grauer Menschen sich festklammern an einem Traum, der Wirk lichkeit werden will, dann tritt dieser Fluch zwischen Wunſch und Erfüllung, und wieder einmal muß das Volk haltmachen im Marschieren, um einen Glauben ärmer und um einen Trost bedürftiger. Würden wir, die wir das Reich zukunftsgewiß im Herzen und auf den Händen tragen, nicht auch verzweiflungserfüllt in dieser grauen Masse Menschen stehen und warten, hätten wir nicht den Weg, der noch vor ihr liegt, schon hinter uns gebracht, und wären wir nicht über alle Ent. täuschungen und Rückschläge hinausgereift: Die große Hoffnung, die die anderen nur dumpf und gequält ahnen und empfinden, ist in uns bereits zur Gewißheit geworden, und je tiefer die Dunkelheit über dem Lande herniedersank, um so heller strahlt unſer Stern hindurch. Hat denn jemand geglaubt, daß das Glück uns unverdient in den Schoß fallen würde, und meinte einer, das große Ziel erreichen zu können, ohne kurz vor ihm noch einer schwersten und legten Prüfung unterworfen zu werden? Haben wir Grund, kleinmütig und verzagt zu ſein: Wir, die wir vor kurzem noch eine Sekte waren und heute bereits das neue Volk geworden sind. Gewiß, zur ganzen Freude langt es auch bei uns nicht ! Die schwere Not, die auf allen lastet, hat auch uns nicht verschont, und der Kampf um das Daſein ging an keinem mit weniger Spuren vorbei als an uns. Und trotzdem: Wir wissen, wohin der Weg führt, und sind auch entschlossen, ihn bis zum Ende zu beschreiten. Den Stern haben wir über uns erstrahlen sehen, und wir wollen ihm folgen ohne Wanken und ohne Furcht. Das Reich zerbricht nicht, solange wir daran glauben und dafür kämpfen und arbeiten!

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1933

Jahr des Sieges

-ach kaum zweimonatiger Amtszeit ist der Nachfolger Papens, Reichskanzler

lösung des Reichstages ohne Ausschreibung von Neuwahlen am 28. Januar verweigert. Am 30. Januar wird die Macht in die Hand des Führers gelegt, der den arbeitsunfähigen Reichstag sofort auflösen und Neuwahlen für den 5. März ansehen läßt. Die jest folgenden Stationen des Jahres der Machtübernahme bezeichnen den ehernen Schritt der deutschen Revolution, die ihre politischen Ziele nur in der völligen Vernichtung eines schmachbedeckten Syſtems erblicken konnte. Der Reichstagsbrand am 27. Februar, als Signal für den bewaffneten kommunistischen Aufſtand gedacht, wird zum Alarmruf für das ganze Land. Der marxistische Gefahrenherd wird mit einem Schlage für immer beseitigt. 4000 fommunistische Abgeordnete und Funktionäre werden verhaftet, die gesamte marxistische Presse verboten und die Sicherheit von Volk und Staat durch drakonische Verordnungen gewährleistet. Nach der Reichstagswahl im März 1933 verfügt die nationale Opposition über die absolute Mehrheit im Parlament und ist damit ausschlaggebend bei allen Abstimmungen. Am 21. März wird durch feierlichen Staatsakt in Potsdam der neue Reichstag eröffnet, der am 23. März durch das verfassungändernde Ermächtigungsgesetz „zur Behebung der Not von Volk und Staat" den Führer für die nächſten vier Jahre mit der Wende des deutschen Schicksals betraut. Durch die Gründung der Deutschen Arbeitsfront" am 2. Mai wird der geschichtliche Schlußstrich unter das Dasein der marxistischen Gewerkschaften gezogen, am 10. Mai das Vermögen der SPD. und des Reichsbanners" beschlagnahmt und am 22. Juni die Sozialdemokratische Partei verboten. Die bürgerlichen Parteien des einstigen Weimarer Systems lösen sich selbst auf. Am 6. Juli 1933 erklärt der Führer die nationalsozialistische Revolution für beendet. Staat und NSDAP . sind eine unzertrennbare Einheit und das neue Deutschland, die nationalsozialiſtiſche Volksgemeinschaft, das Reich der Freiheit und der Ehre Wirklichkeit geworden. 357

Schleichers Bilanz

20. Januar 1933 Der General von Schleicher hat geglaubt, durch die Übertragung der Arbeitsmethoden, die er über ein Jahrzehnt im Hintergrunde des Reichs. wehrministeriums betrieben hat, auf die große deutsche Politik wenigstens eine vorläufige Klärung der schwebenden deutschen Fragen finden zu können. In der Bendlerstraße pflegte man alle Dinge, vor die man gestellt wurde, mit geschmeidigen Händen anzufassen. Es wurden dort grundsätz liche Entscheidungen systematisch hintangehalten. Man gab nicht Laut und schreckte davor zurück, Farbe zu bekennen. Eine Arbeitsweise, die zeitweilig von Vorteil sein, aber selbstverständlich auf die Dauer eine Krise von dem Umfang, wie die, in der Deutschland ſich augenblicklich befindet, nicht lösen kann, sie höchstens auf eine gewisse Dauer aus dem öffentlichen Blickfeld heraushebt. Die Programmrede, die der General von Schleicher als Reichskanzler am Rundfunk hielt, atmete ganz diesen Geist. Sie war von vornherein darauf abgestellt, jede tiefere Gegensätzlichkeit zu vermeiden oder klug zu umgehen, und in den Vordergrund Dinge zu schieben, die, ſcheinbar dem gefunden Menschenverstand entnommen, auf keinen harten Widerstand in der öffentlichkeit stoßen konnten. So wie der General von Schleicher das mit den Problemen macht, so versucht er, das auch mit den Parteien zu machen. Er meint, durch gutes Zureden Prinzipien, die nun einmal nicht miteinander zu versöhnen sind, am Ende doch in Einklang bringen zu können, und kommt dann zu der irrigen Annahme, so, wie er die Gegensätze verkleisterte, so ließen sich auch die Parteien ineinandermengen, und das Ergebnis wäre ein großer Einheitsbrei, die sogenannte Gewerkschaftsfront, über der er mit klug berechneter Taktik spielen und befehlen könne. "Der soziale General ! " So fing das an. Schleicher verhandelte zur gleichen Zeit mit den Führern der Sozialdemokratie, mit roten Gewerk schaftsführern, mit Führern der christlichen Gewerkschaften, mit Vertretern der bürgerlichen Parteien und meinte, er brauchte in diesen erlauchten Kreis nun nur noch den Führer der VISDUP . hineinzubeziehen, dann sei der Stein der Weisen gefunden, das Rätsel gelöst, das Geheimnis der deutschen Krise gelüftet : Das Volk einig in seinen Parteien, werde nun unter seinem Vorantritt einer besseren Zukunft entgegengeführt. Wenn man die Dinge oberflächlich betrachtet, dann mag eine solche Rechnung auch aufgehen. Bei näherem Zusehen aber stellt sich sehr bald heraus, daß diese Konstruktion an einem Fehler krankt, der ihr ganzes künstliches Gebäude umwirft: daß nämlich auf solche Weise zwar Fragen der Taktik gelöst werden können, daß Fragen der Taktik aber nicht an die Grundsäglichkeiten rühren, sondern nur dazu angetan scheinen, Ent scheidungen von prinzipieller Bedeutung hintanzuhalten und wenigstens vorläufig aufzuschieben. Jun wird jedermann zugeben, daß die schweren Probleme, die heute in Deutschland gelöst werden müssen, nicht mehr taktischer, sondern grund. säglicher Natur sind. Und je mehr die verantwortlichen Männer ſich darauf zurückziehen, an Stelle des Grundsatzes bloße Taktik zu betreiben, um so härter und unversöhnlicher werden die Gegensätze im Volke selbst. Bis sie dann am Ende so verschärft sind, daß man sich entweder zu ihrer generellen Lösung entſchließen muß, oder sie prallen gewaltsam aufeinander. 358

Heute ist es in Deutschland so, daß man sich in den Regierungskontoren seit Monaten nur noch mit taktischen Winkelzügen beschäftigt, während die Prinzipien selbst im Lande einen erbitterten Krieg miteinander führen. Der General von Schleicher ist daran, daß er diese Gefahr nicht erkannt hat, jetzt schon gescheitert. Sein Konflikt mit dem Reichslandbund iſt ein sprechender Beweis dafür. Rein Ranzler sprach bisher wie er so bauern. freundlich. Aber keiner hat auch, wie er, so wenig Grundsätzliches gesagt. Er beschränkte sich auf eine bloße Sympathiekundgebung für das Land. Damit werden natürlich zwangsvollstreckungen, Pfändungen von Haus und Hof und Vieh nicht aufgehalten. Die gehen weiter. Und der Bauer, der nun den weißen Stab in die Hand nehmen muß, kann sich nichts dafür kaufen, daß der regierende Ranzler ihm sein liebendes Herz entgegen. trägt. Der Erfolg ist dann nur, daß die Wut und Empörung im Lande wächst, und grade deshalb, weil Wort und Tat in einem so schreienden Gegensatz stehen. Dasselbe ist bei der Frage der Arbeitslosigkeit der fall. Wenn der Kanzler meint, er brauche nur einen Rommissar einzusetzen, um damit einen der folgenschwersten Vlotstände der augenblicklichen Situation beheben zu können, dann ist das ein holder Irrwahn, den wir jedem andern, nur nicht ihm zugetraut hätten. Herr Gereke ist bis zur Stunde überhaupt noch nicht zum Zuge gekommen. Er streitet sich mit den Ressorts herum. Er hat weder einen Etat, noch ein klares Ziel. Wenn ein Rabinett so heterogene Elemente wie Herrn Warmbold und Herrn von Braun umschließt, und wenn im Hintergrunde gar ein so durchaus liberal-kapitalistischer Finanzmann auf der Wacht steht und immer nach vorne rückt und drohend den Zeigefinger erhebt, sobald das Gefüge seines Weltbildes in Gefahr gerät, dann kommt ein Arbeitsbeschaffungskommissar — er mag noch so guten Willens sein - über halbe Behelfe nicht hinaus. Er darf die Dinge nicht fest anpacken, er muß an jeder grundsätzlichen Lösung vorbeigehen und wird dann zuletzt im faulen Rompromiß landen und scheitern. Das empfindet das Volk mit seinem gesunden Instinkt auch. Die Regierung, die im Dezember mit so großen Hoffnungen begrüßt wurde, hat im Lande bereits allen Kredit verloren. Schleicher ist kein Diktator, sondern nur ein Runktator. Während das Volk auf Taten wartet, erschöpft sein Rabinett sich in fruchtlosen Debatten. Ein Ende wird dabei nicht gefunden, weil jedes Ende einen Entschluß erfordert, den dieser Kanzler unter allen Umständen vermeiden will und auch vermeiden muß, wenn seine Stellung gehalten werden soll. Tritt der Reichstag demnächst zu sammen, dann könnte er sich eigentlich jedes Mißtrauensvotum sparen. Es genügte eine parlamentarische Anfrage etwa der Art: Existiert die Regierung Schleicher noch, und wenn ja, was gedenkt sie dagegen zu tun ? Die Reichspressestelle hat den ihr dienstbaren Journalen die freundliche Weisung gegeben, das Lipper Wahlergebnis nach Möglichkeit zu bagatelli sieren. Und das haben denn auch die Üllsteins und Mosses mit der ganzen Schwungkraft ihrer beredten Prosa besorgt. überzeugt haben sie damit selbstverständlich niemanden. Denn das Lipper Volksurteil ist keine lokale Angelegenheit, es entspricht durchaus der augenblicklichen Stimmung im Lande. Es beginnt wieder das große Wandern unter den Maſſen, und zwar in Richtung auf uns hin. Wartet Herr von Schleicher noch zwei, drei Wochen, dann haben wir den Stand vom 31. Juli vollends wieder 359

erreicht, und damit ist die große Rrise, die mit dem 31. Juli zum ersten Male allen sichtbar wurde, wieder offen aufgebrochen. Sie wird dann ſchärfer denn je zu einer Lösung drängen. Mit taktischen Mitteln wird man ihrer nicht mehr Herr. Das Mundspitzen genügt nicht, es muß gepfiffen werden ! Die Wilhelmstraße mag tun und laſſen, was sie will: Uns wird sie bereit finden. Wir sind entſchloſſen, jeden Kampf zu wagen . Die Zeit ist für uns, die geschichtliche Entwicklung führt zu uns hin, die Zwangsläufigkeit der politischen Gesetzlichkeit, der wir dienen, ist unver meidbar geworden, und damit haben wir den Sieg so gut wie sicher in der Tasche. Wir müssen nur arbeiten und dürfen zu keiner Stunde die Nerven verlieren.

Der General ohne Rückgrat 25. Januar 1933 Es unterliegt nun keinem Zweifel mehr, daß der General von Schleicher in der Nacht vom Freitag auf Sonnabend vergangener Woche die Absicht hatte, den nationalsozialiſtiſchen Aufmarsch auf dem Bülowplatz # Front Rarl-Liebknecht-Saus" in letter Stunde zu verbieten. Die Gründe, die dafür am Sonnabendmorgen in der dem Reichskanzler nahestehenden jüdi schen Presse angeführt wurden, waren durchsichtig genug, um die wahren Motive dieses Unterfangens klar werden zu lassen. Man sagte, die Demonstration der SA. ſei eine unerhörte Provokation des revolutionären Proletariats, es könne nicht geduldet werden, daß mitten im tiefsten Frieden die bewaffneten Garden des Faschismus“ in traditionelle Arbeiterbezirke eindrängen, der Bülowplatz gehöre nun ein. mal der RPD., und es ſei nicht einzusehen, inwiefern und warum Hitler das Recht habe, durch einen aufreizenden Aufmarsch vor dem bolſchewiſti. schen Parteihaus die Gemüter bis zur Siedehige aufzureizen und es dabei am Ende noch zu sinnlosem Blutvergießen kommen zu lassen. Zwar war man in der Wilhelmstraße zu feige, sich diese überlegungen zu eigen zu machen. Man erklärte ganz einfach, das Leben unschuldiger Polizeibeamter müsse geschützt werden, und da das auf andere Weise nicht möglich sei, bliebe nichts anderes übrig, als den Aufmarsch der SA. zu verbieten. Es ist auch nicht unbekannt, daß es nicht dem General von Schleicher zu verdanken ist, wenn ein so wahnwitziger Entschluß unterblieb. Erst seine Umgebung mußte ihn darauf aufmerksam machen, daß er es sich weder als Reichskanzler, noch und viel weniger als Reichswehrminiſter leisten könnte, vor den Drohungen der roten Asphaltpresse, den unver hüllten Aufreizungen der kommunistischen Internationale und dem Mob der Straße zurückzuweichen . Er hätte das getan, wenn er nicht in furcht gewesen wäre, er riskierte dabei seine ohnedies schon sehr gefährdete Position und würde vor allem in Kreisen der Reichswehr, die ein solches Verbot niemals verstanden hätten, den letzten Boden verlieren . Sei dem nun, wie ihm wolle : Fest steht, daß der General von Schleicher nicht die Verven hatte, um sich gegen die rote Kamarilla zu behaupten, daß er im Gegenteil in dieser entscheidenden Stunde völlig verſagte und 360

