300 Jahre Monadologie: Interpretation, Rezeption und Transformation 3515114661, 9783515114660

Unter dem umfangreichen schriftlichen Nachlass von Gottfried Wilhelm Leibniz besitzt die im Jahre 1714 in Wien entstande

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300 Jahre Monadologie: Interpretation, Rezeption und Transformation
 3515114661, 9783515114660

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
Du Discours de métaphysique à la Monadologie: vers le primat d’un point de vue biologique et cosmique? - PAUL RATEAU (PARIS)
The Concept of ‘Composite Substance’ and Other Absences in the Monadology - ENRICO PASINI (TORINO)
Vom Perpetuum mobile zur Monade -
HARTMUT HECHT (BERLIN)
‘The Living Individual’: Leibniz and Buffon - CATHERINE WILSON (YORK)
Les interprétations de la philosophie de Leibniz par les monadistes
en Allemagne au XVIIIe siècle -
ANNE-LISE REY (LILLE)
Monadology and Epigenesis. John Turberville Needham’s Hypotheses
on Generation -
FRANÇOIS DUCHESNEAU (MONTRÉAL)
Fichtes Wissenschaftslehre als monadische Monadologie -
CHRISTOPH ASMUTH (BERLIN)
„Passive Synthesis“ und „vis passiva“. Versuch einer neuen Annäherung
an die Husserl-Leibniz-Problematik -
KIYOSHI SAKAI (TOKIO)
Dietrich Mahnkes Neue Monadologie (1917) -
HANS POSER (BERLIN)
La Monadologie de Boutroux – ou la voie a posteriori de la
métaphysique leibnizienne -
ARNAUD PELLETIER (BRUXELLES)
La Monadologie comme métaphysique de la subjectivité:
la lecture d’Ernst Cassirer -
MICHEL FICHANT (PARIS)
Drang und Subjekt. Martin Heidegger liest die Monadologie -
ANDREAS LUCKNER (STUTTGART)
Monade und gesellschaftliche Totalität. Die Umdeutung der Monadologie
im nachmetaphysischen Denken Theodor W. Adornos -
KLAUS ERICH KAEHLER (KÖLN)
Perspektive und Interpretation. Leibniz und die Hermeneutik -
JUAN A. NICOLÁS (GRANADA)
Apperzeption, Glück. Überlegungen zu einer monadologischen Poetik
im Anschluss an ein Gedicht von Robert Walser -
CHARLES DE ROCHE (ZÜRICH)
Nach Leibniz: Die Entwicklung der Auffassung eines nicht-bewussten
Denkens bei Freud -
PATRIZIA GIAMPIERI-DEUTSCH (WIEN)
Gabriel Tarde’s Neo-Monadology -
MICHAEL SCHILLMEIER (EXETER)
Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse. Wie eins – im Wortgeflecht
symplektischer Verbänderungen – zum anderen kommt -
OSWALD EGGER (KIEL)
PERSONENREGISTER

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Wenchao Li (Hg.)

300 Jahre Monadologie Interpretation, Rezeption und Transformation

Philosophie Franz Steiner Verlag

Studia Leibnitiana — Supplementa 39

Wenchao Li (Hg.) 300 Jahre Monadologie

studia leibnitiana supplementa Im Auftrage der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, Wenchao Li, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok In Verbindung mit Stefano di Bella, Francois Duchesneau, Michel Fichant, Emily Grosholz, Nicholas Jolley, Klaus Erich Kaehler, Eberhard Knobloch, Massimo Mugnai, Pauline Phemister, Hans Poser, Nicholas Rescher und Catherine Wilson Band 39

Wenchao Li (Hg.)

300 Jahre Monadologie Interpretation, Rezeption und Transformation

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017 Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11466-0 (Print) ISBN 978-3-515-11470-7 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort ............................................................................................................. 7  Du Discours de métaphysique à la Monadologie : vers le primat d’un point de vue biologique et cosmique ?   PAUL RATEAU (PARIS) ................................................................................ 11  The Concept of ‘Composite Substance’ and Other Absences in the Monadology  ENRICO PASINI (TORINO) ............................................................................ 27  Vom Perpetuum mobile zur Monade  HARTMUT HECHT (BERLIN) ........................................................................ 35  ‘The Living Individual’: Leibniz and Buffon  CATHERINE WILSON (YORK) ...................................................................... 53  Les interprétations de la philosophie de Leibniz par les monadistes en Allemagne au XVIIIe siècle  ANNE-LISE REY (LILLE) ............................................................................. 69  Monadology and Epigenesis. John Turberville Needham’s Hypotheses on Generation  FRANÇOIS DUCHESNEAU (MONTRÉAL) ....................................................... 85  Fichtes Wissenschaftslehre als monadische Monadologie  CHRISTOPH ASMUTH (BERLIN) ................................................................... 97  „Passive Synthesis“ und „vis passiva“. Versuch einer neuen Annäherung an die Husserl-Leibniz-Problematik  KIYOSHI SAKAI (TOKIO) ........................................................................... 109  Dietrich Mahnkes Neue Monadologie (1917)   HANS POSER (BERLIN) .............................................................................. 129 

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Inhaltsverzeichnis

La Monadologie de Boutroux – ou la voie a posteriori de la métaphysique leibnizienne  ARNAUD PELLETIER (BRUXELLES) ........................................................... 153  La Monadologie comme métaphysique de la subjectivité : la lecture d’Ernst Cassirer  MICHEL FICHANT (PARIS) ......................................................................... 173  Drang und Subjekt. Martin Heidegger liest die Monadologie  ANDREAS LUCKNER (STUTTGART) ........................................................... 195  Monade und gesellschaftliche Totalität. Die Umdeutung der Monadologie im nachmetaphysischen Denken Theodor W. Adornos  KLAUS ERICH KAEHLER (KÖLN) ............................................................... 205  Perspektive und Interpretation. Leibniz und die Hermeneutik  JUAN A. NICOLÁS (GRANADA).................................................................. 215  Apperzeption, Glück. Überlegungen zu einer monadologischen Poetik im Anschluss an ein Gedicht von Robert Walser  CHARLES DE ROCHE (ZÜRICH) .................................................................. 227  Nach Leibniz: Die Entwicklung der Auffassung eines nicht-bewussten Denkens bei Freud  PATRIZIA GIAMPIERI-DEUTSCH (WIEN) .................................................... 237  Gabriel Tarde’s Neo-Monadology  MICHAEL SCHILLMEIER (EXETER) ............................................................ 255  Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse. Wie eins – im Wortgeflecht symplektischer Verbänderungen – zum anderen kommt  OSWALD EGGER (KIEL) ............................................................................ 279 Personenregister ............................................................................................ 311

VORWORT Die im vorliegenden Band gesammelten Beiträge gehen auf ein von der GottfriedWilhelm-Leibniz-Gesellschaft und der Leibniz-Stiftungsprofessur der Universität Hannover gemeinsam durchgeführtes Symposium zurück, das vom 9. bis 11. Oktober 2014 im Leibnizhaus Hannover stattfand. Den Anlass bot das 300-jährige Entstehen von Leibniz’ sogenannter Monadologie während seines letzten Aufenthalts in Wien im Jahr 1714. Durch die Konferenz, die von ihrem Konzept her gezielt als ein internationales wie interdisziplinäres Symposium angelegt war, sind die im Tagungsprogramm und nun im Titel der Publikation genannten drei Ansätze – Interpretation, Rezeption und Transformation – erstmals gebündelt und ins Gespräch miteinander gebracht worden. Innerhalb des umfangreichen schriftlichen Nachlasses von Gottfried Wilhelm Leibniz besitzt die Monadologie ohne Zweifel einen herausragenden Stellenwert und ist einer der wirkmächtigsten Texte der Leibniz’schen Philosophie: Der auf Französisch geschriebene, aus 90 Paragraphen bestehende Text war als Einführung und Ergänzung zu den vier Jahre zuvor im Druck erschienenen Essais de Théodicée gedacht, gilt aber inzwischen, 300 Jahre danach, als ein Schlüsseltext des Leibniz’schen Denkens mit einem geradezu schwer auszuschöpfenden Interpretationspotential. Wechselvoll ist indessen ebenfalls die Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte: Über das in Wien aufbewahrte Manuskript (Wien NB 10495 Bl. 131r°– 144v°) hinaus sind noch drei weitere Textzeugen im Nachlass der heutigen Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover überliefert (GWLB, LH 4, 1, 1b Bl. 1/1–16/1, LH 4, 1, 1a Bl. 1–6, sowie LH 4, 1, 1b Bl. 1–10). Die von Heinrich Köhler im Jahre 1720 besorgte deutsche Übersetzung, von der der Titel Monadologie stammt, dürfte auf einen weiteren, vermutlich damals im Privatbesitz des Übersetzers befindlichen Textzeugen zurückgehen. Dass der Text, statt im Original, in Form einer deutschen Übersetzung der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, muss bereits als ein Stück Rezeptionsgeschichte angesehen werden: Die deutsche Edition von Köhler stand in engem Zusammenhang mit der politischen wie philosophischen Selbstpositionierung des frühen Wolff-Kreises. Da diese Frühgeschichte inzwischen, nicht zuletzt durch die Monographie von Hanns-Peter Neumann1 weitgehend erforscht worden 1

H.-P. Neumann: Monaden im Diskurs. Monas, Monaden, Monadologien (1600–1770) (= Studia Leibnitiana, Supplementa 37), Stuttgart 2013. Hingewiesen sei noch auf H.-P. Neumann (Hrsg.): Der Monadenbegriff zwischen Spätrenaissance und Aufklärung, Berlin/New York 2009. Siehe auch G. W. Leibniz: Discours de métaphysique suivi de Monadologie et autres textes, édition établie, présentée et annotée par M. Fichant, Paris 2004, S. 7–140. E. Pasini: „Cinque storie sulla Monadologia di Leibniz“, in: B. M. d’Ippolito/A. Montano/F. Piro (Hrsg.): Monadi e monadologie. Il mondo degli individui tran Bruno, Leibniz e Husserl, Rubbettino 2005, S. 147–167; A. Lamarra: Why in the 17th Century Leibniz’s Monadology Was Translated

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Vorwort

ist, galt die Aufmerksamkeit der Konferenz der vielfältigen Rezeption nach Wolff bis in die Gegenwart sowie den weit über den deutschsprachigen Raum hinausgehenden, Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandenen neuen Monadologien. Trotz intensiver Vorbereitung konnten allerdings keine Referenten zu Charles Renouviers La Nouvelle Monadologie (1899) und zu Herbert Wildon Carrs A Theory of Monads. Outlines of the Philosophy of the Principle of Relativity (1922) gewonnen werden. Dies sei hier als Desiderat vermerkt2. Der Herausgeber hatte im Vorfeld der Konferenz selbst vor, einen Beitrag zu Robert Zimmermanns Übersetzung der Monadologie aus der Erdmann-Edition in den Opera philosophica (Berlin 1840) und seinen Vergleich der Monadologien von Leibniz und Herbart zu verfassen3, hat das Vorhaben doch nicht realisieren können. Auch dies sei hier mit Bedauern vermerkt. Über die in den Band aufgenommenen Beiträge hinaus sei noch auf das von François Duchesneau betreute Themenheft der Studia Leibnitiana (45, 2 [2013]), The Monadology after Leibniz / La monadologie après Leibniz4, den von Monika Meier und dem Herausgeber gemeinsam betreuten Band Leibniz in Philosophie und Literatur um 1800 und den von Juan A. Nicolás, Manuel Sánchez u. a. besorgten Sammelband La Monadología de Leibniz a debate / The Monadology of Leibniz to Debate (Granada 2016) verwiesen5. Zur Erforschung der Preisfrage der Berliner Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1747, Darstellung und Kritik der Monadenlehre, sei auf die Arbeiten von Cornelia Buschmann hingewiesen6.

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Rather Than Published? Wolff’s Good Reasons for a Cultural Policy“, in: H. Poser/Ch. Asmuth/U. Goldenbaum/W. Li (Hrsg.): Nihil sine ratione. Mensch, Natur und Technik im Wirken von G. W. Leibniz, Berlin 2001, Teil 2, S. 685–692. Siehe jedoch H. Poser: „Monadologien des 20. Jahrhunderts“, in: Leibniz, Werk und Wirkung: Vorträge. IV. Internationaler Leibniz-Kongreß, Hannover 1983, S. 620–627. ND in: A. Heinekamp (Hrsg.): Beiträge zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte von Gottfried Wilhelm Leibniz (= Studia Leibnitiana, Supplementa 26), Stuttgart 1986, S. 338–345. Robert Zimmermann: Leibnitz’ Monadologie. Deutsch mit einer Abhandlung über Leibnitz’ und Herbart’s Theorien des wirklichen Geschehens, Wien 1847; ders.: Leibnitz und Herbart. Eine Vergleichung ihrer Monadologien. Eine von der königl. dänischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen am 1. Jänuer 1848 gekrönte Preisschrift, Wien 1849. Mit Beiträgen von Anne-Lise Rey („Les monades selon Samuel Formey“), Christian Leduc („Euler et le monadisme“), François Duchesneau („Critique et usage du concept de monade par Maupertuis“), Brandon C. Look („Simplicity of Substance in Leibniz, Wolff and Baumgarten“), Arnaud Pelletier („Monades ans monadologie? La Métaphysique de Baumgarten face à l’exposé monadologique de Leibniz“) und Michel Fichant („‚Un concept platonicien, en luimême exact, du monde‘: La monadologie selon Kant“). Hildesheim/Zürich/New York 2016, u. a. mit dem Beitrag von H.-P. Neumann: „‚Das Ich ist eine Monade‘: Schellings Leibniz-Rezeption und der centre de perspective des philosophiehistorischen Interesses“. C. Buschmann: „Die philosophischen Preisfragen und Preisschriften der Berliner Akademie der Wissenschaften im 18. Jahrhundert“, in: W. Förster (Hrsg.): Aufklärung in Berlin, Berlin 1989, S. 165–228, hier 183–186. Dies.: „Das Leibniz-Bild in der Preisschriftenliteratur der Berliner Akademie der Wissenschaften 1747–1768: ein Beitrag zur Leibniz-Rezeption im 18. Jahrhundert“, in: Leibniz: Tradition und Aktualität. V. Internationaler Leibniz-Kongreß, Hannover 1989, Teil 2, S. 121–128.

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Vorwort

Mit der „Transformation“ im Titel sollen diejenigen Prozesse und Reflexionen aufgefangen werden, die die Leibniz’sche Monadologie oder vielmehr das monadische Denken bzw. dessen Struktur in den Disziplinen außerhalb der Philosophie nach sich gezogen hat. Denn anscheinend hat über die Philosophie hinaus eine Transformation monadischen Denkens auf Disziplinen wie Psychologie, Soziologie, Poetik und Kunst stattgefunden. Da dieses Themenfeld bisher in der LeibnizForschung noch kaum Beachtung gefunden hat, seien die diesbezüglichen Beiträge im vorliegenden Band namentlich erwähnt: Neben Michael Schillmeiers (Exeter) Referat zu Gabriel Tarde’s Neo-Monadology behandeln drei weitere Beiträge diese Transformationsprozesse beeindruckend und exemplarisch: Charles de Roche (Zürich) sieht in der von Leibniz entworfenen Monadologie sowohl eine Idee der Form der Poetik als auch einen fruchtbaren methodologischen Ansatz zum Verständnis der Poetik. Patrizia Giampieri-Deutsch (Wien) rekonstruiert die Entwicklung der Auffassung eines nichtbewussten Denkens bei Freud und führt die Freud’sche Theorie des Unbewussten auf die Leibniz’schen Perzeptionsthesen zurück. Oswald Egger (Kiel) thematisiert anhand von Formen und Figuren in der Kunst die Leibniz’schen Fragen nach Ordnung und Größe. Den öffentlichen Abendvortrag hielt der im März 2015 verstorbene Leibniz-Forscher und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Patrick Riley (Harvard University) über Leibniz’ Monadologie als Theorie der Gerechtigkeit. Bereichert mit einer deutschen Übersetzung des sogenannten Wiener Vortrags von Leibniz über die Griechen ist der Vortragstext erschienen in der Reihe Hefte der Leibniz-Stiftungsprofessur (Heft 30, Hannover 2016). Für die freundliche Unterstützung der Tagung dankt der Herausgeber den Freunden der Herrenhäuser Gärten e. V. und dem Hochschulbüro für Internationales der Leibniz Universität Hannover. Die Publikation wurde von Simona Noreik (Hannover/Wolfenbüttel) betreut. Wenchao Li Berlin/Hannover, im September 2016

DU DISCOURS DE MÉTAPHYSIQUE À LA MONADOLOGIE : VERS LE PRIMAT D’UN POINT DE VUE BIOLOGIQUE ET COSMIQUE ? Paul Rateau (Paris) 1. Dans un article paru en 1946 dans la Revue philosophique de la France et de l’Étranger, Jean Baruzi soutient que la pensée de Leibniz après le Discours de métaphysique se caractérise par un double mouvement : une universalisation progressive (faisant perdre aux esprits leur statut prééminent dans la création) et une « vision du monde de plus en plus biologique »1. Il est vrai que dans le Discours de métaphysique, Leibniz insistait sur la prépondérance et la valeur infinie des esprits par rapport aux autres créatures et au monde lui-même, au point de déclarer qu’« [u]n seul esprit vaut tout un Monde »2. Dans la Théodicée, s’il reconnaît toujours l’excellence de leur nature – Dieu fait assurément plus de cas d’un homme que d’un lion –, il la relativise – « Aucune substance n’est absolument méprisable ni précieuse devant Dieu » – et souligne que le reste des créatures ne saurait être tenu pour négligeable – ainsi il n’est pas sûr que Dieu préfère un seul homme à toute l’espèce des lions. Car quand bien même Dieu ferait plus de cas d’un homme que de tous les lions réunis, « il ne s’ensuivrait point que l’intérêt d’un certain nombre d’hommes prévaudrait à la considération d’un désordre général répandu dans un nombre infini de créatures. Cette opinion serait un reste de l’ancienne maxime assez décriée, que tout est fait uniquement pour l’homme »3.

D’un texte à l’autre, on observe, selon les mots de Baruzi, une « croissante introduction du point de vue cosmique faisant s’estomper de plus en plus la manière dont Leibniz entendait vers 1685 la précellence des esprits »4. Et le commentateur d’ajouter : « La Théodicée doit être située dans une perspective, non seulement cosmique, mais plus particulièrement biologique. Et l’on pourrait dire que, lors de ce regard presque final de sa vie, 1 2 3 4

J. Baruzi : « Du Discours de métaphysique à la Théodicée », dans : Revue philosophique de la France et de l’Étranger 136 (1946), p. 404. Discours de métaphysique, § 36 ; A VI, 4 B, 1586. Théodicée, § 118 ; GP VI, 169. Baruzi : « Du Discours de métaphysique à la Théodicée », p. 404. Voir aussi D. Blumenfeld : « Perfection and Happiness in the Best Possible World », dans : The Cambridge Companion to Leibniz, notamment pp. 404–405 et note 41, p. 410.

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Paul Rateau Leibniz a rendu plus intense en lui une perception esthétique du monde qui l’amène à ne rien omettre des diverses expressions de la nature »5.

Cette évolution doctrinale passerait par trois changements majeurs : 1) la revalorisation du règne de la nature qui, s’il sert toujours au règne de la grâce, est également ce à quoi ce dernier doit s’accommoder (cf. Théodicée, § 118) ; 2) la félicité des esprits devient l’un des buts de Dieu, mais pas tout son but, ni même son but principal (cf. Théodicée, § 119) ; 3) l’insistance sur la possibilité de l’existence dans l’univers d’autres formes que celles connues et même d’autres créatures plus intelligentes (Théodicée, § 19). Ce mouvement d’universalisation, d’esthétisation et de naturalisation aurait pour corrélat une vision finalement sombre, voire pessimiste, de la condition humaine : l’homme n’est qu’une petite partie de l’univers, dont la perfection globale peut exiger le sacrifice de son bonheur particulier6. Cette perspective plus universelle et « vitaliste », qui semble peu à peu s’imposer, est confirmée par Michel Fichant dans son étude sur la genèse et la constitution du concept de monade. Leibniz construit dans le Discours de métaphysique un concept de substance (définie au paragraphe 8 par sa notion complète) propre aux substances individuelles, elles-mêmes identifiées aux esprits, puis se demande si ce concept convient également aux corps. Or ce que M. Fichant appelle la « thèse monadologique » – élaborée suite à la correspondance avec Arnauld et dont l’exposé canonique se trouve (notamment) dans la Monadologie7 – consiste, au contraire, à partir de « la caractérisation indifférenciée de la monade en tant que telle, au maximum d’extension et de simplicité du concept, et d’introduire ensuite un ordre et des divisions dans son champ d’application »8. La monade, unité simple, inétendue et immatérielle devient un « concept d’extension véritablement universelle », qui « permet de penser toute réalité et le tout de la réalité » – puisque l’univers n’est fait que de monades, d’agrégats de monades et des phénomènes qui apparaissent aux monades. C’est en même temps, selon le commentateur, « une naturalisation du champ métaphysique » qui s’opère, puisque « les notions de vie, de vivant et d’organisme viennent désormais occuper le devant de la scène métaphysique ». Non que la visée théologique soit totalement écartée, mais la supériorité des esprits formant la Cité de Dieu « se définit désormais selon une ligne ascendante ordonnatrice d’une réalité totale qui a d’abord été conçue de façon unitaire sous l’univocité de la monade »9. La mention, dans le Discours de métaphysique, des noms de personnes (César, Alexandre, Judas) pour illustrer la doctrine de la substance, laisse désormais place à

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Baruzi : « Du Discours de métaphysique à la Théodicée », pp. 404–405. Cf. ibid., p. 407. Voir sur ce point son article « La constitution du concept de monade », dans : E. Pasini (éd.) : La Monadologie de Leibniz. Genèse et contexte, Paris/Milan 2005, pp. 31–54. « L’invention métaphysique », dans : G. W. Leibniz : Discours de métaphysique suivi de Monadologie et autres textes, édition établie, présentée et annotée par M. Fichant, Paris 2004, pp. 113–114. Ibid., p. 113.

Du Discours de métaphysique à la Monadologie

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« […] l’anonymat désormais des monades omniprésentes, toutes différentes assurément les unes des autres, mais dans la prolifération d’un monde de la vie plus riche de formes que les annales des destinées singulières des hommes en pourront jamais nommer d’un nom propre ».10

L’imprégnation théologique du Discours de métaphysique s’efface alors au profit d’une approche incontestablement « naturaliste » dans la Monadologie. L’objet des pages qui suivent n’est pas de contester l’évolution intervenue après le Discours de métaphysique dans la conception du rapport entre la partie (ou plutôt certaines parties : les esprits créés) et le tout (l’univers comprenant l’ensemble des créatures, dans tous les temps et dans tous les lieux), ainsi que dans la conception de ce qui est véritablement substantiel, c’est-à-dire réel (de la doctrine de la notion complète de la substance à la thèse monadologique). Il est d’abord de montrer que ces changements théoriques et conceptuels n’impliquent pas une relégation des esprits à une place secondaire ni ne confortent cette vision tragique du monde évoquée par Baruzi. Il est ensuite de faire voir que cette naturalisation de la substance ne retire pas aux esprits leurs qualités propres ni leurs prérogatives (qui les font entrer en société avec Dieu), et ne revient pas à dissoudre le problème de l’individuation. 2. Il est incontestable que du Discours de métaphysique à la Théodicée et à la Monadologie, le rapport entre la partie et le tout se trouve modifié. Il faut cependant rappeler, en premier lieu, que ce que Baruzi nomme le « point de vue cosmique » est déjà présent en 1685–1686 à travers la notion d’expression. Il est au cœur de la doctrine de la substance individuelle dont l’une des caractéristiques fondamentales est justement d’exprimer tout l’univers – ce qui conduit M. Fichant à parler de la substance comme d’une « individualité universelle »11. En second lieu, il convient de souligner que si Leibniz affirme que la félicité des esprits est « le principal but de Dieu » (Discours de métaphysique, § 5), « principal » ne veut pas dire unique, puisque Dieu n’a pas fait le monde seulement pour nous (§ 19). « But principal » ne veut pas dire non plus fin inconditionnée, telle qu’elle devrait primer absolument sur toute autre considération, puisque, précise Leibniz, Dieu veut réaliser le bonheur de chacun « autant que l’harmonie générale le permet » (§ 19 ; voir aussi § 36) – ce qui suppose que l’harmonie puisse l’empêcher. La fin de Dieu est avant tout et toujours sa propre gloire. Ce qui est manifeste, selon nous, d’un texte à l’autre, c’est plutôt l’inversion du rapport entre l’universel et le particulier. Alors que dans le Discours de métaphysique, c’est à partir de la substance individuelle qu’est pensé et même, pourrait-on dire, « constitué » le monde, dans les textes suivants – lorsqu’apparaît explicitement la thèse du décret divin universel unique –, c’est à partir du monde ou plutôt d’un 10 Ibid., p. 115. 11 Cf. M. Fichant : « Leibniz et l’universel » (dans : Science et métaphysique dans Descartes et Leibniz, Paris 1998, notamment p. 123 et p. 134) et « De l’individuation à l’individualité universelle » (pp. 143–162).

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Paul Rateau

monde déterminé complètement, conçu comme possible, que sont pensées des substances individuelles – en tant qu’elles en font partie. Le Discours de métaphysique ne présente pas la thèse de la perfection de notre monde comme le résultat d’un choix divin effectué parmi une infinité d’autres univers possibles12. Notre monde est dit être le plus parfait en lui-même, absolument parlant, et non le meilleur au sens du superlatif relatif, c’est-à-dire par rapport à d’autres. Il est significatif que la possibilité d’autres séries de choses ne soit réellement envisagée qu’à partir de la considération de « l’infinité d’autres personnes egalement possibles »13. Notre monde aurait pu être autre, non pas parce qu’il y avait une infinité d’autres mondes possibles – en toute rigueur, Leibniz ne parle que d’un seul monde : c’est « le système général des phénomènes » évoqué au § 14 –, mais parce qu’il y avait une infinité d’autres personnes possibles, incarnant d’autres points de vue possibles sur ce « système général des phénomènes ». Cette priorité accordée aux personnes n’implique pas que Dieu agisse par des volontés particulières et détachées, mais que son choix porte sur des personnes formant un monde plutôt que sur un monde constitué de personnes. Dans l’ordre suivi par Leibniz dans le Discours de métaphysique, c’est par la substance individuelle ou à partir d’elle – en tant que sa notion complète enveloppe non seulement tous ses prédicats, mais encore tout ce qui s’est passé et se passera dans l’univers, compte tenu de la connexion des choses (§ 8) – que le monde est posé et, en quelque sorte, « déduit ». La substance individuelle est ce par quoi le monde est donné, mais également ce par quoi il devient précisément ce monde particulier, unique et le plus parfait. Car les substances individuelles étant autant de points de vue différents sur le système général des phénomènes (§ 14), le choix de Dieu de créer certaines plutôt que les autres fait la singularité et la perfection du monde choisi – monde qui comprend ainsi à la fois l’exprimant et l’exprimé, ce qui est représenté (les phénomènes) et ce qui représente (les substances). Or, c’est bien cette constitution du monde par les substances individuelles – assimilées en réalité aux personnes dans les exemples pris par Leibniz (Alexandre, César, Judas, etc.) –, et cette survalorisation de l’exprimant par rapport à l’exprimé que les textes postérieurs au Discours de métaphysique vont corriger. Tout décret particulier concernant une substance individuelle sera désormais explicitement rapporté au décret général portant sur le monde entier14, dont cette substance fait partie, et la référence aux personnes possibles disparaîtra peu à peu au profit de la considération des mondes possibles – expression qui apparaît pour la première fois, comme telle, sous la plume de Leibniz vraisemblablement en 168615. Dieu n’ordonne pas les choses par parties et « à bâtons rompus »16, en fixant le sort individuel 12 Cf. §§ 2–3. Il est seulement précisé (§ 30) que cette suite de choses qui existe est la plus parfaite « parmy toutes les autres façons possibles » (A VI, 4 B, 1577). Ce qui, évidemment, ne signifie pas la même chose. 13 L’expression apparaît au § 31 ; A VI, 4 B, 1579. Nous soulignons. 14 Cf. au Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels (12 avril 1686) ; A II, 2, 18. 15 Cf. De libertate, fato, gratia Dei ; A VI, 4 B, 1612. Remarques sur la lettre de M. Arnauld […] (juin 1686) ; A II, 2, 47. 16 À Coste (19 décembre 1707) ; GP III, 400.

Du Discours de métaphysique à la Monadologie

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d’une créature sans considérer en même temps tout le reste. Sa vue est globale et il ne saurait avoir des volontés détachées les unes des autres. Sa volonté, une, porte sur l’ensemble de l’univers, pris comme un tout complet, et non sur tel ou tel être ou sur tel ou tel acte envisagé séparément17. Une double généralisation – et corrélativement une double relativisation de la place du particulier – s’opère alors : d’une part, l’individu ne peut être considéré seul, mais doit être replacé dans la série entière à laquelle il appartient et dont Dieu évalue la perfection globale ; d’autre part, cette série elle-même doit être considérée parmi une infinité d’autres également possibles, par rapport auxquelles elle est jugée plus ou moins parfaite. Si la partie est subordonnée au tout, si le bien particulier doit le céder au meilleur universel, faut-il en conclure que les créatures, leur destin et leurs maux comptent finalement peu au regard de l’harmonie générale ? Que le détail importe peu pour Dieu qui n’a en vue que la perfection de l’ensemble ? Leibniz soutient pourtant que Dieu ne néglige rien et a soin de chacun en particulier18. Il critique aussi bien ceux qui, voyant les défauts qui affectent la partie, jugent mal du tout et considèrent que le monde est mal fait19, que ceux qui, adoptant le point de vue inverse (celui du tout), concluent tout aussi faussement de l’existence de ces défauts que la partie ne doit compter pour rien, « […] comme s’il suffisait de séparer le monde tout entier de ses parties, et s’il pouvait se faire que le genre humain soit malheureux, et qu’il n’y ait aucun souci de la justice dans l’univers ou qu’il ne soit tenu aucun compte de nous, comme le pensent certains qui ne jugent pas assez correctement de l’ensemble des choses »20.

Les deux inférences sont également erronées. La nature expressive de la substance et l’intégration du bien particulier dans le bien général excluent l’une comme l’autre. Cependant il reste à concilier trois thèses que Leibniz défend concurremment : 1. Rien ne peut se faire au détriment de la partie sans affecter aussi le tout, et inversement, puisque la partie exprime le tout et que son bien est une part du bien total. 17 Le caractère non séparable des décrets divins, ramenés à l’acte unique d’une volonté générale, implique qu’il n’y ait entre eux ni priorité de temps, ni priorité selon l’ordre de la nature : « […] ils sont tellement liés entre eux qu’aucun n’est séparé de la considération des autres ; et en ce sens cesse la dispute sur l’ordre des décrets : à savoir quand le décret porte sur toute la série ». (Grua, 467). Voir aussi Conversation sur la liberté et le destin ; Grua, 482 et Théodicée, § 84. 18 Cf. Discours de métaphysique, § 37 ; A VI, 4 B, 1588. Théodicée, préface ; GP VI, 30–31. 19 Cf. Confessio Philosophi ; A VI, 3, 146. Cela revient à « juger sans avoir examiné toute la loi, comme disent les jurisconsultes » (De rerum originatione radicali ; GP VII, 306). 20 Ibid., 307. Cf. G. W. Leibniz : « Sur la nature de la bonté et de la justice », dans : W. Li (éd.): « Das Recht kann nicht ungerecht sein … ». Beiträge zu Leibniz’ Philosophie der Gerechtigkeit (= Studia Leibnitiana, Sonderhefte 44), Stuttgart 2015, p. 157 : « Il y a des personnes qui s’imaginent que nous sommes trop peu de chose à l’egard d’un dieu infini ; pour qu’il prenne soin de nous ; on conçoit que nous sommes à dieu ce que les vermisseaux, que nous écrasons sans y penser, sont par rapport à nous. Mais c’est s’imaginer que dieu est comme un homme et ne sauroit penser à tout ».

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2. La perfection du tout implique celle de ses parties, si bien qu’elle ne saurait être seulement globale, mais doit aller jusqu’au détail des choses : « Or, si le genre humain et même la moindre chose n’estoit pas bien gouvernée, l’univers ne le seroit point non plus, car le tout consiste dans ses parties »21. 3. La perfection universelle requiert parfois l’imperfection dans la partie, un mal particulier pouvant être la condition sine qua non du meilleur dans le tout. 3. La difficulté vient, selon nous, de la présence ici de trois modèles concurrents : a) Un modèle mathématique (ou quantitatif), où le tout consiste en la somme de ses parties. La perfection est prise ici en un sens « absolu ». b) Un modèle esthétique (ou qualitatif22), où la perfection du tout est conçue comme un résultat irréductible à la simple addition des perfections de chacune de ses parties, l’harmonie universelle impliquant même certains défauts particuliers (les parties d’une belle peinture ne sont pas forcément belles). La perfection est dite ici « respective »23. c) Un modèle expressif, où la partie est elle-même un tout (la substance comme « monde à part ») représentant le tout, dont la perfection réside dans la manière plus ou moins distincte dont elle reflète l’univers. Le rapport est ici entre le microcosme et le macrocosme. La conciliation intervient à deux niveaux : i) Il semble que le modèle expressif puisse être considéré comme la synthèse des deux autres, car il permet de penser la partie à la fois comme un élément constitutif et comme un tout. En tant que les esprits sont des représentations et des concentrations de l’univers tout entier, et qu’ils dureront autant que lui, « on pourrait dire qu’ils sont des parties totales »24. La perfection de l’univers est constituée par celle des substances-miroirs (selon le modèle a) et comprend en même temps plus que leur somme (modèle b), parce que ces substances sont des mondes qui ne sont pas tout le monde, mais des représentations particulières totales, qui l’enrichissent par la variété qu’elles y introduisent. L’univers est riche de toutes les perfections des parties qui le composent, c’est-à-dire de toutes les expressions distinctes qui en multiplient la beauté, et de toutes leurs imperfections, c’est-à-dire de toutes les expressions obscures, imparfaites, qui font sa diversité. Le modèle expressif permet ainsi d’associer l’idée d’une sommation des perfections (selon le modèle quantitatif a) avec celle d’un gain obtenu par la présence d’imperfections (selon le modèle 21 Ibid., p. 159. 22 Cf. Théodicée, §§ 212–214. 23 Sur la distinction entre perfection absolue et perfection respective, voir la lettre à Wolf (21 février 1705), dans : Briefwechsel zwischen Leibniz und Christian Wolff, éd. C. I. Gerhardt, Halle 1860, pp. 19–20. 24 De rerum originatione radicali ; GP VII, 307 (nous soulignons).

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qualitatif b), tout en maintenant l’idée d’une substance qui, quel que soit son degré de perfection, exprime l’univers tout entier. ii) Le rapport entre le tout et les parties est réglé par la justice, de sorte que la créature malheureuse ne peut l’être sans l’avoir mérité ou sans que son malheur ne contribue en quelque façon à sa perfection (et pas seulement à la perfection du tout). Ce qui interdit de penser que son mal puisse être injuste ou considéré comme une quantité négligeable. La « loi de justice » commande en effet que « chacun prenne une part de la perfection de l’univers et de félicité pour lui à proportion de sa vertu et selon la disposition de sa volonté à l’égard du bien commun […] »25. La quantité totale de perfection du monde est un bien commun à toutes les parties, partagé et distribué entre elles suivant leur mérite. Cependant cette distribution n’est pas sans poser problème, dans la mesure où elle ne fait, semble-t-il, que consacrer une distribution préalable : celle des perfections, des qualités, des mérites et des grâces accordés aux uns plutôt qu’aux autres. Dieu aime chaque esprit selon sa perfection, perfection qu’il a lui-même prodiguée, de sorte qu’il couronne, par des récompenses, ses propres dons et punit, par des peines, ceux qu’il n’a pas suffisamment favorisés, qu’il a donc déjà abandonnés… Leibniz répond de la manière suivante : « La question de savoir pourquoi Dieu a donné plus de perfection à cet esprit qu’à un autre est du nombre des questions vaines, comme si on demandait si c’est le pied qui est trop grand ou si c’est la chaussure qui serre le pied qui est trop petite. Et cela est un mystère dont l’ignorance a rendu obscure toute la doctrine de la prédestination et de la justice de Dieu »26.

Loin de répondre par une fin de non-recevoir, Leibniz élargit ici la question de la justice divine à la considération d’un ordre universel, où les rapports sont déterminés selon une certaine congruence. Il ne s’agit pas de savoir si telle créature est plus ou moins parfaite qu’une autre (si la chaussure est trop petite ou trop grande), mais quelle est sa place (à quel pied la chaussure convient), ou plutôt de quelle manière elle entre dans le plan du monde le plus parfait. Certes, nous ignorons les raisons d’une dispensation (de l’être, de la perfection, de la grâce) qui dépasse le cadre de la rétribution judiciaire, mais nous devons penser qu’elle est rationnelle et non arbitraire chez un Dieu infiniment bon et sage. La justice reçoit dès lors une extension plus large : elle n’est pas seulement comprise ici comme la loi selon laquelle Dieu gouverne la république des esprits, récompense et punit27, mais comme la règle de convenance selon laquelle Dieu crée et ordonne l’univers en vue de produire l’harmonie la plus excellente, où les créatures recevront le plus de biens qu’il est possible et auront à souffrir le moins de maux28.

25 Ibid. 26 A VI, 4 C, 2804. 27 Cf. GP VII, 290 (20) : « […] dans l’Univers aussi la justice est observée, puisque la justice n’est rien d’autre que l’ordre ou la perfection touchant les esprits ». 28 Voir Unvorgreiffliches Bedencken ; A IV, 7, 467 et Grua, 675.

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Leibniz conçoit ici une distribution dont le principe général n’est pas « attribuer à chacun le sien » comme dû, mais donner à chacun ce qu’il doit recevoir, conformément à une économie universelle dont résulte l’harmonie la plus parfaite au total. Il s’agit cependant toujours de la même « loi de justice », qu’il faut donc entendre à la fois comme loi métaphysique et comme loi juridique, puisqu’il est possible d’affirmer en même temps que chacun reçoit sa part de perfection et de bonheur conformément au principe du meilleur et que chacun prend part à cette félicité en proportion de sa vertu et de ses mérites. La perfection est alors, selon la perspective choisie, une grâce reçue ou un mérite acquis, un don ou un dû. Dans un cas, elle suit d’une distribution initiale, dans l’autre, elle relève d’une contribution humaine subséquente. La justice distributive (au sens judiciaire) selon laquelle Dieu juge, sauve ou damne, sanctionne une liberté qui a mérité ou démérité, tout en suivant et en confirmant une distribution ontologique préalable qui coïncide avec l’acte même de créer cet univers. Cette seconde justice distributive (au sens métaphysique), en réalité première logiquement, découle du choix divin effectué parmi l’infinité des univers possibles. Elle n’est pas pour autant arbitraire, car ce choix inaugural est encore dicté par la justice, entendue dans sa signification la plus générale : la bonté conforme à la sagesse, la volonté déterminée par l’entendement et rendue effective, en Dieu, par la toute-puissance, qui fait passer le droit en fait et le virtuel à l’actuel29. La création devient ainsi l’œuvre de la justice. La justice est la loi de l’action divine (de création et de conservation), de la providence et du gouvernement du monde. Elle est cet amour de Dieu pour ses créatures, mais réglé selon une distribution rationnelle, dont nous pouvons connaître le principe général, sans pourtant comprendre le détail de ses raisons qui enveloppent des considérations infinies. La question de savoir si Dieu a créé uniquement pour sa gloire en manifestant ses perfections, ou s’il a plutôt eu en vue les esprits et leur bonheur n’a alors plus lieu d’être30. Non seulement la fin n’est pas sans les moyens, mais les moyens sont aussi une fin : tout le créé est à la fois instrument et sujet de gloire. Dieu est à la fois architecte et monarque. Animé d’un amour de bienveillance, comme un père aime ses enfants, il veut le bien des esprits comme le sien, en soi, et non pour autre chose. Leur bien est son bien et, par l’amour qu’ils lui portent en retour, son bien devient le leur. Les « parties » que nous sommes ne sont pas subordonnées à une fin plus haute : la fin que constitue notre bonheur se confond avec celle de Dieu même (sa gloire). A qui prétendrait que ce qui est bon pour Dieu ne l’est peut-être pas pour nous, il faudrait répondre que Dieu manquerait de perfection s’il ne visait aussi le bien de ses ouvrages : « sans cela elles [les choses] ne sauraient être bonnes pour Lui, ou ce qui est la même chose, ne le seraient pas assez. Car ce qui serait encore bon pour eux [ses ouvrages] serait mieux parlant absolument »31.

29 G. W. Leibniz : « Sur la notion commune de la justice », dans : Li (éd.): « Das Recht kann nicht ungerecht sein … », p. 165. 30 Cf. Théodicée, § 78. 31 A VI, 4 B, 1514.

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Le mal particulier (défaut, imperfection, souffrance) ne laisse pas d’être ce qu’il est, même rapporté au prétendu bien du tout : « […] ce qui serait un mal pour moi ne cesserait pas de l’être parce qu’il serait le bien de mon maître, si ce bien ne rejaillit point sur moi »32. La considération du sort de la partie ne disparaît donc pas au profit d’une vision grandiose de l’harmonie du monde. Car la partie est en fait une « partie totale ». Elle n’est jamais, en tant qu’esprit, seulement un moyen mais toujours une fin en soi. Et elle ne peut être un instrument de Dieu qu’à condition de le vouloir librement33, en travaillant sincèrement au bien général. Loin donc de cacher, derrière l’affirmation de la beauté de l’harmonie du monde pris dans son ensemble, un pessimisme sourd aux cris des malheureux, la philosophie leibnizienne place la « splendeur cosmique »34 au cœur même de la substance (par l’expression) et fait de notre bien propre une fin de l’univers, car « si nous connaissions bien l’ordre de la providence, nous trouverions qu’il est capable de remplir et même de passer nos souhaits, et qu’il n’y a rien de plus désirable ni de plus satisfaisant, pas même pour nous en notre particulier »35. Inversement, elle fait du bien universel notre souci, le véritable amour de Dieu exigeant une entière satisfaction à l’égard du passé et une volonté sérieuse de rendre l’avenir le meilleur possible36. 4. Considérons maintenant le second aspect de l’évolution doctrinale relevée par Baruzi et Fichant après le Discours de métaphysique : la « naturalisation » de la métaphysique leibnizienne, l’accent mis sur les notions de vie, de vivant, d’organisme. Quelles conséquences en tirer pour les esprits ? Les esprits sont comme les autres vivants. Il n’y a pas de différence de nature entre eux, les monades brutes et les âmes des bêtes : « […] je trouve qu’il y a dans le fond la même chose dans tous les vivans et animaux […] »37. L’unité véritable, l’indestructibilité naturelle, la perception et l’appétition, le lien à un corps (excepté dans le cas de Dieu), voilà ce que partagent toutes les monades. Entre la perception obscure des simples monades et la perception parfaitement claire et distincte d’un esprit, nulle différence essentielle, mais seulement dans le degré. Cette approche « naturaliste » ne revient-elle pas à 32 Ibid., § 217 ; GP VI, 248. 33 Cf. A VI, 4 C, 2722 : « Nous ne sommes donc pas nés pour nous-mêmes, mais pour le bien de la société, comme les parties sont pour le tout, et nous ne nous devons considérer que comme des instruments de Dieu, mais des instruments vivants et libres, capables d’y concourir suivant notre choix ». 34 Pour reprendre le mot de Baruzi, op. cit., p. 407. 35 À l’Électrice Sophie (août 1696 ?) ; A I, 13, N. 7. Voir aussi Théodicée, § 217 ; GP VI, 248 : « Ce qu’il y a de bon dans l’univers est, entre autres, que le bien général devient effectivement le bien particulier de ceux qui aiment l’auteur de tout bien ». Monadologie, § 90. 36 Cf. Discours de métaphysique, § 4 ; A VI, 4 B, 1535 ; Théodicée, préface ; GP VI, 28 ; § 58, pp. 134–135. 37 Monadologie, § 82 ; édition d’A. Robinet, Paris 1954 ; réédition PUF, « Épiméthée », Paris 2002, p. 121.

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effacer ou, tout du moins, à atténuer la spécificité des esprits ? Deux remarques s’imposent ici. 1. Cette « naturalisation » des concepts leibniziens n’est en réalité qu’un aspect des changements théoriques opérés après le Discours de métaphysique. Car elle est indissociable et même corrélative d’une forme de « spiritualisation ». En effet, si la nature est « pleine de vie »38, ces vies qui sont partout, ces éléments ultimes des choses que sont les monades sont incorporelles. L’indivisibilité, l’immatérialité, l’indestructibilité traditionnellement réservées aux esprits s’appliquent désormais à toutes les substances simples ; en retour, les esprits deviennent, à l’instar des autres substances simples, des « atomes de la nature » (Monadologie, § 3), qui, à ce titre, « entrent dans les composés » ou corps, lesquels sont conçus comme des agrégats, des assemblages de monades. Dans un même mouvement, en même temps qu’il « naturalise » l’esprit – monade parmi les monades –, Leibniz « spiritualise » en quelque sorte toute la nature en lui accordant des caractéristiques spirituelles. Ceci est rendu possible par le concept unique et unifiant de monade. Ce concept permet, contre les « Cartésiens », non seulement d’admettre d’autres âmes en dehors des esprits39, mais aussi de dépasser l’opposition entre l’âme et le corps – opposition qui se réduit à celle de l’un (la substance simple) et du multiple (l’agrégat de simples, ou encore le « composé »). 2. Leibniz pense la continuité entre les formes, les êtres, les perceptions, mais cette continuité n’empêche pas les différences qualitatives ni que des degrés franchis ne puissent constituer des seuils – interdisant la régression à un niveau inférieur. Tout esprit est une monade mais toute monade n’est pas capable de raison40. L’âme devient esprit par deux caractéristiques. a) Elle est capable de conscience, d’aperception ou encore de réflexion41, termes que Leibniz pose comme équivalents et qui désignent pour lui cet acte par lequel l’âme, faisant retour sur elle-même, perçoit qu’elle perçoit, sait ce qu’elle est et ce qu’elle fait. b) Elle est capable de penser, au sens strict du terme, c’est-à-dire de connaître les vérités nécessaires et par là de s’élever à la raison (qui n’est autre que l’enchaînement de ces vérités) et aux sciences42. Ces deux puissances sont cause de deux qualités propres à l’esprit : la réflexion lui fait accéder au moi et lui donne la personnalité (qui n’est autre que la conservation de la conscience de soi et la mémoire de ses actes passés)43 ; la raison fait de lui une 38 Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 1 ; Robinet, p. 27. 39 Cf. Monadologie, § 14 ; Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 4. Dès les années 1678–1679, Leibniz considère qu’il est « aussi ridicule d’attribuer à l’homme seul la forme substantielle et la perception ou l’âme, que de croire que tout a été fait seulement pour l’homme et que la terre est le centre de l’univers » (A VI, 4 C, 2009). 40 Cf. à des Bosses (16 octobre 1706) ; GP II, 325. 41 Cf. Monadologie, § 14 ; Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 4 ; À Arnauld (9 octobre 1687) ; A II, 2, 258 ; Specimen inventorum […] ; A VI, 4 B, 1625 ; C, 438. 42 Cf. Monadologie, §§ 29–30 ; Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 15. 43 Cf. Discours de métaphysique, § 12, § 34, § 35. Théodicée, § 89. À R. Ch. Wagner ; GP VII, 531. À l’inverse, la personnalité est déduite de la raison dans les remarques sur les objections

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image de Dieu (et pas seulement un miroir de l’univers, à l’instar de toutes les monades), capable de l’imiter, telle « une petite divinité dans son département », par ses inventions et ses productions artificielles44. Selon les textes, Leibniz considère soit que c’est en tant que personnes, donc susceptibles de récompenses et de châtiments45, soit parce qu’ils sont doués de raison et images divines46, que les esprits entrent « en société » avec Dieu et forment la cité dont il est le plus parfait monarque. Quoi qu’il en soit, il apparaît que personnalité et rationalité sont toutes deux requises pour être membre de cette monarchie universelle. Seuls des êtres capables de connaître Dieu, de l’aimer et de l’imiter, peuvent en être citoyens et seuls des êtres doués de conscience et de mémoire peuvent y recevoir le salaire de leurs actions commises dans la vie terrestre par les lois de la justice. Quelle que soit la manière dont la raison vient à l’âme, elle constitue « un degré essentiel de perfection »47, qui, comme tel, ne saurait être atteint par la voie de la nature : soit qu’il requiert une opération extraordinaire expresse de Dieu (transcréation), soit qu’il soit présent dans l’âme dès l’origine et vienne seulement à se manifester au moment de la génération de l’homme – sorte de traduction48, qui ne fait l’économie du miracle qu’en le reportant au commencement du monde et en envisageant l’élévation à la raison comme le simple développement d’une caractéristique jusque-là, pour ainsi dire, « en sommeil ». Une perfection essentielle (la raison, mais aussi le sentiment) ne peut être naturellement acquise ni perdue une fois donnée. L’esprit peut tomber momentanément à l’état de monade brute ou agir en empirique comme une bête. Il n’en reste pas moins et pour toujours ce qu’il est. Il en est de même, vraisemblablement, pour les simples monades et les âmes animales. Les premières ne sauraient acquérir par elles-mêmes, c’est-à-dire naturellement le sentiment (à moins d’être en réalité des âmes que l’on prenait à tort pour des monades brutes), ni les secondes la raison et la conscience (à moins d’être en réalité des esprits). La spécificité des esprits n’est pas tant dans la raison que dans ce que cette raison leur permet d’être et de devenir. L’esprit apparaît en effet comme la seule espèce de monade qui, tout en restant de son espèce, est susceptible de la plus grande progression possible, par sa connaissance toujours plus étendue et détaillée de l’harmonie universelle. L’homme pourrait s’égaler au génie – qu’il deviendra un

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de Foucher (1695) : « […] on ne trouve pas que les Bestes fassent des reflexions qui constituent la raison, et donnant la connoissance des verités necessaires ou des sciences, rendent l’ame capable de personalité » (GP IV, 492). Monadologie, § 83 ; Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 14. Discours de métaphysique, § 12 ; § 35. Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 15 ; Monadologie, § 84. À des Bosses (24 avril 1709) ; GP II, 371. La création pure et simple d’une âme raisonnable au moment de la génération est exclue, dès lors qu’à l’instar des autres animaux, les âmes des futurs êtres humains sont toutes créées au commencement du monde. Cf. Théodicée, § 91 et § 397. Dans ce dernier paragraphe, Leibniz exprime sa préférence pour la seconde solution (la traduction), parce qu’elle a l’avantage d’éviter l’intervention miraculeuse de Dieu dans l’ordre naturel.

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jour peut-être –, ou tout du moins s’élever à un niveau supérieur d’intelligence49 qui lui fasse accéder à des connaissances nouvelles et inouïes. Le bienheureux, dans l’autre vie, pourrait encore, par la contemplation, approcher de l’ange placé au plus près de Dieu – ange qui lui-même n’a jamais fini d’avancer sur le chemin de la perfection. Ce progrès ininterrompu, toujours ouvert, tel est peut-être ce qui différencie ultimement l’esprit des autres monades50. 5. Une dernière conséquence de ce mouvement de naturalisation de la métaphysique leibnizienne mérite d’être considérée : la prétendue disparition du problème de l’individuation et l’idée d’une « monade sans nom propre »51. On sait par les paragraphes 9 et 10 de la Monadologie qu’il n’y a pas dans le monde deux monades identiques et que toutes sont sujettes à un changement perpétuel. Une monade se distingue d’une autre par la multitude et la variété de ce qu’elle représente, ou plus exactement par la manière singulière et unique dont elle représente cette multitude et cette variété (la perception), et par son action, qui l’a fait passer d’une représentation à l’autre (l’appétition). Comme la perception enveloppe l’infini, il faudrait, pour connaître parfaitement une monade quelconque et pénétrer tout ce qu’elle renferme, connaître tout l’univers dont elle est l’expression particulière. Sa connaissance intégrale n’appartient qu’à Dieu : « Ce qu’il y a de plus considérable en cela est que l’individualité enveloppe l’infini, et il n’y a que celui qui est capable de le comprendre qui puisse avoir la connaissance du principe d’individuation d’une telle ou telle chose. Ce qui vient de l’influence (à l’entendre sainement) de toutes les choses de l’univers les unes sur les autres »52.

Une telle déclaration montre que l’introduction du concept de monade ne conduit pas à faire disparaître le problème de l’individuation. Certes, dans les textes que nous connaissons, Leibniz ne réfère à aucun moment la monade à un personnage actuel ou historique (César, Alexandre et Judas), et l’étude des manuscrits révèle même que l’auteur se corrige lorsqu’il en vient à l’associer effectivement à l’individu53. M. Fichant interprète ce fait comme la conséquence du changement problématique et conceptuel opéré après le Discours de métaphysique. Il ne s’agit plus de déterminer la nature de la substance individuelle – en faisant de l’individu une espèce dernière définie conceptuellement – mais de partir du composé, tel qu’il se présente, pour le reconduire à ses éléments ultimes (les monades) qui sont seuls véritablement 49 Cf. à l’Électrice Sophie (6 février 1706) ; GP VII, 569. Théodicée, § 341. 50 Celles-ci sont susceptibles de progrès mais dans des limites plus restreintes, s’il est vrai qu’une monade brute ne saurait devenir une âme ni l’âme d’un animal devenir spirituelle. 51 M. Fichant : « L’invention métaphysique », op. cit., p. 135. Il écrit plus loin : « par son universalité et sa naturalité, la Monade ne pouvait donc avoir d’emploi qu’anonyme, et Leibniz se corrige s’il lui arrive par mégarde de l’associer de façon prochaine à l’individualité » (p. 136). 52 Nouveaux Essais sur l’entendement humain, III, 3, § 6 ; A VI, 6, 289–290. 53 Les variantes génétiques de la Monadologie montrent un emploi unique d’« individus » au § 9, aussitôt raturé (Robinet, p. 72).

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réels. Il serait pourtant précipité, selon nous, de conclure à l’« anonymat » des monades, sous prétexte qu’elles ne pourraient être fixées par un nom propre et l’objet d’une histoire consignable, prises qu’elles sont dans l’incessant flux du devenir. En effet, le contexte d’élaboration du concept de monade et le but visé par Leibniz dans la constitution de celui-ci peuvent expliquer cette absence de renvoi explicite à l’individualité ou à un individu. Deux raisons peuvent être évoquées. 1. Leibniz ne veut pas proposer une conception de la substance qui aurait le même défaut que celle développée à l’époque du Discours de métaphysique, à savoir celle de la substance individuelle, à laquelle était précisément attaché un nom propre (dans les exemples qui servaient à l’illustrer54). Il dispose désormais d’un concept véritablement unifiant, applicable indifféremment aux formes, entéléchies, vies, âmes, esprits, et non exclusivement réservé à ces derniers. Le recours à des exemples portant sur des personnes aurait pu laisser croire à une acception restreinte et risquait de faire retomber dans le même travers qu’en 1685–1686. L’universalité de la monade suppose une définition absolument univoque. La monade est un nom générique qui sert à désigner toutes les substances simples. Sans remettre en cause cette univocité – mais au contraire sur la base de celle-ci – elle peut recevoir ensuite des déterminations et des caractéristiques spécifiques, suivant les êtres considérés (monade brute, âme, esprit) et leurs degrés de perfection. Or il serait effectivement impossible en fait, pour nous, mais non en droit pour un esprit infini, de suivre le devenir d’une monade simple et par conséquent de lui assigner un nom, puisque celle-ci est amenée à quitter le composé dont elle fait temporairement partie pour en rejoindre un nouveau, puis un autre et ainsi de suite indéfiniment. La même difficulté vaut pour un animal, notamment après sa « mort », dès lors qu’il quitte notre « théâtre ». Le composé qu’il forme se trouve réduit, replié, enveloppé, si bien qu’un observateur, qui de toute façon en est réduit aux phénomènes – il n’a pas accès aux monades elles-mêmes mais à leurs manifestations sensibles –, en aura vite perdu la « trace ». Cependant, outre que le corps de l’animal se conserve, son âme demeure toujours et garde son statut de monade dominante. De sorte que rien n’empêcherait, en droit, la possibilité de suivre, de décrire son évolution par-delà les révolutions du corps et de la désigner par un nom propre – marque de son identité physique, en l’absence cependant d’une identité morale ou personnelle55. Quant à l’esprit, âme douée de conscience et de personnalité, capable à ce titre de châtiments et de récompenses, rien n’interdit a fortiori qu’un nom propre puisse lui être attribué. Il semble même que son histoire entière doive être recueillie non seulement dans les annales ou le « livre » des destinées, mais dans sa mémoire individuelle, laquelle doit être exaltée au jour du jugement dernier56. L’identité morale ou personnelle s’ajoute à son identité physique – même

54 On notera que Leibniz est aussi réticent dans le Discours de métaphysique à prendre des exemples de corps pour illustrer la doctrine de la substance individuelle, qu’il l’est dans la Monadologie à mentionner des personnes comme exemples de monades. 55 Cf. Nouveaux Essais II, 27, § 9 ; A VI, 6, 236–237. 56 Cf. ibid., II, 27, § 26 ; A VI, 6, 246.

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s’il n’est pas exclu, par la puissance de Dieu, que ces deux identités puissent être disjointes. 2. Parler de « monade de César » risquait d’entraîner des difficultés voire des contresens, car il faut savoir à quoi renvoie exactement « César ». Si « César » désigne cet homme composé d’une âme et d’un corps, un problème se présente, lié à la nature du corps : ce dernier est un composé, c’est-à-dire un agrégat de monades. Nous avons alors un nom qui se rapporte non à une mais à une multitude de monades ! Si « César » n’est que le nom de l’âme de cet homme, le corps devient, lui, anonyme, alors même qu’il appartient bien à cet homme, au moins pour un temps… et son statut devient problématique. Pour que l’expression « monade de César » ait un sens acceptable, elle doit référer à l’âme en tant que principe d’unification d’une multitude infinie d’autres monades (celles qui constituent le corps), tout en sachant que cette multitude ne cesse pas de changer (le corps est dans un flux perpétuel). Ce que l’âme unit et domine est un agrégat dans lequel entrent et sortent constamment une infinité de monades, si bien que l’on peut dire que l’âme, avec le temps, change de corps – il y a métamorphose, peu à peu et par degrés, et non métempsycose57. Ces précisions imposent par conséquent un usage prudent, bien que non illégitime, d’une expression comme « monade de César ». On désignerait par là l’identité physique (substantielle) de son âme – monade dominant l’agrégat que forme son corps en perpétuel devenir –, mais encore son identité personnelle, assurée par la conscience de soi et par la conservation de la mémoire de ses actes passés. Si Leibniz ne l’emploie pas, ce n’est donc pas qu’elle soit inintelligible, c’est qu’elle suppose, pour éviter toute ambiguïté, que soient explicitées les conditions sous lesquelles elle peut être valide – considérations particulières dans lesquelles l’exposé synthétique de la Monadologie (mais également des Principes de la Nature et de la Grâce) n’exigeait pas d’entrer. Ajoutons, pour conclure, qu’il n’est pas certain que la question de l’individuation (même si le terme n’est pas cité) ait disparu en contexte monadologique. La monade ne laisse pas d’être rapportée au moi individuel – puisque je puis dire que je suis une monade58 – ou à ce qui en tient lieu : « Je tiens pour indivisible ou parfaite monade la substance même, dotée de puissance passive et de puissance active primitives, telle que le Moi ou semblable à lui »59. Bien plus, dans les Nouveaux Essais sur l’entendement humain, Leibniz affirme que la question de l’identité est « démonstrativement résolue par la doctrine des monades »60. En effet, les substances « qui ont en elles-mêmes une véritable et réelle unité substantielle », et les

57 Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 6 ; Monadologie, § 72. 58 « […] chaque point réel, qui fait une Monade, dont moi j’en suis une […] » (Double Infinité chez Pascal et Monade ; Grua, 553). 59 À de Volder (20 juin 1703) ; GP II, 251. 60 Nouveaux Essais I, 3, § 4 ; A VI, 6, 102.

Du Discours de métaphysique à la Monadologie

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êtres substantiels « qu’un certain esprit indivisible anime » demeurent « parfaitement le même individu par cette âme ou cet esprit, qui fait le moi dans celles [les substances] qui pensent »61. Enfin, il ne faut pas oublier l’affinité qui existe entre les termes individu et indivisible. Individuum signifie en latin « ce qui est indivisible », et traduit l’ἄτομος grec62. Sur le plan logique, il constitue la limite où s’arrête la division en genres et espèces. Autrement dit, du point de vue de sa compréhension, il est ce qui est indivisible en sous-espèces. Sur le plan réel et physique, l’atome des physiciens est proprement un individu, parce qu’il est insécable – ce qui n’implique pas cependant qu’il soit sans parties. En faisant de l’indivisibilité une propriété de la monade, Leibniz reprend ainsi de l’individu l’une de ses caractéristiques fondamentales. La monade est appelée atome, certes immatériel, inétendu et sans parties, ce qui autoriserait bien à la qualifier – conformément à l’étymologie – d’individuelle. On ne peut donc affirmer que la question de l’unité remplace celle de l’individu dans le développement de la métaphysique leibnizienne postérieur au Discours de métaphysique. Elle ne se substitue pas à l’interrogation sur le principe d’individuation : elle y répond au contraire. Est individuel ou est un individu ce qui est indivis, c’est-à-dire simple, donc réellement un. Mais la monade ne reprend pas cette seule caractéristique de l’individualité. Elle en assume encore une seconde : la singularité63. Cette propriété n’est pas moins essentielle que l’unité et la simplicité. Une monade n’est pas seulement substance simple : elle doit être discernable et unique. Car si l’indivisibilité et l’absence de parties sont ce qui fait véritablement un être, sans la différenciation par la qualité, on n’aurait pas même des êtres64. De même que le mouvement d’universalisation et de naturalisation constaté après le Discours de métaphysique conduit à repenser le rapport entre universel et particulier, tout et partie, sans nier la spécificité irréductible des esprits, la thèse monadologique ne revient pas à dissoudre le problème de l’individuation : elle offre le moyen de le résoudre complètement.

61 Ibid., II, 27, § 4, 231–232. 62 Cf. J. Micraelius : Lexicon philosophicum […], Iéna 1653, p. 538. 63 « Per individua interdum intelliguntur singularia […] », « Individuatum est, quod est in singulari seu contractum ad singulare » (R. Goclenius : Lexicon Philosophicum […], Francfort 1613, pp. 231–232). 64 Cf. Monadologie, § 8 : « Cependant il faut que les Monades aient quelques qualités, autrement ce ne seraient pas même des Êtres » (Robinet, p. 71). Et plus loin : « Mais il faut aussi qu’outre le principe du changement, il y ait un détail de ce qui change, qui fasse pour ainsi dire la spécification et la variété des substances simples » (§ 12 ; Robinet, p. 75).

THE CONCEPT OF ‘COMPOSITE SUBSTANCE’ AND OTHER ABSENCES IN THE MONADOLOGY Enrico Pasini (Torino) The only interesting fact about the concept of ‘composite substance’, as far as the Monadology is concerned, is that, as anyone can easily assess, it is not present in this writing. The concept is nevertheless present in contemporary writings like the Principles of Nature and Grace, where it appears at the very beginning and indeed has a central role1. It is still present in writings of the following years; it still appears in the last letter of Leibniz’s correspondence with Des Bosses, end 17162. One might thus wonder whether in the Monadology we are merely confronted with a passing obliviousness; if not, one might ask: is this a ‘symptom’, i.e. a sign of something relevant? I have been proposing in recent times the notion of a ‘symptomatic’ history of philosophy. Although it might be considered just a trick to speaking of very small things about which one wants to make bombastic affirmations, a great historian of thought, Arnaldo Momigliano, already hinted at the possibility to use certain sources as fragmentary “indicative signs”3 – a phrase which corresponds in fact to what symptoms are. Nevertheless, an absence is an awkward kind of symptom4. Consequently, here I shall try and connect it to other absences that, in a way, can be said to distinguish the Monadology. In the Monadology the absence of ‘composite substances’ is first manifest in the context of the introductory opposition between the monad, which is a “substance 1

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“La substance est un être capable d’action. Elle est simple ou composée. La substance simple est celle qui n’a point de parties. La composée est l’assemblage des substances simples, ou des monades” (Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 1; GP VI, 598). The concept of assemblage, in this meaning, is also absent from the Monadology, where it is reserved to the union of the spirits in the city of God, and is replaced in the current meaning by amas (see further). GP II, 517–20. “The historian […] is an interpreter of the reality of which the sources are indicative signs, or fragments” (“un interprete di quella realtà di cui le fonti sono i segni indicativi o frammenti”: A. Momigliano: “Le regole del giuoco nello studio della storia antica”, in: Id.: Storia e storiografia antica, Bologna 1987, p. 24, translated as “The Rules of the Game in the Study of Ancient History” in: D. R. Schwartz: Reading the First Century. On Reading Josephus and Studying Jewish History of the First Century, Tübingen 2013, pp. 182–189, here p. 189). Although, if a text be considered as a map of the author’s thought or doctrines, we might appeal to the “absence intuition” (that the absence of a marker from a locus in a map signifies absence of the corresponding property there; see M. Rescorla: “Predication and Cartographic Representation”, in: Synthese 169 [2009], pp. 175–200).

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simple”, and the “composés” in which it enters5. It would be just one’s usual, as Leibniz scholars know, were it not for les composés unexpectedly deputizing for the substances composées. Later in the text, Leibniz is also directly opposing substantival simples to substantival composés, a move by which also ‘simple’ becomes a very general denomination for the whole class of real beings. Moreover, it must be noted that in the Monadology there also is a middle term between ‘simple’ and ‘composed’, namely amas, aggregate: “le composé n’est autre chose qu’un amas ou aggregatum des simples”6. This amounts to the fact that simples, simple beings, cluster to form composed beings – i.e. aggregates. There is an important fourth term, détail, which is a peculiarity of the Monadology: “il faut aussi qu’outre le principe du changement il y ait un détail de ce qui change, qui fasse pour ainsi dire la spécification et la variété des substances simples”7. Especially the infinitely subtle weave of monadic perceptions requires complex inner states: “Ce détail doit envelopper une multitude dans l’unité ou dans le simple”8. Thus the détail is a sort of multiplicity without composition, since it is inside simple beings. Simmetrically we have multiplicity with composition, and it is precisely the composé. Here we must record a second, less conspicuous absence in the treatment of substantial composition in the Monadology. It is not that of the composer, the central ‘dominant’ monad, although we must wait Mon., § 70, and numerous theoric passages in-between, to know that “chaque corps vivant a une entéléchie dominante qui est l’âme dans l’animal”. What is missing, rather, is a certain way of making composites out of multiple simples, that might be called substantiatio, which had been prevailing in Leibniz’s writings circa 1706–1711 precisely in connection with ‘composed substances’, when the latter were taking the place of the problematic ‘corporeal substances’. After experimenting with the concept of res substantialis9, the bodily components of composed substances, as well as other aggregations that might be endowed with some degree of reality, are hold by Leibniz in those years to be substantiata. Indeed this term is durably used to express the reality of aggregates. In a well-known letter to Hansch of 1716 we can still read: “Substantiatum ego appello aggregatum ex monadibus”10.

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Monadology, § 1; GP VI, 607. Monadology, § 2; GP VI, 607. Monadology, § 12; GP VI, 608. Monadology, § 13; GP VI, 608. “Conflatum ex substantiis voco rem substantialem”, Leibniz to De Volder, 1701; GP II, 224. “On pourroit peut estre diviser […] les concrets en substances et en choses substantielles composées ou resultantes des substances vrayes et simples” (Nouveaux Essais II, 22, § 1; A VI, 6, 213) 10 Dutens V, 173. Also ordinary extended matter, that is, the Cartesian view of natural things, as far as it is real, is “non substantiam sed substantiatum” (Dutens III, 499), “n’est pas une substance mais seulement substantiatum, un phenomène bien fondé, et qui ne trompe point” (Correspondance Leibniz-Clarke, ed. by A. Robinet, Paris 1957, p. 42), “un amas, non substantia, sed substantiatum, comme seroit une armée, un trouppeau” (GP VI, 625).

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During the last phase of Leibniz’s thought, without doubt, substantiatum is a key metaphysical concept, together with that of ‘composite substance’ around an absence of which we are revolving, and to which it is strongly connected: “Substantiatum est, quod ex pluribus substantiis resultat, ut grex ovium, caetus hominum, massa aquae, piscina plena aqua et piscibus”, and also the bodies of natural substances, that is, corporeal or composed substances: “Et substantia composita habet attributa substantiati; at substantia simplex seu monas habet horum expressiones”11. And just like these substantiata, it seems, substantiae compositae, that often seem to be for the late Leibniz the totality of properly existing things, come about by a well-specified way of composition of their substantial principles12. The composite substance has, as customary, matter and form; but they are derivated from those of the simple substances that compose it13: “Substantia ergo composita conflatur ex materia et forma. Materia ejus componitur tam ex passivo primario quod est in Monade ipsa, et caetera virtualiter complectitur, quam ex secundariis passivis, quae insunt caeteris monadibus. Forma substantiae compositae constat ex omnibus entelechiis tam primaria, nempe ipsius Monadis dominantis, seu anima, quam ex caeteris entelechiis monadum quae corpus organicum ingrediuntur”14.

The bodily substantiatum can have a composed entelechy: “Entelechia complexa est omnium monadicarum corporis datis complexus”15. Monads are not part of the composed entity that results from them, “sed sunt eius fundamenta”16. The new entity consists of matter and form, as any other substance: “Materia est ortum totale ex viribus passivis omnium Monadum; et Forma est ortum totale ex entelechiis primitivis omnium Monadum. Et hoc ortum cum non sit Modus sed aliquid absolutum posset conservari in Deo destructis Monadibus, et vicissim ipso destructo possent conservari Monades”17.

We are familiar with the idea that for Leibniz apparent bodies are the phenomenal parallel, via a perceptual reduction, of a constant flux of simple substances that enter and exit a feebly unified composite. Instead, the microscopic living components whose movements and vibrations concur to produce ordinary physical properties, although equally fluxing, are unified by a particular monad that represents itself as the soul and the principle of unity of an embodied individual, similar to the living macroscopic individuals of our ordinary world.

11 See E. Pasini: Corpo e funzioni cognitive in Leibniz, Milano 1996, p. 208. 12 If not for this composition, “they are only substances by courtesy”, as Dan Garber (Leibniz: Body, Substance, Monad, Oxford/New York 2009, p. 371) has elegantly phrased it. 13 “Substantia composita est, quae resultat ex substantiis simplicibus (Anima scilicet propria et substantiis simplicibus corpus componentibus), conflata ex materia quae resultat ex earum potentiis passivis et Forma substantiali, […] quae ex entelechiis” (LH IV 1, 1a, 7r, in: E. Pasini: “Kinds of Unity, Modes of Union”, in: Einheit in der Vielheit, Akten des VIII. Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover 2006, Teil 2, pp. 780–787, here pp. 786–787). 14 See Pasini: Corpo e funzioni. 15 LH IV 1, 1a, 8r (in: Pasini: “Kinds of Unity, Modes of Union”, p. 787). 16 Ibid. 17 Ibid.

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In both cases, there is a flow of substantial reality from components to composites, the substantial reality of the latter resulting from the passive principle (for matter) and active principle (for form or entelechy) of the monads that at each instant combine their perceptual states in reference to the prevailing perceptions of the dominant monad18. This gives a substantial reality of second or third degree to the composed element – we may say the body – of the composed substance; such body is thus a substantiatum. In a way, the ‘composed substance’ mostly can be called a ‘substance’ because of this process of ‘substantiation’. Again, in the Monadology, although we find many times the word “universe”, we nearly do not find “union”19, that appears only twice – and the first occurrence concerns synesthesia, the union of different kinds of perceptions in the common sense: “Aussi voyons-nous que la Nature a donné des perceptions relevées aux animaux, par les soins qu’elle a pris de leur fournir des organes, qui ramassent plusieurs rayons de lumière ou plusieurs ondulations de l’air, pour les faire avoir plus d’efficace par leur union”20.

The second occurrence, moreover, is a negative treatment of union: “Ces principes m’ont donné moyen d’expliquer naturellement l’union ou bien la conformité de l’âme et du corps organique. L’âme suit ses propres lois et le corps aussi les siennes; et ils se rencontrent en vertu de l’harmonie préétablie entre toutes les substances, puisqu’elles sont toutes les représentations d’un même univers”21.

Union is reduced here to conformity, that is, in properly Leibnizian terms, to preestablished harmony. This is not so obvious as it might seem. It is well known that in 1703 the pre-established harmony had been criticised, albeit occasionally, by Tournemine, the founding editor of the Mémoires de Trévoux, who wanted to promote his own ‘system’ of the ‘real’ union of soul and body, and deemed Leibniz’s harmony insufficient to explain such a union22. Leibniz had answered Tournemine’s criticism only five years later, in 1708, and affecting 18 In the Principes de la nature et de la grâce fondés en raison Leibniz considers every monad a substantial center of this sort (“chaque monade, chaque centre substantiel, doit avoir ses perceptions et ses appétits les mieux réglés qu’il est compatible avec tout le reste”, Principes de la nature et de la grâce fondés en raison, § 12; GP VI, 603–604). Here pre-established harmony seems to get an enhanced role, by which it is taking the place of that substantiation, better: of that kind of composition, but it is just a tentative formulation. 19 Quite strikingly, in the Monadology Leibniz is not musing, as is customary, on “true unity”, nor do we find there any “truly one”, vere unum, vraiment un. None of these concepts, that are so important in Leibniz’s writings since the Discours de Métaphysique, is there to be met. 20 Monadology, § 25; GP VI, 611. 21 Monadology, § 78; GP VI, 620. 22 Tournemine said of Leibniz’s system: “enfin correspondance, harmonie, ne sont pas union ny liaison essentielle” (R.-J. de Tournemine: “Conjectures sur l’union de l’ame et du corps”, in: Mémoires pour l’histoire des sciences et des beaux arts (1703), pp. 864–875, here p. 869). He maintained that the body be united really and physically to the soul (“réellement et physiquement”; “Réponse du Pere Tournemine”, in: Mémoires pour l’histoire des sciences et des beaux arts (1708), p. 493. See also B. Look: Leibniz and the ‘Vinculum Substantiale’ (= Studia Leibnitiana, Supplementa 30), Stuttgart 1999, pp. 51–64.

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an air of great nonchalance23. Meanwhile he had written the New Essays, where he indeed seems untouched by those objections24. By 1708–1710, when he composed the Theodicy, Leibniz still showed himself pretty comfortable with his theory: “en niant l’influence physique de l’ame sur le corps ou du corps sur l’ame, […] je ne nie point l’union de l’un avec l’autre qui en fait un suppôt: mais cette union est quelque chose de metaphysique, qui ne change rien dans les phenomenes. C’est ce que j’ay déja dit en répondant à ce que le R. P. de Tournemine […] m’avoit objecté dans les Memoires de Trevoux”25.

His intention in crafting the hypothesis of pre-established harmony, Leibniz explained in the 1708 reply, had been “d’expliquer naturellement” that union, “de [ne] rendre raison que des phenomenes”26. Any higher or deeper explanation would presuppose a kind of ‘metaphysical’ union, the search after which is but a natural mistake, and the understanding of which is simply impossible: “Après avoir conçu une union et une presence dans les choses materielles, nous jugeons qu’il y a je ne sais quoi d’analogique dans les immaterielles; mais tant que nous ne pouvons pas en concevoir davantage, nous n’en avons que des notions obscures”27.

The substantiality of the ‘phenomena’ to which he repeatedly referred was not touched in these rejoinders. Now, the reduction of union to correspondence had been object of Leibniz’s keen attention also in an unpublished writing of the same year 1708, his Principium ratiocinandi fundamentale28. He illustrated there the same connection of the general harmony between the realm of nature and the realm of grace, and of the corresponding accord of mechanical and final causes, to the principle of reason, that we find in the corresponding section of the Monadology. In the 1708 writing, it is the theory of substantiation that, in the general framework of pre-established harmony, preserves the phenomena (at least those united in a ‘substantial creature’) from sheer accidentality: “Creaturae omnes sunt vel substantiales vel accidentales. Substantiales sunt vel substantiae vel substantiata. Substantiata appello aggregata substantiarum, velut exercitum hominum, gregem ovium[,] et talia sunt omnia corpora”29.

23 In fact he needed to write to the “Journal” in relation to certain mathematical affairs, and maybe he realized that he could not but answer his critic first. He had read Tournemine’s article after 1704, when it appeared in the Amsterdam reprint of the Mémoires. See art. XXXV: “Remarque de Monsieur de Leibnits sur un endroit des Mémoires de Trévoux du mois de Mars 1704”, in: Mémoires pour l’histoire des sciences et des beaux arts (Mars 1708), pp. 492–496. 24 He maintained that with his “explication intelligible de l’union de l’ame et du corps” (Nouveaux Essais I, 1; A VI, 6, 71), “la difficulté sur l’union de l’ame et du corps soit levée à mon avis” (Nouveaux Essais IV, 10, § 19; A VI, 6, 443); “il se faut servir de l’harmonie préétablie pour expliquer l’union de l’ame et du corp” (Nouveaux Essais II, 23, § 28; A VI, 6, 224). 25 Essais de Théodicée, Préface; GP VI, 45. 26 Leibniz: “Remarque”, p. 489. 27 Ibid., p. 490. 28 C, 11–16. See also my edition in: O. Nachtomy/J. E. H. Smith (eds.): Corporeal Substances and Machines of Nature in Leibniz, Berlin/Heidelberg/New York 2011, pp. 187–193. 29 C, 13.

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Bodies are here substantiata and, correspondingly, ‘corporeal substances’ are introduced not much further. There is another characteristic element in the treatment he gave in the 1708 short summary of his ideas, i.e.: “Substantia est vel simplex ut Anima, quae nullas habet partes; vel composita ut Animal, quod constat ex anima et corpore organico”30. It is remarkable that in this writing, and in other writings of the same period, Leibniz is treating every living being as an animal, giving to it the role of a fundamental concept, while in the Monadology ‘animals’ are only a certain class of the ‘living beings’. The label that takes the place of ‘animal’ in the Monadology and that describes what the composition of a dominating monad, and of a multiplicity that constitutes a body for that monad, brings about, is vivant: “Le corps appartenant à une Monade, qui en est l’Entéléchie ou l’Âme, constitue avec l’entéléchie ce qu’on peut appeler un vivant, et avec l’âme ce qu’on appelle un animal”31. In his treatment of living beings, since the end of the 1670s through the development of the concept of machines de la nature, Leibniz had never given to the concept of ‘living’ (vivum, vivant) the same autonomy that he bestows on it in these paragraphs of the Monadology32. He adds that “chaque corps organique d’un vivant est une espèce de machine divine, ou d’un automate naturel”, etc.33. These are the attributes that Leibniz used to refer to the general category of ‘animal’, and that now get to be applied to the category of vivant. Summarizing, ‘vivant’ becomes in the Monadology an autonomous, even fundamental category; at the same time, substantiatio is handed over completely to pre-established harmony. It must be noted that this concept of vivant had already been introduced in the PNG, although with less assurance. We find there “miroir vivant”, “substance vivante”, “simples vivants”; ‘vivant’ is not presented as an autonomous term till § 4. This reminds us of yet another absence in the Monadology: proper substantives. Instead of substantive nouns, as ‘substance’, we are met with substantival adjectives and participles, like composé or vivant, used as substantival nouns. These absences we have underlined might indicate that the composition of the Monadology marks a time of abandonment, namely: there, Leibniz is abandoning some theory of his. I myself have been for a long time advocating this explanation, while studying his use of Aristotelian tools to build a theory of what exists in the created world corresponding to the realm of essences in mente Dei, which are, I have maintained, the true starting point of Leibniz’s own metaphysics. Descartes’ new theory of substances is not suitable for this and so Leibniz resorts, as he often says at a certain time, to the revival of substantial forms. Doing so raises wellknown problems, on which much literature has been written, and Leibniz’s decision to supplement a core concept like that of the ‘law of development’ with his new and brilliant concept of force, on one side, and the inception of his infinitist theory of 30 Ibid. 31 Monadology, § 63; GP VI, 617–618. 32 On Leibniz’s peculiar identification of ens, unum, vivum, see my “The Organic vs. the Living in the Light of Leibniz’s Aristotelianisms”, in: Nachtomy/Smith (eds.), pp. 81–94. 33 Monadology, § 64; GP VI, 618.

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natural machines, on the other side, ultimately impair his ability to describe the composition of simple substances into complete existing things by use of the tools that Aristotelian late-Scholastic tradition had provided him with, including the theory of substantiata we have sketched above. In the theory of substantiatum, substantial features of simple substances were gathered together to allow for ‘composed’ substantial reality, first and foremost at the level of organic living beings, and more in general for all beings that have some sort of real existence, even though they are composed stricto sensu. As we have seen, to grant some substantial character to all things composed, and in particular to natural machines, Leibniz had developed a quite Aristotelian scheme: f.i., matter and form of a composite living substance, namely an animal, would arise from the composition of the primary and secondary, passive and active principles of the particular monads that harmonically enter a dominant/dominated relation with the main monad that acts as the soul, or the Self, of that animal. Nothing of the sort is present in the Monadology. Only pre-established harmony is preserved, and it seemingly performs, in some simple way, all those complicated workings, although in this way it provides, as Leibniz himself light-heartedly admits, only a weakened version of ‘real’ union. Thus it can be put forward that Leibniz, in these final years, is abandoning the whole Aristotelian toolbox with the help of which he had built his substance theory, even in the most sophisticated versions. But I should like to suggest here an alternative; I am wondering, more specifically, whether it is more an abandonment or an experimentation. It is well known that a similar treatment – the substances simples alternating with the simples; the bodies as assemblages; pre-eminence of harmony over union, and so on – is already surfacing in the short Eclaircissement sur les monades34, that is the first seed, so to say, from which the production of the whole group of the Vienna writings starts35. Although Leibniz is going to use the language of substance theory whenever he discusses with others, as he does f.i. till the end of 1716 in the correspondence with Des Bosses36, by the time he is writing the Principes de la nature et de la grâce fondés en raison he is also trying to find a middle ground between a demand for innovation and the need to talk in terms of substances with philosophically ‘normal’ people. I think we might usefully consider the Monadology as a private writing, in comparison with a semi-public writing like the Principes de la nature et de la grâce fondés en raison: a private writing in which Leibniz, along with a fairly systematic and Causa-Dei-style paragraphed exposition of his philosophy, runs an experimentation concerning the expression of the founding elements of his metaphysic. 34 GP III, 622–24. 35 See my “La Monadologie: histoire de naissance”, in: Pasini (ed.): La Monadologie de Leibniz. Genèse et context, pp. 85–122. 36 Anyway, in the correspondence with Des Bosses Leibniz, at the time of the Vienna writings, is shifting the role of the vinculum from providing real unity to existing beings, to the more specific role of being an absolute substantial element that is made use of in certain miracles (when it is needed to alter them with some direct intervention from higher powers), thus bringing the focus back on transubstantiation.

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The experiment consists in trying to describe his cosmology with two key concepts, none of which is ‘substance’; alongside with the necessary being providing harmony, and harmony taking the place of ‘real’ union, the center of the terminological stage is taken by ‘universe’ and ‘living’, or ‘living being’ – univers and vivant. This ought to be studied more in deep, and I regret to be just hinting at it here. I should also like to suggest a connection to his changing attitude towards continuity. In 1701 Leibniz wrote to Varignon: “toute la continuité est une chose idéale”37. Now, as (comparatively) early as in the Eclaircissement Leibniz writes very clearly that continuity is not simply something ideal, and that what is real in it is the relation of order. If this is the other ingredient to this late – maybe final – theoretic shift38, then it can be said that at the time of the Monadology Leibniz is privately trying to move from his prior Aristotelian toolbox to a more formal, more general, we might even say more ‘phenomenological’39 toolbox.

37 GM IV, 93. 38 See also V. De Risi: Geometry and Monadology. Leibniz’s Analysis Situs and Philosophy of Space, Basel/Boston/Berlin 2007. 39 For some recent contributions on this theoretic connection, see L’incidenza di Leibniz negli sviluppi della fenomenologia husserliana (= Discipline Filosofiche 23, 2 [2013]).

VOM PERPETUUM MOBILE ZUR MONADE Hartmut Hecht (Berlin) Der erste Band der Reihe VIII der Akademie-Ausgabe Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe ist eine imponierende Exposition der weitgefächerten Interessen des jungen Leibniz an der empirischen Forschung. Er enthält meist für die eigene Selbstverständigung notierte Gedanken und Gelegenheitsschriften aus den Jahren 1668-1676. Deren Umfang ist enorm, und die Titelliste besitzt in den Ausarbeitungen zur Pneumatik einen klaren inhaltlichen Schwerpunkt. Besonders beeindruckend ist, dass sich Leibniz in den unterschiedlichen Textformen nicht nur als theoretisch interessierter Jünger der Naturforschung vorstellt. Man begegnet ihm fast ebenso häufig als virtuosen Tüftler und Erfinder, der auf dem Papier in kaum enden wollender Folge Experimente skizziert, und selbst vor der Konstruktion eines Perpetuum mobile nicht zurückschreckt. So jedenfalls lautet der Titel des als N. 59 gedruckten Stücks. Und das ist ganz ernst gemeint, denn die Handschrift enthält gleich in der ersten Spalte eine kurze Erklärung mit folgendem Wortlaut: „Ich nachssbenanter bekenne dass mir heut dato H. Dr. Leibnitz gegenwertiges Vorhaben des Motus perpetui gezeiget. Verspreche hergegen, dafern etwas daran ist, ihme auch meine inuenta et experimenta bona fide zue communiciren. Vnd solle keiner von bejiden etwass demen andern zue schaden, sondern alles communicato consilio thun. Maӱntz den 14ten Junij 1671. Joh. Daniel Crafft manu propria“1.

Was hier in knappen Worten vereinbart wird, ist ein veritabler Vertrag zweier Adepten eines gemeinsamen Unternehmens, die sich der Tragweite ihrer Ambitionen sehr bewusst sind. Und das zu prüfende Projekt entspricht in Ausführung und Form ganz dem, womit sich Erfinder und Projektemacher in den damaligen Zeiten grundlegender technologischer Wandlungen als Erfolg versprechende Kandidaten für wissenschaftlich-technische Problemlösungen präsentierten. Im Falle Leibnizens handelt es sich um die Idee zu einer Maschine, die auf geschickte Weise die Gesetze des Auftriebs von Körpern nutzt, um einen periodischen Prozess von beliebiger Dauer ins Werk zu setzen. Zentrales Konstruktionselement dieser Maschine ist eine Art Blasebalg (follis), der durch sein beständiges Aufsteigen und Absinken in einer Flüssigkeit als Bewegungsgenerator dient. Dies wird erreicht, indem der zunächst zusammengefaltete Blasebalg auf dem Grund einer Flüssigkeit lagert. Er wird in Bewegung versetzt, sobald es gelingt, dessen Volumen so zu vergrößern, dass sich ein Auftrieb einstellt, 1

„Perpetuum mobile“; A VIII, 1, 554.

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der ihn an die Oberfläche bringt. Dort angekommen, wird er wieder zusammengedrückt und gelangt dadurch in einen Zustand, der sein Absinken bis auf den Grund bewirkt, so dass das ganze Procedere von vorn beginnen kann. Leibniz projektiert also einen Kreisprozess, dessen periodische Fortsetzung immer möglich erscheint, falls man nur in der Lage ist, für die Wiederherstellung der Ausgangssituation zu sorgen. Doch damit hat es zweifellos seine eigene Schwierigkeit, denn für die technische Umsetzung dieser Idee hängt alles von den konstruktiven Details ab, wie Leibniz 1671 glaubt. Entsprechend genau werden denn auch die verschiedenen Maschinenelemente und deren Zusammenwirken beschrieben, wobei der Dimensionierung der Maschine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Und um Aufschluss über die Parameter zu gewinnen, deren Werte die Bedingungen des Auf- und Abstiegs des Blasebalgs bestimmen, rechnet Leibniz verschiedene Fallbeispiele durch. Der Text in seiner Gesamtheit vermittelt einen Eindruck von den Rahmenbedingungen, die für den jungen Leibniz über das Gelingen der Konstruktion eines Perpetuum mobile entscheiden. Er erblickt sie in der Kunstfertigkeit des Erfinders, der eine tragfähige Idee in Kombination mit handwerklichem Geschick und Expertenwissen zu einem technisch realisierbaren Prozessablauf verbindet. Vergleicht man diesen kühnen Wurf des Fünfundzwanzigjährigen mit den auch einige Jahre später noch projektierten Perpetua mobilia, so ist eine grundlegende Neuorientierung in Bezug auf die Realisierungsbedingungen einer solchen Maschine nicht zu übersehen. War es 1671 ein singuläres Produkt, mit dem Leibniz zu reüssieren gedachte, indem er die Einzigartigkeit der Erfindung ins Zentrum rückte, so tritt in dem Maße, wie er in Paris die neuesten Errungenschaften der Naturforschung kennenlernte, die Ausarbeitung einer allgemeinen Theorie periodischer Bewegungen an die Stelle der scharfsinnig ausgedachten technischen Apparatur. In diesem Kontext formuliert Leibniz später die Einsicht von der Vergeblichkeit aller Versuche der Konstruktion eines mechanischen Perpetuum mobile. Und er bezeichnet damit seinen Weg vom naturphilosophisch ambitionierten Laien zu einem der Stammväter der modernen Naturwissenschaften. Zwischen der Konstruktion eines Perpetuum mobile und dem methodologischen Prinzip seines Ausschlusses vollzieht sich somit ein geistiger Verschiebungsprozess, der einer naturwissenschaftlichen Mauserung gleichkommt. Es ist ein Prozess, der sich im Bild der Wissenschaften darstellt und doch von übergreifender Bedeutung für Leibniz’ Denken ist. So stellt er im Specimen Dynamicum fest, dass in der Physik zu den materialen Bestimmungen, wie sie etwa in dem Begriff der Masse allgemein akzeptiert sind, ein formales Prinzip hinzutreten muss, weil sich nicht alle Wahrheiten der Körperwelt aus logischen und geometrischen Axiomen herleiten lassen.2 Und gut ein Dezennium später gibt er Remond gegenüber einen Hinweis auf den Ursprung dieser Einsicht, wenn er in der berühmten Passage aus dem Brief vom 10. Januar 1714 schreibt: 2

Specimen Dynamicum pro admirandis Naturae Legibus circa corporum vires et mutuas actiones detegendis et ad suas causas revocandis. Pars I; GM 6, 241.

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„Il est vray que je n’entray dans les plus profondes qu’apres avoir conversé avec M. Hugens à Paris. Mais quand je cherchay les dernieres raisons du Mechanisme et des loix mêmes du mouvement, je fus tout surpris de voir qu’il etoit impossible de les trouver dans les Mathematiques, et qu’il falloit retourner à la Metaphysique. C’est ce qui me ramena aux Entelechies, et du materiel au formel, et me fit enfin comprendre, apres plusieurs corrections et avancemens de mes notions, que les Monades, ou les substances simples, sont les seules veritables substances, et que les choses materielles ne sont que des phenomenes, mais bien fondés et bien liés“3.

Leibniz betont hier die Bedeutung der Naturerkenntnis für die Entstehung und Entwicklung seiner Metaphysik, und er nennt die Suche nach den letzten Gründen der Mechanismen und Naturgesetze als den Anlass für seine kopernikanische Wende. Doch was genau ist mit dieser Feststellung gemeint? Lassen sich die Kristallisationspunkte der Rückkehr zu den Quellen identifizieren? Wenn ja, welches sind die relevanten Texte, und worin bestanden die bohrenden Fragen für Leibniz? Die Antwort darauf möchte ich mit den folgenden Überlegungen zur Diskussion stellen, und ich werde mich dafür auf die Bedeutung von Maschinen als dem bevorzugten Reflexionsmedium in Leibniz’ Naturtheorie konzentrieren. Die Ursprünge dieser Denkhaltung findet man in Manuskripten, die Leibniz in der Pariser Zeit zur Mechanik angefertigt hat. Darin lässt sich u. a. studieren, wie er die antike Tradition, die Statik als Theorie der fünf einfachen Maschinen zu entwickeln, für die Dynamik erweiterte4. Ein Postulat, wie es in Newtons Dynamik als Lex prima der Bewegungsanalyse vorausgeht, sucht man bei Leibniz daher vergebens. Denn die Feststellung, dass ein Körper solange im Zustand der Ruhe oder der geradlinig-gleichförmigen Bewegung verbleibt, solange keine äußere Kraft auf ihn einwirkt, gilt Leibniz als mathematischer Satz, dem das entscheidende Merkmal einer Aussage über die Natur fehlt, die Realisierung durch eine Maschine. Hinter der Erzeugung einer gleichförmigen Bewegung, die sich ungehindert ohne Ende fortsetzt, steckt bei Leibniz daher eine Maschine, doch nicht irgendeine, sondern eine Apparatur, deren Funktionsdauer sich bis ins Unendliche erstreckt, d. h. ein Perpetuum mobile. 1. MECHANISCHES UND IDEALES PERPETUUM MOBILE Das Problem der Herstellung eines Perpetuum mobile ist für Leibniz folglich kein mit leichter Hand beiseite zu schiebendes Relikt naturphilosophischer Verirrungen. Im Gegenteil, es steht am Beginn der rationalen Grundlegung der Mechanik als Erfahrungswissenschaft. Das setzt einen tiefgreifenden Wandel im Verständnis des Perpetuum mobile selbst voraus, den Leibniz um die Mitte der siebziger Jahre des 17. Jahrhunderts vollzieht, indem er es aus einem Instrument zur Freisetzung arkaner Kräfte zu einem Gegenstand der Wissenschaft macht. Es war Vladimir Kirsanov, 3 4

Brief an Remond vom 10. Januar 1714; GP III, 606. Vgl. dazu H. Hecht: „Von der Statik zur Dynamik. Eine Spurensuche in Pariser Manuskripten“, in: M. Kempe (Hrsg.): Der Philosoph im U-Boot. Praktische Wissenschaft und Technik im Kontext von Gottfried Wilhelm Leibniz (= Forschung / Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek 1). Hannover 2015, S. 149–168.

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der in seinem Aufsatz Leibniz in Paris diese Neubestimmung des Perpetuum-mobile-Problems durch Leibniz erstmals untersucht hat. Kirsanov sieht den entscheidenden Schritt darin, dass Leibniz die Analyse des Perpetuum mobile in eine physikalische Fragestellung einbindet, bei der es um die Bedingungen der Erzeugung einer kontinuierlichen Bewegung geht. Und er demonstriert dies, indem er drei von Leibniz zu diesem Zweck entworfene Maschinen diskutiert. Die erste der von ihm vorgestellten Konstruktionen beschreibt einen Mechanismus, der die Kontinuität der Bewegung unter Verwendung von Magneten realisiert. Die zweite favorisiert dafür elastische Körper. Nach Kirsanov handelt es sich um zwei Modelle ein und derselben Idee, ein Perpetuum mobile mit Hilfe von Konstruktionselementen zu bauen, deren Funktion darin besteht, die Ausgangssituation kontinuierlich zu reproduzieren. Den Grundgedanken der Leibniz’schen Modellannahme gibt er wieder, indem er die einführende Passage aus LH XXXVII 5 Bl. 57 r° ins Englische übersetzt. Sie lautet: „The whole artifice of perpetual motion consists in finding the way of restoring the restoring force without using the force, which has to be restored. For that reason two forces have to be connected to each other in such a way that the restoring force acts separately whereby everything is compensated without affecting the machine. But this can happen in an admirable way“5.

Um eine kontinuierliche Bewegung zu erzeugen, benötigt man demnach zwei nicht aufeinander reduzierbare Kräfte. Oder genauer, es geht darum, den Grund für die Reproduktion der wiederherstellenden Kraft in einer anderen als der wiederherzustellenden Kraft selbst zu entdecken. Eine nicht ganz leicht zu verstehende Passage, die ich so interpretiere, dass es Leibniz, um den Ausgangszustand der Bewegung wiederherzustellen, nicht nur für erforderlich hält, ein stets gleiches Quantum an Kraft für die Bewegung zur Verfügung zu haben. Seine Auffassung ist vielmehr, dass auch die bewegungsgenerierende Kraft als Kraft wiederhergestellt werden muss. Dies bedeutet, dass er die in einem Perpetuum mobile wirksamen Kräfte nicht auf solche reduziert, für die eine Maßangabe möglich ist, also physikalische Kräfte. Umgekehrt gibt es für Leibniz ein Maß nur dann, wenn klar ist, wie die Kraft, für die das Maß gelten soll, sich reproduziert, d. h. als Kraft selbst erhält. Das wird meiner Ansicht nach durch den Terminus ratio zum Ausdruck gebracht, mit dem Leibniz die Funktion seiner zweiten Kraft erläutert. Den Zusammenhang der beiden Kräfte macht man sich am besten an der dritten der von Kirsanov beschriebenen Konstruktionen klar, dem Horologium ventaneum perpetuum. Dabei handelt es sich um eine Uhr, deren Funktionsprinzip offenbar grundsätzliche Bedeutung für Leibniz besitzt. Das geht aus den Notizen hervor, die 5

V. Kirsanov: „Leibniz in Paris“, in: H. Hecht u. a. (Hrsg.): Kosmos und Zahl. Beiträge zur Mathematik- und Astronomiegeschichte, zu Alexander von Humboldt und Leibniz, Stuttgart 2008, S. 143. Im Original heißt es: „Totum continuandi Motus artificium in eo consistit, ut inveniatur ratio restituendi vim restituentem, aliunde quam per restituendam. Itaque duae vires ita inter se invicem applicandae sunt, ut vis restituens rem suam agat separatim, compensatis omnibus, sans interesser la machine. Haec vero admirabili quadam ratione sic fieri potest“ (LH XXXVII 5 Bl. 57 r°).

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er sich 1688, und somit fünfzehn Jahre nach dem Entstehen der Pariser Handschrift für eine Audienz bei Kaiser Leopold I. anfertigte. Sie lassen zudem erkennen, dass Leibniz mit dieser Erfindung in die Phalanx der hervorragenden Techniker und Ingenieure aufzurücken gedachte. Und entsprechend selbstbewusst hält er fest: „Viele haben den Motum perpetuum gesucht, aber wie er ins gemein gesucht wird, also daß zum exempel eine Uhr auß eigner krafft sich wieder aufziehe, ist er ganz unmuglich, und laufft gegen das axioma generale potentiarum, denn so müste effectus seyn potentior sua causa integra; aber es finden sich mittel daß die Uhren und andere Wercke durch potentias insensibiles in Natura latentes ohne Menschliches Zuthun wieder aufgezogen werden. Dergleichen Zweyerley von mir ausgesonnen, das eine so das admirabelste, vor eine kleine taschen Uhr; so nicht leicht auszufinden; das andere ist nicht so künstlich, aber von großern ansehen; wie nehmlich ein großer Potentat etwa einen obeliscum oder pyramidem tanquam gloriae suae monumentum aufrichten, und eine Uhr darauf sezen laßen könne, da niemand könne hinauf dar zu kommen als durch eigne gerüste, und die sich doch nicht allein allezeit (wiewohl durch eine unvermerckte Eüserliche krafft) selbst stelle, sondern auch, welches am verwunderungswürdigsten nach der Sonne selbst corrigire. Und also viele jahre ohne anrühren fortgehen, und nicht leicht wandelbar werden kondte. Diese invention ist eine von den Memorabelsten“6.

Leibniz betont auch hier, dass eine Kraft nicht ausreicht, um genau gehende Uhren für längere Zeit am Laufen zu halten. Und ganz typisch für seine technischen Innovationen, gibt er sich mit einer auf das Grundsätzliche orientierten Lösung nicht zufrieden, denn die Wind-Uhr soll sich nicht nur selbst stellen, sondern auch nach dem Stand der Sonne korrigieren. Der Mechanismus dieser Uhr wird durch eine Skizze auf Blatt LH XXXV 5 Bl. 92 v° erläutert, die insbesondere Auskunft über die bewegenden Kräfte gibt.

Abb. 1: Das Horologium ventaneum perpetuum (Zeichnung: V. Kirsanov)

6

Ausführliche Aufzeichnung für den Vortrag bei Kaiser Leopold I.; A IV, 4, 69.

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Wie Abb. 1 zeigt, besteht das Antriebssystem der Uhr aus horizontal angeordneten Windmühlenflügeln, die ihre Bewegung über ein Räderwerk auf die Zeiger übertragen. Dieses Grundkonzept wird durch die Einbeziehung weiterer Bausteine zu einer technisch anspruchsvollen Maschine. Unter anderem entwickelt Leibniz eine Mechanik, die es erlaubt, unabhängig von der Windrichtung, d. h. unabhängig davon, ob sich die Windmühlenflügel im Uhrzeigersinn oder diesem entgegengesetzt drehen, die Richtung des Umlaufs der Zeiger zu erhalten, und er projektiert ein Regelungssystem, das die Kontinuität der Bewegung als Bedingung für die Ganggenauigkeit der Uhr garantiert. Letzteres realisiert er durch zwei Gewichte, die abwechselnd angehoben werden und wieder absinken. Der Mechanismus der Windmühlenflügel sorgt dafür, dass zunächst ein Gewicht aufsteigt, das durch gleichmäßiges Absinken, wie es auch in Regulatoren üblich ist, eine gleichförmige Bewegung der Zeiger bewirkt. Die durch den Wind verursachten Ungleichmäßigkeiten werden mit Hilfe eines zweiten Gewichts ausgeglichen, indem es angehoben wird, während das erste sinkt. Sobald das zweite Gewicht den höchsten Punkt erreicht hat, wird es dort arretiert, um für die Fortsetzung der Zeigerbewegung zu sorgen, sobald das erste Gewicht abgesunken ist. Wie man leicht sieht, hat das zweite Gewicht die Funktion, Kraft zu speichern, und diese zur Verfügung zu stellen, falls der Wind einmal nicht oder nur in unzureichender Weise vorhanden ist. In der Zeichnung lässt sich gut erkennen, dass das gleichmäßige Absinken der Gewichte durch die Gravitationskraft bewirkt wird, die somit für die Ganggenauigkeit der Uhr sorgt. Die Bedingung dafür ist, dass die Gewichte stets auf dieselbe Höhe angehoben werden, dass also der im Bewegungsvollzug auftretende Kraftverlust exakt ausgeglichen wird. Doch Leibniz sieht auch, dass damit die Erklärung noch nicht vollständig ist. Denn um die Kontinuität der Bewegung zu sichern, genügt es nicht, dafür zu sorgen, dass die Ausgangsbedingungen immer wieder hergestellt werden. Es muss auch die dabei realisierte Ordnung stets gleichbleiben, so dass immer wieder Zustand auf Zustand in wohlbestimmtem Wechsel aufeinander folgen kann. Eine Bewegung zu erhalten, ist für Leibniz daher nicht allein eine Angelegenheit des Kraftmaßes. Vielmehr sind es Ordnung und Größe die für ihn die grundlegenden Charakteristika von Bewegungen ausmachen, die durch Kräfte erzeugt wurden. Das Moment der Ordnung wird in Abb. 1 als Zustandsfolge beim Absinken und Aufsteigen der Gewichte eingehalten und durch die in LH XXXVII 5 Bl. 57 r° eingeführte zweite Kraft garantiert, während die erste Kraft allein für die Anhebung der Gewichte auf das Ausgangsniveau sorgt. Die erste Kraft besitzt somit Größencharakter, und die zweite gewährleistet die notwendige Ordnung in der Abfolge der Zustände. Das ist gemeint, wenn Leibniz in der Handschrift LH XXXVII 5 Bl. 57 r° notiert: „Itaque duae vires ita inter se invicem applicandae sunt, ut vis restituens rem suam agat separatim, compensatis omnibus, sans interesser la machine“7. Wenn daher jede Periode eines Kreisprozesses in derselben Weise durchlaufen wird, so ist das für Leibniz keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Bedingung

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LH XXXVII 5 Bl. 57 r°.

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dafür, dass es überhaupt eine Bewegung gibt. Sie wird garantiert durch die Einführung einer zweiten, nicht quantifizierbaren Kraft, d. i. einer nicht physikalischen Kraft. Die Angabe eines Kraftmaßes gilt ihm deshalb zwar als eine notwendige, jedoch keineswegs hinreichende Bedingung, um Bewegungen zu beschreiben. Leibniz hat in der oben zitierten Passage aus dem Brief an Remond erwähnt, dass die Mathematik, d. h. die Wissenschaft von den Größen, nicht ausreicht, um in die letzten Gründe der Bewegungsgesetze und der Mechanismen einzudringen. Sein erster Schritt, diese Einsicht begrifflich zu fassen, besteht in der Annahme einer Kraft, die für eine stets gleichbleibende Ordnung in der Veränderung sorgt. Und die von Leibniz angenommenen zwei Kräfte erweisen sich damit als Begriffspaar, das komplementäre Voraussetzungen für die Erzeugung und Veränderung von Bewegungen formuliert. Die Kräfte bieten zugleich die Möglichkeit, zu einer Ausdifferenzierung des Perpetuum-mobile-Begriffs in ein mechanisches und ein ideales Perpetuum mobile fortzuschreiten, die Leibniz im Anschluss an seine Wallis-Studien8, im Jahre 1674 vornimmt. Sie wird in darauffolgenden Manuskripten zum Reflexionshintergrund für die Erklärung periodischer Bewegungen. In der Handschrift LH XXXV 13, 3 Bl. 261 r° konzentriert sich Leibniz dafür auf die Pendelbewegung.

Abb. 2: Oszillationen eines Pendels in widerstehenden Medien

Es möge, sagt er, ein Pendel, das durch ein Gewicht H beschwert sei (Abb. 2), im Punkt G befestigt werden und, nachdem es aus seiner Gleichgewichtslage ausgelenkt wurde, seine Schwingung im Punkt H beginnen. Das Pendel möge im Verlaufe seiner Schwingung im Punkt D auf ein Hindernis, bestehend aus einem elastischen Medium treffen, das die weitere Bewegung zwar hemmt aber nicht verhindert. Aufgrund dieses Hindernisses wird das Pendel seine erste Schwingungsperiode nicht auf der Ausgangshöhe (H) beenden, sondern etwas tiefer im Punkt ((H)). 8

Insbesondere LH XXXV 14, 2 Bl. 114–115.

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An diesem Punkt wird das Pendel seine Bewegung umkehren und das Hindernis in D erneut passieren, so dass es als neuen Umkehrpunkt (((H))) erreicht. Die Versuchsanordnung möge nun etwas abgewandelt werden und der Schwingungskörper nicht an einem Pendel von (H) nach D geführt werden, sondern auf einer festen Unterlage seine Bewegung fortsetzen. Außerdem möge das Hindernis in D durch eine aufgeraute Fläche ersetzt werden. Der auf der Fläche (H)(((H)))D herabrollende Körper soll nun ohne Hindernis in D auf der Waagerechten weiter rollen, bis er in P durch Reibung so viel von seiner Geschwindigkeit verloren hat, dass er in Q bis zur selben Höhe aufsteigt wie vordem das Pendel nach seiner ersten Schwingung. Die Abstände L((H)) bzw. M(((H))) sind dann ein Maß für die Geschwindigkeit, die der Körper durch Reibung verliert, und sie bezeichnen gleichzeitig jenes Maß an Kraft, das der Bewegung des Körpers entzogen wurde und ersetzt werden muss, wenn die Bewegung periodisch fortgesetzt werden soll. Angenommen also, der Körper bewegt sich über P hinaus, dann wird er unter den gegebenen Randbedingungen zunehmend an Geschwindigkeit verlieren, bis er schließlich im Punkt ‫ א‬zur Ruhe kommt. Umgekehrt führt die Verminderung des Reibungswiderstands zu einer sukzessiven Verringerung des Abstands L((H)), d. h. der Körper steigt weiter auf und erreicht im Grenzfall fehlender Reibung die Höhe L. Schließt man nicht nur die Reibung aus, sondern idealisiert zudem noch das Pendel, so hat man realisiert, was Leibniz ein Perpetuum mobile im idealen Sinne nennt. Es ist der Grenzwert, der sich einstellt, wenn man Störungen des Bewegungsablaufs sukzessive ausschließt. Ein Grenzwert aber, das hatte sich Leibniz bereits in der Theoria motus abstracti klargemacht, ist von anderer Qualität als die Elemente der ihn erzeugenden Folge. Diese Einsicht ließ ihn den Gedanken eines Conatus fassen, d. h. eines Begriffs, mit dem er geometrisch das Problem des Anfangs und des Endes der Bewegung löste. In seiner Infinitesimalmathematik findet sich mit der Unterscheidung von Differenzen- und Differentialquotient etwas Ähnliches. Ich behaupte nun, dass die Einführung eines idealen Perpetuum mobile aus derselben Überlegung folgt. Verringert man nämlich sukzessive den Abstand L((H)), so führt das zu einem methodologisch korrekten Abschluss nur dann, wenn man, wie im Falle des Conatus oder des Differentialquotienten, einen den Grenzübergang erst legitimierenden Begriff einführt. Und dieser Begriff ist, bezogen auf das ideale Perpetuum mobile, eine Kraft. Es ist eine Kraft, deren Charakteristika sich aus dem genannten Grenzübergang erschließen lassen, d. h. aus einem Prozess, in dem die zunächst separaten Kräfte zu Momenten einer einzigen Kraft verschmelzen, die durch Zustand und Streben eine Richtung definiert. Diese Kraft ist tätig, indem sie beständig und in geordneter Folge über jeden gegebenen Zustand hinausweist. Und sie wirkt nicht nur bis ins Unendliche, sondern ist auch hinsichtlich ihrer Dauer nicht begrenzt. Unter dem idealen Perpetuum mobile hat man daher eine sich vermöge dieser Kraft selbst in ihrer Bewegung produzierende und reproduzierende Maschine zu verstehen.

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Wenn Leibniz in Paris für sein Horologium ventaneum perpetuum, d. h. für eine Art Quasi-perpetuum-mobile9, die Existenz zweier Kräfte postuliert, so werden deren Funktionen im Idealfall zu komplementären Bestimmungen einer Kraft. In diesem und nur in diesem Fall ist daher eine unendliche Bewegung möglich, die in technischen Aggregaten und daher auch in einem mechanischen Perpetuum mobile nur durch einen äußeren Eingriff realisiert werden kann. Nimmt man also den Vergleich mit dem Conatus oder dem Differantialquotienten ernst, so ist klar, dass es ohne ein ideales kein mechanisches Perpetuum mobile geben kann. Mehr noch, das ideale Perpetuum mobile ist die Bedingung der Existenz jeder mechanischen Konstruktion, weil es sich in der Veränderung als mit sich selbst identisch erweist, und nicht wie eine bloße Mechanik durch Kräfte von außen erhalten wird. Es gibt daher in jedem Mechanismus etwas, das man seinen substantiellen Kern nennen könnte, etwas das in Maschinenbegriffen formuliert, Leibniz’ Rückkehr zu den substantiellen Formen artikuliert. Wenn das aber gilt, wenn das Funktionieren aller Mechanik ein ideales Perpetuum mobile voraussetzt, dann darf man schließen, dass die Geltung des Prinzips vom ausgeschlossenen mechanischen Perpetuum mobile genau auf diesem Sachverhalt beruht. Würde man nämlich die Möglichkeit eines mechanischen Perpetuum mobile zulassen, so müsste man auch akzeptieren, dass der soeben diskutierte Grenzwert mit einem Element seiner erzeugenden Folge zusammenfällt. Mehr noch, es würde die eine, sich im idealen Perpetuum mobile in der Tendenz über jeden besonderen Zustand hinaus bestimmende Kraft, mit den beiden Kräften zusammenfallen, die das Horologium ventaneum perpetuum in Gang halten. Eine Konsequenz, die Leibniz mit den Worten ausgeschlossen hatte: „Viele haben den Motum perpetuum gesucht, aber wie er ins gemein gesucht wird, also daß zum exempel eine Uhr auß eigner krafft sich wieder aufziehe, ist er ganz unmuglich, und laufft gegen das axioma generale potentiarum, denn so müste effectus seyn potentior sua causa integra […]“10.

Das Prinzip des ausgeschlossenen Perpetuum mobile mechanischer Art ist in Relation zum idealen Perpetuum mobile also wohlbegründet, und es erweist seine Fruchtbarkeit als methodologisches Instrument u. a. bei der Ableitung des Leibniz’schen Kraftmaßes. Das demonstriert Leibniz in der berühmten, 1686 in den Acta Eruditorum veröffentlichten Schrift: Brevis demonstratio erroris memorabilis Cartesii et aliorum circa legem naturae, secundum quam volut a Deo eandem semper quantitem motus conservari; qua et in re mechanica abutuntur. In diesem Text wird das Maß für eine Kraft definiert, die Leibniz Vis motrix nennt. Und er leitet den mathematischen Ausdruck für diese Größe her, indem er voraussetzt, dass es keine Maschine geben kann, die ihre Kraft ohne einen äußeren Impuls vermehrt. Die Herleitung des Kraftmaßes erfordert somit die Konstruktion einer Maschine, aus deren Kraftbilanz Aufschluss über das gesuchte Maß zu erwarten ist. Leibniz nimmt dafür vollkommen elastische Körper an, die, wenn sie auf einer bestimmten Höhe über den Erdboden angehoben und dann losgelassen werden, beim 9 Den Begriff verwendet Leibniz u. a. auch in A VIII, 1, 589 (Machina progressionum). 10 Ausführliche Aufzeichnung für den Vortrag bei Kaiser Leopold I.; A IV, 4, 69.

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Rückprall die Ausgangshöhe wieder erreichen. Zudem ist mit Blick auf die Funktion der soeben diskutierten zweiten Kraft klar, dass sich diese Bewegung periodisch fortsetzen lässt. Leibniz unterstellt also für seine Ableitung eine periodische Bewegung, die durch den freien Fall erzeugt wird, und eine kontinuierlich arbeitende Maschine realisiert.

Abb. 3: Leibniz-Marginalie zum Druck der Brevis demonstratio (LH XXXV 10, 12 Bl. 31 r°)

Für die Ableitung selbst nimmt er zwei Körper als gegeben an. Der Körper A (Abb. 3), postuliert er, möge die Masse von 1 Pfund besitzen und der Körper B die Masse von 4 Pfund. Als allgemein anerkannt wird vorausgesetzt, dass die gleiche Kraft erforderlich ist, um den Körper A auf die Höhe CD = 4 Ellen zu heben wie die, den Körper B auf die Höhe EF = 1 Elle. Fällt nun der Körper A von der Höhe C nach D, so besitzt er in D die Kraft, um wieder zu seiner ursprünglichen Höhe aufzusteigen. Dasselbe gilt mutatis mudandis für den Köper B. Nun ist aber nach Galilei die Geschwindigkeit des Körpers in D doppelt so groß wie die in F, woraus unter der Voraussetzung, dass die Geschwindigkeit in D = 2 und in F = 1 ist, folgt, dass sich für den Wert der bewegenden Kraft (Vis motrix) in beiden Fällen mv2 = 4 ergibt, während die Quantitas motus mv für den Körper A den Wert 2 und für den Körper B den Wert 4 annimmt. Die Cartesische Bewegungsgröße bleibt in dem angezogenen Beispiel also nicht erhalten, und Leibniz schließt, dass es sich bei ihr nicht um das wahre Maß der Bewegung handeln kann. Denn, vorausgesetzt, die Cartesische Messgröße wäre tatsächlich das gesuchte Maß, so ließe sich unter Ausnutzung einer einfachen Fallbewegung eine periodisch arbeitende Maschine konstruieren, die es möglich macht, aus ihrem eigenen Bewegungsvollzug Kraft zu gewinnen. Damit wäre ein mechanisches Perpetuum mobile möglich, und zwar, wie sich mit Blick

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auf die bisherige Analyse sagen lässt, aufgrund des Wirkens ein und derselben physikalischen Kraft; für Leibniz, wie sich zeigte, eine nicht zu rechtfertigende Vorstellung. Bis hierher beruhte die Argumentation auf der Pariser Unterscheidung zwischen einem idealen und einem mechanischen Perpetuum mobile. Die Brevis demonstratio ist jedoch zehn Jahre später entstanden, und Leibniz’ Argumentation längst nicht mehr auf die Anwendung des methodologischen Prinzips des ausgeschlossenen Perpetuum mobile eingeschränkt. Das lässt sich durch einen Blick in den zeitgleich entstandenen Discours de métaphysique schnell verifizieren. Im Art. 17 dieser Schrift findet man in weitgehend wörtlicher Übereinstimmung mit dem Text der Brevis demonstratio dieselbe Ableitung des Maßes der bewegenden Kraft. Das Verblüffende aber ist, dass die Lektüre der physikalischen Argumentation im Rahmen der Metaphysischen Abhandlung beim Leser einen ganz anderen Eindruck hinterlässt, als der in den Acta Eruditorum publizierte Text. Und man registriert, dass die Ableitung der Größe mv2 im Kontext der metaphysischen Argumentation eine signifikante Bedeutungsverschiebung erfährt Denn das Kraftmaß ist im Discours de métaphysique nichts weiter als das Beispiel für einen untergeordneten Grundsatz („une maxime subalterne“11) oder ein Naturgesetz. Konzentrierte sich Leibniz in den Acta Eruditorum ganz auf die physikalische Argumentation, und bezog er sich dafür auf das Prinzip des ausgeschlossenen Perpetuum mobile mechanischer Art, so wird im metaphysischen Rahmen des Discours de métaphysique der Erhaltungssatz für die bewegende Kraft zum Demonstrationsobjekt. Leibniz expliziert daran einige der Konsequenzen seines Begriffs der individuellen Substanz für die Physik. Dies geschieht, indem er in Art. 8 des Discours zunächst den Begriff der individuellen Substanz entwickelt. Es handelt sich nach Leibniz um ein vollständiges Seiendes, dessen Natur darin besteht, einen vollständigen Begriff zu haben, und zwar derart, „qu’elle soit suffisante, à comprendre et à en faire deduire tous les predicats du sujet à qui cette notion est attribuée“12. Im Unterschied dazu bestimmt er ein Akzidenz als ein Seiendes, dessen Begriff nicht alles das umfasst, was man einem Subjekt, auf das der Begriff bezogen ist, zuordnen kann. Leibniz gibt ein Beispiel. Er bemerkt, dass die Eigenschaft König zu sein, die Alexander dem Großen zweifellos zukommt, keineswegs genügt, um ihn als Individuum zu charakterisieren. Ein bloßer Gattungsbegriff, oder ein Größenbegriff, die hier mit dem akzidentellen Sein assoziiert werden, reichen folglich nicht aus, um ein Individuum zu bezeichnen. Dafür muss man dessen vollständigen Begriff kennen, der erfasst, was einer Person widerfahren ist, und ihr jemals widerfahren wird. Der vollständige Begriff umfasst folglich die Gesamtheit der möglichen Zustände einer Person und drückt darin deren Individualität aus. Was ein Individuum ist, lässt sich nach Leibniz nicht durch äußere Merkmale erfassen oder durch Gattungsbegriffe erläutern. Ein Individuum definiert sich vielmehr im Übergang von Zustand zu Zustand als identisch mit sich selbst. 11 Discours de métaphysique; A VI, 4 B, 1556. 12 Ebd., 1540.