ihm erst von Männern, die die Situation besser überschauten, Korsettstangen eingezogen werden mußten, damit er stehen blieb. Das ist eine peinliche Erkenntnis, die uns nicht unerwartet kommt, die aber auf weite Kreise, die noch auf den neuen Reichskanzler und seine vielgerühmte Festigkeit hofften, zweifellos sehr ernüchternd wirken muß. Was hätte das bedeutet, wenn der General von Schleicher seiner eigenen Erkenntnis gefolgt wäre? Er hätte damit vor der Straße kapituliert. Er hätte der RPD. zu einem unverdienten, billigen Triumph verholfen, die leeren Drohungen der jüdischen Asphaltpresse wären nicht wirkungslos verhallt, und das deutsche Deutschland hätte sich den frechen Unmaßungen der 3. Internationale beugen müssen. Der General von Schleicher kann gar keine Gründe anführen, die sein zuerst beabsichtigtes Vorgehen vor der Öffentlichkeit rechtfertigten, denn wie der Verlauf der Demonstration vor dem Karl-Liebknecht Haus am Sonntag beweist, ist es sehr wohl möglich, ohne Gefährdung der staatlichen Machtmittel dem Bolschewismus die überzeugung von der Festigkeit der autoritären Gewalt beizubringen. Man muß nur den Mut dazu haben und darf nicht vor der ersten hysterischen Drohung zurückweichen . Daß der General von Schleicher in dieser Frage nicht fest blieb, daß er, als das Höllenkonzert des Preſſemobs auf dem Höhepunkt stand, retirierte und im Verbote die legte Zuflucht suchte, das ist der klassische_Beweis dafür, daß Herr von Schleicher die bolschewistische Gefahr überhaupt noch nicht erkannt hat und damit auch nicht die Kraft und die Fähigkeit besitzt, ihr wirksame Maßnahmen entgegenzustellen . Welch ein Unfug ist es, hier von Provokation zu reden ! Gehört der Bülowplatz der kommunistischen Partei oder der öffentlichkeit; und steht er, wenn er der Öffentlichkeit gehört, nicht jedem Staatsbürger zur Be nutzung frei? Hat die kommunistische Partei das Vorrecht, auf diesem Platz ihr Unwesen zu treiben ? Und ist es nicht ein Wahnsinn, zu behaupten, daß, wenn hier eine deutsche Volksbewegung aufmarschiert, das die KPD. in ihren heiligsten Gefühlen verlegen müsse? Was heißt hier überhaupt heiligste Gefühler Sind wir Deutſchen dazu da, diese sogenannten heiligsten Gefühle einer Partei zu achten, die bewußt und ihrem Programm nach keine deutschen, sondern internationale Interessen verficht, die ihre politischen Anweisungen von Moskau erhält, die somit alſo nach deutschen Maßstäben gar nicht mehr gemessen werden darf, sondern lediglich eine russische Fremdenlegion auf deutschem Boden darstellt? Die Tatsache, daß dieser politiſche Kriminalismus, der gar nichts mehr mit deutschen Belangen zu tun hat, auf einem Platz der deutschen Reichs. hauptstadt eine geistige und organisatorische Zentrale besitzt, daß von dieser Zentrale aus der Rampf gegen den Staat, gegen familie, Sitte, Recht und überlieferung mobilisiert werden darf, daß dagegen keine Regierung und keine Autorität einschreitet, daß diesem Rampf Hunderte von besten deutschen Männern bereits zum Opfer gefallen sind und wer weiß wie viele noch zum Opfer fallen werden, daß durch diesen Kampf das gesamte Staats- und Volksgefüge auf das ernsthafteste bedroht erscheint, das ist eine Provokation, eine freche Beleidigung der deutschen Nation, die sich eine wahrhafte nationale Regierung auch nicht zwei Stunden lang gefallen laſſen könnte. Ein Staat, der sich dazu hergibt, den Kommunismus genau so zu werten 361

wie jede andere Partei, ja ſogar wie eine Zwölf-Millionen -Bewegung, die sich mit ihrer ganzen Kraft und mit ihrem aktiven Willen für die Ehre und die Freiheit der deutschen Nation einsetzt, ein solcher Staat gibt damit seine Existenzberechtigung auf, er verdient gar nicht mehr, daß man besondere Achtung vor ihm hat, und er darf sich nicht wundern, _wenn unter seinem Regime der Bolschewismus zu einer unheildrohenden Gefahr heranwächst, die jede Autorität vernichtet und jede innere Festigkeit ins Wanken bringt. Die Juden demokratischer, sozialdemokratiſcher und kommunistischer Couleur haben in diesem Falle wieder einmal fein zusammengearbeitet. Die knallrote Presse spielte die erste Geige. Die rote " Vorwärts"-Presse blies mit den Posaunen hinein, und die Ullsteins und Mosses flöteten auf ihren Klarinetten die Begleitmusik. Das gab in der Gesamtheit ein wahres Höllenkonzert von Wut, Empörung und gutgespielter Entrüstung. Sie überboten sich in schein. heiligen Warnungen, versteckten Drohungen und frechen, aufreizenden Provokationen. Man glaubte die grauen Tage vom November 1918 wiedergekommen. Das In- und Ausland wurde mobil gemacht, die ganze Welt stand Ropf, nur weil 30 000 SA.-Männer die Absicht hatten, ihrem toten Rameraden Horst Wessel eine letzte Ehre zu erweisen. Da hätte ein nationaler Reichskanzler von Rang, ein Soldat, ein Offi. zier, ein General die Pflicht gehabt, zu beweisen, daß er Verven besitzt und auch das nötige Rückgrat hat, um sich gegen diesen Preſſeſchlamm durchzusetzen! Wenn in solchen Augenblicken die Bürokratie versagt, dann muß der führende Ropf Festigkeit, Alarheit und Unerschütterlichkeit zeigen. Und wie war es hier? Genau umgekehrt! Der Kanzler, der Soldat, der Offizier, der General versagte. Und erst dann stand er wieder gerade, als die Bürokratie ihm den Rücken gesteift hatte. So war das hier, und so ist das überall. Herr von Schleicher, der da meint, ohne Programm und ohne Grundsatz auskommen zu können, ein Reichskanzler, der weder Sozialist noch Rapitalist sein will, ein General, der mit der Sozialdemokratie verhandelt und den Kommunisten zugibt, daß ein nationaler Aufmarsch vor ihrem Parteihaus eine Provokation bedeutet, ein Führer, der nicht führt, sondern geführt wird, ein falsch verstandener Diktator, der dann, wenn er Entscheidungen zu treffen hätte, zaudert und zagt, ein kluger Taktiker, der Arbeit schaffen will, es aber nur dazu bringt, daß die Arbeitslosenziffer um Hunderttausende und Hunderttausende steigt, ein solcher Mann ist nicht stark genug, das Steuer des deutschen Staatsschiffes in die Hand zu nehmen und ein verzweifeltes Volk durch Elend, lot und Grauen sicher und unbeirrt hindurchzuführen. Das was Schleicher fehlt und worauf er stolz ist, daß es ihm fehlt, das wird ihm bald zum Verhängnis werden : Der Grundfag, der allein Beständigkeit und Zielsicherheit geben kann . Wenn er es noch nicht wissen sollte, so sei es ihm ein letztes Mal gesagt: Die Fronten, die sich heute in Deutschland kämpfend gegenüberstehen, sind politische Armeen, die Weltanschauungen verfechten; und da Welt. anschauungen das Tiefste und Einschneidendste umfassen, das sich über. haupt denken läßt, kann man zwischen ihnen nicht vermitteln . Man muß zu ihnen entweder ja oder nein sagen. Wer dazu nicht den Mut und die

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Entschlußkraft besitzt, der wird am Ende nicht über den Fronten, sondern zwischen ihnen stehen und bei ihrem Aufeinanderprallen zerrieben werden. Wäre die Meinung und Anſicht, die der General von Schleicher vertritt, Allgemeingut des nationalen Deutschlands, dann wäre die Nation rettungslos dem Bolschewismus verfallen. Gäbe es keine Bewegung, die diesem Dilettantismus den Kampf anſagte, dann könnte man alle Hoffnung ver lieren, und das dunkle Schicksal, das Rußland ereilte, würde erbarmungs. los über unsere Grenzen hinwegschreiten. lein, so macht man keine Politik, geschweige denn Geschichte. So werden die Staaten in die bolschewistische Anarchie hineingestürzt. Das aber lassen wir nicht zu, daß mit Deutschland ein gleiches geschieht. Männer, die nicht das Rückgrat haben, um einen solchen Kampf durchzustehen, die schon vor der Preſſekanonade der roten Internationale zurückweichen, die müſſen ihren Platz räumen und ihn für bessere freigeben. Und darum erheben wir aufs neue den Ruf: Weg mit allen halben Versuchen, die die Krise nicht lösen, sondern sie nur hinziehen und damit unheilvoller und gefährlicher machen ! Hitler an die Führung ! Das ist und bleibt das Gebot der Stunde !

Reinen Tisch machen! 30. Januar 1933 Nachstehende Ausführungen wurden vor der inzwischen erfolgten Entscheidung geschrieben. Sie sind jedoch geeignet, die Lage, die zu der Ent scheidung führte, klar zu beleuchten, weshalb wir sie dennoch wiedergeben. Wir stellen mit einer gewissen Genugtuung fest, daß unsere Prophe zeiungen, die wir dem Kabinett von Schleicher bei seinem Umtsantritt mit auf den Weg gaben, fast auf den Tag genau eingetroffen ſind. Wir erklärten damals, man könne mit bloßer Taktik der schwierigen grund. sätzlichen Fragen, vor die Deutschland gestellt ſei, nicht Herr werden. Man müsse sich so oder so entscheiden, und wer dazu nicht fähig oder willens ſei, der werde über kurz oder lang zwischen den feindlichen Fronten zerrieben. Wir machten auch keinen Hehl daraus, daß dieses Schicksal Herrn von Schleicher und seine Regierung eher, als man im Dezember glauben wollte, ereilen würde, und fügten noch einmal zu allem überfluß die Binsenwahrheit hinzu, daß man ohne oder gar gegen den lationalſozialismus eben nicht regieren könne, daß schon das bloße Vorhandensein dieses geschlossenen 12-Millionen-Blocks als feindlicher Phalanx jedes Rabinett ruinieren und zur Strecke bringen würde, und daß man deshalb gut daran täte, endgültig die Verſuche aufzugeben, an diesem Block vorbei. zukommen, sich im Gegenteil mit ihm irgendwie auseinanderseßen und ihm das Recht zukommen lassen müſſe, auf das er auf Grund ſeiner Arbeit, seiner Leistung und seines Erfolges mit fug Anspruch erhebe. Der General von Schleicher hat unsere Warnungen in den Wind geschlagen. Er glaubte mit seinen geschmeidigen Händen" diese harte und unerbittliche Notwendigkeit abmildern und ungefährlich machen zu kön, nen. Er ist an diesem Unterfangen zerschellt und hat dabei seinen guten Namen, einen großen Teil seiner bisherigen Verdienste und wohl auch eine bedeutende politische Zukunft verspielt. 363

Wir wissen nicht, ob man jetzt wieder auf den Ausweg verfallen wird, Hitler und seiner Bewegung noch einmal einen neuen Kanzler entgegen. zustellen. Sollte das der Fall sein, so können wir nur resigniert zur Antwort geben: "Der nächste Herr, bitte!" ur mit einem Unterschied gegen die bisherigen Kanzler, die wir zum Sturz brachten : Bei Brüning brauchten wir zwei Jahre, um ihn zu fällen, bei Papen genügten fünf Monate, und bei Schleicher hatten wir nicht einmal zwei Monate nötig. Würde ein anderer als Hitler ernannt, er wäre vermutlich in knapper Monatsfrist ein toter Mann, und das Tauziehen könnte aufs neue beginnen. Über denken wir nicht daran ! Viehmen wir im Interesse des deutschen Volkes und im Hinblick auf die immer gefährlicher sich zuspitzende Situa tion an, daß in der Wilhelmstraße die Vernunft obwalten wird und die Berater des Herrn Reichspräsidenten ihm nun endlich den Weg zeigen, auf dem allein eine Behebung der latenten Kriſe, unter der Deutſchland zugrunde zu gehen droht, gefunden werden kann. Zeit ist es. Die innerpolitischen Gegensätze sind bis zu einem Maße verschärft, daß der offene Aufruhr jederzeit, wenn es im Belieben der bolschewistischen zentrale liegt, entfesselt werden kann . Schon drohen die jüdiſchen Aſphaltblätter mit dem Generalstreik. Die Rote Fahne", der Vorwärts" und die ihr wesens und geistesverwandte Journaille führen eine Sprache, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Polizei und Reichswehr imponieren den roten Friedensbrechern nicht mehr. Es gibt nur eine Kraft, die diese heraufziehende Gefahr von Deutſchland abſchütteln kann : das ist das erwachende Volk, das im Nationalsozialismus seinen Sinn, seine Deutung und seine politische Zielrichtung gefunden hat. Auf der anderen Seite haben die wirtschaftspolitischen Experimente der vergangenen Regierungen die ganze Produktion in ein Trümmerfeld verwandelt. Schöngefärbte Statistiken können nicht darüber hinwegtäuſchen, daß es in Deutschland nahezu zehn Millionen Menschen ohne Arbeit gibt. Die mit großem Bombast angekündigten Arbeitsbeschaffungsprogramme ſind, ehe sie überhaupt zum Zuge kamen, schon vollkommen steckengeblieben. Das Volk ist um etliche Hoffnungen ärmer geworden und mit seiner Ge duld nun bald zu Ende. Der Mann von der Straße schaut mit grimmer Empörung dem in allen Variationen sich ewig wiederholenden Intrigen- und Cliquenſpiel zu, und auch der Dümmste kommt nun allmählich zu der Erkenntnis, daß das alles nicht nötig wäre, daß es eine Löſung gibt, die mit einem Schlage Deutschland vor eine neue Situation stellen würde, und daß alle Einwände, Bedingun gen, Vorbehalte, alle Intrigen und parteipolitiſchen Bosheiten nur erdacht werden, um diese eine Lösung zu umgehen oder ganz zu vermeiden. Und diese Lösung heißt, heute wie gestern, wie im Vovember und im August: Gebt Hitler die Führung! Die jüdische Preſſe hat uns in den vergangenen Monaten verhöhnt und verlästert, wenn wir immer und immer wieder mit einer fast stereotypen Gleichmäßigkeit diese eine Forderung erhoben. Sie hat sich als die Wortführerin des deutschen Defaitismus hinter jedem Kanzler versteckt, in der Hoffnung, ihn für ihr Zersegungs- und Zerstörungswerk am Nationalsozialismus gewinnen und ausnutzen zu können. Als gar kein anderes Mittel mehr half, da versuchte man die eherne Front dieſer jungen Be. wegung in sich selbst aufzulösen und zu zerspalten . Es war alles umsonst. Der Nationalsozialismus hat seine große Charakterprobe ſiegreich be. 364

standen, und geklärt und geläutert, stärker und durchschlagskräftiger denn je, verharrt er heute auf seinem Recht und auf dem Anspruch, den er auf Grund seines machtpolitischen Bestandteils erheben darf und auch erheben muß. Die Möglichkeiten, die jetzt für eine schnelle Behebung des augenblick. lichen politischen Votstandes gegeben erscheinen, sind so einfach wie nie. Man muß sich nun endgültig mit der Tatsache abfinden, daß der Natio nalsozialismus keine halben Lösungen versuchen wird, und daß ernoch viel weniger eine Verantwortung übernehmen kann ohne entsprechende Machtfülle. Wir sind bereit, den kranken deutschen Volkskörper zu heilen und ihn wieder lebensfähig zu machen; das aber ist unmöglich, wenn man uns zwingt, Rezepte anzuwenden, die nicht wir, sondern unsere Gegner erfunden haben. Wir haben weder am 13. Auguſt noch am 25. November die ganze Macht gefordert; wir tun das auch heute nicht ! Aber wenn man uns die ganze Last der Verantwortung aufbürdet, dann muß man uns wenigstens die Führung der deutſchen Politik in die Hand legen . Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß die nationalsozialistische Bewegung den Anspruch auf die Ranzlerschaft aufgibt. Sie wird auch in keine neutrale Lösung einwilligen. Wer die Bewegung haben will, der muß sie aus der Hand ihres führers entgegennehmen. Das eine ist ohne das andere nicht möglich! Und so glauben wir es denn in diesen schicksalsschweren Stunden un serer eigenen Verantwortung und der Verantwortung vor dem Lande schuldig zu sein, noch einmal mit allem Ernst und jedem Nachdruck auf die Gefahr der Situation und auf die Größe der Krise, in der Deutschland sich befindet, hinweisen zu müssen. Die Zeit der kleinen Bosheiten und der großen Intrigen ist zu Ende! Es muß reiner Tisch gemacht werden! Je länger man zuwartet, desto schwerer wird es. Wieder einmal steht Deutschland vor derselben Zwangsläufigkeit wie am 13. Auguſt und am 25. November ! Wieder einmal erheben wir, wie damals, unsere alte forderung: Gebt Hitler die Führung! Wird man diesmal ein Einſehen habena

Das große Wunder 2. februar 1933 Als in der Nacht vom 30. auf den 31. Januar am Wilhelmplatz der Jubel verstummte, als die legten Massen durch die nun allmählich leer werdenden Straßen wieder zurückfluteten und in der Reichskanzlei die Fenster sich schlossen, da herrschte unter den Männern, die sich hier um ihren Führer scharten, einen Augenblick andächtiges, fast ehrfurchtsvolles Schweigen. Sie alle waren sich in dieser glückgefüllten Stunde bewußt, daß ein historischer Tag zu Ende ging und Deutschland an der Schwelle eines neuen Zeitabschnittes stand. Die Erfüllung hatte ihnen jedes Wort ge. nommen. Der spontane Ausbruch des Volkswillens, der, getragen von den Hunderttausenden von Menschen, vier Stunden lang durch die Wilhelm. straße geflutet war, hatte das große Ereignis würdevoll und seiner Be deutung entsprechend umrahmt. Das Wunder, auf das sie vierzehn Jahre gehofft, für das sie unter der Führung Adolf Hitlers vierzehn Jahre lang

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gelitten und gestritten hatten, war geschehen. Die nationalsozialistische Bewegung hatte nach einem beispiellosen Aufstieg in der Oppoſition ihren Frieden mit dem Staat geschlossen, ihr Führer war mit dem Amt betraut, das vor ihm einmal Bismard verwaltete. Die stolze Millionenbewegung war in die Macht eingerückt und schickte sich nun an, für den kommenden Kurs deutscher Politik die Verantwortung auf sich zu nehmen. Ergreifende Stunden herrlicher Genugtuung, maßloser Freude und be glückender Gewißheit ! Hundert Meter weiter hatte der Generalfeld. marschall des großen Krieges bis um die Mitternacht am Fenster gestanden und auf die vorbeiflutenden Massen geschaut. Vor ihm und seiner histo rischen Leistung erhoben sich die Hände und die Fahnen und neigten sich ehrfurchtsvoll grüßend die Standarten. Hin und wieder hatte er ihnen zugewinkt, und wenn er damit dem jungen Deutschland seine Zuneigung, seine Sympathie und innere Verbundenheit bekundete, dann schwoll der Jubel der Volksmaſſen zu einem Orkan an; denn sie wußten alle, daß das, was sich hier vollzog, mehr war als eine bloße Geste. Der große Soldat, das Symbol unserer Einigkeit während des Krieges, der Präsident des Reiches, hielt der deutschen Jugend die Hand hin, und in tiefer Beglückung schlug die deutsche Jugend in diese Hand ein. Der Bund war geschlossen. Das alte und das junge Deutſchland ſtanden in Treue vereint, von dem entschlossenen Willen beseelt, den Feinden der Nation den Kampf anzusagen und das Land zu neuer, herrlicher Größe emporzuführen. Das große Wunder ist geschehen ! Woran viele schon verzweifelten und was manch einer nicht mehr für möglich halten wollte, das ist nun Tatsache geworden ! Adolf Hitler hat die Führung der deutſchen Politik in ſeiner Hand, und nun kann die Arbeit beginnen! Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, daß wir, ließe man uns an die Macht, ein Erbe zu übernehmen hätten, wie vor uns keine andere Regierung. Vierzehn Jahre lang hat der Marxismus mit den ihm ver. bündeten bürgerlichen Mittelparteien den Boden der deutschen Existenz fähigkeit unterhöhlt und unterwühlt; in einer uferlofen Mißwirtschaft wurde die Novemberſchmach staatlich stabilisiert, die Wirtschaft kam an den Rand des Abgrundes, die Finanzen verfielen dem Ruin. Millionen Menschen verloren Arbeit, Brot, Heimat und Scholle, die Kommunen wurden verwüstet und die Etats der Länder und des Reiches gerieten in Verfall. Vierzehn Jahre aber auch traten wir als unerbittliche Mahner auf, schärften die Sinne des Volkes, proklamierten den Widerstand gegen die zunehmende Katastrophe, pochten an die Gewissen, bis dann schließlich das Volk in Bewegung kam und sich aus der Irrnis und Wirrnis der Nachkriegszeit jene mitreißende Millionenfront erhob, die als Vorhut den Aufbruch der Nation einleitete. Diese vierzehn Jahre Novemberſchmach gilt es nun auszuräumen! Ein Werk voll von Schwierigkeiten, Hemmnissen und Widerständen. Kein Gott vermöchte das in wenigen Tagen aus dem Boden zu stampfen, was vierzehn Jahre lang in den Boden hineingestampft worden ist. Nur ganz große Maßnahmen können Deutschland noch retten. Die Männer, die diese Maßnahmen zu vollziehen haben, müssen Mut und Kühnheit besitzen, sie bedürfen des Vertrauens des Volkes, man darf sie am Aufbau nicht be hindern, es ist notwendig, daß man ihnen das Feld freigibt. Eine Regie. rung der nationalen Konzentration, die an Händen und Füßen gefesselt ist,

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würde zwangsläufig ſcheitern und damit die Hoffnungen, die sich an sie und ihr Werk knüpfen, auf das furchtbarste enttäuschen. Das darf nicht ſein, und das wird auch nicht sein! Der gegenwärtige Reichstag ist dieser großen und entscheidenden Situation nicht im mindesten gewachsen. Er ist hervorgegangen aus den Kriſen und Wirren des November 1932. Seitdem hat sich die Lage grundlegend geändert, neue Tatsachen sind vollzogen worden und damit neue Hotwendigkeiten herangereift. Dieser Reichstag ist auch, wie es scheint, nicht gewillt, der Regierung freie Hand zu geben. Er trägt sich vielleicht gar mit der sträflichen Absicht, in diesem Augenblick, in dem es um Deutschlands Sein oder Nichtsein geht, mit den neuen Männern Rage und Maus zu spielen. Er glaubt wohl, durch parlamentarische Tricks und Sabotage. versuche dem Kabinett Schwierigkeiten bereiten und damit die nationale Aufbauarbeit lähmen zu können. Das muß verhindert werden. Darum hat der Reichskanzler vom Reichspräsidenten die Befugnis zur Auflösung dieses Reichstags erbeten und erhalten. Die Nation wird noch einmal zur Entscheidung aufgerufen, und sie hat es damit in der Hand, der Regierung jene Handlungsfreiheit zu geben, die sie zur Durchführung ihrer umfassenden Reformmaßnahmen nötig hat. Die Judenzeitungen wimmern vor Entsegen. Sie führen beweglich Klage darüber, daß das deutsche Volk nun wieder einmal in die Wirren eines neuen Wahlkampfes hineingeſtürzt wird. Wie schnell haben sie ge lernt, heute das zu verbrennen, was sie gestern anbeteten. och klingt uns ihr Geſchrei in den Ohren, die nationalsozialistische Bewegung müſſe Firre gemacht werden, und da sie Angst vor ieuwahlen habe, bliebe dem Rabinett Schleicher nichts anderes übrig, als damit zu drohen und so Hitler zum Nachgeben zu zwingen. Das ist nun eine Woche her, und jetzt kommen wir ihnen mit derselben Drohung, mit der sie vordem uns glaubten erschrecken zu können. Sie mögen sich beruhigen ! Die neue Reichsregierung wird schon die geeigneten Mittel und Wege finden, damit dieser neue Wahlkampf dem deutschen Volk keinen Schaden bringt. Er wird so kurz wie möglich sein. Wir werden ihn mit jener zähen Beharrlichkeit und aktiven Durchschlagskraft führen, die notwendig ist, um dem nationalen Deutschland eine arbeitsfähige Mehrheit zu sichern . Die Partei geht wieder ins Geschirr. Diesmal allerdings mit ganz an deren Gefühlen als bei den letzten Wahlkämpfen. Damals wollten wir die Macht erobern, jetzt haben wir sie zu behaupten, mehr noch, wir müssen ihr jenen Unterbau mauern, auf dem sie für die kommenden Jahre fest und unverrückbar steht. Dieser Wahlkampf soll eine Generalabrechnung sein mit jenem verbrecherischen Marxismus, der 14 Jahre lang dem Arbeiter Brot und Erwerb genommen und die Ehre der deutschen Nation mit Füßen getreten hat. Wir werden die roten Marodeure auf die Anklagebank zwingen, und das deutsche Volk soll über sie Gericht halten. Die Partei hat einen großen Sieg erfochten. Der 30. Januar machte ihr das Tor zur Verantwortung auf. Dieser Sieg genügt uns nicht! Wir haben eine Regierung, wir haben ein Programm, wir haben den Willen zum Aufbau; woran es uns noch fehlt, das ist jenes ganz große und über. wältigende Vertrauen des deutschen Volkes, das sich mit seiner zähen Kraft und in einem hinreißenden nationalen Bekenntnis Adolf Hitler und seinem Rabinett zur Verfügung stellt. och einmal treten wir an! Es wird ein Kampf werden, wie ihn 367

Deutschland noch niemals sah. Wir werden aus diesem Kampf als die glorreichen Sieger hervorgehen ! An die Arbeit ! Deutschland ist im Erwachen ! Wir wollen nicht ruhen und nicht rasten, bis die Feinde des Reiches zerschmettert am Boden liegen !

Wir antworten! 13. Februar 1933 Es ist jetzt ein paar Jahre her, da ſpielte sich vor dem Forum des Reichs, tages folgender beispiellose Vorgang ab: Ein nationaler Abgeordneter be trat die Tribüne und interpellierte die sozialdemokratische Reichsregierung, deren Kanzler Hermann Müller, und deren Innenminister Carl Severing hieß, ob sie Kenntnis davon habe, und wenn ja, ob sie es billige, daß aus dem Hause des Reichstags eine amtliche Broschüre der sozialdemokratischen Partei herausgehe, in der offen zum Landes- und Wehrverrat aufgefordert, in der die Ideale des Pazifismus den Idealen des Soldatentums gegenüber öffentlich verherrlicht würden, ja, in der sich der Satz befinde, daß die deutsche Sozialdemokratie keinerlei Pflichten anerkenne gegen Volk und Nation, sondern ausschließlich Pflichten gegen die internationale Prole. tarierklasse. Die Vertreter der sozialdemokratischen Reichsregierung saßen oben auf ihren Plätzen und hörten sich diese furchtbaren Anklagen schweigend und lächelnd an. Ohne mit der Wimper zu zucken, ließen sie sich den schreienden Vorwurf des Landesverrats ins Gesicht hineinschleudern, und nur weil das ganze Haus, mit Ausnahme der ausgesprochenen Linken, aufzubegehren begann, bequemte sich schließlich Herr Hermann Müller dazu, eine lendenlahme, nichtssagende Erklärung abzugeben des Inhalts, daß die Regierung nicht die sozialdemokratische Partei sei, und daß die in Frage stehende Broschüre keinen amtlichen Charakter trage, sondern nur die Meinung führender sozialdemokratischer Politiker wiedergebe. Das war bisher noch in keinem Kulturstaate der zivilisierten Welt mög lich gewesen! Eine Regierung amtierte, deren Mitglieder einer Partei entnommen waren, die offen und unwidersprochen von der Tribüne des Parlaments des schmählichsten Landesverrats geziehen wurde. Die Genossen der Kabinettsmitglieder erklärten vor der ganzen Welt, daß sie „kein Vaterland kennten, das Deutſchland heiße“, daß ſie ihm gegenüber auch keine Pflichten wahrhaben wollten, daß sie im Gegenteil solche nur erfüllten gegenüber ihrer Klaſſe, und wenn die Pflichten gegen die Klaſſe ſich in Widerspruch befänden mit den Pflichten gegen die Nation, diese natürlich jenen untergeordnet werden müßten. Kurze Zeit später steht das nationale Berlin auf, um gegen die Schande des Remarque- films, gegen die Besudelung deutscher Soldaten- und Frontehre Sturm zu laufen. Abend für Abend wälzen sich Zehntausende und Zehntausende deutscher Männer, die draußen auf den Schlachtfeldern ihre Schuldigkeit getan haben, durch den Berliner Westen, und das ſozialdemokratische Berliner Polizeipräsidium ſowie das sozialdemokratische preu. fische Innenministerium wiſſen dagegen nichts anderes zu tun, als dieſe nationale Erhebung mit Gummiknüppeln auseinanderdreschen oder mit Polizeikarabinern zuſammenſchießen zu laſſen.

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Ein Jahr ist es her, da steht in Leipzig auf einer mit roten Fahnenfetzen behangenen Rednertribüne der sozialdemokratische Berliner Polizeigewal. tige Grzesinski, der Mann, dem in einer Viereinhalbmillionenstadt die öffentliche Sicherheit und Ordnung anvertraut ist, und schmettert seinen grölenden Genossen eine dreiste Aufforderung zum Mord entgegen mit den Worten, er könne nicht verstehen, daß sich in Deutschland noch niemand gefunden habe, der den Deſerteur Adolf Hitler mit der Hundepeitſche über die Grenze jage". Befagter Adolf Hitler war zur selben Zeit schon der Führer von 14 Mil. lionen der besten Deutschen, er hatte vier Jahre als Kriegsfreiwilliger an der Westfront gestanden, war mehrmals schwer verwundet worden, das Ende des Krieges erlebte er als Gaserblindeter, und seitdem hatte er vier. zehn Jahre lang der Nation nach bestem Wissen und Gewissen gedient. Der fette, feiste Bonze aber, der sich erdreistete, ihn dafür als „Deser. teur“ zu beschimpfen, war nicht nur ein Prolet der Herkunft nach, was keine Schande, sondern meistens nur eine große Ehre ist, er war auch ein Prolet in der Gesinnung, eine üble_Revolutionstype, die durch vielerlei öffentliche Skandale in Deutschland bekannt geworden war. Ein Kerl, der in seinen Reden der Galgen nie zu viele finden konnte, anſonſt aber in ſeinem privaten Leben sich mit den Allüren des vornehmen Mannes um gab, sich jede Woche zweimal im feinsten Herrengeschäft die Vägel rot polieren ließ und sich des Standes, aus dem er hervorgegangen war, immer nur erinnerte, wenn Wahlen bevorstanden oder wenn er Angst hatte. Kurze Zeit darauf marschierte in Berlin die Skagerrak-Wache auf. Da saß dieses Subjekt noch auf dem Sessel des Berliner Polizeipräsidenten, umgeben von Typen wie jenem Polizeimajor Heinrichs unrühmlichsten und skandalösesten Angedenkens. Und als die Menge beim Aufziehen der Wache das Deutschlandlied anstimmte, da ließ jener Polizeimajor Heinrichs auf Anordnung jenes Polizeipräsidenten Grzesinski auf die Menge mit Gummiknüppeln einschlagen, und gar scharfe Schüſſe auf Kinder und wehrloſe Frauen abgeben. Wieder taucht in unserer Erinnerung die ganze Serie sozialdemokra tischer Korruptionisten auf: Herr Scheidemann mit der verdorrten Hand, der sich von den Barmats in holländischen Lurusbädern aushalten ließ, der Altreichskanzler Bauer, der von ihnen für Empfehlungsschreiben dicke Dollars und Guldenschecks bekam, der rote Polizeipräsident Richter, der sich mit abgelegten seidenen Schlafanzügen und gebrauchten goldenen Zahnstochern begnügte, der sozialdemokratische Bürgermeister Schneider, der bei den Sklareks den Kaviar mit Löffeln fraß, der kleine Schloffer Brolat mit dem großen Jahresgehalt von 72 000 Mark und dazu noch Ertragaben von jüdischen Schiebern in Form von feinen Herrenanzügen und seidenen Oberhemden. So sehen diese Volkswanzen aus ! Und dieses Gelichter, das vierzehn Jahre lang Deutschland unsicher gemacht hat, das die Nation, die einen Friedrich, einen Bismarck, einen Goethe und einen Wagner hervorbrachte, dem Gespött der Welt preisgab, dieses Sammelſurium von Schiebern und Oberschiebern, von Talmikavalieren und Arbeiterbetrügern, von satten Spießern und faulen Bäuchen, das wagt heute noch vor das Gesicht des Volkes hinzutreten und um Stimmen zu betteln. Frech wie es ist, und anmaßend wie es sich gibt, stellt es ſich dummdreist vor die neue Regierung