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Beziehen wir das auf das Leibniz’sche Kraftmaß und damit auf eine Maschine, deren Bewegung sich durch physikalische Kräfte beschreiben lässt, so sind es quantitative Begriffe bzw. Gattungsbegriffe, die wir solchen Beschreibungen zugrunde legen. Es sind im Kontext der Leibniz’schen Begriffsbildung untergeordnete Maximen. Im Falle des idealen Perpetuum mobile aber, das durch einen beständigen Übergang von Zustand zu Zustand definiert ist, reicht die Beschreibung durch Größenbegriffe nicht mehr aus. Diese Maschine ist nur durch einen vollständigen Begriff zu erfassen, und sie erweist sich damit als grundlegend für das Verständnis des mechanischen Perpetuum mobile. An dieser Stelle ist eine interessante Verschiebung in Leibniz’ Verständnis des Perpetuum-mobile-Problems festzuhalten. Hatte er 1671 ganz auf die gegenständliche Singularität seiner Konstruktion gesetzt, die ihm in der Form ihrer Einzigartigkeit, den Erfolg verbürgen sollte, so heben seine Pariser Versuche auf die allgemeinen, eine Mathematisierung ermöglichenden Bedingungen zur Konstruktion von periodisch arbeitenden Maschinen ab. Zehn Jahre später in Hannover bringt Leibniz den Gesichtspunkt der Individualität erneut zur Geltung. Jetzt freilich nicht im sinnlich-gegenständlichen Sinne, sondern vermöge der Einführung einer metaphysischen Entität, die die Reduktion der Natur des Körpers auf Größe Gestalt und Bewegung aufhebt. Individualität als eine ehemals singuläre Eigenschaft der Körperwelt, wird so zu einem übergreifenden Prinzip, das als Fundamentum in re der Phänomene universelle Bedeutung besitzt. Leibniz betont, „que neantmoins les principes generaux de la nature corporelle, et de la mechanique même sont plustost metaphysiques que Geometriques, et appartiennent plustost à quelques formes ou natures indivisibles comme causes des apparences qu’à la masse corporelle ou étendue“13. Gemeint sind sowohl Kausalals auch Finalursachen, womit sich Leibniz die Voraussetzung schafft, für die Nützlichkeit der Zweckursachen auch in der Physik zu votieren. Und wie sich im Folgenden zeigen wird, ist es diese metaphysische Einbindung seiner Maßanalyse, d. h. ihre Verankerung in dem Begriff der individuellen Substanz, die es möglich macht, ursprünglich im Feld der Physik angesiedelte Beschreibungsweisen und Argumentationsfiguren auf andere Gegenstandsbereiche auszudehnen. Das trifft insbesondere auf organische Körper zu, wie aus einem Text hervorgeht, den Enrico Pasini im Anhang zu seiner Untersuchung Corpo e funzioni cognitive in Leibniz gedruckt hat14. Dieser Text liest sich fast wie ein Kommentar zu dem weiter oben entwickelten Begriff des Perpetuum mobile. Leibniz stellt zunächst fest, dass sowohl der menschliche als auch der animalische Körper als Maschinen aufzufassen seien. Als Maschinen freilich, in denen alles durch Finalursachen vollkommen bestimmt ist. Das dafür von ihm angeführte Beispiel ist eine Uhr, die er als Maschine zur Herstellung gleicher Zeitabschnitte definiert. Diese werden durch eine andauernde gleichmäßige Bewegung realisiert, wobei die Zeitabschnitte entweder durch Oszillation oder Rotation von Körpern erzeugt werden. Und wenn Leibniz diesen Gedanken mit den Worten „alibi a nobis 13 Ebd., 1559. 14 Für den Hinweis auf diese Stelle bedanke ich mich bei dem Autor der Studie, Enrico Pasini.

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explicata“15 abschließt, so darf man dabei sowohl an das Horologium ventaneum perpetuum als auch an das Pendel der Handschrift LH XXXV 13, 3 Bl. 261 r° denken, die weiter oben diskutiert wurden. Deren Gemeinsamkeit mit dem von Pasini gedruckten Text Corpus hominis et uniuscujusque animalis machina est quaedam besteht darin, dass der entscheidende Gedanke durch Rückgriff auf das Perpetuum mobile eingeführt wird. Leibniz schreibt: „Corpora Animalium esse Machinas perpetui motus, sive ut clarius dicam ad certam quandam ac singularem motus perpetui organici speciem semper in orbe conservandam comparatas“16. Leibniz unterscheidet also eine organische von der physikalischen Version des Perpetuum mobile und betont, dass der Versuch, ein organisches Perpetuum mobile mit mechanischen Mitteln herzustellen, ein vergebliches Unterfangen sei, denn das würde auf ein quasi-Lebewesen hinauslaufen, das nicht für seine Subsistenzmittel selbst sorgen kann. Das Unterscheidungsmerkmal dieser zwei Formen des Perpetuum mobile besteht folglich in der Art der Selbstreproduktion. Wie anhand des Horologium ventaneum perpetuum gezeigt wurde, ist dafür im mechanischen Fall eine physikalische Kraft erforderlich, die als äußere Kraft die quantitativen Voraussetzungen für eine kontinuierliche Bewegung schafft. Im organischen Fall jedoch ist es das Lebewesen selbst, das für die Kontinuität seiner Lebensabläufe sorgt, indem es sich selbst ernährt und somit einen Zustand reproduziert, der als Normzustand allen Lebensprozessen zugrunde liegt. Auf diese Weise ist auch das Lebewesen in seiner Existenz von äußeren Bedingungen abhängig, doch haben diese einen anderen Charakter als jene des mechanischen Perpetuum mobile. Auf dem Hintergrund des Begriffs der individuellen Substanz schafft sich Leibniz somit die Möglichkeit der Unterscheidung unterschiedlicher Strukturformen von Körpern, die er als Varianten des Perpetuum mobile bestimmt. Dem Perpetuum mobile kommt daher als Kontinuitätsform des Denkens auch in der Zeit seiner metaphysischen Neubesinnung, d. h. in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts, eine nicht unerhebliche Bedeutung als Reflexionsmedium zu. 2. NATÜRLICHE UND UNKÖRPERLICHE AUTOMATEN Schaut man von diesen Resultaten aus auf die Monadologie, so wird man den Begriff des Perpetuum mobile dort nicht finden. Stattdessen ist von Maschinen oder Automaten die Rede, und bereits im § 17 stößt man auf das berühmte Mühlengleichnis, mit dem Leibniz demonstriert, dass Perzeptionen mechanisch nicht explizierbar sind. Angenommen, schreibt er, es gäbe eine Maschine, deren Struktur zu denken, zu fühlen und Perzeptionen zu haben erlaubte, so könnte man sie sich so weit vergrößert vorstellen, dass man in sie eintreten könnte, wie in eine Mühle.

15 G. W. Leibniz: „Corpus hominis et uniuscujusque animalis machina est quaedam“, in: E. Pasini: Corpo e funzioni cognitive in Leibniz, Mailand 1996, S. 218. 16 Ebd.

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Hartmut Hecht „Et cela posé, on ne trouvera en la visitant au dedans que des pieces qui poussent les unes les autres, et jamais de quoy expliquer une perceptions. Ainsi c’est dans la substance simple et non dans le composé, ou dans la machine, qu’il la faut chercher“17.

Die Schlüsselbegriffe hier lauten einfache Substanz und Perzeption. Sie sind so aufeinander bezogen, dass die Monaden oder einfachen Substanzen durch Perzeption und Appetit definiert werden, d. h. durch ein beständiges Streben von Perzeption zu Perzeption, in dem sich die Monade als das sich in der Veränderung Erhaltende erzeugt. Dies ist, wie Leibniz betont, nicht als physikalische Bewegung zu denken, d. h. nicht als eine durch Maschinen darstellbare Veränderung. Vielmehr erhält jede mechanische Bewegung durch die Monaden erst ihr Fundamentum in re, so dass wir in der Monadologie dieselbe Konstellation vorfinden, die wir in Paris mit der Komplementarität von mechanischem und idealem Perpetuum mobile kennengelernt hatten. Eine für Leibniz’ Denken grundlegende Beziehung, in der sich das Verhältnis von Physik und Metaphysik artikuliert. Sie präsentierte sich um die Mitte der achtziger Jahre des 17. Jahrhunderts als Verhältnis von Perpetuum mobile und individueller Substanz, was eine Erweiterung des Perpetuum-mobile-Begriffs durch Einbeziehung organischer Körper möglich machte. Mit der Unterscheidung von unkörperlichen und natürlichen Automaten wird diese Entwicklung auf ein neues Reflexionsniveau gehoben. Im § 18 stellt Leibniz zunächst fest, dass die einfachen Substanzen als Entelechien verstanden werden können, da sie über eine gewisse Vollkommenheit und Selbstgenügsamkeit verfügen, „qui les rend sources de leur actions internes et pour ainsi dire des Automates incorporels“18. Und er komplettiert die Aussage im § 64 mit den Worten: „Ainsi chaque corps organique d’un vivant est une Espèce de Machine divine, ou d’un Automate Naturel, qui surpasse infiniment tous les Automates artificiels“19. Der Vergleich mit dem idealen und mechanischen Perpetuum mobile liegt auf der Hand. In beiden Fällen handelt es sich um Maschinen, um Maschinen zumal, die durch Selbsttätigkeit oder Selbstbewegung ausgezeichnet sind; dennoch ist der Unterschied zur Pariser Zeit signifikant. Er besteht nicht darin, dass sich das ehedem mechanische Bild der Natur nun in ein organizistisches wandelt, wie man es aus dem § 64 herauslesen könnte. Dem steht entgegen, dass auch physikalische Körper ihr Bewegungsprinzip in sich haben, und folglich zur Selbstbewegung befähigt sind. Sie sind in dem Sinne lebendig, dass für ihre Bewegung nicht eine äußere Kraft erforderlich ist, sondern allein das Beseitigen eines Hindernisses ausreicht, um die inneren Kräfte zur Entfaltung kommen zu lassen. Der Unterschied des natürlichen oder des „Automat spirituel ou formel“20, wie Leibniz im Systeme nouveau die unkörperlichen Automaten nennt, zum Perpetuum mobile lässt sich vor allem an dem Gedanken der Ordnung festmachen.

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[Monadologie]; GP VI, 609. (Sperrung im Original durch Kursivierung ersetzt.) Ebd., 609 f. Ebd., 618. Systeme nouveau de la nature et de la communication des substances, aussi bien que de l’union qu’il y a entre l’ame et le corps; GP IV, 485 (Sperrung im Original durch Kursivierung ersetzt).

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Im Leibniz-Clarke-Briefwechsel gibt es eine Stelle, in der Leibniz den hier interessierenden Zusammenhang in Bezug auf Raum und Zeit thematisiert. Unter Punkt 47 seines 5. Schreibens an Clarke erläutert er, „comment les hommes viennent à se former la notion de l’espace“21. Sie bemerken, schreibt er, dass mehrere Dinge zugleich existieren und finden darin eine gewisse Ordnung des Nebeneinanderbestehens. „C’est leur situation ou distance“22. Gesetzt der Fall, dass eine gewisse Anzahl dieser koexistierenden Dinge ihre Beziehung zueinander nicht ändert. Und angenommen, dass es ein weiteres, nicht zu dieser Menge gehörendes Ding gibt, das seine Beziehung zu ersteren dadurch wechselt, dass es von einem dritten verdrängt wird, so sagt man, dass dieses an den Ort von jenem gelangt ist, und nennt die Veränderung eine Bewegung. Werden auf dieselbe Weise weitere Orte bestimmt, so lässt sich der Begriff des Raumes als die Gesamtheit aller dieser Orte bilden. Leibniz nutzt die Gelegenheit, um darauf zu verweisen, dass, folgt man dieser Begründungsstrategie, ein absoluter Raum im Sinne eines eigenständigen Dinges nicht erforderlich ist. Das ist ein in der Auseinandersetzung mit Clarke wichtiger Gesichtspunkt, doch hat man damit das typisch Leibniz’sche Verständnis von Raum und Zeit noch nicht erfasst. Es stellt sich erst ein, wenn man den Ort eines Dinges von dessen Lage unterscheidet. Leibniz betont, dass für den Fall der Ersetzung eines Dinges durch ein anderes der Ort zwar derselbe bleibt, die Lage jedoch nicht. Das kann man sich anhand der oben eingeführten Termini vollständiger Begriff und Gattungsbegriff klarmachen. Durch seinen vollständigen Begriff, die Notio completa, lässt sich jedes Subjekt in signifikanter Weise von jedem anderen unterscheiden. In ihm spiegelt sich die Universalität der Beziehungen, die jedes Individuum zu allen anderen besitzt, und das trifft insbesondere für diejenigen Beziehungen zu, die ein Individuum oder Ding zu der als unveränderlich angenommenen Menge von Dingen im soeben erläuterten Sinne eingeht. Wird ein solches Ding daher gegen ein anderes ausgetauscht, so können die Beziehungen zu den als unveränderlich angenommenen Vergleichsobjekten nicht mehr dieselben sein, und dieser Unterschied wird in dem Begriff der Lage erfasst. In Leibniz’ Worten: „Car deux sujets differens, comme A et B, ne sauroient avoir precisement la même affection individuelle, un même accident individuel ne se pouvant point trouver en deux sujets, ny passer de sujet en sujet“23. Nur in der Abstraktion, d. h. für den Fall, dass man die Dinge durch Akzidenzien charakterisiert, lässt sich somit ein Ort definieren. Daraus folgt für die Bewegung, dass die bloße Ortsbewegung nicht vollständig bestimmt ist, woraus ein Relativismus Cartesischer Provenienz resultiert, der nur zu überwinden ist, wenn die Bewegung in einer Kraft gründet, so dass Leibniz im Specimen Dynamicum notiert: „Nam motus (perinde ac tempus) nunquam existit, […] quia nunquam totus existit, quando partes coexistentes non habet. Nihilque adeo in ipso reale est, quam momentaneum illud quod in vi ad mutationem nitente

21 Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke, 1715/1716; GP VII, 400. 22 Ebd. 23 Ebd., 401.

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constitui debet“24. Für die metaphysisch korrekte Fassung des Bewegungsbegriffs muss daher die Abstraktion aufgehoben werden, und das geschieht im Übergang vom Ort zur Lage, weil die Lage ein Begriff ist, der auf der Aktivität der Monaden beruht. Jede Monade strebt kontinuierlich von Perzeption zu Perzeption, und alle diese Strebungen der Monaden sind vollständig aufeinander abgestimmt. Durch diese inneren Tätigkeiten der Monaden wird eine raum-zeitliche Ordnung generiert, die es möglich macht, Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft zu unterscheiden, wobei jeder besondere Perzeptionszustand einen Gegenwartsquerschnitt liefert. Den Prozess der Identifikation des Ortes beschreibt Leibniz als eine Identitätsbestimmung, während er in Bezug auf die Lage von Übereinstimmung (convenance) spricht und betont: „Mais l’esprit non content de la convenance, cherche une identité, une chose qui soit veritablement la même, et la conçoit comme hors de ces sujets; et c’est ce qu’on appelle icy place et espace. Cependant cela ne sauroit etre qu’ideal, contenant un certain ordre où l’esprit conçoit l’application des rapports: comme l’esprit se peut figurer un ordre consistant en lignes Genealogiques, dont les grandeurs ne consisteroient que dans le nombre des generations, où chaque personne auroit sa place. Et si l’on adjoutoit la fiction de la metempsycose, et faisoit revenir les mêmes ames humaines, les personnes y pourroient changer de place. Celuy qui a eté pere ou grand pere, pourroit devenir fils ou petit fils etc. Et cependant ces places, lignes, et espaces genealogiques, quoyqu’elles exprimeroient des verités réelles, ne seroient que chose ideales“25.

Eine wunderbare Passage, die gleich zwei der Leibniz’schen Maximen illustriert. Denn viel eindrucksvoller noch als im Falle der physikalischen Bewegung wird hier der Relativismus inszeniert, der sich einstellt, wenn man eine genealogische Linie bloß geometrisch behandelt. Die besondere Bedeutung dieses Beispiels aber besteht darin, dass sich Leibniz mit seinem Insistieren auf Ordnungen als dem grundlegenden Gesichtspunkt in Bezug auf Raum und Zeit, eine Erkenntnisperspektive erschließt, die dem Denken ganz neue Horizonte öffnet. Solange man nämlich im Bild des Perpetuum mobile verbleibt, hat man, wie Leibniz erkennt, die eigentliche Qualität des organischen Körpers im Unterschied zum physikalischen noch gar nicht erfasst, denn diese besteht nicht bloß in der Selbstreproduktion eines Individuums schlechthin, sondern eines Organismus im Kontext seiner Generationenfolge. Selbstreproduktion schließt damit einen genetischen Zusammenhang ein, der zum bestimmenden Moment wird, und sich der besonderen Verfasstheit der Monaden oder unkörperlichen Automaten verdankt. Der unkörperliche Automat ist wie das ideale Perpetuum mobile eine Maschine, deren Funktionsweise einzig und allein in der Realisierung einer wohlbestimmten Ordnung besteht. Diese Ordnung liegt allen Veränderungen der Körperwelt zugrunde und bestimmt den Unterschied zwischen dem mechanischen Perpetuum mobile und dem natürlichen Körper. Insbesondere in dem Begriff des unkörperlichen Automaten wird somit ein werkgeschichtlicher Zusammenhang ins

24 Specimen Dynamicum; GM 6, 235. 25 Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke, 1715/1716; GP VII, 401 (Sperrung im Original durch Kursivierung ersetzt).

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Bewusstsein gehoben, der mit der Entdeckung der Notwendigkeit, ein ideales Perpetuum mobile zu postulieren, beginnt. Technische Termini wie Maschine und Automat, die sich in der Monadologie immer wieder finden, sind daher alles andere als bloße Metaphern. Sie verweisen vielmehr auf den Ursprung grundlegender Kategorien des Leibniz’schen Systems, den sie in der entwickelten Theorie in veränderter Form aufbewahren. Der Weg zur Monade beginnt in Paris mit Leibniz’ Mechanikstudien und er hat in der Rationalisierung des Perpetuum mobile eine seiner einflussreichen Quellen.

‘THE LIVING INDIVIDUAL’: LEIBNIZ AND BUFFON Catherine Wilson (York) “We […] feel”, said Henri Bergson early in the 20th century, “that not one of the categories of our thought – unity, multiplicity, mechanical causality, intelligent finality, etc. – applies exactly to the things of life: who can say exactly where individuality begins and ends, whether the living being is one or many […] In vain we force the living into this or that one of our molds. All the molds crack […]”1. Yet the theory of the living individual in Leibniz’s Monadology, structured precisely in terms of these categories, had an undeniable influence on later theories of the organism. It seemed to Leibniz certain and significant that a living being was a distinct entity in nature, independent of all others, except those other living beings subordinated to it or to which it was subordinated. The progression of its states was fully explicable mechanically whilst exhibiting ʻintelligent finality’. The living individual was not a mere aggregate of parts that happen to produce a behavioural output, and that could be identical to some other machine, as the Cartesians maintained. Each plant or animal – unlike some theorists perplexed by grafting and other peculiarities of their kingdom – Leibniz considered plants to be living entities – was a qualitatively distinct true unity containing a multiplicity of other true unities. The monad and its relationship to the physical theory, vital materialism, and conception of the individual of the 18th century remains an intriguing subject for the historian. Writing in 1740, Emilie du Châtelet observed in the chapter on the ʻElements of Matter’ in her Institutions de Physique that the corpuscularian account of matter espoused by the neo-Epicurean Gassendi was currently regnant. Almost no one in France, she declared, understood anything more about the ‘monads’ than that the term was used by Leibniz and that the celebrated Wolff had explicated and developed a monadology. She considered it regrettable that “an opinion that half of learned Europe has accepted” should be so poorly understood in her country, and she set herself to repair the deficiency, acknowledging at the same time that the concept of the unextended monad as the basic element of matter “astounded the imagination” insofar as the entity was impossible to visualise2. The dominant view of the late 17th century that the solid, hard, massy particle subject to ‘mechanical’ forces only was the building block of nature, was soon to give way to an array of alternatives, including the dematerialized physics of

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H. Bergson: Creative Evolution (1907), New York 1911, p. x. E. du Châtelet: Institutions de Physique, Paris 1740, p. 145.

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point-forces that seemingly reconciled Newton and Leibniz3. But another line of development would be played out through the panvitalism whose imagery dominates the Monadologie with its celebrated claim that ‘there is nothing fallow, nothing sterile, nothing dead in the universe’4. Microscopical observation revealed to eighteenth century observers, as it had to Leibniz, not an array of material corpuscles possessed of only the primary properties of magnitude, figure and motion, but instead tissues with distinctive structures and motile ‘animalcules’5. The notion that even seemingly empty spaces teem with life, and that the tissues and organs of the animal that appears to us are composed of individual living entities offered a new perspective on vitality. The descendants of Leibniz’s atoms of nature are to be found in the differently imagined ‘hylozooism’ of Pierre-Louis Maupertuis that posited generative molecules with analogues of desire, aversion and memory6 and in the Comte de Buffon’s theory of the ‘organic molecule’. Philip Sloan has suggested in a memorable article7 that Buffon’s “somewhat idiosyncratic endorsement of Leibniz” provides “the key to his thought” and that this is evident especially in his “historical” approach to the concept of a biological species. The present essay will focus on Buffon’s conception of the units of life, rather than his notion of the species, and will explore both the continuity and the gulf between these two theorists whose conceptions are separated by less that forty years. 3

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On Newton’s fertile supposition that all the solid matter in the universe might be compressed into a nutshell, see A. Thackray: “Matter in a Nutshell: Newton‘s Opticks and EighteenthCentury Chemistry”, in: Ambix 15 (1968), pp. 29–53; on physical monadology and the innovations of R. J. Boskovich, T. Holden: The Architecture of Matter, Oxford 2004, esp. pp. 170 ff. and S. Smith: “Kant’s Picture of Monads in the Physical Monadology”, in: Studies in the History and Philosophy of Science Part A, 44 (2013), pp. 102–111. As Leibniz gracefully proposed in Monadologie § 66–68: “[I]t appears that there is a world of creatures, of living beings, of animals, of entelechies, of souls in the least part of matter. / Each portion of matter may be conceived as a garden full of plants, and as a pond full of fish. But each branch of a plant, each limb of an animal, each drop of its humors is still another garden or pond. / And although the earth and air lying between the garden plants, or the water lying between the fish of the pond, are neither plant nor fish, they contain yet more of them, though of a subtleness imperceptible to us, most often”. Monadologie; GP VI, 618; tr. G. W. Leibniz: Philosophical Essays, ed. and transl. by R. Ariew and D. Garber, Indianapolis 1989, p. 222. On Leibniz’s theory of the ‘organic body’, see J. Smith: Divine Machines, Cambridge 2011; F. Duchesneau: Leibniz, le vivant et l’organisme, Paris 2010; on the role of the microscope, C. Wilson: “Leibniz and the Animalcula”, in: M. A. Stewart (ed.): Studies in SeventeenthCentury European Philosophy, Oxford 1997, pp. 153–175; on Enlightenment physiology, F. Duchesneau: La Physiologie des Lumières. Empirisme, modèles et théories (1982), repr. Paris 2012; and natural history J. Roger: Les sciences de la vie dans la pensée francaise du XVIIIe siècle, Paris 1964. On Maupertuis, see Duchesneau, this volume. Buffon decisively denies feeling, sensation and consciousness of existence to inanimate matter. Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon: Histoire Naturelle, générale et particulière, avec la description du Cabinet du Roy, 15 vols., Paris 1749–57, II, 3. Phillip R. Sloan: “Buffon, German Biology and the Historical Interpretation of Biological Species”, in: British Journal for the History of Science 13 (1979), pp. 109–153.

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Where Leibniz – at least in his ‘exoteric’ writings – aimed to naturalise the theological subject, Buffon’s aim was to ‘desacralise’ the living being8. The existence and agency of a benevolent and wise God who represented and dispensed objective justice was an irreducible commitment of Leibniz’s monadology as it was presented to the public in the works published in his lifetime. Religion was the cement of society for Leibniz, and the human soul was a morally responsible monadic entity whose experiences would correspond, in the long run, to its proportion of sinfulness and merit. Buffon’s theory of organic molecules, by contrast, was adapted to an atheistic and mortalistic framework. Its moral and political implications in turn were very different, and it is useful to compare the two systems in this regard to bring out their essential character. True, in his marginalia and in other writings unpublished in his lifetime, Leibniz had entertained seriously such desacralised notions as an earth of great antiquity, the extinction of entire classes of animals, the transformation of species in response to the environment, the sacrifice of individuals for the continuity of lineages, and the perishing of the ill-adapted, the ‘vain attempts’ by nature at combinations of characters9. His historicism was woven into his Protogaea, drafts of which began to circulate in 1693 although it was not published until long after his death in 1749. The work was known to Buffon, and he drew on it in his Theory of the Earth. But these extraordinarily fertile notions were never elements of the official Leibnizian corpus. 1. The central argument for the Leibnizian monad, as presented in the first lines of the Monadologie, is that simple, indestructible units must underlie the phenomena of spatio-temporal extended objects and all motion and change as they are experienced in the visible world. The basic argument for the necessary existence of indivisible units composing all the objects of experience had been presented by Epicurus; the scheme furnished a distinct alternative to the hylomorphism of Aristotle. Because all extended entities are composite and thus destructible, they argued, the fundamental units must be ‘unities per se’ that are intrinsically indivisible. For the classical atomist, everything that is an object of experience, whether living or nonliving – has a fixed limit to its existence. Everything is battered by time. “[Things] survive intact until they encounter a force sharp enough to unweave

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The term is Pocock’s: V. J. G. A. Pocock: “Religious Freedom and the Desacralisation of Politics”, in: M. D. Peterson/R. C. Vaughn (eds.): The Virginia Stature for Religious Freedom: Its Evolution and Consequences in American History, Cambridge 1988, pp. 43–73. V. C. Wilson: “Metaphysics and the Sciences of Life”, in: J. Nicolás/S. Toledo (eds.): Leibniz y las ciencias empíricas – Leibniz and the Empirical Sciences, Albolote 2011. Cf. G. W. Leibniz: Protogaea, ed. by Cl. Cohen and A. Wakefield, Chicago 2008. For discussion of the relationship between geology and metaphysics, see Smith, pp. 218–231.

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their particular fabric. Nothing, therefore returns to nothing but everything dissolves and returns to the elements of matter”10. Leibniz accepted the claim that there must be simples if there are to be composites, but he insisted that the ‘atom of nature’ could not be a material particle11. There is nothing that can prevent a corporeal atom from being divided by God; there is no sufficient reason why it should be unbreakable if it has parts, and the cohesion of its parts as well as the cohesion of multiple atoms with one another is mechanically inexplicable. Further, bodies can be shown experimentally to possess force, and Leibniz could not see how forces could reside in and operate through material corpuscles or collections of them. So he rejected the ontologies of his immediate predecessors, both the DemocriteanEpicurean scheme as revived by Gassendi and Hobbes, to which he was first attracted, and the Cartesian alternative, according to which God first created a block of corporeal substance of indefinite extent and then introduced motion into it12. The best model for a fundamental entity, he concluded, is the perceiving, desiring, willing human mind – for minds cannot be divided. So the individual mind, endowed with experience and appetition, an unextended Cartesian mind without causal contact with an external world, became one version of the monad. Here Leibniz engaged a long-standing dialectic: Both Aristotle and Plato had criticised material atomism forcefully, and it is likely that Leibniz’s own critique of corpuscularianism drew inspiration from Marsilio Ficino’s anti-Epicurean Platonic Theology. The claim that living individuals could be battered into nonexistence by the forces of nature – a view held by Spinoza – could now be argued to be untenable. If bodies were not merely material, and did not obtain their individuality merely by being composed of contiguous parts, they were not capable of being destroyed by fragmentation. As is well known, Leibniz wavered between, or had recourse to two models of the monad, the indestructible substance: the ‘mind’ model just cited and the ‘organic machine’ model13. In the former case, the visible world is said to be a wellfounded phenomenon dependent on monads, “the true atoms of nature” that possess

10 Titus Carus Lucretius: De Rerum Natura, Cambridge, MA 1982, I, pp. 240–50. 11 On Leibniz’s criticisms of 17th century corpuscularianism, v. C. Wilson: “Leibniz and Atomism”, in: Studies in the History and Philosophy of Science 15 (1982), pp. 175–199. Reprinted in R. Woolhouse (ed.): Leibniz: Critical Assessments, 4 vols., London 1995, vol. III, pp. 342–68. 12 As Descartes seems to have envisioned the Creation in Le Monde, motion broke extended substance up into particles of three grades and various shapes, but with no empty spaces between them. After a long interval, the laws of motion brought the world into its present shape, including animal machines able to reproduce their kind epigenetically. R. Descartes: Oeuvres, 11 vols., ed. by C. Adam and P. Tannery Paris, 1964–74, Principles of Philosophy, vol. IX-2, pp. 125–6 and XI, pp. 508–9. 13 See G. Hartz/C. Wilson: “Ideas and Animals: The Hard Problem in Leibniz’s Metaphysics”, in: Studia Leibnitiana 37 (2006), pp. 1–23; earlier M. Fichant: “Les machines de la nature”, in: Studia Leibnitiana 35 (2003), pp. 1–28, esp. pp. 17–28, C. Wilson: Leibniz’s Metaphysics Princeton 1989, pp. 180–196; D. Garber: “Leibniz and the Foundations of Physics: The Middle Years”, in: K. Okruhlik/J. R. Brown (eds.): The Natural Philosophy of Leibniz, Dordrecht 1985, pp. 27–130.

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“no parts”, and therefore “neither extension, nor shape, nor divisibility”14, and that accordingly cannot be seen or sensed, whereas in the latter case the visible world was conceptualised as composed of living creatures, that were in turn composed of smaller living creatures, and so on to infinity15. While entities such as stones and diamonds were simply ‘aggregates’ on this view, some of the smaller living beings composing plants and animals were organised hierarchically and governed by a ‘dominant monad’, of which the human ‘soul’ was an example16. On the latter model, what Leibniz referred to as ‘the complete monad’, the living creature, could be neither created nor destroyed except by God, though not because it was indivisible in the same way as a mind might be thought to be. Dying was simply the complementary process to being generated, which involved the growth of the body from a seed containing the rudiments of all its parts. The death of an individual plant, or an animal or a person implied the collapse of its hierarchical organisation and dispersal of its organic components. Yet the dominant monad of the individual remained intact, and the organic machine was now in effect collapsed down to particle size. “What we call generations are developments and growths. As what we call deaths are enfoldings and diminutions […] [but] if the animal never begins naturally, it does not end naturally, either; and not only will there be no generation, but also no complete destruction, nor any death, strictly speaking”17.

The cogent and well-directed critique of the material corpuscle as the basic building block of the universe, a critique extended by the second generation Newtonians of the 18th century, did not make Leibniz’s monadology persuasive in either version. The way in which the ‘atomic’, nonhuman minds, or else tiny animalcules were related to the inanimate objects, living beings, and persons encountered in threedimensional space, was poorly explained by their discoverer and was baffling to his correspondents. Notwithstanding the efforts of Châtelet to provide a sympathetic reading, the theory of monads and the ‘New System’ of pre-established harmony in which it was embedded were held up in as an example of the folly of metaphysics in France, where Newtonian-Lockean empiricism was influential18.

14 Monadologie § 3; GP VI, 607; Leibniz: Philosophical Essays, p. 213. 15 “[I]l y a machine[s] dans les parties de la machine naturelle à l’infini, et tant d’enveloppes et corps organiques enveloppés les uns dans les autres, […]”. Principes de la Nature et de la Grace; GP VI, 543. Cf. Monadologie § 64; GP VI, 618. 16 This notion is explored by B. Look: “On Monadic Domination in Leibniz’ s Metaphysics”, in: British Journal for the History of Philosophy 10 (2002), pp. 379–399. 17 Monadologie §§ 73, 76; GP VI, 619–20. Leibniz: Philosophical Essays, pp. 222–3. 18 Voltaire and Condillac were prominent critics (despite Condillac’s submission of a competition essay); see A. Vartanian, review of E. Bonnot de Condillac: Les Monades, ed. by L. Bongie, Oxford 1980, in: Diderot Studies 21 (1983), pp. 245–247; on Leibniz in France, see C. Wilson: “The Reception of Leibniz in the Eighteenth Century”, in: N. Jolley (ed.): The Cambridge Companion to Leibniz, Cambridge 1995, pp. 442–474; in Germany, see T. Broman: “Metaphysics for an Enlightened Public: The Controversy over Monads in Germany, 1746–1748”, in: Isis 103 (2012), pp. 1–23.

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At the same time, it is doubtful that the critique of the material corpuscle as a physical impossibility carried the full justificatory weight of the monadology in Leibniz’s mind. More important was the way in which his scheme articulated a notion of ‘the individual’ that was not available to Cartesians, Gassendists, or Spinozists. Leibniz was concerned with the theological subject, the immortal bearer of moral responsibility and its attitude towards the world. The advantage of monadism was that it enabled him to ‘naturalise’ this subject and to evade the problem of evil as a reason for doubting the existence of God and of divine justice. Human beings, he proposed, lie on a continuum with animals and plants, and their actions and development can be explained by the universal laws of nature. In this Leibniz agreed with Spinoza, and even to a certain extent (insofar as living bodies are machines) with Descartes and Gassendi. But he avoided the repugnant Spinozistic conclusion that the individual is a mere mode, not a substance, and that it will not experience personal immortality, as well as avoiding what he took to be the absurd Cartesian conclusion that souls can exist separated from organic bodies. 2. I turn now to Leibniz’s successor, the great theorist of animal life, the Comte de Buffon. Buffon was a widely read and controversial figure in eighteenth century letters. His views influenced a generation of Encyclopedists and were rapidly disseminated in Germany, thanks to the prompt translation of his Histoire Naturelle19. Although he refers persistently to ‘the Creator’, the term means simply ‘Nature’, as his allies knew and his critics suspected. The first three volumes of the Histoire, devoted to the history of the earth, the theory of generation, and the nature of man, appeared in 1749. They were followed by the fourth volume in 1753 with its Discours sur la nature des animaux and the Histoire des quadrupeds, into which descriptive works, Buffon inserted his philosophical views. Successive volumes produced with the assistance of Louis-Jean-Marie Daubenton continued to roll off the presses, along with supplements and additions up to the author’s death in 1788. In 1779 the Epoques de la Nature, long in preparation, revising the treatment of the history of the earth in Volume I of the Histoire, appeared. There Buffon surveyed seven ‘epochs’ of prehistory from the formation of the earth nearly approximately 75,000 years ago, to the appearance of plants and animals, the larger quadrupeds, and finally human beings in the sixth epoch20.

19 The first three volumes with a preface by Haller appeared in German in 1751. An English translation, abridged, did not appear until 1775, though parts of the history of quadrupeds were translated and published in 1762. The best overview of Buffon’s life and work is J. Roger: Buffon:A Life in Natural History, Ithaca, NY 1997. 20 In manuscript drafts, Buffon surmised an age of three to ten million years for the earth according to M. Rudwick: Bursting the Limits of Time: The Reconstruction of Geohistory in the Age of Revolution, Chicago 2005. pp. 128–9.

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Buffon announced his ontological programme in Book II of the Histoire Naturelle “We shall demonstrate”, he says, “[…] that there is in Nature an infinity of living organic parts whose existence costs Nature nothing, insofar as their existence is constant and invariable; that the forces of destruction can only separate them without destroying them”21. They exist in nature along with particles of “brute matter, inactive, insensible, acting only within the constraints of the laws of mechanics […] devoid of organisation, of power, bare of all faculties, incapable of reproduction […]”22. For Buffon, as for his predecessor, life and experience exist in all degrees and gradations. The ‘slumbering monad’ of Leibniz is evoked in Buffon’s oyster, or zoophyte, which appears neither to have exterior movement nor external senses; “a being formed to sleep forever”. A plant, he goes on to say, is in this sense “nothing except an animal that is always sleeping, and in general the functions of every organized being with neither sense nor movement may be compared with an animal that by its nature is constrained to sleep perpetually”23. Animals with more complex organisation approach to the condition of full mentality: “I accord them everything, with the exception of thought and reflection; they have sentiment, they even have it to a greater degree than we do; they also have awareness of their present existence, but not of their past; they have sensations but not the faculty of comparing them, so they have no ideas, for ideas are only compared sensations or to put it better associations of sensations”24.

Buffon expressed his admiration for the many “springs, forces, machines and movements” contained in the “small bits of matter that composes the animal body”, as well as “the connections, the harmonies, the correspondences between the parts”25. He maintained that plants and animals were composed of thousands of ‘other similar organic bodies whose primitive and constituent parts were also organic and similar to them’26. He rejected however the form of mechanism that Leibniz regarded as unique and proper for the explanation of all phenomena, including those of life, and the final causes upon which Leibniz insisted. He decisively rejected Leibnizian preformation as a theory of generation. Buffon agreed with Leibniz that the ideas of ‘mechanical principles’, including magnitude, impenetrability, shape, divisibility, and the communication of motion by impulse and reflection, come to us through the senses. “[…] [T]hey are general, that is to say, they belong or may belong to all matter”27. But are we certain, he asked, “that matter possesses no other qualities? Ought we not rather to believe that these qualities, which we assume for principles, are only modes of perception?” Unlike Leibniz, Buffon did not have recourse at this juncture to metaphysical 21 22 23 24

Buffon: Histoire Naturelle, II, p. 44. Ibid., II, p. 6. Ibid., IV, p. 8. Ibid., p. 41. On the theory of the animal see Th. Hoquet: “Logique de la comparaison et physique de la génération chez Buffon”, in: Dix-huitième siècle 39 (2007), pp. 595–612. 25 Buffon: Histoire Naturelle, II, 2 26 Ibid., p. 20. 27 Ibid., p. 51

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or supersensible principles as opposed to contingently non-sensed principles. He suggested that if we had different senses, different properties of matter would be apparent to us. In a Newtonian vein, he argue that although we cannot explain the causes of impulsion or cohesion or attraction; whatever new general properties of matter we manage to discover will become “new mechanical principles […] which may be employed with as much confidence and advantage as any of the others”28. Buffon’s comments on metaphysics anticipate the rhetoric of Kant’s ‘critical philosophy’29 “Let us”, he says, “without regret […] confine ourselves to a philosophy more humble and more material; and, keeping within the sphere which nature has allotted us, let us examine those rapid and daring spirits who attempt, though in vain, to fly beyond the limits of humanity”30. Plato, he continues, “is a painter of ideas; he is a soul which, disengaged from matter, raises itself up to the land of abstractions, loses sight of sensible objects, and neither seeing, nor contemplating, gives us only the intellectual. A unique cause, a unique end, a unique means constitute the whole of his perceptions, God as cause, perfection as the end, harmonic representations as the means; what idea could be more sublime! What plan of philosophy more simple! what views more noble! – but what a void, what a desert of speculations”31.

He challenges the modern philosophers who have followed Plato in positing final causes, and he asks whether Leibniz’s invocation of ‘sufficient reason’ really leaves us “better instructed in the operations of Nature, because we are told that nothing exists without a reason, or that everything is created with a view to the perfection of the whole? What is reasonableness or fitness? What is perfection? Are they not moral beings created solely by the human intellect? Are they not arbitrary relations which we have contrived to generalise? They have no foundation but in moral affinities, which, so far from producing any physical or real existence, change the nature of truth, and confound the objects of our sensations, of our perceptions, and of our understandings, with those of our sentiments, of our passions, and of our wills”32.

28 Ibid., 52. 29 His stance recalls the controversy that Thomas Lennon called the ‘Battle of Gods and Giants’. Buffon is a ‘Giant’ who introduces his discussion of ontology with a criticism of the ‘Gods’, Plato and Malebranche, with a nod in the direction of Berkeley. Th. M. Lennon: The Battle of the God and Giants: The Legacies of Descartes and Gassendi, Princeton 1993. 30 Cf. Holbach: “Man seeks to break through the boundaries of his sphere; he tries to project himself beyond the visible world, and cruel and repeated checks ever fail to dissuade him from his foolish enterprise; he wants to be a Metaphysician before he has become a Physicist: he scorns realities to meditate on chimeras”. P.-H. Thiry, Baron d’Holbach: Système de la Nature, 2 vols., London, vol. I: Preface (n. p.); cf. Kant: “Human reason has the exceptional fate (das besondere Schicksal), in one region of its knowledge, to be troubled by questions from which it cannot turn away, insofar as they arise from the nature of reason itself, but which cannot be answered because they transcend all the powers of human reason”. I. Kant: Kritik der reinen Vernunft, Riga 1781, repr. in id.: Gesammelte Werke, 23 vols., Berlin 1902–, vol. IV, p. 7 (“Vorrede”). 31 Buffon: Histoire Naturelle, II, p. 74. 32 Ibid., II, p. 80, tr. W. Smellie: Natural History. General and Particular, 8 vols., London/Edinburgh 1781, II, pp. 69–70. The translator objected strenuously to Buffon’s denial of final causes

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More remarkable, according to Buffon, than the functional constitution and unity of the plant or animal – the mainstay of the physico-theological argument for the existence of an intelligent and benevolent Creator – is its capacity for reproduction, “this procreative virtue which exercises itself perpetually without ever wearing out”. It is the unity of the species considered as an unbroken chain of living things – that is truly an object of wonder33. The existence of this ʻunbroken chain’ directs attention away from the supposed Creator to the structures and formative forces in Nature that, as mysterious as they are, continuously renew life according to earlier patterns. Buffon’s experiments, and those of Joseph Needham, on generation are described in the lengthy experimental section of Volume II of the Natural History. Together with time-honoured observations on the reappearance of life in devastated environments, the ubiquity of parasites, and the evident fact that animals and plants are nourished by animal and vegetable substances, they seem to license the inference that the inert earth, water and air, and the bodies of animals, are seeded with living particles. The ‘organic particles’ intermixed in nature with inorganic particles are not themselves plants and animals, nor are they particles endowed with a measurable force. They possess ‘a tendency towards organisation’. They are attracted by or capable of being taken up into ‘moulds’;34 they can combine into organs, tissues, and germinatous particles and so establish the morphology of the plant or animal body. The organic particles “of the same nature with that of the animal or vegetable”, are absorbed by the body and moulded into its tissues. We do not know how this happens, but we can be assured that it does happen: “Why […] do we refuse the existence of penetrating forces which act upon the whole substances of bodies, when we have examples of such powers in gravity, in magnetic attraction, in chemical affinities? Since […] we are assured by facts, and by a number of constant and uniform observations, that there are powers in nature which act not by impulsion, why are not these powers ranked among mechanical principles? Why do we reject them in the explanation of effects which they are known to produce? Why are we desirous of employing only the power of impulsion?”35

Every living body, Buffon proposed, contains a ‘particle’ similar to the whole.

in a footnote: “Like too many of our modern French writers, he seems to be ignorant of, or rather intentionally neglects, the distinction between final and physical causes […]. It may be farther remarked, that final causes are the greatest stumbling blocks which lie in the way of atheists and materialists. They, accordingly, strain every nerve to remove them […].Final causes not only demonstrate the existence of a Supreme Intelligent Power, but the infinite beneficence, and minute attention of that Power to the happiness of those beings upon whom he has thought proper to confer existence”. 33 Ibid., I, p. 3. 34 The notion of the ‘interior mould’ was suggested to Buffon by Louis Bourguet who had theorised the formation of salts and crystals Lettres philosophiques sur la formation des sels et des cristaux (1729). See F. Duchesneau: “Louis Bourguet and the model of organic bodies”, in: C. Fraenkel/D. Perinetti/Justin E. H. Smith (eds.): The Rationalists: Between Tradition and Revolution, Dordrecht 2011, pp. 77–98. 35 Buffon: Histoire Naturelle, II, p. 61–2; tr. Smellie, II, 52–3.

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Catherine Wilson “[I]f one separates it from this body and if it finds nourishment, it will begin to develop into an entire body and will soon present a form similar both externally and internally, and become, in this second development, a being of the same species from which it has been detached”36.

Some plants and animals, such as the willow and the polyp, contain a larger proportion of these self-similar organic parts. Each cut off piece can become a new body similar to the parent from which it was separated.37 Every living being, therefore, contains not only moulds but also particles that contains these moulds. Are these ‘similar particles’ manufactured from the organic molecules taken in by mouth with the help of moulds? Or do they pre-exist – do they ‘have a primary and independent existence in the bodies themselves’ as Leibniz and his fellow preformationists Malebranche and Swammerdam believed? Buffon opts for the former alternative: “If we suppose that they preexist, we fall into an infinite regress of similar parts or germs contained within each other, and we have already seen the weakness and difficulties of this hypothesis […] [W]e must accordingly conclude that that the similar parts appear in organised bodies by means of the nourishment they take in […]”38.

The germ particle is composed of the surplus of organic particles that are not taken up by the various tissues and organs for growth and repair. Thus sexual maturation comes about only after much growth has been accomplished and requires the seminal fluids of both males and females.39 The animalcules in the seminal fluid of men are not relevant to generation; they are useless entities that have been produced by an excess of organic particles. 3. For Leibniz, generation and senescence were symmetrical processes that might occur any number of times in a given substance as it unfolded its parts and collapsed them. Where the simple substance was indestructible in virtue of having no parts, and so being invulnerable to mechanical shredding, a living individual was immortal for more complicated reasons. The visible plant or animal could be chopped up, pulverized or burnt up, but the individual substance that this plant or animal was would persist unharmed. As noted, the organism contracts to a very small point without ceasing to live and experience, however vividly or dimly40. An animal, Leibniz says to Bernoulli, can be transported to a tiny world “not inferior in beauty 36 37 38 39 40

Buffon: Histoire Naturelle, II, p. 47. Ibid. Ibid., II, p. 48. Ibid., pp. 67–8. In his Notes to Comments on Fardella (1690) Leibniz writes, “Plants […] which correspond to animals in many ways, are not composed of body alone, but also of soul, by which the animal or plant, the single indivisible substance, the permanent subject of its actions is controlled […] Souls of this sort never perish, but when they seem to perish, the remain hidden in some inconspicuous part of a fragmented mixture” (Leibniz: Philosophical Essays, p. 104; A VI, 4 B, N. 3291).

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and variety to ours in the smallest motes of dust, indeed, in tiny atoms […] for […] death is nothing but the contraction of an animal, just as generation is nothing but its unfolding”41. The contracted animals may be “just as sensitive and as well-ordered’ as they are in the larger stage”42. Buffon too regards generation and death as symmetrical processes, but in a different way. Death is the culmination of the breakdown processes that begin after growth to maturity and after reproductive capacity is achieved in the individual. It is the permanent destruction of the individual, its return to its constituent organic and inorganic molecules that are then dispersed into the environment. “All the causes of deterioration we have just indicated act continually on our material being and lead it little by little to its dissolution; death, that ever so marked, ever so dreaded change of state is thus in Nature nothing but the final nuance of a preceding state”43.

Buffon impresses on the reader that the individual life, considered from a detached and objective perspective, matters little. “An individual, of any species whatsoever, is nothing in the Universe. A hundred individuals, a thousand are still nothing. The species are the only beings in Nature; they are perpetual beings, as old, as permanent as she is; so that in order to reason properly, we will no longer consider them a collection or series of similar individuals, but as a whole independent of number, independent of time; an always living whole, which is always the same; a whole, which counts as a single thing in the works of creation, and which consequently makes only one unit in Nature”44.

For Buffon, a species is not defined, as Linnaeus and other taxonomists believed, by the similarity of its members in their appearances and characteristics but by descent: a species is simply a lineage. The living individual – “nothing in the Universe” is only a transitory tool for the continuation of the real entity, the species, through reproduction. The permanence of the species does not imply their immutability; the quoted passage expressly allows for mutability within the species45. Further there is no claim that any species is immortal. Our planet and its solar system are impermanent aggregates. According to the doctrine of the Epoques de la Nature, the universe is a theatre of perpetual creation and destruction, with “suns which appear and disappear as if they were alternately kindled and extinguished”, which can expire and

41 Letter to Johann Bernoulli 18 November 1698; GM III, 553; Leibniz: Philosophical Essays, p. 169. 42 Principes de la nature et de la grâce, § 6; GP VI, 601; Leibniz: Philosophical Essays, p. 209. 43 Buffon: Histoire Naturelle, III, p. 12 44 Ibid., XIII, j. 45 Buffon clearly believed that species diversified and altered their characters over time as well as going extinct, but, given his lineage theory, it is difficult to read him as supposing new species could arise from old. See J. H. Eddy Jr.: “Buffon’s Histoire Naturelle: History? A Critique of Recent Interpretations”, in: Isis 85 (1994), pp. 644–661; T. Houquet: “Buffon: From Natural History to the History of Nature?”, in: Biological Theory 2 (2007), pp. 413–419; J. S. Wilkie: “The Idea of Evolution in the Writings of Buffon”, in: Annals of Science 12 (1956), pp. 48–62.

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annihilate a world or a system of worlds46. The earth is losing its interior heat and gradually cooling down; the energy of the sun is insufficient to maintain life and generation. Inevitably the world will become a glacial mass and there will come an end to “la Nature vivante” as there was a beginning in the third epoch of the history of the earth47. In the meantime, the “torrent of time carries off and absorbs all individuals”, and Buffon wonders “what purposes […] are served by this immense train of generations, this profusion of germs, many thousands of which are abortive for one that is brought into life?”48 There is no metaphysical answer to this question because there is no purpose served. Living nature is simply a product of the universal machine which takes organic molecules as its input. Buffon wrote extensively on human mortality, which he regarded with an Epicurean eye. “Everything changes in Nature, everything is altered, everything perishes […] no sooner has the body of man arrived at the point of perfection than it begins to disintegrate”49. We cannot suspend the laws of nature or take refuge in “the illusions of our imagination”50. Regardless of climate and diet, the human lifespan is fixed by the laws of nature. An extensive set of tables demonstrates that people die at every age. The life expectancy of the individual at any age can be calculated, but no human being lives longer than ninety or 100 years51. Buffon’s aim in addressing the topics of senescence, dying, and death at such length and in such graphical physical detail is, he explains, “in order to try to destroy a prejudice so contrary to man’s happiness”52. The prejudice explicitly addressed is that death is to be feared because the process of dying is horrible. The prejudice implicitly addressed is that the human soul is immortal and will suffer punishments or enjoy compensatory rewards in the hereafter. Just as death is the annihilation of all sensation, the process of dying is the diminution of sensation so that except in rare cases, there is no suffering. 4. Buffon’s materialism and mortalism, the framework of his theory of organic molecules, were associated with a moral stance very different from Leibniz’s. For Leibniz, the moral significance of the monadology is as follows: To each substance, 46 Buffon: Histoire Naturelle, X, p. 329 . Cf. Lucretius: De Rerum Natura (II 1143–50), 2. In time, “the ramparts that surround the mighty world will be taken by storm and will collapse and crumble into ruins […] all things gradually decay and head for the reef of destruction”. 47 Buffon: Epoques de la Nature, III, pp. 191–2. 48 Id.: Histoire Naturelle, X, p. 347 49 Ibid., II, p. 557. 50 Ibid., p. 585. 51 Ibid., pp. 571–2. The great ages of the patriarchs who survived for 900 years or more indicate that their environment was like nothing to be found in the present day and their age at sexual maturity must have been upwards of 130. 52 Ibid., p. 584. For discussion, see J. Stalnaker: “Buffon on Death and Fossils”, in: Representations 115 (2011), pp. 20–41.

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the necessary organic constitution for the preservation of its vital activities has been given. As appetition is essential to life, no creature is abandoned to the torrents of time or caught up helplessly in the machine of the universe. While the individual’s life is prescribed by its concept, its script is composed of actions motivated by internally experienced desires inclinations, and decisions; no fate is imposed on it from without. We must be content with our individual lots in life, knowing that the infinite package of predicates – experiences undergone, actions performed – that we contain and that unfurls over time is that best adapted to the goodness of the whole. The same is true of the other substances with which we share the phenomenal world. Infinite thought, planning, and creative effort have gone into the constitution of each individual, even if their life seems sinful, painful, or unlucky. Regardless of what happens, one can be certain that historical and political events are foreseen and intended elements of the divine plan, though determined by the universal laws of nature. At the same time, our merits and demerits are evident to a perfectly just God. The infinite duration of life for each individual, in some visible or invisible form or other, provides infinite time for redress of injustices suffered and the imposition of punishments on one’s persecutors. Further, the efforts of capable and wise humans to improve the world through technology and judicial reform are imitations of the divine effort in fashioning a pleasing and just world53. Religion was, for Leibniz, the cement of society, insofar as divinity grounded, not the content of morality but compliance with a morality that was nevertheless perfectly objective in being recognised by God. Only the fear of divine punishment, in Leibniz’s view, could restrain the appetites of brutal men “capable of setting fire to the four corners of the earth, for their pleasure or advancement ‘and admiring of anyone who spilled a sea of blood or turned everything upside down”54. If, on the contrary, Hobbes and Pufendorf were right, and human society was organised only to serve human interests, there was no metaphysical basis and no motivation for obedience to moral codes mediated by human responsibilities vis-a-vis God. Where Leibniz reserved his speculations about the true age of the world and the modification and extinctions of species for himself, Buffon saw fit to put his hypotheses down on paper, protected by the privilege du Roi that he enjoyed and by his liberal employment of insincere references to the ‘soul’ and to the ‘Creator’55. His declarations in the Premier Discours to the first volume of the Histoire that morality is a matter of convenience and likelihoods, and truth an arbitrary notion, aroused no little outrage, however, and he avoided these topics in his later writings56.

53 On Leibniz’s dedication to social and technological improvement, see M. R. Antognazza: Leibniz: An Intellectual Biography, Cambridge 2009, esp. pp. 196 ff. 54 G. W. Leibniz: New Essays, ed. and transl. by Peter Remnant and Jonathan Bennett, Cambridge 1981, pp. 462–4; A VI, 6, 462, 15–17. 55 This did not spare him attacks from the clergy; see the reviews of the Histoire reprinted in J. Lyons/Ph. R. Sloan, From Natural History to the History of Nature, Notre Dame/London 1981. 56 Buffon: Histoire Naturelle, I, p. 55.

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Leibniz’s monadology is both static and dynamic. The tension between the two modalities, like the tension between the two models of the monad, accounts for some of its fascination. It is ‘static’ in the sense that the theory says that no individual substances ever leave the world and no new individual substances enter it and that all the perceptions and appetitions of each individual substance are already there, contained within it, with past, present and future simultaneously apprehensible to God. The world is the best possible world, just as it is, and it has always been perfect and always will be perfect without any further adjustments by God. Indeed, remarkably for a physicist, the solar system is, for Leibniz, a perpetual motion machine57. At the same time, the notions of ‘succession’ and ‘improvement’ are salient in the theory; events do not occur in time, rather the succession of events constitutes time. Experiences flow from the inner being of the monad uninterruptedly; and time is grounded in the succession of experiences. The living creature visible to us is in one of an infinite number of stages instantiated by an infinitely complex mechanical entity whose metamorphoses extended into the past and will extend into the future forever. The phenomenal world is a series of appearances that can be explained in principle and retrospectively in ‘mechanical’ terms. The world outside the mind is a sequence of forms, of geological stages, historical configurations, and perhaps zoological phases of earth’s history. Time is the condition of justice, which is only one form of amelioration. Human experiences in the long run, though not in any given interval, correspond to moral deserts, and we know a priori that, although the next state of the whole globe is not predictable and may even appear to be a deterioration in conditions, there is continual progress towards ever more visibly perfect state58. For Buffon, by contrast, everything is in flux; creation and extinction are ongoing. The plenitude of the temporary world is realised in the productive powers of nature rather than in a optimising plan or process, and the result is somewhat chaotic “The hand of the Creator does not appear to be opened in order to give existence to a certain limited number of species. Rather it appears as if it has thrown out all at once a world of related and unrelated beings, an infinity of harmonious and inharmonious combinations, and an endless cycle of destructions and renewals”59.

The universe will continue forever reshuffling its primitive elements, the only survivors of the battering forces of nature. This reshuffling tends everywhere to the production and reproduction of life while the inorganic realm of stones and brute matter remains relatively constant.

57 “Mr. Newton and his followers have a very jolly view of the works of God. According to them, God needs to rewind his watch from time to time. Otherwise, it stops working. He has not the skill to make its movement perpetual”. First Letter to Clarke, November 1715; GP VII, 352. 58 There is useful discussion of Leibniz on perfection and progress by L. Strickland: Leibniz Reinterpreted, London 2006, pp. 121 ff. though cf. Antognazza: Leibniz, fn 54 below. 59 Buffon: Histoire Naturelle, I, p. 11 (“Discours Preliminaire”).

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“Nature in general […] tends more to life than to death; it seems that she aims to organise bodies as much as possible; the multiplication of germs, which can be increased almost infinitely, is a proof of this […]. […] [T]he normal work of Nature is the production of the organic, which is also her most familiar activity, and her power is unlimited in this regard”60.

For Buffon, it is human intelligence rather than divine intelligence that is responsible for such beauty and order in the world that there is. Humans have multiplied the useful species and destroyed the dangerous ones; they have converted deserts into fields and cleared and cultivated the wilderness. They have begun to civilise the savages. Their agricultural experiments and their selective breeding of livestock, fruits and flowers, have enabled them to expand their population and testify to the previously unknown powers of humanity61. However, neither the productive powers of Nature nor human ingenuity can prevent the extinction of all life when the globe cools down to an uninhabitable temperature, and human political folly may decimate the species long before that happens. For Buffon, a metaphysical foundation for physical science of the sort Leibniz sought is not required. A science of appearances and experimentally-derived conclusions is sufficient and is all we can obtain. Further, it is only “our sentiments, of our passions, and […] our wills” that lead us to ascribe reality to moral entities, which are “created solely by the human intellect”. These conclusions dismayed, in particular, those philosophers in Germany who, while aware of the difficulties of metaphysics in the tradition of Leibniz and Wolff, could not accept the fatalism and moral relativism of Buffon’s vision of nature and history. The major late eighteenth century contribution to the philosophy of living nature, Kant’s Critique of Judgement of 1690 was an attempt to ‘resacralise’ the territory claimed by Buffon, reintroducing the notions of purposiveness and the ‘supersensible’ into natural history and the history of nature62. To conclude, the evolution of the 18th century life sciences was furthered by the presentation by Leibniz of a theory of the organism as a unique living individual, as composed of other organisms in a regulatory hierarchy and as enjoying varying degrees of acuity and capability in sensation and appetite. Although we do not suppose that all life forms, including mosses and moulds, represent the universe and strive in the sense in which Leibniz appears to have ascribed perception and appetite to all real beings, attention has recently focussed on proto-perceptive and protoappetitive capabilities that appear even in rooted organisms. To be sure, much in Leibniz’s conception had later to be modified: the notion that the organism was infinitely complex as opposed to being very complex, that it was immortal, and that

60 Ibid., II, 37. 61 Ibid., XII, pp. xj–xiv. 62 See on Kant’s reintroduction of ‘purposiveness’ J. H. Zammito: The Genesis of Kant’s Critique of Judgement, Chicago 1992, esp. 189–213.

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regulation was entirely top down, rather than involving the transmission of feedback from lower units to higher regulators63. The essential unity of the living individual was challenged as well as supported by later developments in the biological sciences, though not the uniqueness of the living individual. As an alternative to the doctrines of both mechanists and vitalists of the 17th century and as a stimulus to the sciences of life in the 18th century, the Leibnizian monadology was of unmistakable importance. This can be seen from the persistence of certain of its core elements, which survived importation into the morally, theologically, and epistemologically very different natural philosophy of the Comte de Buffon as well as in the profound metaphysical significance ascribed by Kant to the living individual.

63 On the varieties of 18th C. and early 19th century vitalism, see G. Cimino/F. Duchesneau (eds.): Vitalisms from Haller to the Cell Theory, Florence 1997.

LES INTERPRÉTATIONS DE LA PHILOSOPHIE DE LEIBNIZ PAR LES MONADISTES EN ALLEMAGNE AU XVIIIE SIÈCLE Anne-Lise Rey (Lille) 1. INTRODUCTION : LA MONADE POUR KANT Dans la Dialectique transcendantale, la « Remarque sur la deuxième antinomie », portant sur la thèse suivante : « Toute substance composée dans le monde, est constituée de parties simples, et il n’existe partout rien que le simple ou ce qui en est composé », s’appuie sur « l’identification de la signification propre du terme de monade (selon l’usage de Leibniz) ». Cela conduit Kant à désigner, dans la Critique de la Raison Pure, cette thèse de la deuxième antinomie comme le « principe dialectique de la monadologie ». Il formule ainsi clairement le cadre interprétatif dans lequel il comprend la monade leibnizienne : « La signification propre du mot monade (selon l’usage de Leibniz) ne devrait assurément s’appliquer qu’au simple qui est immédiatement donné comme substance simple (par exemple, dans la conscience de soi) et non comme élément du composé, lequel élément se devrait plutôt nommer atome. Et dans la mesure où ce n’est que relativement au composé que j’entends fournir la preuve des substances simples qui en sont les éléments, je pourrais appeler la thèse de la deuxième antinomie l’atomistique transcendantale. Mais, étant donné que ce mot a déjà depuis longtemps été utilisé pour désigner une manière particulière d’expliquer les phénomènes corporels (molecula), et qu’il suppose donc des concepts empiriques, on peut l’appeler le principe dialectique de la monadologie »1.

La conception que Kant se fait dans ce texte du sens du concept de monade selon l’usage de Leibniz repose sur deux idées majeures. En premier lieu, Kant critique une interprétation de la monade entendue comme monade physique, qui en ferait un synonyme de l’atome. Cette critique repose sur l’idée que la monade n’est pas une partie, y compris une partie constitutive2, d’un composé, elle n’est donc pas un point physique. En second lieu, il récuse la possibilité de recourir à des concepts empiriques pour établir la signification du concept de monade et réciproquement lui dénie toute capacité à expliquer les phénomènes naturels, scellant ainsi l’impossibilité pour une véritable science de la nature de s’appuyer sur les lois de l’expérience.

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I. Kant : Critique de la Raison pure, éd. A. Renaut, Paris 32006, p. 440. Ibid., p. 440 : « Au reste, je ne parle ici du simple que pour autant qu’il est donné nécessairement dans le composé, dans la mesure où celui-ci peut se résoudre en lui comme en ses parties constitutives ».

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Les Principes métaphysiques de la science de la nature de 1786 fournissent, dans leur Préface, l’assise argumentative de cette thèse. En distinguant, au sein de la théorie de la nature, la théorie historique de la nature et la science de la nature, puis au sein de la science de la nature, le propre et l’impropre3, il indique que la « science rationnelle de la nature » est la seule légitime en ce qu’elle traite son objet entièrement d’après des principes a priori et garantit ainsi une certitude apodictique à cette science4. Cette nécessaire « séparation » est articulée à une réinterprétation du dispositif monadologique leibnizien dans la deuxième remarque qui suit le théorème 4 du chapitre II « Premiers principes métaphysiques de la dynamique ». Kant indique dans cette remarque que la monade ne peut en aucun cas expliquer les phénomènes de la nature et que par conséquent le « composé phénoménal n’est pas constitué par le simple »5. Ce qui fait donc problème dans la Monadologie physique pour Kant lorsqu’il écrit dans sa période critique ce sont deux choses : la simplicité de la monade qui ne peut être réduite à un atome physique et sa supposée capacité à expliquer les

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I. Kant : Principes métaphysiques de la science de la nature, Préface, éd. J. Gibelin, Paris 1990, p. 8 : « […] c’est pourquoi il vaut mieux diviser la théorie de la nature en théorie historique de la nature ne contenant que des faits systématiquement ordonnés des choses de la nature (laquelle théorie comprendrait à son tour une description de la nature en tant que classification de ces faits suivant les analogies et une histoire de la nature en tant que exposition systématique de ceux-ci dans les différents temps et lieux) et en science de la nature. De son côté, la science de la nature serait appelée proprement ou improprement Science de la nature ; la première traitant son objet entièrement d’après des principes a priori et l’autre d’après des lois de l’expérience ». Il faudrait nuancer cette assertion en indiquant que Kant ajoute : « Toute science de la nature proprement dite doit donc avoir une partie pure sur laquelle doit se fonder la certitude apodictique que la raison cherche en elle ; or comme cette partie diffère totalement par ses principes de ceux qui ne sont qu’empiriques, il est de la plus grande utilité et c’est même par suite de la nature e la chose un devoir qu’on ne saurait négliger par rapport à la méthode, d’exposer cette partie séparément et autant que possible, en son entière totalité sans la mêler à l’autre afin de pouvoir déterminer exactement ce que la raison peut accomplir par elle-même et le point où sa puissance commence à avoir besoin des principes de l’expérience. La pure connaissance rationnelle par simples concepts est appelée philosophie pure ou métaphysique ; mais celle qui ne fonde sa connaissance que sur la construction des concepts en présentant l’objet dans une intuition a priori, s’appelle mathématique » (pp. 9–10). Il reconnait ainsi que la science de la nature a besoin des principes de l’expérience mais à condition qu’ils soient ressaisis dans une intitution a priori, que « dans la mesure où la mathématique peut s’y appliquer » (p. 12). Ibid., ch. II, p.69 : « La raison de cette erreur doit s’attribuer à une fausse interprétation de la Monadologie, laquelle ne se rapporte pas du tout à l’explication des phénomènes de la nature, mais est un concept platonicien de l’Univers développé par Leibniz, exact en soi, en tant que l’Univers considéré non comme objet des sens, mais comme chose en soi, est simplement un objet de l’entendement sur lequel cependant se fondent les phénomènes des sens. Il est vrai assurément que dans les choses en soi, le composé doit être constitué par le simple, car les parties doivent être données ici avant toute composition. Mais le composé phénoménal n’est pas constitué par le simple parce que dans le phénomène qui ne peut jamais être donné que composé (étendu), les parties ne peuvent être données que par la division, donc non avant le composé, mais seulement en lui ».

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phénomènes naturels (puisque Kant la range dans un autre règne, si je puis dire, celui de l’inconnaissable et des choses en soi). Avant d’être une illusion transcendantale, Kant a considéré comme possible la conciliation de la métaphysique et de la géométrie. Dans ce cadre, quelle définition a-t-il donné de la monade dans son texte de 1756, la Monadologie physique ? Dans la Monadologie physique, Kant utilise la philosophie naturelle de Newton comme une réponse au problème qu’il rencontre dans sa volonté initiale d’articuler métaphysique et géométrie c’est-à-dire en l’occurrence l’existence d’éléments indivisibles leibniziens et la divisibilité de l’espace à l’infini. Or, cette position a une histoire dans la réception de la théorie leibnizienne de la monade en Allemagne au XVIIIe siècle que je voudrais évoquer ici. Cette conciliation de la métaphysique et de la géométrisation de l’expérience paraît de prime abord difficile à réaliser. Un passage des « Considérations préliminaires » du texte de 1756 l’indique. Ayant loué l’usage de l’expérience et le recours à la géométrie dans les sciences de la nature, il souligne leur insuffisance : ils permettent de découvrir les lois de la nature, mais non les causes de ces lois, seule la métaphysique peut garantir l’accès à ces causes. On peut en effet affirmer que les corps sont composés de parties, mais pour expliquer comment ils le sont, il faut avoir recours à la métaphysique : « Mais comment dans cette question est-il possible de concilier la métaphysique avec la géométrie ? […] C’est que celle-là nie rigoureusement que l’espace soit divisible à l’infini, alors que celle-ci le soutient avec sa certitude habituelle. L’une prétend que l’espace vide est nécessaire pour concevoir des mouvements libres, l’autre ne l’admet pas. L’une fait voir que l’attraction ou la gravitation universelle est difficilement explicable par des causes mécaniques, mais qu’elle provient de forces intérieures aux corps en repos et agissant à distance ; l’autre les relègue parmi les jeux vides de l’imagination »6.

Kant fait de l’attraction newtonienne la réponse à la question formulée par la dynamique leibnizienne et qui pourrait s’énoncer ainsi : quelles forces permettent de penser la nature intime des choses ? Mais il faut immédiatement préciser que sa réponse – en apparence newtonienne – subit deux écarts conceptuels importants par rapport aux textes de Newton. Dans ce texte de Kant, les forces d’attraction et de répulsion sont conçues comme des forces motrices intérieures aux éléments, ce qui est contraire à la conception newtonienne de la matière. Kant affirme également dans cet extrait des « Considérations préliminaires » que l’explication de la nature intérieure des choses pourrait nous être accessible. Il affirme en effet deux paragraphes plus loin dans le texte que l’existence des deux forces attractive et répulsive est un moyen d’expliquer la nature intérieure des choses. « […] puisqu’un principe de toutes les actions internes, c’est-à-dire une force motrice intérieure aux éléments, est nécessaire et, bien sûr, une force qui se déploie à l’extérieur, et puisque cette force est présente à l’extérieur pour mettre en mouvement les choses comprésentes, nous ne pouvons concevoir cette force que comme attractive ou répulsive. En outre, puisqu’en posant seulement la force répulsive, on peut comprendre non pas la réunion des éléments requis pour 6

I. Kant: Quelques opuscules précritiques, Paris 1970, p. 34.

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Anne-Lise Rey la composition des corps, mais plutôt leur dispersion, alors qu’en posant la seule force attractive, on comprend certes la réunion, mais non la possibilité d’une étendue déterminée et de l’espace, on peut déjà comprendre par anticipation que lorsqu’on est capable de déduire ces deux principes à partir de la nature même des éléments et de leurs affections primitives, on apporte une contribution d’une importance non négligeable à l’explication de la nature intérieure des choses »7.

Certes, la question de l’impossibilité d’une explication de la nature intérieure des choses dans la pensée de Newton est moins tranchée que ce que sa postérité pourrait laisser supposer. À cet égard, les interprétations dominantes qui ont conduit à faire de l’hypotheses non fingo une déclaration méthodologique d’ordre général ont pu être réévaluées grâce aux travaux d’Alan Gabbey8 et plus récemment d’Andrew Janiak9, et, en particulier, grâce à l’édition du De Gravitatione10 qui a établi l’intérêt de Newton pour la métaphysique comme l’une des raisons de son opposition métaphysique à Descartes. Il reste cependant délicat d’articuler, comme le fait Kant dans ce texte, le recours aux concepts newtoniens de forces d’attraction et de répulsion et l’explication de la nature interne des corps à l’intérieur de la pensée newtonienne. Il est a contrario extrêmement intéressant d’interpréter cette articulation, précisément, comme le résultat d’une synthèse féconde entre les outils conceptuels newtoniens et une question leibnizienne. Ainsi, dans la Monadologie physique, Kant propose une conception de la monade définie comme un élément simple substantiel11, sans composition qui constitue la matière. Il peut le faire à condition d’introduire une différence claire entre espace et matière et en un sens de désolidariser la structure de la matière et la nature de l’espace. Il l’indique dans le scholie de la proposition V: « Lorsqu’on fait une enquête sur les éléments, rien ne fait plus obstacle au mariage de la géométrie avec la métaphysique que cette opinion préconçue qu’on n’a pas soumise autant qu’il faut à une épreuve critique, à savoir que la divisibilité de l’espace qu’un élément occupe implique aussi la division de l’élément lui-même en parties substantielles »12.

Kant appuie cette assertion sur l’idée que la monade remplit l’espace par sa sphère d’activité (sa présence externe). Par conséquent elle ne le remplit ni par une extension qui lui serait propre (et qu’on lui attribuerait à tort), ni a fortiori par ses déterminations internes qui ne sont pas dans l’espace. 7 8

Ibid. A. Gabbey : « Exercises in Betrayal : Philosophy in Translation: Cartesian Views », dans : Brills Studies in Intellectual History 116 (2003), pp. 179–192. 9 A. Janiak : Newton as Philosopher, Cambridge/New York 2008. 10 Unpublished Scientific Papers of Isaac Newton, éd. A. R. Hall et M. Boas Hall, Cambridge 1962. I. Newton : « De Gravitatione », dans : A. Janiak (éd.) : Philosophical Writings, Cambridge 2004, pp. 12–39. 11 Ibid., p. 35 : « Proposition I. Définition. La substance simple, qu’on appelle monde, est celle qui n’est pas constituée d’une pluralité de parties, dont chacune peut exister séparée et sans les autres ». 12 I. Kant : « Monadologie physique », in : Id. : Quelques opuscules précritiques, Première section de la Monadologie physique où l’on démontre que l’existence des monades physiques s’accorde avec la géométrie, Proposition V, Scholie, p. 39.

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Par conséquent, ce n’est pas parce qu’on divise l’espace qu’on divise la substance, comme Kant l’écrit dans la Proposition VII13 : « Or les déterminations internes ne sont pas dans l’espace, précisément parce qu’elles sont internes. C’est pourquoi, ni les déterminations internes ne sont divisées quand on divise les externes, ni, en conséquence, par le fait même, le sujet lui-même, c’est-à-dire la substance, n’est pas divisé ».

Cet espace kantien s’inscrit dans la continuité du cadre leibnizien qui le définit comme une relation entre des substances coexistantes. On voit ici que Kant surmonte la contradiction et assure la conciliation, en apparence difficile, entre géométrie et métaphysique. Il y parvient en modifiant de façon substantielle la définition leibnizienne de la notion de substance. En effet, il la dote, d’une part, de déterminations externes ; et il explique, d’autre part, sa sphère d’activité (et non son action) par des forces d’attraction et de répulsion (et non par des forces actives). Or, cette reconfiguration conceptuelle de la substance ne prend tout son sens que si on la resitue dans le cadre des polémiques qui ont violemment opposées wolffiens et anti-wolffiens à Halle en particulier, – que l’on songe à la fronde antiwolffienne menée par Lange –, mais aussi à l’Académie de Berlin entre les partisans d’Euler et ceux qui, avec Formey et quelques autres, défendaient précisément le monadisme. La Monadologie physique est une réponse spécifique à ces débats qui se déroulent à Halle et à Berlin pour trois raisons. Car, elle propose une nouvelle conception de la monade qui s’apparente à un atomisme dynamique. Car elle cherche à penser une conciliation entre science des phénomènes et métaphysique des essences simples : « dans l’étude des choses naturelles, la métaphysique seule dont les gens, pour la plupart, affirment pouvoir se passer avantageusement, sert de soutien et augmente notre lumière »14.

Comme l’écrit Michel Puech, dans son ouvrage Kant et la causalité, il s’agit bien ici de : « remplir l’espace physique infiniment divisible des newtoniens par des substances métaphysiquement indivisibles, cela instaure une nouvelle harmonie entre les savoirs »15.

Et enfin, car elle propose une articulation entre Leibniz et Newton puisqu’il introduit dans la monade physique des forces d’attraction et de répulsion qui s’exercent dans sa sphère d’activité. Je voudrais dans ce qui suit montrer que cette articulation a une histoire et que la position de Kant ne se comprend pleinement qu’en la réinscrivant dans cette histoire dont elle est plus un terme possible qu’un commencement radical. La question de la définition de la monade est à comprendre dans le contexte de cette articulation

13 Ibid., p. 41. 14 Ibid., « Considérations préliminaires », p. 33. 15 M. Puech : Kant et la causalité, Paris 1990, p. 237.

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de la métaphysique et de la physique. Or, Kant, en choisissant cette forme de conciliation, tranche au sein de débats vifs qui existent en Allemagne depuis une vingtaine d’années en faveur d’une position particulière qui peut, pour une part s’expliquer, mais pas uniquement, par le fait que Kant chercherait à « asseoir la physique des phénomènes externes sur une métaphysique des causes-forces internes »16. Ce qui présupposerait en particulier que la métaphysique de Newton n’est pas retenue comme une option possible de ce paysage. Une lecture possible et répandue de la Monadologie physique de 1756 en fait un texte wolffien17. Or, je voudrais montrer que Wolff cherche moins à concilier la métaphysique avec la connaissance physique réelle qu’il ne cherche à la neutraliser, comme le propose M. Stan18. Pour éclairer ce point, il faut sans doute également rappeler qu’il existe, à cette époque, d’autres pratiques de conciliation. 2. L’ÊTRE SIMPLE DE WOLFF 2.1 La polémique avec Lange L’un des moyens de montrer que la tentative de conciliation précédemment évoquée n’est pas forcément wolffienne est de se référer à une polémique importante qui s’est déroulée à Halle pour l’essentiel entre 1721 et 1736 : celle qui opposa Lange à Wolff. Cette controverse bien connue a contribué à forger l’image d’un idéalisme leibnizo-wolffien. Je voudrais rappeler brièvement comment Lange a construit cette image et sur quels points elle s’écarte de la pensée de Wolff. Je mentionnerai ensuite le travail qu’opère effectivement Wolff sur la pensée de Newton. Lange a utilisé le Discours sur la philosophie pratique des chinois prononcé par Wolff en juillet 1721 pour développer une interprétation spinoziste de la philosophie de Wolff qui lui a ensuite permis de la présenter comme une philosophie athée. Wolff fut rapidement inquiété, exclu de l’université de Halle, puis contraint à l’exil. La métaphysique de Wolff est ainsi condamnée par les facultés de théologie de Tubingen et Iena et son enseignement interdit. Or, pour se défendre contre ces attaques d’athéisme, Wolff s’est employé à récuser tout ce qui avait permis à Lange d’interpréter sa pensée comme un matérialisme. Lange énonce, avec précision, son axe de lecture de la philosophie wolffienne au § 5 de l’introduction au premier chapitre de son texte de 1726 Nova Anatome sive idea analytica systematis metaphysici wolfiani. Il présente le système

16 Ibid., p. 240. 17 On la trouve par exemple sous la plume de M. Puech, lorsqu’il écrit : « cet effort pour concilier une métaphysique de la substance avec la connaissance physique réelle est en lui-même typiquement wolffien ». Ibid., p. 239 (c’est moi qui souligne). 18 M. Stan : « Newton’s Concepts of Force among the Leibnizians », dans : M. Feingold (éd.) : The Reception of Newton in Europe, Cambridge 2016 (à paraître).

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wolffien comme un système biforme19 : Lange reproche à Wolff d’être à la fois idéaliste20 et matérialiste21. Ce système serait articulé, d’après Lange, par la thèse leibnizienne de l’harmonie préétablie qu’il juge centrale dans la philosophie wolffienne. La consistance philosophique du travail de reconstruction interprétatif de Lange prend en charge une ambiguité fondamentale de la philosophie wolffienne comme l’a noté Enrico Pasini dans son bel article de 1994 « La prima recezione della Monadologia »22. Lange présente une interprétation de la philosophie de Wolff selon laquelle tout s’explique mécaniquement. Il fait de cette explication mécanique, la preuve de son matérialisme. Celui-ci introduirait l’idée de l’éternité du monde et ouvrirait ainsi la voie à l’athéisme. Mais ce mécanisme n’est qu’une des dimensions de la pensée de Wolff d’après Lange, puisqu’il explique également l’action des êtres par le recours à une causalité idéale, ce serait son idéalisme (entendu par Lange comme l’adhésion à la monadologie). Lange a ainsi cherché à identifier les pensées de Leibniz et de Wolff sous la bannière univoque de l’idéalisme. En effet, dans le § 22 de la Nova Anatome, Lange identifie les monades leibniziennes aux êtres simples de Wolff et dénonce la « doctrine des non-êtres métaphysiques ou monadologie leibnizo-wolffienne comme étant chimérique et contradictoire »23. A l’identique dans l’Isagogicum de la Causa Dei au § 14, Lange écrit « les purs esprits des idéalistes, les monades de Leibniz et les êtres simples wolffiens sont synonymes »24. Il est facile de montrer que système leibnizo-wolffien au sens d’une identification des thèses de Leibniz et de Wolff n’existe pas. Wolff n’utilise pratiquement jamais le terme de monade, mais lui préfère celui d’être simple, cette singularité lexicologique révèle une divergence fondamentale à l’égard de la conception leibnizienne de la substance telle qu’elle s’exprime dans la

19 Cf. A.-L. Rey : « La controverse entre C. Wolff et J. Lange : quelques précisions sur une ‹ pseudo-philosophie › spinoziste », ch. XIV, dans : Leibniz/Spinoza, éd. R. Andrault et M. Lærke, Paris 2014, pp. 303–324. 20 J. Lange : Nova anatome sive idea analytica systematis metaphysici Wolfiani, Frankfurt/Leipzig 1726, p. 67, § 1, voici le passage entier d’où est extraite cette définition de l’esprit : « Idealistae admittuntque, nisi ejusmodi meros spiritus, quorum natura tota consistat in ideisatione, seu in facultate ideas rerum corporearum, sine ullo organorum sensualium subsidio, in se e se ipsis evolvendi & excitandi ». 21 Ibid., p. 68, § 2 : « Materialistae, spiritibus, tanquam substantiis peculiaribus, in totum negatis, nihil agnoscunt et admittunt, nisi meram materiam, et inde composita corpora ; animas vero pro affectione mere corporea habent, et hinc regimen ac motum corporum quorumque soli mechanismo, seu legibus mechanicis, tribuunt, […] ». 22 E. Pasini : « La prima recezione della Monadologia : Dalla tesi di Gottsched alla controversia sulla dottrina delle monadi », dans : Estratto da «Studi settecenteschi» XIV (1994), pp. 107–163. 23 Lange : Nova anatome, p. 79 : « Ceterum de monadibus Leibnitianis, seu sic dictis simplicibus Wolfianis, et, specie eorum secunda de animabus brutorum praetermissa, praecipue de prima illa elementari […] Universam hanc non-entium metaphysicorum doctrinam, seu monadologiam Leibnitio-Wolfianam esse chimaericam et contradictoriam […] ». 24 Ibid., p. 349 : « […] meros idealistarum spiritus, Leibnizianas monades, et Wolfiana simplicia, […] esse synonyma… ».

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notion de monade. En effet, pour Leibniz tout est plein de substances et toute substance exprime le monde selon son point de vue, en le percevant, et en exprimant conjointement la perfection de Dieu. Or, Wolff rejette la conception leibnizienne de la substance en récusant l’idée d’une capacité perceptive présente dans toutes les formes de substances. A contrario, il réintroduit une distinction entre les éléments des corps, qui ne peuvent être dotés d’une capacité perceptive, même si l’on réduisait celle-ci à une perception indistincte et obscure, et les âmes qui, elles, peuvent être dotées de perception. En refusant d’accorder la perception à chaque élément du monde, Wolff condamne du même mouvement, par le refus de la fonction expressive accordée à toute chose, la théorie de l’harmonie universelle25. En récusant l’expressivité de la substance, la définition de la monade et l’explication par l’harmonie préétablie, Wolff montre sa distance à l’égard du modèle de rationalité leibnizien. Ainsi, ce que Lange identifie comme idéaliste dans la pensée de Wolff est précisément ce qui le distingue de Leibniz26. Le projet fermement ancré dans la pensée de Wolff de maintenir la séparation entre les substances perceptives et les autres permet d’expliquer pourquoi la substance de Wolff est physique, puisqu’elle ne débouche pas sur une substance active par soi. Dans le monde physique, sa conception de la substance est celle d’éléments, c’està-dire d’unités physiques douées d’une force active physique. On comprend dès lors contre quelle conception de la monade se positionne Kant dans la Monadologie physique. C’est sur fond d'une divergence philosophique profonde avec Leibniz que Wolff transforme le cadre métaphysique dans lequel il situe la dynamique. Comment la physique de Newton prend-elle place dans cet édifice ? 2.2 Le rapport de Wolff à Newton Essayons de remonter en amont des oppositions cristallisées autour de l’Académie de Berlin entre Leibniziens et Newtoniens pour analyser la manière dont Newton est reçu par Wolff. Comme l’affirme Eric Watkins, la philosophie de la nature de Leibniz a exercé une grande influence sur la réception des lois de Newton en Allemagne. « Leibniz’s philosophy of nature exerted a strong influence on the reception of 25 Cf. J.-P. Paccioni : Cet esprit de profondeur. Christian Wolff. L’ontologie et la métaphysique, Paris 2006, p. 143, § 596 : « Puisque toutes les choses composées sont connectées entre elles dans le monde (§ 544) et que les simples sont connectées au reste des simples de telle sorte qu’ils constituent avec eux une chose composée (§ 595), l’état interne de chaque chose simple doit se régler selon les composés qui l’environnent, comme autour d’un centre. De cette manière, chaque chose simple s’accorde avec l’univers entier, de là résulte la perfection du monde ». 26 Ch. Wolff : Gesammelte Werke, II. Abteilung : Lateinische Schriften, Bd. 6 : Psychologia rationalis, éd. J. Ecole, Hildesheim/New York 1972. Cf. le § 66 : En quoi consiste l’essence de l’âme : « L’essence de l’âme consiste dans la force de représentation de l’univers, limitée matériellement par la position du corps organique dans l’univers, et formellement par la constitution des organes sensoriels ». « Essentia animae consistit in vi repraesentativa universi situ corporis organici in universo materialiter et constitutione organorum sensoriorum formaliter limitata ».

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Newton’s laws, particularly on a Germanic tradition »27. Elle a sans doute contribué à freiner l’adhésion à la philosophie naturelle newtonienne ou parfois à la neutraliser. Deux exemples peuvent montrer comment Wolff procède à une articulation de la physique newtonienne et dʼun vocabulaire, en apparence, leibnizien. Dans le premier chapitre des Elementa mechanicae de 1733, chapitre intitulé « De motu aequabili », Wolff fait coexister dans la définition 4, la définition de la gravitation dans laquelle il analyse la pression qu’un corps exerce sur un autre par la force de gravité et les définitions leibniziennes de la force morte et de la force vive. Autrement dit, une coexistence de deux régimes interprétatifs de la force. Comment comprendre cela? Pierre Costabel dans son article de 1973 intitulé « Newton’s and Leibniz’ Dynamics »28 affirme que le langage de la force utilisé par Newton pour caractériser la loi d’inertie ne correspond pas à la conception d’une « chose qui existe réellement », mais qu’il y recourt plutôt pour sa fonction didactique, allant jusqu’à défendre la thèse selon laquelle l’usage du terme de force par Newton est largement fictionnel. La position de Costabel peut donc se résumer ainsi : il faut distinguer une force métaphysique, dépositaire de la réalité chez Leibniz et un concept, fictif, utilisé pour sa capacité à être mathématisé pour Newton. Cette interprétation de Costabel, si elle peut prêter à discussion, n’en est pas moins utile pour comprendre la conception de la philosophie naturelle de Wolff, prise entre Leibniz et Newton. Or, cette coexistence se meut en une entreprise de traduction des concepts opérée par Wolff. C’est mon deuxième exemple. Dans la lettre du 26 juin 171129, Wolff demande à Leibniz comment ce dernier explique la modification de la force primitive, par exemple lorsque le mouvement s’accélère dans le grave descendant. À la suite de cette question, Wolff assimile la force primitive à la force d’inertie. Cette assimilation ne va pas de soi car Wolff reprend ainsi,l’acception newtonienne de la vis insita définie comme force d’inertie telle qu’elle est présente dans les Principes mathématiques de la philosophie naturelle30. Là où Leibniz fait de la force interne un principe d’actualisation présent dans les corps, Newton considère la vis insita comme une force d’inertie, entendue comme une capacité à faire persévérer le corps dans l’état dans lequel il se trouve, qu’il s’agisse du mouvement ou du

27 E. Watkins : « The Reception of Newton’s Principles and Concept of Force », dans : S. Mandelbrote/H. Pulte (éds.) : The Reception of Isaac Newton in Europe, London (à paraître). 28 P. Costabel : « Newton’s and Leibniz’ Dynamics », dans : The Annus Mirabilis of Sir Isaac Newton 1666–1966, éd. R. Palter, Cambridge 1970, pp. 109–116. 29 Lettre de Wolff à Leibniz du 26 juin 1711, dans : Briefwechsel zwischen Leibniz und Christian Wolff, rééd. C. I. Gerhardt, Halle 1860, ici Hildesheim/New York 1971, lettre LXIV, p. 136. 30 De philosophiae naturalis principia mathematica. Principes Mathématiques de la Philosophie Naturelle, préface de St. Hawking, traduction nouvelle, postface et bibliographie établies par M.-Fr. Biarnais, Paris 1985, p. 25, liv. I, déf. 3 : « La vis insita d’une matière est la force de résistance par laquelle tout corps, autant qu’il le peut, persévère en son état de repos ou de mouvement rectiligne uniforme ».

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repos31. Les conséquences pour penser la causalité sont claires : pour Newton, la cause de tout mouvement résulte d’une combinaison de forces : la vis impressa qui exerce une action sur le corps par lequel elle lui imprime un nouvel état qui persévère grâce à la vis insita32. L’enjeu est ici la définition même de la force primitive que Wolff conçoit comme ce dont la modification produit l’impetus ; la force d’inertie est la force par laquelle un corps résiste à l’impetus d’un autre corps. Par là, il l’identifie à une force passive ou « force d’inactivité » dira Max Jammer33, alors que pour Leibniz dans ce contexte explicatif, la notion de force primitive est clairement comprise comme celle de force active primitive. Wolff met en regard le vocabulaire de la force motrice et de la force d’inertie avec celui de la force active et de la force passive. Par exemple au § 316 de la Cosmologia, lorsqu’il écrit « la force d’inertie que nous avions appelée force passive ». Mais s’il reprend le terme de force d’inertie, il en fait une force qui résiste au mouvement et non une force qui résiste au changement d’état (que ce soit le mouvement ou le repos) à la manière de Newton. Marius Stan propose une explication très stimulante de ce travail de mise en regard des concepts leibniziens et newtoniens par Wolff. Sa conviction première est que l’héritage de Leibniz, et en particulier son hostilité flagrante à l’égard de Newton, a contribué grandement à freiner sa réception en Allemagne au XVIIIe siècle et que Wolff fut l’un des acteurs majeurs de ce frein. A partir de là, il montre que la reprise du vocabulaire newtonien par Wolff ne signifie en aucun cas l’adhésion à la physique newtonienne34 et en particulier à sa force d’inertie. L’explication du choc de deux corps en mouvement met véritablement en évidence la divergence : pour Newton, par sa force d’inertie, chaque corps résiste aux efforts de l’autre corps pour le faire changer d’état et c’est une seule et même force qui est également appliquée aux deux corps, alors que pour une compréhension leibnizienne du choc, on peut identifier deux forces bien distinctes : le corps qui subit, par sa force d’inertie, résiste au changement alors que le corps qui agit exerce sa force motrice 31 Définition III et commentaire de la définition III des Principes Mathématiques de la Philosophie Naturelle, trad. E. du Châtelet, Paris 1989. 32 Commentaire Définition IV, à propos de la vis impressa : « Cette force consiste dans l’action seule, et elle ne persiste pas dans le corps dès que l’action vient à cesser. En effet, le corps persévère dans son nouvel état par la seule force d’inertie. En outre, la force imprimée a des origines diverses, comme le choc, la pression, la force centripète », dans : M. Blay : Les Principia de Newton, Paris 1995, p. 43. 33 M. Jammer : Concepts of Force. A Study in the Foundations of Dynamics, Harvard/Mineola, NY, 1999, p. 119 : « The inert nature of matter is here conceived as a force of inactivity ». 34 M. Stan, citant un passage de la Cosmologia generalis, § 232 à propos de la loi d’inertie, écrit dans son article à paraître « Newton’s Concepts of Force among the Leibnizians »: « The Wolffians, almost to a man, describe their vis inertiae as a force to resist motion. In contrast, the Briton’s analogous concept denotes a force that resists changes of state, not ‹ motion ›. Newton’s inertia appears to have a wider range – it can oppose rest too, for instance, as a body in translation resists a stationary one, in impact. So Newtonian ans Wolffian vires inertiae overlap partially, but are distinct forces after all, for the latter cover less. Ergo the Leibnizians did not adopt Newton’s force of inertia ».

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ou active. Et Wolff reprend la leçon leibnizienne sur ce point comme en témoignent les Principia dynamica35. Cela soulève une question : en reprenant ces termes newtoniens, le projet de Wolff n’est-il pas de donner une assise métaphysique à la physique newtonienne? De lui assurer un fondement? C’est en effet ce qu’il affirme dans la Cosmologia (§ 303) quand il indique que le travail des métaphysiciens est de fournir un fondement aux lois dynamiques que les mathématiciens qui énoncent ces lois sont incapables de fournir. S’il y a une conciliation entre la pensée de Wolff et celle de Newton, elle ne se trouve sans doute donc pas dans ces homonymies (reprise des concepts de force d’inertie ou d’égalité d’action et de réaction) très finement démontées par Marius Stan. Comment comprendre la démarche de Wolff dans cette perspective ? Wolff reprend des concepts utilisés par Leibniz et par Newton et il les présente comme équivalents (alors qu’ils ne le sont pas), mais en faisant cela, il présente des concepts comme newtoniens tout en leur donnant une signification leibnizienne. Le travail de traduction et de reformulation de ces concepts a une fonction bien précise. Plutôt que de les opposer, Wolff feint d’intégrer les apports de la physique newtonienne au cadre leibnizien et de montrer que loin de constituer une physique alternative, la physique newtonienne peut être assimilée, par un système de mise en équivalence, au sein de la philosophie naturelle leibnizienne, à l’égard de laquelle sur ces questions, il n’opère pas de rupture nette. Il neutralise ainsi la divergence et l’originalité de la philosophie naturelle de Newton. C’est dans ce contexte que prend place la création de la secte des monadistes par Manteuffel à la fin des années 173036. 3. LA QUERELLE ENTRE EULER ET FORMEY SUR LA DÉFINITION DE LA MATIÈRE Comme l’a souligné Catherine Wilson37 le fait que la controverse au sein de l’Académie de Berlin, ait porté sur l’usage de la théorie de la monade pour expliquer la matière, et que celle-ci ait été défendue par des « wolffiens » (Johann Philip Heinius, Samuel Formey) ayant le plus souvent, sous l’impulsion de Wolff, considérablement modifié la signification de la notion leibnizienne de monade, a sans doute conduit à rigidifier et à fortifier l’opposition méthodologique entre Wolffiens et Newtoniens. A l’évidence, c’est aussi une compréhension parcellaire de la philosophie de Leibniz, une assimilation rapide entre les pensées de Leibniz et Wolff et les traces laissées par la controverse avec Lange (puisque par exemple Euler craint que 35 Ch. Wolff : « Principia dynamica », dans : Gesammelte Werke, Abt. II : Lateinische Schriften, Bd. 35 : Meletemata mathematico-philosophica, Hildesheim 1974. 36 Cf. A.-L. Rey : « Les monades selon Samuel Formey », dans : Fr. Duchesneau (éd.) : La monadologie après Leibniz (= Studia Leibnitiana 45, 3 [2013]) (publié en 2015), pp. 135–149. 37 « The Reception of Leibniz in the Eighteenth Century », dans : N. Jolley (dir.) : The Cambridge Companion to Leibniz, Cambridge 1994, pp. 442–474.

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la théorie des monades mène à l’théisme38) qui ont contribué à construire ces oppositions. La dispute qui oppose Formey à Euler au sein de l’Académie de Berlin se durcit à l’occasion de la publication de ses Recherches sur les élémens de la matière. Il s’agit d’une critique explicite du texte d’Euler de 1746 Gedancken von den Elementen der Cörper39. La dispute se comprend dans le contexte de la question mise au concours à l’Académie royale des sciences et des belles lettres de Berlin en 1745 pour la classe de philosophie spéculative. « On demande, qu’en commençant par exposer d’une manière exacte et nette la doctrine des Monades, on examine si d’un côté elles peuvent être solidement réfutées et détruites par des arguments sans réplique : ou si de l’autre on est en état, après prouvé les Monades, d’en déduire une explication intelligible des principaux phénomènes de l’Univers, et en particulier de l’origine et du mouvement des corps ».

La guerre est alors déclarée entre les « newtoniens » Euler et Maupertuis, et les « leibniziens » comme Wolff et Formey. La question de la définition de la monade est jugée déterminante dans la mesure où l’on demande si elle permet d’expliquer ce que sont les corps. C’est le texte de Justi, proche d’Euler, qui fut récompensé par l’Académie. La pièce de Justi avait pour devise : « Nunquam aliud Natura, aliud Sapientia dicit ». Sa critique repose sur l’idée que la monade permettrait d’expliquer, par composition, l’étendue à partir de l’inétendu. Cette explication lui semble, comme à Euler, illusoire : « Dans cette Philosophie, tout est esprit, fantôme et illusion ; et quand nous autres ne pouvons pas comprendre ces mystères, c’est notre stupidité qui nous tient attachés aux notions grossières du peuple. Le plus singulier ici est que ces Philosophes, dans le dessein d’approfondir et d’expliquer la nature des corps et de l’étendue, sont enfin parvenus à nier l’existence des corps et de l'étendue. C’est sans doute le plus sûr moyen de réussir dans l’explication des phénomènes

38 Dans l’une des lettres à une princesse d’Allemagne (lettre LXXIX), Opera omnia, op. cit., III, 11, p. 172, Euler considère que la force interne des corps fait du wolffianisme une doctrine « qui sentirait fort l’athéisme ». Ou encore, dans la même lettre : « […] ne pouvant comprendre comment un corps agit sur un autre corps, ils [les philosophes wolffiens] en nient l’action hardiment, et soutiennent que tous les changements qui arrivent dans un corps sont causés par les propres forces de ce même corps […] ». 39 Le texte d’Euler sera traduit en français dix ans plus tard sous le titre de Considérations sur les Elemens des corps, traduites de l’allemand avec les observations des divers auteurs. C’est à cette traduction que je fais référence dans la suite de l’article in L. Euler : Mélanges philosophiques, Leyde 1754, I, p. 357–420. L’Avertissement justifie que la traduction française de l’opus d’Euler soit accompagnée d’extraits de différentes réactions qu’il a suscitées, et cela, au sein d’un recueil de textes de Formey en ces termes : « Pour l’entière intelligence des Recherches sur les Elémens de la matière on a cru devoir donner la Traduction de l’écrit allemand, qui a fourni l’occasion de les faire. Et comme cet écrit avait en quelque sorte sonné le tocsin d’une guerre philosophique, qui a fait entrer divers combattants en lice, nous avons parcouru les principales Pièces, qui ont paru pour le réfuter ; et nous en avons tiré une suite d’Observations, que nous plaçons immédiatement après les paragraphes auxquels elles appartiennent, afin que le Lecteur trouve réuni dans ce volume tout ce qu’il y a d’essentiel à la Controverse des Monades, ou Elémens de la matière ».

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de la nature ; on n’a qu’à les nier, et en alléguer pour preuve le principe de la raison suffisante. Voilà à quelle extravagance les Philosophes sont capables de se livrer, plutôt que d’avouer leur ignorance »40.

Il interprète la monade comme un moyen de nier l’existence des corps au prix d’une reconfiguration de la philosophie de Leibniz puisque la monade devient sous la plume d’Euler un atome physique doté d’une force d’inertie. L’une des critiques majeures qu’Euler adresse aux monadistes concerne les conséquences d’une philosophie qui ne verrait qu’une différence de degré entre matière et esprit. Euler y voit un risque d’athéisme. Il écrit : « Suivant l’hypothèse des Monades, les Ames ou Esprits appartiennent à la même classe que les particules simples des corps, puisque toutes les deux ont en partage la simplicité et la force de changer continuellement leur état, toute la différence ne consistant que dans la différente détermination de cette force. Suivant Mr de Leibniz toutes les monades, tant Esprit que particules des corps, ont la force de se représenter l’univers, et ne diffèrent conséquemment que par un degré plus élevé ou plus bas ».

A contrario, il voit « une différence infinie entre les Elements des corps et les Âmes ou les Esprits ; les premiers étant doués de la force de demeurer constamment dans leur état et de resister à tous les changements, au lieu qu’on attribue à bon droit aux autres, la force de changer leur état ; ce qui les place dans une classe d’Etres actuels aussi éloignée de celle des Elements des corps, que le ciel l’est de la terre »41.

L’enjeu est donc pour Euler d’établir une différence entre les corps considérés comme passifs et les âmes ou esprits considérés comme actifs, distinction que l’on pourrait précisément retrouver chez Wolff. Cela conduit Euler à distinguer la liberté des âmes de la force d’inertie des corps. Il considère que la décomposition des parties de l’étendue conduit à identifier des êtres simples ou monades qui seraient donc des éléments matériels simples sur le mode des atomes, chacun doté d’une force motrice42. Pour Euler, il est possible d’identifier ces éléments premiers comme des éléments indécomposables. On comprend à ce stade en quel sens les corps sont composés de monades : c’est, dans la mesure où les monades sont définies comme l'élément matériel le plus simple. On voit bien ici comment la conception wolffienne de la monade physique est présente, s’identifie à un atomisme et joue, pour cette raison, contre le concept leibnizien de monade. Si Euler finit par récuser l’existence des Etres simples en réservant, en définitive, le caractère d’être simple aux âmes et aux esprits43, il a néanmoins utilisé la conception wolffienne de la monade comme monade physique, la distinction radicale entre âme et atome, tout en dotant sa monade-atome d’une force newtonienne. 40 L. Euler : Opera omnia, XI, Seriei secundae, Turici 1960, p. 305. 41 « Considérations sur les Elemens des corps dans lesquelles on examine la doctrine des monades ; et l’on découvre la véritable essence du corps d’Euler », dans : Mélanges philosophiques, tome premier, par M. Formey, à Leide, de l’Imp. d’Elie Luzac fils, 1754, op. cit., p. 396. 42 Ibid., p. 359, Voir ibid., p. 360, § 3 : « Les changements qui se succèdent sans interruption dans le Monde, donnent lieu de conclure que tous les Corps sont doués d’une Force motrice ». 43 Ibid., II, § 77, p. 417.

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Formey présente ainsi Euler comme « l’adversaire des Etres simples »44, comme celui qui a voulu creuser le « tombeau des monades ». En réponse à ce texte, Formey montre que la monade, distincte de l’atome45, permet d’expliquer les corps et leurs mouvements46 et affirme ainsi l’écart entre ces monades et les êtres simples de Wolff. Il indique tout d’abord que le principe explicatif de l’étendue doit être d’une autre nature que l’étendue elle-même47 : la raison de l’étendue ne peut être elle-même étendue. « Comme la raison suffisante oblige d'alléguer quelque chose qui ne soit pas la même que celle, dont on demande la raison, on ne saurait satisfaire à ce principe sur l’origine de l’étendue, sans en venir enfin à quelque chose de non étendu et qui n’ait point de parties, pour rendre raison de ce qui est étendu et de ce qui a des parties. Or un Etre non étendu et sans parties, est un Etre simple. Donc les composés, les êtres étendus existent parce qu’il y a des Etres simples »48.

A contrario d’Euler, Formey cherche, dans les simples, la raison de ce qui arrive dans les composés. Cette raison est une force49, un principe d’action « par lequel on peut expliquer intelligiblement tous les changements des composés et par lequel on peut comprendre pourquoi ces changements se font en un tel temps plutôt qu’en tout autre et d’une telle manière plutôt que de toute autre » (§ LIV)50.

Formey peut ainsi revenir sur le partage qu'avait introduit Euler, à la fin de ses Gedancken, entre une matière passive et des esprits actifs, afin de pouvoir fonder l’irréductibilité de la matière et de l’âme. Or, il le fait en distinguant le niveau des Images sensibles qui recouvre du « voile de la chair » les Idées et le niveau propre des Idées. 4. CONCLUSION En ayant restitué quelques étapes qui ont présidé à cette interprétation de la monade comme monade physique en Allemagne à partir des années 1720, en l’ayant inscrite dans l’histoire des manières de penser le lien entre géométrie et métaphysique, il me semble qu’il est possible d’éclairer l’interprétation qu’en fait Kant dans son texte de 1756, sans nécessairement la réduire à cette conciliation de la métaphysique de la substance avec la physique réelle. En guise de conclusion, je voudrais présenter deux résultats :

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§ XIX de ses Recherches sur les Eléments de la matière, p. 265. Cf. § LIII, p. 297. § L, p. 295. « car lorsque l’on dit qu’il y a des corps étendus, parce qu’il y a des atomes, c’est comme si l’on disait il y a de l’étendue, parce qu’il y a de l’étendue », § LI, p. 296. 48 Cf. § LII, pp. 296–297. 49 Ibid., pp. 299–300. 50 Ibid., pp. 298.

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1. Historiographiquement, j’ai proposé une recomposition du sens de monadisme à partir de trois sites théoriques pour montrer que si, effectivement, la construction de ces sens se fait dans le cadre opposant, puis conciliant Leibniz et Newton, cela s’effectue de 3 manières différentes. Je suis convaincue que Kant est héritier de ce travail de conciliation. Pour résumer, ces trois sites sont : a) Pour Wolff, la monade, ou plutôt l’être simple dirait Wolff est physique car il ne lui est pas possible de la doter de perception. Par le travail de mise en équivalence systématique de plusieurs concepts fondamentaux des dynamiques respectives de Leibniz et de Newton qui opère comme une traduction, Wolff, me semble-t-il cherche moins à faire une place à la physique nouvelle de Newton au sein de sa métaphysique qu’à neutraliser sa nouveauté. Si la monade est physique il n’y a plus de problème pour penser la composition des corps à partir d’éléments simples régis par des forces qui s’inspirent de la dynamique de Leibniz. b) Pour Euler, on sait que l’appréciation de sa philosophie naturelle est en quelque sorte faussée par les polémiques entre wolffiens et newtoniens à l’Académie de Berlin et sa charge explicitement antimonadiste, mais, en définitive, à quoi Euler se révèle-t-il hostile ? D’une part, il explicite frontalement le problème soulevé par les premiers articles des Principes de la philosophie, dite Monadologie, l’étendu est composé d’inétendu, et il discute la pertinence d’une explication reposant sur la distinction entre ce qui nous apparaît et ce qui est réellement. Si, naturellement, on peut voir ici une critique de l’idéalisme du monadisme, on comprend en même temps l’intérêt de son adhésion à Newton. Il adhère à la pensée de Newton non pas seulement pour faire de la monade un atome physique doté d’une force d’inertie mais aussi, peut-être plus fondamentalement pour récuser ce partage entre apparence et réalité qu’il croit lire dans le monadisme. Par la critique qu’il opère au cœur de la métaphysique d’inspiration wolffienne, il montre que c’est aussi en métaphysicien qu’il critique les wolffiens. A cet égard, il déplace le champ du problème en posant la question de la pertinence d’un partage philosophique entre apparence illusoire et réalité insensible. c) Formey quant à lui utilise le principe de raison pour justifier la différence de nature entre la monade et les choses étendues et fait de la force le principe par lequel une action s’actualise dans les corps. Il prend en charge la critique qu’Euler adressait aux partisans du partage entre apparence et réalité pour insister sur la différence radicale existant entre la connaissance par les sens et celle venant de l’entendement. Par là, il propose un déplacement du problème par rapport à Euler : il ne s’agit pas d’expliquer en quoi l’apparence est trompeuse, il s’agit de dire que l’apparence ne nous donne pas accès à l’intelligibilité de l’action des monades.

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2. Philosophiquement, je voudrais défendre l’idée que les interprétations de la monade en Allemagne au XVIIIe siècle, autrement dit la « réception » de la doctrine leibnizienne de la monade sont un moyen d’éclairer un problème théorique interne à la philosophie de Leibniz. Ce problème est celui qui fait de la monade ce qui explique les corps. Ce qui veut dire que la réception est comprise ici comme ce qui déplie, et déploie, des potentialités interprétatives ouvertes par le texte leibnizien mais aussi comme le moyen de revenir sur les difficultés que peuvent susciter les trois premiers articles des Principes de la philosophie de 1714 et en particulier l’idée que les monades quoique simples et sans parties « entrent dans les composés » (art. 1) et sont les « éléments des choses » (art. 3). Ce cheminement permet sans doute de mieux comprendre pourquoi Kant a oscillé entre une conception de la monade brute comme atome physique, qui s’apparente à l’être simple wolffien et une conception leibnizienne de la monade comme atome métaphysique.

MONADOLOGY AND EPIGENESIS John Turberville Needham’s Hypotheses on Generation François Duchesneau (Montréal) Mainly known as a naturalist working on zoophytes and infusoria, John Turberville Needham (1713–1781) collaborated with Buffon at the time the author of the Histoire naturelle générale et particulière was re-examining the foundations of the theory of generation1. A restorer of epigenesis against preformation, like Buffon and Maupertuis, Needham developed original views to account for the formation of organic and living beings. Although he adhered to a plain historical method based on observation and controlled inductions, he aimed at establishing a harmonious synthesis between what he held to be empirical laws of organic generation, and a framework of epistemic and theoretical principles. His Nouvelles Observations microscopiques (1750)2 and the notes he appended to Lazzaro Spallanzani’s Nouvelles Recherches microscopiques (1769)3 aimed at justifying a system of nature that exploited and transposed concepts and arguments derived for a significant part from Leibniz’s Monadologie4. This system would feature the conciliation of life forms emerging from corporeal powers with the presupposition of a teleological order of nature. Thus it would provide sufficient reasons for explaining phenomena linked with animal sensibility and human intelligence through the requirements of immanent harmony. My aim is to show how Needham used and transformed monadological patterns for the sake of framing up this philosophy of nature of his, which we may consider as setting the stage for a promising proto-biological theory.

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On J. T. Needham’s observations and philosophy of nature, see M. Stefani: Corruzione e generazione. John T. Needham e l’origine del vivente, Firenze 2002. J. T. Needham: Nouvelles Observations microscopiques, avec des découvertes sur la composition et la décomposition des corps organisés, Paris 1750. Id.: Notes in: L. Spallanzani: Nouvelles Recherches sur les découvertes microscopiques, et la génération des corps organisés, Londres/Paris 1769. The “metaphysical” components of Needham’s theory were often criticized by his contemporaries as abstruse speculations, but they afforded a wealth of astute guidelines for drawing up an original philosophy of nature.

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1. THE METHODOLOGICAL APPROACH Needham’s Nouvelles Observations microscopiques resume investigations that from 1743 on had set his reputation as a talented observer of organisms that could undergo transformations analogous to those of Trembley’s polyps5. He had in particular carried researches on eels of blighted wheat, squids and starfish. These organisms seemed to possess properties similar to the modes of reproduction and regeneration of polyps, and to undergo what could be held as real vegetation (végétation véritable)6. Another part of his previous work, integrated into the 1750 synthesis, bore on spermatic animalcules and on infusoria born from the decomposition of plant or animal organisms. Resulting from microscopic investigations partly carried in association with Buffon, these observations were not supposed to imply preconceived theoretical postulates. “Je voulois faire observer au Public”, Needham declares, “que je n’ai pas dirigé mes expériences, suivant des principes conçus auparavant, mais que j’ai déduit les principes d’après des expériences faites dans un tems où je n’avois aucune théorie en vue”7. However in the Nouvelles Observations, in connection to the new investigations he had been carrying8, he underlines his intention to draw from experimentally grounded statements probable consequences that would yield rational principles whose “connection to manifest [empirical] truths”9 could be regularly corroborated. Such a system arises from the notion of a “vital principle that starts from, grows by, and ends up with vegetation” (principe de vie [qui] commence, croît & finit dans la végétation)10. This principle is presumed to underlie the production and transformation of all organized bodies of whatever degree of complexity. The agent determining the generation and growth of animal bodies of that kind is likened to the one that causes reproduction, structural transformations and vital processes in plant organisms. This agent is identified with a corporeal subject, the substrate of the manifold of morphogenetic and dynamic properties that yield “vital operations” (opérations vitales) in organic bodies. These bodies are capable of vegetation, vitality and animation following an ascending hierarchy in structural and functional complexity. Accordingly, there could not be any complete disruption or radical discontinuity in modes of organization from the more elementary animalcules to the more complex animal organisms. Animation proper grafts itself onto vital acts that arise from mere vegetation. Does this mean that animation flows from these? On this matter, one probably needs to read Needham in a relativist way. In his initial model, it seems that the principles of life were not only multiple, but that they could also be considered relatively heterogeneous, depending upon the various modes of

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See A. Trembley: Mémoires pour servir à l’histoire d’un genre de polypes d’eau douce, Leyde 1744. 6 Nouvelles Observations, p. 7. 7 Ibid., p. 63 note. 8 Ibid., p. 145 and sq. 9 Ibid., p. 146. 10 Ibid., p. 109 note.

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composition and integration of organic bodies, on an ascending scale from vitalization to animation. 2. THE VITAL FORCE OF VEGETATION Needham supported epigenesis in matters of generation. He was especially interested in the diverse reproductive modes that naturalists in that period were investigating: the regeneration of polyps by Trembley; the hermaphrodite generation of aphids by Bonnet; and above all the many modes of reproductive division among lower animals he had himself been studying. Among the observations he performed, first with Buffon and then on his own, those concerning the organized bodies issuing from infusions of vegetal and animal substances, played a significant role in the development of his theory of the vital force of vegetation11. In the first infusions he observed, in particular those of almond germs, Needham would note the initial dissolution of the vegetal matters, then, after a fortnight or so, the appearing of a multitude of very active “moving atoms” (atomes mouvans), flowing from the inside of the germ particles and whose motions, while not resulting from fermentation, seemed deprived of spontaneity, a normal feature of animal motion12. After his stay with Buffon, Needham undertakes new series of experiments to ascertain the mode of emergence of these organic microstructures that are generated under the threshold of animality. A feature of this investigation relates to the fact that the explanatory pattern he sets up differs from that which Buffon favored13. For sure they both conceived of the formation of these microstructures as issuing from the powers of matter independently of any soul-like animating principle, but Buffon envisioned a formative process by “coalition of organic parts” (coalition de parties organiques), while Needham clang to the concept of a “real inner vegetation” (végétation réelle intérieure)14, which would depend on a sui generis vitalizing principle: this principle would be found within any part of material structured, but it would trigger diversified motile effects depending on the corporeal frameworks they intervened in. For Buffon, the capacity for organic formation would depend on

11 Ibid., § 17, p. 182 and note, mentions as the starting-point for these considerations the observations Needham made on infusions of seeds at his friend John Hill’s. The first hypothesis he would then frame up was linked to the project of distinguishing between various kinds of spermatic animalcules. The organized bodies that appeared in infusions seemed to range below the level of animals capable of spontaneous motions. The swarming activity and extreme mobility of these bodies would have resulted from their condition as natural machines endowed with an inner vital principle akin to mere physical forces. 12 See ibid., § 20, p. 193. 13 On Buffon’s theory of generation, see J. Roger: Les sciences de la vie dans la pensée française du XVIIIe siècle, Paris 19712, p. 527-584; T. Hoquet: Buffon: Histoire naturelle et philosophie, Paris 2005, pp. 395–449; F. Duchesneau: La Physiologie des Lumières. Empirisme, modèles et théories. Paris 22012, pp. 376–403. 14 See Nouvelles Observations, § 20, p. 193.

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external material factors acting on the combination of organic molecules and symbolized by the abstruse notion of inner mold (moule intérieur), while for Needham this capacity would inhere in any point of matter due to an intrinsic dynamic disposition, even if the latter acted differently depending on the combination of interrelating parts. At the time he collaborated with Buffon, Needham had observed spermatic animalcules whose birth and transformation he believed were akin to those of infusoria, and he had developed analogical arguments about female semen. Both naturalists would agree that similar types of organic bodies were involved in seeds and in organic productions emerging from infusions. Needham states: “Je reconnus que tous les animalcules microscopiques communs, sans en excepter les spermatiques, devoient être rangés dans la même classe, & que leur génération étoit fort différente de celle de tous les autres Etres animés”15.

And indeed Needham refers to his association with Buffon for a joint statement about the crucial distinction between animated and merely vegetating bodies. In 1748, he would still distinguish vegetating corpuscles and spermatic animalcules on the one hand, and true microscopic animals on the other, which, endowed with real animating principles, would exert spontaneous motions and reproduce only within organisms of the same species. In the Nouvelles Observations Needham brings a major correction to this previous distinction, based on his more recent experiments. First, all ordinary animalcules are from now on assimilated to elementary organic bodies with regard to their modes of formation and dynamic properties. Drawing from his experiments with meat juices in sealed glass containers whose conclusions Spallanzani will soon challenge, Needham precisely rejects any distinction in type between microscopic animals16. Second, even if the observed organic bodies seem to be deprived of sensibility, they partake in inherent vitality and animation: and these modes determine the formation and action of all organized bodies, whatever their degree of complexity. “Mais la force des machines naturelles, même des moins composées, qui vient d’une activité intime, qui pénétre leur propre substance, est bien supérieure au méchanisme commun: Et si on remonte à sa source, on trouvera qu’elle est indépendante de la configuration, ou de toutes autres causes matérielles, quoiqu’elles puissent l’exciter, la diriger, & la distribuer. Si donc nous voulons avoir une juste idée de ces Etres, nous devons considérer le principe qui leur donne l’activité, comme un principe vital, & un degré d’animation […]”17.

Maybe the most important consequence to be drawn from this analogical generalization of a vitality principle underpinning all vital organization consists in the hypothesis that the formation of the lesser organized bodies can throw light on the

15 Ibid., § 20, p. 196. 16 See ibid., § 21, pp. 196–200. 17 Ibid., § 20, note, p. 194.

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formation of the more complex organisms by reproductive generation18. Here Needham can be considered as speaking of a univocal generation principle, whatever its particular modalities of application and whatever the degree of complexity of the corporeal structures it achieves and animates19. Needham has therefore to establish that all organized bodies result from the same principle of organization and development and that this principle rightfully belongs to the system of nature that best conforms to the requirements of his experimental philosophy. He states: “Car je n’ai que deux verités générales à établir dans cet essai d’après l’observation: la première est, qu’il y a une force productrice dans la Nature; la seconde que tout corps organisé, depuis le plus composé jusqu’au plus simple, est formé par végétation”20.