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24 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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hin, um sie nach ihren Taten zu fragen : „Wann, Herr Hitler, gedenken Sie, wann, Herr Hitler, werden Sie, wann, Herr Hitler, wollen Sie?" Die Bonzokratie scheint sich der furchtbaren Komik der Situation, in die sie sich damit begibt, überhaupt nicht klar zu sein; sie schreit nach Taten, sie soll froh sein, daß sie in den wenigen Tagen des Bestandes der neuen Regierung noch von allzu sichtbaren Taten verschont geblieben ist. Sie hätte allen Grund, zum Himmel zu beten, daß diese Taten wenigstens eine Zeitlang noch ausbleiben. Denn, werden diese Taten einmal getan — und das wird bald der Fall sein • es werden den falschen Kavalieren mit der Ballonmüge die Augen übergehen ! Woher nimmt das Bonzenpack überhaupt das Recht, Fragen zu stellenz Das einzige, was ihm obliegt, ist, auf unsere Fragen zu antworten. Denn wir haben die Absicht, mit ihm Fraktur zu reden. Der " Vorwärts" schreit : Gewissenszwang ! Weil er einmal für drei Tage verboten worden ist. Er soll sich wieder melden, wenn ihn dieses Geschick sechzehnmal betroffen hat, wie seine Gesinnungsgenossen es dieser Zeitung sechzehnmal bereiteten. Sie beklagen sich darüber, daß sie am Rundfunk nicht zugelassen sind. Sie waren vierzehn Jahre lang die Herren des Lautsprechers. un liegt für weitere Mißhandlung des äthers durch die rote Rameraderie keine Veranlaſſung mehr vor. Auf dem hohen Kothurn der Kritik schreiten die alten Parteibonzen einher. Sie stellen sich breit und frech vor uns hin, legen den finger an die Nase und fragen. Sie fragen so lange, bis das dröhnende Hohngelächter des Volkes sie darauf aufmerksam macht, daß ihre Zeit um ist. Wir werden ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben! Es soll eine Ant wort sein, die ihnen für absehbare Zeit die Lust zum Fragen nimmt. Am 5. März wollen wir sie ihnen um die Ohren klatschen, daß ihnen Hören und Sehen vergeht! Vierzehn Jahre hatten sie Zeit zum Arbeiten ! Drei Wochen bleiben ihnen noch zur Verteidigung. Dann wird das Volk ſein Urteil ſprechen und der Vorhang fallen über diese Tragikomödie von Korruption, Dummheit, Frechheit und Verrat!

Der Tag der erwachenden Vation 25. Februar 1933 Am Sonnabend, dem 4. März, dem Vorabend der großen Entschei dungsschlacht, die in Deutschland zwischen Vationalismus und Inter. nationalismus geschlagen wird, spricht der Kanzler abends von 8 bis 9.30 Uhr über alle deutschen Sender aus Königsberg zum deutschen Volk. Das ist von symbolischer Bedeutung. Es wird sich hier nicht mehr um die Rede eines Parteiführers, sondern um die Rede des Bannerträgers der deutschen Vlation handeln . Von der blutenden Östgrenze aus wird das Evangelium des erwachenden Deutschlands verkündet, und das ganze deutsche Volk wird Ohrenzeuge dieses einzigartigen, in der gesamten Ge schichte noch nie dageweſenen Maſſenereignisses sein. Die nationalsozialistische Bewegung hat nun vierzehn Jahre lang in Not und Verfolgung, in Drangſal und Verbot den Kampf um die Macht

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durchgestanden. Am 30. Januar, als der greise Herr Reichspräsident den jungen Führer der nationalsozialistischen Bewegung zum Amt des Reichs. kanzlers berief, fiel jene große historische Entscheidung, die notwendig war, um in Deutschland zu einer überwindung der wirtschaftlichen und politischen Krise zu kommen. Der Reichstag wurde aufgelöst, da die Regierung der nationalen Erhebung es nicht zulassen konnte, daß das Urteil über die nun zu treffenden einschneidenden Maßnahmen den Parteien in die Hand gegeben wurde, die die Urheber des deutschen Unglücks waren. Sie mußten beseitigt werden, bevor überhaupt an die Wiederherstellung jenes Kraftzustandes in Deutschland gegangen werden konnte, der uns allein die Möglichkeit gibt, zu einer Bereinigung der zu lösenden Probleme zu kommen. Das Volk sollte noch einmal seine Stimme erheben. Es sollte sich in einem noch nie dagewesenen Massenbekenntnis für die jetzige Regierung, für ihre Männer und für ihre Taten entscheiden. Mit einer gewaltigen Propagandawelle hat die nationalsozialistische Bewegung in den letzten Wochen das deutsche Land überflutet. Was bisher künstlich durch Verbote und amtliche Hemmungen zurückgehalten wurde, das ist nun freigelegt. Und unter den harten Hammerschlägen unserer Massenagitation ist allmählich jene Eiswand gebrochen, die uns so lange von Millionen deutscher Volksgenossen trennte. Dieser Aufklärungsfeldzug soll nun am 4. März, am Tage vor der Wahl, seine gran diose Krönung finden. Wenn Adolf Hitler seinen Appell an die deutsche Nation von Rönigsberg aus erhebt, dann soll das ganze deutsche Volk ihn vernehmen. Es wird unser Ehrgeiz sein, dafür zu sorgen, daß min. destens dreißig bis fünfunddreißig Millionen Menschen die Rede des Reichskanzlers hören, sich an ihr seelisch erheben und in ihr Trost in der Trübsal unserer Tage, Glauben an die Unsterblichkeit des deutschen Volkes und Hoffnung auf eine bessere Zukunft finden. Darum rufen wir auf zum Tag der erwachenden Vation". Am Sonnabend, dem 4. März, werden sich mit beginnender Dunkelheit durch ganz Deutschland in Nord und Süd und Öst und West die Fackelzüge unserer SA., SS. und politiſchen Organiſation bewegen. In Stadt und Land, wie in Berlin, so im kleinsten Dorf, wird sich das nationale Deutschland auf die Straße begeben, wird machtvoll und mutig sein Bekenntnis ablegen für den Glauben an die deutsche Zukunft und seine unerschütterliche Entschlossenheit bekunden, komme, was kommen mag, für Deutschland zu leben und zu kämpfen. Auf den Bergen werden die Freiheitsfeuer ent zündet, aus allen Fenstern, hinter denen deutsche Menschen wohnen, sollen die Hakenkreuzfahnen flattern, und in riesigen Transparenten, an den Häusern und über die Straßen gespannt, wollen wir die Säumigen rufen, die Schlafenden aufwecken, die Zögernden mitreißen und die Zweifelnden mit neuem Mut erfüllen. Seit 1914, da in den historischen Augusttagen das deutsche Volk, einig in seinen Klaſſen, Ständen und Stämmen aufstand, um seine Ehre und seine Freiheit zu verteidigen, hat die Welt dieſen hinreißenden Maſſen. aufstand für die deutsche Nation nicht mehr gesehen. Schon glaubte man auf den internationalen Konferenzen, über uns zur Tagesordnung über, gehen zu dürfen. Schon versuchte man, die Streitfragen Europas allein zu unseren Lasten auszutragen. Vierzehn Jahre lang waren wir der Packesel der Welt, auf dessen willigem Rücken die Bürden eines ganzen

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Erdteils aufgeladen wurden. Das hat nun ein Ende. Unter der Führung Adolf Hitlers hat das deutsche Volk sich wieder auf sich selbst besonnen, Kraft, Mut und Selbstvertrauen sind ihm zurückgegeben worden. Es glaubt wieder an seine nationale Sendung und ist entschlossen, die Miſſion, die ihm unter den anderen Völkern Europas von der Geschichte anvertraut wurde, auch zu erfüllen. Das soll am 4. März, „am Tag der erwachenden Nation", in einer Weise zum Ausdruck kommen, daß ein Zweifel daran weder in Deutschland selbst, noch draußen in der Welt überhaupt nicht mehr möglich ist. Wie oft haben wir in den vergangenen Jahren den Kleinmut und die Verzagtheit großer Teile des deutschen Volkes durch unsere Beharrlichkeit, durch unseren Fleiß, durch unsere niemals ermüdende Aufklärungsarbeit und durch unseren leidenschaftlichen, nationalen Idealismus überwunden. Nichts war uns zuviel. Alle Sorgen, alle öte und alle Verfolgungen haben wir willig auf uns genommen, immer in der festen Zuversicht, es wird einmal wieder das deutsche Volk zu sich selbst zurückfinden, es wird einmal wieder die deutsche Nation aus Schmach und Schande sich herrlicher denn je erheben. Diese Stunde soll nun gekommen sein. Am Vorabend des Tages, der für uns eine unermüdliche vierzehnjährige Arbeit krönen wird, wollen wir dem Mann, der von Königsberg aus als die Verkörperung des deut schen Gewissens seinen letzten großen Appell an die Vation richtet, unseren Dank und unser Vertrauen zum Ausdruck bringen . Im ganzen Lande werden seine Fahnen flattern . Im ganzen Lande, von allen Häusern und allen Giebeln, aus den Mietskasernen der Proletarierstädte, aus den Wohnungen der deutschen Bürger, aus den Höfen der deutschen Bauern werden seine Rampfparolen ins Volk hineingerufen. Vom leuchtenden Schein der Fackeln umloht werden seine politischen Soldaten über die Straßen zu den großen Plägen marschieren. Im roten Glanz der Frei. heitsfeuer werden die von ihm aufgerufenen Maſſen zum kommenden Reich ihr glühendes Bekenntnis ablegen. Dann dröhnen in den Städten die Lautsprecher. Die Fenster werden geöffnet sein, und jeder, der dazu die Möglichkeit hat, wird die Stimme des Kanzlers aus seiner Wohnung auf die Straße übertragen. Ganz Deutschland, von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt, soll widerhallen von dem Aufruf zur Selbstbesinnung, zur Kraft und zum Glauben an die Zukunft, den Adolf Hitler von Königsberg aus an das erwachende Deutschland richtet. Weit halten wir die Arme geöffnet, um all die Millionen zu umfangen, die am 5. März den Weg zu uns finden. Es ist die letzte große Ent scheidung, die vor dem Anbruch einer neuen historischen Epoche in Deutschland gefällt wird. Am Vorabend dieser Entscheidung soll jeder deutsche Mann und jede deutsche Frau noch einmal Gelegenheit haben, aus berufenstem Mund zu hören, was wir sind und was wir wollen. Und so rüsten wir denn zum großen Tag. Der Mann, der vor vierzehn Jahren mit einer kleinen Sekte den Rampf um Deutschland begann, wird unsichtbar über dem ganzen Volke stehen. Und seine Stimme wird der deutschen Vation aus der Trübsal und Verzweiflung der Gegenwart den Weg weisen in eine bessere Zukunft hinein.

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Der Reichstag brennt! 28. februar 1933 Man sitzt am späten Abend zusammen und überlegt die letzten Maßnahmen des Wahlkampfes. Der Führer ist von seiner Reise nach Bayern zurückgekommen und erzählt begeistert von den gewaltigen Eindrücken, die er von München und Nürnberg mitgenommen hat. Mitten im tiefsten Frieden schrillt das Telephon so laut und schreiend, als wollte der Klingel. ton schon sagen, daß etwas ganz Besonderes mitgeteilt werden müßte. Man nimmt den Hörer auf: Hallo, ja, was! Ach, machen Sie keine dummen Scherze." Man will das gar nicht glauben, man hält das für unmöglich, für absurd, für gar nicht mehr glaubhaft, für einen schlechten Wig und muß sich dann am Ende doch davon überzeugen lassen : Es ist wirklich wahr : der Reichstag brennt! Schon rast ein Auto mit hundert Kilometer Geschwindigkeit die Char lottenburger Chauffee herunter. Fern am Himmel dunkelrot glühend der Widerschein eines weiten Feuers. Vor der Siegesallee stehen bereits schwei. gende Menschenmauern. Und als man um die Ecke biegt, da sieht man ganz nah dieses schauerliche Schauspiel einer sinnlosen Verwüstung. Hoch aus der ragenden Kuppel schlagen die Flammen, schwarzer Qualm und Rauch steigt in den kalten lachthimmel hinauf. Schupoketten halten den Wagen zurück. Der Reichskanzler ! Schon öffnet sich der Kordon, wir gehen durch das Portal 2 durch Reihen von Polizeioffizieren und Feuerwehrleuten, über ganze Serien von Wasserschläuchen hinweg die Treppe hinauf: Alles scheint zu brennen ! In jeder Ecke lodern die Feuer. Im Restaurant sieht man noch Haufen von zusammengelegten Lumpen, an denen die leckenden, alles verzehrenden Flammen entzündet worden sind. Das ganze Plenum gleicht einem schauerlichen Trümmerhaufen. Hoch schlagen die Flammen bis in das Gewölbe hinein. Die ganzen Holzverkleidungen stehen in glühen. dem Feuer. Die seitwärts liegenden Abgeordnetengänge ſind vollkommen vernichtet. Jeden Augenblick kann das Glasdach oder die Kuppel zusammen. brechen und niederstürzen. Man wagt das gar nicht auszudenken. Man wird sich im Augenblick überhaupt noch nicht der Konsequenzen klar, die dieser furchtbare, in solcher frechen Zynik noch niemals dageweſene Attentats. versuch gegen ein öffentliches Gebäude nach sich ziehen kann. Der Reichstag brennt ! Hoch schlagen die Flammen in den Himmel hinein. Ein warnendes, drohendes Menetekel für alle die, die nicht sehen und nicht hören wollten, die vierzehn Jahre lang diese Verbrecherorganisation, genannt Kommunistische Partei, mit dem nationalen Deutschland auf eine Stufe stellten: die die Mitglieder dieser Unterweltspartei als „politiſche Kinder" zeichneten, ja, sie mit Nachsicht und milder Behutsamkeit hoch. päppelten, um sie im Bedarfsfall gegen die braune Freiheitsgarde Adolf Hitlers einsetzen zu können. Schon haben sich in der Reichshauptstadt und im weiten Lande die Bürger zur Ruhe begeben. Sie vertrauen auf einen Staat, für den sie Steuern bezahlen und dem sie den Schutz von Eigentum und Leben in die Hand gegeben haben. Wohin würde Deutschland heute geraten, wenn nicht die zwölf bis fünfzehn Millionen Menschen, die sich um Adolf Hitlers Fahnen geschart haben, jetzt aufständen und mit einem Aufschrei des Ent setzens, der Empörung, der Wüt und des Vergeltungswillens forderten, daß diesem schamlosen, verbrecherischen Treiben, inszeniert von einer aus373