Besides interpreting his several observations by means of this notion of formative force, he undertakes to determine which general parameters may qualify this force in the system of nature, and to describe which role it fulfills in the formation of organic bodies – this formation being conceived of as an epigenesis, and not any more as a mere unfolding of preformed structures. This force of vegetation is analyzed in accordance with its observable degree of activity, which shows up in the variable intensity of motion among the infusion corpuscles dependent upon their sizes and transformation sequences. Needham points out that an inverted ratio seems to hold between the composition and dimension of organic structures on the one hand and the dynamic effects they yield on the other. The decomposition of organic bodies can thus give way to more elementary structures endowed with greater force. To understand the relation of the structures once formed to their degree of activity, one may suppose that the vegetative processes are ruled over by expansive and resisting forces on which the organization and properties of bodies would depend. “La force vegetative”, Needham asserts, “est plus ou moins prompte, selon que varient les proportions entre les forces résistantes et expansives en lesquelles [les infusoires et semences] se résolvent, & par-là les effets sont différens, sans passer la ligne de vegetation”21. Needham’s analysis underlines the close correlation between the antagonistic effects that the force of vegetation yields and the decomposition and composition processes of the bodies involved, as the observation of infusoria is called upon to confirm. The un-

18 See ibid., § 21, p. 199: “[…] une classe d’Etres qui, quoiqu’ils ne soient pas engendrés, & qu’ils n’engendrent pas à la maniere ordinaire, nous donnent cependant une clef pour conduire à la génération de tous les autres”. 19 See ibid., § 27, note, p. 224: “Je raisonnai ainsi en moi-même; il paroît évident par toutes les observations que j’ai faites jusqu’ici, que dans l’échelle de la Nature il n’y a qu’un dégré de distance entre la derniere espece de vitalité animale & la premiere de vitalité végetale. Les mêmes, ou à peu près les mêmes principes différemment combinés, avec plus ou moins de liberté, & par conséquent quelque différence dans les puissances organiques, peuvent être ou le véhicule rapide d’une vitalité libre, ou les instrumens lents de la vegetation ordinaire des plantes”. 20 Ibid., § 22, note, p. 200. 21 Ibid., § 23, note, p. 209.

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derpinning idea is that those regular cycles of organic compositions and decompositions and their dynamic expressions may justify empirical law statements. Vegetation in its dynamic expression seems to relate to degrees of intensity and depend on diverse ratios of expansive and resisting forces underlying the transformations of organic structures. Thus Needham adds: “Et ainsi je suppose la matiere continuellement susceptible d’exaltation, toujours dans le même ordre, tandis qu’elle tend à se décomposer. Ensorte que les proportions de résistance et d’expansion varient suivant que les corps organisés se composent ou se décomposent, & que l’une ou l’autre de ces forces prédomine”22.

Thus the comparison of animalcules in various infusions would make it possible to describe several varieties among organic bodies that reflect distinct stages and degrees of antagonism between the expansive and resistant forces into which they may be analyzed. The distinctions that Needham proposes evoke a neo-leibnizian pattern of active and passive derivative forces that would constitute phenomenal expressions for the live forces the fundamental elements of organic bodies are presumed to be endowed with. In order to render more concrete this notion of antagonistic principles underpinning the various degrees of organization, Needham suggests that certain chemical bodies, salts, spirits, etc. would serve to fix into a particular structure the force of vegetation the unbridled action of which would result into further decompositions of organic forms. There remains indeed to find out whether, in that perspective, the phenomenal relationship between such active and passive derivative forces would require that we resort to metaphysical raisons d’être analogous to the primitive forces, active and passive, of Leibniz’s dynamics. Needham connects the expansive and resistant forces to the order of the organic compounds involved, which he conceives of as capable of being further analyzed into more elementary structures that would still be endowed with constitutive active and passive principles. He inclines towards conceiving of integrative parts that, through sequential decompositions, would reduce themselves to sorts of dynamic points, animated with intense motile activity for a minimal resistance. At the same time though, he acknowledges that the inverted scales of vegetative activity and resistance are distributed among different orders of corporeal substances, all of which imply a certain inner complexity. Correlatively, this implies that corporeal substances would be formed by combinations and combinations of combinations of parts in sequences that could unfold beyond any empirically ascertainable limit. In some sections of the Nouvelles Observations, Needham evokes the kind of principles that might organize the system of nature to fit this point. For him, all physical compounds can be resolved into their dynamic expansive and resistant requisites. The nature of bodies entails their dependence upon active principles of motion present in their least elements, and these principles are presumed to combine their effects so as to produce results conformable to the ensuing organizations. Our intellective powers, according to the constitution of our own bodies, can only perceive

22 Ibid., § 24, note, p. 210.

Monadology and Epigenesis

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the sensible effect of the actions and reactions that underpin the relationship of physical entities to each other. We can only analyze the system of relations that forms the physical universe through the conceptual correspondences that may be induced from the system of our sensible representations. From this viewpoint: “la nature de l’agent primitif & sa force innée telle qu’elle est en elle-même nous sont entièrement cachées, & les premieres causes physiques dont nous pouvons avoir quelqu’idée ne sont que les premiers effets des principes actifs sur nous”23.

Indeed, reason can apply itself to these data inferred from experience and account for them by schematizing hypothetically appropriate sufficient reasons. In any event, however, Needham rejects the thesis that corporeal reality would reduce to an extensive continuum, compounded of parts to infinity, a thesis that, based on this intelligible contents alone, would aim at accounting for the impenetrability of bodies and at providing a grounding principle for their substantiality. This interpretive hypothesis would imply the paradox of postulating the self-sufficiency of a “composé substantiel infiniment complexe, existant sans une seule substance individuelle”24. On the contrary, the paradox can be resolved if one resorts to an argument that conforms to a monadological approach, which Needham thus develops: “Je dis donc, si la matiére est essentiellement un composé, comme nous sçavons qu’elle l’est en effet, la seule maniere de nous exprimer intelligiblement & conformément à la vérité, est de la résoudre en principes simples : ces principes ne sont pas de la matiére, parce qu’ils ne sont pas eux-mêmes composés, ils ne sont pas non plus étendus ni divisibles, parce qu’ils n’ont point de parties; ce sont des substances dans lesquelles l’essence, l’existence & l’action se terminent en derniere raison, par conséquent ils sont absolument individuels. Ils se combinent pour former des composés physiques, qui par leurs forces réunies produisent des impressions sensibles; il y a donc une alternative continuelle d’action & de réaction; l’étendue, l’impénétrabilité, la cohésion, &c. sont des idées conséquentes à des impressions physiques produites sur ce systême que nous appellons notre corps, & par conséquent rélatives à la quantité & à la qualité de l’action extérieure qui les engendre, aussi bien qu’aux forces du systême qui les reçoit. Tout composé physique est donc une combinaison d’agens simples d’une nature différente & même opposée”25.

Thus, the effects that external corporeal realities produce are dependent upon their respective composition and dynamic interactions and are known to us, in a relative though orderly fashion, by the sensible representations that result from the constitution and reactive power of our own organic compound26. This doubly relative feature of the involved notions and of their power of objective representation, although it does not enable our identifying specific causes of the phenomena observed 23 24 25 26

Ibid., § 37, p. 322. Ibid., § 38, p. 333. Ibid., § 39, pp. 334–335 See ibid., § 31, p. 265: “Car quoique la connoissance des objets extérieurs soit entierement audedans de nous, qu’elle ne soit que relative, & un simple effet, elle est cependant l’effet inaltérable d’une certaine cause extérieure, & en atteste la présence indubitable. C’est un rapport qui ne dépend pas de nous, la mesure est au-dedans de nous & invariable, & on trouve qu’il est exactement commensurable avec l’action extérieure qui le produit, & avec cette puissance qu’a un objet extérieur d’exciter quelque idée particuliere dans un agent individual”.

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François Duchesneau

and of the constant relations expressed, makes it possible to postulate real agents of a monadic type as intelligible conditions for the natural order realized. As underlined in the Nouvelles Observations’ final analyses, behind those physical agents, motile and resistant, whose identification only relies on the comparison and analysis of phenomena, the requirement imposes itself that there be simple substances, as primary foundation of the forces responsible for the formation of bodies and of their motile processes. At a higher degree of expression, it is to agents of a similar kind that the power of animation, as well as of sensibility and cognition, should be linked. But this point is essential: the actions to be attributed to these simple agents, beyond their phenomenal expression, suppose the organic combination, the organism of corporeal entities as well as the integration and harmony of the processes involved – a harmony that Needham qualifies as a “co-agency” (co-efficience): “Si toute combinaison physique peut se réduire en derniere raison, à un certain nombre d’agens simples, la différente causalité produit ces différens effets que nous appellons, résistance, mouvement, sensation ou pensée, suivant leurs différentes combinaisons; si la nature & les forces de ces agens simples sont essentiellement opposées l’une à l’autre, quoique par-là même elles concourent à s’unir intimement, & qu’elles deviennent causes productrices de l’action & réaction mutuelles, [de celle-ci] résulte nécessairement l’union, la coefficience, la variété des combinaisons, ainsi qu’une alternation perpetuelle de causalité innée, qui seroit comme assoupie & tomberoit en quelque sorte dans l’inertie sans cette opposition naturelle […]”27.

So Needham postulates that there are “simple agents” grounding through their harmonic intercourse the constitutive relations in organic bodies and the dynamics of formation and transformation of these bodies at all levels of complexity. 3. THE MONADIC MODEL Needham’s monadic pattern is confirmed in subsequent writings. This is in particular the case in the Notes appended to Spallanzani’s Nouvelles Recherches sur les découvertes microscopiques et la génération des corps organisés (1769). There obviously Needham has no hesitation linking his own system to Leibniz’s principles for natural philosophy, and this is evidenced by his conception of monadic elements as the true active substances, his analysis of phenomenal entities as relative to our cognitive capacities, and his correlating these phenomenal compounded entities with the mode of organization of organic bodies. He asserts for instance: “Que l’on examine bien ce systême, on lui trouvera de la conformité avec la bonne métaphysique; j’entends celle de Leibnitz, qui traite l’essence primitive de la matiere, & la nature de ses principes. Selon ce Philosophe, ces principes simples & inétendus, comme causes, sont actifs par essence, & produisent par leur[s] action & réaction combinées, les phénomenes de l’étendue solide, du mouvement, de la figure & de la divisibilité; phénomenes que nous n’appercevons que dans nous-mêmes par les effets qu’ils produisent intérieurement, & qui ne sont que relatifs à notre systême organisé & à la nature de nos connoissances”28.

27 Ibid., § 31, p. 267. 28 Nouvelles Recherches, I, p. 146.

Monadology and Epigenesis

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In this context, Needham refers to the Institutions leibnitiennes, ou Précis de la monadologie (1767) by Pierre Sigorgne29 as offering a worthwhile exposition of Leibniz’s metaphysics, an exposition that might counter the arguments of sceptics such as Berkeley, concerning the foundations of material reality and the real constitution of the various kinds of bodies in nature, with regard to what our powers of cognition can reveal us30. But we know from Charles Bonnet’s Mémoires autographes that that book had incensed the latter, as he had found in it, instead of an exposition of Leibniz’s authentic theses, a plagiarism of his own concerning organized bodies and their post mortem destiny31. Without entering an extensive discussion of the matter, it can be pointed out that the Institutions leibnitiennes offered a version of Leibniz’s philosophy that seemed to best accord with such scientific arguments Bonnet or Needham would differently argue for32. Along the same line, Needham confirms that a Leibnizian reference underlies his conception of the real agents grounding the phenomenal reality of organized bodies. According to Needham, the Leibnizian monad is a simple and un-extended principle, active by essence and whose activity unfolds into combined actions and reactions. As such, the monad appears to be able to causally account for the phenomenal properties of bodies: extension, solidity, figure, motion and divisibility. These phenomenal properties present themselves as effects of the active principles in the order of nature, and these effects are perceived according to the mental receptivity or ‘apperception’ that is ours in virtue of our cognitive powers in full accordance with our body’s physiological organization. Even the interpretation Needham gives of the difference between plain monads (monades brutes) and those endowed with sensation and intellection indicates a clear delineation with regard to Leibniz’s model: “Si dans non essai sur la génération, j’avance, en raisonnant d’après Leibnitz & bien d’autres Philosophes, que toute matiere quelconque, même la plus exaltée, est essentiellement composée, quoique les premiers principes qui la composent soient des êtres simples, je refuse en même-tems à ces mêmes principes toute sensation, & à plus forte raison toute intelligence; & je la refuse avec d’autant plus de fondement que leur essence, comme principes de la matiere, est de se combiner toûjours pour produire par leur action multipliée & coordonnée les phénomènes de l’étendue, de la figure, du mouvement & de la solidité; or on ne conçoit pas

29 P. Sigorgne: Institutions Léibnitiennes ou Précis de la monadologie, Lyon 1767. 30 See Nouvelles Recherches, I, p. 147: “Ceux qui peut-être ne connoissent pas encore assez la Philosophie de Leibnitz peuvent jetter les yeux sur les Institutions Leibnitiennes, ou Précis de la Monadologie. C’est l’ouvrage d’un Philosophe célebre & profond, M. l’Abbé Sigorne. Je pense qu’il est impossible à celui qui aura la force d’esprit nécessaire pour saisir cette Métaphysique sublime, de refuser de s’y rendre : c’est la solution de toutes les difficultés épineuses du fameux Berkelay, contre l’existence de la matiere & toutes les contradictions apparentes qui naissent de la divisibilité; enfin ce livre est de la plus grande utilité pour combattre le Scepticisme”. 31 See R. Savioz: Mémoires autographes de Charles Bonnet de Genève, Paris 1948, pp. 309–324. 32 Concerning Bonnet’s neo-leibnizianism, see F. Duchesneau: “Charles Bonnet et le concept leibnizien d’organisme”, in: Medicina nei secoli 15 (2003), pp. 349–367.

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François Duchesneau que la sensation puisse exister, sinon dans un être en quelque façon isolé, distingué du corps qu’il habite, & dont l’activité est comme concentrée en lui-même”33.

Here Needham confirms that he has borrowed from Leibniz and his followers a basic thesis concerning the composition of the extensive continuum which relates the foundation and unity of the properties of bodies to monads as active principles; but the difference from Leibniz shows up in the apparently radical distinction drawn between the condition of physical monads and that of simple agents capable of a form of consciousness that may be identified with animal sensation. In the latter case, the monadic condition exemplifies a stage that Leibniz had identified to a mode of enhanced perception involving a capacity for “empirical connections” (consécutions empiriques) between sensible representations. For Needham, what characterizes animal activity is precisely a power of synthesis of a manifold of representations and correlative actions: this power would make organic beings accede a higher level of physiological integration. To verify this, it suffices to compare the processes that characterize true animal condition with those of bodies endowed with a mere power of vital vegetation. And beyond animality, an analogous, but higher, stage may and shall be claimed for subjects endowed with intellection or true apperception. Leibniz’s monadology itself favored conceiving of such higher levels of actions proper. The theoretical template that organic bodies united to monads provides can be diversely replicated and modified according to the various degrees of synthesis that vital organization and organic bodies’ functional properties are called upon to express. Although there seems to be a radical difference between purely physical monads and those endowed with sensation and intellective cognition, which apparently parallels that between elements and souls according to Christian Wolff, the actual situation Needham points to implies an inferior degree of power in organic compounds below the level of microscopic animals. And this degree of power would make exaltation and vegetative force into a transitive dynamic property that can potentially link the substantive principles of lesser organized bodies to those of more complexly organized animals. As Maupertuis’s34, Needham’s physical monad would be more adequately defined as a “physiological monad”, due in particular to the fact that it always corresponds to an organic body, that it affords the proper sufficient reason for phenomena that can be qualified as vital, and that it gives rise to more complex functional operation through the combination of organic structures. Thus Needham underlines his allegiance to a “Leibnizian system” (système leibnizien) that is apt to corroborate the empirical inferences he had drawn from his microscopic observations by integrating them to an overarching metaphysical hypothesis: “Dans le traité que j’ai publié il y a dix-huit ans [Nouvelles Observations microscopiques], j’ai estimé absolument nécessaire d’élever les principes physiques inférés des observations

33 Nouvelles Recherches, I, pp. 232–233. 34 See F. Duchesneau: “Critique et usage du concept de monade par Maupertuis”, in: Studia Leibnitiana 45, 2 (2013), pp. 170–190.

Monadology and Epigenesis

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microscopiques jusqu’à la nature métaphysique de la matière, et d’embrasser le système leibnizien, comme le seul qui s’accordât avec la nature et la raison. De même, nous pourrons en nous appuyant sur ces seuls principes assez adéquatement concevoir et semblablement expliquer beaucoup d’autres phénomènes pris des corps organiques, que les Philosophes aujourd’hui préfèrent simplement laisser de côté”35.

However, this revised Leibnizian system has been properly remodelled to serve as a metaphysical framework for integrating new physiological hypotheses induced from recently available empirical data. This remodelling entails original interpretations that Needham claims as his own, while evoking “les principes Métaphysiques que nous avons établis sur les premiers élémens de la matiere d’après Leibnitz”36. Charles Bonnet underlined in his own way the type of revision of Leibniz’s monadology that Needham had performed by pointing to the apparent contradiction between the latter’s notion of a “vegetative force” that would organize and form organisms by epigenesist, and Leibniz’s adhesion to a theory of preformation of nested germs. On 8 April 1769, Bonnet wrote to Needham: “Je ne sçaurois me faire aucune Idée d’une Force végétatrice qui organise. Vos Feux d’artifice m’amusent et ne m’éclairent pas. Leibnitz dont vous-vous étayés, posoit en Principe les Germes, et même l’Emboitement, Et vous traités de monstrueuse une telle Physique”37.

Without knowing what Needham replied, since there is no trace of it left, we shall presume that he would have resolved this contradiction by linking the immanence of organic structures, not to the pre-existence of miniaturized organic structures in the germs, but to the potential of embryonic effects implied in the vis insita that he attributed to the monadic elements underpinning the observable changes and metamorphoses of organic bodies. At least his would have been a reading of Leibniz more open to epigenetic modes of achieving vital forms than those implied in more traditional interpretations. After all, the passage in Needham’s notes to the Nouvelles Recherches that had triggered Bonnet’s critical remark, and wherein “l’Anguillard” – thus nicknamed by Voltaire – seemed to metaphorically resume Leibnizianlike expressions about the embryonary effects of the forces involved in epigenesis, read as follows: “[…] & nous concevrons sans difficulté qu’une force végétatrice, exactement distribuée, intérieure & déterminée en elle-même spécifiquement, doit donner par ces moyens, quand elle pousse au déhors, une figure toûjours déterminée, comme une force projectile quelconque déterminée, & combinée avec la gravitation, décrit nécessairement une certaine portion parabolique d’une forme déterminée, & s’arrête à un point mathématiquement fixé, ou comme un feu

35 Nouvelles Recherches, II, pp. 290–291: “Propterea in tractatu, quen dedi octodecim abhinc annis, necessarium omnino duxi principia Physica ex observatiomibus microscopicis eruta usque ad Metaphysicam materiæ naturam elevare, & leibnitianum systema amplecti, utu nice consonum naturæ & rationi. Alia multa similiter phenomena, quæ in corporibus organicis dprehenduntur, his solis principiis innixi satis pate concipere, & explicare similiter poterimus, quæ Philosophis pro præsenti derelinquere plane libet”. 36 Ibid., II, p. 35. 37 Lettre de Bonnet à Needham du 8 avril 1769, in: S. Roe/R. Mazzolini: Science Against the Unbelievers: The Correspondence of Bonnet and Needham, 1760–1780, Oxford 1986, pp. 268–269.

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François Duchesneau d’artifice dont les forces sont combinées avant que l’on applique le feu, se répand au déhors, & produit une figure déterminée d’avance par la volonté de l’Artificier”38.

In this sense, epigenesis appears as a kind of preformation, a dynamic preformation that unfolds its effects in structuring organic bodies out of organic matter. Recalling several of the major observations made by naturalists in his time, including his own, Needham drew from those arguments, valid as well as invalid, in favor of epigenesist a doctrine of his own. Without fearing the paradox, he linked this theory to a natural philosophy directly inspired by Leibniz’s doctrine of monads and organic bodies, in spite of Leibniz’s well-documented connection with a doctrine of preformation in generation. But Needham did so by grounding his concepts of vital force in a quasi-Leibnizian theory of corporeal entities qua organic machines and of preformation as the potentially pre-determined effect of a system of vires insitæ. Correlatively however, this significant deformation of the monadic patter illustrates the powerfulness of the Leibnizian notions involved and the role they could play in fostering new conceptions in the philosophy of nature and notably in late Enlightenment life science. This was precisely a point I was recently led to make when analyzing Leibniz’s “biological” ideas, and a point that any investigation about the scientific transposition of monadic notions in eighteenth century Naturgeschichte will, I believe, further confirm. Hence the query I raised at the end of Leibniz. Le Vivant et l’organisme: “Apparaîtrait-il paradoxal de soutenir que la conception leibnizienne du vivant et de l’organisme, assimilant des modèles théoriques et méthodologiques divers, riches en implications contrastées, comportait, dans sa constitution propre, des zones d’ombre, de cohérence à construire, de synthèse inachevée? Ne serait-ce pas là d’ailleurs l’un des facteurs expliquant son appropriation, au siècle des Lumières et même au-delà, par une postérité diverse, voire hétérogène, mais importante et œuvrant de façon inventive, à la frontière entre philosophie et science, à l’établissement de la biologie comme discipline fondamentale? Un témoignage probant à cet égard nous vient de John Turberville Needham […], brillant observateur et théoricien fort controversé de l’épigenèse organique”39.

38 Nouvelles Recherches, I, p. 229. 39 See F. Duchesneau: Leibniz. Le Vivant et l’organisme, Paris 2010, p. 306: “[…] Apparaîtrait-il paradoxal de soutenir que la conception leibnizienne du vivant et de l’organisme, assimilant des modèles théoriques et méthodologiques divers, riches en implications contrastées, comportait, dans sa constitution propre, des zones d’ombre, de cohérence à construire, de synthèse inachevée? Ne serait-ce pas là d’ailleurs l’un des facteurs expliquant son appropriation, au siècle des Lumières et même au-delà, par une postérité diverse, voire hétérogène, mais importante et œuvrant de façon inventive, à la frontière entre philosophie et science, à l’établissement de la biologie comme discipline fondamentale. Un témoignage probant à cet égard nous vient de John Turberville Needham […], brillant observateur et théoricien fort controversé de l’épigenèse organique”.

FICHTES WISSENSCHAFTSLEHRE ALS MONADISCHE MONADOLOGIE Christoph Asmuth (Berlin)

„Und so ist bei diesem philosophischen Heros, wo es Ernst wird, nichts mehr zu finden, als der alte wohlbekannte Spaß eines materialistischen Dualismus. Nicht Wißenschaftslehre, nicht Kant, sondern Du, Heiliger Leibnitz, bitte für ihn!“1

Dieses Stoßgebet aus dem Munde Fichtes, überliefert in einem Manuskript, das sich – unvollständig – unter dem Titel Bericht über den Begriff der Wissenschaftslehre im Nachlass findet, eröffnet ein Panorama. Es gewährt einen Rundumblick auf jenes prekäre Nachleben, das der Leibniz’schen Philosophie nach dem Jahr 1800 beschieden war. Fichte erfleht hier – ironisch gebrochen, versteht sich – die Hilfe des ‚Heiligen Leibnitz‘. Dazu benutzt er eine Formel, die der katholischen Allerheiligen-Litanei nachgebildet ist. Das ist kein Scherz auf Kosten der Gegenreformation, wie man mit den Augen des frühen 18. Jahrhunderts lesen könnte. Die Zeiten haben sich grundlegend gewandelt. Der Protestantismus hat sich, zumindest in Preußen, in der literarischen Öffentlichkeit längst durchgesetzt und regiert die Geister nahezu unangefochten. Eine Allerheiligen-Litanei im Text eines avancierten Philosophen, das ist am Beginn des 19. Jahrhunderts ein Anachronismus! Fichte verdichtet damit den Eindruck des Altertümlichen, des Veralteten, des längst Abgelegten. Jener ‚philosophische Heros‘, von dem die Rede ist und für den mit Leibniz Hilfe erbeten wird, hat eine anachronistische Krankheit. Er leidet nämlich unter einem ‚materialistischen Dualismus‘, einem unheilbaren Gebrechen, angesichts dessen man nur durch das – beinahe magische – Anflehen des zuständigen Heiligen Besserung erwarten darf. Es ist eine Perversion der Philosophie: Da, wo man zu Recht Ernst erwartet, wird nur ein Späßchen geboten. Es ist der ‚wohlbekannte Spaß des materialistischen Dualismus‘, ein unheilbarer Schluckauf der Philosophie, eine Krankheit, bei der – wie Fichte schreibt – letztlich die „natürliche Haut des rohesten, stokgläubigsten, und pöbelhaftesten Empirismus“ zum Vorschein kommt, ein Empirismus, „bei dem sich über das Ansichseyn der Materie auch nicht einmal Verdacht regt“2. Wem die Situation in der deutschen Philosophie um 1800 vertraut ist, der ahnt längst, von wem die Rede ist. Der ‚philosophische Heros‘ ist kein Geringerer als

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J. G. Fichte: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, hrsg. von R. Lauth u. a., Stuttgart-Bad Cannstatt 1962 ff., II, 10, S. 61. Ebd.

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Christoph Asmuth

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. Gewöhnlich werden Fichte, Schelling und Hegel in einem Atemzug genannt. Man denkt dann dabei an ‚drei Heroen‘ der klassischen deutschen Philosophie. Man stellt sie sich vor als eine mehr oder minder einheitliche Gruppe von Philosophen, als drei idealistische Freunde, als das Dreigestirn des deutschen Idealismus. Gelegentlich war und ist sogar von Vollendung die Rede, die sich bei dem ein oder anderen oder gar bei allen dreien ereignet haben soll. Kaum eine Intuition könnte irreführender sein. Zunächst sind es ja nicht nur diese drei. Dass andere Philosophen aus jener Zeit in Deutschland außer Acht bleiben, hat fatale Folgen für die philosophiehistorische Forschung und für unser Bild von dieser Epoche. Im Schlagschatten der ‚drei Heroen‘ ziehen zahlreiche interessante Kometen ihre Bahn, die gewöhnlich nicht beachtet werden, deren Namen man kaum kennt und die als kleine Geister gelten – sehr zu Unrecht, wie sich bei genauerer Betrachtung zeigt. Ebenso fatal wirkt sich die Vorstellung aus, dass jene drei ein mehr oder weniger einheitliches Anliegen vertreten hätten, das mit ‚Idealismus‘ zutreffend zu charakterisieren sei3. Der detaillierte Blick zeigt das Gegenteil! Einträchtig waren die drei Philosophen nur wenige Jahre, vielleicht in der Zeit von 1794 bis vielleicht 1798. Zwischen Fichte und Schelling entbrennt dann nach 1800 – wie bereits angedeutet – ein Grundlagenstreit4, in den auch Hegel an der Seite Schellings eintritt. Später wird Hegel zum scharfsinnigen Kritiker der Philosophie Schellings und erneuert seine Kritik an Fichte. Bei allen diesen gegeneinander gerichteten Positionierungen dient die Leibniz’sche Philosophie – insbesondere aber die Monadologie – wie bei der Triangulation als ein Basispunkt. In dieses Bild passt hervorragend, dass sich auch Schelling der Philosophie des Leibniz versichert: „[…] Leibniz konnte von nichts weiter entfernt seyn, als von dem spekulativen Hirngespinst einer Welt von Dingen an sich, die, von keinem Geist erkannt und angeschaut, doch auf uns wirkt und alle Vorstellungen in uns hervorbringt. […] Er behauptete in seinen letzten Schriften noch die absolute Unmöglichkeit, daß eine äußere Ursache auf das Innere eines Geistes wirke; behauptete, daß sonach alle Veränderung, aller Wechsel von Perceptionen und Vorstellungen in einem Geiste nur aus einem inneren Princip hervorgehen könne. Als Leibniz dieß sagte, sprach er zu Philosophen. Heutzutage haben sich Leute zum Philosophiren gedrungen, die für alles andere, nur für Philosophie nicht, Sinn haben. Daher, wenn unter uns gesagt wird, daß keine Vorstellung in uns durch äußere Einwirkung entstehen könne, des Anstaunens kein Ende ist. Jetzt gilt es für Philosophie, zu glauben, daß die Monaden Fenster haben, durch welche die Dinge hinein und heraus steigen“5.

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Vgl. Ch. Asmuth/A. Denker/M. Vater (Hrsg.): Schelling – Zwischen Fichte und Hegel (= Bochumer Studien zur Philosophie 32), Amsterdam 2000. Vgl. zum Verhältnis von Schelling und Fichte: Schelling-Fichte-Briefwechsel, kommentiert und hrsg. v. H. Traub, Neuried 2001; Ch. Asmuth: „Letzte Kreuzungen: Fichte liest Schelling – Schelling liest Fichte“, in: M. Galland-Szymkowiak/M. Chédin/M. B. Weiß (Hrsg.): FichteSchelling: Lectures croisées – Gekreuzte Lektüren. (= Studien zur Phänomenologie und praktischen Philosophie 17), Würzburg 2010, S. 175–187; A. Denker: „Freiheit ist das höchste Gut des Menschen. Schellings erste Auseinandersetzung mit der Jenaer Wissenschaftslehre Fichtes“, in: Asmuth/Denker/Vater, S. 35–68. F. W. J. Schelling: Ideen zu einer Philosophie der Natur [1797], in: Ders.: Sämmtliche Werke, hrsg. von K. F. A. Schelling, 1. Abt.: 10 Bde. [= I–X]; 2. Abt.: 4 Bde. [= XI–XIV], Stuttgart/ Augsburg 1856–61, hier: Abt. 1, Bd. 2, S. 20 f.

Fichtes Wissenschaftslehre als monadische Monadologie

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Schelling wie Fichte berufen sich gleichermaßen auf Leibniz. Es gibt also einen Kampf um das rechtmäßige Erbe. Schelling wie Fichte beanspruchen gleichermaßen, legitime Fortschreiber der Leibniz’schen Philosophie zu sein. Und dass Fichte im Jahr 1806 Schelling dieses Erbe abstreitet6, ist ein Echo jener Zustimmung, die er Schelling einst zuteilwerden ließ, als sie einträchtig in Jena Philosophie lehrten. 1. LEIBNIZ UND DIE MONADOLOGIE IM WERK J. G. FICHTES Im Gegensatz zu Schelling, der sich öfters direkt und mit Zitaten auf Leibniz beruft, sind solche Zeugnisse von Fichte nicht bekannt7. Grundsätzlich lässt sich für Fichtes Verhältnis zur Philosophiegeschichte feststellen, dass er ihr nur einen geringen Eigenwert zuspricht8. Fichte ist ein bekennender Selbstdenker. Seine Maxime im Blick auf die Philosophiegeschichte sei hier nur kurz genannt: „Wo die Ausdrücke streng genommen werden, ist das Historische, und das Metaphysische geradezu entgegengesetzt; und was nur wirklich historisch ist, ist gerade deswegen nicht metaphysisch, und umgekehrt“9.

„Nur das metaphysische, keinesweges aber das historische, macht selig; das letztere macht nur verständig“1011. Bei dieser für die Gedankenwelt Fichtes charakteristischen Einstellung zu Historie mag es nicht verwundern, dass Fichtes Schriften selten konkrete Bezüge zu philosophiehistorischen Positionen zu erkennen geben. Nach meiner Überzeugung gibt es bei Fichte im Gegensatz zu Schelling und Hegel in keiner Phase seines Arbeitens ein intensives Studium philosophiehistorischer

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Vgl. Ch. Asmuth: „Fichte: Ein streitbarer Philosoph. Biographische Annäherungen an sein Denken“, in: Ders. (Hrsg.): Sein – Reflexion – Freiheit. Aspekte der Philosophie Johann Gottlieb Fichtes (= Bochumer Studien zur Philosophie 25), Amsterdam 1997, S. 3–30. 7 Zum Verhältnis Fichtes zu Leibniz vgl. J. Grondin: „Leibniz and Fichte“, in: D. Breazeale/T. Rockmore (Hrsg.): Fichte. Historical Contexts – Contemporary Controversies, Atlantic Highlands 1994, S. 181–190; M. Ivaldo: Fichte e Leibniz. La comprensione trascendentale della mondadologia, Milano 2000; ders.: „Percorsi dell’intersoggettivo. Leibniz e Fichte“, in: G. Cantillo/F. C. Papparo (Hrsg.): Genealogia dell’umano. Saggi in onore di A. Masullo, Neapel 2000, S. 263–285; ders.: „Fichte und Leibniz zur Intersubjektivität“, in: Fichte-Studien 22 (2003), S. 59–73; J. Kopper: „La pensée baroque chez Leibniz et chez le vieux Fichte“, in: J.M. Paul (Hrsg.): Images modernes et contemporaines de l’homme baroque, Nancy 1997, S. 127–132; R. Lauth: „Leibniz im Verständnis Fichtes“, in: Kant-Studien 87 (1996), S. 396– 422; K. Taver: „Vernünftiges Ich und Ich-Monade. Die Erfassung des Ich bei Leibniz und bei Fichte“, in: Fichte-Studien 22 (2003), S. 73–89. 8 Vgl. Ch. Asmuth: „Metaphysik und Historie bei J. G. Fichte“, in: Fichte-Studien 23 (2003), S. 145–158. 9 J. G. Fichte: Anweisung zum seeligen Leben (1806), Gesamtausgabe, I, 9, S. 188. 10 Ebd., S. 122. 11 „Vor Kant ist kein Heil. Cartes, Spinoza, Leibniz, unter den Zeitgenossen Jakobi – trefliche Männer, wenn man durch Ktk. [Kritik; Ch. A.] erleuchtet an sie geht, u. dadurch sie besser versteht, als sie sich selber, außerdem nur irreleitend“ (Metaphysik [Erlangen 1805], Gesamtausgabe, II, 9, S. 156).

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Texte. Ich glaube sogar, dass ihm viele Originaltexte unbekannt waren. Sein Augenmerk richtet sich verstärkt auf die Auseinandersetzung mit seinen Zeitgenossen. Die für ihn entscheidende Lektüre beginnt mit den Werken Kants. Er benutzt ansonsten in der Regel Kompilationen oder Darstellungen aus zweiter Hand. Es gibt eine Anekdote, die beschreibt, wie Fichtes Zeitgenossen den Umgang Fichtes mit der Philosophiegeschichte beurteilten. Friedrich Schlegel gibt seinem Freund Friedrich Schleiermacher einen Wink, wie er in Berlin an Spinozas Ethik kommen könne: „Sieh Du hast zwey Bekannte in Berlin, die den Spinoza haben und gewiß nie in den Fall kommen ihn zu brauchen; der erste ist Herz, der andere Fichte“12. Ich bin überzeugt davon, dass Schlegels Bonmot ähnlich auch von Leibniz’ Monadologie hätte lauten können, wäre dieses Werk ähnlich brisant und ambivalent diskutiert worden wie Spinozas Ethica. Es zeigt sich daran nicht nur eine gewisse Vertrautheit Schlegels mit den Buchbeständen in den verschiedenen Berliner Gelehrtenhaushalten, sondern auch, dass die jüngere Generation ein anderes Verhältnis zum Studium der Philosophiegeschichte entwickelte, das bestimmend werden sollte für das 19. Jahrhundert13. Woher stammen die Kenntnisse Fichtes von der Leibnizʼschen Philosophie? Es lassen sich vier Hauptquellen erkennen, die für Fichte leicht zugänglich waren und die in die Charakteristik seines Arbeitens passen. 1. Zunächst ist da an die verstreuten Schriften von Friedrich Heinrich Jacobi zu denken, die Fichte sehr schätzte und gut kannte. Allerdings hat Fichte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seine eigene Wissenschaftslehre der Philosophie Jacobis für prinzipiell überlegen hielt. Öffentlich gesagt hat er das zwar nie – aber in seinen Briefen, insbesondere aber in der Bestimmung des Menschen kann man es zwischen den Zeilen lesen. Dazu muss man wissen, dass Fichte sich nach dem Atheismus-Streit, d. h. ab 1797/98 von Jacobi zutiefst missverstanden fühlte. Anlass war das öffentliche Sendschreiben Jacobis, das dieser auf die Bitte Fichtes um Unterstützung gegen die Anklage des Atheismus im Jahr 1798 verfasste. Dieses Schreiben enthält die berühmte Wendung, die Transzendentalphilosophie sei nicht Atheismus, sondern Nihilismus – ein Unterstützungsschreiben also, dass einer Verurteilung gleich kam. Fichte war deshalb gezwungen sein Verhältnis zu Jacobi neu zu überdenken. Bei Jacobi konnte Fichte jedenfalls ein kurzes Referat der Leibniz’schen Philosophie finden, und zwar in der Schrift: David Hume über den Glauben oder Idealismus und Realismus. Ein Gespräch aus dem Jahr 1787. Jacobi versucht hier, affirmativ an Leibniz anzuschließen14. Die Interpretation verliert sich oft – wie bei Jacobi häufig – in einer gewissen Emphase und hält sich bei Allgemeinplätzen auf, gibt aber wichtige Textstellen zu zentralen Bausteinen des Leibniz’schen Denkens wieder. 12 Fichte: Gesamtausgabe, II, S. 395. 13 U. J. Schneider: Historisierung der Vernunft im 19. Jahrhundert, Hamburg 1998. 14 F. H. Jacobi: Werke. Gesamtausgabe, Bd. 2.1: Schriften zum transzendentalen Idealismus, Hamburg 2014, S. 71–87.

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2. Fichte hat seinen akademischen Vorlesungen – vor allem in der Jenaer Zeit zwischen 1794/95 und 1799 – immer wieder den ersten Band der Philosophischen Aphorismen Ernst Platners zugrunde gelegt. Seine Vorlesungen hielt Fichte unter dem Titel „Metaphysik und Logik“. Aber auch aus späteren Jahren, etwa eine Privatvorlesung 1801/02 oder seine sog. „Transzendentale Logik“ 1812/13 kommentieren gelegentlich die Philosophischen Aphorismen. Platner gibt in den §§ 761–765 einen Abriss des „Leibnitzischen Systems“, welches Fichte kannte, denn er kommentiert diese Textpassage, wenn auch in seinen eigenhändigen Aufzeichnungen nur kurz, in den Vorlesungsmitschriften allerdings ausführlicher. 3. Eine weitere Quelle dürfte der frühe Schelling sein. Schelling arbeitete in der Mitte der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts sehr viel zu Spinoza und Leibniz, was sich auch in seinen veröffentlichten Schriften niederschlug. Bei Schelling ist das vor allem seiner neuentwickelten Naturphilosophie geschuldet. Hier ist es vor allem der Begriff des Lebens, der für Schelling von großer Attraktivität war. In den Ideen zu einer Philosophie der Natur, die im Jahre 1797 erschienen, gibt Schelling eine Interpretation der Philosophie Leibnizens aus der Perspektive der entstehenden Naturphilosophie. Fichte kannte diese Stellen sehr gut, denn er verfolgte zu dieser Zeit die Laufbahn Schellings noch mit großem Wohlwollen. Im Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/98) weist Fichte auf Schelling hin. Er notiert in einer Anmerkung: „Einen geistvollen Abriß des Wesens der Leibnizischen Philosophie, in Vergleich mit der Spinozischen findet man in Schellings neuester Schrift Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797)“15.

4. Eine vierte Quelle für sein Leibniz-Bild findet Fichte bei Kant. Dieser hatte 1790 eine kleine Schrift verfasst, die in den Umkreis der ersten Welle der Diskussion um Kants Kritik der reinen Vernunft gehört und die gegen eine Reihe von Aufsätzen des Berliner Spätaufklärers Johann August Eberhard polemisiert: Über eine Entdeckung nach der alle neue Critik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll. In dieser Schrift, die viele interessante Facetten hat, welche insbesondere das Verhältnis des kritischen Kant zur Aufklärungsphilosophie betreffen, gibt es auch eine komprimierte Zusammenfassung der Leibniz’schen Philosophie16. Fichte kannte diese Schrift Kants und zitiert sie in seinem Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/98): „Er [Kant; Ch. A.] selbst giebt […] eine merkwürdige Probe der Erklärung nach dem Geiste in der Auslegung Leibnitzens; […] das behauptete AngeborenSeyn gewisser Begriffe [wird;

15 Gesamtausgabe, I, 4, S. 265. 16 I. Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 119–126/A 87–93.

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Christoph Asmuth Ch. A.] ganz unrecht verstanden, wenn man es nach dem Buchstaben nehme. Das letztere sind Kants eigene Worte“17.

Leibniz und dessen Monadologie kommen in Fichtes Denken nur als Abbreviatur vor. Leibniz dient der Etikettierung einer wichtigen grundlegenden Position. In Fichtes Philosophie sind es vor allem folgende Punkte, die ich hier summarisch zur Kenntnis gebe: (1) Das Diszernibilitätsprinzip: Die Identität ununterscheidbarer Dinge. (2) Die Theorie der angeborenen Begriffe, und zwar im Sinne Kants, d. h. als apriorische Grundstruktur unseres Wissens18. (3) Der Anti-Materialismus: Fichte benutzt die Theorie Leibnizens als wichtigen historischen Vorläufer seiner eigenen anti-materialistischen Theorie19. (4) Die Theorie der Perzeptionen: Sie bildet für Fichte einen wichtigen Ausgangspunkt für seine eigene Abwehr der Existenz der Dinge an sich20. (5) Die prästabilierte Harmonie21: Sie dient ihm als Modell für die Vereinbarkeit von Notwendigkeit und Freiheit. Zu diesem Zweck beruft sich Fichte verschiedentlich auf die Monadologie. Der wichtigste Aspekt dabei ist die Introspektion der Monaden. Alle Punkte Fichtes aber betreffen Argumente der theoretischen Philosophie. Die praktische Philosophie Leibnizens spielt bei Fichte ebenso wenig eine Rolle wie seine Überlegungen zur Religionsphilosophie. Ein Grenzfall sind höchstens die wenigen Bemerkungen zur ‚prästabilierten Harmonie‘. Diese Bemerkung ist wichtig, weil sie von vornherein den Spielraum eingrenzt, innerhalb dessen Leibniz für Fichte eine Rolle spielen kann. Fichte selbst geht vom Primat des Praktischen aus. Er ist der Auffassung, dass sich selbst die Realität nur unter praktischen Aspekten darstellen lässt. Zur Untermauerung dienen Fichte vielfach religionsphilosophische Argumente, etwa jenes, das ihm in Jena seine Stelle kostete: Gott sei nichts anderes als die moralische Weltordnung. Alle diese wichtigen für Fichte zentralen Anliegen kommen ohne Leibniz aus. Einzig in der Grundlegung seiner Transzendentalphilosophie kommt es zu einem Schnittfeld mit der Metaphysik Leibnizens.

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Fichte: Gesamtausgabe, I, 4, S. 232; Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 121/A 89. Vgl. Gesamtausgabe, IV, 1, S. 353 f. Vgl. ebd., S. 238, 370 ff. Vgl. „Zur Recension Aenesidemus“, Gesamtausgabe, II, 2, S. 310 f.: „[…] man denkt sich selbst, als Intelligenz, die das Ding zu erkennen sucht, unvermerkt mit hinzu. Daher mußte auch der unsterbliche Leibniz, der um ein gutes weiter sah als seine Nachfolger, sein Ding an sich oder seine Monade nothwendig mit einem Vorstellungsvermögen begaben. Und wenn nur seine Folgerung nicht über den Zirkel hinausginge, in den der menschl. Geist eingeschloßen ist, u. welchen er, der alles übrige sah allein nicht sahe, so wäre sie unstreitig richtig, – und das Ding an sich wäre so beschaffen, wie es sich selbst vorstellte“. – Zu den petites perceptions bei Leibniz vgl. Gesamtausgabe, IV, 1, S. 196 ff. 21 Gesamtausgabe, II, 4, S. 247: „§ 757. Leibnitzische. – Inwiefern ist er Idealist. Alles entwikelt sich aus dem Geiste: aber zufolge seiner Beschränkung durch das Ding. Hier ist der Grund der Harmonie. – . Die Gesetze überhaupt sind nun so. – . Ich glaube, daß Leibnitz, durch eine einzige Reflexion auf sich selbst, ein einziges Auffassen beider im Ich auf dem Sprunge gestanden hätte“.

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Gemäß seines Interpretationsansatzes kommt es, wie gesagt, auf den Geist einer Philosophie an, nicht auf den Buchstaben22. Der angerufene ‚Heilige Leibniz‘ steht auf der guten Seite; Fichte bringt ihn gegen Materialismus, Nominalismus und Empirismus in Stellung. Und er betrachtet ihn als Vorläufer Kants und seiner eigenen Wissenschaftslehre. Leibniz, so Fichte emphatisch, sei anders als Spinoza, von seiner eigenen Philosophie überzeugt gewesen, deshalb, weil sie überzeugend sei. „[…] so war vielleicht Leibniz überzeugt, und der einige Ueberzeugte in der Geschichte der Philosophie […] denn wohlverstanden – und warum sollte er sich nicht selbst wohlverstanden haben? – hat er recht“23.

2. FICHTES WISSENSCHAFTSLEHRE ALS MONADOLOGIE „Wohlverstanden hat er recht“ – in der Umkehrung dieses Satzes lässt sich vermuten, dass Fichtes Philosophie – zumindest was deren Grundlagen betrifft – ein ‚Leibniz-Design‘ besitzt. Ich möchte das jetzt im Folgenden näher darlegen. Fichtes Philosophie, insbesondere in der ersten Jenaer Phase, geht von einem absoluten Ich aus. Gemeint ist damit nicht eine Hypostasierung des individuellen, empirischen persönlichen Ich, was in der Konsequenz bekanntlich zu einem Solipsismus führen würde – ein Vorwurf, der Fichte tatsächlich gemacht wurde. Gemeint ist aber auch nicht eine metaphysische Entität, ein absolutes Seiendes, das in der Folge alles in einem realen Schöpfungsprozess erschafft. Auch dies ist ein Vorwurf, der an Fichtes Philosophie gerichtet wurde. Fichte denkt vielmehr an Kants transzendentale Apperzeption, an das transzendentale Ich. Am Anfang der Wissenschaftslehre erscheint das Ich als implizite Grundlage. Es ist in allem Wissen, allerdings unthematisch enthalten. Es muss eigens durch Abstraktion und Reflexion zum Zweck der Wissenschaftslehre aus dem wirklichen Wissen herausgefiltert werden. Dann zeigt Fichte, dass es keine materielle Grundlage des Wissens sein kann, sondern in einer ‚Thathandlung‘ besteht. Fichte gibt mit diesem Neologismus zu erkennen, dass es ihm nicht um eine Tatsache geht, nicht um ein Faktum, sondern um ein Tun, das in seiner Struktur gerichtet ist, eben um eine Handlung. In den späteren unveröffentlichten Wissenschaftslehren spricht er in diesem Zusammenhang auch von einer absoluten Genesis. Dieser Anfang des Wissens ist kein Anfang in der Zeit; denn Fichte beschreibt nicht das Zustandekommen wirklichen Wissens. Fichte war leidenschaftlicher Erzieher, Pädagoge, und er wollte nicht nur Menschen, Bürger und Studenten erziehen, sondern er war auch Erzieher für Kinder. Er wusste, 22 Vgl. 2. Kor. 3,6 – Ferner: M. Pietsch/D. Schmid (Hrsg.): Geist und Buchstabe: Interpretationsund Transformationsprozesse innerhalb des Christentums. Festschrift für Günter Meckenstock zum 65. Geburtstag, Berlin/New York 2013. 23 Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre (1797/98), Gesamtausgabe, I, 4, S. 265. Ch. Asmuth: „Prästabilierte Harmonie und System der Geisterwelt. Leibniz und Fichte“, in: Ders./C. Roldán/A. Wagner (Hrsg.): Harmonie, Toleranz, kulturelle Vielfalt. Aufklärerische Grundideen von Leibniz bis zur Gegenwart (= Kultur – System – Geschichte 5), Würzburg (in Vorbereitung).

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dass ein Mensch nur durch Menschen erzogen werden kann, dass der Menschen zur Bildung nur in der Gemeinschaft kommen kann. Mit dem Gedanken eines absoluten Ich beginnt der faktische Wissenserwerb keineswegs, wenngleich auch Fichte schon wusste, dass die Ich-Werdung einen enorm wichtigen Schritt in der Entwicklung eines Kindes darstellt. Das anfängliche Ich der Wissenschaftslehre ist vielmehr die absolute Möglichkeitsbedingung des Wissens. Unter Wissen versteht Fichte, anders als es heute der Fall ist, alle Gemütsregungen, von der dunkelsten Empfindung bis zur klarsten Idee. Das Ich ist ein erster Anfang der Begründung des Wissens, und es kommt ihm eine entsprechende Dignität zu. Anders als bei Kant, für den das Ich zwar bereits den höchsten Punkt allen Verstandesgebrauchs markiert, aber ansonsten inhaltlich leer ist, soll das absolute Ich nun zugleich Form und Gehalt allen Wissens bestimmen – bestimmen, aber nicht schon enthalten. Aus diesem Blickwinkel zeigt sich umgekehrt, dass alles, was in der Welt vorkommt, eine Modifikation unseres Vorstellungsvermögens ist. Das ist eine konkrete Anwendung des Gedankens, dass nur innerhalb des Bewusstseins der Gegensatz von Vorstellung und Vorgestelltem vorkommen kann: Es gibt keine bewusstseinsunabhängige Außenwelt, sondern die Außenwelt ist eine besondere Bestimmung der Innenwelt, eine besondere Bestimmung des Bewusstseins. Dieses Ich ist kein Gegenstand in der Welt; das Ich kommt nicht vor, sondern kommt allem Vorkommenden zuvor. Fichte kann das Verhältnis von Ich und Welt auch so beschreiben: Alles, was gesetzt ist, ist durch das Ich und in dem Ich gesetzt. Dieser Gedanke schreibt ein Leibniz’sches Erbe fort und begründet eine monadologische Monadologie. Diese Monadologie kennt nur eine Monade: das Ich. Das Ich, schreibt Fichte, sei die einzige Substanz, eine Monas, ein unum und singulum (WL 1804). Ich ist reine Tätigkeit, daher kein materielles Ding, sondern lebendiges In-sich-Sein. Die eine Substanz besteht nicht aus Materie, sondern – in Fichtes Worten – ist Energie, und zwar Energie des Bewusstseins. Dies liegt genau auf der Interpretationslinie, die Fichte – gemeinsam mit dem frühen Schelling, darin Kant folgend – gezogen hatte, darin den Geist der Monadologie erblickend, nicht den Buchstaben. Fichte geht es vor allem um eine transzendentalphilosophische Ableitung – Fichte nennt sie 1794/95 noch ‚Deduktion‘ – der Vorstellung. Fichte reduziert damit die sogenannte Zwei-Quellen-Theorie Kants auf eine Ein-Quellen-Theorie. Statt der Zweiheit von Sinnlichkeit und Verstand setzt Fichte nur noch das Ich. Fichte muss aus dem Ich erklären, warum für uns eine Außenwelt als Außenwelt erscheint. Der Grund liegt für Fichte nicht in der Außenwelt, sondern allein im Ich. Fichte findet daher im Ich eine unableitbare, absolute Form des Entgegensetzens. Die Formel der radikal konstruktivistischen Grundanlage der Wissenschaftslehre lautet daher: Das Ich setzt sich ein Nicht-Ich entgegen. Was auch immer in der Außenwelt als Außenwelt erscheint, es ist demzufolge gesetzt durch das Ich. Mit anderen Worten: Es gehört zu den Bedingungen allen Wissens, dass die Objektivität ihrer transzendentalen Genese nach eine immanente Projektion ist. Es ist dies der wichtige Schritt von der Repräsentation zur Präsentation:

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Die Aufgabe, die Vorstellung hervorzubringen, übernimmt in der frühen Wissenschaftslehre die Einbildungskraft24. Die Einbildungskraft ist ein realitätserzeugendes Bildungsvermögen, das im Prozess der Bilderzeugung sich selbst verleugnet, und damit möglich macht, dass uns das erzeugte Bild als reale Außenwelt entgegentritt. Während bei Kant noch die Vorstellung als Repräsentation im Vordergrund steht, wird sie bei Fichte zur Präsentation. Während Kant noch, sei es auch bloß aus methodologischen Gründen, ein Ding-an-sich als Fluchtpunkt der Vorstellung markiert, wird es bei Fichte gänzlich gestrichen. Das ist ein bedeutender Wandel von der repräsentierenden Vorstellung zu präsentierenden. In der Präsentation gibt es jenen Fluchtpunkt nicht mehr, jenen Anker in einer wie auch immer real aufgefassten Außenwelt. Fichte fühlt sich dabei explizit als Nachfolger und Weiterführer Leibnizens: „Man glaubt diese Worte [über die schwärmerische Einbildungskraft der Weltreformatoren (Schmid); Ch. A.] darum auf mich deuten zu müssen, weil ich in meiner Wissenschaftslehre dem endlichen Wesen eine schaffende Einbildungskraft beilege, d. i. ein Vermögen, den Stoff – es versteht sich den idealen, für die Vorstellung, da für endliche Wesen von einem andern gar nicht die Rede seyn kann – absolut zu erschaffen, und so viel mir wenigstens bekannt ist, der erste und bis jetzt einzige bin, der mit ausdrücklichen Worten ein solches Vermögen annimmt; ohnerachtet dieselbe Behauptung, wie es mir scheint, schon im Geiste der Leibnitzischen Philosophie ganz klar […] enthalten ist“25.

Fichtes Entwurf wird allerdings nur dann vollends verständlich, wenn man seine Wissenschaftslehre als praktische Philosophie auffasst. Die individuelle Person, d. h. das empirische Ich, ist für Fichte die absolute transzendentalphilosophische Monade, allerdings in spezifischer Weise eingeschränkt. Der Unterschied der Individuen voneinander ist daher nur graduell und nicht, wie bei Leibniz, essentiell. Der Wahrheit nach, das heißt in ihrem transzendentalphilosophischen Prinzip, sind bei Fichte alle Individuen diese eine, transnumerische Monade. Darin erweist sie sich als integratives Ganzes, das keine Teile hat: – Ich. Fichte entwickelt eine Option, die Leibniz zwar erwägt, aber durch den Hinweis auf die Unhintergehbarkeit der Individualität verwirft. Der Unterschied der Individuen erscheint bei Fichte dagegen unwesentlich. Im System der Sittenlehre (1798) formuliert Fichte, dass es eine einzige Voraussetzung gibt, der alle Sittlichkeit, aber auch alle theoretische Philosophie zu folgen habe. Dieses Einige bestehe darin, dass wir Wir sind. Damit meint Fichte nicht eine Vielheit von Ichen, sondern die Ichheit selbst. Diese nennt er auch die

24 Vgl. Ch. Asmuth: „‚Das Schweben ist der Quell aller Realität‘. Platner, Fichte, Schlegel, Novalis und die produktive Einbildungskraft“, in: R. Ahlers (Hrsg.): System and Context. Early Romantic and Early Idealistic Constellations/System und Kontext. Frühromantische und Frühidealistische Konstellationen (= New Athenaeum/Neues Athenaeum 7), New York/Toronto 2004, S. 349–374. 25 J. G. Fichte: Erklärung: Ich sehe mich genöthigt, Gesamtausgabe, I, 3, S. 213 – Eine Erklärung gegen Carl Christian Erhard Schmid (1792–1812), vgl. T. Van Zantwijk/P. Ziche: „Jena: Fundamentalphilosophie oder empirische Psychologie? Das Selbst und die Wissenschaften bei Fichte und C. C. E. Schmid“, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 54 (2000), S. 557–580.

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vernünftige Natur oder das Vernunftwesen26. Nach Fichte ist das für alle Individuen nur eine einzige Ichheit. Nicht jedes Individuum ist Ich jeweils für sich, sondern jedes Ich ist diese eine Ichheit. Dass gerade das, was jeden Einzelnen zu einem Besonderen macht, zugleich das ist, was allen gemeinsam zukommt, ist eine Folge der transzendentalphilosophischen Grundüberlegung. Fichte folgert, dass alles das, was wir außer der Ichheit sind, eine innere Bestimmung in uns ist – wie die uns erscheinende Welt nur die Modifikation der ursprünglichen Ichheit ist. Alles, was zum Vernunftwesen gehört, sei ganz und ungeteilt in jedem vernünftigen Individuum. Das Vernunftwesen sei, so betont Fichte mit Nachdruck, nicht aus heterogenen Teilen beliebig zusammengesetzt, sondern es sei ein Ganzes. Diesem Ganzen könne kein Teil fehlen, ohne damit das Ganze selbst aufzuheben, d. h. zu vernichten. Das Vernunftwesen ist ein integrales Ganzes, unteilbar eines, wenngleich mit einer Vielheit von Bezügen ausgestattet27. Ferner ist es in sich Eines, gleichzeitig aber in jedem Einzelnen als dieses Eine und Unteilbare. Folglich ist es, der Leibniz’schen Terminologie folgend, eine Monade, ein integratives, intelligibles Ganzes als Wesen des vernünftigen Individuums. Aber es ist zugleich auch nur diese einzige Monade für alle Individuen. Nach Fichte ist es die Aufgabe jedes endlichen empirischen Individuums, das Vernunftwesen in sich zu realisieren, und zwar in der Zeit. Es soll, sagt Fichte, ein genauer Abdruck des ursprünglichen Ich werden, oder, so könnte man mit Leibniz formulieren, es soll das ursprüngliche Ich in sich symbolisch nachbilden. Das empirische Ich soll in der Zeit werden, was es ursprünglich und jenseits aller Zeit ist: – absolutes Ich. In der Sittenlehre von 1798 wird die Interpersonalität noch eigens deduziert, was möglich ist, weil Fichte die Individualität gerade nicht für ursprünglich hält: Das ursprüngliche Ich ist nur eines. Allerdings sind dieser abgeleiteten Interpersonalität enge Grenzen gesteckt. So ist es nach Fichte für die Philosophie unmöglich, die konkrete empirische Individualität abzuleiten, weil diese nämlich empirisch und absolut vielfältig ist. Vielmehr kann nur die Interpersonalität als solche abgeleitet werden, und zwar in ihrem bloßen Dass. Für Fichte folgt sie aus einer Aufforderung zu vernünftiger Selbstbestimmung. Diese Aufforderung setzt aber mindestens ein anderes vernünftiges Wesen außer mir voraus, welches diese Aufforderung an mich richtet28. Nach Fichte lässt sich also einzig apriorisch deduzieren, dass ein endliches empirisches vernünftiges Individuum nicht in vollständiger Isolation das Vernunftwesen in sich realisieren kann. Es bedarf mindestens eines weiteren vernünftigen Individuums außer dem ersten. Dieses ist notwendig, damit Freiheit möglich ist. Strenggenommen ist dies alles, was philosophisch und apriori nach Fichte über das Individuum zu sagen ist. Es mag weiter bestimmt sein, wie es wolle, dies ist nicht mehr streng zu deduzieren, sondern in Bezug auf den Standpunkt der Erfahrung zufällig29. Fichte, sonst der Verfechter streng apriorischer Einsicht, erweist hier der Empirie seine Referenz. Die Transzendentalphilosophie beschreibt und deduziert 26 27 28 29

Vgl. J. G. Fichte: Sittenlehre (1798), Gesamtausgabe, IV, S. 14. Vgl. ebd., S. 178. Vgl. ebd., S. 220 f. Vgl. ebd., S. 225.

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nur die Grundstrukturen des Wissens und Sollens als Möglichkeitsbedingungen des Erkennens und Handelns. Im konkreten und reichen Leben ist sie an die Erfahrung verwiesen, in der sie allerdings die evidenten und unumstößlichen Resultate ihrer wissenschaftlichen Genese einträgt. Allerdings muss sich auch Fichte behelfen: Unbeschadet der apriori erwiesenen Einsicht, dass es mindestens ein vernünftiges Individuum außer mir geben muss, gehört doch jeder empirische Einzelne der Erscheinungswelt an, für die, bei Fichte wie auch bei Kant, ein strenger Kausaldeterminismus gilt. Fichte bezeichnet das als Prädetermination. Sie darf nicht wegfallen, weil sie eine Grundbedingung ist für die Erklärung wechselwirkender vernünftiger Wesen. Gleichzeitig ist jedoch die Freiheit ebenso Voraussetzung für das vernünftige Wesen. Fichte beschreibt seine Lösung als Vereinigung von Freiheit und Notwendigkeit, als praktische prästabilierte Harmonie: „Meine Behauptung ist also die: es sind alle freien Handlungen von Ewigkeit her, d. i. ausser aller Zeit durch die Vernunft prädestiniert, und jedes freie Individuum ist in Rücksicht der Wahrnehmung mit diesen Handlungen in Harmonie gesetzt. Es liegt für die gesammte Vernunft ein unendlich Mannigfaltiges von Freiheit und Wahrnehmung da: alle Individuen theilen sich gleichsam darein. Aber der Zeitfolge und der Zeitinhalt ist nicht prädestinirt, aus der hinreichenden Ursache, dass die Zeit nichts ewiges und reines, sondern bloß eine Form der Anschauung endlicher Wesen ist; d. h. die Zeit, in welcher etwas geschehen wird, und die Thäter sind nicht prädestinirt. […] Prädetermination und Freiheit sind vollkommen vereint“30.

3. SCHLUSS Johann Gottlieb Fichtes monadische Monadologie nimmt Elemente der Leibniz’schen Monadologie auf. Aber er verwandelt deren Metaphysik in Transzendentalphilosophie. Fichtes Verhältnis zur Philosophiegeschichte ist konsumistisch: Er verbraucht sie, sofern sie für seine Philosophie verwertbar ist; er verwandelt sie seinen eigenen Zwecken gemäß in seine eigene Philosophie. So kennt Fichte nur eine Monade, nämlich das grundsätzliche Ich. Introspektion, Reflexivität, Subjektivität, Vereinbarkeit von Allgemeinheit und Individualität, von Freiheit und Notwendigkeit, Leben und Organismus sind Stichwörter, unter die sich eine Fortschreibung der Monadologie bei Fichte bringen lässt. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass der grundlegende Wandel der methodischen Rahmenbedingungen eine große Kluft zwischen Leibniz und Fichte aufgerissen hat. Das transzendentalphilosophische Paradigma verbietet eine Fortführung metaphysischer Konzepte von selbst. Das betrifft die metaphysische Grundlegung, die Existenz Gottes sowie zahlreiche theologische Implikationen, genannt sei hier etwa die Gnadenlehre, Konzepte, die nur noch in einem gänzlich veränderten Gewand eine Rolle spielen können. Vollends verunmöglicht jenes Revolutionspathos, das Fichtes ganzes Werk durchzieht, einen glatten Anschluss an Leibniz. Hier gewinnt die Einsicht Raum, dass Denker zu verschiedenen Zeiten zwar dieselben Grundgedanken haben können. Allerdings 30

Ebd., S. 228.

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reifen sie dennoch zu völlig verschiedenen Philosophien heran31. Die Zeiten sind vorbei, in denen man das noch ungebrochen zu tadeln wusste. Wir haben zu schätzen gelernt, dass eine kreative Fortschreibung ebenfalls eine wichtige Funktion unseres Verhältnisses zur Philosophiegeschichte darstellt.

31 Vgl. Ch. Asmuth: Interpretation – Transformation. Das Platonbild bei Fichte, Schelling, Hegel, Schleiermacher und Schopenhauer und das Legitimationsproblem der Philosophiegeschichte, Göttingen 2006.

„PASSIVE SYNTHESIS“ UND „VIS PASSIVA“ Versuch einer neuen Annäherung an die Husserl-Leibniz-Problematik Kiyoshi Sakai (Tokio) EINLEITUNG Aufgrund der heute noch als Grundliteratur geltenden, ausführlichen Recherche von Herman Leo van Breda1, lässt sich die Leibniz-Rezeption im Denken Husserls in folgende drei Entwicklungsphasen unterscheiden: In der ersten Phase (vor 1895) interessierte sich Husserl fast ausschließlich für Leibniz’ Mathematik. Die zweite Phase waren die Jahre 1895–1904, und hier hat Husserl sehr intensiv Nouveaux Essais sur l’entendement humain gelesen, und dort Leibniz’ Betonung auf den aktiven Charakter der Verstandesfunktionen und zugleich seiner Kritik am Datensensualismus von John Locke seine deutliche Zustimmung gegeben. Und dann die dritte Phase war in der Zeit von 1905 bis in die 1920er Jahre hinein, in der Husserl das gefüllte, konkret-individuelle, geschichtliche Ich, gegenüber dem Ich-Pol der Bewusstseinsakte abhebend, als „Monade“ bezeichnet, um damit seine Egologie vor einem Solipsismus rettend den intentionalen Weltbezug der Ich-Monade zu entfalten, und zwar mit dem Motto: „Die Monaden haben unendlich viele Fenster“. Eine weitere, vierte Phase hat van Breda nicht mehr benannt. Diese vierte Phase, die in die 1920er sowie 1930er Jahre gehört, ist eine sehr wichtige Phase für Husserls Leibniz-Rezeption, in der Husserl entsprechend seiner Positionswende von der früheren transzendentalen Phänomenologie zu der späteren, genetischen Phänomenologie die monadische Aktivität als „passive Synthesis“ zu bezeichnen und deren Tiefe und Tragweite abzuheben beginnt. Im vorliegenden Aufsatz konzentriere ich mich auf diese vierte Phase, d. i. die Monaden-Rezeption bei Husserl hinsichtlich des Begriffs der „passiven Synthesis“ oder „Triebintentionalität“, denn erstens habe ich zu den vorangehenden drei Phasen von Husserls Leibniz-Rezeption bereits einige Bemerkungen gemacht und mich dabei van Bredas Überlegungen grundsätzlich angeschlossen2, zweitens ist mit Blick auf die „passive Synthesis“ die

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H. L. van Breda: „Leibniz’ Einfluß auf das Denken Husserls“, in: Akten des Internationalen Leibniz-Kongresses. Hannover, 14.–19. November 1966, Bd. 5: Geschichte der Philosophie (= Studia Leibnitiana, Supplementa 5), Wiesbaden 1971, S. 124–145. K. Sakai: „Zum Wandel der Leibniz-Rezeption im Denken Heideggers“, in: Heidegger Studies 9 (1993), S.97–124; ders.: „Die Fensterlosigkeit der Monade. Ein Aspekt der Frage nach dem Anderen“, in: H. Hüni/P. Trawny (Hrsg.): Die erscheinende Welt. Festschrift für Klaus Held, Berlin 2002, S. 291–310.

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„Leibniz-Rezeption“ Husserls, soweit ich weiß, bisher nur wenig aufgegriffen worden, und drittens könnte das Potenzielle des Leibniz’schen Begriffs von „Monade“ gerade mit dem Ansatz der „Triebintentionalität“ beim späten Husserl noch tiefergehend und gründlicher herausgestellt werden. Für die transzendentale Phänomenologie Husserls sind die philosophischen Ansätze von Leibniz insofern wünschenswert, als dass dieser bereits in seinen Nouveaux Essais sur l’entendement humain den empiristischen Datensensualismus von Locke kritisiert und die eingeborenen Ideen (idées innées) sowie die apriorischen Verstandesfunktionen3 hervorhebt4. Leibniz weist dann in der Monadologie in § 7 hinsichtlich der Spontaneität des den Gegenstandssinn konstituierenden Ichs die Locke’sche Gleichstellung der Seele („mind“) mit einem Zimmer („a dark room“ bzw. „a closet wholly shut from light“), das mit einem „Fenster“ („window“) versehen ist, durch welches die Seele von einem „realen“ Außen jeweils Sinneseindrücke hinnähme, ausdrücklich zurück5. „Les Monades n’ont point de fenêstres, par lesquelles quelque chose y puisse entrer ou sortir“6. Auch bezüglich Leibniz’ Ansätzen über die „Monade“ und deren „Fenster“ zeigt Husserl seine klare Zustimmung und versucht sie noch zu radikalisieren. Durch die aktive Intentionalität des transzendentalen Subjekts werden „das Ich und dessen Gegenstand“ nicht mehr durch jene cartesianische, bloß real-räumliche Innen-Außen-Differenz aufgefasst, sondern sie werden als die Korrelation von „nóesis-nóêma“ strukturiert. Husserl schlägt uns vor, die Aussage „Monaden haben kein Fenster“ („monade sans fenêtre“) umzuformulieren und stattdessen zu sagen: „Jede Seelenmonade hat unendlich viele Fenster“7. Husserl findet also über Leibniz’ Annahme der realen Fensterlosigkeit hinaus eine noch gründlichere Dimension der intentionalen Fensterhaftigkeit. Heidegger schließt sich, sehr positiv gegenüber dieser von Husserl aufgestellten, intentionalen Fensterhaftigkeit der Monaden, an und bemerkt wie folgt: „Sie (= die Monaden) haben keine Fenster, nicht weil sie alles drinnen haben, sondern weil es weder ein Innen noch ein Außen gibt, wir müssen vielmehr sagen, es gibt für die Monade weder Innen noch Außen“8. Das Monaden-Sein wird ausdrücklich dem „In-der-Welt-sein“ des das Sein verstehenden, menschlichen Daseins gleichgesetzt. Husserls Rezeption der Monadologie mit Schwerpunkt auf der aktiven Synthesis des transzendentalen Ego-Subjekts sowie Überlegungen zu Heideggers Revision dieser Husserl’schen „Monaden“-Auslegung, worin auch eine Umdeutung des transzendetalen Ego-Subjekts in die ekstatische Zeitlichkeit des Daseins vollzogen

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Hierzu sei auch an den Discours de métaphysique, § 26 erinnert (A VI, 4 B, 1570 f.). Nouveaux Essais I, Chap. 1; A VI, 6. John Locke: An Essay Concerning Human Understanding, Book II, Chap. XI, § 17. GP VI, 607. „Leibniz sagte, Monaden haben keine Fenster. Ich aber meine, jede Seelenmonade hat unendlich viele Fenster, nämlich jede verständnisvolle Wahrnehmung eines fremden Leibes ist solch ein Fenster, […]“ (Husserliana XIII, 473: Beilage LIV [Sommersemester 1920]). M. Heidegger: Gesamtausgabe, Frankfurt a. M. 1974 ff., Bd. 26, S. 271.

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wird, wie es seinen Marburger Vorlesungen zu entnehmen ist, hat der Verfasser anderenorts erläutert9. Seit den 1920er Jahren befasst sich Husserl jedoch mehr mit einer anderen, „genetischen Phänomenologie“ und mit der dazugehörigen „passiven Synthesis“ als mit der früher in den Logischen Untersuchungen (1900–01) oder Ideen (1913) thematisierten aktiven Synthesis. Mit dieser Erweiterung und Vertiefung seiner Phänomenologie und der Intentionalitäts-Analyse wendet sich Husserl ausdrücklich und thematisch der „Triebintentionalität“ und deren „passiver Synthesis“ zu. Sein Interesse an der Leibniz’schen Monade wird dementsprechend mehr auf die „Trieb- bzw. Instinktsintentionalität“ gerichtet, die als zur untersten Ich-Schicht gehörig angenommen wird. In der vorliegenden Untersuchung streifen wir erstens die Grundzüge von Husserls Grundposition der passiven Instinkts-Intentionalität, die noch der aktiven Intentionalität (des transzendentalen Bewusstseins) vorangeht, wobei wir als Textquelle ein als „Monadologie, Anfang dreißiger Jahre“ betiteltes Stück aus Hua XV (Beilage; XLVI, 608–610) nehmen (Kap. 1). Zweitens fokussieren wir innerhalb der Problematik der passiven Synthesis auf einige bemerkenswerte Analysen Husserls in seinem Ansatz der instinktiven Intentionalität, und zwar auf die des „Schlaf-Aufwachens“ und des „Todes“, sofern diese von Husserl neu aufgefasst werden. Dadurch werden wir die Verbindung der Triebintentionalität, der Zeitlichkeit des Ur-Ich und der Ur-Monade erblicken (Kap. 2). Drittens wenden wir uns in Leibniz’ Monadologie besonders der „petite perception“ im Gegensatz zur „perception avec apperception“ zu, um damit klarzustellen, wie Husserl Leibniz’ Begriff der „petite perception“ rezipierend nachzuvollziehen und mit deren Ansatz die Phänomene von „Schlaf“ (gegenüber „Erwachen“) sowie „Tod“ (gegenüber „Geburt“) zu beschreiben versucht. Hierzu werden wir Husserls Analysen des Unbewusstseins und der Instinkte mit einbeziehen, die im Jahr 2014 als Band XLII der Husserliana veröffentlicht worden sind (Kap. 3). Und schließlich untersuchen wir viertens den Begriff der Passivität bei Leibniz und Husserl im Vergleich. In seinem Specimen dynamicum (1695) unterscheidet Leibniz die „vis“ in „vis activa“ und „vis passiva“, und wir werden sehen, dass auch die „vis passiva“ bei Leibniz einschließlich der „vis passiva primitiva“ qua „materia prima“ ebenso als „VIS“ zu einer ursprünglicheren Aktivität gehörig gilt, während bei Husserl die Passivität letztlich im Gegensatz zur Aktivtät als eine zu überwindende Vorstufe betrachet wird, und somit bei Husserl immer noch eine gewisse Dichotomie, ein Dualismus, oder eine verborgene Teleologie geblieben ist (Kap. 4). 1. DIE PASSIVE SYNTHESIS UND DIE MONADOLOGIE BEI HUSSERL Dass die Harmonie unter allen verschiedensten Monaden erst durch die Funktion der unbewussten Vorstellungen, „petites perceptions“ verwirklicht werden kann, hatte Leibniz bereits im Vorwort seiner Nouveaux Essais unterstrichen: 9

Sakai: „Zum Wandel der Leibniz-Rezeption“ und ders.: „Die Fensterlosigkeit der Monade“.

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Kiyoshi Sakai „C’est aussi par les perceptions insensibles que s’explique cette admirable harmonie préestablie de l’ame et du corps, et même des toutes les Monades ou substances simples, qui supplée à l’influence insoutenable des unes sur les autres, […]“10.

Die „petites perceptions“ als „perceptions sans apperception“ bei Leibniz versucht Husserl von seinem Standpunkt der genetischen Phänomenologie aus zu beschreiben und transzendental zu begründen. In diesem Sinne begrenzt Husserl gegen Leibniz’ monadologische Metaphysik sein eigenes Untersuchungsfeld einer monadologischen Phänomenologie. Während die vom bewussten Ego vollzogene Synthesis11 eine aktive Synthesis ist, bezeichnet Husserl diejenige Synthesis als eine „passive“, die nicht vermittels des Ich, oder besser, unbewusst durch das „Vor-Ich“ vollzogen wird. Die Bedeutung des Husserl’schen Terminus „passiv“ lässt sich hierbei in dem Sinn verstehen, dass die Synthesis von selbst, d. h. ohne durch das Ich gewusst zu werden, vollzogen wird. Vor jeder selbstgewussten, d. h. aktiven Synthesis ist immer schon eine unbewusste Synthesis in Gang gesetzt, in der weder Ich noch Andere als solche unterschieden werden. Dieses Vor-Ich ist aber schon im gewissen Sinne „zeitlich“, was, mit Husserl gesagt, durch dessen Selbstaffektion stattfindet. Die passive Synthesis entspricht somit, wie gesehen, der „petite perception“ qua „perception sans apperception“. Aber bei Leibniz gehören auch die in niedrigen Perzeptionsstufen befindlichen oder unbewussten, sogar tief schlafenden Monaden ebenso zur Ich-Monade als Substanz. Es bedarf bei Leibniz also keiner Selbstaffektion, um sich zu verzeitlichen12.

10 A VI, 6, 55. 11 Im Gegensatz zu den ich-losen, unbewussten „petites perceptions“ qua passiver Synthesis lassen sich die bewusst erwachten „perceptions avec apperceptions“ als aktive Synthesis bezeichnen. Die Letzteren sind die bewusste, deutliche Erkenntnis, in der man zuerst verschiedene Vorstellungen überblickt und dann vergleicht, um schließlich die gemeinsamen Merkmale zu abstrahieren und mit einem Namen zu versehen (Begriffsbildung). Wie in seinen „Meditationes de cognitione, veritate et ideis“ aus dem Jahr 1684 (A VI, 4 A, N. 141) thematisch vorgelegt, definiert Leibniz die vollkommene Erkenntnis als „totum simul praesentialiter intueri“. Die Monade mit den hinreichend deutlichen, reflektierten Perzeptionen, die „âme raisonable“ oder der „esprit“, gewinnt noch die „mémoire“, um dann als eine moralische „persona“ gekennzeichnet zu werden (GP II, 125; GP IV, 459 f.; GP VII, 530 f.). 12 „Ou il vient un vestige qui nous peut faire evanouir et qui ne nous laisse rien distinguer. Et la mort peut donner cet état pour un temps aux animaux“ (Mo. § 21). Es ist hier zu beachten, dass Leibniz’ Betonung nicht darauf liegt, dass der Tod nicht der Monade gehört, und auch nicht darauf, dass die Monade unsterblich ist. Leibniz sagt nur, dass der Zustand, den man als „tot“ bezeichnet, als ein traumloser Schlaf oder eine Betäubung zu kennzeichnen sei. Auch der Monade, sofern es um endliche Monade geht, ist der Tod sowie die Geburt unentbehrlich. Wenn die Monade tot sei, d. h. die einfache Substanz zerstört worden wäre, müsste die ganze Welt zu Ende sein. Diese Einsicht hat Leibniz bekanntlich bereits im § 6 der Monadologie durch eine Reihe seines logischen, ontologischen Bestimmungsversuchs der „einfachen Substanz“ erreicht. Wichtig ist aber, dass Leibniz diesen Sachverhalt über die Unsterblichkeit der Monaden gerade aufgrund der nicht nur rein metaphysischen, sondern auch empirisch zu erfahrenden Funktion der „petites perceptions“ zu begründen versucht.

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In Bezug auf die passive Synthesis unterscheidet Husserl folgende vier Etappen: 1. Passivität: Die unbewusste, Ich-lose Intentionalität. Die Welt ist vor ihrem Perzipiert-werden, durch das Vor-Ich je schon in einer bestimmten Weise strukturiert („Jede Seelenmonade hat unendlich viele Fenster“13). 2. Affektion: Die Welt bewirkt das Ich. 3. Rezeptivität: Hier geschieht eine rezeptive Zuwendung gegen das Ich. 4. Höhere Gegenstandskonstitution mit der Spontaneität des Ich („Die Monaden haben unendlich viele Fenster“ in dessen gesteigerten Sinne; hier vollzieht sich die Einfühlung der Intersubjektivität des monadischen Ich). Die Rolle der passiven Synthesis erschöpft sich nicht nur mit deren Vorbereitung auf die darauf fundierte, aktive Synthesis. Husserl sieht deren positive Funktion noch in der Fundierung einer “inter-monadischen Kommunikation“, welche wohl zur untersten Schicht der Intentionalität gehört. Diese Art Kommunikation ist von Husserl als eine instinktive zwischen Menschen und Menschen, Monaden und Monaden geschehende angesetzt. Wenn man z. B. dadurch weint, dass man andere weinen sieht, liegt dieses nicht daran, dass man als das selbstbewusste Ich ein intelligentes Verständnis von sich selbst sowie von anderen erreicht hätte, sondern man weint dabei, ohne zu wissen, warum man auch weint, oder sogar ohne sich bewusst zu werden, dass man anfängt zu weinen. Diese ohne bewusst zu werden geschehende, inter-monadische Kommunikation nennt Husserl die unmittelnbare oder instinktive Kommunikation, die man mit Merleau-Ponty „inter-coporeité“ bezeichnen könnte. Hier vollzieht sich also schon eine passive Einfühlung unter den Seelenmonaden14. Im Folgenden seien die charakteristischen und für unsere Untersuchungen besonders wichtigen Wendungen Husserls, die im „Monadologie“ betitelten Nachlassstück (entstanden Anfang der 30er Jahre; Husserliana XV, 608–610) zu finden sind, vor Augen geführt: Husserliana XV, 608, Z. 12–22: „Die Welt […], immerzu konstituiert, aber doch in verschiedenen Stufen, am vollkommensten vom wissenschaftlich wach forschenden Menschen, der als nächste Unterstufe hat den vorwissenschaftlichen Menschen mit seinem schon erschlossenen Lebens- und Welthorizont. Aber nun die Pausen eigentlichen Seins, d. i. in seiner Selbstheit erfahrbaren, eigentlich konstituierten und zu konstituierenden. Ist Weltall, das All möglicher Erfahrung – alles? Das Unbewusste, der sedimentierte Untergrund des Bewusstseins, der traumlose Schlaf, die Geburtsgestalt der Subjektivität bzw. das problematische Sein vor der Geburt, der Tod und das ‚nach dem Tode‘“. 13 Husserliana XIII, 473. 14 Wegen der intermonadischen Kommunikation und ihrer ethischen Implikationen erhielt der Verfasser durch Ichiro Yamaguchis Studien über Husserls „passive Synthesis“ wertvolle Hinweise und Anregungen, besonders durch sein Werk Hito wo ikasu rinri (Die menschliche Ethik), Tokio 2008, S. 286–295.

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Husserliana XV, 609, Z. 4–13: „Handelt es sich um Rekonstruktionen, die der Analogie mit dem sedimentierten Sein folgen müssen (dem ‚Unbewussten‘ in unserer Bewusstseinssphäre), und werden wir dann nicht zurückgetrieben von den Menschen zu den Tieren, zu den Pflanzen, zu den niedersten Lebewesen, zu der Atomkonstitution der neuen Physik – zu einer Totalbetrachtung der wach konstituierten Welt und von ihr aus in eine transzendental-subjektive Betrachtung, die rekonstruierend zurückgeht auf Subjektwesen verschiedener Ordnungsstufe mit einem Instinktsbewusstsein und instinktiver Kommunikation, monadologischer Kommunikation im Monadenwechsel?“ Ebd., Z. 19: „[…] während wir die Koexistenz als endlich nehmen, die Mannigfaltigkeit der Monaden also als endliche „Menge“, so hätten wir folgendes Bild und folgende Anwendung der Idee der Sedimentierung“. Wie es Leibniz gelingt, vermittels der Begriffe der „vis, force, Kraft“ oder „Spontaneität“ der ständig perzipierenden und wollenden Monade die Allheit der Seienden (sogar einschließlich Gottes) stufenweise in Reihenfolge einordnend zu vereinheitlichen, so gelingt es Husserl, die Allheit der Seelen-Monaden kontinuierlich einzuordnen und zu vereinheitlichen. Bei Leibniz finden sich drei Hauptstufen aller Monaden, erstens „petites perception“ (wie bei Tier, Betäubung oder Schlaf, Tod), zweitens „perception avec apperception“ und drittens „metaphysische Erkenntnis“. Parallel hierzu unterscheidet sich bei Husserl die Allheit der Seelenmonaden in drei Hauptstufen: die unbewussten Monaden mit passiver Synthesis in ihrer instinktiven Kommunikation unter sich; die erwachten aufmerksamen Monaden mit aktiver Synthesis; die entwickelte menschliche Monade als ein lebendiger Spiegel, durch welchen sie sich jeweils in sich selbst die Welt vorstellt (metaphysische Erkennnis). Wir achten besonders auf die erste Stufe, in der die Intersubjektivität, gemäß der genetischen Phänomenologie Husserls, als die inter-monadische Kommunikation immer wieder schon in Gang gesetzt ist15. Auch die Letztere gehört zu der Kommunikation, ohne aber bewusste Intentionalität zu erreichen. Husserl schreibt: „Die Allheit der Monaden in ursprünglich instinktiver Kommunikation, jede in ihrem individuellen Leben immerfort lebend, und somit jede mit einem sedimentierten Leben, mit einer verborgenen Historie, die zugleich die ‚Universalhistorie‘ impliziert, schlafende Monade“16.

Zusammengefasst: Husserl rezipiert von der Leibniz’schen Monadologie nicht nur die logischen Komponenten für die aktive Synthesis, die Leibniz gegen Locke ausdrücklich vorgelegt hatte, sondern auch den Begriff der „petites perceptions“ qua „perceptions sans apperception“. Vor dem bewussten Subjekt, vor dem Ego, in allen unerwachten, tief schlafenden Zuständen der Seelenmonade, vollzieht sich die passive Synthesis, durch die jede vermittels der Triebintetionalität unbewusst die Welt in sich impliziert. Die passive Synthesis bereitet sich schon auf die bewusste 15 Vgl. R. Cristin: „Monadologische Phänomenologie – Wege zu einem neuen Pradigma?“, in: Ders./K. Sakai (Hrsg.): Phänomenologie und Leibniz (= Orbis phaenomenologicus 1, Perspektiven und Quellen 2), Freiburg/München 2000, bes. S. 230 ff. 16 Husserliana XV, 609, Z. 26.

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Perzeption vor. Für den späten Husserl musste die in sich alles einschließende Substanz-Monade von Leibniz nicht mehr zugunsten der transzendentalen, sondern zugunsten der empirischen, genetischen Phänomenologie umgedeutet werden. 2. ZUM „SCHLAF“ UND „TOD“ (UNSTERBLICHKEIT) BEI HUSSERL In seinem späteren, genetischen Ansatz erwähnt Husserl, wie gesagt, wiederholt die „petites perceptions“. Denn die bewusstlosen, undeutlichen Vorstellungen sind diejenigen, in und aus denen sich die aktiven Konstitutionen des Bewusstseins ereignen. Die „petites perceptions“ vollziehen sich als eine passive Synthesis, welche vor allen aktiven transzendentalen Konstitutionen tätig ist. Die passive Synthesis ist nach Husserl nichts Anderes als die „passive Einfühlung“, die sogar dem Unterschied von Innen und Aussen vorangeht. Damit gelingt es Husserl, nicht nur mit dem metaphysichen Begriff der „harmonie préétablie“, sondern auch mit dem genetischen Ansatz die intermonadische Kommunikation sowie die Einheit des Körpers und der Seele zu beschreiben und diese phänomenologisch zu begründen. Die Leibniz’sche „Harmonie“ zwischen den einfachen Substanzen gewinnt, Husserl zufolge, hiermit einen noch weiteren Horizont, worin alle Kommunikation der Monaden miteinander hinsichtlich der passiven Synthesis durch die Instinktsintentionalität in die Evidenz gebracht werden kann. In der Monadologie ordnet Leibniz alle Monaden graduell in die Reihe ein: von der Monade ohne Gedächtnis ausgehend über die Monade ohne Apperzeption, die tief schlafende Monade ohne Traum, wie bei einem Schwindel, bei dem sich aber die kleinsten, schwachen, verworrenen Vorstellungen befinden, die Monade mit der bewussten Empfindung („sentiment“) und die Monade als „l’âme raisonable“ oder „pensée“ bis hin zur göttliche Monade. In der Monadologie, § 14, kritisiert er die Cartesianer, dass sie darin sehr geirrt haben, „dass sie die Perzeptionen, die man nicht wahrnimmt, für nichts zählten. Das hat sie nämlich zu dem Glauben verführt, dass allein die Geister Monaden wären und dass es keine Tierseelen noch andere Entelechien gäbe: so haben sie in Übereinstimmung mit der Volksmeinung auch eine lang anhaltende Betäubung mit einem Tode im strengen Sinne verwechselt“17.

Leibniz schreibt sogar, dass der Tod gewisserweise wie ein traumloser Schlaf sein könnte18. 17 Deutsche Übersetzung von H. H. Holz, in: G. W. Leibniz: Kleine Schriften, hrsg. von H. H. Holz, Frankfurt a. M. 1965, S. 445. 18 Monadologie, § 21: „Ou il vient un vestige qui nous peut faire evanouir et qui ne nous laisse rien distinguer. Et la mort peut donner cet état pour un temps aux animaux“. Es ist hier zu beachten, dass Leibniz’ Betonung nicht darauf liegt, dass der Tod nicht der Monade gehöre, und auch nicht darauf, dass die Monade unsterblich wäre. Leibniz sagt nur, dass der Zustand, den man als „tot“ bezeichnet, als ein traumloser Schlaf oder eine Betäubung zu kennzeichnen sein kann. Auch der Monade, sofern es um endliche Monade geht, ist der Tod sowie die Geburt unentbehrlich. Wenn die Monade tot, d. h. die einfache Substanz zerstört würde, müsste die ganze Welt zu Ende sein. Diese Einsicht hat Leibniz bekanntlich bereits im § 6 der Monadologie durch eine Reihe seines logischen, ontologischen Bestimmungsversuchs der „einfachen

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Bemerkenwert ist hier, dass Leibniz dieses offensichtlich nicht innerhalb einer rein metaphysischen Konstruktion erschließen wollte, sondern er zieht zugleich ausdrücklich einen empirischen Tatbestand heran: „Nous experimentons nous mêmes une multitude dans la substance simple, lorsque nous trouvons que la moindre pensée don’t nous nous apperçevons envelope une variété dans l’objet“19. Sofern Leibniz seine These über das ständige Agieren der „petites perceptions“ nicht nur als eine bloß logische, ontologische Konsequenz der „monade simple“ begründen will, lässt sich sagen, dass es nicht richtig ist, dass Husserl oft meint, dass es Leibniz an der empirisch zu beschreibenden, genetischen Herangehensweise fehle. Aber immerhin war Husserl selbst der Ansicht, dass es Leibniz um die teleologische Entwicklung der individuellen Substanz-Monade geht, die eigentlich erst von der Substanzmetaphysik zugänglich gemacht werden soll20. So beurteilt Husserl, dass es bei Leibniz ausgeschlossen worden sei, dass die undeutliche, unbewusste Monade ohne Gedächtnis ebenso ihren positiven Beitrag für die Ethik leisten könne. Leibniz schreibt im Brief an Arnauld vom 9. Oktober 1687, dass gerade die memoria und attentio die Grundlage für die Person, somit für die Moral ist21. Im Gegensatz zu Leibniz versucht Husserl auch in moralischer Hinsicht, derschlafenden Monade eine positive Bedeutung zu geben. Die durch nur instinktive Triebintentionalität zu vollziehende Kommunikation wirkt für uns in vielen Fällen als ein Fundament oder ein Anfang aller bewussten und somit moralischen Kommunikation. Kurzum: Die Bedeutung von Schlaf und Tod bekommt bei Husserl mehr Gewicht. Diese ist zwar auch bei Leibniz zu finden, aber im Grunde nur als etwas Potentielles, d. i. eine virtuelle Möglichkeit (oder Vorbereitung, Einsatzbereitschaft), aber dass sie bereits als Triebintention wirkend ist, diesen Gedanken gibt es bei Leibniz noch nicht, obwohl sowohl Leibniz als auch Husserl den Schlaf und den Tod als verschwächende Kontinuität bestimmen. Als Quellen für die folgende Untersuchung möchte ich nicht nur die Bände XIII–XV (1973) der Husserliana (Nachlass: „Zur Phänomenologie der Intersubjektivität“), sondern auch den gerade im April 2014 veröffentlichten Band XLII (Nachlass: „Analysen des Unbewusstseins und der Instinkte. Metaphysik. Späte Ethik“)22

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Substanz“ erreicht. Wichtig ist aber, dass Leibniz diesen Sachverhalt über die Unsterblichkeit der Monaden gerade aufgrund der nicht nur rein metaphysischen, sondern auch empirisch zu erfahrenden Funktion der „petite perceptions“ zu begründen versucht. Monadologie, § 16. Es ließe sich fragen, ob und wieweit Husserl solche Passagen wie § 28 in Leibniz’ Monadologie zur Kenntnis genommen haben könnte: „Les hommes agissent comme les bétes en tant que les consecutions de leur perceptions ne se font que par le principe de la memoire, ressemblans aux Medicins Empiriques, qui ont une simple practique sans theorie, et nous ne sommes qu’Empiriques dans les trois quarts de noc Actions. […]“. A II, 2, 258. Vgl. auch GP IV, 459 f.; GP VII, 530 f. E. Husserl: Grenzprobleme der Phänomenologie. Texte aus dem Nachlass (1908–1937), hrsg. von R. Sowa u. a., Dordrecht u. a. 2014.

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heranziehen, um somit Husserls Rezeption der Monadologie hinsichtlich der „passiven Synthesis“ gründlich, systematisch exponieren zu können, um schließlich ihre Züge und Potentiale für die ethischen Fragen in der Gegenwart herauszustellen. Wir betrachten im Folgenden Nr. 10: „Monadologie“ (Husserliana XLII, 137– 153) zu Beginn des ersten Paragraphen: In „§ 1: Das bewusstseinsrelative Sein von Dingen und die Frage nach der Bindung von Bewusstsein an einen Leib“ legt Husserl seine Grundeinsicht fest. Er sagt: „Nun sind Empfindungen nicht Dinge, und nachdem wir geschieden haben zwischen Sinnendingen und objektiven Dingen, werden wir erst recht sagen: Empfindungen sind keine objektiven Dinge“23. In diesem Fall ist das Bewusstsein (nicht apriorisch, nicht absolut) an den Leib gebunden, anders gesagt, es gehört zum Aposteriori, zu dem, was sich für die Naturobjekte als Objekte der Erkenntnis als Faktum herausstellt. „Bewusstsein“ faktisch an den Leib gebunden „‚haben‘ nur organische Wesen“. Wie verträgt sich die empirische Aussage, dass das Bewusstsein selbst nur sein kann in Anknüpfung (Bindung) an ein Ding, genannt „Leib“, mit dem absoluten Subjekt? „‚Der Leib wird verstümmelt oder sein Nervensystem erkrankt und dgl.‘, so heißt das: In diesem Bewusstseinsverlauf (und dem mit ihm in Kommerz stehenden) bestehen gewisse koordinierte Erlebnismöglichkeiten, vermöge deren in diesem Bewusstsein nun gewisse Erlebnisgruppen nicht mehr bestehen, demgemäß von Anderen nicht mehr rechtmäßig eingelegt werden können usw.“24.

„Heißt es aber“, so Husserl weiter, „‚Es waren doch Dinge vor allem Bewusstsein, es war real erfüllte Zeit‘, so ist doch wieder an das Apriori zu erinnern“25. Wenn man einen absoluten Bewusstseinsstrom, d. h. Unendlichkeit des Bewusstseinsflusses annimmt, kommt unsere Frage mit Recht auf den Sachverhalt der Unsterblichkeit“. Ja, für diese „Unsterblichkeit“ des Bewusstseins sprechen apriorische Gründe, und, wie ich meine, zwingende“26. Husserl fragt sich aber zugleich: „Als was soll man sich oder wie soll man sich Bewusstsein vor einer organischen Natur denken?“27 Auch im § 2, „Absolutes Bewusstsein, Verteilung an Leiber“, finden wir die folgenden, sehr interessanten Abschnitte: Am Beginn des Paragraphen stellt Husserl seine Grundposition nochmals klar, dass „die Leiber […] selbst wieder Einheiten des Bewusstseins [sind], also nicht so zu denken, als ob zwei Sachen, die toto coelo verschiedene wären, nun in unbegreiflicher Weise zusammenkämen“28: Anschliessend zeigt sich sein folgender Gedankengang: „Ich denke zunächst an mein waches Bewusstsein: Erscheinungen […]. Schlaf. Ich denke mir, das Bewusstsein lässt nach, ich werde schläfrig, ich schlafe. Im Dunkel verarmt der Bewusstseinsgehalt, dunkles Gesichtsfeld; […] ein gleichmäßiges Empfinden: […]. Ich bewege mich nicht. Ich höre in der Stille nichts. […] Die Sinnesfelder völlig einförmig, das Denken und

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Husserliana XLII, 137, Z. 10–13. Ebd., 140, Z. 1–6. Ebd., Z. 7–9. Ebd., Z. 12–14. Ebd., 142, Z. 1–2. Ebd., 142, Z. 11–13.

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Kiyoshi Sakai Fühlen auch immer einförmiger. […] Das Ende eine allgemeine Dösigkeit. Ein dumpfes Bewusstsein“29.

Hier ist zu bemerken, dass Husserl den Bewusstseinszustand mit einförmigen Reizen oder mit einem Minimum an Reizgefälle dem unbewussten Zustand gleichstellt, wobei er die Seele in diesem Zustand mit einer Maschine vergleicht („Die Maschine geht einförmig ihren Gang, ohne sich beständig neu adaptieren zu müssen“30). Diese Sichtweise könnte uns den Schlüssel geben, warum Leibniz das Fungieren der „petites perceptions“ so ausdrücklich bejaht, auch wenn man unbewusst ist wie bei einer Betäubung oder einem tiefen, traumlosen Schlaf. Noch im dritten Paragraph, „Voraussetzung der Ewigkeit des Bewusstseins, jedes Bewusstseins Zusammenhang“ beachtet Husserl im Zusammenhang mit den Fragen von der „Unsterblichkeit der Seele“ sowie von „Geburt und Tod“ die Leibniz’schen Begriffe „Evolution“ und „Involution“, Leibniz’ Theorie der Emporhebung von Unklarheit (Verworrenheit) zur Klarheit und Deutlichkeit, die Tierwerdung und die „Stufenreihe der beseelten organischen Wesen“31. Auch in einer der „Beilagen“ (XXIX), die im hinteren Teil dieses Bands gedruckt sind, finden wir folgende bemerkenswerte Passage: „Und schließlich wird man dahin geführt, zu fragen, ob nicht, wie Leibniz und Brentano es in Anlehnung an Aristoteles dachten, die ganze empirische Welt ein Entwicklungssystem ist, ein unendlicher Organismus. Dem entspricht dann das innere Entwicklungsystem der Monaden in ihrer wechselseitigen ‚Harmonie‘. Es bietet sich dann bei der Übertragung der aristotelischen Entelechielehre ins Transzendentale der Gedanke dar, den Leibniz unter dem Titel der ‚Verworrenheit‘ versuchte. Das würde besagen, dass jede unserer hyletischen Daten schon ein ‚Entwicklungsprodukt‘ ist, also eine verborgene Intentionalität hat, die zurückweist auf eine ‚Synthesis‘. Alles führe zurück auf eine ‚πρῶτη ὔλη‘, die völlig undifferenzierter Stoff ist, und auf urkonstitutive Prozesse mit zugehörigen intentionalen Motivationen“ (Husserliana XLII, 336, Z. 19–30); „[…] immerfort wandelt sich auch bewusste Ichlichkeit in Ersterben, d.i., alles schlägt sich nieder in Form von Passivitäten (Verlust des Gedächtnisses etc.)“ (Z. 36–38).

3. DIE PASSIVITÄTSKOMPONENTE IN LEIBNIZ’ MONADOLOGIE Die Perzeption als „expressio multorum in uno“ ist nichts anderes als „vis primitiva activa“, mit der jede Monade als „miroir vivant perpétuel de l’univers“ tätig ist. In diesem Fall ist die Monade als die einfache Substanz („monade sans fenêtre“) nicht mehr als eine bloße Einheit von Körper und Seele zu betrachten. Aber nicht jede Perzeption wird von Apperzeption begleitet, es gibt in sehr vielen Fällen bloße „perceptions sans apperception, sans conscience“, d. h. unbewusste Vorstellungen, aber sie perzipieren nicht nichts, sondern sie vollziehen jeweils ihre passive Synthesis. Warum „passiv“? Weil die Monade in diesem Fall, Leibniz zufolge, nicht deren Vorstellens bewusst ist. Sie befindet sich noch vor dem Wachwerden des eigenen Ichs. 29 Ebd., Z. 15–30. 30 Ebd., Z. 34–35. 31 Ebd., 147, Z. 23–30.

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Wenn der Grad der Perzeption geringer wird und die Vorstellung nicht mehr „klar“, „deutlich“, sondern „verworren“ ist, weiß man nicht, was man empfunden haben müsste. Aber es ist ganz wahr, dass man doch etwas empfindet. Leibniz gibt ein Beispiel32: Wenn man am Strand steht, hört man unendlich viele kleine Wellen, obwohl man sie einzeln nicht unterscheiden, sondern nur als ein Ganzes vernehmen kann. Hier entsteht keine zur Wahrnehmung des Gegenstandes hinzukommende Apperzeption (ad-perceptio). Aber die unbewusste Vorstellung gehört ebenso zur Synthesis, die in der Zeitlichkeit vollzogen wird. Das Unbewusste ist kein festgelegter Zustand, sondern die Monade sinkt vom Bewussten ins Unbewusste und steigt vom Unbewussten zum Bewussten. Im Alltag geht man stets über diese Grenze hinaus. Der extreme Fall ist, wie Leibniz angibt, ein „traumlos tiefer Schlaf“ oder eine „Ohnmacht“ bzw. ein „Schwindel“. Der Tod bedeutet kein absolutes Ende, sondern eine „Ewigkeit“ des traumlosen Schlafes. Die Geburt lässt sich auch als ein gewisses Wachwerden der Monade verstehen. Wenn Leibniz sagt, dass es für die Monade selbst weder Beginn noch Ende gibt, sondern alles Seiende im Ganzen nur geschaffen worden ist und vernichtet wird, ist damit zweierlei gemeint: einmal die Einfachheit der Substanz, die nicht geteilt, d. h. nicht vernichtet werden kann. Dann, wenn der Tod und die Geburt in diesem letzten Sinne verstanden werden, kann man weder neu geboren werden noch sterben (abgesehen von der Frage, ob man bei der Geburt im strikten Sinne „wach“ werden könnte). Wie wir gesehen haben, bedeutet das Wort „passiv“ für Husserl denjenigen Zustand, in dem noch kein Ich als solches erscheint bzw. daran teilnimmt, obwohl ein Vor-Ich schon fungiert. Leibniz meint, dass man im gewöhlichen, physischen Sinne der Monade keine Passivität zusprechen kann, weil die fensterlose Monade eigentlich keine Wirkung von außen hinnehmend empfängt. Wenn man aber von der Monade „aktiv“ oder „passiv“ prädizieren will, dann wird das nur im folgenden Sinne möglich: Wenn eine Monade klarere und deutlichere Vorstellungen besitzt als eine andere, dann wird die Erstere gegenüber der Letzteren „aktiv“, und wenn die Vorstellung, die sie besitzt, verworrener ist als die, die die andere besitzt, wird sie als „passiv“ bezeichnet33. Das ist eine wichtige Bemerkung von Leibniz: Wenn man nur undeutliche, unklare Vorstellungen besitzt gegenüber anderen, besagt dieser Zustand, dass man nichts davon merken kann, was alle anderen merken können. Dann kann man nur schwer von ihm aus aktiv handeln. In solchem Fall könnte man letztlich wohl in eine „völlige“ Bewegungslosigkeit, bzw. Un-aktivität geraten. Leibniz zufolge, wenn die Vorstellung graduell klarer wird und mehr Aufmerksamkeit hinzukommt, um dann über eine gewisse Grenze hinaus zu kommen (diese Grenze selbst könnte wiederum nicht festgelegt sein, sondern immer verschoben werden), weiß man mit der Apperzeption, dass man etwas als etwas perzipiert, und gelangt so zum Wissen über das Ich, also erreicht man Selbstbewusstsein. Anders gesagt, man gewinnt einen Begriff seines Egos. Wenn man (genauer gesagt: die Monade) über sein Ego 32 Nouveaux Essais, Préface; A VI, 6, 53 f. An Arnauld, 9. Oktober 1687; A II, 2, 241. 33 Monadologie, § 49.

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(einschließlich seines eigenen Leibes) etwas erkennt, kann man durch seinen Leib die Welt noch deutlicher perzipieren, anders gesagt, kann die Monade durch deren Ausdruck des Leibes noch deutlicher das Universum im Ganzen ausdrücken. Es sei nochmals an die Bedeutung der „Passivität“ bei Leibniz erinnert: Eine Monade ist „passiv“ heißt, sie bezitzt so dunkle, düstere Vorstellungen, dass sie weder sich selbst noch andere unterscheiden kann. Diese passive Monade drückt in einer bestimmten Art die Welt in sich aus; sie ist insofern „lebendig“34. Die passive Monade als Vor-Ich bereitet sich graduell auf eine aktive Synthesis vor; sie kann gerade deswegen erwachen und noch zu einer „aktiven“ Monade übergehen. Jede Monade befindet sich also in ihrem „endlosen, ewigen“ Übergang – ohne einziges Mal anzuhalten. Sie erreicht weder eine perfekte Vollendung noch eine totale Vernichtung, dieser Fall würde nur durch die „Schöpfung” oder „Vernichtung“ der sämtlichen Seienden der Welt eintreten. Hinsichtlich der „petites perceptions“ hat Leibniz in den Nouveaux Essais etwas Wichtiges geäußert: Das Konzept der unbewussten Perzeption besagt nicht nur, dass der unbewusste Zustand der Seele nicht nichts ist, sondern die Perzeption qua „expressio multorum in uno“ an sich schon in Gang gesetzt worden ist oder sie noch in Gang bleiben wird. (Interessanterweise gilt hier der cartesianische Satz „Mens semper cogitat“ trotz vieler Einwände von Leibniz.) In den Nouveaux Essais weist Leibniz noch auf die folgenden zwei Momente hin, durch die wir ein weiteres Potential des Konzepts von den „petites perceptions“ einsehen. Sie sind diejenigen Momente, die nicht erst von Husserl in seiner späteren empirischen, genetischen Phänomenologie erkannt, sondern bereits von Leibniz selbst eingesehen worden waren. Erstens: Die unbewusste Perzeption bestätigt die Identität des individuellen Monaden-Ich. Die Seele erinnert sich an ihre früheren Perzeptionen, z. B. an etwas, was sie einmal gesehen hat. Und sie erkennt zugleich, dass sie als das selbe, identische Ich von der damaligen Zeit, als sie das perzipiert hatte, bis zur Gegenwart, in der sie sich gerade daran erinnert, durchgehend kontinuierlich existiert hat. Leibniz meint, dass diese Erfahrung nichts anderes zeigt als das, was wir unter der Identität des Ich verstehen. Die Identität des Individuums lässt sich also nicht nur aufgrund der Substanzmetaphysik apriorisch begründen, sondern auch anhand unserer gewöhnlichen Erfahrungsfakten bestätigen. Zweitens: In Verbindung mit dem ersten Moment verweist Leibniz darauf, dass das Vorhandensein der „perceptions sans apperception“ der „monade toute nue“ auf die Zeitlichkeit hindeutet. Unbewusste, undeutliche Perzeption ergibt, mit Husserl gesagt, eine Affektion als Affiziertwerden, aber in diesem Fall lässt sich das von außen das Ich affizierende nicht finden, obwohl die Affektion stattfindet. Das zeigt gerade, dass hier eine „Selbstaffektion“ geschieht. Wenn man, wie Husserl, in einer anderen Weise als mit der Substanzmetaphysik diesen Sachverhalt begründen will, kann das latente, aber durchgehende Ich-Bewusstsein gerade als die Zeitlichkeit entdeckt werden, die eben die Form des Ich-Phänomens bedeutet. Die unbewusste

34 Vgl. ebd.

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Perzeption kann also als zur Selbstaffektion gehörig und somit sogar als der Ursprung der Zeitlichkeit verstanden werden. Im § 22 der Monadologie steht: „Et comme tout présent état d’une substance simple est naturellement une suite de son état précédent, tellement que le présent y est gros de l’avenir“35. Zusammengefasst: In Leibniz’ Monadologie findet man auf den ersten Blick überwiegend die Komponente für die Bejahung der unbewussten Perzeption, somit des ständigen Charakters der Perzeption und die Bejahung der passiven Synthesis im Sinne eines ich-losen Perzeptionsaktes. Aber in den Nouveaux Essais hatte Leibniz noch weitere beachtenswerte Argumente vorgelegt: Die „petite perception“ als der ermöglichende Grund für das Identitätsbewusstsein des Ich, und die „petite perception“ als ein unmittelbares Indiz für die sich zeitigende Zeitlichkeit des unbewussten Ich als Selbstaffektion. Wir sahen, dass Husserl um 1900 intensiv die Nouveaux Essais las, um dann motiviert zu sein, gegen den Datensensualismus von Locke die aktive Konstitution des Bewusstseins zu unterstreichen. Es ist nicht schwer zu vermuten, dass er sich zugleich für die Leibniz’schen Argumente über die unbewusste Perzeption und die auf die unbewussten Perzeptionen fundierte Identität des Ich und sogar für die sich zeitigende Zeitlichkeit als Selbstaffektion interessiert hat. Gehen wir vielleicht zu weit, wenn wir sagen: Als Husserl in den 1920er Jahren mit der genetischen Phänomenologie und mit der passiven Synthesis anfing, gab für ihn bereits Leibniz’ Gedanke über die „petites perception“ besonders in den Nouveaux Essais den entscheidenden Impuls oder ist er sogar als Vorgänger der genetischen Phänomenologie zu sehen? Wäre es nicht übertrieben, wenn man sagen würde, Husserls genetische Phänomenologie sei an sich durch eine Umsetzung bzw. Umdeutung der Leibniz’schen Termini in die Husserl’schen zustandegekommen? Trotz Husserls mehrfacher Äußerung, es gebe zwischen ihm und Leibniz noch einen wesentlichen Unterschied, d. h. zwischen seiner genetischen Phänomenologie und einer rein metaphysischen teleologischen Konstruktion, glaube ich, dass die Sache nicht so einfach ist. Denn es ist durchaus wahr, dass es in Leibniz viele Aussagen und Argumente gibt, mit denen man eine genetische Phänomenolgie anfangen könnte, obwohl die Monade von Anfang an die Substanz, das Bewusstsein dagegen kein metaphysischer Begriff ist.

35 Derselbe Gedanke über die Zeitigung der Monade findet sich bereits im Préface der Nouveaux Essais, und zwar im engen Zusammenhang mit den „petites perceptions“, durch die die Zeitlichkeit qua die ekstatische Einheit der dreifachen Zeitmodi entstehen kann: „On peut même dire qu’en consequence de ces petites perceptions le present est plein de l’avenir, et chargé du passé“ (A VI, 6, 55). Diese Wendung, „le present est plein de l’avenir, et chargé du passé“, weist uns darauf hin, dass das der Vergangenheit in jedem gegenwärtigen Bewusstsein beinhaltet ist, und zwar nicht, dass das Bewusstein der Vorstellung der Vergangenheit noch einmal wiederholen würde. Leibniz’ Konzept ist darum viel näher bei Husserls Begriff der „Retention“ als Kants Begriff der „Synthesis der Reproduktion in der Einbildung“ in der dreifachen Synthesis in der „Deduktion der reinen Verstandesbegriffe“ in seiner Kritik der reinen Vernunft (A 100–102).

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4. LEIBNIZENS UNTERSCHEIDUNG DER VIER GRUNDARTEN DER „VIS“ Leibniz stellt in seiner monadologischen Metaphysik klar, dass alle endlichen Monaden mit ihrem Körper gebunden36 und somit einer Einschränkung verhaftet sind, und zwar dahingehend, dass ihr Weltausdruck immer nur „in einer bestimmten Art und Weise“ vollzogen werden kann – sonst würden alle Monaden zu Gott (bzw. zu göttlichen Monaden). Aber zugleich macht er deutlich, dass alle Monaden in ihnen selbst die „vis, force, Krafft“ enthalten, anders gesagt, dass sie alle „simple“, d. h. „sans partie“ sind. In seinem Specimen Dynamicum pro admirandis Naturae Legibus circa corporum vires et mutuus Actionies detegendis et ad suas causas revocandis (1695)37 gibt Leibniz als die gründlichen Seinsarten der „vis“ durch seine Dichotomie folgende vier Arten an: Die „vis“ wird zuerst entweder in „vis activa“ oder „vis passiva“ geteilt. Beide „vires“ werden jeweils noch entweder in „vis primitiva“ und „vis derivativa“ unterteilt. So gliedert sich die „vis“ in vier Grundmodi: „vis activa primitiva“, „vis activa derivativa“, „vis passiva primitiva“, „vis passiva derivativa“. Die hier eingesetzte Dichotomie zeigt, dass Leibniz „vis passiva“ im Prinzip gleichrangig wie „vis activa“ bewertet38. Ausserdem scheint hier dieses Nebeneinander von „passiver Kraft“ und „aktiver Kraft“ eine selbstverständliche Voraussetzung zu sein, welche keines Beweises bedarf, wie etwa in Kants Kritik der reinen Vernunft die „Sinnlichkeit“ (Rezeptivität) und der „Verstand“ (Spontaneität) als zwei Hauptstämme der menschlichen Erkenntnis vorausgesetzt sind. Im Ausgangpunkt seiner thematischen Anerkennung der „vis passiva“ übt Leibniz seine Kritik am cartesianischen Begriff der „res extensa“, wobei das Attribut des materiellen Körpers ausschließlich in der „extensio“ gefunden worden war, während Leibniz im Wesen des Körpers etwas Dynamisches findet. In einer Schrift vom Mai 1702 schreibt er gegen die Körperlehre von Descartes: „Porro τὸ δυνάμικον seu potentia in corpore duplex est, Passiva et Activa. Vis passiva proprie constituit Materiam seu Massam, Activa ἐντελεχειαν seu formam“39. Die Passivität im Körper besagt nicht, dass dieser in allen Sinnen „bloß passiv” oder „unfähig“ wäre. Wenn der Körper außer der Ausdehnung kein Attribut enthielte, um gegenüber Veränderung und Bewegung indifferent zu bleiben, könnte der Körper A den Körper B stoßen, ohne dadurch keine Geschwindigkeit zu verlieren. Das wäre gegen die Erfahrung.

36 Monadologie, §§ 60–64; Nouveaux Essais, Préface: „que tous les génies, toutes les ames, toutes les substances simples creées sont toujours jointes à un corps, et qu’il n’y a jamais des ames qui en soient entiérement séparées“ (A VI, 6, 58). 37 GM VI, 234–254 38 In Leibniz’ Denken über Dynamica ist gegenüber der vis activa die vis passiva weder als eine Vorstufe noch als ein Mangel betrachtet. Vis passiva ist auch nicht in einer teleologischen Entwicklung auf die vis activa hin irgendwie untergeordnet. 39 GP IV, 395.

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Die „vis activa primitiva“ ist die Kraft, force, durch die die ganze Welt als die „expressio multorum in uno“ ausgedrückt wird, somit als „miroir vivant de l’univers“, in der (nicht nur die „passive Synthesis“ der Seelenmonade, sondern auch) die „aktive Synthesis“ der Ich-Monade stattfindet: Sie ist der ersten Entelechie gleichgestellt und „animae vel formae substantiali respondet“40. Die „vis passiva primitiva“ ist dagegen das Prinzip aller inneren Einschränkungen der Monade. „Omnis substantia est activa, et omnis substantia finita est passiva“41. Die „vis passiva primitiva“ verbindet in inniger Weise mit jeder endlichen Monade die Ausgedehntheit und die Materialität; sie macht notwendig, dass jede endliche Monade ihren Körper als einen ausgedehten Stoff hat42. Die „vis activa derivativa“ und „vis passiva derivativa“ gelten nun vielmehr als rein dynamische Begriffe; beide sind nämlich im Unterschied zu beiden „vires primitiva“ als metaphysische Begriffe konzipiert, durch welche das Sein der Substanz, d. h. die Einheit der „forma“ und „materia“ begründet wird. Die derivativen Kräfte betreffen dagegen die einzelnen konkreten Bewegungen wie „Stoß“ oder „Fall“, die dem jeweiligen Körperding („massa“, „materia secunda“) zugeschrieben werden. Die derivative Kraft kann vermittels der Dynamik sowie Mathematik beschrieben werden, sie folgen auch dem Prinzip der gehaltenen Bewegung. Im Blick auf die Husserl’sche „passive Synthesis“ lässt sich aber die „vis passiva“ besonders betrachten: Der Körper wird Leibniz zufolge durch keinen anderen Körper durchdrungen (non penetretur), sondern jeder Körper leistet vielmehr einen Widerstand (obstaculum). Das besagt: Jeder Körper ist mit einer gewissen „ignavia“, d. h. mit dem Widerstand (repugnatio) gegen jede durch andere Körper verursachte Bewegung versehen. Deswegen muss die Kraft des drängenden Körpers mindestens einigermaßen abgeschwächt werden, auch wenn dieser drängende Körper einen anderen gedrängt hat. Aufgrund dieser „vis passiva primitiva“ als Prinzip der Passivität des Körpers zeigt sich die „vis derivativa passiva“ in der „materia secunda“, „massa“, in jeweils verschiedenen Weisen43. Wenn wir das so sehen, lässt sich (vorläufig mit Vorbehalt) sagen: Husserls Begriff der „passiven Synthesis“ entspricht, zumindest sachlich gesehen, dem der „vis passiva primitiva“ bei Leibniz, wobei wir aber zweierlei beachten müssen: Erstens, Husserl wollte von Anfang an die Substanz-Monade, ohne Rücksicht auf Leibniz’ ontologische Motive, ausschließlich gemäß seiner phänomenologischen Beschreibung ins menschliche Subjekt transformieren. Bei Husserl geschieht nicht nur eine Rezeption der „vis passiva“, sondern darüber hinaus eine gleichsam gewaltige Transformation des metaphysischen Begriffs der „vis passiva“ in den phänomenologischen Begriff der „passiven Synthesis” des erkennenden wollenden Subjektakts. Zweitens, während die „vis passiva“ bei Leibniz im Grund als ein dynamisch-metaphysischer

40 GM VI, 236. 41 Brief an De Volder, 20. Juni 1703; GP II, 249. 42 K. Sakai: Sekai to jiga. Raipunittsu keijijogaku ronko (Welt und Ich. Reflexionen über die Metaphysik Leibniz’), Tokio 1987, S. 472. 43 GM VI, 236 f.

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Begriff gedacht wird, (wobei trotz seiner an sich schon phänomenologischen Besinnungen als Denkparadigmen einige traditionelle Begriffspaare wie „substantiaattributum“, „suppositum-actio“, „forma-materia“, „actio-passio“ gebraucht werden), geht es bei Husserl um eine phänomenologische Beschreibungsart, und zwar gemäß seiner neuen Ansätze in den 1920er Jahren nicht mehr mit einer transzendentalen, sondern mit einer genetischen Phänomenologie. Gerade deswegen hat Husserl den Wortsinn von „passiv“ derart verstanden, dass im Bewusstsein noch kein Ich als solches fungiert bzw. vorkommt. Für Leibniz ist „Passivität“ in ihrer ursprünglichen Dimension das Prinzip aller Einschränkungen der Monade, vor allem Ausgedehntheit des Seienden, während sie bei Husserl einen „vor-ichlichen“, „ich-losen“ Zustand der Seelenmonade bedeutet. Die vier Grundmodi der „vis“ im Specimen Dynamicum entsprächen in Husserls Theorie der „passiven Synthesis“ der Triebintentionalität jeweils folgenden Komponenten: „vis passiva primitiva“ (qua „materia prima“) entspräche der Insitinktsintentionalität; „vis passiva derivativa“ entspräche der Affektion; „vis activa derivativa“ entspräche der rezeptiven Zuwendung auf das Ich; „vis activa primitiva“ entspräche der höheren Konsititution des Gegenstands. Die bekannte Aussage Husserls, „Monaden haben unendlich viele Fenster“, beträfe in dessen früherer, transzendentaler Phänomenologie der „vis activa primitiva“ die „expressio multorum in uno“, die mit der bewussten deutlichen Perzeption (“perception avec apperception”) vollzogen wird. Sie beträfe dagegen in Husserls späterer genetischer Phänomenologie der „vis passiva primitiva“ die Instinkts- bzw. Triebintentionalität. Diese passive Synthesis ist die Zeitigung der Seelenmonade, d. h. vor-ichliche Synthesis. Die „Zeitigung“ heißt derjenige Prozess, durch die der Strom sich für selbst sich konstituiert, ohne auf irgendwelche Anteilnahme des Ich zu warten. SCHLUSS Ist Leibniz’ „vis passiva“ in Husserls „passiver Synthesis“ einfach umgewandelt, oder anders gesagt, ist die Erstere ist durch die Letztere überwunden worden? Hat die „vis passiva“ keinen Platz mehr in der Phänomenologie, zumal diese heute tendenziell in die genetische Richtung getrieben zu sein scheint? Ich kann mich nicht enthalten zu fragen, warum Husserl diese vor-ichliche Dimension der Seelenmonade gerade als „Passivität“ kennzeichnen44 und damit diese der ich-lichen Dimension als Feld der aktiven Synthesis gegenüberstellen muss. Auch wenn die Seelenmonade 44 Zu diesem Grund, d. h. zum Grund dafür, warum die Intentionalität der passiven Synthesis durch die Leervorstellung auf das Vorgstellte geht, sagt Husserl: „Hier helfen wir uns, in Ermangelung brauchbarer Worte, mit dem Beisatz passiv, passive Intention“ (Analysen zur passiven Synthesis [1918–1926], 2. Abschn., § 18; Husserliana XI, 76). Das besagt, dass das Adjektiv „passiv“ hier nur deswegen eingeführt worden ist, weil Husserl damit solche in sich selbst auf den Gegenstand gerichteten Vorstellungen von den gewöhnlichen, auf das Ich und seinen Aktus bezogenen Vorstellungen unterscheiden will. Es kann also gesagt werden, dass der Grund für Husserls Namengebung von „passiv“ hierzu noch zu formell, somit schwach, ungenügend ist.