ländischen Macht, um Deutſchland in das Chaos hineinzustürzen, ſofort ein jähes und radikales Ende ein für allemal gemacht würde: Während diese zeilen geschrieben werden, ragen am Platz der Republik die schwarzen, rauchenden Trümmer eines der repräsentativsten Gebäude, über die Deutschland verfügt, in den grau heraufsteigenden Morgen hinein. So würde das Land aussehen, wenn man den Kommunismus in Deutſchland auch nur zwei Monate gewähren ließe! Mord, Terror, Brand und Verwüstung, das sind die furchtbaren Spuren, die diese satanische Partei auf ihrem Wege hinter sich läßt. Dieſe Partei ist von den bürgerlichen und sozialdemokratischen Regierungen der vergangenen vierzehn Jahre gezüchtet und hochgepäppelt worden; ihr liehen die jüdiſchen Weltorgane willig ihre Spalten; ihr stellten sich die feingespitzten Federn der ſalonbolschewistischen Literaten zur Verfügung. Während wir unter einem noch nie dageweſenen Lügenfeldzug zusammenzubrechen drohten, während man unsere Führer mit Redeverboten belegte und unsere SA.-Männer in die Gefängnisse warf, hat sich dieses Untermenschentum ip Deutschland aus. toben dürfen. Vierhundert junge nationale Männer hat der rote Terror auf dem Gewissen. Der blutrünstigen Parole " Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!""ſind Zehntausende von nationalen Menschen zum Opfer gefallen, ohne daß die jüdiſchen Zeitungen sich bemüßigt fühlten, die Humanität dagegen mobil zu machen, ohne daß die Parteien, die das Christentum auf ihre Fahne geschrieben haben, ein gebieteriſches Halt geboten. Soweit mußte es kommen, damit dem Letzten die Augen aufgehen. Der Reichstag brennt ! In einer Yacht fallen drei SA.- und ŠS.-Männer allein in Berlin den roten Kugeln zum Opfer. Mit Gewalt, Blut und Schrecken wollen die bolschewistischen Meuchelmörder eine Panik über Deutschland bringen, um von der Welle des Entsetzens sich selbst hochtragen zu laſſen. Wehe dem Lande, das hier nachgäbe oder in einem feigen Verzicht vor den Tschekamethoden gedungener Verbrecher zurückwiche! Nun aber Schluß ! Jetzt aber ein radikales Ende gemacht! Was muß noch mehr geschehen, als daß ein vierundzwanzigjähriger ausländischer Kommunist im Auftrage ruſſiſcher und deutscher Parteistellen dieser Weltpest den Reichstag in flammen aufgehen läßt ! Wie weit sind wir jetzt noch davon entfernt, daß brave Bürger als Geiseln an die Wand gestellt werden, daß das Gesindel aus seinen Löchern hervorkriecht, um mit den Plünderungen zu beginnen, daß der Mob die Gefängnisse öffnet, daß man dem Bauern den roten Hahn aufs Dach setzt: Was ist denn noch sicher und in guter Hut vor dem verbrecheriſchen Zugriff dieſer Blutbanden? Und kann man eine solche Organisation des Terrors, deren politische Mittel Dynamit und Brandfackeln sind, überhaupt noch politisch, muß man sie nicht vielmehr nur und ausschließlich kriminell werten und auch danach behandeln ? Und verdienen der Staatsmann und die Regierung, die Deutschland von dieser furchtbaren Geißel befreien, nicht Gottes Lohn Ist es hier noch mit halben Mitteln getan: Steht nicht ein ganzes Sechzigmillionenvolk auf und ruft der Regierung zu : „Nun aber handeln ! Nun aber Schluß machen ! Nun aber keine Nachsicht mehr üben und keinen Pardon mehr geben! Rottet diese Pest in Deutschland so gründlich aus, daß nicht einmal der ame davon übrig bleibt!" Die Herren vom KarlLiebknecht aus scheinen in dieser Regierung nur eine Nachfolgerin sozialdemokratischer Kabinette der Duldsamkeit und des Zurückweichens zu sehen. Sie sollen sich furchtbar getäuscht haben. Es wird über sie die Wut 374

und der jahrelang aufgespeicherte Haß des empörten deutschen Volkes hereinbrechen. Mit den Machtmitteln des Staates werden sie in einem Proteststurm der ganzen Nation hinweggefegt werden ! Und kommen sie uns mit Mord und Dynamit, sie sollen die drakonische Härte neuer Gesetze, zu denen wir den Mut und die Nerven aufbringen, zu verspüren be kommen. Es gibt jetzt keine Wahl mehr. Entweder verſinkt Deutſchland in dieſen Schwaden von Tränen und Blut, oder die Nation gibt Hitler die Möglichkeit, dem roten Spuk ein kurzes, aber hartes Ende zu bereiten . Die roten Flammen, die aus der Kuppelhalle des Reichstags in den dunklen Nachthimmel hineinſchlugen, werden für ganz Deutſchland ein fanal ſein. Wie eine glühende Fackel stehen sie über dem Land und weisen der Nation den Weg zur Befreiung. Diese Pest wollen wir abschütteln, so wahr uns Gott helfe! Dieſem verbrecherischen Treiben werden wir Halt gebieten, so dröhnend und schneidend, daß es den tollwütigen Zerstörern unserer Ehre und Freiheit durch Mark und Bein geht. Das wird ihnen nie vergessen werden! un erhebe dich, deutsche Nation! un stehe auf und gib dein Urteil ab! un soll am s. März über die rote Weltpest Gottes Strafgericht, verkündet durch die Stimme des Volkes, hereinbrechen ! Hitler will handeln ! Hitler wird handeln ! Gebt ihm die Macht dazu ! Reißt am s. März die Tore auf, damit er, der Fahnenträger der Nation, unsere Standarte ins neue Reich hineintragen kann!

Das Volk will es!

7. März 1933 Als am Sonnabendabend um halb zehn Uhr der Reichskanzler seine große und mitreißende Rede an die deutsche Nation beendete, als die Maſſen, die im Königsberger „Haus der Technik“ versammelt saßen, sich spontan von ihren Plätzen erhoben und das Altniederländische Dankgebet anstimmten, als der Klang dieses Liedes im Rundfunk durch ganz Deutsch. land und Österreich getragen wurde und ein ganzes erwachendes Volk mit darin einstimmte, als am Ende die Glocken des Königsberger Domes hineindröhnten und zu dieser festlichen Stunde die ganze Nation sich in einem einzigen Einklang erhob und Bekenntnis ablegte für das kommende Reich - da wußte ein jeder, der noch Augen hat, zu sehen, und Öhren, zu hören, daß der 5. März der Tag der nationalen Wiedergeburt Deutschlands werden würde. Der Sieg, den wir dann an unsere Fahnen hefteten, war so über. wältigend, daß er sich zuerst gar nicht in Worte fassen ließ. Was bedeuten vor diesem Massenaufbruch der Millionen Zahlen und Vergleichsziffern ? Sie versinken in ein lichts, sie werden klein und unbedeutend angesichts der Tatsache, daß sich in Deutschland ein historisches Ereignis vollzogen hat, dessen Ausmaße überhaupt nicht abzugrenzen sind. Wofür wir vierzehn Jahre lang gearbeitet, gesorgt, gelitten und geblutet haben, das ist nun wie ein Wunder auf uns herabgefallen : Das deutsche Volk ist erwacht! Aus langen, wirren Fieberträumen hat es sich erhoben, um Hitler und seiner Regierung eine Vertrauenskundgebung auszusprechen, wie sie in dieser spontanen Hingabebereitschaft noch niemals 375

in Deutschland ausgesprochen worden ist. Jetzt muß endgültig geschwiegen werden von den gemeinen Unterstellungen, als wollte das neue Kabinett ein Minderheitsregiment über Deutschland aufrichten, die Arbeiterschaft unterdrücken, Recht und Gesetz brechen, nur um sich an der Macht zu halten. Es gibt nichts Legaleres als dieses Regime. Es hat für sich wie keine andere Regierung die Verfassung, die Gesetze, die öffentliche Meinung, das Vertrauen des Volkes und die Gefolgschaft der breiten arbeiten, den Massen. Es kann sprechen im Namen der deutschen Bauern, im Namen der deutschen Bürger, im Namen der deutschen Proletarier kurz und gut: Sein Wort gilt für das ganze Volk. Und zwar ist die Vertrauenskundgebung der Vation nicht etwa abgegeben worden im Hinblick auf wilde und unerfüllbare Versprechungen, die die Regierung gemacht hatte; die deutschen Wähler wußten beim Wahlakt, was ſie von Hitler und seinen Männern zu erwarten haben. Der Reichskanzler hat in all seinen Reden vor dem 5. März immer wieder betont, daß er dem Volke keine Illusionen machen wolle, daß er es ablehne, zu lügen und zu schwindeln, daß er vier Jahre Zeit nötig habe, um Deutschland nach innen und nach außen wieder aufzurichten, daß es notwendig sei, in dieſen vier Jahren zu arbeiten und zu handeln und auch nicht vor radikalen Einschnitten in Geschwüre des öffentlichen Lebens zurückzuschrecken . Reiner konnte im Zweifel darüber sein, daß diese Regierung entschlossen war, den Marxismus jeder Art mit Stumpf und Stiel aus Deutſchland auszurotten, daß sie die Absicht hatte, den gesamten Staats- und Wirtſchaftsapparat umzubauen, die Verwaltung zu säubern, die Atmosphäre von dem Pestgeruch der parteipolitiſchen Korruption zu reinigen . Alles das war klar, offen und unmißverständlich ausgesprochen worden. Und dafür hat das deutsche Volk Hitler und seinen Männern freies feld gegeben. Mit dieser Tatsache muß sich nun das In- und Ausland endgültig abfinden. Sie kann nicht mehr wegdisputiert werden, sie ist feststehend und unabänderlich, und jeder, der nicht in einem Wolkenkuckucksheim leben will, tut gut daran, darauf seine politischen Berechnungen aufzubauen. Die Herren von der roten Seite werden ja nun wohl auch eingesehen haben, daß ein Widerstand gegen das neue Regime vollkommen zwecklos ist. Die Regierung Hitler hat, vor allem, nachdem das deutsche Volk_ihr Handlungsfreiheit gegeben hat, nicht die Absicht, sich in ihrem Aufbauwerk irgendwie beirren, behindern oder aufhalten zu lassen. Die weitere Prozedur wird vollkommen reibungslos vonstatten gehen. Das Parlament, das am 5. März gewählt wurde, ist ein Parlament der Regierung. Dieſe braucht sich mit ihm keineswegs auf irgendwelche Ruhhandeleien einzulassen. Die Situation ist vollkommen geklärt. Der Reichstag_gibt`der Regierung alle Möglichkeiten, mit den großen Reformen zu beginnen und hat ihr zu versprechen, keine Schwierigkeiten dabei zu machen und den Dingen ihren Lauf zu laſſen. Damit ist die große Krise, die Deutschland seit Jahren vollkommen aktionsunfähig machte, endgültig behoben. Die Zeit der Ruhe, der wirk lichen Sanierung, des durchdachten Aufbaues, zusammen mit einer weitgehenden Politisierung des gesamten Volkes im Sinne der Weltanschauung, auf deren Boden die neue Regierung steht, bricht an. Dieses Regime ist im höchsten Sinne autoritär. Es braucht nicht die Verfassung zu brechen, kann dabei trogdem ſeinen notwendigen Aufgaben

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gerecht werden und hat zur gleichen Zeit eine Verbindung mit dem Volke, wie sie lebendiger, organischer und fruchtbringender überhaupt gar nicht gedacht werden kann. Das ist ein Aktivum für die kommenden Jahre, das in seinem Wert nicht abzuschätzen ist. Vertreter von Geschäftsordnungskabinetten wirken grotesk, wenn sie sich in einem aussichtslosen Kampf gegen eine Mehr. heitsregierung im Reiche auf das Volk berufen. Sie haben ja am 5. März schon empfindlich zu verspüren bekommen, wie die Vlation auf solche Extravaganzen antwortet. Sie werden zweifellos noch härtere Lektionen empfangen, wenn sie nicht schleunigst Umkehr halten und reumütig an ihre Brust schlagen. Man braucht ihnen gegenüber wohl nicht besonders zu betonen, daß die neue Regierung keineswegs geneigt ist, mit sich Ratze und Maus spielen zu laſſen, daß sie im Gegenteil in allen Situationen, mögen sie auch noch so kritisch sein, den Entschluß und die Verven auf bringen wird, das Reich vor jeder Gefahr zu beschützen, ſeine Einheit zu stärken und seine Kraft zu vermehren. Für uns bedeutet der s. März eine Genugtuung, die wir vor einigen Monaten noch gar nicht zu erhoffen wagten. Der Kurs, den die nationalsozialistische Führung sowohl in ihrer Taktik als auch in ihrer politischen Strategie in den vergangenen Monaten eingeschlagen hat, ist nun in jeder Beziehung gerechtfertigt. Alle Wörgler und Besserwisser sind durch härtere Tatsachen in ihrer Kritik widerlegt worden. Vor allem hat sich die Auflöſung des alten Reichs- und Preußischen Landtags als abſolut richtig und notwendig erwiesen. Das alles braucht kaum noch besonders betont zu werden, denn jeder. mann weiß, daß es ſo iſt. Wir reden heute unsere Ansichten nicht mehr in den Wind hinein ; wir predigen nicht mehr tauben Öhren ; die Nation ist sehend und hörend geworden. Die Entwicklung ging über alle Widerstände hinweg und hat einen Zuſtand ſtabiliſiert, in dem uns alle Möglich, Feiten offenstehen . Voll Freude und Dankbarkeit gedenken wir in diesen Stunden all der vielen Tausende und Zehntausende von braven Parteigenossen, SA.. und SS.-Männern, Propagandisten und Organisatoren, die durch ihre unermüd liche Arbeit den großen Sieg des 5. März überhaupt erst möglich gemacht haben. Wir sind ins Geschirr gegangen, ohne uns selbst zu schonen. Es wurde gearbeitet, wie nie zuvor. Eine Unsumme von Idealismus, von Glaubensfähigkeit, Beharrlichkeit und Treue wurde an das große Werk gesetzt. Wie oft haben wir unsere Saat in steinigen Boden hineingeworfen ; und nun ist sie trogdem herrlicher noch, als wir es erwarteten, aufgegangen. Zu unserer Zeit wird durch uns und mit uns in Deutschland Geschichte gemacht. Wir erleben mit klopfenden Herzen die wunderbare Wieder. geburt der deutschen Nation, die Erhebung eines geschmähten und getretenen Volkes und die Auferstehung unseres Vaterlandes aus Schmach und Schande. Es braucht nun niemand mehr zu bangen und zu zittern, ob es uns gelingen wird, die vergangenen vierzehn Jahre ungeschehen zu machen. Jetzt haben wir die Hand am Hebel des Staates. Jetzt sind wir die Weichensteller einer neuen Zeit. Jegt geben wir dem Jahrhundert den Kurs, und siegreich leuchtend steigt über uns auf das Hakenkreuz, unter dem wir kämpften und litten, und in dessen Zeichen wir gesiegt haben.

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un kann Hitler handeln . Die Macht dazu liegt bei ihm. Nichts wird ihn hindern können, es zu tun. Das Volk will es!

Die nationale Revolution 11. März 1933 Wenn revolutionäre Entwicklungen einmal ein bestimmtes Stadium überschritten haben, dann entziehen sie sich gewöhnlich der unmittelbaren Einflußnahme durch Menschen und gehorchen nur noch ihrer eigenen Geseglichkeit. Sie gehen dann den Weg, den das Schicksal ihnen vorgeschrieben hat, und können durch nichts mehr aufgehalten werden. Das, was sich in diesen Tagen in Deuschland vollzieht, ist eine nationale Revolution allergrößten Stils. Eine Umwälzung im wahrsten Sinne des Wortes und von gigantischen Ausmaßen. Ein vierzehn Jahre lang gequältes und gepeinigtes Volk wirft mit einem Ruck seine Ketten ab und steht nun wieder frei und von jedem Zwang erlöst da. Wenn in diesen Tagen auf allen öffentlichen Gebäuden die Fahne der nationalen Erhebung hochsteigt, so ist das nur ein äußeres Symbol dafür, ein Wahrzeichen, daß das Volk sich erhoben hat und in einer herrlichen Wiedergeburt neu ersteht. Im Drang des Tages kann man die historische Weite dieses Vorganges kaum begreifen. Er ist ſo ſpontan und überwältigend, daß man Zeit nötig haben wird, um ihn überhaupt überschauen zu können. Wohl niemals in der ganzen Weltgeschichte hat sich eine Revolution ſo diszipliniert, so in sich geschlossen, so willensstark und zielbewußt abgespielt wie dieſe. Raum daß bei ihr Blut fließt, kaum daß die Geseze verlegt werden und ohne daß es nötig wäre, die Verfassung zu brechen, stürzen hier die Werte eines verfallenen und überfälligen Systems in sich zusam men und erheben sich über ihren Trümmern schon wieder die fundamente des neuen Staates. Allein was sich seit dem s. März in Deutschland, im Reich und in den Ländern, abgespielt hat, das ist so viel, daß man in geregelten Zeiten ein ganzes Volk mindestens hundert Jahre damit beschäf tigen könnte. Wer hätte je gedacht, daß es uns in so kurzer Zeit schon gelingen würde, den Bolschewismus in die Knie zu beugen, dem Gesamtmarrismus die Giftzähne auszubrechen, die renitenten Länderregierungen an die frische Luft zu befördern, die Ämter zu reinigen, die Behörden zu säubern, die öffentliche Atmosphäre von dem Pestgeruch der parteipoli tischen Korruption zu befreien, kurz und gut, all die notwendigen Maß. nahmen zu treffen, die unerläßlich erscheinen für die Lösung der gesamt deutschen Krise! Man mag uns Nationalsozialisten vorwerfen, was man will ; eins wird man nicht behaupten können : daß wir langweilig wären, oder daß die Zeit, die wir heraufgeführt haben, unintereſſant wäre. Man stelle sich das deutsche Volk vor dem Kriege vor. Was man damals in so Jahren erlebte, das machen wir heute in zwei, drei Tagen ab. Und das Wunderbare an diesem Vorgang ist, daß das ganze Volk die Notwendigkeit all der von uns getroffenen Maßnahmen ohne weiteres einsieht. Deshalb auch ist der Widerstand, den wir antreffen, überall nur gering und kann mit ganz kleinem Einsatz beseitigt werden. Es ist, als ob das deutsche Volk in all seinen Ständen und Schichten, in all seinen Ländern und all seinen Kon378