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sich noch nicht selbst kennt, ist sie, so Husserl, schon zeitlich und betreibt eine Art Synthesis durch die instinktive Intentionalität. Husserl meint sogar, dass der Übergang von der ich-losen zur erwachten Monade keineswegs sprungartig, sondern graduell geschehe. Wenn es so ist, warum dann lässt sich immer noch sagen, dass eine Synthesis „passiv“, die andere „aktiv“ sei? „Vis passiva primitiva“ kann ebenso „aktiv“, unter Verwendung eines anderen Terminus von Leibniz, „dynamisch“ sein. Seine Unterscheidung von vier Kraftarten ist an sich flexibel oder relativ. D. h., „vis passiva“ könnte auch „aktiv“ genannt werden. Um dieses auszudrücken, hat Leibniz den Terminus „das Dynamische“ gebraucht, so würde ich gerne interpretieren. Soweit ich sehe, gelingt es Husserl nicht, das Subjekt im Ganzen, das in „passiv“ oder „aktiv“, also in zwei gegensätzliche Regionen gespalten worden ist, wieder zu vereinigen45. Dies würde bei Husserl von der jeweiligen Beobachtung abhängen. Dagegen gelingt es Leibniz, die Monade in erster Linie als etwas „Dynamisches“ zu bestimmen, und von dort aus durch eine gewissermaßen relativistische Erklärungsweise die in sich strukturierten vier Seinsarten der „vis“ zu unterscheiden, ohne dadurch die Gegenüberstellung von „passiv“ oder „aktiv“ selbst festlegen zu müssen. Zum Schluss möchte ich mich kurz auf einen ethischen Aspekt der (nicht mit der transzendentalen Egologie, sondern ausschließlich mit der Monadologie geöffneten) Theorie der „passiven Synthesis“ beziehen. Und ich möchte damit zeigen, dass Leibniz’ Monadologie aber im Gegensatz zu Husserls Worten keine bloße Vernunftslehre qua Teleologie, sondern dass sie zum größeren Teil eine Ethik der „inter-monadischen Kommunikation“ bereits vorwegnimmt. Kurzum: Die Reichweite der monadologischen Metaphyisk ist doch viel größer als Husserl gerne gemeint hätte, so dass sie sogar gewissermaßen unsere gegenwärtige Diskussion betreffen könnte. Die Einsicht des mittleren und späteren Husserls, zu deren Grundprinzipien Begriffe wie „Zeit“, „Assoziation“ und „Urstiftung“ gehören, wird bezüglich der passiven Synthesis wie folgt formuliert: Die Passivität geht der Aktivität vor; jene fundiert diese. Husserl zufolge beschäftigt sich das Feld der passiven Synthesis eigentlich nicht mit der Frage, was „gut“ und was ist „böse“ sei, wie es bei der gewöhnlichen Ethik der Fall ist. Jedoch bemerkt Husserl, dass das ethische Feld, in dem die Vernunft und der Ich-Akt wirken, auf diesem Feld der Passivität fundiert ist und sogar vom letzteren Feld genährt wird46.

45 Es lässt sich sagen, dass es Husserls Anliegen ist, genau zu unterscheiden, ob eine Synthesis aktiv oder passiv ist. Er unterstricht: „Es ist klar, dass wir danach unterscheiden müssen Passivität und Ichaktivität, 1) modale Abwandlungen der passiven Doxa, der passiven Erwartungsintentionen, ihrer passiv ihnen zuwachsenden Hemmungen und dgl., 2) die antwortenden Stellungnahmen des Sich-entscheidens, vom Ich her, aktiv“ (Husserliana XI, 52). Im Kontrast hierzu versucht Leibniz, beide Momente vielmehr als eine kontinuierliche Einheit zu betrachten, ohne beide dualistisch auseinanderhalten zu wollen. Leibniz’ Begriff von „vis“ ist eine in sich aktiv-passiv strukturierte Ganzheit, um somit als „dynamicum“ bezeichnet zu werden. 46 Im Gegensatz zu Husserl spielt das Hyletische bei Kants Ethik eigentlich keine positive Rolle, und auch nicht bei Hume, dessen extremer Datensensualismus weder „assoziative Motivation“

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Husserl findet also den Beitrag der passiven Synthesis nicht im ethischen Urteil, das den sprachlichen Ausdruck und dabei das grundliegende Unterschiedsbewusstsein zwischen Ich und Anderem voraussetzt, sondern in einem „ethischen“ Urteil im breiteren Sinne, welches vom „Ich-Du-Verhältnis“ seine „Unterlage“ (Husserliana XV, 604) holt, in dem die erste (passive) Einfühlung stattfindet. Die genetische Ethik gliedert sich in ihre drei Entwicklungsstufen: Die erste Stufe ist eine vor-prädikative Ethik, in der die inter-körperliche Menschenkommunikation zu beobachten ist. Das Ur-kind. Die instinktive Intentionalität. „Der Urhorizont, die Erbmasse ist in ihrem Ursinn Leerhorizont. Die erste Hyle, das erst Affizierende wird zum erst Erfassten; in erster Zuwendung ist es das erste Thema als ein erst Erfüllendes“47.

Die zweite Stufe ist die prädikative Ethik zwischen den erwachten Monaden mit dem sprachlichen Ausdruck. Zwischen den wachen Ich-Monaden wird die Kommunikation durch die aktive Synthesis praktiziert, deren Träger die Intersubjektivität als Gesellschaftsmitglied ist. Die dritte Stufe ist das nicht mehr mit Sprachen auszudrückende, trans-prädikative „Ich-Du-Verhältnis“. Für das „wahre Ethische“ der Ethik Husserl zufolge sind die erste sowie die dritte Stufe wichtig, anders gesagt, das Schweigen vor der Sprache und dasjenige nach der Sprache sind entschieden wichtig. Für die erste Stufe der intermonadischen Kommunikation analysiert Husserl diejenige zwischen Wickelkind und Mutter. Das Wickelkind noch vor der in der Gesellschaft praktizierten Ethik gehört zur Dimension der inter-körperlichen Triebintentionalität als der assoziativ-passiven, vor-ichlichen Synthesis. Hier beim eigenen Körper48 des Wickelkindes findet die Selbstkonstitution der Zeitlichkeit statt. „Nur durch die erste, passive Einfühlung fundiert oder vorbereitet wird die wahre, ethische ‚Ich-Du-Beziehung‘ ermöglicht“49. Die vor-ichliche, vor-sprachliche Kommunikation ist die wahre „Unterlage“ für die wahre Ethik, die von jeder Ego-zentrierung freigelöst ist. Wenn wir diese Betonung Husserls auf die vor-sprachliche, unbewusste, instinktive Intentionalität als Beitrag zur bei der Intersubjektivität zu erwartenden sprachlichen Ethik ansehen, können wir uns gleich wieder an die Leibniz’schen Argumente in Bezug auf die „petites perceptions“ erinnern. Die vor-sprachliche, vor-ichliche Kommunikation, wobei noch weder „attentio“ noch „memoria“ mitfungieren, ist aber keineswegs als ein von der erwachten Monade absolut abzutrennendes „Tierisches“ zu betrachten, sondern sie kann ebenso eine (vielleicht nicht unbedingt teleologisch als Vorstufe wie bei Husserl zu bestimmende) Kommunikation als die unantastbare Würde als Menschen sein. Das besagt: Nicht nur die „gewöhnlichen Wickelkinder“ (als Vorstufe zu Erwachsenen), sondern auch die geistig noch „Intentionalität“ kennt. Vgl. I. Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten; D. Hume: Enquiries concerning the Human Understanding and concerning the Principles of Morals. 47 Husserliana XV, 604. 48 Ebd., 605, Z. 27–31: „Das Instinktive in der Beziehung des eigenen Leibes, der eigenen schon konstituierten Organe, der Lippen, in der Rede, der Augen und Augenbewegungen etc., zu den Lippenbewegungen und dem Sprechen der Mutter etc. Fremder Leib als Leib und Einfühlung“. 49 Ebd., Z. 41–43.

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behinderten Kinder besitzen bereits den Ich-Du-Konnex, d. h. das wahre Ethische der Ethik. Ich möchte meinen Aufsatz mit einem eindrucksvollen Abschnitt aus den Nouveaux Essais III, 3 beenden, in dem Leibniz das Folgende lehrt, gegen die LockeDescartes’sche dogmatische Meinung, nach der man einen unbewussten undeutlichen Zustand der Seele, oder ein Kind, welches unglücklicherweise schwer behindert geboren ist, so dass es anders aussieht als andere Kinder, dem tierischen Wesen gleichstellen will. Leibniz sagt nämlich: Man könne und müsse auch dieses Kind ebenso in die Gesellschaft eingliedern, nur wenn man feststellen kann, dass das Kind gewisserweise an der Vernunft teilhat50. Und deswegen sei man verpflichtet, den behinderten Kindern mehr Rücksicht zu schenken und ihnen noch bessere, intensivere Pflege und Erziehung angedeihen zu lassen. Leibniz berichtet in seinem Brief an den Herzog Philippe von Orleans vom 9. Februar 1706 über ein Kind, das seit Geburt in der Hörfähigkeit behindert war, aber durch ein gutes Maß an Disziplin genügend Sprachfähigkeit erlangt hatte51. Das Hindernis ist kein Mangel an etwas, was eigentlich da sein müsste. Sondern solche mit Handicap geborenen Kinder sind auch ebenso jeweils eine unersetzbare Monade, die in sich selbst in einer bestimmten Weise diese ganze Welt ausdrückt. So gesehen, trotz Husserls Differenzierung bzw. Distanzierung im Vollzug seiner genetischen Phänomenologie von der „Leibniz’schen“ metaphysischen Monadologie, lässt sich sagen, dass der Unterschied auch hinsichtlich der Grundlegung der Ethik nicht so groß ist, wie Husserl gemeint hatte. Sogar in gewissen Argumenten könnte Leibniz schon Hussserl überholt haben, wo Leibniz mit seinen Gedanken über die „petites perceptions“ nicht unbedingt mit einer traditionellen, teleologischen Konstellation verbunden war.

50 Der Kontext hier lautet zwar, gemäß dem Thema, „Des Termes genereaux“, ob und wie man trotz der äußerlichen Varianten das Einzelne zu einer bestimmten Spezies zugehörig betrachten kann, z. B. ein Kind, von dem man wegen einer Missgestaltung etwas unsicher ist, ob man es taufen lässt, kann ohne Zweifel als Mensch betrachtet werden, wenn man in irgendeiner Weise feststellen kann, dass es Vernunft besitzt. Nouveaux Essais III, „Des mots“, chap. 3; A VI, 6, 292 f. 51 Klopp IX, 163–169.

DIETRICH MAHNKES NEUE MONADOLOGIE (1917) Hans Poser (Berlin)

„Die Philosophie soll sich nicht in Paradoxieen gefallen und die eine oder andre Realität, sei es die Wahrnehmungswelt oder die subjektive Innenwelt, seien es die unmittelbaren Bewusstseinsgegebenheiten oder die allgemeinen Gültigkeiten, wegzudeuten versuchen“. D. Mahnke: Neue Monadologie, § 82, S. 99.

Beeinflusst von Husserl hat Mahnke eine Monadologie vorgelegt, die sich gegen den Neukantianismus und Couturats „Logismus“ wendet. Im Rahmen seines phänomenologischen Bewusstseinsmonismus passt er die Leibniz’sche Schrift Paragraph für Paragraph dem Wissensstand von 1917 an. Sein Lösungsvorschlag fasst die Monade als Funktions- und Bewusstseinsdifferential dx auf, das alle zeitlichen Inhalte einschließt, sodass jedes Ding x durch x = ∫ dx dargestellt wird. Da ein Differential weder zeitlich noch räumlich ist, lässt sich das Leib-Seele-Problem so lösen, dass eine prästabilierte Harmonie stets gegeben ist. Ein transzendental begründeter Gottesbeweis beinhaltet einen werdenden Gott eines werdenden Kosmos. Dies schließt das Ideal der Vernunftreligion geradeso wie die ethische Verpflichtung aller Vernunftwesen zur Vervollkommnung ein. 1. ZU DIETRICH MAHNKE Im Nachklang zu Leibniz’ zweihundertstem Todestag geradeso wie zur Verfassung der Monadologie veröffentlichte Dietrich Mahnke seine Neue Monadologie1. Als Motto ist ihr aus Goethes Vermächtnis in Wilhelm Meisters Wanderjahren die Zeile vorangestellt: „das alte Wahre, faß es an“. In meinem Exemplar findet sich in sehr kleiner, gestochen scharfer schwarzer Schrift die Widmung für den Mathematikhistoriker Heinrich Wieleitner: „Dem hochverehrten Kollegen Dr. Wieleitner zum Einblick in die andersartige Ichwelt des Verfassers“.

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D. Mahnke: Neue Monadologie (= Kant-Studien, Ergänzungsheft 39), Berlin 1917. – Die §-Angaben in den Zitaten folgen Mahnke, der sich wiederum auf die Leibniz’sche Zählung bezieht.

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Wer war der Autor, um dessen Ichwelt es gehen soll2? Nach einem Studium von Mathematik, Physik und Philosophie war Mahnke zunächst Lehrer an verschiedenen Gymnasien. Während des Ersten Weltkriegs, den er als Offizier an der Westfront verbrachte, veröffentlichte er seine Neue Monadologie, in der er Edmund Husserl als seinen „hochverehrten Lehrer“ bezeichnet (14, Fn.). Husserl selbst bekennt schon zuvor in einem Brief an Mahnke: „Ihre Interpretation der Monadologie, so wie Sie dieselbe in wenigen Sätzen andeuten, ist mir ganz und gar verständlich, ja, sie ist, wenn ich nach diesen Sätzen mich orientiere, ganz und gar auch die meine“.

Zugleich bekennt Husserl: „Ich bin eigentlich ein Monadologe“3. – Zuvor schon hatte Mahnke mehrere Arbeiten zu Leibniz veröffentlicht, so Leibniz als Gegner der Gelehrteneinseitigkeit, 1912; Leibniz auf der Suche nach einer allgemeinen Primzahlgleichung, 1912; Die Indexbezeichnung bei Leibniz als Beispiel seiner kombinatorischen Charakteristik, 1913. Er promovierte bei Husserl mit der heute noch wichtigen Arbeit Leibnizens Synthese von Universalmathematik und Individualmetaphysik, die 1925 in Husserls Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung VII erschien; für die Aktualität des Werkes spricht, dass es jüngst eine englische Übersetzung durch Justin Smith erfahren hat. Im Jahr 1926 habilitierte sich Mahnke und publizierte Neue Einblicke in die Entdeckungsgeschichte der höheren Analysis, was alles 1927 zur Berufung nach Marburg führte, wo er Heideggers apl.-Professur übernahm, während dieser ein Ordinariat bezog4. Weitere mathematikhistorische Leibniz-Arbeiten sollten folgen, weshalb ihm später von der Preußischen Akademie in Berlin die Edition des mathematischen LeibnizBriefwechsels angetragen wurde. Sein Unfalltod 1939 ließ ihn erste Resultate jedoch nicht mehr erleben. Erwähnt sei, dass Mahnke der NSDAP nahestand und 1934 mit der Überführung der Organisation Der Stahlhelm der SA-Reserve zugehörte, obwohl er gegen die Rassenlehre war und aktiv in der Lutherischen Kirche wirkte. In seinen philosophischen Schriften zeichnet sich dies alles jedoch nicht ab, wenn er durchaus unverfänglich aus den politischen Schriften den antijüdischen Orientalisten Paul de Lagarde zitiert und seine Neue Monadologie mit einem konfessionell ganz offenen Abschnitt über das Reich Gottes abschließt.

2

3 4

Ich folge in den Angaben G. Biller: „Mahnke, Dietrich“, in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 691 f. [Onlinefassung]; www.deutsche-biographie.de/pnd116680121.html, sowie Ch. Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, T. 1, Berlin 2002, zu Mahnke S. 256–258. – Ein Exemplar von Mahnkes Neue Monadologie mit Anmerkungen Husserls befindet sich im Husserl-Archiv in Loeven (Hinweis von N. Depraz: Transcendance et incarnation: le statut de l’intersubjectivité comme alterité à soi chez Husserl, Paris 1995, S. 327, Anm. 2. Ebenso in M. Vergani: „La lecture husserlienne de Leibniz et l’idée de monadologie“, in: Les Études philosophiques 71, 4 (2004), S. 534–552, Anm. 29). Husserl an Mahnke, 5. Jan. 1917, in: E. Husserl: Briefwechsel, Bd. 3: Die Göttinger Schule (= Husserliana, Dokumente 3,3), Dordrecht u. a. 1994, S. 407–408. Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie, T. I, S. 257.

Dietrich Mahnkes Neue Monadologie (1917)

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Zurück zur Neuen Monadologie. In der „Vorbemerkung“ grenzt sich Mahnke ab gegen die „einseitigen Leibnizdeutungen im Sinne des transzendentalen Methodismus der Neukantianer und des Couturatschen Logismus“5, um das „Doppelwesen des historischen Leibniz“, nämlich die „Erlebnisfülle des empirischen Stoffs“ ebenso wie die „Einheit der mathematischen Form“ und damit „Gesetz und Individuum“ als „die Pole alles Seins“ zu ihrem Recht kommen zu lassen. Was Mahnke entwickelt, kennzeichnet er als „Metaphysik des Bewusstseinsmonismus oder objektiven Idealismus“ (§ 82, S. 97), auch als „objektiven Begriffsindividualismus“ (§ 82, S. 91), ebenso als „formalen psychophysischen Monismus“ (§ 37, S. 41) und als „phänomenologischen Bewußtseinsmonismus“ (§ 82, S. 91). In dieser Einstellung will er die Leibniz’sche Monadologie „Paragraph für Paragraph in die heutige philosophische Sprache umschreibe[n] und im Sinne der fortgeschrittenen Denkbewegung weiterbilde[n]“ (S. 3). Dabei wird eine Gliederung zugrunde gelegt, die der Struktur der Monadologie entspricht. Obwohl sie verdeutlicht, welche Inhalte Mahnke wichtig sind, soll vielmehr herausgearbeitet werden, welche Probleme Mahnke veranlasst haben, auf Leibniz zurückzugreifen, gefolgt von einer Darstellung des an Husserl anschließenden und über diesen hinausgehenden Lösungsansatzes, um abweichend vom Gang der Neuen Monadologie durchsichtiger machen zu können, worauf sich diese stützt. 2. PROBLEME, DIE ZUR MONADOLOGIE FÜHRTEN UND FÜHREN Die Leibniz’sche Monadologie stellt eine späte kursorische Zusammenfassung seiner Lösung jener metaphysischen Probleme dar, die ihn seit seinem Parisaufenthalt beschäftigten. An erster Stelle stand dabei die Frage, was als Substanz die Grundlage allen Seins bildet. Aristoteles hatte darin im Rahmen einer teleologischen Ding- und Prozessontologie alle Dinge, Lebewesen und Menschen gesehen, Descartes nahm stattdessen die Dreiheit Gott / res cogitans / res extensa an, Spinoza hingegen Gott allein. Doch die Beantwortung der Frage verlangte im 17. Jahrhundert, abweichend von Aristoteles, die mathematisierte Naturwissenschaft unter Verzicht auf jede Teleologie mit dem Bereich des Immateriellen des Denkens und seiner Zielgerichtetheit so zu verbinden, dass ein Brückenschlag im Leib-Seele-Problem möglich sein würde. Dabei ging es zugleich um das Freiheitsproblem in doppelter Gestalt, nämlich als Freiheit des Menschen trotz der Kausalität der Körperwelt, und als Freiheit Gottes in der Wahl der besten Welt trotz der Freiheit der Menschen. Der Leibniz’sche Lösungsvorschlag, von ihm selbst als Hypothese bezeichnet, ist bekannt: Unsterbliche, ewige Substanzen sind alle lebenden Individuen; die auf mathematisch darstellbare Kausalgesetze gegründete Körperwelt ist phaenomenon bene fundatum, wurzelnd in den teleologisch organisierten Substanzen; das LeibSeele-Problem wird in einer logisch auf Kompossibilität gegründeten Konstruktion 5

– später ausführlich entwickelt in D. Mahnke: „Leibnizens Synthese von Universalmathematik und Individualmetaphysik“, in: Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung 7 (1925), S. 305–612.

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der vollständigen Begriffe individueller Substanzen durch prästabilierte Harmonie als Ausfluss des göttlichen Welt- und Heilsplans gelöst; das Freiheitsproblem findet seine Antwort in der Theodizee. All dieses ist in der Folgezeit geradeso oft kritisiert wie in neuen Monadologien modifiziert aufgenommen worden6. Den Hintergrund aller Weiterführungen bildete die sich zwar verschiebende, aber keineswegs radikal veränderte Problemlage. Genau das lässt alle diese Neufassungen so bedeutsam werden, denn wir stehen strukturell gesehen immer noch vor den gleichen Grundproblemen: – – – – – –

Was ist die Substanz, wenn die körperliche Natur statt aus Dingen in Atomen und Elementarteilchen, heute gar elektromagnetischen Feldern besteht? Was wird aus dem Individuum als Substanz, als Ich, wenn wir seine Bausteine (damals Zellen, heute DNA) kennen und gar zusammenfügen können? Was wird aus dem Leib-Seele-Problem, wenn Denken auf Nervenvorgängen beruht? Wie soll eine Brücke geschlagen werden, wenn die Mathematik auf Naturphänomene anwendbar ist, nicht aber auf den Bereich des Psychischen, insbesondere des Denkens? Was bedeutet es für die Substanz, wenn Kosmosgeschichte, biotische Entwicklung und Kulturgeschichte auf Evolutionen unterschiedlicher Art beruhen, in jedem Falle aber auf einem gerichteten Prozess? Worauf gründen sich Freiheit und ethische Prinzipien, wenn Letztere genetisch fixiert oder ein Produkt der Kulturevolution sind, während Erstere sich auf Handlungen in einer naturgesetzlich regulierten Welt bezieht?

Nun kann es nicht darum gehen, fachwissenschaftliche Einzellösungen zu suchen, sondern gemäß dem klassischen Anspruch der Philosophie eine gemeinsame metaphysische Antwort aufzubauen, handelt es sich doch letztlich darum, was die Welt im Innersten zusammenhält. 3. MAHNKES GRUNDLAGE Die eben formulierten Fragen nimmt Mahnke auf dem Hintergrund des mathematischen, natur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Kenntnisstandes seiner Zeit auf und entwickelt in seiner Neuen Monadologie ein Angebot einer geschlossenen Lösung. Deren Grundlage besteht in einer Husserls Phänomenologie aufgreifenden transzendentalen Reflexion, die dazu führt, vom erkennenden Subjekt auszugehen. 6

Vgl. Hans Poser: „Monadologien des 20. Jahrhunderts“, in: Leibniz, Werk und Wirkung: Vorträge. IV. Internationaler Leibniz-Kongreß, Hannover 1983, S. 620–627. ND in: A. Heinekamp (Hrsg.): Beiträge zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte von Gottfried Wilhelm Leibniz (= Studia Leibnitiana, Supplementa 26), Stuttgart 1986, S. 338–345.

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Zum besseren Verständnis sei das Konzept des Mahnke’schen Phänomenologischen Bewusstseinsmonismus vorab in einer vereinfachenden Skizze dargestellt (Abb. 1).

Abb. 1

Dieses Schema soll nun inhaltlich gefüllt werden; hier wie im Folgenden wird Mahnke in großem Umfang wörtlich wiedergegeben, um seine Gedankenführung besser sichtbar werden zu lassen. „Als letzter ‚Ursprung‘ und Rechtsquell der Erkenntnis alles Seins und Geltens müssen die unmittelbaren Bewusstseinsgegebenheiten dienen, die in voller Evidenz erschaubaren Empfindungen, Phantasieen und begrifflichen Formen, sowie die Gefühlstöne, Begehrungs- und Strebungselemente usw., [… dann aber] völlig phänomenologisch reduziert als bloss mögliche Inhalte oder Gegenstände eines reinen transzendentalen Bewusstseins, das, erhaben über Raum und Zeit, durch seine ordnenden Wesensgesetze alle räumlich-zeitliche Existenz erst ermöglicht“ (§ 82, S. 91 f).

Mit diesem Ausgang vom individuellen menschlichen Bewusstsein wird die Körperwelt keineswegs beiseitegeschoben oder gar negiert, doch es kommt nun darauf an, sie ausgehend von den inneren Zuständen Schritt für Schritt einzuholen. Dieser innere Weg ist dadurch gekennzeichnet, dass der Phänomenologe ausgehend von „evidenter Wesensschau und immanenter Deskription“ zu „allgemeinsten Wesensgesetzen“ gelangt, die a priori erkannt werden, nämlich zu den „Grundsätzen der formalen Logik“ (§ 82, S. 92), nachfolgend zu „mathematisch definiten Systemen“ unter Einschluss mathematisch formulierter Kausalgesetze; es folgen im was als Wert, Mittel, Ziel bezeichnet wird und mit einer Rangordnung verbunden ist (§ 82,

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S. 93). Damit ergibt sich aus der phänomenologischen Wesenserkenntnis eine „rationale Metaphysik“, die in zwei wesentlichen und deutlich unterschiedenen Elementen besteht, nämlich einerseits in einer logisch strukturierten „formalen Ontologie“ in Gestalt des reinen Intellekts, andererseits jedoch in einer der formalen Ontologie „völlig wesensfremden Region“ des Willens, genauer der „Gemüts- und Willensintentionen“ (ebd.). Im Blick auf die gesuchte Monadologie sind damit zentrale Weichenstellungen vorgenommen: Erstens bedeutet der Ausgang vom Subjekt, dass sich hier der Individuenbegriff ankündigt, aber eine Verlängerung ‚nach unten‘ ins Tier- und Pflanzenreich erfordert. Zweitens gilt für die Substanz oder das, was an deren Stelle tritt, bereits im einleitenden Schritt eine innere Zweiteilung: Der formalen, logisch-mathematischen Seite steht die Willensseite gegenüber. Letztere hat keine solche Struktur, aber in ihrer teleologischen Orientierung beruht sie immer schon auf einer Wertung; das verlangt zum einen eine Rangfolge bis hin zu apriorischen Wertgesetzen, zum anderen angesichts des teleologischen Moments einen dynamischen Anteil, der in der Intention gesehen wird7. Die gesuchte Substanz wird dieses alles – die logisch-mathematische Struktur, den Wertbezug und die innere Dynamik – in sich tragen müssen. Im Folgeschritt der phänomenologischen Analyse muss es um die Wahrnehmungen, also um die Inhalte der Phänomene gehen. Diese sind auch von zweierlei Art – zum einen handelt es sich um innere Wahrnehmungen (wie den Schmerz), zum anderen um transzendierende Wahrnehmungen, die das Wahrgenommene (etwa eine Blume) als einen äußeren Gegenstand sehen. In diesem transzendenten Bereich „materialer Ontologieen“ zeigt sich eine kausale Struktur, die zugleich mathematisch erfassbar ist. Das dahinterstehende Prinzip formuliert Mahnke folgendermaßen: „Die deskriptive Metaphysik hat nun von dem phänomenologischen Grundsatz auszugehen, dass alles ‚Wirkliche‘ irgend welcher Art sein Gelten oder Sein ausweisen muss, indem es irgendwie ‚wahrnehmbar‘ wird, weil esse soviel bedeutet wie percipi posse, und dass ferner den verschiedenen Regionen des ‚Wirklichen‘ auch verschiedene Arten des ‚Wahrnehmens‘ entsprechen“ (§ 82, S. 94).

Zugleich bedeutet dies, dass das physische Dasein der Körper nicht „ausserhalb des Bewusstseins in einer ‚Welt an sich‘ existiert“, sondern nur „dem Bewusstsein auf seine eigentümliche Weise gegeben werden muss“ (ebd.): Ein physischer Gegenstand ist nie in seiner ganzen Fülle, sondern stets in einer „transzendenten“, nämlich überschreitenden Wahrnehmung als intentionales Objekt gegeben; „immanente“ Wahrnehmungen dagegen – etwa ein Schmerz – gehören dem Strom des Bewusstseins an (§ 82, S. 96). Damit, so betont Mahnke, ist die „phänomenologische Metaphysik […] berechtigt, dem Physischen und Psychischen Realität, und zwar jedem seine besondere Existenzart, zuzuschreiben“ (ebd., Hervorhebung H.P.). 7

Rückblickend schreibt Mahnke, er habe in seiner „neuen Monadologie“ mehrfach gezeigt, „daß der scholastische Begriff der ‚intentio‘ in seiner Brentano-Husserlschen Erneuerung sehr geeignet ist, mehrere Lehren von Leibniz in ihrer wahren Meinung zu verstehen“. Mahnke: „Leibnizens Synthese von Universalmathematik und Individualmetaphysik“, S. 538, Anm. 25.

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Für die intendierte Monadologie lässt sich also festhalten, dass der Innenwelt eine vierdimensionale, mathematisch-logisch strukturierte Außenwelt korrespondiert. Doch ist sie auch real, wirklich, substantiell? Abweichend von Husserl sieht Mahnke nur einen relativen Unterschied zwischen transzendenter und immanenter Wahrnehmung, nämlich einen, der „nur für das subjektive Individualbewusstsein, dagegen nicht für das objektive Bewusstsein“ gilt, weil Letzteres alle Individuen überschreitet (§ 82, S. 96). Beide Seiten, individuelle Seele und physisches Ding, sind „teils mathematische, teils morphologische Strukturzusammenhänge der unmittelbaren Bewusstseinsgegebenheiten, nämlich Regeln ihres Zusammenseins und Aufeinanderfolgens, die Ordnung in das Chaos bringen. Beides sind begriffliche Objekte, die Einheit schaffen in einem Gewühl von subjektiven Erlebnisinhalten. Der Unterschied zwischen beiden ist nur, dass der Strukturzusammenhang einer individuellen Seele einen Haufen von Sinnesempfindungen, Phantasieen, Gefühlen, Begehrungen und Wollungen in ihrer vollen subjektiven Lebendigkeit zusammenbindet, während der Strukturzusammenhang eines physischen Dinges und der ganzen Erscheinungswelt sich auf das Allgemeingültige der sinnlichen Wahrnehmungen beschränkt“ (§ 82, S. 97).

Summierend und auf die Wissenschaften bezogen bedeutet dies, dass „physische und psychische Realität […] als Objektivitäten der Natur- und Geisteswissenschaft dasselbe sind, nur auf Grund verschiedener sinnlicher Grundlagen wahrgenommen“ (ebd.). Das besagt, dass „der gesamten Körper- und Seelenwelt ein einziges ideelles Bewusstsein zugrunde liegt, das als objektive Vernunft eine unendliche Vielheit von logisch-mathematischen Begriffen, als objektiver Wille ein unerschöpfliches Reich von Wertbegriffen in seiner Einheit zusammenfasst. Dieses eine objektive Bewusstsein erlangt reales Dasein erst in den einzelnen Seelen“ (ebd.).

Das wiederum bringt zum Ausdruck, dass das Einzelbewusstsein jene „objektiv gültigen Begriffe“ im subjektiven Erleben erfasst. Was dahinter steht, ist das „transzendentale Bewusstsein, das in allen Einzelseelen lebendig ist“ (§ 82, S. 98) und damit eine übersubjektive Geisteseinheit ermöglicht. Man könnte bei den objektiv gültigen Begriffen von „Dingen an sich“ sprechen, doch Mahnke zieht es vor, sie als „Dinge für alle“ oder als „objektive Dinge“ zu bezeichnen, weil sie wirklich existieren und subjektiv dargestellt werden – subjektiv als „Dinge für sich“, doch transzendent als „Ding für alle“ oder „Dingerscheinung“ (ebd.). So kann der „Bewusstseinsmonismus jeder Existenzart, auch der körperlichen Naturerscheinung, ihr relatives Recht zuteil werden zu lassen“ (§ 82, S. 99). In zwei Richtungen sei jetzt schon eine Erweiterung angedeutet. Zum Ersten: Das Subjekt erfährt, dass es nicht nur im Willen eine Dynamik gibt, sondern auch in der Natur – also bei den Dingen für alle –, nämlich eine Kausaldynamik, die in mathematischen Strukturen beschreibbar ist. Doch in beiden Fällen tritt eine teleologische Komponente hinzu: Im Willen ist diese deutlich als Zielorientierung gegeben, während sie in der Natur als Entwicklung vom Materiellen über das Biotische bis zum Geistigen als Kosmologie, als Bioevolution und als Kulturgeschichte erscheint. Eine umfassende Metaphysik kann also nicht auf ein dynamisch-teleologisches Element verzichten. – Zum Zweiten: Logik, kausale Gesetzmäßigkeit und

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Wertehierarchie verweisen auf einen Grund aller Ordnung, der selbst im Bewusstsein erfahren wird – sie verweisen auf Gott oder eine „Region der Vernunft“ (§ 89, S. 111), nicht im Sinne einer bestimmten Konfession oder Glaubensrichtung, sondern eher in einem platonischen Verständnis der Kalokagathia, erweitert um das dynamische Element einer Selbstentfaltung. Damit ist in knappen Strichen Mahnkes Metaphysik umrissen. Es gilt nun, sie in seiner Monadenlehre aufzusuchen. Dabei wird Mahnke hier anders als in seiner Schrift nicht immer nach dem Gang der Leibniz’schen Monadologie dargestellt, sondern den Leitproblemen folgend. 4. DIE ELEMENTE DER NEUEN MONADOLOGIE 4.1 Das Wesen der Monade Der Schlüssel liegt naturgemäß schon im Begriff der Monaden als „kleinste[n] selbständige[n] Funktionseinheiten, in die sich die wahre Wirklichkeit zerlegen lässt und aus denen man sie sich als aus ihren Urelementen aufgebaut denken kann“ (§ 1, S. 8). Mit ‚wahrer Wirklichkeit‘ ist das transzendentale Bewusstsein bezeichnet. Mit ‚Funktionseinheit‘ ist ein Doppeltes gemeint, nämlich erstens der mathematische Funktionsbegriff, ausgedrückt durch dx als infinitesimales Differential, sodass jedes Ding x durch x = ∫ dx dargestellt wird (§ 3, S. 6)8. Genau in diesem Sinne ist alles, was es gibt, eine einem Integral ähnliche Zusammensetzung solcher Art. Später hat Mahnke dies so erläutert: „Leibnizens Monaden […] sind sozusagen die Differentiale des Universums, freilich nicht seiner räumlich-zeitlichen Erscheinung, aber doch seines raum- und zeitlosen energetischen Wesens, oder noch richtiger der raum- und zeitübergreifenden Funktionsgesetzlichkeit seines allumfassenden Wirkungszusammenhanges. Doch darf man diese Differentiale nicht im Sinne der höheren Analysis als indefinite Teile eines kontinuierlich weiter zerlegbaren Ganzen, sondern als diskrete Grenzpunkte einer vollendet gedachten Zerlegung, also als die aktual unendlich vielen Elemente einer transfiniten Menge auffassen“9.

Dabei wird jedes solche Funktions-Differential wie in der physikalischen Anwendung als Ausdruck einer dynamischen, gerichteten funktionellen Einheit des Wirkens verstanden10. Damit lassen sich die Monaden als die schlechthin kleinsten, punktartigen (also raumlosen) Teile der Natur auffassen. Doch zum Zweiten bezeichnet Mahnke diese Differentiale als Bewusstseinsdifferentiale. Mit ihrer dynamisch-teleologischen Eigenschaft liegen sie nicht nur der raum-zeitlichen materiellen Natur als mathematisch-formales Gerippe zugrunde, 8

In Unendliche Sphäre und Allmittelpunkt. Beiträge zur Genealogie der mathematischen Mystik, Halle 1937, nimmt Mahnke mathematische Punkte als Indivisiblen auf, „um die ‚virtuelle Unendlichkeit‘ der Monaden noch stärker zu betonen“, S. 17. 9 Ders.: Leibniz und Goethe. Die Harmonie ihrer Weltansichten (= Weisheit und Tat 4), Erfurt 1924, S. 48. 10 In Leibniz und Goethe spricht Mahnke von Leibniz’ Monaden als „Energiequanten“ (S. 45) und deren dualer Natur (S. 5); das gilt fraglos auch für sein eigenes Monadenkonzept.

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sondern verkörpern darüber hinausgehend die wahre Wirklichkeit (§ 3, S. 7). Die aber kommt erst mit einer weiteren tragenden Unterscheidung in den Blick, nämlich vom „Ding für andere“ und dem „Ding für sich“. Das klingt zwar nach Hegel, ist aber anders gemeint, denn das ‚Ding für andere‘ ist als ‚Ding für alle‘ die äußere mathematische Form, in der etwa die Naturwissenschaften ihre Objekte erfassen, das ‚Ding für sich‘ hingegen ist kein Kant’sches ‚Ding an sich‘ – das weist Mahnke zurück –, sondern die Weise des Gegebenseins im individuellen Bewusstsein: Damit ist die Perspektivität der Monade bei gleichzeitiger Wirklichkeit eines ‚wahren Dinges‘ gewährleistet. Er betont: „Das ‚wahre Ding‘ der Metaphysik ist das Naturobjekt, verlebendigt nicht durch die entstellende fremde Auffassung, sondern durch das eigene, individuelle Erleben. Die wahre Wirklichkeit ist nach der hier vertretenen Leibnizschen Anschauung, dem Begriffsidealismus, eine von mathematischen und anderen Gesetzen durchzogene geistige Welt“ (§ 3, S. 7).

In Entsprechung zur Form des physisbezogenen Differentials besteht die Grundlage des ‚Dinges für sich‘ in einem ganz einmaligen Differential, das man Perzeptionsdifferential nennen mag, auch wenn Mahnke diese Bezeichnung vermeidet, vielleicht, weil das Streben, der Appetitus, mit einzubeziehen wäre: So tritt neben die physische Funktionseinheit – oder richtiger, sie individuierend und begründend – diese perzeptive Einheit als Bewusstseinsdifferential. Ein jedes Ding – vom bloßen Körper bis zum beseelten Organismus – wird damit zum Integral über solche Differentiale in ihrer Doppelform. – Schematisch lässt sich dieses etwa so zusammenfassen (Abb. 2): Funktionsdifferential: kausal, mathematisch‐material  Monade = dx 

Grundlage der Perzeptionen    Bewusstseinsdifferential, intentional‐willensmäßig 

Ding x     = ∫dx  Abb. 2

War die bisherige Betrachtung eher statisch, so gilt es nun, den Differentialen ein Streben auf ein Ziel hinzuzuschreiben (§ 15, S. 14). Dabei beruft sich Mahnke auf die Leibniz’sche Bezeichnung der Monade als Entelechie. In diesem Streben liegt zugleich ein über die Monade hinausweisendes Element, weil jede Perzeption immer nur einen „individuelle[n] Ausschnitt“ einer „gesetzmäßigen Einheit“ bildet, nämlich der „objektiven Welt“ (§ 16, S. 14). Der darin gegebene „Erlebnisinhalt“ verleiht dabei dem „Gewühl des Gegebenen“ einen „Sinn“, nämlich als „Erlebnisgegenstand“ (ebd.): „Die Einheit der Monade ist die eines Objektes, das von einer Vielheit von Erlebnismomenten intendiert wird“ (§ 16, S. 15). Und weiter: „Über dieser erlebnisimmanenten Wirklichkeit schwebt eine objektive Welt allgemeingültiger Begriffe und Wahrheiten, die aber mit jener andern intentional geeinigt ist“

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(§ 16, S. 16). Die Intention, das Streben, steht damit für Leibniz’ Appetitus und wird zum Träger der Dynamik. Dabei ist jede Monade einerseits „subjektive Funktionseinheit“, andererseits und zugleich „objektiver Begriff“ (§ 17, S. 17). Hier deutet sich an, was nachfolgend zur Seele und zum Gottesbegriff führt, denn: „Schon wenn man von der Einheit der Wahrnehmungswelt spricht, so setzt man dabei im Grunde ein Bewusstsein voraus, das diese Einheit sieht“ (§ 17, S. 17). Scheinbar droht damit das für Leibniz so zentrale Verständnis von der unverwechselbaren Individualität einer jeden Monade verloren zu sein. Dem hält Mahnke jedoch seine Fassung des vollständigen Begriffs des Individuums entgegen, nun bezogen auf die individuelle Funktionseinheit dx, aus der „alle Prädikate des Subjekts […] hinlänglich begriffen oder exakter […] aus seiner Formel deduktiv abgeleitet werden können“ (§ 7, S. 11). Damit ist wegen der Unverwechselbarkeit die Individualität einer jeden Monade gegeben (§ 9, S. 12), zugleich ist die Fensterlosigkeit (§ 8, S. 12) ebenso gesichert wie die Spiegelung des ganzen Universums (§ 56, S. 58). Das allerdings setzt eine geordnete Mannigfaltigkeit aller Monaden ebenso voraus wie deren innere Differenzierung. Mahnke sucht dies in einer Formel auszudrücken, die die Lebensprinzipien einer jeden Monade mit allen anderen verknüpft. Sind x, y, z, … die Monaden als die unendlich vielen Veränderlichen, deren Veränderungen in Funktionen f1, f2, f3, … und der Zeit t erfasst sind, dann ist x = f1(x, y, z … t), y = f2(x, y, z … t), z = f3(x, y, z … t), … (§ 13, S. 13) Formal gesehen haben wir es also mit einem unendlichen Gleichungssystem mit unendlich vielen zeitabhängigen Variablen zu tun; für jede Monade drückt es ihr „Funktionsgesetz“ aus (§16, S. 15). Die einzelnen Objektgruppen – leblose Körper, Pflanzen, Tiere, Menschen – sind dabei durch gewisse Gleichartigkeit der ihren Monaden zugehörigen Funktionsgesetze der Empfindungsdifferentiale gekennzeichnet (§ 26, S. 21 f.). Eine Perzeption ist dabei – in Analogie zum Bewusstsein – eine zu einem Zeitpunkt t zur Einheit gebrachte Vielheit dieser Empfindungsdifferentiale; eine Apperzeption liegt vor, wenn die „unendlich schwachen Erlebniselemente“ der Bewusstseinsdifferentiale klar bewusst sind (§ 14, S. 13). 4.2 Das Leib-Seele-Problem als Scheinproblem Mit der Monadenkonzeption ist der inneren, individuellen Wahrnehmungswirklichkeit des ‚Dinges für sich‘ eine äußere Erscheinungswirklichkeit des ‚Dinges für alle‘ gegenübergestellt. Diese Dinge sind entsprechend der Ähnlichkeit in den Bewusstseinsdifferentialen in Elemente zerlegbar, etwa in „Menschengeister, Tierseelen, Pflanzenentelechien, Bewegungstendenzen anorganischer Körper“ (§ 3, S. 8). Diese Aufzählung verdeutlicht, dass von Anbeginn auch Körper einbezogen sind, nämlich als Summe jener materielosen Differentiale, die sie zeitlich einordnen und als Tätigkeitsprinzip ausweisen – teils hinsichtlich ihres materiellen Anteils, vor allem aber hinsichtlich jenes Anteils, der vollständig die Möglichkeit des Eintretens

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in einen Monadenverband etwa einer Zelle beinhaltet. Zwischen diesen sehr einfachen Monaden und den beseelten Wesen, in deren Zusammenhang sie eintreten, ist damit eine kontinuierliche Verknüpfung gefunden. Doch wie steht es um das Leib-Seele-Problem im Blick auf die Kausalität? Bei ihr, so Mahnkes Antwort, handelt es sich um „immanente [also der jeweiligen individuellen Monade zuzurechnende] Kausalzusammenhänge“, gestiftet durch die wechselseitige Abhängigkeit, im oben skizzierten Gleichungssystem festgehalten, dem die prästabilierte Harmonie entspricht (§ 26, S. 21). Es würde „garnichts nützen, wenn man ausser den subjektiven Erlebnisgrundlagen der Monaden und ihrer gemeinsamen, intentional immanenten Wahrheitswelt noch eine transzendente Aussenwelt annehmen würde. Diese wäre doch gänzlich unerkennbar, wirkungsunfähig und daher bedeutungslos“ (§ 26, S. 23).

Der durchaus berechtigte Kern der Sprechweise von der Außenwelt beruhe vielmehr allein darauf, dass Seelen selber Art – etwa Menschen – „eine und dieselbe Erscheinungswelt anschauen“, von der man sagen möchte, sie sei ‚wirklich da‘ und nicht ‚nur vorgestellt‘ (ebd.). Mahnke fügt hinzu: „Diese Erscheinungswelt ist indes nichts anderes als die gar nicht eigentlich ‚seiende‘, wohl aber objektiv geltende ‚Welt für alle‘ oder die begriffliche Wahrheitswelt, verlebendigt durch die Sinnesqualitäten und Anschauungsformen“ (§ 26, S. 23).

Etwas später greift Mahnke dies nochmals auf: Für seine Monadologie stellt der Leib-Seele-Zusammenhang gar kein Problem dar, ja, es ist ein Scheinproblem, weil es nur eine Art von Substanzen gibt – die Funktionseinheiten als Seelendifferentiale. Es geht also nicht um eine psychophysische Kausalität, sondern „einzig um die Harmonie der Monadenintentionen“; doch diese beruhen auf zweierlei – „dem innern Erleben als Motivationszusammenhang einer Geisteswelt“ und „der äusseren Wahrnehmung als ursächliche Verknüpfung einer sinnlich erscheinenden Natur“ (§ 60, S. 61). So besteht ein psychophysischer Parallelismus – nämlich in der „Identität des von zwei Seiten betrachteten Objektbegriffs: die ‚Dingerscheinung‘ und das ‚Ding für sich‘ sind nur inhaltlich verschiedene, aber formal-äquivalente Darstellungen desselben ‚Dinges für alle‘ oder ‚Naturobjekts‘“(ebd.).

Doch ist noch weiter zu gehen, denn Mahnke schließt eine ganz grundsätzliche Überlegung an, die verdeutlicht, warum er sein Monadenkonzept selbst im Blick auf die äußere Natur bestätigt sieht: Der Stoffwechsel zeigt, dass zwischen belebter und sogenannter unbelebter Natur „kein Gegensatz bestehen kann, sondern dass alle Materie organisierbar ist, also die Tendenz zum Leben und Bewusstsein, wenn auch nur als unterbewusstes Differential schon in sich trägt“ (§ 66/67, S. 71, Hervorhebung H.P.): Mit ‚organisierbar‘ ist das aktive Vermögen bezeichnet, überall im Universum einen Übergang von sogenannter lebloser Materie zu Organismen zu erreichen. So nehmen wir materielle Nahrung auf, die dem Körper organisch einverleibt wird, während anderes ausgeschieden wird; also gibt es einen kontinuierlichen Übergang vom leblosen zum lebenden Körper. Darum: „Wir müssen den Gegensatz zwischen der leblosen, unbewussten Natur und dem lebendigen, klarbewussten

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Menschengeist völlig aufgeben“ (§ 65, S. 70), denn „jedem Differential der räumlichen Ausdehnung gehört eine geistige Monade zu“ (§ 65, S. 71). Hier wird deutlich, dass jedes Funktionsdifferential (also die unausgedehnte, zeitlose, aber die Welt spiegelnde Monade) in sich die Modalität der Organisierbarkeit trägt – eine Möglichkeitsform, die teleologischer und damit dynamischer Natur ist und bei der es sinnlos wäre, sie als ‚bloß materiell‘ zu bezeichnen: Sie mit Mahnke ein ‚Bewusstseinsdifferential‘ zu nennen, stellt dabei eine Ausdehnung des Bewusstseins ‚nach unten‘ dar, nicht anders als bei Leibniz’ Begriff der ‚Perzeption‘, bei dem es nur in den wenigsten Fällen um ‚Wahrnehmung‘ geht. 4.3 Die Seele und der Geist Eine Seele ist im wichtigsten Fall eine der Apperzeption fähige Monade, genauer: eine Monadenkomplexion mit bewussten Wahrnehmungen; unterscheidend nennt Mahnke eine solche Seele deshalb auch vernünftige Seele oder Geist (§ 18, S. 17 f.). So spricht er gelegentlich auch von Tier- oder gar Zellenseelen (§ 3, S. 8), um „Menschengeister“ zu unterscheiden von „Tierseelen, Pflanzenentelechien, Bewegungstendenzen anorganischer Körper“ (§ 3, S. 8). Die Bedeutung der Geister besteht darin, dass sie das ganze metaphysische Gebäude des Bewusstseinsmonismus überhaupt erst ermöglichen: Als vernünftige Wesen sind sie zur Reflexion bis hin zum Innewerden der transzendentalen Bedingungen ihres Erkennens, Wissens und Daseins fähig. Zwischen bewussten Wahrnehmungen und kleinen Perzeptionen gibt es einen kontinuierlichen Übergang; dies ist möglich, weil der Zustand einer Monade auf infiniten Perzeptionen untergeordneter Monaden beruht. Mahnke erweitert dies im Blick auf die naturwissenschaftlich betrachtete „Entwicklung von Pflanzen und Tieren“; doch „in der metaphysischen Wirklichkeit entspricht dem eine unräumliche Ineinsbildung der miteinander harmonierenden Funktionsgesetze der zugrundeliegenden Monaden“ (§ 25, S. 19). Genau diese Sicht wird bedeutsam für die Ausbildung des individuellen Bewusstseins, doch weit darüberhinausgehend für die Einbeziehung einer evolutionären Entwicklung im Leben und im Geistigen. Entscheidend ist nun eine Verschärfung der Leibniz’schen Auffassung von der Seelenhaftigkeit der Monaden, denn die ‚Gesamtseele‘ eines Menschen oder eines Tieres wird als aus „Bewusstseinstendenzen von Zellseelen erwachsen[d]“ gesehen (ebd.). Daraus folgt, dass zwar jede Monade als eine „überzeitliche Funktionseinheit“ unveränderlich ist, jede Seele jedoch „als geistige Einheit eines immer wechselnden Monadenaggregats ihren zeitlichen Anfang, ihr Wachstum und ihr Ende“ hat: Mit dem Tod „löst sich die Seele wie der Körper in ihre Differentiale wieder auf“ (§ 6, S. 10). Die Sterblichkeit der Seele mag mit manchen außerreligiösen Vorstellungen zusammenpassen – aber wie verhält sich das zu einer Sichtweise von der Unsterblichkeit, die sogar älter ist als die monotheistischen Religionen, und wie passt es zu einem kirchlich eingestellten Menschen wie Mahnke selbst? Die Antwort findet

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sich in zweifacher Gestalt an späterer Stelle, wo er ausführt, es bestehe „eine gewisse Unsterblichkeit der Seelen“ – etwa der Vorfahren in den Nachfahren, weil dabei ja Monadenkomplexionen weitergegeben werden, so lange nicht die ganze Art ausstirbt (§ 73, S. 74); doch auch das ist an das aktuelle Leben geknüpft. Die Sicht ändert sich jedoch gänzlich, wenn zur ‚wahren Wirklichkeit‘, also zum transzendentalen Bewusstsein übergegangen wird: Dieser rein geistige Bereich umfasst alle Monaden und deren Funktionen, alle Vernunft- und Tatsachenwahrheiten ebenso wie die ‚überzeitliche Funktionseinheit‘ einer jeden Monade in zeitloser Gestalt – und genau dort lässt sich sagen, dass die Seelen in dieser Form zeitlos, also ewig gegeben sind: So überschreibt Mahnke den betreffenden Abschnitt „Die Ewigkeit des organischen und geistigen Lebens“ (S. 71), um zu resümieren: „So gibt es denn für den edelsten Teil einer Menschenseele in der […] Geisteswelt eine wahre Unsterblichkeit“ (§ 77, S. 75). 4.4 Das Gesamtbewusstsein und das transzendentale Bewusstsein Mit den letzten Überlegungen öffnet Mahnke eine erkenntnistheoretische Perspektive besonderer Art: „Die logische Weltform allein ist objektiv, [… nämlich] als eine transzendentale Begriffswelt, die den subjektiven Inhalten individueller Bewusstseine die Einheit der Geltung gibt“ (§ 26, S. 24).

Doch dies reicht weit über Logisches hinaus, weil diese ‚Welt für alle‘ eine „Welt der Wahrheiten und Werte“ einschließt (§ 26, S. 25). Die notwendigen und ewigen Wahrheiten zu erkennen ist allein vernünftigen Seelen wie den Menschen möglich, was ihnen zugleich erlaubt, sich „über das triebmässige Handeln, das unter dem Einflüsse des Gattungsinstinkts steht, durch klarbewusstes ethisches Wertverständnis zu freiem, sittlichem Handeln [zu] erheben“ (§ 29, S. 26). Kants erkenntniskritische Frage nach der „Möglichkeit der Wissenschaft“ geradeso wie Windelbands kulturkritische Frage nach der „Möglichkeit allgemeiner Wertungen“ ist also zu beantworten mit dem „Hinweis auf die Einsicht in objektiv geltende logische und ethische Formgesetze“ (§ 30, S. 26). Hingegen findet die „psychologisch-genetische Frage“ nach der geschichtlichen Entwicklung dieser Wahrheiten und Wertungen eine ganz andere Antwort, die zugleich anzeigt, wo Mahnke die Fruchtbarkeit seiner neuen Monadologie sieht: Es geht dabei um die Genese des „Formenreichs der Ideen und Ideale. Dieses bildet sich, ausgehend vom inhaltlich erfüllten intentionalen Gegenstand der individuellen Monaden über die Erlebniswelten der einzelnen Menschen auf der höchsten Stufe der Abstraktion als das allen gemeinsame Denkund Wertobjekt“, was voraussetzt, „dass sich, wie aus den Monaden die individuellen Seelen, so auch aus diesen wieder höhere Gesamtbewusstseine bilden, die sich in der menschlichen Gesellschaft in der Tat als Volksgeist, Zeitgeist, Menschheitswille konstituiert haben oder vielmehr sich geschichtlich herauszubilden im Begriff sind“ (ebd.).

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Auch dieses sei in einer schematischen Form eingefangen (Abb. 3): individuelle Seele  bildet durch Abstraktion gemeinsames Denken und gemeinsame Wertobjekte  „geistige Zeugung“  Gesamtbewusstsein als Ergebnis des geschichtlichen Prozesses  ‐ ‐

umfasst  durch  Idealisation  Logik,  Mathematik,  mathematisch  strukturierte  Kausalgesetze  enthält  teleologisch‐deskriptive  Begriffe  von  Zweckeinheiten,  dann  Werte  und Werthierarchien 

transzendentales Bewusstsein  ‐

umfasst             allgemeine Wesensgesetze 

Logik, Mathematik        Kausalgesetze  ethische Prinzipien 

formale Vernunft‐ wahrheiten  Reich der Natur  Reich der Werte 

Abb. 3

In diesem letzten Schritt stoßen wir auf eine bemerkenswerte Konstruktion im Leibniz’schen Geist: Mag das Reich der Ideen auch als Disposition in jeder Monade angelegt sein, so bedarf es doch einer Freilegung, die nur in der Gesellschaft möglich ist – man könnte an Poppers Welt 3 denken; doch Mahnke situiert die fraglichen Ideen in „höheren Gesamtbewusstseinen“ als eine „höhere geistige Einheit, zu der sich die Einzelseelen ganz ähnlich verhalten wie diese zu ihren Monadenkomponenten“ dank der generalisierenden und strukturierenden Ausdrucksform der Sprache (§ 30, S. 27). Darum lässt dieses Gesamtbewusstsein alle „Erlebniseinheiten der individuellen Seele“ hinter sich und hat nur den „Charakter eines objektiven Bewusstseins“ (ebd.). Auf dieser Basis bilden sich die Naturwissenschaften durch „Idealisation“ in ihren ausschnitthaften perspektivischen Gestalten, was über die Anschauung hinausgehend geschichtlich zu „rein formal-mathematischen Systemen“ führt – ein Vorgehen, das Mahnke bruchlos in seine Monadologie einzubeziehen vermag; als Beispiel verweist er auf die Relativitätstheorie. 4.5 Welt und Weltplan Mit der Idealisation ist eine entscheidende Horizonterweiterung verbunden, denn vermöge der Mathematik lassen sich alle geltenden Wahrheiten aller formalen Systeme deduktiv ableiten (§ 31, S. 31). Mahnke nennt als Beispiele für dieses „Reich reiner Formen“ die Zahlentheorie, die Nichteuklidische Geometrie, die Vektoranalysis, die Gruppentheorie und Cantors Mengenlehre (ebd.); in der Idealisation werden

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mit ihnen auch die naturwissenschaftlichen Strukturen erfasst. So wird der Anspruch sichtbar, mit dieser Monadologie den neuesten Entwicklungen in der Mathematik und Physik, also sowohl im Bereich der auf Widerspruchsfreiheit gegründeten notwendigen Vernunftwahrheiten wie der kontingenten Tatsachenwahrheiten gerecht werden zu können. Doch daraus folgt nicht, dass sich „die wahre Wirklichkeit“, der „ganze subjektive Verlauf des Geisteslebens in seiner vollen Lebendigkeit“ in ein einziges formales System pressen ließe, auch wenn wir überall nach dem Ideal einer mathematischen Ordnung streben, denn schon die organische Entwicklung erlaubt nur typische „Regelmässigkeiten“ festzuhalten (§ 34/35, S. 35). So stellt Mahnke fest: „Dass auch dies Chaos sich schliesslich als ein einziger Kosmos herausstellen wird, ist nur ein Postulat der Erkenntnis, eine Hypothese, die dem wissenschaftlich Denkenden durch seine eigene rationale Wesensart nahe gelegt wird“ (ebd.).

Dann allerdings kommt es zu einer Wende der Mahnke’schen Argumentation, die für das Spätere bedeutsam ist: Dass es erstaunlicherweise gelingt, Objekten der Sinneswahrnehmung „durch eine verhältnismässig leichte Idealisation“ eine Ordnung zu geben, sei „ein Beweis dafür, dass zwischen den logischen Denkformen des Bewusstseins und seinem Empfindungsinhalt tatsächlich eine viel engere Verbindung besteht, als logisch notwendig wäre“ (§ 36, S. 37): Sowohl diese logische Struktur von Teilsystemen als auch die kausalgesetzlichen Zusammenhänge zeigen, dass in diesen Bereichen der „Satz vom Grund durchweg gilt“ (ebd.). Mahnke entwickelt das darauf aufbauende methodische Verfahren zu einer „Logik der Hypothese“, die zwar bis zu „Vorgänge[n] der Erdgeschichte“ reichen kann, jedoch den „Schritt zum wirklich-individuellen Dasein“ nicht zu tun vermag: Kausalität und mathematische Struktur betreffen nur einen kleinen Teil der Naturwissenschaften, während beispielsweise die Naturgeschichte nur „morphologisch“ erfassbar sei (§ 36, S. 38 u. § 37, S. 39), ganz zu schweigen von der „wahren geistigen Wirklichkeit“ (§ 37, S. 40). Das ändert sich auch nicht durch „experimentelle Psychologie“ und Untersuchungen der „Physik und Chemie der Gehirnprozesse“ oder auf Selbstbeobachtung beruhender, also typisierender deskriptiver Psychologie (§ 37, S. 41). Vielmehr geht es Mahnke in seinem „formalen psychophysischen Monismus“ darum, dass „‚Ding für sich‘ und ‚Dingerscheinung‘, die Seele und der zugehörige Leib, ihrer objektiven Form nach identisch dasselbe ‚Naturobjekt‘“ sind (ebd.). Doch „schon der Strom des individuellen Bewusstseins, um so mehr die Geistesentwicklung der Menschheit ist keine mathematisch erschöpfend definierbare Mannigfaltigkeit“ (§ 37, S. 42). Vorweisend hält Mahnke fest: „Es wird sich herausstellen, dass hier, wo mathematisch-exakte Begriffe nicht anwendbar sind, teleologisch-deskriptive Begriffe von Zweckeinheiten und Motivationszusammenhängen die Rolle der logischen Formung übernehmen“ (ebd.).

Naturkräfte bestimmen das kausale Geschehen. Diese lassen sich in mathematischen Gesetzen erfassen, die sich wiederum

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Hans Poser „zu mathematisch definiten Mannigfaltigkeiten gruppieren, so dass die Kausalerklärung schliesslich die ganze Wirklichkeit mit einem einzigen, logisch vollkommen geordneten Begriffssystem überspannt. Alle individuellen Subjekte ordnen sich diesem objektiven Geltungszusammenhang unter“ (§ 78, S. 76).

Doch die Welt erschöpft sich nicht in solcher mathematischen Form, weil neben die „nebeneinander herlaufenden Kausalreihen“ ein Weltplan als „morphologische Ordnung des Gleichzeitigen“ tritt (§ 78, S. 77): Erst dadurch wird das Naturgeschehen eine „zielvolle Ereignisfolge“, die beispielsweise Leben hervorbringt. Das mathematisch-deskriptiv einheitliche System führt so zur „teleologischen Entwicklung immer neuer, wertvollerer Formen“ (ebd.). Dabei ist der gleichberechtigte teleologische Standpunkt als zweite Ordnung unverzichtbar, weil es in der Naturgeschichte um die Entwicklung zweckvoller Formen geht, und mehr noch, um „das geistige Innere der Welt“ als Kulturgeschichte, allgemein um die Gegenstände der Geisteswissenschaften (§ 78, S. 78 u. 79). Wenn die Wirklichkeit einerseits in Naturerscheinungen, andererseits in geistigem Selbsterleben besteht, also einerseits eine kausale, andererseits eine teleologische Wesensseite zeigt, müssen die jeweiligen Wissenschaften mit ganz verschiedenen Methoden arbeiten. Dabei kommt weder eine Naturgeschichte noch eine Geistesgeschichte ohne einen „teleologischen Wesenszusammenhang“ aus, um aus nebeneinander herlaufenden mathematisch erfassbaren Kausalreihen eine „höhere Einheit“ des „sinnvollen Zusammentreffens“ zu schaffen (§ 79, S. 83): „Ihrem wahren Wesen nach ist die Welt eine sinnvolle Entwicklung, die ein nach Gattungen, Arten und Individuen differenziertes System organischer und geistiger Werte in jedem Momente durch einen Plan des Koexistierenden […] andeutet“ (ebd.).

Dahinter stehen „objektive Werte […], die in der Erscheinungswelt als organische Zwecke, in der geistigen Wirklichkeit als ästhetisch-ethische Ideale das Ziel der Weltentwicklung bilden“ (§ 79, S. 83 f.). Damit kommt „die deskriptive Wertwissenschaft, insbesondere die nacherlebende Geistesgeschichte nach dem Vorbilde Diltheys, die den teleologischen Strukturzusammenhang der Weltentwicklung aufdeckt, der wahren Wirklichkeit in seiner Allseitigkeit am nächsten“ (§ 79, S. 87).

So verdeutlicht Mahnke, welche tiefere Bedeutung er diesen phänomenologisch ermittelten Ergebnissen zuspricht: In ihnen zeigt sich, dass die Welt „nicht eine sinnlose Folge von Ereignissen ist, sondern eine Entwicklungsgeschichte zu immer grösserer organischer und kultureller Vollkommenheit“ (§ 80, S. 89). Zugleich erlaubt dies den Naturwissenschaften, methodisch so vorzugehen, „als ob es gar keine Seelen gäbe“, hingegen der teleologischen Natur- und Menschheitsgeschichte, „so [zu] tun, als ob der mathematische Kausalzusammenhang gar keine Rolle spielte“ (§ 81, S. 89). Die „Gesamtbeschreibung“ wird damit zur Aufgabe der Metaphysik (§ 82, S. 90).

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Ein Schema möge diese Elemente vereinen (Abb. 4):

Abb. 4

4.6 Willensfreiheit Während ein physischer Monadenkomplex wie etwa ein Stein nur ein „blosser Haufen“ ist, bilden die Monaden des menschlichen Körpers ein „teleologisch geordnetes Gemeinschaftssystem“, dessen „gleichartige Intentionen […] zu einer Bewusstseinseinheit verschmelzen“ (§ 60, S. 63). Dabei verbinden sich die „innere, immanente Wahrnehmung als lebendige Seele und eine äussere transzendente Näherungserkenntnis als naturgesetzlich bedingter Leib“ (§ 62, S. 64). Doch der naturgesetzlich-kausale Zusammenhang kann in seiner Begrenzung auf nur vier Dimensionen den „Reichtum der unendlichen Dimensionen des subjektiven und individuellen Lebens“ unmöglich erschöpfen (§ 62, S. 65). Ein Wissen um die physikalisch-chemischen Ursachen der „Vorgänge in den Sinnen, den Nerven und dem Zentralorgan“ führt zwar zu „exakt-mathematischen psychischen Elementargesetzen“ (§ 63, S. 68), doch wird dabei „von allem nacherlebbaren, individuellen geistigen Gehalt“ abstrahiert (ebd.). Allein die Selbstbeobachtung könnte das Innere der einzelnen Monade erfassen – aber nie zur subjektiven Verlebendigung des individuellen Lebensgesetzes vordringen, weil immer nur Einzelkomponenten unseres Gesamtbewusstseins und damit Teilfunktionen seiner übergreifenden Funktionseinheit erfasst werden (§ 63, S. 67). Darum wäre es eine „unberechtigte Grenzüberschreitung“, die Vorgänge seelischer Erlebnisse kausalgesetzlich zu erklären oder gar mit Verweis auf die „blosse ‚Allgemeingültigkeit‘ des Kausalgesetzes“ die „Willensfreiheit“ des Individuums zu widerlegen (§ 64, S. 69). Damit ist die Willensfreiheit im Leib-Seele-Verhältnis gesichert: Alle Monaden, alle vernünftigen Seelen unterliegen den einschränkenden Bedingungen der Logik und Mathematik sowie der Kausalität – doch damit bleibt ein Freiraum, der zwar eine Ausrichtung auf Werte und Wertprinzipien enthält; diese sind freilich

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Hans Poser

moralisch verpflichtend, aber nicht ausweglos zwingend: der Verstoß dagegen ist möglich. Doch wie verhält sich das zu der gleichzeitig von Mahnke vertretenen These, dass im transzendentalen Bewusstsein die Funktions- und Bewusstseinsdifferentiale zeitlos gegeben sind? Würde damit die Willensfreiheit nicht zur trivialen Folge der These von der zeitlosen Identität von Funktions- und Bewusstseinsdifferential? Diese Frage entspricht dem Leibniz’schen Problem, göttliche Wahlfreiheit mit menschlicher Willensfreiheit zu versöhnen. Von Seiten der Natur spricht Mahnke von „unbestimmten“ – also doch wohl offenen – „Möglichkeitsbedingungen“ (§ 53, S. 51); aber das reicht nicht aus, ebenso wie die Annahme einer „immanenten Motivation“ des „freien Willens“ (§ 55, S. 56), auch wenn dahinter ein „vernünftiger Wille“ steht. Tatsächlich kündigt sich hier eine Weiterung an: Das „allumfassende Weltprinzip“, schreibt Mahnke, sei mehr als das Land der möglichen Wesenheiten, nämlich „ein kämpfender göttlicher Lebenswille“ der angesichts der Fülle von Unvollkommenheiten „nach Vollkommenheit ringt“ (§ 55, S. 57). Die Welt selbst befindet sich in einem Prozess, in dem sich zwei Gleichgewichte abzeichnen: „die subjektive Freiheit fügt sich zwar im Grossen der objektiven Ordnung der transzendentalen Bedingung“, ohne doch „besondere Individualitäten auszuschliessen“ (ebd.). Mahnkes Lösung besteht also in einer Offenheit der Weltentwicklung, in der jedes Individuum „sein geistiges Wesen in völliger Freiheit auslebt“ (§ 58, S. 58) bei gleichzeitiger verpflichtender Grundausrichtung im Wertebereich11. 4.7 Gott als transzendentale Bedingung Seinen Abschnitt zur prästabilierten Harmonie leitet Mahnke mit einer Frage ein: „Wie erklärt sich die […] wunderbare Urtatsache, dass die selbständigen, individuellen Monaden alle die gleiche allgemeingültige Vorstellungswelt vor ihrem geistigen Auge erblicken und durch diese hindurch trotz ihrer Fensterlosigkeit doch mit einander indirekt in Verkehr treten können?“ (§ 38, S. 42).

Diese Frage sei indessen falsch gestellt – es lässt sich keine andere Antwort geben als „die tatsächliche Feststellung“, dass es so sei: „Man muss es aufgeben, diese Tatsachenwahrheit restlos auf Vernunftwahrheiten zurückführen zu wollen“ (§ 38, S. 43). Das verlangt eine Transformation der Metaphysik: „Nicht die letzte, transzendente Ursache der Dinge, sondern den tiefsten, immanenten Einheitscharakter der Monadenwelt meint die Metaphysik, wenn sie mit der Religion sagt: es gibt nur einen Gott, in dessen objektivem Bewusstsein alle individuellen Wesen der ganzen unendlichen Geisteswelt ihre überindividuelle Einheit finden“ (§ 39, S. 44).

11 So formuliert Mahnke bereits in Leibniz als Gegner der Gelehrteneinseitigkeit, Stade 1912, S. 84, bei der Behandlung der Monadologie, es sei möglich, „daß die Individuen, obgleich sie ihre eigenen Ziele verfolgen, doch an der Realisierung des Weltzieles mitarbeiten; denn auf dieses hin ist ihr Wesen ohne ihr Wissen angelegt“.

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„Gott“, so Mahnke, „umfasst […] einheitlich alle objektiven Werte der Geisteswelt, alle Wahrheitserkenntnis, alle Schönheitsfreude, allen Willen zum Guten, kurz alle Vollkommenheit des Geistes“ (§ 41, S. 45). Doch sei ein „zweifacher Gottesbegriff zu unterscheiden: Gott ist einerseits die Sonne der platonischen Ideenwelt, das objektive Bewusstsein, für das die ewigen Wahrheiten und Werte gültig sind, und damit zugleich die transzendentale Einheit, die den Weltzusammenhang alles Seienden durch seine Beziehung auf das Reich des Geltenden überhaupt erst möglich macht. Gott ist andererseits der in allen einzelnen Monaden lebendige ἔρως, die Sehnsucht des Realen nach der Idee und die Intention des Subjektiven, Individuellen auf das Objektive, Allgemeingültige, durch die die kausale und teleologische Einheit alles Existierenden wirklich wird und die Ausbildung eines realen Allbewusstseins in der Geistesgeschichte ins Werk gesetzt wird. In letzterer Hinsicht ist Gott der βíος, der werdende Gott Meister Eckeharts, in ersterer Hinsicht der λόγος, die ewig ruhende Gottheit“ (§ 43, S. 45 f.).

Mahnke deutet auf dieser Grundlage einen kosmologisch-transzendental vorgehenden Gottesbeweis an, der sich vor allem auf ein vorauszusetzendes Gelten baut: „Jedes geordnete Dasein gründet in einem Gelten. Die Existenz einer zusammenhängenden Welt insbesondere setzt die transzendentale Gültigkeit einer einheitschaffenden Gesetzlichkeit voraus, und die Herausbildung einer überindividuellen Geisteswelt aus der Mannigfaltigkeit der menschlichen Individuen verlangt als Bedingung ihrer Möglichkeit die Geltungswirklichkeit eines transzendentalen Bewusstseins, dessen Identität allen Einzelseelen einigend zugrunde liegt. In diesem Sinn kann man sagen, dass, wenn überhaupt eine Welt ist, auch die ideelle Existenz der Gottheit gewiss ist“ (§ 45, S. 46).

Der Ansatz dient zur Entwicklung der These, dass solch logisch und real Geltendes nicht nur in einem „objektiven Bewusstsein“ – also Gott –, sondern als „Bewusstseinstendenz“ jeder existierenden Monade, jedem Bios als „Ausstrahlung der Gottheit“ (Leibniz’ fulguration) als „Funke der Vernunft“ innewohnt (§ 47, S. 47). So kommt es sowohl zur „allgemeinen Naturgesetzlichkeit“ in Gestalt mathematischer Gesetze (§ 50, S. 49), als auch zur „Geistesgeschichte eines Volkes“, mündend in der Herausbildung eines „realen Gesamtgeistes“ als ein „überindividuelles Bewusstsein, für das es statt der subjektiven Weltvorstellungen eine objektive Naturerkenntnis, statt der individuellen Instinkte und Strebungen einen einheitlichen Volkscharakter mit gemeinsamen Zielen und Idealen gibt“ (§ 48, S. 47).

Dabei behält jeder durchaus seine eigene Meinung und seinen eigenen Willen, weshalb der „Menschheitsgeist nicht eine bestehende einheitliche Substanz, sondern eine immer fortschreitende Entwicklung der Einheit aus der Vielheit“ ist (§ 48, S. 48). Beides zusammen lässt die prästabilierte Harmonie im Rahmen der Phänomenologie als natürlich erscheinen: Es bedarf keines influxus physicus, weil sie auf einem „idealen Einfluss einer Monade auf die andere“ beruht (§ 51, S. 50). Die subjektiven Erscheinungswelten harmonieren, da es „nur eine einzige Wahrheit gibt, nämlich den inneren Gegenstand des göttlichen Verstandes“: Die Monaden sind durch das „göttliche Gesamtbewusstsein geeinigt“ (ebd.). Aktivität und Leiden als unterschiedlicher Grad der Perzeptionen lassen sich dabei auf die Unterschiedlichkeit der Differentiale gründen (§ 52, S. 50). Das aber darf nicht dazu führen, die „Weltharmonie“ als logische oder mathematische Gesetzmäßigkeit zu verstehen – beide stellen nur Möglichkeitsbedingungen dar, innerhalb derer die „Wirklichkeit

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[…] kein erschöpfend definierbares System“ ist (§ 53, S. 51 u. 52). Die Mathematik mit ihren ewigen Wahrheiten ist zwar ein idealer Maßstab, der allenfalls eine asymptotische Annäherung an die „unendliche Anzahl von Ursachen“ erlaubt, denn „die Weltharmonie ist nicht ein logischer, sondern ein teleologischer Strukturzusammenhang […] aller Ziele des Willens und besitzt im gemeinsamen Streben der selbständigen Individuen nach den gleichen objektiven Idealen wenigstens intentionale Realität“ (§ 54, S. 53).

Bemerkenswert ist nun, wie Mahnke die göttliche Wahl der Welt sieht: Die „göttliche Vernunft“ wird als „die transzendentale Bedingung der Möglichkeit objektiver Erkenntnis“ bezeichnet, während das „Wählen“, das oft quasi-zeitlich verstanden wird, ein „anthropomorphes Bild“ sei (§ 54, S. 54). Dazu trete der „Wille zum Dasein“ – wobei mit Berufung auf Schellings Philosophie der Freiheit betont wird: „Wollen ist Ursein“ (§ 54, S. 54 f.). Das wiederum führt zu einer Kritik an Leibniz, weil das „omne possibile exigit existere“ keinesfalls nur die Kompossibilität unter Maximierung der Ordnung und Realität betreffen könne, denn: „In Wirklichkeit […] strebt der Wille höchstens deshalb nach möglichstem Reichtum und grösster Ordnung des Daseins, weil Einheit in der Mannigfaltigkeit ein ästhetischer und ethischer Wert ist“ (S. 55, Fn. 2).

Die „teleologische Rationalität der Welt“ ist dabei – geradeso wie Logik und Mathematik – eine weitere transzendentale „einschränkende Bedingung“ (§ 55, S. 55 f.), innerhalb derer „jedes Individuum ein einzigartiges Eigenleben, in unbeirrbarem sittlichem Streben oder in bewusster Sünde“ aus „freiem Willen“ entfaltet (§ 55, S. 56). Deshalb wiederum ist das „all-umfassende Weltprinzip […] nicht jene transzendentale Vernunft, die das Land der möglichen Wesenheiten und Zwecke ist, sondern ein kämpfender göttlicher Lebenswille“ (§ 55, S. 56 f.). Diesen Prozess gilt es näher zu betrachten. Der Prozess beginnt im Kosmologisch-Biologischen: „Eine Urzeugung, eine Geburt des Lebendigen aus dem Toten, hat es nie gegeben und kann es nie geben. Vielmehr ist umgekehrt das Bild einer leblosen Natur erst durch eine Abstraktion des lebendigen Intellekts geschaffen“.

Denn jedes Stück Stoff ist nicht nur „organisierbar“, sondern enthält bereits „eine Unmenge wirklicher Organismen“ (§ 66/67, S. 71) als „Seelenkeime“ (§ 69, S. 71): Damit gewinnt das teleologische Element kosmische Ausmaße eines Werdens, das auch Gott einschließt. „Die ganze Wirklichkeit ist ihrem Wesen nach auf das Organische hin angelegt“ (§ 69, S. 72). Dabei gibt es keine Seelenwanderung, „wohl aber eine unaufhörliche Metamorphose der einzelnen Monaden“ (§ 72, S. 74). Über den biotischen Evolutionsprozess hinaus kommt es beim Menschen nach „geistiger Zeugung“ zu eine Weitergabe der geistigen Inhalte – eine „geistige Kraftübertragung“, ein „Strom der Seelenenergie“, der sich über alle Zeiten bis ins Unendliche fortpflanzt (§ 76, S. 75). Der „lebendige Gott“ führt im zeitlichen Wirken die „reale Ausbildung einer Weltharmonie und Bewusstseinseinheit herbei“ (§ 47, S. 47)12. 12 Die gleiche Auffassung vertritt Mahnke in seiner gleichzeitig erschienenen, Husserl gewidmeten Weltanschauungsphilosophie, wie er sie selbst bezeichnet; dort heißt es: „Gott ist der Person

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Die recht vielschichtigen Elemente, die Mahnke hier zusammenführt, lassen sich verkürzt und vereinfacht etwa so darstellen wie in Abb. 5:

Abb. 5

5. VERPFLICHTUNG Mahnke fasst zusammen: „So gibt es denn für den edelsten Teil einer Menschenseele in der göttlichen Geisteswelt eine wahre Unsterblichkeit. Das ewige Leben Gottes, könnte man sagen, ist eine Kontinuität des geistigen Keimplasmas, das sich durch alle Zeiten und Völker wie ein einheitlicher Wurzelstock hindurchzieht und immer neue Pflanzen aus seiner Lebenskraft hervorspriessen lässt, deren jede in ihrem wahren Sein eine Verkörperung der identischen organischen Werteinheit und als solche unvergänglich ist“ (§ 77, S. 75).

Damit ist die (geistige) Unendlichkeit „nicht nach der Zeit, sondern in der Zeit“. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung:

gewordene Wille zur Ewigkeit“, dem „Zielbewusstsein“ zugesprochen wird (ders.: Der Wille zur Ewigkeit, Halle 1917, S. 94). Darüber hinaus gibt es dort eine größere Zahl von Passagen, die wörtlich mit der Neuen Monadologie übereinstimmen. – Von Stefan Lorenz bin ich auf ein bislang unveröffentlichtes Mahnke’sches Manuskript zur eben behandelten Problematik hingewiesen worden. Frau Hannah Noesser verdanke ich nähere Auskünfte hierzu: Es handelt sich um das über 200 Seiten umfassende, durchgängig korrigierte Manuskript „Gottes Geburt im selbstentzweiten Geist. Bildungsstufen eines deutschen Glaubens. Zweiter Entwurf, begonnen in La Louvière, den 1. August 1917, beendet den 8. September 1917“, während das Vorwort vom 31. Oktober 1917 datiert ist (UB Marburg, Nachlass Mahnke, Signatur: MS 862 Karton 1: Konvolute). Das Werk fügt sich zeitlich wie inhaltlich vollständig in den hier entwickelten Rahmen ein.

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Hans Poser „Der Mensch muss es verstehen, aus dem sinnlosen Gewühl seiner Phantasieen und willkürlichen Meinungen, aus dem Chaos seiner subjektiven Triebe und Instinkte hindurchzudringen zur Objektivität der Wahrheit und der Geisteswerte, aus dem Strome der Vergänglichkeit in seinen innerlichsten Stunden aufzutauchen und seinen Blick zur Ewigkeit des erhabenen Sternenhimmels emporzurichten“ (§ 77, S. 75). „Aufgabe der bewussten Geister oder vernünftigen Seelen im Gegensatz zu den bloss sensitiven Seelen ist es, sich über den Unterschied der subjektiven und objektiven Seite völlig klar zu werden […] und bewusst alles Denken, Fühlen und Handeln auf die im eigentlichen Sinne objektiven Wahrheiten und Werte zu richten“ (§ 83, S. 101),

um Wahrheit, Schönheit und Sittlichkeit zur Einheit des edlen Charakters zu verbinden (§ 83, S. 102 u. 103). So kann der „Fortschritt der Geistesgeschichte“ dahin streben, „über die nationalen Differenzen hinaus zu einem inhaltlichen Humanitätsideal zu gelangen“ (§ 84, S. 104). Damit „vereinigen sich die menschlichen Individuen durch ihr gemeinsames Streben zum Ideal zu einer göttlichen Geisteseinheit“ (ebd.). Dies mitten im Ersten Weltkrieg geschrieben zu haben zeigt, wie ernst es Mahnke mit einer solchen Menschheitsverpflichtung ist. Bedeutsam wird für Mahnke die im Fortschreiten der Geistesgeschichte gegebene Möglichkeit der „Religion als Gemeinschaft mit Gott“ in „freiwilliger Hingabe an das überindividuelle, objektive Geistesleben“ (§ 84, S. 104 f.). „Alle Menschen, die sich freiwillig unter die Gesetze des Wahren und Guten beugen [… und sich] als Kinder desselben göttlichen Vaters fühlen, bilden das vollkommenste Reich, das möglich ist, das Reich Gottes oder die civitas Dei“ (§ 85, S. 105).

Daraus folgt die bemerkenswerte Konsequenz eines sich selbst verwirklichenden Gottes in einer creatio continua. Oder mit Mahnke: „Im eigentlichen Sinne lebt Gott als die bewusste Einheit wahr denkender und sittlich wollender Geister erst in der civitas Dei, dieser moralischen Welt innerhalb der natürlichen Welt“ (§ 86, S. 105).

So steht hinter diesem Prozess ein „werdender Gott“ (§ 90, S. 117), auch wenn „Gott als die prästabilierte Harmonie aller Monaden schon von Anfang an da [ist] und bewirkt, dass die unzähligen getrennten Weltelemente zu einem Kosmos von physischen und organischen Körpern zusammentreten“ (ebd.).

Hierauf gründen sich ein Optimismus und der Wert des Lebens (§ 90, S. 119), und hierauf gründet sich die Verpflichtung jedes einzelnen Menschen, „handelnd und mit ganzer Kraft [zu] versuchen, zur Besserung und Vervollkommnung alles dessen, was in unserm Bereiche liegt, beizutragen“, wie Mahnke Leibniz’ Discours de Métaphysique zitiert (§ 90, S. 120). 6. MAHNKE UND LEIBNIZ – MAHNKE VERSUS LEIBNIZ Mahnke sah seinen Bewusstseinsmonismus geradeso wie Leibniz das Monadenkonzept als eine Hypothese an:

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„Die metaphysische Lehre von den geistigen Monaden als unterbewussten Differentialen und ihrer intentionalen Harmonie in der Dimension des objektiven Bewusstseins ist natürlich nicht mehr als eine Hypothese“ (§ 59, S. 59).

Und ergänzend: „Nun beruht das Recht jeder Hypothese darauf, dass sie ein möglichst grosses Tatsachengebiet in möglichst einfacher und einheitlicher Form zusammenfasst. Eben dies, aber auch nicht mehr kann und muss man von der Hypothese der Monadenharmonie zu ihrer Rechtfertigung verlangen“ (ebd.).

So beansprucht Mahnke für seine Monadenlehre: „Gegenüber den Hypothesen der mathematischen Naturerklärung erfreut sie sich […] des grossen Vorteils, dass ihre deskriptive Hypothese wenigstens einem vernünftigen Geiste aus seiner eigenen Natur durchaus verständlich und durch Nacherleben begreiflich erscheint“ (§ 59, S. 60).

Rückblickend lässt sich sagen, dass Mahnke alle zentralen Momente der Leibniz’schen Monadologie aufnimmt und modifiziert; dieses sei an den einleitend benannten Punkten rückblickend verdeutlicht: Ohne den traditionellen Begriff der Substanz zu verwenden, wird den Monaden als infinitesimalen individuellen Einheiten dieser Status zugesprochen – doch nicht als Substanzen mit Perzeptionen und Appetitus, sondern als Funktions- und Bewusstseinsdifferentiale. So, wie das Leibniz’sche Verständnis der Monade vom Ich her entwickelt wird, geschieht dies in vergleichbarer Weise bei Mahnke, denn nur das reflektierende individuelle Bewusstsein als Einheit vermag eine Bewusstseinsmetaphysik als Monadologie zu entwerfen. Dabei sind Zellen geradeso wie die Zusammenfügung von Elementen zu neuen biotischen Formen, wie dies heute möglich ist, gar kein Hinderungsgrund, weil deren Bausteine stets Monaden sind. Mahnkes Monaden sind nicht materia prima, die als materia secunda die Körper begründen, sondern von Anbeginn Form- und Bewusstseinsdifferentiale, die die körperliche wie die seelische Seite in sich tragen und eine Einheit von formalen und teleologisch-dynamischen Elementen bilden, sodass das Leib-Seele-Problem gar nicht entsteht. Damit erweist sich Leibniz’ prästabilierte Harmonie bei Mahnke als Zusammenhang von ‚Ding für sich‘ als individuelle Wahrnehmung und ‚Ding für alle‘ als allen Monaden mit Bewusstsein unmittelbar gegeben. Monadische Differentiale tragen ihre individuelle Entwicklung als Möglichkeit in sich, allerdings mit einer gewissen Offenheit, die nur durch die formale Struktur von Logik und Mathematik, die Struktur der Naturgesetzlichkeit und das Grundmuster einer wertorientierten Teleologie begrenzt ist; darum wird Mathematik auf Naturphänomene anwendbar, während der Bereich des Psychischen und des Geistigen zugleich in solcher Eigenständigkeit besteht, dass Freiheit gewährleistet ist. Der gerichtete Prozess einer kosmischen, biotischen und geistigen Evolution wird als Teil der teleologischen Dynamik zum konstitutiven Element in der Entfaltung des Gesamtbewusstseins auf dem Weg zum transzendentalen Bewusstsein: Damit vertieft Mahnke das Leibniz’sche Grundverständnis der Geschichtlichkeit allen Seins zu einer universellen kosmischen, biotischen, geistigen und moralischen Entwicklung.

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Hans Poser

Doch über Leibniz hinausgehend verwendet Mahnke transzendentalphilosophische Begründungen sowohl für seinen metaphysischen Ansatz insgesamt als auch in ihm, etwa zur Begründung des logischen, des kausalen wie des teleologischen Anteils und für den Gottesbeweis. Der sehr abstrakt eingeführte Gott und das Ideal der Vernunftreligion sind in die geschichtliche Verwirklichung einbezogen, um wiederum mit Leibniz, aber zugleich unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Kulturkreisen, zu einer alle Vernunftwesen einbeziehenden ethischen Verpflichtung zur universellen Vervollkommnung zu gelangen. Dennoch bleiben Schwierigkeiten zurück: Nicht nur, dass Husserl diese Gestalt der Monadologie als nicht phänomenologisch ansah, weil die phänomenologische Reduktion fehlt und weil die Phänomenologie mit der Einbeziehung des Gottesbegriffs zugunsten der Metaphysik verlassen wird; darauf aber wollte Husserl im Sinne einer Selbstbeschränkung verzichten13. – Eine weitere Schwierigkeit: Wenn Mahnke den vollständigen Begriff der Bewusstseinsdifferentiale als transzendentale Grundlage einführt, bedürfte es eines Begriffsatomismus, wie er in Leibniz’ Alphabetum cogitationum angenommen wird. Versteht man dagegen jenen vollständigen Begriff nicht als im transzendentalen Bewusstsein gegeben, sondern als ein anzustrebendes Ideal, müsste Mahnke auch für Seelisches, für die Bewusstseinsdifferentiale eine Begrifflichkeit und eine Formalisierbarkeit annehmen, die wiederum seiner Kritik an den verschiedenen Formen der Psychologie zuwiderläuft. – Eine dritte Schwierigkeit bereitet die Doppelseitigkeit des verwendeten Gottesbegriffs als Inbegriff des Geistigen, der einerseits einen ewigen, andererseits einen sich selbst verwirklichenden werdenden Gott bezeichnet: Hält man an Ersterem fest, ist das Theodizeeproblem nicht lösbar, ohne dazu mögliche Welten anzunehmen, deren mögliche vernünftige Wesen ihren guten oder bösen Intentionen in einer freien (Möglichkeits-)Entscheidung folgen – was fraglos nicht mit Mahnkes Intentionsbegriff gemeint ist. Folgte man hingegen Letzterem, also der Vorstellung eines werdenden Gottes, um das Theodizeeproblem zu vermeiden, so würde damit der vollständige Begriff der Monade hinfällig, und damit auch die aus ihm gezogenen Forderungen von Individualität, Fensterlosigkeit und Weltspiegelung. Dennoch hat Mahnke mit seinem Bewusstseinsmonismus einen bemerkenswerten Weg beschritten, an den heute anzuknüpfen fruchtbar zu sein verspricht. Dass dabei wie für jede metaphysische Hypothese ein metaphysischer Preis zu zahlen ist, sollte nicht davon abschrecken, weil uns die alten Leibniz’schen Probleme erhalten geblieben sind.

13 Brief an Mahnke, 11. April 1919, in: Husserl: Briefwechsel, Bd. 3, S. 422. Vgl. auch ders.: Zur Phänomenologie der Intersubjektivität (= Husserliana XIV), Den Haag 1973, S. 295 u. 300.

LA MONADOLOGIE DE BOUTROUX – OU LA VOIE A POSTERIORI DE LA MÉTAPHYSIQUE LEIBNIZIENNE Arnaud Pelletier (Bruxelles) L’édition de la Monadologie qu’Émile Boutroux, alors professeur à l’École Normale Supérieure, fait paraître en 1881 est connue pour deux raisons, explicitées dès son titre1. La première est qu’elle établit le texte à partir d’après les trois versions manuscrites conservées à Hanovre (à savoir la version autographe ainsi que les copies corrigées et désignées depuis lors comme A et B). Il semble qu’il n’y ait pas eu d’autre circonstance qui détermina Boutroux à prendre le chemin de Hanovre pour éditer le texte original si ce n’est, écrit-il dans l’Avant-Propos, « les fautes évidentes que contient le texte de Erdmann ». Et, en effet, le texte français publié par Erdmann en 18402 ne concorde pas de manière pleinement satisfaisante avec la traduction latine de Hansch parue dans le volume supplémentaire des Acta Eruditorum de 17213, non seulement parce que certaines expressions divergent manifestement, mais aussi parce que la numérotation même des paragraphes diverge – Hansch mentionnant fautivement 93 paragraphes4. Le texte édité par Boutroux fait immédiatement référence5, et contribue à installer de nouvelles exigences dans 1

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3 4

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Leibnitz (sic) : La monadologie publiée d’après les manuscrits et accompagnée d’éclaircissements, par Émile Boutroux [...] suivi d’une Note sur les principes de la mécanique dans Descartes et dans Leibnitz par Henri Poincaré, Paris 1881. Une seconde édition paraît de nouveau en 1881; une troisième en 1892, à laquelle nous renvoyons désormais sous l’abréviation « Leibnitz : La monadologie ». « La Monadologie (Vulgo : Principia philosophiae seu theses in gratiam principis Eugenii conscriptae) », in : J. Erdmann (ed.): G. G. Leibnitii opera philosophica, quae exstant Latina Gallica Germanica omnia, Berlin 1840, p. 705. Erdmann mentionne déjà les renvois aux Essais de Théodicée de la copie B. Nous renvoyons à cette édition sous l’abréviation « Erdmann ». « Principia philosophiae, autore G. G. Leibnitio », in : Acta Eruditorum, Supplementum, T. VII, sect. XI, feb. 1721, pp. 500–514. Ainsi, Hansch édite le § 61, qu’il identifie comme étant le § 63, de la manière suivante : « Anima […] non omnes suas perceptiones una evolvere valet, quoniam ad infinitum tendunt » (Principia philosophiae, autore G. G. Leibnitio, op. cit., p. 509). Le passage correspond à la traduction allemande du § 62 selon Köhler : « Eine Seele kann nicht alles / was in ihr in ei kann nicht alles / was in ihr […] ist auf einmal auseinander setzen allermaßen dasselbe unendlich fortgehet » (Lehrsätze über die Monadologie, Frankfurt 1720). Erdmann édite le passage autrement encore : « Une âme […] ne saurait développer tout d’un coup ses règles, car elles vont à l’infini » (Principia philosophiae seu theses…, op. cit., p. 710). Boutroux rectifie enfin le texte : « Une âme […] ne saurait développer tout d’un coup tous ses replis, car ils vont à l’infini » (La monadologie publiée d'après les manuscrits..., op. cit., p. 177). Il est repris la même année dans l’édition commentée de Désiré Nolen : La monadologie, nouvelle édition, avec une notice sur Leibniz, des éclaircissements sur les principales théories de

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l’établissement scientifique des textes : Boutroux sera l’un de ceux à soutenir, lors du Congrès international de philosophie qui s’est tenu à paris en 1900, le projet d’une édition internationale, intégrale et scientifique des textes de Leibniz. La deuxième raison est donnée par la « Note sur les principes de la mécanique dans Descartes et dans Leibnitz », rédigée par Henri Poincaré en appendice, et qui fait toujours autorité. Ces deux aspects de l’ouvrage ne nous retiendront pas ici. Par contre, la manière dont Boutroux interprète la Monadologie, et surtout son inscription dans le corpus leibnizien, va retenir ici notre attention. En effet, l’ouvrage comporte aussi, outre une « Vie de Leibnitz », une « Philosophie de Leibnitz », une « Notice sur la Monadologie » ainsi que des « éclaircissements » conçus comme des éléments introductifs à destination des étudiants. Boutroux y reprend à première vue une interprétation commune avancée depuis Hansch et Baumgarten et jusqu’à Erdmann et aux différents commentateurs contemporains de Boutroux, à savoir que la Monadologie serait, conformément aux titres des premières traductions allemande et latine, « une série de thèses résumant les principaux points de la philosophie de Leibnitz », « un résumé du système » ou encore « une vue d’ensemble » de la philosophie de Leibniz : « Or la Monadologie étant le résumé de la philosophie entière de Leibnitz, nous avons pensé qu’à des notes explicatives et à des textes pris dans les autres ouvrages de Leibnitz, il était bon de joindre une exposition du système considéré dans son ensemble »6. « Les derniers ouvrages de Leibnitz sont des vues d’ensemble. La Monadologie (1714) et les Principes de la nature et de la grâce (1714) donnent le résumé du système, et présentent l’harmonie universelle comme résultant naturellement, sous l’action de Dieu, de l’essence même des monades »7. « Cet ouvrage, comme l’indique le titre latin, est une série de thèses résumant les principaux points de la philosophie de Leibnitz. Il ne peut servir d’introduction à l’étude de la philosophie de Leibnitz. Il suppose au contraire un lecteur déjà versé dans cette philosophie; et à un tel lecteur il enseigne le point où il faut se placer pour voir l’ensemble sous son vrai jour et dans son harmonie »8.

Ces passages témoignent de deux prises de position quant à la nature et l’objet de la Monadologie. D’une part, le texte rassemblerait une série de thèses qui expriment, et même résument, la totalité de la doctrine ou du système de Leibniz. C’est le sens du titre que Hansch lui donne, et la manière dont Erdmann le présente comme « totum doctrinae suae systema »9. D’autre part – et, cette fois-ci, contrairement à l’objection courante adressée par Clarke, Hansch, Wolff ou Baumgarten – la série de thèse composant le texte ne serait pas articulée de manière purement thématique mais posséderait une certaine unité qui rendrait raison de la totalité du

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la monadologie, une analyse et des notes historiques et philosophiques, par D. Nolen, Paris 1881, p. 183. Leibnitz : La monadologie, p. IV. Ibid., p. 22. Ibid., p. 135. Erdmann, p. xxvii.

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système : l’enjeu du texte serait d’enseigner « le point où il faut se placer pour voir l’ensemble ». Selon la présentation de Boutroux, la Monadologie ne serait pas seulement complète du point de vue de l’étendue doctrinale, mais elle serait systématiquement articulée, argumentée et ordonnée à un point de vue – dont la justification fait ellemême l’objet d’une doctrine puisqu’il s’agirait, dans le texte, de l’enseigner. Bref, ce serait un exposé doctrinal qui justifierait en son sein de sa propre articulation argumentative. Ce faisant, Émile Boutroux soulève – et referme bien vite – deux questions à l’endroit du texte de 1714 que nous voudrions reposer ici : 1. La Monadologie est-elle une exposition de l’ensemble de la doctrine leibnizienne, y compris sous une forme ramassée, résumée et comme enveloppée dans certaines thèses que l’exposé complet du système ne ferait que développer ? 2. Quel pourrait-être le point de vue rendant compte de « la disposition systématique que dissimule plus ou moins la division de l’ouvrage » ? C’est-à-dire aussi : quel pourrait être le principe d’articulation des thèses entre elles, ou la méthode suivie dans la Monadologie ? 1. LEIBNIZ ET LA POSSIBILITÉ D’UN SYSTÈME DE SA PHILOSOPHIE Leibniz a-t-il lui-même considéré que la Monadologie constituait le résumé de son système, une vue d’ensemble synthétique de sa doctrine ou du moins de ses principes ? La correspondance avec Nicolas Rémond permet de répondre à cette question puisque ce dernier a prié Leibniz avec insistance de fournir au public une doctrine complète de sa philosophie. Il faut en effet rappeler que Rémond, alors totalement inconnu de Leibniz, lui écrit en juin 1713 une première lettre qui témoigne à la fois de son admiration pour les Essais de Théodicée mais aussi de son désir, non pas tant d’en éclaircir certains points, mais de rassembler la totalité des écrits de Leibniz en un seul corps de doctrine dont l’exposé doit être, selon lui, aussi remarquable que l’ouvrage de 1710 : « Depuis que j’ai lu les essais de Theodicée, je ne cesse de remercier Dieu de m’avoir fait naitre dans un siecle eclairé par un esprit comme le vostre. […] Depuis ce tems là j’ai donnai ordre qu’on me ramassa jusqu’aux plus petites choses qui vous ont echappé et qui sont dispersées par cy par là. Si votre bonté vouloit m’epargner cet embarras et me delivrer de la crainte où je suis d’en perdre quelque chose, si l’amour que vous avez pour la societé humaine et à qui vous procurez les plus grands biens qui sont la vertu et la verité qui y conduit, pouvoit vous engager à les rassembler tous et à en former un corps par la division des sciences, puisque vous estes universel et en mesme tems singulier en chaque partie ou plutot unique »10.

Rémond formule ainsi, sans doute, le premier projet d’œuvres complètes de Leibniz en tant qu’elles permettraient d’exposer une doctrine complète jusque là « dispersée »

10 Lettre de Rémond à Leibniz du 2 juin 1713 ; GP III, 603.

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dans de « petites choses » qui lui ont échappées. A cette première demande, Leibniz donne suite six mois plus tard en mentionnant le projet de spécieuse générale : « Je trouve naturel que vous ayez goûté quelque chose dans mes pensées, après avoir pénétré dans celles de Platon, auteur qui me revient beaucoup et qui mériterait d'être mis en système. Je crois pouvoir porter à la démonstration des vérités qu'il n'a fait qu'avancer; et ayant suivi ses traces et celles de quelques autres grands hommes, je me flatte d'en avoir profité et d'avoir atteint, dans un certain point au moins, Edita doctrina sapientum templa serena. […] J’oserais ajouter une chose, que si j’avais été moins distrait, ou si j’étais plus jeune, ou assisté par de jeunes gens bien disposés, j’espèrerais donner une manière de Spécieuse Générale, où toutes les vérités de raison seraient réduites à une façon de calcul »11.

Il y a deux manières de comprendre la mention de la Spécieuse (ou Algèbre) Générale, qui semble détourner ou déplacer la question de la doctrine leibnizienne. La première est de supposer que Leibniz ne veut pas donner suite à la demande d’un inconnu, dont les témoignages d’admiration ne suffisent pas à garantir sa compréhension de ses principes. La seconde est de supposer qu’il s’agit bien d’une réponse précise à la question : dans ce cas, Leibniz indiquerait qu’il n’y a pas de doctrine leibnizienne propre mais seulement des vérités susceptibles d’un traitement par la Spécieuse Générale – c’est-à-dire d’une langue adéquate à la Science Générale, où chaque doctrine démontrée peut servir à son tour de principe pour d’autres doctrines : les initia permettent d’inventer ou de démontrer des specimina, qui à leur tour peuvent servir d’initia pour d’autres specimina12. C’est le sens même de l’exposition systématique d’une doctrine qui est posé : si les pensées de Platon – dont on a par ailleurs les œuvres complètes – mériteraient d’être mises en système, ce n’est pas tant parce que cela fournirait une exposition complète de l’ensemble des pensées de Platon que parce que cela permettrait de distinguer les propositions que Platon a démontrées, celles « qu’il n’a fait qu’avancer » et qui sont en attente de démonstration, et celles qui peuvent être justifiées au-delà de Platon même. Autrement dit, le seul sens que peut avoir le corps de doctrine d’un auteur est celui de l’ensemble des propositions qu’il a démontrées et qui pourraient prendre place dans une « manière de Spécieuse Générale », où elles contribueraient à l’invention de nouvelles vérités. Rémond n’est pas découragé par cette réponse et suggère à Leibniz de publier sa réfutation de Locke13 ; puis de republier les Essais de Théodicée avec un second tome d’éclaircissements, commençant par la Dynamique – qui lui « semble estre le fondement du […] systeme », et complété par « ce qui est épars dans les différents journaux », dont l’ensemble formerait « un corps complet de doctrine »14 ; enfin de publier un « corps complet de morale et de metaphysique »15. Leibniz décline à

11 Lettre de Leibniz à Rémond du 10 janvier 1714 ; GP III, 605 12 Sur ce point, nous renvoyons à notre article : « Logica est Scientia Generalis. Leibniz et l’unité de la logique », dans : Archives de philosophie 76, 2 (2013), pp. 271–294. 13 Cf. Lettre de Rémond à Leibniz du 17 février 1714 ; GP III, 610. 14 Cf. Lettres de Rémond à Leibniz des 12 octobre 1714 et 1er avril 1715 ; GP III, 629 et 642. 15 Lettre de Rémond à Leibniz du 1er avril 1715 ; GP III, 642.

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chaque fois16. Par contre, Rémond soumet également à Leibniz la proposition de Claude François Fraguier, ancien rédacteur au Journal des Sçavants, de mettre ‹ son système › en vers – sans que l’intérêt philosophique dudit Fraguier ne soit véritablement attesté d’ailleurs : « Monsieur l’abbé Fraguier me disoit encore hier qu’en effet il n’estoit pas assez instruit sur vostre systeme pour oser en parler. […] Il faudroit pour cela avoir chaque proposition exprimée dans la derniere justesse, sans metaphore, et comme les axiomes des Geometres; il faudroit en avoir les consequences les plus immediates et les plus esloignées, et en user pour expliquer les passions et les effets naturels. […] Enfin il me fit convenir qu’il avoit parlé juste, quand il avoit comparé la connoissance que nous avons de vostre Systeme des Monades, à celle qu’on auroit du Soleil par des simples rayons echappez des nuages qui le couvriroient »17.

Cette fois-ci, Leibniz répond. Peut-être parce qu’il a été convaincu par la dernière image employée et qui n’est pas sans rappeler son propre songe philosophique dans lequel les rayons du soleil venaient percer la voûte de la caverne18. A défaut de joindre l’éclaircissement sur les monades qu’il était en train de rédiger, et « qui a crû sous sa main », Leibniz renvoie simplement à ses publications, c’est-à-dire précisément à ce que Rémond demandait dès le départ : « Il est vray que ma Theodicée ne suffit pas pour donner un corps entier de mon Systeme, mais en y joignant ce que j’ay mis en divers Journaux, c’est à dire, de Leipsig, de Paris, de M. Bayle, et de M. Basnage, il n’en manquera pas beaucoup, au moins quant aux principes »19. « J’ay esperé que ce petit papier [à savoir une copie jointe des Principes de la nature et de la grâce] contribueroit à mieux faire entendre mes meditations, en y joignant ce que j’ay mis dans les Journaux de Leipzig, de Paris, et de Hollande »20.

Manifestement, Leibniz ne considère pas que les deux exposés de 1714 constituent, à eux seuls, un système complet de métaphysique. Ce que Leibniz a l’habitude de désigner comme « mon système des monades »21 n’est qu’un éclaircissement sur les monades et non le système complet de Leibniz. Et loin s’en faut : il faut y ajouter les articles publiés dans les journaux européens et les Essais de Théodicée pour avoir une idée des principes. L’expression même de système complet n’a donc de sens que si elle se réfère aux principes de ses méditations, mais elle n’a plus de sens si l’on croit désigner par là l’ensemble complet des suites doctrinales qui peuvent être développées à partir de ces principes : Leibniz ne peut donner à son correspondant une telle doctrine mise en système tout simplement parce qu’il ne l’a pas écrite, mais qu’il n’en a donné que certains échantillons comme autant d’échantillons de 16 Leibniz répond dans la lettre du 22 juin 1715 ; GP III, 645 : « Ma Dynamique demanderoit un ouvrage exprès; car je n’ay pas encore tout dit ny communiqué ce que j’ay à dire là dessus. Vous avés raison, Monsieur, de juger que c’est en bonne partie le fondement de mon systeme, parce qu’on y apprend la difference entre les verités dont la necessité est brute et geometrique, et entre les verités qui ont leur source dans la convenance et dans les finales ». 17 Lettre de Rémond à Leibniz du 5 mai 1714 ; GP III, 616. 18 Cf. E. Bodemann : Die Leibniz-Handschriften der Königlichen Öffentlichen Bibliothek zu Hannover, Hannover 1895, pp. 108–111. 19 Leibniz à Rémond de juillet 1714 ; GP III, 618. 20 Leibniz à Rémond du 26 août 1714 ; GP III, 624. 21 Leibniz à Bouvet du 28 juin 1704 ; A I, 23, 728.

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la Science Générale. C’est aussi de cette manière qu’il faut comprendre le manuscrit que Leibniz envoie au Prince Eugène de Savoie qui lui demandait une synthèse de sa philosophie : Leibniz fait relier six textes qui ne constituent certes pas un système complet de philosophie, mais sans doute, aux yeux de Leibniz, ses échantillons les plus remarquables22. 2. UNE RECONSTRUCTION DU SYSTÈME DE LEIBNIZ SELON BOUTROUX Selon la compréhension leibnizienne de ses propres textes, l’exposé de 1714 ne peut être qualifié de « résumé du système » ou de « vue d’ensemble » de sa philosophie entière. Cela laisse toutefois intacte la seconde question posée par Boutroux, qui concerne le principe de la disposition systématique de la Monadologie comprise comme texte, principe qui doit en même temps être le point de vue recherché à partir duquel on pourrait ressaisir l’ensemble de la philosophique leibnizienne et de ses objets. Tournons-nous alors vers la longue exposition de la « philosophie de Leibniz » qui précède l’édition du texte : « La philosophie de Leibniz se divise, non en parties, mais en moments ou phases de développement. Chaque moment est une vue d’ensemble sur les choses, une perspective universelle relative à un certain point de vue. […] Les trois moments principaux de la philosophie de Leibniz sont la doctrine de la substance, la doctrine de la connaissance et la doctrine de Dieu. Chacun de ses moments se décompose à son tour non en parties mais en degrés, de manière à rendre continue cette marche du dehors au dedans des choses, qui constitue la philosophie de Leibniz »23.

La représentation que Boutroux se fait ainsi du système de Leibniz n’est pas celle de l’adjonction de parties doctrinales qui auraient été complétées au fur et à mesure mais celle d’un développement génétique continu « du dehors au dedans des choses ». Autrement dit, Boutroux trouve – ou plutôt reconstruit – une continuité parfaite dans la succession des doctrines, lesquelles dévoileraient toujours davantage le principe fondamental ou le point de vue à partir duquel ressaisir l’ensemble24. Ainsi 22 Cf. C. Strack: Ursprung und sachliches Verhältnis von Leibnizens sogenannter Monadologie und den Principes de la nature et de la grâce, I. Teil: Die Entstehungsgescbichte der beiden Abhandlungen, Berlin 1915. Les six manuscrits reliés sont : les Principes de la nature et de la grace fondés en raison, le Systeme nouveau de la nature, les Eclaircissement du nouveau Sisteme de la communication des substances, pour servir de réponse à ce qui en a été dit dans le Journal du 12 Septembre, 1695, l’Eclaircissement de l’Harmonie préetablie entre l’Ame et le corps, la Lettre sur les changemens du globe de la Terre, 1714, les Objections de M. Bayle avec les réponses de l’auteur du Systeme. 23 Leibnitz : La monadologie, pp. 33–34. 24 Le plan de l’exposition selon la table des matières est le suivant : Premier moment : La substance. I. Passage du mécanisme à la métaphysique. II. La monade et l’harmonie préétablie. III. Les corps ; l’âme et le corps, la hiérarchie des êtres. Deuxième moment : La connaissance. I. L’origine de nos idées. II. Les vérités et les principes. Troisième moment : Dieu. I. Dieu et la création. II. Le monde par rapport à Dieu : déterminisme et optimisme. III. La nature et la grâce. Philosophie pratique. A. Morale. B. Droit. C. Religion.

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les trois moments successifs de la philosophie leibnizienne – les doctrines de la substance, de la connaissance et de Dieu – correspondent à trois phases de développement génétique de la pensée qui aurait été confrontée principalement à Descartes (sur la substance) puis à Locke (sur la connaissance) puis à Bayle (sur Dieu) ; mais ils correspondent aussi aux trois périodes de la vie de Leibniz que Boutroux identifie comme des périodes d’études, de voyages et de résultats ; et ils témoignent enfin d’un approfondissement constant de la nature des choses, selon une marche allant « du dehors au dedans », de la physique à la métaphysique, ou de la mathématique à la métaphysique. Bien plus, à l’intérieur de chaque moment, chaque doctrine ferait l’objet d’une intégration dans une doctrine supérieure qui en comprendrait les principes, selon une méthode que Boutroux appelle régressive : ainsi, la doctrine de la monade est comprise dans la doctrine de l’harmonie préétablie – identifiée à l’harmonie de l’âme et du corps – qui s’intègre elle-même dans la doctrine de l’harmonie universelle comprise comme « doctrine supérieure »25. La reconstruction de Boutroux d’une parfaite continuité intégrative des doctrines leibniziennes peut sembler inadéquate à rendre compte de l’ensemble des détours de la pensée leibnizienne que l’édition scientifique de l’Académie nous révèle depuis 1923. Mais qu’en est-il de son intuition générale ? Cette reconstruction, en effet, identifie chez Leibniz à la fois une méthode dans le développement de ses doctrines – à savoir la régression à leurs conditions de possibilité successives – et un point de vue qui les englobe toutes – à savoir qu’elles dépendent toutes de l’idée d’un Dieu auteur du meilleur des mondes possibles, c’est-à-dire aussi de l’idée d’une nécessité morale qui incline sans contraindre. Autrement dit, la « marche ascendante » parcourue depuis les corps, les substances, la connaissance de ces substances, les vérités nécessaires et contingentes finit par converger vers le principe de raison suffisante, à savoir une « raison morale indispensable à la réalisation d’un fait quelconque »26 de sorte que le fait contraire serait non pas métaphysiquement impossible mais une « absurdité morale »27. Cette reconstruction du système de Leibniz appelle trois remarques. (1) Le point de vue le plus intégratif que la Monadologie enseigne est en fin de compte le point de vue divin en tant que raison morale de toute choses qui peut saisir à la fois toute la diversité du monde et toute son unité, et par conséquent touts la diversité des doctrines et toute leur harmonie28. (2) Si la Monadologie, dans sa construction même – partant des composés et passant aux simples, aux connaissances et à Dieu (§§ 1–37), puis, de Dieu (§§ 38– 48), redescendant vers les corps et les esprits (§§ 49–90) – enseigne le point de vue

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Leibnitz : La monadologie, p. 50. Ibid., p. 77. Ibid. Cf. ibid., p. 136 : « Le monde est une diversité et une harmonie. Pour le voir tel qu’il est, il faut à la fois en discerner les détails et en saisir l’unité. Pour obtenir cette double connaissance, il faut réussir à ce placer au point de vue suprême, à un point de vue aussi voisin que possible du point de vue de Dieu lui-même. La Monadologie détermine ce point de vue, et nous donne une esquisse du monde tel qu’il apparaît à l’observateur qui s’y trouve placé ».

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suprême sur toutes les doctrines, alors il faut sans doute inverser la perspective adoptée par Boutroux : la Monadologie n’est pas le résumé d’un système qui aurait été parfaitement développé avant, mais, au contraire, l’ordre argumentatif suivi par la Monadologie fournit à Boutroux un fil conducteur pour reconstruire post hoc le système de Leibniz. (3) Une fois identifié « le point de vue suprême », on comprend que Boutroux ajoute à son exposé du système de Leibniz, un quatrième chapitre concernant « la philosophie pratique » en tant qu’elle dépend « plus ou moins étroitement » de sa métaphysique29. En effet, la philosophie pratique n’est plus un moment supplémentaire dans l’élaboration du système métaphysique, mais elle est plutôt comme le nouveau regard que l’on peut avoir sur les choses du monde à partir du point de vue qui vient d’être déterminé. À la « marche régressive » ou « ascendante » allant « du dehors au dedans » ou des créatures vers Dieu – et que Boutroux appelle encore la marche a posteriori – fait suite la « marche progressive » ou descendante « allant de Dieu aux créatures » – et que Boutroux aurait pu appeler par symétrie la marche a priori: « C’est ainsi que Leibnitz suit une double marche, ascendante et descendante. D’abord il va du dehors au dedans, de la physique à la métaphysique ; puis, sollicité par les hypothèses mêmes auxquelles l’a conduit la marche a posteriori, il part du siège propre de la vérité, du fond interne des choses ; et, d’une marche directe et assurée, il revient contempler sous leur vrai jour les mêmes objets qu’il n’avait vus d’abord qu’obliquement et incomplètement »30.

Quel est le sens de la voie a posteriori de la métaphysique leibnizienne ainsi dévoilé ? Boutroux le précise dans l’éclaircissement du paragraphe 76, où Leibniz énonce, à propos de l’indestructibilité de l’animal, l’accord des raisonnements faits a posteriori et tirés des expériences avec les principes a priori : « L’accord de la métaphysique et de l’expérience est pour lui l’une des faces de l’harmonie universelle. Au fond du mécanisme, le mathématicien qui cherche les raisons des choses doit trouver la force, et avec elle la tendance et l’âme. Aux confins du monde des âmes, le métaphysicien qui poursuit les conséquences des principes voit se former un monde extérieur, qui, par la loi des causes efficientes, s’efforce d’imiter la loi supérieure des causes finales »31.

Les deux voies s’accordent ainsi sur des limites respectives des raisonnements a priori et a posteriori sans pour autant présenter des voies équivalentes. L’essentiel pour Boutroux n’est pas la systématicité au sens de la complétude – ou au sens du résumé d’une doctrine – mais la convergence de la voie a posteriori vers le point de vue, et l’ouverture d’une voie a priori de la métaphysique à partir du point de vue. S’il est sans doute difficile de suivre complètement Boutroux dans la reconstruction génétique de la mathématique à la métaphysique, l’identification

29 Cf. ibid., p. 119 : « On peut, sous le nom de philosophie pratique de Leibnitz, regrouper trois doctrines qui dépendent plus ou moins étroitement de sa métaphysique, à savoir: 1° la doctrine morale, 2° la doctrine du droit et 3° la doctrine de la religion ». 30 Ibid., p. 52. 31 Ibid., p. 182.

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d’une voie régressive ou a posteriori au cœur même de la Monadologie semble être au contraire d’un grand intérêt herméneutique. 3. LA VOIE A POSTERIORI DE LA MONADOLOGIE : UN AUTRE MANUSCRIT DE LEIBNIZ Reprenons pour commencer le contexte dans lequel Leibniz mentionne les voies a priori et a posteriori. Elles ne concernent pas d’abord l’ensemble de la métaphysique mais la proposition particulière de l’indestructibilité des animaux – qui est sans doute l’une des propositions les plus étonnantes du texte : « 72. Ainsi l’âme ne change de corps que peu à peu et par degrés, de sorte qu’elle n’est jamais dépouillée tout d’un coup de tous ses organes ; et il y a souvent métamorphose dans les animaux, mais jamais Métempsychose ni transmigration des Ames : il n’y a pas non plus des Ames tout à fait séparées, ni de Génies sans corps. Dieu seul en est détaché entièrement. 73. C’est ce qui fait aussi qu’il n’y a jamais ni génération entière, ni mort parfaite prise à la rigueur, consistant dans la séparation de l’âme. Et ce que nous appelons Générations sont des développements et des accroissements ; comme ce que nous appelons Morts, sont des enveloppements et des diminutions. 74. Les philosophes ont été fort embarrassés sur l’origine des formes, Entéléchies, ou Ames ; mais aujourd’hui, lorsqu’on s’est aperçu, par des recherches exactes faites sur les plantes, les insectes et les animaux, que les corps organiques de la nature ne sont jamais produits d’un chaos ou d’une putréfaction ; mais toujours par les semences, dans lesquelles il y avait sans doute quelque préformation ; on a jugé, que non seulement le corps organique y était déjà avant la conception, mais encore une âme dans ce corps, et en un mot l’animal même ; et que par le moyen de la conception cet animal a été seulement disposé à une grande transformation pour devenir un animal d’une autre espèce. On voit même quelque chose d’approchant hors de la génération, comme lorsque les vers deviennent mouches, et que les chenilles deviennent papillons. 75. Les animaux, dont quelques-uns sont élevés au degré des plus grands animaux par le moyen de la conception, peuvent être appelés spermatiques ; mais ceux d’entre eux qui demeurent dans leur espèce, c’est-à-dire la plupart, naissent, se multiplient et sont détruits comme les grands animaux, et il n’y a qu’un petit nombre d’Élus, qui passe à un plus grand théâtre. 76. Mais ce n’était que la moitié de la vérité : j’ai donc jugé que si l’animal ne commence jamais naturellement, il ne finit pas naturellement non plus ; et que non seulement il n’y aura point de génération, mais encore point de destruction entière, ni mort prise à la rigueur. Et ces raisonnements faits a posteriori et tirés des expériences s’accordent parfaitement avec mes principes déduits a priori comme ci- dessus »32.