feffionen geradezu auf unser Regiment wie auf eine Erlösung gewartet hätte. Die Nation versteht uns, ſie weiß, was wir anstreben und billigt unsere Entschlüsse. Wir sind in Wahrheit die Vollstrecker des deutschen Volkswillens geworden. Das schließt in sich eine ungeheure Summe von Verantwortung. Wir sind uns durchaus klar darüber, daß hinter uns nichts mehr kommen kann; deshalb bleiben wir auch entschlossen, die Macht zu behaupten, und wenn nötig, sie mit allem Nachdruck zu gebrauchen. Und zwar kann der Natio nalsozialismus sich nicht darauf beschränken, lediglich die Polizeigewalt anzuwenden, um renitente Gegner des neuen Regimes zur Raison zu bringen. Er hat die Pflicht und die Aufgabe, gleichzeitig damit einen grundsätzlichen Umbau des ganzen Staats- und Volksgefüges zu beginnen, die Wirtschaft neu zu gestalten, das Kulturdasein der Liation mit jungem Impuls zu erfüllen, Deutschlands Verhältnis zur Welt in erträgliche Formen überzuleiten und damit jenes große Befreiungswerk zu vollenden, das wir in der Opposition begonnen haben, und das nun mit Hilfe der Mittel des Staates und des Volkes zum letzten Erfolge gebracht werden foll. Dazu muß allerdings eins als ſelbſtverſtändlich vorausgesetzt werden können : Vom Marrismus, der ja der geschworene Feind jeder nationalen Erhebung in Deutschland ist und auch sein muß, darf nichts mehr übrigbleiben. Es genügt nicht, daß man seine Zeitungen vernichtet und seine Organi sationen zerschlägt, es gilt, ihn auch geistig zu überwinden, die von ihm irregeführten Millionenmassen des deutschen Arbeitertums für die Nation wieder zurückzugewinnen und sie in den großen eubau des Staates als tragenden Pfeiler einzufügen. Adolf Hitler hat in all seinen Reden vor dem 5. März immer und immer wieder betont, daß eine Geſundung_des deutschen Staatswesens ohne den deutschen Bauern und den deutschen Arbeiter überhaupt undenkbar sei. Wir bekämpfen deshalb den Marris . mus nicht darum, weil wir arbeiterfeindlich wären, ſondern weil der Mar. rismus, vor allem in den formen, in denen er in Deutschland politisch in die Erscheinung tritt, eine glatte Verhöhnung des proletarischen Frei heitswillens darstellt. Wir tun dem Arbeiter nur einen Dienst, wenn wir ihn aus der Fesselung befreien, in die der Marxismus ihn geschlagen hat; und wir sind deshalb auch entschlossen, diese furchtbare Weltpest so gründ. lich auszubrennen, daß in einigen Jahren nicht einmal mehr die Erinne rung an ihren Namen übriggeblieben sein wird. Das will auch das Volk! Es bedarf gar keines Befehles, nicht einmal einer Anregung dazu, und trogdem werden in allen Städten auf den Markt. plätzen marxistische Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Fahnen verbrannt. Es sind meistens Arbeiter, die das tun; Arbeiter, die oft jahrelang durch die Schule des Marrismus gegangen sind und ihn und die furchtbaren Auswirkungen seiner Lehre am eigenen Leibe zu spüren bekamen. Wicht die Reichen besetzen die Krankenkassen- und Gewerkschaftspaläste der roten Bonzen, sondern die Armen, diejenigen, die unter der faulen und verbreche. rischen Bürokratie dieser angeblich volksfreundlichen Einrichtungen am meisten zu leiden hatten. Es sind keine Kapitalisten, die den Kampf gegen den Marxismus führen, sondern Arbeiter. Es sind keine Bürgersöhnchen, die das Karl-Liebknecht-Haus besetzten und oben auf dem höchsten Giebel die Fahne der nationalen Erhebung hißten, sondern in der Hauptsache 379

Proletarier, Söhne aus dem ärmsten Norden und Östen Berlins. Sie sind durch die Leidensſchule der marxiſtiſch-kommuniſtiſchen Tyrannei hindurch. gegangen, sie haben unter ihrem blutigen Terror gelitten und geblutet, sie hassen und bekämpfen den Bolschewismus nicht, weil er arbeiterfreund. - sie ziehen gegen lich wäre -- welchen Grund auch sollten sie dazu haben ihn zu Felde, weil sie in ihm die tödlichste Bedrohung nicht nur für das deutsche Volk, sondern gerade für die deutsche Arbeiterschaft erkannt haben. Welch eine große Zeit erleben wir heute ! Tag für Tag vollziehen sich geschichtliche Wunder. Es iſt, als ob sich das Meer der nationalen Erhebung, das jahrelang durch den Damm behördlicher Einschränkungen eingeengt war, nun mit einem Male über die ganze Nation ergöſſe und alles überflutet und mitreißt, was irgendwie und irgendwo noch Widerstand leiſten Fönnte. un gilt es, den stolzen Bau zu vollenden ! Die Regierung hat im Inneren Ordnung geschafft. Die feindlichen Parteien sind zu Boden gezwungen, die widerspenstigen Geschäftsordnungs-Kabinette in den Län, dern sind ausgehoben. Das Reich insgesamt gehört den neuen Männern ! Aber damit können wir nicht zufrieden sein. Nicht 52 Prozent ſollen hinter die Regierung der nationalen Erhebung treten, das ganze Volk muß sich zu ihr bekennen ! Schon zeigen sich in der Wirtſchaft ſichtbare Merkmale der Gesundung. Die Stabilität in den Machtverhältnissen wirkt sich bereits in der Produktion aus. Heute ist mehr denn je Vertrauen am Plage. Man kann davon überzeugt sein, daß das neue Kabinett nicht mehr gehen wird. Eine lange Zeit der Ruhe, der Festigkeit und des inneren Gleichgewichtes wird nun Plag greifen. Das Volkˇatmet auf, wie von einem Alpdruck befreit. Spontan gehen an allen Masten die Symbole der Wiederaufrichtung unserer Ehre auf. Die nationale Revolution ist angefangen; sie wird nicht eher zu Ende gehen, als bis das Dritte Reich Wirklichkeit geworden ist. Die Herzen und die Hände hoch! Horst Wessels Wort wurde wahr : Es flattern Hitlerfahnen über allen Straßen !

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Anhang

ach der Machtübernahme beauftragt der Führer Dr. Goebbels mit der ErrichNtung des Reichsminiſteriums für Volksaufklärung und Propaganda, das am 13. März 1933 ſeine Tätigkeit im Staate Adolf Hitlers beginnt. Im September 1933 beschließt die Reichsregierung die Errichtung der Reichsfulturfammer, die am 15. November von ihrem Präsidenten Dr. Goebbels in Berlin feierlich konstituiert wird. Mit der Übernahme der Verantwortung für diese neuen und großen Aufgaben des nationalsozialistischen Staates war für

eine laufende Wirksamkeit des

Publizisten Dr. Goebbels nur noch wenig Zeit. Wenn aber wichtige Dinge zur Debatte stehen, dann greift Dr. Goebbels als alter Journalist nach wie vor zur Feder. Jezt ist die ganze deutſche Presse sein Sprachrohr.

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„Mehr Moral, aber weniger Moralin!" 27. Januar 1934 Jede Revolution hat ihre Unarten, auch die unsere. Das ist an sich nicht schlimm, denn sie gleichen sich meistens von selbst aus oder werden von der Zeit wieder ausgeglichen. Entscheidend bleibt nur, daß die Verantwortlichen ein wachsames Auge darüber halten und aus Furcht vor der Öffentlichkeit nicht schweigen, wo reden am Plate wäre. Es ist ganz selbstverständlich, daß eine historische Umwälzung größten Ausmaßes, die in der Revolution eingeschlossen liegt, neben den ungeheuren Werten, die sie zeitigt, auch eine Unmenge von Abfall zutage fördert. Das wird nur gefährlich, wenn der Abfall_liegenbleibt, ſich verhärtet und dann das gesunde, organische Entwicklungsleben der Revolution hemmt und einengt. Es ist heute an der Zeit, ein paar dieser Unarten, die auch beim nationalsozialistischen Umbruch in die Erscheinung getreten sind, in das helle Licht der öffentlichen Betrachtung hineinzurücken und mitleidlos unter die Lupe einer kritischen Betrachtung zu nehmen. Das erscheint um so notwendiger, als sonst die Gefahr entsteht, daß der Stil und die Lebensformen unserer Revolution auf die Dauer langsam entarten und der Nachwelt ein Bild unseres Seins und Wollens über. mitteln, das in keiner Weise nationalsozialiſtiſcher Überzeugung und Anschauung entspricht. Es hat sich im öffentlichen Leben vielfach der Unfug herausgebildet, durch öffentliches Reglement nicht nur, wie es richtig und geboten erscheint, die großen, sittlichen Grundgesege unseres nationalen Lebens zu bestimmen und festzulegen, sondern darüber hinaus auch noch im ein. zelnen dem privaten Menschen den Roder seiner rein persönlichen Auffassungen vorzuschreiben. Das führt auf die Dauer zu einer Sittenriecherei, die alles andere als nationalsozialiſtiſch iſt. Naturfremde Menschen, die entweder ein Leben schon hinter sich haben oder nicht verdienen, daß sie noch eins vor sich haben, machen im Namen unſerer Revolution in Moral. Diese Art von Moral hat oft mit wahrer Sittlichkeit nicht viel zu tun. Sie stellt ethische Gesetze auf, die vielleicht das Gemeinschaftsleben in einem ionnenkloster zur Vot regeln könnten, die aber in einem modernen Kulturstaat vollkommen verfehlt sind. Das ist Moralin statt Moral, und die dafür eintreten, sind von allen guten Geistern verlassen. Aber sie sollen sich wenigstens nicht vor die Öffentlichkeit hinstellen unter Berufung auf uns; denn wir wollen mit ihnen und ihrer muffigen Lebensauffassung nichts zu tun haben. Beispiel: In einer größeren mitteldeutschen Stadt soll ein Reklame. plakat für eine Seifenfirma angeklebt werden; das Plakat zeigt eine frische, reizende Mädchengestalt, die in ihrer Hand ein Waschmittelpaket hält. Ein Moralritter, dem leider das Recht zusteht, über dieses Plakat zu entscheiden, verbietet seinen Anschlag mit der Begründung, es verlege das sittliche Empfinden der Bevölkerung, zumal die dargestellte Frauens. person das Seifenpaket an einer Stelle halte, die aus Schicklichkeits. gründen nicht näher gekennzeichnet werden könne". Wer ist hier moralisch: Der Verbieter, der die Ausdünstungen seiner 382

• schmierigen Phantasie auch bei anderen Menschen vermuter, oder das deutsche Volk und die nationalsozialistische Bewegung, die sich mit Recht über ein derart blamables Vorgehen empören und es ablehnen? Bei näherem Zusehen stellt sich heraus, daß dieser löbliche Zeitgenosse erst drei Monate nach unserer Machtübernahme sein Herz für den Vationalsozialismus entdeckte, was ihn jedoch nicht hinderte, sein Verbot im Namen des Nationalsozialismus zu erlassen. Das geht so weit, daß diese Rumpanei von Sittenrichtern nicht einmal vor den Bezirken des rein Privaten haltmacht. Sie möchten am liebsten in Stadt und Land Reuschheitskommiſſionen einsetzen, die die Aufgabe hätten, das Ehe- und Liebesleben von Müller und Schulze zu überwachen. Sie würden zwar, wie es in der bekannten Operette heißt, das Rüſſen nicht abschaffen, weil das eine viel zu beliebte Beschäftigung ist; aber sie würden immerhin, wenn es nach ihnen ginge, das nationalsozialiſtiſche Deutschland in eine Einöde von Muff und Muckertum verwandeln, in der Denunziation, Bettschnüffelei und Erpressung an der Tagesordnung wären. Dieselben Moralpächter treten häufig an die vorgesetzten Behörden mit dem Unsinnen heran, Filme, Theaterstücke, Opern und Operetten zu verbieten, weil darin Tänzerinnen, Bühnenstars usw. auftreten, die an geblich die schlimmste Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit darstellen. Gäbe man ihrem Verlangen nach, dann sähen_wir_bald_ nur noch alte Jungfern und Bet-Tanten weiblichen und männlichen Geschlechts über die Leinwand und über die Bretter schreiten. Die Theater ständen leer, weil ja das Publikum in ihnen im allgemeinen nicht das zu finden hofft, was es in den Kirchen oder Bethäusern sucht. Man verschone uns deshalb mit diesem heuchlerischen Getue, hinter dem keine echte, starke Lebensauffassung und auch keine ehrliche Moral steht. Es ist meistens nur der Widerstand der im Leben zu kurz Gekommenen gegen das Leben. Er wird das ewige Leben und seine Gesege nicht auf. heben, höchstens sie hinter eine Breiwand von verächtlicher Heuchelei und lügnerischer Prüderie zurücktreten laſſen. Die deutsche Frau geht nicht allein aus, ſie ſitzt nicht allein im Reſtaurant, sie fährt nicht ohne Anstandsdame mit einem Jüngling oder gar mit einem SA.-Mann auf die Sonntagnachmittagstour, sie raucht nicht, ſie trinkt nicht, sie putzt sich nicht und macht sich nicht schön, kurz und gut, sie tut alles, um die böse Begehrlichkeit des Mannes in ihre Schranken zurückzuweisen. So ungefähr stellt der kleine Moralin-Moritz sich die deutsche Frau vor. Und wehe, wenn so ein armes, weibliches Wesen, das vor lauter Schicklichkeitsgesetzen nicht mehr aus noch ein weiß, das Unglück hat, aus Unkenntnis oder sündiger Lust eines davon zu übertreten. Es versteht sich am Rande, daß die deutsche Frau keinen Bubikopf trägt; das tun nur Jüdinnen und sonstiges verächtliches Gezeug. Haben denn dieſe Moraltrompeter keine blaſſe Ahnung davon, daß ſie mit diesen überheblichkeiten millionen deutscher Frauen, die in Leben und Beruf brav und ehrlich ihre Pflicht und Schuldigkeit tun, die ihren Männern gute Kameradinnen und ihren Kindern aufopfernde Mütter sind, aufs tiefste beleidigen und demütigen? Daß sie den Nationalſozialismus auf der ganzen Welt auf das pein. lichste blamieren und kompromittieren, daß sie dreißig Jahre zu ſpät gekommen sind, und daß man sie zur Ordnung rufen muß, weil sie

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anfangen, lästig zu werden ? Es gibt gute und schlechte, fleißige und faule, anständige und weniger anständige Frauen mit und ohne Bubikopf; ob sie ihre Vase pudern oder nicht, das ist nicht immer ein Zeichen ihres inneren Wertes, und wenn sie einmal zu Hause im Familien- oder Gesell schaftsleben eine Zigarette rauchen, so brauchen sie damit nicht verworfen und ausgestoßen zu sein. Jedenfalls aber sollen sich nicht die über sie zum Sittenrichter aufwerfen, die ihnen an sich feindlich gegenüberstehen oder ihnen zwar wie alle echten Männer unendlich viel an Glück, Ausspannung und häuslichem Frieden verdanken, es aber nur in ihrer muffigen Überheblichkeit nicht wahrhaben wollen. Es ist nicht nationalsozialiſtiſch, sich des Lebens zu erfreuen ; im Gegenteil, man darf immer nur an die Schattenseiten des menschlichen Daseins denken, der Pessimismus und der Menschenhaß sind die besten Lehrmeister in unserem irdischen Jammertal. Deshalb tut ein wahrer Nationalsozialist auch nichts, um dieses armselige Leben zu verschönen. Primitivität und absolute Bedürfnislosigkeit ſind die einzigen Werte des Charakters. Hat man einen sauberen und einen schmutzigen Kragen, dann bindet man den ſchmutzigen um, um damit ſeinem Haß gegen die verfluchte Bürgerlichkeit demonstrativ Ausdruck zu geben. Wer einen guten und einen schlechten Anzug besitzt, der zieht, vornehmlich bei festlichen Gelegenheiten, den schlechten an; denn damit zeigt er der staunenden Mitwelt, wie revo lutionär seine Gesinnung ist. Überhaupt ſind Freude und Lachen an sich schon verpönt; denn das Volk soll nichts zu lachen haben. Leben wir nun in einem Pietistenstaat oder im Zeitalter des daſeins. bejahenden Nationalsozialismus? Wir sind erhaben über den Verdacht, daß wir einem öden Prunk und aufreizenden Lurus das Wort reden wollten . Der Führer und viele seiner engeren Mitarbeiter trinken und rauchen nicht und huldigen auch nicht den Genüffen des Lukullus; aber verächtlich sind die, die in einem 60-Millionen-Volk jede Freude und jeden Optimismus abtöten möchten, ganz abgesehen davon, daß ihr albernes Treiben unzähligen Menschen nur Armut und Unglück bringt. Denn jedes abgelegte Bedürfnis macht neue Menschen brotlos; wenn keine Autos mehr fahren, dann liegen die Autofabriken still, wenn keine neuen Anzüge mehr getragen werden, dann haben Stoffwebereien und Schneider nichts mehr zu tun, gehen die Menschen nicht mehr in die Rinos oder in die Theater, dann fallen Hunderttausende von Bühnen. und Filmangehörigen der öffentlichen Fürsorge anheim. Einem Volk die Freude und die Lebenslust nehmen, das heißt, es für den Kampf um das tägliche Brot untüchtig machen. Wer das tut, der versündigt sich am Wiederaufbau und blamiert den nationalsozialistischen Staat vor der ganzen Welt. Eine trostlose Verarmung unseres öffentlichen Lebens würde die folge sein. Und dagegen machen wir front. Wir wollen die Freude nicht beseitigen, sondern möglichst viele, möglichst alle daran teilnehmen lassen. Darum führen wir das Volk in die Theater, darum geben wir auch dem Arbeiter die Möglichkeit, sich für festliche Gelegenheiten festlich zu kleiden, darum vermitteln wir Kraft durch Freude, darum schütteln wir die Agenten einer prüden Heuchelei von uns ab und dulden es nicht, daß sie weiterhin einem anständigen, braven Volk, 384

das allen Grund hat, sich die Stärke zum schweren Daseinskampf_durch immer erneuerte, bewußte Lebensbejahung zu holen, die für Mühe, Sorge und Entbehrung des Alltags so nötige Freude durch ewige, schikanöse Schulmeistereien verderben. Also: mehr Lebensbejahung und weniger Muckertum ! Mehr Moral, aber weniger Moralin !

Klarheit und Logik 19. März 1935 In den nachfolgenden äußerst beachtlichen Ausführungen wendet sich der Reichspropagandaminister mit nur zu berechtigten Worten gegen das aufgeregte Getue, das die Wiedereinfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland namentlich in Paris und London hervor. gerufen hat. Dort zeigte man sich furchtbar beunruhigt , solange noch ein Geheimnis um den deutschen Rüstungsstand bestand, und man forderte Klarheit von Deutschland; jetzt, wo sie gegeben ist und man weiß, was es mit der deutschen "1 Geheimrüstung" auf sich hat, macht man nun erst recht Theater und malt man sozusagen einen neuen Weltkrieg an die Wand. Auch gegen diese Kriegspsychoſe findet Dr. Goebbels die geeigneten Worte. Die Reichsregierung hat jegt nichts anderes getan, als die Konsequenzen gezogen einerseits aus der ichterfüllung der Übrüstungsverpflichtung der Mächte, die im Kriege unsere Gegner waren, andererseits aus der Anerkennung der Gleich berechtigung, die man Deutschland schon vor gut zwei Jahren aus, gesprochen hat. Das deutsche Volk will nichts als einen Frieden in Ehren, und wir sind sicher, daß die bevorstehenden Besprechungen mit dem britischen Außenminister Sir John Simon, bei der auf der ſelbſtverſtändlichen Grundlage der Gleichberechtigung alle Punkte erörtert werden sollen, deren Erörterung die Londoner Erklärung vorsieht, den Eindruck hinterlaſſen werden, daß man sich über die deutschen Absichten durchaus unnütz aufgeregt hat. Nach deutschem Willen soll die Aussprache mit Sir John Simon der Befriedung Europas dienen, und wir hoffen, daß auch die anderen an dieser Aussprache interessierten Mächte nur dieses große Ziel dabei im Auge haben. Die Schriftleitung des „ Angriff“. Die deutsche Öffentlichkeit verzeichnet mit einigem Erstaunen die Reak, tion, die die Bekanntgabe des Gesetzes zum Wiederaufbau der Wehrmacht in den zuständigen Kreisen der europäischen Hauptstädte hervorgerufen hat. Sie glaubte, vermuten zu dürfen, daß die Welt mit sichtlicher Erleich. terung und einem Gefühl innerer Befriedigung dieſe Tatsache zur Kennt. nis genommen hätte. Denn die offene und rückhaltloſe Darlegung der deutschen Absichten stellt in Wahrheit ein Element der Beruhigung dar, das für die logiſche und fruchtbare Betrachtung der europäiſchen Situation erfreulich, wenn nicht geradezu unentbehrlich ist. Das Geheimnis, das die deutsche Wehrfrage in den vergangenen Monaten und Jahren umgab, war gerade von offiziellen und nichtamtlichen Stellen des Auslandes oft und lebhaft beklagt worden, vor allem im Hinblick darauf, daß ohne uneingeschränkte Kenntnis der Absichten Deutſchlands eine Konsolidierung des Friedens, wie man sagte, ausgeſchloſſen erſchien. Mehr als einmal iſt

25 Dr. Goebbels, Wetterleuchten

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deshalb von diesen Stellen dem Wunsche Ausdruck gegeben worden, Deutschland möge der Geheimniskrämerei ein Ende machen und klipp und klar dartun, wohin es steuere, was es wolle und welche Pläne es verfolge. Die Erfullung dieses Wunsches war um so dringender geboten, als die meisten ausländischen Zeitungen, zum Teil maßgebenden Charakters, sich in vagen und phantaſtiſchen Schätzungen ergingen, die in den tatsächlichen Verhältnissen keine Begründung fanden, daruber hinaus aber nur geeignet erschienen, die Volker in eine höchst gefährliche kriegerische Pſychoſe zu verfegen. Rein anderes Gebiet gilt so wenig wie gerade das militärpoli tische als geeignet, übertriebenen und ausschweifenden Mutmaßungen Raum zu geben. Was hier not tut, iſt Klarheit; denn nur aus der Klarheit läßt sich jene realiſtiſche Logik entwickeln , die allein die innere Kraft bejigt, eine verworrene Situation aufzuhellen und aus ihr die entſpre chenden Elemente der Sicherheit und politiſchen Stabilität zu kriſtalli. sieren. Wie sehr die Welt das Bedürfnis verspürte, über den deutschen Rüstungsbestand Klarheit zu erhalten, mag man aus der Tatsache ersehen, daß ſie ſich ſelbſt mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln jene Unterlagen zu verschaffen ſuchte, die ihr von Deutschland vorenthalten wurden. Die historische Tat des führers am vergangenen Sonnabend hat dieſem auf vage Vermutungen angewiesenen Verfahren ein Ende gemacht. Die Welt weiß nun, woran ſie iſt. Das ſoll nicht heißen, als habe ſie das vorher nicht gewußt; sie hat durch die Proklamation und das Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht nun unumstoßliche Gewißheit erhalten über das, was ihr bereits zur Kenntnis gekommen war und von deſſen Kenntnis ſie auch in ihren amtlichen und nichtamtlichen Verlautbarungen keinen Hehl machte. In der engliſchen Unterhausdebatte vom 28. November 1934 erklärte Winston Churchill: „Welches ist nun das große neue Ereignis, das während der letzten 18 Monate über uns hereingebrochen ist. Deutſchland rüstet wieder auf! ... Nach dem, was wir horen, was uns erzählt wird und was aus allen mög. lichen Quellen zu uns dringt — obgleich darüber in der öffentlichkeit wenig gesprochen wird , besigt Deutschland schon ein mächtiges, wohlaus gerustetes Heer mit ausgezeichneter Artillerie und ungeheuren Reserven an ausgebildeten Mannschaften. Die deutschen Waffenfabriken arbeiten praktisch kriegsmäßig, das Kriegsmaterial strömt aus ihnen — bestimmt seit den letzten 12 Ulonaten - in immer größerem Umfang." Es wird also hier bereits am 28. November 1934 in der Rede eines englischen Politikers ein deutscher Wiederaufrüstungsstand vorweggenom. men in einem Umfange, wie er selbst durch das Gesetz vom 16. März nicht begründet ist. Auch die Folgerung, die Churchill aus dieser Tatsache zieht, kann in Deutschland gutgeheißen werden: „ Auch hier besteht kein Grund zu der Unnahme, daß Deutſchland uns angreifen wird.“ Und schon am 28. November 1934 erklärte Churchill in ebenderselben Rede, daß die Zeit gekommen sei, „da das Geheimnis, das die deutſche Wiederaufrüſtung umgibt, gelüftet werden muß“. Die Antwort, die Baldwin im Namen der englischen Regierung auf Churchills Rede gibt, ist ebenso bezeichnend. Er erklärt hier : „Eine der Ursachen der heutigen Malaiſe in Europa ist, wie ich beweisen werde, nicht nur die Furcht, ſondern die Unkenntnis außerhalb und die Geheim. haltung innerhalb Deutschlands." Kann man es der deutschen Regierung

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verdenken, wenn sie vier Monate später mit einer offenen Darstellung die Ursachen dieser Malaise beseitigt und Furcht und Unkenntnis ein Ende bereitet! Baldwin erklärt dort weiter: Ich bin der Überzeugung, und ich spreche hier mit einem Gefühl der Verantwortung, wenn ich von dem Zustand der Furcht rede, der in ganz Europa herrscht , nicht nur derart wie ich ihr Ausdruck gab, ſondern Furcht vor einem unbekannten Terror, der hereinbrechen kann, eine Furcht, die in der Hauptsache auf der Unkenntnis deſſen beruht, was in Deutſchland vorgeht." Die Proklamation des Führers an das deutſche Volk und an die Weltöffentlichkeit vom vergangenen Sonnabend erklärt ausdrücklich, daß die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland keinerlei kriegerische Absichten in sich schließe, im Gegenteil nur der Erhaltung des Friedens dienen solle. Der Furcht vor einem hereinbrechenden unbekannten Terror ist also durch Beseitigung der Unkenntnis über die deutschen Absichten ein Ende gemacht. Am 8. März 1935 berichtet der „Matin " über eine Unterredung mit dem Marschall Petain. Der Marschall erklärte dabei : „Die Verlängerung der Militärdienstzeit ist unbedingt erforderlich und dringend, denn es handelt sich nicht um eine theoretische, sondern um eine praktische Frage in Unbetracht der intensiven Wiederaufrüstung Deutsch lands und der Gefahr eines überraschenden Angriffs ; wie ſollen wir die Nichtverletzung unserer Grenzen sichern ? Das benachbarte Heer besteht aus 600 000 Mann, die ſofort verfügbar ſind." In seiner Rede zur Eröffnung der Lyoner Messe vom 10. März erklärt der französische Ministerpräsident Flandin, die Aufrüstung Deutschlands, die die Unterzeichner des Versailler Vertrags machtlos gewesen seien zu verhindern, habe für Frankreich den Eintritt in die rekrutenmageren Jahre viel gefährlicher gestaltet". In seiner großen Kammerrede vom 15. März zur Wiedereinführung der zweijährigen Dienstzeit erklärt der französische Ministerpräsident: Nach den allen bekannten Plänen wird Deutschland im Jahre 1936 mindestens über 600 000 Mann verfügen." Ja, dieſe angebliche Tatsache wurde von der franzöſiſchen Regierung ausdrücklich als Grund und Ursache für die Wiedereinführung der zwei, jährigen Dienstzeit in Frankreich ins Feld geführt. Muß es da in Deutschland nicht Verwunderung erregen, wenn die Weltöffentlichkeit nun mit einem Male unter Außerachtlassung dieser dokumentarisch festliegenden Tatsachen Erstaunen und Entrüstung spielt angesichts der Wiedereinfüh rung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland, die nur einen Teil dessen im Ziele führt, was hier von amtlichen Stellen schon als feststehend in der innerpolitischen Diskussion der betreffenden Länder vorgebracht wird Wäre es nicht mutiger, konsequenter und auch logischer, würde es nicht dem Realismus einer neuen Tatsachenbetrachtung mehr entsprechen, wenn man sich dort überall auf jenen Standpunkt stellte, den der englische Publizist J. L. Garvin in seinem Aufsatz vom 3. März 1935 im „ Obser ver" einnimmt, wenn er schreibt : Hinsichtlich der Aufrüstung oder Ab. rüstung muß Deutschlands absolute Gleichberechtigung unter den Groß. mächten als eine moralische Voraussetzung ein für allemal anerkannt werden. Sie muß so uneingeschränkt anerkannt werden, als hätte es nie einen Weltkrieg und nie einen Frieden von Versailles gegeben. " 15 Jahre lang hat Deutschland darauf gewartet, daß die Unterzeichner 25

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des Versailler Vertrages die dort übernommene Verpflichtung auf Ab rüstung entsprechend dem deutschen Beispiel einlößten. Statt dessen hat die Welt aufgerüstet und sich ansonst nur mit theoretischen und plato. nischen Debatten beschäftigt. Oft genug hat der führer öffentlich erklärt, daß er bereit sei, das legte Maschinengewehr zu verschrotten, wenn die Welt ein Gleiches tue. Seine Erklärungen sind immer unbeantwortet geblieben. Deutschland mußte einmal aus dieser Situation die Konsequen zen ziehen , vor allem im Hinblick darauf, daß nun die anderen Länder eine Verstärkung ihrer Heeresbestände vornahmen unter Zugrundelegung eines unkontrollierten Materials, das sich größtenteils auf phantastische Ver. mutungen gründet. Ein ungerüstetes Land ist inmitten einer hochgerüsteten Welt eine stete Aufforderung zum Krieg. Nicht das bewaffnete, ſondern das unbewaffnete Deutschland hat Europa beunruhigt. Durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht wurde jene Balance wiederhergestellt, die notwendig ist, um zu fruchtbaren Diskussionen über die großen ungelösten Probleme der Weltpolitik zu kommen. Deutschland will im Frieden mit arbeiten; es hat ihn so nötig wie alle anderen Völker. Die Welt tut gut daran, nun an die lohnendere Aufgabe zu geben , aus der geſchaffenen Situation jene Elemente zu entwickeln, die wirklich zu einer dauerhaften Beruhigung führen können. Alle Völker ſind von einer tiefen Sehnsucht danach erfüllt. Niemand in Europa, der auch nur eine Spur von Verantwortungsgefühl in sich trägt, glaubt daran, daß die Schäden eines Krieges, die durch 17jährige Friedensarbeit nicht zu beseitigen waren, durch einen neuen Krieg beseitigt werden könnten. In dieser Situation, die alle Möglichkeiten zu einer wahrhaften Ver. ständigung der Völker bietet, ist Klarheit und Logik nötig. Nichts wäre gefährlicher als ein neues Gebäude von Illuſionen und Wunſchträumen aufzurichten. Je eher die Verantwortlichen Vernunft und gesunden Men schenverstand obwalten lassen , um so durchgreifender wird die glückliche Wendung sein, in der Europa sich neu gestaltet. Die so oft beklagte Geheimnistuerei ist nun zu Ende, die Atmoſphäre gereinigt. Deutſchland will als gleichberechtigte Nation der Welt entgegentreten mit der ernsten Bereitschaft, am Frieden Europas und an der Versöhnung der Völker nach besten Kräften mitzuarbeiten. Mit tiefer Dankbarkeit hat das deutsche Volk von dem großen und mutigen Entschluß des Führers Kenntnis genommen. Nicht Kriegsbegei sterung und Revanchelieder waren seine Antwort darauf; voll Stolz und Wurde fühlt es sich wieder rubend in der Sicherheit seiner eigenen Kraft, denn sein Schicksal liegt wohlbehütet in Adolf Hitlers Hand.