L’enjeu argumentatif de ces paragraphes est de montrer que ce qui apparaît phénoménalement comme une métamorphose dans les animaux (§ 72) ne témoigne 32 Ibid., pp. 181–2.

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pas de leur périssabilité ou de leur destructibilité mais au contraire de leur indestructibilité à travers leurs métamorphoses (§ 76). Ce dernier énoncé tient un rôle argumentatif central puisqu’il constitue à la fois la conclusion de toute la doctrine du corps (qui a été ouverte au paragraphe 61 par la déclaration selon laquelle « les composés symbolisent avec les simples »), mais aussi une prémisse requise pour l’explication « naturelle » de l’harmonie universelle qui s’ensuit immédiatement (dans les paragraphes 78 à 81). L’indestructibilité des animaux est en effet établie, dans un premier temps, de manière a priori à partir de l’énoncé de l’inséparabilité de l’âme et du corps (qui a été établie au § 63) : – – –

[Prémisse 1] : il n’y a pas d’âme existant séparément d’un corps puisqu’une âme est toujours l’entéléchie d’un corps lui appartenant (§ 63) ; [Conséquence 1.1] : l’inséparabilité implique la continuité organique du corps qui appartient à l’âme, de sorte qu’il n’y a ni métempsychose ni transmigration des âmes (§ 72) ; [Conséquence 1.2] : la continuité du corps organique à travers tous ses changements implique son ingénérabilité – absence de génération – et son indestructibilité – absence de destruction ou mort (§ 73).

L’ingénérabilité/indestructiblité des corps est ainsi déduite a priori de l’inséparabilité de l’âme et du corps, laquelle est elle-même établie à partir de la perception : les modifications de la perception, et en particulier de la distinction des perceptions, justifient de poser que les corps vivants doivent avoir la structure d’une machine de la nature, c’est-à-dire d’une machine à l’infini – de sorte que les perceptions plus ou moins distinctes d’une âme trouvent leur raison dans le développement correspondant du corps dans la matière, et dans les changements matériels du corps. On se rappelle qu’au début de la Monadologie, ce sont les changements phénoménaux des corps qui justifiaient – avec la thèse monadologique – de poser des changements monadiques, c’est-à-dire des modifications des monades – et par conséquent leur nature spontanément perceptive qui seule rendait compte d’une diversité dans l’unité. Ici, c’est le mouvement inverse qui est décrit : les modifications de la perception permettent de conclure à la permanence d’une machine de la nature au travers des métamorphoses de ses dépouilles organiques. L’ingénérabilité/indestructiblité des corps est également établie de manière a posteriori à partir des observations sur la génération des vivants, selon la structure suivante : – – – –

[Prémisse 2] : l’observation établit que les plantes et les animaux proviennent de semences (§ 74) ; [Hypothèse 2.1] : les corps des animaux doivent être préformés dans les semences (§ 74) ; [Hypothèse 2.2] : ces corps préformés doivent appartenir à une âme de sorte que l’animal tout entier préexiste à la conception (§ 74) ; [Conséquence 2.1] : la conception ou génération n’est qu’un événement dans l’histoire des transformations successives du corps préexistant de l’animal, et

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ne diffère pas qualitativement d’un processus d’accroissement ou de métamorphose (§ 74) ; [Conséquence 2.2] : la conception permet cependant à certains animaux de développer des dispositions préexistantes qui les distingue qualitativement de tous les autres animaux et les fait passer « à un plus grand théâtre » (§ 75) ; [Hypothèse 2.3] : l’animal, qui préexiste à sa conception, doit aussi subsister à sa corruption et mort apparente (§ 76).

Si la voie a priori conclut de l’inséparabilité d’une âme et d’un corps [prémisse 1] à la continuité organique du corps appartenant à une âme [conséquence 1.1], la voie a posteriori ne peut remonter de la continuité organique constatée [prémisse 2] puis supposée [hypothèse 2.1] à la préexistence de l’animal [hypothèse 2.2] que parce qu’elle doit faire intervenir à son tour le principe d’inséparabilité de l’âme et du corps. Les deux voies font ainsi intervenir tant un élément a posteriori commun (la donation des corps organiques) qu’un principe a priori commun (l’inséparabilité de l’âme et du corps). Elles s’accordent bien l’une à l’autre sans pour autant être équivalentes : la voie a priori permet de déduire la structure de machine de la nature des corps organiques (les corps organiques doivent être des machines à l’infini) ; et la voie a posteriori permet d’inférer la préformation de ces machines de la nature (les corps organiques doivent provenir préexister à leur conception). La question est de savoir si la voie a posteriori peut désigner une voie constitutive de l’essentiel de la doctrine monadologique au-delà de la seule proposition du paragraphe 76 ? Or il se trouve que le dossier des manuscrits de la Monadologie conservés à la Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek d’Hanovre comporte un manuscrit autographe inédit, écrit sur un papier au filigrane identique à l’un des manuscrits de la Monadologie, et par conséquent daté de manière provisionnelle de septembre 1714, et dont les développements sont très semblables aux paragraphes 72 à 76 que nous venons de rappeler – à ceci près qu’ils poursuivent la voie a posteriori jusqu’aux premiers principes, c’est-à-dire jusqu’aux énoncés portant sur les monades33. Comparons les deux textes, qui prennent pour point de départ des observations empiriques relativement contemporaines ou récentes, et qui contredisent la vieille thèse d’une génération équivoque du vivant (par putréfaction ou fermentation de la matière) : Monadologie, § 74 : « […] aujourd’hui, lorsqu’on s’est aperçu, par des recherches exactes faites sur les plantes, les insectes et les animaux, que les corps organiques de la nature ne sont jamais produits d’un chaos ou d’une putréfaction […] ». LH 37, 7, f. 6 recto : « Depuis un peu plus que la moitié d’un siecle on a commencé de s’apercevoir des erreurs des anciens sur la generation des insectes et autres petits animaux ; comme des souris, taupes, grenouilles, etc. qu’ils ont crûs nés de la putrefaction. Et toutes les fois qu’on en a eu occasion d’approfondir la matiere on a trouvé qu’ils etoient engendrés à la façon des grands animaux. On a trouvé aussi que les plantes dont on attribuoit l’origine à une cause semblable venoient de graine, commes les autres. Jungius Allemand, Goedarz Flamand, Redi Italien, Swammerdam autre Flamand ont rompu la glace. Et apres eux Messieurs Malpighi, 33 LH 37, 7, f. 6–7.

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Arnaud Pelletier Leeuvenhoek, et plusieurs habiles gens des Academies des Sciences de Paris et de Londres, et surtout Monsieur Valsisnieri [sic], depuis peu à Padoue, ont mis la chose quasi hors de doute ».

En somme, l’observation empirique, avant que de conduire à des hypothèses sur la nature des corps organiques eux-mêmes, permet d’écarter la conception de la génération équivoque telle qu’elle est développée dans les Métamorphoses d’Ovide : – –

[Prémisse 3] = [Prémisse 2] : l’observation établit que les plantes et les animaux proviennent de graines ; [Conséquence 3.1] : il faut rejeter la génération équivoque par putréfaction.

Le manuscrit expose alors l’établissement a posteriori de l’indestructibilité des corps, en présentant des formulations semblables au texte de la Monadologie, dont nous indiquons les correspondances successives en introduisant des chevrons (< >) numérotés : LH 37, 7, f. 6 verso : « . ; : « […] les corps organiques de la nature ne sont jamais produits d’un chaos ou d’une putréfaction ; mais toujours par les semences, dans lesquelles il y avait sans doute quelque préformation […] » (Monadologie, § 74). < 2 > : « Et ce que nous appelons Générations sont des développements et des accroissements ; comme ce que nous appelons Morts, sont des enveloppements et des diminutions » (Monadologie, § 73). < 3 > : « Mais ce n’était que la moitié de la vérité : j’ai donc jugé que si l’animal ne commence jamais naturellement, il ne finit pas naturellement non plus ; et que non seulement il n’y aura point de génération, mais encore point de destruction entière, ni mort prise à la rigueur (Monadologie, § 76). < 4 > : « Ainsi on peut dire que non seulement l’âme (miroir d’un univers indestructible) est indestructible, mais encore l’animal même » (Monadologie, § 77)

Le texte condense ne reprend pas exactement les deux lignes d’argumentation que la Monadologie présente successivement afin d’établir la préformation du corps puis l’indestructibilité de l’animal tout entier. En effet, il part immédiatement de la caractérisation d’un corps organique animé, sans expliciter la thèse de l’inséparabilité de l’âme et d’un corps, et sans justifier la nécessité d’introduire le concept de

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machine de la nature (ou machine à l’infini) pour rendre compte la distinction qualitative des perceptions. Ici, le concept de machine de la nature est plutôt confirmé par l’impossibilité de rendre compte de la génération par la putréfaction et la fermentation, par quoi il faut entendre que ce sont des processus finis de composition et de décomposition des parties : si la putréfaction et la fermentation ne peuvent rendre compte de la génération, ce n’est pas seulement parce que l’animal doit être préformé organiquement dans les semences, mais il doit être préformé de telle sorte que des processus finis de composition et décomposition ne peuvent rendre compte de la génération de son corps. Autrement dit, c’est l’impossibilité de la génération équivoque qui nécessite de formuler une hypothèse sur la structure du corps organique (comme machine de la nature), laquelle permet de conclure à la conservation ou préformation de l’animal tout entier. La première partir du manuscrit peut ainsi être présentée : – – – – – –

[Prémisse 3] = [Prémisse 2] : l’observation établit que les plantes et les animaux proviennent de graines ; [Hypothèse 3.1] = [Hypothèse 2.1] : les corps des animaux doivent être préformés dans les semences ; [Conséquence 3.1 de la Prémisse 3] : il faut rejeter la génération équivoque par putréfaction et fermentation ; [Hypothèse 3.2, tirée de la conséquence 3.2] : le corps organique animé doit avoir uns structure de machine de la nature ; [Conséquence 3.2, tirée des hyp. 3.1 et 3.2] : Les animaux sont ingénérables ; [Conséquence 3.3, tirée des hyp. 3.1 et 3.2] : Les animaux sont indestructibles.

Si le passage d’une proposition à l’autre n’est pas entièrement explicité, Leibniz formule bien un argument a posteriori en faveur de l’indestructibilité des corps organiques animés ou des animaux tels qu’ils nous sont donnés dans l’expérience. L’aspect le plus remarquable du manuscrit est que Leibniz – qui n’a précisément pas fait intervenir l’inséparabilité de l’âme et la nature de ses perceptions – tire de l’indestructibilité de l’animal une suite de conséquences sur la conservation de l’âme, la perception de l’univers, et la possibilité d’avoir des perceptions distinctes à l’image de la divinité : LH 37, 7, f. 7 recto : « Or l’indestructibilité de tout animal et generalement de toute Machine naturelle, c’est à dire d’un corps qui est machine dans les parties comme dans le tout, étant établie, on peut juger que l’ame c’est a dire ce moy ou cette substance simple qui y domine et qui s’apperçoit des fonctions de la Machine, ne peut manquer de se conserver par plus forte raison. Elles sont toutes des mémoires de l’univers chacune suivant son point de veue, et enveloppent le tout bien que confusement, mais elles sont plus ou moins parfaites selon l’etendue de leurs perceptions distinctes. Et les Ames qui n’ont pas seulement de la perception et de la connoissance des verités contingentes et des consecutions empiriques; mais encor des verités necessaires ou eternelles sont raisonnables et s’appellent Esprits. Ce sont non seulement des images de l’univers creé, comme les Ames simples; mais encor des images ou miroirs de la divinité, ou de l’auteur des choses. Ce sont des membres d’une cité dont Dieu est le Monarque;

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Arnaud Pelletier et l’harmonie preetablie par la providence en a un soin tel qui convient au plus parfait des gouvernemens sous le plus parfait des Monarques. Ainsi par les degrés des observations physiques nous parvenons aux plus sublimes et plus importantes connoissances de la Metaphysique ou de la Theologie naturelle ».

Leibniz indique ainsi lui-même la possibilité d’une voie a posteriori menant des observations physiques sur les corps organiques jusqu’aux premiers principes de la Monadologie : 1. Les animaux sont indestructibles ; 2. L’âme du corps animal « ne peut manquer de se conserver à plus forte raison » (cf. Monadologie, 4–6); 3. « Elles sont toutes des mémoires de l’univers chacune suivant son point de veue, et enveloppent le tout bien que confusement » (cf. Monadologie, 17–28, 60); 4. Les âmes qui ont connaissance « des verités necessaires ou eternelles sont raisonnables et s’appellent Esprits » (cf. Monadologie, 29–37) – et sont des images ou miroirs de la divinité (cf. Monadologie, 83–90). L’esquisse d’un enchaînement thématique des propositions ne peut tenir lieu d’un argument en forme. Toutefois, il est non seulement remarquable que la possibilité d’une voie a posteriori de la monadologie ait été indiquée par Leibniz lui-même, et bien au-delà de ce que Boutroux pouvait connaître des textes – à moins de supposer qu’il ait pris connaissance de ce manuscrit lors de son séjour aux archives –, mais il est aussi instructif de distinguer cette voie de celle suivie dans la Monadologie. En effet, leur point de départ n’est pas le même. La Monadologie part des composés – amas ou agrégats – et développe la doctrine des monades avant d’aborder la doctrine des corps à partir du paragraphe 61 : « Et les composés symbolisent en cela avec les simples ». Le manuscrit LH 37, 7 f. 6–7, quant à lui, a un point de départ moins universel puisqu’il part des corps organiques animés (et des observations à leur sujet) et indique une voie, qui doit mener à la reconnaissance des esprits et de la cité de Dieu, sans développer l’autre voie qui devrait mener aux composés (non organiques) et aux monades « toutes nues ». En l’état des connaissances, il n’est pas possible de juger si le manuscrit constitue une version préparatoire de la Monadologie, des sections sur la génération des corps, ou au contraire une reprise postérieure en vue de quelque éclaircissement à fournir, à Rémond ou à un autre. Par contre, il vient attester d’une ligne argumentative parfaitement identifiée par Émile Boutroux, et bientôt rejetée par celui-ci : en effet, la voie a posteriori n’est pas seulement constitutive de la monadologie mais aussi, selon lui, constitutive de son échec à fonder la morale. La prochaine section examine ainsi le jugement tardif de Boutroux sur la Monadologie : « Si nous partons du donné, il faut renoncer à la morale ».

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4. L’IMPASSE DE LA MONADOLOGIE SELON BOUTROUX Le premier cours qu’Émile Boutroux professe lorsqu’il est nommé professeur à la Faculté des Lettres de Paris en 1888 porte sur « la philosophie allemande au XVIIe siècle » et est publié avec le sous-titre « les prédécesseurs de Leibniz »34. Les cinq premières leçons (et chapitres publiés) portent non pas sur la philosophie allemande mais sur Bacon (leçon II), Descartes (III), Hobbes et Spinoza (IV), Malebranche (V) et Locke (VI) considérées en tant que prédécesseurs de Leibniz ; et les quinze leçons suivantes (VII à XXII) portent sur la philosophie de Leibniz35. Dans la leçon XX, intitulée « La nature et la grâce », Boutroux ne reprend pas l’idée du « point de vue suprême » comme clef de voûte du système et de sa constitution génétique, mais il reprend l’idée de l’horizon éminemment pratique de toute la philosophie leibnizienne : « Le mobile de la philosophie de Leibniz est de démontrer les vérités pratiques, morales et religieuses »36. Dans la présentation de 1881, le chapitre sur la philosophie morale était présenté comme une suite naturelle des trois moments constitutifs de la philosophie leibnizienne. En 1888, Boutroux remarque désormais que la voie a posteriori est en réalité tout à fait incapable d’établir une chaîne continue de définitions – donc une démonstration – en partant des créatures et en s’élevant vers Dieu sans introduire des éléments métaphysiques irréductibles. En particulier, l’articulation du règne de la grâce au règne de la nature, et même du Monde Moral dans le monde Naturel37, n’est plus attestée au moyen de la notion équivoque d’imitation selon laquelle les esprits peuvent imiter – à leur niveau – l’action de l’entendement divin et de la volonté divine. En effet, en 1881, Boutroux interprétait les « échantillons architectoniques » dont fait preuve l’esprit en tant que miroir de la divinité (Monadologie, § 83) comme des échantillons de science et de morale qui témoigneraient de la faculté créatrice de l’esprit humain qui serait alors, de ce point de vue, à l’imitation de la faculté créatrice de l’esprit divin38. Dans le cours de 1888, au contraire, Boutroux refuse à la science toute vertu créatrice, de sorte que ce n’est pas par la science que les esprits peuvent imiter Dieu : la science reste analytique ; elle ne peut pas produire ; elle ne peut que décomposer infiniment39. Seul l’art humain est susceptible d’être architectonique et d’imiter la création 34 E. Boutroux : La philosophie allemande au XVIIe siècle. Les prédécesseurs de Leibniz. Cours de M. Émile Boutroux professé à la Sorbonne en 1887–88, Paris 1948 (1ère édition : 1929). 35 Les six premières leçons sur Leibniz sont tirées de notes d’étudiants revues par Boutroux et publiées dès 1888 dans le Bulletin de l’Association des Élèves et Anciens élèves de la faculté des lettres de Paris. Les dernières leçons n’ont pas été revues par le professeur. 36 Boutroux : La philosophie allemande, p. 216. 37 Cf. Monadologie, § 86 : « Cette Cité de Dieu, cette Monarchie véritablement universelle est un Monde Moral, dans le monde Naturel, et ce qu’il y a de plus élevé et de plus divin dans les ouvrages de Dieu ». 38 Cf. Leibnitz : La monadologie, p. 187 : « L’homme, par la science et la morale, s’élève audessus du rôle de simple miroir de l’univers. Il acquiert quelque chose de la faculté créatrice de Dieu. Il dispose ses idées et ses actions de manière à former comme un petit monde, qui a ses lois, son harmonie, son unité ». 39 Cf. Boutroux : La philosophie allemande, p. 223.

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divine. La science reste analytique : elle ne saisit que des multiplicités qu’elle décompose, mais reste incapable de saisir l’unité des choses dans leur multiplicité (et par conséquent leur harmonie). Ainsi Boutroux qualifie-t-il la science « d’incomplète », là où le sentiment esthétique d’une harmonie est « complet » et ainsi « supérieur » à la science. Au-delà de l’art même, ce sont les vérités du droit, de la morale, mais surtout de la religion qui élèvent l’esprit à un degré supérieur d’harmonie : « La perception distincte produit elle-même une action conforme à la connaissance, produit des œuvres qui sont la manifestation de sa croyance. La connaissance distincte des vérités religieuses [en particulier l’unité de Dieu et l’immortalité de l’âme] produit donc de bonnes œuvres. Quand elle est rationnelle, quand les idées sont distinctes, ou que nous les connaissons avec conscience, la croyance engendre d’elle-même le rapport qui l’exprime, les œuvres qui la traduisent. Par la religion, il se constitue une harmonie infiniment supérieure à l’harmonie de la nature. Grâce à elle, il se forme, au sein de la nature, une nature supérieure, une nature divine. La communion des esprits entre eux, par l’intermédiaire de l’union avec Dieu, est le monde spirituel que la nature n’aurait pas produit toute seule. Ce monde ne s’est pas produit par développement ou évolution ; il ne s’est pas produit non plus en dépit des lois de la nature »40.

Boutroux propose ainsi une autre interprétation de la possibilité du Monde Moral dans le monde Naturel : il ne s’agit plus de penser le passage a posteriori d’une supposée harmonie des lois de la science à la morale, mais au contraire de reconnaître l’irréductibilité du point de vue pratique – et en particulier religieux – au point de vue scientifique incapable désormais d’harmonie et d’imitation de l’esprit divin. Et Boutroux fait même de cette discontinuité le problème fondamental qui naît avec la science moderne, caractérisée par l’explication mécaniste des phénomènes : « Si le déterminisme est la loi même des choses, comment la morale va-t-elle subsister ? »41. Leibniz a cru, selon Boutroux, pouvoir résoudre ce problème par la voie a posteriori : « Leibniz considère l’être donné et remonte de l’être donné à ses principes pour redescendre ensuite vers la réalité et vers la morale. Il remonte par conséquent de l’observation des choses au premier principe des choses » selon une méthode analogue à la démonstration du premier mouvant chez Aristote42. Mais cette fois-ci, Boutroux considère que cette régression au « point de vue divin » est une régression au principe inexplicable de la volonté : « Tout est explicable, mais le principe de toute détermination des choses réelles est dans une volonté. Pour comprendre un individu, il faut non seulement tenir compte du milieu intellectuel et du caractère, mais encore de la volonté. Donc l’explication suppose un principe inexplicable, la volonté, qui n’est entendue qu’en Dieu, synthèse de l’intelligence et de la volonté »43.

La voie a posteriori ne peut que tomber dans l’écueil d’une régression impossible vers un principe inconditionné : « Si nous partons du donné, il faut renoncer à la morale »44. La moralité ne peut consister en effet que dans la conscience d’une 40 41 42 43 44

Ibid., p. 227. Ibid., p. 230. Ibid., p. 232. Ibid., p. 234. Ibid., p. 240.

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nécessité morale irréductible à la nécessité mathématique, analytique, dépourvue de synthèse. Autrement dit, le « point de vue » au fondement du système est bien celui que Boutroux identifiait dès 1881, seulement la Monadologie est incapable d’en justifier la nécessité à partir des composés donnés : « si les choses peuvent être expliquées par analyse, c’est à condition qu’on prendra pour point de départ des synthèses déjà faites »45. Boutroux ne renonce pas à parler d’un système de Leibniz puisqu’il en identifie le foyer d’unité. Par contre, son constat d’échec du projet monadologique – ou d’établissement du point de vue suprême par la voie a posteriori – semble remettre en cause sa première présentation de la philosophie complète leibnizienne en trois moments successifs. L’horizon de la philosophie leibnizienne reste la morale, inscrite dans un fonds inaccessible aux voies a priori et a posteriori : « La philosophie de Leibniz est un grand effort pour établir scientifiquement la morale. Ce qui est contestable dans sa doctrine me paraît prouver : 1° Que les Mathématiques sont impuissantes à fonder les vérités morales ; 2° Que les Mathématiques n’atteignent pas la réalité tout entière ; qu’elles constituent des synthèses impénétrables pour l’esprit humain. Cette morale, nous devons la tirer de notre propre fonds, non par analyse ou par synthèse. Il faut instituer à cet effet une méthode intérieure : ce sera la tâche des philosophes qui ont suivi Leibniz »46.

5. CONCLUSION : BOUTROUX ET LE RENOUVEAU DE LA RÉCEPTION DE LEIBNIZ EN FRANCE Lorsque Boutroux présente la Monadologie comme « une série de thèses présentant les principaux points de la philosophie de Leibniz», « un résumé du système » ou « une vue d’ensemble », il reprend une lecture aussi vieille que la réception du texte lui-même. Lorsqu’il situe le foyer de la pensée leibnizienne dans la philosophie pratique, comprenant la religion, il ne se démarque pas de la lecture courante de Leibniz en France au XIXe siècle. Par contre, son effort interprétatif pour identifier dans la Monadologie une voie a posteriori constitutive de la métaphysique ellemême – et peut-être d’une manière encore plus pertinente que l’état de l’édition ne lui permettait pas d’envisager – ainsi que son effort pour penser la cohérence d’ensemble et, finalement, l’échec, de cette voie, ont profondément renouvelé la manière de lire le texte de 1714 et l’ont tiré du profond désintérêt philosophique dont il faisait l’objet alors en France. Nous conclurons donc par quelques indications sur la situation de l’édition de Boutroux dans la réception française de Leibniz au XIXe siècle. Les commentateurs de la génération précédant Boutroux n’ont en effet pas manqué de souligner l’inconsistance philosophique de la Monadologie. Nous nous

45 Ibid., p. 237. 46 Ibid., p. 241.

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arrêterons ici sur deux exemples : Louis-Alexandre Foucher de Careil et Jean-Félix Nourrisson. Dans l’introduction de son premier volume d’édition des manuscrits leibniziens, Les lettres et opuscules inédits de Leibniz parus en 1854, Foucher de Careil constate à la fois le peu d’intérêt que la France porte à Leibniz et la condamnation philosophique à peu près générale dont font l’objet les doctrines des monades et de l’harmonie préétablie : « Sauf quelques admirateurs ou curieux, Dutens est négligé ; et l’on ne trouverait pas aujourd’hui des frères de Tournes, comme il s’en est trouvé à Genève au siècle passé, pour imprimer et un Ludovic Dutens pour éditer Leibniz. Depuis qu’un arrêt banal, partout colporté, a condamné la monadologie et l’harmonie préétablie, on ne s’occupe plus des doctrines ; on veut bien encore par moments s’occuper de l’homme »47.

Afin de sauver l’intérêt philosophique du texte de ce qui apparaît être des objections rédhibitoires – comme, par exemple, les doctrines leibniziennes de la génération et de la mort qui semblent rendues caduques par les développement des sciences expérimentales – Foucher de Careil développe une lecture de la monade comme une tentative – à l’aspect volontairement ésotérique – de réconcilier en elle deux tendances de la philosophia perennis, à savoir la tendance parménidienne qui n’accorde de réalité qu’à l’être et la tendance héraclitéenne qui n’accorde de réalité qu’au devenir. Leibniz ne ferait ainsi que traduire en d’autres termes « l’analyse des formes » platoniciennes. Toutefois, dans l’introduction au second volume d’inédits, les Nouvelles lettres et opuscules de 1857, Foucher de Careil indique que cette contradiction originaire ne peut être surmontée et il se rallie aux thuriféraires de la monadologie : « Comment ces opinons extrêmes, qui avaient été le mot d’ordre de deux grandes écoles en Grèce et qui avaient ému tout Elée et l’Ionie, se trouvaient-elles à quelques lignes l’une de l’autre, énoncées dans la Monadologie ? Comment Leibniz espérait-il surtout concilier la seconde, celle d’une mobilité, d’un changement, d’une fluidité perpétuelle avec la première, celle de l’immobile unité, de l’Esprit éternel et un ? Comment, enfin, supprimait-il le devenir et la génération, la mort et la corruption par la thèse 73, après avoir étendu l’une et l’autre à toute la nature par la thèse précédente ? J’ai beau lire et relire la Monadologie, je vois là deux opinions contradictoires empruntées à deux écoles rivales, sans pouvoir en saisir l’accord et l’enchaînement »48.

Saisie par ces interprétations, l’Académie des Sciences morales et politiques de Paris met au concours en 1857 – et pour l’année 1860 – un examen complet de la philosophie leibnizienne, lequel doit enfin statuer sur l’intérêt philosophique d’une telle doctrine que d’aucuns disent contradictoire : « Enfin, l’Académie demande aux concurrents, comme une sorte de conclusion pratique de leurs mémoires, d'assigner la part du bien et celle du mal dans l'ensemble de la philosophie de

47 Leibniz : Lettres et opuscules inédits de Leibniz, éd. L.-A. Foucher de Careil, Paris 1854, préface, p. ii. 48 Id. : Nouvelles lettres et opuscules inédits (éd. L.A. Foucher de Careil), Paris 1857, pp. lxxx– lxxxi.

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Leibniz; de faire voir ce qui en a péri et ce qui en subsiste et peut encore être mis à profit par la philosophie du dix-neuvième siècle »49.

L’ouvrage couronné est celui de Jean-Félix Nourrisson : intitulé La philosophie de Leibniz, c’est un ouvrage de plus de cinq cents pages qui compile de nombreuses citations puisées chez Erdmann et Foucher de Careil, et qui s’achève par un réquisitoire quant à la nature fondamentalement contradictoire de la monadologie. Cette doctrine soulèverait des objections si rédhibitoires qu’elle n’est même plus un « roman métaphysique » – pour reprendre une expression de Hegel – et doit être abandonnée pour être encore moins consistante que la doctrine de Démocrite : « En somme, la monadologie soulève des objections sans réplique: 1° Elle n’explique pas le monde; car la monade n'a ni étendue, ni figure, ni couleur, aucune des qualités primaires, aucune des qualités secondaires des corps. 2° Elle conduit à l’égoïsme absolu; car, que le monde soit altéré, ou même détruit, et, pour la monade, ces changements passeront inaperçus. Miroir vivant, cʼest le spectateur du dehors qui peut lire dans la monade, et non la monade du dedans qui voit en elle-même. La perception est une dénomination purement extérieure. 3° Elle ne rend pas compte des phénomènes à expliquer, par exemple des rapports de l’âme et du corps. 4° Elle n’est qu'une hypothèse, et une hypothèse qui oblige à forger d’autres hypothèses. Et c’est en quoi Démocrite, au génie duquel Leibniz se plaisait d’ailleurs à rendre hommage, lui reste supérieur. Car si l’atome est sans connaissance, du moins il n’emprunte sa force qu'à luimême, et la puissance de déclinaison qu'on lui attribue, suffit à expliquer l’univers »50.

Avec de telles objections, certes sans réplique, mais totalement illégitimes et mal formulées, on pourrait presque s’étonner que la philosophie leibnizienne gardât le moindre intérêt pour ces commentateurs. Elle ne conserve pour eux qu’un intérêt historique en tant que « dérivation puissante du Cartésianisme », et donc de la France ! Reprenant le mot de Victor Cousin selon lequel « Leibnitz est le dernier et le plus grand des cartésiens »51, Nourrisson y trouve la raison pour laquelle « la France peut s’en glorifier » et, visiblement, cette qualité cartésienne suffirait à établir la valeur de la philosophie leibnizienne en dépit de toutes ses contradictions relevées : « A la suite de ces illustres penseurs, et pour notre faible part, nous voudrions contribuer à divulguer cette grande philosophie de Leibniz, qui honore l’esprit l’humain et dont la France peut se glorifier, parce qu’elle n’est qu’une dérivation puissante du Cartésianisme. On l’a dit avec raison : « Leibniz est le dernier et le plus grand des Cartésiens ». Il clôt le dix-septième siècle, où il faut toujours revenir. Car là sont les sources vives ou doit se retremper la raison »52.

49 50 51 52

Cité par J. F. Nourrisson : La philosophie de Leibniz, Paris 1860, p. 11. Ibid., pp. 452–453. V. Cousin : Fragments de philosophie Cartésienne, Paris 1845, p. XI. Nourrisson : La philosophie de Leibniz, p. 500.

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Les exemples de Foucher de Careil et Nourrisson suffisent à attester de l’incompréhension persistante dont faisait l’objet la Monadologie lorsque Émile Boutroux entreprit d’éditer le texte et surtout de modifier cette non-réception du texte de deux manières : d’une part, en considérant le texte pour lui-même et non comme une scène fictive sur laquelle se produiraient des personnages externes, le Platonisme ou le Cartésianisme ; d’autre part, en cherchant à déterminer l’unité constitutive de ce texte et du système. Ainsi, une fois identifié le problème de la démonstration des vérités pratiques, Boutroux peut alors, malgré son constat d’échec de la tentative leibnizienne, rattacher Leibniz à la philosophie allemande et non à la philosophie française. En somme, Boutroux a initié une nouvelle manière de porter des éclaircissements aux « éclaircissements sur la monade » et il ne fait nul doute que son édition – et la question qu’elle porte – a radicalement changé la réception du texte en France. En témoignent les divers commentaires de la Monadologie publiés par Desdouits en 1884, Alexis Bertrand en 1886, Clodius Piat en 1900 ; la reprise du philosophème monadologique par Gabriel Tarde (1893), Charles Renouvier (1899), Émile Durkheim et Maurice Halbwachs (1907); et jusqu’à la lecture de la systématicité mathématique du texte que propose Etienne Souriau dans l’Instauration philosophique (parue en 1939) et qui trouvera des échos explicites jusque chez Gilles Deleuze. C’est par l’édition de Boutroux que la question monadologique a été profondément renouvelée et il n’est pas étonnant qu’elle soit restée l’édition de référence en France jusqu’à la parution de l’édition de Michel Fichant en 2004 laquelle, loin d’insister sur le développement et la constitution systématique de la monadologie, en a au contraire indiqué les multiples voies.

LA MONADOLOGIE COMME MÉTAPHYSIQUE DE LA SUBJECTIVITÉ : LA LECTURE D’ERNST CASSIRER Michel Fichant (Paris) 1. LEIBNIZ DANS LA PRÉHISTOIRE DE LA CRITIQUE DE LA RAISON Ernst Cassirer a exposé une interprétation d’ensemble de la philosophie de Leibniz dans son premier grand livre publié : Leibniz’ System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen (Marburg 1902). Conçu d’abord comme un mémoire répondant à un concours de l’Académie de Berlin, l’ouvrage était en fait achevé à la fin 1900. Le livre est dédié au maître de Cassirer, Hermann Cohen, et il en porte l’empreinte, y compris dans le style1. En 1904 et 1906 sont parus dans la Philosophische Bibliothek de Meiner Verlag deux volumes d’anthologie d’écrits majeurs de Leibniz : Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie, dont les textes étaient traduits par Artur Buchenau. Mais le responsable des choix était Cassirer, auteur aussi des notes et des introductions aux différentes sections, selon un plan qui reproduit en partie celui du Leibniz’ System. La centaine de pages de ces Introductions forme une monographie complémentaire du livre de 19022, en en reprenant et parfois complétant les interprétations. Leibniz occupera toujours une grande place dans l’élaboration ultérieure de l’œuvre de Cassirer, historien et philosophe3. Mais la présente étude, en raison même de la forte cohérence interprétative des textes de 1902–1906, se limitera à eux pour y chercher le sens de la monadologie selon Cassirer : ce que l’on peut appeler une métaphysique de la subjectivité. Cassirer a présenté lui-même l’intention première de son livre en ces termes : 1 2

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Cf. Massimo Ferrari : Il giovane Cassirer e la Scuola di Marburgo, Milano 1988, pp. 181sq. qui expose en détail la part prise ainsi par Cassirer à une « renaissance leibnizienne ». La reprise en 1996 des Hauptschriften chez Meiner réunit ces introductions (au nombre de quatre) en un seul texte continu au début du premier tome. D’autre part, la nomenclature des sections ainsi que leur distribution entre les deux tomes ont été modifiées : comme les autres, le sous-titre de Schriften zur Metaphysik disparaît. La sous-division des Schriften zur Biologie und Entwicklungsgeschichte est transférée au tome 1, et sa portée de première partie des Schriften zur Metaphysik proprement dits n’apparaît plus. Principalement les exposés historiques donnés dans Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, vol. 2, 1907 et 21922, et dans Freiheit und Form. Studien zur deutschen Geistgeschichte, 1916. Mais la référence à Leibniz est constamment présente dans les ouvrages philosophiques sur la connaissance. En un sens, le projet systématique de dépassement de la critique kantienne de la raison par une « critique de la culture » réalisé dans la Philosophie der symbolischen Formen procède d’une inspiration leibnizienne.

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Michel Fichant « L’ouvrage se propose la tâche de comprendre et de dériver la totalité de la philosophie de Leibniz à partir des conditions fondamentales qui sont contenues dans les recherches et les productions scientifiques de Leibniz. Si les expositions jusqu’à présent ont fait du système de la Monadologie et de ses théorèmes métaphysiques bien connus le point de départ et l’unique objet de la recherche, ici à l’inverse la doctrine des monades est considérée comme le résultat dérivé et l’aboutissement d’un procès de pensée dont la direction originelle est déterminée par la logique de Leibniz et sa doctrine scientifique des principes »4.

L’objectif second de cette interprétation globale est d’établir le rapport historique et la liaison entre la philosophie de Leibniz et le système de Kant. Or le problème fondamental de ce système lui-même, dans sa partie théorique, et selon l’esprit qui a déterminé chez Hermann Cohen les premières orientations de l’Ecole de Marburg, est le problème de la relation de la philosophie à la science5. Si Kant a aux yeux de Cassirer apporté le premier la formulation exacte de ce problème, pour autant il ne s’agit pas d’une question nouvelle, puisqu’elle est posée depuis Platon et surtout que « elle est parvenue spécialement à l’époque moderne, chez les classiques de l’idéalisme, à une précision et un approfondissement toujours plus grands » ; or, « Leibniz – comme fondateur et logicien de l’analyse supérieure comme de la loi de conservation de la force – prend part à ce progrès continu de multiples façons ; sa philosophie marque ainsi une phase nécessaire dans le développement historique d’ensemble qui est parvenu à son épanouissement et à sa conscience critique dans le problème théorique capital de Kant »6. Il est vrai qu’en cela ne peut conduire à contester l’originalité exclusive de la position critique, et il faut maintenir que « l’unité et la délimitation exclusive du questionnement transcendantal ne sont nulle part atteintes chez Leibniz, quoique, comme cofondateur des nouvelles mathématique et science de la nature, il ait une part essentielle à la formation et à la constitution du matériau sur lequel porte la question »7. L’ouvrage sur Leibniz peut alors apparaître comme un premier pas dans la réalisation annoncée d’une « préhistoire de la critique de la raison » que réaliseront les deux premiers volumes du grand tableau de l’Erkenntnisproblem (1906 et 1907). En cela, Cassirer avait eu un prédécesseur en Paul Natorp, dont la Probevorlesung de 1881 : Leibniz und der Materialismus8 exploitait la correspondance de Leibniz avec De Volder qui venait de paraître dans le deuxième volume des Philosophische Schriften édités par Gerhardt. Natorp interprétait la substance leibnizienne comme un principe ni matériel ni sensible, mais formel et idéal : lex seriei 4

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E. Cassirer : « Selbstanzeige », dans : Kant-Studien VII (1902), p. 375. On remarquera que par le terme de « Monadologie », Cassirer désigne aussi bien le texte singulier de l’opuscule qui a acquis ce titre et le corps doctrinal du « système des monades » (que Cassirer désigne plus souvent comme Monadenlehre). La 2ème édition de Kants Theorie der Erfahrung est parue en 1885, après la Kants Begründung der Ethik de 1877 et peu avant la Kants Begründung der Ästhetik de 1889. Ces trois ouvrages réalisent l’interprétation des trois Critiques kantiennes. Cassirer : « Selbstanzeige », p. 376. Leibniz’ System, pp. VIII–IX. Le texte resté inédit a été édité par H. Holzhey, dans : Studia Leibnitiana 17, 1 (1985), pp. 3– 14. Cf. Ferrari, pp. 184sq.

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apparentiarum. La substance comprise comme loi permettait ainsi le dépassement radical de la métaphysique du matérialisme, tout en réalisant en même temps son exigence légitime, de garantir l’unité et l’invariance du concept de nature, en excluant toute intervention arbitraire et tout agent occulte. En quelque sorte, Cassirer s’est engagé dans une généralisation de cette manière de comprendre la philosophie de Leibniz et sa situation historique. Le plan de composition organique du livre s’explique par là : il renverse le privilège accordé traditionnellement à la Monadologie comme doctrine première, y compris dans le plus grand livre alors récemment paru qui était celui d’Eduard Dillmann9 : « La fondation devait tenter de saisir et établir les motifs philosophiques, non dans leur formation achevée, mais originellement dans leur efficience dans l’ensemble du travail scientifique. Il appartient aux thèses essentielles du système que l’être, et avant tout l’être spirituel, se dévoile et se manifeste seulement dans l’activité, Nous devons mettre en œuvre cette idée, qui a rendu possible chez Leibniz une nouvelle conception et une nouvelle évaluation de l’histoire, avant tout dans l’appréciation historique de sa propre doctrine. On ne comprend pas la fécondité et le contenu de cette doctrine, quand on la croit enfermée et limitée dans les propositions dogmatiques rigides de la Monadologie »10.

Le plan du livre s’ordonnera donc selon un parcours encyclopédique, comparable à la classification positiviste des sciences d’Auguste Comte11, en partant de la logique et des mathématiques pour aboutir aux Geistwissenschaften, en passant par la physique et la biologie. Mais il y aussi dans ce plan, au contraire de l’inspiration positiviste, une place pour la métaphysique. Il faut admettre que ce parcours est aux yeux de Cassirer celui qui permet de restituer dans leur topique adéquate tous les niveaux de la systématicité leibnizienne, selon une progression quasi-phénoménologique (au sens hegelien), où chaque moment ajoute aux précédents une nouvelle détermination ; toutefois, conformément à la doctrine initiale de Cohen, la mathématisation de la science de la nature doit encore jouer un rôle fondateur, même si le champ de la science de la nature doit aussi s’élargir à la considération

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E. Dillmann : Eine neue Darstellung der leibnizischen Monadenlehre aus der Quellen, Leipzig 1891. Cassirer cite souvent de façon laudative ce livre, injustement oublié aujourd’hui. Il y trouve dans les expositions récentes de la Moadologie du point de vue métaphysique une confirmation de sa propre interprétation de « la signification fondamentale de la substance comme la loi immanente des phénomènes ». Il reconnaît chez Dillmann « l’idée fondamentale que les monades ne sont pas les causes subsistantes en soi des phénomènes, mais qu’elles signifient “les représentations et les principes des phénomènes mêmes”, […] partout confirmée et exigée par les recherches de la théorie de la connaissance mathématique et physique ». Mais il reproche à Dillmann d’avoir faussé la perspective historique en voyant dans cette idée une singularité de la philosophie leibnizienne sans antécédents ni suites, alors qu’en réalité elle s’inscrit dans le développement d’ensemble du problème de l’idéalisme scientifique (Leibniz’ System, pp. 380sq.). 10 Leibniz’ System, p. IX. 11 Le Cours de philosophie positive (6 volumes parus de 1830 à 1842) va des mathématiques à la « sociologie » (terme inventé par A. Comte pour désigner une science générale des organismes sociaux et de leur histoire) selon une progression du plus simple au plus complexe.

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biologique de l’individualité organique, qui, on le verra, apporte une contribution décisive à la métaphysique. A vrai dire, les trois parties principales du livre (une quatrième, plus brève, exposant la genèse du système de Leibniz) se répartissent plutôt en deux moments dont la division répond à une remarque apportée dans la Selbstanzeige : « Une condition matérielle préalable essentielle à la délimitation critique est contenue tout d’abord dans la séparation rigoureuse et conséquente que Leibniz trace entre le mode phénoménal et le mode métaphysique de connaissance. Les principes fondamentaux de la mathématique et de la physique mathématique sont établis simplement comme des lois des phénomènes et des présuppositions de leur connaissance scientifique »12.

Ainsi les deux premières parties du livre, traitant de ces principes fondamentaux, mettent à jour les instruments conceptuels et méthodiques par lesquels se réalise l’objectivation rigoureuse du monde de la connaissance, dans le champ moderne de la mathematische Naturwissenschaft. C’est ici que prennent place les analyses des concepts fondamentaux de continuité et d’infini (chap. 4), d’espace et de temps (chap. 5), de force et de matière (chap. 6), et que sont finalement posés les problèmes de la réalité et de la causalité comme catégories fondamentales de l’expérience. Ensuite seulement, après cette délimitation de l’intelligibilité du monde des phénomènes, la métaphysique intervient dans la troisième partie du livre par la position initiale du « problème de la conscience » (chap. 7), dont le concept est concrétisé dans celui de l’individu, successivement étudié en général (chap. 8), puis en biologie comme individualité organique (chap. 9), enfin dans le système des sciences de l’esprit – éthique et histoire, droit et société, esthétique et enfin théodicée (chap. 10)13. 2. L’ORDRE DES PHÉNOMÈNES : LA RÉALITÉ Du premier moment, celui qui analyse les concepts et principes fondamentaux de la connaissance des phénomènes, on ne retiendra ici que les aspects qui mettent en évidence l’originalité et la force de l’interprétation nouvelle de Cassirer, et préparent la compréhension de l’être comme monade. Et tout d’abord, la correction du contresens à propos de l’espace et du temps, solidement installé dans l’histoire sous l’influence de Kant, qui avait lui-même reçu la philosophie de Leibniz dans sa déformation wolffienne : pour Leibniz, en réalité, espace et temps ne sont pas les représentations confuses d’un ordre sous-jacent des 12 Cassirer : « Selbstanzeige », p. 376. 13 Le plan des Hauptschriften comporte ici une inversion significative : la section portant sur la métaphysique s’ouvre par les textes relevant de la biologie (tome 2, 3sq.) avant la sous-division sur la doctrine des monades (pp. 81sq.), où se retrouvent les développements sur le concept leibnizien de conscience. Du coup, la pensée de l’organisme et de son unité apparaît comme un préalable à celle de l’unité proprement monadique. Ce trait a malencontreusement disparu de la nouvelle récente édition (cf. note 2), qui, en les intégrant au tome 1, rattache les écrits sur le vivant à ceux sur la logique et l’épistémologie.

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substances ou des monades qui seraient par ailleurs les objets intelligibles de la métaphysique, – ils sont les concepts distincts de la mise en ordre des phénomènes14. De même le principe de l’équivalence de la cause pleine et de l’effet entier n’est dit par Leibniz « métaphysique » qu’au sens de son caractère formel et apriorique, mais il n’est rien d’autre que la supposition logique nécessaire de l’objectivation mathématique et de la mesure des phénomènes15. Enfin, la loi de conservation de la force (Cassirer n’hésite pas à dire : « de l’énergie ») ne se déduit pas et ne pourrait en aucune façon se déduire de la proposition métaphysique de la permanence de la substance16. Elle n’a pas le caractère métaphysique de la Monadologie, mais le caractère scientifique et logique d’un principe de la connaissance17. Plus précisément, s’agissant de la formation du concept de substance, Cassirer aborde ce sujet de façon apparemment paradoxale. Aucun chapitre, aucun paragraphe même n’en traite comme d’un sujet d’examen en soi ; rien dans le livre ne s’isole comme un exposé à part qu’on intitulerait « la théorie leibnizienne de la substance ». L’éparpillement au long des développements du livre des moments de 1’interprétation de la substance est la marque d’un choix philosophique qui s’inscrit dans la continuité de la Probevorlesung de Natorp : il s’agit apporter une interprétation fonctionnelle de la substance et faire du concept même de substance, en tant que concept, une Denkfunktion, – en d’autres termes accomplir le paradoxe de la désubstantialisation de la substance. La thèse de départ est que, grâce à une conception nouvelle des mathématiques, qui en fait une « mathématique du devenir »18, la philosophie moderne a surmonté l’aversion de l’Idéalisme antique à l’égard du devenir. Leibniz concilie l’opposition entre l’exigence de la connaissance mathématique et les déterminations de l’être : le concept de l’être doit être déterminé de telle sorte que les moments de la diversité et du changement y soient intégrés comme conditions constitutives nécessaires : « À l’époque moderne, le concept de substance prend maintenant la place de l’antique οὐσια. Il forme particulièrement pour Leibniz la question centrale du système, à laquelle sont rapportées aussi bien la fondation logique que la forme spéciale de sa dynamique et de sa métaphysique […] La valeur de ces principes se reconnaît à ce qu’ils préparent les déterminations logiques premières les plus universelles du concept de l’Être »19.

C’est pourquoi l’ensemble des moments constitutifs du concept de substance, à cause même de son rôle central, ne pourra être atteint que comme un résultat, et non une présupposition, du système.

14 Leibniz’ System, pp. 264sq. Cassirer note (ibid., p. 266) que sur ce point, Dillmann fait exception en affirmant, à juste titre : « Mais que l’espace soit un ordre des monades, Leibniz n’en a jamais laissé entendre quoi que ce soit ; si étonné qu’on puisse être devant cette affirmation, il n’y a pourtant aucun passage de cette sorte dans les sources » (Dillmann, p. 281). On ne peut, aujourd’hui encore, que donner entièrement raison à Dillmann. 15 Leibniz’ System, pp. 310sq. 16 Ibid., p. 315. 17 Ibid., p. 314. 18 Ibid., p. 422. 19 Ibid., p. 186.

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Cassirer observe que chez Descartes « bien qu’elle intervint originellement comme idée d’un corrélat à la notion de pensée, la substance se solidifiait finalement en chose qui se maintient dans une existence séparée »20. D’où le dualisme des substances qui rendait inintelligible leur corrélation pourtant requise par le fait même de la connaissance ; d’où aussi le caractère externe, dérivé, du changement et du temps. Avec Leibniz au contraire, « la constance qui est présupposée dans le concept de l’Être, ne signifie plus l’immutabilité d’une chose, mais la constance méthodique de la règle d’après laquelle le contenu se change » (p. 189. Cf. p. 343 : « La constance de l’Être est remplacée par la constance de la loi »21). C’est la constance de la loi qui permet de concilier l’invariance de l’être et la variation temporelle de ses états coordonnés. Cette idée constitue pour Cassirer l’apport le plus déterminant de la dynamique à la formation du concept de réalité et, par là, à celui de substance. Le concept de force dérivative est en effet l’instrument de la détermination de la substance dans le temps et de l’accès à la réalité. Cassirer cite la célèbre définition donnée par Leibniz dans la correspondance avec de Volder : « Vis autem derivativa est status praesens dum tendit ad sequentem seu sequentem praeinvolvit, ut omne praesens gravidum est futuro »22. Leibniz précise ensuite qu’en cela la force dérivative est analogue à ce que sont en nous la perception et l’appétition. Ce dont Cassirer donne, à sa manière, une traduction dont la violence interprétative doit être admise par anticipation de l’identification métaphysique de l’être fondamental à la conscience : « La réalité prend naissance de l’acte de la conscience »23. Définie comme loi de la série temporelle, la force n’est donc pas une chose, un agent ou un pouvoir caché qui s’extériorise dans les phénomènes, elle est la forme logique qui apporte la solution au problème de l’ordre immanent des phénomènes, d’où tout fantôme de chose en soi ou d’un substrat inconnaissable est entièrement dissipé. En jouant ce rôle de détermination du moment présent par l’anticipation du futur, le concept leibnizien de force dérivative soutient une remarque de Cassirer qui ne sera pas sans écho dans les problématiques ultérieures de l’histoire de la métaphysique : « Nous ne pouvons donc déterminer l’être du présent que dans la façon dont simultanément nous réalisons implicitement en lui le futur. Dans l’histoire de la philosophie, cette conception signifie la dissolution d’un lien que même la rationalisme avait jusqu’alors tacitement accepté entre les concepts de réalité et de présent. […] Le présent même ne vaut désormais pour réel que pour autant qu’il expose et avalise en lui la loi du progrès dans le temps »24.

20 Ibid. 21 C’est là bien sûr la formulation initiale de la thèse qui sera développée et justifiée, du point de vue de la critique de la connaissance, dans Substanzbegriff und Funktionsbegriff. Untersuchungen über die Grundfragen der Erkenntniskritik, Berlin 1910. 22 GP II, 262. 23 Ibid., 293. 24 Ibid., 293–294. Sur ce point, Cassirer renvoie de nouveau, pour l’approuver, à Dillmann, p. 185.

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Mais en tout cela, Cassirer le souligne, « la substance au sens [métaphysique] de force primitive reste hors de considération dans l’explication scientifique des phénomènes »25. La clôture de la connaissance immanente des phénomènes est ainsi préservée, puisque la loi de conservation de la force s’applique aux seules « forces dérivatives », que Leibniz renvoie toujours aux phénomènes26. Toutefois, le concept même de phénomène y trouve une extension : il ne désigne pas seulement l’objet déterminé dans son extension selon l’ordre idéal de l’espace et du temps, mais aussi l’objet saisi dans le moment indivisible qu’exprime l’unité de la force27. C’est en ce sens enfin que l ‘on dit : « La loi [de conservation] dans la précision sous laquelle Leibniz la conçoit, ne se laisse jamais déduire de façon suffisante de la Monadologie, mais elle forme […] inversement une des présuppositions sur la base desquelles le concept de Monade a d’abord été découvert »28.

3. LA MÉTAPHYSIQUE MONADOLOGIQUE Le livre comporte un changement d’orientation lorsqu’on aborde la IIIème partie, consacrée à la métaphysique. C’est à partir de là seulement qu’on trouve la place occupée par la Monadologie au sens doctrinal dans cette structure d’interprétation. Le relevé des citations et des renvois explicites au texte de la Monadologie proprement dite fait apparaître douze occurrences, qui ne surviennent qu’avec cette IIIème Partie (la première en p. 394). De façon significative, la moitié (six) se trouvent concentrées dans le chapitre central à bien des égards qui porte sur le problème de l’individu en biologie et l’organisme. Cinq autres interviennent dans le chapitre suivant sur l’individu dans le système des Geistwissenschaften. Ce fait apparemment extérieur donne une indication significative : dans la subordination apparente du plan du livre à une division des sciences d’allure quasi-positiviste, la marque propre du néokantien marburgien strict qu’est encore en ce sens Cassirer est la suivante : au travers du parcours des principes des sciences qui vient d’être accompli doit surgir le fondement de leur unité dans une conscience pour laquelle ils constituent les instruments méthodiques de la constitution intégrale de l’expérience. Mais l’originalité du Leibniz selon Cassirer, notamment par rapport au point de départ cartésien de l’idéalisme moderne, est d’élargir le problème de la conscience aux modes de la concrétisation de cette conscience dans la détermination de l’individualité vivante (ce qui suscite parfois

25 Leibniz’ System, p. 337. 26 Cassirer cite (Leibniz’ System, p. 299) : « Vires derivativas ad phaenomena relego » (GP II, 275) ; « Qualia autem corpora pono, tales et vires corporeas, nempe ἐν τοίς φαινονένοις » (ibid., 276) ; « Vires quae ex massa et velocitate oriuntur, derivativae sunt et ad aggregata seu phaenomena pertinent » (ibid., 251). 27 Leibniz’ System, p. 299. 28 Ibid., p. 315.

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l’impression, dans les dernières pages du livre, et plus encore dans les Hauptschriften, d’une sorte de biologisme transcendantal), puis dans celle du sujet des sciences sociales et historiques. 3.1 Le « fait de conscience » et la monade comme unité synthétique de l’aperception Le passage à la métaphysique, et donc à la prise en compte de la Monadologie comme telle, intervient lorsqu’on prolonge du côté de la conscience elle-même le constat résultant des deux premières parties du livre : « La légalité continue des opérations de la pensée forme la condition à partir de laquelle uniquement devient intelligible la figure de l’être accompli »29. Ainsi le concept de force peut-il donner accès à la réalité, « en ce qu’il est détaché de l’existence particulière présente de manière sensible, et qu’il est fondé sur la fonction qui rassemble le divers des changements d’état d’un corps dans une unité conceptuelle »30. Identifier cette fonction, qui est de fait à l’œuvre dans tous les concepts fondamentaux des sciences, c’est alors poser le problème de la conscience en tant qu’elle se définit comme « expression de la multitude dans l’unité » ou « représentation de la multitude dans le simple ». Cassirer cite le § 14 de la Monadologie, où la perception est définie en ces mêmes termes31. Il transpose d’emblée la définition leibnizienne de la perception en caractérisation générale de la conscience : il ne faudra que quelques pages pour qu’émerge à son tour le terme d’aperception. Le moment constitutif de la conscience, dans sa signification logique, est donc la relativité (Bezogenheit) d’un contenu multiple à une unité qui l’exprime et le représente. L’être se résout dans la relation. C’est la relation qui est originaire : ce que nous appelons « Sujet » et « Objet » n’ont de signification que sous leur dérivation à partir de cette relation fondamentale32. Il n’y a pas plus de primauté du Je sur l’objet que l’inverse. Pour le fait de conscience (die Thatsache des Bewusstseins33), le rapport à un divers, à un multiple est aussi essentiel que l’unité dans un sujet pensant. On reconnaît ici la constante rectification apportée par Leibniz au Cogito cartésien : la proposition Ego cogito n’est que la moitié de la vérité primitive de fait : elle est solidaire et inséparable de son corrélat dans le Varia a me cogitantur ; l’un ne va pas sans l’autre34. Cassirer commente : « Le problème est seulement 29 Ibid., p. 355. 30 Ibid. On ne peut pas ne pas rappeler ici, même si Cassirer n’y renvoie pas expressément, la définition donnée par Kant de la fonction : « J’entends par fonction l’unité de l’action d’ordonner diverses représentations sous une représentation commune » ; Kritik der reinen Vernunft, A (1781) 68/B (1787) 93. 31 Il cite aussi le § 2 des Principes de la nature et de la grâce, ainsi que les définitions semblables données en GP III, 69 (à Bayle), 574–5 (à Bourguet), et GP VII, 529 (à R. C. Wagner). 32 Leibniz’ System, p. 356. 33 Ibid. 34 Thèse formulée dès 1675, dans la première lettre à Foucher (A II, 1, 388–390). Cf. A VI, 4, 124, 563, 1395, etc.

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résoluble dans une dualité du mode de considération, pour autant que l ‘unité de la conscience de soi ne se laisse constituer simultanément qu’avec l’unité de l’objet »35. La singularité de la voie ainsi ouverte par Cassirer peut être éclairée par un comparaison avec l’interprétation proposée, simultanément, par Louis Couturat. Celui-ci considérait aussi que la Monadologie, en prenant la notion de monade pour point de départ, « renverse en quelque sorte la construction logique du système, et fait reposer la pyramide sur sa pointe », en suivant « un ordre inverse de l’ordre à la fois à la fois logique et génétique »36. Mais c’était pour y identifier dans le Discours de métaphysique et dans la Correspondance avec Arnauld les vrais motifs du système, dont les fondements logiques résideraient dans le principe de raison énoncé par le praedicatum inest subecto. Mais celui-ci signifiant que toute vérité est explicitement ou virtuellement identique et que donc toute proposition vraie est analytique, il en résulte que « la métaphysique de Leibniz repose sur les principes de sa Logique, et en procède tout entière »37. En ce sens, les principes de la logique se ramènent essentiellement à tous les axiomes de ce que Leibniz nomme, dans les Nouveaux essais sur l’entendement humain, « l’identicisme » commun à toutes les vérités primitives de raison, connues « d’une immédiation d’idées »38. Couturat interprète aussi la notion de monade comme un aboutissement, un résultat, mais en cherchant l’origine de sa genèse dans le « fait de conscience », rapporté à ses deux pôles de l’identité de l’ego et de la variété des contenus, il part bien plutôt des vérités primitives de fait, ou « expériences immédiates internes d’une immédiation de sentiment »39. En ce sens, il s’agit bien de partir des phénomènes, ou, plus originellement, du fait qu’il y a en général du phénomène, pour identifier dans les moments de cette genèse les réquisits du concept de monade. La question de la conscience trouve sa première détermination précise dans les développements de la Correspondance avec Arnauld sur l’identité dans le temps de la substance individuelle : il faut qu’au delà du seul témoignage de l’expérience interne, il y ait une raison a priori qui permette que la notion de Moi lie ou comprenne les différents états successifs d’un même sujet (« moy qui ay esté Paris suis maintenant en Allemagne »40). « Lier » ou « comprendre » doivent être reçues selon Cassirer comme les formulations dans toutes les philosophies prékantiennes du problème de la synthèse41. Leibniz pour caractériser l’acte d’unification des contenus dans le Moi fait appel à l’analogie avec la fonction logique du jugement. Tel

35 Leibniz’ System, p. 357. 36 « Sur la Métaphysique de Leibniz », dans : Revue de Métaphysique et de Morale X, (1902), p. 9. 37 Louis Couturat : La Logique de Leibniz, Paris 1901, p. X. Cf. M. Fichant : « Louis Couturat, éditeur et interprète de Leibniz », dans : Louis Couturat (1868–1914). Logique, Mathématiques, Langage, sous la direction de M. Fichant et S. Roux, Paris 2015. 38 Nouveaux Essais IV, chap. 2, § 1 ; A VI, 6, 361. 39 Ibid. 40 A II, 2, 49. 41 Leibniz’ System, p. 358.

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est le sens, et pour Cassirer, le seul sens en lequel Leibniz fait appel, comme formule de la liaison, au praedicatum inest subjecto. A l’encontre de Couturat, il ne s’agit pas ici d’une opération analytique au sens kantien, mais bien de ce que Kant reconnaîtra comme le sens du principe de raison comme principe des jugements synthétiques42. C’est pourquoi la formulation doit être complétée par celle, ultérieure, qui pose que la substance « contient dans sa nature legem continuationis seriei suarum operationum, et tout ce qui luy est arrivé et arrivera »43, que Cassirer traduit de façon forcée : « Le Moi est la “loi persistante dans la production continue de la série de ses phénomènes” »44. L’interprétation par la dynamique permet de dépasser le risque d’une réduction à la logique formelle : les concepts de force et de conscience ne peuvent être légitimement associés que sous la détermination de la loi, comme expression de la synthèse du multiple sous l’unité d’une fonction. Autrement, l’analogie retomberait dans l’anthropomorphisme sensible, « contre lequel Leibniz à orienté son pur concept-de-pensée (Denkbegriff) de substance »45. Du côté des contenus de conscience, la question qui se pose semblablement est celle de la possibilité de produire dans les états variables du Moi une unité à laquelle nous pouvons reconnaître la valeur de l’objet. Il s’agit d’une corrélation nécessaire, dont les concepts fondamentaux des sciences mathématiques et physiques ont identifié les moyens : « Les principes rationnels de la connaissance sont l’instrument dont la conscience se sert pour mettre en forme des phénomènes réels à partir du contenu dispersé de la représentation. La conscience dont part Leibniz est la conscience de la connaissance »46.

On ne peut identifier l’objectivité de l’objet qu’en reconnaissant son appartenance immanente à la conscience : « Par cette mise en condition, l’objet reçoit sa caractéristique logique générale comme phénomène »47. Ainsi le concept de la liaison fournit aussi le critère de l’objet (ou de ce qui est réel) dans le phénomène. La réalité des phénomènes se reconnaît à leur connexion, elle-même pensée « suivant les lois idéales de l’Arithmétique, de la Géométrie et de la Dynamique ». Tel est finalement le vrai sens fonctionnel du concept de substance : « La substance même, donc le modèle du pur être pensable, ne demeure ici, reconnue comme expression de la réalité, que dans la mesure où elle contient et restitue dans une unité des relations valides entre les phénomènes. Tout problème qui déborde des conditions hypothétiques nécessaires et suffisantes du phénomène, est rejeté comme une question portant sur un endehors du monde »48.

Il y a ainsi corrélation inséparable entre l’objet de l’expérience et la conscience, et elle peut s’exprimer aussi bien dans un sens que dans l’autre : l’unité de la

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Kritik der reinen Vernunft, A (1781) 154sq./B (1787) 193sq. A II, 2, 312. Leibniz’ System, p. 359. Ibid., p. 360. Ibid., p. 368. Ibid. Ibid., pp. 363–364.

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conscience ne se réalise que dans l’unification des perceptions. Cassirer cite49 à ce propos un passage d’une lettre à des Bosses : « Unitatem percipientis facit perceptionum nexus, secundum quem sequentes ex praecentibus derivantur »50. Toutefois, si le principe de la conscience est en quelque sorte intégré au développement progressif des sciences, dont la réflexion métaphysique le dégage et l’extrait, Leibniz ne parvient pas, selon Cassirer, à l’isoler dans sa pureté de principe originaire. C’est parce qu’il ne parviendrait pas à identifier complétement l’aperception comme telle, alors même qu’il en expose tous les moments constitutifs, et qu’il en forme le mot, dont Kant reprendra à son compte l’utilisation. Cassirer cite alors le passage bien connu de la Kritik der reinen Vernunft51, où Kant pose au fondement de toute objectivité le principe de l’unité originaire de l’aperception ou unité de la conscience. Il le commente ainsi : « Les concepts particuliers qui sont au fondement de ces propositions, sont déjà dès les premiers commencements partout opérants dans la philosophie de Leibniz : pourtant c’est dans l’idée fondamentald de la Déduction transcendantale qu’ils ont été pour la première fois approfondis et intégrés à leur unité systématique par l’exacte détermination de leur dépendance réciproque. Dans l’analyse par Leibniz du concept de conscience a pris naissance le matériau du problème dont la maîtrise formelle et son principe unitaire de solution n’est atteint que dans l’idéalisme critique »52.

Il n’empêche : c’est le « droit de la reconstruction » de reconstituer l’unité du système de Leibniz du point de vue même que son accomplissement historique a manqué, c’est-à-dire au point de vue kantien du transcendantal. En cela le mot d’ordre du retour à Kant (Zurück zu Kant) conduit aussi un retour de Leibniz, c’està-dire au rappel de la philosophie leibnizienne au lieu idéal qui est le sien dans une histoire philosophique de la philosophie, dont les interprétations courantes depuis Wolff l’avaient malencontreusement écartée. Il est permis alors de dire que « la Philosophie de Leibniz a en fait parcouru tout le chemin qui mène de la substance pensante de Descartes jusqu’au “Je pense” de l’aperception transcendantale »53. Pour l’idéalisme leibnizien « tout être s’épuise […] en unité de conscience et contenu de conscience »54. D’un côté, celui de l’unité, il n’y a pas d’autre fondement légitime de la connaissance et de l’être que le Moi et sa fonction d’unification ; de l’autre, celui des contenus divers et multiples, comme déjà nous l’a enseigné la formation de la dynamique « le phénomène est le point de départ donné et le matériau que nous présupposons pour le conformer en ordre légal dans la reconduction de principes de pensée »55. Le dualisme cartésien des substances réifiées rendait inintelligible la connaissance, car il était inconcevable qu’une substance pensante puisse se rapporter à une substance étendue entièrement étrangère. Avec 49 50 51 52 53 54 55

Ibid., p. 368. GP II, 372. Kritik der reinen Vernunft, A 107–108. Leibniz’ System, pp. 370–371. Ibid., p. 373. Ibid., p. 371. Ibid., p. 341.

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Leibniz la difficulté est surmontée par le retour à un donné originaire qui fonde la double relation à l’un et au multiple qu’enveloppe d’emblée la définition de la perception comme mode d’être de la monade : « Le phénomène est le donné que nous plaçons au fondement : il contient déjà la double relation à une multiplicité et à une unité fondamentale. Qu’il y ait en général des phénomènes, qu’il y ait ainsi une nature et un être, à cela aucun fondement ne se laisse en tout cas assigner : mais cette question est aussi en elle-même dénuée de signification. La tâche de la philosophie et de la science se borne à ramener les phénomènes à des hypothèses qui sont nécessaires et suffisantes pour les exposer de façon conceptuelle et univoque et les rendre parfaitement intelligibles. La monade elle-même n’est rien d’autre qu’une telle hypothèse fondamentale »56.

Exprimé dans cette hypothèse de la monade, le concept général de substance devient l’expression de l’unité de la conscience. Citant à son tour la correspondance avec de Volder comme lieu privilégié de l’interprétation57, Cassirer retrouve les termes de la leçon de Natorp : « Nous devons découvrir le fondement véritable et définitif dans le Moi et sa fonction d’unité. Ce n’est que dans cette version pure que le concept de substance est écarté des objections sensualistes, qui reposent toujours sur le πρωτον ψευδος qu’elles ne peuvent concevoir la substance que comme un support séparé réifié et comme un substrat sensible »58.

La relation de la monade au phénomène se ramène donc au rapport entre la fonction d’unité de la conscience et la multiplicité de ses contenus. L’unité de la monade est une unité véritable parce qu’elle n’est pas celle d’un élément du composé, mais d’un acte d’unification de la représentation. A ce niveau est déjà éliminée la source du contresens, sur lequel on reviendra, qui consiste à traiter les monades comme des composants qui pourraient s’additionner pour devenir des contenus composés connaissables : « Car l’unité signifie, pour autant qu’elle est pensée selon l’analogon de la conscience, l’acte d’unification: l’unité de l’opération, et non celle de l’élément. L’idée d’une sommation et d’une réunion des monades comme de choses devait donc ici culminer dans l’absurdité que l’on puisse accorder aux unités de conscience ainsi dites la capacité de s’additionner en contenus de conscience »59.

Cassirer dégage de la sorte le véritable sens métaphysique de la monade comme sujet, à l’encontre de tous les contresens entretenus par presque toute l’histoire des réceptions de la monadologie : « La monade doit être simplement comprise comme l’activité de réunir, et non comme un contenu qui peut être additionné ; elle est le sujet de la représentation de la multiplicité, non le substrat qui est à la base de la multiplicité comme une chose »60.

56 57 58 59 60

Ibid., p. 372. GP II, 269, 275, 278sq. Leibniz’ System, p. 373. Ibid., p. 377. Ibid., p. 379. En un sens, cette interprétation ne fait qu’étendre et radicaliser une remarque déjà faite par Kant (et que Cassirer mentionne en Leibniz’ System, p. 348) : « La signification propre du mot Monas (selon l’usage de Leibniz) ne devait bien s’appliquer qu’au simple, qui est donné

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Mais à ce point de l’interprétation, toutes les spécifications de la Monadologie ne sont pas encore rassemblées : la réflexion qui, à partir de la donnée phénoménale structurée par les sciences mathématiques et physiques, est retournée jusqu’à la conscience ne donne encore qu’un concept abstrait de la monade comme unité. Sa réalisation appelle encore le moment de sa reconnaissance comme individu. En commentant la composition de son livre, Cassirer remarque : « Pour l’intelligence réelle de la doctrine leibnizienne, il était requis de poursuivre d’abord le concept du “simple” dans ses applications aux domaines scientifiques particuliers. En résultait ainsi la progression nécessaire de la mathématique à la dynamique, de la dynamique à la fondation de la doctrine de la conscience, en laquelle derechef un concept général du Moi devait être séparé de son accomplissement dans le principe de l’individu »61.

3.2 La monade comme individu Il faut donc maintenant, pour compléter l’interprétation de la monade, surmonter cette séparation. Le nouveau principe de l’individu doit permettre de passer de l’unicité de la monade comme présupposition de la connaissance à la pluralité des individualités qui constituent en général l’extension de l’univers monadologique, puis à l’individualité vivante du corps organique, enfin à l’individualité du sujet de l’éthique, du droit, de l’histoire, de la religion et de l’esthétique. Jusqu’à présent en effet, l’unité de la conscience n’a pu être caractérisée que sur la base des acquis des chapitres antérieurs du livre dans lesquels la substance a été déterminée d’abord comme force et instrument de mathématisation de la physique. Les lois de la nature nous ont ainsi conduit de la Réalité à la Causalité et à la Substantialité, celle-ci désormais identifiée à l’hypothèse de la monade comme Moi ou conscience unificatrice : reste à rejoindre le moment catégorial dernier de la réalité effective, de la Wirklichkeit. Or, celle-ci réside pour Leibniz comme pour Aristote dans la réalité des individus. Le relativement bref chapitre huit, à la composition moins rigoureuse que les autres, soulève au moins deux problèmes : celui d’abord de concevoir la substance individuelle pour autant que par son individualité concrète, elle échappe à la détermination par la science62, – ensuite celui de la pluralité des individus dans le système existant des monades. S’agissant de premier point, la question posée se ramène à celle de l’intelligibilité des vérités contingentes. La cohérence de la pensée leibnizienne exclut que l’individuel soit assigné simplement à la connaissance sensible ou à la donnée historique. Par conséquent, il faut ajouter de nouvelles déterminations à la conscience, et élargir le Moi au-delà de l’expression de l’unité des lois abstraites, jusqu’à lui immédiatement comme substance simple (par exemple dans la conscience de soi), et non comme élément du composé, qu’on pourrait mieux nommer l’atome » (Kritik der reinen Vernunft, A 442/B 468–469). 61 Leibniz’ System, pp. 530–531 62 Ibid., p. 386.

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reconnaître le statut de producteur (Schöpfer) de ses états et événements singuliers. Le concept de monade doit ainsi être reformulé en celui de substance individuelle. Et de celle-ci il faudra encore dire : « La substance individuelle ne signifie pas la position d’une existence singulière subsistante, mais elle soutient l’exigence d’une constante légalité rigoureuse qui, au-delà des limites de la science mathématique de la nature, intègre aussi à son domaine de validité l’individuel et ce qui est apparemment arbitraire. C’est seulement la singularisation de la loi qui créée les contenus singuliers de l’être »63.

Sans doute cette légalité n’est-elle effective que pour un entendement infini, qui seul peut voir la détermination complète d’un individu : de sorte que la substance individuelle, étant l’objet de l’entendement divin, est identifiée par Cassirer à la Chose en soi kantienne64 ! Mais l’essentiel est que la solution demeure compatible avec le principe de l’idéalisme : en Dieu, c’est encore la conscience qui pose l’objet et le conditionne ; mais c’est un idéalisme métaphysique en ce que du même coup se trouve abolie la différence critique entre maxime régulatrice et principe déterminant, entre Idée et concept65. Quant au second point, sa solution part du principe que tout être effectivement réel étant un individu ou une substance individuelle, il doit aussi être désigné comme une monade enrichie de ses déterminations singulières, intégrées au « principe de la conscience ». Le concept du Soi, qui ne désignait d’abord qu’un fait singulier s’élève à une signification universelle et cosmique66. Tout ce qui est véritablement est donc analogue au Moi, tel qu’il est posé absolument dans sa fonction de loi individuelle, mais aussi tel qu’il se révèle dans l’expérience interne. Toute explication du monde doit y reconduire. Il s’agit, selon un terme emprunté à Goethe, mais auquel Cassirer donne un autre sens, d’un « Urphänomen »67, que le monisme spinoziste était hors d’état de comprendre : « Quand l’être véritable n’est reconnu qu’au fond originaire universel unique, sa pluralisation et sa réflexion dans une multiplicité de sujets représentants et voulants devient incapable de déduction et inintelligible. En vérité, il faut inverser la façon de voir : nous ne connaissons l’être et n’en faisons l’expérience sous aucune autre forme que dans celle de la vie individuelle. Nous possédons ici le modèle valide selon lequel nous pouvons désormais entreprendre de tracer le plan d’ensemble de l’univers et de sa constitution. […] L’individualité, qui est l’unique

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Ibid., p. 389. Ibid., p. 392. Ibid., p. 394. Ibid., p. 396. On sait assez que les écrits de Goethe ont été pour Cassirer une source d’inspiration constante. Il recourt souvent, en lui donnant du reste des significations diverses, à l’idée de l’Urphänomen, que Goethe utilisait d’abord dans ses travaux de sciences naturelles. Son emploi joue un rôle significatif dans l’élargissement de la problématique des trois volumes de la Philosophie der symbolischen Formen vers une philosophie de l’esprit et de la vie. Les études préparatoires à un quatrième volume, publiées dans E. Cassirer : Nachgelassene Manuskipte und Texte, vol. 1 : Zur Metaphysik der symbolischen Formen, Hamburg 1995, prennent pour centre la réflexion sur ce qui est nommé indifféremment Urphänomen ou Basisphänomen. Cf. Ch. Möckel : Das Urphänomen des Lebens. Ernst Cassirers Lebensbegriff, Hamburg 2005.

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mode sous lequel la réalité se manifeste immédiatement à nous est aussi le seul type intelligible de concept selon lequel nous avons à figurer la réalité métaphysique »68.

La réalité intégrale se présente ainsi comme un ensemble de sujets singuliers, qui développent d’eux-mêmes suivant des lois particulières des séries de contenus de conscience ou de perceptions : « Par là nous avons atteint le système des monades dans son expression bien connue »69. Cassirer trouve sous ce biais la réponse à une critique usuelle portée à l’encontre de cette expression usuelle du système des monades. Elle a été notamment formulée par Lotze : si la réalité se compose exclusivement de monades représentantes, métaphoriquement assimilées à des « miroirs de l’univers »70, et si donc les monades n’ont d’autre fonction que de refléter plus ou moins distinctement ou confusément en elles-mêmes de qui se passe aussi dans les autres, alors la réalité se dissout dans un jeu de miroirs où il n’y a plus rien qui se reflète. « Ce que chaque monade trouve à refléter, écrit Lotze, ce n’est que la manière dont elle-même se reflète dans les autres et celles-ci les unes dans les autres ; il manque enfin un état de fait indépendant et un contenu du monde, qui seraient reçus dans ce reflet »71. Cassirer observe que cette critique repose sur la supposition erronée le contenu que chaque sujet aurait à représenter plus ou moins confusément serait un ensemble intelligible de substances absolues. En réalité, ce que chaque monade ou conscience représente, c’est le contenu unifié de ses représentations, c’est-à-dire rien d’autre que les phénomènes qui lui apparaissent selon l’ordre des concepts fondamentaux de la connaissance (espace, temps, force, matière). La monade ne perçoit pas d’autres sujets de perceptions, qui par essence ne peuvent jamais devenir des objets perçus ni perceptibles Pour justifier que les monades ne sont pas des objets qui viendraient à la représentation plus ou moins confuse ou distincte les unes des autres, mais bien le sujet même de la représentation, Cassirer cite le texte (dans une lettre à de Volder) suivant : « Quaeris demum cur in me aut in alia substantia vera producantur hae apparentiae. Dico : ex praecedentibus apparentiis produci sequentem secundum leges aeternae veritatis metaphysicas et mathematicas. Sed cur omnino aliquae sint tales apparentiae, eadem est ratio quae existentiae universi. Facile enim vides substantias simplices nihil aliud esse posse quam fontes et principia (simul et subjecta) tot idem perceptionis serierum sese ordine evolventium, eandem phaenomenorum universitatem maxima ordinatissimaque varietate exprimentium […] »72.

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Leibniz’ System, pp. 396–397. Ibid., p. 398. Ibid., p. 467. H. Lotze : Geschichte der Aesthetik in Deutschland, München 1868, pp. 13sq. La citation, donnée sans référence dans Leibniz’ System, est reprise dans l’exposé parallèle des Haupschriften zur Grundlegung der Philosophie, übers. von A. Buchenau, durchges. und mit Einl. und Erl. hrsg. von E. Cassirer, Leipzig 1906, t. 2, pp. 96–98. 72 GP II, 278. En voici la traduction allemande par Buchenau : « Sie fragen schließlich, warum in mir oder in einer andren wahren Substanz all diese Erscheinungen hervorgerufen werden ? Ich erwidere, daß die folgenden Erscheinungen durch die vorhergehenden gemäß metaphysischen und mathematischen Gesetzen von ewiger Wahrheit erzeugt werden ; warum es aber überhaupt

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Le commentaire qu’en donne Cassirer vaut d’être reproduit : « Mais qu’en général des phénomènes soient présents, à cela nous n’avons à rechercher aucune cause dans une chose plus éloignée, mais nous devons reconnaître cela comme le fait fondamental (Grundfaktum) ; toute recherche philosophique doit être dirigée vers l’explication immanente de ce fait et sa reconduction à des principes originaires. Les monades ne sont pas des objets que nous pourrions jamais porter à l’intuition –dans une saisie distincte ou confuse »73.

Le Grundfaktum ici évoqué n’est rien d’autre qu’une autre manière d’exprimer la corrélation indissociable des deux vérités primitives de fait : l’unité de l’Ego cogito est bien le modèle de l’unité de la monade, et donc de tout être véritable, et la multiplicité enveloppée dans Varia a me cogitantur est son corrélat perceptif. Dans un texte des Hauptschriften qui renforce encore cette lecture, Cassirer reprend, pour désigner le même fait primitif, le terme goethéen d’Urphänomen, que nous avons déjà rencontré : « L’univers que les monades représentent est la totalité et l’ensemble des phénomènes spatiotemporels : mais précisément ces phénomènes même, dans leur ordre et leur liaison légale constante présentent à la pensée un contenu et un soutien primitif tel qu’on ne peut demander qu’il soit plus solide et plus assuré […] Aussi véritablement qu’il doit y avoir conscience, aussi véritablement il faut qu’une multiplicité de contenus soit rassemblée en unité dans un sujet qui la représente et pour ainsi dire “concentrée” en lui. Concevons qu’un de ces deux moments soit supprimé […], alors serait aboli le phénomène originaire (Urphänomen) que toute élucidation philosophique doit présupposer. C’est simplement une illusion sur soi-même quand quelque métaphysique croit pouvoir encore retourner derrière ce phénomène. A la question pourquoi y a-t-il en général une pluralité et un changements des contenus de représentation, la philosophie de Leibniz n’a en tout cas plus aucune réponse. Elle se fonde sur ce fait pour l’expliciter conceptuellement et le mettre sous sa forme pensable la plus simple : mais elle ne cherche aucun principe plus élevé d’où elle pourrait le dériver »74.

3.3 La monade comme individualité vivante et l’organisme Un nouvel élément peut alors intervenir : « En se remplissant du contenu de la conscience de soi individuelle, le concept de la monade s’est élargi en concept de la vie »75. Cassirer cite l’article 1 des Principes de la Nature et de la Grâce : « … et par conséquent toute la Nature est pleine de vie »76. Le chapitre neuf, portant sur le problème de l’individu en biologie et sur l’organisme, est sans doute le plus original et le plus novateur du livre. Personne avant

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derartige Erscheinungen gibt, dafür besteht kein andrer Grund, als für die Existenz des Universums selbst. Denn es ist leicht einzusehen, daß die einfachen Substanzen nichts andres sein können, als die Quellen oder die Prinzipien – zugleich aber die Subjekte – ebenso vieler verschiedener Vorstellungsreihen, die sich der Ordnung gemäß entwickeln und die dieselbe Gesamtheit der Phänomene in der größten und geordnetsten Mannigfaltigkeit ausdrücken » ; Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 354. Leibniz’ System, p. 468. Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 97. Leibniz’ System, p. 401. GP VI, 598.

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Cassirer, et personne longtemps après lui et jusqu’à une date encore récente, n’a montré avec tant de prégnance l’intérêt des conceptions de Leibniz sur le vivant et l’importance déterminante de son concept d’organisme dans l’édification du système « nach seinen wissenschaftlichen Grundlagen »77. A l’égard de ce qui est aujourd’hui l’un des domaines les plus féconds des études leibniziennes, Cassirer a été un précurseur et est resté longtemps sans postérité. C’est qu’il a reconnu que, si les conceptions leibniziennes, notamment par l’importance en elles de la théorie de la préformation des organismes, ont été dépassées par les progrès de la connaissance empirique, il n’en reste pas moins vrai qu’elles étaient « un point de départ nécessaire si le concept de vie, qui avait été écarté par Descartes de l’étude de la nature, devait être de nouveau porté à la reconnaissance philosophique. C’est d’abord dans le système de Leibniz que le concept d’organisme est parvenu à sa forme moderne, sous laquelle – par l’intermédiaire du 18e siècle – il est scientifiquement fécond jusqu’à aujourd’hui »78.

L’Introduction aux écrits monadologiques dans les Hauptschriften précise ainsi que « si, dans les textes logiques et mathématiques […] le fondement conceptuel abstrait du système avait été retracé, c’est seulement dans le passage aux problèmes de la biologie que la métaphysique leibnizienne se présente à nous sous sa figure concrète et avec la caractéristique de ses principes particuliers »79. Sous ce nouveau point de vue, l’individualité peut être atteinte en quelque façon par la science. La substance individuelle est en effet principe d’individuation de la chose corporelle en tant qu’elle est donné phénoménalement comme organisme : dans l’organisme la monade se concrétise comme vie. Il ne s’agit plus du concept de corps pensé sous les abstractions spatio-temporelles de la mécanique mathématique, mais du « corps comme réalité concrète, comme porteur et sujet des phénomènes de la vie »80. Avec beaucoup de justesse, Cassirer souligne que pour autant, le corps organique ne relève pas d’une autre intelligibilité que celle du mécanisme : « Tout organisme est en vérité un mécanisme d’une configuration insigne »81. Contre Stahl, Cudworth et More, Leibniz soutient que « l’admission d’une “force vitale” particulière est superflue et trompeuse ; elle supprimerait l’unité de l’expérience, qui ici encore est

77 Dans l’Introduction aux textes sur la biologie au début du second tome des Hauptschriften, Cassirer met en vedette cette portée proprement métaphysique de ce qu’il présente comme un passage de l’abstrait au concret : « Alors que dans les textes sur la logique et sur les mathématiques se déterminait et se formait la méthode générale de la philosophie de Leibniz, alors qu’en eux était découvert le fondement conceptuel abstrait du système, dans le passage aux problèmes de la biologie la métaphysique leibnizienne se présente à nous tout d’abord sous sa forme concrète et avec la caractéristique de ses principes particuliers » (Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 3). 78 Leibniz’ System, p. 411. Ce qui conduit Cassirer à rapprocher les conceptions de Leibniz de celles, à son époque, d’un August Weismann (Leibniz’ System, p. 411, note ; même comparaison avec plus de précisions en Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 16). 79 Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 3. 80 Leibniz’ System, p. 402. 81 Ibid., p. 402.

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pensée comme constituée distinctement par l’unité des conditions de connaissance »82. Un organisme est un mécanisme d’une formation remarquable, en ce qu’il se donne à une investigation d’une complexité infinie en tant que « machine de la nature »83. On reconnaît alors le lien entre la force dérivative, où le sujet matériel du mouvement est en interrelation externe avec d’autres mobiles dans des échanges régis par la loi de conservation, – et la force primitive qui intériorise la loi du développement des états successifs dans la durée d’un même individu autonome. L’unité de la monade n’est pas davantage celle d’un principe de vie obscur et transcendant au phénomène du vivant : elle est la relation fonctionnelle qui assure la maintenance du même corps, ou plutôt en ce corps « du fond de la structure »84 invariante dans les transformations matérielles. On touche ici à l’origine métaphysique de la notion de préformation, que Leibniz applique systématiquement aux organismes (et ce, non seulement du point de vue de la naissance que de celui de la mort qui sont, autant l’une que l’autre, des métamorphoses de l’être vivant85). Comme le concept de force a déjà permis de l’établir, la véritable unité ne se trouve jamais du côté de l’étendue et de ce qui apparaît dans l’espace, mais dans la succession : « La monade est l’expression de l’unicité et de la spécificité d’une succession temporelle déterminée d’états. Sa limitation réside en ce qu’elle expose une loi propre et différente de développement. Nous conférons à une partie déterminée de la matière la valeur de l’organisme et de l’individu lorsque nous pensons disposée et préformée en elle une telle loi propre, qui renferme toutes ses déterminations futures »86.

Ce qui apparaît extérieurement comme une suite d’états différents de la force dérivative ou comme des transformations de l’état d’énergie d’un système matériel suivant une loi, « s’exprime du côté de la conscience comme une suite de représentations et d’appétitions, qui est elle-même rassemblée en une unité dans le Moi »87. Cassirer cite un passage remarquable de la correspondance de Leibniz avec Wolff, qu’il résume en ces termes : « Ce qui dans les phénomènes s’accomplit extensivement et mécaniquement, est présent dans les monades de façon concentrée et vitale »88. Le

82 Ibid., p. 403. 83 Ibid., p. 404, avec citation du § 64 de la Monadologie, entre autres. 84 Selon la formule employée par Leibniz (GP VI, 517), citée par Cassirer en Leibniz’ System, p. 415. 85 Cf. Leibniz’ System, pp. 414sq. 86 Ibid., pp. 405–406. 87 Ibid. 88 « Quod per reactionem resistentis et restitutionem compressi (in corpore) exhibetur Mechanice seu extensive, id in ipsa Entelechia (ut jam dixi) concentratur dynamice et monadice, in qua mechanismi fons et mechanicorum repraesentatio est ; nam phaenomena ex monadibus […] resultant. Et dum mechanica ex circumstantiis externis determinantur, eo ipso in fonte ipsa Entelechia primitiva harmonice modificatur per se […] Substantiae autem tot sunt, quot Machinae naturales seu corpora organica ; aggregata autem hinc resultant » (Briefwechsel mit Chr. Wolff, éd. C. I. Gerhardt, Halle 1860, p. 139).

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corps devient ainsi le centre auquel sont référées comme à leur pôle d’unité les perceptions et appétitions89. Dans les Hauptschriften, la même citation de Wolff90 conclut un développement où Cassirer a montré comment la question métaphysique de l’union de l’âme et du corps trouve un nouvel éclairage grâce à la fondation de la biologie : celle-ci exclut toute séparation entre une réalité physique inconsciente et une réalité mentale conscience. Elle atteste au contraire la corrélation constante entre, d’un côté, les changements matériels dans le corps organique, selon le jeu des forces, et de l’autre autant de groupes et de suites de contenus de représentations reliés entre eux dans l’unité de la conscience de soi. Dans ce contexte, c’est ici que surgit le concept de monade « dans sa signification la plus importante et la plus originelle », c’est-à-dire encore « dans l’acte spirituel de synthèse d’un contenu multiple de représentation ». Mais précisément, comme il a déjà été établi, l’âme n’accède à cette multiplicité que par la médiation du corps organique : c’est en représentant les modifications de son corps qui elles-mêmes résultent de tout ce qui se passe dans l’univers des phénomènes matériels qu’elle devient elle-même un « miroir » de cet univers : « La pensée d’une séparation de l’esprit avec le corps est par conséquent contradictoire en ellemême : l’« âme » serait privée de son opération propre et ainsi de son être, si nous voulions la soustraire à son conditionnement par le corps organique »91.

C’est par là que, fondamentalement, la métaphysique de Leibniz, dans la pensée de l’harmonie universelle, s’oppose à « la séparation cartésienne brutale entre nature et esprit, entre l’homme et les autres êtres organiques ». L’ordre de l’univers repose sur la correspondance entre l’organisation croissante du corps et la gradation semblable de la vie : « Il y a autant de “substances”, c’est-à-dire autant d’unités de conscience individuellement différentes qu’il y a d’êtres organiques »92. À ce niveau peut être résolu le problème posé par le concept à première vue insoutenable de « substance corporelle »93 : ce concept n’aurait évidemment aucun sens du seul point de vue mécanique ou dynamique, qui s’en tient à la légalité des phénomènes. La substance corporelle est un concept qui n’a de valeur que par rapport aux moyens conceptuels nouveau de la biologie, et, principalement, à la reconnaissance de l’organisme. Il n’y a de substance corporelle proprement dite que par l’union d’une substance simple, conscience et principe de vie à la fois, avec un corps organique, à la complexité infinie d’une « machine de la nature ». Cassirer cite, entre autres, la formule :

89 90 91 92 93

Leibniz’ System, p. 407. Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 28. Ibid., p. 29. Ibid., p. 22. Leibniz’ System, p. 408.

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Michel Fichant « Substantiam corpoream voco, quae in substantia simplice seu monade (id est anima vel animae analogo) et unito ei corpore organico consistit » (A Bierling, 12 août 1711)94.

La substance corporelle est ainsi l’index de l’enracinement de la conscience individuelle percevante dans un ensemble de phénomènes rapporté à un centre, une perspective, un « point de vue ». Elle n’a d’autre fonction que de concrétiser pour chaque substance individuelle vivante la manière singulière dont elle rapporte la totalité du contenu du phénomène à sa vision propre. « Par là, ce n’est nullement un moment nouveau et «étranger qui est introduit dans la monade […], c’est seulement une détermination qui est trouvée dans le contenu de la conscience ellemême. L’unité-en-pensée (Denk-Einheit) individuelle ne s’unit pas, ce qui serait complétement incompréhensible, avec un Quelque-chose hétérogène, subsistant en soi ; mais elle se rapporte de façon distincte et prégnante à un complexe de contenu déterminé de phénomènes matériels. Les changements dans l’univers des phénomènes sont représentés en elle pour autant qu’ils conditionnent simultanément des modifications de ce complexe […] L’unité de la conscience ne doit pas être pensée elle-même comme une donnée dans l’espace et le temps ; mais en s’appliquant à une matière organique singulière comme à son contenu primaire, elle est rapportée éminemment à une place singulière dans l’ordre des phénomènes, et devient symboliquement représentable en lui »95.

En même temps peut être rectifiée l’erreur ordinaire concernant la formule de Leibniz selon laquelle les corps seraient des agrégats de monades ou de substances. Elle a déjà été rectifiée par la remarque que les monades ne sont pas des éléments qui pourraient être sommés, additionnés en quelque sorte les uns aux autres comme des choses. Un agrégat de substances n’est pas l’impossible juxtaposition d’unités simples, mais un système formé de substances déjà incorporées, c’est-à-dire d’unités monadiques toujours investies dans leurs corps organiques. La formule signifie que les corps formés d’une matière homogène et apparemment inorganisée et sans vie de la mécanique se résolvent concrètement en une pluralité de microorganismes qui sont des substances corporelles, où « l’agrégat devient système »96. Cette manière de fonder la réalité des « substances matérielles » (substantias materiales97) a été complétement méconnue tant qu’« on prenait le monde corporel pour une image (Abbild) des monades comme existences transcendantes » : « La vérité du phénomène ne repose pas sur son rapport à un objet extérieur, mais sur le fait qu’en lui est désignée une phase singulière nécessaire déterminée dans le développement d’un “sujet” réel »98.

Dans les limites de la présente étude, on laissera de côté l’ultime mouvement de la lecture de Cassirer, qui intègre l’individualité vivante de la monade au sujet de

94 GP VII, 501 ; cf. aussi, entre autres : « Je ne compte pour substances corporelles que les machines de la nature qui ont des âmes ou quelque chose d’analogique; autrement il n’y aura point de vraie unité » (A Jaquelot, 22 mars 1703 ; GP III, 457). 95 Leibniz’ System, pp. 408–409. 96 Ibid., p. 410. 97 GP II, 282 98 Leibniz’ System, p. 414.

La Monadologie comme métaphysique de la subjectivité

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l’éthique et de l’histoire, du droit et de la société, du monde de l’art et des perspectives de la Théodicée. On se bornera à indiquer qu’en cela, il s’agira encore de confirmer que la Monadologie est dans son essence une doctrine de la subjectivité ou une égologie : « L’individu doit recevoir une sorte spécifique de réalité, une nouvelle évaluation, dans lesquelles il est différencié de manière caractéristique du simple objet de la nature. Le concept du Moi, qui jusqu’alors était rapporté à l’unité biologique, doit se déterminer au concept éthique de la personnalité ; dans ce principe enfin, nous concevons la réalité que nous attribuons à l’homme comme sujet de l’histoire »99.

4. CONCLUSION Dans une note des Hauptschriften, Cassirer résume et justifie en ces termes le parcours ainsi accompli : « Dans mon ouvrage sur Le système de Leibniz, j’ai tenté de dériver et d’expliquer la Monadologie à partir des présuppositions de la théorie des principes scientifiques. A cet égard, devaient nécessairement d’abord ressortir les traits généraux du concept leibnizien de conscience, dans lesquels il concorde avec le concept kantien de l’ ‹ aperception ›. Mais ses caractères particuliers et spécifiques devaient au contraire seulement être graduellement atteints dans le cours des développements suivants. Le sens complet et concret du concept de monade ne se présente que lorsque l’on combine la discussion du concept de conscience avec exposés ultérieurs sur le problème de l’individu et le problème de l’organisme100. La présentation devait ici admettre une séparation des moments de pensée qui ne sont donnés dans la métaphysique de Leibniz que les uns dans et avec les autres »101.

Ainsi s’achève ce que l’on pourrait, en reprenant un mot de Kant, appeler « la véritable apologie de Leibniz », pourvu qu’on le comprenne « au-delà de la recherche littérale (über dem Wortforschen) »102 selon la vision moderne de l’interprétation de Kant que Cassirer reprenait encore fidèlement à son maître Cohen. Trois cents ans après l’écriture de la Monadologie, nous en mesurons le prix à payer. Cassirer en indique lui-même très clairement le montant : « La forme extérieure de la Monadologie devait être brisée pour porter de nouveau d’autant plus purement et plus librement à leur efficience les motifs de pensée qui concourent à former

99 Ibid., p. 424. 100 Cf. ibid., pp. 412sq. 101 Leibniz : Hauptschriften, t. 2, p. 95 note. Cassirer ajoute que, de façon inverse et complémentaire, l’exposé donné dans les Introductions des Hauptschriften a mis au sommet la forme achevée de la Monadologie pour revenir aux conditions particulières dont elle a procédé. Dans le Leibniz’ System, il s’agissait d’aller des principes généraux à la saisie de la réalité individuelle ; dans les Hauptschriften, inversement, la question est de savoir comment sous la présupposition d’individus séparés infiniment nombreux est possible une connaissance nécessaire et universellement valable 102 A la fin de la Réponse à Eberhard (Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll, 1790) ; Akademie-Ausgabe VIII, 250–251.

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Michel Fichant le système. Cette garantie de sa persistance dans la durée était donnée au système par sa relation à la science. La métaphysique de Leibniz est la première figuration complète de la conscience scientifique des temps modernes : elle est devenue par là la première expression philosophique des idées qui forment aussi encore pour nous les bases de la vision scientifique globale »103.

Nous pouvons dire qu’en cela, le néokantien Cassirer a bien appliqué à Leibniz la règle de méthode en histoire philosophique de la philosophie que Kant formulait à l’égard de Platon : il s’agissait bien pour lui aussi de « comprendre un auteur mieux qu’il ne s’est compris lui-même, en ce qu’il ne déterminait pas suffisamment son concept, et de ce fait parlait ou même pensait parfois à l’encontre de sa propre intention »104.

103 Leibniz’ System, p. 482. 104 Kritik der reinen Vernunft, A (1781) 314/B (1787) 370.

DRANG UND SUBJEKT Martin Heidegger liest die Monadologie Andreas Luckner (Stuttgart) Die leibnizsche Monade sei „eine der kühnsten Ideen, die überhaupt seit Platon in der Philosophie lebendig wurden“1. So schreibt Martin Heidegger im § 19 seiner Vorlesung aus dem Wintersemester 1928/29 mit dem Titel Einleitung in die Philosophie, die erste Vorlesung, welche er als ordentlicher Professor, neu nach Freiburg berufen, hielt. Die Grundstruktur der Monade bei Leibniz ist letztlich auch ein Vorbild für die Grundstruktur des Daseins, wie sie Heidegger in Sein und Zeit analysiert, wobei es sich, nach Heideggers Worten in der Vorlesung, um eine Radikalisierung des monadologischen Ansatzes vor allem in Hinblick auf das Miteinandersein, des commerciums der Monaden handelt2. Die Radikalisierung besteht vor allem darin – soviel kann ich an dieser Stelle nur andeutend sagen – dass die Perspektivität der Monaden so ernst genommen wird, dass eine Analyse von Weltlichkeit eben auch nur intramonadisch durchgeführt werden kann. Mit anderen Worten: In letzter Konsequenz verböte es sich, so wie Leibniz von Monaden im Plural zu sprechen, es gibt keine „Daseine“, gleichwohl aber Dasein, das in sich differenziert ist, mit anderem Dasein ist und so weiter3. Jede Monade ist das Universum selbst in einer Darstellung, ein mundus concentratus und insofern fensterlos; es gibt kein Universum außerhalb dieser jeweiligen Darstellungen. Es gibt daher auch keine Möglichkeit der Monaden, sich untereinander ‚einzufühlenʻ, ja, es kann keine solche Möglichkeit geben, denn das hieße, dass es eine Welt jenseits der Monaden gäbe, weshalb eine Monade eben darum keine Monade wäre. Denn wenn Monaden sozusagen ‚Fenster‘ – so ja der berühmte bildhafte Leibniz’sche Ausdruck – nach außen hätten und damit einen direkten Zugang zueinander, gäbe es physische Verhältnisse zwischen den Monaden und damit eine inter- bzw. transmonadische Welt, die (irgendwie) aus Monaden bestünde, die eben zueinander bestimmte Verhältnisse einnähmen. Dann aber wären die Monaden keine Monaden mehr. Eine Monade stiftet durch ihre Perspektivität die Einheit der Welt, sie ist eine (mehr oder weniger deutliche) Darstellung des Universums und benötigt daher keine weiteren Informationen, um eine Welt als Ganze vorzustellen: „Die Monaden haben keine Fenster, weil sie keine brauchen; sie brauchen keine, weil sie alles in 1 2 3

M. Heidegger: Einleitung in die Philosophie (= Martin Heidegger: Gesamtausgabe, Bd. 27), Frankfurt a. M. 22001, S. 143. Ebd., S. 145. Vgl. hierzu A. Luckner: Martin Heidegger: „Sein und Zeit“. Ein einführender Kommentar (= UTB 1975), Paderborn 2007, S. 30.

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sich haben“4 und zwar in mehr oder weniger deutlicher Perzeption und freilich, insofern diese Monaden endlich sind, unter einer bestimmten Perspektive. Letztlich brauchen sie nicht nur keine Fenster, sie können auch gar keine haben, denn dann wäre ihre interne Einheitsbildung „Welt“ perdu, weil keine Einheit qua Ganzheit mehr. Denselben Satz („Monaden [haben] „keine Fenster“ […] – weil sie keine brauchen“) finden wir schon in Heideggers Marburger Vorlesung Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz vom Sommersemester 1928, dort im § 5, den wir uns im Folgenden ausführlicher anschauen wollen, denn die Marburger Vorlesung ist weitaus expliziter als die entsprechenden Passagen der Freiburger Vorlesung5. Sowohl in der Freiburger als auch in der Marburger Vorlesung aber wird die vis activa der Monade, der Grund ihrer inneren Aktivität, explizit als ‚Drang‘ (und eben nicht als ‚Kraft‘) interpretiert, d. h. als ein Wirkvermögen, das erstens, anders als ‚Kraft‘, nicht erst ausgelöst bzw. zur Äußerung angeregt bzw. aktiviert werden muss, sondern immer schon von sich aus produktiv (‚aktiv‘) ist und welches, zweitens, ebenfalls anders als ‚Kraft‘, zunächst einmal ungerichtet, gleichwohl aber zur Ausrichtung fähig ist. Nach Heidegger ist dieser Drang für Leibniz die ontologische Grundbestimmung von Substanzialität. Das heißt: Alles Seiende hat diesen Drangcharakter. Ein Drang kann lediglich gehemmt werden oder aber eben enthemmt sein. Vor diesem Interpretationshintergrund – die vis activa und damit die Grundbestimmung der Monade ist Drang – stellt sich dann allerdings die ontologische Frage, wie denn so etwas wie Drang überhaupt einheitsstiftend sein kann und nicht gleichsam ins Unendliche geht bzw. drängt. Hier gelingt Heidegger eine interessante Interpretation der gedoppelten Grundstruktur der Monaden, wie sie Leibniz ja in den §§ 11 ff. der Monadologie mit den Begriffen von perception (also ‚Verspürung‘ [Busche], Wahrnehmung, Vorstellung usw.) und appetition (‚Drang‘ im engeren Sinne) beschreibt: Der Drang ist als perceptio selbst schon vorgreifend-umgreifend (verlangend), so dass appetition und perception bei Heidegger als zwei Momente des Dranges (als dem übergreifenden Allgemeinen, als ‚Drang‘ im weiteren Sinne) erscheinen. Der Drang (als inneres Prinzip der Monade) greift perzipierend und erkennend (je nach Komplexität der Monade) jeweils auf die Gesamtheit des Seienden als Welt aus und vor. Leibniz beschreibt ja im § 15 der Monadologie die appetition als diejenige ‚action‘ des inneren Prinzips der Monade, welche den Übergang einer perception zu einer anderen vollzieht und damit auch die je individuelle Entwicklungsgeschichte der Monade bildet. Wenn wir appetition nun als Drang im engeren Sinne auffassen können, als Drang nach dem Wechsel (zu einer klareren) perception der Weltzusammenhänge hin, ist das innere Prinzip, eben die vis activa, dessen Ausdruck die appetition ist, ‚Drang‘ im weiteren und umfassenderen Sinne. Dieser Drang im weiteren Sinne ist ein ontologisches Prinzip, das Seiende in seinem Sein, es ist demnach alles Seiende als drängend konzipiert. 4 5

Heidegger: Einleitung in die Philosophie, S. 144 (Hervorh. von mir, A. L.) Ders.: Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz (= Gesamtausgabe, Bd. 26), Frankfurt a. M. 1978, S. 86–123; der genannte Satz findet sich auf S. 122.

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Schauen wir uns diese Interpretation in ihren einzelnen Schritten einmal genauer an. 1. DER ORT DER FRAGESTELLUNG NACH DEM DRANG DER MONADEN Heidegger diskutiert die Monadologie als ontologische Voraussetzung der Wahrheitslehre Leibnizens. Gegenüber den cartesischen Wahrheitskonstituentien Klarheit und Deutlichkeit macht Leibniz geltend, dass dies nur Indizien der Wahrheit qua Adäquatheit sein können. Zunächst einmal: Klar dürfte sein, dass hier „Wahrheit“ im Sinne der adäquatio der Erkenntnis und nicht etwa diejenige von Sätzen aufgefasst wird, in denen sich eine Erkenntnis artikuliert. Im Unterschied zur Satzwahrheit – die entweder wahr oder falsch ist, tertium non datur – kennt die Erkenntniswahrheit verschiedene Grade, eine Erkenntnis kann, anders als eine Aussage, also mehr oder weniger wahr (im Sinne von ‚offenbar‘) sein. Wahrheit als adäquate, einen Sachverhalt vollständig richtig artikulierende Satzwahrheit ist daraus ableitbar die Identität von Subjekt und Prädikat und nicht, wie Descartes meinte, lediglich Ausdruck eines bloß klaren und deutlichen Erkanntwerdens6. Klarheit und (einfache) Deutlichkeit der Erkenntnis sind als Wahrheitsbedingungen nämlich bei weitem nicht hinreichend, wie Descartes meinte, sondern lediglich notwendig7. Denn eine deutliche Erkenntnis kann nämlich durchaus immer noch inadäquat sein, nämlich dann, wenn die deutlichen (d. h. klar voneinander zu unterscheidenden) Strukturmerkmale für sich genommen eben nur klar und nicht wiederum deutlich voneinander unterschieden sind. Erst die Deutlichkeit auch der klaren Unterscheidungen voneinander kann Adäquatheit gewährleisten. Und selbst dann, wenn eine adäquate (= vollständig deutliche) Erkenntnis vorliegt, kann dies immer noch eine rein symbolisch vermittelte und damit ‚blinde‘ Erkenntnis sein, wie etwa die vollständig deutliche (adäquate) Erkenntnis der Eigenschaften eines (regelmäßigen) Tausendecks. Eine solche geometrische Figur könnten wir zwar in jeder Hinsicht adäquat, also vollständig deutlich beschreiben und dennoch haben wir deswegen noch keine (‚sehende‘) Anschauung davon, in welcher wir das Tausendeck etwa vom Tausendundein-Eck unterscheiden könnten. Wir können den Unterschied nicht ‚sehen‘, d. h. intuitiv erfassen, so wie wir endliche Geister es bei der vollständig adäquaten Beschreibung eines Dreieckes im Unterschied zu einer solchen eines Vierecks offenbar können. Erst die intuitiv-adäquate Erkenntnis aber ist die vollständig wahre, weil mit einer Anschauung verbundene und damit unbezweifelbare Erkenntnis. Erst hier fallen das Satzsubjekt und die vollkommen deutlichen Prädikate, die dem Subjekt zugesprochen werden, in eins, erst hier gibt es die für die Satzwahrheit geforderte Identität von Subjekt und Prädikat. In der höchsten Erkenntnisform, gleichzeitig diejenige der Überperspektive der Gottmonade, wird nun alles in der 6 7

Ebd., S. 83. Vgl. hierzu die Ausführungen Leibnizens in den Meditationes de Cognitione, Veritate et Ideis von 1684, auf die sich Heidegger auf den Seiten 72–74 bezieht.

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Welt intuitiv adäquat erkannt, der dementsprechende Spiegel einer solchen Monade ist sozusagen so blank geputzt, dass ihn und er nichts mehr trübt und daher, um das Bild auszureizen, noch nicht mal als ein Spiegel mehr bemerkbar ist. Das, was dieser blanke Spiegel zeigt, ist die Welt selbst in vollster Klarheit, es gibt keine Differenz mehr von Erkenntnis und Erkanntem – und dies betrifft klarer Weise die für den Rationalismus so typische Verquickung von Erkenntnistheorie und Ontologie, wodurch es möglich ist, Metaphysische Anfangsgründe der Logik in Ausgang von Leibniz zu formulieren. Heideggers Rekurs auf die Monadologie Leibnizens hat also eng mit der Klärung der Frage zu tun, inwieweit die Wahrheitstheorie – nämlich, dass Wahrheit nichts anderes ist als die Identität von Subjekt und Prädikat, so dass nichts mehr im Subjekt ist, was nicht im Prädikat ausgedrückt wäre – in einer Ontologie fundiert ist, oder, mit anderen Worten, das logische Satzsubjekt unmittelbar auf ein ontologisch-metaphysisches Subjekt zurückweist. Die Frage allerdings, wie dieses Subjekt in seinem Sein zu fassen ist, sprich: wie es ist, ein solches Subjekt zu sein, also die eigentlich auch von der Metaphysik immer schon vorausgesetzte Art und Weise der Substanzialität, stellt Leibniz (angeblich) nicht. „Deutlich ist [bei Leibniz] die Identifizierung des Subjekts wahrer Sätze mit der individuellen Substanz als dem eigentlich Seienden. Aber unbestimmt bleibt das Sein dieses Seienden: die Substanzialität“8.

Hierfür aber muss allererst der Fundamentalontologe kommen, der dann explizit die Frage nach der Substanzialität stellt und ihn mit dem Hinweis auf den ‚Drang‘ beantwortet. 2. WIE SIND MONADEN? Die Frage nach dem Sein der Monade – also die Frage danach, nicht was, sondern wie sie ist – ist wichtig, denn wenn nicht (fundamentalontologisch) geklärt ist, in welchem Sinne Monaden sind, wird man immer wieder in die inadäquate Vorstellung von einer Monade als einem irgendwie (in der Welt) vorhandenem Seienden fallen. Heidegger gesteht Leibniz hier durchaus ein Bewusstsein dieses Problems zu und muss daher auch gegen diejenigen Interpretationen seines Denkens verwahrt werden, die sich oftmals bloß an den Analogien und Gleichnissen aufhängen, die Leibniz verwendet. Durch eine fundamentalontologische Betrachtung würde geklärt, dass Gegenstände, z. B. Artefakte oder leblose Naturgegenstände, nicht nur etwas anderes sind als z. B. Lebewesen, sondern anders sind, d. h. eine andere Seinsweise als Innerweltliches aufweisen. „Sein“ in seinen jeweiligen finiten Formen bedeutet hier also durchaus nicht dasselbe, Heidegger vertritt eben nicht die These von der Univozität des Seins (wie etwa Duns Scotus oder Meister Eckhart).

8

Heidegger: Metaphysische Anfangsgründe, S. 86.

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Immerhin sieht Heidegger Leibniz als unterwegs zu einer solchen fundamentalontologischen Unterscheidung. Monaden „sind“ nämlich, wie Leibniz im Vorausgang des Deutschen Idealismus sieht, als Substanzen zugleich Subjekte, d. h. selbstständig für sich Seiende, die sich-vorweg schon sind (im Sinne der Zukünftigkeit des Daseins bei Heidegger), insofern sie dranghaft das Ganze der Welt aktiv einigend perzipieren. Die Entwicklung resp. Entfaltung einer Monade hin zu immer klarerer Erkenntnis von Welt und Selbst ist etwas gerade aufgrund der appetition als eines Momentes von Drang etwas der Monade Wesentliches; Entwicklung vollzieht sich in ihr gleichsam automatisch, sie muss nicht eigens z. B. in selbständigen Reflexionsakten initiiert werden. Es muss sich in der Entwicklung von Erkenntnis auch niemand dafür eigens anstrengen, Entwicklung geschieht bzw. ereignet sich einfach, weil das Prinzip der Monade der Drang ist und nicht eine bloße Kraft, die jemandem zum dann gesonderten Einsatz zur Verfügung stünde. Dies, so scheint mir, ist der entscheidende Punkt der heideggerschen Interpretation der leibnizschen Monadologie. Als eine Station des notwendig ablaufenden Entwicklungsprozesses ist hierbei allerdings die Möglichkeit der Perzeptionsperzeption, d. h. die Apperzeption vorgesehen, wodurch eine Monade zu ihren Perzeptionen ein Verhältnis bekommt, ein Bewusstsein ihrer selbst. Dadurch ist man einen Schritt weiter in Richtung der Limesgestalt einer universalen Perspektivität gekommen, denn durch die Apperzeption als Metaperzeption kann eine Monade selbst ein Verhältnis zum Absoluten haben und sich als ein endliches Wesen begreifen mit all den damit zusammenhängenden Eigenschaften. 3. DIE EINHEIT DER MONADE Die von den Monaden durch ihre dranghafte Perzeption gebildete Einheit des Seienden qua Welt ist nun selbst etwas Positives (nicht nur Negatives, durch Aus- und Abgrenzung aus einem Ganzen Gebildetes). Die Einheit der Monade ist Ergebnis einer Einigung, einer Einheitsbildung. Diese Einheit ist das Zusammenlaufen aller Weltbezüge in einem Punkt, genauer in einem Gesichtspunkt (point de vue), Monaden sind, so gesehen, meta-physische Punkte als Einheiten, beseelte Punkte. Gegen Descartes, der bekanntlich bei den Elementen des physisch Seienden nur mit mathematischen Punkten (also bloß negativ bestimmten Grenzen im Raum, Raumnegativitäten) operiert, behauptet Leibniz, dass das elementar Seiende als für sich seiend (also auch sich selbst bestimmend, sich selbst individuierend) angesehen werden muss, und „dass jedes für sich Seiende als Monade konstituiert“9 ist bzw. sein muss, d. h. als sich selbst bestimmende Ganz- und Einheit. Ob dieser Gedanke schon bei Leibniz so weit zu treiben sei, dass wir in Bezug auf die Monaden sagen

9

Ebd., S. 95.

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müssten, bei ihnen gehe die Essenz der Existenz voraus10, lässt Heidegger hier offen; der Gedanke aber taucht hier durchaus am Horizont auf. Wie auch immer, die Rückführung des Seienden auf eine monadische Struktur hat freilich Auswirkungen bis hin zu den Grundbestimmungen der Naturlehre, wie Heidegger bemerkt: „Was erhalten bleibt, [m. a. W. was] Beständigkeit hat, ist nicht die Quantität der Bewegung [wie bei Descartes], sondern die Größe der Kraft. […] Es muss etwas zum Körper gehören, was über Masse und Ortsbewegung hinausgeht“11.

Die u. a. das Erkenntnisinteresse des späten 17. Jahrhunderts und damit auch Leibnizens leitende Fragestellung, wie es denn Natürliches geben kann, das – anders als im mechanistischen Denken der Cartesianer – der (echten) Selbstbewegung fähig ist, also letztlich die Frage nach der ontologischen Eigenheit von Lebendigem, ist nach Heidegger allerdings nur die Oberfläche einer an sich fundamentalontologischen Frage, eben der Frage nach dem, wie Lebendiges notwendiger Weise verfasst ist. Die fundamentalontologisch zu erschließenden Elemente dessen, was ist, müssen nach (Heideggers) Leibniz nun selbst Subjekte von Tätigkeit sein, aktiv, eben ‚beseelte Punkte‘, metaphysische, nicht allein physische Einheiten. Auch von daher reicht es nicht, das, was in einem substantiellen Sinne ist, nur negativ zu bestimmen, wie etwa Descartes und Spinoza, welche das, was eine Substanz ausmacht, lediglich in deren Unabhängigkeit von anderem Seienden sehen12. Dadurch ist die wesenhafte Selbstständigkeit der Substanz lediglich negativ bestimmt und eben noch nicht in ihrem Seinscharakter der Einigungsfähigkeit erfasst. Mit anderen Worten: Die Einheit der Substanz muss nach (Heideggers) Leibniz als etwas aufgefasst werden, was selbst Produkt der Selbsttätigkeit der Substanz ist. Dies ist die positive Bestimmung der Substanz: Sie ist Einheit qua Ganzheit, die sie sich selber gibt bzw. sogar geben muss. Der conatus Spinozas etwa, nur unzureichend aber im Kern richtig mit ‚Selbsterhaltungstrieb‘ übersetzt, ist bei Spinoza kein Bestandteil der Substanzdefinition; es wird daher bei Spinoza nicht recht klar, warum die selbständige Substanz (und mit ihr alle Modi in allen Attributen) dann auch noch diesen conatus aufweist13. Leibniz dagegen setzt diesen als Ausgangspunkt einer jeden Überlegung in Bezug auf das, was eine Substanz ist: Eine bzw. die Substanz hat conatus bzw. appetitus, insofern dies und nur dies überhaupt das einigende Prinzip ist, es kann keine Substanz geben, positiv als Monade aufgefasst, ohne diesen appetitus. Es ist 10 Zu diesem Grundsatz einer jeden Philosophie der Existenz vgl. M. Heidegger: Sein und Zeit, Tübingen 141977, S. 42. 11 Ders.: Metaphysische Anfangsgründe, S. 93 (Hinzufügungen in eckigen Klammern von mir, A. L.). 12 Exemplarisch hierfür nur die Substanzdefinition Spinozas: „Unter Substanz verstehe ich das, was in sich selbst ist und durch sich selbst begriffen wird, d. h. das, dessen Begriff nicht den Begriff eines anderen Dinges bedarf, von dem es her gebildet werden müsste“. B. de Spinoza: Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt, neu übersetzt von W. Bartuschat, Hamburg 32010 (i. f.: „Ethik“), S. 5 (= E Idef5). 13 Nach Spinoza manifestiert sich der conatus im Menschen als appetitus, der immerhin „die Essenz des Menschen“ (Spinoza: Ethik, IIIp9s, S. 243) ausmacht.

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also der appetitus – Heidegger übersetzt, wie gesagt, mit „Drang“ – der Ganzheit und Autarkie und deren (Selbst-)Erkenntnismöglichkeit der Substanz allererst zu gewährleisten vermag. Zugleich ist er aber auch der Grund dafür, weshalb die Monade notwendiger Weise vereinzelt ist und dies wiederum – das ist der wesentliche Punkt, in dem das leibnizsche Substanzdenken über dasjenige des Spinoza, der nur eine Monade kennt, hinausgeht – ist nur möglich, wenn es nicht nur eine Substanz, sondern deren viele gibt! Keine Einheit ohne Vereinzelung, Individuierung; keine Vereinzelung aber ohne Vervielfältigung! Der Drang macht also nicht nur Einheit der Substanz möglich, als deren Substanzialität, sondern auch die Einzelheit bzw. Individualität und damit natürlich auch für die notwendigerweise zu denkende Pluralität der Substanzen. Deren Zusammenhang wiederum wird durch das in allen sich manifestierte Prinzip des Dranges präetabliert, was einen Hinweis auf die Rekonstruktion des Theorems der prästabilierten Harmonie jenseits von ad-hocSchöpfungsannahmen gibt. Alles bei Leibniz muss nach Heidegger aus dem einigenden Element der Substanzen her gedacht werden, aus deren inneren Aktivitätskraft ableitbar. Diese vis activa ist aber notwendiger Weise nicht erst zu sollizitierendes, anzuregendes Vermögen im Sinne der aristotelischen dynamis bzw. potentia activa, sondern im Sinne der aristotelischen entelecheia (wie Leibniz selber sagt in dem kurzen Text de Primae Philosophiae Emendatione, et de Notione substantiae, auf den sich Heidegger auf den Seiten 96–102 bezieht). Sie ist wesentlich Drang, d. h. ein „Trieb, der eben seinem Wesen nach von sich selbst an-getrieben wird“14, also nicht bloßes Vermögen, allererst zu sollizitierende Kraft, sondern etwas, was immer schon von sich aus treibt. „Jedes Seiende hat Drangcharakter, ist in seinem Sein als drängend bestimmt. Das ist der metaphysische Grundzug der Monade, womit freilich die Struktur dieses Dranges noch nicht ausdrücklich bestimmt ist“15.

Dies wird dann in den folgenden Abschnitten geklärt. 4. ZUR STRUKTUR DES DRANGES Drang ist nicht nur etwas, was von sich her Ursache ist, sondern hat sozusagen sich selbst immer schon ausgelöst, ist dabei immer noch „geladen“, „gespannt“16. Der Drang kann in seinem Drängen zwar gehemmt sein, aber selbst dann gibt es die für einen Drang charakteristische aktuelle Spannung, er ist nicht einfach ruhende

14 Heidegger: Metaphysische Anfangsgründe, S. 103. 15 Ebd. 16 Ebd.

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Wirkfähigkeit. Der Drang bedarf, um zu wirken, lediglich der Enthemmung – einen Ausdruck, den Heidegger explizit von Max Scheler übernimmt17. „Wenn jedes Seiende, jede Monade von sich aus drängt, dann besagt dies, dass sie das Wesentliche ihres Seins, d. h. dessen, wozu und wie sie drängt von sich aus mitbringt. Alles Mitvorhandensein, besser: Mitdrängen anderer Monaden ist in seinem möglichen Verhältnis zu der je einzelnen Monade wesenhaft negativ“18.

Das Mannigfaltige muss den Charakter des Drängens/der Bewegtheit überhaupt haben. Was Leibniz dabei nach Heidegger nicht sehe, sei, dass „das innere metaphysische Motiv für den Vorstellungscharakter der Monade […] die ontologische Einigungsfunktion des Dranges“19 ist. Leibniz hätte Substanz, Drang und Subjekt in seiner Lehre von den Monaden zwar richtig zusammengestellt, aber dabei (noch) nicht gesehen, dass die Welt-Repräsentationsfähigkeit der Monade selbst aus der Einigungskraft des Dranges entspringt, nicht aus einer darauf erst folgenden Reflexion bzw. Überlegung. „Weil der Drang das ursprünglich einfach Einigende sein soll, muss er ausgreifend-umgreifend sein, muss er ‚vorstellend‘ sein“20. Deshalb, wie Leibniz richtig gesehen hätte, sei nicht die Monade eigentlich Seele (das wäre ein Anthropomorphismus), sondern umgekehrt, die Seele, auch und gerade die menschliche, ist eine mögliche Modifikation der Monade. Der Drang ist wesenhaft vorstellend und als solcher ist er ausgreifend, ekstatisch. Perceptio ist eben auch nicht einfach nur Wahrnehmung oder Vorstellung, sondern eigentlich sehr viel allgemeiner und umfassender das Vorweg-als-ein-Ganzes-Nehmen gefasst, des Mannigfaltigen im einfachen, d. h. als Welt, als mundus, freilich als mundus concentratus. Aber es gibt gar keine andere Welt als in einer Weltauffassung als perspektivenbedingte Konzentration, als Hinordnung auf einen point de vue. Deswegen gehört das Streben, der appetition zwar zum Wesen des Dranges, ist aber eigentlich dasselbe, „er [Leibniz] muss nur deshalb den appetitus noch eigens betonen, weil er selbst das Wesen der vis activa nicht sofort radikal genug fasst“21. Diese Kraft (vis) bliebe allerdings bei Leibniz dann doch wieder etwas nur Zugrundeliegendes, Ruhendes, was sich sodann als Streben und Vorstellen manifestiert. Drang aber, so Heideggers Vorschlag, ist nichts Anderes als in sich ein schon strebendes Vorstellen, vorstellendes Streben. Deswegen sollte man auch nicht lediglich appetitus bzw. appetition mit Drang übersetzen, denn da fehlt sozusagen der Vorstellungsaspekt; dass Leibniz hier noch mit einer Dichotomie der Begriffe mit

17 Vgl. ebd. Und dies gilt eben auch für die körperliche Seite der Substanz; das Aneinanderstoßen der Körper bedeutet deren wechselseitige Hemmung und damit ist auf die leibnizsche Konzeption der Physik als Dynamik verwiesen, während die cartesianische Konzeption der Physik als Mechanik den Körpern lediglich Ausdehnung substantiell zumisst. 18 Ebd., S. 104. 19 Ebd., S. 112. 20 Ebd., S. 113. 21 Ebd.

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appetition und perception operiert, sei eigentlich irreführend und seinem eigenen Denkansatz nach inkonsequent22. Die Aktivität der Monade als Drang ist dagegen schon Drang zur Änderung, des Wechsels der Perzeptionen; im Drang liegt ein Sich-Überholen, d. h. das Mannigfaltige entspringt aus dem Drängenden, also ist die Substanz dem Nacheinander preisgegeben, der Drang unterwirft sich selbst der zeitlichen Folge: „Dem Drang selbst entspringt die Zeit“23 – nicht als etwas ihm Fremdes, sondern als seine eigene notwendige Mannigfaltigkeit, die entfaltet werden muss, damit sie Mannigfaltigkeit und damit der Drang Drang ist. Es ist also letztlich diese Übergangs- und Selbstübersteigungstendenz des Dranges, die Leibniz appetition nennt (gleichursprünglich mit der perceptio). Die Tendenz selbst ist vor-stellend, „das besagt: aus einer vorweg überholenden Einheit her einigend; was sie dabei einigt, ist nichts anderes als die im Drang erdrängten und sich drängenden Übergänge von Vorstellen zu Vor-stellen“24. Das Einigende der Monade ist der Drang selbst, der nicht einfach ins Unendliche, in die Mannigfaltigkeit sich zerstreut, sondern in sich die Mannigfaltigkeit schon umfasst und lediglich die Momente entfaltet, die in ihm eingefaltet sind. Dieser progressus perceptionum ist das Ursprüngliche der Monade, die vor-stellende Übergangstendenz. Der Drang ist vorgreifend-umgreifend und also ursprünglich einigend, das macht die Substantialität der Substanz aus und also das Sein dieses Seienden. Was macht nun die Monade zu jeweils dieser? Mit anderen Worten: Wie kommt es zur Individuation der Monaden? Der Rückgang auf eine bzw. die Schöpfung scheint hierbei bloß eine Ad-hoc-Erklärung der Herkunft zu sein, die dogmatisch ist, weil sie die Notwendigkeit der Individuation nicht erklärt – es stellt sich hierbei ja die Frage, wie diese Schöpfung möglich ist. Auch die Individuation muss sich aber doch in dem abspielen, was die Monade von Grund aus konstituiert: im Drang25. Dass die Monade ‚geschaffen‘ ist, ist allerdings nur eine andere Ausdrucksweise dafür, dass die Monade endlich ist; das, was schafft („Gott“), wird von Leibniz ebenfalls als eine (ungeschaffene, nicht-endliche) durch Drang charakterisierte Monade konzipiert. Endlichkeit heißt ja Eingeschränktheit, einschränken aber kann der Drang nur sich selbst, indem er sich verendlicht; der Grundzug des Dranges aber ist Einigung und zwar vor-stellende Einigung, also ein Vorweg-haben von Einheit, auf die der Drang gleichsam hinblickt. Im Drang als vorstellenden appetitus 22 Damit löst sich auch eine scheinbare Unklarheit Heideggers auf: Zunächst scheint es ja, dass Heidegger ‚Drang‘ hier in einer äquivoken Weise verwendet: Einerseits bezeichnet ‚Drang‘ die appetition als ein Moment der Grundstruktur einer jeden Monade neben der perception (so Leibniz ja offensichtlich in den §§ 14 und 15 der Monadologie), andererseits weist Heidegger den Drang als diese Grundstruktur selber aus (also appetition und perception umfassend). In der Tat handelt es sich dabei um eine Äquivokation, die aber nur dann entsteht, so Heidegger, wenn man wie Leibniz nicht klar genug sieht, dass die appetition im Grunde die perception umfasst, der Drang also schon vorstellendes Streben ist und daher notwendig „perzeptiv“. 23 Heidegger: Metaphysische Anfangsgründe, S. 115. 24 Ebd. 25 Ebd., S. 117.

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liegt von vornherein eine Perspektivität, die Hinordnung auf einen Gesichts-, bzw. einen Augenpunkt (point de vue). Damit erfasst der Drang letztlich apperzeptiv sich selbst! Und letztlich ist genau dies auch der Grund für die Individuation der Monade(n): Sie sind nicht einfach nur voneinander unterschieden, sondern sie können (und müssen) sich voneinander unterscheiden, obwohl sie als Selbstunterscheidungen des Dranges in einer gewissen „harmonischen“ Weise miteinander koordiniert bzw. prästabiliert und die Ordnung der Monaden durch den Drang präetabliert sind. Ich hoffe, es ist sichtbar geworden, dass Heidegger hier eine interessante, stark an seine eigene Daseinsanalyse erinnernde Interpretation der Monade als mundus concentratus gelingt und damit einhergehend auch der prästabilierten Harmonie. Sein, Substanzialität, Subjektivität – in allen diesen Bestimmungen manifestiert sich Heideggers Leibniz allenthalben ein und derselbe Drang. Was Heidegger hier, in seiner Rekonstruktion der Monadologie, vorschwebte, ist eigentlich, wie schon angedeutet, ein Stück Fundamentalontologie: Er hat in Leibniz für immerhin zwei Semester einen Denker des Seins, also einen Fundamentalontologen avant la lettre gefunden; aber auch schon in den beiden hier besprochenen Vorlesungen wird Heidegger nicht müde, zu betonen, dass es sich bei Leibniz letztlich doch nur um einen Metaphysiker bzw. bloßen Ontologen handelt, dem es um die Bestimmung alles Seienden in Absehung von den spezifischen Seinsweisen geht, in denen sich das Seiende in je spezifischer Weise ereignet. Ob dies berechtigt ist oder nicht, kann hier allerdings nicht entschieden werden.

MONADE UND GESELLSCHAFTLICHE TOTALITÄT Die Umdeutung der Monadologie im nachmetaphysischen Denken Theodor W. Adornos Klaus Erich Kaehler (Köln) Das philosophische Denken Theodor W. Adornos ist gemäß seinem Bewegungsgesetz der negativen Dialektik zuinnerst motiviert durch inhaltliche Kritik an jeglichem in sich Geschlossenen, Abgeschlossenen, Invarianten. Die beiden Titelbegriffe des Vortrags – Monade und gesellschaftliche Totalität – scheinen jedoch gerade etwas Derartiges zu bezeichnen, nämlich zwei verschiedene Weisen von Einheit als Ganzheit. So liegt prima facie die Vermutung nahe, Adorno benutze diese beiden Begriffe nur polemisch und ablehnend. Obwohl sie in der Tat für Adorno problematische Begriffe sind, so fungieren sie doch als notwendige Elemente seiner philosophischen Analysen und negativ-dialektischen Modelle. Der Begriff der gesellschaftlichen Totalität bezeichnet nur den äußersten Horizont, innerhalb dessen alles zu verorten ist, was ist und was als solches je Gegenstand von Analyse und Kritik werden kann. ‚Gesellschaftliche Totalität‘ fungiert somit als Grenzbegriff, der aus der Sicht der dezidierten, d. h. nachmetaphysischen Moderne das Verhängnis der geschichtlichen Realität bezeichnet. Am Monadenbegriff hingegen lässt sich ein positiver, die Kritik ebenso leitender wie motivierender Grundzug ersehen. Es sind nicht primär seiende Einzeldinge oder Personen, für die Adorno den Begriff ‚Monade‘ verwendet, sondern vor allem die Kunstwerke. Aufgrund des „Doppelcharakters“ der Kunstwerke als faits socials und als autonome Artefakte sind sie einerseits abhängig von der gesellschaftlichen Totalität, doch andererseits verschließen sie sich dagegen: Ihrem je eigenen Formgesetz folgend entwickeln sie sich aus sich als „Problemzusammenhang“. Darin sieht Adorno den monadischen Grundcharakter von Kunstwerken, der zugleich von Grund auf und unabschließbar dynamisch ist. Das Kunstwerk als monadische Einzelheit vermittelt sich in sich, in ihrer Besonderheit, mit dem Allgemeinen der äußeren Realität, so dass die reale Herrschaft dieses Allgemeinen, des gesellschaftlich Objektiven, im ästhetischen Schein suspendiert wird. Damit kommen der Monade als Kunstwerk wesentliche Funktionen der philosophischen Kritik zu, wie Adorno sie als seine Aufgabe sieht. Zwar kann sich kein monadisches Kunstwerk real aus dem „Verblendungszusammenhang“ der herrschenden Kultur(industrie) lösen, aber indem Kunst „das absolut Monadische träumt“1, ermöglicht und bewahrt sie den Blick auf das Ziel der emanzipativen Moderne – die 1

Th. W. Adorno: Ästhetische Theorie, hrsg. von G. Adorno und R. Tiedemann, Frankfurt a. M. 1970 (= Gesammelte Schriften in zwanzig Bänden, Bd. 7), S. 522.

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„Utopie des Besonderen“, das unverkürzt Besondere, das nur möglich ist unter einem veränderten Begriff des Allgemeinen. – Verwendet also Adorno den Monadenbegriff in einem gegenüber dem leibnizschen Begründungszusammenhang prinzipiell verwandelten philosophischen Kontext, so müssen sich die Umdeutungen und Transformationen des Monadenkonzepts doch auch begreifen lassen als Konsequenzen des „Bruchs“ der philosophischen Moderne (im engeren Sinne) mit der Metaphysik der Neuzeit. Dieses Verhältnis kann hier natürlich nicht systematisch und grundbegrifflich entwickelt werden,2 wie es erforderlich wäre für ein adäquates Begreifen der Umdeutungen und Transformationen der Monadologie bei Adorno. Nicht einmal können alle soeben bereits erwähnten Aspekte im Einzelnen erörtert werden. Es muss genügen, wenn wir an den Grundzügen dessen, was Adorno als ‚Monade‘ bezeichnet und beansprucht, immer zugleich Anknüpfungen und Divergenzen zur leibnizschen Konzeption zeigen und bedenken. Daraus wird sich von selbst ergeben, worin die Umdeutungen bestehen und wie in ihnen die prinzipielle Differenz der Moderne zur Metaphysik zum Austrag kommt. 1. GRUNDBESTIMMUNGEN DER MONADE AM KUNSTWERK SELBST Keineswegs behauptet Adorno den Monadencharakter von Kunstwerken geradehin und etwa als ein Wesensmerkmal. Dies wäre inadäquat nicht nur seiner Auffassung von philosophischer Erkenntnis überhaupt, sondern auch dem geschichtlich wandelbaren Verhältnis der Kunst zu ihrem realen gesellschaftlichen Umfeld, in welchem sie als Produkt gesellschaftlicher Arbeit erscheinen muss, um überhaupt als Kunst da zu sein. Die Pointe von Adornos Einführung des Monadenbegriffs in die Bestimmung von Kunst erschließt sich nur aus dem Verhältnis von Kunst und Gesellschaft. Sehen wir jetzt ab vom geschichtlichen Wandel des Verhältnisses zwischen Kunst und Gesellschaft3 und wenden uns sogleich demjenigen geschichtlichen Zustand zu, an dem die von Adorno herangezogene Monadizität erst entscheidend wird für die Bedeutung der Kunst. Erst nämlich mit ihrer fortschreitenden Autonomisierung, ihrer Emanzipation von direkten gesellschaftlichen Funktionen, sei es im religiösen Kultus, sei es zur Ostentation politischer Größe und Macht, kann ihre Beziehung zur Gesellschaft sich reflektieren als „Gegenposition“4: „Indem sie sich als Eigenes in sich kristallisiert, anstatt bestehenden gesellschaftlichen Normen zu willfahren und als ‚gesellschaftlich nützlich‘ sich zu qualifizieren, kritisiert sie die Gesellschaft durch ihr bloßes Dasein […] Nichts Reines, nach seinem

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Dazu sei verwiesen auf Verf.: Das Prinzip Subjekt und seine Krisen. Selbstvollendung und Dezentrierung, Freiburg/München 2010 Ästhetische Theorie, S. 334 ff., u. ö. Ebd., S. 335.

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immanenten Formgesetz Durchgebildetes, das nicht wortlos Kritik übte, die Erniedrigung durch einen Zustand denunzierte, der auf die totale Tauschgesellschaft sich hinbewegt: in ihr ist alles nur für anderes“5. Das „bloße Dasein“ von Kunst enthält, so sehr ihre Reflexion in sich objektiv nur eine Abstraktion von ihrer gesellschaftlichen Situiertheit ist, die Prätention auf Autonomie, wenngleich gerade nur implizit, gleichsam als Selbstverständlichkeit, an der ihr vorauszusetzender Kunstcharakter hängt. Allerdings kann auch nur von dieser emanzipierten Kunst, die der Moderne angehört, gesagt werden, ihre Funktion, „soweit von Kunstwerken eine gesellschaftliche Funktion sich prädizieren lässt“, sei ihre „Funktionslosigkeit“6. Solche Werke sind also nicht nur nicht für anderes, sondern sie sind monadisch an ihnen selbst, indem sie in ihrer gesamten Formation und Gestaltung einem eigenen „inneren Gesetz“ folgen. Ihre Existenz ist von innen gesehen ein Werden aus sich selbst, das aber seiner selbst nicht als Ganzes bewusst wird und nicht über sich verfügt. So ist auch die leibnizsche Monade in ihrem Werden stets mehr als das, dessen sie sich je bewusst wird. Sie konstituiert sich nicht durch die Einheit des Selbstbewusstseins. Wohl aber ist sie eine ontologische Einheit mit der Struktur der Selbstbezüglichkeit in allen ihren Teilen und Momenten, also der formalen Struktur von Subjektivität. Verortet auch Adorno den Prozess, als welcher das Kunstwerk existiert, im „Verhältnis von Ganzem und Teilen“7, so fügt er doch sogleich hinzu, dieses Verhältnis sei „seinerseits ein Werden“8. Damit aber sind auch die Relata dieser Relation nichts Feststehendes, sondern sie entstehen immer neu: Das Ganze determiniert nicht die Teile durch ein perennierend übergeordnetes Gesetz, und so sind die „vorübergehenden Zustände“9 auch keine bloß analytischen Gegebenheiten, die aus einer lex successionis ableitbar, weil an sich schon darin enthalten wären. Dieser Unterschied in der Konzeption der Monade bei Adorno gegenüber Leibniz beruht offenkundig auf der ersten und grundlegenden Bestimmung der philosophischen Moderne, nämlich der Unhintergehbarkeit der Zeit und damit der wesentlichen Geschichtlichkeit alles Seienden, möglichem wie wirklichem. Nach dem Gesagten ist das Kunstwerk als Monade zunächst schon in sich geschichtlich, und zwar anders als die leibnizsche Monade in der Entfaltung ihrer vis primitiva activa, diesem ontologischen Werden, welches a priori geregelt ist durch ihr inneres Prinzip. Die Monade als Kunstwerk der Moderne garantiert keine „Einheit von Prozess und Resultat“10 mehr. Vielmehr ist jede Bestimmung als Moment des werdenden Ganzen ein vorübergehendes Resultat, das im Fortgang selbst wieder zu einem Moment wird. So wie grundbegrifflich die dezentrierte Subjektivität – als ursprünglich differenzielles Prinzip der philosophischen Moderne insgesamt –, ihre Identitätsbildung als

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Ebd. Ebd., S. 336 f. Ebd., S. 266. Ebd. Monadologie, § 14. Ästhetische Theorie, S. 266.

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permanente Aufgabe enthält11, so konstituiert sich das autonome Kunstwerk nur als eine Identität im Übergang: „Was irgend am Kunstwerk Totalität heißen darf, ist nicht das all seine Teile integrierende Gefüge. Es bleibt auch in seiner Objektivation ein vermöge der in ihm wirksamen Tendenzen sich erst Herstellendes. […] Ist das Kunstwerk in sich kein Festes, Endgültiges, sondern ein Bewegtes, dann teilt seine immanente Zeitlichkeit den Teilen und dem Ganzen darin sich mit, dass ihre Relation in der Zeit sich entfaltet“12.

Darin also liegt der problematische Grundcharakter des Kunstwerks: Es ist das „Resultat des Prozesses sowohl wie er selbst im Stillstand“13. Und hier fügt Adorno ausdrücklich hinzu: „Es ist, was die rationalistische Philosophie auf ihrer Höhe als Weltprinzip proklamierte, Monade: Kraftzentrum und Ding in eins. Kunstwerke sind gegeneinander verschlossen, blind, und stellen doch in ihrer Verschlossenheit vor, was draußen ist“14. 2. DIE KUNSTWERK-MONADE UND IHR ANDERES Damit aber ist zugleich schon angesprochen, was die Monade von Grund auf mitkonstituiert, wenngleich bei Leibniz und Adorno mit verschiedener Begründung, nämlich ihr inneres Bezogensein auf das, was sie nicht sind. Adorno stellt dieses Bezogensein so dar: „Als Moment eines übergreifenden Zusammenhangs des Geistes einer Epoche, verflochten mit Geschichte und Gesellschaft, reichen die Kunstwerke über ihr Monadisches hinaus, ohne dass sie Fenster hätten“15. Dem entspräche bei Leibniz jene Bestimmung, die er einmal für die Perzeption gibt: Sie sei die Repräsentation einer äußeren Veränderung in einer inneren,16 wobei die Unterscheidung von innen und außen gemäß ihrer logischen Konstitution auf dem Unterschied beruht zwischen den Sachgehalten, die positiv in ihrem jeweiligen vollständigen Begriff enthalten sind, und denjenigen, die nicht in ihrem, sondern in dem anderer Monaden enthalten ist, auf die sie aber in ihnen selbst bezogen sind als auf das, was „außer“ ihnen ist als ihr Phänomen – das, was sich ihr unwillkürlich zeigt. – Die Monaden hingegen, die Adorno in den Kunstwerken sieht, bestehen nur als offener Werdensprozess, in welchem ihre innere Einheit weder substanz-metaphysisch noch transzendental-subjektiv begründet ist. In ihrem Bezogensein auf das, was sie nicht sind, schlägt sich ihre realgeschichtliche Bedingtheit nieder, doch so, dass dieser Niederschlag zu Momenten des endogenen Werdens transformiert

11 S. dazu Verf.: „Die Identität des dezentrierten Subjekts als permanente Aufgabe“, in: C. Bickmann u. a. (Hrsg.): Tradition und Traditionsbruch zwischen Skepsis und Dogmatik. Interkulturelle philosophische Perspektiven, Amsterdam/New York 2006, S. 179–192. 12 Ästhetische Theorie, S. 266. 13 Ebd., S. 268. 14 Ebd. 15 Ebd. 16 GP VII, 329 f.

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wird. Dennoch darf dadurch das Heterogene nicht völlig getilgt werden. Die Einheit, ohne die doch keine künstlerische Intention zur gestalteten Existenz gelangt, darf nicht die materialen Eigenbedeutungen der Momente unterdrücken; und so kann Adorno sagen: „Die Einheit der Kunstwerke kann nicht das sein, was sie sein muss, Einheit eines Mannigfaltigen: dadurch, dass sie synthesiert, verletzt sie das Synthesierte und schädigt an ihm die Synthesis. An ihrer vermittelten Totalität kranken die Werke nicht weniger als an ihren Unmittelbarkeiten“17.

Unverkennbar drückt sich in diesen Überlegungen die philosophische Grundintention Adornos aus: das Begrifflose mit Begriffen aufzuschließen, ohne es ihnen gleich zu machen. Zwar ist für Erkenntnis der Begriff notwendig, und so für die Form des Kunstwerks die Synthesis, doch darf diese nicht „zu Lasten der qualitativen Momente“18 gehen. Sie muss vielmehr das Heterogene, Nichtidentische als ein solches einbeziehen und achten. Das aber ist nur möglich, wenn bzw. insoweit das Formgesetz keine letzte und höchste Synthese mehr bildet. „Kunst obersten Anspruchs drängt über die Form als Totalität hinaus, ins Fragmentarische“19. Erheischt der monadische Grundzug des Kunstwerks die Konstruktion, so hat diese ihre Grenze an der qualitativen Verschiedenheit dessen, worüber zu verfügen sie angelegt ist: „Konstruktion ist in der Monade des Kunstwerks, mit beschränkter Machtvollkommenheit, der Statthalter von Logik und Kausalität, transferiert aus der gegenständlichen Erkenntnis“20. Und hier fügt Adorno hinzu: „Sie ist Synthesis des Mannigfaltigen zu Lasten der qualitativen Momente“21. Die klassische Einheit eines Ganzen in seinen Teilen und mit ihr der Gedanke der Harmonie und des „gelungenen Kunstwerks“ erscheint nur noch als ein „Triumph übers Heterogene, Hoheitszeichen illusionärer Positivität“22, als eine „Ideologie der Geschlossenheit“23. Wird zwar erst durch die gelingende Form, für die der Monadenbegriff einsteht, die Kunst in ihr Eigenrecht gesetzt, worin sie sich gegen ihr Sein-für-Anderes, das empirische Leben in seinen materiellen und soziokulturellen Bedingungen, in sich reflektiert, so bleibt doch das Gelingen selber gebunden an ein Widerstrebendes, über das zu triumphieren gerade nicht mehr der Triumph des Gelingens wäre – eben so, wie Adorno vom logisch-systematischen Gelingen der spekulativen Metaphysik Hegels sagt: summum ius summa iniuria24. Dass die Einheit einer vollständigen und insofern auch „gelungenen“ Synthesis das Synthesierte „verletzt“ und damit wiederum die Synthesis selbst, nämlich in ihrer integrierenden Funktion „schädigt“, dass dadurch die Werke „kranken“ in der doppelten Weise: an dieser ihrer vermittelten Totalität und auf der anderen Seite an 17 18 19 20 21 22 23 24

Ästhetische Theorie, S. 221. Ebd., S. 91. Ebd., S. 221. Ebd., S. 91. Ebd. Ebd., S. 236. Ebd., S. 235. Adorno: Gesammelte Schriften, Bd. 5, S. 375.

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ihren Unmittelbarkeiten, ohne die doch keine qualitative Differenz eintreten könnte – all das und die darin waltende unabschließbare Dialektik sind Ausdruck und Konsequenz der einen universalen Voraussetzung, dass nämlich heterogene Vielheit und qualitative Differenz das Erste zu und in Allem und also irreduzibel sei. Dies ist der inhaltliche Grundzug philosophischer Moderne, komplementär zu der erwähnten Unhintergehbarkeit der Zeitlichkeit alles Seienden, welche dadurch erst eigentlich zur Geschichtlichkeit wird. Diese Begriffe gehören in das Spektrum der Bestimmungen der Endlichkeit, als der Grundverfassung der philosophischen Moderne im Sinne des nachmetaphysischen Denkens. Diese Voraussetzungen Adornos werden von ihm nicht mehr als solche reflektiert oder gar gerechtfertigt. Sie bilden gerade deshalb die Kriterien seiner Kritik, und zwar konsequenterweise so, dass sie sich selber erst in der Erfahrung öffnen für unabsehbare besondere Inhalte und Gegebenheiten und sich daran zu bewähren haben. In diesem Spannungsfeld bildet die These vom monadischen Charakter des Kunstwerks nur die eine Seite: Ist sie die „Interpretation des Kunstwerks als eines in sich stillgestellten, kristallisierten, immanenten Prozesses“25, so liegt darin, wie wir gesehen haben, einerseits die Hervorhebung der Autonomie des Kunstwerks, seine Verschließung in sich gegen die gesellschaftliche Totalität; und andererseits zugleich die Grenze, das Einseitige dieser Interpretation, die die gesellschaftliche Bedingtheit und Genese der Werke gar nicht als solche, nur in ihrer immanenten Verwandlung in Betracht zieht. Doch das Andere des Kunstwerks ist zugleich in ihm – es ist das, was es in sich austrägt und unter sein Formgesetz zu bringen oder ihm anzuverwandeln sucht. So muss gesagt werden: Die Kunst „ist für sich“ – in ihrem monadischen Charakter – „und ist es nicht, [sie] verfehlt ihre Autonomie ohne das ihr Heterogene. Einzig wo das Andere der Kunst mitgefühlt wird als eine der ersten Schichten der Erfahrung von ihr, ist diese zu sublimieren, die stoffliche Befangenheit zu lösen, ohne dass das Fürsichsein der Kunst zu einem Gleichgültigen würde“26. Zwar wird „Gesellschaft einzig verdunkelt wie in Träumen in sie eingelassen“, doch darf die Tendenz der Werke, „sich abzudichten gegen das, was sie selbst sind“27, nämlich auch soziale Tatsachen, Produkte gesellschaftlicher Arbeit, nicht auf die Spitze der puren Selbstgenügsamkeit getrieben werden. Diese reflexionslose Abdichtung, wie sie dem Programm des l’art pour l’art zugrunde liegt, trifft nicht nur der Vorwurf der Fetischisierung des Werks, sondern ihren immanenter Wahrheitsanspruch träfe „das Verdikt falschen Bewusstseins“; er müsste „der Ideologie zugerechnet werden“28. Beruht also der monadische Grundzug des Kunstwerks auf seiner Abkehr von der empirisch-gesellschaftlichen Realität, als dialektisches Kennzeichen seiner Authentizität, so erzeugt es doch nicht all seinen Gehalt aus sich. Vielmehr schlägt sich im Problemzusammenhang des Werkes als „Monade das außer ihr Seiende nieder, wodurch sie konstituiert wird“29. Das unterscheidet die Monade Adornos 25 26 27 28 29

Ebd., S. 268. Ebd., S. 17. Ebd., S. 337. Ebd. Ebd., S. 522.

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tief von der leibnizschen: Diese ist in jedem Moment ihrer Existenz in ihrer ganzen Seinsfülle da, die wechselnden Zustände und die zugehörigen Phänomene sind so durch ihr eigenes, immanentes Entwicklungsgesetz generiert, wie jede Monade zusammen mit allen anderen der geschaffenen Welt aus dem göttlichen Einsehen, Wollen und Vollbringen beständig hervorgeht. Nicht erst durch das, was eine Monade nicht ist, erhält sie ihre Bestimmtheit. Diese liegt unwandelbar in ihr selbst, und ihr Verhältnis zu dem, was sie nicht ist, erscheint von selbst mitfolgend mit ihrer eigenen internen Entwicklung. Für die Kunstwerk-Monade Adornos hingegen wird dieses Bezogensein auf das, was die Monade nicht ist, was „außer ihr“ ist, gerade konstitutiv, und zwar durch den negativen Impuls, die Loslösung von der bloßen Faktizität und darüber hinaus durch deren Transformation in einen rein immanenten, eben den monadischen Zusammenhang des Werks. Darin liegt die bereits erörterte Aufgabe, das Heterogene zu integrieren ohne es qualitativ zu nivellieren. Auf ihre Weise, so ließe sich sagen, spiegelt auch Adornos Monade die Welt, aber nur durch einen Bruch: sowohl, indem sie die Realgeltung der gesellschaftlichen Totalität, der die Individuen unterliegen, negiert, als auch, indem sie deren Realität als jenes Heterogene verwandelt in sich aufnimmt. „Keine Kunst, die nicht negiert, als Moment in sich enthält, wovon sie sich abstößt“30. Insofern ist die Monade bei Adorno nicht suisuffizient. Sie ist in einem offenen Prozess abhängig – nicht von einer höheren, seingebenden und ordnenden Macht, sondern von einer blinden, sowohl in ihrem Ursprung als auch in ihren realen Einzelheiten kontingenten Geschichte, die von Menschen gemacht ist und doch naturwüchsig sich entwickelt hat. Gewiss ist diese Abhängigkeit eine indirekte, durch die negierende Kraft der Monade im Kunstwerk gleichsam eingeklammert, scheinbar unwirksam gemacht; dennoch kann – ja, darf diese Abhängigkeit der Werke von der gesellschaftlichen Totalität für die Kunstwerk-Monade Adornos nie ganz getilgt werden. Ist schon das in sich stimmige Kunstwerk von außen betrachtet gesellschaftlicher Schein, so wird dieser, wenn er sich monadisch ganz in sich verschließt, zu einem Gleichgültigen. Wenn Adorno sagt: „Die These vom monadologischen Charakter der Werke ist so wahr wie problematisch“31, so bezieht sich das auf diese Dialektik des Monadencharakters, dass die Monadizität zwar das Kunstwerk überhaupt erst frei- und einsetzt in seinen eigentümlichen Wert und Status gegenüber dem Seienden, und doch zu überschreiten ist, um dem Schein als Schein seine konstitutiv negative Beziehung auf das Seiende zu sichern. Dabei ist allerdings diese Überschreitung wiederum nicht als ein Verlassen der Monadizität zu verstehen. Ohne sie fiele ja der Kunstcharakter überhaupt dahin. Vielmehr muss im Überschreiten bereits die monadische Kraft sich kontinuieren, erneuern und inhaltlich verändern. So gilt zwar: „Nichts Gesellschaftliches in der Kunst ist es unmittelbar, auch wo sie es ambitioniert“32. Doch zugleich bewahrt nur der Schein als Schein das Kunstwerk davor, „dem Seienden und Bestehenden einen Zuspruch zu spenden, der, bar der Hoffnung auf ein Anderes, den Bann dessen verstärkt, wovon die Autonomie der 30 Ebd., S. 24. 31 Ebd., S. 268. 32 Ebd., S. 336.

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Kunst sich befreien möchte“33. Indem die monadische Kraft in den Werken, die Kraft der Autonomisierung, „sich vermisst, Totalität aus sich zu setzen, ein Rundes, in sich Geschlossenes, überträgt dies Bild sich auf die Welt, in der Kunst sich befindet und diese zeitigt“34. Wo andererseits Kunstwerke „unfähig sind zu ihrer monadologischen Einheit, gehorchen sie dem realen geschichtlichen Druck. Er wird in ihnen selber zu der Kraft, die sie zerstört. Darum nicht zuletzt wird ein Kunstwerk adäquat wahrgenommen einzig als Prozess“35. In diesem Prozess aber liegt ihre Entfaltung ebenso wie ihre Vergänglichkeit36. 3. GESCHICHTLICHKEIT UND VERGÄNGLICHKEIT DER MONADEN In ihnen selbst also, obgleich vermittelter Weise, erwächst den Kunstwerk-Monaden die besprochene innere Geschichtlichkeit. In der hier zugrunde liegenden Umdeutung des Monadenbegriffs spricht sich Adornos nachmetaphysische Grundposition aus – soweit man von einer ‚Grundpositionʻ bei Adorno überhaupt sprechen kann: Anders als die Monaden in der Metaphysik von Leibniz haben die Kunstwerk-Monaden nur deshalb eine innere Geschichte, weil sie sich inmitten einer äußeren Gesamtgeschichte herausbilden, die sich mit eigener Gesetzlichkeit und Kontingenz fortwälzt, als solche völlig unabhängig von dem, was in den monadisch, also intrinsisch konstituierten Werken geschieht. So wenig es für diese Real- und Universalgeschichte eine höhere Macht oder Zielsetzung gibt, so wenig gibt es noch einen Gehalt der Monaden, der sich einer an sich seienden Totalität einfügen und in innerer Zusammenstimmung aller Monaden und ihrer Phänomene aus einer rational-schöpferischen ultima ratio entspringen würde. Die Totalität, die den Kunstwerk-Monaden als gesellschaftliche Totalität vorgeordnet ist, enthält zwar das Material und die Bedingungen im geschichtlich erreichten Stand der Produktivkräfte, doch die dementsprechenden ästhetischen Produktivkräfte sind vermittels dieser Rückbindung noch in der Negation jener Vorgabe nicht nur ursprünglich, sondern auch durchgängig durch die äußere Geschichte mitbedingt. Allerdings: „Die Kommunikation der Kunstwerke mit dem Auswendigen […], mit der Welt, vor der sie selig oder unselig sich verschließen, geschieht durch Nichtkommunikation; darin eben erweisen sie sich als gebrochen“37. So aber vollziehen sie zugleich eine „bewusstlose Geschichtsschreibung“38, denn der Prozess, der in den „Kunstwerken sich vollzieht und in ihnen stillgestellt wird, ist als gleichen Sinnes mit dem gesell-

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Ebd., S. 10. Ebd. Ebd., S. 446. Zur Bedeutung des Zeitproblems und des zugehörigen Terminus ‚Entwicklung‘ insbesondere für die Musik sei verwiesen auf Verf.: „Aspekte des Zeitproblems in der Musikphilosophie Theodor W. Adornos“, in: R. Klein/St. Mahnkopf (Hrsg.): Mit den Ohren denken. Adornos Philosophie der Musik, Frankfurt a. M. 1998, S. 37–51. 37 Ästhetische Theorie, S. 15. 38 Ebd., S. 286.

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schaftlichen Prozess zu denken, in den sie eingespannt sind; nach Leibnizens Formel repräsentieren sie fensterlos“39. Sogar eine formale Analogie zur prästabilierten Harmonie ließe sich hier vielleicht noch hineinlesen, insofern die Integration der empirischen Vorgaben, die Stoffe und Motive der äußeren Geschichte in das monadische Formgesetz eben bewusstlos, unintendiert, durch Nichtkommunikation vollzogen wird – gleichsam als hätte eine unsichtbare Hand die Übersetzung von einem Kontext in den anderen geleitet und geordnet. Doch abgesehen davon, dass die Parallelität von innerer und äußerer Geschichte stets nur partiell bleibt, niemals beide Seiten vollständig erfasst, so ist ohnehin die qualitative und ontologische Bestimmung der Relata dieser Harmonie bzw. Parallelität toto coelo verschieden: Es sind gerade keine Monaden, die in ihren Entwicklungen aufeinander abgestimmt sind, vielmehr steht der monadischen Seite der Kunstwerke gegenüber die naturwüchsige, raumzeitlich-materielle Geschichte als jeweilige gesellschaftliche Totalität; und diese Monaden sind nicht durch die universale Logizität alles Seienden, sondern in einer ganz anderen Weise an diese ihr vorgegebene Totalität gebunden, nämlich von Grund auf durch ihren „Zeitkern“: „Der Prozesscharakter der Kunstwerke ist nichts anderes als ihr Zeitkern“40. Konstituiert die Kunst sich erst durch „die Aussonderung der ästhetischen Sphäre aus der Empirie“41, so bleibt sie, wie bereits dargelegt, eben dadurch auch an die Empirie der äußeren Geschichte und deren Veränderungen und Dynamik gebunden. Darum ist sie selbst veränderlich und dynamisch, ihre Konstitution und ihr Leben sind mit ihrer inneren Geschichte in der äußeren: „Leben Kunstwerke, vermöge ihres eigenen Prozesscharakters, in der Geschichte, so können sie in dieser vergehen“42 – und zwar im Grunde durch die, wenn auch von der äußeren Geschichte vermittelten, so doch ästhetisch entscheidenden innermonadischen Veränderungen, das heißt: die „Ablösung einer ihrer Schichten nach der anderen, unabsehbar im Augenblick ihres Erscheinens; die Determination solcher Veränderung durch ihr hervortretendes und damit sich abspaltendes Formgesetz; die Verhärtung der transparent gewordenen Werke, ihr Veralten, ihr Verstummen. Am Ende ist ihre Entfaltung eins mit ihrem Zerfall“43. Erscheint so der Zeitkern der Kunstwerk-Monaden zugleich als der Grund ihrer Vergänglichkeit, so ist er doch andererseits zugleich die Bedingung der Möglichkeit ihrer jeweils authentischen Aktualität und ihrer realen Bedeutung. Die radikale Endlichkeit des nachmetaphysischen Denkens weist dennoch ex negativo über sich hinaus. Ist „die Entfaltung der Werke […] das Nachleben ihrer immanenten Dynamik“44, so gehören zum „Schauplatz der geschichtlichen Bewegung der Werke an sich“ auch „Interpretation, Kommentar und Kritik“, als „Formen eigenen Rechts“45.

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Ebd., S. 350. Ebd., S. 264. Ebd., S. 23. Ebd., S. 266. Ebd. Ebd., S. 288. Ebd., S. 289.

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In solcher komplexen Entfaltung der Kunstwerk-Monade liegt ihr „Wahrheitsgehalt“. Er ist mit dieser Entfaltung selber wandelbar, doch wenngleich also nicht überzeitlich und invariant gültig, so doch auch nicht linear an den Zeitverlauf gebunden: „Nichts ist unbesehen, nur weil es vorhanden ist und einst etwas galt, zu übernehmen, nichts aber auch erledigt, weil es verging; Zeit allein ist kein Kriterium“46. „Die authentische Kunst der Vergangenheit, die derzeit sich verhüllen muss, ist dadurch nicht gerichtet. Die großen Werke warten. Etwas von ihrem Wahrheitsgehalt zergeht nicht mit dem metaphysischen Sinn, so wenig es sich festnageln lässt; es ist das, wodurch sie beredt bleiben. Einer befreiten Menschheit sollte das Erbe ihrer Vorzeit, entsühnt, zufallen. Was einmal in einem Kunstwerk wahr gewesen ist und durch den Gang der Geschichte dementiert ward, vermag erst dann wieder sich zu öffnen, wenn die Bedingungen verändert sind, um derentwillen jene Wahrheit kassiert werden musste: so tief sind ästhetisch Wahrheitsgehalt und Geschichte ineinander. Die versöhnte Realität und die wiederhergestellte Wahrheit am Vergangenen dürften miteinander konvergieren. Was an vergangener Kunst noch erfahrbar ist und von Interpretation zu erreichen, ist wie eine Anweisung auf einen solchen Zustand. Nichts verbürgt, dass sie honoriert werde“47.

46 Ebd., S. 67. 47 Ebd.

PERSPEKTIVE UND INTERPRETATION Leibniz und die Hermeneutik* Juan A. Nicolás (Granada) 1. ENTDECKEN VON ÜBEREINSTIMMUNGEN Auf triviale Weise betrachtet, ist es nicht offensichtlich, dass man zwischen der hermeneutischen Idee der zeitgenössischen Philosophie und einigen der Grundthesen von Leibniz irgendeine Beziehung herstellen könnte. Der rein logisch-rationalistische, vorkantische Leibniz wird von Heidegger auf pure berechnende Rationalität reduziert, Emblem der restriktivsten Version der aufgeklärten Moderne. Zwischen beiden Gesichtspunkten tut sich der weite Graben auf, der die These des interpretativen Charakters des wahren Wissens bedeutet, die Analyse der Faktizität als Endlichkeit, die Unmöglichkeit der kritisch rationalen Begründung oder die Auflösung jeglicher Möglichkeit, den Gedanken zu systematisieren. Es handelt sich um die großen Linien, die die hermeneutische Konzeption des Denkens von den Grundzügen einer bestimmten Interpretation der leibnizschen Philosophie abgrenzt. So betrachtet ist die Beziehung oder der Vergleich unmöglich. Wenn man jedoch weniger triviale Modelle als Referenz verwendet und solche, die beide Gesichtspunkte nuancierter angehen, beginnen sich neue Möglichkeiten aufzutun. Zunächst einmal ist Leibniz, historisch betrachtet, einer der klassischen Autoren, mit denen sich Heidegger am meisten befasste. Von den 20er bis zu den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat Heidegger fast ununterbrochen über Leibniz geschrieben. Es ist unwahrscheinlich, dass er willens war, sich über so einen langen Zeitraum hinweg mit jemandem auseinanderzusetzen, mit dem ihn nur eine unüberwindbare Distanz verband. Heidegger muss folglich etwas sehr Interessantes an Leibniz gefunden haben, damit er ihm solche intellektuellen Anstrengungen widmete. In dieser Richtung hat es weitergehend eine Vielzahl von Versuchen gegeben, Heideggers Wahrnehmung von Leibniz zu analysieren, zu bewerten und zu charakterisieren. Die Geschichte dieser Wahrnehmung und die darauffolgenden Modulationen seiner Interpretationen sind ausführlich von K. Sakai1 und O. Saame2 studiert worden. * 1 2

Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Forschungsprojekts Leibniz en español (http://www.leibniz.es), das von dem spanischen Ministerio de Economía y Competitividad (FFI2010-15914) und von der Junta de Andalucía (P09-HUM.5109) finanziert wird, erstellt. K. Sakai: „Zum Wandel der Leibniz-Rezeption im Denken Heideggers“, in: Heidegger Studies 9 (1993), S. 97–124; ders.: „On the Shift in how Leibniz was viewed in Heidegger’s Thinking“, in: J. A. Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, Cambridge 2016, S. 35–66. O. Saame: „Leibniz-Rezeption in Heideggers Vorlesungen“, in: Akten des IV. Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover 1983, S. 929–935.

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Die Forscher dieser Beziehung zwischen Heidegger und Leibniz haben sich auf einige Hauptthemen konzentriert, welche Gegenstand der Erörterung des Begründers der gegenwärtigen Hermeneutik sind. Das vielleicht am meisten debattierte Prinzip ist das vom Satz vom zureichenden Grund und seine Rolle im Rahmen der Rationalität der Moderne. Mit der heideggerschen Interpretation dieses Prinzips haben sich R. Cristin3, U. J. Schneider4, G. Treiber5, H. Ruin6 Viti Cavaliere7, J. Acevedo Guerra8 und R. P. Crease9 beschäftigt. Diese Analyse der heideggerschen Interpretation des Prinzips des Grundes wurde bezüglich des rechnenden Denkens (R. Cristin10), in Bezug auf den Grund (L. Di Bartolo11), die Technik (M. Luna Alcoba12) oder auf die Frage „Warum gibt es etwas anstatt nichts?“ (G. Marramao13, A. Model14 oder W. Janke15) durchgeführt. Andere Forschungsthemen bezüglich der Beziehung zwischen Heidegger und Leibniz waren die Rolle der Logik und ihre Position zur Metaphysik (R. Cristin16

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R. Cristin: „Il principio di ragione. Heidegger e Leibniz“, in: M. L. Martini (Hrsg.): Eredità di Heidegger, Ancona 1988, S. 35–56; ders.: „Rechnendes Denken und besinnendes Denken: Heidegger und die Herausforderung der Leibnizschen Monadologie am Beispiel des Satzes vom Grund“, in: Studia Leibnitiana 24 (1992), S. 92–100. U. J. Schneider: „Das Problem der zureichenden Vernunft. Leibniz, Heidegger und Deleuze“, in: H. Poser u. a. (Hrsg.): Nihil sine Ratione. Akten des VII. Internationalen Leibniz-Kongresses, Berlin 2001, Teil 3, S. 1138–1147. G. Treiber: „Der Satz vom Grund: Leibniz und Heidegger“, in: Poser u. a. (Hrsg.): Nihil sine ratione, Teil 3, S. 1291–1298. H. Ruin: „Leibniz and Heidegger on Sufficient Reason“, in: Studia Leibnitiana 30 (1998), S. 49–67. R. Viti Cavaliere: Il gran principio: Heidegger e Leibniz (= Definizioni. Collana di studi filosofici 7), Neapel 1989. J. Acevedo Guerra: „En torno a la interpretación heideggeriana del principio de razón suficiente“, in: Diálogos. Revista del departamento de filosofía Universidad de Puerto Rico 38, 81 (2003), S. 15–34. R. P. Crease: Heidegger, Leibniz and the Principle of Sufficient Reason, Ann Arbor, MI, 1987. R. Cristin: „Rechnendes Denken und besinnendes Denken: Heidegger und die Herausforderung der Leibnizschen Monadologie am Beispiel des Satzes vom Grund“, in: Studia Leibnitiana 24 (1992), S. 92–100. L. Di Bartolo: „Logos come fondamento: il superamento della metafísica nella riflessione heideggeriana su Leibniz“, in: Giornale di metafisica 14 (1992), S. 505–539. M. Luna Alcoba: „Ciencia, razón suficiente y técnica. Leibniz entre Newton y Heidegger“, in: Actas del Congreso Internacional sobre Ciencia, Tecnología y Bien Común: La Actualidad de Leibniz (Valencia, 21–23 marzo de 2001) (= Leibnizius politechnicus 2), Valencia 2002, S. 206–214. G. Marramao: Minima temporalia: empo spazio esperienza, Milan 1990, besonders das Kapitel „Perché esiste qualcosa piuttosto che nulla?: Leibniz e Heidegger“, S. 23–43. A. Model: „Zureichender Grund und ohne warum. Aspekte der Leibniz-Auslegung Martin Heideggers“, in: Poser u. a. (Hrsg.): Nihil sine ratione, Teil 2, S. 815–820. W. Janke: „Die Zeitlichkeit der Repräsentation. Zur Seinsfrage bei Leibniz“, in: V. Klostermann (Hrsg.): Durchblicke. Martin Heidegger zum 80. Geburtstag, Frankfurt a. M. 1970, S. 255–283. R. Cristin: „Logique ou métaphysique? En marge des leçons heideggeriennes de 1928 sur Leibniz“, in: Études phénoménologiques 5–6 (1987), S. 171–192.

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und P. Colonnello17), der Machtbegriff (M. de Faria Blanc18, M. Luna Alcoba19, J.M. Vaysse20, J. M. Gómez Delgado und M. Escribano21), der Phänomenbegriff und Repräsentation (K. Sakai22 und H.-P. Neumann23), Bewusstsein und Zeitlichkeit (F. W. von Herrmann24, K. S. Feldman25 und C. E. Scott26), das Identitätsproblem (D. J. Selcer27 und R. Sofroni28) oder der Substanzbegriff (R. Cristin29). Leibniz wurde platziert und verglichen in Bezug auf die Aufklärung und die Hermeneutik (J. A. Nicolás30), auf die Zeit der Informatik (A. Robinet31) und auf den phänomenologischen Aspekt der Hermeneutik (R. Cristin32, H. van Breda33, A. Serrano

17 P. Colonnello: „Dalla lógica dei principia i principi senza la logica“, in: Criterio VIII (1990), S. 133–146. 18 M. De Faria Blanc: „A essência da força: Leibniz e Heidegger“, in: L. Ribeiro dos Santos/P. M. S. Alves/A. Cardoso (Hrsg.): Descartes, Leibniz e a modernidade, Lissabon 1998, S. 525–533. 19 M. Luna Alcoba: „El ser como fuerza: isomorfismos entre Heidegger y Newton“, in: Estudios filosóficos (2003), S. 87–105. 20 J.-M Vaysse: „Leibniz: nature et force dans la métaphysique moderne“, in: M. de Gaudemar (Hrsg.): La notion de nature chez Leibniz (= Studia Leibnitiana, Sonderhefte 24), Stuttgart 1995, S. 171–179. 21 J. M. Delgado/M. Escribano: „Force and Resistance: Heidegger, Leibniz and Reality as the Guiding Thread of General Ontology“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 113–130. 22 K. Sakai: „Weg zu einer Phänomenologie des Sichzeigens. Der Phänomenbegriff bei Heidegger und Leibniz“, in: R. Cristin/K. Sakai (Hrsg.): Phänomenologie und Leibniz, Freiburg/München 2000, S. 159–182. 23 H.-P. Neumann: „The Concept of Representation in Heidegger’s Interpretation of the Monadology“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 87–100. 24 F. W. von Herrmann: „Die innermonadische Zeitlichkeit in der Monadologie“, in: Neues Jahrbuch 30 (2004), S. 11–36. 25 K. S. Feldman: On Rhetoric, Performativity and the Example of Conscience in Hobbes, Leibniz, Hegel and Heidegger, Ann Arbor, MI 2000. 26 C. E. Scott: „Heidegger and Consciousness“, in: Southern Journal of Philosophy 8 (1970), S. 355–372. 27 D. J. Selcer: “Heidegger’s Leibniz and Abyssal Identity”, Continental Philosophy Review, 36 (2003), S. 303–324. 28 R. Sofroni: „Memory, Personal Identity and the Past: Heideggerian Emendations of a Position held by Leibniz“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 101–112. 29 R. Cristin: „La monade, l’eco, l’arcobaleno: Heidegger, Husserl e il concetto leibniziano di sostanza“, in: R. Cristin (Hrsg.): Heidegger e Husserl, Florenz 1988, S. 231–257. 30 J. A. Nicolás: „G. W. Leibniz: ¿Entre la Ilustración y la hermenéutica?“, in: Actas del Congreso Internacional sobre Ciencia, Tecnología y Bien Común, S. 137–147; ders.: „Die Krise der Aufklärung: die leibnizsche Alternative“, in: Poser u. a. (Hrsg.): Nihil sine ratione, Teil 2, S. 897–905. 31 A. Robinet: „Leibniz und Heidegger: Atomzeitalter oder Informatikzeitalter?“, in: Studia Leibnitiana 8 (1976), S. 241–256. 32 R. Cristin: „Leibniz y el pensamiento fenomenológico“, in: Revista de Filosofía 17, 1 (1997), S. 15–51; Cristin/Sakai (Hrsg.): Phänomenologie und Leibniz. 33 H. L. van Breda: „Leibniz’ Einfluss auf das Denken Husserls“, in: K. Müller/W. Totok (Hrsg.): Akten des Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover 14.–19. November 1966. Geschichte der Philosophie (= Studia Leibnitiana, Supplementa 5), Wiesbaden 1971, S. 124–145

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de Haro34 oder K. E. Kaehler35). Schlussendlich hat es auch solche gegeben, die eine direkte philosophische Beziehung zwischen den Gedanken von Leibniz und der Hermeneutik herzustellen versuchten oder herstellten. In dieser Richtung finden wir K. Lorenz36, der die Monadologie als Skizze einer Hermeneutik interpretiert, J. Grondin37, der die leibnizschen Spuren in der Verfassung des aktuellen hermeneutischen Gedankens sucht oder J. Conill38, der Leibniz von einer hermeneutischvitalistischen Perspektive aus angeht. Bei all diesen Versuchen handelt es sich um philosophische Debatten, die nach Alternativen und Vorschlägen suchen, zu der Art, in der wir die Probleme heute angehen. Dadurch gelingt es, Begriffe abzugrenzen, Ausdrücke zu prägen, die Reichweite der Begriffe zu präzisieren oder auch neue Konsequenzen zu ziehen. In dieser Richtung weitergehend werden wir hier versuchen, die Beziehung zwischen der Hermeneutik und der leibnizschen Philosophie anzugehen, und zwar einen Aspekt betrachtend, der bisher noch nicht genug untersucht wurde. Es geht darum, eine neue Linie der Übereinstimmung zu eröffnen und ihre philosophische Wirkungskraft zu überprüfen. 2. PERSPEKTIVE UND AUSLEGUNG 2.1 Leibniz konstatiert, dass es verschiedene Formen des Zugangs zur Kenntnis von Dingen, Tatsachen, einem Problem oder ganz allgemein zu einer Totalität gibt. Und diese verschiedenen Zugangsformen können alle gleichzeitig verschieden und wahr sein. Leibniz verallgemeinert diese Eigenschaft als wesentlich für das menschliche Wissen und verwendet als Bezeichnung für diese den Begriff „Perspektive“. Alles menschliche Wissen hat perspektivistischen Charakter, ist eine Annäherung an seinen Zweck von einem bestimmten „Gesichtspunkt“ aus. Es gibt kein vollständiges menschliches Wissen, von keiner Sache und keiner Tatsache, denn es gibt immer die Möglichkeit eines neuen Gesichtspunktes, von dem aus sie angegangen werden 34 A. Serrano de Haro: „The Eve of Husserlian Monadology“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 183–190. 35 K. E. Kaehler: „Das Bewußtsein und seine Phänomene: Leibniz, Kant und Husserl“, in: Cristin/Sakai (Hrsg.): Phänomenologie und Leibniz, S. 42–74. 36 K. Lorenz: „Die Monadologie als Entwurf einer Hermeneutik“, in: Akten des II. Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover, 17.–22. Juli 1972 (= Studia Leibnitiana, Supplementa 14), Wiesbaden 1975, S. 317–325. 37 J. Grondin: „Das Leibnizsche Moment in der Hermeneutik“, in: M. Beetz/G. Cacciatore (Hrsg.): Die Hermeneutik im Zeitalter der Aufklärung, Köln/Weimar/Wien 2000, S. 3–16; ders.: „The Possible Legacy of Leibniz’s Metaphysics in Hermeneutics“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 3–16. 38 J. Conill: „Leibniz from the Perspective of Ratiovitalistic Hermeneutics“, in: Nicolás u. a. (Hrsg.): Leibniz and Hermeneutics, S. 133–146.

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können (das sind neue Perspektiven) und der neue Informationen bietet. Der Mindestanspruch, der an die verschiedenen Perspektiven gestellt wird, ist die gegenseitige logisch-formale Kohärenz. All dies muss im Rahmen der leibnizschen Erkenntnistheorie betrachtet werden, bei der die Unterscheidung des menschlichen Gesichtspunktes von dem göttlichen Gesichtspunkt essenziell ist. Es finden sich hier zwei Gesichtspunkte, die dem jeweiligen Subjekt inhärent sind. Der erste Gesichtspunkt repräsentiert das begrenzte menschliche Wissen, während der göttliche Gesichtspunkt für das uneingeschränkte, absolute Wissen steht. Das absolute Wissen ist die intuitive, simultane (zeitlose) Gegenwärtigkeit der Gesamtheit der Möglichkeiten des göttlichen Geistes. Es geht nicht darum, dass eine bestimmte Perspektive die richtige wäre oder richtiger als andere. Es geht um die Gesamtheit der einzelnen Gesichtspunkte, oder anders gesagt: Es geht um die Kenntnis der Vernunft der Reihe und der Reihe der Vernunft. Dies wird auch bezüglich der Teilmenge der Möglichkeiten überdacht, die die stärkste Verbindung von Vereinbarkeiten ist – die Wirklichkeit. Die Beziehung zwischen beiden Gesichtspunkten muss verschiedene Eigenschaften haben. Als Erstes müssen sie etwas gemeinsam haben, denn wäre dem nicht so, könnte der Mensch nichts wissen über den nicht-menschlichen Gesichtspunkt, der der göttliche ist. Es gibt tatsächlich einige Vernunftprinzipien, die sowohl für Gott als auch für den Menschen Gültigkeit haben. Es gibt Prinzipien, die weder Gott noch der Mensch in einer gültigen Überlegung oder dem wahren Wissen übergehen können. Diese Gemeinsamkeit beider Gesichtspunkte ermöglicht es dem begrenzten menschlichen Wissen, Teile des absoluten Wissens zu erreichen, des Wirklichen und auch des Möglichen. Während an zweiter Stelle das menschliche Wissen vor allem diskursiv ist und nur zu einem kleinen Teil intuitiv, muss das Wissen aus absolutem Gesichtspunkt ausschließlich intuitiv sein. Der diskursive Charakter des menschlichen Wissens gibt ihm die unergründliche Perspektive der Zeit, sodass es keine Begrenzung hat. Das bedeutet, dass es keine Wahrheit gibt, zu der es kein Voranschreiten, keine neuen Entwicklungen, neuen Hypothesen und Alternativen geben könnte. All dies passiert nicht bei dem absoluten Gesichtspunkt. Wenn dies in der Auffassung von Leibniz so ist, stellt sich zumindest eine Frage bezüglich des Schlüsselbegriffs „Perspektive“. Man kann erwägen, dass der absolute Gesichtspunkt die Gesamtheit aller möglichen Gesichtspunkte ist und das jeder einzelne aus einer in sich kohärenten (vereinbaren) Zusammenfügung besteht, die Teil der Gesamtheit aller möglichen wird. Jede mögliche Welt kann als ein bestimmter Gesichtspunkt bezüglich der Gesamtheit der Möglichkeiten angesehen werden, das heißt als eine Perspektive zur vollständigen Gesamtheit. Wenn diese Auslegung im leibnizschen Rahmen Gültigkeit hat, kann man erwägen, dass die interne Struktur des absoluten Gesichtspunkts perspektivistisch ist (die Gesamtheit aller logisch möglichen Perspektiven). Die Gesamtheit aller Perspektiven aber kann nicht als eine Perspektive angesehen werden, denn definitionsgemäß muss diese begrenzt und partiell sein. Deswegen ist der absolute Gesichtspunkt in keiner Weise eine Perspektive, in seiner inneren Struktur jedoch perspektivistisch.

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2.2 Auf der anderen Seite verändert Heidegger die Art und Weise, Wissen zu verstehen, und die Art des In-der-Welt-Seins. Damit hat er die gegenwärtige Hermeneutik begründet. Bei diesem Ansatz spielt die Idee eine grundlegende Rolle, dass es immer verschiedene Möglichkeiten geben kann, sich einer Tatsache, einer Sache, der Wahrheit des Wissens, der Art, die Welt zu verstehen oder sich selbst, etc. zu nähern. Und diese verschiedenen Möglichkeiten, das Wahre zu verstehen und im Wahren zu sein, können alle teilweise oder ganz wahr sein. Diese verschiedenen Annäherungen an die Wahrheit werden als verschiedene Formen angesehen, Tatsachen, Handlungen, Sachen oder Gefühle zu verstehen oder auszulegen. Aus diesem Grund wird der Begriff „Auslegung“ ein zentraler Begriff für die Hermeneutik. Der Begriff der „Auslegung“ muss im Falle Heideggers im Rahmen einer These betrachtet werden, und zwar der These, dass alles Wissen in einer „hermeneutischen Situation“ stattfindet. Diese bestimmt das Vorverstehen vor der Auslegung: „Alle Auslegung gründet im Verstehen“39. Der Mensch ist ursprünglich ein verstehendes Sein, und der erste Hinweis auf dieses Verstehen ist der Bereich der Möglichkeit: „Das Dasein entwirft als Verstehen sein Sein auf Möglichkeiten. Dieses verstehende Sein zu Möglichkeiten ist selbst durch den Rückschlag dieser als erschlossener in das Dasein ein Seinkönnen. Das Entwerfen des Verstehens hat die eigene Möglichkeit, sich auszubilden. Die Ausbildung des Verstehens nennen wir Auslegung“40.

Wie bei Leibniz ist die Basis für die Auslegung der Bereich des Möglichen, nur dass in diesem Fall das Mögliche beschränkt wird durch die Gesamtheit der Bestimmungen, die im Verstehen gesammelt werden. Diesbezüglich ist die Auslegung eine „Entwicklung“, eine „Artikulation“ oder eine „Darstellung“, deswegen besteht die Auslegung aus der „Ausarbeitung der im Verstehen entworfenen Möglichkeiten“41. Der Bereich des Verstehens besteht aus der Gesamtheit von strukturellen Annahmen der Handlung des Auslegens und Erkennens. Diese Annahmen werden von Heidegger auf drei verschiedenen Ebenen organisiert: das vorher Gehabte (Vorhabe), die vorherige Art der Sicht (Vorsicht) und die vorherige Art des Verstehens (Vorgriff)42. Diese Ebenen befinden sich nicht auf demselben Niveau, sondern entsprechen einer Zusammensetzungslogik der Infrastruktur des Wissens, mit der Heidegger die Methode des Verstehens zu erklären versucht, was bedeutet, „die methodische Durchsichtigkeit des verstehend-auslegenden Verfahrens der Seinsinterpretation“43 zu erreichen. Hier sei eine Zusammenfassung der Dynamik der Ebenen des Verstehens gegeben: „[…] die Vorhabe [...], der sich alle nachkommenden Schritte der Analyse anmessen. Diese bedürfen aber zugleich einer Führung durch die mögliche Vor-sicht auf die Seinsart des betr. 39 M. Heidegger: Sein und Zeit (= Martin Heidegger: Gesamtausgabe 2), Frankfurt a. M. 1977, S. 153. Siehe auch ebd., S. 148. 40 Ebd., S. 148. 41 Ebd. 42 Ebd., S. 232. 43 Ebd., S. 230.

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Seienden. Vorhabe und Vorsicht zeichnen dann zugleich die Begrifflichkeit vor (Vorgriff), in die alle Seinsstrukturen zu heben sind“44.

Dies bedeutet, dass in irgendeiner Weise jede Konzeptualisierung, die schlussendlich die Palette der möglichen Auslegungen bestimmt, in einer gewissen Art abhängig ist von der Vorhabe und der Vorsicht. Diese beiden Elemente sind es, die wirklich die umrissenen Möglichkeiten des präinterpretativen Verstehens festlegen, das in der Auslegung gipfelt. Der (strukturierte) Prozess des Verstehens und Auslegens lässt die Welt schlussendlich „erscheinen“ im Hinblick auf Sprache und Sinn45. Es gibt keine bloße Präsenz, die nicht verstehend-auslegend ist, weder vor den Sinnen noch vor dem Logos. Hierbei handelt es sich um eine essenzielle Eigenschaft der hermeneutischen Wendung gegenüber Husserl und dem phänomenologischen Verstehen des Wissens: „Auslegung ist nie ein voraussetzungsloses Erfassen eines Vorgegebenen“46. Es gibt keinen größeren Einwand der Phänomenologie und keine größere Festlegung der hermeneutischen Wendung. Alles Wissen (= verstehen-auslegen) ist immer „bezüglich etwas“, das heißt im Rahmen einer bestimmten Palette möglichen Verstehens und möglicher Auslegungen. Der „Schritt“ von dieser Palette der Möglichkeiten (gleichzeitig offen und begrenzt durch das vorher gegebene, die Vorhabe) zu einer bestimmten Auslegung (eingeschränkt durch die vorherige Sicht, die Vorsicht) geschieht immer unter der „Führung einer Hinsicht“47, die durch die letzte Instanz, die Begrifflichkeit bestimmt ist – das liegt an einer Art des vorherigen Verstehens (Vorgriff). Schließlich finden wir hier wieder den Begriff des Gesichtspunkts oder der „Perspektive“. Zusammenfassend hat in der heideggerschen Hermeneutik das Wissen im Grunde notwendigerweise immer interpretativ-perspektivistischen Charakter. Man kann ohne große Schwierigkeit von einem Perspektivismus der Auslegungen sprechen. Bis zu diesem Punkt wurden ausreichend Parallelen zwischen den Begriffen „Perspektive“ und „Auslegung“ aufgezeigt, so dass die These formuliert werden kann, dass der monadologische Perspektivismus als hermeneutischer Interpretationismus verstanden werden kann, und gleichzeitig kann die Hermeneutik der Auslegungen als Perspektivismus betrachtet werden. Um diese Hypothese im Einzelnen verstehen und erproben zu können, ist es nützlich, zunächst den leibnizschen Begriff der „Perspektive“ genau abzugrenzen. Danach muss das Problem in seine grundlegenden Bestandteile zerlegt und die Analyse strukturiert werden.

44 Ebd., S. 232. 45 Ebd., S. 150. 46 Ebd. Siehe auch ebd., S. 149: „Alles vorprädikative schlichte Sehen des Zuhandenen ist an ihm selbst schon verstehend-auslegend“. 47 Ebd., S. 150.

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3. DER LEIBNIZSCHE BEGRIFF DER „PERSPEKTIVE“ Lassen Sie uns kurz wiederholen, was Leibniz unter „Perspektive“ versteht48. Als Erstes muss man feststellen, dass Leibniz aus semantischer Sicht die Begriffe „Perspektive“ und „Gesichtspunkt“ gleich verwendet. Er verwendet manchmal sogar die Wendung „Perspektivpunkt“49, aber dies geschieht eher selten. Wie üblich findet man bei Leibniz nicht eine einheitliche Verwendung des Begriffs, sondern er wird mit verschiedener Bedeutung und auf verschiedene Bereiche des Wissens angewendet. Man kann zumindest die folgenden Bedeutungen der Begriffe „Perspektive“ oder „Gesichtspunkt“ unterscheiden: a) Als Erstes wird Perspektive als Projektion verstanden. Dies geschieht in der häufigen Verwendung des Begriffs durch Leibniz im Bereich der Geometrie50. „Il est vray que la même chose peut être representée differemment; mais il doit toujours y avoir un rapport exact entre la representation et la chose, et par consequent entre les diferentes representations d’une même chose. Les projections de perspective, qui reviennent dans le cercle aux sections coniques, font voir qu’un meme cercle peut être representé par une ellipse, par une parabole et par une hyperbole… Rien ne paroit si different, ny si dissemblable, que ces figures; et cependant il y a un rapport exact de chaque point à chaque point“51.

Es ist wichtig, die Tatsache hervorzuheben, dass bei dieser Bedeutung alle möglichen Perspektiven untereinander kohärent sein müssen. Die Beziehung zwischen den Elementen der verschiedenen projizierten Perspektiven hat den Charakter eines funktionellen Ausdrucks: „Une chose exprime une autre, lors qu’il y a un rapport constant et reglé entre ce qui se peut dire de l’une et de l’autre, c’est ainsi qu’une projection de perspective exprime son geometral“52.

b) Als Zweites verleiht Leibniz dem Begriff „Perspektive“ Sinn als Anspielung auf die Gesetze des menschlichen Sehens. Die Gesetze der Perspektive betreffen den Anwendungsbereich der Funktion des menschlichen Auges und den Bereich der Kunst. Im ersten Fall geht es um die Wissenschaft der Optik und im zweiten hauptsächlich um die Malerei und die durch die Perspektive erzielten Effekte, aber auch um Architektur und Bildhauerei. In diesen Bereich gehört auch die Reflexion über die Kunst, die Ästhetik. Einerseits funktioniert das Auge nach Regeln, die in gewisser Weise das Abgebildete „korrigieren“. Das ist die biologische Komponente der Perspektive. Das Auge nimmt z. B. Symmetrien wahr, wo es diese in Wirklichkeit nicht gibt53. Das Studium und die Festlegung dieser Gesetze nennt man Optik54. In 48 Vgl. H. Busche: Leibniz’ Weg in perspektivische Universum. Eine Harmonie im Zeitalter der Berechnung, Hamburg 1997. 49 A IV, 3, 903. 50 Vgl. A II, 1, 31; A VI, 2, 379; A VI, 4,708. 51 GP VI, 327. 52 A II, 2, 231; A II, 2, 240. 53 A IV, 3, 259; A IV, 6, 763. 54 A IV, 5, 630; A VI, 4, 88.

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dieser gibt es ein Fachgebiet, das sich mit dem Verlauf von Lichtstrahlen befasst, die durch ein Glas oder einen Spiegel gehen und ein Teilgebiet des Glasschleifens, um bestimmte Perspektiven und Effekte zu erzielen55. Auch im Bereich der Kunst haben die Gesetze der Perspektive eine Funktion. In der Malerei ist es wichtig, diese Gesetze anzuwenden, um den gewünschten Effekt zu erzielen, und auch der Betrachter muss die richtige Perspektive haben, um den richtigen Effekt wahrnehmen zu können56. Dasselbe geschieht auch in der Architektur57 und im Theater, wo die in verschiedenen Perspektiven projizierten Licht- und Schattenspiele besondere Effekte hervorrufen58. Zuletzt erzeugt die richtig gestaltete Perspektive einen ästhetischen Effekt, die Schönheit. Dazu sind die passenden Umstände notwendig59. Etwas, das offensichtlich hässlich oder unansehnlich ist, zeigt von der richtigen Perspektive aus seine Schönheit im Rahmen der Gesamtheit: „Dieu, par un art merveilleux, tourne tous les defauts de ces petits mondes au plus grand ornement de son grand monde. C’est comme dans ces inventions de perspective, où certains beaux desseins ne paroissent que confusion, jusqu’à ce qu’on les rapport à leur vray point de vue […]. Ainsi les deformities apparentes de nos petits mondes se reunissent en beautés dans le grand“60.

c) Eine dritte Bedeutung des Begriffs „Perspektive“ ist die des differenzierten Standpunkts. Mit dieser dritten Bedeutung wird der Begriff im Bereich der Metaphysik, der Epistemologie, der Ethik und der Politik verwendet. Im Bereich der Ethik und der Politik formuliert Leibniz ein Prinzip, das festlegt, welches die passende Perspektive ist: „La place d’autruy est le vray point de perspective en politique aussi bien qu’en morale“61. Sich virtuell in die Position (Perspektive) des anderen zu begeben, ist der beste Weg, ihn zu verstehen, sei es, um mit ihm übereinzustimmen oder um anderer Meinung zu sein. In gewissen Aspekten der Ontologie taucht ebenfalls der Begriff der Perspektive oder des Gesichtspunkts auf. Bei der Festlegung der Grundkomponenten des Wirklichen greift Leibniz auf diesen Begriff zurück: „Il n’y a que les atomes de substance, c’est à dire, les unités reelles et absolument destituées de parties […]. On les pourroit appeller points metaphysiques: ils ont quelque chose de vital et une espece de perception, et les points mathematiques sont leur points de vue“62.

Alle ontologischen Einheiten oder individuellen Substanzen repräsentieren einen eigenen und differenzierten Gesichtspunkt. Es handelt sich um eine Perspektive bezüglich der Gesamtheit der Welt63.

55 56 57 58 59 60 61 62 63

A IV, 1, 137 und 541; A II, 1, 263; A VI, 4, 1822. A IV, 7, 219; A II, 3, 226; A VI, 4, 709; A VI, 6, 135. A VI, 4, 2388. A IV, 1, 567–568; A VI, 6, 138. A II, 2, 188; A I, 13, 13; A I, 15, 294–295. GP VI, 197–198. A IV, 3, 903; A IV, 1, 79. GP IV, 482–483. A II, 2, 188.

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Juan A. Nicolás „Les unités de substance n’estant autre chose que des diferentes concentrations de l’univers, representé selon les differens points de vue qui les distinguent“64.

So kommt man zum Glanzpunkt der Verwendung des Begriffs „Perspektive“ durch Leibniz. Einzelne Individuen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Perspektive haben, die sie als solche differenzierten Individuen ausmacht. Diese These hat sowohl ontologischen (bildet Individuen) als auch epistemologischen (zeigt die Welt auf eine bestimmte Art) Wert. Wenn man davon ausgeht, dass es unendlich viele Individuen gibt, gibt es ebenso viele Arten, Zugang zur Welt als Ganzes zu finden und sie zu beschreiben. Dies ist das bekannte Beispiel, das Leibniz verwendet: „Et comme une même ville regardée de differens cotés paroist tout autre et est comme multipliée perspectivement, il arrive de même, que par la multitude infinie des substances simples, il y a comme autant de differens univers, qui ne sont pourtant que les perspectives d’un seul selon les differens points de vue de chaque monade“65.

All die verschiedenen Perspektiven haben ein doppeltes Prinzip der Vereinheitlichung: Auf der einen Seite nehmen sie auf ein einziges Objekt Bezug, und auf der anderen Seite werden sie nach einem Plan der tiefen Ordnung, Harmonie und Schönheit koordiniert, der von Gott gegeben ist: „Cette loy de l’ordre qui fait l’individualité de chaque substance particuliere, a un rapport exact à ce qui arrive dans tout autre substance, et dans l’univers tout entier“66.

Diese Koordinierung der verschiedenen wahren menschlichen Perspektiven führt dazu, dass es keine Perspektiven oder Gesichtspunkte geben kann, die nicht miteinander vereinbar wären. Es gibt nicht den einen Gesichtspunkt, der der richtige ist, und die anderen sind falsch. Alle sind relativ wahr in der Hinsicht, dass sie teilweise ein Objekt erklären oder abbilden. Gleichzeitig sind sie von Grund auf unvollständig, das bedeutet begrenzt, und diese ihnen innewohnende Begrenzung steht in Verbindung mit der Körperlichkeit. Die Körperlichkeit macht die menschliche Perspektive aus: „Dieu a fait l’ame en sorte qu’elle doit s’accorder avec tout ce qui est hors d’elle, et même le representer suivant les impressions que les choses font sur son corps organique, et qui fait son point de vue“67

Der einzige „wahre Gesichtspunkt“ ist der der Gesamtheit. Die Wahrheit ist das Ganze, sagt um einiges später Hegel. Aber dies ist keine menschliche Perspektive. Zusammenfassend kann man zumindest drei Eigenschaften des leibnizschen Perspektivismus aufzeigen: Alle Perspektiven beziehen sich auf ein einziges Objekt; die verschiedenen Perspektiven sind untereinander koordiniert, sodass es keine wahren und absolut unvereinbaren Gesichtspunkte geben kann; die Begrenzung jeder einzelnen Perspektive ist mit der Körperlichkeit verknüpft. 64 65 66 67

GP IV, 518. GP IV, 616 (Monadologie); vgl. A II, 2, 91; A II, 2, 19. GP IV, 518. Ebd., 530.

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4. INTERPRETATION ALS PERSPEKTIVE? Wir kommen nun zum entscheidenden Punkt. Zwischen dem Begriff der „Auslegung“ im Bereich der Hermeneutik und dem der „Perspektive“ im leibnizschen Denken sind gewisse, offensichtliche Parallelen aufgetaucht. Dass im allgemeinen Sinn eine bestimmte Perspektive eine gewisse Interpretation des Bekannten bedeutet, ist augenscheinlich. Dass Interpretation bedeutet, sich der Welt von einem bestimmten Standpunkt oder einer bestimmten Perspektive aus zu nähern, kann auch nicht geleugnet werden. Es geht darum, einen Schritt weiterzugehen bei der genauen Analyse dieser allgemeinen Thesen. Daher stellt sich hier nicht in erster Linie die Frage, ob Leibniz auf Heidegger irgendeinen historischen Einfluss ausgeübt hat. Um diese Frage zu vereinfachen, kann man sagen, dass dieser Einfluss in einem ganz lockeren Sinn ohne Zweifel vorhanden war, und zwar über Nietzsche und Hegel. Man kann zum Beispiel annehmen, dass es neben den allgemeinen Thesen eine Vielzahl von Arten gibt, sich der Wahrheit des Wirklichen zu nähern. Aber dieser lockere Sinn ist philosophisch betrachtet beinahe irrelevant. Auf der anderen Seite bedürfte die Untersuchung dieses möglichen Einflusses in einem streng historisch-kritischen Sinn einer Zeit und einer Anstrengung, die wir an dieser Stelle nicht haben. Dies ist hier nicht unser Anliegen. Es geht vielmehr darum, eine systematische Gegenüberstellung der beiden Begriffe vorzunehmen, unabhängig von ihrer wirklichen historischen Verbindung, die hier nur als Möglichkeit erwähnt bleiben soll. Zuerst wäre eine vorbereitende Klärung der Fragen „Was ist Interpretation?“, „Was ist Hermeneutik?“ und „Was ist Perspektivismus?“ und der Kontexte, in denen diese Notionen angewandt werden, nötig. Wie können diese beiden Begriffe der Perspektive und Auslegung etwas zur Erklärung des menschlichen Wissens beitragen? Was kann jeder dieser Begriffe zum Verständnis unserer Art und Weise, in der Welt gegenwärtig zu sein, beitragen? Handelt es sich einfach um äquivalente Begriffe, oder haben sie nichts miteinander zu tun? Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Formen, das Wissen anzugehen und zu verstehen? Welche sind das, und was sind die Unterschiede? Leisten sie irgendeinen relevanten Beitrag verglichen mit anderen philosophischen Anschauungen? Kann man den von Grund auf interpretativen Charakter der Hermeneutik als Perspektivismus verstehen? Kann der leibnizsche Perspektivismus als eine Art Interpretationismus „sui generis“ verstanden werden? All dies sind philosophisch relevante Fragen, wenn man eine Theorie des menschlichen Verstehens aufstellen möchte. Um all diese Fragen angehen zu können, bedarf es eines kompletten Forschungsprogramms. Ich möchte mich hier darauf beschränken, eine mögliche Arbeitsrichtung im Bereich der Leibnizstudien zu skizzieren. Ich werde nur aufzeigen, wie man dieses Thema systematisch angehen kann. Als Anfangspunkt nehmen wir die Charakterisierung des hermeneutischen Geistes mittels zweier Grundeigenschaften: die Wendung zur Faktizität als Endlichkeit (4.1.) und die These, dass es „keine Tatsachen gibt, nur Interpretationen“ (4.2.).

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Bezüglich der ersten Eigenschaft gilt es, zwei Probleme zu diskutieren: als Erstes die ontologische Priorität der Möglichkeit vor der Wirklichkeit (Leibniz) und die Konfrontation mit der Wendung zur Faktizität (Heidegger). Leibniz versteht die Möglichkeit als etwas Logisch-Formales, Präexistenzielles, für Heidegger dagegen ist die Palette der möglichen gegebenen Interpretationen durch die faktisch bestimmte Struktur der hermeneutischen Situation bestimmt, das heißt postexistenziell. Die Analyse der Faktizität bringt im Ergebnis die Immanenz, was jeden absoluten Charakterzug ausschließt. Heidegger stellt die These auf, dass die Wirklichkeit Kontingenz ist. Leibniz dagegen findet einen Moment der Notwendigkeit in der Analyse des Wirklichen, die er mittels der Reflexion der Vernunft über sich selbst durchführt (4.1.1.). An zweiter Stelle spielt die Unendlichkeit (Infinitum) eine Rolle in der Analyse der Wirklichkeit von Leibniz und im Vergleich mit der hermeneutischen Angleichung der Wirklichkeit und der Endlichkeit (Heidegger). Im Vergleich zum „Okkasionalismus“ der heideggerschen Endlichkeit fügt Leibniz die Unendlichkeit in verschiedenen Momenten (Teilbarkeit der Materie, Reihe der Möglichkeiten, Mathematik, Geometrie, Göttlichkeit) in seinen Gedankengang ein; das Unendliche kann zwar bekannt sein, jedoch „nur konfus“ (4.1.2.). Bezüglich der zweiten These müssen zwei Probleme betrachtet werden. Erstens gibt es vom Gesichtspunkt des Subjekts aus gesehen bei Leibniz eine doppelte Perspektive: die menschliche Perspektive, die immer relativ ist, und die göttliche Perspektive, die den absoluten Gesichtspunkt repräsentiert. Die menschliche Begrenzung ist durch die Körperlichkeit bestimmt, die gleichzeitig Möglichkeit und Grenze, Öffnung und Bestimmung ist. Jeder menschliche Perspektivismus ist ein körperlicher Perspektivismus. In dieser Hinsicht gibt es auch bei Leibniz keine Tatsachen und Dinge am Rande jeglicher (interpretierender) Perspektive. Nur die Suche nach einem nicht menschlichen (absoluten) Gesichtspunkt kann diese strukturelle Begrenzung des Menschen retten. In der Hermeneutik (Heidegger) ist die Existenz eines absoluten Gesichtspunktes unmöglich. Man findet eher ein Verabsolutieren der Kontingenz bis zur Verwandlung derselben in das einzige unwiderlegbare Element. Aber in der Struktur, die jede Interpretation als endlich bestimmt, fehlt das körperliche Element auffallend (4.2.1.). Zweitens ist es vom Gesichtspunkt des Objekts des Wissens aus in der Hermeneutik unmöglich, die „Sache selbst” zu erreichen, und zwar aufgrund des grundlegend interpretativen Charakters der „hermeneutischen Situation“. Aber für Leibniz sind alle Perspektiven von demselben Objekt, und deswegen gibt es einen unvermeidlichen Bezug zu diesem. Gibt es Interpretationen und Perspektiven, die besser sind als andere? Damit wird die kritische Frage gestellt, die sowohl gegen den angeblichen leibnizschen Dogmatismus wie auch gegen die nicht normative Hermeneutik gerichtet wird. Man kann auch hier das Thema des diskursiven Charakters des menschlichen Wissens und damit seine Geschichtlichkeit überdenken (4.2.2.).

APPERZEPTION, GLÜCK Überlegungen zu einer monadologischen Poetik im Anschluss an ein Gedicht von Robert Walser Charles de Roche (Zürich) 1. In meinem Buch Monadologie des Gedichts1 bin ich Spuren einer Rezeption der Monadologie in poetologischen Entwürfen des 20. Jahrhunderts, bei Walter Benjamin, Martin Heidegger und Paul Celan, nachgegangen. Ich habe das nicht nur in historisch-exegetischer Absicht getan, sondern in der Hoffnung, dadurch theoretische Antworten auf eine alte Frage, fast eine Kinderfrage, zu finden, die mich im Umgang mit Gedichten immer wieder beschäftigt hat und die ich in allgemeiner Form in der Monadologie wiederfand: Gibt es einen zureichenden Grund, ein subjectum, der Poesie und des poetischen Sprechens? Und wenn ja, wie wäre er zu beschreiben? Wie müsste eine Poetik aussehen, die sich, als monadologische, um diesen Grund als um ihr virtuelles Zentrum konfiguriert? In diesem Vortrag möchte ich, in gleicher Absicht, versuchen, den methodisch umgekehrten Weg zu gehen: Elemente einer monadologischen Poetik nicht aus der Lektüre theoretischer Schriften, sondern aus einem poetischen Beispiel abzuleiten. Der Vortrag umfasst dementsprechend zwei Teile, eine Lektüre des Gedichts, in der außer der Leitfrage nach dem subjectum keine monadologische Terminologie verwendet werden soll, und einen theoretischen Teil, in dem die herausgestellten poetischen Charaktere sowohl auf ihre monadologische als auch, im gleichen Zug, auf ihre poetologische Relevanz bezogen werden sollen. Das Beispiel, dessen Wahl ich nicht weiter kommentieren will, weil es sich selbst kommentieren soll, ist ein Gedicht des ganz jungen Robert Walser, eine seiner ersten Publikationen, erschienen als eine Art carmen saeculare zur Begrüssung des neuen Jahrhunderts in der Januar-Ausgabe des Jahres 1900 der Zeitschrift Die Insel2:

1 2

Ch. de Roche: Monadologie des Gedichts: Benjamin, Heidegger, Celan, München/Paderborn 2013. Den Hinweis auf das Gedicht verdanke ich dem Aufsatz von H. Thüring: „Schwelle und Glück. Zur Poetik zweier früher Texte Robert Walsers: ,Der Greifensee‘ (1899) und ‚Glück‘ (1900)“, in: F. Christen/Th. Forrer/M. Stingelin/H. Thüring (Hrsg.): Der Witz der Philologie. Rhetorik – Poetik – Edition, Frankfurt a. M./Basel 2014, S. 140–162.

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Charles de Roche GLÜCK Es lachen, es entstehen Im Kommen und im Gehen Der Welt viel tiefe Welten, Die alle wieder wandern Und fliehend durch die andern Als immer schöner gelten. Sie geben sich im Ziehen, Sie werden gross im Fliehen, Das Schwinden ist ihr Leben. – Ich bin nicht mehr bekümmert, Da ich kann unzertrümmert Die Welt als Welt durchstreben3.

Warum tendiert man, warum tendiere ich dazu, die Lektüre dieses Gedichts an seinem Ende zu beginnen? Vielleicht, weil sich erst dort, in der drittletzten Zeile nämlich, findet, was uns die Geschichte der Lyrik als verlässlichen Begleiter unserer Leseakte vorzufinden gewöhnt hat: das Ich, das man in der Literaturwissenschaft als lyrisches zu bezeichnen pflegt. Über diese Bezeichnung wäre viel zu sagen: Im Wesentlichen besagt sie wohl, dass dieses Ich Ausdruck der sprechenden Instanz des Gedichts als eines sprechenden Subjekts ist; in eins damit, nämlich deshalb, aber subjectum, zureichender Grund, der Identität des Gedichts als eines Sprechakts dieses Ich4. Verhält es sich so, dann führt aber der verspätete Auftritt des Ich in diesem Gedicht offenbar vor Augen, dass es die identitätsstiftende Funktion des lyrischen Ich in ihm nicht mehr auszuüben vermag: Gesprochenes des Gedichts und manifeste Sprecherinstanz treten auseinander, das bis dahin Gesprochene ist zu dem eines Ich, und dieses bestimmten Ich, nicht ohne weiteres mehr bestimmbar. Dagegen ließe sich freilich einwenden, dass die Sprecherinstanz bis zu ihrer Manifestation in der drittletzten Zeile lediglich impliziert sein kann5. Das scheint zunächst auch der Fall zu sein, weil von einem Affektwechsel des Ich die Rede ist: Es ist nicht mehr bekümmert. Aber gerade die Voraussetzung, das Ich müsse, um einen Affektwechsel zu erleiden, schon als solches konstituiert gewesen sein, erweist sich als fragwürdig, wenn man die strukturelle Parallele zu den allerersten Worten des Gedichts betrachtet: „Es lachen, es entstehen …“. Wie das Ich zur Unzeit, verspätet, ins Gedicht eintritt, so folgt hier das Entstehen verspätet, gleichsam synkopiert, auf den zweiten Schlag: weder aus nichts noch auch auf etwas, woraus es entsteht, sondern, befremdlich genug, auf ein Lachen, einen gleichsam gespenstischen Affekt im sonst noch leeren Raum. Was dem Leser mit dem Beginn des Textes vorgeführt, 3 4 5

R. Walser: „Glück“, in: Die Insel 1/2, 4 (1900), hrsg. von O. J. Bierbaum, A. W. Heymel und R. A. Schröder, S. 67. Zum Begriff des lyrischen Ich als Bestimmung des monadologischen subjectum und seiner Kritik vgl. das Kapitel „Stimme des Gedichts oder Lyrik und Poesie“, in: de Roche: Monadologie des Gedichts, S. 24–36. Diese Alternative diskutiert auch Thüring: „Schwelle und Glück“, S. 154.

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nein, was er lesend allererst zu vollziehen genötigt wird, ist so eine Entstehung, die keine creatio ex nihilo, aber auch keine Genese ist. Das erste nicht, weil ein Affekt oder sein Ausdruck mit den ersten Worten des Gedichts gesetzt sind, auch, wenn man so will, ein Träger, der aber eben nur das grammatische Supplement, die prospektive Leerstelle, „es“, eines substantiellen Trägers ist. Das zweite nicht, und das wird jede folgende Zeile bis zur drittletzten auf ihre Weise vorführen, weil alles in diesem Gedicht Konstituierte und Gesetzte im gleichen Zug destituiert und entsetzt wird, und in jedem seiner Momente diese beiden Momente enthalten sind und sich aufheben: Kommen und Gehen, Fliehen und Gelten, Geben und Ziehen, Großwerden und Fliehen, Schwinden und Leben. Damit ist, nicht nur, was hier entsteht, sondern ob es überhaupt entsteht, in einem strukturell rigiden Sinn in die Verantwortung des Lesenden gegeben: Es ist seine Bewegung, die zum eigentlichen Daseinsgrund, zum subjectum, des Gelesenen wird – was aber nicht heißt, dass der Leser nun, gleichsam an Stelle des lyrischen Ich, zum personalen Subjekt des Gesprochenen würde. Was lesend entsteht, entsteht im Überkreuz zweier Richtungen, oder Intentionen, des Lesens: einer Intention auf Setzung, Position, Konstitution, die dem linearen Fortgang des Textes entspricht, und einer Gegenrichtung, die zur Verlangsamung, zum Innehalten und Zurückblicken zwingt. Diese Gegenrichtung ist nicht destruktiv – denn der Text als solcher entsteht ja auf diese Weise, unter den Augen des Lesers –, aber auch nicht konstruktiv, nämlich reflexiv in dem Sinn, dass sich die lesende Instanz in der Rückwendung ihrer selbst im zurückgelegten Weg versichern – und damit allererst zum lesenden Subjekt konstituieren – könnte. Denn alles, worauf das lesende Auge trifft, sind Spuren des Verwischtwerdens dessen, was als Spur gesetzt und ausgelegt schien; als finde man sich in jedem Augenblick des Lesens vor dem Augenblick wieder, in dem sich das Gelesene zum gegebenen oder gesetzten Element des Gedichts konstituiert. Und trotzdem bleibt das Gedicht im Lesen nicht am Ort, sondern bewegt sich ‚vorwärts‘, aber vorwärts nicht einfach im Richtungssinn seines linearen Fortschreitens, sondern in der Richtung auf Integration beider Richtungen, in der Richtung auf eine – wie auch immer imaginäre – Ganzheit. Diese Ganzheit, der Text nennt sie „Welt“, ist aber darum imaginär, weil sie keine Summe gegebener Teile ist, sondern in jedem ihrer Teile Position und Destitution, Konstitution und Transzendierung des Teils als einer selbstidentischen Entität schon mittransportiert. Als sei zwischen der bloßen Möglichkeit und der faktischen Realisierung eines Elements im Gedicht nicht mehr zu scheiden – oder, vielleicht genauer, als sei das Gedicht in seinem Entstehen das Dritte, das diese beiden Alternativen verbindet und scheidet und darin über sie ent-scheidet. Dieser eigentümliche Modus der Entstehung, ein genuin poetischer Modus, lässt sich, vorläufig zumindest, vielleicht nicht besser bestimmen als durch die Schreibung des Wortes mit Bindestrich: Das Entstehende ent-steht sich selbst, es ist, als autopoiesis seiner selbst als der poetischen Substanz des Textes, seine eigene Ek-stasis. Dies festgestellt, wird es vielleicht möglich, auch den Modus der so überraschenden wie verspäteten Erscheinung des Ich in der drittletzten Zeile genauer zu bestimmen. Die strukturelle Entsprechung dieses Moments zum Gedichtanfang wird ja vom Gedicht unterstrichen – nicht nur durch den Gedankenstrich, der das Gedicht, asymmetrisch zur Strophengliederung, in zwei ungleiche Hälften teilt,

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sondern durch den Bezug der beiden initialen Momente zur Rede von der Welt oder, an der ersten Stelle, den Welten. An beiden Stellen ist diese Rede durch eine syntaktische Ambivalenz gekennzeichnet, die zu denken gibt. „Es entstehen/Im Kommen und im Gehen/Der Welt viel tiefe Welten“: Durch Zeilenbruch akzentuiert, irisiert die Fügung „der Welt“ zwischen Genitivus subjectivus – Kommen und Gehen der Welt – und Dativus ethicus – Entstehen der Welten für die Welt – und wiederholt damit die Ambivalenz von Kommen und Gehen an ihrem Träger, dem Verhältnis zwischen Welt und Welten: Diese, die Welten, können nur in dem Maß entstehen, als jene, die Welt, nicht, noch nicht oder nicht mehr, zur raumzeitlichen Selbstidentität, zur Präsenz oder Absenz von Welt, konstituiert ist. Weder erzeugt die Welt die Welten, die aus ihr entstehen, noch enthält sie sie, wie das Ganze seine Teile, in sich. Eine analoge Paradoxie eignet dem Verhältnis zwischen sprechendem Ich und „Welt“ an der zweiten Stelle: „Ich bin nicht mehr bekümmert/Da ich kann unzertrümmert/Die Welt als Welt durchstreben“. „Die Welt als Welt“: das klingt zunächst wie eine philosophische Formel, ein on me on, gleichsam ein Versprechen auf adäquate Perzeption der Welt als solcher durch das sprechende Subjekt. Dazu passt auf der Seite des Subjekts das Adjektiv „unzertrümmert“, das wie ein anschaulich drastisches Intensivum von atomos klingt. Aber diese Anschauung korrespondiert mit ihrem Gegenteil, wenn das Ich seinerseits, als hätte es keine physische Substanz und wäre nur deshalb „unzertrümmert“, in ununterschiedener Innigkeit zu ihr und daher selbst „Welt“, „die Welt als Welt durchstrebt“. Die paradoxe Semantik des Verbs hebt, indem sie Zielgerichtetheit mit der vorgängigen Transzendierung jedes möglichen Ziels verbindet, das Gegenüber von Ich und Welt als Subjekt und Objekt einer kontemplativen Wahrnehmung auf. Das Paradox wiederholt sich in der Ambivalenz der Syntax: Die Satzprädikate „unzertrümmert“ und „als Welt“ referieren grammatikalisch sowohl auf das Satzsubjekt, „ich“, wie auf das Satzobjekt, „die Welt“, als führten sie, indem sie die Eindeutigkeit ihres grammatischen wie ihres semantischen Bezugs „zertrümmern“, die Gleichursprünglichkeit von Ich und Welt vor ihrer Konstitution zum, sei’s grammatikalischen, sei’s philosophischen, Subjekt und Objekt vor Augen. Entgegen dem ersten Augenschein, liegt dann das Unzertrümmerte, das inconcussum, ihrer Relation nicht in der Unteilbarkeit ihrer Teilnehmer, sondern in der vorgängigen, ursprünglichen, Teilung im Zug ihrer Teilnahme an einer artikulatorischen Bewegung, dem „Durchstreben“, das sie als teilnehmende Instanzen allererst konstituiert. Damit ist auch gesagt, dass das in der drittletzten Zeile artikulierte Ich-Subjekt nicht das subjectum, der zureichende Grund, des Sprechens dieses Gedichts sein kann; „einem andern“, wie Walter Benjamin im analogen Augenblick einer anderen Gedichtlektüre formuliert, „einem andern gebührt die Mitte dieser Welt“6. Die Frage aber, unter die ich meinen Lektüreversuch gestellt habe, die Frage, wer oder was sein subjectum ist, führt damit auf jenes Element des Gedichts, das die Lektüre bisher nicht in den Blick nahm: seinen Titel. „Glück“ überschreibt den 6

W. Benjamin: „‚Dichtermut – Blödigkeit‘. Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin“, in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 2, T. 1, hrsg. von R. Tiedemann und H. Schweppenhäuser, Frankfurt a. M. 1977, S. 105–126, hier S. 122.

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Gedichttext mit einem Wort, das im Text – vom negierten Prädikat „bekümmert“, in dem sich die Unbekümmertheit des eben konstituierten Ich um sein Konstituiertsein ausspricht, vielleicht abgesehen – keine semantische Entsprechung findet. Es kann also nur das Ganze des Gedichts sein, was das Wort bezeichnet; jenes imaginäre Ganze, das nicht die Summe seiner Teile ist, noch in einem seiner Teile substantiell enthalten, sondern die Wiederholung der Relation zwischen Teil und Ganzem in jedem Moment der Exposition eines Teils als Teil des Gedichts. „Glück“ ist in diesem Gedicht – weil es nicht in diesem Gedicht ist – weder Element, nämlich Teil, seines Inhalts noch seiner Form, weder seiner Substanz noch seiner Struktur, sondern, all diesen Differenzierungen zugrunde, Element, nämlich Medium, der Artikulation ihres Bezugs. Seine nächste Entsprechung im Gedichttext hat es daher an dem, was dem Text nur mehr als die Grenze seiner Phänomenalität und Semantik angehört und doch seine Form als Text prägt: den Lücken, die der Text sowohl zwischen dem Titel und dem subjektlosen Anfang als, markiert durch den Gedankenstrich, zwischen der subjektlosen ersten und der vom sprechenden Subjekt artikulierten zweiten Gedichthälfte setzt. Wenn „Glück“, einer etymologischen Vermutung zufolge7, sich von „Lücke“ herleitet, so sind es die Lücken im Gesprochenen des Gedichts, durch die das „Lachen“ des Glücks als des subjectum, des zureichenden Grundes seines Sprechens, an seinem Gesprochenen lesbar wird. 2. Sie werden längst festgestellt haben, was ich mit meiner Gedichtlektüre im Ausgang von der Frage nach dem subjectum des Gedichts zu zeigen unternommen habe: Die Vision dieses Gedichts, die eine Vision des Glücks und in eins damit eine Vision der Poesie ist, ist eine durch und durch monadologische Vision. Die Frage nach dem subjectum, die ich der Monadologie entnommen habe, führt zu ihr zurück, weil das Subjekt des Gedichts sich nicht als das einer personalen Sprecherinstanz erweist, noch auch als thematisches, sondern als das, was den möglichen Bezug von Sprechen, Sprecher und Gesprochenem im Gedicht allererst eröffnet. In dieser Eröffnung erweist sich das „Glück“ des Gedichttitels in einem doppelten Sinn als Monade: als monadologischer Grund des Gesprochenen und als Glück monadischer Perzeption, nämlich Apperzeption, im Gesprochenen. Für die strukturale, formbildende Funktion des Glücks für das Gedicht gilt das, wodurch der Beginn der Monadologie die Monade bestimmt: Sie ist „une substance simple qui entre dans les composés“8. Als seine einfache Substanz ist das Glück dem thematischen wie dem strukturellen Aspekt des Gedichts, seiner Textualität als Phänomenalität, konsubstantial, ohne ihnen koessentiell zu sein. Denn das Wesen des Textes als Gesprochenen 7

8

Der Hinweis auf diese Etymologie findet sich auch bei Thüring: „Schwelle und Glück“, S. 161, Anm. 131. Im literaturtheoretischen Kontext wurde sie von Th. Schestag: para-: Titus Lucretius Carus, Johann Peter Hebel, Francis Ponge (= Reihe Forschungen 4), München 1991, S. 9– 10, grundlegend exponiert. „Les principes de la philosophie ou la Monadologie“; GP VI, 607.

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besteht eben darin, „composé“, strukturiertes Aggregat von Teilen, zu sein; wogegen das Sprechen, der Grund seiner Möglichkeit, wie die Monadologie fortfährt, ohne Teile, „sans parties“9, ist. Die „einfache“ Substanz, die „keine Teile“ hat, ist der Grund der Einheit der „composés“: alles aus Teilen Zusammengesetzten oder als ihre Einheit Teile Umfassenden; alles dessen, was eine artikulierte Gestalt oder Struktur hat. Der Grund der Einheit der Teile und aus Teilen – Teillosigkeit. Es ist dieses fundamentale Paradox der Monadologie, für das Walsers Gedicht im paradoxen Adjektiv „unzertrümmert“ – als wiederhole es Leibniz’ nicht minder paradoxe Rede von den Monaden als „veritables Atomes“10 – eine kongeniale Entsprechung findet. Aus der Sicht von Poetik und Sprachtheorie liegt aber nichts näher, als im paradoxen Grundverhältnis von Monade und Phänomen ein Artikulationsverhältnis zu sehen – bleibt doch das Artikulierende einer sprachlichen Äusserung, und a fortiori eines Textes, als Bedingung ihrer Möglichkeit so unaufhebbar in der artikulierten Gestalt wie die einfache Substanz der Monade im Aggregat, und noch im unteilbar scheinenden einzelnen Teil, des Zusammengesetzten. Damit stellt sich freilich, monadologisch wie sprachtheoretisch, a fortiori aber im Angesicht eines Gedichts als eines im höchsten Grad zugleich komponierten und individuierten sprachlichen Gebildes, eine Frage: die Frage, wie denn das Teillose nicht nur im Allgemeinen Bedingung der Möglichkeit des Zusammengesetzten, sondern dieses bestimmten, als bestimmten aber zugleich individuierten, Zusammengesetzten sein könne? Leibniz’ Lösungsversuch dieser Frage liegt bekanntlich in seiner Lehre von den monadischen Perzeptionsformen, von appetitus und perceptio als notwendigen Prädikaten der Monade. In dem Maß, als die perceptio der Monade das zu Erkennende immer schon in der Grundbestimmung seines Seins, seiner „dénomination intrinseque“, erkannt hat, erkennt sie es auch in der Bestimmung seiner Unterschiedenheit, seiner „différence interne“11, von allen anderen Seienden. Jede strukturale, in sich oder gegenüber anderem differentielle, Bestimmung eines Seienden wäre demnach sekundär gegenüber einer ursprünglichen, intrinsischen, Bestimmung durch die Perzeption der einfachen Substanz. Entsprechend wäre auch ästhetische Form nicht als wie immer zu verstehende Summe oder Resultante ihrer Komponenten, oder strukturalistisch ihrer Differenzen, aufzufassen, sondern als Ausdruck einer apriorischen monadischen Erkenntnis ihrer Möglichkeiten: einer Idee der Form. Wo es sich um ein Gedicht, um ein Sprachkunstwerk, handelt, disponiert diese Idee nicht nur die strukturale Identität des poetischen Gebildes, sondern zugleich seine substantielle in der Zuordnung von Erfahrungsinhalten zu sprachlichen Formen: Sie disponiert, anders gesagt, die Artikulation des Gedichts als eines ästhetischen Gebildes sowohl im allgemeinen Sinn seiner strukturalen als auch im spezifischen seiner sprachlichen Artikulation. Nun besteht aber der Vorzug des Begriffs der Artikulation in diesem Zusammenhang nicht am wenigsten in seinem Doppelsinn, der zwar den Vorgang der 9 Ebd. 10 Ebd. 11 Ebd.

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Darstellung eines gestalthaften Ganzen in der Zeit, zugleich aber die in der außerzeitlichen, phänomenalen, Gegebenheit dieses Ganzen unaufhebbare Zeitlichkeit des Vorgangs der Darstellung bezeichnet. Damit korrespondiert er nicht nur dem ersten der notwendigen Prädikate, der perceptio als der synchronen, systemischen, Erkenntnis der phänomenalen Gegebenheiten in der Monade, sondern auch dem zweiten, dem appetitus als dem diachronen Prinzip des Wechsels der oder Übergang zwischen den Perzeptionen. Erst dieses Wechselverhältnis stellt bekanntlich die einzelnen Monaden in den universalen Zusammenhang ihrer gegenseitigen Repräsentation, der bei Leibniz die monadologische Verfassung der Welt darstellt. Und es ist hier wieder an die zutiefst monadologische Prägung der Formulierungen von Walsers Gedicht zu erinnern, nicht nur, wenn es in dem seltenen Verb „durchstreben“ die intentionalen Aspekte von appetitus und perceptio kombiniert, sondern auch, wenn es ihm sein einziges adäquates ‚Objekt‘ in der ontologischen Verfassung der Welt ‚selbst‘, der „Welt als Welt“, zuschreibt. Hier aber gilt es nun, genauer zuzusehen. Denn es zeigt sich ein Einwand an, der sich etwa in die folgenden Fragen fassen lässt: Wenn das Wechselverhältnis von appetitus und perceptio allein ausreicht, um sowohl die Zustandsidentität als auch den Wechsel der Zustandsidentitäten in den monadischen Perzeptionen zu bestimmen, worin unterscheiden sich diese dann noch von den phänomenalen Perzeptionen eines erkennenden Subjekts? Kommen diese nicht durch die nämlichen kognitiven Prozeduren von Einschluss und Ausschluss als Basis von Entgegensetzung und Identifikation zustande? Sind es dann nicht die Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit von Teilen, Differenzen des und im Zusammengesetzten also, die über die Identität und Differenz der Monaden untereinander entscheiden – und nicht die teillos-unteilbare einfache Substanz? Ist die monadische Welt dann wirklich etwas anderes als das strukturale Ensemble zugehöriger Teil-Welten? Was heißt das: verschiedene Welten unterscheiden zu können12? Im Blick zurück auf Walsers Gedicht zeigen sich vielleicht Ansätze zu einer Antwort. Wo in ihm von „Welt“ die Rede ist, fällt, wie gezeigt, das Schwanken zwischen Singular und Plural auf: ein Schwanken, das an der ersten Stelle die Entgegensetzung der einen und der vielen Welten verhindert, indem es das „Entstehen“ der Letzteren auf der Schwelle von „Kommen“ und „Gehen“, von Präsenz und Absenz, Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit, Einschluss und Ausschluss, der einen wie der anderen, verortet. Die zweite Stelle, nun schon mehrfach zitiert, aktualisiert zwar grammatisch nur den Singular, verhindert aber den atomistischen Einschluss der monadischen „Welt als Welt“ in sich durch ihre Unmittelbarkeit zu, ja Ununterschiedenheit von, der sie „unzertrümmert“ „durchstrebenden“ Ich-Instanz. An 12 In Friedrich Hölderlins – wie zu vermuten ist, seinerseits monadologisch inspiriertem – PindarKommentar „Das Höchste“ disponiert diese Frage den Aufriss der Unterscheidung einer göttlichen und menschlichen Erkenntnisweise: „Das Unmittelbare, streng genommen, ist für die Sterblichen unmöglich, wie für die Unsterblichen; der Gott muss verschiedene Welten unterscheiden, seiner Natur gemäss, weil himmlische Güte, ihret selber wegen, heilig seyn muss, unvermischet. Der Mensch, als Erkennendes, muss auch verschiedene Welten unterscheiden, weil Erkentniss nur durch Entgegensetzung möglich ist“. Vgl. F. Hölderlin: „Das Höchste“, in: Ders.: Sämtliche Werke, Bd. 15, hrsg. von D. E. Sattler, Frankfurt a. M./Basel 1999, S. 355.

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beiden Stellen wird also die Trennung nicht als die der einen Welt von einer Pluralität anderer Welten vollzogen, die sich der einen gegenüberstellen oder ihrer Einheit als Teilwelten integrieren ließen. Vielmehr geht es um die Trennung der einen Welt von sich: ihrem Konstituiertsein als der einen gegebenen Welt, um der Möglichkeit anderer Welten willen, die in dieser Trennung aufgeht; anderer Welten, die sich der einen, der sie entspringen, als mögliche weder integrieren noch von ihr unterscheiden lassen. Das gilt von der Reihe möglicher, nämlich „in Kommen und im Gehen entstehender“, Welten an der ersten wie vom Ich-Subjekt an der zweiten Stelle, das sich, selbst „Welt als Welt“, vom gleichnamigem Gegenstand seiner Erkenntnis nicht unterscheiden lässt und doch, weil die Alternativen grammatisch unterscheidbar bleiben, nicht unterschiedslos mit ihm verschmilzt. Beide Stellen produzieren so eine offene Pluralität möglicher Welten; eine Pluralität, die zur, sei’s auch unendlichen, numerischen Reihe deshalb unbestimmbar bleibt, weil der Bezug zur anderen jede einzelne „Welt“ sowohl vermindert als auch vermehrt: vermindert, um ihr Konstitutiertsein als gegebene eine und einzige – vermehrt, um die Möglichkeit der anderen, das heißt ihrer selbst als Erkenntnis, oder Perzeption, der Möglichkeit der anderen. Und diese letztere Möglichkeit ist es, so legte es jedenfalls meine Lektüre nahe, die der Titel von Walsers Gedicht als „Glück“ benennt. Ob diese radikale Möglichkeit der Perzeption – radikal, weil sie, um der Perzeption von Alterität willen, die Alteration des Perzipierenden erfordert – jene ursprünglich monadische Perzeption ist, die Leibniz als „dénomination intrinseque“ bezeichnet und der gegenüber vielleicht schon appetitus und perceptio nur sekundäre, abgeleitete Charaktere der Monade sind? Ich bin mir bewusst, dass für eine zureichende Antwort auf diese Frage andere Aspekte der Monadologie und andere Schriften als die Monadologie herangezogen werden müssten – allen voran natürlich diejenigen, die sich auf die Wahl Gottes zwischen verschiedenen möglichen Welten und seine Entscheidung für die bestmögliche Welt beziehen. Alles, woran ich Sie hier erinnern kann, ist, dass Leibniz schon sehr früh im Lauf der Monadologie, im gleichen P. 14, in dem er den Begriff der Perzeption einführt und von dem der Apperzeption abgrenzt, sich gegen die Cartesianer wendet, die darin geirrt hätten, „dass sie die Perzeptionen, die man nicht wahrnimmt, für nichts zählten“. Im Original: „ayant compté pour rien les perceptions dont on ne s’apperçoit pas“13. Als ließe sich der Begriff, der die höchste Stufe monadischer Perzeption im menschlichen erkennenden Subjekt bezeichnet, der Begriff der Apperzeption, nur negativ vor der Folie einer Perzeption bestimmen, die keine ist, die nicht perzipiert werden und daher, wie man glauben sollte, auch nicht apperzipiert werden kann. Dass es sich hier nicht um einen Zufall handelt, zeigt die Wiederaufnahme des Themas in den P. 21–24, die dem Motiv der petites perceptions gewidmet sind. Das Motiv zieht die Konsequenz aus der zitierten Kritik an den Cartesianern, in dem es zwischen Nicht-Perzeption und Perzeption, Bewusstlosigkeit und Bewusstsein, ein Drittes einführt. Es modifiziert damit zugleich die negative Bestimmung der Apperzeption, in dem es dieser spezifischen Modalität des Perzipierens einen spezifischen Gegenstand zuweist: Perzeptionen, die weder konstituierte Perzeptionen 13 GP VI, 608.

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noch einfach keine sind, sondern mögliche Perzeptionen; Perzeptionen auf der Schwelle und auf dem Sprung zu ihrer Konstitution als Perzeptionen. Als Konfigurationen dieser Schwelle bilden die petites perceptions ein Kontinuum, eine Reihe oder eine offene Pluralität, in der die Grenze zwischen Bewusstlosigkeit und Bewusstsein, Schlaf und Erwachen, Vergessen und Erinnerung, aber auch zwischen postulierten, abwesenden und gegenwärtigen Perzeptionen, weniger überschritten wird als sich in den Vorgang des Perzipierens, nämlich Apperzipierens, selbst verlängert und fortschreibt. Wenn die apperceptio sich so als Perzeption der Perzeption, als Selbstzuwendung des Perzipierens, begreift, so nicht als Potenzierung oder höhere Reflexionsstufe, sondern als Rückgang in die Möglichkeit des Perzipierens: in die perzipierbare „einfache Substanz“ im Zustand vor ihrer Konstitution zur perzipierten. Ich komme zum Schluss, indem ich versuche, in aller Kürze einige Konsequenzen dieser Auffassung der apperceptio für eine monadologische Poetik zu ziehen14. Wenn ich postuliert habe, dass der monadische Grund, das subjectum, des poetischen Sprechens, die Idee der poetischen Form disponiert, so wird jetzt deutlicher, inwiefern sich diese Idee von jeder realisierten poetischen Form unterscheiden muss. Sie bereichert nämlich die Form, analog zur apperceptio als Selbstzuwendung des erkennenden, um die Dimension der Selbstzuwendung des sprechenden Subjekts. Entdeckt wurde diese Dimension durch die Romantik, sicherlich nicht ohne den Einfluss der Monadologie: Wenn Friedrich Schlegel das romantische Fragment einerseits, analog zur Fensterlosigkeit der Monade, als „von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet […] wie ein Igel“15 bezeichnet, andererseits aber in den universalen, jedem Einzeltext transzendenten Zusammenhang einer „progressiven Universalpoesie“16 stellt, so situiert er damit diesen Inbegriff romantischer Textualität genau auf der Schwelle der monadologischen Perzeptionsformen perceptio und appetitus. Was aber ihren Übergang, und Umschlag ineinander, an der poetischen Form des Einzeltextes disponiert, nimmt für die Romantik, wie schon Walter Benjamin kritisch vermerkt hat, den Charakter eines – zwar transpersonalen, aber wie ein personales Subjekt verfassten – „reflektierenden Bewusstseins“17 an. Anders verhält sich das, wenn die apperceptio des poetischen Subjekts, im Sinn der zitierten Passagen der Monadologie über die petites perceptions, als Rückgang in die „einfache Substanz“, in die Möglichkeit des Sprechens vor seiner Konstitution zum Gesprochenen, verstanden wird. Hier stößt das personale Subjekt des Gesprochenen in seinem Sprechakt auf das subjectum als den Grund der Möglichkeit seines Sprechens; damit aber dessen, dass das Sprechen zu seinem, zu dem eines Subjekts, und das Subjekt zum personalen, unbestimmbar bleibt. Das Subjekt mutiert nicht nur, wie im in der Poesie des 20. Jahrhunderts 14 Zu den Überlegungen der beiden Schlussabschnitte vgl. Ch. de Roche, „Monade“ in: Chr. Kiening/B. Naumann (Hrsg.): Lieblingsstücke, Zürich 2011, S. 52–53. 15 F. Schlegel: „Athenäumsfragment 206“, in: Ders.: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, Bd. 2, hrsg. von H. Eichner, München/Paderborn/Zürich/Wien 1967, S. 197. 16 Ders. „Athenäumsfragment 116“, in: Ebd., S. 182. 17 Vgl. W. Benjamin: „Ursprung des deutschen Trauerspiels“, in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd. I, T. 1, Frankfurt a. M. 1974, S. 218.

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Charles de Roche

häufig akzentuierten Wechsel von der Sprecher- zur Leseridentität, zu einem qualitativ anderen; sondern seine Qualität als Subjekt mutiert zu dem, was einem Subjekt, dessen Perzeptionen und Artikulationen, nur ähnlich, was, im Schein seines Konstituiert- und Artikuliertseins und durch ihn hindurch, immer nur auf dem Sprung bleibt, sich als Subjekt konstituiert und artikuliert zu haben. Was so den monadologischen Grund der Poesie ausmacht, ist vielleicht dies: der Übertritt der qualitas des subjectum in den Stand ihrer Selbstähnlichkeit, als ihrer Selbstmöglichkeit. Ästhetisch gesehen, wäre die monadologische Differenz von einfacher Substanz und Struktur, Monade und Phänomen deshalb der Grund von beider Identität in der Monade, weil sie vor der qualitativen Differenzierung von Identität und Differenz liegt: als ihre Ähnlichkeit. Die Formel dieser Ähnlichkeit lässt sich, in der französischen Formulierung, der Definition der Monade entnehmen: „n’est autre chose que …“. Was kein anderes Ding ist, ist, weil kein anderes Ding, nicht das gleiche, noch ein anderes, sondern ähnlich: anders. Diese Ähnlichkeit ist keine mimetische mehr, weil sie kein gegebenes oder entzogenes Vorbild nachahmt, sondern nur, als die Möglichkeit des anderen, die unkalkulierbare Abweichung von einem jeden wiederholt. Die Serialisierung dieser Abweichung ergibt, als offene, aber strukturierte Pluralität, die Struktur der poetischen Sprache als „composé“. Die Abweichung von der Serialisierung ergibt dagegen die autopoiesis der Poesie im monadischen Augenblick des Eintritts der einfachen Substanz in die Struktur, des Subjekts in den Text: dem Augenblick der Ähnlichkeit von Substanz und Struktur mit sich und also vom anderen. Dem Augenblick der Poesie.

NACH LEIBNIZ: DIE ENTWICKLUNG DER AUFFASSUNG EINES NICHT-BEWUSSTEN DENKENS BEI FREUD Patrizia Giampieri-Deutsch (Wien) 1. AUS DER WISSENSCHAFTSGESCHICHTE DER PSYCHOANALYSE Freuds ambivalente bis offen feindselige Haltung gegenüber der Philosophie gründete in seinem Versuch, die bisherigen philosophischen Theorien des Geistes durch eine eigene Theorie, die Psychoanalyse, zu ersetzen. Spuren seiner philosophischen Bildung, seines Studiums der Philosophie bei Brentano und seiner Lektüren wurden deswegen von Freud systematisch entfernt, jedoch stellte die Wissenschaftsgeschichte der Psychoanalyse bereits in ihren Anfängen die einflussreiche Präsenz von Leibniz in Freuds Texten fest. Meine Untersuchung unternimmt es als Erstes, Freuds direkte und indirekte Begegnungen mit Leibniz (z. B. über die Vermittlung der Psychologie von Herbart) aufzuspüren. In „Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung“ berichtete Freud von seiner „Gewöhnung […], immer zuerst an den Dingen zu studieren, ehe [er] in Büchern nachsah“1, und in seiner „Selbstdarstellung“ verkündete er sein geringes Interesse gegenüber jeglicher „Lektüre philosophischer Autoren“: „Auch wo ich mich von der Beobachtung entfernte, habe ich die Annäherung an die eigentliche Philosophie sorgfältig vermieden. Konstitutionelle Unfähigkeit hat mir solche Enthaltung erleichtert“2.