Unser Hitler Goebbels zum 48. Geburtstag des Führers

20. April 1937 Am Vorabend des Geburtstages des führers sprach Reichsminister Dr. Goebbels um 20 Uhr über alle deutſchen Sender. Der Reichsminiſter führte aus : Meine Volksgenossen und Volksgenoſſinnen! Es gibt Worte des Führers, die dem deutschen Volke über den Tag und seine besonderen Erforderniſſe hinaus unvergessen bleiben. Zu diesen 388

gehören die, die er am 8. iovember 1936 im Münchener Bürgerbräukeller vor seinen alten Kampfgenossen sprach. Er schilderte damals die besonders großen Schwierigkeiten bei der Wiedererringung der deutschen Freiheit und Sicherheit und sagte dann in einer atemlosen Stille, sein Werk ſei nun so weit gediehen, daß er zum ersten Male in seinem politischen Leben ohne ganz schwere Sorgen in die Zukunft schauen könne. Das war nicht nur für uns, ſeine alten Rampf- und Weggenossen , das war für das ganze deutsche Volk auf das tiefste erschütternd. Wir erlebten damals eine jener seltenen Stunden, da der Führer vor der Öffentlichkeit sein Herz auf. schließt, um die Nation einen Blick in sein Inneres tun zu lassen. Jeder Deutsche hatte damit plöglich persönlichen Anteil an der großen hiſto, rischen Aufgabe, die der Führer, einſam und auf sich allein gestellt, erfüllt. Man sagt manchmal draußen in der Welt der Demokratie: autoritäre Regierungen haben es leicht; sie brauchen sich nicht mit Parteien und Parlamenten herumzuschlagen, sie fassen ihre Entschlüsse auf eigene Faus und nach eigener Einsicht und werden an ihrer Durchführung von keiner Mehrbeit oder Minderheit gehindert. In Wirklichkeit ist das eher schwer als leicht. Gewiß genießt eine autoritäre führung Handlungsfreiheit. Aber wenn sie es mit ihrer Aufgabe ernst nimmt, dann hat sie mehr zu tragen als Regierungen der parlamentarischen Demokratie. Denn sie besigt ja nicht nur die Macht, ſondern sie übernimmt auch die alleinige und aus. schließliche Verantwortung. Sie kann nicht, wenn die Hindernisse sich zu Bergen auftürmen und kein Ausweg aus den Schwierigkeiten sich zu zeigen scheint, zurücktreten oder den Übschied nehmen, ſie kann sich nicht hinter einer parlamentarischen Mehrheit, die, weil sie anonym ist, auch keine Verantwortung trägt, verstecken. Sie steht und fällt mit ihrer geschichtlichen Miſſion. Sie muß, wie der Soldat im Kriege, auf ihrem Posten bleiben. Die Last einer solchen Verantwortung ist so schwer, daß sie für einen Einzelmenschen gar nicht zu tragen wäre, wenn das Volk nicht dabei hülfe. Darum hat der führer es auch als seine erste politiſche Aufgabe angeſehen, das Volk in seiner Gesamtheit zu suchen und mit ihm zusammen seinen mühe, und dornenvollen Weg zu gehen. Es war vielleicht gut ſo daß das Volk ihm dabei nicht gleich in die Arme fiel, daß er um den Besitz der Nation 14 Jahre lang bitter kämpfen und ringen mußte. Denn nur deshalb gehört die Nation ihm heute so ganz und uneingeschränkt. Es gibt Männer, die fürchtet, es gibt Männer, die achtet, und es gibt Männer, die verehrt das Volk. Höchstes Glück aber einer geschichtlichen Persönlichkeit ist, von einem Volk geliebt zu werden. Und der stolzeite Ruhm eines Mannes besteht darin, mit seinem Volk so verbrüdert und eins zu sein, daß er zu jeder Stunde und in jeder Situation in seinem Namen sprechen kann. Das ist beim Führer der fall. Er ist in der Tat der Träger des deutschen Nationalwillens. Aus seiner Stimme ſpricht die Stimme des Volkes. Man hat oft gefragt, wie dieses geheimnisvolle Wunder zu erklären ſei. Böswillige Kritiker im Ausland haben die Welt glauben machen wollen, es sei die Frage einer bewußten und zweckbestimmten Popularitätssuche. Sie kennen weder den führer noch das deutsche Volk. In der demokratischen Episode, die sich in Deutschland von 1918 bis 1933 abspielte, hat man unentwegt nach der Popularität gehascht, kein Mittel ist den parlamentarischen Regierungen dabei zu geschmacklos oder zu grob gewesen. 389

Und trogdem hat die Elation sich ihnen versagt, hat für sie nur Ver achtung, Spott und Sohn übrig gehabt. Der Führer dagegen hat, seitdem er an der Spige des Volkes steht, nur und unentwegt seine Pflicht getan, vollkommen poſen- und phraſenlos ſeine großen Ziele verfolgt, sich aber mit der ganzen Inbrunst eines starken Herzens hinter seine geschichtliche Aufgabe gestellt. Er hat gehandelt, wo die anderen nur zu reden pflegten, er hat geredet, wo die anderen schwiegen, und wenn es um seine Person ging, dann hat er nicht für sich gesprochen, sondern er hat seine Taten Zeugnis für sich ablegen lassen. Sein Werk war nicht bestimmt von jener nervösen hast politischer Eintagsfliegen, die nach dem feilen Augenblick greifen, weil die große Stunde sich ihnen versagt. Noch niemals wurde in Deutschland so wie heute auf weite Sicht gearbeitet. Aber auch noch niemals hat sich das ruhige und disziplinierte Arbeitstempo eines Mannes an der Spige so fühl- und greifbar auf die ganze Nation übertragen. Was heute auch in Deutschland geschieht, sei es auf wirtschafts-, sozial oder kulturpolitischem, sei es auf innen oder außenpolitischem Gebiet, man verspürt deutlich hinter allem die ordnende und regelnde Hand des Führers. Es gibt keine Aufgabe des öffentlichen Lebens, die ihm verschlossen oder fremd wäre. Sein klarer Blick reicht weit, und seine Anteil. nahme an allem, was geschieht, ist umfaſſend. Er ist der beste Sachkenner, den man sich denken kann. Es ist gänzlich unmöglich, ihm Potemkinsche Dörfer vorzumachen. Das hat mancher erleben müssen, der ihn durch Ausstellungen führte oder ihm bei Ronferenzen Vortrag über neue Pläne und Projekte zu halten hatte: vielleicht glaubte er, das sei so eine Art formsache, und mußte dann bald bestürzt und beschämt erleben, daß jede, wenn auch noch so geringfügige falsche Zahlen- oder Datenangabe sofort entdeckt und festgestellt wurde, und er dann plötzlich in ein Kreuzfeuer von Fragen verstrickt war, das ihm zwar gänzlich unerwartet kam, das aber um so mehr von einem verblüffenden Wiſſen und einer überraschenden Kenntnis dieser gänzlich abseitig scheinenden Materie zeugte. Es ist ein Merkmal des Genies, von den Dingen, Situationen und Menschen das Wesen zu erfassen, das Unwesentliche aber nur als Material der Sachkunde zu verwerten,_im__Grundsätzlichen zu denken und das Grundsägliche gegen ein manchmal verwirrendes Spezialistentum durch. zusetzen. Diese Eigenschaft zeichnet den führer in ausgesprochenem Maße aus. Seine höchste Runst besteht darin, Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Daher rührt wohl auch sein phänomenales Gedächtnis, das selbst seine engsten Mitarbeiter immer wieder aufs neue in Erstaunen versett. Er kennt ebensogut die Daten der griechischen wie der römischen, der englischen wie der französischen wie selbstverständlich der preußischen und deutschen Geschichte. Ihm sind die entlegensten amen auf allen Gebieten menschlichen Schaffens geläufig, er kann, ohne einen Augenblick nachdenken zu müſſen, aus dem Handgelenk den Grundriß etwa der Parifer Oper oder des Wiener Parlamentsgebäudes oder des Dresdner Zwingers zeichnerisch wiedergeben. Wir haben es bei vielen Besprechungen über den Neubau der Reichshauptstadt erlebt, daß er Berlin besser kennt als jeder Berliner. Ihm ist keine moderne Waffe fremd, er weiß aus dem Stegreif den Tonnengehalt aller in Betracht kommenden Kriegsschiffe, selbstverständlich des eigenen, aber auch fremder Länder anzugeben. 390

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Er ist sozusagen Fachmann auf jedem Spezialgebiet, und das Wunder. bare dabei ist, daß er nicht, wie der Spezialist meistens, über sein Wissen nicht hinauskommt, sondern das Wissen ihm nur Material und Rohstoff zur Erkenntnis und zum Handeln ist.

Seine Siege haben format. Er hat einmal kürzlich in einer Rede vor dem kleinen Kreis seiner Gauleiter das Wort des Generalfeldmarschalls von Schlieffen von den ordinären Siegen und von den Siegen von format zitiert. Seine Siege pflegen von der zweiten Art zu sein. Er liebt es nicht, nach Lust und Augenblickslaune Fehden vom Zaune zu brechen, und nichts ist ihm verhaßter als die geschwollene Phraſe, daß nur viel Feinde auch viel Ehre einbringen könnten. Er sucht sich seine Gegner aus und kämpft mit ihnen, wenn der Kampf unvermeidlich geworden ist; allerdings wird er dann auch mit ganzer Kraft und ganzem Einsatz durchgeführt. Es ist nicht seine Art, sich mit kleinlichen und ordinären Problemen abzuraufen. Er nimmt sich Aufgaben vor, für die es sich lohnt, und löst sie dann auf eine immer wieder ebenso einfache wie verblüffende Weise. Die Siege, die er dabei erringt, haben wirkliches format. Das gilt vor allem für seine außen. politischen Erfolge, die ihm nunmehr selbst der verbohrteste Kritiker des Auslandes nicht mehr absprechen kann.

Bewegliche Taktik - feste Grundsätze. Es ist typisch für seine Arbeitsweise, direkt aufs Ganze loszugehen und dem Ganzen alles Kleine und Lebensächliche unterzuordnen. Dabei ist ihm die Taktik immer nur Mittel zum Zweck. Seine politische Strategie aber ist ganz auf die Erfüllung der großen nationalen Ziele ausgerichtet, sie versicht mit hartnäckiger Zähigkeit moraliſche Grundsäge, führt sie Zug um zug in die Wirklichkeit über und tritt damit den Beweis an, daß die große Politik nicht nur nicht den Charakter verdirbt, sondern ihn erst recht härtet und festigt. Dummköpfe sind meistens unverföhnlich in der Taktik und unnachgiebig im Grundsatz. Der kluge und überlegene politische Stratege verfolgt umgekehrt unabdingbar und gradlinig ſeine Grundsätze, seine taktischen Mittel dabei aber ſind biegsam, je nach Lage wechselnd, elaſtiſch und anpaſſungsfähig. Wir haben in den letzten vier Jahren ein ununterbrochen wirksames Beispiel dafür in der Arbeit des Führers erleben können. Gewiß hat er vor allem in der ersten Zeit des Aufbaus manchen auch riskanten Entschluß fassen müssen. Nichts aber wäre ungerechter, als wenn man annehmen wollte, er habe auch nur einmal leichtsinnig gespielt. Vor jeder Aktion hat er alle Aussichten und Möglichkeiten in vielen sorgenvollen Tagen und ebensovielen durchwachten Nächten bis ins letzte durchforscht und geprüft. War aber einmal der Entschluß zum Handeln gefallen, dann hat er auch gehandelt und dabei wie jeder dämonische Mensch auf seinen guten Stern vertraut. ur seine nächsten manchmal unerträglich wissen von den bangen seiner Verantwortung

Mitarbeiter wissen von den ununterbrochenen, scheinenden Sorgen, die damit verbunden waren, und quälenden Stunden, da er mit der Zentnerlaſt ganz auf sich allein gestellt war. 391

Der Erfolg, der uns heute auf allen Gebieten unseres politischen Lebens fast wie eine Selbstverständlichkeit erscheint, ist die Frucht, die aus all dem hervorgegangen ist. Ein geeintes Volk, eine starke Nation, die im Besitz von Waffen und Sicherheit ihren Lebensraum und ihre Ehre wieder verteidigen kann, sind die ragenden Denkmäler auf diesem Wege. Wenn das Volk ihn im Alltag und bei den nationalen Festen mit seiner ganzen Liebe umgibt, so entſpringt dieſe vielleicht vor allem dem Bedürfnis, ihm nahe zu sein, mit ihm zu leben und an seinen Sorgen teilzunehmen. Diese Liebe kommt am stärksten zum Ausdruck, wenn er bei rauschenden nationalen Festen oder in lastenden Zeiten sichtbar der ganzen Nation gehört. Heute ist so ein feiertag. Das ganze Volk begeht mit ihm zusammen feinen 48. Geburtstag, und aus der Nation stromt ihm dabei eine Welle von Liebe, Vertrauen, Hingabe und Dankbarkeit entgegen . In Bergen von Briefen und Telegrammen, in ungezählten Geschenken, die jetzt schon und vor allem morgen im Laufe des Tages gerade aus dem Volke in der Reichskanzlei in Berlin eintreffen, tritt dieſe Liebe an ihn heran. Und immer enthält sie ausgesprochen oder unausgesprochen nur einen Wunsch, man möchte fast sagen die Bitte der Nation an den Ullmächtigen : Möge der Führer uns noch viele Jahre erhalten bleiben in Rraft, Geſundheit und Stärke als der Fahnenträger des Volkes, als der Erste unter den Millionenmassen der Arbeiter, Soldaten, Bauern und Bürger, als der freund und Schutzpatron der Jugend, der Beschirmer der Künste, der Förderer von Kultur und Wiſſenſchaft, der Baumeister der geeinten neuen Mation! Wir, seine engsten Mitarbeiter, stehen gerade an seinem Fest- und Ehrentage dicht um ihn geschart, legen ihm unsere ganze Liebe und unser starkes Vertrauen zu füßen, sind mit ihm und mit der ganzen Nation eines Herzens und eines Sinnes, erleben voll wunderbarer Freude die Beglückung, einen Großen unserer Geschichte mitten unter uns zu wiſſen, ihm dienen und helfen zu dürfen an einem Werk, das die Zeiten überdauern soll. Deutschland hat sich, von seiner Hand aufgerichtet, aus Schmach und Ohnmacht erhoben, das deutsche Volk ist, von ihm ermuntert und aufgerufen, sich seiner Sendung wieder bewußt geworden. Wir alle empfinden aufs neue das beglückende Gefühl, an der Verwirklichung einer Idee mitarbeiten zu dürfen, für die es sich zu leben verlohnt. Das Deutschland, das seinen Namen trägt, wird groß und stark sein, sein Volk wird wieder lernen , ſich als Weltvolk zu fühlen und demgemäß zu handeln, in ihm werden unſere Kinder und Kindeskinder ihre große, alle Deutschen in aller Welt umspannende Heimat finden , die ſtarke Beschügerin unseres Lebens, unserer Art und unserer Arbeit. Aus dem ganzen Reich in seinen Grenzen, aus allen deutschen Herzen auf allen Rontinenten, in fremden Ländern und auf den weiten Welt. meeren steigen nun Dank und Gelöbnis für ihn millionenfach vereint empor. Möge er uns bleiben, was er uns immer war und ist: Unſer Hitler !

Buch- Verleih " Hubert

Reuter

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Eupsa