Entgegen anderen irreführenden autobiographischen Aussagen gestand Freud jedoch während einer Sitzung der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung am 1. April 1908 einmal ein, dass er tatsächlich Philosophie studiert hatte: „Deren abstrakte

1

2

S. Freud: „Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung“, in: A. Freud u. a. (Hrsg.): Gesammelte Werke, 18 Bde. u. ein unnummerierter Nachtragsband, Bd. 10, Frankfurt a. M. 1987 (1914d), S. 58. Die in Klammern ergänzten Jahresangaben geben das Jahr der Erstveröffentlichung an. Im gleichen Jahr publizierte Schriften werden durch Kleinbuchstaben unterschieden. Die nachgestellten Zahlen nennen das Jahr der Niederschrift. Die Jahresangaben zu den Publikationen Sigmund Freuds sind entnommen aus: I. Meyer-Palmedo/G. Fichtner: Freud-Bibliographie mit Werkkonkordanz, Frankfurt a. M. 1989, S. 15–90. S. Freud: „Selbstdarstellung“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt a. M. 1987 (1925d [1924]), S. 86.

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Art“ sei ihm jedoch so wenig kongenial gewesen, „daß er auf das Studium der Philosophie schließlich verzichtet habe“3. Dass Freud ein ehrlicher und leidenschaftlicher Briefschreiber gewesen ist, schien zwar dem von ihm selbst erstellten Selbstbild nachträglich zum Verhängnis geworden zu sein, verlieh jedoch seinem biographisch-geschichtlichen Profil zusätzliche Ernsthaftigkeit und Dichte. Freuds Briefe (1887–1904) an seinen Freund Wilhelm Fließ wurden als Ganzes in den 1980er Jahren veröffentlicht. Am 25. Mai 1895 schrieb Freud an Fließ: „Es ist die Psychologie, von jeher mein fern winkendes Ziel, jetzt seitdem ich auf die Neurosen gestoßen bin, um soviel näher gerückt“4. Und am 1. Jänner 1896 offenbarte Freud, dass: „ich im geheimsten die Hoffnung nähre, über dieselben Wege [P. G.-D.: das Arztsein] zu meinem Anfangsziel, der Philosophie, zu kommen“5. Am 2. April 1896 gestand ihm Freud: „Ich habe als junger Mensch keine andere Sehnsucht gekannt als die nach philosophischer Erkenntnis, und ich bin jetzt im Begriffe, sie zu erfüllen, indem ich von der Medizin zur Psychologie hinüberlenke“6.

Freuds Gebrauch von Philosophie und Psychologie als Synonyme, die Psychologie also als Bestandteil der Philosophie zu betrachten, hing nicht lediglich mit der akademischen Taxonomie zusammen, sondern entsprach dem Programm einer Philosophie der Psychologie als Wissenschaft, die Herbart und Brentano freilich jeweils mit anderen Mitteln verfolgten. Der Ideenhistoriker William Johnston stellte die These eines direkten Einflusses der Leibniz’schen Philosophie während der k. und k. Monarchie im Donauraum auf, sowie darüber hinaus eines indirekten über den Leibnizianer Johann Friedrich Herbart. Die österreichischen Herbartianer waren als Reformer des Unterrichtswesens besonders umtriebig: „Die Reform der Gymnasien und Universitäten wurde Anfang der fünfziger Jahre von zwei Bolzanoschülern, Graf Leo Thun und Franz Exner, und von dem Thüringer Altphilologen Hermann Bonitz (1814–1888) durchgeführt. Sie alle bekannten sich zur Philosophie Herbarts als eines Deckmantels für die von Bolzano bezogenen Überzeugungen“7.

Zu den einflussreichen Herbartianern zählte Johnston noch einige aus Böhmen stammende Psychologen und unter ihnen hob er Franz Exners Schüler Gustaf Adolf Lindner (1828–1887) hervor, welcher für die Gymnasien österreichweit Lehrbücher der Psychologie verfasste. So wurden mehrere Generationen von Gymnasiasten anhand der Standardeinführung des Herbartianers Lindner, Lehrbuch der empirischen

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„45. Protokoll“, in: H. Nunberg/E. Federn (Hrsg.): Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, 4 Bde., Frankfurt a. M. 1976, Bd. 1, S. 338. S. Freud: „Brief 64“, in: J. M. Masson (Hrsg.): Briefe an Wilhelm Fließ 1887–1904, ungekürzte Ausgabe, Frankfurt a. M. 1986 (1985c [1887–1904]), S. 130. Ders.: „Brief 85“, in: Ebd., S. 165. Ders.: „Brief 93”, in: Ebd., S. 190. W. M. Johnston: Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte. Gesellschaft und Ideen im Donauraum 1848 bis 1938, Wien/Köln/Graz 1972, S. 288.

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Psychologie als inductiver Wissenschaft8 unterrichtet. Johnston fügte daran anschließend hinzu: „Freud etwa hat in seinem letzten Jahr am Gymnasium das Lehrbuch Lindners studiert“9. An einer weiteren Stelle ergänzte Johnston seine Bemerkung: „Schon als Gymnasiast war Freud der Herbartschen Psychologie der Kräfte in der Lesebuchfassung von Gustav Adolf Lindner ausgesetzt gewesen, und bei Brücke fand er nun die empirische Bestätigung der Prämisse des Philosophen“10.

Nach Johnston bildete die Figur des Philosophen Robert Zimmermann die Verkörperung und Fortsetzung der Leibniz’schen Tradition: „Zimmermann, der 35 Jahre lang Professor in Wien gewesen ist, stellte nach 1860 den vollendeten Vertreter der Leibniz’schen Weltanschauung in Österreich dar“11. Da Franz Brentanos Professur von 1874 nur bis zu deren Zurücklegung hielt, wirkte Zimmermann von 1861 bis 1895 als einziger Ordinarius für Philosophie an der Universität Wien und wurde danach im Jahre 1886 zum Rektor der Universität Wien. Zimmermann untersuchte die Fortführung des Leibniz’schen Erbe durch Herbart in seinem Buch vom Jahre 1849 Leibnitz und Herbart; eine Vergleichung ihrer Monadologien12. 1.1 Luise von Karpinska: Vergleich zwischen Freud und Herbart Frühzeitig hatte eine bereits 1912 verfasste Studie der Philosophin, Psychoanalytikerin und Mitglieds der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung Luise von Karpinska Über die psychologischen Grundlagen des Freudismus13 mit Recht Analogien zwischen Freud und Herbart hervorgekehrt. Wie Johnston später hervorhob, erscheint dies nicht weiter verwunderlich, da Freud, wie die meisten Schüler zur Zeit der Monarchie, seine erste Begegnung mit der philosophischen Psychologie gerade im Rahmen der Herbart’schen Psychologie machte und aus ihr das psychologische Vokabular bezog. 1.2 Maria Dorer: Vergleich zwischen Freud und Herbart Die Wissenschaftshistorikerin Maria Dorer untersuchte schon im Jahre 1932 die Historische[n] Grundlagen der Psychoanalyse14 in einer sorgfältigen gleichnamigen Studie und bot eine Darstellung der Psychologie von Herbart insbesondere anhand dessen Psychologie als Wissenschaft, neugegründet auf Erfahrung, Metaphysik und 8 9 10 11 12 13

G. A. Lindner: Lehrbuch der empirischen Psychologie als inductiver Wissenschaft, Wien 1872. Johnston, S. 237. Ebd., vgl. Anm. 15, S. 445. Ebd., S. 288. R. Zimmermann: Leibnitz und Herbart; eine Vergleichung ihrer Monadologien, Wien 1849. L. von Karpinska: „Über die psychologischen Grundlagen des Freudismus“, in: Internationale Zeitschrift für ärztliche Psychoanalyse 2 (1914 [1912]), S. 305–316. 14 M. Dorer: Historische Grundlagen der Psychoanalyse, Leipzig 1932.

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Mathematik sowie dessen Lehrbuch zur Psychologie15 an. Dorer stellte auch ihre Beziehung zur Leibniz’schen Philosophie heraus und verglich Herbart und Freud16, um insbesondere auf die Bedeutung der Herbartʼschen Terminologie für Freud aufmerksam zu machen: „Bei Herbart finden sich die Grundbegriffe: Vorstellung, Bewusstsein, Schwelle, Unterschwelligkeit, Hemmung, Verdrängen. Der seelische Mechanismus verläuft streng gemäß naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeit; seine Leistungen sind quantitativ bestimmbar; seine Energie liegt in den Vorstellungen. Die Spannungsverhältnisse der Vorstellungen werden bewußt als Gefühle, die Abweichungen der Vorstellungsmassen vom Gleichgewichte als Affekte“17.

In einer der umfangreichsten Studien zur Wissenschaftsgeschichte der psychodynamischen Psychiatrie und Psychoanalyse, Henri F. Ellenbergers Die Entdeckung des Unbewussten. Geschichte und Entwicklung der dynamischen Psychiatrie von den Anfängen bis zu Janet, Freud, Adler und Jung, wurde der Einfluss von Leibniz‘schen Begriffen und Termini wie „unmerkliche Perzeptionen“ und „dynamisch“ für die psychodynamische Psychiatrie und insbesondere für Freud hervorgehoben: „In der Tat war Leibniz derjenige, der die erste von rein psychologischen Argumenten untermauerte Theorie des Unbewussten aufstellte. Er wies auf die ‚petite perception‘ hin, d. h. die Wahrnehmung, die unterhalb der Schwelle des Bewußtwerdens bleibt und trotzdem in unserem Seelenleben eine große Rolle spielt“18.

Ellenberger untersuchte auch die Beziehung zwischen Leibniz und Herbarts Psychologie als Wissenschaft, neugegründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik: „Herbart übernahm von Leibniz die Begriffe ‚petite perception‘ und ‚Schwelle‘, führte aber einen dynamischen Gesichtspunkt ein. Herbart sah die ‚Schwelle‘ als eine Oberfläche, auf der eine ständig wechselnde Menge von Wahrnehmungen und Vorstellungen fortwährend einander bekämpfen. […] Unterhalb der ‚Schwelle‘ bilden die ‚obskuren Vorstellungen‘ eine Art Chor, der das Drama begleitet, das auf der Bühne des Bewusstseins abläuft. Unterhalb der ‚Schwelle‘ liegt auch die ‚Apperzeptionsmasse‘, ein kompaktes, organisiertes Bündel von unbewußten Vorstellungen. Ob eine neue Wahrnehmung behalten wird oder nicht, hängt davon ab, ob sie zur Apperzeptionsmasse paßt und von ihr ohne Umstände assimiliert werden kann“19.

Eine Frage, welche diese Untersuchung aufwirft, ist, ob der dynamische Gesichtspunkt erst als Beitrag von Herbart zu verstehen ist, wie Ellenberger behauptet, oder

15 J. F. Herbart: „Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik“, in: G. Hartenstein (Hrsg.): Sämtliche Werke, Bd. 6, Leipzig 1850 und J. F. Herbart: „Lehrbuch zur Psychologie“, in: G. Hartenstein (Hrsg.): Sämtliche Werke, Bd. 5, Leipzig 1850 werden in Dorer, S. 71–103, ausführlich besprochen 16 Dorer, S. 103–106. 17 Ebd., S. 175. 18 H. F. Ellenberger: Die Entdeckung des Unbewussten. Geschichte und Entwicklung der dynamischen Psychiatrie von den Anfängen bis zu Janet, Freud, Adler und Jung, Zürich 1973, S. 434. 19 Ellenberger, S. 434–345.

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ob dieser hingegen bereits im Leibniz’schen Werk vorhanden war, wie diese Untersuchung zeigen möchte, und schon Leibniz eine dynamische Theorie des Geistes vertrat20. Für eine wichtige Quelle der Freud’schen Psychoanalyse hielt Ellenberger „Herbarts Assoziationspsychologie. In dem Lehrbuch von Lindner, das Freud am Gymnasium benützt hatte, wurde erklärt, dass Assoziationen divergieren und in Knotenpunkten wieder divergieren können“21. Ellenberger verwies auf die zitierte frühe Studie von Maria Dorer Historische Grundlagen der Psychoanalyse, die zeigen konnte, dass Herbarts Psychologie ein wichtiger Ausgangspunkt der Psychoanalyse war22. Wie Luise von Karpinska, Maria Dorer und William Johnston kam auch Ellenberger, der sich auf deren Studien bezog, zum Schluss: „Man weiß nicht, ob Freud Herbart gelesen hat, aber es ist sicher, daß er durch Lindners Lehrbuch während seiner Schulzeit am Sperläum [P. G.-D.: Freuds Gymnasium] in Herbarts Psychologie eingeführte wurde“23.

Als Ende der 1980er Jahren Freuds Jugendbriefe an Eduard Silberstein 1871–1881, von welchen einige schon bekannt waren, im Ganzen publiziert wurden, erhielt das Bild vom jungen Freud als Philosophie-Student deutlichere Konturen. Erst im Laufe seines Studiums der Philosophie bei Franz Brentano wird Freud mit Fragestellungen und Methoden der philosophischen Psychologie und ihren Beziehungen zur Metaphysik und den Naturwissenschaften konfrontiert. Freuds erster Eindruck der Psychologie, vermittelt durch das Lehrbuch des Herbartianers Lindner im Gymnasium-Unterricht, wird nun auf den Prüfstand gestellt. Mit Franz Brentano verschiebt sich der Schwerpunkt vom Erwerb einer psychologischen Fachsprache, die die Lektüre des Lehrbuchs ermöglicht hatte, zur Frage der methodologischen Grundeinstellung der philosophischen Psychologie. Seinen Studenten gegenüber äußert sich Franz Brentano auch zum Stellenwert der Philosophen in der philosophischen Tradition. Am 15. März 1875 berichtet Sigmund Freud an seinen rumänischen Freund Eduard Silberstein von einem Besuch bei Brentano am Sonntagvormittag des 14. März. Während des Sommersemesters 1875 nahm der damals kaum 19-jährige Freud (geb. 6. Mai 1856) an der „Philosophischen Lesung“ bei Brentano samstags von 18 bis 19 Uhr teil. Der junge Freud möchte Brentanos Bewertungen seinem Freund Silberstein im Detail erzählen und da begegnet man dem Namen Leibniz, als einem der wenigen von Brentano ernst genommenen Philosophen: „Locke und Leibnitz [sic; kursiv im Original] hingegen seien nicht zu umgehn [sic], der erstere ein höchst geistreicher Denker, der letztere nur deshalb oft unzulänglich, weil er sich allzusehr

20 21 22 23

Vgl. hier unten den Teil „II. Die Leibniz’sche Theorie der kleinen Perzeptionen“. Ellenberger, S. 674. Ebd., S. 744. Ebd., S. 745.

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Patrizia Giampieri-Deutsch zersplittert, auf die beiden folge die Popularphilosophie, von ihr etwas kennenlernen zu wollen, hätte nur kulturhistorische Wichtigkeit, nicht philosophische“24.

Aus demselben Brief kann man Brentanos Kritik der Herbart’schen philosophischen Psychologie deutlich entnehmen: „Er [P. G.-D.: Brentano] verdammte gründlich dessen [P. G.-D.: Herbarts] aprioristische Constructionen der Psychologie, hielt für unverzeihlich, daß es ihm nie eingefallen sei, die Erfahrung oder das Experiment zu Rate zu ziehen und nachzusehen, ob diese auch mit seinen willkürlichen Annahmen stimmten, bekannte sich unumwunden zur empirischen Schule, die die Methode der Naturwissenschaften auf die Philosophie und besonders die Psychologie überträgt (in der That ist das der Hauptvorzug seiner Philosophie, die sie allein mir erträglich macht) und erzählte uns einige merkwürdige psychologische Beobachtungen, die die Haltlosigkeit der Herbartschen Speculation zeigen“25.

In seinen Briefen erzählte Freud seinem Freund Silberstein von weiteren Philosophen wie z. B. Thomas Carlyle, von dem Freud Sartor resartus las26, oder Ludwig Feuerbach, den Freud aufmerksam studierte und in dessen Biographie er sich vertiefte27, und von Kant, über den Freud auch einen Vortrag von Johannes Volkelt hörte28. Beiläufig erwähnt, fehlt unter all diesen Philosophennamen gerade jeder von Nietzsche, der im „Leseverein der deutschen Studenten in Wien“ äußerst populär war, auch wenn Freud bis zu dessen Auflösung im Jahr 1878 Mitglied dieses Vereins war. Aus einem Brief vom 22.–23. Oktober 1874 erfährt man, dass Freud den Philosophen John Stuart Mill noch vor seiner Mill-Übersetzung studierte und dass er auch weitere philosophische Vorlesungen besuchte: „Brentano liest zwei Collegien: Mittwoch und Samstag Abends ausgewählte metaphysische Fragen, und Freitag Abends eine Schrift von Mill über das Nützlichkeitsprincip, die wir regelmäßig besuchen“29.

In einem Brief vom 7. März 1875 kündigte Freud an, dass er in Philosophie und in Zoologie zu promovieren plane und dass er Brentano für einen Darwinist halte. So erzählte Freud Silberstein, „daß zumal unter dem zeitigenden Einfluß Brentanos in mir den Entschluß gereift ist, das Doctorat der Philosophie und Zoologie zu erwerben“30. Von seinem Projekt eines Doktorats in Philosophie und Zoologie berichtete Freud am 11. April 1875 weiter: „Wir stehen ja an der Schwelle des zweiten Semesters [P. G.-D.: bei Brentano], für mich ein neues Leben, wo ich zuerst als Philosoph und Zoolog gelten kann, da ich Psychologie, Logik und zwei zoologische 24 S. Freud: Jugendbriefe an Eduard Silberstein 1871–1881, hrsg. von W. Boehlich, Frankfurt a. M. 1989, S. 117. 25 Ders.: „Brief 42 vom 13.–15. März 1875“, in: Ebd., S. 116. 26 Ders.: „Brief 26 vom 13. August 1874“, in: Ebd., S. 60. 27 Ders.: „Brief 32 vom 8. November 1874“, in: Ebd., S. 82 und ders.: „Brief 41 vom 7. März 1875“, in: Ebd., S. 111. 28 Ders.: „Brief 44 vom 11. April 1875“, in: Ebd., S. 125–127. 29 Ders.: „Brief 30 vom 22.–23. April 1874“, in: Ebd., S. 78. 30 Ders.: „Brief 41 vom 7. März 1875“, in: Ebd., S. 109.

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Collegien hören werde“31. Dem jungen Freud erschien der Philosoph Brentano, der selbst gerne als Darwinist auftrat, neben Naturwissenschaftlern wie Carl Brühl, Carl Claus, Ernst Haeckel oder Salomon Stricker, auch als ein Bote der Entwicklungstheorien von Jean Baptiste Lamarck und Charles Darwin. Durch Freuds Begegnung mit Franz Brentanos Lehre stieg Leibniz in den Freud‘schen Olymp der ernstzunehmenden Philosophen, während Herbart kurzerhand daraus verbannt wurde. In seiner Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874) hatte Brentano gegen die Philosophie als System und Weltanschauung deutlich Stellung genommen, indem er seine eigene Philosophie als Kritik der als ein geschlossenes System verstandenen Philosophie, aber nicht ausschließlich als Kritik des deutschen Idealismus präsentierte: „Eine Philosophie, die sich in unseren Tagen für einen Augenblick das Ansehen eines Abschlusses aller Wissenschaft zu geben wusste, wurde sehr bald, nicht als unübertrefflich, wohl aber als unverbesserlich erkannt“32. In seiner Antrittsvorlesung „Über die Gründe der Entmutigung auf philosophischem Gebiete“ (1874) bekräftigte Brentano noch, dass es nicht Aufgabe der Philosophie sei, „mit einem genialen Wurfe das ganze einer vollkommeneren Weltanschauung vorzulegen“33. Brentanos Haltung gegen systematische Ansätze in der Philosophie wird samt seiner Ablehnung des Herbart’schen Systems vom jungen Freud übernommen und, wenn auch Freud jede Erwähnung Brentanos sorgfältig vermied, so werden Zeichen des Brentano-Erbe sogar beim reifen Freud – zum Beispiel in seiner 35. Vorlesung „Über eine Weltanschauung“34 – kaum zu übersehen sein. Der Internationale Psychoanalytische Verlag, Freuds Hausverlag, veröffentlichte im Jahre 1926 die Studie von Israel Levine, Das Unbewußte, mit deren Übersetzung Freuds Tochter Anna höchstpersönlich betraut wurde. Und es ist Leibniz, dem das Anfangskapitel des ersten Teils „Das Unbewußte vor Freud“ gewidmet wurde35.

31 Ders.: „Brief 44 vom 11. April 1875“, in: Ebd., S. 123. 32 F. Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt, Bd. 1, Hamburg 1924, S. 4. 33 Ders.: „Über die Gründe der Entmutigung auf philosophischem Gebiete“, in: Ders.: Über die Zukunft der Philosophie nebst den Vorträgen „Über die Gründe der Entmutigung auf philosophischem Gebiet“ und „Über Schellings System“ sowie den „Fünfundzwanzig Habilitationsthesen“, Hamburg 1924, S. 85. 34 S. Freud: „Über eine Weltanschauung“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 15: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, Frankfurt a. M. 1987 (1933a, [1932]), S. 170–197. 35 I. Levine: „Das Unbewußte vor Freud“, in: Ders.: Das Unbewußte, dt. Ü. von A. Freud, Wien 1926, S. 3–40.

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2. DIE LEIBNIZ’SCHE THEORIE DER KLEINEN PERZEPTIONEN Wird eine Wiederentdeckung der Monadalogie unternommen, nachdem man sich der Freud-Forschung gewidmet hat, besteht die Neigung, einerseits die in der Monadologie enthaltenen Stellen zur Theorie des Geistes aus dem Leibniz’schen Gesamtwerk herauszulösen und andererseits sie mit Passagen zur Theorie des Geistes aus den Nouveaux essais sur l’entendement humain (NE 1703–1705) zu ergänzen. In diesem Lichte scheint eine Re-Lektüre von Exzerpten zur Theorie des Geistes der Monadalogie aus dieser rätselhaften Schrift einen gegenwärtigen, uns nahestehenden Beitrag zu machen. Bereits in der „Préface“ zu den Nouveaux essais sur l’entendement humain hob Leibniz den Stellenwert der unmerklichen Perzeptionen („perceptions insensibles“) für seine Pneumatik, seine Theorie des Geistes, heraus. Auch wenn die unmerklichen Perzeptionen („perceptions insensibles“) „außerhalb des Bereichs unserer Sinne fallen“, müssen sie wie die unmerklichen Körper („corpuscules insensibles“) in der Physik entsprechend berücksichtigt werden. Es ist ein kontinuierliches Stufenmodell des Geistes, das Leibniz annahm: weil auch die „merklichen Perzeptionen [‚perceptions remarquables‘] stufenweise aus solchen entstehen, welche zu schwach sind, um bemerkt zu werden“36. Im § 14 der Monadologie kritisierte Leibniz die von den Cartesianern vertretene Ablehnung jener „Perzeptionen, von denen man kein Bewußtsein hat [‚perceptions, dont on ne s‘apperçoit pas‘]“37. Die Perzeption soll von der Apperzeption, dem Bewusstsein, unterschieden werden, führte Leibniz im § 14 aus, die durchaus fehlen kann. Weitere Ausführungen zu den unmerklichen Perzeptionen, die Teil unseres inneren Lebens sind, sind aus der „Préface“ zu den Nouveaux essais sur l’entendement humain zu entnehmen. So kann man dort lesen, „daß es in jedem Augenblicke in unserem Inneren eine unendliche Menge von Perzeptionen gibt, die aber nicht von Apperzeption und Reflexion begleitet sind, sondern lediglich Veränderungen in der Seele selbst darstellen, deren wir nicht bewusst werden, weil diese Eindrücke entweder zu schwach oder zu zahlreich oder zu gleichförmig sind […]“38.

Nach Leibniz wäre es verfehlt, die Relevanz der kleinen Perzeptionen („petites perceptions“) zu vernachlässigen und ihre Wirksamkeit nicht entsprechend zu würdigen: „Solche kleinen Perzeptionen [‚petites perceptions‘] sind also von größerer Wirksamkeit, als man denken mag. Auf ihnen beruhen unsere unbestimmten Eindrücke, unser Geschmack, unserer Wahrnehmungsbilder der sinnlichen Qualitäten, welche alle in ihrem Zusammensein klar, jedoch ihren einzelnen Teilen nach verworren sind; auf ihnen beruhen die ins Unendliche gehende Eindrücke, die die uns umgebenden Körper auf uns machen […]“39.

36 A VI, 56–57; GP V, 49; G. W. Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, übers. und hrsg. von E. Cassirer, Hamburg 1996, S. 13. 37 GP VI, 609; G. W. Leibniz: Monadologie und andere metaphysische Schriften, übers. und hrsg. von U. J. Schneider, Hamburg 2002, S. 115. 38 A VI, 53; GP V, 46; Cassirer, S. 10. 39 A VI, 54–55; GP V, 48; Cassirer, S. 11.

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Da dank den kleinen Perzeptionen „die Gegenwart mit der Zukunft schwanger und mit der Vergangenheit erfüllt ist“, ermöglichen die kleinen Perzeptionen die Kontinuität des Individuums durch die Verbindung von vergangenen und gegenwärtigen Zuständen über das Kontinuum von Vergangenheit und Gegenwart: „Diese unmerklichen Perzeptionen [‚perceptions insensibles‘] sind es auch, die dasjenige bezeichnen und ausmachen, was wir ein und dasselbe Individuum nennen: denn kraft ihrer erhalten sich im Individuum Spuren seiner früheren Zustände, durch die die Verknüpfung mit seinem gegenwärtigen Zustand hergestellt wird“40.

Den unmerklichen Perzeptionen, von denen keine Erinnerung vorhanden zu sein scheint, wird nicht zuletzt deshalb eine solche Relevanz eingeräumt, weil sie eine Wirkung auf die bewussten Perzeptionen ausüben können, wie im Kapitel 1 “Des Idées“ ausgeführt wird: „So gibt es auch wenig hervorstechende Perzeptionen [‚perceptions peu relevées‘], die sich nicht deutlich genug abheben, um bemerkt und in der Erinnerung wieder hervorgerufen zu werden, die sich aber in bestimmten Folgen erkennbar machen“41. „[…] denn es gibt meiner Überzeugung nach im Menschen keine Gedanken, die nicht irgendeine, wenigstens verworrene, Wirkung haben und die nicht irgendeine Spur in den folgenden Gedanken hinterlassen“42.

Zum Leibniz’schen Gedankengang sollte der Freud’sche Begriff der Erinnerungsspur angeführt werden, der wie ein roter Faden das ganze Werk Freuds durchzieht und dem Freud im Jahr 1925 eine kleine Schrift „Notiz über den ‚Wunderblock‘“ widmete: „[…] unser seelischer Apparat […] ist in unbegrenzter Weise aufnahmsfähig für immer neue Wahrnehmungen und schafft doch dauerhafte - wenn auch nicht unveränderliche - Erinnerungsspuren von ihnen. [Es ist das …] System W-Bw [P. G.-D.: Wahrnehmung-Bewusstsein], welches die Wahrnehmungen aufnimmt, aber keine Dauerspur von ihnen bewahrt, so daß es sich gegen jede neue Wahrnehmung wie ein unbeschriebenes Blatt verhalten kann. Die Dauerspuren der aufgenommenen Erregungen kämen in dahinter gelegenen ‚Erinnerungssystemen‘ zustande“43.

Gemeint sind hier das System Vorbewusst (Vbw) und das System Unbewusst (Ubw): „Die reizaufnehmende Schicht – das System W-Bw – bildet keine Dauerspuren, die Grundlagen der Erinnerung kommen in anderen, anstoßenden Systemen zustande“44 – eben in den beiden Systemen Vorbewusst und Unbewusst. Diese Erinnerungsspuren können somit vorbewusst oder unbewusst sein, je nach Zugehörigkeit zu den Systemen Vbw oder Ubw. Die zum System Vbw zugehörigen Spuren können wachgerufen werden, jene des Systems Ubw jedoch nicht, oder zumindest nicht ohne Hilfestellung der Psychoanalytikerin bzw. des Psychoanalytikers. 40 41 42 43

A VI, 55; GP V, 48; Cassirer, S. 11–12. A VI, 112; GP V, 102; Cassirer, S. 78–79. A VI, 114–115; GP V, 104; Cassirer, S. 81. S. Freud: „Notiz über den ‚Wunderblock‘“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt a. M. 1987 (1925a [1924]), S. 4. 44 Ebd., S. 7.

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Hier wäre der Leibniz’sche Gedanken anzuführen, wo an die Möglichkeit gedacht wird, dass die Spuren der unmerklichen Perzeptionen für ein Individuum doch nicht unmittelbar erkennbar wären. In diesem Fall kann nach Leibniz wohl nachgeholfen werden: „Ein höherer Geist vermöchte diese Spuren zu erkennen, selbst wenn sie für das Individuum selber nicht merklich wären, d. h. wenn es keine ausdrückliche Erinnerung mehr an sie besäße“45. Die Theorie der Behandlungstechnik der Psychoanalyse nimmt an, dass die bescheidenere Gestalt der Psychoanalytikerin bzw. des Psychoanalytikers – anstelle des Leibniz’schen „höheren Geistes“ – bemüht ist, selbst die Spuren von dem, wovon die Patientin bzw. der Patient weder eine bewusste noch eine vorbewusste, sondern eine ihr bzw. ihm nicht zugängliche – also unbewusste – Erinnerung hat, im Laufe der Behandlung aufzuspüren, zu erkennen und somit den allmählichen Prozess der Bewusstwerdung der Patientin bzw. des Patienten zu ermöglichen. Diese Annahme der psychoanalytischen Behandlungstechnik erscheint im Einklang mit dem Leibniz’schen Gedanken, dass eine Zurückführung der Erinnerung möglich sein, wie im Kapitel 1 „Des Idées“ erläutert wird: „Man kann vieles vergessen, aber man könnte sich daran auch, aus weiter Ferne, wieder erinnern, wenn man in der richtigen Weise darauf zurückgeführt würde“46. Im § 15 der Monadologie wird die Möglichkeit der Verwandlung unmerklicher Perzeptionen („perceptions insensibles“) zu ganzen Perzeptionen dank der Appetition oder der Strebung angesprochen, wobei Leibniz wieder auf einen stufenweisen Vorgang hinzuweisen scheint: „Zwar kann die Appetition nicht immer gänzlich zu der angestrebten ganzen Perzeption gelangen, aber sie erreicht immer etwas und gelangt zu neuen Perzeptionen“47. Dieses Zitat ist auch eines von vielen, welche dokumentieren, dass Leibniz eine durch und durch dynamische Theorie des Geistes vertrat. 3. NICHT-BEWUSSTE DENKVORGÄNGE Insbesondere Freuds Theorie der nicht-bewussten Denkvorgänge zeigt kaum zu übersehende Ähnlichkeiten mit der Leibniz’schen Theorie der kleinen Perzeptionen auf, wie sie aus der Monadologie (1714) und aus den Nouveaux essais sur l’entendement humain (1703–1705) zu entnehmen ist. Hingegen wird Freud seinen Begriff der Wahrnehmung lange mit dem Begriff des Bewusstseins verbinden, so dass der Begriff von nicht-bewusster Wahrnehmung schließlich erst im Jahre 1910 herausgearbeitet wurde, jedoch nie völlig in Freuds Theorie des Geistes Aufnahme fand.

45 A VI, 55; GP V, 48; Cassirer, S. 12. 46 A VI, 114–115; GP V, 104; Cassirer, S. 81. 47 GP VI, 609; Schneider, S. 117.

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Freud hinterließ keine systematische Theorie des Geistes. Seine theoretischen Annahmen konnten jedoch nachträglich von David Rapaport48 in drei Phasen eingeteilt und von Joseph Sandler, Christopher Dare und Alex Holder49 durch Benennung der Modelle präzisiert werden. In einer ersten noch präanalytischen Phase von 1886 bis 1897 denkt Freud im Rahmen eines Affekt-Trauma-Modells des „seelischen oder psychischen Apparats“ oder Geistes. Eine zweite Phase von 1897 bis 1923 folgt mit dem topischen, „räumlichen“ Modell des Geistes, unterteilt in drei aus der Traumdeutung bekannte Systeme: System Wahrnehmung-Bewusstsein, System Vorbewusst und System Unbewusst. Die dritte und letzte Phase ab 1923 führt Freuds strukturelles Modell mit drei Instanzen: Es, Ich und Über-Ich ein. Nicht-bewusste Denkvorgänge werden von Freud in zwei Varianten, den vorbewussten Denkvorgängen und den unbewussten Denkvorgängen, begrifflich klar unterschieden, jedoch im beschreibenden Sinne oft von Freud selbst einfach unbewusste Denkvorgänge genannt. In den drei genannten, verschiedenen Phasen seiner Theorie des Geistes hielt Freud an zwei Annahmen fest: erstens, dass Denkvorgänge an sich unbewusst sind, und zweitens, dass das Bewusstsein erreichbar ist. Freud nahm nicht an, dass nur bestimmte Vorgänge, wie z. B. eine verdrängte Vorstellung, unbewusst sind, sondern dass mentale Vorgänge an sich unbewusst sind. Freud wiederholte ausgehend von seiner präanalytischen Arbeit „Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen“50 der ersten Phase seiner Theorie des Geistes bis 1897 und während seiner zweiten Phase ab 1897 durchgehend, z. B. in der Traumdeutung, wo Freud erläuterte, „daß die kompliziertesten Denkleistungen ohne Mittun des Bewußtseins möglich sind, [was wir ohnedies aus jeder Psychoanalyse eines Hysterischen oder einer Person mit Zwangsvorstellungen erfahren mußten.]“51; oder in seinem Aufsatz „Das Unbewußte“, in welchem Freud bemerkte: „Es bleibt uns in der Psychoanalyse gar nichts anderes übrig, als die seelischen Vorgänge für an sich unbewußt zu erklären [und ihre Wahrnehmung durch das Bewußtsein mit der Wahrnehmung der Außenwelt durch die Sinnesorgane zu

48 D. Rapaport: „A Historical Survey of Psychoanalytic Ego Psychology“, in: G. S. Klein (Hrsg.): Psychological Issues 1, Monograph 1, New York 1959, S. 5–17. 49 J. Sandler/C. Dare/A. Holder: „Frames of Reference in Psychoanalytic Psychology. II. The Historical Context and Phases in the Development of Psychoanalysis”, in: British Journal of Medical Psychology 45 (1972), S. 133–142; dies.: „Frames of Reference in Psychoanalytic Psychology. XI. Limitations of the Topographical Model”, in: British Journal of Medical Psychology 51 (1978), S. 61–65; dies.: „Frames of Reference in Psychoanalytic Psychology. XII. Characteristics of the Structural Frame of Reference”, in: British Journal of Medical Psychology 55 (1982), S. 213–217. 50 S. Freud: „Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1987 (1896b), S. 379–403. 51 Ders.: Die Traumdeutung, in: Gesammelte Werke, Bd. 2/3, Frankfurt a. M. 1987 (1900a [1899]), S. 592–593.

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Patrizia Giampieri-Deutsch

vergleichen.]“52; oder wiederum in der Schrift „Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse“, in welcher Freud noch einmal betonte, „daß die seelischen Vorgänge an sich unbewußt sind“53. Noch in der dritten Phase seiner Theorie des Geistes ab 1923 wiederholte Freud seine Annahme, z. B. in seiner Schrift „Die Widerstände gegen die Psychoanalyse“, offensichtlich vergessend, dass er im Philosoph Leibniz einen Wegbereiter gehabt hatte: „Was kann der Philosoph also zu einer Lehre sagen, die wie die Psychoanalyse behauptet, das Seelische sei vielmehr an sich unbewußt, die Bewußtheit nur eine Qualität, die zum einzelnen seelischen Akt hinzutreten kann oder auch nicht und die eventuell an diesem nichts anderes ändert, wenn sie ausbleibt?“54

Wie Leibniz begründet Freud in seiner Schrift „Das Unbewusste“ nicht-bewusste mentale Vorgänge mit der grundsätzlichen Kontinuität der mentalen Vorgänge, derer man nicht jederzeit bewusst ist: „Wir können dagegen anführen, daß die Annahme des Unbewußten notwendig und legitim ist, […] weil die Daten des Bewußtseins in hohem Grade lückenhaft sind“55. Freud wurde nicht müde, die Identität des Psychischen mit dem Bewussten in Frage zu stellen: Seiner Ansicht nach ist „die konventionelle Gleichstellung des Psychischen mit dem Bewußten […] durchaus unzweckmäßig. Sie zerreißt die psychischen Kontinuitäten, stürzt uns in die unlösbaren Schwierigkeiten des psychophysischen Parallelismus, unterliegt dem Vorwurf, daß sie ohne einsichtliche Begründung die Rolle des Bewußtseins überschätzt, und nötigt uns, das Gebiet der psychologischen Forschung vorzeitig zu verlassen, ohne uns von anderen Gebieten her Entschädigung bringen zu können“56.

Zum differenzierten Verständnis der unterschiedlichen nicht-bewussten Denkvorgänge versucht die Schrift „Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewußten in der Psychoanalyse“ aus 1912 eine Trennlinie zwischen vorbewussten und unbewussten Denkvorgängen zu zeichnen: „Wir waren gewohnt zu denken, daß jeder latente Gedanke dies infolge seiner Schwäche war, und daß er bewußt wurde, sowie er Kraft erhielt. Wir haben nun die Überzeugung gewonnen, daß es gewisse latente Gedanken gibt, die nicht ins Bewußtsein eindringen, wie stark sie auch sein mögen. Wir wollen daher die latenten Gedanken der ersten Gruppe vorbewußt nennen, während wir den Ausdruck unbewußt (im eigentlichen Sinne) für die zweite Gruppe reservieren […] Er bezeichnet nicht bloß latente Gedanken im allgemeinen, sondern besonders solche mit

52 Ders.: „Das Unbewußte“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 10, Frankfurt a. M. 1987 (1915e), S. 270. 53 Ders.: „Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 12, Frankfurt a. M. 1987 (1917a [1916]), S. 11. 54 Ders.: „Die Widerstände gegen die Psychoanalyse“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt a. M. 1987 (1925e [1924]), S. 103. 55 Ders.: „Das Unbewußte“, S. 264–265. 56 Ebd., S. 266.

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einem bestimmten dynamischen Charakter, nämlich diejenigen, die sich trotz ihrer Intensität und Wirksamkeit dem Bewußtsein ferne halten“57.

Zum Vorbewussten, dem latenten Unbewussten, das möglicherweise am nächsten zur Leibniz’schen Theorie der kleinen Perzeptionen steht, präzisierte Freud drei Jahre später in seiner Schrift „Das Unbewußte“ von 1915: „Man kann weiter gehen und zur Unterstützung eines unbewußten psychischen Zustandes anführen, daß das Bewußtsein in jedem Moment nur einen geringen Inhalt umfaßt, so daß der größte Teil dessen, was wir bewußte Kenntnis heißen, sich ohnedies über die längsten Zeiten im Zustande der Latenz, also in einem Zustande von psychischer Unbewußtheit, befinden muß“58.

Eine genauere Unterscheidung zwischen bewussten, vorbewussten und unbewussten mentalen Vorgängen bietet eine klärende Stelle im postum veröffentlichten Manuskript Abriß der Psychoanalyse aus Freuds dritter und letzter Phase ab 1923 an: „Wir haben also den psychischen Vorgängen drei Qualitäten zugeschrieben, sie sind entweder bewusst, vorbewusst oder unbewusst. Die Scheidung zwischen den drei Klassen von Inhalten, welche diese Qualitäten tragen, ist weder eine absolute noch eine permanente. Das was vorbewusst ist, wird, wie wir sehen, ohne unser Zutun bewusst, das Unbewusste kann durch unsere Bemühung bewusst gemacht werden, wobei wir die Empfindung haben dürfen, dass wir oft sehr starke Widerstände überwinden“59.

Freuds dritte Phase seiner Theorie des Geistes begann mit der Einführung von drei Strukturen das Es, das Ich und das Über-Ich in seinem Buch Das Ich und das Es. In der ersten Fußnote zu Das Ich und das Es wandte sich Freud gegen jene Annahme von „schwachen“, „unmerklichen“ jedoch „bewussten“ Vorgängen, die sich gegen Freuds Ansicht von unbewussten mentalen Zuständen richtete. Ohne jegliche Nennung der Vertreterinnen bzw. der Vertreter dieser philosophischen Annahme kritisierte Freud die Auffassung, „daß auch das Bewußtsein – als Phänomen – eine große Reihe von Abstufungen der Intensität oder Deutlichkeit erkennen läßt. So wie es Vorgänge gibt, die sehr lebhaft, grell, greifbar bewußt sind, so erleben wir auch andere, die nur schwach, kaum eben merklich bewußt sind, und die am schwächsten bewußten seien eben die, für welche die Psychoanalyse das unpassende Wort unbewußt gebrauchen wolle. […] Ferner erreicht man durch die Subsumierung des Unmerklichen unter das Bewußte nichts anderes, als daß man sich die einzige unmittelbare Sicherheit verdirbt, die es im Psychischen überhaupt gibt. Ein Bewußtsein, von dem man nichts weiß, scheint mir doch um vieles absurder als ein unbewußtes Seelisches. Endlich ist solche Angleichung des Unbemerkten an das Unbewußte offenbar ohne Rücksicht auf die dynamischen Verhältnisse versucht worden, welche für die psychoanalytische Auffassung maßgebend waren. Denn zwei Tatsachen werden dabei vernachlässigt; erstens, daß es sehr schwierig ist, großer Anstrengung bedarf, um einem solchen Unbemerkten genug Aufmerksamkeit zuzuführen, und zweitens, daß, wenn dies gelungen ist, das vordem Unbemerkte jetzt nicht vom Bewußtsein erkannt wird, sondern oft genug ihm völlig fremd, gegensätzlich erscheint und von ihm schroff abgelehnt wird. Der Rekurs vom Unbewußten auf das wenig Bemerkte und nicht 57 Ders.: „Einige Bemerkungen über den Begriff des Unbewußten in der Psychoanalyse“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 8, Frankfurt a. M. 1987 (1912g), S. 433–434. 58 Ders.: „Das Unbewußte“, S. 265. 59 Ders.: „Abriß der Psychoanalyse“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 17, Frankfurt a. M. 1987 (1940a [1938]), S. 82.

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Patrizia Giampieri-Deutsch Bemerkte ist also doch nur ein Abkömmling des Vorurteils, dem die Identität des Psychischen mit dem Bewußten ein für allemal feststeht“60.

4. FREUDS BEGRIFF DER WAHRNEHMUNG In all drei verschiedenen Modellen des Geistes verband Freud die Wahrnehmung mit dem Bewusstsein. Bereits in seinem erst postum veröffentlichten Manuskript Entwurf einer Psychologie aus der präanalytischen Phase bis 1897 verknüpfte Freud die Wahrnehmung mit dem Bewusstsein61. Weiter wurde die Wahrnehmung im topischen Modell des Geistes während der zweiten Phase ab 1897 als Funktion des Systems Wahrnehmung-Bewusstsein verstanden, das durch Aufmerksamkeit oder Wachzustand charakterisiert ist, und das von den beiden anderen nicht durch Bewusstsein ausgezeichneten Systeme, dem System Vorbewusst und dem System Unbewusst, unterschieden wurde. Im strukturellen Modell des seelischen, psychischen Apparates, also in seiner dritten und letzten Phase ab 1923, führte Freud über die Wahrnehmung in Das Ich und das Es folgendes aus: „Von vornherein bw [P. G.-D.: bewusst] sind alle Wahrnehmungen, die von außen herankommen (Sinneswahrnehmungen), und von innen her, was wir Empfindungen und Gefühle heißen“62. Die Annahme einer unbewussten Wahrnehmung formulierte Freud zum ersten Mal im Jahr 1910 bei der Untersuchung der „hysterischen Blindheit“: „Sinnreiche Versuche haben gezeigt, daß die hysterisch Blinden doch in gewissem Sinne sehen, wenn auch nicht im vollen Sinne. […] Die hysterisch Blinden sind also nur fürs Bewußtsein blind, im Unbewußten sind sie sehend. Es sind gerade Erfahrungen dieser Art, die uns zur Sonderung von bewußten und unbewußten seelischen Vorgängen nötigen“63.

Entgegen den französischen Vertretern der psychodynamischen Psychiatrie wie Jean-Martin Charcot, Pierre Janet und Alfred Binet, welche die Ursache der hysterischen Blindheit der Patientinnen und der Patienten in nichts anderem als in ihrer Autosuggestion sahen, wandte Freud ein: „Die Hysterischen sind nicht infolge der autosuggestiven Vorstellung, daß sie nicht sehen, blind, sondern infolge der Dissoziation zwischen unbewußten und bewußten Prozessen im Sehakt; ihre Vorstellung, nicht zu sehen, ist der berechtigte Ausdruck des psychischen Sachverhalts und nicht die Ursache desselben“64.

60 Ders.: „Das Ich und das Es“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 13, Frankfurt a. M. 1987 (1923b [1922]), S. 242. 61 Ders.: „Entwurf einer Psychologie“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Nachtragsbd., Frankfurt a. M. 1987 (1950c [1895]), S. 401. 62 Ders.: „Das Ich und das Es“, S. 246–247. 63 Ders.: „Die psychogene Sehstörung in psychoanalytischer Auffassung“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 8, Frankfurt a. M. 1987 (1910i), S. 95. 64 Ders.: „Die psychogene Sehstörung in psychoanalytischer Auffassung“, S. 96.

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Die hysterische Blindheit ist nicht durch eine Läsion, wie bei der neurologischen Störung Blindsicht, verursacht. Da die hysterisch blinden Patientinnen bzw. Patienten nicht unter einer physiologisch bedingten Störung litten, nahm Freud einen psychischen Konflikt zwischen einem Wunsch und dessen Abwehr als Ursache der Blindheit an, welcher eine vorläufige psychodynamische Störung bewirkte. Die hysterische Blindheit konnte deshalb durch die psychoanalytische Behandlung zur Gänze behoben werden. Die Relevanz dieser Fallgeschichte für Freud war die Formulierung der Annahme, dass auch die Wahrnehmung nicht bewusst sein konnte. Diese Annahme wurde zwar in dieser klinischen Studie herausgearbeitet, fand jedoch keinen Niederschlag in Freuds Theorie des Geistes. Freuds Verknüpfung der Wahrnehmung mit dem Bewusstsein wurde von späteren Psychoanalytikerinnen bzw. Psychoanalytiker als problematisch angesehen. In der Freud-Nachfolge wurde eine empirische-experimentelle Unterscheidung von Wahrnehmung und Bewusstsein herausgearbeitet. Die psychoanalytische empirische Forschung der subliminalen Wahrnehmung ist eine Tradition, die von Otto Pötzl65 über Charles Fisher66 bis zu Howard Shevrin67 reicht. Wenn die Wahrnehmung zuerst immer bewusst sein müsste, würde dies bedeuten, dass jede Interaktion zwischen äußerer Welt einerseits und vorbewussten und unbewussten Vorgängen andererseits theoretisch unmöglich wäre, was den Tatsachen der alltäglichen klinischen Erfahrung, und selbst den klinischen Fällen Freuds, widerspricht. Diese Ansicht kann auch nicht mit den Ergebnissen der subliminalen Forschung in Einklang gebracht werden, in der wiederholt gezeigt wurde, dass äußere Reize subliminal wahrgenommen werden und mit unbewussten Vorgängen interagieren können, um Träume, Phantasien, Einfälle zu bilden, ohne dass ein Wachzustands-Bewusstsein über deren Ursprung und Quelle vorhanden ist68.

65 O. Pötzl: „Experimentell erregte Traumbilder in ihrer Beziehung zum indirekten Sehen“, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 37 (1917), S. 278–349. 66 C. Fisher: „Introduction”, in: J. Wolff/D. Rapaport/S.H. Annin (Hrsg.): Preconscious Stimulation in Dreams, Associations, and Images. Psychological Issues 2, Monograph 7, New York 1960, S. 1–40. 67 H. Shevrin: „Die experimentelle Untersuchung von unbewusstem Konflikt, unbewusstem Affekt und unbewusster Signalangst“, in: P. Giampieri-Deutsch (Hrsg.): Psychoanalyse im Dialog der Wissenschaften. Anglo-amerikanische Perspektiven, Bd. 2, Stuttgart 2004, S. 114–142; ders.: „Toward a Theory on Consciousness Based on Recent Developments in Subliminal Research“, in: P. Giampieri-Deutsch (Hrsg.) Psychoanalysis as an Empirical, Interdisciplinary Science. Collected Papers on Contemporary Psychoanalytic Research, Wien 2005, S. 57–74; H. Shevrin/J. Bond/L. Brakel/R. Hertel/W. Williams: Conscious and Unconscious Processes. Psychodynamic, Cognitive, and Neurophysiological Convergences, New York/London 1996. 68 Vgl. P. Giampieri-Deutsch: „Einleitung“, in: Dies. (Hrsg.) Psychoanalyse im Dialog der Wissenschaften. Europäische Perspektiven, Bd. 1, Stuttgart 2002, S. 15–16; dies.: „Einleitung“, in: dies. (Hrsg.) Psychoanalyse im Dialog der Wissenschaften. Anglo-amerikanische Perspektiven, Bd. 2, Stuttgart 2004, S. 15–44; dies.: „Some Remarks on Psychoanalytic Research and Universities“, in: International Forum of Psychoanalysis 19, 4 (2010), S. 210–217; dies.: „Perception, Conscious and Unconscious Processes“, in: F. G. Barth/dies./H.-D. Klein (Hrsg.): Sensory Perception: Mind and Matter, Wien/New York 2012, S. 257–260.

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Patrizia Giampieri-Deutsch

Außerdem wurde die Unterscheidung zwischen Wahrnehmung und Bewusstsein in der analytischen Philosophie des Geistes anhand neurologischer Syndrome herausgearbeitet. Diese haben eine Dissoziation zwischen Wahrnehmung und Bewusstsein der Wahrnehmung experimentell deutlich gemacht (z. B. in der Blindsicht, in der Prosopagnosia, in der Alexia, bei Patientinnen bzw. Patienten mit visueller Extinktion oder „neglect“-Patientinnen bzw. Patienten, in der Epilepsie, bei kommissurotomierten oder „split-brain“-Patientinnen bzw. Patienten)69. 5. VERKÖRPERUNG DER SEELE UND DES GEISTES Eine für Freud sehr relevante Fragestellung wird von Leibniz in der Monadologie angeführt. Es handelt sich um das Thema der Verkörperung der Seele und des Geistes, das auch für die gegenwärtige Philosophie des Geistes eine zentrale Rolle spielt, die von einer „physikalischen Realisierbarkeit des Mentalen“ ausgeht: „§ 72. Es gibt auch keine gänzlich voneinander getrennten Seelen, noch Geister ohne Körper: Gott allein ist vom Körper gänzlich entkoppelt“70. Es ist hervorzuheben, dass Leibniz das Thema der Verkörperung der Seele und des Geistes bereits in der „Préface“ zu den Nouveaux essais sur l’entendement humain behandelt hatte: „[…] ich glaube nämlich mit den meisten Alten, daß alle Geister, alle Seelen, alle einfachen geschaffenen Substanzen stets mit einem Körper verbunden sind, und daß es völlig losgelöste Seelen niemals gibt“71. Leibniz hatte das Thema auch weiter im Zweiten Buch der Nouveaux essais „Des Idées“ („Von den Ideen“) wiederaufgenommen: „Ich glaube, […] daß die menschlichen Seelen, ebenso wie alle anderen, niemals ohne allen Körper sind […]“72. Schon am 22. September 1898 hatte Freud in seinem Brief an seinen Freund Wilhelm Fließ geschrieben, er sei „gar nicht geneigt, das Psychologische ohne organische Grundlage schwebend zu erhalten“73. Das Thema der Verkörperung des Geistes und Freuds Auffassung eines Kontinuums zwischen dem Somatischen und dem Psychischen bildet eine Konstante in Freuds Werken, z. B. bekräftigte der reife Freud in seiner späteren Schrift Die Frage der Laienanalyse: „Bei dem innigen Zusammenhang zwischen den Dingen, die wir als körperlich und als seelisch scheiden, darf man vorhersehen, daß der Tag kommen wird, an dem sich Wege der Erkenntnis

69 P. Giampieri-Deutsch: „Approaching Contemporary Psychoanalytic Research“, in: Dies. (Hrsg.): Psychoanalysis as an Empirical, Interdisciplinary Science. Collected Papers on Contemporary Psychoanalytic Research, Wien 2005, S. 17–18 und dies.: „Perception, Conscious and Unconscious Processes“, S. 255–257. 70 GP VI, 609; Schneider, S. 141. 71 A VI, 58 / GP V, 51; Cassirer, S. 15. 72 A VI, 114 / GP V, 103; Cassirer, S. 80. 73 Freud: Briefe an Wilhelm Fließ 1887–1904, S. 357

Die Entwicklung der Auffassung eines nicht-bewussten Denkens bei Freud

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und hoffentlich auch der Beeinflussung von der Biologie der Organe und von der Chemie zu dem Erscheinungsgebiet der Neurosen eröffnen werden“74.

6. OZEAN DER GÖTTLICHKEIT In der „Préface“ zu den Nouveaux essais sur l’entendement humain lehnte Leibniz als „Irrlehren“ diejenigen ab, „die sich eine Auflösung und Wiedervereinigung der Seele mit dem Ozean der Göttlichkeit einbilden“75. In der Schrift Das Unbehagen in der Kultur nahm Freud gegen den Schriftsteller Romain Rolland Stellung, der seinen Freund Freud dafür kritisiert hatte, die authentische Quelle der Religiosität, welche Rolland das „ozeanische Gefühl“ nennt, nicht entsprechend zu würdigen. Nach Rolland war dies ein ganz besonderes Gefühl, wie Freud in eigenen Worten auszudrücken versucht, „das ihn selbst nie zu verlassen pflege, das er von vielen anderen bestätigt gefunden und bei Millionen Menschen voraussetzen dürfe. Ein Gefühl, das er die Empfindung der ‚Ewigkeit’ nennen möchte, ein Gefühl wie von etwas Unbegrenztem, Schrankenlosem, gleichsam ‚Ozeanischem‘. Dies Gefühl sei eine rein subjektive Tatsache, kein Glaubenssatz; keine Zusicherung persönlicher Fortdauer knüpfe sich daran, aber es sei die Quelle der religiösen Energie, die von den verschiedenen Kirchen und Religionssystemen gefaßt, in bestimmte Kanäle geleitet und gewiß auch aufgezehrt werde. Nur auf Grund dieses ozeanischen Gefühls dürfe man sich religiös heißen, auch wenn man jeden Glauben und jede Illusion ablehne“76.

Obwohl Leibniz seine Ablehnung auf einer theistisch fundierten Grundlage formulierte, welche Freud aus seiner atheistischen Perspektive heraus nicht teilen konnte, scheint Freuds Erklärungsversuch erwähnungswürdig. Freud definierte die Rolle des ozeanischen Gefühls als ein Streben nach der Wiederherstellung des uneingeschränkten Narzissmus, verstanden als einer frühen Phase des Ichgefühls, das sich unbegrenzt und mit dem All verbunden fühlt. Freud stellte sich deswegen die Frage, welchen Anspruch ein solches Gefühl wohl haben könne, als die eigentliche Quelle der religiösen Bedürfnisse angesehen zu werden. Insofern konnte sich Freud am ehesten vorstellen, „daß das ozeanische Gefühl nachträglich in Beziehungen zur Religion geraten ist“77.

74 Ders.: Die Frage der Laienanalyse, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt a. M. 1987 (1926e), S. 264. 75 A VI, 59, GP V, 52; Cassirer, S. 17. 76 S. Freud: „Das Unbehagen in der Kultur“, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 14, Frankfurt a. M. 1987 (1930a [1929]), S. 421–422. 77 Ebd., S. 430.

GABRIEL TARDE’S NEO-MONADOLOGY Michael Schillmeier (Exeter)

“Substantiae vel suppositi”1.

300 years of Gottfried Wilhelm Leibniz’s Monadology and more than 100 years after Gabriel Tarde’s Monadology and Sociology we are not only living in a significantly changed world, but due to these changes, we are also in a different position to think with monadologies and their revisions2. To this effect, Gabriel Tarde who was dismissed by Émile Durkheim as a relict of the 19th century re-evolves as a prominent thinker for the 21st century, whereas the modernist framings of (social) sciences of the 20th century are facing their limitations. 1. MONADIC CONTRASTS – A MATTER OF STYLE G. W. Leibniz is one of these rare philosophers whose thoughts are inherently sociological. This is how the French sociologist Gabriel Tarde reads Leibniz, whose Monadology3 is the main reference. It allows Tarde to offer a contrast to French sociology from Auguste Comte to Émile Durkheim4. Such hypothesis fingo may sound inappropriate since one may argue that Leibniz did neither explicitly talk about the social nor did he develop a concept of society. But as I will try to show, 1 2

3

4

M. Serres: Hermes III, Berlin 1992. See, for instance, B. Latour: “Eine andere Wissenschaft des Sozialen?”, in: G. Tarde: Monadologie und Soziologie, ed. by M. Schillmeier and J. Sarnes, Frankfurt a. M. 2009, pp. 7–16. Id.: “Gabriel Tarde and the End of the Social”, in: P. Joyce (ed.): The Social in Question. New Bearings, London/New York 2014, pp. 117–132. M. Schillmeier: “Jenseits der Kritik des Sozialen – Gabriel Tardes Neo-Monadology”, in: Tarde: Monadologie und Soziologie, pp. 109– 153. G. W. Leibniz: “Monadologie”, in: Id.: Monadologie und andere metaphysische Schriften, ed. by U. J. Schneider, Hamburg 2014, pp. 110–151. See also, for instance, id.: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, in: Id.: Monadologie und andere metaphysische Schriften, § 1, p. 153. Leibniz’s contract work, the Monadology, offers a sublime composition of assembling ideas by ideas. Hence, although this special issue is about 300 years of monadology, Leibniz’s monadology has been in the making and discussed for many years before it appeared as a comprehensive text in 1714. See M. Schillmeier: “Zur Politisierung des Sozialen. Durkheims Soziologie und Tardes Monadenlehre”, in: T. Bogusz/H. Delitz (eds.): Émile Durkheim. Soziologie – Ethnologie – Philosophie, Frankfurt a. M. 2013, pp. 403–431.

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Michael Schillmeier

it is precisely the absence of a society set in opposition to nature that would mark the modernist “bifurcation of nature”5, which makes Leibniz’s Monadology (1714) attractive for Tarde’s socio-metaphysical adventure as well as its importance for contemporary concerns. Tarde’s monadology is also a refusal of the dual power of human supremacy and mechanistic philosophical thought: “In its age-long effort to interpret everything outside us in terms of mechanism, even those things which break forth with accumulated signs of genius, namely living beings, our mind as it were blows out all the lights of the world for the sole benefit of its own little spark”6.

It is Leibniz’s insistence that all nature is full of life7 and consequently soulful, full of grades of living8, full of social life I shall say, that gains importance for Tarde’s most daring work Monadology and Sociology. With his monadological reading of societal concerns, Tarde introduces a different “style”9 or “culture”10 to the social sciences. Like Leibniz’s Monadology, Tarde’s Monadology and Sociology is written in an open style and does not resonate with one or another established style or school of thought11. It offers a productive contrast in addressing sociological concepts such as the social and society as central for understanding not merely human relations and human society, but all things and all phenomena12. The monads express “the need for society”13, so Tarde. In particular, Tarde’s reading of Leibniz’s Monadology sets a significant contrast to Comte’s, Durkheim’s and any other positivist understanding of knowledge as objectified forms, dividable parts which clearly and distinctly bifurcate from non-knowledge. Leibniz’s and Tarde’s monadologies are clear rejections of any kind of material substantialism and atomism14. In the following extraordinary dense but utterly clear quote from a letter to the philosopher F. W. Bierling, Leibniz explains the basic understanding of the monad. This will also serve as the most daring starting point for Tarde’s Monadology15.

5 6 7 8

9 10 11 12 13 14 15

See A. N. Whitehead: Concept of Nature, Cambridge 1927. G. Tarde: Monadology and Sociology, ed. and transl. by Theo Lorenc, Melbourne 2012, pp. 22– 23. See Monadologie, § 70, § 71. See Leibniz in a letter to P. des Maizeaux, 8.7.1711, in: Id.: Philosophische Schriften, vol. 5.2: Briefe von besonderem philosophischem Interesse. Die Briefe der zweiten Schaffensperiode, ed. and transl. by W. Wiater, Darmstadt 1989, p. 303. (English translation by D. Rutherford, 2014, GP VII, 534–536). See I. Prigogine/I. Stengers/S. Pahaut: “Die Dynamik – Von Leibniz zu Lukrez”, in: M. Serres: Anfänge (= Internationaler Merve-Diskurs 160), Berlin 1991. See Fn. 5. See, for instance, Leibniz in a letter to N. Remond, 26.8.1714, in: Id.: Philosophische Schriften, vol. 5.2, pp. 341–344; GP III, 624–625. Tarde: Monadology and Sociology, p. 28. Ibid., p. 15. See, for instance, Leibniz in his third letter to N. Remond, July 1714, in: Id.: Philosophische Schriften, vol. 5.2, p. 333; GP III, 618–621. See also Tarde: Monadology and Sociology, § 8, § 9. See, for instance, ibid., p. 44. As we will see, Tarde will question the role of God in his Neo-Monadology.

Gabriel Tarde’s Neo-Monadology

257

“The soul has in itself perception and appetite, and these are included in its nature. And just as in the body we understand antitypy and shape in general, although we are ignorant of the shape of insensible bodies, so in the soul we understand perception and appetite, although we do not know distinctly the insensible ingredients of the confused perceptions in which the insensibles of bodies are expressed. […] Spirits, souls, and in general, simple substances or monads cannot be apprehended by the senses or the imagination since they lack parts. […] [A] monad or substance that is simple in kind contains perception and appetition, and is either primitive and God, who is the ultimate reason of things, or is derivative, namely a created monad; and the latter is either a mind endowed with reason, or a soul endowed with sense, or a soul-analogue endowed with some inferior grade of perception and appetite. For the latter, the term ‘monad’ alone suffices, since we do not know its various grades. But every monad is inextinguishable, for simple substances cannot begin or end except through creation or annihilation, that is, a miracle. And every created monad is also endowed with some organic body, according to which it perceives and strives, although through births and deaths this is altered, enveloped, transformed, and continues in a perpetual flux. Moreover, monads contain in themselves an entelechy or primitive force, and without them matter would be merely passive. And any mass contains innumerable monads, for although any one organic body in nature has its corresponding monad, it nevertheless contains in its parts other monads endowed in the same way with organic bodies subservient to the primary monad; and the whole of nature is nothing else, for it is necessary that every aggregate result from simple substances as if from genuine elements. But atoms or extended bodies,even infrangible ones, are fictitious entities, which cannot be explained except through a miracle and lack a reason; nor ought the causes of forces and motions be given in terms of them. And even if they should be conceded, they would not be truly simple, by virtue of the fact that they are extended and endowed with parts. Nor does light compel us to resort to atoms any more than does any other fluid. […] Nor should monads be confused with atoms. Atoms (which are imagined) have figure; monads no more have figure than do souls: they are not parts of bodies, but requisites”16.

According to Tarde, it is the development of modern scientific and medical research itself that draws our attention to an understanding of monads rather than atoms. Tarde’s Monadology and Sociology begins as follows: Hypotheses fingo “The monads, children17 of Leibniz, have come a long way since their birth. By several independent paths, unremarked by scientists themselves, they slip into the heart of contemporary science”18.

Sciences – although in highly different ways – “pulverize the universe and […] multiply beings indefinitely” and “unify [often unrecognized, MS] the Cartesian duality of matter of mind”19. Tarde argues that Leibniz’s daring construct of monads “are now being proved scientifically”20. The Leibniz hypothesis, so Tarde,

16 G. W. Leibniz (12.08.1711 and 14.01.1712) in letters to F. W. Bierling, in: Id.: Philosophische Schriften, vol. 5.2, p. 303; GP VII, 500–502; GP VII, 502–503 (English translation by D. Rutherford, 2014). 17 The French original says “filles”, we would translate as “daughters”. See G. Tarde: Monadologie et Sociologie (= Œuvres de Gabriel Tarde, sér. 1, vol. 1), Paris 1999, p. 105. 18 Id.: Monadology and Sociology, p. 5. 19 Ibid., p. 15. 20 Ibid.

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Michael Schillmeier “[…] implies both the reduction of two entities, matter and mind, to a single one, such that they are merged in the latter, and at the same time a remarkable [prodigious] multiplication of purely mental agents in the world. In other words, it implies both the discontinuity of the elements and the homogeneity of their being”21.

It is fascinating to see, so Tarde, how e.g. progress in chemistry led to the atom and clearly defined chemical substances and combinations, which at the same time allow for the graduations and nuances in phenomena. It confirms a “psychomorphism”22 rather that an atomism “which accounts for a given historical event only by individual actions […] [T]hese ultimate elements which form the final stage of every science, the social individual, the living cell, the chemical atom, are ultimate only from the point of view of their particular science. They themselves, as we know, are composite, not excepting the atom itself”23.

Not only do monads, left on their own, achieve anything, but monadological thought also alerts us to the “tendency of monads to assemble”24. For Leibniz25, as well as for Tarde, reality is a monadic, that is an ongoing, non-dividable and infinite, “contagious”26 and affective process of power relations27, circulating, “folding”28 and the infinite multiplication of perceptions, of “inter-mental”29 acts. Clearly, neither for Leibniz nor for Tarde these inter-mental acts should be conflated with merely cognitive processes of human beings. Quite on the contrary, it is precisely the non-cognitive, the affective or non-known that gain importance in and for the human non-human world. Our world is composed of monads or souls different but similar30. The uni-verse is a pluri-verse31, the multiplicity of its foldings and assemblages – cognitive and non-cognitive, big and small perceptions32, human 21 22 23 24 25 26 27 28 29

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Ibid., p. 5. Ibid., p. 15. Ibid., p. 8. Ibid., p. 34. M. Serres: Hermes IV, Verteilung, Berlin 1993, pp. 176–179. G. Tarde: Gesetze der Nachahmung, Frankfurt a. M. 2003. G. W. Leibniz: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, in: Id.: Monadologie und andere metaphysische Schriften, § 3, p. 154; GP VI, 598–599. See also id.: “Monadologie”, § 72; GP VI, 619. G. Deleuze: Die Falte. Leibniz und der Barock, Frankfurt a. M. 1993. See also on ‘folding’, for instance, Leibniz: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, § 13, p. 167; GP VI, 604. Tarde: Gesetze der Nachahmung, p. 10. As for Leibniz, Tarde’s understanding of perception differs from mere apperception and/or sensory perception. See, for instance, on “small perceptions”, Leibniz: “Monadologie”, § 14; GP VI, 608–609. Leibniz (08.07.1711) in a letter to P. des Maizeaux, in: Id.: Philosophische Schriften, vol. 5.2, p. 301; GP VII, 534. Tarde: Monadology and Sociology, p. 15. See W. James: A Pluralistic Universe. Hibbert Lectures at Manchester College on the Present Situation in Philosophy, Lincoln (1996 [1909]). See, for instance, Leibniz in his letter to N. Remond (04.11.1715), in: Leibniz: Philosophische Schriften, vol. 5.2, p. 347 (GP III, 635): “Denn unsere großen Perzeptionen und Appetitionen, deren wir uns bewußt sind, sind aus unendlich vielen kleinen Perzeptionen oder kleinen Neigungen zusammengesetzt, deren man sich nicht bewußt sein könnte. Und gerade in den unmerklichen Perzeptionen findet sich der Grund für das, was in uns geschieht, wie der Grund

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and non-human alike. “Thus”, Tarde points out, “as with society, as with life, chemistry to bear witness to the necessity of universal difference, the principle and end of all hierarchies and all developments. Diversity, and not unity, is at the heart of things”33. Moreover, these on-going, infinite and manifold acts are always two-folded: mental and material, undividable and dividable, closed and open, independent and yet indivisible. That two things are really distinct does not mean that they are separable. Indivisible, soul and body or subject and object express and multiply worlds: “One actualizes it, the other realizes it”34. Soul/bodies un/fold a multiplicity of belonging between heterogeneous entities, between what is actualized and realized. Bodies realize the differences actualized by the souls. The fold between soul and body is the Zwiefalt or Fuge, that which links and separates at the same time35. As G. Deleuze stresses: “The soul and the body can always be truly distinguished, but inseparability traces a coming and going between one level and another. My unique monad has a body; the parts of this body have crowds of monads; each one of these monads has a body […]”36.

Monads or simple substances are agentic beings whose nature is nothing but perception and appetition that enact the principles of change. As Leibniz continuously points out: As simple beings, monads only differ from another by their perception of and relation to composites. Moreover, they tend to constantly change by moving from one perception to the next. Monads have insatiable appetite to change, to differ. Monads, we may say, enunciate the principle of difference by differing. Difference, then, has a cause distinct from itself. Tarde stresses: “The truth is that difference comes about differing and that change comes about changing and, in thus being given as ends to themselves, change and difference attest to their necessary and absolute character. […] To exist is to differ; difference is, in a sense, the truly substantial side of things; it at once their ownmost possession and that which they hold most in common”37.

In Laws of Imitation, Tarde writes that differentiation makes us aware that “[h]eterogeneity, not homogeneity, is at the heart of things”38. Thus, the simplicity of monads does neither impede the inner multiplicity of modifications of agency of

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für das, was in den empfindungsfähigen Körpern geschieht, in den unmerklichen Bewegungen liegt”. See Tarde: Monadology and Sociology, p. 9: “The source, reason, and ground of the finite and separate is in the infinitely small, in the imperceptible. [...] Being is not exhausted by what appears in phenomena. Everything comes from the infinitesimal and returns to it”. Tarde: Monadology and Sociology, p. 45. G. Deleuze: The Fold. Leibniz and the Baroque, London 2013, p. 136. Ibid., p. 138. Using the notion of Zwiefalt, Deleuze draws on M. Heidegger. See, for instance, M. Heidegger: “Moira”, in: Id.: Vorträge und Aufsätze, Stuttgart 92000. On the “Fuge” see id.: Der Spruch des Anaximander (= Gesamtausgabe, III. Abteilung: Unveröffentlichte Abhandlungen, Vorträge – Gedachtes, Bd. 78), Frankfurt a. M. 1977. Deleuze: The Fold, pp. 123–124. Ibid. G. Tarde: Laws of Imitation, Milton Keynes 2013, p. 32.

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monads nor their changing, multiple relations of and with heterogeneous things39. Consequently, so Tarde, if we want to understand the folding of heterogeneous elements, we need to insist that “everything is a society; that all phenomena is a social fact”40. Following from that, Tarde points out: “What do we place within the ultimate discontinuity if not continuity? We place therein, […], the totality of other beings. At the basis of each thing are all real and possible things”41.

Subsequently, all sciences are social sciences and sciences of societies that address the complexities of molecular societies, cell societies, plant societies, star societies, animal societies, human societies and so forth. Although highly different, these societies and their sciences are closely interlinked and share the principles of the making and unmaking of the realities of monadic power relations. From a neo-monadological view, the modernist tradition to functional differentiate science into self-regulated disciplines is only of a certain social value if it neglects the interconnectedness of societal realities. In addition, it allows a very different view on the idea of mechanistic entities, which can be understood as highly sophisticated and well-ordered societies and thus prevents from mechanist thinking as a universal explanation of things: “A molecule would then be, compared to an organism or to a State, only a kind of infinitely more numerous and more advanced nation. […] We should not lose sight of the fact that, since cellular societies area thousand times older than human societies, the inferiority of the latter is hardly surprising”42.

2. TARDE’S NEO-MONADOLOGY If difference is at the beginning and end of things, it is difficult to agree that a harmonic order is the result of relations of difference43. Whereas Leibniz was obliged to introduce the pre-established harmony through God and describe the monad as a closed camera obscura that mirrors a specific perspective of that one harmonious world, Tarde suggests a different, that is, neo-monadological approach. He argues that 1) a concept of “open monads which would penetrate each other reciprocally, rather than being mutually external”44 would undo the problems of a pre-established harmony, and b) it is the dynamics of science that provides reasons that testify Tarde’s argument.

39 Leibniz: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, § 2, p. 153; GP VI, 598. 40 Tarde: Monadology and Sociology, p. 27. 41 Ibid. 42 Ibid., p. 29 and p. 33. 43 Ibid., p. 40: “Difference is the alpha and omega of the universe, with the elements whose innate diversity (which various reason make probable) can in my view be the only justification of their multiplicity; everything ends with difference”. 44 Ibid., p. 26.

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Newton’s discovery of gravitation, so Tarde, questions the idea of impenetrable material elements. In turn, from a neo-monadological point of view, Newton’s atoms turn in centers of activity, which fold a “universe in itself, not only, as Leibniz wished to argue, a microscosmos, but the entire cosmos vanquished and absorbed by one being”45. Consequently, we deal with a multitude of real locations of actions, which are constantly made and in the making. Laws, so Tarde’s intriguing as well as consistent neo-monadological argumentation, can be understood as a power effect of specific monads which have been desiring these laws and thereby govern all the other monads, which also desire that their laws may gain universal power46. Beyond the realities of monadological power relations there is no transcendent reality of space, time or laws. Rather, space, time and laws are the effect of more or less stable viz. ordered monadic relations of power-laden activities. Clearly, Tarde’s neo-monadology is the first sociological theory that emphasizes the embodied and material enunciation of “micro-physics of power”47. At the same time, Tarde’s theory of difference suggests that “order and simplicity are simple mediating terms, alembics in which elementary diversity is potently transfigured and, as it were, sublimated”48. Tarde is fascinated by Leibniz’s monadology since it outlines a coherent set of speculations about ongoing events rather than existents49. Consequently the idea of the social that addresses eventful processes motivates Tarde’s sociological re-reading of Leibniz’s monadology. Like Leibniz Tarde is adamant that “the fundamental nature of things is strictly inaccessible”50 and consequently we are obliged to engage with what might be called hypotheses of the real [Real-Hypothesen]. As coherent assemblages of speculative thought both monadologies unfold the idea of a “real metaphysics” that equally has to stand the test in the real world under conditions of lacking full knowledge of the reality of things51. These speculations are metaphysical since they require the principle of sufficient reason that allows saying why things exist in this way and not in another52.

45 Ibid., p. 27. 46 See also A. N. Whitehead: Modes of Thought, New York 1938, p. 155. 47 On the “microphysics of power” as embodied and material, see, for instance, M. Foucault: Mikrophysik der Macht, Berlin 1976. 48 Tarde: Monadology and Sociology, p. 43. 49 Leibniz in a letter to M. G. Hansch, 25.07.1707: “Das sinnlich Wahrnehmbare und ins Universum Eingeordnete ist im Fluß und ereignet sich eher, als das es existiert”. Leibniz: Philosophische Schriften, vol. 5.2, p. 283; likewise, “bodies are in a state or perpetual flux like rivers, and parts are continually entering in and passing out”. “Monadologie”, § 71 (GP VI, 619), in: Id.: Discourse on Metaphysics and the Monadology, transl. by G. R. Montgomery, New York 1992, p. 83. 50 Tarde: Monadology and Sociology, p. 34. 51 Leibniz’s monadology can be understood as the “analogue combination” of theory and praxis, metaphysics and mathesis, God and Science, God and world. See M. Serres: Hermes 1, Kommunikation, Berlin 1991. 52 Leibniz: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, § 6, p. 163; GP VI, 601. See also id.: “Monadologie”, § 32; GP VI, 612.

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3. THE NON-MODERNITY OF MONADOLOGY M. Heidegger identifies in Leibniz’s central principle of sufficient reason the beginning of the power of the “metaphysics of modernity”53 that governs not only science. Rather, it has been colonizing our every day life, which in turn will shape our techno-scientific present and will accomplish [vollenden] the future technologies of the “atom”54 with “greatest perfection”55. As a thoroughly normalised social fact we moderns take this principle for granted as the principle of thought and practice56. Irrespectively if one agrees with Heidegger’s interpretation or not, his sharp critique of Leibniz’s principle and its effect on modern thought and practice alludes to the risk to conflate monads with atoms57. And indeed, the history of modern sciences and how it is often interpreted confirms an ongoing atomism that intends to fix the world according to a given nature of founding parts58. As we will see below, 53 See, for instance, M. Heidegger: Der Satz vom Grund, Stuttgart 1957, p. 65. 54 Ibid., p. 80. 55 Ibid., p. 198. The perfection with technological means, so Heidegger, “besteht in der Vollständigkeit der berechenbaren Sicherstellung der Gegenstände, des Rechnens mit ihnen und der Sicherung der Berechenbarkeit der Rechnungsmöglichkeiten”. Undoubtly, the thrive of technological perfection led to the implementation of high risk technologies, like atomic technologies, which according to seemingly trustful risk measurement along probability calculations, where qualified as of low risk to have adverse effects. With Chernobyl, Fukushima and many other similar events the “cosmos” of rationalising of techno-scientific risks was thoroughly questioned. See, for instance, M. Schillmeier: “Unbuttoning Normalcy – On Cosmopolitical Events”, in: The Sociological Review 59, 2 (2011), pp. 514–534. See also U. Beck: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a. M. 1986. 56 Heidegger’s critique can be read as a protest against Leibniz’s pre-established harmony in which the mathesis of techno-scientific reasoning and the use of technology become hegemonic God-like tools in accomplishing and measuring societal reality as well as securing its futures. The means of statistical knowledge and the introduction of diverse forms of insurance that reflect the risk-laden life as well as as a possibility of compensation of an actual damage or harm can be seen as technologies of security which set into practice the principle of sufficient reason as an earthly societal tool to deal with the insecurities and uncertainties of everyday day life. Leibniz has been involved in probability calculation and in developing new forms of insurances. Tarde was the director of the criminal statistics bureau at the Ministry of Justice in Paris from 1894 before he became Professor of Modern Philosophy at the Collège de France in 1900. On statistics, see G. Tarde: Gesetze der Nachahmung, Frankfurt a. M. 2003. 57 Heidegger also seems to conflate in his reading of Leibniz monads with atoms and bars Heidegger from reading Leibniz’s monadology as a contrast to techno-scientific reasoning. See, for instance, contrary to Heidegger, Deleuze: The Fold. In Der Satz vom Grund, Heidegger argues that Leibniz’s Monadology, as an assemblage of paragraphs, does not allow sufficient insights into Leibniz’s unruly philosophical thoughts, which may also allow a different reading. Heidegger: Der Satz vom Grund, p. 81. 58 Heidegger’s early critique of techno-science and its adverse societal effects has been a central theme in Science and Technology Studies since the 1970s and 1980s. Many of the current debates concerning new developments in the life sciences critically reflect the technological fixing of society along the naturalisation of (bio-)technological means. For a critical appraisal, see, for instance, M. Schillmeier: “Black Box ‘Gesellschaft’ – Produktive Kontraste in der Wissenschaftsforschung”, in: N. Braun/J. Müller/A. Nassehi/I. Saake/T. Wolbring (eds.): Begriffe –

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the current promise of science and science policy concerning nanotechnology and its applications (e.g. nanomedicine) is very much fuelled by a persistent metaphysics of atoms. Heidegger’s reading of Leibniz as a metaphysician of modernity ignores what I would like to call the non-modern side of the Monadology, which, like the monadic process itself, is always double-folded59. It is the non-modern fold of the monadic relation that resists the bifurcation of nature that is expressed in the duality of nature and culture, mind and body, subject and object, the intelligible and sensible, individual and society, human and non-human and so forth. This monadological effect that interrogates either/or-differences is of crucial importance for Tarde’s Monadology and Sociology. It is the function of difference as the contrasting agency of the monad which is central for Tarde’s revitalization of Leibniz’ metaphysics in order to outline a sociological understanding that resists the bifurcation of nature60. 4. SOCIETY? WHAT SOCIETY? At the end of the 19th century, many debates where fought out concerning an adequate understanding of sociology and its main concern “the social” and “society”. The famous disputes between Gabriel Tarde and his young opponent Émile Durkheim articulate the controversies and politics inaugurating a new discipline, a discipline which is meant to make a difference primarily to bio-physical and psychological analyses61. For Durkheim, Tarde’s monadological sociology symbolized everything his own sociological positivism is trying to resist: metaphysics, idealism, psychology, and prose. For Tarde, on the other, Durkheim’s positivist social ontology is committing the fallacy of misplaced concreteness mistaking the social or society as the explanans instead of being the explanandum. In 1904, after a few years controversial disputes, Tarde died at the age 61 and the philosopher Henri Bergson became his successor. Although Bergson praised Tarde’s work, Tarde’s influence declined rapidly. Consequently, it was Émile Durkheim’s impact that gained power in shaping a scientific discipline that was imagined as self-sufficient, clearly and distinctively Positionen – Debatten. Eine Relektüre von 65 Jahren Soziale Welt (= Soziale Welt, Sonderheft 21), Baden-Baden 2014, pp. 187–201. 59 On “non-modernity” see, for instance, B. Latour: We Have Never Been Modern, Harvard 1993. 60 See, for instance, F. Balke: “Eine frühe Soziologie der Differenz. Gabriel Tarde”, in: Ch. Borch/U. Stäheli (eds.): Soziologie der Nachahmung und des Begehrens. Materialien zu Gabriel Tarde, Frankfurt a. M. 2009. G. Deleuze: Difference and Repetition, London/New York 2001. 61 See, for instance, Schillmeier: “Zur Politisierung des Sozialen”, in: Bogusz/Delitz (eds.): Émile Durkheim, pp. 403–431. Id.: “Understanding the Social. Cosmopolitanism and Gabriel Tarde’s Cosmopolitics, in: M. Pendenza (ed.): Classical Sociology beyond Methodological Nationalism, Leiden/Boston 2014, pp. 93–116. M. Candea: The Social after Gabriel Tarde. Debates and Assessments, London/New York 2010. Clearly, Tarde’s and Durkheim’s accounts, which although most different, would nevertheless have allowed a more productive engagement with the different frameworks.

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demarcated from biology, psychology and philosophy. Durkheim’s dictum was to treat social phenomena truly scientifically, that is as real “things”, real “objects” as it were, which we humans only know from the outside and which we then have to tackle like other sciences do (he names physiology, physics, and chemistry)62. According to Durkheim, social facts exclusively belong to an emerging selfreferential reality, a reality sui generis, called society, which although the product of individuals, is more than just the association of psyches, biological relations, physiological causes, material things or embodied individuals63. Durkheim draws two radical conclusions from that. Firstly, when the individual has been eliminated, society alone remains. We must, then, seek the explanation of social life in the nature of society itself, so Durkheim. Only such a domain that remains related but un-mediated by the other (the individual, the psychological, the physiological, the biological) is the exclusive social space of society and unfolds a reality more complex than all other realities. Durkheim’s second conclusion is that the social can only be explained socially. Since the nature of society is an emerging reality external and coercive to the individual (to the individual consciousness) and thus structuring the reality of that individual, it can be concluded that the social or society does not derive from the individual, and sociology then, is no branch of psychology64. For Tarde, it is precisely the question of how a society and social phenomena arise – understood as a reality sui generis external to the individuals and social things acting upon the individual from the outside – that Durkheim can’t tell except that the “individual psyches [must be] associated, and combined in a certain way”65. Tarde's allegation is that Durkheim’s idea that simple combinations of heterogeneous beings can bring forth new, independent and more complex beings (“collective ego”66) commits a fundamental mistake by avoiding the insights provided by monadological thought. If we think about monadic relations we are inclined to think about individuals as societies and not societies that are the emerging effect of given individuals. We become aware that the individual as much as the self are not beings [Seiende] that are the effect of mere “cause and effect” relationships of emerging and more complex entities which subsequently engage more complex ones and so forth. As a result of Durkheim’s “chimerical” modeling of society, society not only gets “personified”, but also becomes a “nebulous sanctuary” of supposedly increased complexity67. For Tarde, Durkheim’s understanding of society as a “given reality” external to the individual appears as one of these free-floating “ghosts of ideas” of “speculative contemporaries”68. To construct society, which withstands the emptying out of their associated founders, means a return to “scholastic ontology” 62 É. Durkheim: Regeln der soziologischen Methode, Neuwied 1961, pp. 125 ff. 63 Durkheim argues that his account is “no metaphysical idea, no speculation about the foundations of things”. See ibid., pp. 89. 64 Ibid., pp. 185–188. 65 Ibid., p. 187. 66 Tarde: Monadology and Sociology, p. 36. 67 Tarde in E. V. Vargas: “The Debate between Tarde and Durkheim”, in: Environment and Planning D. Society and Space 26 (2008), p. 773. 68 Ibid., p. 771.

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and “mysticism”69. According to Tarde, this is precisely what a general sociology needs to avoid by all means. Consequently, Tarde is most critical about Durkheim’s sociology, since it provides an imaginary that gives social explanations before it names the processes that associate the social, before it traces the monadic differentiations. Durkheim tried to purify sociology from other modes of thought and regards the concept of human ‘society’ as the mere domain for social sciences, which clare et distincte divides sociology from other disciplines as well as from philosophy. Tarde’s neo-monadology on the other, argues that a new sociology draws attention that monads play a crucial role in all sciences, including sociology. Tarde’s sociology was crossdisciplinary from the very beginning. Tarde’s monadic thinking acknowledges disciplinary boundaries, but is highly critical to the egoism of modernist disciplinary thought and questions the modernist asymmetrical bifurcations of nature/culture, nature/society, mind/ body, individual/society and so forth, understood as timeless truths. 5. DESIRE AND BELIEF Monads are the “real agents actors” and the tiny variations are the “real actions”70, which Tarde describes as the intensities of “desire” [désir] and “belief” [croyance]71. For Tarde, monadic differentiations result from the combination and repetition of very small differences (variations, inventions), which are enabled, fostered or slowed down by the multiplicity of believes and desires72. These dynamics unfold a process of suggestion and contagion, that is, a process of affection: affecting and being affected. “Belief” can be understood as the power to associate and dominate others and “desire” as the force to do so, the force to associate, to propagate, to enroll others in order to keep as well as to go beyond existing associations and alliances of and between monads. These shifting and varying body/soul assemblages configure complex set of belongings or possessions. Since monads share the agentic forces they may resist each other and limit each other’s desire. Whenever desire and belief are connected there are micro-variations, “souls” as he calls them73.

69 Ibid. 70 Id.: Monadology and Sociology, p. 11. 71 Ibid., p. 17. “This hypothesis is in no way anthropomorphic. Belief and desire have the unique privilege of including unconscious states”. Ibid., p. 18. See also G. Tarde: Social Laws. An Outline of Sociology, London 1899, pp. 33–35. 72 See G. Tarde: Social Laws. An Outline of Sociology, London 1899. 73 See, for instance, D. Debaise: “The Dynamics of Possession. An Introduction to the Sociology of Gabriel Tarde”, in: D. Skribna (ed.): Mind that Abides. Panpsychism in the New Millenium, Amsterdam 2008, pp. 221–230. See also Leibniz: “Monadologie”, § 19; GP VI, 610.

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Concerning the human world, this process of gradual differences and repetition Tarde names “imitation”74. As a process of affection, it may involve conscious actions, but it does not necessarily. Quite on the contrary, consciousness is a late effect of monadic affections75. The process of imitation is not a single copy of a fixed and given thing, but rather unfolds a multiplicity of imitations of differences that create diverse and diverting forms of collectivities that express highly situated monadic power relations. These collectivities make up the multiplicity of thoughts, practices, and objects. We don’t find in Tarde’s monadology a vinculum substantiale in the form of “a real thing serving to unify the monads”, “superadded by God”76. Rather, things as societies or collectivities refer to the composite of diverse monadic forces. Unlike Leibniz, Tarde like W. James or A. N. Whitehead, is a realist with respect to the power of relations. The monads do not represent the universe in their own (blurred) terms. Rather, driven by the desire to associate constantly, they re-compose themselves and multiply worlds through the repetition and difference of monadic variations of power relations. “By persuasion, by love and hate, by personal prestige, by common beliefs and desires, or by the mutual chain of contract, in a kind of tightly knit network which extends indefinitely, social elements hold each other or pull each other in a thousand ways, and from their competition the marvels of civilization are born”77.

The crossing of different lines of imitation may evoke new inventions78. No repetition is a mere copy, it always enacts creation and possibility. Clearly, changes do not have to be fast and eruptive, but often come into existence slowly and imperceptible. Interestingly, slow changes are often more powerful than abrupt ones79. Repetitive forms enable and allow possibilities for novel inventions, combinations and individual contrasts (like e.g. grammatical laws in language). To keep imitations, to make them reliable isn’t an easy task, but needs work, adjustments and so on (like e.g. laws). It is precisely the individual act or event, the non-social, the experience of and with the unexpected and unknown, which makes inventions, the possible so to speak, visible and stabilizes the heterogeneity of the social. Thus what becomes realized is always less than what is possible and the whole is less than the sum of its parts. Tardean monadic relations viz. collectivities allude to the idea of ‘partial connections’80. Tarde stresses: “Let us insist on this central truth: we may approach it by remarking that, in all great regular mechanisms – the social mechanism, the vital mechanism, the stellar mechanism, or the

74 Tarde: Laws of Imitation. 75 Tarde in Vargas: “The Debate between Tarde and Durkheim”, p. 766. 76 On Leibniz’s vinculum Substantiale see, for instance, B. Look: Leibniz and the “Vinculum Substantiale” (= Studia Leibnitiana, Sonderhefte 30), Stuttgart 1999. 77 Tarde: Monadology and Sociology, p. 56. 78 Leibniz’s and Tarde’s “monadologies” are good examples of how imitations of thought create novel ideas, like technological innovations create novel materialities and practices. 79 Tarde: Monadology and Sociology, p. 59. 80 M. Strathern: Partial Connections, Updated Edition, Oxford 2004.

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molecular mechanism – all the internal revolts which in the end break them apart are provoked by a similar condition: their constitutive elements, the soldiers of these diverse regiments, the temporary incarnation of their laws, always belong only by one aspect of their being to the world they constitute, and by other aspects escape it [accentuation, MS]. This world would not exist without them; without the world, conversely, the elements would still be something. The attributes which each element possesses in virtue of its incorporation into its regiment do not form the whole of its nature; it has other tendencies and other instincts which come to it from its other regimentations; and, moreover […], still others which come to it from its basic nature, from itself, from its own fundamental substance which is the basis of its struggle against the collective power of which it forms a part. This collective is wider but no less deep than the element,but it is a merely artificial being, a composite made up of aspects and façades of other beings”81.

To summarize, Tarde’s monadological sociology resists any attempt to homogenize a single view; there is always more to it, actually and virtually. The one or the whole is a standardization of a specific monadic set of relations that gain power over others. Only by the sacrifice of their diversity these societal individuals assemble similar atoms, molecules, cells, and macro-bodies from which the possibility of diversity and individual characteristics evolve. Tarde’s monadology is interested in the activities and processes of how these different human and non-human modes of existences come into being, are maintained and change. Clearly, and Tarde is adamant about it, the scientific engagement with monads does not directly lead to monadic thinking. Quite on the contrary, the sciences remain janus-faced, since they all too often see themselves as God’s representatives who discover either the mechanics of nature’s laws or claim exceptionalism for their field of research in explaining all the other fields. Thereby the scientist’s labor field-experience of ever-shifting monadic complexity and liveliness, turn into unchanging facts, mechanical reasoning and disregard the specific relations of their production. The highly specific monadic assemblages that allowed for the occasion of societal presence become undisputed facts, black boxes, persistent prejudices, and time-less truths. We may draw upon four key issues of Tarde’s neo-monadology viz. monadological thought: 1. As Bruno Latour has put it, “to be a society of monads is a totally general phenomenon, it is the stuff out of which the world is made. There is nothing especially new in the human realm”82. Tarde’s monadology can be read as a mode of thinking that tries to resist foundationalism, scientific egoism and human exceptionalism. Tarde stresses, it is “this prejudice [of human exceptionalism, MS] that prevents us from believing in the monads”83. In that sense, monadologies are celebrating the possibility of civilized practices, that is, the persuasiveness of general ideas that interrogate the pitfalls of the “fallacy of misplaced concreteness” (Whitehead) of modernist, humanist thought.

81 Tarde: Monadology and Sociology, p. 47. 82 Latour: “Gabriel Tarde and the End of the Social”, p. 122. 83 Tarde: Monadology and Sociology, p. 22.

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2. Following the idea that monadic relations as the enunciation of difference by differing, Tarde’s monadology employs a concept of difference that addresses a theory of social practices and micro-physics of power relations to gain insights into the processes of stabilizing social facts. Thereby, “[i]t seems to me”, so Tarde, “that all similarities and all phenomenal repetitions are only intermediaries, which will inevitably be found to be interposed between some elementary diversities which are more or less obliterated, and the transcendent diversities produced by their partial immolation”84.

3. Tarde’s understanding of the social denies that social facts are given things and questions Durkheim’s or any other universalistic dictum that argues that the social is purely social. Rather, all things are more or less fragile societies of monadic relations composed and composing85. Only in connection with the individual, with non-social elements, only then the social becomes traceable, sustainable, possible and thus changeable. The social is nothing but the mediation of social and non-social elements, i.e. the iteration and mediation of difference or oppositions. To be sure, according to Tarde, oppositions are “erroneously conceived […] as the maximum degree of difference”; they are “not opposed to each other as beings or groups of beings” nor are they “states of a single being or different beings, but rather as tendencies or forces”86. Having said this, Tarde does not deny that the mediation of differences may evoke ‘either/or’-situations, or as Tarde calls them, “logical duels”87. Quite on the contrary, logical duels govern the social and outline the “social logic” whereby a “yes” meets a “no”. These logical duels or conflicts, which fight each other or replace one another, come in different forms, e.g. as linguistic duels, in parliamentary debates, in (industrial) competitions, moral duels, religious duels, and in it most obvious way, as war88. The social logic of duels does not easily turn into harmonic relations. Rather, the contradictions and opposites are constantly deferred and create many victims. Clearly, these social duels cannot be understood if not “individual duels” have been resolved: “The social duel commences only after the individual one has ceased. Every act of imitation [which makes up the social, MS] is preceded by hesitation on the part of the individual, for

84 85 86 87

Ibid., p. 41. T. Lorenc: “Tarde’s Pansocial Theory”, in Tarde: Monadology and Sociology, pp. 73–95. Tarde: Social Laws, p. 86. Id.: Laws of Imitation, pp. 63–64. Every logical duel consists of a “yes/no” that meets another “yes/no”. “Thus every logical duel is in reality twofold, consisting of two sets of diametrically opposite affirmations and negations. Still, at every moment of social life, one of the two hostile theses gainsays the other, yet it presents itself as pre-eminently self-affirmative; where as the second thesis, although it likewise affirms itself, owes its prominence only to its contradiction of the first”. 88 Ibid., pp. 179–182. On religion as a social logic of the either/or and the social as religion see, for instance, M. Schillmeier: Rethinking Disability. Bodies, Senses, and Things, Routledge 2012, pp. 9–41.

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every discovery of invention that seeks to spread abroad always finds some obstacle to overcome in some of the ideas and practices that have already been adopted by every members of the public. […] In brief, to reiterate, social irresolution begins where individual irresolution ends”89.

The social logic and its modes of oppositions appear as rather powerful but poor ways to enable the creative potential of those involved; it benumbs, makes it ineffective or even destroys creative advance. 4. Tarde’s understanding of monadic differences brings to the fore that oppositional differences or the either/or are only rare and maximum forms of differences. Monadic differences are foremost creative forms of repetitions that address the inter-action of heterogeneous elements. In that sense Tarde understands a society “as each individual’s reciprocal possession, in many highly varied forms, of every other”90. Tarde suggests a practice – and process-based philosophy of having rather than keeping with abstract traditional philosophies of being: “If having seems to indicate being, being surely implies having. Being, that hollow abstraction, is never conceived except as the property of something, of some other being, which itself is composed of properties, and so to infinity. At root, the whole content of being is exhausted by the concept of having. But the converse is not true: being is not the whole content of the idea of property”91.

Like difference, possession (possessing and being possessed by) refers to gradual processes, from unilateral to bi-lateral possessions (e.g. from slavery to modern citizenship), in space and time. Rather than being unities, societies are more or less in/stable “totalities of a special form” of possession as well as a “virtuality” of unrealized forms of possessions92. Unlike as in Leibniz though, societal orders are not due to a pre-established harmony, but the emergent effect of monadic relations93. 6. MONADOLOGY AND THE ANTHROPOCENE Tarde’s monadology questions and produces a contrast to the idea of modernization that is governed by human exceptionalism and principles of functional differentiation. Most importantly for understanding contemporary societies, it sets a contrast that tackles the requirements in thought and practice to engage with the so-called anthropocene. We live in a geo-history where nature cannot be understood without 89 90 91 92 93

Tarde: Laws of Imitation, p. 64. Id.: Monadology and Sociology, p. 51. Ibid., p. 52. Ibid., p. 58. See also, for instance, A. N. Whitehead: Process and Philosophy, New York 1929. D. Debaise: “The Subjects of Nature. A Speculative Interpretation of the Subject”, in: Pli. The Warwick Journal of Philosophy, Special Volume: Deleuze and Simondon (2012), pp. 41–56.

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human culture anymore and vice versa. Living in the anthroposcene (which one could say goes hand in hand with the beginning of techno-science and industrialisation commencing 1800) draws attention to processes of modernisation whereby (a) culture and nature, humans and non-humans are inextricable connected, and (b) through which human and nonhuman life and their environments are disrupted, questioned, altered and endangered94. If we follow the Tardean monadological parlance we can describe these ecological changes as a thoroughly sociological issue. By these processes the earth becomes visible ultimately not only as a changing and endangered society, but as an agent that links a multiplicity of societies of precarious human and non-human associations and possessions. As earthlings we become aware that we are dwelling in one acting ka/cosmos95 that is a multi-verse of monadic relations, agencies and differences that don’t have a privileged position and no single representative that can speak in their name. It draws our attention to a multiplicity of worldly concerns (e.g. global warming, extinction of species, human and non-human well-being, social inequalities and precarity). Living the anthropocene requires that we address omnilateral concerns, that we “think for the world and not against it”96 and consequently engage an “ecology of practices”97. We are not concerned if the notion of the Anthropocene is adequate, but it reveals that our precarious “togetherness”98 is fundamentally at stake. The togetherness of differences is at the heart of an ecology of practices as well as of a Tardean sociology. Thinking with the anthropocene makes us aware that we belong to a globally inter-related world for which globalising ideas are inadequate and fail to address the requirements and obligations these assemblages and their effects afford. As I. Stengers has put it, an ecology of practice names a “tool for thinking”, a “Leibnizian technology” to insert and engage new meanings, values and practices that question abstract either/or-divisions, general truths which are detached from the requirements of the specific concerns, conflicts, concrete problems and practices involved. Monadological and neo-monadological speculation draw upon an ecology of practices, which can be understood as a tool for thinking that interrogates anthropocentric perspectives which have lead to the anthropocenic changes in the first place. It unfolds a perspective that is not only concerned with concrete societal issues, but is part and parcel of societal reality. It is a socio-political tool since “any tool always relates to a practice, in this case the tool relates to a practice which makes Leibniz’s advice ʻDic cur hic’ crucially relevant”99. Leibniz’s and Tarde’s monadologies are truly performative acts of monadic forces: they unleash hesitation and resistance to undisputed modes of thought; they 94 See, for instance, Beck: Risikogesellschaft. 95 B. Latour: “Agency at the Time of the Anthropocene”, in: New Literary History 45 (2014), p. 4. 96 I. Stengers. “Introductory Notes on an Ecology of Practices”, in: Cultural Studies Review 11, 1 (2005), p. 4. 97 Ibid., p. 5. 98 I. Stengers: “Including Nonhumans in Political Theory”, in: B. Braun/S. J. Whatmore (eds.): Political Matter. Technoscience, Democracy, and Public Life, Minneapolis 2010, p. 14. See also Tarde: Laws of Imitation. 99 Stengers: “Including Nonhumans in Political Theory”, p. 5.

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affect the reader and vice versa. Monadologies are ongoing “experimental systems”100 with rigorous experimental set ups which in the course of time infinitely “assemble”101 tools of thinking. As experimental systems, monadologies suggest a coherent and general system that assembles the throng of existences, i.e. the composition of togetherness as matters of connecting difference, i.e. as processes of differing. Monadologies enact a symbiosis that modernist thought tried to keep apart. With Whitehead we may say that monadologies are a conceptual tool of civilization that links theory and practice, generality and specificity: “Systematization is the criticism of generality by methods derived from the specialism of science. It presupposes a closed group of primary ideas. In another aspect philosophy is the entertainment of large, adequate generality. Such a habit of mind is the very essence of civilization”102.

The different ideas monadologies assemble seek to make a difference, they are designed to provoke change and require to stand the test of practitioners and their concrete matters of concern. Monadologies are political texts. Consequently, these adventures of metaphysical speculation are no neutral endeavors. Rather they speculate with the agency of ideas, ideas which can’t be grasped in full, but which force us to think! To be sure, as a mode of civilization, force should not be understood in any coercive sense, not as a physical thing that acts upon us. With Plato we may say that our souls are moved by the erotic effectuation of ideas. The idea then enacts thought rather than being a mere product of thought103. As Whitehead reminds us, the philosophical “adventures of ideas”104 – like that of the monad – are civilized modes of force, modes of persuasion (“ideal influences”)105 that dispute, question and alter the taken for granted, the common, the normal of how we think things are and are meant to be. Monadologies dispute ideas that are taken as if they are physical influences. In that sense, monads (and related monadologies) are also socio-historical entities that reflect – although not fully as we know from Leibniz and Tarde – the problems, questions, obligations and requirements of their times of emergence and what is considered of importance and is followed by individual expression106. Monadologies that express matters of facts as matters of specific concern enable “to ‘slow down’ reasoning and create an opportunity to arouse a […] different awareness of the problems and situations mobilizing us”107. This is precisely the contribution of Tarde’s neo-monadology to contemporary sociological thought in the way it socializes Leibniz’s monadology and gives sociology 100 101 102 103 104 105 106 107

H. J. Rheinberger: Experimentalsysteme und epistemische Dinge, Frankfurt a. M. 2006. Whitehead: Modes of Thought. Ibid., p. 3. Stengers: “Including Nonhumans in Political Theory”, p. 5. A. N. Whitehead: Adventures of Ideas, New York 1933. Leibniz: “Monadologie”, § 51; GP VI, 615. Whitehead: Modes of Thought. I. Stengers: “The Cosmopolitical Proposal”, in: B. Latour/P. Weibel (eds.): Making Things Public. Atmospheres of Democracy, Cambridge, MA 2005, p. 994.

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a cosmological and process-oriented outlook that protests against the bifurcation of nature which has been imitated so successfully by the social sciences. 7. NANOTECHNOLOGIES, SOCIETIES AND MONADOLOGIES “We are in the world and the world is in us”108.

If we look at current research in the life sciences and in particular at nanotechnological research, Tarde’s intriguing argument – that the Leibnizian idea of the monad becomes scientifically testified – still applies. The atomic, molecular, and supramolecular scale of things offer different properties, agencies and dis/ orders than on the micro- or macroscale and are meant to open novel possibilities for all kinds of revolutionary technologies and applications. The nano-size range is considered the fundamental ordering context of natural processes and thus appears crucial for the production and application of techno-scientific innovations. It offers new challenges and insights to imitate the basic patterns of chemical, biological and physical processes, which are meant to be applied to and consequently improve all spheres of society. For this purpose, nanotechnologies are described as “converging technologies” that bring together and integrate bio- and information technologies with findings from cognitive sciences109. The idea of nano-scale converging technology relates to the manipulation and mechanization of natural contexts, which seem to meet all the criteria to implement the principles and technologies of a self-organizing nature. In the medical field, nanotechnologies are perceived as key technologies to improve the prevention of diseases, diagnostics and therapies, reshape the healthcare system and introduce the idea of ‘personalized medicine’ that addresses more explicitly the context of individual health and illness110. It is promised to become a crucial economic factor. One key area of research is e.g. experimental oncology and the development of new smart and targeted drug delivery systems which are imagined more efficient and with less negative side-effects than common drugs in treating diverse forms of cancer111. Still, little is known about the complexities of nano-scaled objects, structures and processes, how they interact with other scales, what negative and/or toxic sideeffects, what short-, middle- and long-term consequences they have, how to test, classify and regulate them, what kind of social, ethical and legal issues arise and so 108 Whitehead: Modes of Thought, p. 165. 109 M. C. Roco/W. S. Bainbridge (eds.): Converging Technologies for Improving Human Performance. Nanotechnology, Biotechnology, Information Technology and Cognitive Science, Dordrecht 2006. 110 The discussion of “nano-technology” and “nano-medicine” refers to an on-going research project “Innovations in Nanomedicine. Knowledge and Object-Formation in Interdisciplinary Research Contexts” funded by the German VolkswagenStiftung (2010–2015). 111 See, for instance, K. K. Jain: The Handbook of Nanomedicine, Totowa, NJ 2010. H. F. Tibbals: Medical Nanotechnology and Nanomedicine, Boca Raton, FL et al. 2011.

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forth. This combination of a most promising key technology that can be applied across society, of thriving global research activities and the ignorance, risk and uncertainty about these nano-scaled processes and objects, has created a critical discourse that is not only sensitive to issues of risk and uncertainty and to the sociophilosophical aspects, but also is meant to contribute to the shaping and governing of emerging technologies112. Clearly, following Tarde, the nano-research cannot be understood without the history of science that “pulverize[s] the universe and […] multipl[ies] beings”113. It also goes hand in hand with innovations of novel (microscopic) technologies to visualize and deal with objects of the atomic and (supra-)molecular scale. However, although given all the techno-scientific innovations, growing bio-molecular knowledge and the global research interest in nanotechnology and in nanomedical applications in particular, the success (for instance of smart drug designs) is comparatively moderate. 8. MONADIC EXPERIENCE The practical reasons for the growing hiatus between promise and outcome are divers and cannot be fully analyzed here. Still, as our research of nanomedical research has shown, we are facing a hyperactive but rather non-transparent researchculture. The latter, amongst many other things, is governed by the counterproductive principles of a fast science and related demands of ‘publish or perish’, whereby positive, reliable and the reproducible experimental findings are rare and negative findings and failures aren’t published. This brings me to the point that I try to outline in this concluding section and which is inherently connected to the previous discussion of monadologies. The experiment – in thought and practice – is at the heart of monadologies as well as scientific research. For Kant it was the experiment that transforms the reasonable scientist into a powerful judge [bestallter Richter], who – through the experimental 112 J. S. Ach/B. Lüttenberg (eds.): Nanobiotechnology, Nanomedicine and Human Enhancement, Berlin 2009. F. Allhoff/P. Lin (eds.): Nanotechnology & Society. Current and Emerging Ethical Issues, Dordrecht 2009. R. J. Busch (ed.): Nano(Bio)Technologie im öffentlichen Diskurs, München 2008. A. Nordmann/J. Schummer/A. Schwarz (eds.): Nanotechnologien im Kontext. Philosophische, ethische und gesellschaftliche Perspektiven, Berlin 2006. K. L. Kjolberg/F. Wickson (eds.): Nano Meets Macro, Social Perspectives on Nanoscale Sciences and Technologies, Singapore 2010. P. Lucht/M. Erlemann/E. Ruiz Ben (eds.): Technologisierung gesellschaftlicher Zukünfte. Nanotechnologien in wissenschaftlicher, politischer und öffentlicher Praxis, Freiburg 2010. A. Grunwald: Auf dem Weg in eine nanotechnologische Zukunft. Philosophisch-ethische Fragen, Freiburg 2008. M. Kaiser/M. Kurath/S. Maasen/Ch. RehmannSutter (eds.): Governing Future Technologies. Nanotechnology and the Rise of an Assessment Regime, Dordrecht 2010. K. Köchy/M. Norwig/G. Hofmeister (eds.): Nanobiotechnologien. Philosophische, anthropologische und ethische Fragen, Freiburg/München 2008. J. Schummer/D. Baird (eds.): Nanotechnology Challenges. Implications for Philosophy, Ethics and Society, River Edge, NJ 2006. 113 Tarde: Monadology and Sociology, p. 5.

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setting – makes nature speak and it is the scientific judge that forces the witnesses to answer the questions the judge presents114. The judge and his experiment are a perfect model for Kant’s critique understood as a “metaphysics of science”115 that introduces Kant’s Copernican turn by which our understanding is not to comply to objects, but objects comply to our understanding116. At the end of his Monadologie and even more concretely in his concluding thoughts of the Prinzipien der Natur und Gnade, Leibniz argues that it is the reasonable souls (minds) only who will form a harmonious State [Gottesstaat] with God in and through which sciences will imitate on a small scale what God did on a big scale117. Leibniz becomes an explicit sociologist when he argues that all minds – humans and minds – join and become members of a ‘Society with God’. In that divine society, the scientist is a small monarch and a small but powerful judge of truth and contributes to punishing deviance and rewarding good action. Thereby science testifies and enacts the pre-established harmony; it acts with divine principles and thus avoids “violating nature”118. Leibniz adds that the pre-established harmony (and with it God and the Society of God) express not only pure reason (as Kant would say), but also “pure love”119. Living and perceiving this love enacts an emotional bond, an affective relation between humans and God and gives the greatest joy in understanding and composing the grace of nature and its future. Indeed, we may say that experimental sciences are able to create powerful and harmonious relations between humans and non-humans. As I. Stengers stresses: “The art of the experimenter is in league with power: the invention of the power to confer on things the power of conferring on the experimenter the power of speaking in their name”120.

If we follow a monadological reading, Stengers’s understanding of experimental sciences alludes to the art of how bodies get affected, affect others and compose a reliable relation between humans and non-humans. Clearly, Stengers’s reading of science is neo-monadological since experiments do not let nature speak, as both Leibniz and Kant would argue121. The experiment is a lucid tool to create social processes and to invent societies instead. The experiment is an artificial set up, an invention, the rare event that creates a new society. The experimental setting refers to the Tardean understanding of society as relations of reciprocal power and thus “reciprocal possession, in many highly varied forms, of every other”122 monads. In 114 I. Kant: “Vorrede zur zweiten Auflage”, in: Id.: Kritik der reinen Vernunft, Hamburg 1998, BXIII, p. 19. 115 Ibid., BXXXVI, p. 34. 116 Ibid., BXVI, p. 21. 117 Leibniz: “Auf Vernunft gegründete Prinzipien der Natur und der Gnade”, § 14, p. 169. 118 Ibid., § 15, 170. 119 Ibid., § 16, 171. 120 I. Stengers: Power and Invention. Situating Science, Minneapolis/London 1997, p. 165. 121 For a detailed discussion, see, for instance M. Schillmeier: “Science, Cosmopolitics and the Question of Agency – Kant’s Critique and Stengers’ Event”, in: J. H. Passoth/B. Peuker/M. Schillmeier (eds.): Agency without Actors? New Approaches To Collective Action, London/New York 2012. 122 Tarde: Monadology and Sociology, p. 51.

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that sense, all the involved entities become actors. Scientists know very well, the objects (as often highly unknown societal relations) that are part of the experimental system, often object to the social orderings of the experiment and make the set-up fail. We may call this experimental process the monadic experience. 9. RETHINKING NANOTECHNOLOGIES Interestingly though, the general nano-discourse and the related culture of promise do not reflect the monadic experiences, but is governed by a crude atomism and the idea that we can indeed let nature speak if we are able to imitate it properly. This then, will not only help to understand nature, but will allow us to re-create nature and beyond, “atom by atom”123. Nanotechnologies are considered “unique as it […] allows manipulation at the basic level of organization of atoms and molecules, where the fundamental properties and functions of all man-made and living systems are defined”124.

With Tarde we can say, that the culture of over-estimating the impact and velocity of inventing and applying (medical) nanotechnologies can only be sustained by disregard of the monadic experience and by re-stating an atomist theory of given entities. It creates the complexity of nature, which unlike Leibniz’s pre-established harmony, does not need God nor is not afraid of ‘violating nature’ since all outcomes (benign and malign) are nothing but natural processes. From a monadological point of view, however, we are not facing the nature of a risk-laden nature. Rather, we compose artificial but nevertheless most real processes by which specific monadic relations turn into powerful agencies and hence gain their properties by the very social processes enacted by the experimental systems (e.g. being ineffective or toxic). Clearly, the analysis and production of nano-societies (e.g. the aforementioned smart nano-pharmaceuticals for cancer therapy) brings to fore a more complex understanding than the simple re/ordering of fixed units or substances as the parlance of atom by atom suggests. Rather, it requires the fragile handling of environmentally sensitive, emergent processes of monadic inter-action that often contradict and/or compromise the intended or desired effects of research. Hence, large parts of nano-medical research - like other experimental systems of molecular biology – are about the speculative work of and with highly unforeseeable and often problematic social processes on a nano-scale with scale-crossing effects. Nano-medical sociality refers to emergent, scale-sensitive processes of interaction, interdependence

123 For a critical discussion, see, for instance A. Nordmann: “Enhancing Material Nature”, in: Kjolberg/Wickson (eds.): Nano Meets Macro, pp. 283–306. 124 M. Roco/O. Renn: White Paper on Nanotechnology Risk Governance. 2. International Risk Governance Council (IRGC), Geneva 2006, p. 23 (http://www.irgc.org/IMG/pdf/IRGC_white_ paper_2_PDF_final_version-2.pdf).

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and translation of nano-, micro- and macro-relations and their heterogeneous monadic societies (e.g. nanoparticles, molecules, proteins, polymers, cells, organs, tumours and so forth). Nano-research, like all forms of research, engage with a risk-laden and often unknown ‘object’ of interest. Thus, it not is at risk of producing unintended side-effects, but as Stengers has argued, it constantly challenges the desires, beliefs and ideas of scientists when they do not match the requirements set in place of e.g. nano-scaled processes, nano-particles and nano-configurations125. In 1890 Tarde already foresaw that the monadic experience of modern life sciences will not be satisfied with understanding life, but will intervene and create no forms of human life. Tarde writes: “The day may already be foreseen when civilized man, after having crated so many vegetal and animal varieties to satisfy his own wants or whims, and after having kneaded at will the lower forms of life, as if to train himself for some higher purpose, will dare to approach the problem of directing his own development, of scientifically and deliberately transforming his own physical nature in the direction most consistent with the ultimate intent of his civilization”126.

Since there is no God in the Leibnizian sense, but only the principle of invention with and of nature, scientists become their own big Gods. The current process of intervening in life with genetics, nanotechnologies or synthetic biology may deeply alter the ordering of molecular and cellular societies and thoroughly transform our every day life. From a Tardean perspective, molecular and cellular societies are not only much older and more stable than human macro-societies (e.g. nation-states), but we have only highly limited ways of retracing the social processes by which these societies gained their complexity and stability in then first place. Undoubtedly, from the monadological experience of difference as differing we know that there is no possibility to reverse the process that would lead us back to the prime atom or unmoved mover127. Thus, by the synthetic production of nano-scaled societies, humans may produce unforeseeable and possible negative effects for which human societies have no adequate ways to deal with. Such double-bound uncertainty requires that we take all elements involved – humans and nonhumans alike – as potential actors and ‘citizens’128 of a multiplicity of inter-linked societies.

125 126 127 128

I. Stengers: The Invention of Modern Science, Minneapolis 2000. Tarde: The Laws of Imitation. Ibid., 140 ff. Unlike Leibniz, for whom citizens, understood as perpetual entities, comprise only minds and humans. “God creates them when it is time and detaches them from the body [[at least coarse body]] by death, since they must always keep their moral qualities and their memory, in order to be [[perpetual]] citizens of this universal, perfect republic, of which God is the monarch; this republic can never lose any of its members and its laws are superior to those of bodies”. G. W. Leibniz in correspondence with A. Arnauld, 30.04.1687, in: Id.: Philosophical Essays, trans. by R. Ariew and D. Garber, Indianapolis/Cambridge 1989, p. 88 (A II, 2, N. 42). For a critique on the relationship between minds, memory and political agency, see, for instance M. Schillmeier: Eventful Bodies. The Cosmopolitics of Illness, Farnham 2014.

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It is precisely the monadological experience of modern life sciences that requires a novel relation between philosophy, science and social science and the ways of conceptualizing and engaging with social processes and societal relations. Tarde’s neo-monadology was a first step in tackling these requirements. Without doubt, the current concerns of the life sciences differ from the issues at his times. But this only means that contemporary societies and their concerns call for re-assembling monadological systems and keeping its protest against the fallacies of atomism and its potentially devastating effects for thought and practice.

HARLEKINSMÄNTEL UND ANDERE BEWANDTNISSE WIE EINS – IM WORTGEFLECHT SYMPLEKTISCHER VERBÄNDERUNGEN – ZUM ANDEREN KOMMT Oswald Egger (Kiel)

„Wer mich bloß aus meinen Veröffentlichungen kennt, kennt mich nicht“. Leibniz an Placcius, 21.2.1696 (A II, 3, 139).

1. Es gebe keine Grenzen, keinen Rand; nur quasi Narrenhütchen einer Oberfläche allein, Ballhörner, Tuten und ebenbildlich Blasen, henkelige, die keinerlei eindeutige, keine einseitwendige Grenze zögen zwischen Verkörperung und Raum; sie sondern und sie fältelten sich auf in Kuhlen und Gumpen, in Hornbosseln und Tromben davon: ein kontinuierliches Band aus Tuben ohne Rand, welche alle an einem einzigen Punkt punktum rundgängig aneinander geheftet sind, und (so und so) eine wechselgelenkig endlose, umschäftig ausgedehnt überüberdrehte Kette bilden, von etwas: Wenn ich diesem unablässigen, anhaltenden Band (an irgendeiner Stelle) den Rand auftrennen wollte, so würde dies zur Folge haben, dass zumindest eine der Löffelhornformen zerschnitten ist, und, ebendort, lose, ein Loch sozusagen in die Tüte kommt. Ein solches Loch wäre – nichttrivial – folgenreich. Tatsächlich handelt es sich um einen insgemein eindimensionalen Kreis – eine Oberfläche ohne Grenzen – bei welcher ausschlaggebend ist, dass jede Öffnung beides: aufschließend plus verschlossen bleibe, dass das Öhr einer jeden Kegel-Öse an der Wölbseite des Zipfels der nächsten und nachrandigen entscheidend anhaftet; jedes Glied wirkt wie eine Beutel-Lippe mundrandig versiegelt (aber nicht versiegend), als Keule, Schale, Schwiele, Nutgewinde, Walzen-Naht-Falte etc., was der Gehäuse-Spindel einige ihrer außer sich ineinanderlaufenden, eigenlos verkappten und implizit hinzukommenden Eigenschaften assimiliert hat und verschmolz im Einen fort (in einem) – und so weiter.

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Das Ich ist ein Ich und sich ein Ich. Die Hörner ball’gen sich-in-sich (kleiner und kleiner) unzusammen, indem und während sie lockenbauchig auseinander ranken, wirbelig (auf den jeweils singulären Ringelpunkt zu) zuwinden, und wie in Schlundformen verzopft wirkt das ortlose, versatile Oratorium randständig maulig auf auf die Kurbel- und Kluppenwinde der Unumgänge gespult. Die Reimungen, die Litzen und Rippen gingen von der jähen Naht bis zum darüber befindlichen Nackenhöcker (nach und nach) strichförmig verdickt in die untere Naht hintüber: je ein und dasselbe aneinander, von Schlaufe zu Schlaufe geworfelt, wie aufgeschaufelt, ei- bis birnförmig maßfrei hervorgekehrt und schraubenbackig herausgehebelt. Die je beiden zwei Abschellerungen werden immer kleiner werden, während sie, zu zweien, ebenbildlich, unendlichfern aparte Punkte kompossibel zu erzielen suchen. Quasi auf Lücke gesetzt verschluckt sich eins ums andere ineinander pausend und tauschend auseinander. Ich kann sozusagen nicht in dasselbe Horn blasen, und doch tönte es – in aller Munde. Aber wie verbinden sich die Muscheln miteinander, dann? Der Ösenrand der jeweils nächsten Muschelschale wird an das Öhr der vorherigen Muschel gehalst: gerade wie eine Linie, die den Scheitel eines jeden Kegels mit dem Punkt auf dem Mundrand verbindet, an welchen dieser Scheitel jeweils geklebt ist, lässt sich Rand um Rand zu einem Band um und um den Konuskreis auseinander rändernd biegen. Darüber hinaus kann der Kogel selbst bis zum Henkelkreis kugelig zusammengezurrt verkluppen. Wollte ich mehrere Muschelhörner aneinanderstulpen, wird sich das Voneinanderstreben, die Persistenz quasi, bis zum Umkreis der stets letzteren Muschel unzusammenfassen: Etwas, das rund geht, macht die Runde übererzeugt aus Kunkelungen in Schlundform: die Mündung (ora), als Gurgel-Schnute mit Rachen, geht sich selber an den Kragen zwischen den Maschen maskerade1. Wortwörtlich mündelt selbst der Schnabelrand der immer nächsten Schale, stets umschlungen an den Umkreis der vorigen, kropft selbanderbändernd fast als Wort für Wort, noch einmal: ora – im unablössigen, unorientiert rotierenden Oratorium einer Verständigung, die sich selbst im Dreh der Rede davon stehend sehe. Schnabel macht Schnäbel, beide aber saugen und moussieren, bis dass alle Räume Säume sind, an Ort und Stelle (instantan) ineinander-ponderabelnd, und wo der Stollenmund verstummt ist – alles offen. Nicht von ihrer Verschränktheit durch jedes Außerdem ohnegleichen allenthalb erörtert, aber nach und nach ebenbildlich: Beide Enden nehmen keines, die Abschellerungen werden in zwei Richtungen jünger und enden in 1

Nicht „im Schwindel erregenden Kreisen der ewigen Wiederkehr erstirbt das Bild unmittelbar“ (Dino Campana), sondern Leibniz vergleicht in den Prinzipien der Natur und Gnade, § 6, das Werden und Sterben einer Monade mit dem Verlarven und dem Ablegen einer Maske; GP VI, 601.

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beiden, geradegebogen aufgeblähten Rundungspunkten. Verlängern sich die hohlen Rüssel und Haspel, verschwollen sie und spindeln sich in Ungebilde, in vollhohle Kehlen, die oft schon wunderliche Verschlingungen zeigen, verzwirnte Wirbelstraßen oder geflochtenere Trötenzöpfe wuzelig, Pocken, die verkoppelten und Schnecken in Polsterform. Sie können durch dick und dünn Litzen oder Tressen sein, der Hohlraum kann unsichtbar versprocken oder ganz augenlos fehlen. Der Ausgangspunkt ist aus topologischer Sicht dabei offener als jeder hintere und folgende; denn jeder Punkt außer dem vorderen Ende habe eine Umgebung, die sich zusammenziehen ließe, während der vordere Endpunkt keine dementsprechende Umgebung aufweist. Wissenschaftlicher ausgedrückt: Das Band ist nichts als Rand, d. h. es rändert außer Rand und Band den Raum selbst mit einem Punkt: die Äußerungen und „indiskret“ „aufgeblasenen Punkte“ (Leibniz) bilden das Kontinuum aus einer endlosen Reihe von strikt lokal uferlos verlippten Kegeln aggregiert, von denen der Scheitel eines jeden Kegels mit einem Punkt auf seinem Mantelrand unverbunden identifiziert wird. Jede Abbänderung kegelt zwei einfache geschlossene Kurven, ihr Rand kalbt und die Kurve selber – kindert fingerspielend auseinander. Unabhängig vom Um und Auf der Form, ganz vom Wollen, Streben oder vorbewussten Drängen: Nicht in der Ausdehnung, im Verlangen nach Ausdehnung bestehe das Werden und Vergehen jeder Domäne – selbanderm Schlag – anagrammatisch als Monade. Selbst wenn der Monade, der „einfachen Substanz“, in sich keine Ausdehnung zukommt, habe sie doch Monde (und Ohren): Die völlige, inchoative Bezugsstruktur, welche um das Differential, das Inkrement dieser Ausdehnung wisse, bleibt in die unentwegte Wiederholung an Ort und Stelle sowohl wechselgelenkig verjocht als auch vielhenkelig ausgedehnt verstrebend, …: Während ein Ding oder ein von Etwas umgrenztes Loch sich stimmig im gebrochenen Wort für Wort bricht (als Gegenstand mit Raum ringsumhin), bohrt eine Silbe um die andere ins Labyrinth des Innenohrs tiefe, ungelände Kavitäten, ossianide Blasen, Wolkenhohlräume und grottenhaft groteske Trögelchen und Poren. Inzwischen beiden liege Ausgehöhlteres, Ösen und Augen: ein zwischen Schlieren und Blenden endlos zerfaltetes Spiel mit vollen Spiegeln, die hohl c’lungen: Gelinge es so, in Räume punktum einzugehen, in Räume ohne Raum, die ohne Hülle Fülle sind? In denen sich die Welt als Welt in der Welt wie Gehörgängel (Persephone in Person der Proserpina) öffneten und bewegten, eigengleich ineinanderschlängelnd, auch verschlingend und verschlungen werdend geworden zu sein durch und durch – ein blickdicht beißzender Demogorgon: Die ganze Zeit höhlt die Ganglinien aus ösigen, wechselständigen Stanzen selbanderm Schlag ins erörtertere gleiche, unverstellt vor Ort durchsetzt mit Poren hohler Stollen voller Ohren, dass einem die Augen übergingen, und die Kegel kindern aus, Possen-kompossibel, ganz unverwandt gesprochen, in Bewandtnisse, die sie ummantelten und und und – die Kette der Wesen eskaliert.

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2. Wenn die kleinste faktische Bewandtnis nicht das zergliederte Wort sei, nicht die Spur und keine Idee davon, oder der fassliche Begriff nicht das von Bedeutung Bestehende, – ist es dann die Verkettung, die sich auf sich bewenden ließe? Als unendliches, wesentlich unverknotetes (oder verunknotetes) Band, das aus einer endlosen Spindel-Tresse aus Abschellerungen besteht, die alle an einem einzigen Punkt – selbanderm Schlag (wieder und wieder) – aneinander geklebt sind und so eine unendliche Identifikations-Kette in Kontakt-Konkatenation verheften?

Wie ein Loch durch ein Loch sich ausbreiten wird vor den Augen, Stück um Stück, eine insgemein eigenlose Welt in der Welt, das ungemein vernakuläre, areale Areal aber, gemacht aus völligen (erfüllten) und leeren (eingeräumten) Räumen. Und wie ein buntflickigter Harlekinsmantel am Gängelband der Bewandtnisse ummantelt davon, gemacht aus versatil vielen Liaisons so völliger und windiger Phänomene der Attraktion und Kontradiktion, aus Blöcken und Brüchen, aus aus distrikten Getriebeübergängen und gratigen, zwangsläufigen Umgängen, aus vehementen Unverbindungen und Trennungen, Wandlungen und Verflechtungen, aus Unsummen von Applikaturen und durchsetzt kleinen Winzigkeiten, die nie sich ganz gefüge sind.

Die Narrenkappe2 wird aus der Form eines gleichseitigen Dreiecks sukzessive konstruiert. Das einfache Verkleben von zwei Seiten der Dreiecksfläche gleicher Richtung ergibt eine Kegeltüte, aber das Verkleben der dritten, obendrein verdrehten Seite mit den jeweils bereits zusammenverklebten, erfolgt durch Identifizieren der 2

In der Topologie ist die Narrenkappe (Dunce cup) ein kompakter topologischer Raum, zusammenziehbar, aber nicht zusammenklappbar, indem die Kanten eines ausgefüllten Dreiecks identifiziert werden dergestalt, dass die Ausrichtung einer Seite umgekehrt verklebt erscheint. Der instruktive Name geht auf eine Vermutung des Mathematikers E. C. Zeeman zurück, welche darüber hinaus die Poincaré-Vermutung impliziert. Solche Homologieketten entstehen in Verknüpfung zu Randoperatoren, welche geometrischen Gebilden einen orientierten Rand zuordnen. Zur kombinatorischen Repräsentation von Sphären allgemein: S. Scott Cairns: Introductory Topology, New York 1961, S. 15–21 und H. Schubert: Topologie, Stuttgart 1964 sowie B. Benedetti/F. Lutz: The Dunce Hat in a Minimal Non-Extendably Collapsible 3-Ball (http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0912/0912.3723.pdf).

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Grundlinie der Kappe mit einer Linie, welche diese zum Punkt gedreht und umwendend verbindet. Zwei Kanten werden, ausgehend von ihrem gemeinsamen Ursprung, ihrem Umlaufsinn folgend, aneinanderklebt. Der entstehende Kegel besitzt einen Rand (die dritte Flanke offener Saum) und eine Naht (die verpappten ersten zwei Kanten). Jetzt wird der Rand um- und umorientiert (wie umgereimt) und entlang der Naht in einer Weise verheftet, dass die Orientierung distrikt bleibt und umverklammert gedritt schließe. Ein Reim, der auf den Leim geht, quasi, und der sich einszweidrei – mit der angegebenen Orientierung – unzusammen zusammenfügt.

Dynamisch drapieren sich die beiden eigenlos ineinandergreifenden Mäntel hinter den vorgestellten Vorhängen (allein glosender Inversion). Dies kann infolge auch beliebig oft wiederholt werden. Wenn abab die Verklebung zur projektiven Sphäre (Kreuzhaube) angibt, und aa diejenige der Sphäre, so ist die Narrenkappe (durch und durch) aaa gezaddelt und zum allenthalb verdoppelten Kaleidoskop einer HarlekinsKasel im fortgesetzt unendlichen Rapport einseitwendig iteriert, „um und um“ vernäht, und „noch und noch“ „einmal“ wiederholt. Wie die Wiederholung der Verdoppelung, die wie ein Echo die Wiederholung selbst durch Beschränkung der Wiederholung ausschöpft, aber auf immer weniger Gleichseitigkeit fußen mag: Von jeder Kante wird man stets auf drei Blätter gelangen: Ein strikt lokal randständiges offenes Buch3 (Ralph Kaufmann), bei dem die Blätter stets wieder in sich zurückführen, da quasi ebenbildlich um und um nur ein einziges gedrehtes Dreieck existiert4. Die räumliche Visualisierung der Konnexität von Dreiecken nach dieser Verheftungsvorschrift sowie nach dem Muster der figura paradigmatica (Cusanus) führt zu einer Homologie und Ketten-Konnexität höherer Ordnung: eine ineinsfallende punktumVerheftung von Mal zu Mal – aufs Mal:

3 4

H. E. Winkelnkemper: „Manifolds as Open Books“, in: Bull. Amer. Math. Soc. 79 (1973), S. 45–51. Leibniz notiert 1671 (A VI, 2, 285, 9–13): „Ob man sagen muss, dass allein der Geist auf gleich vollkommene Weise einem anderen Körper, der ihn in bestimmter Weise berührt, ein gleichseitiges Dreieck eindrücken kann und so einen neuen Geist zeugt? Und zwar wäre dies zu erklären aus der Beschaffenheit der Kügelchen“, oder welches körperliche adjuvans man annehmen will: wie und dass die in Sphären einfließenden Strahlenbündel durch ein gleichseitiges Dreieck in Buntordnungen (Gnomen und Amben) des Arrangements fortgepflanzt sein könnten: „Wenn ein zusammengepresster Körper zersprengt wird in Erstmaterie, d. h. Materie, die sich in einem Gleichgewicht oder in einer gleichförmigen Bewegung befindet, so wird die Displosionstätigkeit auf einen Kreis fortgepflanzt durch Radien, die von jedem Punkt auf jeden Punkt geführt werden, d. h. es entsteht Licht“ (Propositiones quaedam physicae; A VI, 3, 60).

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Nach dieser Äquivalenzrelation – homologe Zellen- und Kettenkomplexe teilen den gleichen Rand – sind einem gleichseitigen Dreieck die Kanten dergestalt orientiert zu identifizieren, dass es damit folgende Bewandtnis haben wird: herabhängende Buntlappen kann man eins nach dem anderen hochklappen, aber – an welcher Kante dann – selbander schlagend – anverwandelnd? Denn die aus keilartig gleichmäßig überlappenden Stoffwülsten der leblos lebendigen Bemäntelungen geschaffenen Formen verkörpern die Falten in bündigeren Falz-Abfolgen. Dem gewürfelten Narrenkleid sind Stoffrauten streifenförmig aufgenäht, samt Fransenband: Papagenohafte Stofflappen (Hudeln oder Plätz), in beinahe dachziegelartig angeordneten, farblich abgestimmten Gespinststücken: so entstand das mit regelmäßigen Schuppen bemalte oder genähte „Schalksnarrengewand“, dessen Sack-Kasel mit roten, gelben und schwarzen Lappen bedeckt wirkt, in gestreifte, geblümte und gewürfelte Narrenkleid-Typen entfaltet, mit applizierten Wollfransen oder Nur-Bändern (samt spitzer, nach hinten (und unten) gebogener Narrenkappe, welche dieselbe Musterung aufweist): Stoffrauten, dicht an dicht gesetzt, die wiederum ihr Rautenmuster bilden: Eins ums andere unterscheidet sich nicht (gleich und gleich), Eins und Eins ununterschneiden einander beide, zuggleich, aber nicht beiderseits ebenbildlich um und auf ununterbrochen eingeschobene Gleichen.

„Der platonischen Christen vermischung Nicht und Etwas, Schatten und liechts, so sie durch in einander Stralung zweyer einander entgegen gesetzter Triangel ercläret“5, solche Keile hat Leibniz ineinandergetrieben, und die Idee seiner Inversionen aus der Reziprozität der Dreiecke gewonnen, welche Cusanus – obendrein zur Veranschaulichung des Unaufgehobenseins der Gegensätze vom einen zum anderen 5

Leibniz zeichnet das geometrische Schema an den Rand des Manuskripts Von der Allmacht und Allwissenheit Gottes und der Freiheit des Menschen; A VI, 1, 588: Ein Dreieck (S. MeierOeser: Die Präsenz des Vergessenen, München 1997, S. 169 ff.) nennt Cusanus eine pyramis lucis, und er verbindet es mit dem Begriff der Einheit (unitas); das andere, schwarz gefärbte Dreieck nennt er pyramis tenebrarum, und dies verbindet er mit dem Begriff der Andersheit (alteritas): zwei von der Spitze bis zur Basis einander durchdringende (stets als Dreiecke dargestellte) Pyramiden, wobei die Achsen beider Drehkörper auf einer Linie liegen und so die Spitze des einen Kogels in die Mitte der Grundfläche der anderen Pyramide trifft. Die eine Pyramide nennt Leibniz Licht (lux), die andere Dunkel (tenebra). Die Basis des Lichtkogels kann als gleichsam Gott darstellend aufgefasst werden, die Basis (der Pyramide) des Dunkels hingegen als gleichsam das Nichts (nihil) darstellend gedacht sein.

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hin – bewegte, seine paradigmatische Figur, worin Triangel und Integral anagrammatisch auseinander hervorgehen: d. h. keine Enden weder nehmen noch verendeln, und somit jeweils unendlich in die Möglichkeiten des Gleichmöglichen Wort für Wort vorrücken, zu rastenden, gesättigten Rastern, weniger verursachend als nicht wirklich. Die Pyramiden der figura paradigmatica sind ineins verkeilt und ihre Ränder verheftet zu Kacheln, während die Ränder beiderseits einen ununterbrochenen (Loxodromen-)Kreis versäumten: zwei gleich und gleich große, gleichschenklige Dreiecke, gegeneinander gesetzt, gingen dergestalt ineinander auf, dass die Spitze des einen die Basis des anderen gleich und gleich berührt. „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin“ (1. Kor.13,12 f.) Mit der entgegengesetzten, wechselständigen Durchdringung wird jedes Triangel graduell und harmonisch von den Charakteristiken der ungegenständlich anderen erfüllt: jenes der Einheit von dem der Andersheit, dieses der Andersheit von jenem Nichtanderen der Einheit. Im proportionierten Konfigurationsraum ihrer gleichmöglichen Koinzidenz – ein rigide selbstverschränkt bewegliches Gelenksviereck – bilden die beiden Dreiecke ein indistinkt konfuses chiaroscuro, die Maske des Einen ent- und verlarvt beständig die vermaschtere Verbänderung des Anderen, „um und um“ vis-à-vis Licht und Nicht-Licht in ein Maß zu fassen, untermischt mit Klarem und Dunklen, verkluppt im endlos ungestuften Rapport von Distinktestem und Verworrenerem. Faktisch lassen sich aus den Narrenkappen, nach dem Muster der figura paradigmatica arrangiert, exakt 64 hexagrammatische Veschränkungen permutieren, und die Ineinanderverstrebungen selbanderm Schlag stets gleichmöglicher Umlaufszellen in Konvektionen des Yin-Yang Schemas orientieren.6 Indem die ebene Projektion der Sphärenfenster zwei Kreise in einem sei, zeigt sich zugleich die Narren-Doppelkappe: In dem von Li und K’i hervorgebrachten T’ai-Kih, das wie eine Art Kugel das Yin-Yang-Symbol enthält und hervorbringt, erkennt 6

W.-R. Zhang: Yin Yang Bipolar Relativity. A Unifying Theory of Nature, Agents and Causality with Applications in Quantum Computing, Cognitive Informatics and Life Sciences, New York 2011

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Leibniz eine Bestätigung der „prästabilierten Harmonie“, „kraft welcher späterhin alles durch die in den Dingen selbst angelegten Tendenzen hervorgeht“; und zwar derart, „dass Gott die Dinge präformiert habe, so dass die neuen Arten der Organisation nichts anderes sind als eine mechanische Folge einer vorausgehenden organischen Konstitution, genauso wie ja die Schmetterlinge sich aus den Seidenwürmern entwickeln“7. 3. Der Florentiner Mathematiker Vincenzo Viviani (1622–1703), ein Schüler Galileis, stellte in den Acta Eruditorum vom 4.4.1692 die Aufgabe, aus einer Halbkugel vier gleiche Fenster so herauszuschneiden („costruire in una cupola emisferica quattro finestre uguali per modo che la parte rimanente risulti esattamente quadrabile“), dass der Rest auf der Halbkugel sich quadrieren ließe. Leibniz erhielt das Flugblatt in Wien am 27. Mai 1692, löste das Problem am gleichen Tag und sandte die Lösung mit einem Brief an den Erbprinzen Ferdinand am 29. Mai 1692 zurück: Die Mantelfläche der verbleibenden ummantelt genau viermal das Quadrat des Radius. Und für die kubierbaren Teile gilt: die durchgestanzen Löcher verkörpern einer Verringerung des Restvolumens auf exakt 2/9 von dem Würfel des Durchmessers der Sphäre.

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Mit der Annahme der Periodizität in den Zahlenreihen der Dyadik glaubte Leibniz, Faltungen der Natur gefunden zu haben. Ausgehend von der reziproken Zahlenreihe, bei der jedes Glied das harmonische Mittel seiner Nachbarn ist, entdeckte er durch differenzierende Iteration sein harmonisches Dreieck, welches dem Pascal’schen gegensätzlich analog ist, indem jede Zahl aus der Summe der beiden unter ihr stehenden Zahlen gebildet wird: Alles sei Zahl, und beziehe sich auf die Eins, doch nicht die Verhältnisnahmen der Zahlen, sondern ihre ungereimte Irrationalität in Reim- und Reihenverkettungen werden (durch und durch) Eins und Null zur Monade führen, aus welcher sich die Qualitäten der übrigen Zahlen entwickelten. Jede Zahl, aggregiert aus Einsen, ist, jede für sich, eins, und doch selber je nach der Zahl ihrer zusammengefassten Aspekte – genau wie ein Bruch im harmonischen Dreieck oder einer unendlichen Reihe – nur eine gebildete Einheit des Ganzen, um die kleinen Perzeptionen, diese Abblätterungen von der wirklichen Welt, die wir in der Menge nicht unterscheiden können, evoziert zu erfassen: In tabellarischen Dualzahldarstellungen wusste Leibniz induktive Regelmäßigkeiten zu sehen, egal ob sie die Vielfachen der natürlichen Zahlen, ihre Dreierfolge, Quadratzahlen oder Kuben betrafen; Periodizitäten, welche noch einmal in sich strukturiert sind, indem sie in Hälften zerfallen, die sich-in-sich ineinander überführen ließen, indem er nicht mehr die natürlichen Zahlen als die adäquaten algebraischen Objekte ansah, sondern die neuentdeckten Spaltenperioden. „Einfach zu sagen, daß alle Zahlen entstehen durch Kombinationen der Einheit mit dem Nichts und daß das Nichts genügt, sie unterschiedlich zu machen, das erscheint ebenso glaubhaft wie zu sagen, daß Gott alle Dinge aus Nichts gemacht hat, ohne irgendeine primitive Materie zu gebrauchen, und daß es nur diese beiden Prinzipien gibt, Gott für das Vollkommene und das Nichts für das Unvollkommene oder Substanzleere“. Vgl. dazu H. Hecht: Gottfried Wilhelm Leibniz. Mathematik und Naturwissenschaften im Paradigma der Metaphysik, Stuttgart 1992, S. 75–78.

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Blickt man durchs Loch, sieht man einen Stollen, dessen eine Mantellinie durch den Mittelpunkt der Kugel verläuft und dessen gegenüberliegende Mantellinie an den Kugelrand in nur einem Punkt berührt, während sie sich auf die konjugierten Punkte drehen und wenden durch die beiden Pole der Kugel im Doppelpunkt der Berührungen. So wie ein Loch durch ein Loch führt zu einem Land in sich, das die Welt in der Welt sein lassen wird und kein Ende sieht in sich, wohin es sieht: Entweder Etwas ist ein Loch im Sein und gehört sich nicht, oder aber die ungegenwärtige Welt in der Welt zeigt ihr Unsein nur im Unsinn ihrer Gegenständlichkeit, ein Loch im Nichts, das von Bedeutung ist: Wegen ihrer zahlreichen Symmetrien, und zwar wegen dieser in Gestalt einer Doppelschleife mit trennendem Kreuzungspunkt, und dies (im Unterschied zur Lemniskate) auf einer Kugel, ist die Viviani’sche, dreidimensionale Kurve von eigenartigem, sprödem Reiz. Ihre unterschiedliche Genesen, einmal als Schnittlinie einander durchdringender Körper (wobei je zwei der drei räumlichen Grundflächen Kugel, Zylinder und Kegel den Ausgang bilden können), dann auf kinematische Weise (als Bahn eines Punktes, der auf einem rotierenden Kreis rotiert) oder aber als Mitte eines Stabes, der sich auf bestimmte Weise im Raum bewegt. Endlich sogar als in besonderer Weise aufgewickelte Sinuskurve: Die Äquivalenz solcher offenen Zugänge ist erstaunlich; selbst die frappierende, augenfällige Ähnlichkeit und Verwandtschaft mit der Ying-Yang-Figur kann hierin veranschaulicht werden durch zwei ineinandergreifende, halbierte oder völlige, wechselgelenkig verlinkte Zykliden (und Ketten des Pappus): Man mag sich eine kontinuierlich anwachsende Reihe von Kugeln denken, die von einem Punkt der Oberfläche einer gegebenen Kugel aus aufsprossen, die periphere Sphäre berührend (aber nicht überschneidend), jetzt allmählich inkrementierend, sich vergrößernd, bis ein Element der Kreisreihe die gesamte Kugel ausfüllen wird, und auf der symmetrisch entsprechenden Gegenseite wieder sich verkleinert, am Kugelrand entlang schrumpft und in das Nullvolumen des Ausgangspunktes quasi aufgeht. Die Konustrombe wird auch hier über den Scheitel hintüber zurückgestülpt zum einen Teil (der das Ganze ist), und zum anderen Um und Auf des Unganzen teils-teils ineinander. Das zweidimensionale, elementare (dem Florentiner Problem entfernt verwandte) Beispiel bildet die Menge aller Kreise, welche einem Kreis eingeschrieben sind, dergestalt, dass der umfassende Kreis selbst ein Element der Reihe bildet: Kreise, deren Mittelpunkt allesamt auf dem einen maßgeblich gedachten Binnenkreis liegt, welcher den Außenkreis an nur einem Punkt berührt und ebenso durch den Mittelpunkt des Großkreises geht, dessen Durchmesser also gleich dem Radius des Umkreises ist.

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4. Wo nichts ohne Grund ist, ist etwas ohne Ursache? Versagt sich nicht, was spricht in einem Wort für Wort? Ich bewege mich zwischen zwei Spiegelbildern der Rede von der Realität. Ich erkenne und empfinde nur im beständigen Horizont des Gesichtskreises, bin seinen Gegenwarten gleichsam eingegangen, eingefacht (im Homotop der Zwischenbilder) wie in einem Spiegelzimmer, das nach allen Seiten wiederholt ununendlich verdoppelt tut. „Et si les traces sensibles n’estoient point requises, l’harmonie preétablie entre l’ame et le corps […] n’auroit point de lieu“8. Aber wenn alles aus Monaden, also aus Spiegeln, besteht, dann spiegelt jeder Spiegel nichts Anderes als Spiegel, die ihrerseits wieder weitere Spiegel spiegeln. Somit rücken nichts als Spiegel zwischen die Spiegel, und alle Spiegel müssten letzten Endes leer sein, da nichts als nicht, was man sehen wird, als gespiegelte Spiegel in, mit und hinter ihnen durch sie durch gespiegelt invertiert sein kann sein, aber nicht erscheinen?9 Jedes Exempel erprobt behält exemplarisch sein Ebenbild, ein ganzes Um und Auf von Exemplaren. Doch was habe es mit diesem Ineinander einer so endlos verdoppelten, selbstexemplifizierend fortgesetzten Welt in der Welt außerdem für eine Bewandtnis? Als wären einem Harlekinsmantel Wollfelder streifenförmig gleich und gleich aufgenäht plus eine dazugehörige Narrenkappe mit nach hinten gebückter Spitze, die, mirnichts-dirnichts, aufgesetzt, beutelte, versackt. So könnten unzielig vorstolpernde lazzi des Bajazzo schwindelige Kinkerlitzen und Purzelflicken freiblitzen, bisweilen, wenn er, ein graziler Zwilling aus Kind und Fanz und Katze, handständig bunt durch durch die Zeiten kuntert, mit einem Blätterkleid aus Zeuglappen, kein Firlefanz aus Zaddeln, als ob und dass sich Blatt um Blatt gewendet hat.

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Nouveaux Essais I, § 5; A VI, 6, 77. Im sogenannten System der Theologie (Examen religionis christianae) heißt es: „Ja sogar muss man eingestehen, dass unser Geist allzeit ein Spiegel Gottes und des Weltalls ist, nur das izt unser Schauen verdunkelt, und unsere Kenntnis verwirrt ist. Ist nun die Wolke zerstreut, und offenbart sich Gott mehr, dann werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen“. G. W. Leibniz: System der Theologie, ins Deutsche übers. von A. Räß und W. Weis, Mainz 1820, S. 161; A VI, 4 C, 2402–2403: „Imo sciendum est mentem nostram semper esse speculum Dei et universi nisi quod obnubilata nunc intuitio et confusa cognitio est. Nube igitur remota et Deo se magis manifestante Deum quidem a facie ad faciem videbimus“. Zwischen zwei Spiegeln verkleben die Ränder (und sind keine). Entweder zählt der Rand zur Umgebung, und die Monade hat kein Fenster, weil sie ganz Fenster ist, oder der Rand verschwindet als Band, ist die Monade (extramundane Domäne) das Fenster (gewissermaßen als finis des être, wo das Sein aufhört, eins zu sein) mit ziellosen Fluchten, je beide zweier Enden, kein Ende in sich, in Sicht, strotzen davon, dass ihr Universum sie auf je verschiedene Art spiegeln? Und durch die Vielheit der Monaden wird ein- und dasselbe Universum infolge unterschiedlicher Spiegelungen gleichsaum vervielfältigt (Monadologie, § 57). Dieser Vielheit entspricht und versagt sich auch die Vielheit der Sprachen. Wort für Wort entstehen empfindliche Unterschiede und Übergänge, wobei diese, in Anwendung des Kontinuitätsprinzips und des Prinzips vom zureichenden Grund, nach und nach in den Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Sprachen und Sachen verspiegelt und fließend sein würden.

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Aber – haben Monaden – als selber unkörperlich unausgedehntes „Gedankending“ einen Rand, also weder Fülle noch Hülle? Ein Rand – Kontext, Grenze und Verbänderung, in welchem seine Einbettung statthaben kann. Aber „statthaben“ übersetzt das Leibniz’sche „n’aurait point lieu“ nicht kongruierend: Das Innere eines Bezirks istert die Summe der interimen Distrikte10. Der Abschluss und Ausgang eines Gebietes ist das Komplement des Inneren des Komplementes bzw. das Universum ist sein eigenes Gefilde: „Man sagt Orth und Ende, man sagt erörtern, die Ursach wissen wenig, allein man verstehet es aus der Sprache der Bergleute, bey denen ist Orth so viel als Ende, so weit nemlich der Stollen, der Schacht, oder die Strecke getrieben. Man sagt zum Exempel: dieser Bergmann arbeitet vor dem Orth, das ist, wo es aufhöret. Daher erörtern nichts anders ist, als endigen (definire)“11: Und wie eins aus dem anderen hervorgeht und da wie dort erscheint im Einen fort, eins und eins und uneins zu sein. Betrachtete ich eine Linie, die in sich selbst zurückläuft – einen Ring, besteht diese Linie aus zugleich einem (bewegten) und einer Unmenge von Punkten, denn wenn ein Punkt, welcher von Augenblick zu Augenblick einen Ort einnimmt, sich von der Stelle bewegt, bis er in seine erste Position zurückgekehrt sein wird, so verzeichnet er eine Linie, welche allein aus den Punkten besteht, welche der Punkt während dieser Zeit eingenommen haben wird: schneide ich die Linie an diesem Punkt durch, wo ist dieser Schnittpunkt? Jetzt? Einerseits? Da wie dort? Halbe-halber? Ist er zu zwei Punkten auseinanderdividiert? Und wenn diese zwei Enden erörtert würden, um und um die Schnittstellen ineinsfallender zu verkleben, würden sie einen einzigen, ununterbundenen Punkt zeigen? – Ich zeichne einen Kreis: ich handle so, dass am Ende der Handlung der Satz Der Kreis ist gezeichnet wahr wird. Unter der Annahme, dass der letzte Punkt des einen Endes ununterbrochen abbricht, ist da am Ende immer noch ein Punkt, und falls der aparte Punkt wieder angefügt würde, so 10 „Ein Kreis wird durch das Zentrum in so viele Sektoren geteilt, dass es immer noch mehr, d. h. beliebig viele gibt. Alle diese einzelnen Sektoren werden ihre Spitze im Mittelpunkt haben. Diese Spitzen sind nicht ausgedehnt, da sie im unausgedehnten Zentrum zusammentreffen. Ich frage nun, ob die Spitzen etwas Materielles sind oder nicht? Wenn sie etwas Materielles sind, dann können also verschiedene Teile der Materie zugleich an derselben Stelle sein, d. h. auch auf natürliche Weise durchdrungen werden, wenn sie wieder verbunden werden. Wenn es Modi oder Formen oder irgendwelche Akzidenzien sind, werden sie ein Subjekt haben. Dieses Subjekt ist entweder Materie, und dann wird in jeder Spitze unausgedehnte Materie sein, oder es ist wiederum eine andere Form oder Modus oder Akzidens, und diese Form (sie), damit man nicht ins Unendliche fortschreitet, wird jedoch in einem passiven Subjekt zugrundegelegt werden müssen, das nichts anderes als die Materie ist. Wenn daher Modus oder Akzidens nur in der Materie sein könnten, der sie inhärieren, wird etwas Materielles in den einzelnen getrennten Spitzen sein müssen, die, sobald sie wieder verbunden sind, zusammen durchdrungen werden, da sie sonst nicht im Mittelpunkt zusammenkämen. Ergo können die Teile der Materie durchdrungen werden, ja werden tatsächlich durchdrungen“ (B. Des Bosses: Clavis Lycaei, 1735, zitiert nach G. W. Leibniz: Der Briefwechsel mit Bartholomäus Des Bosses, übers., hrsg. und mit einer Einl., Anm. und Reg. vers. von C. Zehetner, Hamburg 2007, S. 452). 11 Unvorgreiffliche Gedancken betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache; A IV, 6, 550.

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wären sie unzusammen ein Punkt. Das Ende der Linie kann Punkt für Punkt in eine völlig offene, diskrete Mächtigkeit von Punkten auseinanderstieben, und diese würden vor der Partition alle unzusammen ein Punkt gewesen sein können. Es könnten Punkte auf- und davonfliegen, und sie könnten sich in dieser Reihenfolge alle bereits auf der Linie punktum befunden haben und doch alle nur ein Punkt gewesen sein. – Ich tue so, dass am Ende der Handlung der Satz Der Kreis ist gezeichnet wahr wird. Und zuggleich, dass am Ende des Vorgangs fast der folgende Satz wahr geworden sein wird: der Kreis ist gezeichnet. Der Punkt, das kleinste grenzenlose und ununterscheidbare Kontinuum, zeigt im Grunde dieselbe Gestalt wie ein Kreis. Im Punkt fallen wie im Raum Mittelpunkt und Peripherie in eins, Punkt und Raum werden sich jedoch auch ab und an unterscheiden: Der Raum geht gleichsam durch eine unendlich konzentrische Streckung aus dem Punkt, und der Punkt gleichsam durch eine unendliche zentrische Stauchung aus dem Raum hervor: Wie eine Sphäre, deren Zentrum überall ist, und deren Umfang nirgendwo erscheint?12 5. Mit dieser Identität des Nichtunterscheidbaren wurde (von Giordano Bruno) die Entzweiung der Monas gesetzt. Der Entzweiung entsprach das geometrische Bild zweier Kreise, deren Mittelpunkt jeweils auf dem Umfang des anderen lag. Dieses Bild zweier Kreise, welche durch Spiegelung an der Mittelsenkrechten ihres gemeinsamen Radius ineinander abgebildet würden, entsprach einer Entfaltung der Einheit, der Verdoppelung der 1 in die 2, die – gleichsaum quasi – zwillingshafte Verdoppelung eines Kreises durch seine Spiegelung an der Mittelsenkrechten auf seinem Radius. Die geometrische Aufgabe, die dergestalt angefangene Reihe von paarweise sich in dieser Weise schneidenden Kreisfiguren entsprechend der Zahlenreihe fortzusetzen, löst sich selbst in der Relativität wechselseitiger Umkreisung die Identität von Mitte und Peripherie auf: die (n+l)-te Figur bleibt selbst aus der nten Figur ableitbar, indem zwei beliebige benachbarte Kreise herausgegriffen und zwischen diese ein Kreis so eingefügt werden kann, dass dieser infolge Spiegelbild (in der erwähnten Weise) beider Nachbarkreise ist. Als ein Beispiel der subtilen Bewegungssumme der verketteten Drehmomente nennt Leibniz die Bewegung der unzählig vielen Schaumbläschen im Wasser: Untersucht man die Art und Weise, wie die Bläschen verteilt sind, und vergleicht sie mit der Substanz von Zellenkomplexen, die kontiguitiv kontinuierlich den ganzen Raum außerdem ausfüllt, die in tausenden Bläschen beieinander lagern, auseinander keimen, wie die aus der Luft gegriffene Verdichtungen und Verdünnungen in zahllosen, lufthaltigen Waben und Bläschen binnen sind, augenblickliche, sofort wieder 12 Mit den topologischen Beziehungen von Überlappung, Disjunktheit und Summe (Fusion, Zusammenfassung) von Randpunkten und Mengen, inneren und äußeren Punkten, entarteten Rändern, offene Kernmengen und abgeschlossenen Hüllen und zu Zusammenhangskomponenten sowie Formen höherer Konnexität Mereologie beschäftigt sich die Mereotopologie.

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zerfallende aber, offene Ösen und membrane Öhrchen, wodurch ihre Dunkelziffer hinters Licht geführt wirkt: dann erkennt man, dass ihre Räume Säume sind. „Denn auch wenn einige Körper dichter als andere erscheinen, geschieht doch dies, dass ihre Poren mehr mit einer Materie angefüllt sind, die zum Körper gehört, während umgekehrt dünnere Körper die Natur von Schwämmen haben, so dass eine andere, sehr feine Materie ihre Poren durchdringt; diese Materie wird nicht mehr zum Körper gerechnet, auch folgt sie weder seiner Bewegung noch verzögert sie diese“13. Das gleichmögliche, unendliche Enthaltensein immer kleinerer, ganz winziger Blasen in den stets größeren, die Einwicklung oder Einschachtelung erklärt Leibniz passim mit der Figur des Harlekins, welcher sich (in der Rolle eines bestimmten Stücks) auf der Bühne eines Theaters befindet und aufgefordert wird, sich zu entkleiden. Da er unendlich viele Kleider übereinander trägt, kann er Harlekin der Aufforderung nachkommen, ohne sich ganz entblößen zu müssen. In immer neuer Gestalt erscheinen die trotz stetiger Transformationen ständig identisch dieselben bleibenden, unzerstörbaren Substanzen. Einer anderen Fiktion des Harlekins (in einem anderen Stück) bedient sich Leibniz, wo dieser als Kaiser vom Mond verkündete, um das Prinzip der Uniformität zu veranschaulichen: dort, auf dem Mond, sei alles ganz wie bei uns (tout comme ici). Die Natur sei im Grunde uniform, auch wenn sie Vielfalt im Detail aufweist. Zwei unähnliche Dinge können weder völlig gleich, noch zwei ungleiche Dinge vollkommen ähnlich gedacht werden – tout c’est comme ici. Aber wenn etwas genauso grundlegend ist wie das nächste, bleibt zu klären, was das Wort „genauso“ beides, meint und bedeutet. Die Zwischenschiebebühne, der Sicht-Schacht umfangen von Zwischenvorhang und Verwandlungsvorhang, das gemalte Umrahmungs-Fenster der Bühnenöffnung mit fallgefügten Draperien, deren oberer, wie ein Lid, mit zig Falten gebildete Teil, welcher von innen beleuchtet ist und indirektes Licht über die Bühne wirft, den Fachterminus „Manteau d’arlequin“ trägt, und meint, genauer, die Umrahmung der Bewandtnisse durch Zwischenbühnenvorhänge um und auf (nicht die bunt carrétiertere Ummantelung des ganzen Um- und Aufzugs). Sollte, wie bei Dedekind, diskret, zwischen „Dichte“ und „Stetigkeit“ unterschieden sein …? Aufgefasst als ein Kontinuum, das von Zeit zu Zeit eins ist? Der Verschlingung und Durchdringung des Endlichen mit dem Unendlichen entspricht bei Leibniz vielleicht das Differential als Ausdruck der intensiven Realität (da er dieselbe als einfache Substanz und Monade denkt). Sollte ich nicht die (Wahrheitswert-)Lücken der Handlung mit dem (von Serres eingeführten, und durch und bei Deleuze anverwandelt wiederholten, unausgesprochen, aber unverwandt in dem, was damit nicht gesagt ist, allein metaphorischen applizierten) Harlekinsmantel vorwitziger Gedankenlitzen hissen, und für die Unstille der Tollheit irgendwie Segel des Geschehens über Meere von Begebenheiten zu streichen14. Denn ich versuche quasi lediglich Aspekte der Verbänderung wenigstens zu denken, d. h. ich kann mir den Gegenstand, welcher eben die Monadologie hätte 13 GP IV, 395. 14 M. Serres: Le système de Leibniz et ses modèles mathématiques, Paris 1968; S. G. Deleuze: Die Falte, Frankfurt a. M. 1995

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sein sollen, nicht außerhalb der Möglichkeit dieses Verbandes – im Zusammenhang ohne offenkundige Verknüpfung – denken etc., zu triangulieren die mit Translatzen ummantelten Bewandtnisse usw. Sowohl Michel Serres als auch Gilles Deleuze haben, in Vermengungen der Metapher und ihrer stillschweigenden Verschiebungen der Wortbedeutung selbst, allenfalls sowohl die Anschaulichkeit als auch die Bildlichkeit nicht ungeteilt ausgeschöpft im dabei kompossiblen Auffassungsraum bunt austreibender Bemäntelungen. Auch die beiden – von Leibniz verwandten – Narreteien des Harlekins oszillieren darin: einmal, auf der Bühne immer neue Kleider auszuziehen, Hüllen fallen zu lassen, ohne je nackt da zu stehen, und zweitens die Vorgaukelei des Harlekins als Kaiser vom Mond, wie ebenbildlich nur eines im anderes sein kann („ganz wie bei uns“)15. 6. Topologische Konzepte und ihre Modelle, welche die „Bewandtnisse“ einzubinden wissen, deren Ränder und Grenzen Koinzidenzen und Verbänderungen bilden, welche bloß Rand zu anderem sind, und nichts außerdem, nichts als Rand und Band quasi, und zwar dergestalt, dass ihre Fülle alle Hüllen sind (oder ihre Hülle ganz die Fülle bildet): Jede Menge ist genau dann abgeschlossen, wenn ihr Komplement offen ist. Analog zu Reimwortbildungen als „Zusammenhangskomponenten“ der verähnlichenden Wörter und in Beziehung gesetzten Sachen zahlloszweigig ähnlicher oder gleicher Bedeutung (trotz ihrer oft fehlenden innersprachlichen Verwandtschaft oder Konstellation bezüglich Berührung und Überlappung mit- und untereinander) gilt: etwas wie Seele und Seil sind ununterscheidbar eins und eins, also nicht uneins, aber – eins zu eins – zwei. Meine Übungen im Denken mochten sich in folgenden Parataxen zu arrangieren suchen: Etwas ist nicht punktförmig, sondern kreisförmig, und besitzt die Fähigkeit, sich auszudehnen, so dass seine Peripherie einen konzentrischen Kreis zur ursprünglichen Gestalt fasst; etwas kann sich auch zusammenziehen, so dass es zu einem punktförmigen Gebilde unzusammenschrumpft und quasi Mittelpunkt von sich selber würde. Ein ursprünglich wenig kreisförmiges Unrund entspricht dem metaschematischen Grund dabei kaum. Dehnt es sich aus, so entwickelt sich als Radius nach der Peripherie des neuen, immer noch weiteren Kreises, um und an welchen gespiegelt die Bezugsstrukturen Reim und Zahl (in Spiegelungen allenthalb reziprok erscheinen) nennen und erklingen – aus- und ineinander. Zog sich dagegen etwas, wie nichts, unzusammen, so bildete sich-in-sich radial nach dem Zentrum hin distrikt

15 „[…] mon grand principe des choses naturelles est celui de Harlequin empereur de la lune, que c’est toujours et partout en toutes choses tout comme icy“ (Brief an Sophie-Charlotte, 8. Mai 1704). Anspielung auf den stereotypen Kommentar der Zuhörer bei Harlekins Beschreibung der Mondbewohner in Nolant de Fatouvilles Komödie oder Hanswurstiade Arlequin, l’empereur de la lune. Vgl. Serres: Le système de Leibniz, I, S. 371.

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eine Spiegelreihe gleich und gleich entwickelter, aber entgegengesetzt reziproker Ununtertonfolgen in beständiger Inversion16. Leibniz, könnte man jetzt denken, reimt alles, was sozusagen Uneins ist, auf (die eine) Eins. So rufen und kehren sich die reziproken Bezugnamen hervor, dass alles, wenn nicht in allem, so doch in einem verwandt sei: indem es sich allenthalb zur Eins hin dreht – Universum. Aber wie mochten sich in Wirklichkeit die einfachen Elemente mit den in Wahrheit aggregierten untereinander verbinden? Leibniz vermutet, irgendetwas, das er nicht kennt, verbinde sie auf irgendeine Art, die er auch nicht kennt, und nennt das ausgesprochen Unfassliche, als wolle er Null durch Null und Unendlich durch Unendlich dividieren, vinculum substantiale, das substantiale Band ihrer Ebenbildlichkeit? Und diese Liaison im Kerker der Kehrwerte war nicht mit Geben, Nehmen, Teilen zu verständigen am laufenden Band, sondern zu verstetigen in einer nirgendsdichten Menge der Mängel, eine Art Schaum, der ganz Saum ohne Raum ist: eine ganze Menge und noch eine sind unzusammen, eine Unsumme. Eine zerlegungsfreie Zerlegung des Kontinuums ist eine ununterteilende Partition der Partition17, und ununterdessen teils-teils außerdem, das Kontinuum in Kondensationsnetzen von Kontinua und Felderwaben zu platzen, d. h. in oszillierende, maßlose Augen-Kontinua mit inert leerem Innerem. 7. In einem Gedankenexperiment entwickelt der Physiker George Gamov 1947 ein instruktives Modell von seinem Konzept einer Hypersphäre, in Form zweier ineinandergestopfter Äpfel, welche allein entlang ihrer äußeren Oberflächen miteinander verbunden sind (analog zu der Überlagerung von ebenen Aufeinander-Projektionen der beiden Halbschalen der 3-Sphäre): Jeder Apfel hat mithin einen separates Labyrinth von Wurmgängen, wobei die beiden Systeme miteinander nur an der gemeinsamen Oberfläche verbunden sind18. Nun stelle man sich die Stollen und Gänge immer enger und feiner vor, die Menge ihrer zahlloszweigig ineinander gewickelten Ganglinien immer dichter und enger. Schließlich enstehen so innerhalb 16 Es existiert projektive Fläche mit konstanter Krümmung 1, exakt wie eine Kugeloberfläche, welche – vereinfacht gesagt – sämtliche Geraden im dreidimensionalen Raum repräsentiert, die durch einen gemeinsamen Ursprung gehen. Diese Ebene ist nicht orientierbar, sie ist einseitwendig, und zeigt weder Innen noch Außen. Siehe: W. Boy: „Über die Curvatura integra und die Topologie geschlossener Flächen“, in: Math. Ann. 57 (1903), S. 151–184. Vgl. F. Vonessen: „Reim und Zahl bei Leibniz“, in: Antaios VIII (1967), S. 99–120. 17 Vgl. Verf.: „Alinea. Vom Zersingen der Lieder“, in: A. Fioretos (Hrsg.): Babel. Festschrift für Werner Hamacher, Basel 2009, S. 126 f. 18 Vgl. Verf.: Euer Lenz, Berlin 2013, S. 184–188, und zur Umstülpung der Sphäre: „Was bilde ich mir ein, und was denke ich mir dabei“, in: Ders. (Hrsg.): Nichts tun, Hombroich 2009, S. 209–220.

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des Gehäuses zwei einander überlagernde, selbständige Räume: Jeder Stollen läuft durch durch das ganze Volumen der Kugel, so dass sie innerhalb des Apfels keinerlei Verbindung miteinander haben, nirgendwo, aber doch unzusammen den Apfelinnenraum bilden – die wie von einer Schale ummantelten Bewandtnisse –, so dass sich hierinnen einander zwei Sphären störungsfrei (also lückenlos plus pausenlos) überlagern: Ein derartig von Würmern befallener Apfel wird schließlich ein Doppellabyrinth sein, mit einem Binnennetz von Gängen, die sich eng umeinander winden und das ganze Innere des Apfels völlig erfüllen (sowohl vermotten als auch eskamotieren). Die Raupen- und Wurmgänge gehen sehr nahe aneinander vorüber; die Maden fressen durchs Einbohrloch anfangs in den Apfel spiralförmig von außen schmale zickzackartige („Blitzwurm“) Gänge in den Splint nach innen (dass die Rinde aufplatzt) und kommen an der anderen Seite des Apfels wieder aus den Fraßgängen zum Ausbohrloch heraus. Die einzige Ganglinie aus dem einen Labyrinth in das andere führt über die Haut der Obstoberfläche außen, um von dort in den Schacht wieder des anderen, vom ersten entzweiten Labyrinths einzudringen. 8. Der Physiker, Philosoph und Logiker Hans Reichenbach (1891–1953) versucht in seiner Philosophie der Raum-Zeit-Lehre (1928) über ein Gedankenexperiment die anschauliche Konstruktion von Wahrnehmungsbildern eines Beobachters in einem stark gekrümmten sphärischen Raum darzustellen. Er stellt sich zwei große Kugelschalen I und II aus Blech vor, die einander umschließen und mit Stangen gegenseitig verstreben, wie ein Glockenturm. Man klettere zwischen ihnen herum; kann aber zunächst die Blechschalen nicht durchdringen und ist auf den Raum zwischen den Kugeln angewiesen; man erkenne und empfinde dabei, welche Kugelschale die äußere sein mochte: zwei konzentrische Kugeln I und II, deren Grundriss wie ein an den Enden zusammengebogene figura paradigmatica aufeinander gefaltet sind (s. o.). Bei Blickrichtung innerhalb des Sichtwinkelraumes sollte man die Schale I klar vor sich sehen, im Blickwinkelraum deutlicher die Schale II, in dem Zwischenwinkelraum verwirrt einen allein der Freiraum zwischen den beiden Schalen. Der schraffierte Winkelraum auf der rechten Seite der Figur bleibt dunkel und unsichtbar, er sei durch die Schalen verdeckt; als Schatten des Schattens, den die Augen hinters Licht geführt übergehen und verblinden.

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Vom Schalenzwischenraum aus sehe man die Welt in der Welt konvex; stehe man in der Mitte des Schalenraums, mit dem Blick gegen I, so sieht man vor sich die konvexe Halbkugel dieser Fläche, umgeben von freiem Raum; dreht man sich um und um, so sehe man die Schale II in gleicher Weise, also ihre konvexe Halbkugel, unumgeben von allein freiem Raum. Beim Drehen des Kopfes klappen die Verstrebungen um nach innen, und die Kugeln kugelten von hier aus nicht ineinander, sondern kommen nebeneinander zum Stehen. Mit wachsender Entfernung von einer Schale verbiegt sich diese flach, und man übersieht immer größere Gebiete, stets mehr als ihre Sphäre; stehe man unmittelbar neben der einen Schale, so wirkt die andere Schale flach wie eine Ebene vor einem her. Bemerkenswert erscheint der freie Zwischenraum, allenthalb: Dort entstehe ein reelles optisches Bild des Beobachters. Es wird dabei die Umgebung infolge der natürlichen Begrenzung des Gesichtswinkels jeweils nur im Ausschnitt wahrzunehmen sein, welcher durch und durch Bilder von hinten gebildet würde: Ich sähe mithin das Bild meines leibeigenen Hinterkopfes in riesenhaften Verzerrungen über den ganzen Raum aufgespannt, dessen ganzen Hintergrund ganz ausfüllend. Sollte ich eine Luke entdecken und von da in das Innere der Schale hineinblicken oder wenigstens hineindenken können? Denn wenn ich jetzt im Mittelpunkt der Schale, also in dem Treffpunkt der Verstrebungen stehe, erkenne und empfinde ich nicht allein diese Schale geschlossen um mich in sich gewölbt, sondern auch durch und durch allenthalb offen zu denkende Fenster entsprechende Wandkompartimente der anderen, wirklichkeitsnächsten Schale, nach jeder Richtung in gleicher Entfernung, so dass ich mich also zugleich im Zentrum der zweiten Schale sehe, da, wo ich nicht stehe. 9. Um das Jahr 1670 veröffentlichte der Jesuit Francesco Lana de Terzi (dessen Familienwappen – für den Erfinder eines Fesselballons sinnigerweise – insignierte „in vinculis liber“), ein Buch mit dem Titel: Prodromo ovvero saggio di alcune invenzioni nuove premesso all’arte maestra, in welchem sich ein Kapitel findet „Über die Herstellung eines Luftschiffes, welches sich in der Luft hält und sich bewegt mittels Ruder und Segel“. Francesco di Lanas Ansatz war (wobei die Erkenntnisse Otto von Guerickes nutzte, mit welchen es möglich geworden war, Vakuum zu erzeugen), dass ein „Gegenstand, der leichter als Luft ist, in der Luft schweben kann“. Ihm sei es gelungen, eine Maschine leichter als Luft zu fertigen, welche dank ihrer Leichtigkeit nicht bloß sich selbst in Luft aufgehen, sondern auch noch Personen oder Lasten tragen könne: Man soll vier große Kugeln aus Kupfer- oder Eisenblech luftleer machen, welche als Träger der Nutzlast dienen sollen: mittels Seilen an einem schiffchenförmigen Trog befestigt, mit Mast und Segel ausgerüstet zur Steuerung des Fortkommens in horizontaler Richtung. Das – folgenreiche – Gedankenexperiment über das Gewicht des Geringen ist freilich nicht zu verwirklichen, v. a., weil auf der Oberfläche der evakuierten Kugeln ein von Leibniz (De Elevatione Vaporum) berechneter Luftdruck lastet, von

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dem sie unmittelbar eingedrückt würden: Kugeln, die dünn und leicht genug waren, um beim Luftentzug zu fliegen, würden vom Luftdruck zerstört. Kugeln dagegen, welche den Luftdruck aushalten hätten können, waren zu schwer zum fliegen. Leibniz selber schlägt sogar eine gläserne Kugel vor, allein würde man diese niemals groß genug denken könne, um die Evakuation der dann leeren Sphäre mit dem verdrängten Volumen atmosphärischer Luft aufzuwiegen, und die zugleich werkstoffgefestigt genug wäre, dem Druck der Atmosphäre standzuhalten. Da aber auch das Leere „etwas“ ist, Äther, haben die Atome und das Leere ein nichtidentisches Prinzip, und unzusammengesetzt erfüllen sie den Raum als Aggregat: Leere und Äther sind in aktive und passivere auseinandergeflochten, einerseits, und zwischen Erde und Äther zerredet erodiert, andererseits: völligere Leere, das insichdicht Spindeldünnste, das Festgeballte, und alles voller Bläschen im Flüssigen und Klaren, und das undurchwirrt Herdige, Konfuse, und das eindringlich Ersichtlichere19. In großer Feinheit, unmerklich, durchdringten spirits in Wirbeln auch das Erdinnere und erzeugten passim unterschiedlich große und satte Kavitäten in der Erde. Leibniz glaubte, dass alle Verkörperungen aus vielen „Blasen“ (bullae) zusammengesetzt sind. In ihnen sind wiederum viele weitere Blasen oder Kügelchen enthalten. Die Bildung solcher Kavitationsblasen werde begünstigt durch die eindringende Hitze der Lichteinflüsse, fließendes Licht, welches die Erde unterströmt und in einem beständigen, fortdauernd stromernden Fluss hält. Jede solche Blase bildet eine Welt für sich, sodass eine jede unendlichen „Welten in Welten“ (mundi in mundis ad infinitum) gleicht, dann bei Hölderlin: „als eigene Welt der Form nach, als Welt in der Welt, und so als Stimme des Ewigen zum Ewigen“. Doch die Hohlräume ergaben sich aus der Komposition zweier Gegenbewegungen, die sich in Herden von der Sonne auf den Äther strikt und engbezirkt wirklich fortsetzen und konfokal ausnetzen und schwärmen. Soweit der Äther Lichtkreisradien absorbiert, bricht er das Distrikte (conatus rectus) rundaus um in die Bezirke unter und auf, und wieder aus ihnen hervor. Durch die kreisförmigeren Poren in Hohlform und zirkulären Bestrebungen aber (conatus circularis), worinnen etwas mitunter, um und um und in sich unzusammen fließt (circa terram, in terra und per terram) werden die geradlinigen, distrikten Undurchdringungsbewegungen der Linien immer wieder in Hohlformräumen aufgefangen und auch kaustisch fokussiert. Weil aber (durch und durch) im Drehimpuls der Blasen (gyratio circa proprium centrum) punktum die in ihnen eingeschlossenen, winzigen Verkörperungen partikular (gebündelt und gefestigt und selbst verbindend) werden, ununterbrechen die wie gläsernen Ätherblasen Ursache und Grund der Muster der Konsistenz mit der winzigen Saat der verkörperteren Sache; so, wie unter dem Einfluss der Verstrebungen eines Flächenblitzes.

19 Dieser Abschnitt folgt H. Busche: Leibniz’ Weg ins perspektivische Universum. Eine Harmonie im Zeitalter der Berechnung (= Paradeigmata 17), Hamburg 1997 und ders.: „Monade und Licht – Die geheime Verbindung von Physik und Metaphysik bei Leibniz“, in: C. Bohlmann u. a. (Hrsg.): Lichtgefüge des 17. Jahrhunderts, München 2008, S. 125–162.

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Die Zirkulation des Äthers erfolgt nicht in einigen und einfachen Kreisen, sondern in symplektischen (d. i. verschränkten und verflochtenen) Wirbeln, die sich aus der harmonischen Komposition der beiden Gegeneinander-Bewegungen (motus primigenii)“ hebeln und erstreben: allenthalb rotierende Sphären oder Blasen. Wie winzige Augenblicksgötter zirkulieren diese, als eigene Welt der Form nach, erschaffen in Jetzt-blitzender Jeweiligkeit des je ne sais quoi jeder Fulguration, ganz beständig unbeständig kompossible Welten in der Welt. Oft handelt es sich um Zickzackblitze, und manchmal um Blitzleuchten ohne ausgebrocheneren Funken, oder um Flächenblitze mit unentwegt erscheinenden Linienspektren aus einer stets beträchtlichen Anzahl von Bänderungen? Im ständigen Aufblitzen von Angesicht zu Angesicht, von Augenblick zu Augenblick entspringen aber die nicht gedachten Linien: gedachte Schatten der winzigen, geborgten, sofort wieder zerfallenden Augenblicksgötter verstrebender Leucht- und Glutpunkte, die entsprechend das Antlitz der prästabilierten Harmonie undurchscheinend zu sehen wissen ließen. Zickzackblitze entbrechen der Entladungen gegen die Erde, aber der Flächenblitz brennt von Wolke zu Wolke (und verbrämt beide): in allesamt Fasern auseinander – Fibrationen. – Wie aus Zypressenzapfen samende, so kugelig-eckig, d. h. mit schildknotigen, klappkugelnagel-rissigen Rundholzzapfen, keulenförmig nach innen geschafteten, in eins mündenden Schuppen und Nähten: wirblig, oft regellos geschrotete Schollen und mit nur unrund aufgeplatzten Bruchrändern. Der Reim ist ein Flächenblitz, die beständige Transkreation der Ununterredungen mit Ungereimtem in, um und auf ummantelnde Bewandtnisse zu hüllen, und sie damit völlig und ganz zu füllen20. Um zu verstehen, wie eins zum anderen kommt, wie eines aus dem anderen hervorgeht, wie ich mich in etwas hineindenken könne, sollte ich versuchen, eins ums andere durch und durch zu setzen? Doch nicht ohne weiteres, nicht ohne auszuräumen, dass Dichteres und Kompakteres nicht regelrecht entstehen, sondern zwangsläufig erscheinen. Denn wie bündelt (und wie hebelt) sich die Fülle aparter Wahrnehmungen, die Einwirkungen und eindrückliche Vielfalt der in Betracht gezogenen Dichtigkeit geläufiger Ereignisse – über die Zeit, in der Zeit? Über und über hüpft und springt ein

20 Monadologie, § 47 (GP VI, 614): „Demnach ist Gott allein die ursprüngliche einfache Substanz; alle erschaffenen oder abgeleiteten Monaden sind seine Erzeugungen und entstehen sozusagen von Augenblick zu Augenblick durch ständige blitzartige Fulgurationen der Gottheit“. Im Prinzip des zureichenden Grundes, welches sich auf die Gesamtheit der Tatsachen bezieht, also auf die Kette der seienden Dinge, auf die Kontingenz, auf die Substanzen, […] in diesem Geflecht der Bewandtnisse erscheint das Licht klar in distinkten Knoten, gespinstisch ummantelt, darin verworren. A. Robinet: „Fulgurationen“, in: 25 Jahre Gottfried-WilhelmLeibniz-Gesellschaft, Hannover 1992, S. 27–39; H. Blumenberg: „Selbsterhaltung und Beharrung“, in: H. Ebeling (Hrsg.): Subjektivität und Selbsterhaltung (= Theorie-Diskussion), Frankfurt a. M. 1976, S. 144–207.

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um ein Ereignis, wie die Wellen in den Fluss geworfener Kiesel sich kringelten und um sich auszuweiten wissen, wie sie kreiseln21. In der symplektischen Geometrie (Hans Freudenthal) existiert zwischen Punkten die Relation der Verbundenheit. Aber als zweite, schwächere Relation kommt die der Kokonnexität der Verflechtung hinzu (zwei Punkte gehören zu einem Kokon-Wirtel) und als dritte und formbarste die des Scharnierens (d. h. es gibt zu den zwei Punkten einen dritten, der mit beiden verbunden wirkt): Punkte sind verbunden, wenn sie eine Gerade (und dann auch eine Ebene) gemein haben, verflochten, wenn sie einen Punkt gemein haben, und scharnierend, wenn es zwischen zwei Elementen ein symplektisches Gelenk gibt, das beide in einer Ebene schneidet22. In einer fraktalen, unverbrüchlichen Welt sind die Dinge durch ihr beständig unentwegt ins Mannigfaltige gehendendere Ineinander ebenso wohlgeordnet. Unvermittelt schließt auf „eterne“ Kerne des Äthers, die extern von zahllosen Blasen an der „Schale“ umrundet werden, die einer schaumigen Blase dunkel eingekapselte Prägnanz. Eine Maschinerie, die kleinere Maschen in sich verlarvt, aber maskerade hält, vernäht das pudelnärrisch (im Herz) vermaschteste Substrat (im Tretrad der Rede über dem verworrenen Mischmasch), das nur geläufigere Geräder (welches, zwangsläufig, weitere beherbergt), leistet den immer noch und doch winzigeren Räderungen davon Vorschub, Rad in und an Rad randen daran23. 21 „Stellen Sie sich einen Kreis vor und beschreiben Sie darin drei andere größtmögliche, zueinander gleiche Kreise, und in einem beliebigen neuen Kreis und dem Zwischenraum zwischen den Kreisen wieder die drei größten gleichen Kreise, und stellen Sie sich vor, das gehe so ins Unendliche fort – es wird daraus nicht folgen, dass es einen unendlich kleinen Kreis gibt, oder dass es einen Mittelpunkt gibt, der einen eigenen Kreis hat, in den (entgegen der Hypothese) kein anderer eingeschrieben wird“. „Man stelle sich vor, dass das Lebewesen sich verhalte wie ein Tropfen Öl und seine Seele wie ein Punkt in diesem Tropfen. Wenn nun der Tropfen in Teile zerteilt wird so wird, da jeder beliebige Teil erneut in einen kugelförmigen Tropfen übergeht, auch jener Tropfen in einem der neu gebildeten Tropfen existieren. In derselben Weise wird das Lebewesen in demjenigen Teil weiterbestehen, in dem die Seele bleibt und der der Seele selbst am meisten entspricht. Und wie die Natur des Flüssigen in einem anderen Flüssigen nach runder Form drängt, so drängt die Natur der vom zuhöchst weisen Urheber konstruierten Materie stets nach einer Ordnung oder Organisation. Deshalb können weder die Seelen noch die Lebewesen zerstört werden, obgleich sie verkleinert und eingehüllt werden können, so dass ihr Leben nicht mehr in Erscheinung tritt“ (Leibniz an Des Bosses, 11.–17.3.1706, in: Leibniz: Der Briefwechsel mit Bartholomäus Des Bosses, S. 26–27; GP VI, 306–307). R. Gruszyzyn/A. Pietruszcak: „Full Development of Tarski’s Geometry of Solid“, in: The Bulletin of Symbolic Logic 14 (2008), S. 481–450. 22 Leibniz habe „immer geglaubt, dass alles, was man über die vielfach gestalteten Atome, über die Wirbel, Absplitterungen, Zweige, Haken, Angeln und Kügelchen und so viel anderes Zubehör sagt, eher eine Spielerei des Geistes ist, die von der Einfachheit der Natur und erst recht von den Erfahrungen entfernter ist und unfruchtbarer, als dass man sie handgreiflich mit den Phänomenen verknüpfen kann“. A VI, 2, 328, 16–18, zitiert nach Busche, S. 421. 23 Die Narren schöpfen den Teich aus, aber die Klugen fangen die Fische: Stets wiederholen sich im Kleinsten analoge Strukturen, so dass „jedes Stück Materie wie ein Garten voller Pflanzen und wie ein Teich voller Fische aufgefasst werden kann“ (Monadologie, § 67; GP VI, 618): Jede ausgedehnte Verkörperung erscheint wie ein Heer von Geschöpfen oder eine Herde. Die Körper selbst seien mitunter sooft perforiert wie ein Käse voller Würmer: Sie erscheinen dem

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Die Welt in der Welt ist in eine Relationsverflechtung verwandelt, und die eigenlose Ineinsfügung der unverworren durcheinander laufenden Linien, die sich mit distinkter Passung ineinander binden, Amben, die einander wechselständig tragen und sich vielfach verschränken miteinander, oder wie in Geweben die ineinandergreifenden Fäden wechselweise halten und binden: so steht auch im symplektischen Geflecht kein Gedanke, weder Wort noch Tat für sich abgeschieden und vom übrigen unterbunden: Worin das Denken ein Bilden von Bildern ist, werden nicht äußere Verkettungen in diesem Fadenschein aufzufassen sein, sondern die Beziehungen müssen komplementär wie Hohlformen und Vollformen etwas wie zu einem Bändertanz verschränktere Gedanken Kreisenderes sein24. Aber erst die sorgfältig gesonderten und inschüssig gegeneinander gelitzten, allein in ihrer Vereinzelung in Betracht gezogenen Harmonie-Arten verwoben sich zu verschlungenen Unknoten-Gespinsten insichdicht: In den zig Verknüpfungen finden Übereinstimmungen ihr wohlgeordnetes Aufeinander-Abgestimmtsein – prästabilierte Harmonie: „von vorn herein“ seien alle Monaden, ihre Perzeptionen eingerichtet dergestalt, dass jede in jedem Nu korrespondiert ins Allenthalben entsprechender Zustände aller anderen und übrigen. War die Verständigung der Dinge nichts anderes als der unvordenkliche Einklang ihrer Bedingungen? – Ein fast stillschweigendes Übereinkommen entspricht dem Weltablauf der Monaden offenbar selbanderm Schlag, obschon die Folge davon der Reihe nach selbst nichts anderes ist, als das Nichtandere nicht ist: die obskure Unmenge der mit Mänteln bemäntelten Mengen findet sich in den Bewandtnissen wieder, in deren Fäden und Faserungen – im wortwörtlichen Sinn – Kinkerlitzen – früher als gedacht – sind: Kette, Band, Seil, Schnur und Faden können ihre klaren Funktionen des Bindens, Verbindens und Aufhängens nur bündeln, wenn sie in sich einerseits ihre Einheit bilden: im Vorhandensein oder Nichtvorhandensein

Auge von außen als ein aggregater, toter Klumpen. Doch im verborgen Inneren krabbelt das Lebendigere (vgl. GP VII, 501–502). 24 Vgl. M. Heidegger: Unterwegs zur Sprache, Pfullingen 1959, S. 242–243: „Ein Geflecht drängt zusammen, verengt und verwehrt die gerade Durchsicht im Verflochtenen. […] Es gilt im Geflecht der Sprache das entbindende Band zu erfahren“. Das Denken, kann laut Heidegger „deutlich und verworren zugleich“ sein, auch sei „was sich als unentwirrbare Verknäuelung gibt, das Einfache selbst“ (M. Heidegger: Feldweg-Gespräche [1944/1945] [= Gesamtausgabe, Bd. 77], Frankfurt a. M. 2007, S. 92). Wenn das Denken „sich alsbald in ein unentwirrbares Geflecht“ (M. Heidegger: Zur Sache des Denkens, Tübingen 1969, S. 2) verstrickt, so ist dies nur zunächst ein Scheitern, eigentlich ist das Denken damit dort, wohin es will: Das Geflecht kann die gleichzeitige Anwesenheit von Vorgängen sein, die in einer zeitlichen Folge verlaufen. Vgl. I. Petrizi: Kommentar zur „Elementatio theologica“ des Proklos: Ü bersetzung aus dem Altgeorgischen, Anmerkungen, Indices und Einleitung, hrsg. von L. Alexidze u. L. Bergemann, Amsterdam u. a. 2009, S. 47): „Beachte, daß das in allen geteilte und [über alle] verbreitete Eine nicht das ganze Geflecht der Verkettungen zusammenfassen und vereinen kann, weil es selbst durch eine Wirkung zuteilig und auf alle aufgeteilt ist. Das In-allen-Geteilte und das In-den-vielen-Zerstreute ist sowohl unfähig, sich selbst zusammenzubinden und eins zu machen als auch (und das um so mehr) dasselbe mit den anderen [zu tun]. Auch das Eine der Einzelnen kann die Ganzheit der Kette nicht zusammenbinden und vereinen“.

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eines ersichtlichen Gelenks oder Getriebes, wodurch die Elemente wie durch Scharniere verbändert miteinander verflochten außer sich erscheinen, als Apparat der Aggregate, Eigenschaften und Verbänderungen. Die Idee einer unendlich verschachtelten Bezugsstruktur des Universums aus kleinen Kugeln, Blasen, Wirbeln, Welten, bestätigt die zuletzt ununterscheidbare Substitution der bullae mit den globuli, munduli oder terrellae particulares, womit solche eigenschaftig gleichgestellten, partikularen Aspekte der Monade wortwörtlicher erscheinen: jede Blase wird „gleichsam eine eigene kleine Welt“ für sich sein, welche eine „eigene Atmosphäre, eigene Pole, Kräfte“ (der „in die Materie versenkten Formen, die sich überall finden“) besitzt, aber auch („wie kleine Götter“) solche mit leibeigen blitzendem „Eigenlicht“– ganze Fulgurationen davon. 10. Eine – bitangente – Ebene schneidet den Torus in zwei gleichen Kreisen. Nach diesem Satz von Yvon Villarceau wird die Ringfläche von jeder sie zweipunktig berührenden Ebene in zwei gleichen Kreisen geschnitten: man stelle sich einen DrehTorus vor und schneide ihn mit der Tangentenebene auf. Es handelt sich um die Fläche, die von einem Kreis beschrieben wird, während dieser sich um eine Achse dreht, die in der gleichen Ebene liegt wie der Kreis, d. h. durch jeden Punkt eines Rotationstorus kann man vier Kreise legen, die exakt die Schnittkreise mit einer geeignet gewählten Ebene bilden. Einer dieser vier Kreise ist ein Parallelkreis, ein anderer ein Längskreis, dazu kommt ein erster VillarceauKreis, und dann noch ein ebensolcher, nur dem ersten verschränkter, zweiter. Das Erstaunliche ist, dass jeder Abschnitt stets in zwei exakte Kreise zerfällt.

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Die erste Eigenschaft dieser zuerst von Yvon Villarceau (1848) gefundenen Kreise ist die Verflechtung zweier bestimmter Kreise gegensätzlicher Familien, welche sich immer an zwei bestimmten Punkten berühren. Auf der anderen Seite ist die Verbindung zweier entfernter Kreise derselben Familie noch weitaus subtiler: nicht allein, dass sie sich nicht berühren, – sie sind wesentlich ständig ineinander verschränkt verbändert und stets verschlungen. Darüber hinaus sind diese denkwürdigen Kreise die Loxodromen des Torus: Sie schneiden die Meridiane in einem konstanten Winkel, wobei das Doppel des Winkels auf den Punkten ruht, an denen sie sich kreuzen. Und da das Gleiche für jeden Punkt des Torus gilt, wird der Torus überdeckt durch vier verschiedene Familien von Kreisen; wobei die sogenannte Parataxe der verschränkten Schrägkreise eine Hopf-Verschlingung bilden. Folglich sind auf den Tori immer vier verschiedene Familien aus Kreisen zu finden, aus deren Drehungen der Torus als Mannigfaltigkeit von konjugierten Gesichtspunkten der Konfiguration erst entsteht und verkörpert ist25. 11. Die Beobachtung räumlicher Getriebe (und Gedankenexperimente zu den Geometrien ihrer Lage) erfordert ein beträchtliches Maß an einbildungskräftigen Vermögen der Abstraktion, denn wer kann sich schon Bewegungen von Kugel-Schrauben und Schub-Getriebegliedern rund um und längs windschiefer Achsen vorstellen? Bereits eine einfache, von Leibniz’ Korrespondenzpartner Pierre Varignon stammende, elementare Variante, dass die Mittelpunkte der Seiten eines beliebigen (auch räumlichen Vierecks) stets ein Parallelogramm bilden, erstaunt zunächst: Die Ecken des Ausgangsvierecks brauchen dabei nicht einmal in einer Ebene zu liegen. 25 Die durch die Rotation eines Kreises um eine fixe Achse erzeugte Mantelfläche wird als Torus bezeichnet; die Drehachse liegt außerhalb des Kreises, kann aber auch auf dem Kreis liegen (Dorntorus) oder innerhalb (Singeltorus); auf diese Weise kann die Ummantelung außerdem abgeflacht wirken, gestaucht, sich-um-sich gewickelt oder sich-in-sich verspindelt. Oft mochte die ringförmige Oberfläche durch Drehen einer Ellipse erzeugt scheinen (aber nicht aus Scharen von Parabeln oder auskreisenden Hyperbeln). Immer ist die Ringkernoberfläche, der Ringkern eine Drehfläche um und um und durch und durch eine umsaum geschlossenere Kurve, die nicht zwingend die Kehre eines Kreises widerspiegelt. Falls die Erzeugende aber ein Kreis gewesen sein wird, wirkt die Fläche unverwandt als Kreisringkern eines Ringkernkreises im Kernringskreis, ummantelt von Ringkreiskernen binnen Kreiskernringen inwändiger Innenwände, immer und immer.

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Unter den Weiterentwicklungen dieser Gelenksvierecke nimmt das Raumkurbelgetriebe von G. T. Bennett (1902) eine besondere Stellung ein: Bei ihm sind die vier Glieder nicht zwangsläufig durch zueinander parallele Drehpaare verbunden, und es bilden die kürzesten Abstände der vier windschiefen Drehachsen ein windschiefes Vierseit mit gleich langen Gegenseiten, die jeweils von Drehgelenken beweglich verschränkt sind, und deren Mannigfaltigkeit von möglichen Bewegungsabläufen, den Lagenraum mit (starren) Gliedern im Verbund von Rundlingspaaren auszuschraffen, wobei die Stangen sich um sich frei drehen respektive neigen, d. h. schrauben, und überüberdrehte Räume zu erzeugen vermöchten: Anknüpfend an diesen Mechanismus und an das Theorem von Villarceau wird ein Stäbe-System (eine geschlossene Kette von vier Gelenkachsen mit nur einer Bewegungsfreiheit) eingerenkt: Man sieht, wohin man sieht, Kreise sich aus Kreisen rollen, und durch jeden Punkt eines Rotationstorus kann man punktum vier Kreise legen, welche geradewegs die Schnittkreise mit einer passend gewählten Ebene sind. Die Schrägringe eines Kringels zeigen sich, indem und während sich seine Ummantelung durch und durch einen Kreis überüberdreht zeigt, dessen erzeugende Ebene die Drehachse in allein einem Punkt schneidet bzw. berührt: Das bewegliche Ende der Drehschub-kurbeligen Stäbe beschreibt genau dann eine Kreislinie im Raum, wenn Punkt um Punkt der Kreislinie zwangsläufig einer einzigen wie präzisen Position des Gelenkmechanismus entsprechen. Bennett denkt ein Schrägklappviereck im dreidimensionalen Raum. Der Dreh zwischen den Scharnieren ermöglichte Twists über die bewegbaren Drehgelenke, stets dann, wenn die gegenüberliegenden Seiten gleich sind. Der Konfigurationsraum ist daher eine Kreislinie, topologisch betrachtet auch als Geradensegment vorstellbar, dessen Endpunkte abstrakt miteinander verheftet sind. (Die Kreislinie ist eine eindimensionale Mannigfaltigkeit, das eindimensionale Gegenstück zum zweidimensionalen Torus: Jeder Punkt der Mannigfaltigkeit entspricht genau einer Lage im Gelenkmechanismus)26. Außerdem wird das Zentrum des rotierenden Kreises so gewählt, dass sie auf der gemeinsame senkrecht zu der Drehkreisachse und der Drehachse gehören. Der Fußpunkt der von dem rotierenden Kreismittelpunkt auf der Drehachse gezogenem Senkrechten ist ein Fixpunkt sowohl der Achse als auch der Ebene, welche senkrecht zu der Achse an diesem Punkt an der festgesetzten Äquatorialebene justiert 26 Gebe es eine allgemeine, metapoetische Konnexität, welche aus der Verschränkung von Lagen imstande sei, eine symplektische Geometrie und Grammatik der Wörter und Sachen zu entfalten? Deren einfache Formen in Form von Worten und Formen ohne Worten, Schemen, Bilder und Gestalten Schnitte sind in die Falten und gedachten Schatten der Mannigfaltigkeiten impliziter Ordnungen, deren Welt in der Welt zur Sprache kommt? Leibniz denkt sich zumindest die Kreislinie als Resultat des Durchschnitts zweier Kugeloberflächen; und auch die Ermittlung des Durchschnitts einer Sphärenoberfläche und einer Ebene habe Leibniz dafür erwogen. Vgl. H. Hecht: Gottfried Wilhelm Leibniz. Mathematik und Naturwissenschaften im Paradigma der Metaphysik, Stuttgart 1992, S. 56–84. Es sei bei Leibniz eine differenzierte Neubewertung des Verhältnisses von Physik und Metaphysik in Rolle und Beweggrund unabdingbar. Vgl. H. Hecht: „Das Experiment in Leibniz’ frühen Pneumatica“, in: Ders. u. a.: Kosmos und Zahl, Wiesbaden 2008, S. 123–136.

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wird: Je zwei Kreise der gleichen Familie begegnen und kreuzen einander nicht. Meridian und Großkreis treffen in genau einem Punkt aufeinander, während die beiden windschiefen Kreise sich in zwei Punkten – verschränken: Es sind Hopf’sche Kreise mit einer Seifert-Verlinkung) und jede Faser ist mit jeder anderen genau einmal verbunden. Und da dies an jedem Punkt des Torus durchgeführt werden kann, bedeutet dies, dass der Torus ummantelt wird von vier verschiedenen Familien von Kreisen oder gleichmöglichen Bewandtnissen: Bewegt sich ein Punkt auf einem der beiden Schnittkreise eines Torus mit einer den Ringkörper in zwei Punkten berührenden Ebene, so lässt sich diese Bewegung einmal darstellen durch das Ende des Radius dieses Schnittkreises, also als Drehung um den Kreismittelpunkt und somit um eine Achse, die auf der doppelt berührenden Ebene senkrecht steht. Andererseits erhält man die Bewegung desselben Punktes auch, wenn man auf dem Umfang des erzeugenden Kreises des Torus einen Punkt wandern lässt, während gleichzeitig der erzeugende Kreis selbst um die Achse des Torus rotiert.27 Ich merke mir: Die Schnittpunkte des Torus mit anderen festgesetzten Ebenen zur senkrecht perpendikulären Achse sind Breitenkreise, die wortwörtlich gleichachsig Kreisen (koaxial). Die Schnittpunkte des Kringels mit Halbebenen, die die Drehachse enthalten, sind Bahnen, die man Meridiane nennt. Eine weitere Eigenschaft, die all diese Kreise gemeinsam haben, ist, dass jeder Villarceau-Kreis eine Loxodrome des Torus ist, also eine Kurve, die alle Meridiane (und daher auch alle Parallelen) in einem konstanten Winkel schneidet: Sie sind „bitangential“ zum Torus, weil sie in genau zwei Punkten den Kringel tangential berühren; gleichsam konzentrisch in gleich gewichtigen, parataktischen Teilen um- und umschreibend, und um einen Mittelpunkt arrangieren, den die Linienteiler ganz durch ihre Konstellation verzeichnen: Alle Meridianebenen, d. h. die Flächen, welche durch durch die Achse des Kringels führen, schneiden einen Villarceau-Kreis im selben Winkel. Die wie Reifen ineinandergreifenden Reifen-Kreise sind Windungsringe des Kringels. Sie gehören der loxodromen Domäne an, die Parataxis genannt wird. 12. Von tiefer mathematischer Bedeutung ist eine bemerkenswerte Eigenschaft der dreidimensionalen Kugel (das ist eine kugelförmige dreidimensionale „Oberfläche“ im vierdimensionalen Raum). Wie sich ein Windei schält, aus Abschellerungen aufbaut, welche unentwegt ineinander übergingen und sich vielfältig miteinander verschränken, oder wie in einem Kokon Gewebe ineinandergreifender Fäden sich 27 Es ergeben sich so als weitere Gelenkachsen: die Achse des Torus und die Achse des erzeugenden Kreises. Merkwürdigerweise ist, nicht, wie es scheint, selbst ein Kugelgelenk nicht erforderlich, sondern nur eine einfache Gelenkachse, die stets in der doppelt berührenden Ebene liegt und zum Punkt senkrecht bleibt. Alle vier Gelenkachsen sind windschief zueinander und paarweise senkrecht; die Gelenkstäbe sind paarweise gleich lang und bilden jederzeit paarweise gleiche Winkel. Oder, umgekehrt: Es handelt sich um die Fläche, die von einem Kreis beschrieben wird, während dieser sich um eine Achse dreht, die in der gleichen Ebene liegt wie der Kreis.

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wechselständig alternierend halten und binden, so entstünde auch in der Idee des Tuns kein Gedanke und kein Pfadgebiet der Inzidenzen und Konjekturen für sich abgeschieden und gesondert von den übrigen, wie die Wegzusammenhänge einer „Faserung“ ineinander zu fassen wissen: eine torusförmige Fläche, die von sich-insich verschränkten Kreisen ausgefüllt ist, wie Schalen – alle an der Zahl. Ein Beispiel für eine solche Projektion ist die Hopf-Abbildung, bei welcher die Punkte einer Sphäre auf solche einer Sphäre kleinerer Dimension abgebildet werden: jedem Punkt der 2-Sphäre ein ganzer Kreis (Hopf-Kreis genannt) auf der 3-Sphäre. Die Zerlegungsfläche der Hypersphärenfaserungen ist infolge stets die Kugel: In der Hypersphäre kann man jede geschlossene Kurve in einen Punkt deformieren; kehrt man die Projektion um, indem man von der 2-Sphäre in die 3-Sphäre geht, das heißt, indem man eine Umkehrung der Abbildung sucht, entspricht einem Breitenkreis der 2-Sphäre ein Torus in der 3-Sphäre.28 Das Hopfsche Bündel kann die Glieder mithin kettenartig verbinden, so dass ein Kreis mit einem andern durch Zwischenglieder unverwandt ist, d. h. zwei einander nahe Glieder können gemeinsame Bewandtnisse haben, Wände ohne Ende und Henkel, und doch zu der immergleich händigen Ummantelung gehören. Selbst 28 Wilhelm Kolaczia beschreibt („Zum System der prästabilierten Harmonie. Ein Versuch einer zeitgemäßen Interpretation des Monadenbegriffes, der sich an der Philosophie Leibnizens orientiert“, in: Wiener Jahrbuch für Philosophie [1983]) ein im Wesentlichen durch Anregungen bei Leibniz entwickeltes Modell einer solchen Hypersphäre: Man denke sich eine durch die Gleichung x2+y2+z2+t2=r2 gegebene Hypersphäre, an deren Peripherie eine Spiegelung durchgeführt werden soll. „Durch diese Transformation werden alle innerhalb der Hypersphäre liegenden Punkte nach außen, alle außerhalb liegenden Punkte nach innen, die Peripherie aber auf sich selbst abgebildet. Charakteristisch ist weiterhin, dass das Zentrum der Hypersphäre auf eine alle Einschränkungen übersteigende Peripherie abgebildet wird und damit den Bereich des Endlichen transzendiert“. Jetzt denke man sich den „Radius der Hypersphäre immer kleiner werdend und schließlich unter jede angebbare Größe schrumpfend, jedoch nicht verschwindend: Der gesamte R4 mit Ausnahme der infinitesimal kleinen Hypersphäre ist von den Bildern der innerhalb der Hypersphäre liegenden Punkten erfüllt, alle außerhalb liegenden Punkte hingegen sind in das Innere der Hypersphäre abgebildet. In Analogie zu dieser infinitesimalen Hypersphäre sei nun die Monade zu denken: Dem als Transformationsbasis vorausgesetzten R4 entspricht im analogen Fall der Monade das räumlich-zeitlich Ausgedehnte, das seinerseits jedoch nicht als gegeben angenommen werden darf, sondern aus der als Spontaneität gefaßten Spiegelung als das Produkt derselben hervorgehen müsse. Die Monade also ist es, die das Räumlich-Zeitliche aus sich hervorbringt; sie repräsentiert es als ein Universum, indem sie sich selbst als das Zentrum dieses Universums vorstellt: Deus est monas monadem gignens, in se unum reflectens ardorem. (D. Mahnke: Unendliche Sphäre und Allmittelpunkt. Beiträge zur Genealogie der mathematischen Mystik, Halle/Saale 1937) Das Räumlich-Zeitliche existiere daher nur insofern, als es von der Monade vorgestellt werde; die Monade wiederum erreiche ihre Individualität aus Juxtaposition zum imaginierten raumzeitlichen Universum. So findet die Monade in der Repräsentation einer Welt in der Welt ihre erste Absicht, denn sie vermöge allein dasjenige zu spiegeln, was in ihr angelegt erscheint.

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wenn Zug um Zug den Kreisfamilien gemeinsam ist, muss nicht der Familienkreis es sein, der solche losen Einheiten des Bündels definiert. Vielleicht ist auch das Individuum als identisches Ich nicht eins, und das Bündnis oder das Einverständnis ist im Einklang faszinierend dadurch, dass es facettierte Übergänge von einem der Glieder zum andern gebe. Was der Verbänderung zustimmt, ist eine Verwandtschaft der Verschränkungen, aber der Grad dieser Verwandtschaft müsse keine Gemeinsamkeit einer Eigenschaft oder eines Elements sein, welche beständig ineinander – wie im Handumdrehen – übergingen. Die aufgeschnittene 3-Sphäre wird man sich vorstellen als eine (koaxial ummantelnde) Folge von Tori, die wiederum in Tori eingebettet sind; so, dass die Größe der Tori mit umfänglicher Entfernung vom Zentrum anwächst. Grund und Muster koexistieren in quasi Kringel-Hüll’sen koaxialer Kohärenz (noch und noch) auseinander hervorquellender, zugleich und (nach und nach) (wieder und wieder) hintereinander verschwindender Tori, als ob die Hypersphäre überüberdreht rotierte, selber und dann selbander (mit Händigkeit der Wände). Genaugenommen erscheinen solche Clifford-Parallelen29 als System wechselständiger, gegenseitig verbundener Kreise (plus einer geraden Linie, deren Endpunkte unendlich verschränkt gedacht sind). Und bei solchen „Parallelen“ handelt es sich um Kreise, die – in der Weise, dass sie sich einander nie weiter annähern oder voneinander entfernen, während man sich entlang der Kreise bewege – parallel verlaufen. Dennoch sind die Kreise miteinander verbunden, sogar verschränkt. Es ist sogar möglich, den gesamten Raum S3 mit einem System aus Linien auszufüllen (die großen Kreise auf S3), welche allesamt „parallel“ zueinander liegen, in einer Weise, in der genau eine Linie jeden Punkt des Raums passiert, und in der jedes Paar „apart“ miteinander verbunden bleibt: Die Kreise kreisen auf verborgene, verbogene Weise auf einem Kugelnetz vernestelter Tori; wobei „vernestelt“ bedeutet, dass die Tori ineinander koaxial in kontinuierlicher Reihenfolge liegen. Jeweils zwei und zwei Kreise sind verkettet miteinander, verbunden und verschränkt, so dass sie windschief wirken. Im euklidischen 3(-dimensionalen)-Raum entfernen sich schräge, gerade Linien voneinander, während sie gegen Unendlich gingen. Die 3-Sphäre hat jedoch eine positive Krümmung, so dass die Großkreise, die in S3 Geodäsien sind, sich umeinander wickeln und stets auf gleicher Distanz voneinander bleiben (weshalb sie Parallelen genannt werden), also ein überwiegendes und ausgleichendes Bestreben haben, sich gemäß des geodätischen Abweichungseffekts aufeinander zu zu biegen und den Torus zu überüberwinden. Clifford fand heraus, dass sich der gesamte dreidimensionale Raum mit solchen sich nicht kreuzenden „parallelen“ Kreisen, welche alle mitei-

29 H. Zeitler: „Clifford-Parallelen – was ist das?“, in: Mitteilungen Math. Ges. Hamburg 11 (1987), S. 415–440; W. Wunderlich: „Über die Torusloxodromen“, in: Monatshefte für Mathematik 56 (1952), S. 313–334.

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nander (gleich und gleich) verbunden sind, gefüllt werden kann: Die dreidimensionale Sphäre besteht aus zig Fasern aller kreisenden Kreise und Reifen, es liegt ein Reim auf allen Dingen, heißt es bei Sebastian Franck, und – Reim und Reif sind eins. Aber wenn noch ein dünnerer Faden durch alle übrigen hindurchläuft, ist er es, der diese für sich verbindet? Etwas ist immer, nichts ist ewig. Aber – was ist beiden gemeinsam? Ist hier (noch und noch) etwas wie nichts (das ist) (durch und durch) bündigeres verzwirnt? durch ein breites und starkes Band miteinander verbunden? Keine der Fasern, woraus es besteht, läuft durch von einem Ende zum andern: Etwas durchläuft den Faden ganz, ebenbildlich, das lückenlose Übergreifen der Fasern. D. h. Glied wird mit Glied verkettet. Und diese Kontakt-Konkatenation vermag auch durch Ketten gebildete Flächen oder gar Räume zu vermaschen, sind diese doch zu zerlegen, Kettenlinien, die als Kettenlinien miteinander auch nichtlinear verkettet sind. Bei der Vernetzung von Kette, Band, Seil, Schnur, Faden kann auch bei den Netzgebilden zwischen offenen und geschlossenen unterschieden werden: Offenere Netzgebilde sind flächig, geschlossenere kugelartig. Es existieren allerdings Zwischenformen, – die kugelartigen Netzgebilde mit Öffnungen. Die Hopf-Verlinkung ermöglicht einen Ausblick in die ineinander aufschließenden, verketteten Umlinien (eines und desselben), das Unwesen gleichmöglicher Welten in der Welt: Auf der Bühne eines Theaters befindet sich ein Harlekin, der aufgefordert wird, sich zu entkleiden. Da der Harlekin unendlich viele Kleider übereinander trägt, kann er der Aufforderung nachkommen, ohne sich ganz entblößen zu müssen.30 Hopfs „Ummantelungen“ schufen quasi aus der Idee des Harlekin eine völlig neue Rolle, eben mit anderen Bewandtnissen – koaxialen: All seine Umgänge und Stellungen waren neu, die Buntordnungen der Flicken zeugte von hineingewebten Reimen und Reifen, und das Kostüm der gebündelten Ringe, ein Kettenhemd aus applizierten Wollglocken, Schellen und Gurten, das rundaus verzierte Narrenkleid saß so insichdicht spack und prall, dass es nicht eine einzige Falte schlug, aber so reich bemäntelt schien und von Bewandtnissen besetzt, dass es einen wirklich glänzenden Anblick torkelte: wie ein aus giftigbunten Flicken, Dreiecken oder Rauten zusammengesetztes Fetzenkostüm. Dieser Harlekin rotiert, unorientiert, in seiner Rolle, in den Umreimungen (ringeligen und ringelingenden) ununterdessen, was einem in den potenzreihartigen 30 Nouveaux Essais, livre III, chap. 6, § 39 (A VI, 6, 349); Neue Abhandlung über den menschlichen Verstand, übers. von E. Cassirer, Hamburg 1996, S. 336: „Es geht hier […] wie mit dem Harlekin, als man ihn auf der Bühne entkleiden wollte, wobei man aber nie zu Ende gelangen konnte, weil er ich weiß nicht wieviel Kleider übereinander anhatte. Freilich sind diese ins Unendliche gehenden Ineinanderfaltungen organischer Körper, die in einem lebendigen Wesen enthalten sind, einander nicht so ähnlich, noch liegen sie so wie Kleidungsstücke einfach übereinander; denn die Kunst der Natur ist von einer ganz anderen Feinheit“. Ebd., S. 16 (A VI, 6, 58): „[D]enn von diesem Standpunkt aus macht es nicht mehr Schwierigkeit, die Erhaltung der Seelen […] zu begreifen, als die Verwandlung der Raupe in den Schmetterling oder die Fortdauer des Denkens im Schlafe, mit dem Jesus Christus den Tod göttlich schön verglichen hat“.

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Reigen und Kreisvorgängen verwobener Unvorstellungen ungereimt erscheinen mag, also, um von diesen unummantelnden Bewandtnissen unverwandt zu sprechen, (um und um) das Unding nicht in sich, sondern an Bedingungen innerhalb plus außerdem zu knüpfen, und lauter Ähnlichkeit darein zu mummen. Ein kunteres Ungetüm schwirrt mir nur so vor, ich weiß nicht, das randlosere Band, welches die Runde macht in buntum unzusammenverbundenen Bündelungen (die blind enden) und Fasern (die sich fassen ließen) und zur Sprache „als die Sprache zur Sprache bringen“31. Als ein wie ein Kokon-Unknoten gepeitschter Kreisel (aus Systolen geschossener Wälz-Pirouetten) kinderten Wort für Wort (mit närrischem Exzenter) durch einen Wald ganz ohne Intervalle, ein springlebendiger Kobolz, der beständig antanzt und sich Possen-kompossibel ungelenk aus- und aufzukegeln wisse. Wie Wolken-rollende Tollknollen von – in Fesseln freier – Verbündelungen, wobei man von jedem Unzustand, aufschlüssig dabei, zu jedem Weiteren, Vorigen und Übrigen gleichwahrscheinlich gelangen mag: ein springlebendiges Ich-Bindsel Leben ebenbildlich, in dessen Fasern und Maserungen (als Lippen-Bündel kreiselnd bewegungsgleicher Münder), versatil verästelte Abblätterungen (und deren Foliationen davon) die immer nächste Nähen mit den anliegenderen und beginnenden (nichts anbelangenden, doch von aneinanderrainenden Ringen, welche verschränkten, und Grenzen, die verarmten auseinander) entspringen, und da wie dort ihre inneren Verstrebungen und Unsilben-Bildungen in Herden der Verkehrung immergängig aufschließen. Für Sinneseindrücke, durch „kleine“, „unmerkliche Vorstellungen“ hervorgerufen, welche klar in ihrer Vereinigung, aber verworren in ihren Teilen sind, stand einmal die Idee der „Grazie“ und, daran gekoppelt, der „Gnade“. Aber „Grazie“ und „Gnade“ sind nicht völlig deckungsgleich verschränkt. Beide durchwirken das Ganze Um und Auf in seiner Ganzheit, gegenstandsbezogen, aber beide, „Grazie“, „Gnade“ aggregieren nach Einheit, beide entziehen sich dem wortwörtlichen Rapport, und beide sind teils-teils voll und ganz im Canevas der Mannigfaltigkeit unhändig; ersichtlich im Ganzen und verborgen in jedem gedritthüpfenden TripelPunkt32. Die „kleinen Vorstellungen“, bei Leibniz, plötzliche, geborgte, sofort wieder zerfallende geborgte Bedeutungen apart, die sich inbegriffen zeigen, ereignen 31 Heidegger: Gesamtausgabe, Bd. 12, S. 230. Vgl. Leibniz: „Das band der sprache, der sitten, auch sogar des gemeinen Nahmens vereiniget die Menschen auf eine sehr kräfftige wiewohl unsichtbare weise, und machet gleichsam eine art der Verwandschafft“ (Ermahnung an die Teutsche ihren Verstand und Sprache besser zu üben; A VI, 3, 798). Den Konzepten der Ähnlichkeit, Unähnlichkeit, Selbigkeit und Gleichheit, welche die Unterschiede machten im Geflecht der Reihenfolgen unverursachender Ketten, deren Teile sich nichtdurchdringend berühren, gesellt sich im Unterschied dazu die Unähnlichkeit und die Vervielfältigung und der Unterschied durch und durch die Unähnlichkeit selber. Dieses Streben, welches Ähnlichkeit verursacht, gleicht das Verursachte der Ursache an und unterscheidet sie nicht voneinander abgeteilt. 32 „[…] drei sonderbare Töchter […] die hatten sich mit den Armen ineinander verschränkt, und eine jegliche hatte der anderen den Rücken zugekehrt. Und die vorderste reichte den hinteren

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und wieder ungeteilt entziehen, vermitteln ihre unmerklichen Entfaltungen als in sich ungeschiedenere Glänzpunkte, die annihilierend für die erklärte Welt in der Welt entstehen, ständig, immerzu. Die Hopf-Verschränkung bildet eine mannigfaltige Verkettung der Bewandtnisse aus von (nicht-borromäischen) Ummantelungen: wenn ich einen einzelnen Ring aus seiner Verschränkung löse, ohne dass die Parataxe der Verlinkung verschwindet, bleibt – anders als bei den borromäischen Ringen – die Verbindung bestehen. Auch die Grazien ließen sich nach Konnexität und Verbindungsfertigkeit der borromäischen Ringe ineinander verschlingen; einerseits. Wird ein Reifen entfernt, sind auch die zwei anderen nicht mehr ineinander verschlungen. Andererseits können Grazien ihren Reigen auch in Gestalt Hopf’scher Ringe verschränken: Wenn man jetzt einen beliebigen Ring entfernt, bleiben die anderen beiden verbunden. Die äußeren Ringe sind in beiden Konfigurationen die gleichen; aber die inneren Triangel sind dagegen genau gegenläufig arrangiert. Weiß man das Ineinander auf eine Weise zu sehen, erkennt man die borromäischen Ringe; wenn man die Verkettung auf ihre andere Art zu nehmen wisse, ist die Verschränkung der Hopf’schen Ringe gegeben. 13. Wie in einem Ei zweierlei ist ein Ei. Wort für Wort – es … wiederholt sich in sich (selbanderm Schlag). Wenn ein Ei wie das andere Eins sei, wird das Andere-seinerselbst sein als das „Andere des Anderen“, das Ei seiner Idee in der Einheit des etwas Entgegengesetzteren, nichts anderes. Jeder Gegensatz macht einem Satz und reimt sich auf sich zuvor. Indem und während die Gegensätze wie Koppelreime aus dem Ei der Transkreation hervorgingen, entfalte sich Falz auf Falte die monadologische Gereimtheit der Welt, Wort für Wort wird nach und nach alles in allem ein Bild: Phänomene (die „sich zeigen“) und Phantasien (die man „gezeigt bekommt“) ereignen sich (wie bei Phanes Geburt) und verschwinden inzwischen Erde und Äther, in Rede, im Wortreim der phainomai – Weltei, gepellt. Vielleicht ist das soundso vielschalige Windei nichts Anderes als ein in den Raum gelitztes Loch, – Alinea. Es unterscheidet sich aber von jedem fasslichen Loch dadurch, dass Hülle und Fülle einander ganz und völlig entsprechen, was bei der Welt in der Welt alles nicht der Fall ist. Dazu muss sich-von-sich die Mantelfläche nämlich bis ins Unendliche graduell Verschränkung und Grenze selber sein. Angenommen, dass die Fülle völlig und ganz der umgebenden Hülle Luft ist. Ihre Ummantelung liegt dann durchgehend zwischen den Hüllen als und ohne Fülle, welche beide voneinander trennt, zweien einen goldenen Apfel, und die hinteren zwei sahen die vordere an und hielten ihr auch wieder einen goldenen Apfel entgegen“. G. W. Leibniz: Scriptorum Brunsvicensia III, Hannover 1711, S. 287 f. Vgl. A. Kneser: Das Prinzip der kleinsten Wirkung von Leibniz bis zur Gegenwart, Leipzig 1928; O. Ruf: Die Eins und die Einheit bei Leibniz, Meisenheim 1973; F. Linhard: Newtons „spirits“ und der Leibnizsche Raum, Hildesheim 2008. Zur Annihilation und Transkreation: G. W. Leibniz: Schöpferische Vernunft, Marburg 1951, S. 158–163.

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und beide seien beiden weder das eine noch das andere, zu zweien: Bewandtnisse – wie koinzidierendere Grenzen – nehmen niemals ihren Raum ein, den sie ummantelten. Hierdurch wird die Weltsubstanz in zwei völlig abgesonderte Räume geteilt, die aber durchwegs auf einander bezogen bleiben, und die nur durch diese Bezugnahmen Bedeutung annehmen: Die Hopfʼschen Ringe geben mir die Längsschnitte und die Querschnitte der so selbander verbandelten Weltsubstanz. Dass der außerhalbe Raum (als Innerei ummantelt) halb-halber weder körperlich noch hohl wirkt, die einzelne, aufschließender inkludierte Bewandtnis dagegen umfänglich und binnen erscheint. Ist das Komplement eines Komplements das, was übrigbleibt, wenn man alle Ähnlichkeiten aus der irrigiden Metrik ihres Ermessens entfernt? So wie ein Loch durch ein Loch führt zu einem Land in sich, das die Welt in der Welt sein lassen wird und kein Ende in sich sieht, wohin es sieht: Entweder Etwas ist ein Loch im Sein und gehört sich nicht, oder aber die ungegenwärtige Welt in der Welt zeigt ihr Unsein nur im Unsinn ihrer Gegenständlichkeit, ein Loch im Nichts, das von Bedeutung ist.

PERSONENREGISTER Acevedo Guerra, Jorge 216 Adorno, Theodor W. 205–14 Alexander der Große 12, 14, 22, 45 Aristoteles 55, 56, 118, 131, 168, 185 Arnauld, Antoine 12 Bacon, Francis 167 Baruzi, Jean 11, 13, 19 Basnage de Beauval, Henri 157 Baumgarten, Alexander Gottlieb 154 Bayle, Pierre 157, 159 Benjamin, Walter 227, 230, 235 Bennett, G. T. 302 Bergson, Henri 53, 263 Berkeley, George 60, 93 Bernoulli, Johann 62 Bertrand, Alexis 172 Bierling, Friedrich Wilhelm 256 Binet, Alfred 250 Bolzano, Bernard 238 Bonitz, Hermann 238 Bonnet, Charles 87, 93, 95 Boutroux, Émile 153–72 Breda, Herman Leo van 109, 217 Brentano, Franz 118, 237, 238, 241, 242, 243 Brühl, Carl 243 Buchenau, Artur 173 Buffon, Georges-Louis Leclerc de 53–68, 85, 86, 87, 88 Buschmann, Cornelia 8 Cantor, Georg 142 Carlyle, Thomas 242 Carr, Herbert Wildon 8 Cassirer, Ernst 173–94 Celan, Paul 227 Charcot, Jean-Martin 250 Châtelet, Emilie du 53, 57 Clarke, Samuel 49, 154 Claus, Carl 243 Cohen, Hermann 173, 174, 175, 193 Colonnello, Pio 217 Comte, Auguste 175, 255, 256 Conill, Jesús 218 Costabel, Pierre 77

Cousin, Victor 171 Couturat, Louis 129, 181, 182 Crafft, Johann Daniel 35 Crease, Robert P. 216 Cristin, Renato 216, 217 Cudworth, Ralph 189 Dare, Christopher 247 Darwin, Charles 243 De Volder, Burchard 174, 178, 184, 187 Dedekind, Richard 291 Deleuze, Gilles 172, 259, 291, 292 Demokrit 171 Des Bosses, Bartholomäus 27, 33, 183 Descartes, René 32, 58, 72, 122, 131, 154, 159, 167, 178, 183, 189, 197, 199, 200 Desdouits, Theophile 172 Di Bartolo, Luigi 216 Dillmann, Eduard 175, 177 Dorer, Maria 239–43 Duchesneau, François 8 Duns Scotus, Johannes 198 Durkheim, Émile 172, 255, 256, 263, 264, 265, 268 Dutens, Louis 170 Eberhard, Johann August 101 Eckhart von Hochheim Siehe Meister Eckhart Ellenberger, Henri F. 240, 241 Epikur 55 Erdmann, Johann Eduard 8, 153, 154, 171 Escribano, Miguel 217 Euler, Leonhard 73, 79–82, 83 Exner, Franz 238 Faria Blanc, Mafalda de 217 Fatouville, Nolant de 292 Feldman, Karen Sue 217 Feuerbach, Ludwig 242 Fichant, Michel 12, 13, 19, 22, 172 Fichte, Johann Gottlieb 97–108 Ficino, Marsilio 56 Fisher, Charles 251 Fließ, Wilhelm 238, 252 Formey, Jean Henri Samuel 73, 79–82, 83

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Personenregister

Foucher de Careil, Louis-Alexandre 170, 172 Fraguier, Claude François 157 Franck, Sebastian 306 Freud, Anna 243 Freud, Sigmund 237–53 Gabbey, Alan 72 Gaius Iulius Caesar 12, 14, 22, 24 Galilei, Galileo 44, 286 Gassendi, Pierre 53, 56, 58 Gerhardt, Carl Immanuel 174 Goedart, Jean 163 Goethe, Johann Wolfgang von 129, 186 Gómez Delgado, Jose M. 217 Grondin, Jean 218 Guericke, Otto von 295 Haeckel, Ernst 243 Halbwachs, Maurice 172 Hansch, Michael Gottlieb 28, 153, 154 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 98, 99, 137, 171, 209, 224, 225 Heidegger, Martin 110, 130, 195–204, 215, 216, 220, 226, 227, 262, 263 Heinius, Johann Philip 79 Herbart, Johann Friedrich 8, 237, 238, 239, 240, 241, 243 Herrmann, Friedrich Wilhelm von 217 Hill, John 87 Hobbes, Thomas 56, 65, 167 Holder, Alex 247 Hölderlin, Friedrich 233, 296 Husserl, Edmund 109–27, 129, 130, 131, 132, 135, 148, 152, 221 Huygens, Christiaan 37 Jacobi, Friedrich Heinrich 100 James, William 266 Jammer, Max 78 Janet, Pierre 250 Janiak, Andrew 72 Janke, Wolfgang 216 Johnston, William 238, 239, 241 Judas Iskariot 12, 14, 22 Jungius, Joachim 163 Kaehler, Klaus Erich 218 Kant, Immanuel 60, 67, 68, 70, 69–74, 76, 82, 84, 97, 100, 101, 103, 104, 105, 107, 122, 141, 174, 176, 182, 183, 193, 194, 242, 273, 274 Karpinska, Luise von 239, 241 Kirsanov, Vladimir 37, 38 Köhler, Heinrich 7 Lagarde, Paul de 130

Lamarck, Jean Baptiste 243 Lana de Terzi, Francesco 295 Lange, Joachim 74–76, 79 Latour, Bruno 267 Leeuwenhoek, Antoni van 164 Leopold I. (HRR) 39 Levine, Israel 243 Lindner, Gustaf Adolf 238, 239, 241 Linné, Carl von 63 Locke, John 109, 110, 114, 121, 167, 241 Lorenz, Kuno 218 Lorenz, Stefan 149 Lotze, Hermann 187 Luna Alcoba, Manuel 216, 217 Mahnke, Dietrich 129–52 Malebranche, Nicolas 62, 167 Malpighi, Marcello 163 Manteuffel, Ernst Christoph von 79 Marramao, Giacomo 216 Maupertuis, Pierre-Louis Moreau de 54, 80, 85, 94 Meier, Monika 8 Meister Eckhart 198 Merleau-Ponty, Maurice 113 Mill, John Stuart 242 Model, Anselm 216 Momigliano, Arnaldo 27 More, Henry 189 Natorp, Paul 174, 177, 184 Needham, John Turberville 85–96 Needham, Joseph 61 Neumann, Hanns-Peter 7, 217 Newton, Isaac 37, 54, 71, 72, 73, 74, 76–79, 83, 261 Nicolás, Juan Antonio 217 Nietzsche, Friedrich 225, 242 Nourrisson, Jean-Félix 170, 171, 172 Ovid 164 Philippe I. de Bourbon, Duc d’Orléans 127 Piat, Clodius 172 Platner, Ernst 101 Platon 56, 60, 156, 174, 194, 271 Poincaré, Henri 154 Popper, Karl 142 Pötzl, Otto 251 Puech, Michel 73 Pufendorf, Samuel 65 Rapaport, David 247 Redi, Francesco 163 Rémond, Nicolas 36, 41, 155, 157 Renouvier, Charles 8, 172 Robinet, André 217

Personenregister Rolland, Romain 253 Ruin, Hans 216 Saame, Otto 215 Sakai, Kiyoshi 215, 217 Sandler, Joseph 247 Scheler, Max 202 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 98, 99, 101, 104, 148 Schlegel, Friedrich 100, 235 Schleiermacher, Friedrich 100 Schneider, Ulrich Johannes 216 Scott, Charles E. 217 Selcer, Daniel J. 217 Serrano de Haro, Agustín 218 Serres, Michel 291, 292 Shevrin, Howard 251 Sigorgne, Pierre 93 Silberstein, Eduard 241, 242 Sloan, Philip R. 54 Sofroni, Razvan 217 Souriau, Etienne 172 Spallanzani, Lazzaro 85, 88, 92 Spinoza, Baruch de 56, 58, 100, 101, 103, 131, 167, 200 Stahl, Georg Ernst 189 Stan, Marius 74, 78

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Stengers, Isabelle 270, 274 Steno, Nicolaus 164 Stricker, Salomon 243 Swammerdam, Jan 62, 163, 164 Tarde, Gabriel 172, 255–77 Thun und Hohenstein, Leo von 238 Tournemine, René-Joseph de 30, 31 Treiber, Gerhard 216 Trembley, Abraham 86, 87 Vallisneri, Antonio 164 Varignon, Pierre 34, 301 Vaysse, Jean-Marie 217 Villarceau, Yvon 300, 301, 302 Viti Cavaliere, Renata 216 Viviani, Vincenzo 286 Volkelt, Johannes 242 Voltaire 95 Walser, Robert 227–36 Watkins, Eric 76 Whitehead, Alfred North 266, 267, 271 Wieleitner, Heinrich 129 Wilson, Catherine 79 Wolff, Christian 53, 67, 74–79, 80, 81, 82, 94, 154, 183, 190 Zimmermann, Robert 8, 239

studia leibnitiana



s u p p l e m e n ta

Im Auftrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, Wenchao Li, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0303–5980

1.–5. Akten des Internationalen LeibnizKongresses vom 14.–19. November 1966 in Hannover 5 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-02883-7 6. Hans Poser Zur Theorie der Modalbegriffe bei G. W. Leibniz 1969. VIII, 171 S., Ln. ISBN 978-3-515-00279-0 7. Hartmut Schiedermair Das Phänomen der Macht und die Idee des Rechts bei G. W. Leibniz 1970. VIII, 363 S., Ln. ISBN 978-3-515-00280-6 8. Jürgen Nieraad Standpunktbewußtsein und Weltzusammenhang Das Bild vom lebendigen Spiegel bei Leibniz und seine Bedeutung für das Alterswerk Goethes 1970. VIII, 140 S., Ln. ISBN 978-3-515-00281-3 9. Ursula Franke Kunst als Erkenntnis Die Rolle der Sinnlichkeit in der Ästhetik des Alexander Gottlieb Baumgarten 1973. VI, 126 S., Ln. ISBN 978-3-515-00282-0 10. Beate Monika Dreike Herders Naturauffassung in ihrer Beeinflussung durch Leibniz’ Philosophie 1973. VIII, 137 S., Ln. ISBN 978-3-515-00283-7 11. Eberhard Knobloch Die mathematischen Studien von G. W. Leibniz zur Kombinatorik Auf Grund fast ausschließlich handschriftlicher Aufzeichnungen dargelegt und kommentiert 1973. XVI, 277 S. mit 2 Faks., zahlr. Tab. und 2 Falttaf., Ln. ISBN 978-3-515-01208-9 12.–15. Akten des II. Internationalen

Leibniz-Kongresses vom 17.–22. Juli 1972 in Hannover 4 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-02884-4 12. Band 1: Geschichte – Recht – Gesellschaftstheorie – Historische Wirkung 1973. VI, 331 S. mit 12 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-01216-4 13. Band 2: Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte 1974. VI, 326 S., Ln. ISBN 978-3-515-01848-7 14. Band 3: Metaphysik – Ethik – Ästhetik – Monadenlehre 1975. VI, 415 S., Ln. ISBN 978-3-515-01924-8 15. Band 4: Logik – Erkenntnistheorie – Methodologie – Sprachphilosophie 1975. VI, 302 S., Ln. ISBN 978-3-515-01925-5 16. Eberhard Knobloch (Hg.) Die mathematischen Studien von G. W. Leibniz zur Kombinatorik Textband, im Anschluß an den gleichnamigen Abhandlungsband zum ersten Mal nach den Originalhandschriften herausgegeben 1976. XII, 339 S. mit 2 Faks., zahlr. Tab. und 3 Falttaf. ISBN 978-3-515-02111-1 17.–18. Leibniz à Paris (1672–1676) Symposion de la Gottfried-WilhelmLeibniz-Gesellschaft (Hannover) et du Centre National de la Recherche Scientifique (Paris) à Chantilly (France) du 14–18 Novembre 1976 17. Band 1: Les Sciences 1978. VI, 242 S., Ln. ISBN 978-3-515-02838-7 18. Band 2: La Philosophie de Leibniz 1978. VI, 171 S., Ln. ISBN 978-3-515-02839-4 19.–22. Theoria cum praxi Zum Verhältnis von Theorie und Praxis im 17. und 18. Jahrhundert. Akten des III. Internationalen Leibniz-Kongresses vom

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12.–17. November 1977 in Hannover 4 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-03432-6 Band 1: Theorie und Praxis, Politik, Rechtsund Staatsphilosophie 1981. VII, 284 S., Ln. ISBN 978-3-515-03419-7 Band 2: Spinoza 1981. VI, 202 S., Ln. ISBN 978-3-515-03429-6 Band 3: Logik, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Metaphysik, Theologie 1980. VII, 259 S., Ln. ISBN 978-3-515-03430-2 Band 4: Naturwissenschaft, Technik, Medizin, Mathematik 1982. VI, 191 S. mit 7 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-03431-9 Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz et la Renaissance Colloque du Centre National de la Recherche Scientifique (Paris), du Centre d’Etudes Supérieures de la Renaissance (Tours) et de la Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft (Hannover), Domaine de Seillac (France) du 17–21 Juin 1981 1983. VIII, 242 S. mit 3 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-03751-8 Rita Widmaier Die Rolle der chinesischen Schrift in Leibniz’ Zeichentheorie 1983. XVI, 328 S., Ln. ISBN 978-3-515-03785-3 David E. Mungello Curious Land Jesuit Accommodation and the Origins of Sinology 1985. 405 S. mit 20 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-04331-1 Albert Heinekamp (Hg.) Beiträge zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte von Gottfried Wilhelm Leibniz IV. Internationaler Leibniz-Kongreß der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft vom 14.–19. November 1983 in Hannover 1986. XIX, 385 S., Ln. ISBN 978-3-515-04350-2 Ingrid Marchlewitz / Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz’ Auseinandersetzung mit Vorgängern und Zeitgenossen 1990. XX, 358 S., Ln. ISBN 978-3-515-05419-5 Massimo Mugnai

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Leibniz’s Theory of Relations 1992. 291 S., geb. ISBN 978-3-515-05895-7 Martin Schneider Das mechanistische Denken in der Kontroverse 1993. X, 522 S., geb. ISBN 978-3-515-06013-4 Philip Beeley Kontinuität und Mechanismus 1996. 398 S., geb. ISBN 978-3-515-06393-7 Stefan Lorenz De Mundo Optimo Studien zu Leibniz’ Theodizee und ihrer Rezeption in Deutschland (1710–1791) 1997. 260 S., geb. ISBN 978-3-515-07122-2 Wenchao Li Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert Verständnis, Unverständnis, Mißverständnis. Eine geistesgeschichtliche Studie zum Christentum, Buddhismus und Konfuzianismus 2000. 648 S., geb. ISBN 978-3-515-07452-x Wenchao Li / Hans Poser (Hg.) Das Neueste über China G. W. Leibnizens Novissima Sinica von 1697. Internationales Symposium vom 4.–7. Oktober 1997 in Berlin 2000. 390 S., geb. ISBN 978-3-515-07448-3 Dominique Berlioz / Frédéric Nef (Hg.) L’actualité de Leibniz Les deux labyrinthes. Décade de Cerisy la Salle, 15–22 Juin 1995 1999. 668 S., geb. ISBN 978-3-515-07626-5 Jan Palkoska Substance and intelligibility in Leibniz’s metaphysics 2010. 171 S., geb. ISBN 978-3-515-09405-4 Wenchao Li / Wilhelm Schmidt-Biggemann (Hg.) 300 Jahre Essais de Théodicée – Rezeption und Transformation 2013. 476 S., geb. ISBN 978-3-515-10310-7 Hanns-Peter Neumann Monaden im Diskurs Monas, Monaden, Monadologien (1600 bis 1770)

2013. 559 S., geb. ISBN 978-3-515-10152-3 38. Wenchao Li (Hg.) Einheit der Vernunft und Vielfalt der Sprachen Beiträge zu Leibniz’ Sprachforschung und Zeichentheorie 2014. 437 S. mit 2 sw-Abb. und 2 farbigen Abbildungen, geb. ISBN 978-3-515-10884-3

39. Wenchao Li (Hg.) 300 Jahre Monadologie Interpretation, Rezeption und Trans­ formation 2017. 313 S. mit 44 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11466-0 40. Wenchao Li / Hartmut Rudolph (Hg.) Leibniz im Lichte der Theologien 2017. 345 S., geb. ISBN 978-3-515-11465-3

Unter dem umfangreichen schriftlichen Nachlass von Gottfried Wilhelm Leibniz besitzt die im Jahre 1714 in Wien entstandene so genannte Monadologie ohne Zweifel einen herausragenden Stellenwert. Seit ihrer Entstehung und bis in die Gegenwart hinein ist die geradezu hingeworfene Gelegenheitsschrift einer der wirkmächtigsten Schlüsseltexte der Leibniz’schen Philosophie geblieben.

ISBN 978-3-515-11466-0

Ziel dieses Bandes ist es, die Interpretation, Rezeption und Transformation der Monadologie erstmals zu bündeln und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Im Fokus stehen diejenigen Prozesse und Reflexionen, die die Leibniz’sche Monadenlehre im Besonderen und die monadistischen Denkstrukturen im Allgemeinen unter anderem in den Disziplinen Psychologie, Soziologie, Poetik und Kunst nach sich gezogen haben.

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